Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 25. Okt. 2012 - 5 A 192/11

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2012:1025.5A192.11.0A
bei uns veröffentlicht am25.10.2012

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich vorliegend gegen die Rücknahme eines Bescheides, mit welchem der Beklagte (isoliert) das Wiederaufgreifen eines bereits bestandskräftig abgeschlossenen Verfahrens bezüglich der Gewährung von Ausgleichsleistungen angeordnet hatte. Im Ergebnis begehrt er im späteren Verlauf die Gewährung von Ausgleichsleistungen nach seinem Vater L., welcher am 30.10.19.. verstorben ist, wegen dessen entschädigungsloser Enteignung in Bezug auf das vormalige Rittergut P. einschließlich der Burg … im Zuge der Bodenreform.

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Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

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Der im Zuge der Bodenreform enteignete Vater des Klägers bestimmte im notariellen Testament vom 22.03.1983 als Alleinerbin seine Ehefrau V.. Diese sei befreite Vorerbin. Nacherben zu gleichen Teilen seien die Kinder A. und, der Kläger. Es heißt dort wörtlich:

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„Mein Sohn (hier: der Kläger) erhält als Voraus all die Ansprüche, die ich deshalb habe, weil ich meinen Grundbesitz durch die sogenannte Bodenreform in der Sowjetzone in den Gemeinden M., P. und M. verloren habe. Das gilt auch für alle sonstigen Ansprüche, die ich durch den Verlust meines Vermögens in diesen Bezirk haben sollte.“

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Mit Bescheid vom 02.09.1994 lehnte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen den Rückübertragungsantrag des Klägers bezüglich des ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmens seines Vaters in P. und M. gem. § 1 Abs. 8 a VermG (besatzungshoheitliche Enteignung) ab.

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Mit weiterem Teilbescheid vom 17.08.1998 lehnte das Landesamt weiterhin den Antrag des Antragstellers auf Ausgleichsleistungen einschließlich der Rückgabe jeglicher Sachen bezüglich des Rittergutes P. einschließlich der Burg F. ab. In den Gründen dieses Bescheides ist ausgeführt, dass der Antragsteller nicht Erbe sei. Vielmehr sei die Mutter des Klägers nach dem Testament alleinige Erbin als Vorerbin. Der Kläger sei lediglich Vermächtnisnehmer. Die am 08. Dezember 1997 erfolgte Abtretung aller Vorausvermächtnisansprüche durch die Mutter löse keine Wirkungen aus, weil die Antragsfrist für Ausgleichsleistungsansprüche bereits am 31.05.1995 abgelaufen sei. Die Mutter als Erbin habe innerhalb der gesetzlichen Frist keinen Antrag gestellt. Die vom Kläger hiergegen erhobene Klage beim VG Halle galt als zurückgenommen, weil der Kläger das Verfahren nicht betrieb (Beschluss vom 29.09.2000, 1 A 1478/98).

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Unter dem 05.06.2009 beantragte der Kläger durch seine Bevollmächtigten das Wiederaufgreifen des Verfahrens zum Bescheid vom 17.08.1998 im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.10.2008 (5 C 31. 07). In diesem Urteil wird eine Abtretung von Entschädigungsansprüchen bereits vor Inkrafttreten der entsprechenden Gesetze (im dortigen Fall: 1965) für wirksam erachtet, wenn der Zessionar gleichzeitig gesetzlicher Erbe ist, z. B. Abkömmling.

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Mangels Einschlägigkeit dieser Entscheidung kündigte das Landesamt zunächst eine Ablehnung des Antrags auf Wiederaufgreifen ab. Im weiteren Verlauf übersandte der Kläger einen gem. § 25 Abs. 2 RAG DDR gegenständlich beschränkten Erbschein des Amtsgerichts B. vom 20.05.2010, wonach er seinen Vater hinsichtlich des in der früheren DDR belegenden Immobiliennachlasses, insbesondere des Immobiliennachlasses in M., P. und M., beerbt habe.

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Mit Bescheid vom 20.09.2010 gab der Beklagte dem Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens bezüglich Ausgleichsleistung und Rückgabe beweglicher Sachen bezüglich des ehemaligen Rittergutes P. einschließlich der Burg F. im Hinblick auf den Erbschein vom 20.05.2010 statt. Über den Antrag auf Aufhebung des Teilbescheides vom 17.08.1998 und Neubescheidung sollte gesondert entschieden werden.

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Im weiteren Verlauf des Verfahrens kam der Beklagte zu der Erkenntnis, dass nach der Rechtsprechung des BGH (Beschl. v. 04.10.1995, IV B 5/95) eine Teilrechtsnachfolge bezüglich der Immobilien in der vormaligen DDR vorliegend keine Rechtswirkungen entfalte, weil es sich vorliegend um Entschädigungs- bzw. Ausgleichsleistungsansprüche handele, die erst 1994 entstanden seien. Der Erblasser habe keine Immobilien als Eigentümer im Beitrittsgebiet hinterlassen.

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Mit hier angefochtenem Bescheid vom 23.06.2011 wurde vom Beklagten der Bescheid zum Wiederaufgreifen des Verfahrens vom 20.09.2010 als rechtswidrig zurückgenommen. Er hätte nicht ergehen dürfen, weil der Ablehnungsbescheid vom 17.09.1998 rechtmäßig gewesen sei. Auch unter Anwendung des beschränkt gegenständlichen Erbscheines sei der Kläger im Verfahren kein Rechtsnachfolger nach seinem Vater, weil sich dieser Erbschein nicht auf die Ausgleichsleistungsansprüche beziehe, vielmehr nur auf Immobilien, die der Erblasser tatsächlich in der DDR hinterlassen habe. Vertrauensschutz sei nicht zu gewähren, weil der Kläger keine Leistungen erhalten habe, insbesondere der Versagungsbescheid vom 17.08.1998 noch nicht durch einen begünstigenden Bescheid ersetzt worden sei. Auf die Begründung dieses Bescheides wird Bezug genommen.

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Gegen diesen Bescheid hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben. § 48 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1VwVfG LSA sei für eine Rücknahme gar nicht anwendbar, weil gem. § 2 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG LSA dieses Gesetz für das Recht der Wiedergutmachung nicht anwendbar sei. Der Bescheid vom 20.09.2010 sei auch nicht rechtswidrig gewesen, was sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.10.2008 (5 C 31.07) ergebe. Außerdem habe der Beklage zutreffend unter dem 20.09.2010 entschieden, dass der Kläger aufgrund des Erbscheines vom 20.05.2010 von Anfang an als Erbe zu betrachten sei. Im Übrigen sei der Kläger nach dem notariellen Testament und auch den aufgehobenen Vorgängerfassungen – unabhängig vom Erbschein – auch im materiellen Sinne als Erbe zu betrachten. Die Regelung müsse man bei willensgerechter Auslegung wie folgt verstehen: „Die Ehefrau ist Alleinerbin hinsichtlich des Westvermögens. Sie ist „Vorerbin“, der Sohn insoweit „Nacherbe“. Die Tochter erhält ein Vermächtnis. Hinsichtlich des Ostvermögens aber ist der Sohn „Erbe“.“ Schließlich habe der Kläger auch die Antragsfrist für das Wiederaufgreifen eingehalten, weil er ohne grobes Verschulden nicht in der Lage war, den Grund für das Wiederaufgreifen in einem früheren Verfahrensstadium geltend zu machen. Der Beklagte habe durch seine Sachbearbeitung und verschiedene irreführende Aufforderungen den Kläger davon abgehalten, zeitnah den Erbschein zu seinen Gunsten vorzulegen.

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Der Kläger beantragt,

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des Bescheid des Beklagten vom 23.06.2011 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

17

Er verteidigt den angefochtenen Bescheid, weil der Bescheid zum Wiederaufgreifen des Verfahrens rechtswidrig gewesen sei. Denn der Bescheid vom 17.08.1998 sei rechtmäßig gewesen. Der Kläger sei lediglich Nacherbe gewesen. Die Vorerbin habe keinen rechtzeitigen Antrag gestellt. Die Nachlassspaltung beziehe sich nicht auf Ansprüche nach dem Entschädigungs- bzw. Ausgleichsleistungsgesetz. Diese Ansprüche seien erst 1994 erstmals entstanden. Der Erblasser habe keine Immobilien in der DDR als Eigentümer hinterlassen, die vererbt werden könnten.

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Die Mutter des Klägers ist am 27.10.2010 verstorben. Mit Teilerbschein des Amtsgerichts B. vom 07.08.2012 wurde festgestellt, dass der Vater des Klägers mit dem infolge des Todes der Vorerbin eingetretenen Nacherbfall vom Kläger als Alleinerben beerbt worden ist.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Denn der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 23. Juni 2011 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Das Verwaltungsverfahrensgesetz ist vorliegend anwendbar. Der Geltungsausschluss gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG LSA bezüglich „Recht der Wiedergutmachung“ ist vorliegend nicht einschlägig. Denn das Ausgleichleistungsrecht zählt hierzu nicht. Hierunter fallen nämlich die Regelungen in Bezug auf die Kriegsfolgen, namentlich Verfahren nach dem Bundesrückerstattungsgesetz, dem Bundesentschädigungsgesetz und dem Bundesgesetz zur Wiedergutmachung national-sozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung (vgl. Kropp/Ramsauer, § 2 VwVfG Anmerkung 32). Es sei angemerkt, dass auch das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung das Verwaltungsverfahrensgesetz für anwendbar hält, insbesondere § 48 (z. B. BVerwG, Urt. v. 09.01.07, 8 B 36/06, Urt. v. 18.08.10, 8 C 39/09).

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Die Voraussetzungen von § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG liegen vor. Denn der zurückgenommene Verwaltungsakt vom 20.09.2010 ist rechtswidrig. Dieser Verwaltungsakt war nämlich allein auf Folgendes gestützt:

23

„Das Amtsgericht B. hat durch den Erbschein vom 20.05.2010 festgestellt, dass G. Erbe von L. hinsichtlich des in der früheren DDR belegenden Immobiliennachlasses, insbesondere des Immobiliennachlasses in M., P. und M. (...).

24

Durch die festgestellte Erbenstellung des Antragstellers hinsichtlich der Immobilien in M., P. und M. hat sich seine Stellung im Verfahren nach dem Ausgleichleistungsgesetz geändert (…). Aufgrund der früheren Sachlage war das Landesverwaltungsamt, Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen, der Auffassung, dass sich aus dem vorliegenden Testament von L. ergebe, dass der Antragsteller nur Vermächtnisnehmer sei und nicht Erbe. Als Vermächtnisnehmer war er nicht in den Kreis der Ausgleichleistungsberechtigten miteinbezogen. Als Erbe ist der Antragsteller nunmehr in den Kreis der Ausgleichleistungsberechtigten miteinbezogen.“

25

Die vorstehend dargestellte Annahme des Beklagten war jedoch unzutreffend. Der Erbschein vom 20.05.2010 hat den Kläger gerade nicht als Erben bezüglich der hier noch im Streit stehenden Ausgleichsleistungen festgestellt. Denn der Bundesgerichtshof hat schon mit Beschluss vom 04.10.1995 (IV ZB 5/95) entschieden, dass Ansprüche aus dem Vermögensgesetz nicht geeignet sind, eine Nachlassspaltung herbeizuführen. Die erbrechtlichen Verhältnisse richten sich insoweit nach dem allgemeinen für den Erblasser geltenden Erbstatut. Die Anwendung des Rechts der DDR als Recht der belegenden Sache würde nach dieser Entscheidung voraussetzen, dass Vermögenswerte i. S. v. § 25 Abs. 2 DDR-RAG zum Nachlass gehörten. Im Nachlass des (im Fall des BGH) 1985 verstorbenen Erblassers befanden sich aber weder in der DDR gelegene Grundstücke noch Ansprüche nach dem Vermögensgesetz. Letztere entstehen vielmehr, wenn der Berechtigte nicht mehr lebt, originär in der Person seines Rechtsnachfolgers, also des Erben. Schon daran scheitert eine – unmittelbare – Anwendung von § 25 Abs. 2 DDR-RAG. Überdies stellten die Ansprüche nach dem Vermögensgesetz ihrer Rechtsnatur nach keine „anderen Rechte an Grundstücken“ i. S. v. § 25 Abs. 2 DDR-RAG dar. Für Ansprüche nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz, welche vorliegend in Betracht kommen, kann ersichtlich nichts anderes gelten. Diesbezüglich verbleibt es also bei den allgemeinen erbrechtlichen Regelungen nach BGB, wie sie zum Zeitpunkt des Todes des Vaters des Klägers bestanden.

26

Demzufolge war der ausschließlich auf dem Gesichtspunkt des Erbscheins vom 10.05.2010 gestützte Bescheid zum isolierten Wiederaufgreifen des Verfahrens rechtswidrig. Dabei kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob eine isolierte Entscheidung über das Wiederaufgreifen geboten bzw. rechtlich zulässig war. Denn der betreffende Bescheid ist bestandskräftig geworden. Die Behörde hat sich seinerzeit allein von der Frage leiten lassen, dass sie nunmehr von einer Erbenstellung des Klägers ausgehe, welche jedenfalls mit Rücksicht auf den Erbeschein vom 10.05.2010 nicht zu begründen war. Aber auch unabhängig von der Erbscheinslage war der Kläger nicht als Erbe zu behandeln. Das folgt insbesondere nicht aus dem Testament vom 22.03.1983, nach welchem der Kläger und seine Schwester ausdrücklich als Nacherben nach der Alleinerbin und Vorerbin V. bestimmt worden sind. Auch die Auslegung des Testaments im Hinblick auf das für den Kläger bestimmte „Voraus“ führt zu keinem anderen Ergebnis unter dem Gesichtspunkt, dass die dort genannten Werte den weitaus größten Teil des Nachlasses ausgemacht hätten. Dies war nämlich zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments ersichtlich nicht der Fall. Vielmehr waren die dort genannten Vermögenspositionen wertlos. Der Vater des Klägers war weder Eigentümer der dort genannten - bereits 1945 enteigneten - Liegenschaften noch hatte er Ansprüche nach dem Vermögensgesetz bzw. im Entschädigungs- und Ausgleichleistungsgesetz. Die genannten Gesetze sind erst nach dem Ableben des Vaters des Klägers 1990 und 1994 geschaffen worden. Die dort genannten Rechte entstanden in der Person der Erben erstmals und neu. Werthaltige Vermögenspositionen in Bezug auf vormaliges Vermögen in der DDR waren nicht vorhanden.

27

Auch die rechtsirrige Behandlung des Klägers als Erben durch den Beklagten jedenfalls bis zum 31.05.1995 führt nicht zur Begründung einer entsprechenden rechtlichen Position, zumal der Kläger – auch noch heute – gerade keinen Erbschein vorlegen kann, der ihn als direkten Erben bereits für die Zeit vor dem 01.06.1995 ausweist. Eine erbrechtlich direkte Rechtsnachfolge in einzelne Vermögensgegenstände widerspricht § 1922 BGB, eine Erbenstellung des Klägers wegen des ihm zugedachten (1983 wertlosen) „Voraus“ kommt ohnehin nicht in Betracht (§ 2087 Abs. 2 BGB).

28

Es kommt vorliegend auch nicht auf die Frage an, inwieweit der Beklagte bei dem Kläger einen Irrtum über die Wirksamkeit seiner Antragstellung erzeugt hat. Er selbst hatte unzweifelhaft rechtzeitig einen Restitutionsantrag gestellt. Der Antrag auf Ausgleichsleistungen wurde und wird von dem Beklagten weiterhin als rechtzeitig gestellt behandelt, auch wenn er zunächst aufgrund des bestandskräftigen Bescheides vom 02.09.1994 erledig war. Die Antragstellung durch den Kläger ersetzt jedoch nicht seine materielle Berechtigung als Erbe, welche zum 31.05.1995 (§ 6 Abs. 1 Satz 3 AusglG) hätte vorliegen müssen. Zwar ist der Kläger nach dem Ableben seiner Mutter am 27.10.2010 Alleinerbe geworden. Der Eintritt des Nacherbfalles wirkt auch unmittelbar auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers zurück (§ 2106 Abs. 1 BGB). Dadurch wird aber die Anmeldefrist nach § 6 Abs. 1 Satz 3 AusglG nicht gewahrt. Denn diese hätte von der Vorerbin, der Mutter des Klägers, gewahrt werden müssen, was unstreitig nicht geschehen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat nämlich in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass im Zeitpunkt der Anmeldung bzw. bis zum Ende der Anmeldefrist die volle Rechtsmacht für eine wirksame Anmeldung erforderlich ist. So ist eine Genehmigung vollmachtsloser Anmeldung nach dem 31.12.1992 für Vermögensrechtsansprüche bzw. nach dem 31.05.1995 für Entschädigung- und Ausgleichleistungsansprüche nicht mehr möglich. So hat das Bundesverwaltungsgericht unter dem 24.06.1999 (7 C 20/98, juris) ausgeführt, dass die Anmeldung eines Restitutionsanspruches durch einen vollmachtlosen Vertreter nach Ablauf der Ausschlussfrist nicht rückwirkend genehmigt werden kann. Eine Verfassungsbeschwerde hiergegen wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 14.09.1999 nicht zur Entscheidung angenommen. Das Bundesverfassungsgericht seinerseits hat mit Beschluss vom 10.01.2000 (1 BvR 1398/99) entschieden, dass die strengen Ausschlussfristen nicht nur für die Restitution selbst, sondern auch für die Sekundäransprüche (Entschädigung) gelten. Auch insoweit sei die Anmeldefrist durch gewichtige Gründe des öffentlichen Wohls gerechtfertigt. Sie diene zwar insoweit nicht der Beseitigung von Investitionshemmnissen und der Gewährleistung des Rechtsverkehrs. Wegen der Vielzahl der bis zum Inkrafttreten des 2. Vermögensrechtsänderungsgesetzes eingegangenen Anmeldungen und der damit verbundenen Arbeitsbelastung für die zuständigen Ämter habe die Notwendigkeit zur Einführung einer Schlussfrist bestanden, um eine möglichst zügige Bearbeitung der Anmeldungen gewährleisten zu können. Hinsichtlich der Anträge auf Entschädigungen verfolge der Gesetzgeber zudem das fiskalische Interesse, zum Zwecke der Finanzplanung einen möglichst genauen Überblick über bestehende Entschädigungsansprüche zu erhalten. Auch dieser Zweck rechtfertige angesichts der angespannten Haushaltslage die Anordnung einer für den erstrebten Erfolg sowohl geeignete als auch erforderliche Ausschlussfrist für die Anmeldung von Entschädigungsansprüchen. Demzufolge vermögen weder eine Genehmigung der Anmeldung des Klägers durch die Vorerbin durch den Abtretungsvertrag vom 08.12.1997 noch die Tatsache, dass der Kläger durch den Nacherbfall rückwirkend Alleinerbe geworden ist, daran etwas zu ändern, dass keine wirksame Anmeldung vorliegt.

29

Das Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 23.10.2008 (5 C 31/07) ist für den Fall ohne Bedeutung. Es geht hier nicht um eine (wirksame) Vorausabtretung von Ansprüchen, vielmehr um die (unwirksame) Abtretung von Ansprüchen nach Ablauf der Ausschlussfrist. Die Abtretung vom 08.12.1997 durch die Mutter konnte den Ablauf der Ausschlussfrist mit dem 31.05.1995 nicht überwinden.

30

Auf die Frage, ob der Beklagte dadurch, dass er in dem Ablehnungsbescheid zur Rückübertragung vom 02.09.1994 den Kläger als Erben für den ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb angesehen hat, eine Antragstellung durch die Mutter des Antragstellers objektiv verhindert hat, kommt es nicht an. Denn der Antrag ist nun einmal von der Mutter bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist nicht gestellt worden. Zum anderen könnte sich hieraus lediglich ein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung der Mutter des Klägers ergeben, nicht des Klägers selbst. Dieser wäre gegebenenfalls nicht vom Entschädigungsfonds zu erfüllen, vielmehr von der Anstellungskörperschaft der verantwortlichen Beamten. Um einen solchen Anspruch geht es vorliegend nicht. Er wäre im Übrigen auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen. Die Rechtsnachfolge nach der Mutter des Klägers ist ohnehin nicht bekannt.

31

Mangels Erbenstellung des Klägers – sowohl nach Erbscheinslage wie nach materiellem Recht – war der zurückgenommene Bescheid vom 20.09.2010 objektiv rechtswidrig und durfte zurückgenommen werden. Der Beklagte hat von dem eingeräumten Ermessen in fehlerfreier Weise Gebrauch gemacht. Er war sich darüber bewusst, im Ermessensbereich zu handeln. Er hat den Vertrauensschutz des Klägers geprüft und zutreffend verneint. Insbesondere waren dem Antragsteller weder Leistungen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz bereits zuerkannt worden oder ausgezahlt.

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Ob der Beklagte aus anderen Gründen als wegen der Vorlage des (Teil-)Erbscheins vom 10.05.2010 zu einer Änderung des Versagungsbescheides vom 17.08.1998 berechtigt oder sogar verpflichtet war, kommt es vorliegend nicht an. Denn vorliegend geht es lediglich um die Rücknahme des Bescheides zum Wiederaufgreifen des Verfahrens.

33

Die Klage war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

34

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

35

Gründe für Zulassung der Revision i. S. v. § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

36

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Der Auffangwert war anzusetzen, da es vorliegend nur um das isolierte Aufgreifen des Verfahrens geht.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 1 Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden 1. des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,2. der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sons

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1922 Gesamtrechtsnachfolge


(1) Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über. (2) Auf den Anteil eines Miterben (Erbteil) finden die sich auf die Erbschaft beziehenden Vorschriften Anwendun

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 2 Ausnahmen vom Anwendungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt nicht für die Tätigkeit der Kirchen, der Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen. (2) Dieses Gesetz gilt ferner nicht für 1. Verfahren der Bundes- oder Landesfinanzbe

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2087 Zuwendung des Vermögens, eines Bruchteils oder einzelner Gegenstände


(1) Hat der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens dem Bedachten zugewendet, so ist die Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen, auch wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist. (2) Sind dem Bedachten nur einzelne Gegens

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2106 Eintritt der Nacherbfolge


(1) Hat der Erblasser einen Nacherben eingesetzt, ohne den Zeitpunkt oder das Ereignis zu bestimmen, mit dem die Nacherbfolge eintreten soll, so fällt die Erbschaft dem Nacherben mit dem Tode des Vorerben an. (2) Ist die Einsetzung einer noch nic

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 18. Aug. 2010 - 8 C 39/09

bei uns veröffentlicht am 18.08.2010

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme eines vermögensrechtlichen Bescheides, mit dem ihr das Eigentum an den nicht überbauten Teilen eines Grundstück

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(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Dieses Gesetz gilt nicht für die Tätigkeit der Kirchen, der Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen.

(2) Dieses Gesetz gilt ferner nicht für

1.
Verfahren der Bundes- oder Landesfinanzbehörden nach der Abgabenordnung,
2.
die Strafverfolgung, die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, die Rechtshilfe für das Ausland in Straf- und Zivilsachen und, unbeschadet des § 80 Abs. 4, für Maßnahmen des Richterdienstrechts,
3.
Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und den bei diesem errichteten Schiedsstellen,
4.
Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch,
5.
das Recht des Lastenausgleichs,
6.
das Recht der Wiedergutmachung.

(3) Für die Tätigkeit

1.
der Gerichtsverwaltungen und der Behörden der Justizverwaltung einschließlich der ihrer Aufsicht unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts gilt dieses Gesetz nur, soweit die Tätigkeit der Nachprüfung durch die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder durch die in verwaltungsrechtlichen Anwalts-, Patentanwalts- und Notarsachen zuständigen Gerichte unterliegt;
2.
der Behörden bei Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen von Personen gelten nur die §§ 3a bis 13, 20 bis 27, 29 bis 38, 40 bis 52, 79, 80 und 96;
3.
der Vertretungen des Bundes im Ausland gilt dieses Gesetz nicht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Dieses Gesetz gilt nicht für die Tätigkeit der Kirchen, der Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften sowie ihrer Verbände und Einrichtungen.

(2) Dieses Gesetz gilt ferner nicht für

1.
Verfahren der Bundes- oder Landesfinanzbehörden nach der Abgabenordnung,
2.
die Strafverfolgung, die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, die Rechtshilfe für das Ausland in Straf- und Zivilsachen und, unbeschadet des § 80 Abs. 4, für Maßnahmen des Richterdienstrechts,
3.
Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und den bei diesem errichteten Schiedsstellen,
4.
Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch,
5.
das Recht des Lastenausgleichs,
6.
das Recht der Wiedergutmachung.

(3) Für die Tätigkeit

1.
der Gerichtsverwaltungen und der Behörden der Justizverwaltung einschließlich der ihrer Aufsicht unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts gilt dieses Gesetz nur, soweit die Tätigkeit der Nachprüfung durch die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder durch die in verwaltungsrechtlichen Anwalts-, Patentanwalts- und Notarsachen zuständigen Gerichte unterliegt;
2.
der Behörden bei Leistungs-, Eignungs- und ähnlichen Prüfungen von Personen gelten nur die §§ 3a bis 13, 20 bis 27, 29 bis 38, 40 bis 52, 79, 80 und 96;
3.
der Vertretungen des Bundes im Ausland gilt dieses Gesetz nicht.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme eines vermögensrechtlichen Bescheides, mit dem ihr das Eigentum an den nicht überbauten Teilen eines Grundstücks zurückübertragen worden ist.

2

Eigentümer des Grundstücks, S.straße ... in D., eingetragen im Grundbuch von D., Gemarkung ..., Blatt ..., Flurstück ..., heute Bestandteil des Flurstücks ..., war der Amtsgerichtsrat Dr. jur. .... Am 25. Januar 1941 wurde das Deutsche Reich (Reichseisenbahnvermögen) aufgrund einer Auflassung vom 31. Dezember 1940 in das Grundbuch eingetragen.

3

Das Flurstück ... wurde mit den benachbarten Flurstücken ..., ..., ..., ..., ... und ... zu einem Flurstück ... verschmolzen. Auf diesem Grundstück befindet sich unter anderem ein Verwaltungsgebäude ... Das Flurstück ... in seinen früheren Grenzen ist bis auf einen unwesentlichen kleinen Teil nicht bebaut, sondern wird als Parkplatz benutzt, der der Öffentlichkeit zugänglich ist.

4

Mit Schreiben vom 13. November 1991 beantragte die Klägerin bei der Stadtverwaltung D. - Amt zur Regelung offener Vermögensfragen - die Rückübertragung des Grundstücks S.straße ... in D. Als Eigentümer gab sie an: "B., ..., Dr. jur."

5

Mit Schreiben vom 20. April 1992 meldete die Klägerin die Rückübertragung des Grundstücks erneut bei der Stadtverwaltung D. unter Angabe des Eigentümers "B., ..., Dr." an.

6

Mit Bescheid der Stadt D. - Amt zur Regelung offener Vermögensfragen - vom 21. Mai 1996 wurde der Antrag auf Rückübertragung abgelehnt und festgestellt, die Klägerin werde nach Maßgabe des § 1 Abs. 5 des Entschädigungsgesetzes in Verbindung mit dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz für den Vermögensverlust an dem Grundstück S.straße... entschädigt. Hierüber sollte ein gesonderter Bescheid ergehen. Der Anspruch gemäß § 1 Abs. 6 VermG sei gegeben. Die Naturalrestitution des Grundstücks sei aber gemäß § 5 Abs. 1 Buchst. b VermG ausgeschlossen, weil das Grundstück als Parkplatz genutzt werde.

7

Auf den Widerspruch der Klägerin wurde der Bescheid vom 21. Mai 1996 aufgehoben und festgestellt, das Eigentum an den noch zu vermessenden und näher bezeichneten nicht überbauten Teilen des Grundstücks S.straße ... sei an die Widerspruchsführerin zu Alleineigentum zurück zu übertragen. Die Widerspruchsführerin sei gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 VermG Rechtsnachfolgerin bezüglich des jüdischen Vermögens. Die Rückübertragung des streitgegenständlichen Grundstücks sei auch nicht gemäß §§ 4, 5 Abs. 1 Buchst. b VermG ausgeschlossen.

8

Mit Schreiben vom 6. Mai 2003 wies die Stadt D. - Amt zur Regelung offener Vermögensfragen - die Klägerin darauf hin, im Zuge der Neuvermessung des Grundstücks ... sei festgestellt worden, dass der in den vorgelegten Nachweisen genannte Dr. C. B. nicht mit dem Grundstückseigentümer Dr. jur. F. C. C. B. identisch sein könne. Es handele sich um zwei verschiedene Personen, die zur selben Zeit in D. gewohnt hätten. Dies habe ein Abgleich mit den Adressbüchern ergeben. Bevor die Entscheidung bezüglich der Berechtigung der Klägerin für das Grundstück S.straße ... aufgehoben werde, werde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

9

Am 17. Oktober 2003 teilte die Klägerin der Stadt D. mit, sie habe keine Unterlagen ermitteln können, die belegten, dass der Eigentümer des streitigen Grundstücks - der Amtsgerichtsrat "Dr. F. K. Ku. B." - Jude war. Die bisher vorgelegten Nachweise beträfen nicht den Grundstückseigentümer der S.straße ...

10

Unter dem 4. Dezember 2003 teilte die Stadt D. - Amt zur Regelung offener Vermögensfragen - der Klägerin mit, sie beabsichtige, den Bescheid vom 21. Mai 1996 in Verbindung mit dem Widerspruchsbescheid des ... Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 17. November 1998 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin keine Berechtigte im Sinne von § 2 Abs. 1 VermG bezüglich des ehemaligen Grundstücks in der S.straße... in ... sei, weil das Grundstück entgegen der bisherigen Annahme von keiner Maßnahme nach § 1 Abs. 6 VermG betroffen gewesen sei. Die rechtswidrige Entscheidung sei auf eine Verwechslung aufgrund des gleichen Namens zurückzuführen. Der Bescheid sei daher zurückzunehmen. Eine Grundbuchberichtigung sei bisher nicht erfolgt, so dass nach dem bisher bekannten Sachstand auch keine Vermögensdispositionen hätten getroffen werden können. Es werde Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats gegeben. Dieses Schreiben gelte als neuer ablehnender Vorbescheid im Sinne von § 32 Abs. 1 VermG.

11

Mit Inkrafttreten des Entschädigungsrechtsänderungsgesetzes wurde das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen ab dem 1. Januar 2004 zuständig für Entscheidungen über vermögensrechtliche Ansprüche, auf die § 1 Abs. 6 VermG anzuwenden ist. Dies teilte die Stadt D. der Klägerin mit Schreiben vom 27. Januar 2004 mit.

12

Das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen teilte der D. unter dem 14. Dezember 2004 mit, es beabsichtige, den dem Schreiben beigefügten Rücknahmebescheid zu erlassen. Die D. erhalte gemäß § 32 Abs. 1 VermG Gelegenheit, innerhalb eines Monats ab Zugang des Schreibens zu der beabsichtigten Entscheidung Stellung zu nehmen.

13

Dieses Schreiben leitete die D. zuständigkeitshalber an das B. weiter.

14

Mit Bescheid vom 9. Februar 2005 hob das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen den Bescheid der Stadt D. - Amt zur Regelung offener Vermögensfragen - vom 21. Mai 1996 in Verbindung mit dem Widerspruchsbescheid des ... Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 17. November 1998 auf und stellte fest, dass die Antragstellerin nicht Berechtigte gemäß § 2 Abs. 1 VermG bezüglich des Grundstücks S.straße... in D. ist. Das Grundstück S.straße ... in D. sei nicht von einer Maßnahme nach § 1 Abs. 6 VermG betroffen gewesen. Gemäß § 48 Abs. 1 VwVfG könne ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch wenn er unanfechtbar geworden sei, zurückgenommen werden. Im vorliegenden Fall sei nach Eintreten der Bestandskraft des Bescheides festgestellt worden, dass dieser auf unrichtigen Tatsachenangaben der Klägerin beruhe. Das habe die Klägerin auch anerkannt. Daher werde der rechtswidrige Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit und für die Zukunft zurückgenommen.

15

Der daraufhin erhobenen Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht stattgegeben und mit Urteil vom 2. Juni 2009 den Bescheid des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 9. Februar 2005 aufgehoben. Der bestandskräftige Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen der Stadt D. vom 21. Mai 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des ... Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 17. November 1998 sei zwar rechtswidrig, weil die Klägerin nicht Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes sei. Der angefochtene Bescheid vom 9. Februar 2005 sei aber nicht fristgemäß ergangen. Im vorliegenden Fall sei der Behörde spätestens am 23. Oktober 2003 die Rechtswidrigkeit des zu Gunsten der Klägerin ergangenen Rückübertragungsbescheides bekannt gewesen, denn an diesem Tag sei beim Amt zur Regelung offener Vermögensfragen der Stadt die Mitteilung der Klägerin eingegangen, die eine Namensverwechslung bestätigt habe. Das daraufhin zur beabsichtigten Aufhebung des Bescheides ergangene Anhörungsschreiben des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 4. Dezember 2003 sei der Klägerin am 8. Dezember 2003 zugestellt worden, so dass gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 VermG ihre Anhörung am 8. Januar 2004 abgeschlossen gewesen sei. Die Jahresfrist gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG sei somit am 8. Januar 2005 abgelaufen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht im Hinblick auf die Anhörung des Beigeladenen mit Schreiben vom 14. Dezember 2004. Deren Anhörung sei nicht zwingend geboten. Aus § 32 Abs. 1 Satz 3 VermG ergebe sich lediglich, dass dem Verfügungsberechtigten eine Abschrift des Anhörungsschreibens nach § 32 Abs. 1 Satz 1 VermG zu übersenden sei. Damit solle ihm Klarheit darüber verschafft werden, ob er mit einer Stattgabe oder einer Ablehnung des Rückübertragungsantrages zu rechnen habe. Dass hier die Übersendung des Anhörungsschreibens unterblieben sei, sei indes unschädlich, weil die Rücknahme des Rückübertragungsbescheides die Rechtsposition des Beigeladenen nicht zu dessen Nachteil hätte verändern können. Anhaltspunkte dafür, dass der Verbleib des Grundstücks bei dem Beigeladenen diesen benachteiligt hätte und das Bundeseisenbahnvermögen deshalb hätte angehört werden müssen, seien von dem Beigeladenen nicht vorgetragen worden.

16

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt mit dem Antrag,

das Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 2. Juni 2009 zum Aktenzeichen ... aufzuheben und die Klage ... gegen den Rücknahmebescheid der Beklagten vom 9. Februar 2005 abzuweisen, hilfsweise die Sache zur erneuten Entscheidung an das Verwaltungsgericht ... zurückzuverweisen.

17

Sie rügt die fehlerhafte Anwendung des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG. Die Jahresfrist beginne bei einem Zuständigkeitswechsel erst dann, wenn die zuständig gewordene Behörde Kenntnis von allen für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Umständen erlangt habe. Das zum 1. Januar 2004 zuständig gewordene Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen habe den Vorgang nach der Übergabe erstmals unter dem 8. Dezember 2004 bearbeitet. Dementsprechend habe der nunmehr zuständige Amtswalter erst zu diesem Zeitpunkt die Rechtswidrigkeit des Restitutionsbescheides feststellen und die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG in Lauf setzen können.

18

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

19

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat unter Verstoß gegen revisibles Recht der Klage der Klägerin gegen den Rücknahmebescheid des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 9. Februar 2005 stattgegeben (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Urteil beruht auf einer unrichtigen Anwendung von § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG, § 32 Abs. 1 Satz 3 VermG und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts wurde der Bescheid der Stadt D. - Amt zur Regelung offener Vermögensfragen - vom 21. Mai 1996 in Verbindung mit dem Widerspruchsbescheid des ... Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 17. November 1998 innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Behörde von den Tatsachen, die die Rücknahme rechtfertigen, zurückgenommen (§ 48 Abs. 4 VwVfG). Die im Urteil getroffenen Feststellungen reichen für eine abschließende Sachentscheidung aus (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO). Die Klage muss abgewiesen werden, weil der Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2005 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

21

Nach § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG ist die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt zulässig, von dem die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme rechtfertigen. Die Frist beginnt zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (vgl. Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1984 - BVerwG Gr.Sen. 1 und 2.84 - BVerwGE 70, 356 <362> = Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 33; Urteile vom 20. Dezember 1999 - BVerwG 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226 <233> = Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 97 und vom 27. April 2006 - BVerwG 3 C 23.05 - BVerwGE 126, 7 <14> = Buchholz 428.2 § 2 VZOG Nr. 16). Es reicht nicht aus, dass die die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen aktenkundig sind. Die Jahresfrist beginnt erst, wenn diese Tatsachen vollständig, uneingeschränkt und zweifelsfrei ermittelt sind (Urteil vom 24. Januar 2001 - BVerwG 8 C 8.00 - BVerwGE 112, 360 <362> = Buchholz 316 § 49 VwVfG Nr. 40 S. 4 f. mit Hinweis auf die Entscheidung des Großen Senats vom 19. Dezember 1984 a.a.O.). Die Entscheidungsfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG kann erst beginnen, wenn Entscheidungsreife eingetreten ist. Die Rücknahmebehörde muss sich die Kenntnis anderer Behörden nicht zurechnen lassen, weil sonst das mit § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG verfolgte Ziel, der zuständigen Behörde eine ausreichend lange Zeit für eine Prüfung und Entscheidung zu gewähren, verfehlt würde (Urteil vom 20. Dezember 1999 a.a.O. S. 234 bzw. 14). Die zuständige Behörde erhält Kenntnis, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme des Verwaltungsakts berufene Amtswalter von den die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtfertigenden Tatsachen positive Kenntnis erlangt hat (Urteil vom 24. Januar 2001 a.a.O. S. 363 f. bzw. S. 6).

22

Eine solche vollständige Tatsachenkenntnis hatte die Beklagte frühestens nach Ablauf der in ihrem Schreiben vom 14. Dezember 2004 dem Beigeladenen gesetzten Frist von einem Monat nach Zugang des Schreibens zur Stellungnahme zur beabsichtigten Rücknahmeentscheidung. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die einjährige Rücknahmefrist habe bereits mit der abgeschlossenen Anhörung der Klägerin am 8. Januar 2004 zu laufen begonnen, da eine Anhörung des Beigeladenen nicht zwingend geboten gewesen sei, ist mit § 32 Abs. 1 Satz 3 VermG nicht vereinbar. Die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung, § 32 Abs. 1 Satz 3 VermG verpflichte nur zur Übermittlung einer Abschrift des Anhörungsschreibens nach § 32 Abs. 1 Satz 1 VermG und greife hier nicht ein, weil die Rücknahme des Rückübertragungsbescheides die Rechtsposition des Beigeladenen nicht zu dessen Nachteil hätte verändern können, geht an Sinn und Zweck dieser Vorschrift vorbei. Sie normiert ein Beteiligungsrecht des Verfügungsberechtigten, das auch im Rücknahmeverfahren besteht und keine Betroffenheit in eigenen Rechten voraussetzt.

23

Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 VermG hat die Behörde dem Antragsteller die beabsichtigte Entscheidung schriftlich mitzuteilen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats zu geben. Dem Verfügungsberechtigten ist eine Abschrift der Mitteilung nach Satz 1 zu übersenden (§ 32 Abs. 1 Satz 3 VermG).

24

Diese spezialgesetzliche Regelung dient der Wahrung des in einem rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahren gebotenen rechtlichen Gehörs. Zur Herstellung der Entscheidungsreife, nach deren Eintritt die Entscheidungsfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG erst beginnen kann, gehört im Rückübertragungs- wie im Rücknahmeverfahren die Anhörung der Beteiligten, und zwar unabhängig von deren Ergebnis. Die Einwände des Anzuhörenden können nur dann ernstlich zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden, wenn die Behörde sich ihre Entscheidung bis zum Abschluss des Anhörungsverfahrens offenhält.

25

Die Anwendung von § 32 Abs. 1 VermG ist nicht auf das Restitutionsverfahren an sich beschränkt. Die Vorschrift findet auch im Rücknahmeverfahren Anwendung, das gleichsam spiegelbildlich zum Restitutionsverfahren erfolgt. Weder der Wortlaut der Vorschrift noch der systematische Zusammenhang gebieten eine Differenzierung zwischen dem Restitutionsverfahren und dessen Rückabwicklung.

26

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verlangt § 32 Abs. 1 Satz 3 VermG eine Anhörung des Verfügungsberechtigten vor Erlass der beabsichtigten Entscheidung und nicht nur dessen Information hinsichtlich einer beabsichtigten Rücknahmeentscheidung gegenüber dem ursprünglichen Antragsteller.

27

Der Wortlaut des § 32 Abs. 1 Satz 1 und 3 VermG mag zwar ein Beteiligungsrecht von unterschiedlicher Gewichtung nahelegen. Während Satz 1 von einer schriftlichen Mitteilung der beabsichtigten Entscheidung und der Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats spricht, beschränkt sich Satz 3 auf die Verpflichtung zur Übersendung einer Abschrift der Mitteilung nach Satz 1 an den Verfügungsberechtigten. Gegen eine Differenzierung mit der Folge, dass sich aus Satz 3 lediglich eine Informationspflicht der entscheidenden Behörde gegenüber dem Verfügungsberechtigten ergibt, sprechen jedoch die systematische Verknüpfung zwischen Satz 1 und 3, der Sinn und Zweck der Vorschrift sowie ihre Entstehungsgeschichte.

28

§ 32 Abs. 1 Satz 3 VermG wurde aufgrund von Art. 1 Nr. 28 Buchst. b Zweites Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1257) neu in das Vermögensgesetz eingefügt. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass der Verfügungsberechtigte von der beabsichtigten Entscheidung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 VermG Kenntnis erhält, damit er Gelegenheit hat, die Behörde auf etwaige Entscheidungshindernisse aufmerksam zu machen (vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes, BRDrucks 227/92 S. 168). Dadurch sollte eine bessere Abstimmung zwischen dem Rückgabeverfahren nach dem Vermögensgesetz und den Regelungen des Investitionsvorranggesetzes ermöglicht werden.

29

Auch wenn die Vorschrift mit Blick auf das Investitionsvorranggesetz konzipiert wurde, schließt dies ein Verständnis im Sinne einer umfassenden Anhörung des Verfügungsberechtigten nicht aus. Der Verfügungsberechtigte ist in der Regel neben dem Antragsteller im Restitutionsverfahren der Hauptbetroffene, weil er Eigentümer des Restitutionsobjektes ist oder die Verfügungsmacht darüber inne hat (§ 2 Abs. 3 VermG). Ein sachlicher Grund, hinsichtlich der Beteiligung von Restitutionsberechtigtem und Verfügungsberechtigtem im Restitutions- und im Rückabwicklungsverfahren zu differenzieren, ist nicht erkennbar. Demgegenüber hat die ursprüngliche Zweckbestimmung nur eingeschränkte Bedeutung, zumal das Investitionsvorranggesetz in seiner endgültigen Fassung vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1257) erheblich vom Gesetzesentwurf abweicht (vgl. Art. 5 § 17 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vermögensgesetzes und anderer Gesetze - Zweites Vermögensrechtsänderungsgesetz - BRDrucks 227/92 S. 45). Die Vorschrift enthielt ursprünglich den Grundsatz, dass das Rückübertragungsverfahren nach dem Vermögensgesetz nicht schon durch das Investitionsvorrangverfahren oder die Erteilung einer Investitionsbescheinigung, sondern erst durch die investiven Maßnahmen selbst unterbrochen werde (vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes - BRDrucks 227/92 S. 214 f.). § 17 Abs. 2 des Entwurfes zum Investitionsvorranggesetz beschrieb dazu die Ausnahmen. In seiner endgültigen Fassung vom 14. Juli 1992 (BGBl I S. 1257) bestimmt das Investitionsvorranggesetz in § 4 Abs. 4 Satz 1 InVorG dagegen, dass das Rückübertragungsverfahren nach dem Vermögensgesetz bereits mit der Unterrichtung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen über das Investitionsvorrangverfahren unterbrochen wird. Zuständig zur Unterrichtung ist gemäß § 4 Abs. 2, 4 InVorG der Verfügungsberechtigte. Hat der Verfügungsberechtigte keine Kenntnis vom Rückübertragungsverfahren und der beabsichtigten abschließenden Entscheidung gemäß § 33 Abs. 4 VermG, ist er gerade auf die Mitteilung gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3 VermG angewiesen, um die zuständige Behörde nach deren Erhalt über das investive Vorhaben unterrichten zu können, damit die Rückübertragungssperre nach § 4 Abs. 4 Satz 2 InVorG ausgelöst wird. Die Mitteilung nach § 32 Abs. 1 Satz 3 VermG an den Verfügungsberechtigten ist auch bedeutsam, wenn die nach dem Investitionsvorranggesetz zuständige Stelle (vgl. § 4 Abs. 2 InVorG), die sich nach dem Ort der Belegenheit des Vermögenswertes richtet, das nach dem Vermögensgesetz grundsätzlich zuständige Wohnsitzamt (§ 35 Abs. 1 Satz 1 VermG) nicht unterrichtet hat.

30

Entscheidender Grund für die Verpflichtung zur Beteiligung des Verfügungsberechtigten nach § 32 Abs. 1 Satz 3 VermG war somit für den Gesetzgeber, Entscheidungshindernisse in Erfahrung zu bringen und zu ermitteln, die einer eventuellen Rückübertragung im Wege stehen könnten. Diese Absicht geht über eine bloße Information des Verfügungsberechtigten hinaus. Demgemäß hat die einjährige Rücknahmefrist nicht vor dem Zugang des Schreibens der Beklagten vom 14. Dezember 2004 an den Verfügungsberechtigten und dem Ablauf der darin gesetzten Frist zur Stellungnahme von einem Monat begonnen, so dass die Rücknahme des ursprünglich stattgebenden Restitutionsbescheides mit Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2005 entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts rechtzeitig erfolgt ist.

31

Im Gegensatz zu § 28 Abs. 1 VwVfG setzt § 32 Abs. 1 VermG nicht voraus, dass die beabsichtigte Entscheidung in Rechte eines Beteiligten eingreift (vgl. Redeker/Hirtschulz, in: Fieberg/Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Stand Mai 2010, § 32 Rn. 1; Wasmuth, in: Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Stand März 2010, § 32 VermG Rn. 8). Die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Anhörungsschreiben habe dem Beigeladenen nicht übersandt werden müssen, weil seine Rechtsposition zu seinem Nachteil durch den Rücknahmebescheid nicht verändert worden sei, trifft deshalb nicht zu. Insoweit geht auch das Argument der Klägerin ins Leere, bereits aus dem streitgegenständlichen Bescheid sei erkennbar, dass dieser für den Verfügungsberechtigten nicht belastend sei.

32

Das angegriffene Urteil erweist sich auch nicht etwa als im Ergebnis richtig, weil eine Verwirkung der Rücknahmebefugnis eingetreten wäre.

33

Da der Gesetzgeber eine Frist für die Ermittlung der maßgeblichen Umstände den Behörden nicht gesetzt hat, hat es die Behörde zwar in der Hand, den Beginn der Frist durch eine Verzögerung des Anhörungsverfahrens hinauszuschieben. Ein solches Verhalten kann aber zur Verwirkung des Rechts auf Rücknahme führen (Urteile vom 20. Dezember 1999 - BVerwG 7 C 42.98 - BVerwGE 110, 226 <236 f.> = Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 97 und vom 20. September 2001 - BVerwG 7 C 6.01 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 103; Beschluss vom 7. November 2000 - BVerwG 8 B 137.00 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 99). Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Beklagten aus diesem Grund der Zugriff auf den Restitutionsbescheid verwehrt war, lassen sich den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht entnehmen. Die Klägerin war über den Zuständigkeitswechsel durch die Stadt D. - Amt zur Regelung offener Vermögensfragen - mit Schreiben vom 27. Januar 2004 informiert worden. Ein Vertrauen auf den Bestand des ursprünglichen Restitutionsbescheides konnte sie im Hinblick darauf und auf die Tatsache, dass eine Eigentumsüberschreibung im Grundbuch noch nicht erfolgt ist, nicht aufbauen. Der Zeitraum, innerhalb dessen der Rücknahmebescheid erlassen wurde, ist auch nicht als unangemessen lang einzustufen, zumal sich der Zuständigkeitswechsel nicht auf Einzelfälle bezog.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über.

(2) Auf den Anteil eines Miterben (Erbteil) finden die sich auf die Erbschaft beziehenden Vorschriften Anwendung.

(1) Hat der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens dem Bedachten zugewendet, so ist die Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen, auch wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist.

(2) Sind dem Bedachten nur einzelne Gegenstände zugewendet, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er Erbe sein soll, auch wenn er als Erbe bezeichnet ist.

(1) Hat der Erblasser einen Nacherben eingesetzt, ohne den Zeitpunkt oder das Ereignis zu bestimmen, mit dem die Nacherbfolge eintreten soll, so fällt die Erbschaft dem Nacherben mit dem Tode des Vorerben an.

(2) Ist die Einsetzung einer noch nicht gezeugten Person als Erbe nach § 2101 Abs. 1 als Nacherbeinsetzung anzusehen, so fällt die Erbschaft dem Nacherben mit dessen Geburt an. Im Falle des § 2101 Abs. 2 tritt der Anfall mit der Entstehung der juristischen Person ein.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.