Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Jan. 2016 - M 18 K 14.5643

bei uns veröffentlicht am07.01.2016

Tenor

Der Verwaltungsrechtsweg ist zulässig.

Gründe

I.

Die Klägerin ist eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts. Mit der Klage macht sie gegenüber der Beklagten die Zahlung von Abschlägen nach § 1 Satz 1 AMRabG geltend.

Hinsichtlich der Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs wurde in der Klagebegründung im Wesentlichen ausgeführt, bei den Ansprüchen auf Arzneimittelabschläge nach den AMRabG handle es sich um öffentlich-rechtliche Ansprüche, die auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur Arzneimittelbepreisung beruhten. Die Regelungen dienten dem im öffentlichen Interesse stehenden Ziel, Einsparungen in den Bereichen der Absicherung im Krankheitsfall zu erzielen, die ebenso wie die gesetzliche Krankenversicherung in der Vergangenheit besonders stark von Kostensteigerungen betroffen gewesen seien. Insofern würden Preisregulierungsvorschriften des SGB V auf die übrigen Kostenträger in Krankheitsfällen übertragen. Es stünden Arzneimittelabschläge im Streit, welche zugunsten einer bundesunmittelbaren Körperschaft des öffentlichen Rechts zu entrichten seien. Die Zahlung der Arzneimittelabschläge stehe überdies in unmittelbarem Zusammenhang mit der öffentlich-rechtlichen Leistungserbringung der Klägerin gegenüber ihren Mitgliedern.

Mit Schreiben vom 24. März 2015 beantragte die Beklagte,

die Klage an das Landgericht Traunstein zu verweisen.

Für die Geltendmachung der Abschläge gemäß § 1 Satz 1 AMRabG sei der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben. Es bestehe kein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten. Dies zeige bereits die Tatsache, dass die Klägerin ihre Ansprüche im Weg der Klage geltend mache. Bei den Regelungen des AMRabG handle es sich auch nicht um genuin hoheitliche bzw. staatliche Aufgaben. Die Regelungen verfolgten vielmehr den Zweck, die Gestaltung der Preise für Arzneimittel gegenüber den privaten Krankenkassen und den Beihilfeträgern durch die Pharmaunternehmen bzw. Arzneimittelhersteller zu regeln. Sonstige Träger der Beihilfe machten ihre Ansprüche vor den Zivilgerichten geltend. Auch nach der modifizierten Subjekttheorie seien die Regelungen des § 1 AMRabG nicht dem öffentlichen Recht zuzuordnen, da diese Regelung nicht nur Träger hoheitlicher Gewalt, sondern auch die privaten Krankenversicherungen berechtige.

Mit Schreiben vom 27. Mai 2015 teilte die Klägerin mit, sie sei auch mit einer Verweisung an das Landgericht Traunstein einverstanden.

Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2015 rügten die Bevollmächtigten der Beklagten erneut die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts. Da ein Verweisungsantrag der Gegenseite nicht gestellt sei, sei die Klage als unzulässig abzuweisen, was beantragt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Das Gericht hat gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG vorab über die Zulässigkeit des beschrittenen Verwaltungsrechtswegs zu entscheiden, da die Beklagte die Zulässigkeit dieses Rechtswegs gerügt hat. Der Umstand, dass die Klägerin ihr Einverständnis mit einer Verweisung an das Zivilgericht erklärt hat, ist unbeachtlich, da die Zulässigkeit des Rechtswegs als Prozessvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen ist.

Der Verwaltungsrechtsweg ist für die gegenständliche Klage zulässig.

Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind.

Die Art einer Streitigkeit - öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich - bestimmt sich, wenn wie hier eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (BVerwG v. 12.4.2013 Az. 9 B 37/12 - juris, Rn. 6, m. w. N.). Es kommt darauf an, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivil- oder des öffentlichen Rechts geprägt wird, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient oder ob er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt (BVerwG v. 12.4.2013 a. a. O., m. w. N.). Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit kann aber auch auf einem Gleichordnungsverhältnis beruhen. Gleichordnungsverhältnisse sind öffentlich-rechtlich, wenn die das Rechtsverhältnis beherrschenden Rechtsnormen nicht für jedermann gelten, sondern Sonderrecht des Staates oder sonstiger Träger öffentlicher Aufgaben sind, das sich zumindest auf einer Seite nur an Hoheitsträger wendet (BayVGH v. 6.10.2014 Az. 7 C 14.1372 - juris, Rn. 10, m. w. N.). Da nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten entscheidet, ist der beschrittene Verwaltungsrechtsweg schon dann zulässig, wenn sich nicht offensichtlich, d. h. nach jeder rechtlichen Betrachtungsweise, ausschließen lässt, dass das Klagebegehren auf eine Anspruchsgrundlage gestützt werden kann, für die dieser Rechtsweg eröffnet ist (BVerwG v. 4.3.2015 Az. 6 B 58/14 - juris, Rn. 11, m. w. N.).

Gemessen an diesen Vorgaben ist für die vorliegende Streitigkeit der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.

Nach § 26 Abs. 2 BAPostG ist die... als betriebliche Sozialeinrichtung in ihrem Bestand geschlossen und wird mit dem Ziel der Abwicklung in der bestehenden Rechtsform einer rechtsfähigen Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Maßgabe dieses Gesetzes und näherer Ausgestaltung durch die Satzung der ... für die Bundesanstalt und die Postnachfolgeunternehmen durch die Bundesanstalt weitergeführt. Bei der Klägerin handelt es sich damit um eine Trägerin hoheitlicher Aufgaben.

Die Klägerin stützt den geltend gemachten Anspruch auf § 1 Satz 1 AMRabG. Nach dieser Vorschrift haben die pharmazeutischen Unternehmer den Unternehmen der privaten Krankenversicherung und den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften für verschreibungspflichtige Arzneimittel, deren Kosten diese ganz oder teilweise erstattet haben, nach dem Anteil der Kostentragung Abschläge entsprechend § 130a Abs. 1, 1a, 2, 3, 3a und 3b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu gewähren.

Bei § 1 Satz 1 AMRabG handelt es sich, soweit die hoheitlich tätigen Beihilfeträger berechtigt wären, um eine öffentlich-rechtliche Vorschrift.

Dies indiziert zunächst der Umstand, dass die Abschläge entsprechend einer Regelung aus dem SGB V, also einer öffentlich-rechtlichen Norm, geregelt sind. Eine Entsprechung zu diesen Regelungen des SGB V ist auch in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3698, S. 60) ausdrücklich erwähnt. Die entsprechende Anwendbarkeit des SGB V genügt für sich genommen indes nicht, den Verwaltungsrechtsweg zu begründen, da mit § 1 Satz 1 AMRabG auch Unternehmen der privaten Krankenversicherung begünstigt werden.

§ 1 Satz 1 AMRabG begünstigt einerseits Unternehmen der privaten Krankenversicherung und andererseits hoheitliche Beihilfeträger. Diese Begünstigungen sind allerdings nicht miteinander vermengt, sondern bestehen parallel und voneinander unabhängig. In den Klageverfahren, in denen sich ein Beihilfeträger und ein privatrechtliches pharmazeutisches Unternehmen gegenüberstehen, wendet sich die Regelung des § 1 Satz 1 AMRabG auf der einen Seite damit ausschließlich an den Hoheitsträger. § 1 Satz 1 AMRabG berechtigt zwar auch private Krankenversicherungsträger, nicht aber in Rechtsverhältnissen, in denen gleichzeitig auch die hoheitlichen Beihilfeträger berechtigt werden. Die Regelung ist daher dahingehend zu verstehen, dass sie privatrechtlicher Natur ist, soweit die privaten Krankenversicherungen begünstigt werden und öffentlich-rechtlicher Natur, soweit die hoheitlichen Beihilfeträger begünstigt werden. Im erstgenannten Fall ist damit der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet, im letztgenannten Fall - und somit auch im vorliegenden Verfahren - der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten.

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs. Die Klägerin nahm den Beklagten in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer GmbH mit Haftungsbescheid aus dem Jahr 2005 für Gewerbesteuerschulden der GmbH in Anspruch. Nachdem der (jetzige) Beklagte gegen den Haftungsbescheid nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage erhoben hatte, wurde über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin meldete ihre Forderung gegen den Beklagten zur Insolvenztabelle an und teilte der Insolvenzverwalterin mit, dass die Forderung auch auf eine unerlaubte Handlung des Beklagten gestützt werde. Die Forderung der Klägerin aus dem Haftungsbescheid wurde nachträglich von der Insolvenzverwalterin anerkannt. Der Beklagte widersprach dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung.

2

Die Klägerin hat das durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochene Klageverfahren wieder aufgenommen und die Feststellung beantragt, dass es sich bei der im Insolvenzverfahren angemeldeten Haftungsschuld um eine Verbindlichkeit des Beklagten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung handele. Nach der Abtrennung des diesen Antrag betreffenden Teils des Verfahrens von der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht in dem abgetrennten Verfahren mit Beschluss vom 20. März 2012 den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Freiburg verwiesen.

3

Mit Beschluss vom 20. August 2012 hat der Verwaltungsgerichtshof die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts gerichtete Beschwerde zurückgewiesen und die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

II.

4

1. Die nach § 152 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben den Verwaltungsrechtsweg zu Recht für unzulässig erklärt, weil es sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO); vielmehr liegt eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit vor (§ 13 GVG).

5

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass es sich bei der im Insolvenzverfahren angemeldeten Haftungsschuld um eine Verbindlichkeit des Beklagten aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung gem. § 826 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB handelt mit dem Ziel, diesen Zahlungsanspruch von der Restschuldbefreiung nach § 302 Nr. 1 InsO auszunehmen.

6

Die Art einer Streitigkeit - öffentlich - oder bürgerlich-rechtlich - bestimmt sich, wenn wie hier eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 4. Juni 1974 - GmS-OGB 2/73 - NJW 1974, 2087; BVerwG, Urteile vom 6. November 1986 - BVerwG 3 C 72.84 - BVerwGE 75, 109 <112> und vom 19. Mai 1994 - BVerwG 5 C 33.91 - BVerwGE 96, 71 <73> = Buchholz 436.0 § 12 BSHG Nr. 24 S. 2 f.; Beschlüsse vom 30. Mai 2006 - BVerwG 3 B 78.05 - NJW 2006, 2568 und vom 2. Mai 2007 - BVerwG 6 B 10.07 - BVerwGE 129, 9 = Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 298, jeweils Rn. 4; BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1999 - XI ZB 7/99 - NJW 2000, 1042). Es kommt darauf an, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivil- oder des öffentlichen Rechts geprägt wird, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient oder ob er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt (Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschlüsse vom 10. April 1986 - GmS-OGB 1/85 - BGHZ 97, 312 <314> und vom 29. Oktober 1987 - GmS-OGB 1/86 - BGHZ 102, 280 <283>; BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2006 a.a.O.). Die in dieser Weise vorzunehmende Abgrenzung weist das Streitverhältnis in diejenige Verfahrensordnung, die ihm nach der gesetzgeberischen Wertung in der Sache am besten entspricht, und bewirkt zugleich, dass regelmäßig diejenigen Gerichte anzurufen sind, die durch ihre Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den in Frage stehenden Anspruch besonders geeignet sind (BGH, Urteile vom 10. Januar 1984 - VI ZR 297/81 - BGHZ 89, 250 <252> und vom 23. Februar 1988 - VI ZR 212/87 - BGHZ 103, 255 <257>).

7

Danach liegt hier eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit vor. Denn die Frage, ob derjenige schadensersatzpflichtig ist, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt (§ 826 BGB), ist in gleicher Weise nach Maßgabe des Zivilrechts zu beurteilen wie die Frage, ob derjenige zum Schadensersatz verpflichtet ist, der gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt (§ 823 Abs. 2 Satz 1 BGB). An dieser Beurteilung ändert sich nichts dadurch, dass die Klägerin, wie sie in der Beschwerdebegründung hervorhebt, keinen Zahlungsanspruch aus unerlaubter Handlung erheben, sondern - wie in § 302 Nr. 1 InsO vorgesehen - den deliktischen Rechtsgrund ihres mit Haftungsbescheid festgesetzten und zur Insolvenztabelle angemeldeten steuerrechtlichen Haftungsanspruchs aus § 69 AO geltend machen will. Der Senat schließt sich der Auffassung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 2. Dezember 2010 - IX ZB 271/09 - WM 2011, 142 = juris Rn. 5) an, wonach der im Verfahren nach §§ 179 ff. InsO isoliert auszutragende Streit um die rechtliche Einordnung der angemeldeten Forderung als Forderung (auch) aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung zivilrechtlicher Natur und daher vor den Zivilgerichten zu führen ist. Denn die für die Feststellung einer Ausnahme von der Restschuldbefreiung nach § 302 Nr. 1 InsO maßgeblichen Bestimmungen (§ 823 Abs. 1, § 826 BGB) sind zivilrechtlicher Art und berühren das öffentlich-rechtlich geprägte Grundverhältnis der Beteiligten zueinander nicht (in diesem Sinne auch BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2010 a.a.O. unter Hinweis auf VG Schleswig, Beschluss vom 25. Mai 2009 - 15 A 56/09 - NZI 2009, 699 = juris Rn. 3 und LG Verden, Beschluss vom 16. September 2009 - 6 T 146/09 - NZI 2009, 775 = juris Rn. 7).

8

Unerheblich ist für die Bestimmung des Rechtswegs, ob die Regelungen des öffentlichen Rechts über den Haftungsanspruch (§ 69 AO) die ergänzende Anwendung der §§ 823 ff. BGB zulassen (verneinend: BFH, Urteil vom 19. August 2008 - VII R 6/07 - BFHE 222, 199 <201 f.>, wonach Steuer- und Haftungsansprüche eigenständige öffentlich-rechtliche Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis und keine Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung sind; vgl. auch FG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. September 1991 - 2 K 141/85 - NVwZ-RR 1993, 61 <62 f.>; dem folgend Loose, in: Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Stand November 2012, § 69 Rn. 2; Boeker, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, Stand Dezember 2012, § 69 Rn. 8). Ob Gründe des öffentlichen Rechts den deliktischen Anspruch ausschließen, ist eine Vorfrage, die die Qualifizierung des Rechtsstreits als zivilrechtlich nicht berührt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2010 a.a.O.). Gleiches gilt für die Frage, ob der Verstoß gegen steuerrechtliche Pflichten, insbesondere die Steuerhinterziehung, überhaupt in den Schutzbereich des § 823 Abs. 2 BGB fällt (zur fehlenden Schutzgesetzeigenschaft der Steuerhinterziehungsstraftatbestände BFH, Urteile vom 24. Oktober 1996 - VII R 113/94 - BFHE 181, 552 <557 ff.> und vom 19. August 2008 a.a.O.).

9

Die Klägerin kann die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs für den vorliegenden Rechtsstreit auch nicht daraus herleiten, dass mit der Rechtsgrundfeststellungsklage eine Auseinandersetzung vorweggenommen wird, die sonst im Rahmen der Vollstreckung stattzufinden hätte und ihrerseits im Verwaltungsrechtsweg auszutragen wäre. Der Umstand, dass die deliktische Qualität der geltend gemachten Verbindlichkeit in einem anderen Rechtsbehelfsverfahren den Charakter einer zivilrechtlichen Vorfrage haben könnte, ändert nichts daran, dass sie in der hier gegebenen Konstellation die Natur des Rechtsverhältnisses und damit den Rechtsweg bestimmt.

10

Die Zuordnung zum öffentlichen Recht folgt entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht aus § 185 Satz 1 InsO. Danach ist die Feststellung einer Forderung, wenn für sie der Rechtsweg zum ordentlichen Gericht nicht gegeben ist, bei dem zuständigen anderen Gericht zu betreiben oder von der zuständigen Verwaltungsbehörde vorzunehmen. Unter diese Sondervorschrift fällt die Feststellung der Delikteigenschaft einer Forderung nicht. Zwar ist die Verwaltungsbehörde nach § 185 Satz 1 InsO i.V.m. § 251 Abs. 3 AO berechtigt, einen im Insolvenzverfahren als Insolvenzforderung geltend gemachten Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis durch Verwaltungsakt festzustellen. Das Steuerschuldverhältnis betrifft nach § 37 AO den Steueranspruch, den Steuervergütungsanspruch, den Haftungsanspruch, den Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, den Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO sowie die in den Steuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche. Die Befugnis zum Erlass des Verwaltungsaktes beschränkt sich aber auf die Anspruchsfeststellung als solche; die Feststellung des (auch) deliktischen Rechtsgrundes eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis wird von § 251 Abs. 3 AO nicht gedeckt (Sinz, in: Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 185 Rn. 5; wohl auch BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 124/08 - NJW 2009, 1280, der ansonsten die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses hätte abweisen müssen; ebenso für Ansprüche auf Sozialversicherungsbeiträge LG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 13. April 2011 - 3 T 23/11 - juris Rn. 14; a.A. für einen Anspruch auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen LG Itzehoe, Beschluss vom 18. Juli 2008 - 9 T 27/08 - juris Rn. 14 f.).

11

Zu einer anderen Entscheidung veranlasst entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht die Begründung des Gesetzentwurfs zur Änderung der Insolvenzordnung vom 28. März 2001 (BTDrucks 14/5680 S. 27). Dort ist das Gläubigerprivileg bei Vorliegen des Schuldgrunds der unerlaubten Handlung nur verfahrenstechnisch mit der Behandlung eines Konkursvorrechts nach altem Recht verglichen worden. Der Gläubiger sowohl der Insolvenzordnung wie auch der Konkursordnung nach altem Recht sollte ein beanspruchtes Vorrecht unter Angabe der Tatsachen, auf die sich gestützt wird, mit anmelden müssen, um bei der Feststellung der Forderung berücksichtigt zu werden. Eine Aussage zum Rechtsweg im Falle eines Streits um die Feststellung der unerlaubten Handlung lässt sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen (so zutreffend LG Freiburg, Beschluss vom 13. April 2011 a.a.O. Rn. 15).

12

2. Die Entscheidung über die Kosten folgt § 154 Abs. 2 VwGO. Eine Kostenentscheidung ist hier nicht gemäß § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG entbehrlich. Denn die Kosten im "Verfahren vor dem angegangenen Gericht" sind nur die Kosten des erstinstanzlichen Gerichts. Das Beschwerdegericht hat daher über die Kosten eines Beschwerdeverfahrens nach § 17a Abs. 4 Satz 3 und 4 GVG selbst eine Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Beschlüsse vom 15. Oktober 1993 - BVerwG 1 DB 34.92 - BVerwGE 103, 26 <32> und vom 2. Mai 2007 - BVerwG 6 B 10.07 - Rn. 18 ; Zimmermann, in: Münchener Kommentar ZPO, 3. Aufl. 2008, Bd. 3, § 17b GVG Rn. 10; a.A. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 41 <§§ 17 - 17b GVG> Rn. 45).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerinnen (private Kabelregionalgesellschaften) betreiben Breitbandkabelnetze in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg. Sie begehren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München im Klageweg die Feststellung, dass der Beklagte (... Rundfunk, Anstalt des öffentlichen Rechts) verpflichtet ist, mit den Klägerinnen einen Vertrag über die entgeltliche Verbreitung des Programms „... Fernsehen“ über die Netze der Klägerinnen zu schließen, soweit dieses Programm in diesen Netzen „Must Carry“ - Status hat (Hauptantrag). Sie begehren hilfsweise die Feststellung, dass die Klägerinnen nicht verpflichtet sind, das Programm Bayerisches Fernsehen in ihre Netze einzuspeisen oder über ihre Netze zu verbreiten, solange hierüber kein Vertrag geschlossen worden ist.

Das Verwaltungsgericht München hat - aufgrund der vom Beklagten gerügten Zulässigkeit des Rechtswegs - mit streitgegenständlichem Beschluss vom 2. Juni 201 den Verwaltungsrechtsweg vorab für eröffnet erklärt (§ 17a Abs. 3 GVG). Auf die Gründe des Beschlusses wird verwiesen.

Der Beklagte wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss, soweit dieser den Verwaltungsrechtsweg (auch) in Bezug auf den Hauptantrag der Klägerinnen für eröffnet erklärt. Er begehrt die Verweisung des Hauptantrags an das Landgericht München I und verweist zur Begründung auf die von den Klägerinnen vor den Landgerichten Köln und Mannheim erhobenen zivilrechtlichen Klagen, welche dieselben Parteien und denselben Lebenssachverhalt zum Gegenstand hätten, auch wenn die Klägerinnen dort das vorliegend streitgegenständliche Programm „Bayerisches Fernsehen“ ausgeklammert hätten, um den Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit zu umgehen. Das Begehren der Klägerinnen auf Abschluss eines entgeltlichen Vertrags sei zivilrechtlich zu beurteilen. Als Anspruchsgrundlage kämen allein zivilrechtliche Vorschriften in Betracht. Die von den Klägerinnen vor dem Verwaltungsgericht zur Klagebegründung herangezogenen öffentlichrechtlichen Vorschriften vermittelten diesen offensichtlich keinen subjektivrechtlichen Anspruch im Verhältnis zum Beklagten. Dies gelte auch für die öffentlichrechtlich (rundfunkrechtlich) normierten „Must Carry“ - Bestimmungen. Der Hauptantrag der Klägerinnen sei im Übrigen in mehrfacher Hinsicht unzulässig.

Die Klägerinnen widersetzen sich dem Vorbringen des Beklagten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die vorgelegte Akte des Beklagten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass der Verwaltungsrechtsweg auch in Bezug auf den Hauptantrag der Klägerinnen eröffnet ist, weil es sich insoweit ebenfalls um eine öffentlichrechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt, die nicht durch Gesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist (§ 40 Abs. 1 VwGO). Die hiergegen gerichteten Einwände des Beklagten sind nicht begründet.

a) Der Einwand des Beklagten, die Klägerinnen hätten vor den Landgerichten Köln und Mannheim zivilrechtliche Klagen erhoben, welche dieselben Parteien und denselben Lebenssachverhalt zum Gegenstand hätten, ist schon deshalb unbeachtlich, weil das Prozesshindernis, denselben Streitgegenstand nach Eintritt der Rechtshängigkeit anderweitig anhängig zu machen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 GVG), nicht zu einer Verweisung der verbotswidrig erhobenen zweiten Klage, sondern zu deren Abweisung als unzulässig führt (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 41 Rn. 11). Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen des Klageverfahrens zu prüfen, ob die Klägerinnen tatsächlich in gegenständlicher und persönlicher Hinsicht denselben Streitgegenstand wie vor den Zivilgerichten auch vor dem Verwaltungsgericht anhängig gemacht haben (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 41 Rn. 13 ff.). Es wird dabei zu beurteilen haben, ob die Klägerinnen denselben prozessualen Anspruch auf denselben Lebenssachverhalt (Klagegrund) stützen, was auch dann der Fall ist, wenn sich aus dem Klagegrund mehrere Anspruchsgrundlagen herleiten lassen (Anspruchsnormenkonkurrenz), oder ob unterschiedliche Streitgegenstände deshalb vorliegen, weil das Klagebegehren auf einem anderen Klagegrund beruht (vgl. hierzu Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 121 Rn. 23 f.).

b) Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt es auch sonst für die Prüfung, ob der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, auf Fragen zur Zulässigkeit und Begründetheit des Klagebegehrens grundsätzlich nicht an. Maßgebend ist allein, ob eine öffentlichrechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art vorliegt.

aa) Ob eine Streitigkeit öffentlichrechtlich oder bürgerlichrechtlich ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird. Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient. Eine öffentlichrechtliche Streitigkeit kann aber auch auf einem Gleichordnungsverhältnis beruhen. Gleichordnungsverhältnisse sind öffentlichrechtlich, wenn die das Rechtsverhältnis beherrschenden Rechtsnormen nicht für jedermann gelten, sondern Sonderrecht des Staates oder sonstiger Träger öffentlicher Aufgaben sind, das sich zumindest auf einer Seite nur an Hoheitsträger wendet (vgl. z. B. BVerwG, B.v. 2.5.2007 BVerwGE 129, 9 Rn. 4 m. w. N.). Für die Rechtswegfrage sind die vom Kläger aufgestellten tatsächlichen Behauptungen - im Sinne einer Schlüssigkeitsprüfung - als zutreffend zu unterstellen. Unerheblich ist, auf welche Norm der Kläger seinen Anspruch selbst stützt und wie er ihn selbst qualifiziert; vielmehr kommt es auf die wahre Rechtsnatur des Anspruchs an (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 40 Rn. 34 m. w. N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen teilt der Senat die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerinnen mit ihrem Hauptantrag einen Anspruch geltend machen, der - wenn es ihn gäbe - als öffentlichrechtlicher Anspruch zu qualifizieren ist. Die Klägerinnen sind als Kabelnetzbetreiber - unstreitig aufgrund öffentlichrechtlicher Normen - gesetzlich verpflichtet, für die Verbreitung öffentlichrechtlicher Rundfunkprogramme (Fernsehen und Hörfunk) technische Kapazitäten im Umfang von höchstens einem Drittel ihrer jeweiligen Gesamtkapazität zur Verfügung zu stellen (vgl. z. B. § 52b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien [Rundfunkstaatsvertrag - RStV]). Diese Verpflichtung („Must Carry“) regelt der Rundfunkstaatsvertrag in Bezug auf die digitale Verbreitung der Rundfunkprogramme. Sie ist für Kabelnetzbetreiber in ähnlicher Weise auch in Bezug auf die Verbreitung von Programmen in analoger Technik in den Rundfunk- und Mediengesetzen der Länder normiert (vgl. z. B. Art. 36 des Gesetzes über die Entwicklung, Förderung und Veranstaltung privater Rundfunkangebote und anderer Telemedien in Bayern [Bayerisches Mediengesetz - BayMG] in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.10.2003 [GVBl S. 799; BayRS 2251S/W], zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2014 [GVBl S. 286]). Die rundfunkrechtlich bestehenden Verpflichtungen der Kabelnetzbetreiber sind von den zuständigen Landesmedienanstalten durch hoheitliche Maßnahmen durchzusetzen (in Bayern von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, vgl. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, Art. 16 Abs. 1 BayMG).

Der von den Klägerinnen vor dem Verwaltungsgericht mit dem Hauptantrag geltend gemachte Feststellungsanspruch zur Verpflichtung des Beklagten, mit den Klägerinnen einen Vertrag über die entgeltliche Verbreitung des Programms „Bayerisches Fernsehen“ über die Netze der Klägerinnen zu schließen, soweit dieses Programm in diesen Netzen „Must Carry“ - Status hat, beruht - wie die Klägerinnen vortragen -auf der öffentlichrechtlichen Verpflichtung, das Fernsehprogramm des Beklagten in die Kabelnetze der Klägerinnen einzuspeisen und zu verbreiten. Ihr Anspruch korrespondiert mit ihrer „Must Carry“ - Verpflichtung und ist, wenn er sich - wie die Klägerinnen weiter vortragen - ebenfalls rundfunkrechtlich begründen lässt, ohne weiteres als öffentlichrechtlich normierter Anspruch zu beurteilen. Die Klägerinnen weisen in diesem Zusammenhang ergänzend auf die öffentlichrechtliche Bestimmung des § 52d Satz 2 RStV hin, wonach (u. a.) die Verbreitung von Angeboten nach § 52b Abs. 1 Nr. 1 RStV (das sind u. a. die Dritten Programme des öffentlichrechtlichen Rundfunks) zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen hat. Ob sich aus dieser oder anderen öffentlichrechtlichen Bestimmungen der von den Klägerinnen behauptete Feststellungsanspruch ergeben kann, ist eine Frage der Begründetheit der Klage, auf die es im Rahmen der Prüfung, ob der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, grundsätzlich nicht ankommt. Eine Ausnahme gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung allenfalls dann mit der Folge, dass eine Verweisung des Rechtsstreits in Betracht kommt, wenn - im Fall einer Anspruchsnormenkonkurrenz - eine einzelne materielle Anspruchsgrundlage, für die allein der beschrittene Rechtsweg zulässig wäre, aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts offensichtlich nicht gegeben ist (vgl. BVerwG, B. v. 15.12.1992 NVwZ 1993, 358). Eine solche offensichtliche Unbegründetheit des geltend gemachten Hauptantrags besteht - wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - nicht.

bb) Die Zweifel des Beklagten an der Zulässigkeit des Hauptantrags, etwa wegen des fehlenden Feststellungsinteresses, der fehlenden Klagebefugnis, der Unbestimmtheit des Feststellungsantrags oder des Vorrangs der Leistungsklage sind ebenso wie die Zweifel an der Begründetheit des Klagebegehrens nicht geeignet, die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs in Zweifel zu ziehen. Sie sind sämtlich vom Verwaltungsgericht erst im weiteren Verlauf des Verfahrens innerhalb des aufgrund des klägerischen Vorbringens zu Recht für zulässig erklärten Rechtswegs zu prüfen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil sich die Höhe der Gerichtsgebühr unmittelbar aus dem Gesetz (Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes) ergibt.

3. Die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht ist zuzulassen, weil die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte zur vorliegenden Rechtsfrage uneinheitlich sind (vgl. VG Köln, B.v. 18.6.2014 - 6 K 2805/13 -) und der Rechtsfrage somit grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 17a Abs. 4 Satz 4 und 5 GVG).

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

Gründe

I

1

Die Klägerinnen wenden sich mit der weiteren Beschwerde gegen die teilweise Verweisung ihrer Klage an das Landgericht.

2

Die Klägerinnen betreiben regionale Breitbandkabelnetze; der Beklagte ist eine Rundfunkanstalt des öffentlichen Rechts. Die Klägerinnen sind gesetzlich verpflichtet, Fernseh- und Hörfunkprogramme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten über ihre Kabelnetze zu verbreiten (Programme mit sog. Must-Carry-Status). Hierfür speisen sie die ausgestrahlten Programmsignale in ihre Kabelnetze ein. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zahlten den Klägerinnen für deren Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Einspeisung ein vertraglich vereinbartes Entgelt, bis sie den Vertrag zum 31. Dezember 2012 kündigten. Die Klägerinnen haben bislang erfolglos im ordentlichen Rechtsweg Klagen mit dem Ziel erhoben, das Fortbestehen des Vertrags festzustellen.

3

Die Klägerinnen haben vor dem Verwaltungsgericht Klage mit den Anträgen erhoben, festzustellen, dass der Beklagte zum Abschluss eines Vertrags über die entgeltliche Verbreitung seines Programms über ihre Netze verpflichtet ist, sowie festzustellen, dass sie bis zum Abschluss eines solchen Vertrags nicht zur Einspeisung und Verbreitung der Programme mit Must-Carry-Status verpflichtet sind.

4

Das Verwaltungsgericht hat den Verwaltungsrechtsweg für zulässig erklärt. Auf die Beschwerde des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht den Rechtsstreit hinsichtlich des ersten Klageantrags an das Landgericht verwiesen; hinsichtlich des zweiten Klageantrags hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Verweisung im Wesentlichen wie folgt begründet:

5

Der erste Klageantrag sei darauf gerichtet, ein zivilrechtliches Vertragsverhältnis fortzusetzen oder erneut zu begründen. Zwar seien die Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags und der Landesmediengesetze über Inhalt und Reichweite des Must-Carry-Status öffentlich-rechtlicher Programme öffentlich-rechtlicher Natur. Der mit dem ersten Klageantrag geltend gemachte Kontrahierungszwang könne sich aber nicht aus diesen Regelungen, sondern in erster Linie aus Regelungen des bürgerlichen Rechts, nämlich aus §§ 138, 242, 315 und § 826 BGB, ergeben.

6

Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen weiteren Beschwerde tragen die Klägerinnen vor, der Verwaltungsrechtsweg für den ersten Klageantrag sei schon deshalb eröffnet, weil ihre Rechtsauffassung, die öffentlich-rechtlichen Vorschriften über den Must-Carry-Status öffentlich-rechtlicher Programme räumten den Kabelnetzbetreibern einen Anspruch auf Entgelt für die Verbreitung ein, jedenfalls nicht unhaltbar sei.

7

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Verweisung. Er trägt vor, die öffentlich-rechtliche Verbreitungspflicht bestehe nicht gegenüber den Rundfunkanstalten, sondern wirke sich nur als Rechtsreflex zu ihren Gunsten aus.

II

8

Die nach § 152 Abs. 1 VwGO, § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG zulässige weitere Beschwerde der Klägerinnen ist begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat den Rechtsstreit zu Unrecht teilweise an das Landgericht verwiesen.

9

Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt auch insoweit vor, als die Klägerinnen mit dem ersten Klageantrag die Pflicht des Beklagten festgestellt wissen wollen, mit ihnen ein Entgelt für die Verbreitung seiner Programme mit Must-Carry-Status zu vereinbaren. Da diese Streitigkeit keiner anderen Gerichtsbarkeit zugewiesen ist, ist hierfür der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

10

1. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist anzunehmen, wenn der Kläger aus dem vorgetragenen Sachverhalt Rechtsfolgen aus Rechtsnormen des öffentlichen Rechts herleitet. Öffentlich-rechtliche Normen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nur auf Rechtsbeziehungen zwischen Privaten und öffentlich-rechtlich organisierten Trägern, insbesondere Trägern der Staatsverwaltung, Anwendung finden können. Sie müssen ausschließlich einen derartigen Träger berechtigen oder verpflichten (stRspr; vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. Dezember 1992 - 5 B 144.91 - NVwZ 1993, 358 <359>; vom 2. Mai 2007 - 6 B 10.07 - BVerwGE 129, 9 Rn. 4 und vom 12. April 2013 - 9 B 37.12 - NJW 2013, 2298 Rn. 6).

11

Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten. Daraus folgt, dass der von den Klägerinnen nunmehr beschrittene Verwaltungsrechtsweg schon dann zulässig ist, wenn sich nicht offensichtlich, d.h. nach jeder rechtlichen Betrachtungsweise, ausschließen lässt, dass das Klagebegehren auf eine Anspruchsgrundlage gestützt werden kann, für die dieser Rechtsweg eröffnet ist (BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 1992 - 5 B 144.91 - NVwZ 1993, 358 <359>).

12

Die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG bringt es zwangsläufig mit sich, dass für ein Klagebegehren mehrere Rechtswege eröffnet und damit mehrere Gerichtsbarkeiten zuständig sein können. Hat der Kläger einen zulässigen Rechtsweg beschritten, kann er das Klagebegehren während der Rechtshängigkeit in diesem Rechtsweg nicht anderweitig gerichtlich verfolgen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 GVG). Ruft er ein anderes Gericht an, für das ebenfalls eine Rechtswegzuständigkeit besteht, muss dieses Gericht die Klage als unzulässig abweisen. Eine Rechtswegverweisung nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG ist ausgeschlossen (vgl. VGH München, Beschluss vom 6. Oktober 2014 - 7 C 14.1372 - Rn. 8; OVG Hamburg, Beschluss vom 8. Oktober 2014 - 4 So 62/14 - BA S. 7; OVG Münster, Beschluss vom 28. Oktober 2014 - 13 E 827/14 - BA S. 5).

13

2. Die Pflicht der Kabelnetzbetreiber zur digitalen Verbreitung der Fernseh- und Hörfunkprogramme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten folgt aus § 52b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) des Rundfunkstaatsvertrags vom 31. August 1991 in der Fassung vom 15. Dezember 2010 - RStV -. Nach § 52d Satz 2 RStV hat die Verbreitung zu angemessenen Bedingungen zu erfolgen. Die Mediengesetze der Länder enthalten eine inhaltsgleiche Pflicht für die analoge Verbreitung.

14

Die gesetzlichen Verbreitungspflichten tragen dem Umstand Rechnung, dass rund die Hälfte der Zuschauer bzw. Zuhörer Rundfunkprogramme über Kabelnetze empfängt (vgl. nur OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. Mai 2014 - VI-U (Kart) 16/13 - UA S. 14). Diese Pflichten sind daher erforderlich, um sicherzustellen, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten den ihnen nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, § 11 RStV obliegenden Versorgungsauftrag erfüllen können. Dieser Auftrag umfasst die Herstellung und Verbreitung von Rundfunkprogrammen für Information, Kultur und Unterhaltung mit dem Ziel, die in der Gesellschaft verfügbare Vielfalt der Meinungen möglichst breit und vollständig abzubilden (BVerfG, Urteile vom 11. September 2007 - 1 BvR 2270/05 u.a. - BVerfGE 119, 181 <214, 218> und vom 25. März 2014 - 1 BvF 1/11, 1 BvF 41 BvF 4/11 - NVwZ 2014, 867 Rn. 35 f.).

15

Die Herstellung und Verbreitung von Rundfunkprogrammen, die in ihrer Gesamtheit an dem Gebot der Vielfaltsicherung orientiert sind, stellt eine staatliche Aufgabe dar, die die hierfür verantwortlichen Länder wegen des verfassungsrechtlichen Gebots der Staatsferne des Rundfunks nicht unmittelbar erfüllen können. Aufgrund der Zuordnung des der Vielfalt verpflichteten Rundfunks zum Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung und seiner Organisation in Form von Anstalten des öffentlichen Rechts haben die Sendetätigkeit und die Normen, die sich damit befassen, öffentlich-rechtlichen Charakter. Hierzu gehören Normen über die Verbreitung der Rundfunkprogramme zur Versorgung der Bevölkerung (vgl. BVerfG, Urteile vom 27. Juli 1971 - 2 BvF 1/68, 2 BvR 702/68 - BVerfGE 31, 314 <329> und vom 25. März 2014 - 1 BvF 1/11, 1 BvF 41 BvF 4/11 - NVwZ 2014, 867 Rn. 44; Beschluss vom 25. April 1985 - 2 BvR 617/84 - BVerfGE 69, 257 <266>).

16

Dementsprechend gehören diejenigen Normen dem öffentlichen Recht an, die die Erfüllung des Versorgungsauftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gewährleisten sollen. Wie dargelegt, liegt diese Zielsetzung denjenigen Normen des Rundfunkstaatsvertrags, insbesondere § 52b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) RStV, und der Landesmediengesetze zugrunde, die die Pflicht der Kabelnetzbetreiber zur Verbreitung öffentlich-rechtlicher Programme statuieren und inhaltlich ausgestalten.

17

Auf diese öffentlich-rechtlichen Normen stützen die Klägerinnen ihre Ansprüche auf vertragliche Vereinbarung eines Entgelts als Gegenleistung für die Verbreitung, die sie mit dem ersten Klagebegehren geltend machen. Nach ihrer Rechtsauffassung ergibt die Auslegung dieser Normen, dass der den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten obliegende Versorgungsauftrag diesen gegenüber nicht unentgeltlich sichergestellt werden muss.

18

Diese Rechtsauffassung, die die Klägerinnen mit der weiteren Beschwerde nochmals eingehend begründet haben, erscheint nicht unhaltbar. Hiergegen spricht bereits, dass sie drei Oberverwaltungsgerichte als nicht offensichtlich unvertretbar angesehen haben (VGH München, Beschluss vom 6. Oktober 2014 - 7 C 14.1372 - Rn. 12; OVG Hamburg, Beschluss vom 8. Oktober 2014 - 4 So 62/14 - BA S. 7; OVG Münster, Beschluss vom 28. Oktober 2014 - 13 E 827/14 - BA S. 4). Darüber hinaus war die Rechtsauffassung von der bis Ende 2012 bestehenden Praxis gedeckt.

19

3. Weder das Oberverwaltungsgericht noch der Beklagte stellen den öffentlich-rechtlichen Charakter der Normen über die Pflicht zur Verbreitung öffentlich-rechtlicher Rundfunkprogramme in Frage. Sie verneinen die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs für das darauf gestützte erste Klagebegehren, indem sie jeweils das Ergebnis der Auslegung der von den Klägerinnen herangezogenen öffentlich-rechtlichen Anspruchsgrundlagen vorwegnehmen. Wie unter 2. dargelegt, kann die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nicht vom Ergebnis einer materiell-rechtlichen Prüfung der Begründetheit des Klagebegehrens abhängen.

20

Das Oberverwaltungsgericht begründet seine Annahme, ein Entgeltanspruch bzw. ein Kontrahierungszwang könne sich allenfalls aus Bestimmungen des BGB ergeben, nicht selbst, sondern verweist lediglich auf andere, insbesondere auf zivilgerichtliche Entscheidungen. Die Rechtsauffassung der Zivilgerichte über den Inhalt der öffentlich-rechtlichen Normen über die Pflicht zur Verbreitung öffentlich-rechtlicher Programme beruht auf einer eingehenden Auslegung dieser Normen, von deren Ergebnis die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht abhängig gemacht werden darf.

21

Entsprechendes gilt für den Vortrag des Beklagten, die öffentlich-rechtlichen Normen über die Verbreitungspflicht begründeten nur Rechtsbeziehungen zwischen den Kabelnetzbetreibern und den Landesmedienanstalten, die für die Überwachung und Durchsetzung dieser Pflicht zuständig seien. Damit legt auch der Beklagte einen bestimmten Norminhalt zugrunde, auf den es für die Zulässigkeit des Rechtswegs nicht ankommt.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Ein Streitwert muss nicht festgesetzt werden, weil die Höhe der Gerichtsgebühr gesetzlich bestimmt ist (Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

(1) Die Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost und das Erholungswerk Post Postbank Telekom e. V. werden für die Bundesanstalt und die Postnachfolgeunternehmen durch die Bundesanstalt als einheitliche Einrichtungen weitergeführt. Das Betreuungswerk Post Postbank Telekom wird für die Bundesanstalt und die Postnachfolgeunternehmen durch die Bundesanstalt aufrechterhalten.

(2) Die Postbeamtenkrankenkasse als betriebliche Sozialeinrichtung ist in ihrem Bestand geschlossen und wird mit dem Ziel der Abwicklung in der bestehenden Rechtsform einer rechtsfähigen Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Maßgabe dieses Gesetzes und näherer Ausgestaltung durch die Satzung der Postbeamtenkrankenkasse für die Bundesanstalt und die Postnachfolgeunternehmen durch die Bundesanstalt weitergeführt.

(3) Die betrieblichen Sozialeinrichtungen haben sich an den organisatorischen Gegebenheiten der Postnachfolgeunternehmen zu orientieren und deren Interesse an einer möglichst wirtschaftlichen Leistungserstellung zu befolgen.

(4) Die Bundesanstalt übernimmt im Rahmen der Weiterführung und Aufrechterhaltung den Personal- und Sachaufwand für das Erholungswerk Post Postbank Telekom e. V., das Betreuungswerk Post Postbank Telekom und die Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost. Die hiermit verbundenen Kosten einschließlich der kalkulatorischen Kosten tragen, soweit sie nicht durch andere Einnahmen gedeckt sind

1.
die Postnachfolgeunternehmen für die Berechtigten oder Begünstigten aus dem Bereich der Postnachfolgeunternehmen und der Bundesanstalt gemäß § 19 Abs. 1,
2.
im Übrigen die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation, die Museumsstiftung Post und Telekommunikation und die Bundesrepublik Deutschland für ihre Berechtigten oder Begünstigten.
Für die Weiterführung des Erholungswerks und die Aufrechterhaltung des Betreuungswerks können besondere Vereinbarungen zum Zwecke der teilweisen Eigenfinanzierung geschlossen werden.

(5) Die Bundesanstalt ist verpflichtet, die Wirtschaftlichkeit der betrieblichen Sozialeinrichtungen zu kontrollieren. Die Bundesanstalt führt die Aufsicht über die Postbeamtenkrankenkasse und die Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost. Die §§ 88 und 89 Abs. 1 und 3 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gelten entsprechend.

(6) Die in Teil VI der Bundeshaushaltsordnung enthaltenen Vorschriften über die Beteiligungsrechte des Bundesministeriums der Finanzen finden auf die betrieblichen Sozialeinrichtungen keine Anwendung. Die Rechte des zuständigen Ministeriums werden von der Bundesanstalt wahrgenommen.

Die pharmazeutischen Unternehmer haben den Unternehmen der privaten Krankenversicherung und den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften für verschreibungspflichtige Arzneimittel, deren Kosten diese ganz oder teilweise erstattet haben, nach dem Anteil der Kostentragung Abschläge entsprechend § 130a Absatz 1, 1a, 1b, 2, 3, 3a, 3b und 3d des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu gewähren. Die Abschläge nach Satz 1 sind auch zu gewähren, wenn das Arzneimittel gemäß § 73 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a des Arzneimittelgesetzes in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht wurde. Dies gilt auch für sonstige Träger von Kosten in Krankheitsfällen, die diese im Rahmen einer Absicherung im Krankheitsfall tragen, durch die eine Versicherungspflicht nach § 193 Absatz 3 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes und nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ausgeschlossen wird. Zur Ermittlung der Abschläge nach Satz 1 sind Selbst- oder Eigenbehalte, die Unternehmen der privaten Krankenversicherung mit den Versicherungsnehmern vereinbart haben oder die auf beamtenrechtlichen Vorschriften oder anderen Vorschriften beruhen, nicht zu berücksichtigen. Die Abschläge nach Satz 1 dürfen von den Unternehmen der privaten Krankenversicherung ausschließlich zur Vermeidung oder Begrenzung von Prämienerhöhungen oder zur Prämienermäßigung bei den Versichertenbeständen verwendet werden.

(1) Die Krankenkassen erhalten von Apotheken für zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel einen Abschlag in Höhe von 7 vom Hundert des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer. Für Arzneimittel nach Absatz 3b Satz 1 beträgt der Abschlag nach Satz 1 6 vom Hundert. Pharmazeutische Unternehmer sind verpflichtet, den Apotheken den Abschlag zu erstatten. Soweit pharmazeutische Großhändler nach Absatz 5 bestimmt sind, sind pharmazeutische Unternehmer verpflichtet, den Abschlag den pharmazeutischen Großhändlern zu erstatten. Der Abschlag ist den Apotheken und pharmazeutischen Großhändlern innerhalb von zehn Tagen nach Geltendmachung des Anspruches zu erstatten. Satz 1 gilt für Fertigarzneimittel, deren Apothekenabgabepreise aufgrund der Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz oder aufgrund des § 129 Absatz 3 Satz 3 oder Absatz 5a bestimmt sind, sowie für Arzneimittel, die nach § 129a abgegeben werden. Die Krankenkassen erhalten den Abschlag nach Satz 1 für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen, für Fertigarzneimittel, aus denen Teilmengen entnommen und abgegeben werden, sowie für Arzneimittel, die nach § 129a abgegeben werden, auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer, der bei Abgabe an Verbraucher auf Grund von Preisvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz oder nach § 129 Absatz 3 Satz 3 gilt. Wird nur eine Teilmenge des Fertigarzneimittels abgerechnet, wird der Abschlag nur für diese Mengeneinheiten erhoben.

(1a) Vom 1. August 2010 bis zum 31. Dezember 2013 beträgt der Abschlag für verschreibungspflichtige Arzneimittel einschließlich Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen abweichend von Absatz 1 16 Prozent. Satz 1 gilt nicht für Arzneimittel nach Absatz 3b Satz 1. Die Differenz des Abschlags nach Satz 1 zu dem Abschlag nach Absatz 1 mindert die am 30. Juli 2010 bereits vertraglich vereinbarten Rabatte nach Absatz 8 entsprechend. Eine Absenkung des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer gegenüber dem Preisstand am 1. August 2009, die ab dem 1. August 2010 vorgenommen wird, mindert den Abschlag nach Satz 1 in Höhe des Betrags der Preissenkung, höchstens in Höhe der Differenz des Abschlags nach Satz 1 zu dem Abschlag nach Absatz 1; § 130a Absatz 3b Satz 2 zweiter Halbsatz gilt entsprechend. Für Arzneimittel, die nach dem 1. August 2009 in den Markt eingeführt wurden, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Preisstand der Markteinführung Anwendung findet. Hat ein pharmazeutischer Unternehmer für ein Arzneimittel, das im Jahr 2010 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben wurde und das dem erhöhten Abschlag nach Satz 1 unterliegt, auf Grund einer Preissenkung ab dem 1. August 2010 nicht den Abschlag gezahlt, obwohl die Preissenkung nicht zu einer Unterschreitung des am 1. August 2009 geltenden Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers um mindestens 10 Prozent geführt hat, gilt für die im Jahr 2011 abgegebenen Arzneimittel abweichend von Satz 1 ein Abschlag von 20,5 Prozent. Das gilt nicht, wenn der pharmazeutische Unternehmer den nach Satz 6 nicht gezahlten Abschlag spätestens bis zu dem Tag vollständig leistet, an dem der Abschlag für die im Dezember 2010 abgegebenen Arzneimittel zu zahlen ist. Der erhöhte Abschlag von 20,5 Prozent wird durch eine erneute Preissenkung gegenüber dem am 1. August 2009 geltenden Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers gemindert; Satz 4 gilt entsprechend.

(1b) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 erhalten die Krankenkassen von Apotheken für zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 einen Abschlag in Höhe von 12 Prozent des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer. Ist der Abschlag nach Absatz 1 Satz 1 in einer Erstattungsbetragsvereinbarung nach § 130b abgelöst worden, erhalten die Krankenkassen von Apotheken einen Abschlag in Höhe von 5 Prozent des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer. Die Abschläge nach den Sätzen 1 und 2 können durch eine ab dem 12. November 2022 abgeschlossene Erstattungsbetragsvereinbarung nach § 130b abgelöst werden, sofern dies ausdrücklich vereinbart ist.

(2) Die Krankenkassen erhalten von den Apotheken für die zu ihren Lasten abgegebenen Impfstoffe für Schutzimpfungen nach § 20i einen Abschlag auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer, mit dem der Unterschied zu einem geringeren durchschnittlichen Preis nach Satz 2 je Mengeneinheit ausgeglichen wird. Der durchschnittliche Preis je Mengeneinheit ergibt sich aus den tatsächlich gültigen Abgabepreisen des pharmazeutischen Unternehmers in den vier Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in denen der wirkstoffidentische Impfstoff abgegeben wird, mit den am nächsten kommenden Bruttonationaleinkommen, gewichtet nach den jeweiligen Umsätzen und Kaufkraftparitäten. Absatz 1 Satz 3 bis 5, Absätze 6 und 7 sowie § 131 Absätze 4 und 5 gelten entsprechend. Der pharmazeutische Unternehmer ermittelt die Höhe des Abschlags nach Satz 1 und den durchschnittlichen Preis nach Satz 2 und übermittelt dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf Anfrage die Angaben zu der Berechnung. Kann der Abschlag nach Satz 1 nicht ermittelt werden, gilt Absatz 1 Satz 1 entsprechend. Das Nähere regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Bei Preisvereinbarungen für Impfstoffe, für die kein einheitlicher Apothekenabgabepreis nach den Preisvorschriften auf Grund des Arzneimittelgesetzes oder nach § 129 Absatz 3 Satz 3 gilt, darf höchstens ein Betrag vereinbart werden, der dem entsprechenden Apothekenabgabepreis abzüglich des Abschlags nach Satz 1 entspricht.

(3) Die Absätze 1, 1a, 1b und 2 gelten nicht für Arzneimittel, für die ein Festbetrag auf Grund des § 35 festgesetzt ist.

(3a) Erhöht sich der Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer gegenüber dem Preisstand am 1. August 2009, erhalten die Krankenkassen für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel ab dem 1. August 2010 bis zum 31. Dezember 2026 einen Abschlag in Höhe des Betrages der Preiserhöhung; dies gilt nicht für Arzneimittel, für die ein Festbetrag auf Grund des § 35 festgesetzt ist. Zur Berechnung des Abschlags nach Satz 1 ist der Preisstand vom 1. August 2009 erstmalig am 1. Juli 2018 und jeweils am 1. Juli der Folgejahre um den Betrag anzuheben, der sich aus der Veränderung des vom Statistischen Bundesamt festgelegten Verbraucherpreisindex für Deutschland im Vergleich zum Vorjahr ergibt. Für Arzneimittel, die nach dem 1. August 2010 in den Markt eingeführt werden, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass der Preisstand der Markteinführung Anwendung findet. Bei Neueinführungen eines Arzneimittels, für das der pharmazeutische Unternehmer bereits ein Arzneimittel mit gleichem Wirkstoff und vergleichbarer Darreichungsform in Verkehr gebracht hat, ist der Abschlag auf Grundlage des Preises je Mengeneinheit der Packung zu berechnen, die dem neuen Arzneimittel in Bezug auf die Packungsgröße unter Berücksichtigung der Wirkstärke am nächsten kommt; dies gilt nicht für die Neueinführung eines Immunglobulins menschlicher Herkunft, für das nach dem 31. Dezember 2018 eine Zulassung nach § 25 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes oder eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt wurde, mit Ausnahme der Zulassung von anderen Stärken oder Ausbietungen. Satz 4 gilt entsprechend bei Änderungen zu den Angaben des pharmazeutischen Unternehmers oder zum Mitvertrieb durch einen anderen pharmazeutischen Unternehmer. Für importierte Arzneimittel, die nach § 129 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 abgegeben werden, gilt abweichend von Satz 1 ein Abrechnungsbetrag von höchstens dem Betrag, welcher entsprechend den Vorgaben des § 129 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 niedriger ist als der Arzneimittelabgabepreis des Bezugsarzneimittels einschließlich Mehrwertsteuer, unter Berücksichtigung von Abschlägen für das Bezugsarzneimittel aufgrund dieser Vorschrift. Abschläge nach den Absätzen 1, 1a, 1b und 3b werden zusätzlich zu dem Abschlag nach den Sätzen 1 bis 5 erhoben. Rabattbeträge, die auf Preiserhöhungen nach den Absätzen 1, 1b und 3b zu gewähren sind, vermindern den Abschlag nach den Sätzen 1 bis 6 entsprechend. Für die Abrechnung des Abschlags nach den Sätzen 1 bis 6 gelten die Absätze 1, 5 bis 7 und 9 entsprechend. Absatz 4 findet Anwendung. Das Nähere regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen ab dem 13. Mai 2017 im Benehmen mit den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer auf Bundesebene. Der Abschlag nach Satz 1 gilt entsprechend für Arzneimittel, die nach § 129a abgegeben werden; Absatz 1 Satz 7 gilt entsprechend. Für Arzneimittel zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass der Preisstand des 1. September 2020 Anwendung findet. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen hat dem Bundesministerium für Gesundheit bis zum 31. Dezember 2023 einen Bericht über die Auswirkungen von Satz 4 zweiter Halbsatz vorzulegen.

(3b) Für patentfreie, wirkstoffgleiche Arzneimittel erhalten die Krankenkassen ab dem 1. April 2006 einen Abschlag von 10 vom Hundert des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer; für preisgünstige importierte Arzneimittel gilt Absatz 3a Satz 6 entsprechend. Eine Absenkung des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer, die ab dem 1. Januar 2007 vorgenommen wird, vermindert den Abschlag nach Satz 1 in Höhe des Betrages der Preissenkung; wird der Preis innerhalb der folgenden 36 Monate erhöht, erhöht sich der Abschlag nach Satz 1 um den Betrag der Preiserhöhung ab der Wirksamkeit der Preiserhöhung bei der Abrechnung mit der Krankenkasse. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 30 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt. Satz 2 zweiter Halbsatz gilt nicht für Preiserhöhungen, die sich aus der Anhebung des Preisstands vom 1. August 2009 nach Absatz 3a Satz 2 ergeben. Absatz 3a Satz 8 bis 11 gilt entsprechend. Satz 2 gilt nicht für ein Arzneimittel, dessen Abgabepreis nach Satz 1 im Zeitraum von 36 Monaten vor der Preissenkung erhöht worden ist; Preiserhöhungen vor dem 1. Dezember 2006 sind nicht zu berücksichtigen. Für ein Arzneimittel, dessen Preis einmalig zwischen dem 1. Dezember 2006 und dem 1. April 2007 erhöht und anschließend gesenkt worden ist, kann der pharmazeutische Unternehmer den Abschlag nach Satz 1 durch eine ab 1. April 2007 neu vorgenommene Preissenkung von mindestens 10 vom Hundert des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer ablösen, sofern er für die Dauer von zwölf Monaten ab der neu vorgenommenen Preissenkung einen weiteren Abschlag von 2 vom Hundert des Abgabepreises nach Satz 1 gewährt.

(3c) Wird ein Arzneimittel in den Markt eingeführt, für das nach Absatz 3a Satz 4 oder Satz 5 ein Abschlag nach Absatz 3a Satz 1 anfällt, kann der pharmazeutische Unternehmer beim Spitzenverband Bund der Krankenkassen eine Befreiung vom Abschlag nach Absatz 3a Satz 1 beantragen. Der Antrag ist zu begründen. Die Befreiung ist zu erteilen, wenn für das in den Markt eingeführte Arzneimittel eine neue arzneimittelrechtliche Genehmigung erteilt wurde, die im Vergleich zu bereits zugelassenen Arzneimitteln mit demselben Wirkstoff eine neue Patientengruppe oder ein neues Anwendungsgebiet erfasst und wenn eine Verbesserung der Versorgung zu erwarten ist. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen entscheidet über den Antrag innerhalb von acht Wochen nach Eingang. Die Entscheidung ist zusammen mit den tragenden Gründen und dem Antrag unverzüglich mit einer Frist von vier Wochen dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung zu übermitteln. Erteilt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen die Befreiung oder wird die Entscheidung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen durch die Entscheidung des Bundesministeriums für Gesundheit ersetzt, vereinbart der Spitzenverband Bund der Krankenkassen innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe der Entscheidung gegenüber dem pharmazeutischen Unternehmer mit dem pharmazeutischen Unternehmer im Benehmen mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung mit Wirkung für alle Krankenkassen einen Herstellerabgabepreis für das Arzneimittel. Die Krankenkassen erhalten den Abschlag nach Absatz 3a Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Vereinbarung eines neuen Herstellerabgabepreises.

(3d) Für in § 35 Absatz 1a Satz 2 genannte Arzneimittel, für die nach Absatz 1a Satz 4 ein fiktiver Festbetrag festgesetzt wurde, bestimmt sich abweichend von Absatz 3a der Preisstand als Basispreis aus dem um 50 Prozent angehobenen fiktiven Festbetrag auf Grundlage des Abgabepreises der pharmazeutischen Unternehmer ohne Mehrwertsteuer. Für in § 35 Absatz 5 Satz 8 genannte Arzneimittel bestimmt sich abweichend von Absatz 3a der Preisstand als Basispreis aus den um 50 Prozent angehobenen Festbetrag auf Grundlage des Abgabepreises der pharmazeutischen Unternehmer ohne Mehrwertsteuer, der zuletzt für das Arzneimittel galt. Für Arzneimittel, die in der nach § 35 Absatz 5a Satz 1 erstellten Liste aufgeführt sind und deren Festbetrag aufgehoben wurde, bestimmt sich abweichend von Absatz 3a der Preisstand als Basispreis entsprechend des Satzes 2. Für Arzneimittel, die in der nach § 35 Absatz 5a Satz 1 erstellten Liste aufgeführt sind und für die zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der nach § 35 Absatz 5a Satz 1 erstellten Liste oder der Änderung dieser Liste kein Festbetrag galt, bestimmt sich abweichend von Absatz 3a der Preisstand als Basispreis aus dem um 50 Prozent angehobenen zuletzt geltenden Preisstand gemäß Absatz 3a. Für Arzneimittel, für die das Bundesministerium für Gesundheit eine Bestimmung nach § 35 Absatz 5b Satz 3 getroffen hat und für die zum Zeitpunkt der Bekanntmachung dieser Bestimmung kein Festbetrag galt, bestimmt sich abweichend von Absatz 3a der Preisstand als Basispreis aus dem um 50 Prozent angehobenen zuletzt geltenden Preisstand gemäß Absatz 3a. Die Sätze 1 bis 5 finden ab dem 1. Februar 2024 Anwendung.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit hat nach einer Überprüfung der Erforderlichkeit der Abschläge nach den Absätzen 1, 1a, 1b und 3a nach Maßgabe des Artikels 4 der Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme die Abschläge durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates aufzuheben oder zu verringern, wenn und soweit diese nach der gesamtwirtschaftlichen Lage, einschließlich ihrer Auswirkung auf die gesetzliche Krankenversicherung, nicht mehr gerechtfertigt sind. Über Anträge pharmazeutischer Unternehmer nach Artikel 4 der in Satz 1 genannten Richtlinie auf Ausnahme von den nach den Absätzen 1, 1a, 1b und 3a vorgesehenen Abschlägen entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit. Das Vorliegen eines Ausnahmefalls und der besonderen Gründe sind im Antrag hinreichend darzulegen. § 34 Absatz 6 Satz 3 bis 5 und 7 gilt entsprechend. Das Bundesministerium für Gesundheit kann Sachverständige mit der Prüfung der Angaben des pharmazeutischen Unternehmers beauftragen. Dabei hat es die Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sicherzustellen. § 137g Absatz 1 Satz 7 bis 9 und 13 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die tatsächlich entstandenen Kosten auf der Grundlage pauschalierter Kostensätze berechnet werden können. Das Bundesministerium für Gesundheit kann die Aufgaben nach den Sätzen 2 bis 7 auf eine Bundesoberbehörde übertragen.

(5) Der pharmazeutische Unternehmer kann berechtigte Ansprüche auf Rückzahlung der Abschläge nach den Absätzen 1, 1a, 1b, 2, 3a und 3b gegenüber der begünstigten Krankenkasse geltend machen.

(6) Zum Nachweis des Abschlags übermitteln die Apotheken die Arzneimittelkennzeichen über die abgegebenen Arzneimittel sowie deren Abgabedatum auf der Grundlage der den Krankenkassen nach § 300 Abs. 1 übermittelten Angaben maschinenlesbar an die pharmazeutischen Unternehmer oder, bei einer Vereinbarung nach Absatz 5, an die pharmazeutischen Großhändler. Die pharmazeutischen Unternehmer sind verpflichtet, die erforderlichen Angaben zur Bestimmung des Abschlags an die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Apotheker sowie den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben auf maschinell lesbaren Datenträgern zu übermitteln. Die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der Apotheker, der pharmazeutischen Großhändler und der pharmazeutischen Unternehmer können in einem gemeinsamen Rahmenvertrag das Nähere regeln.

(7) Die Apotheke kann den Abschlag nach Ablauf der Frist nach Absatz 1 Satz 4 gegenüber pharmazeutischen Großhändlern verrechnen. Pharmazeutische Großhändler können den nach Satz 1 verrechneten Abschlag, auch in pauschalierter Form, gegenüber den pharmazeutischen Unternehmern verrechnen.

(8) Die Krankenkassen oder ihre Verbände können mit pharmazeutischen Unternehmern Rabatte für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel vereinbaren. Dabei kann insbesondere eine mengenbezogene Staffelung des Preisnachlasses, ein jährliches Umsatzvolumen mit Ausgleich von Mehrerlösen oder eine Erstattung in Abhängigkeit von messbaren Therapieerfolgen vereinbart werden. Verträge nach Satz 1 über patentfreie Arzneimittel sind so zu vereinbaren, dass die Pflicht des pharmazeutischen Unternehmers zur Gewährleistung der Lieferfähigkeit frühestens sechs Monate nach Versendung der Information nach § 134 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen und frühestens drei Monate nach Zuschlagserteilung beginnt. Der Bieter, dessen Angebot berücksichtigt werden soll, ist zeitgleich zur Information nach § 134 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen über die geplante Annahme des Angebots zu informieren. Rabatte nach Satz 1 sind von den pharmazeutischen Unternehmern an die Krankenkassen zu vergüten. Eine Vereinbarung nach Satz 1 berührt die Abschläge nach den Absätzen 3a und 3b nicht; Abschläge nach den Absätzen 1, 1a und 2 können abgelöst werden, sofern dies ausdrücklich vereinbart ist. Die Krankenkassen oder ihre Verbände können Leistungserbringer oder Dritte am Abschluss von Verträgen nach Satz 1 beteiligen oder diese mit dem Abschluss solcher Verträge beauftragen. Die Vereinbarung von Rabatten nach Satz 1 soll für eine Laufzeit von zwei Jahren erfolgen. In den Vereinbarungen nach Satz 1 sind die Vielfalt der Anbieter und die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten zu berücksichtigen. In den Vereinbarungen nach Satz 1 über patentfreie Arzneimittel, die nach den Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen geschlossen werden, ist eine kontinuierliche versorgungsnahe Bevorratung der von der jeweiligen Vereinbarung erfassten Arzneimittel in einem Umfang zu vereinbaren, der der voraussichtlich innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ab dem Abschluss der Vereinbarung durchschnittlich abzugebenden Menge dieser Arzneimittel entspricht. Als versorgungsnah gilt eine Bevorratung in der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes. Innerhalb der letzten sechs Monate vor Ende der Vertragslaufzeit der Vereinbarung nach Satz 1 darf die Bevorratung der von der jeweiligen Vereinbarung erfassten Arzneimittel unter Sicherstellung der bedarfsgerechten, angemessenen und kontinuierlichen Belieferung nach § 52b Absatz 1 und 2 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes schrittweise reduziert werden. Satz 1 gilt nicht für Impfstoffe für Schutzimpfungen nach § 20i und die in der nach § 35 Absatz 5a Satz 1 erstellten Liste aufgeführten Arzneimittel zur Behandlung von Kindern.

(8a) Zur Vermeidung von Lieferengpässen und zur Sicherstellung einer diversifizierten, bedarfsgerechten Versorgung mit patentfreien Antibiotika bilden die Krankenkassen oder ihre Verbände für die Vergabe von Vereinbarungen nach Absatz 8 Satz 1 für diese Arzneimittel Lose nach § 97 Absatz 4 Satz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Die Krankenkassen oder ihre Verbände legen jeweils die für die Gewährleistung der Liefersicherheit erforderliche Anzahl der Lose fest. Abweichend von § 97 Absatz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in Verbindung mit § 69 Absatz 3 schreiben die Krankenkassen oder ihre Verbände mindestens die Hälfte der Lose so aus, dass Rabatte für die in Satz 1 genannten Arzneimittel mit pharmazeutischen Unternehmern nach Absatz 8 Satz 1 vereinbart werden, die für die Herstellung dieser Arzneimittel in der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes produzierte Wirkstoffe verwenden. Der Verwendung von in der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes produzierten Wirkstoffen für die Herstellung der in Satz 1 genannten Arzneimittel steht die Verwendung von in einem Staat produzierten Wirkstoffen für die Herstellung der in Satz 1 genannten Arzneimittel gleich, sofern

1.
dieser Staat der dem Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen von 1994 (ABl. C 256 vom 3.9.1996, S. 1), das durch das Protokoll zur Änderung des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (ABl. L 68 vom 7.3.2014, S. 2) geändert worden ist, oder anderen, für die Europäische Union bindenden internationalen Übereinkommen beigetreten ist,
2.
der jeweilige öffentliche Auftrag in den Anwendungsbereich des jeweiligen Übereinkommens fällt und
3.
mindestens die Hälfte der zur Erfüllung der Vereinbarung nach Absatz 8 Satz 1 benötigten Wirkstoffe für die Herstellung der in Satz 1 genannten Arzneimittel in der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes produziert wird.
Die Beschränkungen nach den Sätzen 3 und 4 müssen mit Hinweis auf diese Vorschriften in der Auftragsbekanntmachung und den Vergabeunterlagen aufgeführt werden. Die übrigen Lose schreiben die Krankenkassen oder ihre Verbände so aus, dass Vereinbarungen nach Absatz 8 Satz 1 für die in Satz 1 genannten Arzneimittel mit mehr als einem pharmazeutischen Unternehmer geschlossen werden. Die Lose nach Satz 3 ermöglichen dieselbe Liefermenge wie die Lose nach Satz 6. Gehen in einem der nach Satz 3 oder Satz 6 ausgeschriebenen Lose keine oder keine zuschlagsfähigen Angebote ein, hat dies keinen Einfluss auf die Erteilung des Zuschlags in den anderen nach Satz 3 oder Satz 6 ausgeschriebenen Losen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte erteilt den Krankenkassen oder ihren Verbänden auf Antrag Auskunft zur Herstellungsstätte des bei der Herstellung des rabattierten Arzneimittels tatsächlich verwendeten Wirkstoffs eines pharmazeutischen Unternehmers, wenn dies für die Entscheidung über den Zuschlag oder die Überprüfung der Erfüllung der Vereinbarung nach Absatz 8 Satz 1 erforderlich ist. Sofern Arzneimittel im Zuständigkeitsbereich des Paul-Ehrlich-Instituts betroffen sind, erfolgt die Erteilung der Auskunft im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut.

(8b) Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kann nach Anhörung des nach § 52b Absatz 3b Satz 1 des Arzneimittelgesetzes eingerichteten Beirats dem Bundesministerium für Gesundheit empfehlen, einzelne patentfreie Arzneimittel mit in der Liste nach § 52b Absatz 3c Satz 1 des Arzneimittelgesetzes aufgeführten versorgungskritischen Wirkstoffen oder patentfreie Arzneimittel mit versorgungskritischen Wirkstoffen eines bestimmten Anwendungsbereichs als Arzneimittel mit drohender oder bestehender versorgungsrelevanter Marktkonzentration einzustufen. Sofern Wirkstoffe im Zuständigkeitsbereich des Paul-Ehrlich-Instituts betroffen sind, erfolgt die Empfehlung im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut. Auf der Grundlage der Empfehlung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte kann das Bundesministerium für Gesundheit nach Anhörung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen einzelne patentfreie Arzneimittel mit in der Liste nach § 52b Absatz 3c Satz 1 des Arzneimittelgesetzes aufgeführten versorgungskritischen Wirkstoffen oder patentfreie Arzneimittel mit versorgungskritischen Wirkstoffen eines bestimmten Anwendungsbereichs als Arzneimittel mit drohender oder bestehender versorgungsrelevanter Marktkonzentration einstufen. Die Einstufung ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Absatz 8a ist auch auf patentfreie Arzneimittel, die nach Satz 3 als Arzneimittel mit drohender oder bestehender versorgungsrelevanter Marktkonzentration eingestuft wurden, anzuwenden.

(8c) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen können zur Versorgung ihrer Versicherten mit in Apotheken hergestellten parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patienten mit pharmazeutischen Unternehmern Rabatte für die jeweils verwendeten Fertigarzneimittel vereinbaren. Vereinbarungen nach Satz 1 müssen von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich geschlossen werden. Absatz 8 Satz 2 bis 9 gilt entsprechend. In den Vereinbarungen nach Satz 1 ist die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Versicherten zu berücksichtigen.

(9) Pharmazeutische Unternehmer können einen Antrag nach Absatz 4 Satz 2 auch für ein Arzneimittel stellen, das zur Behandlung eines seltenen Leidens nach der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 zugelassen ist. Dem Antrag ist stattzugeben, wenn der Antragsteller nachweist, dass durch einen Abschlag nach den Absätzen 1, 1a, 1b und 3a seine Aufwendungen insbesondere für Forschung und Entwicklung für das Arzneimittel nicht mehr finanziert werden.

Die pharmazeutischen Unternehmer haben den Unternehmen der privaten Krankenversicherung und den Trägern der Kosten in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen nach beamtenrechtlichen Vorschriften für verschreibungspflichtige Arzneimittel, deren Kosten diese ganz oder teilweise erstattet haben, nach dem Anteil der Kostentragung Abschläge entsprechend § 130a Absatz 1, 1a, 1b, 2, 3, 3a, 3b und 3d des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu gewähren. Die Abschläge nach Satz 1 sind auch zu gewähren, wenn das Arzneimittel gemäß § 73 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a des Arzneimittelgesetzes in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht wurde. Dies gilt auch für sonstige Träger von Kosten in Krankheitsfällen, die diese im Rahmen einer Absicherung im Krankheitsfall tragen, durch die eine Versicherungspflicht nach § 193 Absatz 3 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes und nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ausgeschlossen wird. Zur Ermittlung der Abschläge nach Satz 1 sind Selbst- oder Eigenbehalte, die Unternehmen der privaten Krankenversicherung mit den Versicherungsnehmern vereinbart haben oder die auf beamtenrechtlichen Vorschriften oder anderen Vorschriften beruhen, nicht zu berücksichtigen. Die Abschläge nach Satz 1 dürfen von den Unternehmen der privaten Krankenversicherung ausschließlich zur Vermeidung oder Begrenzung von Prämienerhöhungen oder zur Prämienermäßigung bei den Versichertenbeständen verwendet werden.