Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 20. Mai 2016 - 3 A 165/15

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2016:0520.3A165.15.0A
bei uns veröffentlicht am20.05.2016

Tatbestand

1

Die Kläger sind russische Staatsangehörige und nach tschetschenische Volkszugehörige.

2

Sie reisten eigenen Angaben zufolge im Jahr 2011 nach Polen, wo sie am 22. August 2011 einen Asylantrag stellten. Am 18. September 2012 wurde den Klägern in Polen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt. In Polen hielten sich die Kläger bis zum 27. Juni 2013 auf. Sodann stellten sie einen weiteren Asylantrag in Norwegen und in Dänemark. Am 12. März 2015 reisten die Kläger in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 15. April 2015 beim Bundesamt (Bundesamt) einen Antrag auf Asyl (Az. …-190).

3

In Ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 6. Mai 2015 führte die Klägerin zu 1. auch in Vertretung der Klägerin zu 2. im Wesentlichen aus, dass sie in ihrem Herkunftsstaat vergewaltigt worden sei und aufgrund dessen psychische Probleme habe. Daneben habe sie auch Probleme mit dem Herzen. In Polen wäre sie von ehemaligen Kollegen ihres zweiten Ehemannes aufgefordert worden, Dokumente ihres verschwundenen Ehemannes auszuhändigen. Ihr Ehemann habe ihr gegenüber gesagt, sie solle diese Dokumente verstecken und nicht darüber sprechen. Sie wisse nicht genau, um was für Dokumente es sich handeln würde. Auf Nachfrage erklärte die Klägerin zu 1., dass sie sich wegen dieses Vorfalls an einen polnischen Rechtsanwalt gewendet habe. Man habe von ihr Daten und Zeugen zu den Personen, die sie angesprochen hätten, haben wollen. Sie wäre jedoch nicht in der Lage gewesen, nähere Angaben zu den Personen zu machen. An die örtlichen Polizeibehörden habe sie sich nicht gewandt, da ihr der Rechtsanwalt gesagt habe, dass nach seiner Erfahrung solche Dinge nie aufgeklärt werden würden. Wegen ihrer psychischen Probleme sei die Klägerin zu 1. in Polen medizinisch behandelt worden.

4

Mit Bescheid vom 1. Juni 2015 lehnte die Beklagte den Asylantrag als unzulässig ab und forderte die Kläger verbunden mit einer fristgebundenen Abschiebungsandrohung hinsichtlich einer möglichen Abschiebung nach Polen zur Ausreise auf. Gleichzeitig stellte das Bundesamt fest, die Kläger dürften nicht in die Russische Föderation abgeschoben werden. Zur Begründung führte das Bundesamt aus, Polen habe zwar die Rückübernahme der Kläger abgelehnt, aber mitgeteilt, den Klägern sei dort bereits am 18. September 2012 der Flüchtlingsstatus gewährt worden. Wegen der weiteren Begründung wird auf den Bescheid verwiesen (Bl. 86 ff. der Beiakte A).

5

Am 15. Juni 2015 haben die Kläger Klage erhoben. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Gericht abgelehnt durch Beschl. v. 24. Juni 2015 - 3 B 166/15 MD -.

6

Zur Begründung tragen die Kläger im Wesentlichen vor, dass die Klägerin zu 1. im Jahr 2013 in Polen durch zwei Männer an der Hand ergriffen worden sei und diese ihr gedroht hätten, sie würden sie überall finden. Bei den Personen habe es sich um zwei Männer gehandelt, die die Klägerin zu 1. in der Russischen Föderation vergewaltigt und geschlagen hätten. Den Männern ginge es bei der Gewaltanwendung darum, die Klägerin zu 1. psychisch unter Druck zu setzen, damit diese den Aufenthaltsort ihres Ehemannes preisgebe oder aber Dokumente aushändige, die der Ehemann besessen habe. Aufgrund des Vorfalls in der Russischen Föderation sei der Klägerin in Polen subsidiärer Schutz gewährt worden. Den Übergriff in Polen hätten polnische Polizeibeamte beobachtet, sich jedoch von der Klägerin weggewandt, als diese um Hilfe geschrien habe. Vor ihrer Abschiebung aus Dänemark nach Polen hätte die Republik Polen in einer „Verpflichtungserklärung“ der Klägerin zu 1. zugesichert, ihr Schutz zu gewähren. Diesen habe sie anschließend aber nicht erhalten. An die polnischen Polizeibehörden habe sich die Klägerin zu 1. nicht gewendet, da ihr ein Rechtsanwalt in Polen gesagt habe, dass dies nicht erfolgversprechend sei. In Polen werde den Klägern daher kein ausreichender internationaler Schutz gewährt, denn ihre Verfolger hielten sich auch in Polen auf, sodass die Kläger weiterhin in Gefahr seien. Im Falle der Rückkehr nach Polen drohe der Klägerin zu 1. darüber hinaus eine Retraumatisierung.

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Die Kläger beantragen,

8

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 01.06.2015 zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen, ihnen die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG zuzuerkennen und hilfsweise ihnen subsidiären Schutz nach § 4 AsylG zu gewähren sowie weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

11

Die Beklagte bezieht sich zur Begründung auf den ergangenen Bescheid.

12

Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Die Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Gerichts.

Entscheidungsgründe

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Die Kammer kann durch die Einzelrichterin entscheiden, weil der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylG mit Beschluss vom 15. Februar 2015 auf die bestellte Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen wurde.

14

Die zulässige Klage ist unbegründet.

15

1. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft. Denn die Beklagte muss nach einer Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides auch ohne besonderen Verpflichtungsausspruch des Gerichts das Asylverfahren für die Kläger durchführen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 14.11.2013 – 4 L 44/13 –; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 02.08.2012 – 4 MC 133/12 –, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 01.03.2012 – 1 B 234/12.A –, juris). Das Gericht legt den Antrag der Kläger entsprechend aus (§ 88 VwGO).

16

2. Der Bescheid des Bundesamtes vom 1. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

17

Die Beklagte hat die Anträge der Kläger zu Recht als unzulässig abgewiesen.

18

a) Dabei hat die Beklagte die Abweisung aber zunächst auf eine falsche Rechtsgrundlage gestützt.

19

Die Kläger haben in Polen am 18. September 2012 subsidiären Schutz erhalten, was nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für vor dem 20. Juli 2015 in Deutschlang gestellte Asylanträge nicht den Unzulässigkeitsausspruch hinsichtlich einer in Deutschland erstrebten Flüchtlingsanerkennung zur Folge haben darf (BVerwG, Beschl. v. 23.10.2015 - 1 B 41/15 -, juris). Denn für vor diesem Tag gestellte Anträge sieht Art. 52 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32 EU (Asylverfahrensrichtlinie 2013) vor, dass die Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie 2005) mit der Folge gilt, dass gemäß Art. 25 Abs. 2 lit. a Asylverfahrensrichtlinie 2005 lediglich im Fall der Flüchtlingsanerkennung, nicht jedoch bei gewährtem subsidiärem Schutz im Mitgliedstaat eine Ablehnung des Asylantrags als unzulässig erfolgen darf.

20

Für vorliegenden Fall der Zuerkennung (lediglich) subsidiären Schutzes in Polen und der Asylfolgeantragstellung in Deutschland am 15. April 2015 ergibt sich damit, dass der Anwendung der von der Beklagten herangezogenen Rechtsgrundlage des § 60 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG der Art. 25 Abs. 2 lit. a) der Asylverfahrensrichtlinie 2005 entgegensteht.

21

Die Asylverfahrensrichtlinie 2013 ist auf den Fall der Klägers trotz der Umsetzung der in Art. 33 Abs. 2 lit. a) enthaltenen Regelung durch den deutschen Gesetzgeber in § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG bereits zum 1. Dezember 2013 nicht anwendbar wegen Art. 52 UA 1 der Asylverfahrensrichtlinie 2013 i. V. m. der Günstigkeitsbestimmung des Art. 5 dieser Richtlinie. Diese Regelungen bestimmen, dass die neue Asylverfahrensrichtlinie 2013 nur dann für bereits vor dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge Geltung beanspruchen kann, wenn es sich nicht um eine den Antragsteller belastende Änderung handelt.

22

Anders als in dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. September 2015 zugrunde liegenden Sachverhalt (der dortige Antragsteller begehrte lediglich subsidiären Schutz), richtet sich vorliegend das Klagebegehren auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Bei Anwendung der neuen Asylverfahrensrichtlinie 2013, hier deren Art. 33 Abs. 1 Satz 2 lit. a), umgesetzt durch § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, würden die Kläger schlechter gestellt als durch die Regelung in Art. 25 Abs. 1 Satz 2 lit. a) der Vorgängerrichtlinie 2005, wonach ein Asylantrag nur dann als unzulässig abgelehnt werden kann, wenn ein anderer Mitgliedstaat dem Antragsteller bereits die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat.

23

Findet Art. 33 der Asylverfahrensrichtlinie 2013 somit keine Anwendung, sondern vielmehr Art. 25 der Asylverfahrensrichtlinie 2005, liegt mit der Vorschrift des § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, bei Fällen wie dem vorliegenden, ein Verstoß gegen Unionsrecht vor mit der Folge, dass die Vorgängerrichtlinie 2005 hier unmittelbar anzuwenden ist.

24

Da den Klägern in Polen subsidiärer Schutz gewährt wurde, sie mit dem vorliegenden Asylfolgeantrag vom 15. April 2015 auch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehren, kommt wegen der Übergangsregelung des Art. 52 Unterabs. 1 der Richtlinie Asylverfahrensrichtlinie 2013 i. V. m. der Günstigkeitsbestimmung des Art. 5 der Asylverfahrensrichtlinie 2013 nicht Art. 33 der Asylverfahrensrichtlinie 2013 zur Anwendung, sondern Art. 25 der Vorgängerrichtlinie 2005.

25

Danach kann ein Asylantrag nur dann als unzulässig abgelehnt werden, wenn dem Antragsteller zuvor in einem anderen Mitgliedstaat höher- oder gleichwertiger Status zuerkannt worden ist.

26

Für vorliegenden Fall ergibt sich somit, dass der Asylfolgeantrag der Kläger, mit dem sie einen höheren Status (Flüchtlingseigenschaft) als den ihnen bereits in Polen zuerkannten (subsidiärer Schutz) anstreben, zu Unrecht als unzulässig abgelehnt worden ist.

27

b) Die Entscheidung ist jedoch gleichwohl im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der streitgegenständliche Bescheid kann nach § 47 Abs. 1 VwVfG umgedeutet werden. Ein wie unter 2. a) dargestellter fehlerhafter Verwaltungsakt kann gemäß § 47 Abs. 1 VwVfG dann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Unter diesen Voraussetzungen sind auch Verwaltungsgerichte im Gerichtsverfahren ermächtigt, fehlerhafte Verwaltungsakte umzudeuten (vgl. statt vieler BVerwG, Urt. v. 16.11.2015 - - 1 C 4.15 -, juris m. w. N.). Außerdem dürfen die Rechtsfolgen für den Betroffenen nicht ungünstiger sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG).

28

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

29

Die Republik Polen ist sicherer Drittstaat nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylG, Art. 16a Abs. 2 GG, da es sich um einen Mitgliedstaat der Europäischen Union handelt (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.05.1996 - 2 BvR 1938.93, 2 BvR 2315.93 -, juris). Reist ein Ausländer aus einem sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland ein, prüft das Bundesamt grundsätzlich weder die Voraussetzungen der Asylberechtigung noch des Flüchtlingsstatus noch das Vorliegen der subsidiären Schutzberechtigung oder von Abschiebungsverboten. Dies ist letztlich im System der Drittstaatenregelung begründet. Allerdings hat das Bundesamt ein Verfahrensermessen dahingehend, dass es freiwillig eine Prüfung der Voraussetzungen des Flüchtlingsstatus, des subsidiären Schutzes und von Abschiebungsverboten durchführen kann. Allein eine Prüfung, ob Asylberechtigung im Sinn des Art. 16a GG besteht, ist dem Bundesamt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 16a GG bei Einreise aus einem sicheren Drittstaat nicht möglich (vgl. Hailbronner, AuslR., § 31 AsylVfG Rn. 58). Eine Verpflichtung des Bundesamtes, bei der Einreise aus einem sicheren Drittstaat nach § 31 Abs. 4, § 26a AsylVfG vorzugehen, besteht aber gerade nicht (so auch Hailbronner, AuslR., § 31 AsylVfG, Rn. 58). Dies ergibt sich auch aus der amtlichen Begründung der genannten Vorschriften (BT-Drs. 12/450, 23), wo von einer Wahlmöglichkeit des Bundesamts die Rede ist. Daneben spricht für eine derartige Auslegung im Sinne einer Wahlmöglichkeit des Bundesamtes auch der Zweck der Beschleunigung und der Praktikabilität des Asylverfahrens: Auch bei Einreise über einen sicheren Drittstaat widerspräche es dem Sinn des Gesetzes, das Bundesamt in derartigen Fällen immer auf eine mögliche, unter Umständen aber mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbundene Abschiebung in den sicheren Drittstaat festzulegen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.9.1996 - 25 A 790/96.A -, NVwZ 1997, 1141; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 14.06.1994 - A 14 S 476/94 -, juris). Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides zwar in der Begründung des Bescheides nur auf den Ausschluss einer Prüfung des subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 AufenthG gestützt. In der Sache hat es damit aber zu erkennen gegeben, dass es nicht gewillt ist, eine sachliche Entscheidung auch über den bisher erlangten Schutzstatus hinausgehenden Schutzstatus als anerkannter Flüchtling nach der Genfer Konvention zu treffen. Konkret wird dies auf Seite 2 des Bescheides dadurch ausgedrückt, dass eine materielle Prüfung des Asylantrags nicht erfolgt. Im Ergebnis ist dies die gleiche Folge, wie eine Ablehnung unter Berufung auf die Einreise aus dem sicheren Drittstaat und ein hieraus resultierender Verzicht auf eine Prüfung des Asylantrags in materieller Hinsicht.

30

Zwar ermöglicht eine Entscheidung nach § 26a AsylG (nur) andere aufenthaltsbeendende Maßnahmen als die hier vom Bundesamt getroffenen, sodass die Verwaltungsakte auch nicht auf das gleiche Ziel gerichtet sind. Die Ablehnung eines Asylantrages nach § 26a AsylG hat eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG zur Folge. Das Vorgehen auf der Grundlage des § 60 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 3 AufenthG führt demgegenüber zum Erlass einer Abschiebungsandrohung. Gemäß § 60 Abs. 10 AufenthG kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen, wenn ein Ausländer abgeschoben werden soll, bei dem die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen; in der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Im Falle des subsidiären Schutzes dürfte eine analoge Anwendung dieser Norm in Betracht kommen. Damit sind zwar die Rechtschutzmöglichkeiten für den betreffenden Ausländer unterschiedlich, denn der Klage gegen eine Abschiebungsandrohung mit einer Ausreisefrist von 30 Tagen kommt aufschiebende Wirkung zu, § 75 Abs. 1, § 38 Abs. 1 AsylG. Hingegen ist der Ausländer bei einer auf § 34a AsylG gestützten Abschiebungsanordnung nur während der Dauer eines fristgerecht anhängig gemachten gerichtlichen Eilrechtschutzverfahrens vor einer Abschiebung geschützt, § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG; die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Vorliegend hat das Bundesamt in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides eine Abschiebungsandrohung erlassen. Nach Auffassung der Kammer stellt eine Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG aber ein milderes Mittel im Vergleich zu einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG dar. Durch den Erlass einer Abschiebungsandrohung werden die Kläger im Ergebnis hinsichtlich ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten besser gestellt, als bei einer Abschiebungsanordnung. Insoweit sind die Rechtsfolgen für den Betroffenen nicht ungünstiger i. S. d. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG.

31

Im Ergebnis konnte der Asylantrag der Kläger daher im Wege der Umdeutung als unzulässig abgelehnt werden.

32

Die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig ist auch nicht aus dem Grunde rechtswidrig, dass eine Ausnahme von dem der Drittstaatenregelung zugrunde liegenden Konzept der normativen Vergewisserung hier vorliegen würde. Der Ausländer, der in den Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden soll, kann den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall - trotz normativer Vergewisserung - die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden (BVerfG, Urt. v. 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49), da der sichere Drittstaat bereits aufgrund dieser Verpflichtungen den gebotenen Schutz gewährleisten (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.05.1996, a. a. O.). Aufgrund dieser generellen Feststellung der Sicherheit im Drittstaat bedarf es keiner Schutzgewährung durch die Bundesrepublik Deutschland. Demgemäß kommen für den Ausländer entsprechend dem mit Art. 16a Abs. 2 GG verfolgten Konzept normativer Vergewisserung über die Sicherheit im Drittstaat auch die materiellen Rechtspositionen, auf die ein Ausländer sich sonst gegen seine Abschiebung stützen kann (insbesondere § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG), nicht in Betracht. Die Bundesrepublik Deutschland hat allerdings Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse nach § 60 AufenthG durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich heraus gesetzt sind. Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann der Ausländer nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen (zum Ganzen: BVerfG, Urt. v. 14.05.1996, a. a. O.).

33

Ein solcher Ausnahmefall, der das Konzept der normativen Vergewisserung entkräften könnte, ist vorliegend nicht gegeben. Soweit die Klägerin zu 1. vorträgt, dass sie sich in Polen nicht sicher fühle, da sie die vermeintlichen Angreifer aus Russland in Polen wiedererkannt habe und diese ihr erneut gedroht hätten, erfüllt dieser Vortrag nicht die engen durch das Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze. Im Wesentlichen führt die Klägerin zu 1. aus, dass ihr in der Republik Polen kein hinreichender staatlicher Schutz gewährt werden würde. Der Zugang und die Gewährung staatlichen Schutzes fallen aber bereits unter die durch den Verfassungsgeber getroffene generelle Feststellung der Sicherheit im Drittstaat. Die Klägerin zu 1. vermochte es auch nicht, in ihrem Einzelfall aufgrund bestimmter Tatsachen darzulegen, dass es sich aufdränge, dass sie von einem der im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen sei. Eine an die Person der Klägerin zu 1. gebundene grundsätzliche Verweigerung der Hilfeleistung polnischer Schutzbehörden ist für das Gericht nicht erkennbar und drängt sich in keinem Falle auf. Soweit die Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung – erstmals – ausführte, dass bei dem vermeintlichen Übergriff an einem Feiertag für Flüchtlinge auch polnische Polizeibeamte anwesend gewesen seien, ist dem entgegen zu halten, dass der von der Klägerin zu 1. geschilderte Vorgang in ihren Schilderungen kein Akt der körperlich und optisch wahrnehmbarer Gewalt war, sondern sich vielmehr in einem psychischen Druck niederschlug, der sich vor allem auf Geschehnisse in der Russischen Föderation bezogen habe. Für das Gericht ist nicht erkennbar, dass anwesende Polizeibeamte diesen kurz andauernden Vorgang optisch aus einer gewissen Entfernung überhaupt wahrnehmen und als Übergriff qualifizieren konnten. Letztlich beschränkte sich der körperliche Vorgang auch nach Angaben der Klägerin zu 1. auf ein „an der Hand Ergreifen“. Soweit die Klägerin zu 1. in der mündlichen Verhandlung erstmals ausführte, dass sie auch um Hilfe geschrieben habe und die Polizeibeamten sich daraufhin von ihr weggewandt hätten, ist dies schon nicht glaubhaft, im Ergebnis aber irrelevant, da es sich auch durch diesen Vortrag für das Gericht nicht aufdrängt, dass ein vom Gesetzgeber nicht beachteter Sonderfall vorliege. Sofern sich polnische Sicherheitsbeamte im Einzelfall unkorrekt verhalten, rechtfertigt dies nicht, das Konzept der normativen Vergewisserung insgesamt zu entkräften. Letztlich war es die Entscheidung der Klägerin zu 1. selbst, sich nach dem Vorfall nicht an die polnischen Schutzbehörden zu wenden und ihnen insoweit auch nicht die Gelegenheit zu geben, ihr Unterstützung zu gewähren.

34

Sofern die Klägerin zu 1. vorträgt, dass polnische Behörden ihr in einer „Verpflichtungserklärung“, welche im Rahmen des Asylverfahrens in Dänemark eingeholt wurde, Schutz zusagten, den sie nach ihrer Abschiebung nach Polen sodann aber nicht erhalten habe, gilt ähnliches. Zum einen ist schon nicht erkennbar, worauf sich diese „Verpflichtungserklärung“ konkret bezog. Die Klägerin zu 1. gab in der mündlichen Verhandlung selbst an: „Die Verpflichtungserklärung hatte ich nie in den Händen“ (Seite 4 des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2016). Sämtliche Behauptungen hinsichtlich des Inhaltes des Schreibens fußen demnach nur auf Vermutungen der Klägerin zu 1.

35

c) Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 2 des Bescheides vom 1. Juni 2015 ist nach der vom Gericht vorgenommenen Umdeutung des Verwaltungsaktes zwar rechtswidrig, da nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG in den Fällen des § 26a AsylG die Abschiebung anzuordnen ist. Die Androhung der Abschiebung verletzt die Kläger aber nicht in ihren Rechten (so auch VG Bayreuth, Urt. v. 21.03.2016 - B 3 K 15.30099 -; VG Schleswig, Urt. v. 29.10.2015 - 12 A 286/15 -; VG Hannover, Urt. v. 28.08.2015 - 2 A 2825/15 -, alle: juris).

36

Geht man davon aus, dass in den Fällen, in denen die Unzulässigkeit des Asylantrags sich aus dem Schutzstatus im sicheren Drittstaat ergibt, an sich die in § 34a Abs. 1 AsylG vorgesehene Abschiebungsanordnung vorrangig ist, so fehlt es nach Auffassung des Gerichts mit der Wahl der Abschiebungsandrohung als wie unter 2. b) dargestellt vergleichsweise milderes Mittel jedenfalls an einer Rechtsverletzung der Kläger. Eine unzulässige Verkürzung des Rechtsschutzes für die Kläger geht mit der Wahl der Abschiebungsandrohung nicht einher. Zwar entzieht sich das Bundesamt durch den Erlass einer Abschiebungsandrohung seinem ihm nach § 34a Abs. 1 AsylG zugewiesenen Prüfungsauftrag hinsichtlich des Bestehens inländischer Abschiebungshindernisse. Hierdurch werden die Kläger aber die Berufung auf derartige Vollstreckungshindernisse nicht genommen, sondern nur zeitlich verlagert auf den Zeitpunkt, in dem dann tatsächlich Vollstreckungsmaßnahmen anstehen.

37

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 83 b AsylG abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Tatbestand 1 Der Kläger hat die syrische Staatsangehörigkeit. Er hatte vor Einreise in die Bundesrepublik Deutschla

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 23. Okt. 2015 - 1 B 41/15

bei uns veröffentlicht am 23.10.2015

Gründe I 1 Der Kläger, nach eigenem Vortrag ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste im Augus

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(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Gründe

I

1

Der Kläger, nach eigenem Vortrag ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste im August 2013 zusammen mit seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen Kindern nach Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Zuvor war der Familie bereits in Ungarn subsidiärer Schutz gewährt worden. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2013 entschied das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), dass der Asylantrag des Klägers nach § 27a AsylVfG unzulässig ist (Ziffer 1) und ordnete seine Abschiebung nach Ungarn an (Ziffer 2).

2

Das Verwaltungsgericht hat der hiergegen erhobenen Anfechtungsklage stattgegeben. Mit "Ergänzungsbescheid" vom 28. April 2015 hat das Bundesamt Ziffer 2 des Bescheids vom 13. Dezember 2013 in eine Abschiebungsandrohung nach Ungarn geändert. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Anschlussberufung des Klägers mit Urteil vom 29. April 2015 festgestellt, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich Ziffer 2 des Bescheids erledigt hat, und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Begründet hat er dies damit, dass die ursprüngliche Verantwortlichkeit Ungarns zur Prüfung des Asylantrags des Klägers nicht mehr fortbestehe, nachdem das Bundesamt bezüglich der weiteren Familienangehörigen von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht habe. Die Entscheidung des Bundesamts würde sich auch nicht auf einer anderen Rechtsgrundlage als im Ergebnis zutreffend darstellen, insbesondere sei die Beklagte nicht wegen der subsidiären Schutzgewährung in Ungarn an einer erneuten Sachentscheidung gehindert. Der Antrag sei als Folgeschutzgesuch zu werten, das die Beklagte nach § 71a AsylVfG prüfen müsse. Hinsichtlich der Abschiebungsanordnung habe sich der Rechtsstreit mit dem "Ergänzungsbescheid" der Beklagten erledigt. Dieser enthalte nicht nur eine inhaltliche Modifikation, sondern stelle einen neuen Verwaltungsakt dar, der den früheren jedenfalls konkludent ersetze.

3

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Beklagten, mit der diese die Zulassung der Revision erstrebt.

II

4

Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

5

1. Die von der Beschwerde geltend gemachte Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 (BVerwGE 150, 29) liegt nicht vor. Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur gegeben, wenn die Vorinstanz einen die Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten ebensolchen Rechtssatz widerspricht.

6

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Asylantrag des Klägers nicht schon deshalb unzulässig ist, weil ihm in einem anderen Mitgliedstaat subsidiärer Schutz gewährt worden ist. Dies steht nicht in Widerspruch zu der von der Beschwerde herangezogenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieser lag eine andere Fallkonstellation zugrunde, da der Kläger im dortigen Verfahren in einem anderen Mitgliedstaat als Flüchtling anerkannt worden war. Eine solche ausländische Flüchtlingsanerkennung hat zur Folge, dass der Betroffene nach § 60 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG kraft nationalen Rechts nicht in den Herkunftsstaat abgeschoben werden darf; einen Anspruch auf eine (neuerliche) Statusanerkennung durch das Bundesamt hat er nach § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG aber nicht. Dies gilt über § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG auch in Bezug auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes. Vorliegend geht es hingegen um die Konsequenzen, die sich aus der Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bei gleichzeitiger Gewährung subsidiären Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat für einen erneuten Asylantrag im Bundesgebiet ergeben. Hierzu sind der von der Beschwerde angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts keine tragenden Rechtssätze zu entnehmen, von denen das Berufungsgericht abgewichen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dieser Entscheidung insbesondere nicht den Rechtssatz aufgestellt, dass jede Form einer im Ausland bereits erfolgten Zuerkennung internationalen Schutzes den Ausschluss einer nochmaligen materiellen Prüfung im Bundesgebiet zur Folge hat. Die Entscheidung verhält sich insbesondere nicht zu der hier entscheidungserheblichen Frage, ob die Gewährung subsidiären Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat auch einem Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft entgegensteht.

7

2. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (BVerwG, Beschluss vom 1. April 2014 - 1 B 1.14 - AuAS 2014, 110).

8

a) Die Beschwerde hält zunächst - für den Fall, dass es an einer höchstrichterlichen Klärung fehlt - für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob infolge der Regelung in § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG (i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG) jede Form einer im Ausland bereits erfolgten Zuerkennung internationalen Schutzes für das Bundesgebiet zur Folge hat, dass ein Anspruch auf ein nochmaliges materielles Prüfverfahren zu internationalem Schutz insgesamt ausgeschlossen ist."

9

Dazu führt sie ergänzend aus, dass die vom Berufungsgericht hierzu vertretenen Rechtsgrundsätze in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten seien und sich weder unmittelbar noch mit Hilfe anerkannter Auslegungsgrundsätze aus dem Gesetz ergäben. Mit diesem und dem weiteren Vorbringen zeigt die Beschwerde keine entscheidungserhebliche klärungsbedürftige Frage auf, die eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigt.

10

Soweit die Beschwerde auf die ihrer Auffassung nach divergierende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs München in seinen Beschlüssen vom 16. Juni 2015 - 20 B 15.50058 - (juris) und vom 18. Juni 2015 - 20 B 15.300117 - (juris) verweist, betrafen beide Verfahren die (nochmalige) Zuerkennung subsidiären Schutzes für eine in einem anderen Mitgliedstaat bereits als schutzberechtigt anerkannte Person, während der Kläger mit seinem Asylantrag vorliegend (auch) die - von den ungarischen Behörden abgelehnte - Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und damit eine Aufstockung seines Schutzes begehrt.

11

Soweit die Beschwerde im Übrigen hinsichtlich des Umfangs der aus § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abzuleitenden Unzulässigkeit eines materiellen Prüfverfahrens darauf hinweist, dass die Ablehnung der Durchführung eines erneuten Asylverfahrens wegen der Gewährung subsidiären Schutzes in einem anderen Mitgliedstaat den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere Art. 33 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rats vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180 S. 60) - Asylverfahrensrichtlinie n.F. - entspreche, wonach die Mitgliedstaaten zusätzlich zu den Dublin-Bestimmungen einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig betrachten dürfen, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat, übersieht sie die Übergangsregelung in Art. 52 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2013/32/EU. Danach wenden die Mitgliedstaaten die in Umsetzung dieser Richtlinie nach Art. 51 Abs. 1 erlassenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf förmlich gestellte Anträge auf internationalem Schutz nach dem 20. Juli 2015 oder früher an; für vor diesem Datum gestellte Anträge gelten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften "nach Maßgabe der Richtlinie 2005/85/EG" (Asylverfahrensrichtlinie a.F.). Zu den dieser Übergangsregelung unterfallenden Bestimmungen zählt auch die Ermächtigung in Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU, die regelt, unter welchen Voraussetzungen die Mitgliedstaaten zusätzlich zu den Fällen, in denen nach Maßgabe der Dublin-Verordnungen ein Antrag nicht geprüft wird, einen Antrag auf internationalen Schutz wegen Unzulässigkeit nicht prüfen müssen. Folglich darf ein - wie hier - vor dem Stichtag (20. Juli 2015) gestellter Asylantrag nur nach Maßgabe der Regelung in Art. 25 der Richtlinie 2005/85/EG als unzulässig betrachtet werden. Nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/85/EG können die Mitgliedstaaten einen Asylantrag wegen Schutzgewährung in einem anderen Mitgliedstaat aber nur als unzulässig betrachten, wenn der andere Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat. Daran fehlt es hier.

12

Da es sich bei der den Mitgliedstaaten in Art. 33 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU eingeräumten - und gegenüber der Vorgängerregelung erweiterten - Option um eine den Antragsteller belastende Änderung handelt, ermöglicht auch die Günstigkeitsbestimmung des Art. 5 der Richtlinie 2013/32/EU keine vorzeitige Anwendung der Änderung auf vor dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge. Damit steht im vorliegenden Verfahren Unionsrecht der von der Beklagten angenommenen Auslegung des § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG entgegen, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

13

b) Des Weiteren hält die Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob sich die Abschiebungsanordnung als spezielle Ausformung der Abschiebungsandrohung darstellt bzw. jedenfalls insoweit teilidentisch ist, als unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung des Charakters als Ausreiseverfügung bei gleichbleibendem Zielstaatsbezug eine Abänderung in eine Abschiebungsandrohung möglich ist oder es sich dabei um völlig unterschiedliche Regelungen handelt, die nicht einmal teilidentisch sind, so dass die erfolgte Abänderung zur vollständigen Erledigung der verfügten Abschiebungsanordnung führt."

14

In diesem Zusammenhang verweist sie darauf, dass beide Maßnahmen der Umsetzung einer festgestellten Ausreiseverpflichtung dienten, der Prüfungsinhalt jedenfalls insoweit identisch sei, als es um die zielstaatsbezogene Gefährdungslage gehe und nach dem das Asylverfahren in besonderer Weise prägenden Grundsatz der Verfahrenskonzentration und -beschleunigung es zielführender wäre, abschichtbare Regelungsbereiche - wie etwa die Frage einer zielstaatsbezogenen Gefährdungslage - umfassend bereits in einem anhängigen Streitverfahren einer Überprüfung zu unterziehen, anstatt sie mit neu ausgelösten Rechtsmittelfristen einer Überprüfung in einem eigenständigen und späteren Gerichtsverfahren zu überantworten.

15

Auch dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, da die aufgeworfene Rechtsfrage ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens anhand des Gesetzes beantwortet werden kann. Das Bundesamt hat die auf § 34a AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung durch den "Ergänzungsbescheid" inhaltlich nicht lediglich modifiziert, sondern durch eine andere Regelung, nämlich eine Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylVfG ersetzt. Abschiebungsanordnung und Abschiebungsandrohung stellen unterschiedliche Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung dar, die nicht teilidentisch sind. Insbesondere stellt sich eine Abschiebungsanordnung nicht als spezielle Ausformung einer Abschiebungsandrohung dar und ist eine Abschiebungsandrohung nicht als Minus in jeder Abschiebungsanordnung mitenthalten. Auch der Umstand, dass beide Maßnahmen auf das gleiche Ziel gerichtet sind, nämlich auf eine Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet, und teilweise identische Prüfungsinhalte bestehen, begründet keine Teilidentität in dem Sinne, dass die Ersetzung einer (rechtswidrigen) Abschiebungsanordnung durch eine Abschiebungsandrohung nicht zur (vollständigen) Erledigung der Abschiebungsanordnung führt. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Abschiebungsandrohung einer Fristsetzung bedarf. Außerdem soll in einer Abschiebungsandrohung zwar der Staat bezeichnet werden, in den der Betroffene abgeschoben werden soll; soweit keine Abschiebungsverbote bestehen, kann er auf der Grundlage einer Abschiebungsandrohung aber auch in jeden anderen Staat abgeschoben werden, in den er ausreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist (§ 34 AsylVfG i.V.m. § 59 Abs. 2 und 3 AufenthG). Die Abschiebungsanordnung bedarf hingegen nach § 34a Abs. 1 AsylVfG keiner vorherigen Androhung und Fristsetzung, darf aber nur in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat angeordnet werden und setzt voraus, dass die Abschiebung in diesen Staat durchgeführt werden kann.

16

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger, ein Ehepaar und ihre 2010 und 2011 geborenen Kinder, sind syrische Staatsangehörige, yezidischer Religionszugehörigkeit. Sie reisten eigenen Angaben zufolge am 16.04.2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 26.05.2014 einen Asylantrag. Die Kläger hatten 2012 bei der Botschaft in Ankara ein Visum für Deutschland beantragt, das abgelehnt wurde. Entsprechendes gilt für die Kläger zu 3. und 4.

Gegenüber der Zentralen Rückführungsstelle Nordbayern gab der Kläger zu 1. am 08.05.2014 an, sie hätten sich vom 02.09.2013 bis 14.04.2014 in Bulgarien aufgehalten, dort Asyl beantragt und seien als Flüchtlinge anerkannt worden. Sie hätten am 15.04.2014 ihre bulgarischen Reisepässe in Ungarn zerrissen und weggeschmissen. Ab Sofia seien sie mit dem Auto über Rumänien, Ungarn und Österreich nach München gefahren. Für die Reise nach Deutschland habe er 1.300,00 EUR bezahlt. Die Klägerin zu 2. gab an, sie sei zum dritten Mal in Deutschland.

Beim persönlichen Gespräch des zuständigen Mitgliedsstaates gab der Kläger am 11.06.2014 an, auf ihrem Fluchtweg seien sie im September 2014 in Bulgarien von der Polizei aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden. Man habe sie gezwungen, einen Asylantrag zu stellen. Am nächsten Tag habe man sie in eine Gemeinschaftsunterkunft nach Sofia gebracht, wo sie sich bis zur Zuerkennung des Asylantrags aufgehalten hätten. Anschließend hätten sie dann in Sofia für ca. zwei Monate in einer Mietwohnung gewohnt. Im Cafè hätten sie dann einen Iraker getroffen, mit dem er vereinbart habe, sich und die Familie für 1.300,00 EUR nach München zu bringen. Er wolle mit seiner Familie nach Deutschland. In Bulgarien seien sie gezwungen worden, einen Asylantrag zu stellen. Die Klägerin zu 2. gab bei dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats am 11.06.2014 insbesondere an, in der Türkei hätten sie mit einem türkischen Schleuser vereinbart, dass er sie für 10.000,00 EUR nach Deutschland bringe. Am 02.09.2014 hätten sie Bulgarien zu Fuß erreicht, die Polizei habe sie aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt. Sie wären gezwungen worden, einen Asylantrag zustellen. Sie hätten dann in einer Gemeinschaftsunterkunft und anschließend für zwei Monate in Sofia in einer Mietwohnung gewohnt. In Sofia habe ihr Mann einen irakischen Schleuser getroffen und mit ihm vereinbart, sie für 1.300,00 EUR nach München zu bringen. Ein bulgarischer Fahrer habe sie nach Deutschland gefahren und direkt bei dem Schwager, der in München wohne, abgesetzt. Bis zum 22.04.2014 hätten sie sich beim Schwager aufgehalten und dann bei der Asylbehörde in München als asylsuchend gemeldet. Sie wolle mit ihrer Familie nach Deutschland, da sie Verwandtschaft in Deutschland habe. In Bulgarien seien sie gezwungen worden, einen Asylantrag zu stellen (Beiakt I Seite 147).

Bei seiner Anhörung am 22.07.2014 gab der Kläger zu 1. an, er habe in Bulgarien einen Asylantrag gestellt. Ihm sei auch Flüchtlingsschutz gewährt worden und er habe einen Flüchtlingspass bekommen. Diesen habe er aber in Ungarn vernichtet. Nach Bulgarien könnten sie nicht zurückkehren. Dort habe man keine Rechte und dort lebten viele Islamisten. Dort wolle er nicht leben. Sein Sohn habe schon Angst, wenn er nur die Polizei gesehen habe. Überall werde man dort benachteiligt. Bei den Banken bekomme man weniger ausbezahlt als einem eigentlich zustehe. Bei Taxifahrten verlangten sie oft doppelten und dreifachen Preis. Nach Bulgarien wollten sie nicht zurückkehren. Im Übrigen äußerte sich der Kläger zu 1. zu seinem Verfolgungsschicksal in Syrien.

Die Klägerin zu 2. gab bei ihrer Anhörung am 22.07.2014 ebenfalls an, sie hätten in Bulgarien einen Flüchtlingspass bekommen, den sie in Ungarn kaputt gemacht hätten. In Bulgarien sei es fast noch schlimmer als in Syrien. Dorthin wollten sie auf keinen Fall zurück. Dort werde man schlecht behandelt. Bei der Anmeldung des Sohnes im Kindergarten habe es Schwierigkeiten gegeben, keiner habe sie beraten. Zudem seien die Lebensmittel und alles dort sehr teuer und sie hätten alles selbst bezahlen müssen. Die Atmosphäre dort sei schlecht. Sie seien schlecht behandelt worden. Am Anfang seien sie in der Gemeinschaftsunterkunft gewesen und mit ganz vielen in einem Zimmer zusammen. Als Folge habe es Krankheiten gegeben, auch ihr Sohn habe eine Hautkrankheit bekommen. Anschließend berichtete die Klägerin zu 2. noch über ihr Verfolgungsschicksal in Syrien.

Auf das Informationsersuchen des Bundesamtes informierte Bulgarien mit FAX-Schreiben darüber, dass den Klägern zu 1. und zu 2. samt ihren minderjährigen Kindern am 29.01.2014 in Bulgarien der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden sei. Die zuständige bulgarische Behörde für diesen Personenkreis sei „Border Police Directorate General Ministry of Interior“ in Sofia - Kontaktdaten wurden beigefügt - (Beiakt I Seite 342 und 343).

Mit Bescheid vom 26.01.2015 wurden die Asylanträge der Kläger als unzulässig abgelehnt (Nr.1). Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Bei Nichteinhaltung der Ausreisefrist wurde den Klägern die Abschiebung nach Bulgarien angedroht. Es wurde festgestellt, dass die Kläger nicht nach Syrien abgeschoben werden dürfen (Nr. 2).

Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Kläger aufgrund des in Bulgarien gewährten internationalen Schutzes keine weitere Schutzgewährung verlangen könnten und daher das Asylverfahren unzulässig sei. Die Angaben der Kläger, sie wären in Bulgarien schlecht behandelt worden, hätten alles selbst bezahlen müssen und wären benachteiligt worden, ließen die Annahme, dass die Kläger von einem im Konzept der normativen Vergewisserung nicht aufgefangenen Sonderfall betroffen sein könnten, nicht zu.

Die Unzulässigkeit der Asylanträge ergebe sich aus dem Schutzstatus im sicheren Drittstaat. In der Person der Kläger liege kein vom Konzept der normativen Vergewisserung nicht aufgefangener Sonderfall vor. Grundsätzlich werde die Abschiebung nach § 34 a AsylG angeordnet. Eine Abschiebungsandrohung sei allerdings ebenfalls zulässig, da es sich hierbei um ein milderes Mittel (Ausreisefrist 30 Tage) gegenüber der Anordnung handele.

Gegen den am 06.02.2015 zugestellten Bescheid ließen die Kläger durch ihre Prozessbevollmächtigte am 13.02.2015 Klage mit folgenden Anträgen erheben:

Die Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung ihres Bescheids 26.01.2015, zugestellt am 06.02.2015, Geschäftszeichen ... zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG anzuerkennen und in die Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG zuzuerkennen.

Hilfsweise wird beantragt.

Die Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2-7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 20.02.2015 ausgeführt, die Anträge der Kläger seien nicht unzulässig, obwohl den Klägern bereits in Bulgarien Asyl gewährt worden sei. Die Beklagte sei verpflichtet, vorliegend ihre durch das Bundesamt sei vorliegend nicht ausgeschlossen.

Zumindest sei aber eine Abschiebung nach Bulgarien unzulässig, da in Bulgarien die Grundbedürfnisse der Kläger auf Sicherung auch nur des Notwendigsten für den Lebensunterhalt, sowie einer notwendigen ärztlichen Versorgung nicht gewährleistet sei und/oder den minderjährigen Kindern zu 3 und 4 der Zugang zur Schule und sonstigen grundlegenden Bildungseinrichtungen verwehrt sei.

Mit Schriftsatz vom 27.02.2015 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 18.08.2015 erkundigte sich die Prozessbevollmächtigte der Kläger nach dem Fortgang des Verfahrens. Angesichts der politischen Lage in Syrien sowie den Verhältnissen in Bulgarien sei davon auszugehen, dass den Klägern als syrischen Flüchtlingen in der Bundesrepublik Deutschland ein Bleiberecht zu gewährleisten sei. Nachdem sich die Familien in der Zwischenzeit über ein Jahr in Deutschland befinde, werde gebeten, das Verfahren zügig fortzuführen. Die Situation der Familie sei insofern nur schwer erträglich, da ihnen seitens der ehrenamtlichen Helfer erklärt werde, dass die als Syrer zweifellos zum bevorzugten Personenkreis derer gehörten, denen hier ein Bleiberecht eingeräumt werde, aber demzufolge die ehrenamtlich angebotenen Hilfeleistungen nicht für sie, sondern vielmehr für jene bestimmt seien, die nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen könnten. Aus diesem Grunde sei ihnen aktuell die Fortführung eines auf eigene Initiative besuchten Deutschkurses verwehrt, was für die psychische Verfassung der Kläger sehr belastend sei.

Mit Beschluss der 3. Kammer vom 22.02.2016 wurde der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt.

Mit Beschuss der 3. Kammer vom 24.02.2016 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Nach Zugang der Ladung wurde dem Gericht ein Attest des Hausarztes der Klägerin zu 2. vom 06.03.2016 vorgelegt (Gerichtsakte S. 52). Als Diagnose ist in erster Linie eine posttraumatische Belastungsstörung angegeben. Die Klägerin zu 2. befinde sich in regelmäßiger hausärztlicher Betreuung und sei in den letzten Monaten häufig betreut worden. Auch in Zukunft besteht der Bedarf an einer regelmäßigen hausärztlichen und fachärztlichen Betreuung (Lungenfacharzt, Nervenfacharzt). Die regelmäßige Einnahme von Medikamenten zur Behandlung von Asthma und posttraumatischer Belastungsstörung sei dringend erforderlich. Die geplante Abschiebung könne zu unvorhersehbaren gesundheitlichen Konsequenzen führen.

Für den Ablauf der mündlichen Verhandlung, in der die Klägerbevollmächtigte auf den Klageantrag vom 13.02.2015 Bezug nahm und für die Beklagte der Klageabweisungsantrag vom 27.05.2015 festgestellt wurde, wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte verwiesen.

Gründe

Die in ihrem Anfechtungsbegehren zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Die Klage ist nur hinsichtlich des Anfechtungsbegehrens zulässig. Der Anfechtungsantrag gegen die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrags ist statthaft und ausreichend zur Erlangung des von den Klägern erstrebten Rechtsschutzziels, der erneuten Aufnahme des Verwaltungsverfahrens durch die Beklagte (BayVGH, Urteil vom 28.02.2014, Az. 13a B 13.30295 und Beschlüsse vom 23.01.2015, Az. 13a ZB 14.50071 und 02.02.2015, Az. 13a ZB 14.50068). Vor diesem Hintergrund ist auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Anfechtungsklage gegeben, weil schon die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides grundsätzlich ein weiteres Prüfprogramm der Beklagten von Gesetzes wegen auslöst.

Hinsichtlich des zusätzlich gestellten Verpflichtungsantrags ist die Klage hingegen unzulässig (vgl. VG Regensburg, Urteil vom 21.10.2014, Az. RO 9 K 14.30217). In der vorliegenden besonderen Fallkonstellation besteht keine Pflicht des Verwaltungsgerichts zum „Durchentscheiden“. Wäre das Gericht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen, ginge den Klägern eine Tatsacheninstanz verloren, die nach § 24 AsylVfG mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist (BayVGH, a. a. O.). Zudem würde das Gericht nicht die Entscheidung einer vorrangig mit einer sachlichen Prüfung befassten Fachbehörde kontrollieren, sondern sich anstelle der Exekutive erstmalig selbst mit dem Antrag in der Sache befassen, was auch unter Gewaltenteilungsgesichtspunkten nicht unproblematisch erscheint. Daher ist der Verpflichtungsantrag, ohne dass es eines weiteren richterlichen Hinweises bedurfte, als unzulässig abzuweisen.

2. Soweit die Klage zulässig ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 26.01.2015 erweist sich in Nr. 1 als rechtmäßig und verletzt die Kläger auch im Übrigen nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a. Nr. 1 des angefochtenen Bescheides vom 26.01.2015 - Ablehnung der Asylanträge als unzulässig - ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung von Wiederholungen folgt das Gericht zunächst der insoweit zutreffenden Begründung im angefochtenen Bescheid und macht sie zum Gegenstand der Begründung dieser Entscheidung (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Den aus Syrien stammenden Klägern wurde in Bulgarien unstrittig die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, weshalb das Bundesamt im angefochtenen Bescheid auch (deklaratorisch) tenoriert hat, dass der Kläger nicht nach Syrien abgeschoben werden darf (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Das Bundesamt ist bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt; ein gleichwohl gestellter Asylantrag ist unzulässig (so BVerwG, U.v. 17.06.2014 - 10 C 7/13 - unter Hinweis auf Art. 33 Abs. 2 lit.a der Richtlinie 2013/32/EU-Asylverfahrensrichtlinie 2013 - juris Rn. 23 und BayVGH, B.v. 12.01.2015 - 20 ZB 14.30091 - juris Rn. 1).

Der Beklagten war es im Übrigen unbenommen, diese Tenorierung zu wählen, obwohl auch die Möglichkeit bestanden hätte, gemäß § 26a AsylVfG i. V. m. § 31 Abs. 4 AsylVfG nur festzustellen, dass dem Ausländer aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht.

Die Kläger sind aus Bulgarien, einem sicheren Drittstaat im Sinn von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26a Abs. 2 AsylVfG in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Da es sich bei Bulgarien um einen sicheren Drittstaat handelt, ist aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht zu eben dieser Drittstaatenregelung entwickelten Konzepts der normativen Vergewisserung davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist (vgl. grundsätzlich BVerwG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 u. a. - juris).

Zwar sind die Lebensbedingungen für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärem Schutzstatus in Bulgarien nicht leicht. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigen, anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und dem Kläger müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, nicht (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 27.10.2014 - 17 L 2200/14.A - juris). Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht etwa dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen. Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, B.v. 02.04.2013 - 27725/10 - juris). Der UNHCR berichtet zwar („Bulgarien als Asylland, Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien, April 2014), dass der Zugang zu einer stabilen Beschäftigung Flüchtlingen in Bulgarien schwer fällt und es an angemessenen und erschwinglichen Unterkünften mangelt (vgl. Ziffer 2.7). Diese genannten Probleme treffen jedoch offensichtlich auf eine Vielzahl von Mitgliedsstaaten zu. Mögen sie in Bulgarien ausgeprägter sein, ist hierin jedoch keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu sehen.

Das Gericht ist zwar aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel davon überzeugt, dass derzeit in Bulgarien ein wirklich vielversprechendes Integrationsprogramm für anerkannte Flüchtlinge nicht existiert. Auch die Aussagen von UNHCR (a. a. O.), von Dr. phil. V. I. („Bericht über die derzeitige, wirtschaftliche und soziale Lage anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien“ vom 27.08.2015) sowie die Auskünfte des Auswärtigen Amtes (Auskunft an VG Stuttgart vom 23.07.2015, Az. A 13 K 1733/15), wonach die Situation der bereits anerkannten Flüchtlinge in Bulgarien in Bezug auf Wohnung, Arbeit und Sprachkurse unbefriedigend ist, macht deutlich, dass die Lage der anerkannten Schutzberechtigten in Bulgarien weiterhin prekär ist und dass die bulgarischen Behörden nicht alle Missstände beseitigt haben. So ist den genannten Unterlagen zu entnehmen, dass dieser Personenkreis durchaus auf dem freien Arbeitsmarkt Arbeit suchen und antreten kann. Dazu bedarf es jedoch einer Registrierung bei einem Jobcenter, die abhängig ist von einer Meldebestätigung, d. h. einer Unterkunft. Per Gesetz haben die international Schutzberechtigten auch Anrecht auf Sozialhilfe unter denselben Bedingungen und nach demselben Verfahren wie bulgarische Staatsbürger. Dazu bedarf es jedoch eines Ausweisdokuments (Ausweiskarte eines international Schutzberechtigten) und einer zivilen Adressregistrierung, d. h. des Nachweises einer Unterkunft. Damit ist die Teilhabe am Leben in Bulgarien (Arbeit, Unterstützung) in aller Regel abhängig vom Nachweis einer Unterkunft. Laut Gesetz steht ihnen auch das Recht auf medizinische Versorgung unter denselben Bedingungen zu wie bulgarischen Staatsangehörigen. Ist der betroffene Ausländer allerdings arbeitslos, muss er die Krankenversicherung selbst bezahlen. Um dies tun zu können, muss er erst eine „Modell 7“ Erklärung bei der örtlichen Steuerbehörde abgeben.

Ein Verstoß gegen Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK lässt sich daraus jedoch noch nicht ableiten (vgl. VGH BW, U.v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris Rn. 59; zu Bulgarien als sicheren Drittstaat s.a. VG Ansbach, U.v. 22.4.2015 - AN 14 K 15.50044 - juris Rn. 17 ff. u. VG Gelsenkirchen, U.v. 8.5.2015 - 18a K 3619/14.A - juris Rn. 23 ff.). Dabei darf nicht übersehen werden, dass das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26, 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art. 32 und 33 RL 2011/95/EU) verspricht und sie damit nur teilhaben an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung.

Ergänzend sei unter dem Aspekt der systemischen Mängel hinzugefügt, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinen Urteilen vom 29.01.2015, denen sich das erkennende Gericht anschließt, unter eingehender und sorgfältiger Würdigung des vorliegenden aktuellen Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern sowie Dublin-Rückkehrern zu der Überzeugung gelangt, dass in der Gesamtschau das bulgarische Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen nicht an systematischen Schwachstellen leiden, die befürchten ließen, dass Asylbewerber einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen werden (Az. 13 AB 14.50038 und 50039 - juris Leits. 2 und Rn. 29 bis 47 bzw. 50).

Der Bericht von Pro Asyl, April 2015 „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“ stützt sich im Wesentlichen auch auf die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in oben genannten Entscheidungen herangezogenen Quellen, bewertet diese jedoch (teilweise) anders. Die überzeugende Würdigung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird damit allerdings nicht in Frage gestellt (s.a. VG Düsseldorf B.v. 04.05.2015 - 15 L 947/15.A - juris Rn. 25 ff. unter Einbezug des o.g. Berichts von Pro Asyl, April 2015), zumal der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den oben genannten Urteilen vom 29.01.2015 - insoweit in Einklang mit den Forderungen von Pro Asyl Bericht 4.2 Seite 43 - eine gesonderte Überprüfung bei besonders schützenswerten Personen vorsieht (BayVGH, 29.01.2015 a. a. O. Rn. 44 bzw. 50; vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg vom 18.03.2015, Az. A 11 S 2042/14, sowie vom 01.04.2015, Az. A 11 S 106/15; OVG Nordrhein-Westfalen vom 29.01.2015, Az. 14 A 134/15.A).

Die Empfehlungen des UNHCR, bei Asylsuchenden bzw. anerkannten Schutzberechtigten mit besonderen Bedürfnissen eine Einzelfallbewertung durchzuführen, haben vorliegend auf das Ergebnis keine Auswirkung.

Nach der dem Gericht vorgelegten hausärztlichen Bescheinigung vom 06.03.2016 für die Klägerin zu 2. gehört diese aufgrund der vorgetragenen Erkrankungen nicht zu einem besonders schützenswerten Personenkreis (siehe Art. 21 der EU-Richtlinie 2013/33 vom 26.06.2013). Diese Bestätigung enthält schon keine nachvollziehbare Diagnostik und genügt auch im Übrigen nicht den höchstrichterlichen Mindestanforderungen an ein fachärztliches Attest zum Vorliegen einer PTBS: „Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatlang gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist.“ (Bundesverwaltungsgericht U.v. 11.2.2007 - 10 C 8/07 - juris Rn. 15). Qualifizierte ärztliche Bescheinigungen fordert auch der seit 17.03.2016 gültige § 60a Abs. 2b AufenthG.

Soweit der Kläger zu 1. in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, seit neun Monaten habe kein Neurologen-Termin erlangt werden können, vermag das - auch angesichts der Asylantragstellung am 26.05.2014 - nicht zu erklären, warum das vorgelegte hausärztliche Attest derart vage bleibt und weder die Indikation für die Betreuung durch einen Nervenfacharzt, noch die „regelmäßige Einnahme von Medikamenten“ auch nur ansatzweise konkretisiert. Ein medizinisch unabweisbarer Behandlungsbedarf, dem überdies das Gesundheitssystem in Bulgarien erforderlichenfalls nicht gewachsen wäre, erschließt sich daraus nicht. In diesem Zusammenhang ist auch auf die seit 17.03.2016 gültige Neuregelung in § 60 Abs. 7 S. 3 AufenthG hinzuweisen, wonach es nicht erforderlich ist, dass die medizinische Versorgung im Zielland mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist.

Auch das Vorbringen der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 17.03.2016 erlaubt es dem Gericht nicht, bei dieser Familie von einem im normativen Vergewisserungskonzept betreffend das Unionsmitglied Bulgarien als sicherem Drittstaat nicht aufgegangenen Sonderfall auszugehen. Im Kern machen die Kläger zu 1. und 2. geltend, dass sie die Lebensbedingungen in Bulgarien für sich und ihre Kinder als (zu) schlecht empfinden; sie wollten von Anfang an - nur - nach Deutschland, weil sie hier Familienangehörige haben und gerade auch für ihre Kinder gute Bildungs- und Lebenschancen sehen. So sehr dieses Vorbringen menschlich nachvollziehbar ist, so wenig gibt es dem Gericht eine Handhabe, die Familie der Kläger angesichts des von der Republik Bulgarien zuerkannten Flüchtlingsschutzes als humanitären Sonderfall einzustufen.

Dass syrische Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland Verwandte haben, ist eher der Regel- als der Ausnahmefall. Ebenso bevorzugen syrische Flüchtlinge regelmäßig die Bundesrepublik Deutschland als Zielland in Europa, gerade weil sie großen Wert auf die Zukunft ihrer Kinder legen.

Dass das Niveau der sozialen Leistungen und die Lebensbedingungen in Bulgarien insgesamt nicht denen in der Bundesrepublik Deutschland entsprechen, vermag auf der Hand liegend ebenfalls keinen humanitären Sonderfall zu begründen. Die Lebensbedingungen in der Europäischen Union sind teilweise massiv uneinheitlich und deshalb umfasst Flüchtlingsschutz notwendig auch (nur) die Teilhabe an den Lebensbedingungen der „Einheimischen.“ Die Lebensfähigkeit und Lebenstüchtigkeit der Kläger in Bulgarien ist im Übrigen schon dadurch dokumentiert, dass sie auf dem privaten Wohnungsmarkt eine Wohnung in Sofia erlangt haben. Wie ihre Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung zu Recht hervorgehoben hat, ist der Zugang zu staatlichen Leistungen in Bulgarien an die Wohnsitznahme geknüpft.

Ergänzend und ohne dass es für diese Entscheidung noch darauf ankäme, ist hinzuzufügen: Am Wunsch und besten Willen der Kläger zur Integration in die bundesdeutsche Gesellschaft kann kein Zweifel bestehen. Sie bringen offenbar alle guten Voraussetzungen dafür mit. Die Entscheidung des Gerichts darf diesen Aspekt - wie auch in der mündlichen Verhandlung mehrfach erläutert - jedoch bei dieser Entscheidung nicht berücksichtigen.

b. Die Abschiebungsandrohung Nr. 2 des angefochtenen Bescheides vom 26.01.2015 ist rechtswidrig.

Die Ablehnung des Asylantrags der Kläger ist hier zwar gerade nicht auf die Einreise aus einem sicheren Drittstaat im Sinne von § 26a AsylG, sondern auf den Schutzstatus als Flüchtling in einem sicheren Drittstaat gestützt worden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof kommt aber in seinem Beschluss vom 05.10.2015 (Az. 21 ZB 15.30178 - juris Rn. 2 ff.) offenbar auch für diesen Fall zu der Schlussfolgerung, dass - wegen der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat gem. § 26a AsylG - gem. § 34a Abs. 1 AsylG eine Abschiebungsanordnung „zwingend“ zu erlassen ist (s.a. BVerwG, B.v. 23.10.2015 - 1 B 41/15 - juris, wonach Abschiebungsanordnung und Abschiebungsandrohung keine teilidentischen Vollstreckungsmaßnahmen darstellen).

Dies führt indes nicht zur Aufhebung der Abschiebungsandrohung in Nr. 2 des angefochtenen Bescheides vom 26.01.2015, weil eine Rechtsverletzung der Kläger durch den - rechtswidrigen - Ausspruch einer Abschiebungsandrohung statt einer Abschiebungsanordnung nicht ersichtlich ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 05.10.2015 (a. a. O. Rn. 16) zitierten Regelungswillen des Gesetzgebers, „von einer Abschiebungsandrohung abzusehen, weil eine Rückführung in den Drittstaat regelmäßig nur kurzfristig durchgeführt werden kann und die Möglichkeit einer freiwilligen Rückreise in den Drittstaat im Allgemeinen nicht besteht (vgl. BT-Drs. 12/4450 Begr. S 23)“, kann eine drittschützende Wirkung nicht entnommen werden, zumal bei Abschiebungshindernissen, die sich erst nach der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsanordnung ergeben, ohnehin ggf. - weiterer - Eilrechtsschutz veranlasst ist (etwa entgegen VG Ansbach U.v. 7.10.2015 - AN 11 K 15.50067 - juris Rn. 35).

Das in § 34a AsylG normierte Erfordernis, dass die Anordnung einer Abschiebung in einen sicheren Drittstaat deren rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit voraussetzt (s. dazu BayVGH, B.v. 12.03.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4), ist ersichtlich der Zielsetzung der Sonderregelung geschuldet, wonach eine Rückführung in „allernächster Zeit“ nach Erlass der Abschiebungsanordnung erfolgen soll (s. Funke - Kaiser, Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Lose Blatt, Bd. 2, Rn. 20 zu § 34a), was bei einer Abschiebungsandrohung gemäß §§ 34, 38 AsylG mit einer Ausreisefrist von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens gerade nicht der Fall ist. Diese Ausreisefrist beinhaltet zugunsten des Klägers insbesondere auch die aufschiebende Wirkung seiner Klage (§ 38 Abs. 1 i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG), weshalb ein diesbezüglicher Ausspruch in einem Eilverfahren nicht vonnöten war.

Im Kern ist hinsichtlich der - fehlenden - Rechtsverletzung jedoch darauf abzustellen, dass auch im Rahmen der ausgesprochenen Abschiebungsandrohung ohne jegliche qualitative Abstriche sichergestellt ist, dass eine Abschiebung der Kläger zwingend erst und nur dann erfolgen kann, wenn die Rückübernahme der Kläger aufgrund des Rückübernahmeabkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Bulgarien vom 01.02.2006 sichergestellt ist und auch ansonsten (keine inlandsbezogenen) Abschiebungshindernisse vorliegen.

Dass die Kläger insofern nur aufgrund der Prüfungszuständigkeit der Ausländerbehörde in ihren Rechten verletzt wären, erschließt sich nicht, denn die Ausländerbehörden sind ohnehin in jeden Abschiebungsvorgang in direktem örtlichen Kontakt eingebunden und verfügen über die maßgebenden Informationen zu den individuellen Verhältnissen der Abzuschiebenden.

Die Klage war sonach insgesamt abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Tatbestand

1

Der Kläger hat die syrische Staatsangehörigkeit. Er hatte vor Einreise in die Bundesrepublik Deutschland bereits in Bulgarien ein Asylverfahren durchlaufen. Ihm wurde dort internationaler Schutz zuerkannt.

2

Am 13.04.2015 stellte er im Bundesgebiet einen Antrag auf Durchführung eines Asylverfahrens.

3

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte mit Bescheid vom 30.06.2015 - - (zugestellt 10.07.2015) den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und drohte die Abschiebung nach Bulgarien an (Nr. 2). Im letzten Absatz des Tenors wird festgehalten, dass nicht nach Syrien abgeschoben werden darf.

4

Hiergegen ließ der Kläger unter dem 22.07.2015 Klage erheben mit dem angekündigten Antrag,

5

den Bescheid der Beklagten vom 30.06.2015 aufzuheben.

6

Der Kläger behauptet systemische Mängel in den Aufnahmebedingungen Bulgariens.

7

Wegen der im Entscheidungszeitpunkt dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse von dritter Seite bezüglich Bulgariens wird auf die ins Verfahren eingeführte Erkenntnismittelliste verwiesen, die u.a. folgende Auskünfte enthält:

8
- Auswärtiges Amt, Auskunft an VG Stuttgart zum Verfahren A 13 K 1733/15 - 508-9516.80/48488 - vom 23.07.2015
9
- Auskunft von Frau Dr. Valeria Illareva, PhD, Bericht über die derzeitige rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lage anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien vom 27.08.2015 auf Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 111.08.2015 – A 11 S 1095/15 -
10

Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 06.10.2015 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

11

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze, die Niederschrift der mündlichen Verhandlung sowie die dem Gericht vorliegenden Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes verwiesen.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Klage ist unbegründet.

13

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz - AsylG - (bis zum Ablauf des 23.10.2015 bezeichnet als Asylverfahrensgesetz - AsylVfG -, vgl. das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015 (BGBl. I S. 1722)) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, §113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

14

Das Gericht folgt den tragenden Feststellungen und der im Wesentlichen zutreffenden Begründung des angegriffenen Bescheides und sieht daher von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab (§77 Abs. 2 AsylG). Zunächst kommt aufgrund des dem Kläger in Bulgarien zuerkannten Status keine Asylanerkennung in Betracht (§26a Abs. 1 Satz 1 AsylG). Die Einreise aus einem sicheren Drittstaat hat darüber hinaus zur Folge, dass sich der Kläger nicht auf § 3 AsylG (Flüchtlingszuerkennung), § 4 AsylG (Subsidiärer Schutz) sowie die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG berufen kann (vgl. Urteil der 3. Kammer des erkennenden Gericht vom 24.03.2015 - 3 A 112/14 - Juris-Rn. 21 m.w.N.). Das Bundesamt hat überdies zutreffend darauf hingewiesen, dass ein erneuter Ausspruch über die bereits in Bulgarien mit positivem Ergebnis geprüften Voraussetzungen internationalen Schutzes unzulässig wäre (BVerwG, Urteil vom 17.06.2014 - 10 C 7/13 - BVerwGE 150, 29 ff., juris-Rn. 29; Beschluss vom 30.09.2015 - 1 B 51/15-juris).

15

Das Gericht hat vorliegend keinen Anlass daran zu zweifeln, dass Bulgarien für den Kläger als sicherer Drittstaat anzusehen ist. Dies steht für Bulgarien als Mitgliedstaat der Europäischen Union kraft normativer Vergewisserung des Verfassungsgesetzgebers fest (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes). Diese Normativwertung ist nur dann im Einzelfall zu hinterfragen, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass ein vom normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangener Sonderfall betroffen ist, wobei an diese Darlegung strenge Anforderungen zu stellen sind (BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49 ff., Juris-Rn. 189 f.) Anhaltspunkte in diesem Sinne, entgegen der gesetzlichen Grundregel des § 31 Abs. 4 AsylG in Deutschland in eine (erneute) Prüfung der §§ 3 und 4 AsylG oder von § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 AufenthG in Bezug auf Bulgarien einzutreten, bestehen vorliegend nicht.

16

Sonderfälle im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des BVerfG, in denen von einer Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG abzusehen ist, entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln im Sinne der Ausführungen in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 21.12.2011 - C 411/10 und C 493/10 - und vom 10.12.2013 - C 394/12 - wonach ein Asylbewerber einer Abschiebung in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens oder - wie im vorliegenden Fall - der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden und die zugunsten des Mitgliedstaates streitende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht, widerlegt ist (vgl. zusammenfassend auch BVerwG, Beschluss vom 06.06.2014 - 10 B 35/14 - Buchholz 402.25 § 27a AsylVfG Nr 2, Juris-Rn. 5 f.).

17

Die Grundsätze, nach denen zu erwägen ist, ob im Einzelfall eine Verletzung von Art. 3 EMRK droht, hat der EGMR (Große Kammer) im Urteil vom 04.11.2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) Rn. 93 ff. (dt. Übersetzung NVwZ 2015, 127 f.) wie folgt zusammengefasst:

18

[93] Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs kann die Ausweisung eines Asylbewerbers durch einen Konventionsstaat eine Frage nach Art. 3 EMRK aufwerfen, also die Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach der Konvention begründen, wenn es nachweislich ernsthafte Gründe für die Annahme gibt, dass er im Aufnahmeland tatsächlich Gefahr läuft, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden. Wenn das so ist, verpflichtet Art. 3 EMRK dazu, den Betroffenen nicht in dieses Land auszuweisen (s. EGMR, Slg. 2008 Nr. 152, insoweit in NVwZ 2008, 1330, nicht abgedruckt - Saadi/Italien; EGMR, Slg. 2011 Nr. 365 = NVwZ 2011, 413 - M. S. S./Bulgarien u. Griechenland; EGMR, 1989, Serie A, Bd. 161 Nr. 90f. = NJW 1990, 2183 - Soering/Vereinigtes Königreich; EGMR, 1991, Serie A, Bd. 125 Nr. 103 = NVwZ 1992, 869 = NJW 1992, 3085 Ls. - Vilvarajah ua/Vereinigtes Königreich; EGMR, Slg. 1997- III Nr. 34 = NVwZ 1998, 163 - H. L. R./Frankreich; EGMR, Slg. 2000-VIII Nr. 38 = NVwZ Beil. I 2001, 97 - Jabari/Türkei; EGMR, Slg. 2007-I Nr. 135 - Salah Sheekh/Niederlande).

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[94] Um in den Anwendungsbereich von Art. 3 EMRK zu fallen, muss die Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen. Die Beurteilung dieses Mindestmaßes ist relativ und hängt von allen Umständen des Einzelfalls ab, wie die Dauer der Behandlung und ihre physischen und psychischen Wirkungen sowie manchmal von Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers (s. ua EGMR, Slg. 2000-XI Nr. 91 = NJW 2001, 2694 = NStZ 2001, 335 Ls. - Kudla/Polen; EGMR, Slg. 2011 Nr. 219 = NVwZ 2011, 413 - M. S. S./Bulgarien u. Griechenland).

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[95] Art. 3 EMRK kann nicht so ausgelegt werden, dass er die Konventionsstaaten verpflichtet, allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen das Recht auf eine Wohnung zu gewähren (s. EGMR, Slg. 2001-I Nr. 99 - Chapman/Vereinigtes Königreich). Dieser Vorschrift kann auch keine allgemeine Pflicht entnommen werden, Flüchtlinge finanziell zu unterstützen, damit sie einen gewissen Lebensstandard aufrechterhalten können (s. EGMR, Urt. v. 26.4.2005 - 53566/99 Nr. 85 - Müslim/Türkei; EGMR, Slg. 2011 Nr. 249 = NVwZ 2011, 413 - M. S. S./Bulgarien u. Griechenland).

21

[96]  Im Urteil M. S. S./Bulgarien u. Griechenland (s. EGMR, Slg. 2011 Nr. 250 = NVwZ 2011, 413) hat der Gerichtshof aber angenommen, dass es darum im damaligen Fall nicht gehe, denn anders als im Fall Müslim/Türkei (s. EGMR, Urt. v. 26.4.2005 - 53566/99 Nr. 83 f.) schreibe jetzt das positive Recht vor, dass bedürftigen Asylbewerbern Unterkunft und angemessene materielle Bedingungen gewährt werden müssen. Das ergebe sich für die griechischen Behörden aus dem griechischen Recht, das Gemeinschaftsrecht, nämlich die RL 2003/09/EG zur Festsetzung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern (Aufnahmerichtlinie), in staatliches Recht überführt habe. (...).

22

[97] Im selben Urteil M. S. S./Bulgarien u. Griechenland (s. EGMR, Slg. 2011 Nr. 251, insoweit in NVwZ 2011, 413, nicht abgedruckt) hat der Gerichtshof großes Gewicht auf den Status des Bf. gelegt, der Asylbewerber war und deswegen einer besonders benachteiligten und verwundbaren Bevölkerungsgruppe angehörte und besonders schutzbedürftig war, worüber es international einen weiten Konsens gebe, wie die Genfer Konvention, das Mandat und die Aktivitäten des UNHCR und die Aufnahmerichtlinie der EU zeigten.

23

[98] In dem Urteil M. S. S./Bulgarien u. Griechenland (s. EGMR, Slg. 2011 Nr. 252 f. = NVwZ 2011,413) hat der Gerichtshof weiter vor der Entscheidung, ob extreme Armut Fragen nach Art. 3 EMRK aufwerfen könne, darauf hingewiesen, dass er nicht ausgeschlossen habe, „dass die Verantwortlichkeit des Staates (nach Art. 3 EMRK) wegen der Behandlung eines Bf. begründet sein kann, der vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist und behördlicher Gleichgültigkeit gegenübersteht, obwohl er sich in so ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde unvereinbar ist“ (s. EGMR, Entsch. v. 18.6.2009 - 45603/05 - Budina/Russland).

24

[99] Was insbesondere Minderjährige angeht, hat der Gerichtshof entschieden, es müsse im Auge behalten werden, dass ihre besonders verwundbare Lage entscheidend ist und schwerer wiegt als die Tatsache, dass sie Ausländer mit unrechtmäßigem Aufenthalt sind (s. EGMR, Slg. 2006-XI Nr. 55 = NVwZ-RR 2008, 573 = NVwZ 2008, 766 Ls. - Mubilanzila Mayeka u. Kaniki Mitunga/Belgien; EGMR, Urt. v. 19.1.2012 - 39472/07 Nr. 91 - Popov/Frankreich). Kinder haben besondere Bedürfnisse wegen ihres Alters und ihrer Abhängigkeit, aber auch wegen ihres Status als Asylbewerber. Die Kinderkonvention der VN verpflichtet im Übrigen die Staaten zu angemessenen Maßnahmen, damit ein Kind, das sich um einen Flüchtlingsstatus bemüht, Schutz und menschliche Hilfe erhält, einerlei, ob es allein oder von seinen Eltern begleitet ist (s. EGMR, Urt. v. 19.1.2012 - 39472/07 Nr. 91 - Popov/Frankreich).

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Dabei ist anzumerken, dass selbst Fehlleistungen im Einzelfall das Konzept der normativen Vergewisserung nach der Rechtsprechung des EGMR nicht in Frage stellen. Der EGMR führt aus (EGMR vom 02.04.2013 Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a. ./. Niederlande und Italien Rn. 68 ff., dt. Übersetzung ZAR 2013, 336):

26

„Die Beurteilung, ob es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, der Beschwerdeführer laufe tatsächlich Gefahr, einer gegen Artikel 3 verstoßenden Behandlung ausgesetzt zu sein, muss unbedingt nach strengen Maßstäben erfolgen und erfordert zwangsläufig, dass der Gerichtshof die Bedingungen im Aufnahmeland gegenüber den Normen dieser Bestimmungen der Konvention beurteilt. Diese Normen bedeuten, dass die Misshandlung, der die Beschwerdeführerin behauptet, nach ihrer Rückführung ausgesetzt zu sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich von Artikel 3 zu fallen. Die Beurteilung dessen ist relativ, da sie von allen Umständen des Falles abhängt, wie beispielsweise von Dauer, Art und Kontext der Behandlung, von ihren körperlichen und seelischen Auswirkungen und in einigen Fällen vom Geschlecht, vom Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Der Gerichtshof wiederholt, dass es grundsätzlich beim Beschwerdeführer liegt, Beweise zu erbringen, mit denen nachgewiesen werden kann, dass es stichhaltige Gründe für die Annahme gibt, dass er, sollte die beanstandete Maßnahme durchgeführt werden, tatsächlich Gefahr liefe, einer gegen Artikel 3 verstoßenden Behandlung ausgesetzt zu sein ... Die Beurteilung des Gerichtshofs muss sich auf die voraussichtlichen Folgen der Abschiebung der Beschwerdeführerin nach ... konzentrieren. Dies muss wiederum im Lichte der allgemeinen Lage sowie der persönlichen Umstände der Beschwerdeführerin betrachtet werden. .Der Gerichtshof wiederholt zudem, dass die bloße Rückführung in ein Land, in dem die wirtschaftliche Stellung der Person schlechter als im ausweisenden Land ist, nicht ausreicht, um das in Artikel 3 untersagte Mindestmaß an Misshandlung zu erreichen, dass Artikel 3 nicht als Verpflichtung der Hohen Vertragsparteien ausgelegt werden kann, jede Person innerhalb ihres Hoheitsgebiets eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen, und dass diese Bestimmung keine allgemeine Verpflichtung beinhaltet, Flüchtlingen finanzielle Hilfe zu bieten, um es ihnen zu ermöglichen, einen gewissen Lebensstandard aufrecht zu erhalten. ... Liegen keine außergewöhnlich schwerwiegenden humanitäre Gründe gegen die Abschiebung vor, reicht die Tatsache, dass sich die materiellen und sozialen Lebensbedingungen des Beschwerdeführers beträchtlich verschlechtern würden, wenn sie von der Vertragspartei abgeschoben würde, als solche nicht aus, um zu einen Verstoß gegen Artikel 3 zu führen.“

27

Für die Annahme einer dem Kläger drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK ist danach eine schlechte Versorgungslage allein nicht ausreichend.

28

Nach der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 steht anerkannten Schutzberechtigten auf Grundlage des von Bulgarien zuerkannten Status verschiedene Ansprüche zu, unter anderem auf Sozialhilfeleistungen, allerdings ausgehend von dem Niveau, das auch eigenen Staatsangehörigen gewährt wird (vgl. Art. 29 der Richtlinie). Zur rechtlichen Ausgestaltung vgl. die Angaben zu Bulgarien in MISSOC (EU's Mutual Information System on Social Protection), http://ec.europa.eu/missoc und die Studie „Migrant access to social security and healthcare: policies and practice“ des European Migration Network vom April 2014, verfügbar unter http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-we-do/- networks/european_migration_network/. Die Erstreckung der allgemeinen Sozialleistungen auch auf Flüchtlinge wird ausdrücklich bestätigt z.B. auch auf der Webseite des Arbeits- und Sozialministeriums, http://www.mlsp.government.bg/- index.php?section=POLICIES&P=218. Unerheblich ist dabei, dass das rechtlich gewährleistete Niveau sich naturgemäß von dem der Bundesrepublik Deutschland unterscheidet und dieses auch erheblich unterschreiten kann. Allerdings hat Bulgarien die Richtlinie in Bezug auf den Inhalt des zu gewährenden Schutzes nicht vollständig umgesetzt. Hiervon geht sowohl die EU-Kommission aus, die nach den Angaben in ihrem Vertragsverletzungsverfahrensregister (http://ec.europa.eu/atwork/applying-eu-law/- infringements-proceedings/infringement_decisions/) im Vertragsverletzungsverfahren 2014/0026 am 23.09.2015 mit ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme gemäß Art. 258 AEUV die zweite Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens wegen Nichteinhaltung der Richtlinie 2011/95/EU gegen Bulgarien eingeleitet hat. Das Auswärtige Amt teilt laut o.g. Einschätzung diese Auffassung.

29

Nach Einschätzung des Auswärtigen Amts und Dr. Illareva sind für eine faktische Verwirklichung der nach der nationalen Gesetzeslage bestehenden Ansprüche auf Unterstützungsleistungen erhebliche Hürden durch international Schutzberechtigte zu überwinden. Anerkannte Flüchtlinge können wegen mangelhafter Verwaltungspraxis oder nur schwer erfüllbaren Anforderungen (z.B. Vorweisen eines Wohnsitzes ohne das Hilfe beim Erlangen eines solchen erreichbar wäre) tatsächlich nur in seltenen Fällen tatsächlich Zugang zu staatlicher Unterstützung erhalten. Zu den ohnehin bestehenden administrativen Hürden tritt regelmäßig eine nicht durch Dolmetscher kompensierte Sprachbarriere und nach Schilderungen in anderen Verfahren auch eine häufig nicht unerheblich kritische Haltung gegenüber Flüchtlingen hinzu. Diese Hürden können zwar in Einzelfällen durch Hilfe aus der Zivilgesellschaft oder Unterstützung z.B. durch andere Flüchtlinge überwunden werden. Nicht von vornherein völlig ausgeschlossen erschiene zudem auch, dass Flüchtlinge mit Schutzstatus Rechtschutz in Anspruch nehmen könnten. Gleichwohl kann allgemein das Versorgungsniveau für anerkannte Schutzberechtigte als einer ohnehin besonders benachteiligten und verwundbaren Bevölkerungsgruppe derzeit nur als äußerst schlecht beurteilt werden. Eine Sicherung des Existenzminimums können daher unter Zugrundelegung der aktuellen Auskunftslage nur Personen erreichen, denen alle Voraussetzungen für ein „Sich-Durchschlagen-Können" zugesprochen werden können, die mithin keinen besonderen Schutzbedarf aufweisen.

30

Eine besondere Schutzbedürftigkeit des Klägers kann vorliegend jedoch nicht festgestellt werden. Er ist gesundheitlich nicht beeinträchtigt und arbeitsfähig. Es besteht nach den Schilderungen in der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung kein Anlass, trotz der o.g. Lage im vorliegenden Fall von einer dem Kläger drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK für den Fall einer Abschiebung nach Bulgarien auszugehen.

31

Für eine Annahme, nach der auch ohne besonderes Schutzbedürfnis von einer jedem anerkannten Schutzberechtigten drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK auszugehen wäre, fehlt es derzeit trotz der o.g. Auskünfte an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten, da nach nahezu allen Berichten und auch der Erfahrung des Gerichts anerkannte Schutzberechtigte überhaupt nicht in Bulgarien bleiben wollen und kaum jemals überhaupt versuchen, sich in den dortigen bescheidenen Möglichkeiten eine Existenz aufzubauen. Das von dem Kläger nur allgemein und ohne eigene Wahrnehmung beschriebene Szenario, „keinerlei Zukunft zu haben“, ist deshalb als nicht hinreichend zur Annahme eines drohenden Konventionsverstoßes zu bewerten. In vergleichbarer Weise kommt auch die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke (vgl. Art. 1, Art. 2 Abs. 2 GG) in Betracht, d.h. nur zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage in dem Sinne, dass dem Ausländer sehenden Auges der sichere Tod drohen würde oder er schwerste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten hätte, vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.2008 - 10 C 43/07 -, juris Rn. 32 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9/95 -, juris Rn. 14. Wird ein solches Risikoszenario ausschließlich mit der mutmaßlichen Versorgungssituation begründet, muss für deren Annahme allerdings eine hinreichende Tatsachenbasis vorliegen, wie das Bundesverwaltungsgericht am Beispiel der Versorgungslage in Afghanistan ausgeführt hat (BVerwG, Urteil vom 08.09.2011 - 10 C 14/10 - BVerwGE 140, 319 ff., Juris-Rn. 24 ff.). Als solche genügt die derzeit bestehende Auskunftslage jedenfalls für Betroffene nicht, die sich in keiner besonders verwundbaren Lage befinden.

32

Die vorliegend ausgesprochene Abschiebungsandrohung nach Bulgarien begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Soweit andere Gerichte derzeit in vergleichbaren Fällen die Abschiebungsandrohung mangels Rechtsgrundlage aufheben (vgl. z.B. VG Berlin, Urteil vom 04.06.2015 - 23 K 906.14 A - Juris-Rn. 33 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 03.07.2015 - 8 K 2181/15.A - Juris-Rn. 20 f.) wird diese Auffassung vom erkennenden Gericht nicht geteilt.

33

Es mag zwar die vom Bundesamt herangezogene Begründung einer milderen Maßnahme auf Grundlage von § 34a AsylG gewissen argumentativen Bedenken ausgesetzt sein (vgl. VG Berlin a.a.O. Rn. 35). Es ist allerdings nicht ersichtlich, warum durch § 34a AsylG der Rückgriff auf das allgemeine Institut der Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG verdrängt sein sollte. Dagegen spricht bereits § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG, nach der die Abschiebungsanordnung zwar keiner „Androhung“ bedarf, was eine solche begrifflich aber auch nicht ausschließt. Zudem findet sich in § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG zwar keine ausdrückliche Klarstellung, nach der eine Androhung (auch) erlassen wird, wenn die besonderen engen Voraussetzungen einer Anordnung nicht gegeben sind. Die dort genannten fünf Voraussetzungen einer Abschiebungsandrohung sind aber auch im Fall einer Entscheidung des Bundesamtes auf Grundlage von § 26a oder § 27a sämtlich erfüllt, da es zu einem entsprechenden, eine Abschiebungsandrohung ausschließenden Ausspruch auch in diesen Fällen nicht kommt.

34

Der von der o.g. Rechtsprechung behauptete Regelungszusammenhang, nach der der Rückgriff auf § 34 AsylG versperrt sein soll, wenn die Entscheidung zur Sache auf § 26a AsylG gestützt wird (vgl. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 05.10.2015 - 21 ZB 15.30178 - Juris-Rn. 4 m.w.N.) kann jedenfalls nicht im Sinne einer Ausschlusswirkung verstanden werden. Ausgangspunkt dieser Argumentation dürften die Ausführungen des OVG Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 30.09.1996 - 25 A 790/96.A - NVwZ 1997, 1141 ff. sein. Dieses hat zwar zutreffend auf den Zusammenhang von der Ablehnung des Asylantrages nur nach § 26a AsylG und einer Entscheidung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG hingewiesen, denn es kann nach dem Gesetzeswortlaut keine Anordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG geben ohne eine Entscheidung nach § 26a (bzw. jetzt auch §27a). Die gegebene Begründung dafür, warum dieser Zusammenhang „untrennbar“ sein soll (a.a.O. Juris-Rn. 9) in dem Sinne, dass im Falle einer Entscheidung nach § 26a nur § 34a AsylG angewendet werden darf, hält das Gericht dagegen nicht für überzeugend. Danach soll das Bundesamt nur die Wahl haben zwischen entweder einer Kombination von Entscheidungen nach § 26a und § 34a AsylG oder einer Entscheidung nach dem gewöhnlichen Entscheidungsprogramm. Es stelle sich in einem Fall, in dem die Abschiebung in den sicheren Drittstaat nicht möglich sei nur die Alternative, entweder dem Ausländer ein Bleiberecht für die Bundesrepublik Deutschland zu gewähren oder ihn ins Herkunftsland abzuschieben, was nur unter Prüfung von Abschiebungsverboten möglich sei (OVG Nordrhein-Westfalen a.a.O. Juris-Rn. 11).

35

Diese Vorstellung entspricht weder der überwiegenden Vollzugspraxis noch dem geltenden Aufenthaltsrecht. Es findet sich nicht nur im Gesetzeswortlaut sondern auch sonst kein Hinweis, dass die nachträglich in das Gesetz eingefügte Abschiebungsanordnung das „normale“ Institut der Abschiebungsandrohung derart verdrängen sollte, dass, wenn die besonderen Voraussetzungen einer Anordnung - aus welchen Gründen auch immer - vom Bundesamt nicht positiv festgestellt werden können, eine Androhung überhaupt nicht mehr möglich sein sollte. Denn auch die Ausländerbehörde wäre in einem solchen Fall aus Gründen der Zuständigkeit daran gehindert, § 34 Abs. 1 Satz 3 AsylG. In der Gesetzesbegründung finden sich dazu folgende Ausführungen:

36

BT-Drucksache 12/4450, S. 23:

37

Zu Nummer 20 [Änderung der Zustellvorschriften für Fälle einer Abschiebungsanordnung]

38

Zu Buchstabe a

39

„Die neuen Vorschriften in § 31 Abs. 1 enthalten besondere Zustellungsregelungen für den Fall, in dem eine Abschiebungsanordnung nach § 34a ergeht. Der Bescheid über eine nur nach § 26a erfolgte Ablehnung des Asylantrages und die Abschiebungsanordnung sind abweichend von der allgemeinen Regelung (auch des §8 Abs. 1 Satz 2 VwZG) dem Ausländer selbst zuzustellen. Wird der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten oder hat er einen Empfangsberechtigten benannt, soll ein Abdruck der Entscheidung auch diesem zugeleitet werden. Dem Ausländer kann der Bescheid auch durch die für die Abschiebung oder die Durchführung der Abschiebung zuständigen Behörde zugestellt werden. Da die Rückführung in Drittstaaten aus tatsächlichen Gründen in der Regel nur kurzfristig möglich ist, ist die abweichende Zustellungsregelung erforderlich."

40

Zu Nummer 23 [Einfügung von § 34a AsylVfG] - Zu Absatz 1:

41

„Das Absehen von einer Abschiebungsandrohung ist erforderlich, da in dem verkürzten Verfahren eine Rückführung in den Drittstaat regelmäßig nur kurzfristig durchgeführt werden kann und die Möglichkeit einer freiwilligen Rückreise in den Drittstaat im allgemeinen nicht besteht. Die Rücknahmeübereinkommen begründen kein individuelles Einreiserecht in den Drittstaat für den Ausländer. Das Bundesamt darf die Anordnung nach § 34a erst treffen, wenn die Abschiebung in den sicheren Drittstaat durchgeführt werden kann. Satz 2 stellt klar, daß der Ausländer die Möglichkeit der Abschiebung nach § 34 a nicht durch Rücknahme des Asylantrages unterlaufen kann."

42

Im vorliegenden Fall ist ein Einreiserecht in den Drittstaat allerdings schon aufgrund des von diesem verliehenen Status gegeben. Es ist deshalb nicht ersichtlich, warum das Bundesamt, wenn es die Voraussetzungen einer Abschiebungsanordnung nicht positiv festzustellen vermag, nicht gleichwohl eine Abschiebungsandrohung aussprechen dürfte. Diese Auffassung würde die Intention beider Vorschriften konterkarieren, im Falle einer negativen Entscheidung die Vollstreckungsvoraussetzungen einer möglichst schnellen Rückführung zu schaffen. Zudem ist in diesen Fällen eine freiwillige Einreise in den Drittstaat u.U. auch dann noch möglich, wenn eine Rückführung gegen den Willen ausscheidet. Die Gegenauffassung bedeutete eine dauerhafte Vollzugsvereitelung, die dem Gesamtregelungszusammenhang von § 34 und § 34a AsylG weder nach der Formulierung noch nach der gesetzgeberischen Intention unterstellt werden kann. Auch der hypothetische Fall, dass ein aufnahmebereiter sonstiger Staat als Ziel einer Abschiebung bereit stehen würde, zeigt, dass die Möglichkeit der Abschiebungsandrohung nicht schon deshalb verdrängt wird, weil im Entscheidungszeitpunkt die Voraussetzungen einer Abschiebungsanordnung nicht positiv bejaht werden können. Denn eine Abschiebungsanordnung kann nur bezüglich Staaten im Sinne von § 26a oder § 27a AsylG ausgesprochen werden, während die Androhung sich auch auf sonstige Staaten erstrecken würde (§ 59 Abs. 2 AufenthG).

43

Etwaigen inlandsbezogenen Vollstreckungshindernissen wäre deshalb erst anlässlich einer konkret in Aussicht genommenen Abschiebungsmaßnahme zunächst seitens der zuständigen Ausländerbehörde nachzugehen (BVerwG, Urteil vom 11.11.1997 - 9 C 13/96 - BVerwGE 105, 322 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2012 - A 2 S 1995/12 -). Dies beträfe auch eine etwaige rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung wegen Reiseunfähigkeit im engeren Sinn oder - außerhalb des Transportvorgangs - im weiteren Sinn gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (BVerfG a.a.O. juris-Rn. 11 f. m.w.N.).

44

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.


(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.