Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 24. Nov. 2010 - 3 K 703/10.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2010:1124.3K703.10.MZ.0A
bei uns veröffentlicht am24.11.2010

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens haben der Kläger 19/20 und die Beklagte 1/20 zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau öffentlicher Straßen und Plätze in H. für die Jahre 2001 bis 2004.

2

Er ist Eigentümer des Grundstücks T.-straße XX/YY, Flur XX Nrn. AA, BB, CC, DD/1, EE/4, FF und GG, in H.. Die Parzelle BB ist ausweislich von Luftbildaufnahmen mit einer Halle bebaut. Auf der Parzelle EE/4 befindet sich ein Haus. Die übrigen Parzellen sind nicht bebaut.

3

Mit Bescheid vom 24. Februar 2005 zog die Beklagte den Kläger zu wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen für die Jahre 2001 bis 2004 i.H. von insgesamt 9.478,14 € heran. Diesem Betrag liegen Beiträge für das Jahr 2001 i.H. von 176,39 €, für das Jahr 2002 i.H. von 5.810,82 €, für das Jahr 2003 i.H. von 2.105,62 € und für das Jahr 2004 i.H. von 1.385,31 € zugrunde. Die Beklagte ging dabei bei der Ermittlung der Beiträge von einer Gesamtveranlagungsfläche von 1.132.288,00 m², einer gewichteten Grundstücksfläche für das Grundstück des Klägers von 17.643 m² sowie einem Gemeindeanteil von 40 % aus.

4

Mit seinem am 14. März 2005 erhobenen Widerspruch trug der Kläger vor, Grundstückseigentümerin sei die X+Y Verwaltungs- und Verwertungs GbR, deren einer Gesellschafter er sei. Die Beklagte habe bei der Ermittlung der gewichteten Grundstücksfläche zu Unrecht einen Gewerbezuschlag angesetzt, denn ihr Grundstück werde gewerblich nicht genutzt. Eine gewerbliche Nutzung sei auch rechtlich nicht möglich. Die Beklagte selbst habe der Grundstückseigentümerin untersagt, das Grundstück gewerblich zu nutzen. Verbandsgemeinde und Landkreis hätten mehrfach festgestellt, dass es sich bei dem betreffenden Gebiet um ein Wohngebiet handele. Er beabsichtige, auf dem Grundstück Wohngebäude zu errichten. Außerdem hätte ihn die Beklagte erst ab Juli 2003 zu Beiträgen heranziehen dürfen. Das veranlagte Grundstück sei im Rahmen einer Zwangsversteigerung erst am 29. Juli 2003 durch Zuschlag erworben worden. Dies ergebe sich aus dem Grundbuch. Gemäß § 56 ZVG i.V. mit § 103 BGB habe der Erwerber die öffentlichen Lasten des Grundstücks erst vom Zuschlag an zu tragen. Bei den wiederkehrenden Beiträgen handele es sich um öffentliche Lasten i.S. von § 103 BGB. Damit sei die Heranziehung zu Gebühren erst ab dem 1. August 2003 zulässig.

5

Der Widerspruch des Klägers wurde durch Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses M.-B. vom 22. März 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Kreisrechtsausschuss aus, die zugrunde liegende Beitragssatzung sei rechtmäßig. Insbesondere sei die Bildung der Abrechnungseinheiten nicht zu beanstanden. Der Kläger sei Beitragsschuldner, denn gemäß § 10 Abs. 1 ABS sei Beitragsschuldner, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks sei. Zwar sei zu diesem Zeitpunkt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen gewesen. Allerdings hätten nach § 122 i.V. mit § 34 Abs. 2 AO die Mitglieder einer nicht rechtsfähigen Personenvereinigung die beitragsrechtlichen Pflichten der Vereinigung zu erfüllen, soweit diese ohne Geschäftsführer sei. Daher habe sich die Beklagte an den Kläger wenden können. Die Ansetzung eines Gewerbezuschlages i.H. von 40 % sei gemäß § 6 Abs. 4 ABS erfolgt, da das Grundstück ausschließlich zu gewerblichen Zwecken, z.B. als Lagerfläche, genutzt werde.

6

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 10. Mai 2010 hat der Kläger am 4. Juni 2010 Klage erhoben.

7

Er trägt unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ergänzend vor: Die Beklagte habe zu Unrecht die Tiefenbegrenzungsregelung des § 6 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) ABS nicht angewandt. Ferner sei die Ansetzung eines Vollgeschosszuschlages mit zwei Vollgeschossen zu beanstanden, da sich auf dem Grundstück keine Gebäude mit zwei Vollgeschossen befänden.

8

In der mündlichen Verhandlung änderte die Beklagte den angefochtenen Bescheid insoweit ab, als nunmehr für das Jahr 2001 ein wiederkehrender Ausbaubeitrag i.H. von 168,03 €, für das Jahr 2002 i.H. von 5.534,30 €, für das Jahr 2003 i.H. von 2.005,46 € und für das Jahr 2004 i.H. von 1.319,39 € festgesetzt wird. Soweit hierdurch die ursprünglich für die Jahre 2001 bis 2004 festgesetzten Beiträge reduziert wurden, erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.

9

Der Kläger beantragt,

10

den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2005 in der Änderungsfassung vom 24. November 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 22. März 2010 aufzuheben,

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie trägt vor: Der Kläger sei ungeachtet des Grundstückserwerbs durch Zuschlag des Amtsgerichts M. für den gesamten Zeitraum 2001 bis 2004 beitragspflichtig, da er im nach § 10 Abs. 1 ABS maßgeblichen Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstücks gewesen sei. Eine Tiefenbegrenzung komme deshalb nicht in Betracht, da das gesamte Grundstück gewerblich genutzt worden sei. Der Vollgeschosszuschlag ergebe sich aus der vorhandenen Bebauung in der näheren Umgebung. Der Artzuschlag sei aufgrund der früher ausgeübten gewerblichen Nutzung festgesetzt worden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten in den Gerichtsakten verwiesen. Die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Widerspruchsvorgänge des Kreisrechtsausschusses M.-B. liegen der Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Soweit die Beteiligten das Verfahren in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war es einzustellen und gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.

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Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet. Der Ausbaubeitragsbescheid der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses M.-B. in der in der mündlichen Verhandlung geänderten Fassung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

17

Der streitgegenständliche Ausbaubeitragsbescheid der Beklagten findet seine Rechtsgrundlage in den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes – KAG – vom 20. Juni 1995 (GVBl. S. 175), zuletzt geändert durch Landesgesetz vom 15. September 2009 (GVBl. S. 333), i.V mit der Satzung der Beklagten zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen – ABS – vom 9. März 2009, rückwirkend in Kraft gesetzt zum 1. Januar 2001.

18

Danach erhebt die Gemeinde wiederkehrende Ausbaubeiträge für die Erneuerung, die Erweiterung, den Umbau sowie die Verbesserung vorhandener Verkehrsanlagen (§ 1 Abs. 1 und 2 ABS) nach dem Beitragsmaßstab „Grundstücksfläche“ mit Zuschlägen für Vollgeschosse (§ 6 Abs. 1 ABS). Ferner wird für ganz oder teilweise gewerblich, industriell oder in ähnlicher Weise genutzte Grundstücke ein Zuschlag erhoben (§ 6 Abs. 4 ABS). Der Beitrag wird für die im räumlichen und funktionellen Zusammenhang stehenden Verkehrsanlagen (Abrechnungseinheit) nach den jährlichen Investitionsaufwendungen in den Abrechnungseinheiten ermittelt (§ 3 Abs. 1 ABS) Dabei bilden die innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile und die in Bebauungsplangebieten der Ortslage H. gelegenen Verkehrsanlagen die Abrechnungseinheit I (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ABS). Der Gemeindeanteil an den beitragsfähigen Kosten beträgt 40 % (§ 5 ABS).

19

Rechtsbedenken gegen diese Satzungsregelungen sind nicht ersichtlich; insbesondere sind sowohl die rückwirkende Inkraftsetzung der Satzung vom 9. März 2009 als auch die Bildung der Abrechnungseinheiten rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. insoweit die Ausführungen der erkennenden Kammer im Verfahren 3 K 743/08.MZ).

20

Die Beklagte hat die Beiträge für die Jahre 2001 bis 2004 – soweit sie noch im Streit sind – auch rechtsfehlerfrei festgesetzt. Sie ist dabei zunächst von einer Gesamtgrundstücksfläche für die veranlagten Parzellen von unstreitig 10.502 m² ausgegangen. Nicht zu beanstanden ist, dass sie zu dieser Grundstücksfläche einen Zuschlag für zwei Vollgeschosse i.H. von 20 % hinzugerechnet hat. Insoweit kann offenbleiben, ob auch das veranlagte Grundstück zweigeschossig bebaut ist. Da es im unbeplanten Innenbereich von H. liegt, findet für den Vollgeschosszuschlag § 6 Abs. 3 Nr. 4 Buchst. a) ABS Anwendung, wonach sich der Zuschlag für Vollgeschosse nach der Zahl der auf den Grundstücken der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse bestimmt. Danach durfte die Beklagte zu Recht zwei Vollgeschosse ansetzen, da die nähere Umgebung des Veranlagungsgrundstücks überwiegend zweigeschossig bebaut ist, wie auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat.

21

Die Beklagte durfte das Veranlagungsgrundstück entgegen der Auffassung des Klägers auch mit einem Gewerbezuschlag i.H. von 40 % versehen. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 ABS werden für Grundstücke in Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten die Maßstabsdaten um 40 % der Grundstücksfläche nach Abs. 2 erhöht. Dies gilt nach § 6 Abs. 4 Satz 2 ABS entsprechend für ausschließlich gewerblich, industriell oder in ähnlicher Weise genutzte Grundstücke in sonstigen Baugebieten. Vorliegend ist davon auszugehen, dass das Grundstück während des Veranlagungszeitraumes ausschließlich gewerblich, und zwar zumindest für Ablagerung von Baumaterialien sowie von Gegenständen aus dem vorher ansässigen Gewerbetrieb genutzt wurde. Hierfür spricht der Bescheid der Kreisverwaltung M.-B. vom 17. Dezember 2004 (vgl. Bl. 65 f. der Gerichtsakten), mit dem u.a. dem Kläger gegenüber die Nutzung des Veranlagungsgrundstücks als Erd- und Baustofflagerplatz untersagt wurde. Aber auch für die Zeit vor dem Erwerb des Grundstücks ist von einer einen Gewerbezuschlag rechtfertigenden Nutzung auszugehen. Selbst wenn man der Argumentation des Klägers in der mündlichen Verhandlung folgen wollte, auf dem Grundstück hätten sich im Zeitpunkt des Erwerbes noch Gegenstände aus dem „Nachlass“ des dort früher ansässigen Gewerbebetriebes befunden, die allenfalls Abfallqualität gehabt hätten, wäre damit wenigstens eine Nutzung „in ähnlicher Weise“ i.S. von § 6 Abs. 4 Satz 2 ABS gegeben, die bereits einen Gewerbezuschlag rechtfertigt.

22

Allerdings hat die Beklagte in dem Ausgangsbescheid den Gewerbezuschlag von 40 % unter Zugrundelegung falscher Maßstabsdaten ermittelt. Denn soweit sie eine unter Einbeziehung des Vollgeschosszuschlags gewichtete Grundstücksfläche zugrunde gelegt hat, hat sie übersehen, dass nach der Regelung in § 6 Abs.4 Satz 1 ABS allein die (reine) Grundstücksfläche, wie sie sich nach § 6 Abs. 2 ABS ermittelt, für die Berechnung des Vollgeschosszuschlages heran zu ziehen ist. Dies führt im Ergebnis dazu, dass der Vollgeschosszuschlag statt angesetzter 5.040,60 m² lediglich 4.200,80 m² beträgt, die in dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Maßstabsfläche von 17.643,00 m² mithin um 839,80 m² auf 16.803,20 m² zu reduzieren ist. Dieser Fehler wirkt sich jedoch auf die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides – soweit er noch im Streit steht – nicht aus, da der Beklagte den Kläger nach entsprechendem Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung insoweit durch Neufestsetzung der Beträge für die Jahre 2001 bis 2004 klaglos gestellt hat.

23

Entgegen der Auffassung des Klägers war die Beklagte nicht gehalten, in Bezug auf das Veranlagungsgrundstück die Tiefenbegrenzungsregelung des § 6 Abs. 3 Nr. 3 ABS in Anwendung zu bringen. Das Grundstück liegt vollständig im unbeplanten Innenbereich von H. und ist zumindest in zweiter Reihe baulich nutzbar. Es ist ausweislich der vorliegenden Lage- und Katasterpläne nicht tiefer als 80 m, weshalb die genannte Tiefenbegrenzungsregelung nicht greifen kann.

24

Schließlich wird der Kläger auch nicht dadurch in seinen Rechten verletzt, dass die Beklagte der Ermittlung der Kosten je m² gewichtete Fläche eine Summe der gewichteten Grundstücksflächen von 1.132.288,00 m² zugrunde gelegt hat. Diese Gesamtfläche ist zwar insoweit fehlerhaft, weil in ihr neben dem aus der fehlerhaften Berechnung des Vollgeschosszuschlags resultierenden Flächenanteil von 839,80 m² für das Veranlagungsgrundstück auch die gewichteten Flächen der Grundstücke an der Straße „S.“ enthalten sind, die nach der Rechtsprechung der erkennenden Kammer (vgl. Urteile vom 13. November 2007 – 3 K 37/07.MZ und 3 K 38/07.MZ –) nicht der Ausbaubeitragspflicht unterliegen. Da dieser Fehler jedoch zu einer Erhöhung der Gesamtveranlagungsfläche und damit zu niedrigeren Beitragssätzen/m² führt, wirkt sich dies zugunsten des Klägers aus, so dass er durch die unzutreffende Ansetzung der Summe der gewichteten Grundstücksflächen nicht beschwert ist.

25

Ausgehend von den vorgenannten Parametern hat die Beklagte für das Veranlagungsgrundstück somit zu Recht nunmehr für das Jahr 2001 einen Beitrag i.H. von 168,03 €, für das Jahr 2002 einen Beitrag i.H. von 5.534,30 €, für das Jahr 2003 einen Beitrag i.H. von 2.005,46 € und für das Jahr 2004 einen Beitrag i.H. von 1.319,39 € festgesetzt.

26

Soweit der Kläger darüber hinaus Einwendungen erhoben hat, die seine Beitragspflicht dem Grunde nach betreffen, vermag er hiermit nicht durchzudringen.

27

Zunächst ist es nicht zu beanstanden, dass die Inanspruchnahme des Klägers ungeachtet des Umstandes, dass im Veranlagungszeitraum die X + Y Verwaltungs- und Verwertungs GbR Eigentümerin des Grundstücks war, erfolgt ist. Nach § 10 Abs. 1 ABS ist Beitragsschuldner, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides Eigentümer des Grundstücks ist. Diese Regelung findet eine Ergänzung in § 34 Abs. 2 der AbgabenordnungAO –, der nach § 3 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 KAG auf kommunale Abgaben Anwendung findet. § 34 Abs. 2 Satz 1 AO bestimmt, dass in den Fällen, in denen eine nicht rechtfähige Personenvereinigung wie z.B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne Geschäftsführer ist, die Mitglieder oder Gesellschafter die abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen haben. Dies ist vorliegend der Fall, denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die GbR seinerzeit einen Geschäftsführer hatte, zumal auch der Kläger derartiges nichts dargetan hat. Damit ist der Kläger als Gesellschafter abgabenpflichtig, so dass ihm gegenüber auch der Abgabenbescheid bekanntzugeben war (§ 122 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO). Ferner ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte beiden Gesellschaftern gegenüber jeweils die volle Beitragshöhe über den gesamten Veranlagungszeitraum geltend gemacht hat. Soweit der Kläger hieraus folgert, dass die Beklagte durch die Bekanntgabe der Beitragsbescheide gegenüber beiden Gesellschaftern den Beitrag zweimal geltend gemacht habe, übersieht er, dass sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, dass mehrere nebeneinander abgabenpflichtige Personen als Gesamtschuldner haften (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 KAG i.V. mit § 44 AO). Insoweit bedurfte es eine entsprechenden Hinweises durch die Beklagte nicht, der gleichwohl in dem angegriffenen Bescheid enthalten ist.

28

Schließlich steht der Heranziehung des Klägers zur Zahlung der wiederkehrenden Ausbaubeiträge für den Zeitraum 2001 bis 2004 auch nicht der Umstand entgegen, dass er das Veranlagungsgrundstück erst mit Beschluss des AG M. vom 29. Juli 2003 im Wege der Zwangsversteigerung durch Zuschlag erworben hat. Insbesondere vermag die Kammer nicht der auf § 56 Satz 2 des Zwangsversteigerungsgesetzes – ZVG – i.V. mit § 103 BGB gestützten Auffassung des Klägers zu folgen, dass er erst vom Zuschlag an die Lasten zu tragen und damit auch die auf dem Veranlagungsgrundstück liegenden Beiträge zu zahlen habe. Der Kläger übersieht nämlich, dass im Abgabenrecht zwischen der Ausbaubeitragsforderung des § 10 Abs. 1 ABS auf der einen Seite und der öffentlichen Last gemäß § 7 Abs. 7 KAG zu unterscheiden ist.

29

Die Ausbaubeitragsforderung ist ein Zahlungsanspruch der Gemeinde gegen den durch die Ausbaubeitragsmaßnahme begünstigten Eigentümer. Dieser Zahlungsanspruch entsteht bei wiederkehrenden Beiträgen mit Ablauf des 31. Dezember für das abgelaufene Jahr (§ 7 ABS) und ist gegen den Beitragsschuldner (§ 10 Abs. 1 ABS) festzusetzen. Er wird einen Monat nach Bekanntgabe des Beitragsbescheides an den Beitragsschuldner fällig (§ 11 Abs. 1 ABS). Gemäß § 7 Abs. 7 KAG ruht der Beitrag als öffentliche Last auf dem Grundstück. Sie dient der Sicherung der Zahlung des Beitrags. Aufgrund der öffentlichen Last ist der jeweilige Grundstückseigentümer gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 KAG i.V. mit § 77 Abs. 2 AO verpflichtet, die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu dulden, wenn der Beitrag nicht bezahlt wird. Aus der öffentlichen Last als solcher ergibt sich mithin nur die Haftung mit dem Grundstück. Sie begründet keine Verpflichtung zur Zahlung. Die öffentliche Last ist insoweit einem Grundpfandrecht vergleichbar, mit dem eine bürgerlich-rechtliche Forderung gesichert werden soll.

30

An die mit der öffentlichen Last bewirkte dingliche Sicherung der Beitragsforderung knüpfen auch die Vorschriften des Zwangsversteigerungsgesetzes an: Wird eine öffentliche Last nicht in das geringste Gebot aufgenommen, so erlischt sie gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 ZVG mit dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung. Ebenso haftet der Erwerber eines Grundstücks gemäß § 56 Satz 2 ZVG in der Zwangsversteigerungmit dem Grundstück erst vom Zuschlag an für öffentliche Lasten. Hiervon ist strikt die Frage der persönlichen Beitragspflicht zu trennen. Ebenso wie eine bürgerlichrechtliche Forderung bleibt die Ausbaubeitragsschuld vom Bestehen oder Erlöschen der öffentlichen Last unberührt (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 3. Dezember 1997 – 4 K 1376/95 –, NJW-RR 1997, 1507, 1509). Dies hat zur Folge, dass persönliche Beitragpflicht und dingliches Einstehen für eine Beitragsforderung im Falle des Zuschlags in der Zwangsversteigerung dergestalt auseinanderfallen können und der Grundstückseigentümer im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragsschuld – dies ist vorliegend der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides – für die gesamte Beitragsschuld mit seinem Vermögen haftet, während er wegen der aus dem Zuschlag resultierenden gesetzlichen Folgen mit dem Grundstück im Wege der Zwangsvollstreckung nur für die Zeit nach Zuschlag in Anspruch genommen werden kann, wenn vor Entstehen der (persönlichen) Beitragspflicht ein Eigentumswechsel stattgefunden hat. Darin liegt auch kein nicht mehr hinnehmbarer Wertungswiderspruch, denn der Heranziehung zu Beiträgen ist durch die gesetzlich geregelte Festsetzungsverjährung (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V. mit §§ 169 ff. AO) eine angemessene Grenze gesetzt.

31

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 VwGO abzuweisen. Soweit hinsichtlich des erledigten Teiles nach billigem Ermessen über die Kosten zu entscheiden ist, sind diese der Beklagten aufzuerlegen, weil diese durch die erfolgte Neufestsetzung der wiederkehrenden Ausbaubeiträge für die Jahre 2001 bis 2004 den Kläger insoweit klaglos gestellt hat.

32

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO.

33

Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. November 2010

34

Der Streitwert wird bis zur übereinstimmenden Erklärung der Erledigung des Rechtsstreites in der Hauptsache auf 9.478,14 € und für die Zeit danach auf 9.027,18 € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).

35

Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24. November 2010

36

Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Abgabenordnung - AO 1977 | § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden

Abgabenordnung - AO 1977 | § 34 Pflichten der gesetzlichen Vertreter und der Vermögensverwalter


(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass

Abgabenordnung - AO 1977 | § 44 Gesamtschuldner


(1) Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind, sind Gesamtschuldner. Soweit nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldn

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 52


(1) Ein Recht bleibt insoweit bestehen, als es bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigt und nicht durch Zahlung zu decken ist. Im übrigen erlöschen die Rechte. (2) Das Recht auf eine der in den §§ 912 bis 917 des Bürgerlichen Ges

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 56


Die Gefahr des zufälligen Unterganges geht in Ansehung des Grundstücks mit dem Zuschlag, in Ansehung der übrigen Gegenstände mit dem Schluß der Versteigerung auf den Ersteher über. Von dem Zuschlag an gebühren dem Ersteher die Nutzungen und trägt er

Abgabenordnung - AO 1977 | § 77 Duldungspflicht


(1) Wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, eine Steuer aus Mitteln, die seiner Verwaltung unterliegen, zu entrichten, ist insoweit verpflichtet, die Vollstreckung in dieses Vermögen zu dulden. (2) Wegen einer Steuer, die als öffentliche Last auf Gr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 103 Verteilung der Lasten


Wer verpflichtet ist, die Lasten einer Sache oder eines Rechts bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu tragen, hat, sofern nicht ein anderes bestimmt ist, die regelmäßig wiederkehrenden Lasten nach dem Verhältnis der Dauer s

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Die Gefahr des zufälligen Unterganges geht in Ansehung des Grundstücks mit dem Zuschlag, in Ansehung der übrigen Gegenstände mit dem Schluß der Versteigerung auf den Ersteher über. Von dem Zuschlag an gebühren dem Ersteher die Nutzungen und trägt er die Lasten. Ein Anspruch auf Gewährleistung findet nicht statt.

Wer verpflichtet ist, die Lasten einer Sache oder eines Rechts bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu tragen, hat, sofern nicht ein anderes bestimmt ist, die regelmäßig wiederkehrenden Lasten nach dem Verhältnis der Dauer seiner Verpflichtung, andere Lasten insoweit zu tragen, als sie während der Dauer seiner Verpflichtung zu entrichten sind.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind, sind Gesamtschuldner. Soweit nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung.

(2) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt für die Aufrechnung und für eine geleistete Sicherheit. Andere Tatsachen wirken nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Die Vorschriften der §§ 268 bis 280 über die Beschränkung der Vollstreckung in den Fällen der Zusammenveranlagung bleiben unberührt.

Wer verpflichtet ist, die Lasten einer Sache oder eines Rechts bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu tragen, hat, sofern nicht ein anderes bestimmt ist, die regelmäßig wiederkehrenden Lasten nach dem Verhältnis der Dauer seiner Verpflichtung, andere Lasten insoweit zu tragen, als sie während der Dauer seiner Verpflichtung zu entrichten sind.

(1) Wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, eine Steuer aus Mitteln, die seiner Verwaltung unterliegen, zu entrichten, ist insoweit verpflichtet, die Vollstreckung in dieses Vermögen zu dulden.

(2) Wegen einer Steuer, die als öffentliche Last auf Grundbesitz ruht, hat der Eigentümer die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz zu dulden. Zugunsten der Finanzbehörde gilt als Eigentümer, wer als solcher im Grundbuch eingetragen ist. Das Recht des nicht eingetragenen Eigentümers, die ihm gegen die öffentliche Last zustehenden Einwendungen geltend zu machen, bleibt unberührt.

(1) Ein Recht bleibt insoweit bestehen, als es bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigt und nicht durch Zahlung zu decken ist. Im übrigen erlöschen die Rechte.

(2) Das Recht auf eine der in den §§ 912 bis 917 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Renten bleibt auch dann bestehen, wenn es bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt ist. Satz 1 ist entsprechend anzuwenden auf

a)
den Erbbauzins, wenn nach § 9 Abs. 3 des Erbbaurechtsgesetzes das Bestehenbleiben des Erbbauzinses als Inhalt der Reallast vereinbart worden ist;
b)
Grunddienstbarkeiten und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, die auf dem Grundstück als Ganzem lasten, wenn in ein Wohnungseigentum mit dem Rang nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 vollstreckt wird und diesen kein anderes Recht der Rangklasse 4 vorgeht, aus dem die Versteigerung betrieben werden kann.

Die Gefahr des zufälligen Unterganges geht in Ansehung des Grundstücks mit dem Zuschlag, in Ansehung der übrigen Gegenstände mit dem Schluß der Versteigerung auf den Ersteher über. Von dem Zuschlag an gebühren dem Ersteher die Nutzungen und trägt er die Lasten. Ein Anspruch auf Gewährleistung findet nicht statt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.