Verwaltungsgericht München Beschluss, 09. Jan. 2018 - M 28 S 17.2538

bei uns veröffentlicht am09.01.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. April 2017 in der Fassung des Bescheids vom 2. Mai 2017 wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 3.842,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Heranziehung zu einer Vorausleistung auf einen Erschließungsbeitrag. Er ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. 47/5 (nachfolgend stets: Gemarkung W. … … …*), S. 18, im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin.

Das Grundstück des Antragstellers grenzt weder unmittelbar an den S. noch unmittelbar an die W. an. Erschlossen wird es als Hinterliegergrundstück zu dem an der W. anliegenden Grundstück FlNr. 47/2, über das eine tatsächlich angelegte Zufahrt von der W. zum Grundstück des Antragstellers führt. Im Grundbuch des Grundstücks FlNr. 47/2 ist ein Geh- und Fahrtrecht für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks FlNr. 47/5 eingetragen.

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. April 2017 (redaktionell hinsichtlich der Gemarkungsbezeichnung berichtigt mit Bescheid vom 2. Mai 2017) wurde von dem Antragsteller für das vorgenannte Grundstück zur Finanzierung der erstmaligen Herstellung der W. eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 15.369,11 € erhoben.

Gegen diesen Bescheid wurde mit anwaltlichem Schriftsatz vom 2. Mai 2017 Widerspruch erhoben, über den - soweit bekannt - noch nicht entschieden wurde. Gleichzeitig wurde die Aussetzung der Vollziehung beantragt.

Die Antragsgegnerin nahm mit Schreiben vom 9. Mai 2017 gegenüber dem Antragsteller zu dem Widerspruch Stellung und lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab.

Am 7. Juni 2017 beantragte die Antragstellerseite beim Verwaltungsgericht München,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Vorausleistungsbescheid der Antragsgegnerin vom 6. April 2017 anzuordnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Der Vorausleistungsbescheid sei rechtswidrig. Eine Vorausleistung könne in der Herstellungsalternative nur erhoben werden, wenn die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage innerhalb von 4 Jahren zu erwarten sei. Vorliegend hätten die Bauarbeiten an der Erschließungsanlage spätestens Anfang 2006 begonnen, dies bedeute, dass die Vierjahresfrist in jedem Fall abgelaufen sei und eine Vorausleistung nicht mehr erhoben werden könne.

Die Antragsgegnerin nahm mit Schriftsatz vom 4. Juli 2017 zu dem Antrag Stellung. Die Grundstücke im Gebiet des Bebauungsplans „S. …“ dienten einem Einheimischenmodell der Antragsgegnerin. Beim Verkauf der ersten Grundstücke durch die Gemeinde sei in den Kaufverträgen eine Ablösevereinbarung enthalten gewesen. Jedoch habe die seinerzeitige Erschließungsbeitragssatzung aus dem Jahr 1980 keine Bestimmung zur Ablösung von Erschließungsbeiträgen vorgesehen. Erst nach einer Satzung aus dem Jahr 2014 hätte eine Ablöse des Erschließungsbeitrags erfolgen können. Nach einem städtebaulichen Vertrag aus dem Jahr 2004 ende im Juni 2019 für die Gemeinde die Ankaufsoption für die im Bebauungsplangebiet liegenden Grundstücke. Die Gemeinde sei deshalb bemüht, die Erschließungsanlage innerhalb einer Frist von vier Jahren ab Erlass des Vorausleistungsbescheids fertigzustellen. Begonnen worden sei mit der Herstellung bereits im Jahr 2005.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 14. Juli 2017 wurde die Antragstellerseite darauf hingewiesen, dass die in § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB genannte Frist von vier Jahren nicht vor dem Zeitpunkt des Erlasses des Vorausleistungsbescheids beginne.

Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2017 ergänzte die Antragstellerseite die Antragsbegründung. Eine Erschließungsbeitragssatzung, auf deren Grundlage Vorausleistungen erhoben werden könnten, sei erst 2014 erlassen worden. Gegen die Vorausleistungserhebung werde der Einwand der Verwirkung erhoben. Niemand im Baugebiet habe mehr damit gerechnet, dass überhaupt Erschließungsbeiträge anfallen werden. Die Antragstellerseite sei stets davon ausgegangen, dass die Grundstücke im Rahmen des Einheimischenmodells so verkauft werden würden, dass die Neueigentümer die Erschließungsbeiträge wirtschaftlich tragen. So sei dies auch durch den früheren Bürgermeister kommuniziert worden. Die Auffassung, die Vier-Jahres-Frist erst mit Erlass des Vorausleistungsbescheids beginnen zu lassen, widerspreche Sinn und Zweck der Vorausleistungserhebung. Es könne nicht richtig sein, dass eine Gemeinde zwölf Jahre nach Baubeginn mit Vorausleistungsbescheiden Beiträge in einer Höhe festsetze, die wirtschaftlich von der Antragstellerseite nicht geschultert werden könnten. Auch liege eine prüfbare Vier-Jahres-Prognose überhaupt nicht vor, die bloße Behauptung der Fertigstellung genüge nicht.

Mit Schriftsatz vom 14. August 2017 nahm die Antragsgegnerin zur Anforderung von Unterlagen durch das Gericht Stellung. Sie führte u.a. aus: Die Gemeinde werde bis zum Jahr 2019 noch drei Baugrundstücke im Baugebiet erwerben. Bis spätestens 2021 werde die Erschließungsanlage erstmalig endgültig hergestellt sein.

Mit Schriftsatz vom 29. August 2017 beantragten die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen, und führten mit weiterem Schriftsatz vom 19. September 2017 aus, dass der angefochtene Vorausleistungsbescheid bei der gebotenen summarischen Überprüfung rechtlich nicht zu beanstanden sei. Insbesondere sei das Recht der Antragsgegnerin, Vorausleistungen zu erheben, auch nicht verwirkt. Eine Verwirkung erfordere auch bei Vorausleistungen neben dem Zeitablauf auch ein Umstandsmoment. Hieran fehle es vorliegend. Die Antragsgegnerin habe zu keiner Zeit zu erkennen gegeben, dass sie Vorausleistungen nicht erheben würde. In den gesamten Verwaltungsakten gebe es hierfür keinen Anhaltspunkt. Es existierten auch keine entsprechenden Gemeinderatsbeschlüsse. Die gegnerische Behauptung, dass derartiges vom früheren Bürgermeister der Antragstellerseite gegenüber kommuniziert worden sei, müsse daher in Abrede gestellt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

II.

Der Antrag ist zulässig und begründet.

1. Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs und einer Anfechtungsklage anordnen oder wiederherstellen, wenn sie gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO kraft Gesetzes oder durch behördliche Anordnung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ausgeschlossen ist. Nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt im vorliegenden Fall dem eingelegten Widerspruch kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zu, weil mit dem angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin ein Erschließungsbeitrag, also eine öffentliche Abgabe, gefordert wird.

§ 80 Abs. 5 VwGO besagt nichts darüber, unter welchen Voraussetzungen die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2007 - 19 CS 07.400 - juris Rn. 30; B.v. 6.2.1996 - 23 CS 94.3550 - juris Rn. 17) und ständiger Rechtsprechung der Kammer ist unter Berücksichtigung der für die Aussetzung der Vollziehung durch die Behörde in § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO enthaltenen Bestimmung bei öffentlichen Abgaben die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs dann anzuordnen, wenn die Vollziehung für den Pflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte oder wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts sind dann anzunehmen, wenn die Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids derart überwiegen, dass ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als sein Unterliegen. Da es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, kann und muss sich das Gericht - vor allem im Hinblick auf die Sachverhaltsermittlung - auf eine geringere Prüfungsdichte als im Klageverfahren beschränken (summarische Prüfung).

2. Zwar ergeben sich aus den von der Antragstellerseite im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich gerügten Aspekten keine ernstlichen Zweifel im vorgenannten Sinne (nachfolgend b)). Jedoch bestehen aus anderen Gründen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids (nachfolgend c)).

a) Der Bescheid beruht auf Art. 5a BayKAG i.V.m. §§ 127 ff. BauGB i.V.m. der Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen der Antragsgegnerin vom 18. November 2014 (Erschließungsbeitragssatzung - EBS).

Nach diesen Vorschriften erheben die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag. Erschließungsanlagen in diesem Sinne sind u.a. die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen (§ 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Beiträge können gemäß § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen (beitragsfähiger Erschließungsaufwand). Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand ist nach Abzug eines Gemeindeanteils (vgl. § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB i.V.m. § 4 EBS) auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen (§ 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Die Beitragspflicht entsteht für bebaubare Grundstücke i.S.v. § 133 Abs. 1 BauGB gemäß § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage. Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist (§ 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB i.V.m. § 10 EBS).

b) Der streitgegenständliche Bescheid steht hinsichtlich der von der Antragstellerseite im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich gerügten Aspekte mit diesen rechtlichen Vorgaben in Einklang.

aa) Die Antragsgegnerin ist rechtlich nicht gehindert, noch im Jahr 2017 eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage „W.“ zu erheben, obwohl mit der Herstellung dieser Erschließungsanlage bereits im Jahr 2005 begonnen wurde.

Die in der Antragsschrift geäußerte Rechtsauffassung, die in § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB genannte Frist von vier Jahren zur endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen knüpfe an den Zeitpunkt des Beginns der Herstellung an, wird nicht geteilt. Diese Frist beginnt vielmehr nicht vor dem Zeitpunkt des Erlasses des Vorausleistungsbescheids; es ist deshalb (unbeschadet einer möglichen Verwirkung der Vorausleistungserhebung, dazu sogleich unter cc)) rechtlich unbedenklich, wenn eine Gemeinde eine Vorausleistung - jedenfalls in der Herstellungsalternative wie hier - erst längere Zeit nach dem Beginn der Herstellung einer Erschließungsanlage fordert (ganz herrschende Auffassung: BayVGH, B.v. 14.8.2008 - 6 ZB 07.841 - juris Rn. 5 m.w.N.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 21 Rn. 26; Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand Juni 2017, Rn. 1422, 1426a; Hesse, Erschließungsbeitrag, Stand Januar 2017, § 133 BauGB Rn. 64)

bb) Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Vorausleistungsbescheids bestehen auch nicht im Hinblick auf die Voraussetzung, dass die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist (§ 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB).

Die Absehbarkeit der endgültigen Herstellung verlangt sowohl für die Genehmigungs- als auch die Herstellungsalternative eine an der satzungsmäßigen Merkmalsregelung und dem einschlägigen Bauprogramm ausgerichtete Prognoseentscheidung der Gemeinde‚ die sich nicht auf das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht‚ sondern allein auf den Abschluss der kostenverursachenden Erschließungsmaßnahmen bezieht. Die Entscheidung darf dabei nicht „ins Blaue hinein“ erfolgen‚ sondern muss auf einer nachvollziehbaren und nachprüfbaren Prognosegrundlage basieren. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Beurteilung des Vorausleistungsbescheids ist der Erlass der letzten Behördenentscheidung (BayVGH, U.v. 2.7.2015 - 6 B 13.1386 - juris Rn. 18 f.)

Vorliegend hat die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren schlüssig vorgetragen, dass im Jahr 2019 die ihr vertraglich eingeräumte Möglichkeit zum Erwerb der Grundstücke im Bebauungsplan- und Einheimischenmodellgebiet „S.“ endet, sie bis dahin noch Bauparzellen erwerben und weiterveräußern wolle. Ebenso schlüssig wurden die Planungen der Gemeinde zur Herstellung der Erschließungsanlage dargelegt, die bis spätestens 2021 abgeschlossen werden soll. Anhaltspunkte dafür, dass der Verwirklichung dieser Prognose rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen könnten, wurden weder von der Antragstellerseite ausdrücklich benannt, noch sind solche Anhaltspunkte dem Gericht ersichtlich.

cc) Die Vorausleistungserhebung durch die Antragsgegnerin ist auch nicht verwirkt.

Das Rechtsinstitut der Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat und das verspätete Geltendmachen gegen Treu und Glauben verstößt. Außerdem muss die Gemeinde durch ein positives Verhalten gegenüber dem Beitragspflichtigen zum Ausdruck gebracht haben, dass er den Beitrag nicht mehr schulde oder mit seiner Heranziehung nicht mehr zu rechnen brauche (sog. Umstandsmoment). Allein der bloße Zeitablauf oder ein bloßes Untätigsein, wie das Nichterhebung von Beiträgen, reicht hierfür nicht aus (BayVGH, B.v. 24.11.2015 - 6 ZB 15.1402 - juris Rn. 15; B.v. 12.2.2004 - 6 CS 03.2960 - juris Rn. 19 ff. jeweils m.w.N.).

Besondere Umstände im Sinne dieses Umstandsmoments, die ein schutzwürdiges Vertrauen der Antragstellerseite darauf begründen könnten, dass die Antragsgegnerin keine Vorausleistungen mehr erhebt oder gar den Erschließungsbeitrag ihr gegenüber nicht (mehr) geltend machen werde, wurden von der Antragstellerseite weder substantiiert geltend gemacht, noch sind sie dem Gericht aus den im vorliegenden Verfahren zugänglich gemachten Unterlagen erkennbar. Bereits die Darstellung in der Antragsbegründung, erst auf der Grundlage der 2014 erlassenen Erschließungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin und mithin neun Jahre nach Baubeginn hätten überhaupt Vorausleistungen erhoben werden können, trifft nicht zu. Bereits die frühere Erschließungsbeitragssatzung aus dem Jahr 1980 sah die Möglichkeit vor, Vorausleistungen zu erheben, mithin war auch schon im Zeitpunkt des Baubeginns (auf den es rechtlich allerdings nicht ankommen dürfte) nach Satzungslage die Möglichkeit der Erhebung von Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag erkennbar. Nicht geregelt war darin allerdings - und gerade - die Möglichkeit, einen Erschließungsbeitrag vor Entstehung der Beitragspflicht abzulösen, weshalb, wie die Antragsgegnerin auch selbst darstellt, die mit den ersten Grundstückserwerbern des Einheimischenmodells getroffenen Ablösungsvereinbarungen unwirksam waren. Es kann unterstellt werden, dass die Antragstellerseite als unmittelbare Nachbarn des Einheimischenmodellgebiets von dieser ursprünglichen, aber aufgegebenen Absicht der Antragsgegnerin Kenntnis hatten, möglicherweise auch - wie von Antragstellerseite behauptet, von der Antragsgegnerin aber bestritten - durch mündliche Äußerungen von Angehörigen der Gemeindeverwaltung. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Antragstellerseite konnte sich aber - unbeschadet der Tatsache, dass die objektive und für die Gemeindebürger erkennbare Satzungslage diese Ablösung eben gerade nicht ermöglichte - aus einer derart lediglich begonnenen und sodann abgebrochenen sowie allenfalls formlos kommunizierten gemeindlichen Praxis nicht ergeben. Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass in den seitens des Gerichts angeforderten Gemeinderatsbeschlüssen zur Entwicklung, Überplanung, Erschließung und Vermarktung des Baugebiets „S.“ keine entsprechende Aussage dokumentiert ist.

c) Jedoch bestehen aus anderen Gründen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids.

aa) Die Antragsgegnerin hat es versäumt, vor Erlass des streitgegenständlichen Vorausleistungsbescheids eine Entscheidung des Gemeinderats über die Vorausleistungserhebung herbeizuführen.

Den Gemeinden ist durch das Gesetz und § 10 EBS lediglich die Möglichkeit eröffnet, Vorausleistungen auf Erschließungsbeiträge zu fordern. Ob eine Gemeinde hiervon Gebrauch machen will oder nicht, liegt in ihrem Ermessen. Erforderlich ist insoweit ein sog. „innerdienstlicher Ermessensakt“, der - wenn auch nicht in den jeweiligen Vorausleistungsbescheiden - zumindest eindeutig in Vermerken, Niederschriften oder Abrechnungsunterlagen dokumentiert sein muss (vgl. Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand Juni 2017, Rn. 1410 m.w.N.). Ob dieser „innerdienstliche Ermessensakt“ ein Geschäft der laufenden Verwaltung darstellt oder er generell in die Zuständigkeit des Gemeinderats (oder eines beschließenden Ausschusses) fällt oder ob nach der Größe der betreffenden Gemeinde zu differenzieren ist, ist nicht unumstritten; gute Argumente sprechen für letztere, differenzierende Auffassung, die bei der Größe der Antragsgegnerin (ca. 1.300 Einwohner) eine Befassung des Gemeinderats erfordern würde (vgl. zum Streitstand: Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 1410, 520 m.w.N.). Vor allem aber bestehen vorliegend Besonderheiten des konkreten Einzelfalls, die der Annahme eines Geschäfts der laufenden Verwaltung entgegenstehen: Mit den Baumaßnahmen an der Erschließungsanlage wurde bereits im Jahr 2005 begonnen. Die Erhebung von Vorausleistungen erfolgte rund 12 Jahre danach, ohne dass im zeitlichen Zusammenhang mit der (erstmaligen) Vorausleistungserhebung aktuell weitere von der Antragsgegnerin vorzufinanzierende Baumaßnahmen veranlasst worden wären. Die Fertigstellung der Erschließungsanlage soll nach den bisherigen schriftsätzlichen Äußerungen der Antragsgegnerin zwischen 2019 und 2021 erfolgen. Diese - wenngleich wie oben dargelegt grundsätzlich rechtmäßige - zeitliche Abfolge unterscheidet sich sachlich derart gravierend und augenfällig vom üblichen Ablauf gemeindlicher Erschließungsmaßnahmen, dass nicht mehr von einer in mehr oder minder regelmäßiger Wiederkehr anfallenden und damit i.S.v. Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayGO „laufenden Angelegenheit“ gesprochen werden kann.

Nachdem vorliegend vor dem Erlass des streitgegenständlichen Vorausleistungsbescheids keine Beratung und Beschlussfassung des Gemeinderats (oder eines beschließenden Ausschusses) der Antragsgegnerin erfolgte, bestehen ernstliche Zweifel hinsichtlich der Einhaltung der formellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des streitgegenständlichen Bescheids. Angemerkt sei im Übrigen lediglich noch, dass sich den von der Antragsgegnerin überlassenen Unterlagen auch keine Dokumentation des „innerdienstlichen Ermessensakts“ durch die Verwaltung entnehmen lässt.

Zur Vermeidung von Missverständnissen oder einer nicht gerechtfertigten Erwartungshaltung wird die Antragstellerseite indes ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der eben genannte formelle Verstoß grundsätzlich heilbar ist. Aus sämtlichen bisherigen Ausführungen des Gerichts ergibt sich, dass derzeit kein rechtlicher Grund erkennbar ist, der die Antragsgegnerin dauerhaft hindern könnte, zu gegebener Zeit für die erstmalige und endgültige Herstellung der Erschließungsanlage „W.“ von den Eigentümern der von dieser Erschließungsanlage erschlossenen Grundstücke rechtmäßig Erschließungsbeiträge zu erheben.

bb) Es bestehen ferner ernstliche Zweifel daran, ob die Grundstücke FlNrn. 47 (im Bereich des bestehenden Anwesens S. 22), 47/2 und 47/5, zu denen auch das Grundstück der Antragstellerseite zählt, durch die Erschließungsanlage „W.“ i.S.v. § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen sein werden. Hierfür müssten diese Grundstücke, nachdem sie nicht vom Geltungsbereich des Bebauungsplans „S.“ erfasst werden, prognostisch gesehen im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflichten dieser Erschließungsanlage (vgl. BVerwG U.v. 5.5.2015 - 9 C 14/14 - juris Rn. 22) dem bauplanungsrechtlich unbeplanten Innenbereich i.S.v. § 34 BauGB zuzuordnen sein:

Gemessen an der im April 2017 tatsächlich vorhandenen Bebauung im fraglichen Umfeld (wobei im vorliegenden Eilverfahren allein eine summarische Bewertung nach Aktenlage, insbesondere den dem Gericht vorliegenden Luftbildern und Lageplänen möglich ist) besteht ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil einzeilig beidseits der Straße I. sowie südlich der Kreuzung der Straßen I.A. mit dem S. jedenfalls auf der Nordostseite der A. Bereits fraglich erscheint, ob durch die nicht vorhandene Bebauung zwischen den Gebäuden auf den FlNrn. 37 und 38 und einem insoweit zwischen den Baukörpern bestehenden Abstand von rund 100 Metern im fraglichen Bereich auch südwestlich der A. noch ein Bebauungszusammenhang besteht oder ob die Grundstücke FlNrn. 38/1 und 38/2 bereits dem Außenbereich zuzurechnen sind. Ausschlaggebend für das Vorliegen eines Bebauungszusammenhangs i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist dabei nach allgemeiner Auffassung, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Selbst wenn man dies im Bereich zwischen den FlNrn. 37 und 38 noch bejahen sollte, wird dieser Bebauungszusammenhang südwestlich der Straßen I. und A. jedenfalls allein durch eine einzeilig straßenbegleitende Bebauung geprägt.

Die (zunächst allein) entlang der Westseite des S. auf den Grundstücken FlNrn. 47/5 und 47/2 bestehende Bebauung stellt wohl keine zwanglose Fortsetzung des beschriebenen Bebauungszusammenhangs dar, der mit diesem den Eindruck der Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit erwecken könnte. Neben der spornartigen, nicht organischen Entwicklung dieser Bebauung in die freie Flur hinein ist insoweit vor allem die mangels Bebauung östlich des - wegen seiner geringen Breite sicherlich nicht trennenden - S. fehlende Anbindung an den ohnehin wie dargelegt möglicherweise unterbrochenen Bebauungszusammenhang südöstlich des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. 36 zu betonen. Auch die bislang nur sehr gering und auch noch beidseits der W. auf den FlNrn. 47/7, /8, /9 vorhandene Bebauung im Bereich des Bebauungsplans „S.“ erscheint (noch) nicht geeignet, eine Verklammerung dieser Bebauung mit dem Ortsteil entlang der Straße I. zu bewirken. Die am S. und der W. bislang tatsächlich vorhandene Bebauung stellt sich damit nach vorläufiger Bewertung nicht als Fortsetzung des oben beschriebenen im Zusammenhang bebauten Ortsteils dar.

Der entlang des S. und der W. vorhandenen Bebauung kommt - jedenfalls bislang - aber auch nicht isoliert hiervon die Eigenschaft eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils zu, selbst wenn die Anzahl von 11 - 12 zum Aufenthalt von Menschen bestimmten Gebäuden insoweit grundsätzlich ein ausreichendes Gewicht besitzen könnte. Entscheidend hierfür erscheint, dass die entlang der W. vorhandene Bebauung einerseits und die sich entlang des S. ab dem Anwesen S. 22 in Richtung Südwesten entwickelnde Bebauung andererseits optisch eher regellos gleichsam in unterschiedliche Richtungen „auseinanderstrebt“ und damit gerade nicht als Ausprägung einer organischen Siedlungsstruktur in einer städtebaulichen Einheit angesehen werden kann. Ob und ggf. inwieweit sich dieser Eindruck durch die topographische Höhenentwicklung sogar noch verstärken könnte, worauf einzelne dem Gericht vorliegende Lichtbilder hindeuten, ließe sich nur durch einen Augenschein klären. Diese Bebauung stellt damit aber deutlich eher zwei nicht zusammenhängende Bebauungssplitter als einen eigenständigen im Zusammenhang bebauten Ortsteil dar.

Auch bei gebotener prognostischer Berücksichtigung der weiteren tatsächlichen baulichen (und möglicherweise auch bauplanungsrechtlichen) Fortentwicklung im fraglichen Bereich bestehen - unbeschadet der Notwendigkeit, die konkreten Verhältnisse für eine abschließende Entscheidung vor Ort in Augenschein zu nehmen - ernstliche Zweifel daran, ob die Grundstücke FlNrn. 47 (im Bereich des bestehenden Anwesens S. 22), 47/2 und 47/5 im Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflichten durch die Erschließungsanlage „W.“ i.S.v. § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB erschlossen sein werden:

Zwar erscheint es durchaus möglich, dass jedenfalls die Grundstücke FlNrn. 47/2 und 47/5 im Fall einer Verwirklichung der durch den Bebauungsplan „S.“ nordöstlich der W. auf den FlNrn. 47/11 bis 47/15 vorgesehenen Bebauung dem bauplanungsrechtlichen Innenbereich zuzurechnen sein werden, weil diese Bauzeile dann geeignet erscheint, auch die bestehende Bebauung auf den Grundstücken FlNrn. 47/2, /5 und /9 mit dem eingangs beschriebenen Bebauungszusammenhang zu „verklammern“. Auch die bauplanungsrechtliche Bewertung des an der Erschließungsanlage „W.“ anliegenden Anwesens S. 22 auf FlNr. 47 bedarf dann einer bauplanungsrechtlichen Neubewertung.

Die - soweit sie dem Gericht bekannt ist - bisherige Entwicklung der Bebauung im Bebauungsplangebiet „S.“ lässt es jedoch nicht zu, diese Möglichkeit eines „Hineinwachsens“ der Grundstücke FlNrn. 47/2 und 47/5 sowie ggf. auch FlNr. 47 (S. 22) bereits prognostisch der vorliegenden Entscheidung zu Grunde zu legen. Maßgeblich ist hierfür, dass trotz des Erlasses des Bebauungsplans „S.“ bereits im Jahr 2005 in den vergangenen zwölf Jahren wohl erst drei von zwölf Bauparzellen entlang der W. tatsächlich bebaut wurden. Damit fehlt es bei summarischer Bewertung bislang an hinreichenden Anhaltspunkten, um bis zum Zeitpunkt der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage schon eine Innenbereichslage der genannten Grundstücke prognostizieren zu können.

Dem Antrag war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs (1/4 des Hauptsachestreitwerts).

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(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Gemeinden erheben zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag nach Maßgabe der folgenden Vorschriften.

(2) Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind

1.
die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze;
2.
die öffentlichen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbaren Verkehrsanlagen innerhalb der Baugebiete (z. B. Fußwege, Wohnwege);
3.
Sammelstraßen innerhalb der Baugebiete; Sammelstraßen sind öffentliche Straßen, Wege und Plätze, die selbst nicht zum Anbau bestimmt, aber zur Erschließung der Baugebiete notwendig sind;
4.
Parkflächen und Grünanlagen mit Ausnahme von Kinderspielplätzen, soweit sie Bestandteil der in den Nummern 1 bis 3 genannten Verkehrsanlagen oder nach städtebaulichen Grundsätzen innerhalb der Baugebiete zu deren Erschließung notwendig sind;
5.
Anlagen zum Schutz von Baugebieten gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, auch wenn sie nicht Bestandteil der Erschließungsanlagen sind.

(3) Der Erschließungsbeitrag kann für den Grunderwerb, die Freilegung und für Teile der Erschließungsanlagen selbständig erhoben werden (Kostenspaltung).

(4) Das Recht, Abgaben für Anlagen zu erheben, die nicht Erschließungsanlagen im Sinne dieses Abschnitts sind, bleibt unberührt. Dies gilt insbesondere für Anlagen zur Ableitung von Abwasser sowie zur Versorgung mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser.

(1) Zur Deckung des anderweitig nicht gedeckten Erschließungsaufwands können Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Erschließungsanlagen erforderlich sind, um die Bauflächen und die gewerblich zu nutzenden Flächen entsprechend den baurechtlichen Vorschriften zu nutzen (beitragsfähiger Erschließungsaufwand). Soweit Anlagen nach § 127 Absatz 2 von dem Eigentümer hergestellt sind oder von ihm auf Grund baurechtlicher Vorschriften verlangt werden, dürfen Beiträge nicht erhoben werden. Die Gemeinden tragen mindestens 10 vom Hundert des beitragsfähigen Erschließungsaufwands.

(2) Kosten, die ein Eigentümer oder sein Rechtsvorgänger bereits für Erschließungsmaßnahmen aufgewandt hat, dürfen bei der Übernahme als gemeindliche Erschließungsanlagen nicht erneut erhoben werden.

(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.

(2) Verteilungsmaßstäbe sind

1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung;
2.
die Grundstücksflächen;
3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden.

(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden dürfen. Erschlossene Grundstücke, für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, unterliegen der Beitragspflicht, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinde zur Bebauung anstehen. Die Gemeinde gibt bekannt, welche Grundstücke nach Satz 2 der Beitragspflicht unterliegen; die Bekanntmachung hat keine rechtsbegründende Wirkung.

(2) Die Beitragspflicht entsteht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlagen, für Teilbeträge, sobald die Maßnahmen, deren Aufwand durch die Teilbeträge gedeckt werden soll, abgeschlossen sind. Im Falle des § 128 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 entsteht die Beitragspflicht mit der Übernahme durch die Gemeinde.

(3) Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags verlangt werden, wenn ein Bauvorhaben auf dem Grundstück genehmigt wird oder wenn mit der Herstellung der Erschließungsanlagen begonnen worden ist und die endgültige Herstellung der Erschließungsanlagen innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Die Vorausleistung ist mit der endgültigen Beitragsschuld zu verrechnen, auch wenn der Vorausleistende nicht beitragspflichtig ist. Ist die Beitragspflicht sechs Jahre nach Erlass des Vorausleistungsbescheids noch nicht entstanden, kann die Vorausleistung zurückverlangt werden, wenn die Erschließungsanlage bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht benutzbar ist. Der Rückzahlungsanspruch ist ab Erhebung der Vorausleistung mit 2 vom Hundert über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs jährlich zu verzinsen. Die Gemeinde kann Bestimmungen über die Ablösung des Erschließungsbeitrags im Ganzen vor Entstehung der Beitragspflicht treffen.

Tenor

I.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. Mai 2015 - Au 2 K 14.1828 - wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.585,03 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Denn die innerhalb der Begründungsfrist des §124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 4 VwGO liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Die beklagte Stadt hat den Kläger für das Grundstück FlNr. 1011/27 auf der Grundlage von Art. 5a Abs. 1 KAG in Verbindung mit § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB und der Erschließungsbeitragssatzung (EBS) vom 17. April 2013 zu einer weiteren Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der Leharstraße in Höhe von 7.585,03 € herangezogen. Diese Erschließungsanlage wurde 1985 bautechnisch fertig gestellt. Ihre Grundflächen stehen allerdings nicht vollständig im Eigentum der Beklagten; der Erwerb einer ca. 5 m² großen (mit dem Gehweg überbauten) Teilfläche steht noch aus. Nach § 8 Abs. 6 EBS gehören zu den Merkmalen der endgültigen Herstellung alle Maßnahmen, die durchgeführt werden müssen, damit die Stadt das Eigentum oder eine Dienstbarkeit an den für die Erschließungsanlage erforderlichen Grundstücken erlangt.

Das Verwaltungsgericht hat die - nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene - Klage gegen den Vorausleistungsbescheid für unbegründet erachtet und abgewiesen. Die Einwände, die der Kläger den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts entgegenhält, begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre.

a) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass die Merkmalsregelung des § 8 Abs. 6 EBS hinreichend bestimmt und bislang mangels vollständigen Eigentumserwerbs sämtlicher Grundflächen der Leharstraße noch nicht erfüllt ist.

Der Grunderwerb für die Fläche der Erschließungsanlage kann als Merkmal der endgültigen Herstellung im Sinn des § 132 Nr. 4 BauGB festgelegt werden, muss es aber nicht. Die Beklagte hat von dieser Möglichkeit mit § 8 Abs. 6 EBS Gebrauch gemacht. Diese Merkmalsregelung entspricht wörtlich dem Satzungsmuster des Bayerischen Gemeindetags (abgedruckt bei Hesse, Erschließungsbeitrag, Teil III Anhang I Nr. 1 § 8 Abs. 4) und wird vom Senat in ständiger Spruchpraxis als wirksam angesehen. Sie genügt den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen ebenso wie dem gesetzgeberischen Ziel des § 132 Nr. 4 BauGB, den betroffenen Grundstückseigentümern die endgültige Herstellung der ihre Grundstücke erschließenden Anlage möglichst eindeutig erkennbar zu machen (vgl. BayVGH, U.v. 13.11.2012 - 6 BV 09.1555 - juris Rn. 24 m. w. N.). Die Merkmalsregelung stellt unmissverständlich auf den vollständigen Abschluss des privatrechtlichen Erwerbs des Eigentums oder einer Dienstbarkeit nach § 873 Abs. 1 BGB einschließlich der Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch oder des öffentlich-rechtlichen Erwerbs durch Enteignung ab, der sich auf die gesamte Grundfläche der Erschließungsanlage beziehen muss. Mit diesem Regelungsinhalt lässt sich die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage anhand objektiver, eindeutig erkennbarer Kriterien feststellen (vgl. BayVGH, U.v. 13.11.2012 - 6 BV 09.1555 - juris Rn. 25; B.v. 4.3.2013 - 6 B 12.2097 - juris Rn. 13 und nachfolgend BVerwG, B.v. 9.8.2013 - 9 B 31.13 - juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 2.7.2015 - 6 B 13.1386 - juris Rn. 21), und zwar im Fall des privatrechtlichen Erwerbs anhand der Eintragung im Grundbuch, im Fall der Enteignung anhand des bestandskräftigen Enteignungsbeschlusses und der Ausführungsanordnung. Dass die Beitragspflichtigen vom Stand etwaiger Kaufverhandlungen oder Enteignungsverfahren keine Kenntnis erlangen können, ist unerheblich; maßgeblich ist allein die Feststellbarkeit des Ergebnisses.

Dieses Herstellungsmerkmal ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bislang nicht erfüllt. Die Beklagte hat das Eigentum an einer für die Erschließungsanlage Leharstraße erforderlichen, nämlich mit dem Gehweg überbauten, Teilfläche von 5 m² bislang noch nicht erlangt. Das kann schon nach dem Wortlaut, wie auch nach Sinn und Zweck des § 8 Abs. 6 EBS nicht als geringfügig oder unerheblich außer Acht gelassen werden (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2013 - 6 B 12.2097 - juris Rn. 14 und U.v. 17.12.2004 - 6 B 01.2684 zu einer fehlenden Fläche von 0,37 m2). Infolge dessen sind die sachlichen Beitragspflichten noch nicht entstanden, so dass im Grundsatz Raum für die Erhebung von Vorausleistungen nach Maßgabe von § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB bleibt.

b) Das Verwaltungsgericht ist weiter davon ausgegangen, die Erhebung der streitigen Vorausleistung scheitere nicht an dem Umstand, dass die Erschließungsanlage Leharstraße bereits im Verlauf des Jahres 1985 technisch fertig gestellt worden ist. Es hat angenommen, die gesetzliche Ausschlussfrist, nach deren Ablauf die Beitragsfestsetzung ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld nicht mehr zulässig ist, betrage gemäß Art 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 KAG 30 Jahre. Die Frist habe mit Ablauf des Jahres 1985, in dem die Vorteilslage eingetreten sei, begonnen und ende dementsprechend erst mit Ablauf des Jahres 2015. Auch hierzu zeigt der Kläger keine ernstlichen Zweifel auf, denen in einem Berufungsverfahren nachzugehen wäre.

Zur gesetzlichen Ausschlussfrist verhält sich der Zulassungsantrag nicht. Der Einwand, die Festsetzung sei gleichwohl - auch vor Ablauf der Ausschlussfrist - rechtswidrig, weil die Beklagte den ausstehenden Grunderwerb jahrelang bewusst nicht weiterverfolgt habe, geht fehl. Das Gesetz macht der erhebungsberechtigten Gemeinde - abgesehen von den genannten Ausschlussfristen - keine zeitlichen Vorgaben, innerhalb welcher Zeitspanne sie die regelmäßig in ihrer Verantwortung liegenden Entstehensvoraussetzungen herbeizuführen hat, um den Beitrag anschließend festsetzen zu können (BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl 2014, 241 Rn. 21). Allein aus dem Zeitablauf kann auch eine Verwirkung des Rechts aus § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB, Vorausleistungen auf den bislang nicht entstandenen Erschließungsbeitrag zu erheben, nicht eintreten (vgl. BayVGH, U.v. 1.6.2011 - 6 BV 10.2467 - BayVBl 2012, 206 Rn. 49). Besondere Umstände, die ein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründen könnten, dass die Beklagte keine Vorausleistungen mehr erhebt oder gar den Erschließungsbeitrag - entgegen der Rechtslage - nicht in voller Höhe ausschöpfen wird, sind auch unter Berücksichtigung der im Zulassungsantrag beschriebenen „jahrelangen Untätigkeit“ nicht ersichtlich.

2. Die Rechtssache weist aus den unter 1. genannten Gründen keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

3. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die mit dem Zulassungsantrag aufgeworfene Frage, „ob auch (erst) die Durchführung eines jahrelang nicht eingeleiteten Enteignungsverfahrens das Merkmal des vollständigen Grunderwerbs durch die Gemeinde erfüllen kann,“ lässt sich, soweit sie überhaupt einer verallgemeinernden Beantwortung zugänglich ist, auf der Grundlage der oben genannten ständigen Rechtsprechung ohne weiteres bejahen.

4. Die Berufung ist schließlich nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der vom Kläger behaupteten Abweichung des erstinstanzlichen Urteils von der näher bezeichneten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu den Wirksamkeitsanforderungen an eine satzungsrechtliche Merkmalsregelung zuzulassen. Es fehlt bereits an der nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotenen Darlegung dieses Zulassungsgrundes durch Gegenüberstellen der angeblich divergierenden Rechts- oder Tatsachensätze. Die behauptete Abweichung liegt aber auch nicht vor; die entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Merkmalsregelung des § 8 Abs. 6 EBS stehen vielmehr, wie ausgeführt, in Übereinstimmung mit der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.

(2) Verteilungsmaßstäbe sind

1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung;
2.
die Grundstücksflächen;
3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden.

(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks K...straße ... im Gemeindegebiet der Beklagten. Die Beklagte baute 1981/1982 die K...straße zwischen der H... Straße (B 402) im Westen und der E... Straße im Osten aus. Den westlichen Teilabschnitt rechnete sie nach Ausbaubeitragsrecht ab, für den mittleren Abschnitt erhob sie Erschließungsbeiträge. Von dem östlichen (dritten) Abschnitt, der bis zur E... Straße führt und an dem das Grundstück der Klägerin liegt, stellte sie nur die Fahrbahn provisorisch als Baustraße sowie Teile der Straßenbeleuchtung her.

3

Im Jahre 1997 bat die Beklagte den Landkreis um dessen Einschätzung, ob es sich bei den Freiflächen nördlich und südlich der K...straße im dritten Abschnitt um abrechenbare Innenbereichs- oder um Außenbereichsgrundstücke handele. Der Landkreis stufte sämtliche Flächen als Außenbereich ein.

4

Der Umlegungsausschuss der Beklagten fasste am 24. November 2005 einen Umlegungsbeschluss für das südlich der K...straße liegende Gebiet "Ko...". Im Umlegungsgebiet liegen u.a. die im dritten Abschnitt südlich an die K...straße angrenzenden und vom Landkreis als Außenbereichsflächen qualifizierten Flurstücke a und b. Das nördlich der K...straße gelegene Grundstück der Klägerin ist nicht Teil des Umlegungsgebietes.

5

Durch den Bebauungsplan Nr. 54 "Wohnbaufläche beidseits der K...straße" vom 13. Dezember 2005 wurden die Außenbereichsflächen im dritten Abschnitt der K...straße bis zur Einmündung in die E... Straße überplant und als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. Innerhalb des Plangebietes liegen Teilflächen der Flurstücke a und b. Der Satzungsbeschluss wurde am 31. Januar 2006 ortsüblich bekannt gemacht.

6

Am 11. Oktober 2007 beschloss der Verwaltungsausschuss der Beklagten, für die erstmalige endgültige Herstellung des dritten Abschnitts der K...straße Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag zu erheben. ln der diesem Beschluss zugrunde liegenden Vorlage der Verwaltung heißt es, der dritte Abschnitt der K...straße sei in der Vergangenheit im Außenbereich verlaufen und daher erst durch die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 54 zu einer Erschließungsanlage geworden. Ein Endausbau des Abschnitts werde zurzeit nicht als sinnvoll angesehen, da noch viele Baugrundstücke unbebaut seien.

7

Für die Vorausleistungen ermittelte die Beklagte - unter Einbeziehung von Fremdfinanzierungskosten in Höhe von 16 984,83 € - einen umlagefähigen Aufwand von 82 178,68 €. Für das Grundstück der Klägerin setzte die Beklagte mit Bescheid vom 7. März 2008 eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag in Höhe von 4 417,91 € fest.

8

Am 27. Mai 2010 beschloss der Verwaltungsausschuss der Beklagten, dass der dritte Abschnitt der K...straße "in 2012 bzw. spätestens in 2013" ausgebaut werde. Es sei beabsichtigt, die bestehende Befestigung als Unterbau zu nutzen. Die vorhandene Straßenbeleuchtung bleibe bestehen und werde nur geringfügig ergänzt. Die Straßenentwässerung sei nicht vorhanden und werde durch beidseitige Rinnenanlagen und Straßenabläufe inklusive der dazugehörigen notwendigen Anlagen ergänzt.

9

Das Verwaltungsgericht hat den Vorausleistungsbescheid hinsichtlich der darin enthaltenen Fremdfinanzierungskosten aufgehoben. Bereits 1981 hätte die Beklagte durch die Aufstellung eines Bebauungsplans und gegebenenfalls einen Kostenspaltungsbeschluss die Voraussetzungen für die Erhebung von Vorausleistungen schaffen müssen. Sachliche Gründe, die es nachvollziehbar machten, hiermit 27 Jahre zu warten, seien nicht ersichtlich.

10

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 29. August 2013 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung der Klägerin den Bescheid insgesamt aufgehoben. Es fehle an der Bestimmbarkeit der an der Aufwandverteilung teilnehmenden Grundstücksflächen, da die im Umlegungsgebiet liegenden Flurstücke a und b in ihrem rechtlichen Bestand und ihrer Größe grundlegend in Frage gestellt seien. Darüber hinaus sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen, Fremdfinanzierungskosten im Zusammenhang mit den 1981/1982 durchgeführten Ausbaumaßnahmen in den Aufwand einzubeziehen. Kreditbeschaffungskosten könnten erst von dem Zeitpunkt an entstehen, in dem sich die Gemeinde konkret zur erstmaligen Herstellung einer abrechnungsfähigen Erschließungsanlage entschlossen habe und ein Bedarf zur Bereitstellung von Finanzierungsmitteln entstanden sei; das sei erst mit dem Umlegungsbeschluss Ende 2005 bzw. der Beschlussfassung über den Bebauungsplan Nr. 54 Anfang 2006 der Fall gewesen.

11

Mit der vom Senat zugelassenen Revision macht die Beklagte geltend, für die Erhebung von Vorausleistungen sei es zwar erforderlich, aber entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts auch ausreichend, dass die beitragspflichtige Grundstücksgröße bestimmbar sei. Die Gemeinde könne bei der Vorausleistung nur von dem Sachverhalt ausgehen, der mit größter Wahrscheinlichkeit im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht vorliege. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass Fremdfinanzierungskosten erst ab dem Zeitpunkt zum beitragsfähigen Aufwand zählten, an dem sich die Gemeinde entschlossen habe, die Erschließungsanlage als solche herzustellen, finde im Gesetz keine Stütze.

12

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 29. August 2013 und des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 15. Februar 2011 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

13

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

14

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision ist nicht begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), erweist sich aber im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

16

Das Oberverwaltungsgericht hat die Heranziehung der Klägerin zu einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB als rechtswidrig angesehen und in diesem Zusammenhang entscheidungstragend angenommen, erst mit dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 BauGB seien die an der Aufwandverteilung teilnehmenden Grundstücke und die Höhe des voraussichtlich geschuldeten Erschließungsbeitrags hinreichend sicher bestimmbar. Es hat darüber hinaus angenommen, Fremdfinanzierungskosten seien erschließungsbeitragsrechtlich erst ab dem Zeitpunkt berücksichtigungsfähig, in dem sich die Gemeinde konkret zur erstmaligen Herstellung einer abrechnungsfähigen Erschließungsanlage entschlossen habe und ein Bedarf zur Bereitstellung von Finanzierungsmitteln entstanden sei. Diese Erwägungen halten einer revisionsgerichtlichen Prüfung teilweise nicht stand (1 - 3); allerdings ist der angefochtene Vorausleistungsbescheid unabhängig davon rechtswidrig (4).

17

1. Richtig ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass es sich bei der Vorausleistung um eine auf die endgültige Beitragspflicht ausgerichtete vorgezogene Finanzierung einer Erschließungsanlage handelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. September 1978 - 4 C 50.76 - BVerwGE 56, 238 <245>; stRspr). Als dem Erschließungsbeitrag zeitlich vorangehende Leistungspflicht kann sie nur für ein Grundstück entstehen, das - bezogen auf die Anlage, derentwegen eine Vorausleistung erhoben werden soll - zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke gehört (BVerwG, Beschluss vom 31. August 2001 - 9 B 38.01 - Buchholz 406.11 § 129 BauGB Nr. 30 S. 3). Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht ferner darin, dass im Erschließungsbeitragsrecht grundsätzlich der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff maßgeblich ist und erschlossene Grundstücke im Sinne des § 131 Abs. 1, § 133 Abs. 1 BauGB nur so genannte Buchgrundstücke sind, die im Grundbuch im Bestandsverzeichnis unter einer eigenen laufenden Nummer aufgeführt sind. Dem Berufungsgericht ist schließlich auch darin zu folgen, dass Grundstücke, die in einem Umlegungsgebiet nach §§ 45 ff. BauGB liegen, bereits durch den das Verfahren einleitenden Umlegungsbeschluss (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BauGB) wegen der absehbaren grundlegenden Neugestaltung des gesamten Verfahrensgebietes in ihrem Bestand und ihrer Größe rechtserheblich in Frage gestellt sind und deshalb nicht vor bestandskräftigem Abschluss des Umlegungsverfahrens zu vorläufigen Leistungen auf den zu erwartenden Erschließungsbeitrag herangezogen werden können. Als Teil der Umlegungsmasse ist ein solches Grundstück trotz seines rechtlichen Fortbestandes als Buchgrundstück bis zum bestandskräftigen Abschluss des Umlegungsverfahrens durch Bekanntmachung des Umlegungsplans (§ 72 Abs. 1 Satz 1 BauGB) ein "untergehendes" Grundstück und kann deswegen nicht Anknüpfungspunkt für die Heranziehung zu einer Vorausleistung sein.

18

Auch das (zukünftige) Abfindungsgrundstück scheidet hierfür grundsätzlich aus. Dieses kann zwar je nach Stand des Umlegungsverfahrens bereits seinem Zuschnitt und seiner Lage nach bestimmbar sein. Das ändert aber nichts daran, dass vor dem rechtsverbindlichen Abschluss des Umlegungsverfahrens weder das zukünftige Buchgrundstück als Haftungsobjekt der Vorausleistung, die als öffentliche Last im Sinne des § 134 Abs. 2 BauGB auf dem Grundstück ruht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1981 - 8 C 8.81 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 78 S. 16), rechtlich existent ist noch der Eigentümer bzw. Erbbauberechtigte als persönlicher Beitragsschuldner (§ 134 Abs. 1 BauGB) feststeht (zur Konstellation bei einem teilweise abgeschlossenen Umlegungsverfahren: OVG Münster, Urteil vom 23. Mai 1989 - 3 A 1720/86 - juris Rn. 73, bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 8. November 1991 - 8 C 89.89 - BVerwGE 89, 177).

19

Dagegen liegt das Grundstück der Klägerin selbst nicht im Umlegungsgebiet und gehört somit nicht zur Umlegungsmasse (§ 55 BauGB). Durch das Umlegungsverfahren ist es weder in seinem rechtlichen Bestand noch in seinem Zuschnitt und seiner Größe in Frage gestellt. Das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, für das Vorausleistungen erhoben werden können, steht ebenso fest wie der Grundstückseigentümer als persönlich Beitragspflichtiger. Insofern unterscheidet sich die Situation der Klägerin nicht von dem erschließungsbeitragsrechtlichen "Normalfall". Ihre Heranziehung zu einer Vorausleistung scheidet daher nicht von vornherein wegen des noch nicht abgeschlossenen Umlegungsverfahrens aus.

20

2. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts stand das im Zeitpunkt des Erlasses des Vorausleistungsbescheides noch nicht abgeschlossene Umlegungsverfahren der Bestimmbarkeit der erschlossenen und an der Aufwandsverteilung teilnehmenden Grundstücke und Grundstücksflächen nicht entgegen.

21

Die Vorausleistung auf einen Erschließungsbeitrag nach § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB setzt voraus, dass die durch die abgerechnete Anlage erschlossenen Grundstücke und Grundstücksflächen bestimmbar sind. Dies ergibt sich aus der Ausrichtung der Vorausleistung auf die endgültige Beitragspflicht und findet seinen gesetzlichen Ausdruck in der in § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB enthaltenen Begrenzung der Vorausleistung "bis zur Höhe des voraussichtlichen endgültigen Erschließungsbeitrags". Eine hinreichende Bestimmbarkeit der erschlossenen und damit für die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes heranzuziehenden Grundstücksflächen kann jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch dann gegeben sein, wenn ein Teil der Grundstücke, auf die der Aufwand zu verteilen ist, innerhalb eines Umlegungsgebietes liegt.

22

Es sind insoweit an die Bestimmbarkeit der an der Verteilung des Herstellungsaufwandes teilnehmenden Grundstücksflächen nicht die gleichen Anforderungen zu stellen wie an die Bestimmbarkeit der zur Zahlung einer Vorausleistung heranzuziehenden beitragspflichtigen Grundstücke. Für die Bestimmbarkeit der Verteilungsfläche kommt es nicht auf die rechtliche Existenz der einzelnen Grundstücke an, sondern allein darauf, welche Grundstücksflächen die abgerechnete Anlage insgesamt erschließt. Der zukünftige Zuschnitt der einzelnen Buchgrundstücke ist daher nur insoweit von Bedeutung, als er - alleine oder mit weiteren Umständen - eine Aussage darüber erlaubt, welche Flächen voraussichtlich erschlossen werden und daher einen Sondervorteil erfahren. Aufgrund der Vorläufigkeit der Vorausleistung ist es im Regelfall weder möglich noch erforderlich, bereits bei Erlass des Vorausleistungsbescheides die Verteilungsfläche gleichsam "quadratzentimetergenau" zu bestimmen. Erforderlich und ausreichend für die Ermittlung der Höhe des Vorausleistungsbetrages ist vielmehr die Anwendung einer sachgerechten Schätzungsgrundlage. Ebenso wie bei der Ermittlung des für die endgültige Herstellung zu erwartenden beitragsfähigen Erschließungsaufwandes ist die Gemeinde lediglich gehalten, eine auf den Zeitpunkt der endgültigen Herstellung (§ 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB) ausgerichtete Prognose über den Umfang der Verteilungsfläche anzustellen (vgl. zur Aufwandsermittlung BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1993 - 8 C 3.92 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 47 S. 31). Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB lediglich eine Höchstgrenze ("bis zur Höhe") für die Heranziehung zu Vorausleistungen setzt, die Gemeinde mithin nicht verpflichtet ist, die Grenze auszuschöpfen. Je weiter die Vorausleistung hinter dem voraussichtlichen Erschließungsbeitrag zurückbleibt, desto weniger wirken sich Unwägbarkeiten bei der Bestimmung der Verteilungsfläche auf die Einhaltung der Grenze des § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB aus. Gemessen hieran ist der Vorausleistungsbescheid der Beklagten nicht zu beanstanden.

23

Die erschlossene Grundstücksfläche ist im vorliegenden Fall anhand des im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides vorliegenden Entwurfs einer Umlegungskarte und der Ausweisung der Bauflächen in dem rechtsverbindlichen Bebauungsplan Nr. 54 "Wohnbauflächen beidseits der K...straße" der Beklagten hinreichend genau bestimmbar. Das Umlegungsverfahren befand sich im Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Vorausleistungsbescheides bereits in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium, wie der Entwurf der Umlegungskarte zeigt. Dieser weist im gesamten Umlegungsgebiet die neu zu bildenden Grundstücke sowie die zu ihrer Erschließung erforderlichen Anbaustraßen parzellenscharf aus. Unter Zugrundelegung der Karte lassen sich die südlich der K...straße gelegenen und künftig durch diese erschlossenen Grundstücke und Grundstücksflächen ihrer Größe und ihrem Zuschnitt nach ohne Weiteres bestimmen. Die Umlegungskarte greift dabei die verbindliche Bauleitplanung der Beklagten im Bebauungsplan Nr. 54 auf und setzt die hinteren Grundstücksgrenzen der an die K...straße angrenzenden Grundstücke weitgehend in Übereinstimmung mit der rückwärtigen Plangebietsgrenze fest. Damit sind die durch die K...straße voraussichtlich erschlossenen Flächen im Umlegungsverfahren bestimmbar. Insbesondere ist - unabhängig von noch denkbaren Änderungen des Parzellenzuschnitts - nicht zu erwarten, dass abweichend von der rechtsverbindlichen Bauleitplanung die im Wege der Umlegung neu entstehenden Grundstücke eine größere Tiefe als derzeit geplant aufweisen und die in die Aufwandsverteilung einzubeziehende Grundstücksfläche sich noch vergrößert.

24

Die Beklagte hat mit der von ihr erhobenen Vorausleistung schließlich auch einen erheblichen "Sicherheitsabstand" zu dem zu erwartenden Gesamtherstellungsaufwand eingehalten. Der Berechnung der Vorausleistungen hat sie lediglich den in der Vergangenheit für die Herstellung der Baustraße angefallenen Aufwand zugrunde gelegt und damit nur einen geringen Teil des endgültig entstehenden Aufwandes abgerechnet.

25

3. Dem Berufungsgericht kann auch nicht in der Annahme gefolgt werden, Fremdfinanzierungskosten seien erschließungsbeitragsrechtlich erst ab dem Zeitpunkt berücksichtigungsfähig, in dem sich die Gemeinde konkret zur erstmaligen Herstellung einer abrechnungsfähigen Erschließungsanlage entschlossen habe und ein Bedarf zur Bereitstellung von Finanzierungsmitteln entstanden sei.

26

Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die K...straße im dritten Abschnitt als "zumindest streckenweise" im Außenbereich verlaufendes Provisorium hergestellt worden sei und zu diesem Zeitpunkt seitens der Beklagten allenfalls die Absicht bestanden habe, irgendwann in der Zukunft die Baustraße für die Herstellung einer Erschließungsanlage zu verwenden. Diese Pläne seien nicht mit konkreten Kreditbeschaffungskosten für die erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage verbunden gewesen und rechtfertigten es nicht, vom Zeitpunkt ihres Bestehens an Fremdfinanzierungskosten zu Lasten der Beitragspflichtigen in den Aufwand einzubeziehen. Dem folgt der Senat nicht.

27

a) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass zum Erschließungsaufwand im Sinne des § 128 Abs. 1 Satz 1 BauGB auch Fremdfinanzierungskosten namentlich in Gestalt von Zinsen auf von der Gemeinde zur Finanzierung beitragsfähiger Erschließungsanlagen eingesetztes Fremdkapital gehören und die sonstigen Finanzierungsmöglichkeiten vor der (endgültigen) Herstellung der Erschließungsanlage weder wirtschaftlich die Aufnahme verzinslicher Fremdmittel entbehrlich machen noch rechtlich die Anerkennung solcher Zinsen als Kosten ausschließen (BVerwG, Urteile vom 21. Juni 1974 - 4 C 41.72 - BVerwGE 45, 215 <215 f.> und vom 29. Januar 1993 - 8 C 3.92 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 47 S. 30). Geklärt ist ferner, dass dann, wenn der beitragsfähige Erschließungsaufwand Zinsen für Fremdkapital umfasst, mit diesen Kosten uneingeschränkt auch diejenigen Beitragspflichtigen zu belasten sind, die eine Vorausleistung erbracht und damit in deren Höhe eine Inanspruchnahme von zu verzinsendem Fremdkapital entbehrlich gemacht haben (BVerwG, Urteil vom 23. August 1990 - 8 C 4.89 - BVerwGE 85, 306 <311 ff.>).

28

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich darüber hinaus mit der Frage der erschließungsbeitragsrechtlichen Behandlung einer ehemaligen Außenbereichsstraße befasst und entschieden, dass eine nach dem Willen der Gemeinde endgültig hergestellte und ihre Aufgaben in vollem Umfang erfüllende Außenbereichsstraße, die infolge des Inkrafttretens eines sie umfassenden Bebauungsplans zu einer zum Anbau bestimmten Straße im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB "umgewandelt" wird, unter dem Gesichtspunkt einer erstmaligen endgültigen Herstellung (§ 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB) neu zu beurteilen ist (BVerwG, Urteile vom 21. Oktober 1968 - 4 C 94.67 - Buchholz 406.11 § 127 BBauG Nr. 4 S. 11 und vom 10. Oktober 1995 - 8 C 13.94 - BVerwGE 99, 308 <312, 313 f.>). Bei dieser Beurteilung ist danach zu fragen, ob die Außenbereichsstraße im Zeitpunkt ihrer Umwandlung in eine Anbaustraße erstmalig endgültig hergestellt gewesen ist. War dies der Fall, sind die für die Herstellung der Außenbereichsstraße entstandenen Kosten im Sinne des § 128 Abs. 1 Satz 1 BauGB als beitragsfähig zu qualifizieren und abzurechnen. Ist dagegen im Zeitpunkt der Umwandlung noch keine endgültige Herstellung erreicht gewesen, weil die Außenbereichsstraße noch nicht dem technischen Ausbauprogramm der Gemeinde für Anbaustraßen entsprach, gehen sowohl die vor der Umwandlung als auch die nach der Umwandlung für die Herstellung entstandenen Kosten in den beitragsfähigen Erschließungsaufwand ein (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1995 - 8 C 13.94 - BVerwGE 99, 308 <314 f.>).

29

Nach diesen Grundsätzen spielt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Zeitpunkt des konkreten Entschlusses der Gemeinde zur erstmaligen Herstellung einer Erschließungsanlage keine Rolle für die Berücksichtigung von Kosten, die für den Bau einer später in eine Anbaustraße umgewandelte Außenbereichsstraße angefallen sind. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass die Fremdkapitalkosten für die Herstellung der später umgewandelten Außenbereichsstraße tatsächlich aufgewendet wurden. Ein Grund, warum bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes die Fremdkapitalkosten zur Finanzierung der Herstellung der Außenbereichsstraße unberücksichtigt bleiben sollten, ist nicht zu erkennen. Auch diese Kosten sind - nach Umwandlung der Straße in eine Anbaustraße - den Herstellungskosten für die beitragsfähige Erschließungsanlage hinzuzurechnen.

30

Der Auffassung des Berufungsgerichts, es bedürfe eines konkreten Entschlusses der Gemeinde zur erstmaligen Herstellung einer Erschließungsanlage, stehen auch Gründe der Praktikabilität entgegen. So wird es ohne Vorliegen eines - nach der bisherigen Rechtslage nicht erforderlichen - ausdrücklichen Ratsbeschlusses regelmäßig nicht einfach zu ermitteln sein, ob und wann sich die Gemeinde konkret zur erstmaligen Herstellung einer abrechnungsfähigen Erschließungsanlage entschlossen hat.

31

b) Können somit Fremdfinanzierungskosten für die Herstellung einer später in eine Anbaustraße umgewandelten Außenbereichsstraße grundsätzlich in den beitragsfähigen Aufwand einbezogen werden, so bedeutet dies nicht, dass die Berücksichtigung von Zinsen für Fremdmittel keinen Einschränkungen unterliegen würde. Eine Grenze ergibt sich in zeitlicher Hinsicht aus dem Entstehen der sachlichen Beitragspflicht für die abgerechnete Erschließungsanlage (BVerwG, Urteile vom 23. August 1990 - 8 C 4.89 - BVerwGE 85, 306 <310 f.> und vom 26. Februar 1993 - 8 C 4.91 - Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 117 S. 42 f.). Ferner begründet die entsprechende Anwendung des § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Schutz der Beitragspflichtigen eine äußerste Grenze. Diese wird überschritten, wenn die Kosten in für die Gemeinde erkennbarer Weise eine grob unangemessene Höhe erreichen, d.h. wenn infolge eines der Gemeinde zurechenbaren Verhaltens sachlich schlechthin unvertretbare Mehrkosten entstehen (BVerwG, Urteile vom 14. Dezember 1979 - 4 C 28.76 - BVerwGE 59, 249 <252 f.> und vom 30. Januar 2013 - 9 C 11.11 - BVerwGE 145, 354 Rn. 24 m.w.N.). Solche unvertretbaren Mehrkosten sind etwa dann anzunehmen, wenn die Gemeinde es ohne irgendeinen sachlich vertretbaren Grund unterlässt, die fehlenden Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflicht herbeizuführen (BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2000 - 11 C 3.99 - BVerwGE 110, 344 <353 f.>). Diese Grundsätze sind auch auf die hier gegebene Konstellation anwendbar, dass der Beginn der Erschließungsmaßnahme gewissermaßen "vorverlagert" wird auf einen Zeitpunkt, in dem die Anlage, weil im Außenbereich gelegen, noch nicht die Eigenschaft einer beitragsfähigen Anbaustraße besaß. Auch in einem solchen Fall ist zu prüfen, inwieweit sich der Gemeinde hätte aufdrängen müssen, die Beitragspflicht zu einem früheren Zeitpunkt herbeizuführen.

32

Ob diese Voraussetzungen vorliegen, hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft, so dass der Senat mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen im Berufungsurteil hierzu keine abschließenden Aussagen treffen kann. Eine Prüfung wird sich insbesondere mit der Frage beschäftigen müssen, ob es sachliche Gründe gab, auf die Aufstellung eines Bebauungsplans und damit auf die Umwandlung der K...straße in eine abrechnungsfähige Anbaustraße bis zum Jahr 2005 zu verzichten. Sollten die Fremdmittel - wofür die Aktenlage spricht - für etwa 20 Jahre in Anspruch genommen worden sein, stellt sich abgesehen von der Frage einer verzögerten Aufstellung eines Bebauungsplans die Frage, ob einer derart langen Laufzeit von Fremdfinanzierungen mit Blick auf die grundgesetzlich geschützte Vermögensdispositionsfreiheit der Bürger unabhängig von einem Verschulden der Gemeinde und vom Entstehen der sachlichen Beitragspflicht Grenzen gesetzt werden müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2000 - 11 C 3.99 - BVerwGE 110, 344 <354 f.>; gegen eine zeitliche Begrenzung Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 13 Rn. 26 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 29. Januar 1993 - 8 C 3.92 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 47 S. 31).

33

4. Die Entscheidung der Vorinstanz erweist sich jedoch als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

34

Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB darf eine Vorausleistung nur verlangt werden, wenn die endgültige Herstellung innerhalb von vier Jahren zu erwarten ist. Mit diesem Erfordernis hat der Gesetzgeber das ursprünglich in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Absehbarkeit der Herstellung (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. März 1982 - 8 C 34.81 - Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 48 S. 53 und vom 8. November 1991 - 8 C 89.89 - BVerwGE 89, 177 <181>) gesetzlich festgeschrieben. Es soll im Interesse der Vorausleistenden verhindern, dass diese über Gebühr lange auf die Beendigung der von ihnen vorfinanzierten Maßnahmen warten müssen; es gilt daher sowohl für die Genehmigungs- als auch die Herstellungsvariante des § 133 Abs. 1 BauGB (vgl. zur Genehmigungsalternative bereits BVerwG, Urteil vom 8. November 1991 - 8 C 89.89 - BVerwGE 89, 177 <181>; s. auch Vogel, in: Brügelmann, BauGB, Stand Oktober 2014, § 133 Rn. 39; Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 133 Rn. 34).

35

Die Absehbarkeit der endgültigen Herstellung verlangt eine an der satzungsmäßigen Merkmalsregelung und dem einschlägigen Bauprogramm ausgerichtete Prognoseentscheidung der Gemeinde, die sich nicht auf das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht, sondern allein auf den Abschluss der kostenverursachenden Erschließungsmaßnahmen bezieht (BVerwG, Urteile vom 8. November 1991 - 8 C 89.89 - BVerwGE 89, 177 <181> und vom 17. November 1995 - 8 C 4.94 - Buchholz 406.11 § 125 BauGB Nr. 33 S. 6). Die Entscheidung darf dabei nicht "ins Blaue hinein" erfolgen, sondern muss auf einer nachvollziehbaren und nachprüfbaren Prognosegrundlage basieren. Dazu wird es regelmäßig sinnvoll sein, in der betreffenden Beschlussvorlage wenigstens knapp zu begründen, worauf sich die Annahme der Gemeinde stützt, die endgültige Herstellung werde innerhalb von vier Jahren zu verwirklichen sein. Ist eine Absehbarkeit in diesem Sinne nicht gegeben, ist ein gleichwohl erlassener Vorausleistungsbescheid (zunächst) rechtswidrig. Wird die voraussichtliche endgültige Herstellung durch die Gemeinde später derart festgelegt, dass sie nunmehr innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren nach Erlass des Vorausleistungsbescheides bzw. des Widerspruchsbescheides erfolgen soll, wird der Fehler des Bescheides geheilt und der Bescheid rechtmäßig (BVerwG, Urteile vom 22. Februar 1985 - 8 C 114.83 - Buchholz 406.11 § 133 BBauG Nr. 90 S. 48 und vom 8. November 1991 - 8 C 89.89 - BVerwGE 89, 177 <182>).

36

Gemessen hieran erweist sich der angegriffene Vorausleistungsbescheid als fehlerhaft. Die Beklagte hatte nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil bei der Beschlussfassung über die Vorausleistungserhebung am 27. September 2007 ausdrücklich erklärt, der Ausbau der K...straße im dritten Abschnitt sei nicht sinnvoll, da noch viele Grundstücke unbebaut seien. Gleichwohl hat sie die Erhebung von Vorausleistungen beschlossen und den angegriffenen Bescheid am 7. März 2008 erlassen. Damit war im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens - ein Vorverfahren findet in Abgabenangelegenheiten nach niedersächsischem Landesrecht (§ 8a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 und 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung) nicht statt - die endgültige Herstellung schon nach der Einschätzung der Beklagten nicht innerhalb von vier Jahren zu erwarten. Hieran hat sich durch den Beschluss des Verwaltungsausschusses der Beklagten vom 27. Mai 2010, wonach der dritte Abschnitt der K...straße "in 2012 bzw. spätestens in 2013 ausgebaut (wird)" nichts geändert. Zwar ließ sich diesem Beschluss trotz der nicht auf die endgültige Herstellung, sondern nur den "Ausbau" der Straße abstellenden Formulierung (noch) hinreichend deutlich entnehmen, dass der Verwaltungsausschuss der Beklagten nunmehr die Straße im dritten Abschnitt ebenfalls endgültig herstellen wollte. Es fehlte aber an der zur Fehlerheilung erforderlichen eindeutigen Festlegung des Fertigstellungstermins auf vier Jahre nach Bescheiderlass. Der nicht mit einer Begründung versehene Beschluss eröffnete vielmehr einen zeitlichen Rahmen für die Fertigstellung der Straße, der mehr als eineinhalb Jahre über die von § 133 Abs. 3 Satz 1 BauGB geforderten vier Jahre hinausreicht.

37

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Der ermittelte beitragsfähige Erschließungsaufwand für eine Erschließungsanlage ist auf die durch die Anlage erschlossenen Grundstücke zu verteilen. Mehrfach erschlossene Grundstücke sind bei gemeinsamer Aufwandsermittlung in einer Erschließungseinheit (§ 130 Absatz 2 Satz 3) bei der Verteilung des Erschließungsaufwands nur einmal zu berücksichtigen.

(2) Verteilungsmaßstäbe sind

1.
die Art und das Maß der baulichen oder sonstigen Nutzung;
2.
die Grundstücksflächen;
3.
die Grundstücksbreite an der Erschließungsanlage.
Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden.

(3) In Gebieten, die nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erschlossen werden, sind, wenn eine unterschiedliche bauliche oder sonstige Nutzung zulässig ist, die Maßstäbe nach Absatz 2 in der Weise anzuwenden, dass der Verschiedenheit dieser Nutzung nach Art und Maß entsprochen wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.