Verwaltungsgericht München Beschluss, 06. Feb. 2018 - M 26 S 17.6095

bei uns veröffentlicht am06.02.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers wird in Bezug auf die Nummern 1 und 2 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 30. November 2017 wiederhergestellt und hinsichtlich Nummer 3 des Bescheids angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1994 geborene Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klasse B einschließlich Unterklassen.

Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts – Jugendgericht – vom 26. November 2013 wurde der Antragsteller einer Nötigung gemäß § 240 StGB schuldig gesprochen und gegen ihn eine Weisung nach § 10 Abs. 1 JGG sowie ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Dem Tatbestand des Urteils ist zu entnehmen, dass der Antragsteller am … Mai 2013 gegen 23:30 Uhr mit einem Pkw auf der A* … …straße auf der rechten Fahrspur in östlicher Fahrtrichtung fuhr. Auf Höhe der Kreuzung zum B* … kam er neben dem in gleicher Fahrtrichtung auf der linken Spur fahrenden Pkw des Geschädigten zum Stehen. Nachdem der Antragsteller zunächst beschleunigte und sich dann wieder auf die gleiche Höhe zurückfallen ließ, deutete er auf den Pkw des Geschädigten, der von außen als Fahrzeug eines Fans des FC Bayern München erkennbar war, und deutete dem Geschädigten gegenüber mit dem Finger eine Schnittbewegung entlang des Halses an. Der Kläger beschleunigte sein Fahrzeug, wechselte auf die linke Spur und verringerte erneut grundlos die Geschwindigkeit, so dass der Geschädigte bremsen musste, um eine Kollision zu vermeiden. Sodann wechselte der Antragsteller auf die rechte Spur, ließ sich „zurückfallen“, wechselte wieder auf die linke Spur und fuhr dem Geschädigten so nah auf, dass dieser dessen Scheinwerfer im Rückspiegel nicht mehr sehen konnte. Dabei betätigte der Antragsteller mehrmals die Lichthupe. Nachdem sich dieser Vorgang zweimal wiederholt hatte, wechselte der Antragsteller auf die rechte Fahrspur und fuhr mit hoher Geschwindigkeit voran. Vor einer weiteren Kreuzung wartete er auf der Linksabbiegespur. Als der Geschädigte auf der rechten Spur an Ihm vorbeigefahren war, wechselte der Antragsteller ruckartig auch auf diese Spur und setzte sich längere Zeit hinter den Geschädigten.

Dieser Sachverhalt wurde der Antragsgegnerin durch die Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom … Dezember 2013 mitgeteilt; fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen wurden jedoch zunächst nicht ergriffen.

Mit Schreiben vom … Juni 2017 ordnete die Antragsgegnerin, gestützt auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, das die Frage klären sollte, ob trotz der aktenkundigen Straftat (hohes Aggressionspotential im Straßenverkehr) zu erwarten sei, dass der Antragsteller die Anforderungen an das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs der Gruppe 1 im Verkehr erfülle und dass er nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche/strafrechtliche Bestimmungen verstoßen werde, so dass dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen sei.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die vom Antragsteller begangene Nötigung stelle eine erhebliche Straftat dar und sei geeignet, Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential zu liefern. Der Zusammenhang zwischen Straftaten mit hohem Aggressionspotential und einer erhöhten Auffälligkeit im Straßenverkehr sei wissenschaftlich belegt. Wer aufgrund des rücksichtslosen Durchsetzens eigener Interessen, aufgrund seines großen Aggressionspotentials oder seiner nicht beherrschten Affekte und unkontrollierten Impulse in schwerwiegender Weise die Rechte anderer verletze, lasse nicht erwarten, dass er im motorisierten Straßenverkehr die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer - zumindest in den sehr häufig auftretenden Konfliktsituationen - respektieren werde.

Da der Antragsteller das geforderte Gutachten nicht vorlegte, entzog ihm die Antragsgegnerin nach vorheriger Anhörung unter Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Bescheid vom 30. November 2017 die Fahrerlaubnis und forderte ihn – ebenfalls sofort vollziehbar und unter Androhung eines Zwangsgeldes – auf, seinen Führerschein innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids abzugeben.

Hiergegen ließ der Antragsteller mit Schreiben vom 6. Dezember 2017 Widerspruch einlegen, über den nach Aktenlage noch nicht entschieden ist. Zudem begehrt er mit am 28. Dezember 2017 beim Verwaltungsgericht München eingegangenem Schriftsatz die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes; er beantragt,

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 6. Dezember 2017 sowie einer ggf. nachfolgenden Anfechtungsklage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. November 2017 wird wiederhergestellt.

Mit Beschluss vom 5. Februar 2018 hat die Kammer die Verwaltungsstreitsache zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 VwGO).

II.

Der Antrag hat Erfolg.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist dahingehend auszulegen (§§ 88, 122 Abs. 1 VwGO), dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich der in Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheids verfügten Entziehung der Fahrerlaubnis und der Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins in Nummer 2 des Bescheids wiederhergestellt sowie hinsichtlich der in Nummer 3 des Bescheids enthaltenen, gemäß Art. 21a des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und –vollstreckungsgesetzes bereits kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohung angeordnet werden soll.

Der so verstandene Antrag ist zulässig und begründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen und im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vorliegend der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, weil das Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

Unter Anwendung der vorstehenden Grundsätze war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen Nummern 1 und 2 des Bescheids vom 30. November 2017 wiederherzustellen und gegen Nummer 3 anzuordnen. Denn die summarische Prüfung ergibt, dass sich der Bescheid vom 30. November 2017 als rechtswidrig erweist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt (§§ 68 Abs. 1 Satz 1, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Widerspruch wird nach derzeitiger Sach- und Rechtslage voraussichtlich Erfolg haben. Daher überwiegt derzeit das Interesse des Antragstellers, weiter im Besitz seiner Fahrerlaubnis zu bleiben.

Der streitgegenständliche Entziehungsbescheid kann nicht auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV gestützt werden, weil die nicht selbständig anfechtbare Anordnung der medizinisch-psychologischen Untersuchung rechtswidrig war (BVerwG, U.v. 5.7.2001 – 3 C 13/01 – DAR 2001, 272). Denn es wurde das bei der Gutachtensanordnung nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV eröffnete Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt.

Zutreffend stellte die Behörde zwar fest, dass der Tatbestand des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV erfüllt war, weil der Antragsteller durch die von ihm begangene Nötigungshandlung eine im Hinblick auf die Kraftfahreignung erhebliche Straftat im Sinne dieser Vorschrift begangen hat (s. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage, § 11 FeV Rn. 9, 30). Der Umstand, dass die Tat des Antragstellers nicht mit einer Jugendstrafe geahndet und keine Entziehung der Fahrerlaubnis verhängt wurde, schließt es aus Sicht des Gerichts in Anbetracht der aus dem Urteil vom 26. November 2013 ablesbaren Verkehrssicherheitsrelevanz des Verhaltens des Antragstellers keineswegs aus, ihr ein hinreichendes Gewicht für die Bewertung der Fahreignung beizumessen und eine Gutachtensanordnung - allerdings abhängig von den im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigenden Umständen des jeweiligen Einzelfalls - darauf zu stützen (vgl. hierzu VGH BW, U.v. 11.10.2017 – 10 S 746/17 – juris Rn. 35; vgl. auch BayVGH, B.v. 7.8.2014 – 11 CS 14.352 – NJW 2014, 3802). Gleiches gilt hinsichtlich der Feststellung im Urteil, dass es sich bei der Tat um eine „jugendtümliche Verfehlung“

Gehandelt habe und dass nicht auszuschließen sei, dass der Antragsteller den Fahrer des anderen Fahrzeugs zunächst mit einem Freund verwechselt hatte. Zurecht führt die Fahrerlaubnisbehörde insoweit aus, dass der Straßenverkehr ein soziales Handlungsfeld ist, das von den Beteiligten ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht erfordert und somit auch keinen Platz für Späße bietet, mögen sie auch jugendlichem Übermut entspringen. Durch sein provozierendes Verhalten unter Einsatz seines Fahrzeugs hat der Antragsteller ohne Grund und ausschließlich zu seiner eigenen Belustigung in Kauf genommen, einen anderen Verkehrsteilnehmer erheblich zu gefährden. Zudem stellt das Strafurteil ausdrücklich fest, dass der antragsteller den Geschädigten „zunächst“ für einen Freund gehalten haben mag. Spätestens ab dem Zeitpunkt, als beide Fahrzeuge auf gleicher Höhe waren, der Antragsteller dem Geschädigten eine Schnittbewegung entlang des Halses andeutete und von diesem keine Reaktion dahingehend folgte, dass er „das Spiel mitspielen“ wollte, muss dem Antragsteller klar gewesen sein, dass es sich um einen Fremden handelte. Dennoch setzte er sein provozierendes und rücksichtsloses Verhalten über mehrere Kilometer hinweg fort.

Nach alledem vermag die vom Antragsteller begangene Nötigung eine Gutachtensanordnung grundsätzlich zu rechtfertigen.

Die Fahrerlaubnisbehörde hat auch erkannt, dass sie im Rahmen des von ihr herangezogenen § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV eine Ermessensentscheidung zu treffen hat und die aus ihrer Sicht hierfür maßgeblichen Gesichtspunkte dargelegt. Die Ermessensentscheidung, wie sie sich aus der Gutachtensanordnung vom … Juni 2017 ablesen lässt, ist jedoch nicht frei von Mängeln erfolgt.

Im Rahmen des durch § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 FeV eröffneten Ermessens muss die Fahrerlaubnisbehörde anhand aller Umstände des konkreten Falls prüfen, ob die sich aus der begangenen (Anlass-)Straftat (sowie ggf. weiteren Umständen) ergebenden Eignungszweifel hinreichend gewichtig sind, um (trotz der mit einer medizinisch-psychologischen Begutachtung verbundenen nicht unbeträchtlichen Belastungen für den Betroffenen) die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu rechtfertigen. Sie muss ihre diesbezüglichen Erwägungen auch schon in der Gutachtensanordnung offenlegen, damit dem Sinn und Zweck der in § 11 Abs. 6 FeV angeordneten Mitteilungspflichten Genüge getan ist (vgl. zu § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV: BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – NJW 2017, 1765 = juris Rn. 36; BayVGH, B.v. 30.5.2017 – 11 CS 17.274 – juris; zu § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV: VGH BW, U.v. 11.10.2017 a.a.O. Rn. 38). Im Hinblick auf die mit einer medizinisch-psychologischen Untersuchung verbundenen Belastungen soll dem Betroffenen die Begründung der Beibringensaufforderung eine fundierte Entscheidung darüber ermöglichen, ob er dieser Aufforderung nachkommt. Abgesehen davon stehen die Beibringensaufforderung der Fahrerlaubnisbehörde, die Reaktion des Betroffenen hierauf und eine abschließende Entscheidung der Behörde auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV in engem Zusammenhang. Mit der Entscheidung des Betroffenen, ein von ihm gefordertes Fahreignungsgutachten nicht vorzulegen, ist auch bereits die Entscheidung über seinen Antrag auf Fahrerlaubniserteilung oder aber über eine Entziehung der Fahrerlaubnis vorgezeichnet (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 5).

In eine Ermessensentscheidung müssen alle im Einzelfall bedeutsamen Erwägungen eingestellt werden. In einem Fall wie dem vorliegenden sind auch die zugunsten des Betroffenen sprechenden Aspekte einzustellen, sofern sich solche ohne weiteres aus dem bekannten Sachverhalt ergeben oder vorgetragen wurden. Dabei liegt es auf der Hand, dass es für die Frage von Eignungszweifeln und - in den Fällen des § 11 FeV, der die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens in das Ermessen der Behörde stellt - ebenso für die anschließende Ermessensausübung einen Unterschied macht, ob eine fahreignungsrelevante Zuwiderhandlung erst kurze Zeit oder aber bereits mehrere Jahre zurückliegt, selbst wenn sie – wie hier - nach den maßgeblichen Tilgungsvorschriften noch verwertbar ist. je länger die betreffenden Zuwiderhandlungen zurückliegen, umso mehr ist auch eine diesem Umstand Rechnung tragende Betätigung des der Fahrerlaubnisbehörde eingeräumten Ermessens dazu geboten, ob diese Verkehrsverstöße nach wie vor die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen. Die Fahrerlaubnisbehörde wird bei mehrere Jahre zurückliegenden Verkehrsverstößen mit Blick auf deren Art, Zahl und Erheblichkeit insbesondere zu erwägen haben, ob verbleibende Eignungszweifel ohne Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ausgeräumt werden können, z.B. durch Vorlage von Zeugnissen, Berichten eines Bewährungshelfers bzw. des Jugendgerichts über die Erfüllung von Weisungen oder anderen geeigneten Beweismitteln. Wenn dies in Betracht kommt, wird sie dem Fahrerlaubnisinhaber hierzu Gelegenheit geben müssen. Die Ermessenserwägungen sind, wenn sie zum Erlass einer Beibringensaufforderung führen, in der an den Betroffenen gerichteten Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens offenzulegen (BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20/15- a.a.O.).

In der vorliegenden Gutachtensanordnung hat der Umstand, dass die vom Antragsteller begangene Straftat zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als vier Jahre zurücklag, in keiner Weise Erwähnung oder sonst erkennbar Beachtung gefunden. im Aufforderungsschreiben der Antragsgegnerin fehlt es an jeglichen Darlegungen dazu, weshalb sie ihr Ermessen trotz des zeitlichen Abstandes der vom Antragsteller begangenen Straftat unter Würdigung der Tatumstände und –folgen dahin ausgeübt hat, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu fordern. Diese Mängel sind auch nicht deshalb unerheblich, weil die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null vorgelegen hätten. Der Antragsteller war bei Begehung der Tat noch Heranwachsender und hat ausweislich der beiden bei den Akten befindlichen Auskünfte aus dem Fahreignungsregister und des Führungszeugnisses seither keine weiteren eintragungspflichtigen Verkehrsverstöße oder erheblichen Straftaten mehr begangen. Zudem hat das Strafgericht im Urteil eine Entziehung der Fahrerlaubnis nicht in Betracht gezogen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint es zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen, dem Antragsteller mehr als vier Jahre nach der Tat auch ohne Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens die Fahrerlaubnis zu belassen, weil sich verbleibende Eignungszweifel durch andere geeignete Beweismittel ausräumen lassen.

Dem Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des GerichtskostengesetzesGKG - in Verbindung mit den Empfehlungen in den Nrn. 1.5 Satz 1 sowie 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Weisungen sind Gebote und Verbote, welche die Lebensführung des Jugendlichen regeln und dadurch seine Erziehung fördern und sichern sollen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Jugendlichen keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. Der Richter kann dem Jugendlichen insbesondere auferlegen,

1.
Weisungen zu befolgen, die sich auf den Aufenthaltsort beziehen,
2.
bei einer Familie oder in einem Heim zu wohnen,
3.
eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle anzunehmen,
4.
Arbeitsleistungen zu erbringen,
5.
sich der Betreuung und Aufsicht einer bestimmten Person (Betreuungshelfer) zu unterstellen,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen,
7.
sich zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich),
8.
den Verkehr mit bestimmten Personen oder den Besuch von Gast- oder Vergnügungsstätten zu unterlassen oder
9.
an einem Verkehrsunterricht teilzunehmen.

(2) Der Richter kann dem Jugendlichen auch mit Zustimmung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters auferlegen, sich einer heilerzieherischen Behandlung durch einen Sachverständigen oder einer Entziehungskur zu unterziehen. Hat der Jugendliche das sechzehnte Lebensjahr vollendet, so soll dies nur mit seinem Einverständnis geschehen.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Tenor

I.

Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23. Januar 2014 wird abgeändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. November 2013 wird wiederhergestellt.

II.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Antragsgegner.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.250 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1983 geborene Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtschutzverfahren gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, C, CE und T.

Mit Urteil des Amtsgerichts Gemünden a. Main vom 5. Oktober 2006 wurde der Antragsteller der Strafvereitelung in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig gesprochen (Tattag: 24.12.2005; Eintrag von 6 Punkte im vormaligen Verkehrszentralregister). Nach Vorlage eines positiven Fahreignungsgutachtens erhielt der Antragsteller am 6. Mai 2008 die Fahrerlaubnis der oben genannten Klassen. Am 12. September 2009 und am 16. März 2010 beging der Antragsteller eine Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb geschlossener Ortschaften um 22 km/h und 18 km/h, am 23. Oktober 2009 missachtete er ein Überholverbot (jeweils 1 Punkt im Verkehrszentralregister); am 8. Dezember 2009, am 3. August 2010 und am 22. Februar 2011 unterschritt er den erforderlichen Mindestabstand von 50 Metern mit einem Lkw (jeweils 3 Punkte). Mit Bescheid vom 29. Juli 2011 entzog die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller beim Stand von 18 Punkten die Fahrerlaubnis.

Das Ergebnis der medizinischpsychologischen Untersuchung durch den TÜV-Süd im Januar 2012 im Rahmen eines Neuerteilungsantrags legte der Antragsteller nicht vor, ein weiteres Fahreignungsgutachten des TÜV Süd vom 2. Juli 2012 fiel negativ aus. Beim Antragsteller liege wiederholtes und verschiedenartiges Fehlverhalten im Straßenverkehr vor. Unter den festgestellten Verstößen befinde sich auch eine Straftat. Solches Fehlverhalten sei in der Regel nicht nur auf Unachtsamkeit, Erfahrungsmangel oder Fahrlässigkeit zurückzuführen, sondern deute auf grundlegende Persönlichkeits- bzw. Einstellungsmängel hin. Art und Häufigkeit der Verkehrsverstöße zeigten ein geschwindigkeitsbetontes Fahrverhalten. Beim Antragsteller liege nach seiner Verkehrsvorgeschichte eine generelle Bereitschaft vor, geltende Regeln und die Belange anderer Verkehrsteilnehmer zu missachten. Der Antragsteller habe zwar die Zusammenhänge mit fachlicher Hilfestellung reflektiert und begonnen, seine Einstellung und sein Verhalten zu ändern. Es bestehe eine deutliche Änderungsbereitschaft; es zeigten sich Anzeichen einer positiven Entwicklung, jedoch bestehe diese Änderung erst seit kurzer Zeit und bedürfe der Vertiefung und Stabilisierung; der Antragsteller befinde sich gerade mitten im Veränderungsprozess, in dem er versuche, seinen neuen Standpunkt gegenüber seinen Vorgesetzten durchzusetzen.

Das dritte Gutachten der p.-mpu GmbH S. (...) vom 24. Oktober 2012 kam zu einer positiven Prognose. Der Antragsteller hatte geltend gemacht, dass er dem Termindruck, den sein Arbeitgeber auf ihn ausübe, nunmehr besser widerstehen könne; für den bisherigen Arbeitgeber werde er nicht mehr arbeiten. Das Gutachten stellte eine selbstkritische Distanzierung zum früheren auffälligen Verhalten fest; das geschilderte Vermeidungsverhalten beziehe sich konkret auf die Verhinderung früherer Fehlverhaltensweisen; es habe ein ausschlaggebender Veränderungsprozess beim Antragsteller stattgefunden. Es sei daher nicht zu erwarten, dass der Antragsteller auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Daraufhin erhielt der Antragsteller am 6. Dezember 2012 die Fahrerlaubnis neu erteilt.

Am 3. Februar 2013, 23:50 Uhr, überschritt der Antragsteller als Führer eines Lastkraftwagens die zulässige Höchstgeschwindigkeit außer Orts (Autobahn, Baustelle, ca. 200 m hinter dem Zeichen 274 StVO) von 60 km/h um 21 km/h.

Aus diesem Grund forderte der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 7. Juni 2013 zur Vorlage eines medizinischpsychologischen Gutachtens zur Klärung der Frage auf, ob zu erwarten sei, dass er auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde und ob trotz der neuen Verkehrszuwiderhandlung vom 3. Februar 2013 die positive Prognose der medizinischpsychologischen Begutachtung vom 24. Oktober 2012 aufrecht erhalten werden könne. Die Fahrerlaubnisbehörde schilderte die Vorgeschichte des Antragstellers und betonte, dass der Antragsteller trotz des vorangegangen Eignungsgutachtens zum Ersterwerb der Fahrerlaubnis sowie dem Wissen, dass die Fahrerlaubnis für zwei Jahre auf Probe erteilt worden sei, in der Folgezeit massiv mit Verkehrsverstößen aufgefallen sei. Trotz der Maßnahmen bei Erreichen bestimmter Punktestände (Verwarnung beim Stand von 8 Punkten, Verwarnung und Hinweis auf die freiwillige Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung bei einem Stand von 15 Punkten), habe sich der Punktestand auf 18 Punkte erhöht. Nachdem sowohl eine medizinischpsychologische Begutachtung im Januar 2012 als auch die Begutachtung am 25. Juni 2012 negativ gewesen sei, sei erst das dritte Gutachten durch die p.-mpu GmbH vom 24. Oktober 2012 zu einer positiven Prognose gekommen. Nicht einmal zwei Monate nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis und nur etwas mehr als drei Monate nach der positiven Prognose habe der Antragsteller erneut einen Verkehrsverstoß begangen, der in das Verkehrszentralregister eingetragen worden sei. Damit habe er die positive Prognose widerlegt und seine Kraftfahreignung erneut in Frage gestellt. Der Antragsteller sei nicht gewillt, die Rechtsordnung im Bereich des Fahrerlaubnisrechts zu respektieren. Maßnahmen nach dem Punktsystem reichten nicht aus.

Der Antragsteller wandte sich mit mehreren Schriftsätzen seiner Bevollmächtigten gegen die Gutachtensanordnung; die Fahrerlaubnisbehörde betonte mit Schreiben vom 7. August 2013 und 4. November 2013, dass der Antragsteller erst im dritten Anlauf zu einer positiven Prognose gekommen sei, so dass auch ein Obergutachten hätte gefordert werden können; der Antragsteller habe in nur drei Jahren 18 Punkte erreicht, und acht Wochen nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 21 km/h begangen, und zwar mit einem Lkw, was ein größeres Gefährdungspotential darstelle. Ein Gutachten wurde nicht vorgelegt.

Mit Bescheid vom 19. November 2013 entzog der Antragsgegner dem Antragsteller die Fahrerlaubnis, forderte ihn auf, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids zurückzugeben, ordnete die sofortige Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung an und drohte für den Fall der Nichtabgabe des Führerscheins Zwangsmaßnahmen an.

Gegen den Bescheid ließ der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg (W 6 K 13.1278) erheben. Den gleichzeitig gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. Januar 2014 ab. Es liege eine rechtmäßige Gutachtensaufforderung gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV und damit ein rechtmäßiges Vorgehen außerhalb des Punktsystems vor. Angesichts der Vorgeschichte des Antragstellers habe er durch die erneute Verkehrszuwiderhandlung die positive Prognose im Gutachten vom 24. Oktober 2012 widerlegt. Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV für die Beibringung eines Gutachtens wegen eines - unstrittigen - erheblichen Verstoßes gegen verkehrsrechtliche Vorschriften lägen vor. Es handle sich hier um einen für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems notwendigen, atypischen, besonders gelagerten Sachverhalt. Dafür sprächen die gesamte Vorgeschichte des Antragstellers, die kurze Zeit bis zum erneuten Verstoß entgegen der positiven Prognose und die unglaubhaften, beschönigenden Einlassungen des Antragstellers dazu. Schon der Umstand, dass dem Antragsteller seine erstmalige Fahrerlaubnis erst verspätet nach Vorlage einer positiven medizinischpsychologischen Begutachtung habe erteilt werden können, falle aus dem Rahmen. Nach nur gut drei Jahren - von 2008 bis 2011 - habe der Antragsteller dann das Punktsystem durchlaufen und 18 Punkte angehäuft. Auffällig sei weiter, dass der Antragsteller drei medizinischpsychologische Gutachten in eineinhalb Jahren benötigt habe, um zu einer positiven Prognose zu kommen. Der Antragsteller belege durch den erneuten Verkehrsverstoß nur gut drei Monate nach der Begutachtung und knapp zwei Monate nach der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, dass er nahtlos an sein vorhergehendes verkehrswidriges Verhaltensmuster anknüpfe. Dafür spreche auch der Umstand, dass er weiterhin bei der Firma arbeite, die nach seinen eigenen Angaben Auslöser für den Zeitdruck gewesen sei, der zu den zahlreichen Verkehrsauffälligkeiten geführt habe. Es sei nicht ersichtlich, dass die neuerliche Geschwindigkeitsüberschreitung nur ein einmaliger, versehentlicher Ausrutscher gewesen sei und sich nicht wiederholen werde. Das Fehlen weiterer Verkehrsverstöße in der Folgezeit könne daran liegen, dass solche nicht aktenkundig geworden seien oder dass sich der Antragsteller unter dem Eindruck der Ahndung (mit Bußgeldbescheid vom 15.4.2013) und des nachfolgend laufenden Entziehungsverfahrens (ab Juni 2013) zurückgehalten habe; das könne aber die Zweifel an der charakterlichen Fahreignung nicht auszuräumen, zumal schon früher zwischen den einzelnen Verkehrsverstößen mehrere Monate bis zu einem halben Jahr gelegen hätten. Gerade auch die einzelne erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung könne die Zweifel erneut begründen. Zwar sei dieser mit einem Punkt bewertete Verstoß für sich allein nicht so massiv und seien nach der Neuerteilung keine weiteren Verstöße aktenkundig. Es träten hier jedoch weitere Umstände, nämlich die Vorgeschichte des Antragstellers, hinzu. Das Gericht werte die Aussage des Antragstellers, er habe wegen plötzlich aufgetretenen Schnees bei abschüssiger Fahrbahn nicht bremsen können, ohne einen Ausbruch des Fahrzeugs zu riskieren, als unglaubhafte beschönigende Schutzbehauptung. Es spreche viel dafür, dass der Antragsteller den Geschwindigkeitsverstoß vorsätzlich begangen habe, da er - nach Abzug der Messtoleranz - mit 81 km/h bei erlaubten 60 km/h gefahren sei und damit die ohnehin zulässige Höchstgeschwindigkeit für Lkw (80 km/h) überschritten habe. Im Übrigen bestätige der Wetterbericht die Angaben des Antragstellers nicht; auch auf den in den Akten befindlichen Lichtbildern sei kein Schnee, auch keine geschlossene Schneedecke, aber die Fahrbahnmarkierung zu erkennen. Unter Zugrundelegung der Angaben des Antragstellers müsse er sich vorwerfen lassen, dass er trotz schneebedeckter Fahrbahn seine Geschwindigkeit nicht angepasst habe. Baustellen auf der Autobahn würden regelmäßig vorangekündigt und durch einen sogenannten Geschwindigkeitstrichter angezeigt, so dass dem Antragsteller auf jeden Fall genügend Zeit geblieben wäre, seine Geschwindigkeit zu reduzieren. Die Einlassung des Antragstellers bestätige die Eignungszweifel und das Erfordernis einer Begutachtung seiner charakterlichen Eignung.

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung wird vorgetragen:

- Die Sofortvollzugsanordnung sei nicht rechtmäßig. Der Antragsteller sei nicht mit Alkohol- oder Drogentätern zu vergleichen, die ihr Verhalten suchtbedingt nicht kurzfristig ändern könnten. Wenn das Verwaltungsgericht annehme, dass sich der Antragsteller durch den Bußgeldbescheid vom 15. April 2013 und das nachfolgende Entziehungsverfahren habe beeindrucken lassen, so dass es seither nicht mehr zu Verkehrsverstößen gekommen sei, so stelle er keine akute Gefahr für den Straßenverkehr bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache dar. Der Antragsteller habe sich vom Februar 2013 bis zur Fahrerlaubnisentziehung im November 2013 zehn Monate verkehrsgerecht verhalten. Dies müsse bei der Sofortvollzugsanordnung berücksichtigt werden.

- Allein die zeitliche Nähe des erneuten Verkehrsverstoßes zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis reiche nicht für die Anordnung der Beibringung eines Gutachtens aus. Der begangene Verkehrsverstoß habe die positive Prognose im Gutachten vom 24. Oktober 2012 nicht widerlegt. Die Neuerteilung der Fahrerlaubnis am 6. Dezember 2012 im Anschluss an den Nachweis der wieder gewonnenen Eignung sei rechtmäßig erfolgt; es gebe keine Anhaltspunkte, dass sich der Antragsteller durch unwahre Falschangaben gegenüber der Begutachtungsstelle eine positive Begutachtung erschlichen habe.

- Das zweimalige Nichtbestehen eines MPU-Gutachtens dürfe nicht zulasten des Antragstellers berücksichtigt werden. Statistisch gesehen falle jeder Zweite durch ein MPU-Gutachten. Da die Chance bei den Wiederholern steige, liege die Erfolgsquote beim ersten Versuch bei maximal 30%. Die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs hänge auch von einer sehr guten Vorbereitung ab, die der Antragsteller nicht in Anspruch genommen habe. Insofern seien die ersten beiden Untersuchungen quasi der Vorbereitungskurs des Antragstellers gewesen. Der Antragsteller habe letztlich die Fahreignungsbegutachtung bestanden, weil bei ihm, wenn auch mit Verspätung, aber ohne professionelle Hilfe die Auseinandersetzung mit seinem bisherigen Verkehrsverhalten stattgefunden habe.

- Die Voraussetzungen für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems, mithin ein Sonderfall, der den Antragsteller von anderen Mehrfachtätern abhebe, lägen nicht vor. Der Antragsteller sei weder ein Raser noch ein rücksichtsloser Fahrer. Es sei lediglich darauf abgestellt worden, dass das Gutachten falsch sei. Die durch das Gericht erfolgte Bewertung der Verkehrsverstöße als schwerwiegend lasse nicht erkennen, worin sich diese Verstöße von denen aller anderen Kraftfahrer unterschieden. Die Schwere eines Verkehrsverstoßes folge aus dem ihm zugeordneten Punktwert und sei nicht der persönlichen Einschätzung des Gerichts überantwortet.

- Zu Unrecht werte das Verwaltungsgericht die Einlassung des Antragstellers zum letzten Verkehrsverstoß als Schutzbehauptung. Diese Einlassung hätte im Bußgeldverfahren keinen Erfolg gebracht, weil, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt habe, der Antragsteller bei gebotener Sorgfalt frühzeitig hätte abbremsen können, ohne dass sein Lkw auf der abschüssigen Strecke ins Rutschen gekommen wäre. Dieses nicht optimale Verkehrsverhalten sei nicht gleichzusetzen mit mangelnder Straßenverkehrseignung. Die Geschwindigkeitsüberschreitung im Februar 2012 sei möglicherweise Ausdruck einer Fehleinschätzung der Straßenverhältnisse gewesen, jedenfalls aber kein Ausdruck von Rücksichtslosigkeit, Aggressivität, Rohheit, wilder Raserei, Hang zur beharrlichen Missachtung der Rechtsordnung oder ähnlichem Verhalten. Dies aber sei Voraussetzung für die Annahme eines besonderen Umstandes, der eine Behandlung außerhalb des Punktsystems rechtfertigen würde.

Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen. Die Eignungszweifel könnten aus der zeitlichen Nähe der Zuwiderhandlung zur vorangegangen Fahrerlaubniserteilung gefolgert werden. Der Gesichtspunkt des zweimaligen Scheiterns des Antragstellers bei den MPU-Begutachtungen im Januar 2012 und Juni 2012 sei für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungstragend gewesen. Entscheidungstragend sei gewesen, dass sich der Antragsteller gleichsam im nahtlos anschließenden zweiten Durchgang des Vorgehens nach § 4 StVG befunden habe. Die Einlassung des Antragstellers zum Verkehrsverstoß habe das Verwaltungsgericht dahin gehend gewertet, dass dieser entweder lüge oder aber diese zusätzlich für die Eignungszweifel spreche; es habe nicht ein nicht optimales Verkehrsverhalten mit mangelnder Straßenverkehrseignung gleichgesetzt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Nach summarischer Überprüfung der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Entziehungsbescheids ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen offen. Vieles spricht dafür, dass die Gutachtensbeibringungsaufforderung vom 7. Juni 2013 der rechtlichen Überprüfung im Hauptsacheverfahren nicht standhalten wird. Ggf. sind auch die näheren Umstände der vom Antragsteller am 3. Februar 2013 begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit näher aufzuklären. Jedenfalls fällt die Interessenabwägung hier ausnahmsweise zugunsten des Antragstellers aus.

1. Es ist fraglich, ob der streitgegenständliche Entziehungsbescheid auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV gestützt werden kann. Der Schluss auf die Nichteignung ist nur zulässig, wenn die nicht selbstständig anfechtbare Anordnung der medizinischpsychologischen Untersuchung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (BVerwG, B. v. 9.6.2005 - 3 C 25.04 - BayVBl 2006, 121).

Die Anordnung der medizinischpsychologischen Untersuchung mit Schreiben der Fahrerlaubnisbehörde vom 7. Juni 2013 begegnet rechtlichen Bedenken dahingehend, ob die Fahrerlaubnisbehörde das in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV eröffnete Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise ausgeübt, mithin das Vorgehen außerhalb des Punktsystems ausreichend und zutreffend begründet hat.

Nach dieser Vorschrift kann die Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens zur Klärung von Eignungszweifeln angeordnet werden bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften.

1.2. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift liegen vor. Es kann hier noch offen bleiben, ob die Tat vom 3. Februar 2013 die Voraussetzung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV - erheblicher Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften - erfüllt. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV liegen in jedem Fall vor. Der Antragsteller hat wiederholt Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften begangen. Zwar sind die im Verkehrszentralregister eingetragenen Punkte für die vor dem 29. Juli 2011 begangenen Verkehrsverstöße durch die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Bescheid vom 29. Juli 2011 gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG in der bis 30. April 2014 geltenden Fassung gelöscht worden. Die Löschung von Punkten nach § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG bezieht sich jedoch nicht zugleich auf die den Punkten zugrunde liegenden straf- oder bußgeldrechtlichen Entscheidungen; diese bleiben vielmehr im Verkehrszentralregister bis zur Tilgungsreife erfasst und können in späteren, etwa auf § 3 Abs. 1 StVG gestützten Entziehungsverfahren herangezogen werden (vgl. unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 4 StVG Rn. 26). Dieses Ergebnis folgt im Umkehrschluss auch aus § 29 Abs. 1 Satz 4 StVG. Nach dieser Vorschrift werden Maßnahmen nach den §§ 2a und 4 StVG außer den in Satz 3 der Vorschrift genannten Maßnahmen, also auch Fahrerlaubnisentziehungen nach § 4 StVG, dann getilgt, wenn auch die letzte mit Punkten bewertete Eintragung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit getilgt ist. Diese Regelung ginge ins Leere bzw. wäre entbehrlich, wenn schon die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG nicht nur zur Löschung von Punkten, sondern auch zur Tilgung der zugrundeliegenden Entscheidungen führte. In der Gesetzesbegründung zur Neuregelung des § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG ab 1. Mai 2014 (Gesetz vom 28.8.20132013, BGBl I S. 3313: Löschung der Punkte auch bei Neuerteilung der Fahrerlaubnis) ist ausgeführt, dass es unabhängig vom Punktestand bei der Speicherung sämtlicher noch nicht getilgter Entscheidungen im Register bleibe, so dass die Behörde im Fall der erneuten Begehung von Zuwiderhandlungen nach erfolgter Neuerteilung der Fahrerlaubnis die Möglichkeit habe, die Eignung auch ohne das Erreichen von - nunmehr - acht Punkten wieder in Frage zu stellen und ggf. durch eine erneute Anordnung der Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens prüfen zu lassen. In welchen Fällen dies sachgerecht sei, müsse aber der Einzelfallentscheidung überlassen bleiben und könne nicht summarisch durch das Gesetz geregelt werden (vgl. BR-Drucks. 799/12 Begr. S. 73).

Auch ein für den Betroffenen günstiges Fahreignungsgutachten und die Neuerteilung der Fahrerlaubnis entfalten keine Sperrwirkung für die Berücksichtigungsfähigkeit früher liegender Tatsachen (vgl. BayVGH, B. v. 6.5.2008 - 11 CS 08.551 - juris Rn. 46 ff.).

Dies bedeutet, dass bei einem Wiederholungstäter, der das Punktesystem zum zweiten Mal durchläuft, der Tatbestand des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 2. Alt. FeV erfüllt ist, wenn er einen weiteren Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis begeht und ein vor Neuerteilung der Fahrerlaubnis begangener Verstoß im Verkehrszentralregister noch nicht getilgt und daher verwertbar ist, was ein flexibles Reagieren der Fahrerlaubnisbehörde bei Wiederholungstätern ermöglicht (vgl. auch die Begründung zur Änderung von § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG - BR-Drucks. 799/12 S. 73). Jedoch dürften für den Fall, dass der nach Neuerteilung der Fahrerlaubnis begangene Verstoß nicht erheblich i. S. v. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt FeV ist, und - nach Neuerteilung - keine wiederholten Verstöße vorliegen, entsprechend höhere Anforderungen an die Ermessenserwägungen und die Darlegungen der Fahreignungszweifel durch die Fahrerlaubnisbehörde für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems zu stellen sein.

2. Es bestehen Zweifel, ob die Fahrerlaubnisbehörde in der Gutachtensbeibringungsanordnung vom 7. Juni 2013 das Ermessen rechtmäßig ausgeübt, mithin das - ausnahmsweise - Vorgehen außerhalb des Punktsystems richtig begründet hat. Dabei dürften grundsätzlich nur die Erwägungen berücksichtigungsfähig sein, welche die Fahrerlaubnisbehörde in der Aufforderung zur Begutachtung dargelegt oder ggf. im anschließenden Schriftverkehr zur Begründung der Anordnung ergänzt hat. Da die Anordnung einer medizinischpsychologischen Untersuchung kein Verwaltungsakt ist und sie folglich nicht mit Rechtsmitteln eigenständig angegriffen werden kann, sind an die Begründung der Gutachtensanordnung im Interesse effektiven Rechtsschutzes strenge Anforderungen zu stellen.

2.1 Für ein Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörde außerhalb des Punktsystems bestehen nach der Rechtsprechung hohe Anforderungen. Je schwerer eine Verletzung gesetzlicher Vorschriften in Beziehung auf die Verkehrssicherheit wiegt oder je häufiger der Betroffene gegen gesetzliche Vorschriften verstößt, desto geringere Anforderungen sind an die Ermessensbetätigung zu stellen. Umgekehrt kann eine Gutachtensanordnung wegen eines einmaligen erheblichen oder wegen wiederholter weniger nichterheblicher Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften nur Bestand haben, wenn die Fahrerlaubnisbehörde über eine schematische Bezugnahme auf die Verkehrsverstöße hinaus tatsächliche Ermittlungen und Erwägungen angestellt hat, die eine solche Entscheidung im Einzelfall zu tragen vermögen.

In diese Betrachtung hat weiter das vom Gesetzgeber eingeführte Punktsystem (§ 4 StVG, §§ 40 ff FeV, Anlage 13 zur FeV) einzufließen. Das Punktsystem beinhaltet die Bewertung von Verkehrszuwiderhandlungen (Straftaten und Ordnungswidrigkeiten) mit einer nach Art und Schwere der Verstöße festgelegten Punktzahl und das Ergreifen abgestufter Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde bei Erreichen oder Überschreiten bestimmter Punkteschwellen. Es bezweckt eine Vereinheitlichung der Behandlung von Mehrfachtätern und soll dem Betroffenen Gelegenheit geben, aufgetretene Mängel durch Aufbauseminare und verkehrspsychologische Beratung möglichst frühzeitig zu beseitigen. Das abgestufte und transparente System rechtfertigt die Annahme, dass Personen, die 18 Punkte oder mehr erreicht haben, als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sind. Aus dem Punktsystem ergibt sich aber auch, dass der Gesetzgeber bewusst die weitere Straßenverkehrsteilnahme von Kraftfahrern mit einem nicht unerheblichen „Sündenregister“ in Kauf genommen und die Entziehung der Fahrerlaubnis von der zuvor eingeräumten Möglichkeit, Angebote und Hilfestellungen wahrzunehmen, abhängig gemacht hat (vgl. BayVGH, B. v. 2.6.2013 - 11 CS 03.743 - juris). Hiervon darf nur abgewichen werden, wenn dies die Verkehrssicherheit und damit die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer gebietet. Durch die Abweichung vom Punktsystem auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG wird im öffentlichen Interesse sichergestellt, dass ungeeignete Kraftfahrer schon vor Erreichen von 18 Punkten im Verkehrszentralregister von der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr wirksam ausgeschlossen werden können oder besondere Eignungszweifel durch weitergehende Maßnahmen, wie z. B. eine medizinischpsychologische Untersuchung, sofort geklärt werden können. Ein Verlassen des Punktsystems auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 StVG muss aber die Ausnahme bleiben und vom Vorliegen besonderer Gründe abhängen. Maßnahmen außerhalb des Punktsystems wie die Entziehung der Fahrerlaubnis oder zumindest die Anordnung zur Beibringung eines Eignungsgutachtens sind deshalb nur in besonderen Ausnahmekonstellationen zulässig, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber beispielsweise durch die beharrliche und häufige Begehung von - isoliert betrachtet auch nicht gewichtigen - Verkehrszuwiderhandlungen oder durch einen erheblichen Verkehrsverstoß verkehrsauffällig geworden ist und sich aus einem derartigen Verhalten Fahreignungsmängel oder zumindest Eignungsbedenken in charakterlicher Hinsicht ableiten lassen (vgl. VGH BW, B. v. 18.03.2010 - 10 S 2234/09). Die Fahrerlaubnisbehörde muss dabei im Einzelnen unter Auswertung aller konkreten Umstände näher begründen, warum sie aus besonderen Gründen im Einzelfall, der sich erheblich vom Normalfall sonstiger Verkehrsteilnehmer mit einem Punktestand abheben muss, aufgrund einer Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Kraftfahrers oder wegen der Art, der Häufigkeit oder des konkreten Hergangs der Verkehrsverstöße Eignungsbedenken hegt, die sofortige weitergehende Aufklärungsmaßnahmen etwa durch eine medizinischpsychologische Untersuchung gebieten, ohne dem Betroffenen die Chance zu belassen, zuvor die abgestuften Hilfsangebote des § 4 StVG wahrzunehmen.

Wann ein solcher Ausnahmefall gegeben ist, der in Anwendung der vorstehenden Grundsätze die Entziehung der Fahrerlaubnis oder die Anordnung der Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens zur Klärung von charakterlichen Fahreignungszweifel erfordert, obwohl der Betroffene die Schwelle von 18 Punkten noch nicht erreicht hat, ist schließlich eine Frage der Würdigung der Umstände des Einzelfalls und lässt sich nicht verallgemeinernd und entsprechend fallübergreifend beantworten.

2.2 Es liegt auf der Hand, dass ein Fahrerlaubnisinhaber nach dem Durchlaufen der Maßnahmen des Punktsystems bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis und daran sich anschließend dem Ablauf der Wartefrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis (§ 4 Abs. 10 Satz 1 und 2 StVG), der Vorlage eines positiven medizinischpsychologischen Gutachtens (§ 4 Abs. 10 Satz 3 StVG) und schließlich der Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht ohne Weiteres genauso wie der weit überwiegende Teil der mit Punkten belasteten Fahrerlaubnisinhaber behandelt werden kann, auf die nicht bereits einmal das vollständige Instrumentarium des Punktsystems (§ 4 Abs. 3 Satz 1 StVG) angewendet worden ist (vgl. OVG NW, B. v. 29.6.2011 - 16 B 212/11 - juris Rn. 5). Zwar ist einem Kraftfahrer zuzugestehen, dass er auch im „zweiten Durchgang“ des Punktsystems Verkehrsverstöße begehen kann, ohne unmittelbar den Verlust seiner Fahrerlaubnis befürchten zu müssen. Er darf nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis aber nicht gleichsam nahtlos da ansetzen, wo er bei ihrem Verlust aufgehört hat (vgl. OVG NW, B. v. 7.10.2013 - 16 A 2820/12 - juris Rn. 22). Wird lediglich die Beibringung eines medizinischpsychologischen Gutachtens gefordert, sind die Anforderungen an die Umstände, die ausnahmsweise ein Abrücken von dem Punktsystem ermöglichen, nicht zu überspannen, da die von der Fahrerlaubnisbehörde ergriffene Maßnahme zur Aufklärung der Eignungszweifel in ihrer Eingriffsintensität deutlich hinter der unmittelbaren Entziehung der Fahrerlaubnis zurückbleibt.

Allerdings sind die Anforderungen an ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems auch bei Wiederholungstätern nach den vorstehenden Ausführungen entsprechend hoch, wenn - nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis - nur eine, erneute Zuwiderhandlung gegen verkehrsrechtliche Vorschriften vorliegt, die nicht erheblich im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist. Letzteres dürfte hier der Fall sein.

2.3 Wann ein Verkehrsverstoß erheblich ist, ist dogmatisch noch nicht geklärt (vgl. NK-GVR/Koehl, 1. Aufl. 2014, FeV § 11 Rn. 90). Es wird zwar nicht gefordert, dass der Verstoß schwerwiegend ist. Entscheidend ist stets der Rückschluss auf die Fahreignung.

Die Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV wurde erst durch Änderungsverordnung vom 9. August 2004 (BGBl I, S. 2092 - damals noch mit der Nr. 5 des § 11 Abs. 3 Satz 1 FeV verbunden) - eingeführt. Bis dahin hat in der FeV eine Regelung gefehlt, wonach die Fahrerlaubnisbehörde eine medizinischpsychologische Untersuchung anordnen kann, wenn aufgrund von Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, die keine Straftaten darstellen, Eignungszweifel bestehen. Der Verordnungsgeber hat dies für unzureichend erachtet und durch die Neufassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, dass ein medizinischpsychologisches Gutachten auch bei einem erheblichen oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, die nur als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden, angeordnet werden kann. Dabei hat er insbesondere an Fahrerlaubnisinhaber gedacht, die durch eine Vielzahl von Ordnungswidrigkeiten oder die Teilnahme an illegalen Straßenrennen Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung haben entstehen lassen (vgl. BR-Drucks. 305/04 - Beschluss, S. 1).

Bei der Beurteilung, ob ein Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften erheblich ist im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist, ist neben der amtlichen Begründung, die durch das genannte Beispiel der Teilnahme an illegalen Straßenrennen auf eine eher restriktive Auslegung hindeutet, die Systematik der Vorschrift in den Blick zu nehmen.

Als Tatbestandsvoraussetzungen werden in der Vorschrift entweder ein einziger erheblicher Verstoß oder wiederholte Verstöße genannt. Da die Fahrerlaubnisbehörde regelmäßig nur von solchen Verstößen erfährt, die ins Verkehrszentralregister (ab 1. Mai 2014 Fahreignungsregister genannt) eingetragen werden, sind für die Fahreignungsbeurteilung in der Regel nur eintragungspflichtige Verstöße relevant. Dem entspricht es, dass Verkehrsverstöße, die im Verwarnungsverfahren gerügt werden können, grundsätzlich bei der Prüfung der Eignung eines Kraftfahrers unberücksichtigt bleiben (BVerwG, U. v. 17.12.1976 - C 57.75 - VkBl 1978, 19). D. h. schon bei dem Tatbestandsmerkmal „wiederholte Verstöße“ handelt es sich in der Regel um eintragungspflichtige Verstöße. Wenn daneben als alternatives Tatbestandsmerkmal für eine Gutachtensbeibringungsanordnung ein „erheblicher Verstoß“ genannt wird, wird daraus deutlich, dass der erhebliche Verstoß sich „qualitativ“ vom „einfachen“ eintragungsfähigen Verstoß unterscheiden muss. Daraus ergibt sich jedenfalls, dass ein Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, der gerade einmal die Grenze zur Eintragungspflichtigkeit überschreitet, in der Regel noch kein erheblicher sein kann.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Vorschrift für alle, auch bisher unbescholtene Fahrerlaubnisinhaber, gilt und nicht nur für „Wiederholungstäter“, die das Punktsystem bereits einmal durchlaufen haben. Es wäre wohl kaum vorstellbar, bei einem Fahrerlaubnisinhaber, der erstmals einen gerade die Schwelle der Eintragungpflichtigkeit überschreitenden Verkehrsverstoß begeht, in eine Ermessensprüfung einzutreten, ob eine Überprüfung seiner charakterlichen Fahreignung außerhalb des Punktsystems gerechtfertigt ist. Soweit in der Rechtsprechung zur Fahrtenbuchauflage ein mit einem Punkt bewerteter Verkehrsverstoß als Verstoß von „einigem Gewicht“ bezeichnet wird (vgl. BVerwG, U. v. 17.5.1995 - 11 C 12/94 - BVerwGE 98, 227/229; B. v. 9.9.1999 - 3 B 94/99 - BayVBl 2000, 380), ist das wohl nicht mit einem erheblichen Verstoß i. S. v. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV vergleichbar. Die Anordnung, ein medizinischpsychologisches Gutachten beizubringen, greift in erheblicher Weise in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ein. Ein solcher Eingriff ist nur gerechtfertigt, wenn er zur Abwehr einer bei realistischer Einschätzung tatsächlich bestehenden Gefahr notwendig ist (vgl. BVerwG, B. v. 9.6.2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11; B. v. 9.6.2005 - 3 C 25.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 12).

2.4 Der Senat hat im Beschluss vom 23. Februar 2012 (11 ZB 11.2995) eine Vorfahrtsverletzung mit Verkehrsunfall und eine Unfallflucht als „wohl erhebliche, jedenfalls wiederholte Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften“ und im Beschluss vom 2. Februar 2010 (11 CS 09.2636 - juris Rn. 26) eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 44 km/h außer Orts als erheblichen Verkehrsverstoß bezeichnet. Im Beschluss vom 25. Juni 2008 (11 CS 08.269 - juris Rn. 13) hat der Senat ausgeführt, dass die Anlage 13 zur FeV (Punktbewertung nach dem Punktsystem) keine Kriterien dafür enthält, welche Verkehrsverstöße als im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV erheblich einzustufen sind. Die Anlage 13 sei zu § 40 FeV ergangen und enthalte eine Aufstellung darüber, mit welcher Punktzahl verschiedene Verkehrsverstöße im Verkehrszentralregister zu bewerten seien. Auch die Anlage 12 zu § 34 FeV wäre i. Ü. nicht einschlägig, da sie nur regele, welche Verstöße bezogen auf die Fahrerlaubnis auf Probe i. S. v. § 2a StVG als schwerwiegende Zuwiderhandlungen einzustufen seien.

Eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außer Orts um 21 km/h, die zu einer Eintragung von einem Punkt im Verkehrszentralregister führt, dürfte daher in der Regel nicht erheblich im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV sein. Bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außer Orts um 20 km/h wäre eine Eintragung nach § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG und eine Punktbewertung nach § 40 FeV i. V. m. der Anlage 13 zur FeV erst gar nicht erfolgt, sondern wäre mit einer Verwarnung geahndet worden, die in der Regel keine Rückschlüsse auf die Fahreignung zulässt.

Der Senat hat im Beschluss vom 7. Februar 2012 (11 CS 11.2708 - juris Rn. 14) die Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachten bei einem Wiederholungstäter bestätigt, der innerhalb von 20 Monaten nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis vier Geschwindigkeitsverstöße gegangen hatte, die zu einer Eintragung von 10 Punkten geführt hatten; er hat hierzu ausgeführt, auch Verkehrsordnungswidrigkeiten, würden sie beharrlich und häufig begangen, könnten (ausnahmsweise) in besonders krassen Fällen die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen charakterlicher Mängel oder zumindest die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens wegen (begründeter) Zweifel an der charakterlichen Eignung des Fahrerlaubnisinhabers rechtfertigen, weil bei dieser besonderen Fallgestaltung auf charakterliche Mängel, die sich in der beharrlichen Missachtung der Rechtsordnung (Verkehrsvorschriften) geäußert hätten, geschlossen werden könne bzw. solche vermutet werden könnten. Wer - insbesondere nach vorangegangenem Fahrerlaubnisentzug - häufig und in engerem zeitlichen Zusammenhang Verkehrsverstöße von einigem Gewicht begehe und dadurch zeige, dass er sich an die Verkehrsordnung nicht halten wolle, sei fahrungeeignet bzw. gebe Anlass für eine Eignungsüberprüfung.

Der VGH Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 5. Mai 2014 (10 S 705/14 - juris) eine Gutachtensanordnung bei einem Wiederholungstäter für rechtmäßig befunden, der in den 20 Monaten nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis vier Verkehrsverstöße begangen hatte, die zur Eintragung von 10 Punkten geführt haben; er hat dazu ausgeführt, eine das Verlassen des Punktsystems rechtfertigende Ausnahmekonstellation für eine Anordnung zur Beibringung eines Eignungsgutachtens liege insbesondere vor, wenn der Fahrerlaubnisinhaber nach einer vormaligen Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem Punktsystem, der Vorlage eines positiven medizinischpsychologischen Gutachtens und der Neuerteilung der Fahrerlaubnis binnen kurzer Zeit und in rascher Folge erneut erhebliche Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr begehe.

Eine einzelne Verkehrsordnungswidrigkeit, die gerade einmal die Schwelle der Eintragungspflichtigkeit ins Verkehrszentralregister überschreitet, dürfte daher nur im äußersten Ausnahmefall Anlass für ein Vorgehen außerhalb des Punktsystems sein können. Soweit ersichtlich, ist in der Rechtsprechung eine Fallkonstellation wie hier - Anordnung der Beibringung eines Eignungsgutachtens nach vormaligem Entzug wegen des Erreichens von 18 Punkten bei nur einem Verkehrsverstoß nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, der nicht zugleich eine Straftat darstellt und daher auch auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 5, 6 oder 7 FeV gestützt werden kann - noch nicht entschieden worden.

Ob ein solcher Ausnahmefall hier vorliegt, weil der Antragsteller einen Lastkraftwagen - offenbar mit Anhänger, wie dem Schriftsatz vom 2. August 2013 (Bl. 346/351 der Behördenakte) zu entnehmen ist - geführt hat und weil er die ohnehin für Lastkraftwagen zulässige Höchstgeschwindigkeit, wenn auch nur äußerst geringfügig, überschritten hat, ist zweifelhaft.

In tatsächlicher Hinsicht lässt sich im Eilverfahren auch nicht abschließend feststellen, ob die Strecke abschüssig war, etwa die Witterungsbedingungen winterlich waren und welches abstrakte Gefährdungspotential bei der Überschreitung der Geschwindigkeit bestand. Auch wie sich die konkrete Situation an der Autobahnbaustelle darstellte ist, ist nicht aktenkundig. Dem Verwaltungsgericht ist darin zu folgen, dass die Schilderungen des Antragstellers zum neuerlichen Verkehrsverstoß, die es als unglaubhaft angesehen hat, die Fahreignung des Antragstellers in anderer Hinsicht nicht bestätigt. Ob allerdings eine etwaige Lüge diesbezüglich gegen die charakterliche Fahreignung spricht, ist fraglich.

2.5 Davon unabhängig bestehen gegen die Ermessenserwägungen in der Gutachtensbeibringungsanordnung vom 7. Juni 2013, auch unabhängig von der Einstufung der Zuwiderhandlung als erheblich, in mehrfacher Hinsicht Bedenken.

Soweit die Anordnung maßgeblich davon ausgeht, dass durch den erneuten Verkehrsverstoß die positive Prognose im Fahreignungsgutachten der p. vom 24. Oktober 2012 widerlegt sei, dürfte das, nicht nur formal betrachtet, nicht richtig sein. Die Gutachterin hat prognostiziert, dass nicht zu erwarten sei, dass der Antragsteller in Zukunft erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften verstoßen werde. Das hat der Antragsteller - davon ausgehend, dass der Verkehrsverstoß vom 3. Februar 2013 nicht erheblich im Sinne von 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist - nicht getan. Dass der Antragsteller nie wieder einen Verkehrsverstoß begehen werde, hat die Gutachterin nicht prognostiziert; danach war in der damaligen Gutachtensanordnung - zu Recht - nicht gefragt worden. Anhaltspunkte dafür, dass das Gutachten der p. fehlerhaft wäre, liegen nicht vor. Die Gutachterin hat sich mit der Vorgeschichte des Antragstellers und gerade auch mit dem vorausgehenden negativen Gutachten vom 2. Juli 2013, das bereits den Beginn eines Veränderungsprozesses beim Antragsteller festgestellt hat, aber eine Fahreignung noch nicht bejahen konnte, auseinandergesetzt.

Abgesehen von der Tatsache, dass der Antragsteller bereits beim Ersterwerb eine medizinisch psychologische Untersuchung absolvieren musste und dann bei der Neuerteilung die medizinischpsychologische Untersuchung erst im dritten Anlauf bestand, unterscheiden sich die im Rahmen der Ermessenserwägungen dargestellten Tatsachen - mit Ausnahme der hervorgehobenen Nähe des neuerlichen Verkehrsverstoßes - kaum von denen anderer Täter, denen die Fahrerlaubnis nach dem Erreichen von 18 Punkten entzogen wurde.

Soweit die Fahrerlaubnisbehörde darauf abgestellt hat, dass bereits bei der Ersterteilung der Fahrerlaubnis eine medizinischpsychologische Untersuchung erforderlich war und dass der Antragsteller für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis drei medizinischpsychologische Untersuchungen benötigt habe, ist fraglich, ob das für eine Zukunftsprognose maßgeblich ist. Aus Letzterem ergibt sich wohl lediglich, dass der Antragsteller mehr Zeit benötigte, um sich seinen Taten zu stellen und die notwendigen Folgerungen zu ziehen. Das spricht wohl nicht gegen seine gegenwärtige Fahreignung.

Soweit im Schriftverkehr im Anschluss an die Anordnung betont wurde, dass der Antragsteller die 18 Punkte innerhalb von drei Jahren erreichte, ist das ebenfalls nicht richtig, da sechs Punkte auf der Tat von 2005 beruhen. Der Antragsteller hat daher innerhalb von drei Jahren nicht 18 Punkte, sondern 12 Punkte erreicht.

Auch wurden die Taten, die zur Entziehung der Fahrerlaubnis führten, in der Anordnung nicht gewürdigt und nicht in Beziehung zum neuerlichen Verkehrsverstoß gesetzt. Neben der Straftat aus 2005, die zu sechs Punkten führte, sind drei Abstandsunterschreitungen zu verzeichnen, die zu insgesamt neun Punkten führten, so dass bereits daraus 15 Punkte erreicht waren. Hierbei spricht zugunsten des Antragstellers, dass er diese Verkehrsordnungswidrigkeit, die mit je drei Punkten bewertet wurde, nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht wieder begangen hat. Auch wenn im Gutachten vom 2. Juli 2013 die Rede davon ist, dass die Verkehrsverstöße letztlich aus einem geschwindigkeitsbetonten Fahrverhalten resultierten, hat der Antragsteller im ersten Durchgang nur zweimal die Geschwindigkeit in einem Maße überschritten, dass jeweils ein Punkt einzutragen war. Daraus ergibt sich wohl noch nicht die Annahme, dass der Antragsteller ein notorischer „Schnellfahrer“ ist, so dass wohl auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis gleichsam nahtlos da angesetzt hat, wo er bei ihrem Verlust aufgehört hat. Aus der bloßen zeitlichen Nähe des Verkehrsverstoßes zur Neuerteilung kann wohl noch nicht auf eine generelle Bereitschaft zur Missachtung von Verkehrsregeln geschlossen werden, wenn der Verstoß innerhalb von 10 Monaten nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis der einzige geblieben ist.

Da somit fraglich ist, ob die Tat vom 3. Februar 2013 geeignet ist, erneut Fahreignungszweifel zu begründen und zudem die Ermessenserwägungen der Fahrerlaubnisbehörde rechtlichen Bedenken begegnen, ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen.

3. Eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache unabhängige Interessenabwägung ergibt, dass es ausnahmsweise verantwortet werden kann, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiter als Kraftfahrer am Straßenverkehr teilnimmt. Die Interessenabwägung hat sich an den Vorgaben zu orientieren, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 20. Juni 2002 (1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 ff.) aufgestellt hat. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen. Ein Fahrerlaubnisinhaber muss den Entzug dieser Berechtigung dann hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen ordnungsgemäßen Ablauf resultiert; dieses Risiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen gegen den für sofort vollziehbar erklärten Entzug einer Fahrerlaubnis wird deshalb in der Regel nur dann in Betracht kommen, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das von dem Betroffenen ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt.

Da der Verstoß vom 3. Februar 2013 in dem Zeitraum seit der Neuerteilung der Fahrerlaubnis am 6. Dezember 2012 bis zur Fahrerlaubnisentziehung mit Bescheid vom 19. November 2013 die einzige dem Antragsteller vorzuwerfende (aktenkundige) Verkehrsordnungswidrigkeit ist und die Tat nach Aktenlage wohl auch nicht erheblich im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 1. Alt. FeV ist, der Antragsteller auch bei früheren, von ihm begangenen Verkehrsordnungswidrigkeiten keine anderen Personen konkret gefährdet und keinen Unfall verursacht hat, ergibt hier bereits eine von den Erfolgsaussichten der Klage unabhängige Interessensabwägung, dass es verantwortet werden kann, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren weiter am Straßenverkehr teilnimmt. Der Antragsteller dürfte sich nunmehr der Folgen weiterer Verstöße bewusst sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5, 46.3 und 46.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 23. Dezember 2016 wird in Nr. 1 aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheids des Landratsamts Weißenburg-Gunzenhausen vom 7. September 2016 wird wiederhergestellt.

II. Unter Abänderung der Nr. 2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts trägt der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1969 geborene Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Taxi bzw. Mietwagen wegen Nichtvorlage eines angeordneten medizinisch-psychologischen Gutachtens.

Am 8. Dezember 2014 führte der Antragsteller ein (privates) Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr mit einer Atemalkoholkonzentration (AAK) von 0,54 mg/l. Es erging deshalb ein Bußgeldbescheid der ZBS Viechtach vom 22. Dezember 2014, rechtskräftig seit 14. Januar 2015. In Kenntnis dieses Vorfalls verlängerte das Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen (im Folgenden: Landratsamt) dem Antragsteller am 11. April 2016 die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung.

Mit Schreiben vom 14. April 2016 teilte das Landratsamt dem Antragsteller mit, aufgrund der Tat vom 8. Dezember 2014 ergäben sich Zweifel an seiner persönlichen Zuverlässigkeit und seiner Eignung zur Fahrgastbeförderung; er werde deshalb zur Feststellung seiner Eignung gebeten, aus folgendem Grund “Trunkenheit im Straßenverkehr“ ein Gutachten einer amtlich anerkannten medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle/Begutachtungsstelle für Fahreignung bis spätestens 14. Juni 2016 vorzulegen. Das Gutachten solle zur Frage Stellung nehmen:

„Erfüllt der Antragsteller trotz dem aktenkundigen Verstoß wegen Trunkenheit im Verkehr die besonderen körperlichen und geistigen Anforderungen für die Beförderung von Fahrgästen mit einem Taxi bzw. Mietwagen?“

Aus dem folgenden in den Akten enthaltenen E-Mail Verkehr des Antragstellers mit der Fahrerlaubnisbehörde ergibt sich, dass der Antragsteller am 1. Juli 2016 eine Untersuchung bei der TÜV S. L. Service GmbH absolviert hat, dass sich die Erstellung des Gutachtens wegen Erkrankung der Gutachterin verzögert hat und dass die Sache wegen eines erhöhten GGT-Werts des Antragstellers der näheren Abklärung bedürfe (Schreiben des TÜV Süd vom 13.7.2016). Der Antragsteller teilte hierzu mit, dass er seit Geburt eine vergrößerte Leber habe und die Werte der Nachuntersuchung alle „im grünen Bereich“ lägen.

Am 1. August 2016 sandte der TÜV Süd die Fahrerlaubnisunterlagen an das Landratsamt zurück. Am 8. August 2016 erklärte der Antragsteller telefonisch gegenüber dem Landratsamt, er habe noch keinen Termin zur MPU, die Ärztin sei drei Wochen in Urlaub. Eine telefonische Rücksprache des Landratsamts beim TÜV ergab, dass das Gutachten am 1. August 2016 an den Antragsteller versandt worden sei. Ein neues Ersatzgutachten sei erst ab 23. August 2016 möglich. Der Antragsteller legte kein Gutachten vor.

Nach vorheriger Anhörung entzog das Landratsamt dem Antragsteller mit Bescheid vom 7. September 2016 die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung und ordnete unter Androhung von Zwangsmitteln die Ablieferung der Fahrerlaubnis spätestens innerhalb von drei Tagen ab Zustellung des Bescheids sowie die sofortige Vollziehung an. Die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung sei gemäß § 46 Abs. 1, § 48 Abs. 10 und § 11 Abs. 8 FeV in Verbindung mit § 3 Abs. 1 StVG zu entziehen, da seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zur Fahrgastbeförderung nicht gegeben bzw. nicht nachgewiesen sei. Der Führerschein (zur Fahrgastbeförderung) ging per Post am 16. September 2016 beim Landratsamt ein.

Der Antragsteller erhob Klage gegen den Bescheid zum Verwaltungsgericht Ansbach (Az. AN 10 K 16.2013), über die nach Aktenlage noch nicht entschieden ist.

Den gleichzeitig gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. Dezember 2016 ab. Der streitgegenständliche Bescheid sei nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig. Die Anordnung zur Beibringung des medizinisch-psychologischen Gutachtens sei gemäß § 48 Abs. 9 Satz 3 FeV, wonach bei Bedenken an der Gewähr für die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen ein solches angeordnet werden könne, rechtmäßig. Diese Rechtsgrundlage stehe neben den allgemeinen Vorschriften in den §§ 11 bis 14 FeV, sonst wäre die Vorschrift überflüssig. Die Regelung ermögliche daher die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU), auch wenn der Regelungsbereich einer anderen Rechtsgrundlage berührt sei (hier § 13 FeV, da Fahrt unter Alkoholeinfluss). Das Gewährbieten für die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen sei eine gesteigerte Eignungsanforderung für die Fahrgastbeförderung und nicht ein von der Kraftfahreignung verschiedenes, gerade auf die Fahrgastbeförderung bezogenes Erfordernis eigener Art. Ein Fahrzeugführer biete nicht die Gewähr dafür, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werde, wenn nach umfassender Würdigung seiner Gesamtpersönlichkeit anhand aller Umstände des Einzelfalls ernsthaft zu befürchten sei, dass er die besonderen Sorgfaltspflichten, die bei der Beförderung von Fahrgästen zu beachten seien, zukünftig missachten werde. Diese Gewähr fehle nicht nur dann, wenn die Unzuverlässigkeit als erwiesen anzusehen sei, sondern bereits dann, wenn Umstände vorlägen, die ernsthaft befürchten ließen, der Betroffene werde die besonderen Sorgfaltspflichten, die ihm bei der Beförderung von anvertrauten Personen oblägen, zukünftig missachten. Im Rahmen dieser Prognoseentscheidung sei insbesondere die besonders sorgfältige Beachtung der Verkehrsvorschriften zu prüfen. Es könnten dabei auch Verkehrsverstöße aus Fahrten ohne Fahrgastbeförderung herangezogen werden. Die Alkoholisierung des Antragstellers sei hier erheblich gewesen. Es bestünden daher Zweifel, dass er in jedem Fall bei der Fahrgastbeförderung die Verkehrsvorschriften einhalte, insbesondere nüchtern fahre. Dass zuvor in Kenntnis der Tat die Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung verlängert worden sei, sei nicht erheblich.

Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der der Antragsgegner entgegentritt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheids vom 7. September 2016 ist wiederherzustellen, da diese voraussichtlich erfolgreich sein wird.

1. Wer ein Kraftfahrzeug führt, in dem Fahrgäste befördert werden, bedarf neben der Fahrerlaubnis einer zusätzlichen Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung, wenn für die Beförderung eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz erforderlich ist (§ 2 Abs. 3 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5.3.2003 - StVG, BGBl I S. 310 - zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.5.2016, BGBl I S. 1217, § 48 Abs. 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13.12.2010, Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980, zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses zuletzt geändert durch Verordnung vom 2.10.2015, BGBl I S. 1674).

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV). Nach § 48 Abs. 10 Satz 1 FeV ist die Erlaubnis (zur Fahrgastbeförderung) von der Fahrerlaubnisbehörde zu entziehen, wenn eine der aus Absatz 4 ersichtlichen Voraussetzungen fehlt. Nach § 48 Abs. 4 Nr. 2a und Nr. 3 FeV ist die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zu erteilen, wenn der Bewerber durch Vorlage eines nach Maßgabe des § 30 Abs. 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes ausgestellten Führungszeugnisses und durch eine auf Kosten des Antragstellers eingeholte aktuelle Auskunft aus dem Fahreignungsregister nachweist, dass er die Gewähr dafür bietet, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird (Nr. 2a; siehe auch § 11 Abs. 1 Sätze 4 und 5 FeV) und seine geistige und körperliche Eignung gemäß § 11 Abs. 9 FeV in Verbindung mit Anlage 5 nachweist (Nr. 3). Diese Voraussetzungen gelten auch für die Verlängerung der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (vgl. § 48 Abs. 5 Satz 2 FeV).

Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Das gleiche gilt gemäß § 48 Abs. 9 Satz 1 FeV, wenn Tatsachen Zweifel an der körperlichen und geistigen Eignung des Fahrerlaubnisinhabers oder an der Gewähr der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen des Inhabers einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung begründen.

Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur dann zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (BVerwG, U.v. 5.7.2001 -3 C 13.01 - NJW 2002, 78).

Die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids vom 7. September 2016, mit dem die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung entzogen hat, hängt, da der Antragsteller kein Gutachten vorgelegt hat, daher davon ab, ob die Gutachtensbeibringungsanordnung vom 14. April 2016 rechtmäßig ist. Das ist hier jedoch nicht der Fall.

Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 FeV kann die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psycholo-gisches Gutachten) zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 FeV angeordnet werden, wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist.

Gleichlautend damit kann (auch) nach § 48 Abs. 9 Satz 3 FeV von der Fahrerlaubnisbehörde ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung angeordnet werden, wenn Bedenken an der Gewähr für die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen bestehen.

Die streitgegenständliche Gutachtensbeibringungsanordnung ist hier aus mehreren Gründen rechtswidrig. Zum einen hat die Behörde das in den Vorschriften des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 und § 48 Abs. 9 Satz 3 FeV vorgesehene Ermessen nicht gesehen, jedenfalls aber nicht erkennbar ausgeübt. Zum anderen geht die hier gestellte Frage an den allenfalls zu klärenden Fahreignungszweifeln vorbei.

1.1 In der Gutachtensbeibringungsanordnung vom 14. April 2016 ist eine Rechtsgrundlage für die Anordnung nicht genannt. Bereits das begründet Zweifel, ob die Behörde erkannt hat, dass Ermessen besteht.

Auch im Entziehungsbescheid vom 7. September 2016, der allerdings insoweit Rechtsfehler in der Gutachtensbeibringungsanordnung ohnehin nicht heilen könnte, werden keine Rechtsgrundlagen für eine Gutachtensanordnung angegeben. Dass nicht gesehen wurde, dass Ermessen besteht, wird auch aus dem Schreiben der Behörde vom 18. Mai 2016 deutlich, in dem ausgeführt wird, dass die Feststellung der Eignung des Antragstellers geklärt werden müsse; alternativ hätte die Verlängerung der Fahrgastbeförderung mit einem Taxi bzw. Mietwagen bis zur Vorlage der geforderten Untersuchungsergebnisse widerrufen werden müssen.

Das Erkennen, dass Ermessen besteht, und die Ermessensausübung sind hier auch nicht entbehrlich.

Die Anforderungen an den Inhalt einer Beibringungsaufforderung sollen es dem Betroffenen ermöglichen, eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er sich der geforderten Begutachtung unterziehen will oder nicht. Das ist für ihn wegen der sich aus § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV ergebenden Rechtsfolgen von besonderer Bedeutung. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Aufforderung im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein muss. Der Betroffene muss entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das dort Mitgeteilte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung rechtfertigen kann (vgl. zum Ganzen BVerwG; U.v. 17.11.2016 - 3 C 20.15 - juris Rn. 21). Die Ermessenserwägungen sind, wenn sie zum Erlass einer Beibringensaufforderung führen, in der an den Betroffenen gerichteten Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens auch offenzulegen, damit dem Sinn und Zweck der in § 11 Abs. 6 FeV angeordneten Mitteilungspflichten Genüge getan ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 a.a.O. Rn. 36).

Die Funktion der medizinisch-psychologischen Begutachtung als Gefahrerforschungsmaßnahme, die in ihrer Eingriffsintensität für den Betroffenen hinter einer abschließenden Entscheidung wie der Entziehung der Fahrerlaubnis oder deren Versagung zurückbleibt, spricht nicht dafür, die Anforderungen an die Ermessensbetätigung und die Begründung der maßgeblichen Erwägungen herabzusetzen (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 a.a.O. Rn. 37 zu VGH BW, U.v. 3.9.2015 - 10 S 778/14 - VBlBW 2016, 242). Das ließe außer Acht, dass es für den Betroffenen durchaus mit nicht unbeträchtlichen Belastungen verbunden ist, wenn er sich einer medizinisch-psychologischen Begutachtung unterzieht (in diesem Sinne auch bei einem ärztlichen Gutachten: BVerwG, U.v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 4). Deshalb soll ihm die Begründung der Beibringensaufforderung eine fundierte Entscheidung darüber ermöglichen, ob er dieser Aufforderung nachkommt.

Hier hätte daher nicht nur erkannt werden müssen, dass ein Ermessen besteht; es hätte darüber hinaus eine Gesamtabwägung vorgenommen werden müssen oder, da hier keine weiteren in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden Tatsachen vorlagen, zumindest dargelegt werden müssen, warum eine erstmalige Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StVG, die allgemein für Fahrerlaubnisinhaber über die im Bußgeldbescheid festgesetzten Sanktionen hinaus folgenlos bleibt (vgl. § 13 FeV), bei einem Fahrerlaubnisinhaber zur Fahrgastbeförderung einer weiteren Abklärung bedarf. Der Betroffene, der die Entscheidung zu treffen hat, ob er sich der angeordneten Untersuchung unterzieht, muss das aus der Beibringungsanordnung ersehen können. Hier kommt hinzu, dass die Behörde dem Antragsteller wenige Tage zuvor die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung verlängert hat; auch dieser Umstand hätte in die Ermessenserwägungen einfließen müssen.

1.2 Ein weiterer zur Rechtswidrigkeit der Gutachtensbeibringungsanordnung führender Grund liegt in der verfehlten Fragestellung. Eine Gutachtensanordnung enthält eine unverhältnismäßige Fragestellung, wenn in ihr eine Überprüfung der körperlichen und geistigen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen verlangt wird, obwohl nur Zweifel an der charakterlichen Eignung bestehen (vgl. VGH BW, U.v. 12.12.2016 - 10 S 2406/14 - NZV 2017,147; vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 24.11.2014 - 11 ZB 13.2240 - juris).

Die Teilnahme des Antragstellers mit einem privaten Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr außerhalb der Fahrgastbeförderung unter unzulässig hohem Alkoholeinfluss hätte hier allenfalls Anlass gegeben, untersuchen zu lassen, ob zu erwarten ist, dass der Antragsteller unter unzulässig hohem Alkoholeinfluss auch Fahrgäste mit einem Taxi oder Mietwagen befördert, oder ob er - insoweit - über das erforderliche Trennungsvermögen bzw. die erforderliche Trennungsbereitschaft verfügt. Diesbezüglich bestehen für Fahrerlaubnisinhaber zur Fahrgastbeförderung im Vergleich zu anderen Fahrerlaubnisinhabern besondere Anforderungen. Nach § 8 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft i.d.F. der Verordnung vom 8.11.2007, BGBl I S. 2569) ist dem im Taxen- und Mietwagenverkehr eingesetzten Betriebspersonal untersagt, während des Dienstes und der Dienstbereitschaft alkoholische Getränke oder andere die dienstliche Tätigkeit beeinträchtigende Mittel zu sich zu nehmen oder die Fahrt anzutreten, obwohl es unter der Wirkung solcher Getränke oder Mittel steht.

Zwar versteht der Senat (vgl. B.v. 28.10.2014 - 11 CS 14.1713 - juris Rn. 12) die Frage nach körperlichen und/oder geistigen Beeinträchtigungen, die mit einem unkontrollierten Konsum von Alkohol in Zusammenhang gebracht werden können, regelmäßig dahingehend, dass sie nur der Abklärung des nach Anlage 4 Nrn. 8.1 und 8.2 zur Fahrerlaubnisverordnung erforderlichen Vermögens des Betroffenen dient, das Führen von Fahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum sicher zu trennen. Für das Trennungsvermögen sind auch Befunde des medizinischen Teils der Untersuchung relevant und daher anlassbezogen zu erheben. So können beispielsweise erhöhte Leberlaborwerte oder sonstige alkoholbedingte Körperschäden für einen Alkoholmissbrauch über einen längeren Zeitraum sprechen. Die so zu verstehende Fragestellung ist daher im Rahmen der Abklärung des Trennungsvermögens ohnehin aufgeworfen und damit zwar möglicherweise verzichtbar, aber zur Klarstellung für den Betroffenen und den zu beauftragenden Gutachter hilfreich und damit unschädlich. Die Frage nach körperlichen und/oder geistigen Beeinträchtigungen deckt daher den medizinischen Teil der bei einem Verdacht auf Alkoholmissbrauch im fahrerlaubnisrechtlichen Sinn anzuordnenden medizinisch-psychologischen Untersuchung ab.

Anders verhält es sich daher, wenn - wie hier - nur nach den besonderen körperlichen und geistigen Anforderungen und nicht nach der hiervon zu unterscheidenden Gewähr für die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gefragt wird. Daran ändert auch nichts, dass in der Fragestellung auf den aktenkundigen Verstoß wegen Trunkenheit im Verkehr Bezug genommen wird und nach dem Erfüllen der besonderen körperlichen und geistigen Anforderungen für die Beförderung von Fahrgästen mit einem Taxi bzw. Mietwagen gefragt wird. Auch hinsichtlich der Fragestellung gilt, dass der Betroffene anhand der Begründung der Gutachtensbeibringungsanordnung erkennen können muss, was untersucht wird, damit er die Entscheidung treffen kann, ob er sich der Untersuchung unterzieht.

1.3 Da die streitgegenständliche Gutachtensbeibringungsanordnung bereits aus den unter 1.1 und 1.2 dargestellten Gründen rechtswidrig ist, kann offen bleiben, ob sich das Gewährbieten für die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nur auf das persönliche Verhalten des Inhabers der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung beim Umgang mit den beförderten Fahrgästen etwa dahingehend bezieht, dass er Vermögensdelikte, Beleidigungen und körperliche Angriffe gegen seine Fahrgäste unterlässt bzw. im Bedarfsfall (Alter, Krankheit, Gebrechlichkeit etc.) die erforderliche Hilfe gewährt oder ob dieses Gewährbieten auch den sicheren und unfallfreien Transport beinhaltet (vgl. OVG NW, B.v. 23.4.2013 - 16 B 1408/12 - NJW 2013, 2217), sodass Fahrerlaubnisinhaber zur Fahrgastbeförderung verpflichtet sind, Verkehrsvorschriften besonders sorgfältig zu beachten und für den Fall der Zuwiderhandlung medizinisch-psychologische Gutachten angeordnet werden können, ohne dass die normativen Voraussetzungen, wie sie allgemein für Fahrerlaubnisinhaber gelten, vorliegen müssen.

Offen bleiben kann insbesondere, ob und unter welchen Umständen gegenüber einem Fahrerlaubnisinhaber zur Fahrgastbeförderung, der mit seinem privaten Fahrzeug (ohne Fahrgastbeförderung) erstmalig eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 1 StVG (Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr mit 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 ‰ oder mehr Alkohol im Blut) begeht, wegen der besonderen Vorschriften für Fahrerlaubnisinhaber zur Fahrgastbeförderung gemäß § 8 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BOKraft die Möglichkeit besteht, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Frage anzuordnen, ob zu erwarten ist, dass der Betroffene auch im Taxen- und Mietwagenverkehr unter der Wirkung von Alkohol entgegen § 8 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BOKraft am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt.

2. Der Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.10 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B.

2

Der 1982 geborene Kläger beging im Zeitraum von November 1998 bis Oktober 2005 wiederholt Verkehrsverstöße. Mit Urteil vom 8. Juli 1999 erteilte ihm das Amtsgericht M. eine jugendgerichtliche Verwarnung wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr (Blutalkoholkonzentration - BAK - von 1,15 Promille) in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis (Tattag: 18. November 1998). Am 23. Januar 2003 verurteilte ihn das Amtsgericht M. (Jugendgericht) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in vier Fällen (Tattage: 20. und 21. März 2002 sowie 14. Oktober 2002), in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung, zu einem Dauerarrest von zwei Wochen, setzte die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe auf zwei Jahre zur Bewährung aus und ordnete eine zweijährige Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis an. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts M. vom 10. März 2005 wurde der Kläger wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Tattag: 22. Januar 2005) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Am 3. Juli 2006 erfolgte eine weitere Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Tattag: 5. Oktober 2005).

3

Am 18. Oktober 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B. Sie forderte ihn daraufhin mit Schreiben vom 30. November 2011 gestützt auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) auf, bis zum 1. März 2012 das Gutachten einer amtlich anerkannten medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle zu der Fragestellung beizubringen, ob zu erwarten sei, dass er auch zukünftig erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen werde. Bei einer Weigerung dürfe gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf seine Nichteignung geschlossen werden. Zur Begründung verwies sie darauf, dass er in mehreren Fällen ohne Fahrerlaubnis ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt habe, und listete die oben genannten Verkehrsverstöße unter Angabe des Datums auf. Daher müsse von ihm die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gefordert werden. Die nach § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV erforderliche Mitteilung, dass der Kläger die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen einsehen könne, enthielt das Schreiben nicht. Der Kläger weigerte sich, ein solches Gutachten beizubringen, und verwies darauf, dass die ihm vorgehaltenen Verkehrsverstöße bereits mehr als sieben Jahre zurücklägen. Die Anordnung eines Gutachtens sei daher nicht angemessen.

4

Mit Bescheid vom 21. März 2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Fahrerlaubniserteilung ab. Wegen wiederholter Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften bestünden Zweifel an der Fahreignung des Klägers. Deshalb sei es gemäß § 11 Abs. 3 FeV erforderlich gewesen, ihm die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens aufzugeben. Dieses Gutachten habe der Kläger nicht vorgelegt. Da die Eignungsbedenken nicht ausgeräumt worden seien, habe die Fahrerlaubnis nicht erteilt werden dürfen.

5

Den Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium K. zurück. Weil sich der Kläger geweigert habe, das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten beizubringen, sei nach § 11 Abs. 8 FeV von seiner Nichteignung auszugehen. Die Beibringensanordnung genüge den formellen und materiell-rechtlichen Anforderungen. Sie enthalte die konkreten Gründe für die Eignungszweifel. Die Voraussetzung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV, wonach bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften die Beibringung eines Gutachtens angeordnet werden könne, sei erfüllt. Die Fahrerlaubnisbehörde habe das ihr eingeräumte Ermessen erkannt. Angesichts der noch nicht abgelaufenen Tilgungsfristen nach § 29 des Straßenverkehrs-Gesetzes (StVG) könne sich der Kläger nicht darauf berufen, dass seine Verkehrsverstöße bereits mehrere Jahre zurücklägen.

6

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat die Beklagte mit Schreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18. September 2013 den Hinweis auf die Einsichtnahmemöglichkeit in die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen nachträglich erteilt.

7

Das Verwaltungsgericht hat die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse B unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung heißt es: Die Ablehnung des Antrags könne nicht auf § 11 Abs. 8 FeV gestützt werden; das setze eine vollständig rechtmäßige Gutachtensanordnung voraus. Die Anordnung der Beklagten vom 30. November 2011 enthalte jedoch nicht die Mitteilung nach § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV, dass der Betroffene die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen einsehen könne. Bei dieser Regelung handele es sich nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift. Nur bei genauer Kenntnis der Fragestellung und des Inhalts dieser Unterlagen könne sich der Betroffene darüber schlüssig werden, ob er sich der Begutachtung aussetzen wolle. Für eine analoge Anwendung von § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG sei wegen fehlender Vergleichbarkeit kein Raum. Andererseits bestünden Zweifel an der Fahreignung des Klägers, die die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigten. Daher habe der Kläger nur einen Anspruch darauf, dass die Fahrerlaubnisbehörde nach ordnungsgemäßer Durchführung des Verfahrens nach § 11 FeV erneut über seinen Antrag entscheide.

8

Dieses Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof auf die Berufung der Beklagten geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Die Aufforderung an den Kläger, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, genüge nicht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV, da der Hinweis auf die Möglichkeit fehle, Einsicht in die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen zu nehmen. Bei § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV handle es sich nicht, wie Teile der Rechtsprechung annähmen, um eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Verletzung in jedem Fall ohne Bedeutung sei. Gegen diese Auffassung sprächen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte sowie die systematische und teleologische Auslegung der Vorschrift. Doch begründe ein Verstoß gegen diese Mitteilungspflicht auch keinen absoluten Verfahrensfehler, der ausnahmslos und ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zur Rechtswidrigkeit der anschließenden fahrerlaubnisrechtlichen Maßnahme führe. Entscheidend sei im Hinblick auf die Schutzfunktion der Regelung, ob sich der Verstoß gegen § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV im konkreten Einzelfall auf die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen ausgewirkt haben könne. Insoweit sei das Beruhenskriterium des § 46 LVwVfG zu modifizieren. Damit werde zugleich verhindert, dass der in § 11 Abs. 8 FeV normierte Schluss auf die mangelnde Fahreignung auch in Fällen verwehrt sei, in denen die Verletzung der Hinweispflicht für die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen ohne Belang gewesen sei. Im vorliegenden Fall könne sich das Unterlassen des Hinweises nicht auf die Entschließungsfreiheit des Klägers ausgewirkt haben. Die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen hätten aus Kopien der Entscheidungen des Amtsgerichts M. bestanden, mit denen die Verkehrsverstöße des Klägers geahndet worden seien, sowie aus Auszügen aus den Strafverfahrensakten. Diese Verkehrsverstöße würden in der Beibringensanordnung mit dem Datum des Tattages aufgeführt. Es könne davon ausgegangen werden, dass dem Kläger der Inhalt der gegen ihn ergangenen Verurteilungen bekannt sei. Das zeige auch die Reaktion seines Prozessbevollmächtigten auf die Beibringungsaufforderung; er habe nur geltend gemacht, dass die Verkehrsverstöße bereits sieben Jahre zurücklägen. Damit werde deutlich, dass der unterlassene Hinweis weder auf die Entscheidungsfindung des Klägers noch auf seine Rechtsverteidigung Einfluss gehabt habe. Zutreffend sei die Annahme, dass die Fahreignung des Klägers durch eine medizinisch-psychologische Begutachtung zu klären gewesen sei. Die Gutachtensanordnung habe auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV gestützt werden können. Wegen der erst im Jahr 2018 ablaufenden Tilgungsfristen könne sich der Kläger nicht darauf berufen, dass ihm seine Verkehrsverstöße aus zeitlichen Gründen nicht mehr vorgehalten werden dürften. Die gesetzlichen Tilgungsfristen könnten auch nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zur Seite geschoben oder relativiert werden. Ebenso wenig dringe der Kläger mit dem Einwand durch, die Beklagte habe beim Erlass der Gutachtensanordnung kein Ermessen ausgeübt. Die Fahrerlaubnisbehörde habe unter Wiedergabe der von ihm begangenen Verkehrsverstöße ausgeführt, die einschlägigen Verurteilungen legten nahe, der Kläger werde auch in Zukunft mit Straßenverkehrsdelikten auffällig werden. Bei der Ermessensausübung sei die Beklagte nicht gehalten gewesen, auf den erheblichen zeitlichen Abstand zwischen den die Eignungsbedenken begründenden Verkehrsverstößen und dem Erlass der Gutachtensanordnung einzugehen. Die Frage, wie lange der betreffende Sachverhalt zum Anlass für die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens gemacht werden dürfe, beantworte sich grundsätzlich nach den einschlägigen Tilgungs- und Verwertungsvorschriften. Solange danach der anlassgebende Sachverhalt noch verwertbar sei, bestehe für eine weitere einzelfallbezogene Prüfung, ob diese Verdachtsmomente noch einen Gefahrenverdacht begründeten, grundsätzlich kein Raum mehr; auf diesen Umstand sei deshalb auch im Rahmen der Ermessensausübung regelmäßig nicht ausdrücklich einzugehen.

9

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Die Aufforderung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, sei schon deshalb rechtswidrig, weil er dort nicht auf die Möglichkeit der Akteneinsicht hingewiesen worden sei. § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV sei zwingendes Recht. Die aufgeführte Fragestellung sei zu unbestimmt gewesen; er habe nicht erkennen können, warum die Untersuchung stattfinden solle. Außerdem sei unberücksichtigt geblieben, dass die ihm vorgeworfenen Verkehrsverstöße lange zurückgelegen hätten und er sich seitdem straffrei geführt habe. Die Ausübung von Ermessen sei nicht zu erkennen.

10

Die Beklagte tritt der Revision entgegen: § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV könne als bloße Ordnungsvorschrift eingestuft werden. Das Recht, die Behördenakte und die dem Gutachter zu übersendenden Unterlagen einzusehen, habe der Betroffene bereits nach § 29 LVwVfG. § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV solle nur dafür sorgen, dass dem Betroffenen das ihm ohnehin zustehende Akteneinsichtsrecht nochmals vor Augen geführt werde. Keinesfalls sei bei einem Verstoß ein absoluter Verfahrensfehler anzunehmen. Die Einsichtnahme in die Unterlagen könne die Entscheidung des Betroffenen nur dann beeinflussen, wenn er dadurch - anders als das hier der Fall sei - von neuen Tatsachen oder Überlegungen der Behörde erfahre, die ihm bislang unbekannt oder so nicht bewusst gewesen seien. Unzutreffend sei der Vorwurf, sie habe nicht bemerkt, dass es sich bei der Anforderung des Fahreignungsgutachtens um eine Ermessensentscheidung gehandelt habe.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Auffassung, § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV sei keine bloße Ordnungsvorschrift. Die Vorschrift könne ihre Wirkung nur erreichen, wenn das Kriterium des Beruhens in § 46 VwVfG dahin modifiziert werde, dass es dabei auf die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen und nicht auf die Behördenentscheidung ankomme.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Das Berufungsurteil beruht auf einer Verletzung von § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV i.V.m. § 46 LVwVfG und § 11 Abs. 3 FeV137 Abs. 1 VwGO). Das Berufungsgericht geht zwar zu Recht davon aus, dass die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung des Fahrerlaubnisbewerbers grundsätzlich nur schließen darf, wenn die Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens auch formell rechtmäßig ist (1. und 2.), und dass es sich bei der Mitteilungspflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt (3.). Die Annahme, das Fehlen der Mitteilung führe nicht zur Rechtswidrigkeit der Beibringungsaufforderung, wenn es sich auf die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen nicht ausgewirkt habe, ist jedoch nicht in jeder Hinsicht mit Bundesrecht vereinbar; unbeachtlich für die Entscheidung über den Fahrerlaubnisantrag könnte der Verfahrensfehler nur gemäß § 46 LVwVfG sein, dessen Voraussetzungen hier nicht gegeben sind (4.). Der von der Beklagten herangezogene § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV kann - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - Rechtsgrundlage der Beibringungsaufforderung sein; die zur Begutachtung gestellte Frage ist auch hinreichend bestimmt (5.). Nicht mit Bundesrecht in Einklang steht jedoch die Auffassung, dass, solange die Tilgungs- und Verwertungsfristen in Bezug auf die Verkehrsverstöße nicht abgelaufen sind, grundsätzlich kein Raum für eine einzelfallbezogene Prüfung bestehe, ob die Verkehrsverstöße die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens noch rechtfertigen, und deshalb im Rahmen des Ermessens auf den Zeitablauf seit dem letzten Verkehrsverstoß (hier: sechs Jahre) nicht eingegangen werden müsse (6.). Entsprechende Erwägungen der Beklagten fehlen hier (7.). Danach führt die Revision des Klägers zur Änderung der vorinstanzlichen Urteile und - unter Aufrechterhaltung der bereits erstinstanzlich ausgesprochenen Aufhebung der angegriffenen Bescheide - zur Verpflichtung der Beklagten, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Fahrerlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts neu zu entscheiden.

13

1. Maßgeblich für die Beurteilung des auf Neubescheidung gerichteten Klagebegehrens ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung; Anwendung finden dabei die rechtlichen Regelungen, die auch das Berufungsgericht zugrunde zu legen hätte, wenn es zum Zeitpunkt des revisionsgerichtlichen Urteils entschiede (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2014 - 3 C 1.13 - BVerwGE 149, 74 Rn. 13 m.w.N.). Anzuwenden sind danach das Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.d.F. vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310), zuletzt geändert durch Art. 15 des Gesetzes vom 24. Mai 2016 (BGBl. I S. 1217), sowie die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1980), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 2. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1674).

14

Dabei ist, nachdem die Beklagte die Ablehnung des Fahrerlaubnisantrags auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV gestützt hat, zu beachten, dass, soweit es für die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung darauf ankommt, ob die vorausgegangene Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens zu Recht erfolgt ist, dies nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihres Ergehens zu beurteilen ist (so im Hinblick auf die Verwertbarkeit von Verkehrsstraftaten: BVerwG, Beschluss vom 21. Mai 2012 - 3 B 65.11 - Buchholz 442.10 § 65 StVG Nr. 2 Rn. 7; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 11 FeV Rn. 55).

15

2. Voraussetzung für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ist die Fahreignung des Bewerbers (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG). Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 FeV müssen die Bewerber die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 FeV sind die Anforderungen insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird (§ 11 Abs. 1 Satz 3 FeV).

16

a) Gemäß § 2 Abs. 8 StVG i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, zur Vorbereitung der Entscheidung über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 FeV kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) unter anderem angeordnet werden, 4. und bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, 5. bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen.

17

b) Nach ständiger Rechtsprechung ist eine solche von der Fahrerlaubnisbehörde an den Betroffenen gerichtete Aufforderung, ein Fahreignungsgutachten beizubringen, nicht selbstständig rechtlich anfechtbar; sie ist kein Verwaltungsakt, sondern nur eine der eigentlichen Entscheidung vorausgehende und diese vorbereitende Maßnahme zur Sachverhaltsaufklärung (so zur Vorgängerregelung in § 3 Abs. 2 StVZO a.F. BVerwG, Urteil vom 28. November 1969 - 7 C 18.69 - BVerwGE 34, 248 <250>; ebenso zu § 15b StVZO a.F.: BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 1994 - 11 B 157.93 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 23 S. 3; VGH Mannheim, Beschluss vom 24. Juni 2002 - 10 S 985/02 - VRS 103, 224 <227>; OVG Münster, Beschluss vom 22. Januar 2001 - 19 B 1757/00 - NJW 2001, 3427 <3427 f.>; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl. 2015, § 11 FeV Rn. 43 m.w.N.).

18

c) Die Rechtmäßigkeit einer Beibringensaufforderung wird jedoch inzident gerichtlich überprüft, wenn der Betroffene ihr nicht Folge leistet und die Fahrerlaubnisbehörde deshalb gestützt auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV von dessen mangelnder Fahreignung ausgeht und die Erteilung der beantragten Fahrerlaubnis ablehnt oder - falls eine Fahrerlaubnis bereits erteilt war - die Fahrerlaubnis entzieht (§ 46 Abs. 3 FeV i.V.m. § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV).

19

Gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung schließen, wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Mit dieser Bestimmung hat der Verordnungsgeber ausdrücklich normiert, was zuvor richterrechtlich anerkannt war. Der Schluss auf die Nichteignung ist nur zulässig, wenn die Anordnung der Untersuchung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 6 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 14 m.w.N.).

20

d) Die formellen Anforderungen, denen eine solche Beibringensaufforderung genügen muss, sind unter anderem in § 11 Abs. 6 FeV geregelt. Nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV legt die Fahrerlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FeV teilt die Behörde dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat. Außerdem ist ihm mitzuteilen, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann (§ 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV).

21

Diese formellen Anforderungen an den Inhalt einer Beibringensaufforderung sollen es dem Betroffenen ermöglichen, eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er sich der geforderten Begutachtung unterziehen will oder nicht. Das ist für ihn wegen der sich aus § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV ergebenden Rechtsfolgen von besonderer Bedeutung. Dementsprechend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Aufforderung im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein muss. Der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das dort Mitgeteilte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung rechtfertigen kann. Ebenso ist geklärt, dass eine mangelhafte Aufforderung zur Gutachtensbeibringung nicht dadurch "geheilt" werden kann, dass die Behörde nachträglich - etwa im Gerichtsverfahren - darlegt, objektiv hätten seinerzeit Umstände vorgelegen, die Anlass zu Zweifeln an der Fahreignung hätten geben können (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 4 f.).

22

3. Die an den Kläger gerichtete Beibringensaufforderung vom 30. November 2011 genügt nicht der Vorgabe des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV, wonach die Fahrerlaubnisbehörde dem Betroffenen mitteilt, dass er die an den Gutachter zu übersendenden Unterlagen einsehen kann.

23

Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV nicht als bloße Ordnungsvorschrift einzustufen ist. Das wird in Teilen der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung angenommen und aus dieser Einordnung im Verbindung mit § 46 LVwVfG hergeleitet, dass das Unterbleiben des dort geforderten Hinweises nicht zur Aufhebung einer auf die Nichtvorlage des Gutachtens gestützten, ansonsten rechtmäßigen Fahrerlaubnisentziehung führe (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 26. Mai 2011 - 2 B 550/11 - ESVGH 61, 243 <244>; VG Düsseldorf, Beschluss vom 26. April 2012 - 6 L 488/12 - juris Rn. 35; VG Ansbach, Beschluss vom 25. Januar 2012 - AN 10 S 12.00029 - juris Rn. 26; offengelassen von OVG Lüneburg, Urteil vom 15. April 2014 - 12 LB 64/13 - DAR 2014, 475 <477> m.w.N.; VGH München, Beschluss vom 27. November 2012 - 11 ZB 12.1596 - ZfS 2013, 177 <178>; a.A. VG Osnabrück, Beschluss vom 7. März 2011 - 6 B 19/11 - NJW 2011, 2986 <2987> m.w.N.).

24

Die Annahme, bei der Regelung handele es sich um eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Verletzung folgenlos bleibt, findet im Gesetz keine Grundlage. Nach Wortlaut und systematischer Stellung ist ihr verpflichtender Charakter nicht zweifelhaft. Sie wurde durch Art. 1 Nr. 6 Buchst. b der Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 7. August 2002 (BGBI. I S. 3267) den bereits bestehenden Mitteilungs- und Darlegungspflichten des § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV angefügt, deren Verletzung anerkanntermaßen zur Nichtanwendbarkeit von § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV führt (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 4 f. - noch zu § 15b StVZO - und vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 6 f.). Dem entsprechen Sinn und Zweck der Regelung. Mit ihr soll einem weniger rechtskundigen Bürger deutlich gemacht werden, dass die Fahrerlaubnisbehörde zwar bestimmt, welche Unterlagen dem Gutachter übersandt werden, er aber Gelegenheit erhält, sich über diese zu informieren, bevor er seine Entscheidung über die Begutachtung trifft (vgl. BR-Drs. 497/02 S. 63). Mit diesem spezifischen Zweck, der auch für die informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen bedeutsam ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 3 f.), greift die Mitteilungspflicht in ihrer Tragweite und Bedeutung über einen Hinweis auf das allgemeine Akteneinsichtsrecht (§ 29 LVwVfG) hinaus; er würde verfehlt, bliebe ein Verstoß von vornherein folgenlos.

25

Die Beklagte konnte den Verfahrensfehler der versäumten Mitteilung nicht durch ihr Schreiben vom 18. September 2013 ausräumen. Zwar kann eine erforderliche Anhörung gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG nachgeholt und ein damit verbundener Verfahrensfehler geheilt werden (BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1983 - 1 C 13.81 - Buchholz 316 § 67 VwVfG Nr. 1 S. 2). Das kommt hier aber schon deshalb nicht in Betracht, weil die Mitteilungspflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV in den mit einer Fristsetzung verbundenen Mechanismus der Beibringungsaufforderung eingebunden ist und deshalb nachträglich ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 5).

26

4. Das Berufungsgericht hat jedoch angenommen, eine Verletzung der Hinweispflicht des § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV führe gemäß seiner Funktion nicht stets zur Rechtswidrigkeit der Beibringungsaufforderung; vielmehr komme es entsprechend dem gebotenen Kausalitätserfordernis, das auch § 46 LVwVfG zugrunde liege, darauf an, ob sich der Verfahrensfehler auf die Willensentschließungsfreiheit des Betroffenen ausgewirkt haben könne, was hier zu verneinen sei. Dieser rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts steht nicht in jeder Hinsicht im Einklang mit Bundesrecht. Auch im Ergebnis hätte das Berufungsgericht die Beachtlichkeit des Verfahrensfehlers nicht verneinen dürfen.

27

a) Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist insoweit zutreffend, als die Verletzung der Hinweispflicht nicht stets dazu führt, dass die auf eine solchermaßen fehlerhafte Beibringungsaufforderung gestützte Behördenentscheidung aufzuheben ist. § 46 LVwVfG, der mit § 46 VwVfG übereinstimmt, findet auch in diesem Zusammenhang Anwendung.

28

Nach § 46 VwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Der Anwendung dieser Vorschrift steht nicht entgegen, dass sie sich auf die Aufhebung eines Verwaltungsakts und damit auf eine Anfechtungssituation bezieht. Mit diesem Anwendungsbereich erfasst § 46 VwVfG den Fall einer auf eine Beibringungsaufforderung gestützten Fahrerlaubnisentziehung, nicht ohne Weiteres hingegen den Fall der Versagung der Erteilung einer Fahrerlaubnis. Mit der Beibringungsaufforderung ist jedoch ein Verfahren geschaffen, das, wenn der Betroffene der Aufforderung nicht nachkommt, zur Fiktion der Nichteignung gemäß § 11 Abs. 8 FeV führt und damit im weiteren Verfahren gleich einem belastenden Verwaltungsakt wirkt, einerlei ob es um die Entziehung oder Erteilung einer Fahrerlaubnis geht. Das rechtfertigt jedenfalls in der hier gegebenen Verpflichtungssituation die analoge Anwendung von § 46 VwVfG.

29

Ist offensichtlich, dass der versäumte Hinweis auf die Möglichkeit, die dem Gutachter zu übersendenden Unterlagen einzusehen, die Weigerung des Betroffenen, sich einer Begutachtung zu unterziehen, nicht beeinflusst hat, so ist er auch ohne Einfluss auf die Berechtigung, aus der unterlassenen Begutachtung auf die Nichteignung zu schließen, und damit auf die darauf gestützte Behördenentscheidung. Der Umstand, dass die Beibringungsaufforderung als vorbereitende Maßnahme der abschließenden Behördenentscheidung vorausgeht, steht dieser Betrachtung nicht entgegen. Anderenfalls würde § 46 VwVfG in seiner Anwendung hinsichtlich nicht selbstständig anfechtbarer Grundlagen eines zur Prüfung stehenden Verwaltungsakts beschränkt, wofür kein Grund ersichtlich ist. Dem entsprechend ist die Aussage, dass der Schluss auf die Nichteignung nur zulässig ist, wenn die Anordnung der Untersuchung rechtmäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 6 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 14 m.w.N.), um den Vorbehalt der Anwendung von § 46 VwVfG zu ergänzen.

30

Jenseits einer Anwendung von § 46 VwVfG ist in § 11 Abs. 6 und 8 FeV eine Begrenzung der Folgen von Verfahrensfehlern nicht angelegt. Namentlich können die Anforderungen an eine formell und materiellrechtmäßige Aufforderung nicht durch Überlegungen des Inhalts relativiert werden, der Betroffene werde schon wissen, worum es gehe (BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 5).

31

b) Ausgehend hiervon war das Fehlen des gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV erforderlichen Hinweises ein beachtlicher Verfahrensfehler. Dass dieser Fehler die Entscheidung über den Fahrerlaubnisantrag des Klägers in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst hat, lässt sich nicht feststellen.

32

Mit Blick auf die Bedeutung des Hinweises gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FeV ist ein strenger Maßstab für die Anwendung von § 46 VwVfG geboten. Eine offensichtlich fehlende Kausalität kann etwa dann angenommen werden, wenn der Betroffene ungeachtet eines fehlenden Hinweises in die zu übersendenden Unterlagen Einsicht genommen hat. Das Berufungsgericht hat hingegen eine Auswirkung auf die Willensentschließungsfreiheit des Klägers mit der Begründung verneint, die Beibringungsaufforderung gebe mit den von ihr benannten Verkehrsverstößen den Inhalt der zu übersendenden Unterlagen ausreichend wieder; die entsprechenden Verurteilungen seien dem Kläger bekannt. Abgesehen davon, dass zu den in den Akten befindlichen, der Beibringungsaufforderung vorblattierten strafrichterlichen Urteilen auch eine nicht benannte Verurteilung wegen Betrugs gehört, lassen sich diese angenommenen Kenntnisse nicht mit einer erfolgten Akteneinsicht gleichsetzen. Die Annahme, dass der Kläger das Gutachten selbst nach Einsicht in die Unterlagen nicht beigebracht hätte, entbehrt einer verlässlichen Grundlage. Auch der ergänzende Hinweis auf die Einlassung des Prozessbevollmächtigten trägt den Schluss auf die Offensichtlichkeit fehlender Kausalität nicht.

33

5. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht nimmt das Berufungsgericht an, die Beklagte habe die Beibringungsaufforderung auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV stützen dürfen. Danach kann die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) zur Klärung von Eignungszweifeln bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften angeordnet werden. Zwar ist dieser Tatbestand in § 11 Abs. 3 FeV eingefügt worden, weil nach Einschätzung des Verordnungsgebers eine Regelung fehlte, die die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung erlaubt, wenn auf Grund von Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften, die keine Straftaten darstellten, Eignungszweifel bestehen (vgl. BR-Drs. 305/04 Beschluss). Das schließt angesichts des offenen Wortlauts jedoch nicht aus, § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV auch bei Verkehrsverstößen heranzuziehen, die Straftaten sind, wenngleich die Beibringungsaufforderung insoweit auch auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV gestützt werden kann. Die nach der Beibringungsaufforderung vom Gutachter zu beantwortende Frage war - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - auch hinreichend bestimmt. Ebenso war für den Kläger durch die dort enthaltene Auflistung der von ihm begangenen Verkehrsverstöße ohne Weiteres erkennbar, woraus die Beklagte ihre Eignungszweifel herleitete.

34

6. Die Annahme des Berufungsgerichts, solange die Tilgungs- und Verwertungsfristen in Bezug auf die vom Betroffenen begangenen Verkehrsverstöße nicht abgelaufen seien, bestehe für eine weitere einzelfallbezogene Prüfung, ob die Verdachtsmomente noch einen Gefahrenverdacht begründeten, grundsätzlich kein Raum mehr und müsse auf diesen Umstand im Rahmen der Ermessensausübung regelmäßig nicht ausdrücklich eingegangen werden (UA S. 22 f.), steht ebenfalls nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

35

a) Aus dem Wortlaut von § 11 Abs. 3 FeV ("kann... angeordnet werden") ergibt sich, dass die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens in den dort in den Nummern 1 bis 9 aufgeführten Fällen im Ermessen der Fahrerlaubnisbehörde steht. Das bestätigt auch der Vergleich dieser Regelung mit § 13 FeV (Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik) und § 14 FeV (Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel), wo die Anforderung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens bindend vorgegeben ist ("ordnet an"; "ist anzuordnen").

36

Dass Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften im Fahreignungs-Register zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beibringensaufforderung noch nicht getilgt und damit verwertbar sind, ist Grundvoraussetzung dafür, dass aus diesem zurückliegenden Fehlverhalten noch das künftige Verkehrsverhalten betreffende Eignungszweifel hergeleitet werden dürfen; nach Ablauf der gesetzlichen Fristen unterliegen entsprechende Taten einem Verwertungsverbot (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 7). Die gesetzlich festgelegten Fristen können nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beiseitegeschoben oder relativiert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 C 21.04 - Buchholz 442.10 § 2 StVG Nr. 11 S. 11). Daraus folgt jedoch nicht, dass in den Fällen des § 11 FeV eine Ermessensbetätigung der Fahrerlaubnisbehörde - wie das Berufungsgericht meint - auch bei bereits mehrere Jahre zurückliegenden Verkehrsverstößen grundsätzlich entbehrlich ist. Es liegt auf der Hand, dass es für die Frage von Eignungszweifeln und - in den Fällen des § 11 FeV, der die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens in das Ermessen der Behörde stellt - ebenso für die anschließende Ermessensausübung einen Unterschied macht, ob eine fahreignungsrelevante Zuwiderhandlung erst kurze Zeit oder aber bereits mehrere Jahre zurückliegt, selbst wenn sie nach den maßgeblichen Tilgungsvorschriften noch verwertbar ist. Im Fall des Klägers geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Tilgungsfristen für die von ihm im Zeitraum bis 2005 begangenen Verkehrsverstöße aufgrund der zehnjährigen Tilgungsfrist gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StVG i.V.m. Nr. 2a StVG a.F. unter Berücksichtigung der Anlaufhemmung (§ 29 Abs. 5 StVG a.F.) und der Ablaufhemmung (§ 29 Abs. 6 Satz 1 StVG a.F.) erst im Jahr 2018 ablaufen werden. Im Hinblick auf diese langen Tilgungsfristen insbesondere nach dem vor dem 1. Mai 2014 geltenden und auf "Altfälle" weiterhin anzuwendenden Recht, ist, je länger die betreffenden Zuwiderhandlungen zurückliegen, auch eine diesem Umstand Rechnung tragende Betätigung des der Fahrerlaubnisbehörde eingeräumten Ermessens dazu geboten, ob diese Verkehrsverstöße nach wie vor die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen. Die Fahrerlaubnisbehörde wird bei mehrere Jahre zurückliegenden Verkehrsverstößen mit Blick auf deren Art, Zahl und Erheblichkeit insbesondere zu erwägen haben, ob verbleibende Eignungszweifel ohne Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ausgeräumt werden können, z.B. durch Vorlage von Zeugnissen, Berichten eines Bewährungshelfers oder anderen geeigneten Beweismitteln. Wenn dies in Betracht kommt, wird sie dem Fahrerlaubnisbewerber hierzu Gelegenheit geben müssen. Die Ermessenserwägungen sind, wenn sie zum Erlass einer Beibringensaufforderung führen, in der an den Betroffenen gerichteten Aufforderung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens auch offenzulegen, damit dem Sinn und Zweck der in § 11 Abs. 6 FeV angeordneten Mitteilungspflichten Genüge getan ist.

37

b) Ebenso wenig kann der Wertung des Berufungsgerichts gefolgt werden, gerade die Funktion der medizinisch-psychologischen Begutachtung als Gefahrerforschungsmaßnahme, die in ihrer Eingriffsintensität für den Betroffenen hinter einer abschließenden Entscheidung wie der Entziehung der Fahrerlaubnis oder deren Versagung zurückbleibe, spreche dafür, die Anforderungen an die Ermessensbetätigung und die Begründung der maßgeblichen Erwägungen nicht zu hoch anzusetzen (UA S. 21 a.E.). Das lässt außer Acht, dass es für den Betroffenen durchaus mit nicht unbeträchtlichen Belastungen verbunden ist, wenn er sich einer medizinisch-psychologischen Begutachtung unterzieht (in diesem Sinne auch bei einem ärztlichen Gutachten: BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 4). Deshalb soll ihm die Begründung der Beibringensaufforderung eine fundierte Entscheidung darüber ermöglichen, ob er dieser Aufforderung nachkommt. Abgesehen davon stehen die Beibringensaufforderung der Fahrerlaubnisbehörde, die Reaktion des Betroffenen hierauf und eine abschließende Entscheidung der Behörde auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV in engem Zusammenhang. Mit der Entscheidung des Betroffenen, ein von ihm gefordertes Fahreignungsgutachten nicht vorzulegen, ist auch bereits die Entscheidung über seinen Antrag auf Fahrerlaubniserteilung oder aber über eine Entziehung der Fahrerlaubnis vorgezeichnet (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001 - 3 C 13.01 - Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 29 S. 5).

38

7. Gemessen daran lässt die Beibringensaufforderung vom 30. November 2011 keine hinreichende Ermessensausübung durch die Beklagte erkennen. Die dort für die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens gegebene Begründung beschränkt sich darauf, in tabellarischer Form die vom Kläger begangenen und rechtskräftig geahndeten Verkehrsstraftaten mit den entsprechenden Tattagen aufzulisten. Daran schließt sich der Satz an, dass daher die Beibringung eines Gutachtens gefordert werden müsse. Selbst wenn man dem Berufungsgericht darin folgte, dass nicht bereits aus dieser Formulierung zu schließen ist, eine Ermessensausübung sei gänzlich unterblieben (UA S. 23), so fehlt es im Aufforderungsschreiben der Beklagten doch an jeglichen Darlegungen dazu, weshalb sie ihr Ermessen trotz des zeitlichen Abstandes der vom Kläger begangenen Verkehrsverstöße dahin ausgeübt hat, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu fordern. Dass, wie es im Berufungsurteil heißt, die Behörde "ausgeführt" habe, die einschlägigen Verurteilungen legten nahe, der Kläger werde auch in Zukunft mit Straßenverkehrsdelikten auffällig werden (UA S. 22), ist unzutreffend. Mehr als die Auflistung der Verkehrsstraftaten und die vom Gutachter zu beantwortende Frage findet sich dort nicht. Aus diesem Grund kann auf die Offenlegung der von der Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen der Ermessensausübung angestellten Überlegungen auch nicht im Hinblick auf die - im Grundsatz durchaus zutreffende - Erwägung des Berufungsgerichts verzichtet werden, dass sich die Gesichtspunkte, die auf der Tatbestandsseite zur Annahme von Eignungszweifeln führen und die Gesichtspunkte, die im Rahmen von § 11 FeV die Ermessensausübung steuern, regelmäßig decken. Hier fehlen Darlegungen der Fahrerlaubnisbehörde sowohl zum einen wie zum anderen.

39

Diese Mängel sind auch nicht deshalb unerheblich, weil die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null vorgelegen hätten. Dem steht entgegen, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Beibringensaufforderung auch die letzte der von der Beklagten herangezogenen Verkehrsstraftaten - ein erneutes Fahren ohne Fahrerlaubnis - schon mehr als sechs Jahre zurücklag. Die Verkehrsverstöße waren zwar insbesondere im Hinblick auf ihre Häufung und die Länge des Begehenszeitraums (1998 bis 2005) von erheblichem Gewicht; der Kläger war aber bei Tatbegehung - mit Ausnahme der beiden in 2005 begangenen Taten (Fahren ohne Fahrerlaubnis) - noch Heranwachsender. Eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis wurde nur in einem Fall verhängt und auf zwei Jahre befristet. Unter Berücksichtigung dieser Umstände war es nicht von vornherein ausgeschlossen, dem Kläger mehr als sechs Jahre nach der letzten zu berücksichtigenden Tat auch ohne Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Fahrerlaubnis erteilen zu können, weil sich verbleibende Eignungszweifel durch andere geeignete Beweismittel ausräumen ließen.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.