Verwaltungsgericht München Beschluss, 09. Juni 2016 - M 11 SN 15.266

bei uns veröffentlicht am09.06.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über eine vom Antragsgegner für das Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung …str. 82 und 84 in …erteilte Baugenehmigung.

Der Beigeladene beantragte ursprünglich mit Bauantrag vom 1. Oktober 2011, bei der Stadt … eingegangen am 10. Oktober 2011, beim Landratsamt … (im Folgenden: Landratsamt) am 18. Januar 2012, die Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben: „Umbau Nebenräume, WCs und Einbau einer Empore in eine bestehende Gaststätte“ für das oben genannte Grundstück.

Das Vorhabensgrundstück liegt im Geltungsbereich des (einfachen) Bebauungsplanes Nr. ... „Gewerbegebiet zwischen ...straße, ...weg, ...straße, ...weg und ...straße“ der Stadt ... aus dem Jahr 2000 (i. d. F. der 1.Änderung vom 25.06.2013). Dieser setzt hinsichtlich der Art der Nutzung ein Gewerbegebiet (GE) fest.

Der Bauantrag wurde mit derselben Vorhabensbezeichnung am 20. Dezember 2013 erneut gestellt und ging am 23. Dezember 2013 beim Landratsamt ein.

Die Stadt ... erteilte zum ersten Bauantrag das gemeindliche Einvernehmen als Angelegenheit der laufenden Verwaltung am 12. Januar 2012.

Einer immissionsschutzfachlichen Stellungnahme des Landratsamtes vom 4. Dezember 2013 (Behördenakten - BA - Bl. 99 ff.) lässt sich entnehmen, dass der südöstliche Teil der auf dem oben genannten Grundstück bereits befindlichen Halle bisher als Ballsaal für Großveranstaltungen (Hochzeiten, etc.) hauptsächlich am Wochenende genutzt werde, für das neue Vorhaben des Beigeladenen (ausländische Hochzeiten mit vielen Gästen) räumlich jedoch nicht ausreiche. Daher sei angedacht, im Gebäude eine Empore zur Unterbringung weiterer Gäste zu errichten. Bei der Halle handele es sich um einen Gewerbebau, der geteilt worden sei und dessen südöstlicher Teil für die oben genannten Veranstaltungszwecke umgebaut und schalltechnisch durch eine entsprechende Dämmung der Außenbauteile ertüchtigt werde. Es sei geplant, Großveranstaltungen mit Live-Bands abzuhalten.

In der Korrespondenz des Landratsamtes mit dem Planfertiger des Beigeladenen ist die Bezeichnung des Bauvorhabens nicht einheitlich.

In einem Schreiben vom 11. August 2014 ist das Bauvorhaben als „Erweiterung einer bestehenden Gaststätte zur Versammlungsstätte durch Umbau der Nebenräume und Einbau einer Empore für insgesamt maximal 738 Besucher sowie Anlage von Stellplätzen auf Fl.Nr. ...“ bezeichnet (Bl. 143 BA).

Im späteren Verlauf des Bauantragsverfahrens wird das Vorhaben dann als „Erweiterung einer bestehenden Gaststätte zur Versammlungsstätte (durch Umbau der Nebenräume und Einbau einer Empore) für insgesamt maximal 500 Besucher sowie Anlage von Stellplätzen“ bezeichnet (ab Schreiben v. 5.11.2014 des Landratsamtes an den Planfertiger des Beigeladenen - Bl. 153 BA).

Mit Schreiben des Planfertigers des Beigeladenen vom 5. November 2014 an das Landratsamt wurde mitgeteilt, dass es sich bei dem Bauvorhaben um die Erweiterung einer bestehenden Gaststätte von jetzt 200 möglichen Besuchern auf maximal 500 Besucher nach dem geplanten Umbau handele.

Im Laufe des Baugenehmigungsverfahrens sprach der Antragsteller zu 1) im Landratsamt vor.

Mit Schreiben des Landratsamtes vom 1. Dezember 2014 an den Planfertiger des Beigeladenen wurde mitgeteilt, dass der Antragsteller zu 1) vorgesprochen und erläutert habe, dass der Mietvertrag zwischen dem Antragsteller zu 1) und dem Beigeladenen für Stellplätze gekündigt worden sei. Zudem habe der Antragsteller zu 1) Beschwerde geführt, dass zu Öffnungszeiten des Lokals im Bereich ...- und ...weg der öffentliche Verkehr durch parkende Autos der Gäste des Lokals des Beigeladenen sehr behindert würde. Daher werde der Planfertiger gebeten, den Bauherrn darauf hinzuweisen, dass er dafür Sorge zu tragen habe, dass die notwendigen Stellplätze zu Öffnungszeiten nutzungsbereit zur Verfügung stünden.

Mit Schreiben des Planfertigers an das Landratsamt vom 4. Dezember 2014 wurde mitgeteilt, dass sehr darauf geachtet würde, dass die erforderlichen Stellplätze zur Verfügung stünden. Der Beigeladene habe mit Grunderwerb (Fl.Nr. ..., Gemarkung ...) Voraussetzungen geschaffen, genügend Stellplätze ohne die Inanspruchnahme von vermieteten Flächen durch den Antragsteller zu 1) zur Verfügung zu haben.

Mit Schreiben des fachlichen Immissionsschutzes des Landratsamtes vom 9. Dezember 2014 wurde aufgrund verschiedener Änderungen die Stellungnahme vom 4. Dezember 2013 durch die Gegenständliche ersetzt. In der neuen immissionsschutzfachlichen Stellungnahme ist unter anderem ausgeführt, aufgrund des Umstandes, dass die Stellplätze auf den Flächen Fl.Nrn. ..., ... und ... gewesen seien und der Besitzer beabsichtige, die Flächen anderweitig zu nutzen, neue Stellplatzflächen bereitzustellen gewesen seien. Durch den Kauf des Grundstücks Fl.Nr. ... habe der Beigeladene eine Fläche erwerben können, auf der die 32 benötigten Stellplätze untergebracht werden könnten. Das Grundstück befinde sich in der Nähe des Ballsaals - ebenfalls im Umgriff des Bebauungsplans Nr. ..., der die gegenständliche Fläche wie auch die umliegenden Flächen als „Gewerbegebiet“ festsetze. Nach Rücksprache mit der Stadt ... seien von den Geräuschimmissionen, die durch den Wegfahrverkehr der Gäste in der Nacht entstünden, nur die genehmigte Betriebsleiterwohnung auf der benachbarten Fl.Nr. ... (...str. 80) als maßgeblicher Immissionsort betroffen. Da die kritische Zeit nachts, das heißt in der Zeit zwischen 22.00 - 6.00 Uhr liege und ansonsten nur umliegende gewerbliche Nutzungen vorhanden seien (Ausnahme: Fl.Nr. ..., wo sich eine nichtgenehmigte Wohnnutzung, die nicht berücksichtigt werde, befinde), sei durch ein schalltechnisches Ergänzungsgutachten sicherzustellen, dass die Immissionsrichtwerte für ein Gewerbegebiet am maßgeblichen Immissionsort - ...str. 80 - während der Nachtzeit nicht überschritten würden. Dazu sei die vorhandene ergänzende Schallimmissionsprognose des Ingenieurbüros „... GmbH“ vom 18. November 2013 durch die zweite Ergänzungsprognose vom 3. Dezember 2014 überarbeitet worden. In der zweiten Ergänzungsprognose werde nachgewiesen, dass durch die Neuaufnahme der Stellplätze auf der Fl.Nr. ... mit keinen schädlichen Umwelteinwirkungen durch Anlagenlärm (hier: Parkverkehr) zu rechnen sei. Das Gutachten erscheine plausibel. Die beiden Stellplätze an der ...straße auf der Fl.Nr. ... (i.e. der Vorhabenstandort) seien nicht betrachtet worden, da sie nicht relevant zur Immissionssituation an dem nächstgelegenen maßgeblichen Immissionsort Fl.Nr. ... beitrügen. Im Folgenden werden für den Genehmigungsbescheid verschiedene Auflagen empfohlen.

Mit Bescheid des Landratsamtes vom 17. Dezember 2014 wurde dem Beigeladenen für das Vorhaben „Erweiterung einer bestehenden Gaststätte zur Versammlungsstätte (durch Umbau der Nebenräume und Einbau einer Empore) für insgesamt maximal 500 Besucher sowie Anlage von 32 zugehörigen KFZ-Stellplätzen auf Fl.Nr. ..., Gemarkung ...“ die Baugenehmigung erteilt. Die Baugenehmigung für das genannte Vorhaben erfolgte gemäß Art. 60 BayBO. Außerdem wurden Abweichungen von Brandschutzvorschriften erteilt. Unter III. sind zahlreiche Nebenbestimmungen verfügt. Unter IV. sind Nebenbestimmungen des fachlichen Immissionsschutzes verfügt. Unter anderem ist in „1.“ geregelt, dass die Schallemissionsprognosen des Ingenieurbüros „... GmbH“ vom 15. Juli 2013 mit Anlagen sowie die zweite Ergänzung zum Gutachten vom 3. Dezember 2014 Bestandteil der Baugenehmigung sind. Unter „3.“ ist die Geltung der Bestimmungen der TA-Lärm angeordnet. Durch bauliche, technische und/oder organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass an den maßgeblichen umliegenden Immissionsorten im Gewerbegebiet die zu bildenden Beurteilungspegel (Ziff. 2.10 TA-Lärm) folgende, teilweise reduzierte Immissionsrichtwerte durch die Nutzung des Ballsaals einschließlich Anlieferverkehr, An- und Abfahrtsverkehr durch Gäste sowie verhaltensbezogene Geräusche der Gäste auf den folgenden Fl.Nrn. nicht überschritten werden:

Fl.Nr. ...,

Fl.Nr. ...,

Fl.Nr. ...

tagsüber

6.00 - 22.00 Uhr62 dB(A)

Nachts

22.00 - 6.00 Uhr50 db(A).

Kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen jeweils die nicht reduzierten Immissionsrichtwerte (s. Ziff. 6.1 TA-Lärm)

tagsüberum nicht mehr als30 dB(A)

und

nachts um nicht mehr als20 dB(A)

überschreiten.

Unter „4.“ wird die Belegung des Ballsaals auf maximal 500 Gäste festgelegt.

Unter „7.“ Ist verfügt, dass während Veranstaltungen der Betreiber dafür Sorge zu tragen hat, dass die Glastüren im Eingangsbereich und diejenigen vor dem Foyer möglichst geschlossen sind, um die Wirkung des Zwischenraumes als Schallschleuse nicht herabzusetzen, so dass das in den oben genannten Gutachten gemessene Mindestschalldämmmaß von 47 dB(A) nicht überschritten wird.

Unter „8.“ ist verfügt, dass an den vorgenannten Glastüren an den Kontaktstellen zum Boden Abdichtungen gegen austretende Geräusche anzubringen sind. Unzureichende bzw. beschädigte Abdichtungen zum Boden hin sind auszutauschen.

Unter „9.“ ist verfügt, dass Notausgänge während der Veranstaltungen geschlossen zu halten sind und nur im Notfall über ein „Panikschloss“ geöffnet werden dürfen.

Unter „10.“ ist verfügt, dass die Verstärkeranlage für die Beschallung des Ballsaals durch eine Band (z. B. durch den Einbau eines „Limiters“) so einzustellen ist, dass ein maximaler Halleninnenpegel von 103 dB(A) nicht überschritten wird.

Unter „11.“ ist verfügt, dass der Veranstalter darauf hinzuwirken hat, dass die Gäste beim Verlassen des Gebäudes und anschließend des Parkplatzes nach 22.00 Uhr sich so verhalten, dass Nachbarn nicht gestört werden.

Unter „12.“ ist verfügt, dass bei berechtigten Nachbarschaftsbeschwerden der Antragsteller den Nachweis zu führen hat, dass die unter Auflage Ziff. 3 festgelegten Immissionsrichtwerte an den maßgeblichen Immissionsorten eingehalten werden.

Im Übrigen wird auf den Bescheid Bezug genommen. Die vom Landratsamt verlangte Stellplatzanzahl beträgt 53 (Nr. III. 15 des Bescheids).

Bei den genehmigten Bauvorlagen, die vom Antragsgegner vorgelegt wurden, befindet sich eine zweiseitige Unterlage, datierend vom 20.12.2013, die mit „Beschreibung Gaststätte“ betitelt ist, als „Bestandteil des Bescheides vom 17.12.2014“ gestempelt ist und vom Bauherrn und dessen Planfertiger unterzeichnet ist. Diese Unterlage trägt nicht den Vorhabensbetreff des Genehmigungsbescheids, sondern den überholten Vorhabensbetreff des ursprünglichen Bauantrags und enthält einige wenige handschriftliche Eintragungen. Unter „1. Allgemeine Beschreibung der geplanten Nutzung“ ist handschriftlich eingetragen:

„Gaststätte für Fam. Feiern mit Lifemusik (sic!)

z. B. Hochzeiten, Geburtstage usw.

keine Musikveranstaltungen.“

Unter „2. Öffnungszeiten“ ist eingetragen:

„Fr. 18.00 - 5.00, Sa. 11.00 bis 5.00, Sonn- und Feiertage 11.00 - 3.00, Großveranst. nur am Wochenende!“

Unter „4.Sind Musikdarbietungen in der Gaststätte geplant?“ ist ein Kreuz gesetzt bei „nur als Hintergrundmusik“, dagegen nicht bei „Sonstiges (Live-Musik, Tanzmusik etc.)“, dort ist handschriftlich „nein“ eingetragen. Im Übrigen wird auf diese Unterlage Bezug genommen.

Der Bescheid wurde dem Antragsteller zu 1) ausweislich der Postzustellungsurkunde am 19. Dezember 2014 zugestellt.

Mit Schreiben vom 11. Januar 2015 erhob der Antragsteller zu 1) in eigenem Namen sowie im Namen seines Bruders und Mandanten, des Antragstellers zu 2), Klage gegen den Bescheid vom 17. Dezember 2014 und beantragte dessen Aufhebung.

Zur Begründung ist ausgeführt:

Der Antragsteller zu 1) sei Eigentümer der Grundstücke Fl.Nrn. ..., und ... der Gemarkung ... sei. Die beiden erstgenannten Grundstücke würden vom angegriffenen Bauvorhaben des Beigeladenen nur durch eine schmale Straße, den ...weg, getrennt. Das erstgenannte Grundstück sei mit einem Wohnhaus bebaut und werde seit 1950 auch als solches genutzt. Die übrigen Grundstücke seien Gewerbegrundstücke. Das Grundstück Fl.Nr. ... weise jedoch eine Größe auf, die bei einer späteren Bebauung eine Betriebswohnung zulassen würde. Der Antragsteller zu 2) sei Eigentümer der Grundstücke Fl.Nrn. ... sowie ... der Gemarkung ... Beide Grundstücke seien unmittelbare Anlieger des angegriffenen Bauvorhabens. Beide Grundstücke seien seit etwa 50 Jahren mit Mehrfamilienhäusern bebaut und würden daher bewohnt. Alle genannten Grundstücke würden in einem Gewerbegebiet liegen. Die Wohnnutzungen in diesem seien deswegen umfassend, weil das Gebiet vor der Festsetzung des Gebietes als Gewerbegebiet in den früheren 1980er-Jahren ein Mischgebiet gewesen sei. Die vorhandenen Wohnungen seien Altbestand und genössen daher Bestandsschutz. Die Einschränkungen, die bereits jetzt durch den laufenden Betrieb mit genehmigten 250 Gästen entstünden, seien erheblich. Bei Veranstaltungen sei die gesamte Gegend völlig zugeparkt. Teilweise sei ein Durchkommen mit dem PKW nicht mehr möglich. Sämtliche Grundstückszufahrten würden regelmäßig zugeparkt und wenn nur kurz das Einfahrtstor eines Grundstückes geöffnet würde, komme es vor, dass Gäste auf Privatgrundstücken alles zuparkten. Die Lärmbelastung sei ebenfalls erheblich. Da bei vielen Feiern innerhalb des Ballsaals kein Alkohol ausgeschenkt werde, da die Gäste Muslime seien, werde draußen auf der Straße oder bei den geparkten Fahrzeugen getrunken. Gläser, zerbrochene Flaschen, gebrauchte Windeln oder Erbrochenes auf der Straße und vor den Hauseingängen gebe es regelmäßig. Auch die anliegenden Firmen würden so zugeparkt, dass ein Durchkommen zu den Toren nicht mehr möglich sei. Während Veranstaltungen sei ein Durchkommen oder gar Rangieren mit Anhängern unmöglich. Beschwerden hierüber bei der Polizei seien wirkungslos, da die Polizei meine, sie könne bei der Größe der Veranstaltungen und der Masse an Menschen nichts unternehmen. Da die Räumlichkeiten des Beigeladenen für die Masse an Leuten (derzeit hätten bei einer Genehmigung von 250 Personen die Veranstaltungen meist über 500 Personen - nach eigenen Angaben des Beigeladenen) nicht geeignet seien, hielten sich über den gesamten Abend und die gesamte Nacht einer Veranstaltung regelmäßig viele Leute draußen vor dem Gebäude und somit auf dem ...- oder ...weg auf. Auch werde ständig zu den geparkten Fahrzeugen gegangen, sei es zum Nachschminken, Umziehen, Alkohol trinken oder Radio hören bei geöffneten Fahrzeugtüren. Bei einem Ansprechen der betreffenden Personen auf ihr Fehlverhalten habe der Antragsteller zu 1) persönlich bereits häufig erlebt, dass innerhalb kürzester Zeit eine größere Gruppe zusammenlaufe und er als Anlieger massiv bedroht werde. Das Wohnhaus des Antragstellers 1) - ...weg 10 - sei wohl am meisten betroffen, da dies nur ein erdgeschossiges Gebäude sei und sich dieses direkt am ...weg gegenüber dem Eingang zum Ballsaal des Beigeladenen befinde. Dies seien bereits jetzt untragbare Zustände, die bei einer Verdoppelung der Besucherzahl noch extremer würden. Auch würde die Belastung des Anwesens ...weg 10 durch die Anlage neuer Parkplätze auf dem Grundstück des Beigeladenen am ...weg noch extremer, da nunmehr alle Gäste unmittelbar am Haus des Antragstellers 1) vorbeigehen müssten. Das der Genehmigung zugrunde liegende Schallschutzgutachten sei fehlerhaft. Insbesondere sei das Haus des Antragstellers 1) „...weg 10“ - welches das am stärksten betroffene sei - bei dem Schallschutzgutachten völlig unberücksichtigt geblieben. Das Landratsamt halte dieses Gebäude für ein gewerbliches. Das sei jedoch unrichtig, da allen Beteiligten bekannt sei, dass es sich um ein Wohnhaus handele. Eine Nachschau in den Planungsunterlagen der Stadt ... habe ergeben, dass im Jahre 1962 die Wohnnutzung auch genehmigt worden sei. Laut Gutachten sei der Schall von 200 und nicht von 500 Personen - wie jetzt genehmigt - beurteilt worden. Somit seien die Messergebnisse falsch. Die Immissionen vom neuanzulegenden Parkplatz am ...weg seien überhaupt nicht gemessen worden. Das gesamte, vom Beigeladenen genutzte Gebäude sei umgeben von Wohnhäusern. Mit Ausnahme zur ...straße hin befänden sich auf den übrigen drei Seiten des Gebäudes Wohnhäuser. Somit sei die schalltechnische Einstufung als „Gewerbegebiet“ falsch. Vielmehr habe das Gebiet eher den Charakter eines „Mischgebietes“ oder zumindest eines „eingeschränkten Gewerbegebietes“. Das Schallschutzgutachten sei veraltet. Bei 500 Personen - wie genehmigt -, wobei der Saal immer mit mehr Personen belegt sei als genehmigt, seien bei 4 Personen/Fahrzeug mindestens 125 Fahrzeuge zu veranschlagen. Zudem berücksichtige das Schallschutzgutachten keine Lärmquellen außerhalb des Gebäudes, zum Beispiel hupende Wagenkolonen bei Hochzeiten, Trommeln, Gesang oder Musik vor dem Eingang bzw. Feuerwerk vor dem Eingang oder auf dem Parkplatz. Die Parkplätze Nr. 1 - 21 auf dem Grundstück des Ballsaals gebe es nicht. Die Parkplätze 19 - 21 würden ausschließlich von weiteren Vermietern der Firma „...“ (dieser gehöre das Gebäude, in dem der Beigeladene Mieter sei), genutzt. Die Parkplätze 1 - 18 seien nur theoretisch im Plan eingezeichnet; es werde sie aber nie geben, da die entsprechende Fläche komplett von der Firma „...“ genutzt werde. Auch sei kein Busparkplatz vorgesehen, obwohl Gäste auch mit großen Reisebussen anreisten. Der Gastraum habe in etwa 500 m², die geplante Empore 150 m² sowie der Windfang 50 m². Somit ergäben sich etwa 700 m² Fläche, die von Gästen genutzt werde zuzüglich weiterer Flächen wie Küchen, WCs, Personalräume etc. Dem Antragsteller zu 2) sei der Bescheid über die Erteilung der Baugenehmigung nie zugegangen, obwohl er ebenso wie der Antragsteller zu 1) direkter Anlieger sei.

Die Zufahrt mit Feuerwehr- und Rettungsfahrzeugen sei unmöglich. In der gesamten Planung des Beigeladenen sei kein einziger Lagerraum vorgesehen. Der Ballsaal verfüge über 800 Stühle, obwohl bisher nur 52 Gäste genehmigt seien usw. Das gesamte Zubehör lagere der Beigeladene derzeit in drei Übersee-Containern, die derzeit noch auf dem Grundstück des Antragstellers 1) lagerten. Diese Flächen seien jedoch allesamt gekündigt. Dies werde dazu führen, dass die Container auf eigentlich als Parkflächen vorgesehenen Flächen abgestellt würden. Damit werde die Parksituation noch weiter verschärft. Es sei von Beginn an geplant, weit größere Veranstaltung als die genehmigten durchzuführen, ansonsten gäbe es keinen Grund, 800 Stühle vorzuhalten. Es würden auch Veranstaltungen ohne Bestuhlung durchgeführt, damit noch mehr Gäste Platz hätten. Die Antragsteller hätten das „Treiben“ jahrelang geduldet. Jedoch hätten die Störungen mittlerweile ein Ausmaß erreicht, das nicht mehr ertragen werden könne.

Mit Beschluss vom 15. Januar 2015 wurde der Bauherr zum Verfahren beigeladen.

Mit Schreiben vom 19. Januar 2015 beantragte der Antragsteller zu 1) in eigenem Namen sowie im Namen seines Bruders und Mandanten, des Antragstellers zu 2),

die Wiederherstellung (gemeint ist Anordnung) der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.

Die Begründung entspricht der Klagebegründung.

Mit Schreiben vom 3. Februar 2015 zeigte die Regierung ... - Prozessvertretung - an, dass die Vertretung des Beklagten auf sie übertragen worden ist.

Mit Schreiben vom 24. Februar 2015 wurden die Behördenakten vorgelegt und beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ist ausgeführt:

Bereits die Zulässigkeit der Rechtsbehelfe sei fraglich. Für den Fall, wofür einiges spreche, dass die Antragsteller keine Baugenehmigung für ihre jeweiligen Wohnnutzungen besäßen bzw. von erteilten Baugenehmigungen abgewichen worden sei, fehle es erkennbar an einer drittschützenden Rechtsposition. Das insoweit gegebenenfalls relevante Gebot der Rücksichtnahme greife nicht zugunsten solcher Nachbarn, deren bauliche Anlage die baurechtlichen Vorgaben nicht einhalte und damit formell bzw. materiell illegal sei. Die Rechtsbehelfe seien jedenfalls unbegründet, weil eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes nicht vorliege. Bei dem maßgeblichen Gebiet handele es sich um ein Gewerbegebiet im Sinne von § 8 BauNVO. Angesichts dieser Gebietsfestsetzung und der tatsächlich vorhandenen Nutzung hielten sich die durch das streitgegenständliche Vorhaben hervorgerufenen Auswirkungen - insbesondere was den Lärm betreffe - im Rahmen des Zumutbaren. Insoweit werde auf die immissionsschutzfachliche Stellungnahme vom 10. Februar 2015 verwiesen.

Der Antragsteller zu 1) und Bevollmächtigte des Antragstellers zu 2) wurde mit gerichtlichem Schreiben aufgefordert, zu der Behauptung des Antragsgegners, dass die Antragsteller keine Baugenehmigungen besäßen bzw. von erteilten Baugenehmigungen abgewichen worden sei, Stellung zu nehmen und gegebenenfalls vorhandene Baugenehmigungen vorzulegen.

Hierauf nahm der Antragsteller zu 1) und Bevollmächtigte des Antragstellers zu 2) mit Schreiben vom 28. Februar 2015 Stellung. Die Grundstücke Fl.Nrn. ..., ... und ... hätten keine nennenswerte Bebauung. Das Grundstück Fl.Nr. ... sei bebaubar mit einem Gewerbebau samt Betriebswohnung (da über 1.500 m² groß, sei eine Betriebswohnung zulässig). Die Grundstücke Fl.Nrn. ..., ... sowie ... seien alle drei mit Mehrfamilienwohnhäusern bebaut. Es handele sich um ehemalige Bunkergebäude aus dem Zweiten Weltkrieg. Das Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. ... sei Anfang der 50er-Jahre von der Familie Fuchs zu einem Wohnhaus umgebaut und seitdem so benutzt worden. Hierzu lägen keine Unterlagen mehr vor. Die Gebäude auf den Grundstücken Fl.Nrn. ... und ... seien ebenfalls ehemalige Bunker, die Anfang der 60er-Jahre erweitert und aufgestockt worden seien. Es handele sich um mittelgroße Mehrfamilienhäuser, die bereits seit den 60er-Jahren von mehreren Familien bewohnt würden. Die seinerzeit erteilten Baugenehmigungen lägen wegen des Versterbens der Vorbesitzer bzw. Bauherren nicht mehr vor. Der Bebauungsplan Nr. ... stamme aus dem Jahr 2000. Die Gebäude hätten bei der Errichtung bzw. dem Umbau vor 50 Jahren bzw. 60 Jahren eine Baugenehmigung zur Nutzung als Wohnhäuser erhalten. Ansonsten wären sie sicherlich nicht als Wohnhäuser errichtet und über eine so lange Zeit zu Wohnzwecken genutzt worden. Selbst wenn die Gebäude keine Genehmigung hätten, würden sie unter Bestandsschutz fallen. Es sei richtig, dass es sich mittlerweile um ein Gewerbegebiet handele. Zum Zeitpunkt der Errichtung der Gebäude sei das Gebiet jedoch nicht als Gewerbegebiet ausgewiesen gewesen; deswegen befänden sich im gesamten Gebiet viele Wohnhäuser, so dass es eher dem Charakter eines Mischgebietes entspreche. Auch bei einer Wohnnutzung im Gewerbegebiet seien die Belange der dort wohnenden Menschen zu berücksichtigen.

Mit Schreiben vom 27. Februar 2015 beantragte der Beigeladene durch seinen Bevollmächtigten Klageabweisung und

Antragsablehnung.

Die Rechtsbehelfe seien unbegründet.

Zwar sei richtig, dass die vorhandenen Wohnungen als Altbestand umfassenden Bestandsschutz genössen. Es sei allerdings falsch, dass es sich früher - vor der Festsetzung als Gewerbegebiet - um ein Mischgebiet gehandelt habe. Tatsächlich habe es sich ursprünglich um militärisch genutztes Gebiet gehandelt, bevor es in den 1960er-Jahren zu einem Industriegebiet festgesetzt worden sei. Die Baugenehmigung vom 14. Juni 1962 zum ...weg 10 (früher: ...weg 32, aktuelle Fl.Nr. ..., früher Teilfläche von Fl.Nr. ...) habe die Aus- und Erweiterung eines Betriebsgebäudes vorgesehen. Die Baugenehmigung spreche allerdings nur von der Aus- und Erweiterung eines Betriebsgebäudes. Es sei jedenfalls keine isolierte Wohnnutzung genehmigt worden.

Im Übrigen habe die Wohnnutzung ausschließlich auf der Südseite - also auf der vom ...weg abgewandten Seite - erfolgen sollen. Entscheidend sei, dass sämtliche Grundstücke der Antragsteller sowie des Beigeladenen innerhalb des rechtskräftigen Bebauungsplanes Nr. ..., Stadt ..., lägen, der die Flächen als „Gewerbegebiet“ festsetze. Hiergegen hätten die Antragsteller Einspruch bzw. Klage erheben können. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es punktuell zu Beeinträchtigungen der Nachbarn kommen könne, zum Beispiel beim Eintreffen eines Brautpaares in der Gaststätte. Die von den Antragstellern geschilderten Vorkommnisse würden jedoch als falsch zurückgewiesen.

Ein Fehlverhalten von Gästen - zum Beispiel Alkohol trinken auf der Straße oder bei den geparkten Autos - werde bestritten. Beschwerden bei der Polizei seien nicht bekannt. Auf die Ziff. IV. „Nebenbestimmungen des fachlichen Immissionsschutzes zur Baugenehmigung“ werde hingewiesen. Die Antragsteller monierten die Fehlerhaftigkeit des Schallschutzgutachtens zu Unrecht. Das Anwesen „...weg 10“ sei zunächst möglicherweise zu Unrecht als ungenehmigte Betriebsleiterwohnung nicht berücksichtigt worden. Wie sich erst nachträglich herausgestellt habe, habe möglicherweise eine Baugenehmigung für eine Wohnnutzung am „...weg 2“ (früher: 32) bestanden. Jedoch bleibe es bei der Einschränkung, dass diese Wohnnutzung laut des Plans nur auf der vom ...weg abgewandten Südseite des Hauses vorgesehen sei. Die entsprechenden Räume seien nach der TA-Lärm keine maßgeblichen Immissionsorte. Als schutzbedürftiger Aufenthaltsraum sei zwar ein Büroraum vorgesehen, der zwei Fenster zum ...weg habe. Bei einem Büroraum könne jedoch davon ausgegangen werden, dass dieser nach 22.00 Uhr nicht mehr genutzt werde. Im Schallschutzgutachten sei zutreffend bei einer Hochzeit mit Live-Musik und einer Besucherzahl von 200 Personen am 24. Mai 2013 für die Dauer von 2 Stunden gemessen worden. Nach Darstellung des Gutachters sei der dabei gemessene Wert auf eine Besucherzahl von 500 Personen hochgerechnet worden, was ohne weiteres möglich sei. Das zweite Ergänzungsgutachten vom 3. Dezember 2014 nehme ausdrücklich auch zu der angrenzenden Wohnnutzung der Betriebsleiterwohnung auf der Fl.Nr. ... Stellung. Der Charakter des streitgegenständlichen Gebietes entspreche nicht dem eines Mischgebietes, sondern es handele sich um ein festgesetztes Gewerbegebiet. Darin sei Wohnen allgemein nicht zulässig. Die Stellplätze 1 - 21 würden nach der Absprache zwischen dem Beigeladenen und seinem Vermieter für den Betrieb der Firma „...“ zu den Betriebszeiten des Ballsaals nicht benötigt, so dass die Wechselnutzung möglich sei. Die Berechnung einer Gesamtfläche von 700 m² für den Ballsaal sei falsch. Nach den eingereichten Bestuhlungsplänen würden nur 500 m² als Gastraum genutzt. Dabei sei die Empore mitberücksichtigt, nicht jedoch der Windfang. Der Beigeladene beabsichtige nicht, von den Bestuhlungsplänen abzuweichen. Die Parkplatzsituation sei nicht „verheerend“; ebenso wenig sei die Zufahrt für die Feuerwehr unmöglich. Schließlich obliege es allein der Disposition des Beigeladenen, wo er sein Zubehör lagere.

Richtig sei, dass der Beigeladene mehr als 500 Stühle habe, da er unterschiedliche Stuhlklassen für unterschiedliche Veranstaltungen vorhalten müsse.

Mit Schreiben vom 10. März 2015 legte die Regierung ... - Prozessvertretung - auf Anforderung des Gerichts den Bebauungsplan vor.

Mit Schreiben vom 18. März 2015 legte die Regierung ... - Prozessvertretung - weitere Anlagen vor und führte aus:

Aus den ergänzenden Unterlagen - insbesondere zur Frage der Genehmigungssituation - ergebe sich, dass die Antragsteller keine drittschützende Rechtsposition besäßen, die sie im Rahmen des Gebotes der Rücksichtnahme geltend machen könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten im hiesigen und im Verfahren M 11 K 15.166 sowie auf die vorgelegten Behördenakten einschließlich der Bauvorlagen und des Bebauungsplans Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 a, § 80 Abs. 5 VwGO anzustellende Interessenabwägung fällt zulasten der Antragsteller aus.

Gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 80 a Abs. 1 Nr. 2, § 80 a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage eines Dritten gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung, der gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO keine aufschiebende Wirkung zukommt, aufgrund einer eigenen Ermessensentscheidung ganz oder teilweise anordnen.

Hierzu hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen. Insoweit stehen sich das Suspensivinteresse des Nachbarn und das Interesse des Bauherrn, von der Baugenehmigung sofort Gebrauch machen zu dürfen, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Deshalb ist bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80 a, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in erster Linie auf die Erfolgsaussichten des Nachbarrechtsbehelfs abzustellen. Fällt die Erfolgsprognose zugunsten des Nachbarn aus, erweist sich also nach summarischer Prüfung die angefochtene Baugenehmigung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (BayVGH, B.v. 12.4.1991 - 1 CS 91.439 -, BayVBl. 1991, 720). Erscheint der Nachbarrechtsbehelf dagegen nach vorläufiger Betrachtung als voraussichtlich erfolglos, ist der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abzulehnen. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, findet eine reine Interessenabwägung statt.

Die nach den genannten Grundsätzen vorzunehmende Interessenabwägung fällt zulasten der Antragsteller aus. Denn nach der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dürfte die streitgegenständliche Baugenehmigung im Hauptsacheverfahren - die Anfechtungsklage der Antragsteller - voraussichtlich nicht aufzuheben sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es im Falle einer hier vorliegenden Nachbarklage für die Aufhebung einer Baugenehmigung nicht ausreicht, wenn diese rechtswidrig ist; vielmehr können sich die Antragsteller wegen § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO allein auf nachbarschützende Rechte berufen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 -, juris Rn. 20) und eine Verletzung grundsätzlich nachbarschützender Rechte kann auch nur dann zur Aufhebung einer erteilten Baugenehmigung führen, wenn der Nachbar selbst eine zumindest materiell legale Nutzung ausübt, woran es hier wohl fehlt.

1. Der Antragsteller zu 1) kann sich möglicherweise von vorneherein nicht auf eine wehrfähige Rechtsposition berufen. Als baurechtlicher Nachbar in persönlicher Hinsicht - der Antragsteller ist Eigentümer der Grundstücke ..., ..., ... und ..., alle Gemarkung ..., die südlich bzw. leicht südwestlich vom Vorhabensgrundstück, von diesem nur durch den ...weg getrennt, liegen - käme für ihn als Schutzposition insbesondere das in § 15 Abs. 1 BauNVO enthaltene Gebot der Rücksichtnahme in Betracht. Allerdings steht das aus nachbarlicher Sicht grundsätzlich unter der Einschränkung, dass der Nachbar oder Dritte selbst eine zumindest materiell legale Nutzung ausübt (BVerwG, U.v. 14.01.1993 - 4 C 19/90 -, juris Rn. 27). Das ist vorliegend nach dem Akteninhalt und den Äußerungen der Hauptbeteiligten nicht der Fall. Zwar reklamiert der Antragsteller zu 1), dass die von ihm ausgeübten Nutzungen genehmigt seien. Der Antragsgegner hat jedoch vorgetragen, dass das nicht zutrifft (vgl. das Schreiben der Regierung ... - Prozessvertretung vom 18.03.2015 mit Anlagen). Auf dem Grundstück Fl.Nr. ... befindet sich tatsächlich, nach Angaben sowohl des Antragstellers als auch des Antragsgegners ein Gebäude, in dem sich mehrere Wohnungen befinden (vgl. insbesondere die E-Mail des Landratsamtes vom 24.02.2015, die als Anlage zum o.g. Schreiben der Regierung ... - Prozessvertretung vorgelegt wurde), das nach den Angaben des Antragsgegners aber nicht zu Wohnzwecken genehmigt ist, so dass es formell rechtswidrig wäre. Im festgesetzten Gewerbegebiet wäre eine Wohnnutzung auch nicht genehmigungsfähig, so dass demzufolge auch von einer materiellen Rechtswidrigkeit auszugehen ist. Das Landratsamt hat in dem Schreiben vom 10.03.2015 (als Anlage zum o.g. Schreiben der Regierung ... - Prozessvertretung) mitgeteilt, dass ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen diese Nutzung eingeleitet worden sei. Nach den Angaben des Antragsgegners kann hier lediglich von einer genehmigten Betriebsleiterwohnung ausgegangen werden, was auch plausibel erscheint, da laut Landratsamt die Genehmigungspläne ein Betriebsgebäude (so der Betreff der vom Antragsgegner vorgelegten Baugenehmigung vom 14.06.1962), d. h. gewerbliche Räume und dazu eine Wohnung enthalten. Der Antragsteller hat trotz entsprechender Aufforderung, hierzu Stellung zu nehmen, nichts vorgetragen, geschweige denn entsprechende Genehmigungen vorgelegt. Daher ist davon auszugehen, dass insofern keine mindestens materiell legale Nutzung vorliegt.

Gleiches gilt im Ergebnis hinsichtlich des Gebäudes auf dem Grundstück Fl.Nr. .... Genehmigt ist hier laut Landratsamt eine Gaststättennutzung. Tatsächliche Nutzung sei jedoch eine KfZ-Werkstatt sowie eine Wohnung. Auch insofern hat der Antragsteller zu diesem Vortrag nicht Stellung genommen, so dass auch insofern von einer nicht wenigstens materiell legalen Nutzung, jedenfalls bezogen auf die Wohnnutzung, auszugehen ist.

Letztlich kann jedoch offenbleiben, ob eine mögliche Verletzung des Antragstellers zu 1) in drittschützenden Rechten deswegen ausgeschlossen ist, weil die von ihm selbst betriebene Nutzung nicht materiell legal ist. Denn jedenfalls geht sein Nachbarschutz nicht weiter als der des Antragstellers zu 2), so dass die Ausführungen unter 2. auch für den Antragsteller zu 1) gelten.

Bezogen auf das Grundstück Fl.Nr. ..., auf dem sich derzeit nach den Angaben des Landratsamts ein Gebäude zur Unterstellung von Winterdienstfahrzeugen und Geräten befindet, macht der Antragsteller geltend, hier könne wegen der Größe des Grundstücks über 1500 m2 (vgl. die Regelung Nr. A. 2. c im Bebauungsplan) auch eine Wohnung entstehen. Hierbei kann es sich aber nur um eine Betriebsleiterwohnung handeln, so dass insofern im Ergebnis ebenfalls dasselbe gilt wie für die Wohnungen auf den Grundstücken des Antragstellers zu 2 (dazu sogleich).

2. Anderes gilt dagegen im Ausgangspunkt hinsichtlich des Antragstellers 2). Dieser ist ebenso wie der Antragsteller zu 1) Nachbar im baurechtlichen Sinn. Er ist als Eigentümer der Grundstücke Fl.Nr. ... und ... Nachbar in persönlicher Hinsicht. Er ist auch Nachbar in räumlicher Hinsicht. Dagegen spricht nicht, wie aber wohl vom Landratsamt angenommen (vgl. Stellungnahme des Landratsamts - Sachgebiet Umwelt - Immissionsschutz vom 10.02.2015, handschriftliche Eintragung zum entsprechenden Punkt in der Klagebegründung), dass er (übrigens ebenso wie der Nachbar) nicht direkt an das Vorhaben angrenzt. Dass die Grundstücke des Antragstellers 2) durch eine Straße (den ...weg) vom Baugrundstück getrennt sind, nimmt dem Antragsteller zu 2) nicht die baurechtliche Nachbareigenschaft. Dafür ist auch unerheblich, ob diese Straße „breit“ ist oder nicht. Ob nur der direkte Angrenzer oder auch weiter entfernte Nachbarn solche im Sinne des Baurechts sind, entscheidet sich nach dem (möglicherweise) verletzten subjektiven Recht. Danach kann auch der Antragsteller zu 2) zumindest möglicherweise vom Vorhaben verletzt sein. Die geltend gemachten Beeinträchtigungen (insbesondere Lärm und Zunahme des Park-Verkehrs) beziehen sich nicht nur auf einen direkt angrenzenden Nachbarn, sondern reichen darüber hinaus. In Frage kommt insbesondere eine mögliche Verletzung des in § 15 Abs. 1 BauNVO enthaltenen Gebots der Rücksichtnahme. Insofern kommt eine mögliche Betroffenheit des Antragstellers zu 2) ohne weiteres in Betracht.

Der Antragsteller zu 2) kann sich auch grundsätzlich auf wehrfähige Rechtspositionen berufen. Anders als beim Antragsteller zu 1) geht insoweit wohl auch das Landratsamt davon aus, dass in den Gebäuden auf den Grundstücken des Antragstellers zu 2) Wohnen als solches genehmigt ist; aus der Stellungnahme des Landratsamtes vom 10.03.2015 geht hervor, dass jedenfalls zwei Wohnungen jeweils im Obergeschoss als solche genehmigt sind. Das ergibt sich auch aus den vom Landratsamt vorgelegten Unterlagen, insbesondere folgt das indirekt aus den für beide Wohnungen vorgelegten Erklärungen von Rechtsvorgängern des Antragstellers zu 2) zum „Wohnen in einem Industriegebiet“. Der Inhalt dieser Erklärungen dagegen vermag nach Auffassung des Gerichts - unabhängig davon, welche Rechtsnatur diese Erklärungen haben - jedenfalls nicht jeglichen Nachbarschutz für den Antragsteller zu 2) auszuschließen.

Im Ergebnis ist voraussichtlich jedoch auch beim Antragsteller zu 2) nicht von überwiegenden Erfolgsaussichten seiner Klage auszugehen. Zwar spricht vieles dafür, dass die erteilte Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Das Vorhaben, das bauplanungsrechtlich wohl als kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzuordnen ist (dazu nachfolgend 2.1), ist bauplanungsrechtlich, wenn überhaupt, allenfalls ausnahmsweise zulässig (nachfolgend 2.2). Insofern fehlt es aber voraussichtlich an einer subjektiven Rechtsverletzung des Antragstellers zu 2), §§ 31 Abs. 1 BauGB, 15 Abs. 1 BauNVO (2.3).

2.1 Das Vorhaben des Beigeladenen ist hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung wohl als kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzustufen.

Soweit ersichtlich werden Vorhaben, die dem mit dem streitgegenständlichen Bescheid genehmigten entsprechen bzw. mit diesem vergleichbar sind, von der Rechtsprechung als kerngebietstypische Vergnügungsstätten eingestuft (vgl. BVerwG, B.v. 20.11.2006 - 4 B 56/06 -, juris Rn. 6; OVG Nordrhein-Westfalen, U.v. 27.04.2006 - 7 A 1620/05 -, juris Leitsatz und Rn. 63 ff., insbesondere Rn. 73; B.v. 08.01.2007 - 7 B 2521/06 -, juris Rn. 11; VG Gelsenkirchen, U.v. 21.07.2014 - 5 K 4161/13 -, juris Rn. 33; VG Karlsruhe, U.v. 11.08.2010 - 5 K 3274/09 -, juris Rn. 30 ff.; VG Minden, U.v. 20.08.2009 - 9 K 1787/07 -, juris Rn. 35).

Diese Einordnung ist wohl auch grundsätzlich richtig und trifft außerdem auf das streitgegenständliche Vorhaben zu.

Zunächst bereitet es Schwierigkeiten, die genaue konkrete Nutzung, die mit dem streitgegenständlichen Bescheid genehmigt ist bzw. sein soll, herauszufinden. Die Bauaufsichtsbehörde hat es versäumt, sich eine aussagekräftige Betriebsbeschreibung vom Bauherrn vorlegen zu lassen (vgl. hierzu § 9 Satz 1 Bauvorlagenverordnung). Zwar enthalten die Bauvorlagen zwei Blätter - deren erstes mit „Beschreibung Gaststätte“ betitelt ist - die einige wenige handschriftliche Eintragungen enthalten. Diese beiden Blätter sind allerdings nicht ausreichend, um den Anforderungen des § 9 Satz 1 BauvorlV zu genügen. Bereits der Vorhabensbetreff des ersten Blattes stimmt mit demjenigen des Bescheides nicht überein. Zudem ist auch aus den zeitlichen Abläufen ersichtlich diese „Betriebsbeschreibung“ nicht aktuell. Sie datiert vom 20. Dezember 2013, wohingegen die Umschreibung des Vorhabens seit Bauantragstellung bis zum Erlass des Genehmigungsbescheids Ende 2014 aus den Akten ersichtlich mehrfach abgeändert wurde, ohne dass eine aktualisierte Betriebsbeschreibung verlangt oder vorgelegt worden wäre. Schließlich sind die ohnehin viel zu rudimentären Angaben in dieser „Betriebsbeschreibung“ auch noch in sich widersprüchlich. Während als geplante Nutzung einerseits Gaststätte für Familienfeiern mit Livemusik angegeben ist, ist zwei Zeilen weiter vermerkt: „Keine Musikveranstaltungen“. Während unter 1. noch ausdrücklich Livemusik genannt wird, wird unter 4. bei der Frage nach Live-Musik ebenso ausdrücklich mit „nein“ ausgefüllt.

Nachdem der Bescheid keine aussagekräftige Betriebsbeschreibung in Bezug nimmt, ist die genehmigte Nutzung unter Berücksichtigung der vorliegenden Akten auszulegen. Danach ist bei dem Vorhaben an Hand der in den Akten befindlichen Äußerungen, insbesondere aus den immissionsschutzfachlichen Stellungnahmen der unteren Immissionsschutzbehörde im Landratsamt insgesamt von folgendem Vorhabenszuschnitt auszugehen:

Der Beigeladene beabsichtigt, im Vergleich zu den bisher bereits durchgeführten Großveranstaltungen in einem „Ballsaal“ eine Vergrößerung der Veranstaltungsräumlichkeiten auf mindestens ca. 650 m2 (laut genehmigter Bauvorlagen im EG Veranstaltungsfläche 500 m2 und auf der Empore im 1. Obergeschoss zusätzlich mindestens 143 m2) und ein Fassungsvermögen von 500 Personen. Die Veranstaltungen sollen „hauptsächlich“ an Wochenenden durchgeführt werden. Es handelt sich um Großveranstaltungen mit Live-Bands, insbesondere um große Hochzeitsfeiern.

2.1.1 Die zur Genehmigung gestellte Veranstaltungshalle mit der beschriebenen Nutzung stellt sich als Vergnügungsstätte dar.

Der Begriff Vergnügungsstätte wird in der Baunutzungsverordnung nicht definiert, so dass er nach Systematik und Sinn und Zweck der in der Baunutzungsverordnung getroffenen Regelungen zu bestimmen ist. Vergnügungsstätten sind nicht zulässig in reinen und allgemeinen Wohngebieten, in Kleinsiedlungsgebieten und in Industriegebieten, uneingeschränkt zulässig in Kerngebieten und ausnahmsweise in Gewerbegebieten. In Mischgebieten sind sie zulässig, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind (sonstige Vergnügungsstätten), in besonderen Wohngebieten und in Dorfgebieten sind sie unter dieser Voraussetzung ausnahmsweise zulässig. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke sind schon deshalb keine Vergnügungsstätten, da sie jeweils gesondert erwähnt werden. Diese Regelung zur Zulässigkeit von Vergnügungsstätten ist erfolgt, um die städtebaulich nachteiligen Auswirkungen, die von Vergnügungsstätten ausgehen, zu erfassen und die Wohnbevölkerung und andere sensible Nutzungen vor den von Vergnügungsstätten ausgehenden nachteiligen Wirkungen zu schützen (BVerwG, B. v. 20.11.2006 - 4 B 56/06 -, juris Rn. 6).

Gemeinsames Merkmal aller Vergnügungsstätten sind daher ihre in städtebaulicher Hinsicht nachteiligen Auswirkungen, wobei diese unterschiedlicher Art sein können. Maßgeblich sind deshalb nicht die Definitionen des Vergnügungssteuerrechts, sondern typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen, wie Lärmbelästigungen, übermäßige Verkehrsbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch Verschlechterung der Gebietsqualität (sog. trading-down Effekt; vgl. hierzu etwa Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl., § 4a Rn. 22.1 m. w. N.), wobei bezüglich der Intensität dieser Auswirkungen zwischen den auf Kerngebiete beschränkten (kerngebietstypischen) und den sonstigen Vergnügungsstätten unterschieden wird (VGH Bad.Württ., B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris Rn. 5).

Zu Anlagen mit städtebaulich relevanten Folgewirkungen, die als Vergnügungsstätten bewertet wurden, wird in der Rechtsprechung ausgeführt: Vergnügungsstätten werden gekennzeichnet als gewerbliche Einrichtungen (Gewerbebetriebe besonderer Art), die dem „Amusement“, der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Sie werden auch umschrieben als gewerbliche Nutzungsarten, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (etwa Diskotheken, Spielhallen oder Amüsierbetriebe) unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen (VGH Bad.Württ., B. v. 28.11.2006, a. a. O., juris Rn. 5; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.04.2006 - 7 A 1620/05 -, juris Rn. 65).

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 20.11.2006, a. a. O.) hat in einer Entscheidung, der ein Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 27.04.2006 zu einer Genehmigung der Umnutzung einer Halle zu einer Festhalle mit Bühne und Tanzfläche und 85 Stellplätzen, in der Veranstaltungen mit 500 Teilnehmern vorgesehen sind, zugrunde lag, zu den negativen städtebaulichen Auswirkungen einer solchen Festhalle ausgeführt:

„Zu diesen Auswirkungen gehört insbesondere der Lärm, der von der Nutzung der betroffenen Gebäude selbst ausgeht - wie Musikdarbietungen oder die Geräusche von feiernden Teilnehmern - sowie derjenige, der im zeitlichen Zusammenhang mit Anfahrt und Abfahrt der Besucher oder Teilnehmer entsteht - wie Motorengeräusch, Türenschlagen, Gespräche bei der Verabschiedung etc.“.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte allerdings nicht abschließend zu beurteilen, ob eine entsprechende Festhalle eine Vergnügungsstätte ist. Wenn die Auswirkungen einer Festhalle, die der Betreiber nur für eine geschlossene Veranstaltung zur Verfügung stellt, denen einer Vergnügungsstätte, die der Allgemeinheit zur Verfügung steht, vergleichbar sind, ist es nach dem Bundesverwaltungsgericht ohne Belang, ob sie der Allgemeinheit zur Verfügung steht oder nicht. Aus diesen Ausführungen kann aber geschlossen werden, dass das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich Festhallen als Vergnügungsstätten beurteilt, wenn ihre Nutzung abstrakt die von ihm aufgezeigten negativen städtebaulichen Auswirkungen hat. Da der Bewertung als Vergnügungsstätte nicht entgegensteht, dass ein Betreiber eine Festhalle nur für geschlossene Veranstaltungen zur Verfügung stellt und dass Besucher einer persönlichen Einladung Folge leisten, bedeutet dies, dass der konkrete Anlass für die Nutzung einer Halle und die Art und Weise der Nutzung bzw. Vergnügung in seiner Bedeutung zurücktreten, es sei denn, die Art und Weise der Nutzung hat, wie z. B. die Nutzung durch Swingerclubs, selbst städtebaulich negative Auswirkungen, wie z. B. die Verschlechterung der Gebietsqualität. Nichts anderes gilt für die Frage, ob der Betreiber der Halle den Gewinn dadurch erzielt, dass er den Ablauf der Veranstaltung selbst bestimmt oder die Halle nur vermietet; der Beigeladene macht laut seiner Homepage beides (http://i...html). Im Vordergrund der Bewertung stehen die abstrakten städtebaulich relevanten Folgen des genehmigten Betriebs der Halle auf seine Umgebung.

Die vom Bundesverwaltungsgericht genannten Störungsmerkmale sind für die Bewertung des Vorhabens des Beigeladenen als Vergnügungsstätte ausschlaggebend. Dabei steht die Tatsache, dass die negativen Auswirkungen wie zum Beispiel Lärm durch Nebenbestimmungen verringert werden können, einer Bewertung des Betriebs der Halle als Vergnügungsstätte nicht entgegen. Vielmehr ist die Tatsache, dass entsprechende Nebenbestimmungen erforderlich sind, gerade Anhaltspunkt dafür, dass eine Vergnügungsstätte vorliegen kann.

Für die Einordnung einer Veranstaltungshalle als Vergnügungsstätte und die Beurteilung der städtebauliche Erheblichkeit einer Störung ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Entscheidend ist, ob die Nutzung ihrer Art nach geeignet ist, wesentlich zu stören, oder ob dies regelmäßig (typischerweise) nicht der Fall ist. Es kommt für die Einordnung als Vergnügungsstätte deshalb weder darauf an, inwieweit die (maximalen) Öffnungszeiten tatsächlich ausgenutzt werden, noch darauf, welche Störwirkungen durch den Einzugsbereich bzw. das Kommen und Gehen von Besuchern der Gaststätte konkret entstehen (OVG Schleswig-Holstein, B. v. 05.10.2009 - 1 MB 16/09 -, juris Rn. 37). Unerheblich ist deshalb im vorliegenden Fall, dass die Festveranstaltungen mit bis zu 500 Teilnehmern nur am Wochenende stattfinden sollen. Die zeitliche Intensität verändert regelmäßig - und so auch hier - nicht die genehmigte Nutzungsweise. Wird die Zulässigkeit eines Vorhabens bejaht, ist es baurechtlich unerheblich, ob der Bauherr die zugelassene Nutzung täglich oder nur jeweils einmal wöchentlich ausübt (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.04.2006 - 7 A 1620/05 -, juris Rn. 70), wenn die Genehmigung insofern keine Beschränkungen enthält.

Für die planungsrechtliche Beurteilung der genehmigten Nutzung der Halle des Beigeladenen als (kerngebietstypische) Vergnügungsstätte ist nach allem von zentraler Bedeutung, ob die genehmigten Veranstaltungen unter dem Aspekt des Immissionsschutzes erheblich sind und damit städtebaulich negative Auswirkungen haben. Feste und geselliges Feiern (Familienfeste, z. B. Hochzeiten) mit einem Teilnehmerkreis von 500 Personen, die mit erheblichem An - und Abfahrtsverkehr und mit einem Unterhaltungsprogramm bzw. Unterhaltungsangebot mit mehrstündigen Musikdarbietungen bis in die Nachtstunden hinein mit einem maximalen Schallleistungspegel von 103 dB(A) (Stellungnahme des fachlichen Immissionsschutzes des Landratsamtes vom 12.02.2015, Seite 4 und Seite 35 des bei den Akten befindlichen Schallgutachtens der Firma ... GmbH vom 15.07.2013) einhergehen, und die regelmäßig jedes Wochenende stattfinden, sind grundsätzlich lärmintensiv. Die vom Beigeladenen geplanten Veranstaltungen in der Halle haben damit städtebaulich negative Auswirkungen. Die Veranstaltungen finden regelmäßig, in der Regel am Wochenende statt. Die Teilnehmer der Veranstaltungen kommen mit Sicherheit, schon wegen der maximalen Größe der Veranstaltungen (bis zu 500 Besucher) und wegen der Art der Veranstaltungen (z. B. Hochzeiten) nicht nur aus ... und der Umgebung, sondern vermutlich aus allen Teilen Bayerns bzw. der Bundesrepublik. Es ist davon auszugehen, dass die bis zu 500 Teilnehmer überwiegend mit ihren PKWs anreisen. Während der Anreisezeit ist von einer erheblichen Lärmbelastung durch das Anfahren der Fahrzeuge und von dem Türenschlagen usw. zu rechnen. Von einer erheblichen Lärmbelastung ist beim Abfahren der Festteilnehmer in der Zeit bis 3.00 Uhr bis 5.00 Uhr (Ende der Veranstaltungen) auszugehen. Eine erhebliche Lärmbelastung ist auch durch die Musikdarbietungen zu erwarten, die mit einer erheblichen Lautstärke (siehe oben) und daher vergleichbar mit der Lautstärke von Musikdarbietungen in einer Diskothek (90-115 dB(A)) stattfinden. Dass die zu erwartende Lärmbelastung von erheblicher Bedeutung sein wird, zeigt sich im Übrigen schon daran, dass die Baugenehmigung unter vielen Nebenbestimmungen bezüglich des Immissionsschutzes erteilt wurde.

Danach ist an Hand der gesamten Umstände des Einzelfalls beim Vorhaben des Beigeladenen von einer Vergnügungsstätte auszugehen.

2.1.2 Des Weiteren handelt es sich bei dem Vorhaben um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte. Für die Beurteilung einer Vergnügungsstätte als kerngebietstypisch kommt es u. a. darauf an, ob die Vergnügungsstätte als zentraler Dienstleistungsbetrieb auf dem Unterhaltungssektor für ein größeres und allgemeines Publikum aus einem größeren Einzugsbereich erreichbar ist oder jedenfalls erreichbar sein soll. Vergnügungsstätten sollen deswegen in Kerngebieten konzentriert sein und nicht in die regelmäßig am Stadtrand gelegenen und für größere Besucherzahlen nicht erschlossenen Gewerbe- oder sonstige Gebiete abgedrängt werden.

Eine Vergnügungsstätte in Gestalt einer ca. 750 - 800 m2 großen Halle mit einer Veranstaltungsfläche von mindestens 650 m2 mit Platz für 500 Personen, die gewerblich in der Regel jeden Samstag oder Sonntag und an Feiertagen zum Zwecke der Veranstaltung von Festen für ein größeres Publikum mit bis zu 500 Gästen aus einem überörtlichem Einzugsbereich mit einem Unterhaltungsprogramm bzw. Unterhaltungsangebot, zu dem das mehrstündige Abspielen von Musik in einer erheblichen Lautstärke (maximaler Schallleistungspegel von 103 dB(A)) auch in den Abendstunden gehört, in der Veranstaltungshalle gewerblich entsprechende Veranstaltungen organisiert werden, und wenn die Anfahrt der Gäste maximal (an Hand der Öffnungszeiten) vor 11.00 Uhr und die Abfahrt nachts (bzw. morgens) nach 5.00 Uhr erfolgt, ist als kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzuordnen.

2.2 Eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte ist im festgesetzten Gewerbegebiet nicht allgemein zulässig. Die Bauaufsichtsbehörde des Antragsgegners geht offenbar im Genehmigungsbescheid davon aus, dass eine allgemeine Zulässigkeit des Vorhabens auf der Grundlage von § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO besteht, was aber nicht zutrifft. Eine allgemeine Zulässigkeit für eine (kerngebietstypische) Vergnügungsstätte besteht im Gewerbegebiet vielmehr nicht.

Zwar ist die Zulassung einer auch kerngebietstypischen Vergnügungsstätte im Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässig, § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO. Über § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO werden durch die Festsetzung eines Baugebiets nach § 1 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 BauNVO die Vorschriften der §§ 2 - 14 BauNVO Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht aufgrund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Dabei werden zum Bestandteil des Bebauungsplans die §§ 2 bis 14 der BauNVO in der Fassung, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan galt (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Die Stadt ... hat den Bebauungsplan am 4. April 2000 beschlossen (die 1. Änderung ändert nicht die Festsetzung des Baugebiets), ausschlaggebend ist demnach die Baunutzungsverordnung in der Fassung vom 27.01.1990 (BGBl. I S. 132). In der BauNVO 1990 war ebenso wie in der heutigen eine Ausnahme für (alle) Vergnügungsstätten enthalten, § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO 1990.

Allerdings fehlt es an einer Entscheidung der zuständigen Bauaufsichtsbehörde über die Zulassung einer Ausnahme. Eine solche (ausdrückliche) Entscheidung ist grundsätzlich erforderlich (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 119. EL November 2015, § 31 Rn. 25 und 63), bei ihrem Fehlen ist das Vorhaben insoweit rechtswidrig (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 119. EL November 2015, § 31 Rn. 67 a.E.). Die Möglichkeit, dass die Rechtswidrigkeit durch eine nachträgliche Ausnahme beseitigt werden kann, ändert an der Rechtslage nichts. Gleiches gilt, wenn keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass im Baugenehmigungsverfahren (positive) Entscheidungen über Ausnahmen geprüft oder getroffen worden sind (Söfker, a. a. O.). So liegt es hier. Weder aus dem Genehmigungsbescheid noch sonst aus dem Behördenvorgang lässt sich erkennen, dass die Erteilung einer Ausnahme geprüft, geschweige denn eine solche getroffen worden wäre. Es fehlt bereits daran, dass die Notwendigkeit einer Ausnahme erkannt worden ist.

2.3 Jedoch kann sich hierauf der Antragsteller zu 2) voraussichtlich nicht berufen. Bei der Erteilung einer Ausnahme auf der Grundlage von § 31 Abs. 1 BauGB i. V. m. dem jeweiligen Bebauungsplan beurteilt sich die Frage nach dem Nachbarschutz wie folgt: Mit rechtmäßig erteilten Ausnahmen muss der Nachbar rechnen. Abwehrrechte können daher nur in Betracht kommen, wenn die Ausnahme rechtswidrig erteilt wird. Dem ist der Fall gleichzusetzen, dass eine für die Zulassung eines Vorhabens an sich erforderliche Ausnahme nicht erteilt wird, z. B. weil wie hier ihre Erforderlichkeit nicht erkannt wird. Allerdings gilt hinsichtlich des Nachbarschutzes bei einer rechtswidrig erteilten Ausnahme weitergehend, dass allein die rechtswidrig erteilte Ausnahme noch keine Abwehrrechte des Nachbarn begründet. Auch diesem Fall ist die hier vorliegende Konstellation gleichzusetzen, dass die Erforderlichkeit der Erteilung einer Ausnahme nicht erkannt wurde. Eine Verletzung von subjektiven Nachbarrechten kann hier wie dort (nur) dann in Betracht kommen, wenn die Ausnahme unter Verstoß gegen nachbarschützende Regelungen erteilt wurde oder, wie hier, die Ausnahme zwar nicht erteilt wurde, sie aber, wäre ihre Erforderlichkeit erkannt worden, Nachbarrechte verletzen würde. Das ist dann der Fall, wenn das betreffende Vorhaben einer nachbarschützenden Festsetzung widerspricht und die Ausnahme unter Verstoß gegen diese Festsetzung erteilt wurde bzw. würde oder wenn das Vorhaben gegen § 15 Abs. 1 BauNVO verstößt und dies nachbarrechtlich relevant ist.

Ersteres kommt hier nicht in Betracht. Zwar wäre eine Ausnahme erforderlich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, die grundsätzlich nachbarschützend ist. Demgegenüber ist diese Nutzung nach dem Bebauungsplan aber gerade, wenn auch ausnahmsweise, zulässig. Zwar könnte die ausnahmsweise Zulassung des Vorhabens auch daran scheitern, dass es im festgesetzten Gewerbegebiet nicht gebietsverträglich ist (zur Gebietsunverträglichkeit einer nur ausnahmsweise zulässigen Nutzung in einem Gewerbegebiet BVerwG, U.v. 02.02.2012 - 4 C 14/10 -, juris Rn. 15 ff.), was nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Einzelfallprüfung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO vorgelagert ist (vgl. BVerwG a. a. O., juris Rn. 17). Das lässt sich nach dem vorliegenden Sachverhalt aber wohl nicht annehmen, da sich aus der festgesetzten Zweckbestimmung des Gewerbegebiets nichts ergibt, was schlechthin zu einer Gebietsunverträglichkeit des Vorhabens führen muss.

Für den Bereich der Baugebietsvorschriften der BauNVO ergibt sich eine auch für die Erteilung von Ausnahmen unmittelbar geltende Zulässigkeitsgrenze aus § 15 Abs. 1 BauNVO. Danach ist eine Ausnahme, auch wenn sie nach den Baugebietsvorschriften vorgesehen ist, unzulässig, wenn das Vorhaben der Eigenart des Baugebiets widerspricht (Satz 1) oder von ihm unzumutbare Belästigungen oder Störungen ausgehen oder es solchen ausgesetzt ist (Satz 2) (BVerwG, B.v. 13.05.2002 - 4 B 86/01 -, juris Rn. 7; U.v. 21.03.2002 - 4 C 1/02 -, juris Rn. 13; U.v. 25.01.2007 - 4 C 1/06 -, juris Rn. 10). Beides kann der Antragsteller zu 2) auch geltend machen, da beide Bestimmungen im Einzelfall Drittschutz vermitteln (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, 119. EL November 2015, § 15 Rn. 36 m. w. N.).

Nach Aktenlage ist jedoch voraussichtlich ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 BauNVO nicht gegeben.

Hinsichtlich der geltend gemachten Unzumutbarkeit wegen des Lärms, der von der Veranstaltungshalle (einschließlich der Stellplätze, wobei aber darauf hinzuweisen ist, dass die endgültige Situierung aller Stellplätze nach dem Akteninhalt noch nicht feststeht) ausgeht, ergibt sich aus dem bei den Akten befindlichen Schallgutachten, dass an den Gebäuden auf den beiden Grundstücken des Antragstellers 2) die Immissionsrichtwerte gemäß Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c) TA Lärm, also die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete eingehalten werden. Hiervon besteht nur eine Ausnahme, nämlich am Immissionsort ...weg 8, FlNr. ..., wo in der lautesten Nachtstunde ein Gesamt-Beurteilungspegel von 46 dB(A) besteht, während nach dem Immissionsrichtwert gemäß Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c) TA Lärm nur 45 dB(A) zulässig sind. Diese Überschreitung kann jedoch wegen ihrer Geringfügigkeit hingenommen werden (vgl. hierzu etwa BayVGH, B.v. 11.01.2005 - 22 ZB 04.3246 -, juris Leitsatz 2 und Rn. 15), zumal insofern diese geringe Differenz in der Betriebsphase noch beseitigt werden könnte. Auch die Immissionsrichtwerte für einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen für Kern-, Dorf- und Mischgebiete werden an den Gebäuden auf den beiden Grundstücken des Antragstellers 2) eingehalten. Daher kann offen bleiben, ob, wovon die streitgegenständliche Baugenehmigung ausgeht, zu Recht die (höheren) Immissionsrichtwerte eines Gewerbegebiets anzusetzen sind, oder, wegen der genehmigten Wohnnutzung, die hier nicht einer reinen Betriebsleiterwohnung entspricht, nicht im Einzelfall die niedrigeren Immissionsrichtwerte eines Mischgebiets. Eine entsprechende Absenkung der an den Immissionsorten einzuhaltenden Immissionsrichtwerte kann, z. B. bei der Entscheidung, ob das Vorhaben ausnahmsweise zuzulassen ist, noch erfolgen. Ebenso offen bleiben kann, ob durch die Erklärungen, welche die Rechtsvorgänger des Antragstellers 2) bzw. die früheren Bauherrn abgegeben haben und wonach diese ihr Einverständnis mit einem „Wohnen in einem Industriegebiet“ erklärt haben, der Maßstab, welche Immissionen für den Antragsteller zu 2) zumutbar sind, modifiziert wird.

Denkbar ist ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO bzw. eine Unzumutbarkeit nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO auch wegen anderer Umstände als den Lärmbelästigungen. Geltend gemacht ist insbesondere der durch das Vorhaben stark zunehmende (Park-) Verkehr, aber auch, dass das Vorhaben wegen der großen Anzahl von Besuchern, welche die Feiern besuchen, insgesamt unzumutbare Auswirkungen habe.

Die geltend gemachten Umstände überschreiten die Schwelle des Zumutbaren insgesamt voraussichtlich noch nicht; die Gesamtumstände sprechen überwiegend für als gegen die ausnahmsweise Zulässigkeit des Vorhabens.

Zunächst nimmt das Vorhaben im Gewerbegebiet angesichts von dessen nicht unerheblicher Ausdehnung keine dominante Rolle ein. Anders wäre es ggf. zu beurteilen, wenn es sich um ein Gewerbegebiet von eher geringerer räumlicher Ausdehnung handeln würde (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 15.12.2004 - 15 C 04.2431 -, juris Rn. 10; VG Minden, U.v. 20.08.2009 - 9 K 1787/07 -, juris Rn. 42).

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass das Vorhaben die einzige Vergnügungsstätte in dem Gewerbegebiet wäre, eine Häufung durch das Vorhaben also gerade nicht drohen würde. Das Vorhaben ist ebenso als Vergnügungsstätte, wenn auch kleineren Zuschnitts, bereits vorhanden, so dass es insofern keinen Fremdkörper darstellt.

Schließlich ist nach Aktenlage, u. a. nach dem vom Antragsgegner übersandten Lageplan mit den Eintragungen der Nutzungen in den Gebäuden im Gewerbegebiet (Anlage zur E-Mail des Landratsamtes vom 24.02.2015) davon auszugehen, dass es sich bei den Wohnnutzungen im Gebiet ganz überwiegend um Betriebsleiterwohnungen handelt.

Nachdem diese Umstände eher für eine Ausnahmefähigkeit des Vorhabens sprechen, ist voraussichtlich nicht von einer Unzumutbarkeit des Vorhabens auszugehen ist. Die vom Antragsteller zu 2) befürchteten negativen Auswirkungen werden durch die Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheids zudem überwiegend wirksam gemindert, mit Ausnahme der Nebenbestimmung Nr. IV 12., die bestimmt, dass bei berechtigten „Nachbarschaftsbeschwerden“ der Beigeladene den Nachweis zu führen hat, dass die ebenfalls per Nebenbestimmung festgelegten Immissionsrichtwerte an den maßgeblichen Immissionsorten eingehalten werden. Denn dabei ist unklar, wann eine „berechtigte Nachbarschaftsbeschwerde“ vorliegt, zumal die Frage nach der Einhaltung der Immissionsrichtwerte regelmäßig gerade dafür ausschlaggebend sein wird, ob eine berechtigte Beschwerde vorliegt oder nicht. Diese unbestimmte bzw. untaugliche Nebenbestimmung führt aber allein noch nicht zur Unzumutbarkeit.

Nach alledem ist der Antrag abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; Gemäß § 162 Abs. 3 VwGO entspricht es der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen den Antragstellern aufzuerlegen, da die Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 Hs. 1 VwGO ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i. V. m. Nrn. 9.7.1 sowie 1.5 und 1.1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2013, Beilage 2.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.


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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die im Rahmen eines Nachbarwiderspruchsverfahrens erfolgte Aufhebung seiner Baugenehmigung für die Umnutzung eine Halle.
Der Kläger stellte am 24.09.2007 bei der Beklagten für die Grundstücke Flst.Nrn. ... in ... den Bauantrag „Ausbau und Umnutzung der Hallengebäude zu Veranstaltungsstätten. Herstellung von Stellplätzen“. In der Baubeschreibung vom 20.09.2007 heißt es „Umnutzung der Halle ... als gewerbliche Versammlungsstätte mit Halle und Cafeteria“ und „Nutzung für Messeveranstaltungen/Ausstellungen /Seminare/Vortragsveranstaltungen/Gastgewerbe“, „Zielgruppen: Großunternehmen, Vereine, Gesellschaften, private Veranstaltungen.“ Die Fläche des Versammlungsraums wurde mit 789 qm, die Gesamtzahl der möglichen Besucher mit 965 und die Zahl der erforderlichen Stellplätze mit 160 angegeben. Aus der Flächenberechnung nach Din 277 ergibt sich als Nutzfläche im Erdgeschoß eine Fläche von 1421,83 m 2 und im Obergeschoss von weiteren 246,02 m 2, somit insgesamt 1667,85 m 2 .
Die Grundstücke des Klägers und das nördlich angrenzende Grundstück der Beigeladenen (Flst.Nr. ..., ...) liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“ .... Änderung der Beklagten vom 10.11.1999. Dessen schriftliche planungsrechtliche Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung ein Gewerbegebiet vor. Weiter heißt es dort unter A Nr.1.1 des schriftlichen Teils der planungsrechtlichen Festsetzungen: „Ausnahmen sind nach § 8 Abs.3 Ziff.1 BauNVO gemäß § 1 Abs.6 BauNVO allgemein zulässig. Ausnahmen nach § 8 Abs.3 Ziff.2 u. 3 BauNVO sind gemäß § 1 Abs.6 BauNVO nicht zulässig.“
Der Kläger legte auf Anforderung durch die Beklagte ein schalltechnisches Gutachten 08.091 des Ingenieurbüros für Bauphysik vom 16.09.2008, Mannheim über die Untersuchung und Berechnung der Geräuschimmissionen einer geplanten Veranstaltungshalle und Beurteilung der Geräuscheinwirkung auf die bestehende Wohnbebauung in der Nachbarschaft vor. In dem schalltechnischen Gutachten wird ausgeführt, dass die bestehende Halle bisher von einem Reifenhandel genutzt worden sei und die Halle umgebaut und vor allem an Freitagen und Samstagen von großen Gesellschaften (Hochzeiten) als Veranstaltungsraum mit mehrstündigen Musikdarbietungen (Halleninnenpegel 90 dB(A)) genutzt werden solle. Unter der Woche seien keine bzw. nur kleinere Veranstaltungen geplant.
Am 03.11.2008 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Baugenehmigung unter Gewährung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes „...“ .... Änderungen bezüglich geringfügiger Überschreitung der mit Pflanzgebot belegten Fläche zur Nutzungsänderung des Hallengebäudes in eine Veranstaltungsstätte sowie zur Herstellung von Stellplätzen und einer Schallschutzwand. Unter "Besondere Hinweise, Auflagen und Bedingungen“ heißt es: Nr.2 "Die Baugenehmigung wird unter der Bedingung erteilt, dass die im Schallschutzgutachten des Ingenieurbüros zur Bauphysik vom 16.09.2008 formulierten Anforderungen bezüglich der Immissionsminderung entsprechend umgesetzt werden. So ist unter anderem die geforderte hochabsorbierend gestaltete Lärmschutzwand zu errichten“. Nr.3 "Die zulässigen Lärmwerte im Gewerbegebiet sind einzuhalten". Nr. 4 "Die Forderung nach ergänzenden baulichen Schallschutzmaßnahmen oder organisatorischen Beschränkungen bleibt vorbehalten, wenn die Werte im Betrieb nicht eingehalten werden." Nr 5 "Der Betrieb darf erst nach Umsetzung aller im Schallschutzgutachten des Ingenieurbüros zur Bauphysik vom 16.09.2008 formulierten Schallschutzmaßnahmen aufgenommen werden“. Nicht genehmigt wurde die Anbringung einer Reklamefläche mit der Aufschrift „Veranstaltungszentrum W.“. Am 26.02.2009 wurde dem Kläger eine Teilbaufreigabe zur Ausführung der neuen Stahlbeton-Mauerwerkswände und einer neuen Massivdecke erteilt.
Mit Schreiben vom 20.05.2009 legte die Beigeladene, die Betreiberin der „...“ und Miteigentümerin des Grundstücks Flst.Nr. ..., die von dem Vorhaben nicht benachrichtigt worden war, Widerspruch ein und machte geltend: Sie sei seit dem November 2007 Miteigentümerin des Grundstücks Flst.Nr. ..., ..., und rüge, wegen der Nutzungsänderung nicht angehört worden zu sein. Die vorgesehene Nutzung werde wegen der Lärmbelästigung und wegen einer zu erwartenden Belästigung ihrer Kundinnen zu einer Beeinträchtigung ihres Gewerbebetriebs führen. Es müssten verschiedene bauliche Maßnahmen ergriffen werden, damit gewährleistet sei, dass kein Einblick in den Außen-/Ruhebereich ihres Grundstückes genommen werden könne. Die Erwerbsvormerkung für die Beigeladene und einen weiteren Miteigentümer war am 05.12.2006 im Grundbuch von Wiesloch eingetragen worden und der zuständige Notar hatte die Auflassung zum 28.02.2008 erklärt und am 25.03.2008 im Grundbuch vollzogen. Seit dem 25.03.2008 ist die Beigeladene als Miteigentümerin des Grundstücks Flst.Nr. ... im Grundbuch eingetragen.
Nachdem bei einer Ortsbesichtigung am 13.05.2009 die Beklagte festgestellt hatte, dass mit der Bauausführung von der erteilten Baugenehmigung abgewichen worden war, beantragte der Kläger am 26.06.2009 eine Abänderung der erteilten Baugenehmigung bezüglich des Grundrisses und des Anbaus eines Technikraums. In den dem Bauantrag beigefügten Plänen heißt es zum Bauvorhaben: „Nutzungsänderung des Hallengebäudes in eine Veranstaltungsgaststätte“.
Das bereits von der Beklagten entworfene Änderungsgenehmigungsschreiben mit Datum vom 13.10.2009 wurde dem Kläger nicht zugestellt, weil das Regierungspräsidium Karlsruhe der Beklagten mit Schreiben vom 07.10.2009 mitteilte, dass das Vorhaben gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans verstoße, wonach Vergnügungsstätten auch nicht ausnahmsweise zulässig seien. Aus dem schalltechnischen Gutachten sei zu entnehmen, dass das Gebäude unter anderem für Hochzeitsveranstaltungen, im vorliegenden Fall für türkisch-kurdische Hochzeitsveranstaltungen, genutzt werden solle. Hierfür seien 160 Pkw-Stellplätze nachgewiesen. Dem schalltechnischen Gutachten seien maximal 1000 Gäste bzw. durchschnittlich 700 Gäste zugrunde gelegt worden. Da erfahrungsgemäß die Kraftfahrzeuge voll ausgelastet seien, sei mit dieser Anzahl von Besuchern zu rechnen.
Mit Verfügung vom 06.11.2009 hob die Beklagte auf Anweisung des Regierungspräsidiums Karlsruhe die erteilte Baugenehmigung auf und half damit dem Widerspruch der Beigeladenen ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Kläger wolle vorrangig in der Halle Hochzeiten, an denen ein sehr großer Personenkreis teilnehme, veranstalten. Die Rechtsprechung ordne diese Veranstaltungen den Vergnügungsstätten zu, da von diesen vergleichbare Auswirkungen auf die Umgebung ausgingen. Unerheblich sei hierbei, dass diese (Hochzeits-) Veranstaltungen nicht öffentlich seien. Vergnügungsstätten seien jedoch im Bebauungsplan ausgeschlossen. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs.2 BauGB lägen nicht vor, da hier die Grundzüge der Planung berührt würden. Der für Bausachen zuständige gemeinderätliche Ausschuss habe sich in seiner Sitzung am 04.11.2009 mit der Bausache befasst und sich gegen eine Befreiung oder Änderung des Bebauungsplans ausgesprochen. Die Verfügung wurde dem Kläger am 10.11.2009 zugestellt.
10 
Der Kläger hat am 20.11.2009 Klage erhoben. Er beantragt,
11 
den Abhilfebescheid der Beklagten vom 06.11.2009 aufzuheben.
12 
Zur Begründung wurde ausgeführt: Maßgeblich sei die vom Architekten im Zusammenhang mit dem Bauantrag vorgelegte "Neuberechnung nach Flächenverkleinerung" vom 20.09.2007 angegebene Nutzung. Auf dieser Basis sei die Baugenehmigung erteilt worden. Dies bestimme Inhalt und Umfang der Baugenehmigung. Das Ergebnis des auf Veranlassung der Beklagten in Auftrag gegebenen Schallschutzgutachtens sei als einzuhaltende Nebenbestimmung (u.a. Ziff. 3-5) Teil der Baugenehmigung vom 03.11.2008. Er habe nicht vor, nur die in dem Sachverständigengutachten angeführten Veranstaltungen durchzuführen, sondern wolle die Halle auch für Messeveranstaltungen (z.B. Hausmessen für örtliche Handwerker), Ausstellungen, Seminare und Vortragsveranstaltung zu nutzen. Daneben sollten jedoch die Räumlichkeiten auch für Hochzeitsveranstaltungen zur Verfügung stehen, selbstverständlich nicht nur für "türkisch-kurdische", sondern auch für andere Hochzeitsveranstaltungen. Diese Nutzungen seien alle gewerbegebietsverträglich. Die Beklagte habe völlig korrekt geprüft, welche Lärmauswirkungen durch den Kfz-Verkehr zu befürchten seien und habe entsprechende Schutzauflagen in der Baugenehmigung vorgesehen. Zwar würde die Nutzung für Hochzeiten am Wochenende nur den kleineren Teil der Nutzungsart darstellen, diese Nutzungsmöglichkeit sei jedoch die für ihn wirtschaftlich wichtigere, weil hierfür die größere Marktnachfrage bestehe. Eine Nutzung unter Ausschluss der Möglichkeit, die Räumlichkeiten für Hochzeiten und private Feierlichkeiten zur Verfügung zu stellen, wäre wirtschaftlich vermutlich nicht tragfähig. Eine Teilaufhebung des Rücknahmebescheids mit dem Inhalt, dass er die Räumlichkeiten nicht für Hochzeiten nutzen könne und dürfe, wäre daher für ihn nicht ausreichend. Bei einer Nutzung auch für türkische Hochzeiten handele es sich um einen Gewerbebetrieb aller Art und gerade nicht um eine vergnügungsstättentypische Nutzung. Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen und dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts. Zum einen werde die Rechtsansicht des OVG Nordrhein-Westfalen nicht geteilt. Und zum anderen liege der vom OVG entschiedene Fall auch anders als der hiesige. Das Bundesverwaltungsgericht beschäftige sich nur mit einem kleinen Ausschnitt aus der Problematik. Zwar sei es zutreffend, dass es sich bei Vergnügungsstätten um eine besondere Nutzungsart handele, bei der die kommerzielle Unterhaltung der Besucher durch die entsprechende Dienstleistung des Betreibers im Vordergrund stehe. Das OVG habe jedoch einige Gesichtspunkte nicht bedacht, die eine gegenteilige rechtliche Einschätzung nahelegten. Typische Vergnügungsstätten seien Nachtlokale aller Art, deren Zweck auf Darstellung mit sexuellem Charakter ausgerichtet sei sowie Diskotheken und Spiel- und Automatenhallen. Sie seien das Vorbild der Vergnügungsstätten und gesetzgeberischer Anlass für eine eigenständige Regelung in der Baunutzungsverordnung. Türkische Hochzeiten entfernten sich jedoch von diesem Vorbild in einem starken Maße. Zum zweiten sei vor allem Vergnügungsstätten eigen, dass der Betreiber das Programm bestimme. Bei türkischen Hochzeiten dagegen bestimme das Brautpaar bzw. deren Eltern oder Hochzeitsplaner, was auf dem Programm stehe. Hochzeiten seien daher eher mit den sonstigen von ihm beabsichtigten Nutzungen vergleichbar. Vergnügungsstätten bedienten das Bedürfnis der Gäste nach Unterhaltung und Amüsement, die kommerzielle Unterhaltung stehe im Vordergrund. Bei Hochzeiten gehe es um die Feier einer Eheschließung und es finde häufig auch ein Familientreffen statt. Dieses grundrechtlich deutlich erhöhte Schutzniveau sei auch bauplanungsrechtlich beachtlich, da bei Auslegung und Abgrenzung der einzelnen Nutzungsarten auch Gesichtspunkte der sozialen Akzeptanz bzw. sozialen Adäquanz eine Rolle spiele. Mit Vergnügungsstätten gehe häufig ein sog. Trading-Down-Effekt einher. Dies sei bei einer Hochzeit und einem Familientreffen nicht zu erwarten. Dass bei Hochzeiten auch Musik gespielt und getanzt werde, könne die Veranstaltung allein nicht zur Vergnügungsstätte gemacht werden. Ansonsten müsse auch das Fitnessstudio der Beigeladenen eine Vergnügungsstätte sein. Das Bundesverwaltungsgericht habe lediglich entschieden, dass einer Einordnung als Vergnügungsstätte nicht entgegen stehe, dass die Nutzung lediglich einem geschlossenen Benutzerkreis offen stehe. Das VG Düsseldorf habe in seiner Entscheidung vom 14.04.2005 ausgeführt, dass Vergnügungsstätten eine besondere Art von Gewerbebetrieb seien, bei denen die kommerzielle Unterhaltung der Besucher bzw. Kunden im Vordergrund stehe. Sie seien durch eine bestimmte gewinnbringende „Freizeit“-Gestaltung gekennzeichnet. Das bloße Ermöglichen von Geselligkeit, etwa bei Familientreffen, Vereinsfeiern, Hochzeiten und Schützenveranstaltungen sei dagegen nicht ausreichend. In dem Fall, der der Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen zugrunde gelegen habe, sei die Genehmigung einer Festhalle beantragt worden, es sei also schwerpunktmäßig um die Nutzung für Musik- und Tanzzwecken gegangen. Dort habe es auch baulich gesonderte Flächen für die Musikkapelle sowie zum Tanzen gegeben. Er habe dagegen ein weites Nutzungsspektrum.
13 
Am 22.05.2010 ordnete die Beklagte bezüglich der Aufhebung der Baugenehmigung vom 06.11.2009 die sofortige Vollziehbarkeit gemäß § 80 Abs.2 Nr.4 VwGO an.
14 
Der Kläger hat am 12.05.2010 Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gestellt (5 K 1129/10). Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung ihrer Abhilfeentscheidung,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, im Übrigen auf die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Akten zum Bebauungsplan „...“ verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Klage ist zulässig.
18 
Die Anfechtungsklage ist auch ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Gemäß § 68 Abs.1 Satz 1 Nr.2 VwGO bedarf es keiner Überprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren, wenn der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält. Bei der Verfügung der Beklagten vom 06.11.2009 handelt es sich um einen Abhilfebescheid, der erstmalig eine Beschwer enthält. Zwar hatte die Ausgangsbehörde den Widerspruch bereits an die Widerspruchsbehörde weitergeleitet. Dies steht jedoch einer Abhilfeentscheidung durch die Ausgangsbehörde nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.09.1989, NVwZ 1990, 651). Denn die Widerspruchsbehörde kann als Aufsichtsbehörde die Ausgangsbehörde um den Erlass eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO ersuchen. Die Beklagte wurde auch zum Erlass einer Abhilfeentscheidung und nicht etwa zum Erlass eines Rücknahmebescheids angewiesen. Der Abhilfebescheid enthält auch eine erstmalige rechtliche Beschwer, weil er die Baugenehmigung insgesamt aufhebt.
19 
Die damit zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der Abhilfebescheid der Beklagten vom 06.11.2009 ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO).
20 
Die Beklagte durfte eine Abhilfeentscheidung treffen, weil ihr ein Nachbarwiderspruch zur Entscheidung vorlag. Gegenstand der Abhilfeentscheidung ist allein die Baugenehmigung vom 03.11.2008, da die Änderungsbaugenehmigung vom 13.10.2009 betreffend die Innenausgestaltung der Halle mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden ist.
21 
Wendet sich der Inhaber einer Baugenehmigung gegen eine teilweise oder vollständige Aufhebung der Baugenehmigung im Wege eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO, ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung, soweit sie aufgehoben wurde, nur im Hinblick auf die nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu überprüfen (VG Braunschweig, Urt. v. 09.10.2002 - 2 A 317/01 -, juris).
22 
Dem Erlass der Abhilfeentscheidung stand nicht schon eine Präklusion der Beigeladenen im Sinne des § 55 Abs.2 LBO a.F. entgegen, da diese bereits nicht die für eine Präklusion erforderliche Angrenzerbenachrichtigung erhalten hatte. Die Genehmigung der Umnutzung der Halle verletzt die deshalb zu überprüfenden Rechte der Beigeladenen als Nachbarin.
23 
Die Rechtmäßigkeit der beantragten und genehmigten Umnutzung von Wohnräumen im Wohngebäude des Beigeladenen beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der Bau-nutzungsverordnung 1990 - BauNVO - (§ 25c Satz 1 BauNVO). Die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“. Dessen schriftliche planungsrechtliche Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung für die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen ein Gewerbegebiet GE (§ 8 BauNVO) vor, in dem Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke sowie Vergnügungsstätten auch nicht ausnahmsweise zulässig sind. Denn es heißt es dort unter A Nr.1.1 des schriftlichen Teils der planungsrechtlichen Festsetzungen: „Ausnahmen sind nach § 8 Abs.3 Ziff.1 BauNVO gemäß § 1 Abs.6 BauNVO allgemein zulässig. Ausnahmen nach § 8 Abs.3 Ziff.2 u. 3 BauNVO sind gemäß § 1 Abs.6 BauNVO nicht zulässig.“ Die hier strittige Festsetzung trat erstmals am 14.01.97 mit der 2. Änderung des Bebauungsplans in Kraft. Sie wurde durch die am 22.11.1999 in Kraft getretenen 3. Änderung des Bebauungsplans, die vor allem die Zulassung von innenstadtunschädlichen Einzelhandelsbetrieben zum Gegenstand hatte (vgl. S. 2 der Begründung der Änderung), nicht abgeändert.
24 
Der Plangeber hat mit der getroffenen Festsetzung von der Ermächtigung des § 1 Abs. 6 Nr.1 BauNVO 1990 Gebrauch gemacht, wonach im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass Ausnahmen, die in den einzelnen Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind, ganz oder teilweise nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden, und in zulässiger Weise unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietes die Möglichkeit genutzt, den Baugebietskatalog zu variieren (vgl. Fickert/Fieseler,11. Aufl., § 1 Rdnr. 104 ff.). Durch den vorgenommenen Ausschluss von Ausnahmen wurde in zulässiger Weise sichergestellt, dass der Schwerpunkt der Nutzung des Gebiets in der Unterbringung nicht erheblich belästigender Gewerbebetriebe liegt und nur Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind, allgemein zulässig sind.
25 
Die Festsetzung eines Gewerbegebiets und der dort auch nicht ausnahmsweise zulässigen Vorhaben hat nachbarschützende Wirkung (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 8 Rdnr. 3). Der Nachbar hat ein subjektiv öffentliches Recht auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart, so dass sich die Klägerin als Nachbarin (im Gewerbegebiet) auf einen Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans berufen kann.
26 
Die Beigeladene hat keinen Anspruch auf Wahrung der Gebietsart, soweit Ausnahmen für Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke nicht zugelassen sind, da der Kläger keine Anlage für kulturelle und soziale Einrichtungenbetrieben zur Genehmigung gestellt hat. Denn hierbei handelt sich um Anlagen des Gemeinbedarfs (Kirchen, Gemeindehäuser, Schulen, Stadtbüchereien usw.) bzw. der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt. Sie kann sich jedoch auf die Wahrung der Gebietsart eines Gewerbegebiets ohne Vergnügungsstätte berufen, da dem Kläger eine Baugenehmigung für den Betrieb einer Vergnügungsstätte erteilt wurde.
27 
Maßgeblich für die planungsrechtliche Bewertung der erlaubten Nutzung der Halle ist, was die angefochtene Genehmigung an Nutzung hergibt, d.h. die genehmigte maximale Ausnutzung der Halle (OVG Schleswig-Holstein, B. v. 05.10.2009 - 1 MB 16/09 -, juris). Der Regelungsgehalt der dem Kläger erteilten Baugenehmigung bestimmt sich nach dem Wortlaut der Baugenehmigung, nach den Bauvorlagen, dem geschilderten Betriebsablauf und den genehmigten Bauplänen. Danach wurde als maximale zulässige Nutzung der Halle der Betrieb einer Vergnügungsstätte genehmigt.
28 
Nach dem Wortlaut der Baugenehmigung wurde dem Kläger eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des Hallengebäudes in eine Veranstaltungsstätte sowie zur Herstellung von Stellplätzen und einer Schallschutzwand erteilt. Die Bauvorlage vom 20.09.2007 enthält die Angaben: „Umnutzung der Halle in ... als gewerbliche Versammlungsstätte mit Halle und Cafeteria“ und „Nutzung für Messeveranstaltungen/Ausstellungen /Seminare/Vortragsveranstaltungen/Gastgewerbe. Zielgruppen: Großunternehmen, Vereine, Gesellschaften, private Veranstaltungen.“ Die genehmigten Baupläne enthalten die Aufschrift “Ausbau und Umnutzung der Hallengebäude als Veranstaltungsstätte“ und haben eine Halle mit Podium, eine Cafeteria mit Sitzplätzen, eine Küche und im Obergeschoß einen Aufenthaltsraum zum Gegenstand. Die Fläche des Versammlungsraums wurde in der Bauvorlage vom 20.09.2007 mit 789 qm, die Gesamtzahl der Besucher mit 965 und die Zahl der erforderlichen Stellplätze mit 160 angegeben. Maßgeblich für die Beurteilung des Umfangs der genehmigten Nutzung sind weiter die Angaben des Klägers zum Betriebsablauf, die der Gutachter seinem schalltechnischen Gutachten zugrunde gelegt hat, da dieses Eingang in die Nebenbestimmungen der Baugenehmigung gefunden hat und daher Teil der Baugenehmigung geworden ist. Nach diesen Angaben soll die Halle vor allem an Freitagen und Samstagen von großen Gesellschaften (Hochzeiten) als Veranstaltungsraum genutzt werden. Die Anfahrt der Gäste erfolgt ab 16.00 Uhr. Bis 20.00 Uhr wird lautere Musik gespielt, dann nochmal von 20.30 Uhr bis 22.00 Uhr. Ab 23.00 Uhr ist die Musik wesentlich leiser als zu Beginn der Feierlichkeiten. Zu diesem Zeitpunkt verlassen auch die ersten Gäste die Feier. Um 0.30 Uhr ist die Feier beendet. Im Gutachten wurde im Nahbereich von 2 m der Lautsprecher während der Musikdarbietung ein Schalldruckpegel von 90 dB(A) angenommen und das Frequenzspektrum von basslastiger Musik zugrundegelegt. Der Summenpegel (Halleninnenpegel) wurde unter der Annahme des Einsatzes von 6 Lautsprechern mit 90,4 dB(A) berechnet. In der mündlichen Verhandlung bestätigte der Kläger im wesentlichen den im Gutachten geschilderten Ablauf der Veranstaltungen und ergänzte, in der Halle sollten jeden Samstag oder Sonntag türkische Hochzeiten ab 17.00 Uhr mit maximal 700 Gästen stattfinden. Wegen der erforderlichen Tische und Stühle könnten nicht mehr Gäste kommen. Er vermiete die Halle zu diesem Zweck oder organisiere die türkischen Hochzeiten selbst.
29 
Die aufgrund dieser Bauvorlagen, der Betriebsschilderung und den Bauplänen genehmigte Nutzung umfasst die Möglichkeit der Nutzung der Halle als Vergnügungsstätte.
30 
Der Begriff Vergnügungsstätten wird in der Baunutzungsverordnung nicht definiert, so dass er nach Systematik und Sinn und Zweck der in der Baunutzungsverordnung getroffenen Regelungen zu bestimmen ist. Der Verordnungsgeber hat die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten mit der Vierten Verordnung zur Änderung der BauNVO neu (BVerwG, B. v. 20.11.2006 - 4 B 56/06 -, juris) und für jedes Baugebiet einzeln geregelt. Vergnügungsstätten sind seit der Neureglung nicht zulässig in reinen und allgemeinen Wohngebieten, in Kleinsiedlungsgebieten und in Industriegebieten, uneingeschränkt zulässig in Kerngebieten und ausnahmsweise in Gewerbegebieten. In Mischgebieten sind sie zulässig, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind (sonstige Vergnügungsstätten), in besonderen Wohngebieten und in Dorfgebieten sind sie unter dieser Voraussetzung ausnahmsweise zulässig. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke sind schon deshalb keine Vergnügungsstätten, da sie jeweils gesondert erwähnt werden. Die Neuregelung erfolgte, um die städtebaulich nachteiligen Auswirkungen, die von Vergnügungsstätten ausgehen, zu erfassen und die Wohnbevölkerung und andere sensible Nutzungen vor den von Vergnügungsstätten ausgehenden nachteiligen Wirkungen zu schützen (BVerwG, B. v. 20.11.2006 - 4 B 56/06 -, juris).
31 
Gemeinsames Merkmal aller Vergnügungsstätten sind daher ihre in städtebaulicher Hinsicht nachteiligen Auswirkungen, wobei diese unterschiedlicher Art sein können. Maßgeblich sind deshalb nicht die Definitionen des Vergnügungssteuerrechts, sondern typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen, wie Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch Verschlechterung der Gebietsqualität (sog. trading-down Effekt; vgl. hierzu etwa Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 4a RdNr. 22.1 m.w.N.), wobei bezüglich der Intensität dieser Auswirkungen zwischen den auf Kerngebiete beschränkten (kerngebietstypischen) und den sonstigen Vergnügungsstätten unterschieden wird (VGH Bad.Württ., B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris).
32 
Zu Anlagen mit städtebaulich relevanten Folgewirkungen, die als Vergnügungsstätten bewertet wurden, wird ausgeführt: Vergnügungsstätten werden gekennzeichnet als gewerbliche Einrichtungen (Gewerbebetriebe besonderer Art), die dem „Amusement“, der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Sie werden auch umschrieben als gewerbliche Nutzungsarten, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (etwa Diskotheken, Spielhallen oder Amüsierbetriebe) unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen (VGH Bad.Württ., B. v. 28.11.2006, a.a.O., juris, OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.04.2006 -7 A 1620/05 -, juris)). Auch Kinopaläste werden neuerdings als Vergnügungsstätten eingeordnet.
33 
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 20.11.2006, a.a.O.) hat in einer Entscheidung, der das Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 27.04.2006 zu einer Genehmigung der Umnutzung einer Halle zu einer Festhalle mit Bühne und Tanzfläche und 85 Stellplätzen, in der Veranstaltungen mit 500 Teilnehmern vorgesehen sind, zugrundelag, zu den negativen städtebaulichen Auswirkungen einer solchen Festhalle ausgeführt: „Zu diesen Auswirkungen gehört insbesondere der Lärm, der von der Nutzung der betroffenen Gebäude selbst ausgeht - wie Musikdarbietungen oder die Geräusche von feiernden Teilnehmern - sowie derjenige, der im zeitlichen Zusammenhang mit Anfahrt und Abfahrt der Besucher oder Teilnehmer entsteht - wie Motorengeräusch, Türenschlagen, Gespräche bei der Verabschiedung etc.“. Das Bundesverwaltungsgericht hatte allerdings nicht abschließend zu beurteilen, ob eine entsprechende Festhalle eine Vergnügungsstätte ist. Wenn die Auswirkungen einer Festhalle, die der Betreiber nur für eine geschlossene Veranstaltung zur Verfügung stellt, denen einer Vergnügungsstätte, die der Allgemeinheit zur Verfügung steht, vergleichbar sind, ist es nach dem Bundesverwaltungsgericht ohne Belang, ob sie der Allgemeinheit zur Verfügung steht oder nicht. Aus diesen Ausführungen kann aber geschlossen werden, dass das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich Festhallen als Vergnügungsstätte beurteilt, wenn ihre Nutzung die von ihm aufgezeigten negativen städtebaulichen Auswirkungen hat. Da der Bewertung als Vergnügungsstätte nicht entgegensteht, dass ein Betreiber eine Festhalle nur für geschlossene Veranstaltungen zur Verfügung stellt und dass Besucher einer persönlichen Einladung Folge leisten, bedeutet dies, dass der konkrete Anlass für die Nutzung einer Halle und die Art und Weise der Nutzung bzw. Vergnügung in seiner Bedeutung zurücktreten, es sei denn, die Art und Weise der Nutzung hat, wie z.B. die Nutzung durch Swingerclubs, selbst städtebaulich negative Auswirkungen, wie z. B. die Verschlechterung der Gebietsqualität. Nichts anderes gilt für die Frage, ob der Betreiber der Halle den Gewinn dadurch erzielt, dass er den Ablauf der Veranstaltung selbst bestimmt oder die Halle nur vermietet. Im Vordergrund der Bewertung stehen die städtebaulich relevanten Folgen des genehmigten Betriebs der Halle auf seine Umgebung.
34 
Die vom Bundesverwaltungsgericht genannten Störungsmerkmale sind für die Bewertung des Vorhabens des Klägers als Vergnügungsstätte ausschlaggebend. Dabei steht die Tatsache, dass die negativen Auswirkungen wie zum Beispiel Lärm durch Nebenbestimmungen verringert werden können, einer Bewertung des Betriebs der Halle als Vergnügungsstätte nicht entgegen. Vielmehr ist die Tatsache, dass entsprechende Nebenbestimmungen erforderlich sind, gerade Anhaltspunkt dafür, dass eine Vergnügungsstätte vorliegen kann.
35 
Für die Einordnung einer Veranstaltungshalle als Vergnügungsstätte und die Beurteilung der städtebauliche Erheblichkeit einer Störung ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Entscheidend ist, ob die Nutzung ihrer Art nach geeignet ist, wesentlich zu stören, oder ob dies regelmäßig (typischerweise) nicht der Fall ist. Es kommt für die Einordnung als Vergnügungsstätte deshalb weder darauf an, inwieweit die (maximalen) Öffnungszeiten tatsächlich ausgenutzt werden, noch darauf, welche Störwirkungen durch den Einzugsbereich bzw. das Kommen und Gehen von Besuchern der Gaststätte konkret entstehen (OVG Schleswig-Holstein, B. v. 05.10.2009 - 1 MB 16/09 -, juris). Unerheblich ist deshalb im vorliegenden Fall, dass die Festveranstaltungen mit bis zu 700 Teilnehmern nur einmal in der Woche am Wochenende stattfinden sollen. Die zeitliche Intensität verändert regelmäßig - und so auch hier - nicht die genehmigte Nutzungsweise. Wird die Zulässigkeit eines Vorhabens bejaht, ist es baurechtlich unerheblich, ob der Antragsteller die zugelassene Nutzung täglich oder nur jeweils einmal wöchentlich ausübt (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.04.2006 -7 A 1620/05 -, juris).
36 
Für die planungsrechtliche Beurteilung der genehmigten Nutzung der Halle des Klägers als (kerngebietstypische) Vergnügungsstätte ist nach allem von zentraler Bedeutung, ob die genehmigten Veranstaltungen unter dem Aspekt des Immissionsschutzes erheblich sind und damit städtebaulich negative Auswirkungen haben. Feste und geselliges Feiern (Familienfeste, z.B. Hochzeiten) mit einem Teilnehmerkreis von 700 Personen, die mit erheblichem An - und Abfahrtsverkehr und mit einem Unterhaltungsprogramm bzw. Unterhaltungsangebot mit mehrstündigen Musikdarbietungen bis in die Nachtstunden hinein mit einer Lautstärke von 90 dB und mehr einhergehen, und die regelmäßig jedes Wochenende stattfinden, sind grundsätzlich lärmintensiv. Die vom Kläger geplanten Veranstaltungen in der Halle haben damit städtebaulich negative Auswirkungen. Die Veranstaltungen finden regelmäßig einmal in der Woche, in der Regel am Wochenende statt. Die Teilnehmer der Veranstaltungen kommen nicht nur aus W. und der Umgebung, sondern aus verschiedenen Teilen der Bundesrepublik. Da die Genehmigung von 160 Stellplätzen beantragt wurde, ist davon auszugehen, dass die bis zu 700 Teilnehmer überwiegend mit ihren PKWs anreisen. Während der Anreisezeit von etwa zwei Stunden ist von einer erheblichen Lärmbelastung durch das Anfahren der Fahrzeuge und von dem Türenschlagen usw. zu rechnen. Von einer erheblichen Lärmbelastung ist beim Abfahren der Festteilnehmer in der Zeit zwischen 22.00 Uhr bis 0.30 Uhr auszugehen. Eine erhebliche Lärmbelastung ist auch durch die elektronisch verstärkten Musikdarbietungen zu erwarten, die ab 16.00/17.00 Uhr mit einer erheblichen Lautstärke (90 dB(A)) und daher vergleichbar mit der Lautstärke von Musikdarbietungen in einer Diskothek (90-115 dB(A)) stattfinden. Dass die zu erwartende Lärmbelastung von erheblicher Bedeutung sein wird, zeigt sich im Übrigen schon schon daran, dass die Errichtung einer 45 m langen und 3 m hohen Lärmschutzwand genehmigt wurde, die hochabsorbierend zu gestalten ist, und die Baugenehmigung unter der Voraussetzung erteilt wurde, dass die im Schallschutzgutachten des Ingenieurbüros zur Bauphysik vom 16.09.2008 formulierten Anforderungen bezüglich der Immissionsminderung entsprechend umgesetzt werden“.
37 
Zusammenfassend ist daher festzustellen: Eine (kerngebietstypische) Vergnügungsstätte betreibt, wer wie der Kläger eine ca. 800 qm große Halle mit Platz für 985 Personen mit einer angeschlossenen Cafeteria und mit 160 Stellplätzen, die gewerblich in der Regel jeden Samstag oder Sonntag, an Feiertagen auch freitags zum Zwecke der Veranstaltung von Festen für ein größeres Publikum mit bis zu 700 Gästen aus einem überörtlichem Einzugsbereich mit einem Unterhaltungsprogramm bzw. Unterhaltungsangebot, zu dem das mehrstündige Abspielen von Musik in einer erheblichen Lautstärke (90 dB) durch eine Musikanlage auch in den Abendstunden gehört, vermietet oder in ihr gewerblich entsprechende Veranstaltungen organisiert, und wenn die Anfahrt der Gäste am Nachmittag in einem Zeitraum von etwa zwei Stunden und die Abfahrt nachts zwischen 22.00 Uhr und 24.30 Uhr erfolgt.
38 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme oder einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans liegen nicht vor, so dass schon deshalb die Frage einer Einschränkung des Ermessens auf 0 insoweit nicht zu prüfen war. Nach § 31 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans eine Ausnahme gemacht oder eine Befreiung erteilt werden. Gem. § 31 Abs. 1 BauGB können von den Festsetzungen des Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. Der hier maßgebliche Bebauungsplan sieht dies jedoch nicht vor. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Im vorliegenden Fall wäre eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans schon deshalb unzulässig, weil durch sie die Grundzüge der Planung berühren würden. Die Grundzüge der Planung i.S.d. § 31 Abs. 2 BauGB sind nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung die konkrete Planungskonzeption des Bebauungsplans im Wesentlichen unangetastet lässt, d.h., sie darf eine getroffene Planentscheidung bzw. das planerische Leitbild der Gemeinde nicht aus den Angeln heben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2000, NVwZ-RR 2000, 759, Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35/04 -, juris; VG Hamburg, Beschl. v. 10.05.2006 - 6 E 1150/06 -, juris). Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht.
39 
Die Erteilung einer Befreiung für die Vergnügungsstätte tastet das planerische Leitbild der Gemeinde an. Denn indem die Gemeinde ausdrücklich die Frage, in welchen Fällen keine Ausnahme nach § 8 Abs. 3 BauNVO zugelassen werden darf, geregelt und im Bebauungsplan auch keine Ausnahmen hiervon vorgesehen hat, hat sie klar das Plankonzept zum Ausdruck gebracht, dass in dem Gewerbegebiet, in dem sich die oben näher bezeichneten Grundstücke der Kläger und des Beigeladenen befinden, generell Vergnügungsstätten gleich welcher Art nicht zulässig sein sollen.
40 
Eine nur teilweise Aufhebung der Baugenehmigung ist vom Kläger nicht beantragt. Sie kann auch nicht erfolgen. Die Baugenehmigung ist aufgrund der Bauvorlagen und Baupläne mit ihren Hinweisen und Nebenbestimmungen entscheidend auf die geplante Nutzung der Halle für Großveranstaltungen an Wochenenden mit lauten Musikdarbietungen bis in Nacht hinein ausgelegt und deshalb unteilbar. Eine nur teilweise Aufhebung der Baugenehmigung mit der Einschränkung der beantragten Nutzung auf weniger außenwirksame Veranstaltungen, etwa Messe-/Seminarveranstaltungen usw. würde zum Leerlaufen mehrerer Nebenbestimmungen und damit zu einer in sich nicht mehr stimmigen Baugenehmigung führen.
41 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs.1, 162 Abs. 3 VwGO. Der Kläger hat auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. Denn es entspricht der Billigkeit, dem unterlegenen Bauherrn die dem notwendig beigeladenen Nachbarn entstandenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.7.1996 - 3 S 2895/95 -, VBlBW 1996, 437).
42 
Das Gericht sieht keinen Anlass, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO analog).
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 75.000,-- festgesetzt. Der Streitwert orientiert sich an der Nr. 9.1.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, wonach für „ sonstige Anlagen je nach Einzelfall ein Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten“ als Streitwert festzusetzen ist. Die Rohbaukosten sind mit EUR 150.000,-- angegeben. Der Bruchteil von 1/2 wurde unter Berücksichtigung der genehmigten Nutzungsänderung zu einer Veranstaltungshalle gewählt. Bei einer Nutzfläche von 800 m 2 beträgt der Nutzwert der lediglich berücksichtigten Veranstaltungshalle ca. 93 EUR/ m 2 (vgl. auch die Nrn 9.1.4 und 9.1.5 des Streitwertkatalogs).
45 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
17 
Die Klage ist zulässig.
18 
Die Anfechtungsklage ist auch ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Gemäß § 68 Abs.1 Satz 1 Nr.2 VwGO bedarf es keiner Überprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren, wenn der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält. Bei der Verfügung der Beklagten vom 06.11.2009 handelt es sich um einen Abhilfebescheid, der erstmalig eine Beschwer enthält. Zwar hatte die Ausgangsbehörde den Widerspruch bereits an die Widerspruchsbehörde weitergeleitet. Dies steht jedoch einer Abhilfeentscheidung durch die Ausgangsbehörde nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.09.1989, NVwZ 1990, 651). Denn die Widerspruchsbehörde kann als Aufsichtsbehörde die Ausgangsbehörde um den Erlass eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO ersuchen. Die Beklagte wurde auch zum Erlass einer Abhilfeentscheidung und nicht etwa zum Erlass eines Rücknahmebescheids angewiesen. Der Abhilfebescheid enthält auch eine erstmalige rechtliche Beschwer, weil er die Baugenehmigung insgesamt aufhebt.
19 
Die damit zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der Abhilfebescheid der Beklagten vom 06.11.2009 ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO).
20 
Die Beklagte durfte eine Abhilfeentscheidung treffen, weil ihr ein Nachbarwiderspruch zur Entscheidung vorlag. Gegenstand der Abhilfeentscheidung ist allein die Baugenehmigung vom 03.11.2008, da die Änderungsbaugenehmigung vom 13.10.2009 betreffend die Innenausgestaltung der Halle mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden ist.
21 
Wendet sich der Inhaber einer Baugenehmigung gegen eine teilweise oder vollständige Aufhebung der Baugenehmigung im Wege eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO, ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung, soweit sie aufgehoben wurde, nur im Hinblick auf die nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu überprüfen (VG Braunschweig, Urt. v. 09.10.2002 - 2 A 317/01 -, juris).
22 
Dem Erlass der Abhilfeentscheidung stand nicht schon eine Präklusion der Beigeladenen im Sinne des § 55 Abs.2 LBO a.F. entgegen, da diese bereits nicht die für eine Präklusion erforderliche Angrenzerbenachrichtigung erhalten hatte. Die Genehmigung der Umnutzung der Halle verletzt die deshalb zu überprüfenden Rechte der Beigeladenen als Nachbarin.
23 
Die Rechtmäßigkeit der beantragten und genehmigten Umnutzung von Wohnräumen im Wohngebäude des Beigeladenen beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der Bau-nutzungsverordnung 1990 - BauNVO - (§ 25c Satz 1 BauNVO). Die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“. Dessen schriftliche planungsrechtliche Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung für die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen ein Gewerbegebiet GE (§ 8 BauNVO) vor, in dem Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke sowie Vergnügungsstätten auch nicht ausnahmsweise zulässig sind. Denn es heißt es dort unter A Nr.1.1 des schriftlichen Teils der planungsrechtlichen Festsetzungen: „Ausnahmen sind nach § 8 Abs.3 Ziff.1 BauNVO gemäß § 1 Abs.6 BauNVO allgemein zulässig. Ausnahmen nach § 8 Abs.3 Ziff.2 u. 3 BauNVO sind gemäß § 1 Abs.6 BauNVO nicht zulässig.“ Die hier strittige Festsetzung trat erstmals am 14.01.97 mit der 2. Änderung des Bebauungsplans in Kraft. Sie wurde durch die am 22.11.1999 in Kraft getretenen 3. Änderung des Bebauungsplans, die vor allem die Zulassung von innenstadtunschädlichen Einzelhandelsbetrieben zum Gegenstand hatte (vgl. S. 2 der Begründung der Änderung), nicht abgeändert.
24 
Der Plangeber hat mit der getroffenen Festsetzung von der Ermächtigung des § 1 Abs. 6 Nr.1 BauNVO 1990 Gebrauch gemacht, wonach im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass Ausnahmen, die in den einzelnen Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind, ganz oder teilweise nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden, und in zulässiger Weise unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietes die Möglichkeit genutzt, den Baugebietskatalog zu variieren (vgl. Fickert/Fieseler,11. Aufl., § 1 Rdnr. 104 ff.). Durch den vorgenommenen Ausschluss von Ausnahmen wurde in zulässiger Weise sichergestellt, dass der Schwerpunkt der Nutzung des Gebiets in der Unterbringung nicht erheblich belästigender Gewerbebetriebe liegt und nur Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind, allgemein zulässig sind.
25 
Die Festsetzung eines Gewerbegebiets und der dort auch nicht ausnahmsweise zulässigen Vorhaben hat nachbarschützende Wirkung (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 8 Rdnr. 3). Der Nachbar hat ein subjektiv öffentliches Recht auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart, so dass sich die Klägerin als Nachbarin (im Gewerbegebiet) auf einen Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans berufen kann.
26 
Die Beigeladene hat keinen Anspruch auf Wahrung der Gebietsart, soweit Ausnahmen für Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke nicht zugelassen sind, da der Kläger keine Anlage für kulturelle und soziale Einrichtungenbetrieben zur Genehmigung gestellt hat. Denn hierbei handelt sich um Anlagen des Gemeinbedarfs (Kirchen, Gemeindehäuser, Schulen, Stadtbüchereien usw.) bzw. der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt. Sie kann sich jedoch auf die Wahrung der Gebietsart eines Gewerbegebiets ohne Vergnügungsstätte berufen, da dem Kläger eine Baugenehmigung für den Betrieb einer Vergnügungsstätte erteilt wurde.
27 
Maßgeblich für die planungsrechtliche Bewertung der erlaubten Nutzung der Halle ist, was die angefochtene Genehmigung an Nutzung hergibt, d.h. die genehmigte maximale Ausnutzung der Halle (OVG Schleswig-Holstein, B. v. 05.10.2009 - 1 MB 16/09 -, juris). Der Regelungsgehalt der dem Kläger erteilten Baugenehmigung bestimmt sich nach dem Wortlaut der Baugenehmigung, nach den Bauvorlagen, dem geschilderten Betriebsablauf und den genehmigten Bauplänen. Danach wurde als maximale zulässige Nutzung der Halle der Betrieb einer Vergnügungsstätte genehmigt.
28 
Nach dem Wortlaut der Baugenehmigung wurde dem Kläger eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des Hallengebäudes in eine Veranstaltungsstätte sowie zur Herstellung von Stellplätzen und einer Schallschutzwand erteilt. Die Bauvorlage vom 20.09.2007 enthält die Angaben: „Umnutzung der Halle in ... als gewerbliche Versammlungsstätte mit Halle und Cafeteria“ und „Nutzung für Messeveranstaltungen/Ausstellungen /Seminare/Vortragsveranstaltungen/Gastgewerbe. Zielgruppen: Großunternehmen, Vereine, Gesellschaften, private Veranstaltungen.“ Die genehmigten Baupläne enthalten die Aufschrift “Ausbau und Umnutzung der Hallengebäude als Veranstaltungsstätte“ und haben eine Halle mit Podium, eine Cafeteria mit Sitzplätzen, eine Küche und im Obergeschoß einen Aufenthaltsraum zum Gegenstand. Die Fläche des Versammlungsraums wurde in der Bauvorlage vom 20.09.2007 mit 789 qm, die Gesamtzahl der Besucher mit 965 und die Zahl der erforderlichen Stellplätze mit 160 angegeben. Maßgeblich für die Beurteilung des Umfangs der genehmigten Nutzung sind weiter die Angaben des Klägers zum Betriebsablauf, die der Gutachter seinem schalltechnischen Gutachten zugrunde gelegt hat, da dieses Eingang in die Nebenbestimmungen der Baugenehmigung gefunden hat und daher Teil der Baugenehmigung geworden ist. Nach diesen Angaben soll die Halle vor allem an Freitagen und Samstagen von großen Gesellschaften (Hochzeiten) als Veranstaltungsraum genutzt werden. Die Anfahrt der Gäste erfolgt ab 16.00 Uhr. Bis 20.00 Uhr wird lautere Musik gespielt, dann nochmal von 20.30 Uhr bis 22.00 Uhr. Ab 23.00 Uhr ist die Musik wesentlich leiser als zu Beginn der Feierlichkeiten. Zu diesem Zeitpunkt verlassen auch die ersten Gäste die Feier. Um 0.30 Uhr ist die Feier beendet. Im Gutachten wurde im Nahbereich von 2 m der Lautsprecher während der Musikdarbietung ein Schalldruckpegel von 90 dB(A) angenommen und das Frequenzspektrum von basslastiger Musik zugrundegelegt. Der Summenpegel (Halleninnenpegel) wurde unter der Annahme des Einsatzes von 6 Lautsprechern mit 90,4 dB(A) berechnet. In der mündlichen Verhandlung bestätigte der Kläger im wesentlichen den im Gutachten geschilderten Ablauf der Veranstaltungen und ergänzte, in der Halle sollten jeden Samstag oder Sonntag türkische Hochzeiten ab 17.00 Uhr mit maximal 700 Gästen stattfinden. Wegen der erforderlichen Tische und Stühle könnten nicht mehr Gäste kommen. Er vermiete die Halle zu diesem Zweck oder organisiere die türkischen Hochzeiten selbst.
29 
Die aufgrund dieser Bauvorlagen, der Betriebsschilderung und den Bauplänen genehmigte Nutzung umfasst die Möglichkeit der Nutzung der Halle als Vergnügungsstätte.
30 
Der Begriff Vergnügungsstätten wird in der Baunutzungsverordnung nicht definiert, so dass er nach Systematik und Sinn und Zweck der in der Baunutzungsverordnung getroffenen Regelungen zu bestimmen ist. Der Verordnungsgeber hat die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten mit der Vierten Verordnung zur Änderung der BauNVO neu (BVerwG, B. v. 20.11.2006 - 4 B 56/06 -, juris) und für jedes Baugebiet einzeln geregelt. Vergnügungsstätten sind seit der Neureglung nicht zulässig in reinen und allgemeinen Wohngebieten, in Kleinsiedlungsgebieten und in Industriegebieten, uneingeschränkt zulässig in Kerngebieten und ausnahmsweise in Gewerbegebieten. In Mischgebieten sind sie zulässig, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind (sonstige Vergnügungsstätten), in besonderen Wohngebieten und in Dorfgebieten sind sie unter dieser Voraussetzung ausnahmsweise zulässig. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke sind schon deshalb keine Vergnügungsstätten, da sie jeweils gesondert erwähnt werden. Die Neuregelung erfolgte, um die städtebaulich nachteiligen Auswirkungen, die von Vergnügungsstätten ausgehen, zu erfassen und die Wohnbevölkerung und andere sensible Nutzungen vor den von Vergnügungsstätten ausgehenden nachteiligen Wirkungen zu schützen (BVerwG, B. v. 20.11.2006 - 4 B 56/06 -, juris).
31 
Gemeinsames Merkmal aller Vergnügungsstätten sind daher ihre in städtebaulicher Hinsicht nachteiligen Auswirkungen, wobei diese unterschiedlicher Art sein können. Maßgeblich sind deshalb nicht die Definitionen des Vergnügungssteuerrechts, sondern typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen, wie Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch Verschlechterung der Gebietsqualität (sog. trading-down Effekt; vgl. hierzu etwa Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 4a RdNr. 22.1 m.w.N.), wobei bezüglich der Intensität dieser Auswirkungen zwischen den auf Kerngebiete beschränkten (kerngebietstypischen) und den sonstigen Vergnügungsstätten unterschieden wird (VGH Bad.Württ., B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris).
32 
Zu Anlagen mit städtebaulich relevanten Folgewirkungen, die als Vergnügungsstätten bewertet wurden, wird ausgeführt: Vergnügungsstätten werden gekennzeichnet als gewerbliche Einrichtungen (Gewerbebetriebe besonderer Art), die dem „Amusement“, der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Sie werden auch umschrieben als gewerbliche Nutzungsarten, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (etwa Diskotheken, Spielhallen oder Amüsierbetriebe) unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen (VGH Bad.Württ., B. v. 28.11.2006, a.a.O., juris, OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.04.2006 -7 A 1620/05 -, juris)). Auch Kinopaläste werden neuerdings als Vergnügungsstätten eingeordnet.
33 
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 20.11.2006, a.a.O.) hat in einer Entscheidung, der das Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 27.04.2006 zu einer Genehmigung der Umnutzung einer Halle zu einer Festhalle mit Bühne und Tanzfläche und 85 Stellplätzen, in der Veranstaltungen mit 500 Teilnehmern vorgesehen sind, zugrundelag, zu den negativen städtebaulichen Auswirkungen einer solchen Festhalle ausgeführt: „Zu diesen Auswirkungen gehört insbesondere der Lärm, der von der Nutzung der betroffenen Gebäude selbst ausgeht - wie Musikdarbietungen oder die Geräusche von feiernden Teilnehmern - sowie derjenige, der im zeitlichen Zusammenhang mit Anfahrt und Abfahrt der Besucher oder Teilnehmer entsteht - wie Motorengeräusch, Türenschlagen, Gespräche bei der Verabschiedung etc.“. Das Bundesverwaltungsgericht hatte allerdings nicht abschließend zu beurteilen, ob eine entsprechende Festhalle eine Vergnügungsstätte ist. Wenn die Auswirkungen einer Festhalle, die der Betreiber nur für eine geschlossene Veranstaltung zur Verfügung stellt, denen einer Vergnügungsstätte, die der Allgemeinheit zur Verfügung steht, vergleichbar sind, ist es nach dem Bundesverwaltungsgericht ohne Belang, ob sie der Allgemeinheit zur Verfügung steht oder nicht. Aus diesen Ausführungen kann aber geschlossen werden, dass das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich Festhallen als Vergnügungsstätte beurteilt, wenn ihre Nutzung die von ihm aufgezeigten negativen städtebaulichen Auswirkungen hat. Da der Bewertung als Vergnügungsstätte nicht entgegensteht, dass ein Betreiber eine Festhalle nur für geschlossene Veranstaltungen zur Verfügung stellt und dass Besucher einer persönlichen Einladung Folge leisten, bedeutet dies, dass der konkrete Anlass für die Nutzung einer Halle und die Art und Weise der Nutzung bzw. Vergnügung in seiner Bedeutung zurücktreten, es sei denn, die Art und Weise der Nutzung hat, wie z.B. die Nutzung durch Swingerclubs, selbst städtebaulich negative Auswirkungen, wie z. B. die Verschlechterung der Gebietsqualität. Nichts anderes gilt für die Frage, ob der Betreiber der Halle den Gewinn dadurch erzielt, dass er den Ablauf der Veranstaltung selbst bestimmt oder die Halle nur vermietet. Im Vordergrund der Bewertung stehen die städtebaulich relevanten Folgen des genehmigten Betriebs der Halle auf seine Umgebung.
34 
Die vom Bundesverwaltungsgericht genannten Störungsmerkmale sind für die Bewertung des Vorhabens des Klägers als Vergnügungsstätte ausschlaggebend. Dabei steht die Tatsache, dass die negativen Auswirkungen wie zum Beispiel Lärm durch Nebenbestimmungen verringert werden können, einer Bewertung des Betriebs der Halle als Vergnügungsstätte nicht entgegen. Vielmehr ist die Tatsache, dass entsprechende Nebenbestimmungen erforderlich sind, gerade Anhaltspunkt dafür, dass eine Vergnügungsstätte vorliegen kann.
35 
Für die Einordnung einer Veranstaltungshalle als Vergnügungsstätte und die Beurteilung der städtebauliche Erheblichkeit einer Störung ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Entscheidend ist, ob die Nutzung ihrer Art nach geeignet ist, wesentlich zu stören, oder ob dies regelmäßig (typischerweise) nicht der Fall ist. Es kommt für die Einordnung als Vergnügungsstätte deshalb weder darauf an, inwieweit die (maximalen) Öffnungszeiten tatsächlich ausgenutzt werden, noch darauf, welche Störwirkungen durch den Einzugsbereich bzw. das Kommen und Gehen von Besuchern der Gaststätte konkret entstehen (OVG Schleswig-Holstein, B. v. 05.10.2009 - 1 MB 16/09 -, juris). Unerheblich ist deshalb im vorliegenden Fall, dass die Festveranstaltungen mit bis zu 700 Teilnehmern nur einmal in der Woche am Wochenende stattfinden sollen. Die zeitliche Intensität verändert regelmäßig - und so auch hier - nicht die genehmigte Nutzungsweise. Wird die Zulässigkeit eines Vorhabens bejaht, ist es baurechtlich unerheblich, ob der Antragsteller die zugelassene Nutzung täglich oder nur jeweils einmal wöchentlich ausübt (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.04.2006 -7 A 1620/05 -, juris).
36 
Für die planungsrechtliche Beurteilung der genehmigten Nutzung der Halle des Klägers als (kerngebietstypische) Vergnügungsstätte ist nach allem von zentraler Bedeutung, ob die genehmigten Veranstaltungen unter dem Aspekt des Immissionsschutzes erheblich sind und damit städtebaulich negative Auswirkungen haben. Feste und geselliges Feiern (Familienfeste, z.B. Hochzeiten) mit einem Teilnehmerkreis von 700 Personen, die mit erheblichem An - und Abfahrtsverkehr und mit einem Unterhaltungsprogramm bzw. Unterhaltungsangebot mit mehrstündigen Musikdarbietungen bis in die Nachtstunden hinein mit einer Lautstärke von 90 dB und mehr einhergehen, und die regelmäßig jedes Wochenende stattfinden, sind grundsätzlich lärmintensiv. Die vom Kläger geplanten Veranstaltungen in der Halle haben damit städtebaulich negative Auswirkungen. Die Veranstaltungen finden regelmäßig einmal in der Woche, in der Regel am Wochenende statt. Die Teilnehmer der Veranstaltungen kommen nicht nur aus W. und der Umgebung, sondern aus verschiedenen Teilen der Bundesrepublik. Da die Genehmigung von 160 Stellplätzen beantragt wurde, ist davon auszugehen, dass die bis zu 700 Teilnehmer überwiegend mit ihren PKWs anreisen. Während der Anreisezeit von etwa zwei Stunden ist von einer erheblichen Lärmbelastung durch das Anfahren der Fahrzeuge und von dem Türenschlagen usw. zu rechnen. Von einer erheblichen Lärmbelastung ist beim Abfahren der Festteilnehmer in der Zeit zwischen 22.00 Uhr bis 0.30 Uhr auszugehen. Eine erhebliche Lärmbelastung ist auch durch die elektronisch verstärkten Musikdarbietungen zu erwarten, die ab 16.00/17.00 Uhr mit einer erheblichen Lautstärke (90 dB(A)) und daher vergleichbar mit der Lautstärke von Musikdarbietungen in einer Diskothek (90-115 dB(A)) stattfinden. Dass die zu erwartende Lärmbelastung von erheblicher Bedeutung sein wird, zeigt sich im Übrigen schon schon daran, dass die Errichtung einer 45 m langen und 3 m hohen Lärmschutzwand genehmigt wurde, die hochabsorbierend zu gestalten ist, und die Baugenehmigung unter der Voraussetzung erteilt wurde, dass die im Schallschutzgutachten des Ingenieurbüros zur Bauphysik vom 16.09.2008 formulierten Anforderungen bezüglich der Immissionsminderung entsprechend umgesetzt werden“.
37 
Zusammenfassend ist daher festzustellen: Eine (kerngebietstypische) Vergnügungsstätte betreibt, wer wie der Kläger eine ca. 800 qm große Halle mit Platz für 985 Personen mit einer angeschlossenen Cafeteria und mit 160 Stellplätzen, die gewerblich in der Regel jeden Samstag oder Sonntag, an Feiertagen auch freitags zum Zwecke der Veranstaltung von Festen für ein größeres Publikum mit bis zu 700 Gästen aus einem überörtlichem Einzugsbereich mit einem Unterhaltungsprogramm bzw. Unterhaltungsangebot, zu dem das mehrstündige Abspielen von Musik in einer erheblichen Lautstärke (90 dB) durch eine Musikanlage auch in den Abendstunden gehört, vermietet oder in ihr gewerblich entsprechende Veranstaltungen organisiert, und wenn die Anfahrt der Gäste am Nachmittag in einem Zeitraum von etwa zwei Stunden und die Abfahrt nachts zwischen 22.00 Uhr und 24.30 Uhr erfolgt.
38 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme oder einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans liegen nicht vor, so dass schon deshalb die Frage einer Einschränkung des Ermessens auf 0 insoweit nicht zu prüfen war. Nach § 31 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans eine Ausnahme gemacht oder eine Befreiung erteilt werden. Gem. § 31 Abs. 1 BauGB können von den Festsetzungen des Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. Der hier maßgebliche Bebauungsplan sieht dies jedoch nicht vor. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Im vorliegenden Fall wäre eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans schon deshalb unzulässig, weil durch sie die Grundzüge der Planung berühren würden. Die Grundzüge der Planung i.S.d. § 31 Abs. 2 BauGB sind nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung die konkrete Planungskonzeption des Bebauungsplans im Wesentlichen unangetastet lässt, d.h., sie darf eine getroffene Planentscheidung bzw. das planerische Leitbild der Gemeinde nicht aus den Angeln heben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2000, NVwZ-RR 2000, 759, Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35/04 -, juris; VG Hamburg, Beschl. v. 10.05.2006 - 6 E 1150/06 -, juris). Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht.
39 
Die Erteilung einer Befreiung für die Vergnügungsstätte tastet das planerische Leitbild der Gemeinde an. Denn indem die Gemeinde ausdrücklich die Frage, in welchen Fällen keine Ausnahme nach § 8 Abs. 3 BauNVO zugelassen werden darf, geregelt und im Bebauungsplan auch keine Ausnahmen hiervon vorgesehen hat, hat sie klar das Plankonzept zum Ausdruck gebracht, dass in dem Gewerbegebiet, in dem sich die oben näher bezeichneten Grundstücke der Kläger und des Beigeladenen befinden, generell Vergnügungsstätten gleich welcher Art nicht zulässig sein sollen.
40 
Eine nur teilweise Aufhebung der Baugenehmigung ist vom Kläger nicht beantragt. Sie kann auch nicht erfolgen. Die Baugenehmigung ist aufgrund der Bauvorlagen und Baupläne mit ihren Hinweisen und Nebenbestimmungen entscheidend auf die geplante Nutzung der Halle für Großveranstaltungen an Wochenenden mit lauten Musikdarbietungen bis in Nacht hinein ausgelegt und deshalb unteilbar. Eine nur teilweise Aufhebung der Baugenehmigung mit der Einschränkung der beantragten Nutzung auf weniger außenwirksame Veranstaltungen, etwa Messe-/Seminarveranstaltungen usw. würde zum Leerlaufen mehrerer Nebenbestimmungen und damit zu einer in sich nicht mehr stimmigen Baugenehmigung führen.
41 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs.1, 162 Abs. 3 VwGO. Der Kläger hat auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. Denn es entspricht der Billigkeit, dem unterlegenen Bauherrn die dem notwendig beigeladenen Nachbarn entstandenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.7.1996 - 3 S 2895/95 -, VBlBW 1996, 437).
42 
Das Gericht sieht keinen Anlass, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO analog).
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 75.000,-- festgesetzt. Der Streitwert orientiert sich an der Nr. 9.1.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, wonach für „ sonstige Anlagen je nach Einzelfall ein Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten“ als Streitwert festzusetzen ist. Die Rohbaukosten sind mit EUR 150.000,-- angegeben. Der Bruchteil von 1/2 wurde unter Berücksichtigung der genehmigten Nutzungsänderung zu einer Veranstaltungshalle gewählt. Bei einer Nutzfläche von 800 m 2 beträgt der Nutzwert der lediglich berücksichtigten Veranstaltungshalle ca. 93 EUR/ m 2 (vgl. auch die Nrn 9.1.4 und 9.1.5 des Streitwertkatalogs).
45 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 08. September 2006 - 1 K 1793/06 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die statthafte und auch sonst zulässige, insbesondere fristgerecht und den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gemäß begründete Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, entsprechend dem Antrag des Antragstellers (Bl. 59 der VG-Akte) die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die am 14.08.2006 für sofort vollziehbar erklärte Verfügung vom 04.11.2005 gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 VwGO wieder herzustellen. Mit dieser Verfügung wurde dem Antragsteller, der auf dem gepachteten Grundstück ... (Flstck. Nr. .../11) in S. einen „Swingerclub“ betreibt, aufgegeben, eine diesbezüglich gegenüber dem Eigentümer mit Verfügung vom gleichen Tag angeordnete (und ebenfalls für sofort vollziehbar erklärte) Nutzungsuntersagung zu dulden. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung nach Aktenlage keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Duldungsverfügung bestehen und die zu treffende Interessenabwägung daher zu Lasten des Antragstellers ausfällt. Die im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe, auf deren Berücksichtigung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine andere Beurteilung.
Nach § 47 Abs. 1 LBO haben die Baurechtsbehörden auf Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften zu achten und die zur Wahrnehmung dieser Aufgaben nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Aufgrund dieser Ermächtigungsgrundlage durfte die hier streitige Verfügung ergehen. Mit ihr wird der Antragsteller, der den Swingerclub „...“ seit 2005 im Gebäude ... betreibt (vgl. die Gewerbeanmeldung vom 10.02.2005) und daher Verhaltensstörer ist, verpflichtet, ungeachtet seiner aus dem Pachtvertrag fließenden privatrechtlichen Befugnisse und seines fehlenden Einverständnisses die gegenüber dem Eigentümer und Zustandsstörer, Herrn ... angeordnete (sofort vollziehbare) Untersagung der Nutzung der Räumlichkeiten als Swingerclub hinzunehmen, wodurch ein rechtliches Hindernis für die Vollstreckung der Nutzungsuntersagung entfällt. Hiergegen sind nach Aktenlage rechtliche Bedenken nicht zu erheben. Denn die auf § 65 Satz 2 LBO gestützte Nutzungsuntersagung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig. Zum einen erweist sich die derzeit ausgeübte Nutzung als Swingerclub als formell baurechtswidrig und es ist zwecks Prüfung der Voraussetzungen der geänderten Nutzung sowie zur Verhinderung ungerechtfertigter Vorteile erforderlich und geboten, die weitere Nutzung bis zur Prüfung des Bauantrags zu unterbinden. Zum anderen dürfte die ausgeübte Nutzung, zu deren Aufnahmebeginn der Antragsteller keine Angaben gemacht hat, aber auch materiell baurechtswidrig sein, weil sie fortdauernd gegen die Veränderungssperre vom 21.03.2005 verstößt. Aufgrund der Vorgeschichte (mehrfach kurzfristig wechselnde Pächter) war es schließlich auch ermessensgerecht (zweck- und verhältnismäßig), in erster Linie gegen den Grundstückseigentümer als Zustandsstörer vorzugehen und den Antragsteller flankierend als Verhaltensstörer in Anspruch zu nehmen. Insofern kann der Senat auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Beschlusses verweisen, denen in Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen folgendes hinzuzufügen ist:
1. Der Antragsteller geht zu Recht davon aus, dass die städtebauliche Einordnung des streitigen Swingerclubs für dessen formelle wie materielle Rechtmäßigkeit von „erheblicher Bedeutung“ ist. Grundlage der Beurteilung ist die genehmigte Nutzung von Teilen des Gebäudes ... als Bistro durch Genehmigung vom 06.08.2002, bestehend aus einem Gastraum, einem Personalraum und Sanitärräumen (vgl. die beim Ortstermin am 03.03.2006 angefertigte Skizze, Bl. 287 der Behördenakten). Diese Räumlichkeiten sind vom Antragsteller bzw. seinen Vorgängern in der Raumaufteilung und Raumnutzung verändert worden, indem neue Innenwände eingezogen, Teile des Gastraums und der Personal- und WC-Räume in einen Umkleideraum, zwei „Zimmer“, einen Duschraum, eine Küche und in ein „Dampfbad + Sauna“ umgewandelt wurden (vgl. die Skizze Bl. 287). Schon aufgrund dieser teilweisen abweichenden Benutzung einzelner Räume, der statischen und brandschutzrechtlichen Beschaffenheit der veränderten Innenwände (§§ 26 LBO, 7 LBOAVO, der bauordnungsrechtlichen Anforderungen an die veränderten Toiletten und die Küche dürfte eine genehmigungspflichtige - weil weitere oder andere Anforderungen stellende - Nutzungsänderung vorliegen (§§ 49 Abs. 1, 2 Abs. 9 und 50 Abs. 2 Nr. 1 LBO, zu den Anforderungen vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl., § 2 Rn. 143 und § 50 Rn. 199, 205). Zudem dürfte auch bereits die jedenfalls teilweise Änderung des Nutzungszwecks der Gesamteinrichtung (Funktionsänderung: Bisher nur Gaststätte, nunmehr - unstreitig - Räumlichkeiten (auch) zur Anbahnung und Ausübung sexueller Beziehungen mit gleich gesinnten Partnern unter Beibehaltung gaststättenähnlicher Bewirtung) für eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung sprechen, da damit - selbst bei noch gleicher städtebaulicher Einstufung wie das Bistro (Schank- und Speisewirtschaft) - die Variationsbreite der genehmigten Nutzung überschritten würde.
Von einer genehmigungspflichtigen, weil bodenrechtlich relevanten Nutzungsänderung ist aber jedenfalls dann auszugehen, wenn die nunmehr ausgeübte Nutzung des Bistros als Swingerclub einem anderen, städtebaulich eigenständigen Anlagentypus mit unterschiedlicher Gebietszuweisungsregelung zuzurechnen ist. Diese Voraussetzungen liegen zweifellos dann vor, wenn es sich - wovon auszugehen ist (dazu unten 2.) - bei dem streitigen Swingerclub um eine Vergnügungsstätte handelt. Denn dieser Anlagentyp unterliegt sowohl im hier konkret gegebenen Gewerbegebiet (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO) als auch in anderen Baugebieten einer differenzierten und gegenüber sonstigen Gewerbebetrieben regelmäßig restriktiveren Zulassungsregelung (vgl. etwa §§ 4a Abs. 3 Nr. 3, 5 Abs. 3, 6 Abs. 3, 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Um einen gegenüber dem Bistro städtebaulich anderen - die (Nutzungsänderungs-)Genehmigungspflicht auslösenden - Anlagentypus dürfte es sich abgesehen davon aber selbst dann handeln, wenn der Swingerclub, wie der Antragsteller meint, (nur) als sonstiger Gewerbebetrieb, als „Gewerbebetrieb aller Art“ i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, zu qualifizieren wäre. Auch dann würde er sich von der bisher genehmigten Schank- und Speisewirtschaft derart unterscheiden, dass sich die Genehmigungsfrage neu und teilweise anders stellen würde. Bei einer Einstufung als Vergnügungsstätte ist der Swingerclub hingegen nicht nur formell, sondern auch materiellrechtlich unzulässig, da ihm § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Veränderungssperre vom 21.03.2005 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entgegen steht, wonach Vorhaben im Sinne von § 29 BauGB (mithin auch Nutzungsänderungen) nicht durchgeführt werden dürfen. Das Verwaltungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, dass der Swingerclub fortlaufend in Widerspruch zu der Veränderungssperre steht und der Antragsteller ist dem in der Beschwerdebegründung nicht mit konkreten Angaben zur Betriebsdauer entgegen getreten. Durchgreifende Bedenken gegen die Gültigkeit der Veränderungssperre, die am 01.04.2005 zusammen mit dem Beschluss zur Aufhebung und Änderung der bisherigen für das „Gewerbegebiet S.“ bestehenden Bebauungspläne im Amtsblatt veröffentlicht worden ist, sind vom Antragsteller weder vorgetragen noch - von der Berücksichtigungsfähigkeit dieses Bereichs nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO einmal abgesehen - sonst ersichtlich (zur Zulässigkeit derartiger Ausschlussregelungen vgl. etwa Hess. VGH, NK-Urteil vom 05.02.2004 - 4 N 360/03 -, NVwZ-RR 2005, 312 ff. sowie BayVGH, Beschluss vom 29.09.2005 - 1 CS 05.1959 -, Juris). Auch eine Ausnahme nach § 3 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 2 BauGB scheidet schon aus Rechtsgründen wegen entgegenstehender öffentlicher Belange aus, weil eine Zulassung des Vorhabens gegen die zu sichernden Planziele der Gemeinde verstieße, die unter anderem darauf gerichtet sind, Vergnügungsstätten im Gewerbegebiet, die nach den bisherigen, auf der BauNVO 1968 und 1977 beruhenden Plänen als „Gewerbebetriebe aller Art“ nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO a.F. zulässig waren, nach § 1 Abs. 5 und Abs. 9 BauNVO generell auszuschließen.
2. a) Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers in der Beschwerdebegründung geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass es sich bei dem Swingerclub sowohl in der gegenwärtig betriebenen als auch in der vom Eigentümer zur Genehmigung gestellten Form städtebaulich um eine Vergnügungsstätte handelt (ebenso Bay VGH, Urteil vom 29.12.2003 - 25 B 98.3582 -, NVwZ-RR 2005, 15 ff.; Hess. VGH, Beschluss vom 27.03.2001 - 4 TZ 742/01 -, BauR 2002, 1135 [LS]; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11.06.1990 - 3 S 1036/90 -, VBlBW 1991, 27 ff., Beschluss vom 29.07.1991 - 3 S 1777/91 -, VGHBW-Ls 1991, Beil. 10, B3 sowie Juris; und - verneinend nur die kerngebietstypischen Auswirkungen - VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 04.08.2000 - 8 S 1656/00 -; ebenso Stühler, GewArch 2006, 20 ff., [22] sowie Bielenberg, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Anm. 56 zu § 2 BauNVO und Anm. 58a zu § 4a BauNVO). Vergnügungsstätten lassen sich kennzeichnen als gewerbliche Einrichtungen (Gewerbebetriebe besonderer Art), die dem „Amusement“, der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Sie werden auch umschrieben als gewerbliche Nutzungsarten, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (etwa Diskotheken, Spielhallen oder Amüsierbetriebe) unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen (vgl. dazu Nachweise bei Stühler, GewArch 2006, 20 ff). Als Anlagen mit bodenrechtlichem Bezug knüpfen sie nicht an Definitionen des Vergnügungssteuerrechts an, sondern stellen auf typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen ab, wie auf Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch Verschlechterung der Gebietsqualität (sog. trading-down Effekt; vgl. hierzu etwa Fickert/Fieseler, BauNVO, 3. Aufl., § 4a Rn. 22.1 m.w.N.), wobei bezüglich der Intensität dieser Auswirkungen zwischen den auf Kerngebiete beschränkten (kerngebietstypischen) und den sonstigen Vergnügungsstätten unterschieden wird (vgl. § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO).
b) Zu den so umschriebenen - auf Amusement in Gestalt sexueller Betätigung abzielenden - Vergnügungsstätten sind auch die Swinger- oder Pärchenclubs zu rechnen, die sich zwischenzeitlich als eigenständiger Betriebstypus mit bestimmten Merkmalen herausgebildet haben. Zweck dieser Einrichtungen ist es, ihren Besuchern (Einzelpersonen oder Paaren) gegen eine einmalige Entgeltpauschale Gelegenheit zu sexuellen Kontakten mit anderen (bekannten oder fremden) gleich gesinnten Partnern in einem erotisierenden Ambiente zu bieten bzw. zu solcher Betätigung anzuregen, wobei Partnertausch und Gruppensex im Mittelpunkt stehen. Alleinstehende Frauen haben teilweise keinen Zutritt, wohl um Prostitution zu vermeiden. Entsprechend dieser Zielsetzung sind die „Clubräume“ ausgestattet. Außer Räumen zur Kontaktaufnahme und dem Aufenthalt zur Einnahme von Getränken und Speisen (die einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis bedürfen), finden sich Räume zum Umkleiden, zur Reinigung und erotisierenden Vorbereitung (Sauna, Whirlpool, Dampfbad etc.) wie zur Durchführung der sexuellen Handlungen (Matratzenräume, Schlafräume etc.), deren Türen teilweise auch offen stehen, um die Beobachtung durch andere Besucher zu ermöglichen (zu all dem vgl. Stühler a.a.O. sowie die Sachverhalte in BVerwG, Urteil vom 06.11.2002 - 6 C 16.02 -, GewArch 2003, 122 ff. , in BayVGH, Urteil vom 29.04.2002 - 22 B 01.3183 -, GewArch 2002, 296 ff. und in OVG Berlin, Beschluss vom 05.06.2002 - 1 S 2.01 -, Grundeigentum 2002, 1569 ff. und Juris). Aus Gründen des Jugendschutzes dürfen die „Clubräume“ des Swingerclubs von außen nicht einsehbar sein und wird Jugendlichen der Zutritt verwehrt; entsprechende Auflagen werden regelmäßig der gaststättenrechtlichen Erlaubnis beigefügt, deren der Swingerclub als „besondere Betriebsart“ nach § 3 Abs. 1 GaststättenG zusätzlich bedarf (BVerwG, Urteil vom 06.11.2002 a.a.O.). Von geschlossenen privaten Partnertreffs unterscheiden sich die Swingerclubs dadurch, dass sie auch Dritten offen stehen.
c) Der hier zu beurteilende Betrieb des Antragstellers erfüllt eindeutig diese typischen Merkmale eines gewerblichen Swingerclubs. Für den Club „...“ wird mit unmissverständlich auf die sexuelle Zielrichtung hinweisenden Symbolen, Bildern und Beschreibungen geworben (vgl. die Adresskarte in den Baugenehmigungsakten sowie die Internetwerbung). Auch die Einrichtung - vorhanden wie geplant - entspricht dem typischen Profil eines Swingerclubs (Umkleideraum, zwei „Zimmer“, Dampfbad und Sauna, Kamerakontrolle, abgetrennter Gastraum). Der Club steht einem unbeschränkten Teilnehmerkreis offen, die Öffnungszeiten reichen (außer sonntags) von vormittags bis nach Mitternacht („ 20 - ?“) und von den Besuchern werden gestaffelte pauschale Eintrittsentgelte verlangt (Mann 100,-- EUR, Frau 15,-- EUR, Paar 30,-- EUR), in denen „Getränke und Buffet (in) Selbstbedienung“ enthalten sind (vgl. Aktennotiz über den Ortstermin vom 03.03.2006).
Die gegen diese Einstufung als Vergnügungsstätte vorgebrachten Einwendungen des Antragstellers greifen nicht durch. Zunächst kann nicht die Rede davon sein, dass die Verabreichung von Speisen und Getränken im Vordergrund des Betriebes steht und dieser daher städtebaulich als Schank- und Speisewirtschaft beurteilt werden müsste. Der Club „...“ hat vielmehr überwiegend ein Gepräge als Ort für den Austausch sexueller Kontakte. Die „gaststättenrechtliche Seite“ (Aufenthalt im Gastraum, Erwerb und Zusichnahme von Getränken und Essen hat demgegenüber nur untergeordnete, den eigentlichen Betriebszweck lediglich vorbereitende und ihm dienende Funktion (so auch Stühler, GewArch 2006, 20 [21] unter Hinweis auf HessVGH, Beschluss vom 27.03.2001 - 4 TZ 742/01 -). Darauf, ob von dem Swingerclub erhebliche Störungen durch die An- und Abfahrt der Besucher ausgehen, kommt es nicht an. Denn die formelle wie materielle Unzulässigkeit des Clubs wird allein schon durch die Eigenschaft als Vergnügungsstätte (mit nachfolgendem trading down effect) ausgelöst, darauf, ob - wofür allerdings wenig spricht - vom Besucherverkehr eine verkehrliche Unruhe im Ausmaß einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte ausgeht (wie etwa einer vom Antragsteller angesprochenen Diskothek), kommt es nicht an.
2. Auch die vom Antragsteller in den Schriftsätzen vom 20.10. und 22.11.2006 vorgebrachten Argumente gegen die „Ermessensausübung“ der Gemeinde nach § 14 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 3 Abs. 3 der Satzung über die Veränderungssperre greifen nicht durch. Wie bereits dargelegt, lagen wohl schon die Rechtsvoraussetzungen des § 14 Abs. 2 BauGB nicht vor, da mit Zulassung des Swingerclubs gegen Grundzüge der beabsichtigten Planung verstoßen würde. Im Übrigen fehlt es aber auch an Anhaltspunkten für das vom Antragsteller angenommene fehlerhafte „Auswahlermessen“, das er darin erblickt, dass der Antragsgegner eine gegenüberliegende Diskothek zugelassen habe. Substantiierte Hinweise dafür, dass die Situation der Diskothek rechtlich mit der des Swingerclub vergleichbar ist, was voraussetzen würde, dass auch diese zunächst im Gewerbegebiet illegal betrieben und erst nach Inkrafttreten der Veränderungssperre genehmigt worden ist, werden vom Antragsteller nicht dargelegt und sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr deutet der Antragsteller selbst an, dass für die Diskothek „sogar ein Sondergebiet“ ausgewiesen worden sei, sich deren bauplanungsrechtlichen Grundlagen daher anders darstellen als im vorliegenden Fall. Schließlich liegt ein Ermessensfehler bezüglich der Nutzungsuntersagungs- und der Duldungsverfügung auch nicht deswegen vor, weil der Antragsgegner erst einige Zeit nach der erstmaligen Eröffnung des Clubs unter Anordnung des Sofortvollzugs eingeschritten ist und kurzfristig auf die Durchsetzung des Sofortvollzugs verzichtet hat, um dem Eigentümer Gelegenheit zur Stellung eines Nutzungsänderungsantrags zu geben. Die Verzögerungen beim Einschreiten beruhten allein auf den häufigen Wechseln der Clubbetreiber und Verhaltensstörer. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass der Betrieb genehmigt oder auch nur geduldet würde, ist für den Eigentümer und für den Antragsteller hieraus nicht erwachsen.
10 
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab.
11 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziff. 1.5. und 9.4.des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Streitwertkatalog 2004).
12 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Kleinsiedlungsgebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäuden mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen.

(2) Zulässig sind

1.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten, landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen und Gartenbaubetriebe,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
sonstige Wohngebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
3.
Tankstellen,
4.
nicht störende Gewerbebetriebe.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzbuchs ist für die Rechtswirksamkeit des Flächennutzungsplans und der Satzungen nach diesem Gesetzbuch nur beachtlich, wenn

1.
entgegen § 2 Absatz 3 die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist;
2.
die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Absatz 2, § 4 Absatz 2, § 4a Absatz 3, Absatz 4 Satz 2, nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, nach § 22 Absatz 9 Satz 2, § 34 Absatz 6 Satz 1 sowie § 35 Absatz 6 Satz 5 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn
a)
bei Anwendung der Vorschriften einzelne Personen, Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind, die entsprechenden Belange jedoch unerheblich waren oder in der Entscheidung berücksichtigt worden sind,
b)
einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, gefehlt haben,
c)
(weggefallen)
d)
bei Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 3 Absatz 2 Satz 1 nicht für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet veröffentlicht worden ist und die Begründung für die Annahme des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes nachvollziehbar ist,
e)
bei Anwendung des § 3 Absatz 2 Satz 5 der Inhalt der Bekanntmachung zwar in das Internet eingestellt wurde, aber die Bekanntmachung und die nach § 3 Absatz 2 Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen nicht über das zentrale Internetportal des Landes zugänglich gemacht wurden,
f)
bei Anwendung des § 13 Absatz 3 Satz 2 die Angabe darüber, dass von einer Umweltprüfung abgesehen wird, unterlassen wurde oder
g)
bei Anwendung des § 4a Absatz 3 Satz 4 oder des § 13, auch in Verbindung mit § 13a Absatz 2 Nummer 1 und § 13b, die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung nach diesen Vorschriften verkannt worden sind;
3.
die Vorschriften über die Begründung des Flächennutzungsplans und der Satzungen sowie ihrer Entwürfe nach §§ 2a, 3 Absatz 2, § 5 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Absatz 5, § 9 Absatz 8 und § 22 Absatz 10 verletzt worden sind; dabei ist unbeachtlich, wenn die Begründung des Flächennutzungsplans oder der Satzung oder ihr Entwurf unvollständig ist; abweichend von Halbsatz 2 ist eine Verletzung von Vorschriften in Bezug auf den Umweltbericht unbeachtlich, wenn die Begründung hierzu nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist;
4.
ein Beschluss der Gemeinde über den Flächennutzungsplan oder die Satzung nicht gefasst, eine Genehmigung nicht erteilt oder der mit der Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist.
Soweit in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 die Begründung in wesentlichen Punkten unvollständig ist, hat die Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen, wenn ein berechtigtes Interesse dargelegt wird.

(2) Für die Rechtswirksamkeit der Bauleitpläne ist auch unbeachtlich, wenn

1.
die Anforderungen an die Aufstellung eines selbständigen Bebauungsplans (§ 8 Absatz 2 Satz 2) oder an die in § 8 Absatz 4 bezeichneten dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind;
2.
§ 8 Absatz 2 Satz 1 hinsichtlich des Entwickelns des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan verletzt worden ist, ohne dass hierbei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist;
3.
der Bebauungsplan aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, dessen Unwirksamkeit sich wegen Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften einschließlich des § 6 nach Bekanntmachung des Bebauungsplans herausstellt;
4.
im Parallelverfahren gegen § 8 Absatz 3 verstoßen worden ist, ohne dass die geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist.

(2a) Für Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13a, auch in Verbindung mit § 13b, aufgestellt worden sind, gilt ergänzend zu den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

1.
(weggefallen)
2.
Das Unterbleiben der Hinweise nach § 13a Absatz 3 ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
3.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, gilt die Vorprüfung als ordnungsgemäß durchgeführt, wenn sie entsprechend den Vorgaben von § 13a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 durchgeführt worden ist und ihr Ergebnis nachvollziehbar ist; dabei ist unbeachtlich, wenn einzelne Behörden oder sonstige Träger öffentlicher Belange nicht beteiligt worden sind; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.
4.
Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund nach § 13a Absatz 1 Satz 4 nicht vorliegt, gilt als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist und durch den Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben nach Spalte 1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet wird; andernfalls besteht ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel.

(3) Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 sind, können nicht als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

(4) Der Flächennutzungsplan oder die Satzung können durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tatbestand

1

Streitgegenstand ist eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Krematoriums mit Abschiedsraum in einem Gewerbegebiet, die die Beklagte der Beigeladenen im Wege der Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO erteilt hat.

2

Die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der das hier betroffene Gebiet als Gewerbegebiet festsetzt. Das Grundstück der Beigeladenen liegt am nördlichen Rand des Gewerbegebiets und grenzt an ein Waldgebiet mit Wiese und Aufforstungen an. Die technischen Bereiche des Krematoriums sind dem Gewerbegebiet zugewandt, während die Bereiche für Besucher, insbesondere der Abschiedsraum in Richtung des Waldgebiets liegen. Die Zufahrt zum Krematorium erfolgt über eine Straße außerhalb des Gewerbegebiets. Das Krematorium ist mittlerweile errichtet und in Betrieb.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Baugenehmigung abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Das Vorhaben sei nicht schon als Gewerbebetrieb nach § 8 Abs. 2 BauNVO allgemein zulässig, weil es der Zweckbestimmung des Gebiets widerspreche. Ein Krematorium mit Abschiedsraum sei jedoch eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, wobei diese Vorschrift nur solche Anlagen erfasse, die - wie hier - dem Gemeinbedarf dienten. Die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Krematorium mit Abschiedsraum wegen des Bedürfnisses, das Abschiednehmen von den Verstorbenen in ein kontemplatives Umfeld einzubetten, dem Leitbild eines Gewerbegebiets widerspreche. Gründe der Pietät und die Notwendigkeit eines kontemplativen Umfelds zwängen nicht dazu, Krematorien mit Pietätsräumen von vornherein ausnahmslos, ungeachtet ihrer konkreten Lage und Nachbarschaft in Gewerbegebieten als gebietsunverträglich auszuschließen. Abschiedsräume in Feuerbestattungsanlagen seien mit Kapellen und Betsälen vergleichbar, deren ausnahmsweise Zulässigkeit in Gewerbegebieten unbestritten sei. Von derartigen Anlagen unterscheide sich ein Krematorium im Wesentlichen durch den hinzutretenden gewerblich-technischen Charakter. Dieser sei mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets für sich gesehen sogar eher vereinbar als etwa eine kirchliche Anlage. Die ausnahmsweise Zulässigkeit des Krematoriums sei auch nicht durch § 15 Abs. 1 BauNVO ausgeschlossen. Durch den gewählten Standort des Krematoriums, seine bauliche Gestaltung und die Ausrichtung der Bereiche für den Publikumsverkehr sei eine pietätvolle Bestattung gewährleistet, die mit der werktäglichen Geschäftigkeit des Gewerbegebiets verträglich sei. Die angefochtene Baugenehmigung verstoße auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot.

4

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision: Die vom Oberverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des Begriffs der Anlage für kulturelle Zwecke entspreche weder dem Wortlaut des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO noch der Systematik der Baunutzungsverordnung noch dem Willen des Gesetzgebers. Es sei im Übrigen wenig überzeugend, die allgemeine Zulässigkeit des Vorhabens in einem Gewerbegebiet mangels Gebietsverträglichkeit zu verneinen, um dann im Ausnahmewege die Zulässigkeit mit der Begründung zu bejahen, es widerspreche nicht der Zweckbestimmung des Baugebiets.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision ist begründet. Bundesrechtlich nicht zu beanstanden ist zwar die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass ein als Gemeinbedarfsanlage betriebenes Krematorium mit Abschiedsraum eine Anlage für kulturelle Zwecke i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist. Eine solche Anlage verträgt sich aber nicht mit der Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets. Das Oberverwaltungsgericht verkennt die Anforderungen, die an das ungeschriebene Erfordernis der Gebietsverträglichkeit zu stellen sind. Das Urteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung war daher aufzuheben.

6

1. Die Baugenehmigung ist entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts rechtswidrig. Die Beklagte hätte das Vorhaben der Beigeladenen nicht gemäß § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO zulassen dürfen.

7

1.1 Mit Bundesrecht im Einklang steht allerdings die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass ein Krematorium mit Abschiedsraum unter den Begriff der Anlage für kulturelle Zwecke i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO fällt.

8

"Anlagen für kulturelle Zwecke" sind nicht auf die traditionellen Bereiche der Kunst, Wissenschaft und Bildung beschränkt. Die Zweckbeschreibung bezeichnet Anlagen, die in einem weiten Sinne einen kulturellen Bezug aufweisen. Ein Krematorium mit Abschiedsraum hat einen kulturellen Bezug, der in der gesellschaftlichen Vorstellung von dem Umgang mit dem Tod wurzelt. Ebenso wie eine kirchliche Bestattungsanlage einem kirchlichen Zweck dient (Urteil vom 18. November 2010 - BVerwG 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 17), dient ein Krematorium als säkulare Bestattungseinrichtung einem kulturellen Zweck. Zur Feuerbestattung gehört nicht nur die Beisetzung der Asche des Verstorbenen in einer Grabstätte, sondern auch der Vorgang der Einäscherung der Leiche. Die Einäscherung ist Teil des Bestattungsvorgangs. Diese Form der Bestattung ist Ausdruck einer gesellschaftlich anerkannten Bestattungskultur, zu der es auch gehört, in einem kontemplativen Umfeld von den Verstorbenen Abschied nehmen zu können.

9

Der Begriff der "Anlagen für kulturelle Zwecke", der nicht nur in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, sondern in zahlreichen Bestimmungen der Baunutzungsverordnung Verwendung findet, ist ebenso offen angelegt wie die ebenfalls in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO und anderen Bestimmungen der Baunutzungsverordnung genannten Anlagen für kirchliche, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke. Die Baunutzungsverordnung verwendet die Begriffsgruppe als eine bewusst weit gefasste Kategorie. Sie ist für eine "dem Wandel der Zeiten" anpassungsfähige Auslegung offen (Urteil vom 17. Dezember 1998 - BVerwG 4 C 16.97 - BVerwGE 108, 190 <197>). Damit sollen gerade auch neue Erscheinungsformen baulicher Vorhaben städtebaulich erfasst werden, um eine geordnete Bodennutzung und städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten. Dass sich im Laufe der Zeit das Begriffsverständnis und damit auch die Art der Anlagen ändern kann, die im jeweiligen Gebiet zulässig sind, ist vom Verordnungsgeber gewollt.

10

Eine weite Auslegung der Begriffsgruppe führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu einer uferlosen Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Norm. Die begriffliche Offenheit des Tatbestands wird in zweifacher Hinsicht begrenzt. Aus dem systematischen und historischen Zusammenhang wird deutlich, dass Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke nur die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB definierten Gemeinbedarfsanlagen sind. Die Baunutzungsverordnung hat die Begriffsgruppe von Anfang an auf Gemeinbedarfsanlagen beschränkt gesehen (Urteile vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 17.95 - BVerwGE 102, 351 <354> und vom 28. April 2004 - BVerwG 4 C 10.03 - Buchholz 406.12 § 3 BauNVO Nr. 15 S. 6). Darüber hinaus wirkt das Erfordernis der Gebietsverträglichkeit begrenzend, das vor allem jene Nutzungsarten betrifft, die die Baunutzungsverordnung begrifflich verselbständigt und mehreren der Baugebietstypen in §§ 2 bis 9 BauNVO zugeordnet hat (Beschluss vom 6. Dezember 2000 - BVerwG 4 B 4.00 - Buchholz 406.12 § 7 BauNVO Nr. 4 S. 2).

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1.2 Bei dem streitigen Krematorium handelt es sich - wie als eingrenzendes Tatbestandsmerkmal vorausgesetzt - um eine Gemeinbedarfsanlage. Der Begriff des Gemeinbedarfs wird in § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB näher bestimmt. Danach sind Gemeinbedarfsanlagen solche baulichen Anlagen und Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen. Beispielhaft werden Schulen und Kirchen sowie sonstigen kirchlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen aufgezählt. Der Allgemeinheit dient eine Anlage im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB, wenn sie, ohne dass die Merkmale des Gemeingebrauchs erfüllt zu sein brauchen (Beschluss vom 18. Mai 1994 - BVerwG 4 NB 15.94 - NVwZ 1994, 1004 <1005>), einem nicht fest bestimmten, wechselnden Teil der Bevölkerung zugänglich ist. Gemeint sind Einrichtungen der Infrastruktur, die der Gesetzgeber dem Oberbegriff der "Einrichtungen und Anlagen zur Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des öffentlichen und privaten Bereichs" zugeordnet hat (Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 4 CN 7.03 - BVerwGE 121, 192 <195> = Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 101 S. 32 f.). Auf die Rechtsform des Einrichtungsträgers kommt es nicht entscheidend an (Urteil vom 12. Dezember 1996 a.a.O. S. 356). Die Trägerschaft kann auch in der Hand einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts liegen. Auch eine staatliche Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit kann je nach ihrer konkreten rechtlichen Ausgestaltung geeignet sein, den vorausgesetzten Gemeinwohlbezug solcher Anlagen und Einrichtungen herzustellen, deren Leistungserbringung sich nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen vollzieht und auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist (Urteil vom 30. Juni 2004 a.a.O. S. 196 f.).

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Diese Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht beachtet und in Auslegung von Landesrecht und damit für die revisionsgerichtliche Beurteilung bindend (§ 137 Abs. 1, § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO) festgestellt, dass nach den Bestimmungen des Bestattungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen eine hoheitliche Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit der Beklagten besteht, die den erforderlichen Gemeinwohlbezug der Anlage herstellt und die zudem durch den zwischen der Beklagten und der Beigeladenen geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 6. September 2006 abgesichert wird, der bestimmt, dass die Beigeladene als Beliehene hoheitliche Aufgaben wahrnimmt.

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1.3 Ein Krematorium mit Abschiedsraum verträgt sich aber nicht mit der Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets.

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In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats ist das Oberverwaltungsgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass ein Krematorium mit Abschiedsraum mangels Gebietsverträglichkeit nicht bereits gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO in einem Gewerbegebiet allgemein zulässig ist (Beschluss vom 20. Dezember 2005 - BVerwG 4 B 71.05 - Buchholz 406.12 § 8 BauNVO Nr. 21).

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Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist ein Krematorium mit Abschiedsraum aber auch nicht im Wege der Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in einem Gewerbegebiet zulässig. Der Rechtssatz des Oberverwaltungsgerichts, Gründe der Pietät und die Notwendigkeit eines kontemplativen Umfelds würden es nicht gebieten, Krematorien mit Pietätsräumen von vornherein ausnahmslos, ungeachtet ihrer konkreten Lage und Nachbarschaft in Gewerbegebieten als gebietsunverträglich auszuschließen, steht nicht in Übereinstimmung mit Bundesrecht. Das Oberverwaltungsgericht verkennt die Anforderungen, die an das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit zu stellen sind.

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Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Begriffskategorie (Nutzungs- oder Anlagenart), sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt (stRspr, vgl. nur Urteile vom 18. November 2010 - BVerwG 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166 Rn. 19 und vom 21. März 2002 - BVerwG 4 C 1.02 - BVerwGE 116, 155 <158>; Beschluss vom 28. Februar 2008 - BVerwG 4 B 60.07 - Buchholz 406.12 § 4 BauNVO Nr. 19 Rn. 6 m.w.N.). Diesen rechtlichen Maßstab hat das Bundesverwaltungsgericht in zahlreichen Fällen angelegt, in denen zu entscheiden war, ob ein Vorhaben nach der Art der Nutzung in dem jeweils festgesetzten Baugebiet allgemein (regelhaft) zulässig ist. Er gilt auch für die in einem Baugebiet ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten (Urteil vom 21. März 2002 a.a.O.). Zwischen der Zweckbestimmung des Baugebiets und den jeweils zugeordneten Nutzungsarten besteht ein funktionaler Zusammenhang, der für die Auslegung und Anwendung jeder tatbestandlich normierten Nutzungsart maßgeblich ist (Urteil vom 21. März 2002 a.a.O.; Beschluss vom 28. Februar 2008 a.a.O. Rn. 7). Die nach den Baugebietsvorschriften nur ausnahmsweise zulässigen Nutzungen können die Eigenart eines Baugebiets zwar auch prägen. Diesem Muster folgt beispielsweise die Entscheidung des Verordnungsgebers, die Immissionsverträglichkeit des Wohnens für bestimmte Baugebiete im Wege einer typisierenden Betrachtung zu modifizieren und unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 1 und § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise eine eingeschränkte Wohnnutzung zuzulassen, weil typischerweise ein gebietsspezifischer Bedarf besteht. Den in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen fehlt es aber an einer funktionalen Ausrichtung auf den Zweck des jeweiligen Baugebiets. Solche Anlagen, die ohne nähere Umschreibung in fast allen Baugebieten der §§ 2 bis 9 BauNVO allgemein oder ausnahmsweise zulässig sind, können nach Größe, betrieblicher Ausrichtung, räumlichem Einzugsbereich und Immissionspotenzial von sehr unterschiedlicher Art sein.

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Von maßgeblicher Bedeutung für die Frage, welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Baugebiets unverträglich sind, sind die Anforderungen des jeweiligen Vorhabens an ein Gebiet, die Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet und die Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs (Urteil vom 18. November 2010 a.a.O. Rn. 21). Entscheidend ist, ob ein Vorhaben dieser Art generell geeignet ist, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotenzial zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht verträgt. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass im Geltungsbereich eines ausgewiesenen Baugebiets grundsätzlich auf jedem Baugrundstück die nach dem Katalog der Nutzungsarten der jeweiligen Baugebietsvorschrift zulässige Nutzung möglich sein soll. Das typische Störpotenzial kann nicht nur im Störgrad, sondern auch in der Störempfindlichkeit eines Vorhabens liegen. Im Rahmen dieser Beurteilung kommt es nicht auf die konkrete Bebauung in der Nachbarschaft an. Unerheblich ist daher, dass das streitige Krematorium nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zu § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO durch den gewählten Standort, seine bauliche Gestaltung und die Ausrichtung der auf Publikumsverkehr ausgerichteten Bereiche eine pietätvolle Bestattung gewährleistet. Die Gebietsverträglichkeit ist der Einzelfallprüfung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO vorgelagert.

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Ein Krematorium mit Abschiedsraum verträgt sich nicht mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets, das geprägt ist von werktätiger Geschäftigkeit. Gewerbegebiete dienen gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass in ihnen gearbeitet wird. Nach dem Leitbild der Baunutzungsverordnung ist ein Gewerbegebiet den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Es steht Gewerbebetrieben aller Art und damit verschiedenartigsten betrieblichen Betätigungen offen, die vom kleinen Betrieb über Handels- und Dienstleistungsunternehmen bis zu industriellen Großbetrieben reichen können, sofern es sich um nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe handelt.

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Ein Krematorium mit Abschiedsraum erweist sich in besonderer Weise als störempfindlich. Es stellt - ungeachtet der Immissionsträchtigkeit der Verbrennungsanlagen - ähnlich wie ein Friedhof einen Ort der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen dar. Die Privatisierung dieser Art der Bestattung mag bewirkt haben, dass Krematorien auch an Standorten außerhalb eines Friedhofs angesiedelt werden. Das ändert aber nichts an der Anforderung, dass eine Bestattung ein würdevolles und kontemplatives Umfeld erfordert. Wie auch das Oberverwaltungsgericht angemerkt hat, ist nicht zu erkennen, dass sich die gesellschaftlichen Anschauungen im Umgang mit dem Tod wesentlich gewandelt haben. Der übliche Umgebungslärm und die allgemeine Geschäftigkeit eines Gewerbegebiets stehen dazu im Widerspruch. Eine derartige Umgebung ist regelmäßig geeignet, den Vorgang der Einäscherung als Teil der Bestattung in einer Weise gewerblich-technisch zu prägen, die mit der kulturellen Bedeutung eines Krematoriums mit Abschiedsraum nicht vereinbar ist.

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2. Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung kann nicht über § 31 Abs. 2 BauGB hergestellt werden. Eine Befreiung hat die Beklagte nicht erteilt; sie könnte auch nicht erteilt werden.

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Der Umstand, dass eine Anlage in einem Baugebiet weder allgemein zulässig ist noch im Wege einer Ausnahme zugelassen werden kann, steht einer Befreiung zwar nicht von vornherein entgegen (Urteil vom 18. November 2010 a.a.O. Rn. 29). Es spricht viel dafür, dass das streitige Vorhaben Grundzüge der Planung berührt, wenngleich tatrichterliche Feststellungen hierzu fehlen. Eine Befreiung scheitert hier aber jedenfalls daran, dass es zur Bewältigung der gegenläufigen Nutzungskonflikte, die mit der Ansiedlung eines Krematoriums mit Abschiedsraum verbunden sind, einer Planung i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bedarf.

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Der Gesetzgeber stellt mit der Abweichung nach § 31 Abs. 2 BauGB ein Instrument zur Verfügung, das im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit und der Wahrung der Verhältnismäßigkeit für Vorhaben, die den Festsetzungen eines Bebauungsplans zwar widersprechen, sich mit den planerischen Vorstellungen aber gleichwohl in Einklang bringen lassen, ein Mindestmaß an Flexibilität schafft (Beschluss vom 5. März 1999 - BVerwG 4 B 5.99 - Buchholz 406.11 § 31 BauGB Nr. 39). Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht (Urteile vom 9. Juni 1978 - BVerwG 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71 <79> und vom 19. September 2002 - BVerwG 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50 <53 f.>). Generelle, d.h. typischerweise mit der Zulassung eines bestimmten Vorhabens verbundene Nutzungskonflikte, die eine auf die Standortfrage ausgerichtete Planung mit Abwägung gegenläufiger Interessen erforderlich machen, lassen sich nicht im Wege einer Befreiung bewältigen. Was den Bebauungsplan in seinen "Grundzügen", was seine "Planungskonzeption" verändert, lässt sich nur durch (Um-)Planung ermöglichen und darf nicht durch einen einzelfallbezogenen Verwaltungsakt der Baugenehmigungsbehörde zugelassen werden (Urteil vom 9. Juni 1978 a.a.O. S. 78). Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 2 BauGB der Gemeinde und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist in § 3 ff. BauGB ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben, von dem nur unter den in § 13 BauGB genannten Voraussetzungen abgesehen werden kann (Urteil vom 4. August 2009 - BVerwG 4 CN 4.08 - BVerwGE 134, 264 Rn. 12).

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Ein Krematorium mit Abschiedsraum in einem Gewerbegebiet löst Nutzungskonflikte aus, die sich nur im Wege einer Abwägung bewältigen lassen. Wie dargelegt zeichnet sich ein Krematorium mit Abschiedsraum durch die Besonderheit der Gleichzeitigkeit von Störgrad und Störempfindlichkeit aus. Das führt zu bodenrechtlich relevanten Spannungen, die nur durch Planung zu lösen sind. Ungeachtet der Immissionsträchtigkeit der Anlage - mit Blick auf den Schutz der Gesundheit - entstehen bodenrechtliche Spannungen vor allem dadurch, dass ein Krematorium mit Abschiedsraum in einer Umgebung anzusiedeln ist, die eine würdevolle Bestattung erlaubt. Der Schutz der Bestattung und des Totengedenkens fordert Rücksichtnahme durch die Nachbarschaft; zugleich ist Rücksichtnahme auf Nachbarn gefordert. Eine Koordination dieser widerstreitenden Belange lässt sich sachgerecht nur im Wege einer Abwägung unter Würdigung der öffentlichen und nachbarlichen Interessen sicherstellen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage des Standorts und seiner Anbindung. Diese Frage sowie die Frage nach Planungsalternativen fordert planerische Gestaltungsfreiheit unter Beachtung des Verfahrens der Öffentlichkeitsbeteiligung. Der Gesetzgeber stellt für diese städtebauliche Konfliktlage auch spezifische Festsetzungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Art der baulichen Nutzung kann nicht nur durch die Festsetzung von Baugebieten im Sinne der Baunutzungsverordnung erfolgen (Beschluss vom 13. Juli 1989 - BVerwG 4 B 140.88 - Buchholz 406.11 § 236 BauGB Nr. 1 S. 5 - juris Rn. 11). Auch "Flächen für den Gemeinbedarf" legen die Art der baulichen Nutzung fest (Beschluss vom 23. Dezember 1997 - BVerwG 4 BN 23.97 - Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 86 - juris Rn. 7). § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB eröffnet nicht nur die Möglichkeit, sondern verweist auch auf die Notwendigkeit einer gesonderten Festsetzung einer Gemeinbedarfsanlage im Fall eines städtebaulich relevanten Nutzungskonflikts. Sofern durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt, hat die Gemeinde überdies die Möglichkeit, ein sonstiges Sondergebiet gemäß § 11 Abs. 1 BauNVO festzusetzen.

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3. Die rechtswidrige Baugenehmigung verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger kann sich auf bauplanungsrechtlichen Nachbarschutz berufen. Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat nachbarschützende Funktion zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet (Urteile vom 16. September 1993 - BVerwG 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 und vom 23. August 1996 - BVerwG 4 C 13.94 - BVerwGE 101, 364; Beschluss vom 18. Dezember 2007 - BVerwG 4 B 55.07 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 32 Rn. 5). Ein Nachbar im Baugebiet kann sich auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden, wenn er - wie hier - durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.