Verwaltungsgericht Köln Urteil, 16. Sept. 2014 - 7 K 4821/12
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des BfArM vom 24.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2012 verpflichtet, die Zulassungsbescheide für J. 200 mg Filmtabletten (Zulassungs-Nr. 00000.00.00) und J. 400 mg Filmtabletten (Zulassungs-Nr. 00000.00.00) entsprechend der Änderungsanzeige der Klägerin vom 08.07.2011 in „H. J1. L. 200 mg Filmtabletten“ und „H. J1. 400 mg Filmtabletten“ zu ändern.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Änderung der Bezeichnung der Arzneimittel „J. 200 mg“ und „J. 400 mg“ Filmtabletten, die von der Klägerin in den Verkehr gebracht werden. Die Arzneimittel enthalten als einzigen Wirkstoff Ibuprofen in einer Menge von 200 mg bzw. 400 mg pro Filmtablette.
3Nach der aktuellen Gebrauchsinformation von Juni 2013 ist J. ein entzündungshemmendes, fiebersenkendes und schmerzstillendes nichtsteroidales Antiphlogistikum/Antirheumatikum. Es wird angewendet bei „Fieber und leichten bis mäßig starken Schmerzen im Rahmen von Erkältungskrankheiten/grippalen Infekten.“ Die Tagesmaximaldosis beträgt 1200 mg Ibuprofen bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren. Das Arzneimittel „J. 200 mg“ enthält neben der Dosierung für Erwachsene auch eine Kinderdosierung für Kinder zwischen 6 und 12 Jahren. Die Anwendung bei Kindern unter 6 Jahren ist bei diesem Arzneimittel durch eine Gegenanzeige ausgeschlossen. In der Gebrauchsinformation wird darauf hingewiesen, dass J. ohne ärztlichen oder zahnärztlichen Rat nicht länger als 4 Tage eingenommen werden soll.
4Mit Änderungsanzeige vom 08.07.2011 änderte die Klägerin die Arzneimittelbezeichnung in „H. J1. 400 mg Filmtabletten“ bzw. in „H. J1. L. 200 mg Filmtabletten“.
5Die Klägerin bringt unter der Dachmarke „H. “ weitere 5 Arzneimittel in den Verkehr, die überwiegend für den Anwendungsbereich der Erkältungskrankheiten bestimmt sind. Hierbei handelt es sich um
6- „H. C Hartkapseln“
7Wirkstoffe: Paracetamol (200 mg), Ascorbinsäure (= Vitamin C), Coffein, Chlorphenaminmaleat.
8Anwendungsgebiet: „Zur symptomatischen Behandlung von gemeinsam auftretenden Beschwerden wie Kopf- und Gliederschmerzen, Schnupfen und Reizhusten im Rahmen einer einfachen Erkältungskrankheit. Bei gleichzeitigem Fieber oder erhöhter Körpertemperatur wirkt G. fiebersenkend.“
9Dosierung: 3 mal täglich 2 Kapseln
10Dauer der Anwendung: „G. sollte nicht ohne Befragen des Arztes über längere Zeit oder in höheren Dosen eingenommen werden.“
11- „H. Erkältungsbad“
12Wirkstoffe: Fichtennadelöl, Eucalyptusöl, Levomenthol
13Anwendungsgebiet: „Zur unterstützenden Behandlung bei Erkältungskrankheiten der Atemwege mit zähflüssigem Schleim.“
14- „H. Erkältungsbalsam“
15Wirkstoffe: Eucalyptusöl, gereinigtes Terpentinöl, racemischer Campher
16Anwendungsgebiet: „Zur Besserung der Beschwerden bei Erkältungskrankheiten der Atemwege mit zähflüssigem Schleim.“
17- „H. Erkältungsbalsam mild“
18Wirkstoffe: Eucalyptusöl, Kiefernadelnöl
19Anwendungsgebiet: „Zur Besserung der Beschwerden bei Erkältungskrankheiten der Atemwege mit zähflüssigem Schleim.“
20- „H. Heißgetränk“
21Wirkstoff: 600 mg Paracetamol
22Anwendungsgebiet: „Symptomatische Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen wie Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Regelschmerzen und/oder von Fieber.“
23Mit Schreiben vom 10.08.2011 beanstandete die Beklagte die Bezeichnungsänderung und führte aus, die gewählte Bezeichnung unter der Dachmarke „H. “ sei irreführend, weil das Arzneimittel als einzigen Wirkstoff Ibuprofen enthalte. Dieser Wirkstoff sei jedoch in den bisherigen H. -Arzneimitteln nicht enthalten. Es bestehe insbesondere eine Verwechslungsgefahr mit der „H. C“ Hartkapsel, die in Abweichung vom streitigen Präparat den Wirkstoff Paracetamol enthalte. Außerdem seien die Anwendungsgebiete nicht identisch.
24Mit Schreiben vom 12.09.2011 trat die Klägerin dieser Bewertung entgegen.
25Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24.10.2011 die Änderung des Zulassungsbescheides hinsichtlich der beantragten Arzneimittelbezeichnung ab. In der Begründung wurde ausgeführt, die Änderung des Arzneimittelnamens sei irreführend im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG und daher nach § 25 Abs. 2 Nr. 7 AMG bzw. § 25 Abs. 3 AMG in Verbindung mit § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG zu versagen. Es bestehe aufgrund der Verwendung der Dachmarke „H. “ eine Verwechslungsgefahr mit dem Präparat „H. C Hartkapsel“. Der Verbraucher nehme an, dass es sich wegen der identischen Dachmarke um Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen handele. Jedenfalls werde ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher davon ausgehen, dass es sich wegen des Zusatzes „J1. “ in der Bezeichnung „H. J1. “ Filmtabletten um ein Arzneimittel handele, dass neben den bisher vorhandenen arzneilich wirksamen Bestandteilen zusätzlich Ibuprofen enthalte. Die Annahme, dass ein Arzneimittel mehrere Wirkstoffe enthalte, sei auch nicht davon abhängig, dass Bezeichnungszusätze wie „mit“ oder „plus“ verwendet würden (VG Köln, Urteil vom 12.09.2011 – 7 K 4284/09 - „Fenistil“). Eine Irreführung liege auch deshalb vor, weil Anwendungsgebiete, Wirkungsweise und Risikoprofile der Arzneimittel grundverschieden seien.
26Am 23.11.2011 legte die Klägerin gegen den Bescheid Widerspruch ein, den sie eingehend begründete. Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 03.08.2012 zurückgewiesen.
27Hiergegen hat die Klägerin am 17.08.2012 Klage erhoben, mit der sie ihren Anspruch auf Änderung der Arzneimittelbezeichnung der Präparate „J. 200 mg“ und „J. 400 mg“ in „H. J1. L. 200 mg Filmtabletten“ und „H. J1. 400 mg Filmtabletten“ aufrecht erhält.
28Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor, die Beklagte sei verpflichtet, die Zulassung der streitgegenständlichen Arzneimittel entsprechend der Änderungsanzeige nach § 29 Abs. 2 AMG zu ändern. Die Änderung sei nicht nach § 29 Abs. 2a AMG zustimmungspflichtig und daher ohne eine materiell-rechtliche Prüfung umzusetzen.
29Ungeachtet dessen sei die beantragte Änderung der Arzneimittelbezeichnung im vorliegenden Fall nicht wegen der Verwendung der Dachmarke „H. “ nach § 8 AMG irreführend oder nach § 25 Abs. 3 AMG unzulässig. Vielmehr sei der Einsatz von Dachmarken nach der Rechtsprechung grundsätzlich zulässig (OLG Hamburg, Urteil vom 19.08.1999 – 3 U 60/99 - ) und von der Beklagten in langjähriger Verwaltungspraxis nicht beanstandet worden.
30Die Entscheidung des VG Köln vom 12.04.2011 – 7 K 4284/09 – „Fenistil“ stehe dieser Bewertung nicht entgegen. Der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich erheblich von dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall. Dort sei es um die Verwendung einer eingeführten Dachmarke, die mit einem bestimmten Wirkstoff und Anwendungsgebiet assoziiert worden sei, für ein Präparat mit völlig unterschiedlichen Anwendungsgebieten gegangen (Juckreiz, Sonnenbrand einerseits und Lippenherpes andererseits). Hier würden unter der Dachmarke „H. “ jedoch bisher 5 Präparate mit dem weitgehend identischen Anwendungsgebiet „Erkältungskrankheiten“, aber unterschiedlichen Wirkstoffen zusammengefasst. Nur zwei von diesen Präparaten enthielten den Wirkstoff „Paracetamol“. Demnach sei die Dachmarke „H. “ durch das gemeinsame Anwendungsgebiet, aber nicht durch eine weitgehende Produktidentität im Sinne einer Wirkstoffidentität geprägt und daher auch keine „Hauptbezeichnung“ für einen bestimmten Wirkstoff. Unabhängig davon komme es im Rahmen des Verbots einer gleichen Bezeichnung für Arzneimittel mit unterschiedlichen Wirkstoffen nach § 25 Abs. 3 AMG nicht auf die Hauptbezeichnung, sondern auf die gesamte Bezeichnung an. Die gesamte Bezeichnung umfasse aber die Dachmarke H. sowie die unterscheidungskräftigen Zusätze „C“ bzw. „J1. “. Es handele sich daher nicht um die gleiche Bezeichnung.
31Das streitgegenständliche Arzneimittel sei ebenfalls für das Anwendungsgebiet der symptomatischen Behandlung bei Erkältungskrankheiten zugelassen und könne daher in die Dachmarke „H. “ einbezogen werden, ohne dass hierdurch eine Irreführung oder Verwechslungsgefahr im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG ausgelöst werde.
32Die vorliegende Bezeichnung sei nicht geeignet, eine unrichtige Vorstellung über wesentliche Eigenschaften des Arzneimittels zu wecken. Hierbei komme es auf das Verständnis der Fachkreise und das Verständnis des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers an.
33Aus der gewählten Arzneimittelbezeichnung sei eindeutig zu entnehmen, dass der alleinige arzneilich wirksame Bestandteil der Wirkstoff „Ibuprofen“ sei und das Arzneimittel – wie alle anderen Arzneimittel der Marke „H. “ - bei Erkältungskrankheiten anzuwenden sei. Eine Verwechslungsgefahr mit dem Arzneimittel „H. C“ Hartkapsel sei nicht gegeben. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso der Verbraucher aus dem Namensbestandteil „H. “ entnehmen soll, dass das vorliegende Arzneimittel - trotz des Zusatzes „J1. “ - wirkstoffgleich mit „H. C“ sei und Paracetamol als Wirkstoff enthalte oder neben den Wirkstoffen von „H. C“ zusätzlich den Wirkstoff Ibuprofen enthalte. Eine derartige Addition von Wirkstoffen werde üblicherweise mit den Worten „mit“ oder „plus“ verdeutlicht, die hier nicht vorhanden seien. Bei Kombinationsarzneimitteln wie „H. C“ sei dem Verbraucher üblicherweise nicht geläufig, welche Wirkstoffe in diesem enthalten seien. Da die Marke „H. “ nicht mit einem Wirkstoff, sondern mit dem Anwendungsgebiet „Erkältungskrankheiten“ verbunden werde, sei auch die irrtümliche Annahme einer identischen Wirkstoffzusammensetzung ausgeschlossen.
34Durch den Zusatz „J1. “ werde der Verbraucher hinreichend deutlich darauf hingewiesen, dass sich die Produkte in relevanter Weise unterschieden. Falls einen Verbraucher die Wirkstoffzusammensetzung interessiere, könne er sich durch einen Blick auf die Faltschachtel oder die Gebrauchsinformation informieren. Außerdem könne der aufmerksame Verbraucher ohne weiteres Filmtabletten von der für „H. C“ verwendeten Hartkapsel unterscheiden.
35Die Unterschiede in der pharmakotherapeutischen Klassifizierung der Wirkstoffe Paracetamol und Ibuprofen seien auf Unterschiede in der chemischen Grundstruktur und hinsichtlich der antiphlogistischen (entzündungshemmenden) Wirkung zurückzuführen. Sie seien aber im Hinblick auf die hier beanspruchten Indikationen irrelevant. Das Wirkprinzip beider Substanzen sei identisch und bestehe in der Hemmung der Cyclooxygenasen (COX), was zur Linderung der typischen Symptome von Erkältungskrankheiten, nämlich Schmerzen und Fieber, führe. Die unterschiedlichen Wirkungen der Substanzen, die bei steigender Dauer und Dosis Nebenwirkungen hervorrufen könnten, seien hier unerheblich, weil das streitgegenständliche Arzneimittel nur zur Kurzzeitbehandlung vorgesehen sei. Es sei durch klinische Vergleichsstudien erwiesen, dass Paracetamol und Ibuprofen bei der Behandlung von Erkältungskrankheiten keine relevanten Unterschiede in der Verträglichkeit und keine schweren Nebenwirkungen zeigten.
36Die vom BfArM angenommenen Anwendungsfehler aufgrund einer Verwechslung der Präparate seien nicht nachvollziehbar. Es sei unverständlich, wie der Verbraucher aufgrund der Bezeichnung „H. J1. “ zu der Annahme gelangen solle, es handele sich um das gleiche Arzneimittel wie „H. C“ und diese beiden Arzneimittel willkürlich austausche und innerhalb eines Tages oder der Anwendungsdauer abwechselnd nehme. Es sei nicht anzunehmen, dass der aufmerksame und verständige Verbraucher wahl- und ziellos unterschiedliche Arzneimittel miteinander kombiniere, ohne sich durch einen Blick in die Gebrauchsinformation über die Risiken einer solchen Kombination zu informieren. Aus klinischen Studien könne abgeleitet werden, dass die alternierende Anwendung von Paracetamol und Ibuprofen bei der Behandlung von Fieber im Kindesalter häufig und nicht mit einer signifikanten Steigerung der Nebenwirkungen verbunden sei. Selbst bei einer kombinierten Einnahme von Paracetamol und Ibuprofen in der Maximaldosis seien die Nebenwirkungen nach 10 Tagen nur dezent erhöht.
37Sogar wenn ein Patient in einem rein hypothetischen Fall die beiden Arzneimittel verwechseln und „H. J1. 400 mg“ (3 x täglich 1 Filmtablette) wie „H. C“ (3 x täglich 2 Kapseln) dosieren würde, so würde die dann zugeführte doppelte Ibuprofen-Dosis bei 2400 mg Ibuprofen (6 x 400 mg) pro Tag und damit noch innerhalb der für die langfristige Schmerztherapie üblichen Menge liegen (vgl. Fachinformation zu J1. Stada 400/600 mg Filmtabletten von August 2010). Die von der Beklagten bei einer Verdoppelung der Tagesdosis von Ibuprofen befürchteten schweren Nebenwirkungen seien größtenteils auch in der Fachinformation für „H. C“ beschrieben. Da das Risiko mit der Dosis und Dauer der Anwendung steige, seien diese Nebenwirkungen bei einer kurzen Behandlungsdauer von 4 Tagen nicht zu erwarten. Gefahren für Patienten mit Analgetika-Asthma bestünden nicht, da diese durch den Bezeichnungszusatz „J1. “ auf den für sie unverträglichen Wirkstoff augenfällig hingewiesen würden.
38Im Übrigen sei die von der Beklagten unterstellte Fehlanwendung von Arzneimitteln durch Kombination, Überdosierung und überlange Anwendungsdauer bei allen Arzneimitteln möglich, werde aber nicht durch die hier beantragte Arzneimittelbezeichnung verursacht.
39Demnach wiesen die beiden Präparate im vorliegenden Fall ein gleiches Risikoprofil bei Übereinstimmung des Wirkkonzeptes auf und unterschieden sich damit und in anderen Punkten maßgeblich von dem durch Urteil des VG Köln vom 09.04.2013
40– 7 K 2050/11 - „Aktren“ entschiedenen Sachverhalt.
41Es sei auch nicht zutreffend, dass das Arzneimittel „H. C“ einen anderen Anwenderkreis anspreche und dadurch eine Irreführung auslösen könnte. Vielmehr seien der Anwenderkreis bzw. die Anwendungsgebiete der beiden Arzneimittel weitgehend identisch, weil bei beiden Präparaten die symptomatische Behandlung von Schmerzen und Fieber bei Erkältungskrankheiten als Anwendungsgebiet zugelassen sei. Der Umstand, dass im Anwendungsgebiet von „H. C“ zusätzlich die Symptome „Schnupfen und Reizhusten“ aufgeführt seien, führe nicht zur Änderung des Anwenderkreises. Vielmehr würden diese Symptome gemäß der Fachinformation lediglich beispielhaft für gemeinsam auftretende Beschwerden bei Erkältungskrankheiten genannt, wie das Wort „wie“ zeige. Vielmehr seien die Symptome Fieber und Schmerzen bei Erkältungskrankheiten ausschlaggebend für den Anwenderkreis. Diese seien in fast allen Medikamenten mit analgetischen und antipyretischen Wirkstoffen, die für Erkältungskrankheiten zugelassen seien, aufgeführt.
42Schließlich entspreche die hier beantragte Arzneimittelbezeichnung der aktuellen Bezeichnungsleitlinie der Beklagten vom 20.03.2013, die auf einem risikobasierten Grundsatz beruhe. Danach komme es auf die Unterschiede der Arzneimittel und die Gefahren bei Verwechslung mit einem andersartigen Arzneimittel an. Da es sich hier um vergleichbare Indikationen und ein äußerst geringes Anwendungsrisiko selbst bei Verwechslung handele, sei die gewählte Bezeichnung nicht zu beanstanden.
43Die Gefahr einer versehentlichen Verwechslung der Arzneimittel oder einer Falschdosierung aufgrund unterschiedlicher Dosierungsanweisungen sei aber ohnehin nicht gegeben. Diese Gefahr werde auch nicht dadurch begründet, dass es sich um ein OTC-Präparat handele. Das vorliegende Arzneimittel sei apothekenpflichtig und der Apotheker zur entsprechenden Information und Beratung der Patienten nach der Apothekenbetriebsordnung verpflichtet.
44Da somit eine Irreführung und Gesundheitsgefährdung des Verbrauchers durch die beantragte Arzneimittelbezeichnung ausgeschlossen sei, führe die Versagung der Änderung zu einem rechtswidrigen Eingriff in die Rechte der Klägerin aus Art. 12 und 14 GG.
45Die Klägerin beantragt,
46die Beklage unter Aufhebung des Bescheides des BfArM vom 24.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2012 zu verpflichten, die Zulassungsbescheide für J. 200 mg Filmtabletten (Zulassungsnummer 00000.00.00) und J. 400 mg Filmtabletten (Zulassungsnummer 00000.00.00) entsprechend der Änderungsanzeige der Klägerin vom 08.07.2011 in „H. J1. L. 200 mg Filmtabletten“ und „H. J1. 400 mg Filmtabletten“ zu ändern.
47Die Beklagte beantragt,
48die Klage abzuweisen.
49Sie bleibt bei ihrer Auffassung, die beantragte Änderung der Arzneimittelbezeichnung sei nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AMG zu versagen, da die Verwendung der Familienmarke „H. “ für Ibuprofenhaltige Arzneimittel irreführend im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG sei und gegen das Verbot der gleichen Bezeichnung wirkstoffverschiedener Arzneimittel nach § 25 Abs. 3 AMG verstoße.
50Aus § 29 Abs. 2 AMG ergebe sich nicht die Pflicht der Beklagten, den Zulassungsbescheid hinsichtlich der Arzneimittelbezeichnung ohne eine materiell-rechtliche Prüfung, allein aufgrund des Vorliegens einer Änderungsanzeige zu ändern. Das Prüfungsrecht der Zulassungsbehörde hinsichtlich der Arzneimittelbezeichnung bestehe nicht nur im Zulassungsverfahren, sondern auch im Änderungsverfahren.
51Wegen des Strengeprinzips im Arzneimittelrecht seien die Anforderungen an eindeutige, klare und Verwechslungen ausschließende Arzneimittelbezeichnungen sehr hoch. Seien Arzneimittel einer Serie unter der gleichen Hauptbezeichnung (Dachmarke) im Verkehr, erwarte der verständige, informierte Verbraucher, dass diese den gleichen Wirkstoff enthielten (VG Köln, Urteil vom 12.04.2011 – 7 K 4284/09 – „Fenistil“). Die Arzneimittelbezeichnung müsse auch ohne einen Blick in die Gebrauchsinformation eindeutig und klar sein.
52Für die Beurteilung der vorliegenden Dachmarke und der hieraus folgenden Verwechslungsgefahr seien nur die Arzneimittel mit vergleichbaren Darreichungsformen heranzuziehen, also „H. C“ Hartkapsel und „H. Heißgetränk“. Diese enthielten als einzigen arzneilich wirksamen Bestandteil Paracetamol. Da der Verbraucher die Marke „H. “ kenne, dürfe er erwarten, dass es sich um Paracetamol-haltige Arzneimittel handele. Demgegenüber enthalte das vorliegende Arzneimittel Ibuprofen.
53Der Zusatz „J1. “ im streitgegenständlichen Arzneimittel sei nicht ausreichend unterscheidungskräftig. Er mache nicht deutlich, dass es sich um den einzigen Wirkstoff handele. Aus dem Urteil des VG Köln vom 12.04.2011 ergebe sich gerade nicht, dass der Verbraucher nur bei bestimmten Zusätzen wie „plus“ oder „mit“ erwarte, dass das Arzneimittel weitere Wirkstoffe enthalte. Vielmehr wurde angenommen, dass der Verbraucher auch ohne einen derartigen Zusatz von der Zufügung eines weiteren Wirkstoffs ausgehen könne.
54Aus dem Umstand, dass in zahlreichen Arzneimitteln zur Behandlung von Erkältungskrankheiten verschiedene schmerzstillende und fiebersenkende Wirkstoffe verwendet würden, lasse sich nichts ableiten. Denn diese Wirkstoffe könnten sich durchaus in ihrem Wirk- und Nebenwirkungsprofil sowie dem Anwenderkreis, der Dauer der Anwendung, den Wechselwirkungen, etc. unterscheiden.
55Die Wirkstoffe Paracetamol und Ibuprofen wiesen Unterschiede im Hinblick auf die pharmakotherapeutische Klassifizierung, hinsichtlich der Anwendungsgebiete sowie der möglichen Neben- und Wechselwirkungen auf. Paracetamol gehöre zur Gruppe der „Analgetika und Antipyretika, Anilide, ATC-Code: N02BE01. Ibuprofen sei der Gruppe der nichtsteroidalen Antiphlogistika und Antirheumatika, Propionsäure-Derivate, ATC-Code: M01AE 01 zuzuordnen. Die Wirkstoffe seien hinsichtlich der Wirkungsweise, insbesondere der inflammatorischen Wirksamkeit von Ibuprofen, nicht identisch. Die Anwendungsgebiete von H. C-Hartkapseln, H. Heißgetränk und J. 200 bzw. 400 mg seien unterschiedlich definiert.
56Weil es sich um OTC (over-the-counter)-Präparate handele, bestehe die Gefahr, dass der Anwender die Produkte austausche und die Arzneimittel nacheinander über den Tag oder nacheinander innerhalb der empfohlenen Anwendungsdauer einnehme. Dies sei problematisch im Hinblick auf die Unübersichtlichkeit der möglichen Neben- und Wechselwirkungen. Bei kombinierter Einnahme könne eine Verstärkung der negativen Effekte – auch bei kurzfristiger Einnahme - nicht ausgeschlossen werden. Eine Verwechslung könne zum Auftreten von Analgetika-Asthma unter NSAR (einschließlich Ibuprofen) führen.
57Darüber hinaus bestehe die Gefahr der Doppelt-Einnahme. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einer Überdosierung durch Verdoppelung der Tagesmaximaldosis des streitgegenständlichen Arzneimittels von 1200 mg auf 2400 mg komme, wenn der Anwender dieses entsprechend der Dosierungsempfehlung für „H. C“-Hartkapseln (3 x 2 Hartkapseln) einnehmen würde. Insbesondere steige das Risiko gastrointestinaler Nebenwirkungen mit steigender Ibuprofen-Dosis an. Bei einer Verwechslung der Präparate könne es zu schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Bronchospasmus, Asthma, Rhinitis oder Urtikaria, ungeklärte Blutbildungsstörungen, peptische Ulzera oder Hämorrhagien, gastrointestinale Blutungen oder Perforationen, zerebrovaskulären oder anderen aktiven Blutungen kommen, die bei Paracetamol nicht zu erwarten wären.
58Die aus der Verwechslung der Präparate resultierenden Gefahren könnten auch durch die Beratungspflicht der Apotheker nicht ausgeschlossen werden. Die Beratung werde häufig nicht in Anspruch genommen, insbesondere nicht im Internethandel. Darüber hinaus bewahrten Schmerzpatienten in der Regel noch weitere andere freiverkäufliche Schmerzmittel zu Hause auf und es sei nicht fernliegend, dass sie diese ohne Rücksprache mit Arzt oder Apotheker und über die Dauer von 4 Tagen hinaus gleichzeitig anwendeten. Gerade bei Substanzen mit einem relativ kleinen therapeutischen Fenster, wie Paracetamol, könnten hohe Dosen zu lebensbedrohlichen Leberschäden führen. Auch bei einer kurzzeitigen Anwendung von 4 Tagen könnten schwere allergisch bedingte Nebenwirkungen oder die beschriebenen gastrointestinalen Komplikationen auftreten.
59Der Änderung der Bezeichnung stehe auch § 25 Abs. 3 AMG entgegen, da die Änderung zur Folge hätte, dass unterschiedlich zusammengesetzte Arzneimittel unter der gleichen Hauptbezeichnung im Verkehr wären (VG Köln, Urteil vom 12.04.2011 – 7 K 4284/09 – „Fenistil“). Dieses Urteil sei auch auf den vorliegenden Fall übertragbar, in dem unterschiedlich zusammengesetzte Arzneimittel sogar für denselben Anwendungsbereich unter einer Familienmarke zusammengefasst würden. Für das Merkmal der überragenden Hauptbezeichnung komme es nicht auf den Bekanntheitsgrad des Arzneimittels, sondern darauf an, dass die Hauptbezeichnung den jeweiligen Zusatz überrage (VG Köln, Urteil vom 09.04.2013 – 7 K 2050/11 – „Aktren“).
60Die Versagung der Bezeichnungsänderung gehe demnach nicht über die durch § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG aufgezeigten Grenzen des Irreführungsverbots hinaus und verletze daher auch nicht die Rechte der Klägerin aus Art. 12 und 14 GG.
61Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die von den Beteiligten ergänzend eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
62E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
63Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Änderung des Zulassungsbescheides hinsichtlich der Bezeichnung der von ihr in den Verkehr gebrachten Arzneimittel J. 200 mg Filmtabletten und J. 400 mg Filmtabletten in „H. J1. L. 200 mg Filmtabletten“ und „H. J1. 400 mg Filmtabletten“ gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG. Der ablehnende Bescheid des BfArM vom 24.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
64Die Änderung der Bezeichnung kann weder nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AMG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG noch nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG versagt werden. Die Voraussetzungen der dort genannten Versagungsgründe sind nicht erfüllt.
65Die Verwendung des Bezeichnungsbestandteils „H. “ (sogenannte Dachmarke) für die streitbefangenen ibuprofenhaltigen Arzneimittel verstößt nicht gegen das Irreführungsverbot des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Eine Bezeichnung ist irreführend, wenn sie bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise unzutreffende Erwartungen an Art, Qualität, therapeutische Wirksamkeit, Unbedenklichkeit oder sonstige wesentliche Merkmale des Arzneimittels weckt. Angesichts der Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und der mit falschen Erwartungen an ein Arzneimittel verbundenen Gesundheitsrisiken sind an Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit von Arzneimittelbezeichnungen gegenüber anderen Gütern des Wirtschaftsverkehrs erhöhte Anforderungen zu stellen (sog. Strengeprinzip),
66vgl. OVG NRW, Urteile vom 17.06.2013 – 13 A 1113/11 – „Fenistil“ und vom 12.02.2014 – 13 A 1377/13 – „Aktren“.
67Die Bezeichnung eines Arzneimittels ist nicht nur für die Fachkreise, also für Ärzte, Apotheker sowie Behörden von Bedeutung. Sie ist in besonderem Maß für die Information der Verbraucher wichtig, die typischerweise nicht über qualifizierte medizinische Kenntnisse verfügen. Dies gilt auch für apothekenpflichtige Arzneimittel, da die in den Apotheken bestehende Beratungsmöglichkeit häufig nicht in Anspruch genommen wird. Bezeichnungsbedingte Fehlvorstellungen der Verbraucher können deshalb durch die Beratung des fachlich informierten Apothekers nicht mit hinreichender Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden,
68vgl. OVG NRW, Urteile vom 12.02.2014 – 13 A 1377/13 – „Aktren“, vom 17.06.2013 – 13 A 1113/11 – „Fenistil“ und vom 12.08.2009 – 13 A 2147/06 – „I. E.“.
69Bei der Ermittlung der Verbrauchervorstellung ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen. Dieser geht zu Recht davon aus, dass das Gesundheitswesen einschließlich der Arzneimittelwirtschaft staatlich reguliert und überwacht wird. Er vertraut typischerweise darauf, dass die zugelassene Bezeichnung so eindeutig ist, dass sie keine Fehlvorstellungen bzw. Missverständnisse über das Arzneimittel, oder eine Verwechslung mit einem anderen Arzneimittel auslöst,
70vgl. OVG NRW, Urteile vom 12.02.2014, vom 17.06.2013 und vom 12.08.2009, a.a.O..
71Gemessen an diesen Maßstäben sind bei einer Gesamtbetrachtung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die Bezeichnungen „H. J1. L. 200 mg“ und „H. J1. 400 mg“ nicht irreführend.
72Zwar ist davon auszugehen, dass der Verbraucher dem Bezeichnungsbestandteil „H. “ besondere Bedeutung beimisst. Hierbei handelt es sich um die Hauptbezeichnung, die aufgrund ihrer Stellung am Anfang des Arzneimittelnamens, ihrer sprachlichen Bedeutung und optischen Hervorhebung auf der Umverpackung (z. B. bei „H. C“ Hartkapseln) besondere Aufmerksamkeit beim Verbraucher hervorruft. Bei einer Dachmarke, die – wie H. – seit mehreren Jahren für eine bestimmte Arzneimittelserie benutzt wird, besteht deshalb grundsätzlich die Gefahr, dass Verbraucher ein dieselbe Hauptbezeichnung führendes (neues) Arzneimittel hinsichtlich seines Anwendungsgebiets und seiner therapeutischen Wirksamkeit der schon bekannten Serie zuordnen und als gleich oder ähnlich wahrnehmen,
73vgl. OVG NRW, Urteile vom 17.06.2013 – 13 A 1113/11 – „Fenistil“ und vom 12.02.2014 – 13 A 1377/13 – „Aktren“.
74Diese gedankliche Verbindung des neuen Arzneimittels mit der eingeführten Dachmarke führt jedoch im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Unterschiede der Arzneimittel und der Gefahren, die bei einer Verwechslung oder einer gedanklichen Übertragung einer Wirksamkeitserfahrung entstehen, nicht zu erheblichen Fehlvorstellungen. Zwar ist die Nutzung einer Dachmarke für ein Arzneimittel mit einem abweichenden Wirkstoff in der Regel irreführend,
75vgl. OVG NRW, Urteile vom 17.06.2013 – 13 A 1113/11 – „Fenistil“ und vom 12.02.2014 – 13 A 1377/13 – „Aktren“ mit weiteren Nachweisen.
76Diese Annahme beruhte aber auf einer bestimmten Fallgestaltung, bei der die Verbrauchererwartung an die Dachmarke an einen bestimmten Wirkstoff bzw. Wirkmechanismus geknüpft ist, weil die Marke von diesem Wirkstoff und die davon ausgehende Wirksamkeit in bestimmten Krankheitsfällen in der Verbraucherwahrnehmung geprägt wird,
77vgl. VG Köln, Urteil vom 12.04.2011 – 7 K 4284/09 – „Fenistil“.
78Der vorliegende Fall ist abweichend zu beurteilen, weil die Dachmarke „H. “ nicht durch einen bestimmten Wirkstoff geprägt wird, sondern durch ein Anwendungsgebiet, nämlich das Anwendungsgebiet „Erkältungskrankheiten“. Insbesondere wird die Dachmarke – im Gegensatz zu der Beurteilung des BfArM – aus der Sicht des Verbrauchers nicht durch den Wirkstoff „Paracetamol“ gekennzeichnet.
79Dies ergibt sich zunächst bereits aus der Wortbedeutung der verwendeten Dachmarke „H. “. Hierbei handelt es sich nicht um eine Wirkstoffbezeichnung, sondern um einen zusammengesetzten Begriff, der im ersten Teil mit „H1. “ an das Anwendungsgebiet „Erkältungskrankheiten“ anknüpft. Denn in Verbraucherkreisen wird häufig nicht zwischen der echten Virusgrippe (Influenza) und einer einfachen Erkältungskrankheit unterschieden. Vielmehr wird auch die Erkältung häufig als Grippe oder als grippaler Infekt bezeichnet. Der zweite Teil „T. “ greift den Namen des pharmazeutischen Unternehmers, T1. GmbH, auf. Demnach wird durch die in der Dachmarke verwendeten Begriffe eine Verbrauchervorstellung hervorgerufen, die H. -Produkte als Arzneimittel zur Behandlung von Erkältungskrankheiten einordnet, die von einem bestimmten Pharma-Unternehmen in den Verkehr gebracht werden.
80Die Verbindung von „H. “-Produkten zu Erkältungskrankheiten wird durch die Gestaltung der Umverpackung, der Gebrauchsinformation und dem Internetauftritt der „H. “-Produktserie verstärkt. Beispielsweise wird auf der Vorderseite der Umverpackung der „H. C“ Hartkapsel, die dem Verbraucher als erstes ins Auge fällt, neben der Arzneimittelbezeichnung zuerst der Verwendungszweck genannt: „Gegen grippale Infekte und Erkältungskrankheiten“. Von den Wirkstoffen wird im Anschluss nur das Vitamin C aufgeführt: „mit Vitamin C“. Die übrigen drei Wirkstoffe, insbesondere Paracetamol, sind auf der Vorderseite der äußeren Umhüllung nicht genannt.
81Auch im Freitext am Ende der Gebrauchsinformation von „H. C“ Hartkapsel und auf der Internetseite der Klägerin zu „H. C“ werden direkt am Anfang der Erläuterungen zunächst die Ursachen und Symptome von Erkältungskrankheiten beschrieben, bevor die Wirkstoffe erwähnt werden. Auf der Internetseite zur Produktserie „H. “ wird unter den Zusatzinformationen die Behandlung von Erkältungskrankheiten in den Vordergrund gestellt („Guter Rat bei Erkältungen“, „Welcher Erkältungstyp sind Sie“) und durch entsprechende Winterbilder ergänzt.
82Die übrigen Produkte der Reihe, die für die Ermittlung der Verbrauchervorstellung des übergeordneten Begriffs „H. “ ebenfalls herangezogen werden können, weisen zum Teil schon in der Arzneimittelbezeichnung selbst auf die Anwendung bei Erkältungskrankheiten hin („H. Erkältungsbad“, „H. Erkältungsbalsam“).
83Demnach wird durch die Vermarktung ein Verbraucherbild gefördert, dass die „H. “-Serie mit Erkältungsmitteln verbindet, aber nicht mit bestimmten Wirkstoffen oder einem bestimmten Wirkstoff. Gegen die Assoziation von „H. “ mit dem Wirkstoff Paracetamol spricht darüber hinaus, dass es sich bei dem vom BfArM zum Vergleich herangezogenen Produkt „H. C Hartkapsel“ nicht um ein Monopräparat handelt, dass seit Jahren mit ein- und demselben bekannten Wirkstoff im Verkehr ist. Vielmehr handelt es sich um ein Kombinationsprodukt aus 4 arzneilich wirksamen Bestandteilen, das neben Paracetamol noch Vitamin C, Coffein und Chlorphenaminmaleat enthält. In diesem Fall ist nicht anzunehmen, dass der durchschnittliche Verbraucher die Anzahl oder Art der enthaltenen Wirkstoffe kennt, wie die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt hat. Allenfalls wird dem Verbraucher bei der Marke „H. “ der Bestandteil Vitamin C geläufig sein, weil dieser auf der Umverpackung deutlich hervorgehoben ist und als einziger Wirkstoff auf der Vorderseite in Erscheinung tritt.
84Ferner kann nicht außer Acht gelassen werden, dass die übrigen Präparate der „H. “-Reihe eine jeweils unterschiedliche Zusammensetzung der Wirkstoffe aufweisen. Nur „H. C“ Hartkapsel und „H. Heißgetränk“ enthalten Paracetamol. Die anderen Produkte haben eine andere Darreichungsform (Erkältungsbad, Erkältungsbalsam), werden nicht oral, sondern äußerlich angewendet und enthalten unterschiedliche ätherische Öle. Die verschiedenen Produktqualitäten verhindern, dass der Verbraucher mit „H. “ einen bestimmten Wirkstoff in Zusammenhang bringt, sondern lassen als gemeinsames Merkmal nur die Anwendung bei Erkältungskrankheiten zu.
85Selbst wenn der Verbraucher bei dem vom BfArM in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellten Arzneimittel „H. C“ Hartkapsel in erster Linie an ein Schmerz- und Fiebermittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten denken würde, wäre die Verbrauchererwartung nicht auf das Schmerzmittel „Paracetamol“ beschränkt. Es gibt auf dem Arzneimittelmarkt eine Fülle von Erkältungsmitteln, die einen schmerzstillenden und fiebersenkenden Wirkstoff enthalten. Bei diesem Wirkstoff kann es sich jedoch auch um Acetylsalicylsäure (ASS) oder Ibuprofen handeln. Dies hat die Klägerin durch die Vorlage einer Liste dieser Arzneimittel umfänglich dargelegt, vgl. Anlage K 8, Beiakte 1. Umgekehrt sind Erkältungsmittel unter anderen Dachmarken im Verkehr, die ebenfalls den Wirkstoff Paracetamol enthalten, z.B. die Wick-Produkte. Demnach ist die Dachmarke „H. “ aus der Verbrauchersicht nicht exklusiv mit dem Wirkstoff Paracetamol verknüpft.
86Erzeugt der Markenname somit nur eine Assoziation mit dem Anwendungsgebiet „Erkältungskrankheiten“, liegt keine Irreführung des Verbrauchers aufgrund der Erwartung eines bestimmten Wirkstoffs vor.
87Entgegen der Darstellung der BfArM ist auch nicht anzunehmen, dass ein verständiger und aufmerksamer Verbraucher die Produkte „H. J1. Filmtabletten“ mit der „H. C Hartkapsel“ verwechselt, weil er annimmt, die beiden Produkte seien identisch. Die Vorstellung, dass es sich um identische Arzneimittel handelt, wird sowohl durch die unterschiedlichen Zusätze, nämlich zum einen „C“ und zum anderen „J1. “, als auch durch die unterschiedliche Darreichungsform, zum einen Hartkapseln und zum anderen Filmtabletten, ausgeschlossen. Der Gesetzgeber geht in der Vorschrift des § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG selbst davon aus, dass unterschiedliche Zusätze generell geeignet sind, wirkstoffveränderte Arzneimittel von dem bisherigen Produkt auch bei weiterer Verwendung der Hauptbezeichnung zu unterscheiden. Es gibt keinen Grund dafür, dass ein aufmerksamer Verbraucher diese unterschiedlichen Zusätze und Darreichungsformen einfach ignoriert oder übersieht. Der Zusatz „J1. “ fällt vielmehr gegenüber der Hauptbezeichnung „H. “ sowohl wegen seiner Wortlänge als auch wegen seiner Bedeutung als geläufige Wirkstoffbezeichnung ins Gewicht. Der in zahlreichen Schmerzmitteln enthaltene Wirkstoff Ibuprofen ist dem aufmerksamen Verbraucher bekannt, da er insbesondere bei Generika häufig im Arzneimittelnamen auftaucht (z.B. Ibu-ratiopharm, Ibu-hexal). Es handelt sich damit um einen deutlich unterscheidenden Zusatz, der Verwechslungen mit dem bisherigen Produkt „H. C Hartkapsel“ ausschließt.
88Auch die Annahme des BfArM, der durchschnittliche Verbraucher nehme bei einer zusammengesetzten Produktbezeichnung an, es handele sich bei dem neuen Präparat „H. J1. “ um ein Arzneimittel mit dem Wirkstoff Paracetamol plus Ibuprofen bzw. um ein Arzneimittel mit allen Wirkstoffen von „H. C Hartkapsel“ plus Ibuprofen, und gehe somit von einer Teilidentität aus, kann nicht überzeugen. Eine Verbrauchererwartung, dass ein mehrteiliger Arzneimittelname stets auf zwei oder mehr Wirkstoffe hinweist, nämlich den Wirkstoff/ die Wirkstoffe der Dachmarke und den im Zusatz bezeichneten Wirkstoff, existiert nicht,
89vgl. OVG NRW, Urteil vom 12.02.2014 – 13 A 1377/13 – „Aktren“.
90Dies gilt insbesondere dann, wenn die Hauptbezeichnung – wie hier – nicht an einen bestimmten Wirkstoff geknüpft ist, sondern an ein Anwendungsgebiet. Vielmehr wird die Verbrauchererwartung, wie ausgeführt, durch die zahlreichen am Markt vorhandenen Erkältungsmittel beeinflusst, die unterschiedliche Wirkstoffe als Monopräparat oder Kombinationspräparate enthalten, vgl. Anlage K8, Beiakte 1. Daher stehen gerade bei Arzneimitteln zur Behandlung von Erkältungskrankheiten nicht bestimmte Wirkstoffe im Vordergrund des Patienteninteresses, sondern der Verwendungszweck. Sollte dies ausnahmsweise nicht der Fall sein und der Patient Wert auf einen bestimmten Wirkstoff legen, wird er durch den Zusatz „J1. “ in „H. J1. “ in ausreichender Deutlichkeit darauf hingewiesen, dass sich das neue Arzneimittel hinsichtlich der Wirkstoffzusammensetzung von dem bisher bekannten „H. C“ jedenfalls teilweise unterscheidet. In diesem Fall wird sich ein aufmerksamer Verbraucher durch einen kurzen Blick auf die Wirkstoffangabe auf der Umverpackung über den oder die enthaltenen Wirkstoffe informieren.
91Da somit von einem durchschnittlichen Verbraucher erwartet werden kann, dass er „H. C“ und „H. J1. “ als unterschiedliche Arzneimittel wahrnimmt, erscheinen die Gefahren, die das BfArM aus einer Verwechslung der beiden Präparate herleiten will, fernliegend. Es kann weder nachvollzogen werden, warum ein Verbraucher die beiden Präparate nacheinander, insbesondere abwechselnd einnehmen sollte, oder warum er beide Arzneimittel gleichzeitig einsetzen sollte. Ebenso wenig kann erwartet werden, dass ein Verbraucher das neue Arzneimittel „H. J1. “ mit der Dosierungsangabe des bisherigen Arzneimittels „H. C“ verbinden sollte. Ein derartiges Verhalten wäre mit dem Verbraucherleitbild eines durchschnittlichen vernünftigen Verbrauchers nicht zu vereinbaren.
92Vielmehr kann von diesem erwartet werden, dass er zwei Arzneimittel, die er als unterschiedlich erkannt hat, nicht wahllos kombiniert, sondern sich vor der Einnahme zunächst in der Packungsbeilage über die Einnahmemodalitäten vergewissert. Dort wird er dazu aufgefordert, beim Arzt oder Apotheker nachzufragen, wenn er vor kurzem andere Arzneimittel eingenommen hat oder noch einnimmt. Unabhängig davon dürfte es inzwischen vielen Verbrauchern bekannt sein, dass es Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Wirkstoffen gibt und dass die gleichzeitige Einnahme mehrerer Arzneimittel zu gefährlichen Überdosierungen oder Wirksamkeitsverlust führen kann. Auf diese Wechselwirkungen wird in jeder Gebrauchsinformation und auch in bekannten Informationsquellen im Internet hingewiesen,
93vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 c AMG; „Wechselwirkungs-Check“ auf www.apotheken-umschau.de.
94Auch die Vorstellung, ein Verbraucher könnte das Arzneimittel „H. J1. “ wie das bekannte Arzneimittel „H. C“ dosieren, nämlich 3 x 2 Filmtabletten anstelle von 3 x 1 Filmtablette, setzt voraus, dass der Anwender die Dosierungsanleitung in der Gebrauchsinformation des eingenommenen Arzneimittels nicht liest oder nicht beachtet und auch durch die unterschiedliche Darreichungsform (Filmtablette statt Hartkapsel) nicht gewarnt wird. Eine derartige Fehlanwendung kann zwar nie ausgeschlossen werden, wäre aber nicht auf eine missverständliche Arzneimittelbezeichnung, sondern auf einen sorglosen Umgang mit Arzneimitteln zurückzuführen, die nicht dem aktuellen Verbraucherleitbild entspricht. Ein aufmerksamer Verbraucher geht nicht davon aus, dass alle Arzneimittel einer Markenserie hinsichtlich der Wirkstoffmenge und der Dosierung gleich sind,
95vgl. OVG NRW, Urteil vom 14.02.2014 – 13 A 1377/13 – „Aktren“.
96Vielmehr unterscheiden sich Arzneimittel einer Markenserie gerade typischerweise durch die Stärke (Arzneimittelmenge pro abgeteilter Arzneiform, z. B. Ibu-ratiopharm 200 mg akut, Ibu-ratiopharm 400 mg akut, Ibu-ratiopharm 600 mg, Ibu-ratiopharm 800 mg). Dies steht der Annahme entgegen, man könne die Dosierungen ohne weiteres austauschen.
97Schließlich erweist sich die Vorstellung des BfArM als unrealistisch, ein Patient mit einer Analgetika-Allergie, insbesondere gegenüber Ibuprofen, könnte irrtümlich „H. J1. “ einnehmen, weil er meint, es enthalte nur Paracetamol. Verbraucher mit Arzneimittelallergien achten wegen der ihnen bekannten und gefährlichen Nebenwirkungen sehr genau darauf, welche arzneilichen Wirkstoffe sie zu sich nehmen. Dass sie trotz der Angabe „J1. “ im Arzneimittelnamen annehmen, dieses enthalte nur Paracetamol, erscheint abwegig.
98Da die Kammer eine Verwechslungsgefahr zwischen „H. C“ und „H. J1. “ aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles bei einem durchschnittlichen Konsumenten ausschließt, resultieren auch keine Gesundheitsgefahren aufgrund teilweise unterschiedlicher Gegenanzeigen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen der beiden Präparate. Selbst wenn man aber eine Verwechslungsgefahr bejahen würde, dürften die dann zu erwartenden Gesundheitsgefahren eher geringfügig sein. Die Klägerin hat überzeugend vorgetragen und belegt, dass bei einer Anwendung von „H. J1. “ anstelle von „H. C“ (mit Paracetamol) wegen der empfohlenen kurzzeitigen Einnahme von 4 Tagen nicht mit einer substantiellen Zunahme von Nebenwirkungen zu rechnen wäre. Aus den vorgelegten Vergleichs-Studien ergibt sich, dass bei einer alternativen Anwendung von Ibuprofen und Paracetamol im vorliegenden niedrigen und nicht verschreibungspflichtigen Dosisbereich und bei Kurzzeitanwendung die Nebenwirkungsraten bei beiden Substanzen gering und in vergleichbarer Höhe waren,
99vgl. Rainsford, K.D., „ Ibuprofen: pharmacology, efficacy and safety“, in: Inflammopharmacology 2009, 275 – 342 (Anlage K 11); Moore N. et al., “Tolerability of ibuprofen, aspirin and paracetamol for the treatment of cold and flu symptoms and sore throat pain”, in IJCP 2002, 732 ff. (Anlage K 12); Hay, A.D. et al., “Paracetamol plus ibuprofen for the treatment of fever in children (PITCH), BMJ 2008, 337 (Anlage K15); Doherty M., et al., “A randomized controlled trial of ibuprofen, paracetamol or a combination tablet of ibuprofen/paracetamol in community-derived people with knee pain”, Ann Rheum dis 2011 (70), 1534 ff. (Anlage K 16); alle in Beiakte 12.
100Diesen Vortrag hat die Beklagte nicht substantiiert bestritten. Sie räumt ein, dass das Nebenwirkungsprofil der beiden Substanzen ähnlich ist, mit Ausnahme der Häufigkeit und Schwere der gastro-intestinalen Nebenwirkungen (Schriftsatz vom 10.05.2013, S. 4, Bl. 60 d.A.). Auf die Tatsache, dass das Risiko für die Schädigung des Gastro-Intestinal-Traktes nachweislich von der Dosierung und der Anwendungsdauer abhängig ist (vgl. Gebrauchsinformation J. 400 mg, Anlage K19, Beiakte 12), geht sie aber nicht ein. Sie verweist im Wesentlichen auf die Gegenanzeigen für die Anwendung von J. 400 mg (Anlage K20 Beiakte 12). Die dort genannten, z. T. schwerwiegenden Störungen (bekannte Reaktionen von Bronchospasmus, Asthma, Rhinitis, Urtikaria; ungeklärte Blutbildungsstörungen, bestehende oder wiederholt aufgetretene peptische Ulzera oder Hämorrhagien, gastrointestinale Blutungen oder Perforationen nach früherer Arzneimitteltherapie, zerebrovaskuläre oder andere aktive Blutungen) sind jedoch nicht mit den Nebenwirkungen des Arzneimittels gleichzusetzen, sondern bezeichnen die Indikationen, bei denen das Arzneimittel nicht angewendet werden darf. Eine Verwechslungsgefahr ist aber gerade bei Patienten, die unter den genannten Störungen leiden, gering, weil diese wegen ihrer Vorerkrankungen oder Unverträglichkeiten eine Arzneimitteleinnahme üblicherweise gründlich prüfen und auf magenschädliche Wirkstoffe wie Ibuprofen achten. Im Übrigen leitet die Beklagte die Gesundheitsgefahren nicht aus dem Austausch der Arzneimittel ab, sondern im Wesentlichen aus einer Kombination beider Mittel oder einer doppelten Dosierung, und damit aus Fehlanwendungen, die – wie ausgeführt – wenig wahrscheinlich sind.
101Schließlich wird der Verbraucher auch nicht dadurch in die Irre geführt, dass er dem neuen Arzneimittel „H. J1. “ eine gleiche oder ähnliche therapeutische Wirksamkeit bei Erkältungskrankheiten wie „H. C“ zumisst. Eine Fehlvorstellung in der Art, dass der Patient von einer komplett identischen Wirkung ausgeht, ist nicht zu erwarten. Denn der Käufer des Arzneimittels wird durch den Bezeichnungszusatz „J1. “ auf einen anderen Wirkstoff hingewiesen, der sich zwangsläufig auf die Wirksamkeit auswirken muss.
102Soweit der Verbraucher aus der Verwendung der Dachmarke „H. “ auf eine ähnliche Wirkung bei Erkältungskrankheiten schließt, wäre diese Erwartung berechtigt. Beide Arzneimittel sind mit dem Anwendungsgebiet der Behandlung von Schmerzen und Fieber im Rahmen von Erkältungskrankheiten zugelassen. Soweit das Anwendungsgebiet von „H. C“ darüber hinausgehend auch noch die Symptome „Schnupfen und Reizhusten“ aufführt, bewirkt dies keinen erheblichen Unterschied der Anwendungsgebiete. Es ist zwar anzunehmen, dass „H. C“ besser gegen diese beiden Symptome wirkt, weil es den Wirkstoff „Chlorphenaminmaleat“ enthält, für den eine abschwellende Wirkung auf die Nasenschleimhaut und eine reizlindernde Wirkung auf den Hustenreiz beansprucht wird. Ein vergleichbarer Wirkstoff ist in „H. J1. “, das nur Ibuprofen enthält, nicht vorhanden.
103Diese speziellen Symptome stehen jedoch bei der Beurteilung der Verbrauchererwartung an ein Erkältungsmittel nicht im Vordergrund. Vielmehr sprechen die Anwendungsgebiete beider Medikamente einen Patienten an, der an einer Erkältungskrankheit leidet, die sich typischerweise durch das gleichzeitige oder nacheinander erfolgende Auftreten verschiedener Symptome auszeichnet und ein Medikament sucht, das die Erkältung insgesamt erleichtert. Die Symptome „Schnupfen und Reizhusten“ werden im Anwendungsgebiet von „H. C“ nur als Beispiele für Beschwerden einer Erkältungskrankheit genannt. Sie können, müssen aber nicht vorliegen. Beispielsweise beansprucht „H. C“ auch eine Wirksamkeit bei Erkältungen, die beispielsweise nur mit Halsschmerzen, nicht aber mit Schnupfen oder Reizhusten, verbunden sind. Patienten, die in erster Linie ihren Schnupfen oder Reizhusten lindern wollen, werden in der Regel andere Medikamente bevorzugen, deren Wirksamkeit sich speziell auf diese Symptome bezieht, wie beispielsweise ein Nasenspray oder einen Hustensaft.
104Im Hinblick auf die im Mittelpunkt des Anwendungsgebietes stehenden Symptome „Schmerzen“ und „Fieber“ wird aber die Erwartung einer ähnlichen oder vergleichbaren Wirkung erfüllt. Die Wirkstoffe Paracetamol und Ibuprofen haben im Rahmen des zugelassenen Anwendungsgebiets eine vergleichbare therapeutische Wirksamkeit. Beide Wirkstoffe wirken schmerzstillend und fiebersenkend. Der Umstand, dass Ibuprofen darüber hinaus eine entzündungshemmende Wirkung entfaltet, ist nicht geeignet, eine Verbrauchertäuschung zu begründen. Denn diese Wirkung bringt dem Anwender möglicherweise einen zusätzlichen Nutzen bei Erkältungskrankheiten, sodass ein Schutzbedürfnis des Verbrauchers vor einer Irreführung insoweit nicht besteht.
105Nicht entscheidend ist im vorliegenden Fall, dass die beiden Wirkstoffe Unterschiede in ihrem Wirkmechanismus aufweisen. Ibuprofen gehört zur Wirkstoffklasse der nichtselektiven NSAR (nicht steroidalen Antirheumatika). Es blockiert durch die Hemmung des Enzyms Cyclooxygenase (COX) die Prostaglandinsynthese und vermindert damit die für die Vermittlung des Schmerzempfindens und des Entzündungsprozesses verantwortlichen Botenstoffe. Dagegen gehört Paracetamol zur Gruppe der Nichtopioid-Analgetika. Der Wirkmechanismus von Paracetamol ist nicht genau bekannt. Neben einer schwachen Hemmung der peripheren Prostaglandinsynthese und einer starken Hemmung der cerebralen Prostaglandinsynthese werden auch Wechselwirkungen mit dem Serotoninsystem und dem Endocannabinoidsystem diskutiert (Wikipedia: „Paracetamol“ und „Ibuprofen“ und Schriftsatz des BfArM vom 21.08.2013, S. 2, Bl. 73 d.A.).
106Für die Verbrauchererwartung an ein Erkältungsmittel ist jedoch nicht der genaue pharmakologische Wirkmechanismus maßgeblich, sondern die effektive Bekämpfung der Beschwerden Schmerzen und Fieber. Hinsichtlich dieser Symptome ist aber durch klinische Studien belegt, dass Paracetamol und Ibuprofen sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern vergleichbare therapeutische Effekte haben; hinsichtlich der Fiebersenkung bei Kindern scheint Ibuprofen sogar eine leichte Überlegenheit zu haben,
107vgl. Rainsford, K.D. : „ Ibuprofen : pharmacology, efficacy and safety“, in: Inflammopharmacology 2009 (17), 275 – 342 (Anlage K 11); Hay, A.D. et al.: “Paracetamol plus ibuprofen for the treatment of fever in children (PITCH)”, in: BMJ 2008, 337 (Anlage K 15), in Beiakte 12.
108Demgegenüber scheint das Risikoprofil der Substanzen Paracetamol und Ibuprofen und damit die Verträglichkeit der Arzneimittel „H. C“ und „H. J1. “ neben einer weitgehenden Übereinstimmung (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 10.05.2013, S. 4, Bl. 60 d. A.), auch einige Unterschiede aufzuweisen. Während bei paracetamolhaltigen Arzneimitteln in erster Linie eine lebertoxische Wirkung bei Überdosierung auftreten kann, stehen bei ibuprofenhaltigen Mitteln mit steigender Dosierung und Anwendungsdauer die gastro-intestinalen Nebenwirkungen, wie Blutung, Ulzeration (Geschwürbildung) und Perforation (Durchbruch), im Vordergrund.
109Auch diese Unterschiede zwischen den Arzneimitteln führen jedoch nicht zu einer Fehlvorstellung des Verbrauchers über wesentliche Arzneimitteleigenschaften. Es kann nicht festgestellt werden, dass an die Verwendung einer bestimmten Dachmarke neben der Erwartung einer gleichartigen therapeutischen Wirksamkeit in dem angesprochenen Anwendungsgebiet auch die Erwartung eines gleichartigen Risikoprofils geknüpft ist. Ein durchschnittlicher Patient (ohne Vorerkrankungen oder Unverträglichkeiten) verknüpft mit einer Hauptbezeichnung wie „H. “ in erster Linie eine Wirksamkeit bei Erkältungsbeschwerden. Im Übrigen geht er davon aus, dass ein zugelassenes Arzneimittel verträglich ist, ohne sich über die Art und Schwere der möglichen Nebenwirkungen weitere Gedanken zu machen. Die Vorstellung, dass ein Verbraucher von verschiedenen Arzneimitteln mit einer einheitlichen Hauptbezeichnung ein gleiches Risikoprofil erwartet, ist daher eher fernliegend. Dagegen spricht schon, dass Arzneimittel einer Serie, wie bereits ausgeführt, häufig unterschiedliche Stärken oder Darreichungsformen aufweisen, aus denen sich unterschiedliche Risiken ergeben können. Hier kommt hinzu, dass das neu hinzugekommene Arzneimittel „H. J1. “ sich in der Wirkstoffzusammensetzung unterscheidet. Ein verständiger Verbraucher wird daher nicht annehmen, dass diese unterschiedlichen Arzneimittel trotz einheitlicher Hauptbezeichnung die gleichen Nebenwirkungen haben. Daher liegt im Hinblick auf das unterschiedliche Risikoprofil eine Irreführung des Verbrauchers nicht vor.
110Die Arzneimittelbezeichnung „H. J1. L. 200 mg“ verstößt auch nicht im Hinblick auf den Bezeichnungsteil „L. “ gegen das Irreführungsverbot des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erstmalig vorgetragen hat, dieser Zusatz sei missverständlich, weil er eine Anwendung für alle Kinder vortäusche, kann dem nicht gefolgt werden. Zutreffend ist, dass das oben genannte Arzneimittel eine Gegenanzeige für Kinder unter 20 kg Körpergewicht bzw. unter 6 Jahren enthält und damit bei dieser Personengruppe nicht anwendbar ist.
111Jedoch erzeugt der Zusatz „L. “ in der Arzneimittelbezeichnung nicht die Vorstellung, dass das Arzneimittel für alle Kinder, und somit auch für Kinder von 0 bis 6 Jahren geeignet sei. Ebenso wenig wie die Arzneimittelbezeichnung eine vollständige Beschreibung der Anwendungsgebiete enthalten muss,
112vgl. VG Köln, Urteil vom 02.09.2014 – 7 K 4739/12 – „proff Schmerz-Salbe“,
113kann die Bezeichnung eine genaue Angabe der Personengruppen enthalten, für die das Arzneimittel zugelassen ist. Dies ist vielmehr die Funktion der Hinweise in der Gebrauchsinformation unter dem Punkt 2. „Was müssen Sie vor der Einnahme von J. beachten?“, die die ausgeschlossenen Personengruppen benennt und darunter auch Kinder unter 20 kg Körpergewicht bzw. unter 6 Jahren aufführt (Gegenanzeigen).
114Die Arzneimittelbezeichnung mit dem Zusatz „L. “ bietet nur eine grobe Orientierung für die Entscheidung, ob ein Arzneimittel auch bei Kindern angewendet werden kann. Sie erspart nicht die genaue Überprüfung, für welche Altersgruppen sich das Arzneimittel eignet und wie es zu dosieren ist. Ein durchschnittlicher, verständiger Verbraucher, der ein Arzneimittel für sein Kind erwerben will, wird besondere Aufmerksamkeit auf diesen Punkt richten und gegebenenfalls sogar eine Beratung beim Arzt oder Apotheker in Anspruch nehmen. Es dürfte in weiten Verbraucherkreisen bekannt sein, dass Kinder besonders empfindlich auf Arzneimittel reagieren und dass es wegen des unterschiedlichen Körpergewichts auch Unterschiede in der Arzneimittelanwendung zwischen Säuglingen und Kindern von 12 Jahren gibt. Spätestens bei der Frage, wie das Arzneimittel zu dosieren ist, muss sich der Anwender mit der Dosierungsanleitung in der Gebrauchsinformation befassen, die keine Dosierungsangabe für Kinder unter 6 Jahren enthält. Eine Fehlanwendung bei Kindern unter 6 Jahren erscheint daher nicht wahrscheinlich.
115Diese Auffassung wird auch durch die Regelung in § 10 Abs. 1 Nr. 2 AMG gestützt. Danach muss auf dem Behältnis und der äußeren Umhüllung eines Arzneimittels neben der Bezeichnung des Arzneimittels ein Hinweis stehen, dass das Arzneimittel für Säuglinge, Kinder oder Erwachsene bestimmt ist, es sei denn, dass diese Angaben bereits in der Bezeichnung enthalten sind. Daraus ist abzuleiten, dass der Hinweis auf die Anwendbarkeit bei Kindern in der Bezeichnung enthalten sein darf, und zwar ohne dass hier bereits nach dem Alter der Kinder zu differenzieren ist.
116Nur ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass eine Verwechslung des Präparates „H. C Hartkapsel“ mit dem Präparat „H. J1. L. 200 mg“ auch wegen des unterscheidenden Zusatzes „L. “ ausgeschlossen sein dürfte.
117Die beantragte Bezeichnungsänderung der streitgegenständlichen Arzneimittel kann auch nicht nach § 25 Abs. 3 AMG versagt werden. Nach dieser Vorschrift ist die Zulassung für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge des Wirkstoffs unterscheidet. Diese Anforderungen gelten auch bei der Änderung von Arzneimitteln nach § 29 Abs. 2 AMG. Die hier zu vergleichenden Arzneimittel „H. C Hartkapsel“ einerseits und „H. J1. 400 mg Filmtabletten“ und „H. J1. L. 200 mg Filmtabletten“ andererseits weisen jedoch nicht die „gleiche Bezeichnung“ im Sinne des § 25 Abs. 3 AMG auf. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Arzneimittel die gleiche „Hauptbezeichnung“, nämlich „H. “ tragen. Vielmehr ist für die Feststellung einer gleichen Bezeichnung auf die gesamte Bezeichnung einschließlich aller Zusätze abzustellen, die wortlautidentisch und vollständig übereinstimmen müssen,
118vgl. OVG NRW, Urteil vom 12.02.2014 - 13 A 1377/13 – „Aktren“ mit weiteren Nachweisen.
119An der entgegenstehenden Auffassung, die die Kammer im Urteil vom 12.04.2011 – 7 K 4284/09 – „Fenistil“ vertreten hat, wird aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht mehr festgehalten.
120Da die genannten Versagungsgründe nicht eingreifen, war die Beklagte somit zur beantragten Änderung der Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid zu verpflichten.
121Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 16. Sept. 2014 - 7 K 4821/12
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(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die
- 1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder - 1a.
(weggefallen) - 2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn - a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben, - b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, - c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.
(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.
(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
(1) Der Antragsteller hat der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach den §§ 22 bis 24a und 25b ergeben. Die Verpflichtung nach Satz 1 hat nach Erteilung der Zulassung der Inhaber der Zulassung zu erfüllen.
(1a) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich alle Verbote oder Beschränkungen durch die zuständigen Behörden jedes Landes, in dem das betreffende Arzneimittel in Verkehr gebracht wird, sowie alle anderen neuen Informationen mitzuteilen, die die Beurteilung des Nutzens und der Risiken des betreffenden Arzneimittels beeinflussen könnten. Zu diesen Informationen gehören sowohl positive als auch negative Ergebnisse von klinischen Prüfungen oder anderen Studien, die sich nicht nur auf die in der Zulassung genannten, sondern auf alle Indikationen und Bevölkerungsgruppen beziehen können, sowie Angaben über eine Anwendung des Arzneimittels, die über die Bestimmungen der Zulassung hinausgeht. Er hat auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde auch alle Angaben und Unterlagen vorzulegen, die belegen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis weiterhin günstig zu bewerten ist. Die zuständige Bundesoberbehörde kann jederzeit die Vorlage einer Kopie der Pharmakovigilanz-Stammdokumentation verlangen. Diese hat der Inhaber der Zulassung spätestens sieben Tage nach Zugang der Aufforderung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für den Parallelimporteur.
(1b) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde den Zeitpunkt für das Inverkehrbringen des Arzneimittels unter Berücksichtigung der unterschiedlichen zugelassenen Darreichungsformen und Stärken unverzüglich mitzuteilen.
(1c) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde nach Maßgabe des Satzes 2 anzuzeigen, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels vorübergehend oder endgültig eingestellt wird. Die Anzeige hat spätestens zwei Monate vor der Einstellung des Inverkehrbringens zu erfolgen. Dies gilt nicht, wenn Umstände vorliegen, die der Inhaber der Zulassung nicht zu vertreten hat.
(1d) Der Inhaber der Zulassung hat alle Daten im Zusammenhang mit der Absatzmenge des Arzneimittels sowie alle ihm vorliegenden Daten im Zusammenhang mit dem Verschreibungsvolumen mitzuteilen, sofern die zuständige Bundesoberbehörde dies insbesondere aus Gründen der Arzneimittelsicherheit fordert.
(1e) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde die in dem Verfahren nach Artikel 107c Absatz 4, 5 oder 6 der Richtlinie 2001/83/EG geänderten Stichtage oder Intervalle für die Vorlage von regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten anzuzeigen. Etwaige Änderungen des in der Zulassung angegebenen Stichtags oder des Intervalls auf Grund von Satz 1 werden sechs Monate nach ihrer Veröffentlichung über das europäische Internetportal wirksam.
(1f) Der Inhaber der Zulassung ist verpflichtet, die zuständige Bundesoberbehörde und die Europäische Arzneimittel-Agentur zu informieren, falls neue oder veränderte Risiken bestehen oder sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Arzneimitteln geändert hat.
(1g) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich die Gründe für das vorübergehende oder endgültige Einstellen des Inverkehrbringens, den Rückruf, den Verzicht auf die Zulassung oder die Nichtbeantragung der Verlängerung der Zulassung mitzuteilen. Er hat insbesondere zu erklären, ob die Maßnahme nach Satz 1 auf einem der Gründe des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 4 oder Nummer 5, § 30 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder § 69 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 oder Nummer 5 beruht. Die Mitteilung nach Satz 1 hat auch dann zu erfolgen, wenn die Maßnahme in einem Drittland getroffen wird und auf einem der in Satz 2 genannten Gründe beruht. Beruht eine Maßnahme nach Satz 1 oder Satz 3 auf einem der in Satz 2 genannten Gründe, hat der Inhaber der Zulassung dies darüber hinaus der Europäischen Arzneimittel-Agentur mitzuteilen.
(2) Bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels ist der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Das Arzneimittel darf unter der alten Bezeichnung vom pharmazeutischen Unternehmer noch ein Jahr, von den Groß- und Einzelhändlern noch zwei Jahre, beginnend mit dem auf die Bekanntmachung der Änderung im Bundesanzeiger folgenden 1. Januar oder 1. Juli, in den Verkehr gebracht werden.
(2a) Eine Änderung
- 1.
der Angaben nach den §§ 10, 11 und 11a über die Dosierung, die Art oder die Dauer der Anwendung, die Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um die Zufügung einer oder Veränderung in eine Indikation handelt, die einem anderen Therapiegebiet zuzuordnen ist, eine Einschränkung der Gegenanzeigen, Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 2.
der wirksamen Bestandteile, ausgenommen der arzneilich wirksamen Bestandteile, - 3.
in eine mit der zugelassenen vergleichbaren Darreichungsform, - 3a.
in der Behandlung mit ionisierenden Strahlen, - 4.
im Zusammenhang mit erheblichen Änderungen des Herstellungsverfahrens, der Darreichungsform, der Spezifikation oder des Verunreinigungsprofils des Wirkstoffs oder des Arzneimittels, die sich deutlich auf die Qualität, Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit des Arzneimittels auswirken können, sowie jede Änderung gentechnologischer Herstellungsverfahren; bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen und Allergenen jede Änderung des Herstellungs- oder Prüfverfahrens oder die Angabe einer längeren Haltbarkeitsdauer sowie - 5.
der Packungsgröße - 6.
(weggefallen)
(2b) Abweichend von Absatz 1 kann
- 1.
der Wegfall eines Standortes für die Herstellung des Arzneimittels oder seines Wirkstoffs oder für die Verpackung oder die Chargenfreigabe, - 2.
eine geringfügige Änderung eines genehmigten physikalisch-chemischen Prüfverfahrens, wenn durch entsprechende Validierungsstudien nachgewiesen werden kann, dass das aktualisierte Prüfverfahren mindestens gleichwertig ist, - 3.
eine Änderung der Spezifikation eines Wirkstoffs oder anderen Stoffs zur Arzneimittelherstellung zwecks Anpassung an eine Monografie des Arzneibuchs, wenn die Änderung ausschließlich zur Übereinstimmung mit dem Arzneibuch vorgenommen wird und die Spezifikationen in Bezug auf produktspezifische Eigenschaften unverändert bleiben, - 4.
eine Änderung des Verpackungsmaterials, wenn dieses mit dem Arzneimittel nicht in Berührung kommt und die Abgabe, Verabreichung, Unbedenklichkeit oder Haltbarkeit des Arzneimittels nachweislich nicht beeinträchtigt wird, oder - 5.
eine Änderung im Zusammenhang mit der Verschärfung der Spezifikationsgrenzwerte, wenn die Änderung nicht Folge einer Verpflichtung auf Grund früherer Beurteilungen zur Überprüfung der Spezifikationsgrenzwerte ist und nicht auf unerwartete Ereignisse im Verlauf der Herstellung zurückgeht,
(3) Eine neue Zulassung ist in folgenden Fällen zu beantragen:
- 1.
bei einer Änderung der Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art oder Menge, - 2.
bei einer Änderung der Darreichungsform, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 handelt, - 3.
bei einer Erweiterung der Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 1 handelt, und - 3a.
bei der Einführung gentechnologischer Herstellungsverfahren.
(4) Die Absätze 1, 1a Satz 4 und 5, die Absätze 1e bis 1g, 2, 2a bis 3 finden keine Anwendung auf Arzneimittel, für die von der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist. Für diese Arzneimittel gelten die Verpflichtungen des pharmazeutischen Unternehmers nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 mit der Maßgabe, dass im Geltungsbereich des Gesetzes die Verpflichtung zur Mitteilung an die Mitgliedstaaten oder zur Unterrichtung der Mitgliedstaaten gegenüber der jeweils zuständigen Bundesoberbehörde besteht.
(5) Die Absätze 2a bis 3 finden keine Anwendung für Arzneimittel, die der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 der Kommission vom 24. November 2008 über die Prüfung von Änderungen der Zulassungen von Human- und Tierarzneimitteln (ABl. L 334 vom 12.12.2008, S. 7) in der jeweils geltenden Fassung unterliegen. Die Absätze 2a bis 3 gelten
- 1.
für zulassungspflichtige homöopathische Arzneimittel, die vor dem 1. Januar 1998 zugelassen worden sind oder als zugelassen galten, - 2.
für die in Artikel 3 Nummer 6 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Blutzubereitungen und - 3.
für nach § 21 zugelassene Gewebezubereitungen, es sei denn, es kommt bei ihrer Herstellung ein industrielles Verfahren zur Anwendung.
(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die
- 1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder - 1a.
(weggefallen) - 2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn - a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben, - b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, - c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.
(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.
(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die
- 1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder - 1a.
(weggefallen) - 2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn - a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben, - b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, - c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.
(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.
(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die
- 1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder - 1a.
(weggefallen) - 2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn - a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben, - b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, - c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.
(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.
(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
(1) Der Antragsteller hat der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach den §§ 22 bis 24a und 25b ergeben. Die Verpflichtung nach Satz 1 hat nach Erteilung der Zulassung der Inhaber der Zulassung zu erfüllen.
(1a) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich alle Verbote oder Beschränkungen durch die zuständigen Behörden jedes Landes, in dem das betreffende Arzneimittel in Verkehr gebracht wird, sowie alle anderen neuen Informationen mitzuteilen, die die Beurteilung des Nutzens und der Risiken des betreffenden Arzneimittels beeinflussen könnten. Zu diesen Informationen gehören sowohl positive als auch negative Ergebnisse von klinischen Prüfungen oder anderen Studien, die sich nicht nur auf die in der Zulassung genannten, sondern auf alle Indikationen und Bevölkerungsgruppen beziehen können, sowie Angaben über eine Anwendung des Arzneimittels, die über die Bestimmungen der Zulassung hinausgeht. Er hat auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde auch alle Angaben und Unterlagen vorzulegen, die belegen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis weiterhin günstig zu bewerten ist. Die zuständige Bundesoberbehörde kann jederzeit die Vorlage einer Kopie der Pharmakovigilanz-Stammdokumentation verlangen. Diese hat der Inhaber der Zulassung spätestens sieben Tage nach Zugang der Aufforderung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für den Parallelimporteur.
(1b) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde den Zeitpunkt für das Inverkehrbringen des Arzneimittels unter Berücksichtigung der unterschiedlichen zugelassenen Darreichungsformen und Stärken unverzüglich mitzuteilen.
(1c) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde nach Maßgabe des Satzes 2 anzuzeigen, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels vorübergehend oder endgültig eingestellt wird. Die Anzeige hat spätestens zwei Monate vor der Einstellung des Inverkehrbringens zu erfolgen. Dies gilt nicht, wenn Umstände vorliegen, die der Inhaber der Zulassung nicht zu vertreten hat.
(1d) Der Inhaber der Zulassung hat alle Daten im Zusammenhang mit der Absatzmenge des Arzneimittels sowie alle ihm vorliegenden Daten im Zusammenhang mit dem Verschreibungsvolumen mitzuteilen, sofern die zuständige Bundesoberbehörde dies insbesondere aus Gründen der Arzneimittelsicherheit fordert.
(1e) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde die in dem Verfahren nach Artikel 107c Absatz 4, 5 oder 6 der Richtlinie 2001/83/EG geänderten Stichtage oder Intervalle für die Vorlage von regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten anzuzeigen. Etwaige Änderungen des in der Zulassung angegebenen Stichtags oder des Intervalls auf Grund von Satz 1 werden sechs Monate nach ihrer Veröffentlichung über das europäische Internetportal wirksam.
(1f) Der Inhaber der Zulassung ist verpflichtet, die zuständige Bundesoberbehörde und die Europäische Arzneimittel-Agentur zu informieren, falls neue oder veränderte Risiken bestehen oder sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Arzneimitteln geändert hat.
(1g) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich die Gründe für das vorübergehende oder endgültige Einstellen des Inverkehrbringens, den Rückruf, den Verzicht auf die Zulassung oder die Nichtbeantragung der Verlängerung der Zulassung mitzuteilen. Er hat insbesondere zu erklären, ob die Maßnahme nach Satz 1 auf einem der Gründe des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 4 oder Nummer 5, § 30 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder § 69 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 oder Nummer 5 beruht. Die Mitteilung nach Satz 1 hat auch dann zu erfolgen, wenn die Maßnahme in einem Drittland getroffen wird und auf einem der in Satz 2 genannten Gründe beruht. Beruht eine Maßnahme nach Satz 1 oder Satz 3 auf einem der in Satz 2 genannten Gründe, hat der Inhaber der Zulassung dies darüber hinaus der Europäischen Arzneimittel-Agentur mitzuteilen.
(2) Bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels ist der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Das Arzneimittel darf unter der alten Bezeichnung vom pharmazeutischen Unternehmer noch ein Jahr, von den Groß- und Einzelhändlern noch zwei Jahre, beginnend mit dem auf die Bekanntmachung der Änderung im Bundesanzeiger folgenden 1. Januar oder 1. Juli, in den Verkehr gebracht werden.
(2a) Eine Änderung
- 1.
der Angaben nach den §§ 10, 11 und 11a über die Dosierung, die Art oder die Dauer der Anwendung, die Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um die Zufügung einer oder Veränderung in eine Indikation handelt, die einem anderen Therapiegebiet zuzuordnen ist, eine Einschränkung der Gegenanzeigen, Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 2.
der wirksamen Bestandteile, ausgenommen der arzneilich wirksamen Bestandteile, - 3.
in eine mit der zugelassenen vergleichbaren Darreichungsform, - 3a.
in der Behandlung mit ionisierenden Strahlen, - 4.
im Zusammenhang mit erheblichen Änderungen des Herstellungsverfahrens, der Darreichungsform, der Spezifikation oder des Verunreinigungsprofils des Wirkstoffs oder des Arzneimittels, die sich deutlich auf die Qualität, Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit des Arzneimittels auswirken können, sowie jede Änderung gentechnologischer Herstellungsverfahren; bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen und Allergenen jede Änderung des Herstellungs- oder Prüfverfahrens oder die Angabe einer längeren Haltbarkeitsdauer sowie - 5.
der Packungsgröße - 6.
(weggefallen)
(2b) Abweichend von Absatz 1 kann
- 1.
der Wegfall eines Standortes für die Herstellung des Arzneimittels oder seines Wirkstoffs oder für die Verpackung oder die Chargenfreigabe, - 2.
eine geringfügige Änderung eines genehmigten physikalisch-chemischen Prüfverfahrens, wenn durch entsprechende Validierungsstudien nachgewiesen werden kann, dass das aktualisierte Prüfverfahren mindestens gleichwertig ist, - 3.
eine Änderung der Spezifikation eines Wirkstoffs oder anderen Stoffs zur Arzneimittelherstellung zwecks Anpassung an eine Monografie des Arzneibuchs, wenn die Änderung ausschließlich zur Übereinstimmung mit dem Arzneibuch vorgenommen wird und die Spezifikationen in Bezug auf produktspezifische Eigenschaften unverändert bleiben, - 4.
eine Änderung des Verpackungsmaterials, wenn dieses mit dem Arzneimittel nicht in Berührung kommt und die Abgabe, Verabreichung, Unbedenklichkeit oder Haltbarkeit des Arzneimittels nachweislich nicht beeinträchtigt wird, oder - 5.
eine Änderung im Zusammenhang mit der Verschärfung der Spezifikationsgrenzwerte, wenn die Änderung nicht Folge einer Verpflichtung auf Grund früherer Beurteilungen zur Überprüfung der Spezifikationsgrenzwerte ist und nicht auf unerwartete Ereignisse im Verlauf der Herstellung zurückgeht,
(3) Eine neue Zulassung ist in folgenden Fällen zu beantragen:
- 1.
bei einer Änderung der Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art oder Menge, - 2.
bei einer Änderung der Darreichungsform, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 handelt, - 3.
bei einer Erweiterung der Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 1 handelt, und - 3a.
bei der Einführung gentechnologischer Herstellungsverfahren.
(4) Die Absätze 1, 1a Satz 4 und 5, die Absätze 1e bis 1g, 2, 2a bis 3 finden keine Anwendung auf Arzneimittel, für die von der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist. Für diese Arzneimittel gelten die Verpflichtungen des pharmazeutischen Unternehmers nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 mit der Maßgabe, dass im Geltungsbereich des Gesetzes die Verpflichtung zur Mitteilung an die Mitgliedstaaten oder zur Unterrichtung der Mitgliedstaaten gegenüber der jeweils zuständigen Bundesoberbehörde besteht.
(5) Die Absätze 2a bis 3 finden keine Anwendung für Arzneimittel, die der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 der Kommission vom 24. November 2008 über die Prüfung von Änderungen der Zulassungen von Human- und Tierarzneimitteln (ABl. L 334 vom 12.12.2008, S. 7) in der jeweils geltenden Fassung unterliegen. Die Absätze 2a bis 3 gelten
- 1.
für zulassungspflichtige homöopathische Arzneimittel, die vor dem 1. Januar 1998 zugelassen worden sind oder als zugelassen galten, - 2.
für die in Artikel 3 Nummer 6 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Blutzubereitungen und - 3.
für nach § 21 zugelassene Gewebezubereitungen, es sei denn, es kommt bei ihrer Herstellung ein industrielles Verfahren zur Anwendung.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die
- 1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder - 1a.
(weggefallen) - 2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn - a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben, - b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, - c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.
(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.
(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Der Antragsteller hat der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach den §§ 22 bis 24a und 25b ergeben. Die Verpflichtung nach Satz 1 hat nach Erteilung der Zulassung der Inhaber der Zulassung zu erfüllen.
(1a) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich alle Verbote oder Beschränkungen durch die zuständigen Behörden jedes Landes, in dem das betreffende Arzneimittel in Verkehr gebracht wird, sowie alle anderen neuen Informationen mitzuteilen, die die Beurteilung des Nutzens und der Risiken des betreffenden Arzneimittels beeinflussen könnten. Zu diesen Informationen gehören sowohl positive als auch negative Ergebnisse von klinischen Prüfungen oder anderen Studien, die sich nicht nur auf die in der Zulassung genannten, sondern auf alle Indikationen und Bevölkerungsgruppen beziehen können, sowie Angaben über eine Anwendung des Arzneimittels, die über die Bestimmungen der Zulassung hinausgeht. Er hat auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde auch alle Angaben und Unterlagen vorzulegen, die belegen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis weiterhin günstig zu bewerten ist. Die zuständige Bundesoberbehörde kann jederzeit die Vorlage einer Kopie der Pharmakovigilanz-Stammdokumentation verlangen. Diese hat der Inhaber der Zulassung spätestens sieben Tage nach Zugang der Aufforderung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für den Parallelimporteur.
(1b) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde den Zeitpunkt für das Inverkehrbringen des Arzneimittels unter Berücksichtigung der unterschiedlichen zugelassenen Darreichungsformen und Stärken unverzüglich mitzuteilen.
(1c) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde nach Maßgabe des Satzes 2 anzuzeigen, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels vorübergehend oder endgültig eingestellt wird. Die Anzeige hat spätestens zwei Monate vor der Einstellung des Inverkehrbringens zu erfolgen. Dies gilt nicht, wenn Umstände vorliegen, die der Inhaber der Zulassung nicht zu vertreten hat.
(1d) Der Inhaber der Zulassung hat alle Daten im Zusammenhang mit der Absatzmenge des Arzneimittels sowie alle ihm vorliegenden Daten im Zusammenhang mit dem Verschreibungsvolumen mitzuteilen, sofern die zuständige Bundesoberbehörde dies insbesondere aus Gründen der Arzneimittelsicherheit fordert.
(1e) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde die in dem Verfahren nach Artikel 107c Absatz 4, 5 oder 6 der Richtlinie 2001/83/EG geänderten Stichtage oder Intervalle für die Vorlage von regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten anzuzeigen. Etwaige Änderungen des in der Zulassung angegebenen Stichtags oder des Intervalls auf Grund von Satz 1 werden sechs Monate nach ihrer Veröffentlichung über das europäische Internetportal wirksam.
(1f) Der Inhaber der Zulassung ist verpflichtet, die zuständige Bundesoberbehörde und die Europäische Arzneimittel-Agentur zu informieren, falls neue oder veränderte Risiken bestehen oder sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Arzneimitteln geändert hat.
(1g) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich die Gründe für das vorübergehende oder endgültige Einstellen des Inverkehrbringens, den Rückruf, den Verzicht auf die Zulassung oder die Nichtbeantragung der Verlängerung der Zulassung mitzuteilen. Er hat insbesondere zu erklären, ob die Maßnahme nach Satz 1 auf einem der Gründe des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 4 oder Nummer 5, § 30 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder § 69 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 oder Nummer 5 beruht. Die Mitteilung nach Satz 1 hat auch dann zu erfolgen, wenn die Maßnahme in einem Drittland getroffen wird und auf einem der in Satz 2 genannten Gründe beruht. Beruht eine Maßnahme nach Satz 1 oder Satz 3 auf einem der in Satz 2 genannten Gründe, hat der Inhaber der Zulassung dies darüber hinaus der Europäischen Arzneimittel-Agentur mitzuteilen.
(2) Bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels ist der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Das Arzneimittel darf unter der alten Bezeichnung vom pharmazeutischen Unternehmer noch ein Jahr, von den Groß- und Einzelhändlern noch zwei Jahre, beginnend mit dem auf die Bekanntmachung der Änderung im Bundesanzeiger folgenden 1. Januar oder 1. Juli, in den Verkehr gebracht werden.
(2a) Eine Änderung
- 1.
der Angaben nach den §§ 10, 11 und 11a über die Dosierung, die Art oder die Dauer der Anwendung, die Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um die Zufügung einer oder Veränderung in eine Indikation handelt, die einem anderen Therapiegebiet zuzuordnen ist, eine Einschränkung der Gegenanzeigen, Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 2.
der wirksamen Bestandteile, ausgenommen der arzneilich wirksamen Bestandteile, - 3.
in eine mit der zugelassenen vergleichbaren Darreichungsform, - 3a.
in der Behandlung mit ionisierenden Strahlen, - 4.
im Zusammenhang mit erheblichen Änderungen des Herstellungsverfahrens, der Darreichungsform, der Spezifikation oder des Verunreinigungsprofils des Wirkstoffs oder des Arzneimittels, die sich deutlich auf die Qualität, Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit des Arzneimittels auswirken können, sowie jede Änderung gentechnologischer Herstellungsverfahren; bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen und Allergenen jede Änderung des Herstellungs- oder Prüfverfahrens oder die Angabe einer längeren Haltbarkeitsdauer sowie - 5.
der Packungsgröße - 6.
(weggefallen)
(2b) Abweichend von Absatz 1 kann
- 1.
der Wegfall eines Standortes für die Herstellung des Arzneimittels oder seines Wirkstoffs oder für die Verpackung oder die Chargenfreigabe, - 2.
eine geringfügige Änderung eines genehmigten physikalisch-chemischen Prüfverfahrens, wenn durch entsprechende Validierungsstudien nachgewiesen werden kann, dass das aktualisierte Prüfverfahren mindestens gleichwertig ist, - 3.
eine Änderung der Spezifikation eines Wirkstoffs oder anderen Stoffs zur Arzneimittelherstellung zwecks Anpassung an eine Monografie des Arzneibuchs, wenn die Änderung ausschließlich zur Übereinstimmung mit dem Arzneibuch vorgenommen wird und die Spezifikationen in Bezug auf produktspezifische Eigenschaften unverändert bleiben, - 4.
eine Änderung des Verpackungsmaterials, wenn dieses mit dem Arzneimittel nicht in Berührung kommt und die Abgabe, Verabreichung, Unbedenklichkeit oder Haltbarkeit des Arzneimittels nachweislich nicht beeinträchtigt wird, oder - 5.
eine Änderung im Zusammenhang mit der Verschärfung der Spezifikationsgrenzwerte, wenn die Änderung nicht Folge einer Verpflichtung auf Grund früherer Beurteilungen zur Überprüfung der Spezifikationsgrenzwerte ist und nicht auf unerwartete Ereignisse im Verlauf der Herstellung zurückgeht,
(3) Eine neue Zulassung ist in folgenden Fällen zu beantragen:
- 1.
bei einer Änderung der Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art oder Menge, - 2.
bei einer Änderung der Darreichungsform, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 handelt, - 3.
bei einer Erweiterung der Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 1 handelt, und - 3a.
bei der Einführung gentechnologischer Herstellungsverfahren.
(4) Die Absätze 1, 1a Satz 4 und 5, die Absätze 1e bis 1g, 2, 2a bis 3 finden keine Anwendung auf Arzneimittel, für die von der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist. Für diese Arzneimittel gelten die Verpflichtungen des pharmazeutischen Unternehmers nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 mit der Maßgabe, dass im Geltungsbereich des Gesetzes die Verpflichtung zur Mitteilung an die Mitgliedstaaten oder zur Unterrichtung der Mitgliedstaaten gegenüber der jeweils zuständigen Bundesoberbehörde besteht.
(5) Die Absätze 2a bis 3 finden keine Anwendung für Arzneimittel, die der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 der Kommission vom 24. November 2008 über die Prüfung von Änderungen der Zulassungen von Human- und Tierarzneimitteln (ABl. L 334 vom 12.12.2008, S. 7) in der jeweils geltenden Fassung unterliegen. Die Absätze 2a bis 3 gelten
- 1.
für zulassungspflichtige homöopathische Arzneimittel, die vor dem 1. Januar 1998 zugelassen worden sind oder als zugelassen galten, - 2.
für die in Artikel 3 Nummer 6 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Blutzubereitungen und - 3.
für nach § 21 zugelassene Gewebezubereitungen, es sei denn, es kommt bei ihrer Herstellung ein industrielles Verfahren zur Anwendung.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die
- 1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder - 1a.
(weggefallen) - 2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn - a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben, - b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, - c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.
(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.
(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die
- 1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder - 1a.
(weggefallen) - 2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn - a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben, - b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, - c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.
(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.
(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. April 2013 geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 verpflichtet, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 (Zulassungs-Nr. 38459.00.00) von „B1. " in „B. Naproxen" zu ändern.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Inhaberin der mit Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 16. Juni 1998 erteilten Zulassung für das apothekenpflichtige Fertigarzneimittel „B1. " (Zulassungs-Nr. …). Das schmerzstillende, fiebersenkende und entzündungshemmende Antiphlogistikum/Analgetikum ist für die Anwendungsgebiete „leichte bis mäßig starke Schmerzen“ und „Fieber" zugelassen. Wirkstoff ist „Naproxen-Natrium", 220 mg je Filmtablette.
3Mit am 14. Juni 2010 eingegangener Änderungsanzeige vom 11. Juni 2010 zeigte die Klägerin die Änderung der Arzneimittelbezeichnung von „B1. " in „B. Naproxen" an. Monoarzneimittel mit dem Bezeichnungsbestandteil „B. " sind nach ihren Angaben seit 1989 auf dem Markt, derzeit in Deutschland, Österreich und Polen. Sie enthalten jeweils den Wirkstoff Ibuprofen und sind zur symptomatischen Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen wie Kopf-, Zahn- oder Regelschmerzen sowie bei Fieber zugelassen („B. ", „B. forte", „B. mobil"; „B. spezial" auch zur Behandlung akuter Kopfschmerzen bei Migräne mit und ohne Aura). Eine Umsetzung der Bezeichnungsänderung ist durch die Klägerin bislang nicht erfolgt.
4Mit Schreiben vom 26. Juli 2010 teilte das BfArM der Klägerin mit, es halte die Änderung für unzulässig, und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Bezeichnung verstoße gegen das Irreführungsverbot des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, da sie geeignet sei, bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise Fehlvorstellungen über wesentliche Eigenschaften des Präparats zu wecken. Mit Blick auf die Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und die hohe Werbewirkung gesundheitsbezogener Aussagen seien an den Ausschluss einer Irreführung hohe Maßstäbe anzulegen. Die Bezeichnung „B. " betreffe eine für mehrere Monoarzneimittel verwendete Marke, die der Verbraucher mit dem Wirkstoff „Ibuprofen" in Verbindung bringe. Dieser Verbrauchererwartung werde nicht entsprochen, wenn „B1. " zukünftig als „B. Naproxen" erhältlich sei. Für einen Teil der Verbraucher sei anzunehmen, dass sie den Zusatz „Naproxen" ignorierten oder nicht als Hinweis auf einen Wirkstoff wahrnähmen und „B. Naproxen" in der Erwartung kauften, das Präparat enthalte weiterhin Ibuprofen. Zudem sei die Vorstellung möglich, dass „B. Naproxen" neben Naproxen auch Ibuprofen enthalte. Mit dem Versuch, das in Bezug auf die Marke „B. " bestehende Verbrauchervertrauen auf das Arzneimittel zu übertragen, betreibe die Klägerin eine „positive Rufausbeutung", die mit dem Irreführungsverbot nicht vereinbar sei. Die Bezeichnungsänderung verstoße auch gegen den in § 25 Abs. 3 AMG enthaltenen Rechtsgedanken, der als Konkretisierung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG zu sehen sei. Denn es werde gegen die gängige Verbrauchererwartung verstoßen, dass unter einer bestimmten Arzneimittelbezeichnung nur ein Wirkstoff oder eine fixe Wirkstoffkombination vermarktet werde. Mit Schreiben vom 17. August 2010 vertrat die Klägerin die Auffassung, dass sich die Bezeichnung „B. Naproxen" deutlich genug von anderen unterscheide. Zudem verwies sie auf die Wirkstoffangaben auf der Faltschachtel und im Beipackzettel.
5Durch Bescheid vom 8. September 2010 stellte das BfArM fest, dass das Arzneimittel nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG irreführend bezeichnet sei, und wiederholte die Begründung des Anhörungsschreibens. Eine Änderung des Zulassungsbescheids nach § 29 Abs. 2 AMG bzw. der Zulassungsunterlagen gemäß § 22 AMG werde nicht vorgenommen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das BfArM durch Widerspruchsbescheid vom 16. März 2011 zurück.
6Die Klägerin hat am 8. April 2011 beim Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Die getroffene Feststellung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Grundrechten auf Meinungs- und Berufsfreiheit sowie in ihrem Eigentumsrecht. Im Bereich nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) gebe es bereits zahlreiche Dachmarken vergleichbarer
7Art, bei denen unter einer Hauptbezeichnung verschiedene Wirkstoffe vermarktet würden (z. B. „E. ®" oder „O. ®"). Auf dem deutschen Markt existiere eine sehr große Anzahl Ibuprofen-haltiger Arzneimittel, die entweder Phantasie-Bezeichnungen oder die Wirkstoffbezeichnung trügen. Ein Verstoß gegen § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG sei schon deshalb nicht gegeben, weil kein anderes Arzneimittel mit der vollständig identischen Bezeichnung „B. Naproxen" auf dem Markt sei und deshalb keine Verwechselungsgefahr bestehe. „B. " sei jedenfalls keine überragende Hauptbezeichnung und erzeuge keine Assoziation zu einem bestimmten Wirkstoff. Vielmehr handele es sich um eine Phantasiebezeichnung, der die Fachsprache keinen bestimmten Wortsinn zuordne und die auch umgangssprachlich weder mit dem Bedeutungsgehalt „ibuprofenhaltiges Präparat" aufgeladen noch mit einem bestimmten Wirkkonzept verknüpft sei. Dessen ungeachtet sei das Wirkkonzept ibuprofenhaltiger und naproxenhaltiger Arzneimittel (Blockade der Cyclooxygenase, dadurch Hemmung der Prostaglandinsynthese) nahezu identisch. Überdies sei die nichtssagende Phantasiebezeichnung „B. " mit der konkreten und ungekürzten Bezeichnung des Wirkstoffs „Naproxen" verbunden, dem starke Assoziationskraft zukomme. Auch finde keine „positive Rufausbeutung" statt, weil die Bezeichnung „B. Naproxen" nicht Ibuprofen suggeriere und auch das Wirkkonzept vergleichbar sei. Zudem weiche § 25 Abs. 3 AMG unzulässigerweise in einem vollharmonisierten Bereich von der Richtlinie 2001/83/EG ab, die kein pauschales Verbot gleicher Arzneimittelbezeichnungen kenne. Eine lrreführung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG finde nicht statt. Der Bezeichnungsbestandteil „B. " sei schon von vornherein nicht geeignet, Fehlvorstellungen des Verbrauchers in Bezug auf die Wirkstoffzusammensetzung zu wecken. Der Zusatz „Naproxen" sei gerade zutreffend und schließe eine sprachliche Verwechslung mit anderen B. -Produkten aus.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 zu verpflichten, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 (Zulassungs-Nr. 38459.00.00) von „B1. " in „B. ® Naproxen" zu ändern.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung hat sie ausgeführt: Der Bezeichnungsänderung stehe § 25 Abs. 3 AMG entgegen. Die amtliche Begründung zu § 25 Abs. 3 AMG stelle klar, dass die Norm zur Übersichtlichkeit der im Verkehr befindlichen Arzneimittel beitragen solle, indem sie verhindere, dass Arzneimittel in den Verkehr gebracht würden, die bei gleicher Bezeichnung unterschiedliche Zusammensetzungen aufwiesen. Hieraus sei der Grundsatz ableitbar, dass Arzneimittel unter gleicher Bezeichnung nur zuzulassen seien, wenn ihre Wirkstoffzusammensetzung identisch sei. Dies gelte auch für Bezeichnungen, die aus einer Hauptbezeichnung und einem Zusatz bestünden. Andernfalls liefe die Vorschrift praktisch leer, da schon jeder noch so geringfügige Zusatz zu einer Hauptbezeichnung zur Folge habe, dass keine gleiche Bezeichnung vorläge. § 25 Abs. 3 AMG sei auch europarechtskonform, da sich die Norm auf Art. 1 Abs. 20 und das allgemeine Irreführungsverbot des Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG zurückführen lasse.
13Die gewählte Bezeichnung sei auch irreführend im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Der durchschnittliche Verbraucher vertraue darauf, dass Arzneimittel einer Serie, die unter der gleichen Hauptbezeichnung mit unterschiedlichen Bezeichnungszusätzen in den Verkehr gebracht würden, den gleichen Wirkstoff enthielten. Er verbinde mit der Hauptbezeichnung „B. " zumindest ein Schmerzmittel derselben Qualität und Güte wie die bekannten Arzneimittel der Marke „B. ". Ibuprofen und Naproxen-Natrium seien aber durchaus verschieden. Naproxen zeige zum Bespiel deutlich weniger thrombozytenagglutinierende Eigenschaften als Ibuprofen, was für Patienten mit koronaren Vorerkrankungen oder Risikofaktoren von Bedeutung sei. Naproxen habe demgegenüber einen ausgeprägteren schädigenden Effekt auf den Magen-Darm-Trakt. Unzutreffend sei, dass der Verbraucher mit einer Phantasiebezeichnung wie „B. " gar keine Vorstellung verbinde. Wie bei jedem anderen Arzneimittel gehe er zumindest davon aus, dass auch das Basispräparat „B. " einen bestimmten Wirkstoff enthalte. Mit der Bezeichnungsänderung werde der für „B. " aufgebaute gute Ruf für einen gänzlich anderen Wirkstoff ausgebeutet und eine Kontinuität und Verbindung zu den übrigen B. -Präparaten vorgespiegelt. Die Fehlvorstellung werde auch nicht durch den Zusatz „Naproxen" beseitigt; im Gegenteil werde die falsche Erwartungshaltung hervorgerufen, das Arzneimittel enthalte neben Ibuprofen zusätzlich noch Naproxen. Auch komme es nicht darauf an, ob die Hauptbezeichnung eine überragende Marktpräsenz oder eine bestimmte Berühmtheit besitze. Maßgeblich sei, ob sie die anderen Bezeichnungsbestandteile überrage. Unbeachtlich sei der Umstand, dass sich die Verwaltungspraxis des BfArM in der Vergangenheit möglicherweise anders dargestellt habe. Das BfArM prüfe diese Fälle und werde gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen einleiten.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 9. April 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf seine Entscheidung vom 12. April 2011 - 7 K 4284/09 („Fenistil“) - Bezug genommen und weiter ausgeführt: Die von der Klägerin gewählte Bezeichnung „B. Naproxen" sei mit § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG unvereinbar. Die Hauptbezeichnung „B. " sei eine seit Jahren markteingeführte Arzneimittelbezeichnung, die durchgehend Präparate mit dem Wirkstoff lbuprofen umfasse. Der wirkstoffbezogene Zusatz „Naproxen" trete hinter der Hauptbezeichnung deutlich zurück und präge die Arzneimittelbezeichnung nicht. Auf eine etwaige abweichende Verwaltungspraxis des BfArM in der Vergangenheit, insbesondere bei der Nachzulassung fiktiv zugelassener Alt-Arzneimittel, könne sich die Klägerin nicht berufen, weil sich die hier relevanten Fragen auf der Ebene der Tatbestandsauslegung zwingender Rechtsvorschriften, nicht aber im Bereich der Ermessensausübung stellten. § 25 Abs. 3 AMG sei europarechtskonform, weil es bei Arzneimitteln an einer unionsweiten Harmonisierung des Bezeichnungsrechts im Sinne einer weitgehenden Liberalisierung fehle.
15Die Bezeichnung „B. Naproxen" sei auch mit § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG unvereinbar, weil sie den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher irreführe. Mit der neuen Bezeichnung solle das für die Marke „B. " begründete Markenimage auf ein anderes Produkt übertragen werden. Im Gegensatz zum imagebegründenden „B. " enthalte das „neue" Produkt jedoch einen anderen Wirkstoff. Es könne nicht unterstellt werden, dass sich dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher der Unterschied zwischen Ibuprofen und Naproxen ohne weiteres erschließe. Dies gelte auch mit Blick darauf, dass die übrigen B. -Produkte keinen wirkstoffbezogen Zusatz trügen und Naproxen als Kurzbezeichnung des zugelassenen Wirkstoffs Naproxen-Natrium im Gegensatz zu Ibuprofen nur wenigen Patienten geläufig sein dürfte. Damit könne der Zusatz der Funktion, Verwechselungen vorzubeugen, nicht gerecht werden. Ferner werde mit der Nennung eines Wirkstoffs neben einer Hauptbezeichnung regelmäßig die Vorstellung verbunden, in dem Arzneimittel sei ein zusätzlicher Wirkstoff enthalten. Dass die Präparate nah verwandte Anwendungsgebiete aufwiesen, rechtfertige keine andere Betrachtung. Anders als in früheren Jahrzehnten sei vielen Patienten, auch durch die zur Kostendämpfung geförderten generischen Arzneimittel, ein Denken in Wirkstoffkategorien durchaus nicht fremd. Zwar werde kaum ein Verbraucher wissen, was genau sich hinter Ibuprofen oder Naproxen verberge. Es könne aber unterstellt werden, dass der durchschnittlich informierte Verbraucher, der „B. " einmal angewendet habe, diese Bezeichnung mit dem bekannten Wirkstoff Ibuprofen in Verbindung bringe. Eine klare Trennung beider Wirkstoffe auch auf der Bezeichnungsebene sei umso mehr geboten, als sie hinsichtlich ihres Risikoprofils nicht deckungsgleich seien, wie die Beklagte nachvollziehbar ausgeführt habe.
16Mit der dagegen rechtzeitig eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend: Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass § 25 Abs. 3 AMG auch identische Teilbezeichnungen unabhängig von einer konkreten Verwechslungs- oder Irreführungsgefahr verbiete. Ein solches Verständnis überdehne die Vorschrift und sei gemeinschaftsrechtswidrig, die Sache sei daher dem EuGH vorzulegen. Eine Bezeichnung sei nur dann gleich im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie vollständig übereinstimme. Es fehle auch an einer Irreführung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, die anhand der konkreten Einzelfallumstände zu ermitteln sei. Der Bezeichnungsbestandteil „B. “ führe weder zu Fehlvorstellungen hinsichtlich des Wirkstoffs noch zu Fehlvorstellungen hinsichtlich der Indikation, der therapeutischen Wirkung oder der Nebenwirkungen des Arzneimittels. Der Verbraucher assoziiere mit „B. “ keinen Wirkstoff, sondern den Anwendungsbereich „Schmerzbehandlung“. Anwendungsgebiete und therapeutische Wirksamkeit von Ibuprofen und Naproxen seien gleich oder wenigstens hinreichend ähnlich. Beide seien Propionsäure-Derivate und erzielten ihre therapeutische Wirkung über die Hemmung der Prostaglandinsynthese. Auch das Risikoprofil sei ausweislich der fast wortgleichen, vom BfArM zugelassenen Gebrauchsinformationen bzw. des 2013 herausgebrachten Mustertextes für Naproxen nahezu identisch; insbesondere fänden sich dort keine Hinweise auf signifikante Unterschiede im Bereich der Gerinnung/Thrombozytenagglutination oder auf einen ausgeprägteren schädigenden Effekt von Naproxen auf den Magen-Darm-Trakt. Ein unterschiedliches Risiko für thrombotische und kardiovaskuläre Ereignisse sowie für gastrointestinale Nebenwirkungen sei nach Stellungnahmen der EMA nicht nachweisbar. Dachmarkenkonzepte seien im Bereich der zur Schmerzbehandlung eingesetzten NSAR-Arzneimittel beim Verbraucher zudem allgemein bekannt. Der Verbraucher sei es insoweit auch gewohnt, dass unter einer Dachmarke verschiedene Wirkstoffe zusammengefasst würden. Der Bezeichnungsbestandteil „Naproxen“ habe ausreichende Unterscheidungskraft, um Verwechslungen mit ibuprofenhaltigen Arzneimitteln zu vermeiden. Solche Wirkstoffbezeichnungen als Bestandteil eines Arzneimittelnamens seien dem Verbraucher von den Generika bekannt. Schließlich verkenne das Verwaltungsgericht die Möglichkeit einer Auflage als milderes Mittel gegenüber der Versagung der Bezeichnungsänderung. Der Klägerin hätte – wie ohnehin beabsichtigt – durch Auflage aufgegeben werden können, die Bezeichnungen „B. “, „B. Forte“, „B. Spezial“ und „B. Mobil“ jeweils durch den Zusatz „Ibuprofen“ unmittelbar nach „B. “ zu ergänzen.
17Die Klägerin beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. April 2013 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung trägt sie vor, mit § 25 Abs. 3 AMG sollten Risiken ausgeschlossen werden, die aus der Verwechslung eines Arzneimittels mit einem namensgleichen, aber unterschiedlich zusammengesetzten Arzneimittel entstehen könnten. § 25 Abs. 3 AMG sei deshalb dahingehend auszulegen, dass er eine identische Hauptbezeichnung bei unterschiedlichen Wirkstoffen verbiete. Eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht nur bei vollständig identischer Bezeichnung. Die Bezeichnung sei auch im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG irreführend. Ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher gehe aufgrund der Hauptbezeichnung „B. “ davon aus, dass das Arzneimittel den Wirkstoff Ibuprofen enthalte und hinsichtlich seiner Wirkungen gleich oder zumindest ähnlich zu den übrigen B. -Präparaten sei. Eine vollständige Gleichheit von Ibuprofen und Naproxen sei aber nicht gegeben, weil sie hinsichtlich des Risikopotentials nicht deckungsgleich seien. Für die Nebenwirkung Herzinfarkt bestehe nach dem „Assessment report for Non-Steroidal Anti-Inflammatory Drugs and cardiovascular risk“ vom 18. Dezember 2012 der EMA ein deutlicher Unterschied zwischen Naproxen (0,82) und Ibuprofen (1,61), wobei Werte über 1 die Blutgerinnung förderten. Darüber hinaus seien die unterschiedlichen Dosierungen zu beachten. Wegen der unterschiedlichen Risiko-Profile berge eine Verwechslung der Wirkstoffe aus medizinischer Sicht Risiken. Ein zusätzliches Irreführungspotential liege darin, dass ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher der Arzneimittelbezeichnung „B. Naproxen“ entnehme, dass zusätzlich zum markteingeführten „B. “ ein weiterer Wirkstoff enthalten sei. Kenne der Verbraucher das Produkt „B. “ oder habe er es verwendet, erwarte er, dass es den Wirkstoff Ibuprofen enthalte. Andernfalls bestehe die konkrete Gefahr, dass der Verbraucher davon ausgehe, dass dem in „B. “ üblicherweise enthaltenen Wirkstoff, den er namentlich nicht kenne, der zusätzliche Wirkstoff Naproxen hinzugefügt sei. Eine Auflagenerteilung komme als milderes Mittel nicht in Betracht. Das BfArM sei zu einer Auflage, andere Arzneimittel – ohne vorherige Änderungsanzeige – umzubenennen, nicht ermächtigt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge.
23Entscheidungsgründe
24Die Berufung, über die im Einverständnis der Beteiligten die Berichterstatterin entscheidet (§§ 125 Abs. 1, 87a Abs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet.
25Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Verpflichtungsklage zu Unrecht abgewiesen. Die Ablehnung der Änderung der Arzneimittelbezeichnung in dem Bescheid des BfArM vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Bezeichnung des Arzneimittels in dem Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 von „B1. “ in „B. Naproxen“ geändert wird.
261. Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG ist bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Ein Anspruch des Inhabers der Zulassung auf diese Änderung besteht aber nur, wenn gesetzliche Vorschriften dem nicht entgegenstehen. Denn auch im Verfahren der Änderungsanzeige findet eine Überprüfung durch das BfArM statt. Die Arzneimittelbezeichnung ist wesentlicher Bestandteil der Zulassungsentscheidung. Der geänderte Zulassungsbescheid kann nur dann eine legale Zulassung aussprechen, wenn die Änderung mit den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes übereinstimmt. Dies setzt insbesondere voraus, dass keine Versagungsgründe nach § 25 Abs. 2 und 3 AMG vorliegen. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AMG schließt die Zulassung aus, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften verstößt.
27Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 42, und vom 23. Mai 2007 ‑ 13 A 3657/04 –, juris, Rn. 31; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), Arzneimittelrecht, § 10 Rn. 70; s. auch BVerwG, Beschluss vom 27. März 2008 - 3 B 91/07 -, juris, Rn. 5;
28Hier stehen gesetzliche Vorschriften der Änderung nicht entgegen. Die begehrte Bezeichnung „B. Naproxen“ ist mit § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG (2.) und mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG (3.) vereinbar.
292. Ein Verstoß gegen das Verbot gleicher Bezeichnung liegt nicht vor. Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist die Zulassung für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Diese Anforderungen an Arzneimittelbezeichnungen gelten nach den vorstehenden Erwägungen auch im Rahmen des § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift liegen aber hier nicht vor.
30Die Bezeichnung „B. Naproxen“ wird nicht bereits für ein Arzneimittel mit anderen Wirkstoffen verwandt. Dass unter der gleichen Hauptbezeichnung „B. “, einer sogenannten Dachmarke, Arzneimittel zugelassen sind, rechtfertigt nicht die Annahme der unzulässigen Bezeichnungsgleichheit. Die – den Wirkstoff Ibuprofen enthaltenden – Arzneimittel heißen „B. ", „B. forte", „B. mobil" und „B. spezial".
31Eine gleiche Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist die vollständig wortlautidentische Benennung des Arzneimittels, die als solche wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil der Zulassung ist. Bei zusammengesetzten Bezeichnungen liegt eine gleiche Bezeichnung damit nicht schon dann vor, wenn ‑ wie bei einer Dachmarke eine Identität der Hauptbezeichnung gegeben ist.
32So auch Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25 Rn. 88; Menges/ Winnands, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser (Hrsg.), Arzneimittelrecht, § 10 Rn. 288 ff.; vgl. in diese Richtung bereits OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris.
33Dachmarken sind nach der Definition des Markenverbands,
34vgl. B. 1. des Leitfadens für Dachmarken-Konzepte für Arzneimittel, Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika, Medizinprodukte vom 8. Oktober 2002,
35Kennzeichen, die – ergänzt mit unterschiedlichen Bezeichnungszusätzen – gleichzeitig für unterschiedliche Produkte verwendet werden, die sich entweder in ihrer Zweckbestimmung oder in ihrer Zusammensetzung nach Art der Bestandteile voneinander unterscheiden.
36a. Dass die Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 AMG die vollständige Bezeichnung eines Arzneimittels ist, folgt schon aus dem Wortlaut des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG, der nicht zwischen Hauptbezeichnung und ergänzenden Bezeichnungsbestandteilen differenziert. Der Gesetzgeber verwendet zudem einen Begriff, den er zwar in keiner zentralen Norm definiert, aber an zahlreichen Stellen des Arzneimittelgesetzes gebraucht. Die „Bezeichnung“ des Arzneimittels auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG), in der Packungsbeilage (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) AMG) und im Zulassungsantrag (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 AMG) meint selbstverständlich die vollständige Bezeichnung, die Gegenstand der Zulassung ist. Dieses Begriffsverständnis gilt – auch nach Auffassung der Beklagten – ebenso für die Frage, ob im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG eine irreführende Bezeichnung vorliegt. Nach der Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes und des Paul-Ehrlich-Institutes über Hinweise und Empfehlungen zur Vermeidung von irreführenden Arzneimittelbezeichnungen vom 9./22. August 1991 (BAnz., S. 6971) ist die Arzneimittelbezeichnung die vollständige Bezeichnung eines Arzneimittels, die die Hauptbezeichnung sowie ggf. einen Bezeichnungszusatz enthält (Definition 2.1).Weiter heißt es dort, dass die Hauptbezeichnung bei verschiedenen Arzneimitteln einer Arzneimittelserie stets gleich sei (2.2) und mit dem Bezeichnungszusatz ein Unterschied zu anderen Arzneimitteln mit gleicher Hauptbezeichnung deutlich gemacht werden könne (2.3). Dieses Verständnis liegt auch der Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln vom 20. März 2013 zugrunde. Danach ist die Bezeichnung der Name des Arzneimittels, der als Phantasiebezeichnung aus einem oder mehreren Wörtern (z.B. Bezeichnungszusätzen) bestehen kann (Ziffern I., II.2 und II.2.2). Dieses zwar nicht bindende, aber überzeugende Verständnis der Bezeichnung als vollständiger Bezeichnung steht auch im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben. Die „Bezeichnung“ im nationalen Recht entspricht dem „Namen“ des Arzneimittels im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG (in der durch die Richtlinie 2004/27/EG geänderten Fassung).
37So auch Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 87; Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 20. März 2013, Ziffer I.
38Nach der Definition in Art. 1 Nr. 20 der Richtlinie 2001/83/EG ist Name des Arzneimittels der Name, der entweder ein nicht zu Verwechslungen mit dem gebräuchlichen Namen führender Phantasiename oder ein gebräuchlicher oder wissenschaftlicher Name in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen sein kann. Dieser Name ist – entsprechend dem nationalen Recht – im Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen zu nennen (Art. 8 Abs. 3 lit. b) und auf der äußeren Umhüllung bzw. Primärverpackung (Art. 54) sowie in der Packungsbeilage (Art. 59) anzugeben. Der Name ist danach auch im Unionsrecht der vollständige Name eines Arzneimittels.
39Dass im Rahmen des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG der Begriff abweichend von den vorstehenden Ausführungen, insbesondere anders als im Rahmen des allgemeinen Irreführungsverbots des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG zu verstehen wäre, ist nicht ersichtlich. Es lässt sich auch nicht mit dem entstehungsgeschichtlich belegten Sinn und Zweck der Vorschrift begründen. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG soll sicherstellen, dass der Verbraucher namensgleiche, aber unterschiedlich zusammengesetzte Arzneimittel nicht verwechselt, und damit die Arzneimittelsicherheit gewährleisten.
40Vgl. Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 86; Menges/Winnands, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), a. a. O. § 10 Rn. 284; Rehmann, Arzneimittelgesetz, 2. Auflage 2003, § 25 Rn. 14; Sander, Arzneimittelrecht, Erl. § 25 AMG, Anm. 12.
41Nach der Gesetzesbegründung soll § 25 Abs. 3 AMG zur Übersichtlichkeit über die im Verkehr befindlichen Arzneimittel beitragen, indem er verhindert, dass ein pharmazeutischer Unternehmer Arzneimittel in den Verkehr bringt, die die gleiche Bezeichnung haben, die jedoch eine unterschiedliche Zusammensetzung aufweisen (BT-Drs. 7/3060, S. 50). Ärzte, Apotheker und Verbraucher erwarteten unter einheitlicher Bezeichnung Arzneimittel, die aus den gleichen Wirkstoffen zusammengesetzt seien. Dem sei im Interesse der Arzneimittelsicherheit Rechnung zu tragen (BR-Drs. 596/85, S. 56 = BT-Drs. 10/5112, S. 18).
42Dieser Zweck des § 25 Abs. 3 AMG erfordert aber nicht die von der Beklagten befürwortete extensive Auslegung der Vorschrift. Verwechslungsgefahren, die sich aus der Teilidentität oder auch aus großer Ähnlichkeit von Bezeichnungen ergeben, sind bei der hier vertretenen Auslegung nicht hinzunehmen, sondern im Rahmen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG aufgrund der konkreten Einzelfallumstände zu prüfen und ggf. zu verhindern.
43b. Schließlich folgt aus der Verwendung des Begriffs „gleiche“ statt „dieselbe“ Bezeichnung nichts anderes. Gemeint ist eine – vollständige – Identität der Bezeichnungen.
44Vgl. Kügel, Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 88; Rehmann, a. a. O., § 25 Rn. 14.
45Der Gesetzgeber verwendet auch an anderer Stelle im Arzneimittelgesetz den Begriff „gleich“ und meint eine vollständige Übereinstimmung. So ist unstreitig, dass die Zulassung eines Generikums nach § 24b AMG die gänzlich identische Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art und Menge und dieselbe Darreichungsform voraussetzt, auch wenn der Gesetzgeber in § 24 b Abs. 2 Satz 1 AMG das Wort „gleiche“ benutzt. Ob ähnliche, d.h. sich gleichende oder teilidentische Bezeichnungen zulässig sind oder eine Verwechslungsgefahr bedeuten, beurteilt sich nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG aufgrund einer Prüfung im Einzelfall. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist – in der Art eines abstrakten Gefährdungstatbestands – eine Konkretisierung dieses Irreführungsgebots,
46vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 2007 - 13 A 3657/04 -, juris, Rn. 33.
47was im Übrigen ein weiteres Argument für ein gleichlaufendes Verständnis des Begriffs Bezeichnung in beiden Vorschriften und für die Verlagerung der Prüfung der konkreten Irreführungsgefahr in § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG ist.
48c. Liegen danach mangels vollständiger Bezeichnungsidentität die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG nicht vor, kann offenbleiben, ob Unionsrecht der Anwendung dieser Vorschrift entgegensteht, weil dort kein entsprechender Versagungstatbestand existiert. Allerdings lässt sich der Richtlinie 2001/83/EG, insbesondere Art. 1 Nr. 20, Art. 59 Abs. 1 Satz 1 a) i), Art. 62 Halbsatz 2 sowie Art. 87 Abs. 3, das Verbot von irreführenden Bezeichnungen entnehmen.
49Vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 ‑ 13 A 3657/04 –, juris, Rn. 35, und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 81; zur weiteren Anwendbarkeit nationaler Rechtsvorschriften auf bestimmte rein nationale Zulassungen siehe auch Art. 24a der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 (in der Fassung der Änderung vom 3. August 2012) i.V.m. Art. 23b Abs. 4 der Richtlinie 2001/83/EG.
503. Die Bezeichnung „B. Naproxen“ ist auch mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG vereinbar. Diese Vorschrift verbietet es, Arzneimittel herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die mit einer irreführenden Bezeichnung versehen sind. Daran fehlt es hier.
51a. Eine irreführende Bezeichnung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die Bezeichnung bei einem nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise unzutreffende Erwartungen, insbesondere über die Art, Qualität, therapeutische Wirksamkeit, Unbedenklichkeit oder sonstige wesentliche Merkmale des Arzneimittels, weckt. Angesichts der Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und der mit falschen Erwartungen an Arzneimittel verbundenen Gesundheitsrisiken sind an die Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit der Bezeichnung von Arzneimitteln erhöhte Anforderungen zu stellen (sog. Strengeprinzip).
52Vgl. OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 – 13 A 3657/04 -, juris, Rn. 36, vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 –, juris, Rn. 42 ff., und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, A & R 2013, 202 = juris, Rn. 46; BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 – I ZR 62/11 –, juris, Rn. 15.
53Die Bezeichnung eines Arzneimittels ist nicht nur für fachlich informierte Per-sonengruppen wie Ärzte, Apotheker sowie Behörden von Bedeutung. Sie ist in besonderem Maße für die Information der Verbraucher der Arzneimittel wichtig, die typischerweise nicht über qualifizierte medizinische Kenntnisse verfügen. Bei – wie hier – rezeptfrei in Apotheken zur Selbstmedikation angebotenen Arzneimitteln sind weder Apotheker noch Käufer verpflichtet, ein Gespräch über die Eigenschaften und Wirkungen des Arzneimittels zu führen. Eine entsprechende Beratungsmöglichkeit wird häufig nicht in Anspruch genommen, so dass mögliche bezeichnungsbedingte Fehlvorstellungen der Verbraucher durch die Beratungsmöglichkeit nicht sicher bzw. nicht hinreichend wahrscheinlich ausgeschlossen werden können.
54Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 49 f., und vom 12. August 2009 – 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 47 ff.
55Bei der Ermittlung der durch die Bezeichnung des Arzneimittels ausgelösten Vorstellungen des Verbrauchers ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen. Dieser geht zu Recht davon aus, dass das Gesundheitswesen einschließlich der Arzneimittelwirtschaft staatlicherseits reguliert und überwacht wird. Er vertraut typischerweise darauf, dass die zugelassene Bezeichnung so eindeutig ist, dass sie keine Fehlvorstellungen bzw. Missverständnisse über das Arzneimittel auslöst.
56Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 55 ff., und vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 52.
57Zur Ermittlung der Verbrauchervorstellungen ist keine Marktforschung erforderlich. Der Senat kann aufgrund eigener Sachkunde feststellen, wie die Bezeichnung durch einen nicht ganz unerheblichen Teil des Verkehrskreises verstanden wird, da seine Mitglieder selbst zu den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchern zählen.
58Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 –, juris, Rn. 57, und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 62, 68; BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01 –, GRUR 2004, 244 = juris, Rn. 18 bis 20.
59b. Gemessen an diesen Maßstäben ist bei einer Gesamtbetrachtung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die Bezeichnung „B. Naproxen“ nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG irreführend.
60aa. Dabei ist zunächst die Hauptbezeichnung „B. “ in den Blick zu nehmen. Der Verbraucher misst bei Namen von Waren, die sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzen, dem – typischerweise vorangestellten – Hauptbestandteil regelmäßig besondere Bedeutung für die Art bzw. Qualität der jeweiligen Ware zu. Im Rahmen einer zusammengesetzten Bezeichnung sind die sprachliche Bedeutung und die entsprechende Wahrnehmbarkeit des Hauptbestandteils regelmäßig so herausgehoben, dass ein erheblicher Teil der Verbraucher mit diesem Bestandteil nicht allein eine produktunabhängige Werbeaussage, sondern eine produktbezogene Inhaltsangabe verbindet. Dies wird durch die gezielte Verwendung der Dachmarken als Marketing-Instrument belegt und gilt auch für die Bezeichnung von Arzneimitteln, die neben anderen Produkten Gegenstand des Leitfadens für Dachmarken-Konzepte des Markenverbands sind. Bei einer Dachmarke, die seit mehreren Jahren für bestimmte Arzneimittel genutzt wird, besteht deshalb grundsätzlich die Gefahr, dass Verbraucher, die ein Präparat dieser Marke kennen, ein dieselbe Hauptbezeichnung führendes (neues) Arzneimittel hinsichtlich seines Anwendungsgebiets und seiner therapeutischen Wirksamkeit als gleich oder zumindest als ähnlich wahrnehmen. Diese Assoziation bereits bekannter (Wirk‑)Qualitäten ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch einer der zentralen Gründe, Dachmarken zu verwenden.
61Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 55 ff.
62Dies gilt grundsätzlich auch hier. Der Verbraucher wird dem Bezeichnungsbestandteil „B. “ besondere Bedeutung zumessen. Der wirkstoffbezogene Zusatz „Naproxen" tritt dahinter zurück. Das entspricht der (Marketing-)Strategie der Klägerin, die Dachmarke „B. " in den Vordergrund zu stellen und auf deren Wahrnehmung durch den Verbraucher zu setzen.
63Vgl. auch den Internetauftritt www.B. .de.
64Wie bekannt diese Dachmarke ist, ist hierfür ebenso unerheblich wie der Umstand, dass „B. “ ein Phantasiename ist, während der Zusatz „Naproxen“ einen Wirkstoff bezeichnet.
65Gleichwohl führt die Verwendung der Dachmarke „B. “ nicht zu erheblichen Fehlvorstellungen. Die Nutzung einer eingeführten Dachmarke für ein wirkstoffverschiedenes Arzneimittel ist zwar im Regelfall irreführend.
66Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, a. a. O. ; Kloesel/Cyran, § 8 Anm. 22; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, § 10 Rn. 78; Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 2013, Ziff. II 2.2.1 („zu vermeiden“); a. A. Schraitle, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser, § 6 Rn. 76; European Medicines Agency (EMA), QRD recommendations on pack design and labelling for centrally authorised non-prescription human medicinal products, Draft, März 2011, Ziff. 4.1.2.
67Insbesondere lässt sich aus § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG, wonach in bestimmten Fällen ein (Alt-)Arzneimittel auch nach Änderung der Zusammensetzung mit gleicher Bezeichnung in den Verkehr gebracht werden darf, nichts Gegenteiliges schließen.
68Hier ist die Verwendung der Dachmarke aufgrund der besonderen Einzelfallumstände weder unter dem Gesichtspunkt der Verwechslung noch unter dem Aspekt der Herstellung einer gedanklichen Verbindung irreführend. Sie weckt auch unter Berücksichtigung strenger Anforderungen an Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit der Bezeichnung keine unzutreffenden Verbrauchererwartungen.
69Ob die Verwendung einer Dachmarke bei unterschiedlich zusammengesetzten Arzneimitteln zulässig ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Unterschiede der Arzneimittel und der Gefahren, die bei einer etwaigen Verwechslung bestehen.
70Vgl. auch Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 20. März 2013, S. 6 f. (Ziff. 2.2.1); EMA, Committe for human medicinal products (CHMP), Guideline on the acceptability of names for human medicinal products processed through the centralised procedure, 11. Dezember 2007, Ziff. 1. und 2.1.1.
71Sollte ein nicht ganz unerheblicher Teil der Verbraucher annehmen, das streitgegenständliche Arzneimittel diene wie die übrigen „B. “-Präparate der Behandlung von Schmerzen und Fieber und entfalte die gleichen therapeutischen Wirkungen, trifft dies – anders als etwa im Fall „Fenistil“ (Senatsurteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -) – zu. Das streitgegenständliche Arzneimittel enthält zwar den Wirkstoff Naproxen, während die markteingeführten „B. “-Produkte Ibuprofen enthalten. Die Anwendungsgebiete stimmen aber überein. Beide sind zugelassen zur Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen und Fieber. Zudem sind die Wirkstoffe Ibuprofen und Naproxen der gleichen Wirkstoffgruppe zuzuordnen und der Wirkmechanismus ist identisch. Beide sind nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)/ nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAP bzw. NSAID), die schmerzlindernd, fiebersenkend und entzündungshemmend wirken. Naproxen gehört wie Ibuprofen der Wirkstoffklasse der nichtselektiven NSAR an (sogenannte COX-1/2-Hemmer). Ibuprofen und das später entdeckte und zugelassene Naproxen sind Arylpropionsäurederivate und wirken in gleicher Weise, indem sie das Enzym Cyclooxygenase (COX) blockieren und dadurch die Synthese der Prostaglandine, der für die Vermittlung von Schmerzempfindung verantwortlichen Botenstoffe, hemmen.
72Vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, „Antiphlogistika, nichtsteroidale“; www.wikipedia.de zu „nichtsteroidales Antirheumatikum“, „Ibuprofen“ und zu „Naproxen“.
73Schließlich weist auch das Nebenwirkungsprofil keine erheblichen Unterschiede auf. Die Nebenwirkungshinweise und Gegenanzeigen in den Gebrauchsinformationen, auch die zuletzt vorgelegten aktuellen Fassungen (Gebrauchsinformation „B. “ aus März /August 2011) bzw. diesbezüglichen Mustertexte (zu Naproxen vom 20. November 2013), unterscheiden sich nur geringfügig, was sich mit der Zugehörigkeit der Wirkstoffe zur gleichen Wirkstoffklasse und der identischen Wirkweise erklären lässt. Aus vereinzelten Unterschieden in den Häufigkeiten bestimmter Nebenwirkungen lässt sich ebenfalls nicht auf ein unterschiedliches Nebenwirkungsprofil schließen, da hier statistische Fragen eine Rolle spielen und mal das eine, mal das andere Arzneimittel eine abweichende Häufigkeit verzeichnet. Soweit das BfArM höhere gastrointestinale Risiken von Naproxen betont, hat dies in den Nebenwirkungshinweisen keinen Niederschlag gefunden. Bestehen aber keine derartigen Unterschiede, dass es unterschiedlicher Hinweise bedürfte, sind die Unterschiede nicht als relevant einzuordnen.
74Darüber hinaus hat die – für die Irreführungsgefahr darlegungs- und beweispflichtige – Beklagte auch nicht aufgrund anderer Erkenntnisse nachvollziehbar dargelegt, dass gleichwohl ein unterschiedliches Risikoprofil besteht. Zwar stützen bestimmte Studien und Datensammlungen ihre Auffassung, dass Naproxen geringere kardiovaskuläre und Thrombose-Risiken birgt und deshalb für Patienten mit koronaren Vorerkrankungen oder Risikofaktoren vorteilhafter ist.
75Vgl. Trelle et al., Cardiovascular safety of non-steroidal anti-inflammatory drugs: network meta-analysis, BMJ 2011, 342:7086, S. 6, 10; EMA, Public CHMP assessment report for medicinal products containing non-selective non steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs), 7. November 2006, S. 18, 20; EMA, Assessment report for Non Steroidal Anti-Inflammatory Drugs (NSAIDs) and cardio-vascular risk, 18. Oktober 2012, S. 10, 24, 26.
76Abgesehen davon, dass ein geringeres Risiko wohl nur bei deutlich höherer Dosierung und längerer Anwendungsdauer als hier im OTC-Bereich besteht, kann dieser Umstand der Klägerin nicht entgegengehalten werden. Eine Verwechslung erwiese sich insoweit als vorteilhaft, so dass ein Schutzbedürfnis der Verbraucher nicht besteht. Die Behauptung der Beklagten, Naproxen habe gegenüber Ibuprofen einen ausgeprägteren schädigenden Effekt auf den Magen-Darm-Trakt, ist demgegenüber nicht wissenschaftlich belegt. Das BfArM führt hierfür nur die Ergebnisse einer Studie aus 1994 zu den Risiken von blutenden Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren an (Langman M et al., Lancet 1994, 343:1075). Die Studie selbst liegt nicht vor. Demgegenüber besteht nach der neueren Studie von Lewis et a. („Risk of serious upper gastrointestinal toxicity with over-the-counter nonaspirin nonsteroidal anti-inflammatory drugs“, Gastroenterology 2005, 129:1865) kein signifikanter Unterschied für das Risiko „gastrointestinale Toxizität“ zwischen Naproxen und Ibuprofen. Diese Schlussfolgerung teilte auch der Sachverständigenausschuss des BfArM zur Verschreibungspflicht (69. Sitzung am 26. Juni 2012). Nach einer Studie von Singh G (Am J Ther 2000, 7: 115) liegt das relevante Risiko von Ibuprofen bei 3,5, das von Naproxen bei 3,42 bei einem Wert von 3,92 für alle NSAIDs. Die EMA geht nach dem „Public CHMP assessment report for medicinal products containing non-selective non steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs)” vom 7. November 2006 (Seite 5) davon aus, die verfügbaren Daten erlaubten keine präzise Quantifizierung der Risiken ernster gastrointestinaler Nebenwirkungen bei verschiedenen NSAIDs; es bestünden Anhaltspunkte für eine Dosisabhängigkeit. Es sei nicht möglich, sichere Schlussfolgerungen zu den relativen Risiken für gastrointestinale Nebenwirkungen der einzelnen Produkte zu ziehen. Zwar gebe es Hinweise für ein geringfügig höheres Risiko für gastrointestinale Nebenwirkungen bei Naproxen, die Erkenntnisse für entsprechende Schlussfolgerungen seien aber nur schwach. Bei Ibuprofen könnten die günstigeren Annahmen auf der Verwendung niedriger Dosen und kurzzeitigen Anwendungen beruhen. Ein unterschiedliches Risikoprofil lässt sich damit nicht belegen.
77Hier maßgebliche Unterschiede kann die Beklagte auch nicht daraus herleiten, dass für die Arzneimittel unterschiedliche Altersgrenzen (Kinder ab 6 Jahren bei „B. “ und „B. Forte“, ab 12 Jahren beim streitgegenständlichen Arzneimittel) und abweichende Dosierungsangaben gelten. Der aufgeklärte, durchschnittlich informierte Verbraucher geht nicht bei Arzneimitteln mit gleicher Hauptbezeichnung davon aus, dass sie auch in Wirkstoffmenge, Dosierung und Gegenanzeigen für die Anwendung bei Kindern identisch sind. Dass auch das BfArM dies bisher so gesehen hat, zeigt unter anderem die Zulassung der bisherigen B. -Produkte unter gleicher Hauptbezeichnung, die in Bezug auf diese Gesichtspunkte ebenfalls Unterschiede aufweisen. So ist „B. Spezial“ im Unterschied zu den beiden anderen „B. “-Produkten ebenfalls erst für Kinder ab 12 Jahren zugelassen. Wie die Klägerin im Klageverfahren näher dargelegt hat, ergibt sich hier die Anwendungsbeschränkung aus der Wirkstoffmenge und lässt daher insbesondere keinen Schluss auf ein anderes Risikoprofil des Wirkstoffs zu. Hinzu kommt, dass das hier streitgegenständliche Produkt vielfach bei akuten Zuständen, d.h. nicht nur von chronisch Kranken genutzt wird. Der Verbraucher wird sich auch vor der Einnahme eines schon bekannten Arzneimittels über die Dosierung und die Anwendbarkeit bei Kindern informieren, zumal sich hier aufgrund neuerer Erkenntnisse auch Änderungen ergeben können.
78Eine Irreführung könnte danach lediglich über das Vorhandensein des Wirkstoffs Ibuprofen bzw. dahingehend bestehen, dass es sich um das (wirkstoff-)gleiche Präparat handele. Der Wirkstoff ist ein wesentliches Merkmal eines Arzneimittels. Eine diesbezügliche Fehlvorstellung setzte aber voraus, dass der Durchschnittsverbraucher bzw. ein nicht unerheblicher Teil der aufgeklärten Verbraucher mit dem Phantasienamen „B. “ einen bestimmten Wirkstoff verbindet bzw. den „Wirkstoff hinter B. “ nunmehr bei jedem Produkt der Serie erwartet. Davon ist hier nicht auszugehen. Es ist schon zweifelhaft, ob der Verbraucher regelmäßig mit einem Arzneimittelnamen einen bestimmten Wirkstoff verbindet. Typischerweise wird der aufgeklärte, durchschnittlich informierte Verbraucher mit der Bezeichnung nur das Anwendungsgebiet und gegebenenfalls noch einen bestimmten Wirkmechanismus verbinden. Hier kommt hinzu, dass zahlreiche Produkte mit dem Wirkstoff Ibuprofen im Verkehr sind, diesen teilweise auch im Namen tragen, und „B. “ deshalb nicht aufgrund seiner Alleinstellung mit Ibuprofen assoziiert wird.
79Ferner ist für die Ermittlung der (Fehl‑)Vorstellung eines nicht unerheblichen Teils der aufgeklärten Verbraucher von Bedeutung, dass nicht von einer besonderen Bekanntheit der Dachmarke auszugehen ist. Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass eine Irreführung nicht nur bei berühmten Namen in Betracht kommt. Unter anderem vom Bekanntheitsgrad hängt aber ab, ob bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher eine Verwechslungsgefahr besteht.
80Vgl. dazu EuGH, Urteil vom 11. November 1997 ‑ Rs. C-251/95 (Puma) -, Rn. 22.
81Je weniger bekannt ein Produkt bzw. eine Marke ist, desto geringer ist die Irreführungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Verwechslung. Die von der Klägerin hier mitgeteilten Verkaufszahlen und Marktanteile lassen auf einen geringen Bekanntheitsgrad schließen. „B. “ hatte im Jahr 2013 bei 429.500 verkauften Packungen einen Marktanteil bei den ibuprofenhaltigen Analgetika von 0,9 Prozent (2009: 1,9 % ,2010: 1,6 %, 2011: 1,3 %, 2012: 1,1 %). Demgegenüber hatte etwa E. einen Marktanteil von zuletzt 15 % (2009: 24,8 %), J. -ratiopharm einen Marktanteil von 11,7 % (2009: 15,2 %). Nimmt man die apothekenpflichtigen Analgetika insgesamt in den Blick, betrug der Marktanteil 2013 lediglich 0,3 Prozent (2009: und 2010: jeweils 0,4 %, 2011 und 2012: jeweils 0,3 %). Angesichts dessen ist die Gruppe derjenigen, die „B. “ kennen, nicht als hinreichend bedeutender Teil der angesprochenen Verkehrskreise einzuordnen. Abgesehen davon ist nicht davon auszugehen, dass diese Gruppe „B. “ mit dem Wirkstoff Ibuprofen in Verbindung mit.
82Auf die Verbrauchervorstellung wirkt sich weiterhin aus, dass gerade im Bereich der Schmerzbehandlung mit nichtsteroidalen Antiphlogistika seit vielen Jahren zahlreiche Dachmarken mit verschiedenen Wirkstoffen auf dem Markt sind, insbesondere seit den 1990er Jahren „E. “ (Ibuprofen, Ketoprofen, Naproxen), das einen um ein Vielfaches höheren Marktanteil hat als „B. “, ferner O. , U. und U1. . Dies verschafft der Klägerin zwar, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Das Argument der Beklagten, die Irreführungsgefahr könne nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass irreführende Produkte auf dem Markt seien, greift aber nicht durch. Die hier maßgeblichen Vorstellungen und Erwartungen des Verbrauchers in Bezug auf die streitgegenständliche Bezeichnung werden auch durch die tatsächlichen Verhältnisse in dem Marktsegment geprägt. Da das BfArM in der Vergangenheit Dachmarken für verschiedene Wirkstoffe im Bereich der Schmerzmedikation zugelassen hat, und dies auch bei bekannten Marken mit hohem Marktanteil, erwartet der Verbraucher jedenfalls in diesem Bereich unter einer Dachmarke nicht stets Arzneimittel mit einer identischen Zusammensetzung.
83Vgl. auch Sander, PharmR 2013, 359 (360).
84Die Annahme des Verwaltungsgerichts, Verbraucher nutzten zunehmend Generika und ihnen sei ein Denken in Wirkstoffkategorien nicht fremd, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Daraus lässt sich nur auf eine Vertrautheit mit (wirkstoffgleichen) preiswerteren Alternativprodukten, nicht aber darauf schließen, dass Verbraucher umgekehrt bei Arzneimitteln einer Serie bzw. Dachmarke denselben Wirkstoff erwarten. Es erscheint schon zweifelhaft, ob der Verbraucher sich Kenntnis vom Wirkstoff verschafft. Nahe liegender dürfte sein, dass ihn nur interessiert, ob er mit dem Generikum „das Gleiche“ erhält wie vom Arzt verschrieben oder bisher von ihm verwendet. Geht man aber davon aus, der aufgeklärte Verbraucher informiere sich über den Wirkstoff von Arzneimitteln, muss dies gerade auch für das streitgegenständliche Arzneimittel gelten, zumal diesem eine Wirkstoffbezeichnung hinzugefügt ist.
85bb. Durch den Zusatz „Naproxen“ zur Hauptbezeichnung „B. “ ist eine hinreichende Unterscheidung zu den anderen Arzneimittelbezeichnungen der Dachmarke gewährleistet. Zwar hat der Senat im „Fenistil“-Urteil angenommen, ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher gehe bei einer bekannten Dachmarke davon aus, dem in den markteingeführten Produkten enthaltenen Wirkstoff sei ein weiterer Wirkstoff hinzugefügt.
86Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 65 f.
87Hier liegt der Fall aber anders. Aus den vorstehenden Gründen wird kein hinreichender Teil der angesprochenen Verkehrskreise „B. “ mit dem Wirkstoff Ibuprofen und „B. Naproxen“ mit den markteingeführten „B. “-Produkten verbinden. Er wird deshalb auch nicht annehmen, „B. Naproxen“ sei „B. “ (= Ibuprofen) plus Naproxen. Eine Verbrauchererwartung, dass Arzneimittel, deren mehrteiliger Name eine Wirkstoffbezeichnung beinhaltet, stets zwei Wirkstoffe (den „hinter B. “ sowie „Naproxen“) enthalten, besteht nicht. Abgesehen davon wird der aufgeklärte Verbraucher, der die markteingeführten „B. “-Produkte kennt, angesichts der Existenz von zahlreichen (bekannteren) Dachmarken im Bereich der Schmerzmedikamente mit unterschiedlichen Wirkstoffen besondere Sorgfalt an den Tag legen, sollte es ihm auf „B. “ mit einem bestimmten Wirkstoff ankommen.
88Im Übrigen strebt die Klägerin die Umbenennung ihrer markteingeführten B. -Produkte dahingehend an, dass dort – analog zum Zusatz „Naproxen“ beim streitgegenständlichen Arzneimitteln – jeweils der Zusatz „Ibuprofen“ ergänzt wird. Sie hat in der Berufungsverhandlung erklärt, mit Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Produkts unter der neuen Bezeichnung die alten Produkte nur noch mit einer geänderten, um „Ibuprofen“ ergänzten Bezeichnung in den Verkehr bringen zu wollen. Enthalten aber alle Produkte der Dachmarke „B. “ den entsprechenden Wirkstoffzusatz in der Bezeichnung, wird – den hier allein bestehenden – Irreführungs- und Verwechslungsgefahren in Bezug auf den Wirkstoff hinreichend vorgebeugt.
89So auch Schraitle, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), a. a. O., § 6 Rn. 76.
90Der Verbraucher wird dann bei gleicher Hauptbezeichnung keine Wirkstoffidentität erwarten. Dies hat auch das BfArM in der Berufungsverhandlung eingeräumt. Dass dann für eine Übergangszeit noch Arzneimittel mit der bisherigen Bezeichnung im Verkehr sind, ist angesichts der übrigen hier angeführten Umstände hinnehmbar. Anders als in den von § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG und Ziffer 2.2.2 der Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts vom 20. März 2013 erfassten Fällen der Übertragung bzw. Weiterverwendung einer Bezeichnung für ein anderes Arzneimittel mit einem anderen Wirkstoff, für die eine Wartezeit von fünf Jahren vorgesehen ist, unterscheiden sich die markteingeführten „B. “-Produkte und „B. Naproxen“ durch den Wirkstoffzusatz.
91cc. Selbst wenn man aber annähme, ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher assoziiere mit „B. “ die markteingeführten Produkte, gehe also aufgrund der Hauptbezeichnung davon aus, „B. Naproxen“ enthalte den gleichen Wirkstoff, ergänzt um Naproxen, rechtfertigte diese Fehlvorstellung bei verfassungskonformer Auslegung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG nicht die Ablehnung der Bezeichnungsänderung.
92§ 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG dient der Arzneimittelsicherheit, dem in § 1 AMG verankerten zentralen Ziel des Arzneimittelgesetzes, und, das zeigen die Regelbeispiele in 3 8 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis c) AMG, dem Schutz des Verbrauchers vor Täuschungen über die Wirksamkeit und Qualität von Arzneimitteln. Die Bestimmung beschränkt die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Unternehmers, die auch eine Wahlfreiheit bei Bezeichnungen und Marketingstrategien einschließt. Die Beschränkung ist in ihrer abstrakt-generellen Form zum Schutz vor gesundheitlichen Gefahren gerechtfertigt.
93Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 71 ff., und vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 29; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, § 10 Rn. 76; Nickel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O. § 8 Rn. 18.
94Aus der hohen Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit resultiert ein besonderes Schutzbedürfnis des Verbrauchers. Werbemaßnahmen für die Gesundheit gelten als besonders wirksam. Mit irreführenden Angaben können Gefahren für die Gesundheit des Einzelnen sowie der Bevölkerung insgesamt verbunden sein. Einschränkungen der grundrechtlich geschützten Individualinteressen des pharmazeutischen Unternehmers an der freien Wahl der Arzneimittelbezeichnung sind aber im Einzelfall nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigt, wenn eine Bezeichnungsänderung nicht die Gefahr irrtümlicher Arzneimittelanwendungen birgt. So liegt der Fall hier. Nach den obigen Ausführungen ist nicht davon auszugehen, dass die Verwechslung der Arzneimittel – unterstellt, es käme überhaupt dazu – Gesundheitsgefahren begründet, da sie bei gleicher Indikation in gleicher Weise wirken und das Nebenwirkungsprofil sich nicht unterscheidet.
95Hiervon ausgehend steht § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG nicht per se dem unternehmerischen Bemühen entgegen, das positive Image einer Marke auf weitere Arzneimittel zu transferieren bzw. eine solche Dachmarke auf- und auszubauen. Eine Beschränkung der Bezeichnungsfreiheit ist hier auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Eigenschaften von „B. Naproxen“ falsch oder übertrieben dargestellt würden (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis c) AMG) und die Klägerin zu Unrecht die Wertschätzung der Marke „B. “ ausnutzen wollte. Die von der Beklagte angeführte Annahme, der Verbraucher verbinde mit „B. “ die Vorstellung einer Arzneimittelwirkung dergestalt, dass es sich um ein der Behandlung von Schmerzen dienendes Arzneimittel derselben Qualität und Güte wie die ihm bekannten markteingeführten Arzneimittel handele, ist aus den oben ausgeführten Gründen nicht falsch. Wird dem streitgegenständlichen Arzneimittel zutreffend eine therapeutische Wirksamkeit „wie bei B. “ beigemessen, findet damit keine Ruf-Ausbeutung statt, zumal „B. Naproxen“ kein neues Arzneimitteil, sondern ein seit 1998 zugelassenes und nur unter einer anderen Bezeichnung vertriebenes Produkt ist.
96Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
97Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.
98Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.
(1) Fertigarzneimittel, die sich am 1. Januar 1978 im Verkehr befinden, gelten als zugelassen, wenn sie sich am 1. September 1976 im Verkehr befinden oder auf Grund eines Antrags, der bis zu diesem Zeitpunkt gestellt ist, in das Spezialitätenregister nach dem Arzneimittelgesetz 1961 eingetragen werden.
(2) Fertigarzneimittel nach Absatz 1 müssen innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit dem 1. Januar 1978 der zuständigen Bundesoberbehörde unter Mitteilung der Bezeichnung der wirksamen Bestandteile nach Art und Menge und der Anwendungsgebiete angezeigt werden. Bei der Anzeige homöopathischer Arzneimittel kann die Mitteilung der Anwendungsgebiete entfallen. Eine Ausfertigung der Anzeige ist der zuständigen Behörde unter Mitteilung der vorgeschriebenen Angaben zu übersenden. Die Fertigarzneimittel dürfen nur weiter in den Verkehr gebracht werden, wenn die Anzeige fristgerecht eingeht.
(3) Die Zulassung eines nach Absatz 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels erlischt abweichend von § 31 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 am 30. April 1990, es sei denn, dass ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder auf Registrierung vor dem Zeitpunkt des Erlöschens gestellt wird, oder das Arzneimittel durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder von der Registrierung freigestellt ist. § 31 Abs. 4 Satz 1 findet auf die Zulassung nach Satz 1 Anwendung, sofern die Erklärung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis zum 31. Januar 2001 abgegeben wird.
(3a) Bei Fertigarzneimitteln nach Absatz 1 ist bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung eine Änderung nach § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1, soweit sie die Anwendungsgebiete betrifft, und Nr. 3 nur dann zulässig, sofern sie zur Behebung der von der zuständigen Bundesoberbehörde dem Antragsteller mitgeteilten Mängel bei der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit erforderlich ist; im Übrigen findet auf Fertigarzneimitteln nach Absatz 1 bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung § 29 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1, 2 und 5 keine Anwendung. Ein Fertigarzneimittel nach Absatz 1, das nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt ist, darf bis zur erstmaligen Verlängerung der Zulassung abweichend von § 29 Abs. 3
- 1.
in geänderter Zusammensetzung der arzneilich wirksamen Bestandteile nach Art und Menge, wenn die Änderung sich darauf beschränkt, dass ein oder mehrere bislang enthaltene arzneilich wirksame Bestandteile nach der Änderung nicht mehr oder in geringerer Menge enthalten sind, - 2.
mit geänderter Menge des arzneilich wirksamen Bestandteils und innerhalb des bisherigen Anwendungsbereiches mit geänderter Indikation, wenn das Arzneimittel insgesamt dem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis angepasst wird, - 3.
(weggefallen) - 4.
mit geänderter Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile, soweit es sich um ein Arzneimittel mit mehreren wirksamen Bestandteilen handelt, deren Anzahl verringert worden ist, oder - 5.
mit geänderter Art oder Menge der arzneilich wirksamen Bestandteile ohne Erhöhung ihrer Anzahl innerhalb des gleichen Anwendungsbereichs und der gleichen Therapierichtung, wenn das Arzneimittel insgesamt einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis oder einem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vorgelegten Muster für ein Arzneimittel angepasst und das Arzneimittel durch die Anpassung nicht verschreibungspflichtig wird,
(4) Dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung sind abweichend von § 31 Abs. 2 die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 beizufügen. Den Zeitpunkt der Einreichung der Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 7 bis 15, Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3a sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 bestimmt die zuständige Bundesoberbehörde im Einzelnen. Auf Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde sind ferner Unterlagen einzureichen, die die ausreichende biologische Verfügbarkeit der arzneilich wirksamen Bestandteile des Arzneimittels belegen, sofern das nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich ist. Ein bewertendes Sachverständigengutachten ist beizufügen. § 22 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 bis 7 und § 23 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung. Die Unterlagen nach den Sätzen 2 bis 5 sind innerhalb von vier Monaten nach Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde einzureichen.
(4a) Zu dem Antrag auf Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 sind die Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie die Gutachten nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 bis zum 1. Februar 2001 nachzureichen, soweit diese Unterlagen nicht bereits vom Antragsteller vorgelegt worden sind; § 22 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. Satz 1 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt sind. Für Vollblut, Plasma und Blutzellen menschlichen Ursprungs bedarf es abweichend von Satz 1 nicht der Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 sowie des Gutachtens nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, es sei denn, dass darin Stoffe enthalten sind, die nicht im menschlichen Körper vorkommen. Ausgenommen in den Fällen des § 109a erlischt die Zulassung, wenn die in den Sätzen 1 bis 3 genannten Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht worden sind.
(4b) (weggefallen)
(4c) Ist das Arzneimittel nach Absatz 3 bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum entsprechend der Richtlinie 2001/83/EG zugelassen, ist die Verlängerung der Zulassung zu erteilen, wenn
- 1.
sich das Arzneimittel in dem anderen Mitgliedstaat im Verkehr befindet und - 2.
der Antragsteller - a)
alle in § 22 Abs. 6 vorgesehenen Angaben macht und die danach erforderlichen Kopien beifügt und - b)
schriftlich erklärt, dass die eingereichten Unterlagen nach den Absätzen 4 und 4a mit den Zulassungsunterlagen übereinstimmen, auf denen die Zulassung in dem anderen Mitgliedstaat beruht,
(4d) Dem Antrag auf Registrierung sind abweichend von § 38 Abs. 2 die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 beizufügen. Die Unterlagen nach § 22 Abs. 1 Nr. 7 bis 15 und Abs. 2 Nr. 1 sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 sind der zuständigen Bundesoberbehörde auf Anforderung einzureichen. § 22 Abs. 4 bis 7 mit Ausnahme des Entwurfs einer Fachinformation findet entsprechende Anwendung. Die Unterlagen nach den Sätzen 2 und 3 sind innerhalb von zwei Monaten nach Anforderung der zuständigen Bundesoberbehörde einzureichen.
(4e) Für die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung der Zulassung oder Registrierung nach Absatz 3 Satz 1 finden § 25 Abs. 5 Satz 5 und § 39 Abs. 1 Satz 2 entsprechende Anwendung.
(4f) Die Zulassung nach Absatz 1 ist auf Antrag nach Absatz 3 Satz 1 um fünf Jahre zu verlängern, wenn kein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 vorliegt; für weitere Verlängerungen findet § 31 Anwendung. Die Besonderheiten einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) sind zu berücksichtigen.
(4g) Bei Arzneimitteln, die Blutzubereitungen sind, findet § 25 Abs. 8 entsprechende Anwendung.
(5) Bei Beanstandungen hat der Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von zwölf Monaten nach Mitteilung der Beanstandungen, den Mängeln abzuhelfen; die Mängelbeseitigung ist in einem Schriftsatz darzulegen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen. Die zuständige Bundesbehörde hat in allen geeigneten Fällen keine Beanstandung nach Satz 1 erster Halbsatz auszusprechen, sondern die Verlängerung der Zulassung auf der Grundlage des Absatzes 5a Satz 1 und 2 mit einer Auflage zu verbinden, mit der dem Antragsteller aufgegeben wird, die Mängel innerhalb einer von ihr nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmenden Frist zu beheben.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde kann die Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 mit Auflagen verbinden. Auflagen können neben der Sicherstellung der in § 28 Abs. 2 genannten Anforderungen auch die Gewährleistung von Anforderungen an die Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit zum Inhalt haben, es sei denn, dass wegen gravierender Mängel der pharmazeutischen Qualität, der Wirksamkeit oder der Unbedenklichkeit Beanstandungen nach Absatz 5 mitgeteilt oder die Verlängerung der Zulassung versagt werden muss. Im Bescheid über die Verlängerung ist anzugeben, ob der Auflage unverzüglich oder bis zu einem von der zuständigen Bundesoberbehörde festgelegten Zeitpunkt entsprochen werden muss. Die Erfüllung der Auflagen ist der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung einer eidesstattlichen Erklärung eines unabhängigen Gegensachverständigen mitzuteilen, in der bestätigt wird, dass die Qualität des Arzneimittels dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht. § 25 Abs. 5 Satz 5, 6 und 8 sowie § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zweite Alternative gelten entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten entsprechend für die Registrierung nach Absatz 3 Satz 1.
(5b) Ein Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung findet bei Rechtsmitteln gegen die Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 nicht statt. Die sofortige Vollziehung soll nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung angeordnet werden, es sei denn, dass die Vollziehung für den pharmazeutischen Unternehmer eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5c) Abweichend von Absatz 3 Satz 1 erlischt die Zulassung eines nach Absatz 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels, für das der pharmazeutische Unternehmer bis zum 31. Dezember 1999 erklärt hat, dass er den Antrag auf Verlängerung der Zulassung nach Absatz 3 Satz 1 zurücknimmt am 1. Februar 2001, es sei denn, das Verfahren zur Verlängerung der Zulassung ist nach Satz 2 wieder aufzugreifen. Hatte der pharmazeutische Unternehmer nach einer vor dem 17. August 1994 ausgesprochenen Anforderung nach Absatz 4 Satz 2 die nach Absatz 4 erforderlichen Unterlagen fristgerecht eingereicht oder lag der Einreichungszeitpunkt für das betreffende Arzneimittel nach diesem Datum oder ist die Anforderung für das betreffende Arzneimittel erst nach diesem Datum ausgesprochen worden, so ist das Verfahren zur Verlängerung der Zulassung von der zuständigen Bundesoberbehörde auf seinen Antrag wieder aufzugreifen; der Antrag ist bis zum 31. Januar 2001 unter Vorlage der Unterlagen nach Absatz 4a Satz 1 zu stellen.
(5d) Die Absatz 3 Satz 2 und Absätze 3a bis 5c gelten entsprechend für Arzneimittel, für die gemäß § 4 Abs. 2 der EG-Rechts-Überleitungsverordnung vom 18. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2915) Anlage 3 zu § 2 Nr. 2 Kapitel II Nr. 1 und 2 bis zum 30. Juni 1991 ein Verlängerungsantrag gestellt wurde.
(6) (weggefallen)
(7) (weggefallen)
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. April 2013 geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 verpflichtet, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 (Zulassungs-Nr. 38459.00.00) von „B1. " in „B. Naproxen" zu ändern.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Inhaberin der mit Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 16. Juni 1998 erteilten Zulassung für das apothekenpflichtige Fertigarzneimittel „B1. " (Zulassungs-Nr. …). Das schmerzstillende, fiebersenkende und entzündungshemmende Antiphlogistikum/Analgetikum ist für die Anwendungsgebiete „leichte bis mäßig starke Schmerzen“ und „Fieber" zugelassen. Wirkstoff ist „Naproxen-Natrium", 220 mg je Filmtablette.
3Mit am 14. Juni 2010 eingegangener Änderungsanzeige vom 11. Juni 2010 zeigte die Klägerin die Änderung der Arzneimittelbezeichnung von „B1. " in „B. Naproxen" an. Monoarzneimittel mit dem Bezeichnungsbestandteil „B. " sind nach ihren Angaben seit 1989 auf dem Markt, derzeit in Deutschland, Österreich und Polen. Sie enthalten jeweils den Wirkstoff Ibuprofen und sind zur symptomatischen Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen wie Kopf-, Zahn- oder Regelschmerzen sowie bei Fieber zugelassen („B. ", „B. forte", „B. mobil"; „B. spezial" auch zur Behandlung akuter Kopfschmerzen bei Migräne mit und ohne Aura). Eine Umsetzung der Bezeichnungsänderung ist durch die Klägerin bislang nicht erfolgt.
4Mit Schreiben vom 26. Juli 2010 teilte das BfArM der Klägerin mit, es halte die Änderung für unzulässig, und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Bezeichnung verstoße gegen das Irreführungsverbot des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, da sie geeignet sei, bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise Fehlvorstellungen über wesentliche Eigenschaften des Präparats zu wecken. Mit Blick auf die Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und die hohe Werbewirkung gesundheitsbezogener Aussagen seien an den Ausschluss einer Irreführung hohe Maßstäbe anzulegen. Die Bezeichnung „B. " betreffe eine für mehrere Monoarzneimittel verwendete Marke, die der Verbraucher mit dem Wirkstoff „Ibuprofen" in Verbindung bringe. Dieser Verbrauchererwartung werde nicht entsprochen, wenn „B1. " zukünftig als „B. Naproxen" erhältlich sei. Für einen Teil der Verbraucher sei anzunehmen, dass sie den Zusatz „Naproxen" ignorierten oder nicht als Hinweis auf einen Wirkstoff wahrnähmen und „B. Naproxen" in der Erwartung kauften, das Präparat enthalte weiterhin Ibuprofen. Zudem sei die Vorstellung möglich, dass „B. Naproxen" neben Naproxen auch Ibuprofen enthalte. Mit dem Versuch, das in Bezug auf die Marke „B. " bestehende Verbrauchervertrauen auf das Arzneimittel zu übertragen, betreibe die Klägerin eine „positive Rufausbeutung", die mit dem Irreführungsverbot nicht vereinbar sei. Die Bezeichnungsänderung verstoße auch gegen den in § 25 Abs. 3 AMG enthaltenen Rechtsgedanken, der als Konkretisierung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG zu sehen sei. Denn es werde gegen die gängige Verbrauchererwartung verstoßen, dass unter einer bestimmten Arzneimittelbezeichnung nur ein Wirkstoff oder eine fixe Wirkstoffkombination vermarktet werde. Mit Schreiben vom 17. August 2010 vertrat die Klägerin die Auffassung, dass sich die Bezeichnung „B. Naproxen" deutlich genug von anderen unterscheide. Zudem verwies sie auf die Wirkstoffangaben auf der Faltschachtel und im Beipackzettel.
5Durch Bescheid vom 8. September 2010 stellte das BfArM fest, dass das Arzneimittel nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG irreführend bezeichnet sei, und wiederholte die Begründung des Anhörungsschreibens. Eine Änderung des Zulassungsbescheids nach § 29 Abs. 2 AMG bzw. der Zulassungsunterlagen gemäß § 22 AMG werde nicht vorgenommen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das BfArM durch Widerspruchsbescheid vom 16. März 2011 zurück.
6Die Klägerin hat am 8. April 2011 beim Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Die getroffene Feststellung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Grundrechten auf Meinungs- und Berufsfreiheit sowie in ihrem Eigentumsrecht. Im Bereich nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) gebe es bereits zahlreiche Dachmarken vergleichbarer
7Art, bei denen unter einer Hauptbezeichnung verschiedene Wirkstoffe vermarktet würden (z. B. „E. ®" oder „O. ®"). Auf dem deutschen Markt existiere eine sehr große Anzahl Ibuprofen-haltiger Arzneimittel, die entweder Phantasie-Bezeichnungen oder die Wirkstoffbezeichnung trügen. Ein Verstoß gegen § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG sei schon deshalb nicht gegeben, weil kein anderes Arzneimittel mit der vollständig identischen Bezeichnung „B. Naproxen" auf dem Markt sei und deshalb keine Verwechselungsgefahr bestehe. „B. " sei jedenfalls keine überragende Hauptbezeichnung und erzeuge keine Assoziation zu einem bestimmten Wirkstoff. Vielmehr handele es sich um eine Phantasiebezeichnung, der die Fachsprache keinen bestimmten Wortsinn zuordne und die auch umgangssprachlich weder mit dem Bedeutungsgehalt „ibuprofenhaltiges Präparat" aufgeladen noch mit einem bestimmten Wirkkonzept verknüpft sei. Dessen ungeachtet sei das Wirkkonzept ibuprofenhaltiger und naproxenhaltiger Arzneimittel (Blockade der Cyclooxygenase, dadurch Hemmung der Prostaglandinsynthese) nahezu identisch. Überdies sei die nichtssagende Phantasiebezeichnung „B. " mit der konkreten und ungekürzten Bezeichnung des Wirkstoffs „Naproxen" verbunden, dem starke Assoziationskraft zukomme. Auch finde keine „positive Rufausbeutung" statt, weil die Bezeichnung „B. Naproxen" nicht Ibuprofen suggeriere und auch das Wirkkonzept vergleichbar sei. Zudem weiche § 25 Abs. 3 AMG unzulässigerweise in einem vollharmonisierten Bereich von der Richtlinie 2001/83/EG ab, die kein pauschales Verbot gleicher Arzneimittelbezeichnungen kenne. Eine lrreführung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG finde nicht statt. Der Bezeichnungsbestandteil „B. " sei schon von vornherein nicht geeignet, Fehlvorstellungen des Verbrauchers in Bezug auf die Wirkstoffzusammensetzung zu wecken. Der Zusatz „Naproxen" sei gerade zutreffend und schließe eine sprachliche Verwechslung mit anderen B. -Produkten aus.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 zu verpflichten, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 (Zulassungs-Nr. 38459.00.00) von „B1. " in „B. ® Naproxen" zu ändern.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung hat sie ausgeführt: Der Bezeichnungsänderung stehe § 25 Abs. 3 AMG entgegen. Die amtliche Begründung zu § 25 Abs. 3 AMG stelle klar, dass die Norm zur Übersichtlichkeit der im Verkehr befindlichen Arzneimittel beitragen solle, indem sie verhindere, dass Arzneimittel in den Verkehr gebracht würden, die bei gleicher Bezeichnung unterschiedliche Zusammensetzungen aufwiesen. Hieraus sei der Grundsatz ableitbar, dass Arzneimittel unter gleicher Bezeichnung nur zuzulassen seien, wenn ihre Wirkstoffzusammensetzung identisch sei. Dies gelte auch für Bezeichnungen, die aus einer Hauptbezeichnung und einem Zusatz bestünden. Andernfalls liefe die Vorschrift praktisch leer, da schon jeder noch so geringfügige Zusatz zu einer Hauptbezeichnung zur Folge habe, dass keine gleiche Bezeichnung vorläge. § 25 Abs. 3 AMG sei auch europarechtskonform, da sich die Norm auf Art. 1 Abs. 20 und das allgemeine Irreführungsverbot des Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG zurückführen lasse.
13Die gewählte Bezeichnung sei auch irreführend im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Der durchschnittliche Verbraucher vertraue darauf, dass Arzneimittel einer Serie, die unter der gleichen Hauptbezeichnung mit unterschiedlichen Bezeichnungszusätzen in den Verkehr gebracht würden, den gleichen Wirkstoff enthielten. Er verbinde mit der Hauptbezeichnung „B. " zumindest ein Schmerzmittel derselben Qualität und Güte wie die bekannten Arzneimittel der Marke „B. ". Ibuprofen und Naproxen-Natrium seien aber durchaus verschieden. Naproxen zeige zum Bespiel deutlich weniger thrombozytenagglutinierende Eigenschaften als Ibuprofen, was für Patienten mit koronaren Vorerkrankungen oder Risikofaktoren von Bedeutung sei. Naproxen habe demgegenüber einen ausgeprägteren schädigenden Effekt auf den Magen-Darm-Trakt. Unzutreffend sei, dass der Verbraucher mit einer Phantasiebezeichnung wie „B. " gar keine Vorstellung verbinde. Wie bei jedem anderen Arzneimittel gehe er zumindest davon aus, dass auch das Basispräparat „B. " einen bestimmten Wirkstoff enthalte. Mit der Bezeichnungsänderung werde der für „B. " aufgebaute gute Ruf für einen gänzlich anderen Wirkstoff ausgebeutet und eine Kontinuität und Verbindung zu den übrigen B. -Präparaten vorgespiegelt. Die Fehlvorstellung werde auch nicht durch den Zusatz „Naproxen" beseitigt; im Gegenteil werde die falsche Erwartungshaltung hervorgerufen, das Arzneimittel enthalte neben Ibuprofen zusätzlich noch Naproxen. Auch komme es nicht darauf an, ob die Hauptbezeichnung eine überragende Marktpräsenz oder eine bestimmte Berühmtheit besitze. Maßgeblich sei, ob sie die anderen Bezeichnungsbestandteile überrage. Unbeachtlich sei der Umstand, dass sich die Verwaltungspraxis des BfArM in der Vergangenheit möglicherweise anders dargestellt habe. Das BfArM prüfe diese Fälle und werde gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen einleiten.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 9. April 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf seine Entscheidung vom 12. April 2011 - 7 K 4284/09 („Fenistil“) - Bezug genommen und weiter ausgeführt: Die von der Klägerin gewählte Bezeichnung „B. Naproxen" sei mit § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG unvereinbar. Die Hauptbezeichnung „B. " sei eine seit Jahren markteingeführte Arzneimittelbezeichnung, die durchgehend Präparate mit dem Wirkstoff lbuprofen umfasse. Der wirkstoffbezogene Zusatz „Naproxen" trete hinter der Hauptbezeichnung deutlich zurück und präge die Arzneimittelbezeichnung nicht. Auf eine etwaige abweichende Verwaltungspraxis des BfArM in der Vergangenheit, insbesondere bei der Nachzulassung fiktiv zugelassener Alt-Arzneimittel, könne sich die Klägerin nicht berufen, weil sich die hier relevanten Fragen auf der Ebene der Tatbestandsauslegung zwingender Rechtsvorschriften, nicht aber im Bereich der Ermessensausübung stellten. § 25 Abs. 3 AMG sei europarechtskonform, weil es bei Arzneimitteln an einer unionsweiten Harmonisierung des Bezeichnungsrechts im Sinne einer weitgehenden Liberalisierung fehle.
15Die Bezeichnung „B. Naproxen" sei auch mit § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG unvereinbar, weil sie den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher irreführe. Mit der neuen Bezeichnung solle das für die Marke „B. " begründete Markenimage auf ein anderes Produkt übertragen werden. Im Gegensatz zum imagebegründenden „B. " enthalte das „neue" Produkt jedoch einen anderen Wirkstoff. Es könne nicht unterstellt werden, dass sich dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher der Unterschied zwischen Ibuprofen und Naproxen ohne weiteres erschließe. Dies gelte auch mit Blick darauf, dass die übrigen B. -Produkte keinen wirkstoffbezogen Zusatz trügen und Naproxen als Kurzbezeichnung des zugelassenen Wirkstoffs Naproxen-Natrium im Gegensatz zu Ibuprofen nur wenigen Patienten geläufig sein dürfte. Damit könne der Zusatz der Funktion, Verwechselungen vorzubeugen, nicht gerecht werden. Ferner werde mit der Nennung eines Wirkstoffs neben einer Hauptbezeichnung regelmäßig die Vorstellung verbunden, in dem Arzneimittel sei ein zusätzlicher Wirkstoff enthalten. Dass die Präparate nah verwandte Anwendungsgebiete aufwiesen, rechtfertige keine andere Betrachtung. Anders als in früheren Jahrzehnten sei vielen Patienten, auch durch die zur Kostendämpfung geförderten generischen Arzneimittel, ein Denken in Wirkstoffkategorien durchaus nicht fremd. Zwar werde kaum ein Verbraucher wissen, was genau sich hinter Ibuprofen oder Naproxen verberge. Es könne aber unterstellt werden, dass der durchschnittlich informierte Verbraucher, der „B. " einmal angewendet habe, diese Bezeichnung mit dem bekannten Wirkstoff Ibuprofen in Verbindung bringe. Eine klare Trennung beider Wirkstoffe auch auf der Bezeichnungsebene sei umso mehr geboten, als sie hinsichtlich ihres Risikoprofils nicht deckungsgleich seien, wie die Beklagte nachvollziehbar ausgeführt habe.
16Mit der dagegen rechtzeitig eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend: Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass § 25 Abs. 3 AMG auch identische Teilbezeichnungen unabhängig von einer konkreten Verwechslungs- oder Irreführungsgefahr verbiete. Ein solches Verständnis überdehne die Vorschrift und sei gemeinschaftsrechtswidrig, die Sache sei daher dem EuGH vorzulegen. Eine Bezeichnung sei nur dann gleich im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie vollständig übereinstimme. Es fehle auch an einer Irreführung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, die anhand der konkreten Einzelfallumstände zu ermitteln sei. Der Bezeichnungsbestandteil „B. “ führe weder zu Fehlvorstellungen hinsichtlich des Wirkstoffs noch zu Fehlvorstellungen hinsichtlich der Indikation, der therapeutischen Wirkung oder der Nebenwirkungen des Arzneimittels. Der Verbraucher assoziiere mit „B. “ keinen Wirkstoff, sondern den Anwendungsbereich „Schmerzbehandlung“. Anwendungsgebiete und therapeutische Wirksamkeit von Ibuprofen und Naproxen seien gleich oder wenigstens hinreichend ähnlich. Beide seien Propionsäure-Derivate und erzielten ihre therapeutische Wirkung über die Hemmung der Prostaglandinsynthese. Auch das Risikoprofil sei ausweislich der fast wortgleichen, vom BfArM zugelassenen Gebrauchsinformationen bzw. des 2013 herausgebrachten Mustertextes für Naproxen nahezu identisch; insbesondere fänden sich dort keine Hinweise auf signifikante Unterschiede im Bereich der Gerinnung/Thrombozytenagglutination oder auf einen ausgeprägteren schädigenden Effekt von Naproxen auf den Magen-Darm-Trakt. Ein unterschiedliches Risiko für thrombotische und kardiovaskuläre Ereignisse sowie für gastrointestinale Nebenwirkungen sei nach Stellungnahmen der EMA nicht nachweisbar. Dachmarkenkonzepte seien im Bereich der zur Schmerzbehandlung eingesetzten NSAR-Arzneimittel beim Verbraucher zudem allgemein bekannt. Der Verbraucher sei es insoweit auch gewohnt, dass unter einer Dachmarke verschiedene Wirkstoffe zusammengefasst würden. Der Bezeichnungsbestandteil „Naproxen“ habe ausreichende Unterscheidungskraft, um Verwechslungen mit ibuprofenhaltigen Arzneimitteln zu vermeiden. Solche Wirkstoffbezeichnungen als Bestandteil eines Arzneimittelnamens seien dem Verbraucher von den Generika bekannt. Schließlich verkenne das Verwaltungsgericht die Möglichkeit einer Auflage als milderes Mittel gegenüber der Versagung der Bezeichnungsänderung. Der Klägerin hätte – wie ohnehin beabsichtigt – durch Auflage aufgegeben werden können, die Bezeichnungen „B. “, „B. Forte“, „B. Spezial“ und „B. Mobil“ jeweils durch den Zusatz „Ibuprofen“ unmittelbar nach „B. “ zu ergänzen.
17Die Klägerin beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. April 2013 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung trägt sie vor, mit § 25 Abs. 3 AMG sollten Risiken ausgeschlossen werden, die aus der Verwechslung eines Arzneimittels mit einem namensgleichen, aber unterschiedlich zusammengesetzten Arzneimittel entstehen könnten. § 25 Abs. 3 AMG sei deshalb dahingehend auszulegen, dass er eine identische Hauptbezeichnung bei unterschiedlichen Wirkstoffen verbiete. Eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht nur bei vollständig identischer Bezeichnung. Die Bezeichnung sei auch im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG irreführend. Ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher gehe aufgrund der Hauptbezeichnung „B. “ davon aus, dass das Arzneimittel den Wirkstoff Ibuprofen enthalte und hinsichtlich seiner Wirkungen gleich oder zumindest ähnlich zu den übrigen B. -Präparaten sei. Eine vollständige Gleichheit von Ibuprofen und Naproxen sei aber nicht gegeben, weil sie hinsichtlich des Risikopotentials nicht deckungsgleich seien. Für die Nebenwirkung Herzinfarkt bestehe nach dem „Assessment report for Non-Steroidal Anti-Inflammatory Drugs and cardiovascular risk“ vom 18. Dezember 2012 der EMA ein deutlicher Unterschied zwischen Naproxen (0,82) und Ibuprofen (1,61), wobei Werte über 1 die Blutgerinnung förderten. Darüber hinaus seien die unterschiedlichen Dosierungen zu beachten. Wegen der unterschiedlichen Risiko-Profile berge eine Verwechslung der Wirkstoffe aus medizinischer Sicht Risiken. Ein zusätzliches Irreführungspotential liege darin, dass ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher der Arzneimittelbezeichnung „B. Naproxen“ entnehme, dass zusätzlich zum markteingeführten „B. “ ein weiterer Wirkstoff enthalten sei. Kenne der Verbraucher das Produkt „B. “ oder habe er es verwendet, erwarte er, dass es den Wirkstoff Ibuprofen enthalte. Andernfalls bestehe die konkrete Gefahr, dass der Verbraucher davon ausgehe, dass dem in „B. “ üblicherweise enthaltenen Wirkstoff, den er namentlich nicht kenne, der zusätzliche Wirkstoff Naproxen hinzugefügt sei. Eine Auflagenerteilung komme als milderes Mittel nicht in Betracht. Das BfArM sei zu einer Auflage, andere Arzneimittel – ohne vorherige Änderungsanzeige – umzubenennen, nicht ermächtigt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge.
23Entscheidungsgründe
24Die Berufung, über die im Einverständnis der Beteiligten die Berichterstatterin entscheidet (§§ 125 Abs. 1, 87a Abs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet.
25Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Verpflichtungsklage zu Unrecht abgewiesen. Die Ablehnung der Änderung der Arzneimittelbezeichnung in dem Bescheid des BfArM vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Bezeichnung des Arzneimittels in dem Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 von „B1. “ in „B. Naproxen“ geändert wird.
261. Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG ist bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Ein Anspruch des Inhabers der Zulassung auf diese Änderung besteht aber nur, wenn gesetzliche Vorschriften dem nicht entgegenstehen. Denn auch im Verfahren der Änderungsanzeige findet eine Überprüfung durch das BfArM statt. Die Arzneimittelbezeichnung ist wesentlicher Bestandteil der Zulassungsentscheidung. Der geänderte Zulassungsbescheid kann nur dann eine legale Zulassung aussprechen, wenn die Änderung mit den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes übereinstimmt. Dies setzt insbesondere voraus, dass keine Versagungsgründe nach § 25 Abs. 2 und 3 AMG vorliegen. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AMG schließt die Zulassung aus, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften verstößt.
27Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 42, und vom 23. Mai 2007 ‑ 13 A 3657/04 –, juris, Rn. 31; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), Arzneimittelrecht, § 10 Rn. 70; s. auch BVerwG, Beschluss vom 27. März 2008 - 3 B 91/07 -, juris, Rn. 5;
28Hier stehen gesetzliche Vorschriften der Änderung nicht entgegen. Die begehrte Bezeichnung „B. Naproxen“ ist mit § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG (2.) und mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG (3.) vereinbar.
292. Ein Verstoß gegen das Verbot gleicher Bezeichnung liegt nicht vor. Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist die Zulassung für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Diese Anforderungen an Arzneimittelbezeichnungen gelten nach den vorstehenden Erwägungen auch im Rahmen des § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift liegen aber hier nicht vor.
30Die Bezeichnung „B. Naproxen“ wird nicht bereits für ein Arzneimittel mit anderen Wirkstoffen verwandt. Dass unter der gleichen Hauptbezeichnung „B. “, einer sogenannten Dachmarke, Arzneimittel zugelassen sind, rechtfertigt nicht die Annahme der unzulässigen Bezeichnungsgleichheit. Die – den Wirkstoff Ibuprofen enthaltenden – Arzneimittel heißen „B. ", „B. forte", „B. mobil" und „B. spezial".
31Eine gleiche Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist die vollständig wortlautidentische Benennung des Arzneimittels, die als solche wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil der Zulassung ist. Bei zusammengesetzten Bezeichnungen liegt eine gleiche Bezeichnung damit nicht schon dann vor, wenn ‑ wie bei einer Dachmarke eine Identität der Hauptbezeichnung gegeben ist.
32So auch Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25 Rn. 88; Menges/ Winnands, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser (Hrsg.), Arzneimittelrecht, § 10 Rn. 288 ff.; vgl. in diese Richtung bereits OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris.
33Dachmarken sind nach der Definition des Markenverbands,
34vgl. B. 1. des Leitfadens für Dachmarken-Konzepte für Arzneimittel, Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika, Medizinprodukte vom 8. Oktober 2002,
35Kennzeichen, die – ergänzt mit unterschiedlichen Bezeichnungszusätzen – gleichzeitig für unterschiedliche Produkte verwendet werden, die sich entweder in ihrer Zweckbestimmung oder in ihrer Zusammensetzung nach Art der Bestandteile voneinander unterscheiden.
36a. Dass die Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 AMG die vollständige Bezeichnung eines Arzneimittels ist, folgt schon aus dem Wortlaut des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG, der nicht zwischen Hauptbezeichnung und ergänzenden Bezeichnungsbestandteilen differenziert. Der Gesetzgeber verwendet zudem einen Begriff, den er zwar in keiner zentralen Norm definiert, aber an zahlreichen Stellen des Arzneimittelgesetzes gebraucht. Die „Bezeichnung“ des Arzneimittels auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG), in der Packungsbeilage (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) AMG) und im Zulassungsantrag (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 AMG) meint selbstverständlich die vollständige Bezeichnung, die Gegenstand der Zulassung ist. Dieses Begriffsverständnis gilt – auch nach Auffassung der Beklagten – ebenso für die Frage, ob im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG eine irreführende Bezeichnung vorliegt. Nach der Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes und des Paul-Ehrlich-Institutes über Hinweise und Empfehlungen zur Vermeidung von irreführenden Arzneimittelbezeichnungen vom 9./22. August 1991 (BAnz., S. 6971) ist die Arzneimittelbezeichnung die vollständige Bezeichnung eines Arzneimittels, die die Hauptbezeichnung sowie ggf. einen Bezeichnungszusatz enthält (Definition 2.1).Weiter heißt es dort, dass die Hauptbezeichnung bei verschiedenen Arzneimitteln einer Arzneimittelserie stets gleich sei (2.2) und mit dem Bezeichnungszusatz ein Unterschied zu anderen Arzneimitteln mit gleicher Hauptbezeichnung deutlich gemacht werden könne (2.3). Dieses Verständnis liegt auch der Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln vom 20. März 2013 zugrunde. Danach ist die Bezeichnung der Name des Arzneimittels, der als Phantasiebezeichnung aus einem oder mehreren Wörtern (z.B. Bezeichnungszusätzen) bestehen kann (Ziffern I., II.2 und II.2.2). Dieses zwar nicht bindende, aber überzeugende Verständnis der Bezeichnung als vollständiger Bezeichnung steht auch im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben. Die „Bezeichnung“ im nationalen Recht entspricht dem „Namen“ des Arzneimittels im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG (in der durch die Richtlinie 2004/27/EG geänderten Fassung).
37So auch Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 87; Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 20. März 2013, Ziffer I.
38Nach der Definition in Art. 1 Nr. 20 der Richtlinie 2001/83/EG ist Name des Arzneimittels der Name, der entweder ein nicht zu Verwechslungen mit dem gebräuchlichen Namen führender Phantasiename oder ein gebräuchlicher oder wissenschaftlicher Name in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen sein kann. Dieser Name ist – entsprechend dem nationalen Recht – im Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen zu nennen (Art. 8 Abs. 3 lit. b) und auf der äußeren Umhüllung bzw. Primärverpackung (Art. 54) sowie in der Packungsbeilage (Art. 59) anzugeben. Der Name ist danach auch im Unionsrecht der vollständige Name eines Arzneimittels.
39Dass im Rahmen des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG der Begriff abweichend von den vorstehenden Ausführungen, insbesondere anders als im Rahmen des allgemeinen Irreführungsverbots des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG zu verstehen wäre, ist nicht ersichtlich. Es lässt sich auch nicht mit dem entstehungsgeschichtlich belegten Sinn und Zweck der Vorschrift begründen. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG soll sicherstellen, dass der Verbraucher namensgleiche, aber unterschiedlich zusammengesetzte Arzneimittel nicht verwechselt, und damit die Arzneimittelsicherheit gewährleisten.
40Vgl. Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 86; Menges/Winnands, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), a. a. O. § 10 Rn. 284; Rehmann, Arzneimittelgesetz, 2. Auflage 2003, § 25 Rn. 14; Sander, Arzneimittelrecht, Erl. § 25 AMG, Anm. 12.
41Nach der Gesetzesbegründung soll § 25 Abs. 3 AMG zur Übersichtlichkeit über die im Verkehr befindlichen Arzneimittel beitragen, indem er verhindert, dass ein pharmazeutischer Unternehmer Arzneimittel in den Verkehr bringt, die die gleiche Bezeichnung haben, die jedoch eine unterschiedliche Zusammensetzung aufweisen (BT-Drs. 7/3060, S. 50). Ärzte, Apotheker und Verbraucher erwarteten unter einheitlicher Bezeichnung Arzneimittel, die aus den gleichen Wirkstoffen zusammengesetzt seien. Dem sei im Interesse der Arzneimittelsicherheit Rechnung zu tragen (BR-Drs. 596/85, S. 56 = BT-Drs. 10/5112, S. 18).
42Dieser Zweck des § 25 Abs. 3 AMG erfordert aber nicht die von der Beklagten befürwortete extensive Auslegung der Vorschrift. Verwechslungsgefahren, die sich aus der Teilidentität oder auch aus großer Ähnlichkeit von Bezeichnungen ergeben, sind bei der hier vertretenen Auslegung nicht hinzunehmen, sondern im Rahmen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG aufgrund der konkreten Einzelfallumstände zu prüfen und ggf. zu verhindern.
43b. Schließlich folgt aus der Verwendung des Begriffs „gleiche“ statt „dieselbe“ Bezeichnung nichts anderes. Gemeint ist eine – vollständige – Identität der Bezeichnungen.
44Vgl. Kügel, Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 88; Rehmann, a. a. O., § 25 Rn. 14.
45Der Gesetzgeber verwendet auch an anderer Stelle im Arzneimittelgesetz den Begriff „gleich“ und meint eine vollständige Übereinstimmung. So ist unstreitig, dass die Zulassung eines Generikums nach § 24b AMG die gänzlich identische Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art und Menge und dieselbe Darreichungsform voraussetzt, auch wenn der Gesetzgeber in § 24 b Abs. 2 Satz 1 AMG das Wort „gleiche“ benutzt. Ob ähnliche, d.h. sich gleichende oder teilidentische Bezeichnungen zulässig sind oder eine Verwechslungsgefahr bedeuten, beurteilt sich nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG aufgrund einer Prüfung im Einzelfall. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist – in der Art eines abstrakten Gefährdungstatbestands – eine Konkretisierung dieses Irreführungsgebots,
46vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 2007 - 13 A 3657/04 -, juris, Rn. 33.
47was im Übrigen ein weiteres Argument für ein gleichlaufendes Verständnis des Begriffs Bezeichnung in beiden Vorschriften und für die Verlagerung der Prüfung der konkreten Irreführungsgefahr in § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG ist.
48c. Liegen danach mangels vollständiger Bezeichnungsidentität die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG nicht vor, kann offenbleiben, ob Unionsrecht der Anwendung dieser Vorschrift entgegensteht, weil dort kein entsprechender Versagungstatbestand existiert. Allerdings lässt sich der Richtlinie 2001/83/EG, insbesondere Art. 1 Nr. 20, Art. 59 Abs. 1 Satz 1 a) i), Art. 62 Halbsatz 2 sowie Art. 87 Abs. 3, das Verbot von irreführenden Bezeichnungen entnehmen.
49Vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 ‑ 13 A 3657/04 –, juris, Rn. 35, und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 81; zur weiteren Anwendbarkeit nationaler Rechtsvorschriften auf bestimmte rein nationale Zulassungen siehe auch Art. 24a der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 (in der Fassung der Änderung vom 3. August 2012) i.V.m. Art. 23b Abs. 4 der Richtlinie 2001/83/EG.
503. Die Bezeichnung „B. Naproxen“ ist auch mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG vereinbar. Diese Vorschrift verbietet es, Arzneimittel herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die mit einer irreführenden Bezeichnung versehen sind. Daran fehlt es hier.
51a. Eine irreführende Bezeichnung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die Bezeichnung bei einem nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise unzutreffende Erwartungen, insbesondere über die Art, Qualität, therapeutische Wirksamkeit, Unbedenklichkeit oder sonstige wesentliche Merkmale des Arzneimittels, weckt. Angesichts der Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und der mit falschen Erwartungen an Arzneimittel verbundenen Gesundheitsrisiken sind an die Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit der Bezeichnung von Arzneimitteln erhöhte Anforderungen zu stellen (sog. Strengeprinzip).
52Vgl. OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 – 13 A 3657/04 -, juris, Rn. 36, vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 –, juris, Rn. 42 ff., und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, A & R 2013, 202 = juris, Rn. 46; BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 – I ZR 62/11 –, juris, Rn. 15.
53Die Bezeichnung eines Arzneimittels ist nicht nur für fachlich informierte Per-sonengruppen wie Ärzte, Apotheker sowie Behörden von Bedeutung. Sie ist in besonderem Maße für die Information der Verbraucher der Arzneimittel wichtig, die typischerweise nicht über qualifizierte medizinische Kenntnisse verfügen. Bei – wie hier – rezeptfrei in Apotheken zur Selbstmedikation angebotenen Arzneimitteln sind weder Apotheker noch Käufer verpflichtet, ein Gespräch über die Eigenschaften und Wirkungen des Arzneimittels zu führen. Eine entsprechende Beratungsmöglichkeit wird häufig nicht in Anspruch genommen, so dass mögliche bezeichnungsbedingte Fehlvorstellungen der Verbraucher durch die Beratungsmöglichkeit nicht sicher bzw. nicht hinreichend wahrscheinlich ausgeschlossen werden können.
54Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 49 f., und vom 12. August 2009 – 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 47 ff.
55Bei der Ermittlung der durch die Bezeichnung des Arzneimittels ausgelösten Vorstellungen des Verbrauchers ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen. Dieser geht zu Recht davon aus, dass das Gesundheitswesen einschließlich der Arzneimittelwirtschaft staatlicherseits reguliert und überwacht wird. Er vertraut typischerweise darauf, dass die zugelassene Bezeichnung so eindeutig ist, dass sie keine Fehlvorstellungen bzw. Missverständnisse über das Arzneimittel auslöst.
56Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 55 ff., und vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 52.
57Zur Ermittlung der Verbrauchervorstellungen ist keine Marktforschung erforderlich. Der Senat kann aufgrund eigener Sachkunde feststellen, wie die Bezeichnung durch einen nicht ganz unerheblichen Teil des Verkehrskreises verstanden wird, da seine Mitglieder selbst zu den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchern zählen.
58Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 –, juris, Rn. 57, und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 62, 68; BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01 –, GRUR 2004, 244 = juris, Rn. 18 bis 20.
59b. Gemessen an diesen Maßstäben ist bei einer Gesamtbetrachtung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die Bezeichnung „B. Naproxen“ nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG irreführend.
60aa. Dabei ist zunächst die Hauptbezeichnung „B. “ in den Blick zu nehmen. Der Verbraucher misst bei Namen von Waren, die sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzen, dem – typischerweise vorangestellten – Hauptbestandteil regelmäßig besondere Bedeutung für die Art bzw. Qualität der jeweiligen Ware zu. Im Rahmen einer zusammengesetzten Bezeichnung sind die sprachliche Bedeutung und die entsprechende Wahrnehmbarkeit des Hauptbestandteils regelmäßig so herausgehoben, dass ein erheblicher Teil der Verbraucher mit diesem Bestandteil nicht allein eine produktunabhängige Werbeaussage, sondern eine produktbezogene Inhaltsangabe verbindet. Dies wird durch die gezielte Verwendung der Dachmarken als Marketing-Instrument belegt und gilt auch für die Bezeichnung von Arzneimitteln, die neben anderen Produkten Gegenstand des Leitfadens für Dachmarken-Konzepte des Markenverbands sind. Bei einer Dachmarke, die seit mehreren Jahren für bestimmte Arzneimittel genutzt wird, besteht deshalb grundsätzlich die Gefahr, dass Verbraucher, die ein Präparat dieser Marke kennen, ein dieselbe Hauptbezeichnung führendes (neues) Arzneimittel hinsichtlich seines Anwendungsgebiets und seiner therapeutischen Wirksamkeit als gleich oder zumindest als ähnlich wahrnehmen. Diese Assoziation bereits bekannter (Wirk‑)Qualitäten ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch einer der zentralen Gründe, Dachmarken zu verwenden.
61Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 55 ff.
62Dies gilt grundsätzlich auch hier. Der Verbraucher wird dem Bezeichnungsbestandteil „B. “ besondere Bedeutung zumessen. Der wirkstoffbezogene Zusatz „Naproxen" tritt dahinter zurück. Das entspricht der (Marketing-)Strategie der Klägerin, die Dachmarke „B. " in den Vordergrund zu stellen und auf deren Wahrnehmung durch den Verbraucher zu setzen.
63Vgl. auch den Internetauftritt www.B. .de.
64Wie bekannt diese Dachmarke ist, ist hierfür ebenso unerheblich wie der Umstand, dass „B. “ ein Phantasiename ist, während der Zusatz „Naproxen“ einen Wirkstoff bezeichnet.
65Gleichwohl führt die Verwendung der Dachmarke „B. “ nicht zu erheblichen Fehlvorstellungen. Die Nutzung einer eingeführten Dachmarke für ein wirkstoffverschiedenes Arzneimittel ist zwar im Regelfall irreführend.
66Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, a. a. O. ; Kloesel/Cyran, § 8 Anm. 22; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, § 10 Rn. 78; Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 2013, Ziff. II 2.2.1 („zu vermeiden“); a. A. Schraitle, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser, § 6 Rn. 76; European Medicines Agency (EMA), QRD recommendations on pack design and labelling for centrally authorised non-prescription human medicinal products, Draft, März 2011, Ziff. 4.1.2.
67Insbesondere lässt sich aus § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG, wonach in bestimmten Fällen ein (Alt-)Arzneimittel auch nach Änderung der Zusammensetzung mit gleicher Bezeichnung in den Verkehr gebracht werden darf, nichts Gegenteiliges schließen.
68Hier ist die Verwendung der Dachmarke aufgrund der besonderen Einzelfallumstände weder unter dem Gesichtspunkt der Verwechslung noch unter dem Aspekt der Herstellung einer gedanklichen Verbindung irreführend. Sie weckt auch unter Berücksichtigung strenger Anforderungen an Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit der Bezeichnung keine unzutreffenden Verbrauchererwartungen.
69Ob die Verwendung einer Dachmarke bei unterschiedlich zusammengesetzten Arzneimitteln zulässig ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Unterschiede der Arzneimittel und der Gefahren, die bei einer etwaigen Verwechslung bestehen.
70Vgl. auch Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 20. März 2013, S. 6 f. (Ziff. 2.2.1); EMA, Committe for human medicinal products (CHMP), Guideline on the acceptability of names for human medicinal products processed through the centralised procedure, 11. Dezember 2007, Ziff. 1. und 2.1.1.
71Sollte ein nicht ganz unerheblicher Teil der Verbraucher annehmen, das streitgegenständliche Arzneimittel diene wie die übrigen „B. “-Präparate der Behandlung von Schmerzen und Fieber und entfalte die gleichen therapeutischen Wirkungen, trifft dies – anders als etwa im Fall „Fenistil“ (Senatsurteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -) – zu. Das streitgegenständliche Arzneimittel enthält zwar den Wirkstoff Naproxen, während die markteingeführten „B. “-Produkte Ibuprofen enthalten. Die Anwendungsgebiete stimmen aber überein. Beide sind zugelassen zur Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen und Fieber. Zudem sind die Wirkstoffe Ibuprofen und Naproxen der gleichen Wirkstoffgruppe zuzuordnen und der Wirkmechanismus ist identisch. Beide sind nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)/ nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAP bzw. NSAID), die schmerzlindernd, fiebersenkend und entzündungshemmend wirken. Naproxen gehört wie Ibuprofen der Wirkstoffklasse der nichtselektiven NSAR an (sogenannte COX-1/2-Hemmer). Ibuprofen und das später entdeckte und zugelassene Naproxen sind Arylpropionsäurederivate und wirken in gleicher Weise, indem sie das Enzym Cyclooxygenase (COX) blockieren und dadurch die Synthese der Prostaglandine, der für die Vermittlung von Schmerzempfindung verantwortlichen Botenstoffe, hemmen.
72Vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, „Antiphlogistika, nichtsteroidale“; www.wikipedia.de zu „nichtsteroidales Antirheumatikum“, „Ibuprofen“ und zu „Naproxen“.
73Schließlich weist auch das Nebenwirkungsprofil keine erheblichen Unterschiede auf. Die Nebenwirkungshinweise und Gegenanzeigen in den Gebrauchsinformationen, auch die zuletzt vorgelegten aktuellen Fassungen (Gebrauchsinformation „B. “ aus März /August 2011) bzw. diesbezüglichen Mustertexte (zu Naproxen vom 20. November 2013), unterscheiden sich nur geringfügig, was sich mit der Zugehörigkeit der Wirkstoffe zur gleichen Wirkstoffklasse und der identischen Wirkweise erklären lässt. Aus vereinzelten Unterschieden in den Häufigkeiten bestimmter Nebenwirkungen lässt sich ebenfalls nicht auf ein unterschiedliches Nebenwirkungsprofil schließen, da hier statistische Fragen eine Rolle spielen und mal das eine, mal das andere Arzneimittel eine abweichende Häufigkeit verzeichnet. Soweit das BfArM höhere gastrointestinale Risiken von Naproxen betont, hat dies in den Nebenwirkungshinweisen keinen Niederschlag gefunden. Bestehen aber keine derartigen Unterschiede, dass es unterschiedlicher Hinweise bedürfte, sind die Unterschiede nicht als relevant einzuordnen.
74Darüber hinaus hat die – für die Irreführungsgefahr darlegungs- und beweispflichtige – Beklagte auch nicht aufgrund anderer Erkenntnisse nachvollziehbar dargelegt, dass gleichwohl ein unterschiedliches Risikoprofil besteht. Zwar stützen bestimmte Studien und Datensammlungen ihre Auffassung, dass Naproxen geringere kardiovaskuläre und Thrombose-Risiken birgt und deshalb für Patienten mit koronaren Vorerkrankungen oder Risikofaktoren vorteilhafter ist.
75Vgl. Trelle et al., Cardiovascular safety of non-steroidal anti-inflammatory drugs: network meta-analysis, BMJ 2011, 342:7086, S. 6, 10; EMA, Public CHMP assessment report for medicinal products containing non-selective non steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs), 7. November 2006, S. 18, 20; EMA, Assessment report for Non Steroidal Anti-Inflammatory Drugs (NSAIDs) and cardio-vascular risk, 18. Oktober 2012, S. 10, 24, 26.
76Abgesehen davon, dass ein geringeres Risiko wohl nur bei deutlich höherer Dosierung und längerer Anwendungsdauer als hier im OTC-Bereich besteht, kann dieser Umstand der Klägerin nicht entgegengehalten werden. Eine Verwechslung erwiese sich insoweit als vorteilhaft, so dass ein Schutzbedürfnis der Verbraucher nicht besteht. Die Behauptung der Beklagten, Naproxen habe gegenüber Ibuprofen einen ausgeprägteren schädigenden Effekt auf den Magen-Darm-Trakt, ist demgegenüber nicht wissenschaftlich belegt. Das BfArM führt hierfür nur die Ergebnisse einer Studie aus 1994 zu den Risiken von blutenden Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren an (Langman M et al., Lancet 1994, 343:1075). Die Studie selbst liegt nicht vor. Demgegenüber besteht nach der neueren Studie von Lewis et a. („Risk of serious upper gastrointestinal toxicity with over-the-counter nonaspirin nonsteroidal anti-inflammatory drugs“, Gastroenterology 2005, 129:1865) kein signifikanter Unterschied für das Risiko „gastrointestinale Toxizität“ zwischen Naproxen und Ibuprofen. Diese Schlussfolgerung teilte auch der Sachverständigenausschuss des BfArM zur Verschreibungspflicht (69. Sitzung am 26. Juni 2012). Nach einer Studie von Singh G (Am J Ther 2000, 7: 115) liegt das relevante Risiko von Ibuprofen bei 3,5, das von Naproxen bei 3,42 bei einem Wert von 3,92 für alle NSAIDs. Die EMA geht nach dem „Public CHMP assessment report for medicinal products containing non-selective non steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs)” vom 7. November 2006 (Seite 5) davon aus, die verfügbaren Daten erlaubten keine präzise Quantifizierung der Risiken ernster gastrointestinaler Nebenwirkungen bei verschiedenen NSAIDs; es bestünden Anhaltspunkte für eine Dosisabhängigkeit. Es sei nicht möglich, sichere Schlussfolgerungen zu den relativen Risiken für gastrointestinale Nebenwirkungen der einzelnen Produkte zu ziehen. Zwar gebe es Hinweise für ein geringfügig höheres Risiko für gastrointestinale Nebenwirkungen bei Naproxen, die Erkenntnisse für entsprechende Schlussfolgerungen seien aber nur schwach. Bei Ibuprofen könnten die günstigeren Annahmen auf der Verwendung niedriger Dosen und kurzzeitigen Anwendungen beruhen. Ein unterschiedliches Risikoprofil lässt sich damit nicht belegen.
77Hier maßgebliche Unterschiede kann die Beklagte auch nicht daraus herleiten, dass für die Arzneimittel unterschiedliche Altersgrenzen (Kinder ab 6 Jahren bei „B. “ und „B. Forte“, ab 12 Jahren beim streitgegenständlichen Arzneimittel) und abweichende Dosierungsangaben gelten. Der aufgeklärte, durchschnittlich informierte Verbraucher geht nicht bei Arzneimitteln mit gleicher Hauptbezeichnung davon aus, dass sie auch in Wirkstoffmenge, Dosierung und Gegenanzeigen für die Anwendung bei Kindern identisch sind. Dass auch das BfArM dies bisher so gesehen hat, zeigt unter anderem die Zulassung der bisherigen B. -Produkte unter gleicher Hauptbezeichnung, die in Bezug auf diese Gesichtspunkte ebenfalls Unterschiede aufweisen. So ist „B. Spezial“ im Unterschied zu den beiden anderen „B. “-Produkten ebenfalls erst für Kinder ab 12 Jahren zugelassen. Wie die Klägerin im Klageverfahren näher dargelegt hat, ergibt sich hier die Anwendungsbeschränkung aus der Wirkstoffmenge und lässt daher insbesondere keinen Schluss auf ein anderes Risikoprofil des Wirkstoffs zu. Hinzu kommt, dass das hier streitgegenständliche Produkt vielfach bei akuten Zuständen, d.h. nicht nur von chronisch Kranken genutzt wird. Der Verbraucher wird sich auch vor der Einnahme eines schon bekannten Arzneimittels über die Dosierung und die Anwendbarkeit bei Kindern informieren, zumal sich hier aufgrund neuerer Erkenntnisse auch Änderungen ergeben können.
78Eine Irreführung könnte danach lediglich über das Vorhandensein des Wirkstoffs Ibuprofen bzw. dahingehend bestehen, dass es sich um das (wirkstoff-)gleiche Präparat handele. Der Wirkstoff ist ein wesentliches Merkmal eines Arzneimittels. Eine diesbezügliche Fehlvorstellung setzte aber voraus, dass der Durchschnittsverbraucher bzw. ein nicht unerheblicher Teil der aufgeklärten Verbraucher mit dem Phantasienamen „B. “ einen bestimmten Wirkstoff verbindet bzw. den „Wirkstoff hinter B. “ nunmehr bei jedem Produkt der Serie erwartet. Davon ist hier nicht auszugehen. Es ist schon zweifelhaft, ob der Verbraucher regelmäßig mit einem Arzneimittelnamen einen bestimmten Wirkstoff verbindet. Typischerweise wird der aufgeklärte, durchschnittlich informierte Verbraucher mit der Bezeichnung nur das Anwendungsgebiet und gegebenenfalls noch einen bestimmten Wirkmechanismus verbinden. Hier kommt hinzu, dass zahlreiche Produkte mit dem Wirkstoff Ibuprofen im Verkehr sind, diesen teilweise auch im Namen tragen, und „B. “ deshalb nicht aufgrund seiner Alleinstellung mit Ibuprofen assoziiert wird.
79Ferner ist für die Ermittlung der (Fehl‑)Vorstellung eines nicht unerheblichen Teils der aufgeklärten Verbraucher von Bedeutung, dass nicht von einer besonderen Bekanntheit der Dachmarke auszugehen ist. Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass eine Irreführung nicht nur bei berühmten Namen in Betracht kommt. Unter anderem vom Bekanntheitsgrad hängt aber ab, ob bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher eine Verwechslungsgefahr besteht.
80Vgl. dazu EuGH, Urteil vom 11. November 1997 ‑ Rs. C-251/95 (Puma) -, Rn. 22.
81Je weniger bekannt ein Produkt bzw. eine Marke ist, desto geringer ist die Irreführungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Verwechslung. Die von der Klägerin hier mitgeteilten Verkaufszahlen und Marktanteile lassen auf einen geringen Bekanntheitsgrad schließen. „B. “ hatte im Jahr 2013 bei 429.500 verkauften Packungen einen Marktanteil bei den ibuprofenhaltigen Analgetika von 0,9 Prozent (2009: 1,9 % ,2010: 1,6 %, 2011: 1,3 %, 2012: 1,1 %). Demgegenüber hatte etwa E. einen Marktanteil von zuletzt 15 % (2009: 24,8 %), J. -ratiopharm einen Marktanteil von 11,7 % (2009: 15,2 %). Nimmt man die apothekenpflichtigen Analgetika insgesamt in den Blick, betrug der Marktanteil 2013 lediglich 0,3 Prozent (2009: und 2010: jeweils 0,4 %, 2011 und 2012: jeweils 0,3 %). Angesichts dessen ist die Gruppe derjenigen, die „B. “ kennen, nicht als hinreichend bedeutender Teil der angesprochenen Verkehrskreise einzuordnen. Abgesehen davon ist nicht davon auszugehen, dass diese Gruppe „B. “ mit dem Wirkstoff Ibuprofen in Verbindung mit.
82Auf die Verbrauchervorstellung wirkt sich weiterhin aus, dass gerade im Bereich der Schmerzbehandlung mit nichtsteroidalen Antiphlogistika seit vielen Jahren zahlreiche Dachmarken mit verschiedenen Wirkstoffen auf dem Markt sind, insbesondere seit den 1990er Jahren „E. “ (Ibuprofen, Ketoprofen, Naproxen), das einen um ein Vielfaches höheren Marktanteil hat als „B. “, ferner O. , U. und U1. . Dies verschafft der Klägerin zwar, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Das Argument der Beklagten, die Irreführungsgefahr könne nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass irreführende Produkte auf dem Markt seien, greift aber nicht durch. Die hier maßgeblichen Vorstellungen und Erwartungen des Verbrauchers in Bezug auf die streitgegenständliche Bezeichnung werden auch durch die tatsächlichen Verhältnisse in dem Marktsegment geprägt. Da das BfArM in der Vergangenheit Dachmarken für verschiedene Wirkstoffe im Bereich der Schmerzmedikation zugelassen hat, und dies auch bei bekannten Marken mit hohem Marktanteil, erwartet der Verbraucher jedenfalls in diesem Bereich unter einer Dachmarke nicht stets Arzneimittel mit einer identischen Zusammensetzung.
83Vgl. auch Sander, PharmR 2013, 359 (360).
84Die Annahme des Verwaltungsgerichts, Verbraucher nutzten zunehmend Generika und ihnen sei ein Denken in Wirkstoffkategorien nicht fremd, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Daraus lässt sich nur auf eine Vertrautheit mit (wirkstoffgleichen) preiswerteren Alternativprodukten, nicht aber darauf schließen, dass Verbraucher umgekehrt bei Arzneimitteln einer Serie bzw. Dachmarke denselben Wirkstoff erwarten. Es erscheint schon zweifelhaft, ob der Verbraucher sich Kenntnis vom Wirkstoff verschafft. Nahe liegender dürfte sein, dass ihn nur interessiert, ob er mit dem Generikum „das Gleiche“ erhält wie vom Arzt verschrieben oder bisher von ihm verwendet. Geht man aber davon aus, der aufgeklärte Verbraucher informiere sich über den Wirkstoff von Arzneimitteln, muss dies gerade auch für das streitgegenständliche Arzneimittel gelten, zumal diesem eine Wirkstoffbezeichnung hinzugefügt ist.
85bb. Durch den Zusatz „Naproxen“ zur Hauptbezeichnung „B. “ ist eine hinreichende Unterscheidung zu den anderen Arzneimittelbezeichnungen der Dachmarke gewährleistet. Zwar hat der Senat im „Fenistil“-Urteil angenommen, ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher gehe bei einer bekannten Dachmarke davon aus, dem in den markteingeführten Produkten enthaltenen Wirkstoff sei ein weiterer Wirkstoff hinzugefügt.
86Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 65 f.
87Hier liegt der Fall aber anders. Aus den vorstehenden Gründen wird kein hinreichender Teil der angesprochenen Verkehrskreise „B. “ mit dem Wirkstoff Ibuprofen und „B. Naproxen“ mit den markteingeführten „B. “-Produkten verbinden. Er wird deshalb auch nicht annehmen, „B. Naproxen“ sei „B. “ (= Ibuprofen) plus Naproxen. Eine Verbrauchererwartung, dass Arzneimittel, deren mehrteiliger Name eine Wirkstoffbezeichnung beinhaltet, stets zwei Wirkstoffe (den „hinter B. “ sowie „Naproxen“) enthalten, besteht nicht. Abgesehen davon wird der aufgeklärte Verbraucher, der die markteingeführten „B. “-Produkte kennt, angesichts der Existenz von zahlreichen (bekannteren) Dachmarken im Bereich der Schmerzmedikamente mit unterschiedlichen Wirkstoffen besondere Sorgfalt an den Tag legen, sollte es ihm auf „B. “ mit einem bestimmten Wirkstoff ankommen.
88Im Übrigen strebt die Klägerin die Umbenennung ihrer markteingeführten B. -Produkte dahingehend an, dass dort – analog zum Zusatz „Naproxen“ beim streitgegenständlichen Arzneimitteln – jeweils der Zusatz „Ibuprofen“ ergänzt wird. Sie hat in der Berufungsverhandlung erklärt, mit Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Produkts unter der neuen Bezeichnung die alten Produkte nur noch mit einer geänderten, um „Ibuprofen“ ergänzten Bezeichnung in den Verkehr bringen zu wollen. Enthalten aber alle Produkte der Dachmarke „B. “ den entsprechenden Wirkstoffzusatz in der Bezeichnung, wird – den hier allein bestehenden – Irreführungs- und Verwechslungsgefahren in Bezug auf den Wirkstoff hinreichend vorgebeugt.
89So auch Schraitle, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), a. a. O., § 6 Rn. 76.
90Der Verbraucher wird dann bei gleicher Hauptbezeichnung keine Wirkstoffidentität erwarten. Dies hat auch das BfArM in der Berufungsverhandlung eingeräumt. Dass dann für eine Übergangszeit noch Arzneimittel mit der bisherigen Bezeichnung im Verkehr sind, ist angesichts der übrigen hier angeführten Umstände hinnehmbar. Anders als in den von § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG und Ziffer 2.2.2 der Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts vom 20. März 2013 erfassten Fällen der Übertragung bzw. Weiterverwendung einer Bezeichnung für ein anderes Arzneimittel mit einem anderen Wirkstoff, für die eine Wartezeit von fünf Jahren vorgesehen ist, unterscheiden sich die markteingeführten „B. “-Produkte und „B. Naproxen“ durch den Wirkstoffzusatz.
91cc. Selbst wenn man aber annähme, ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher assoziiere mit „B. “ die markteingeführten Produkte, gehe also aufgrund der Hauptbezeichnung davon aus, „B. Naproxen“ enthalte den gleichen Wirkstoff, ergänzt um Naproxen, rechtfertigte diese Fehlvorstellung bei verfassungskonformer Auslegung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG nicht die Ablehnung der Bezeichnungsänderung.
92§ 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG dient der Arzneimittelsicherheit, dem in § 1 AMG verankerten zentralen Ziel des Arzneimittelgesetzes, und, das zeigen die Regelbeispiele in 3 8 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis c) AMG, dem Schutz des Verbrauchers vor Täuschungen über die Wirksamkeit und Qualität von Arzneimitteln. Die Bestimmung beschränkt die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Unternehmers, die auch eine Wahlfreiheit bei Bezeichnungen und Marketingstrategien einschließt. Die Beschränkung ist in ihrer abstrakt-generellen Form zum Schutz vor gesundheitlichen Gefahren gerechtfertigt.
93Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 71 ff., und vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 29; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, § 10 Rn. 76; Nickel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O. § 8 Rn. 18.
94Aus der hohen Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit resultiert ein besonderes Schutzbedürfnis des Verbrauchers. Werbemaßnahmen für die Gesundheit gelten als besonders wirksam. Mit irreführenden Angaben können Gefahren für die Gesundheit des Einzelnen sowie der Bevölkerung insgesamt verbunden sein. Einschränkungen der grundrechtlich geschützten Individualinteressen des pharmazeutischen Unternehmers an der freien Wahl der Arzneimittelbezeichnung sind aber im Einzelfall nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigt, wenn eine Bezeichnungsänderung nicht die Gefahr irrtümlicher Arzneimittelanwendungen birgt. So liegt der Fall hier. Nach den obigen Ausführungen ist nicht davon auszugehen, dass die Verwechslung der Arzneimittel – unterstellt, es käme überhaupt dazu – Gesundheitsgefahren begründet, da sie bei gleicher Indikation in gleicher Weise wirken und das Nebenwirkungsprofil sich nicht unterscheidet.
95Hiervon ausgehend steht § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG nicht per se dem unternehmerischen Bemühen entgegen, das positive Image einer Marke auf weitere Arzneimittel zu transferieren bzw. eine solche Dachmarke auf- und auszubauen. Eine Beschränkung der Bezeichnungsfreiheit ist hier auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Eigenschaften von „B. Naproxen“ falsch oder übertrieben dargestellt würden (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis c) AMG) und die Klägerin zu Unrecht die Wertschätzung der Marke „B. “ ausnutzen wollte. Die von der Beklagte angeführte Annahme, der Verbraucher verbinde mit „B. “ die Vorstellung einer Arzneimittelwirkung dergestalt, dass es sich um ein der Behandlung von Schmerzen dienendes Arzneimittel derselben Qualität und Güte wie die ihm bekannten markteingeführten Arzneimittel handele, ist aus den oben ausgeführten Gründen nicht falsch. Wird dem streitgegenständlichen Arzneimittel zutreffend eine therapeutische Wirksamkeit „wie bei B. “ beigemessen, findet damit keine Ruf-Ausbeutung statt, zumal „B. Naproxen“ kein neues Arzneimitteil, sondern ein seit 1998 zugelassenes und nur unter einer anderen Bezeichnung vertriebenes Produkt ist.
96Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
97Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.
98Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.
(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die
- 1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder - 1a.
(weggefallen) - 2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn - a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben, - b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, - c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.
(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.
(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.
Tenor
Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 09.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2012 verpflichtet, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 25.07.2006 (Zulassungsnummer 00000.00.00) in „Q. Schmerz-Creme“ zu ändern.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
Das Urteil ist für die Klägerin hinsichtlich der Kosten gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagte ist es insoweit vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Mit Bescheid vom 25.07.2006 erteilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) der Firma T1. GmbH/G. die Zulassung für das Fertigarzneimittel „Q1. -S. “ (Zulassungs-Nr. 00000.00.00) in der Darreichungsform „Creme“ und den Wirkstoffen Pfefferminzöl (0,625 g/10g Creme), Eucalyptusöl (0,625 g/10 g Creme) und Rosmarinöl (0,4 g/10 g Creme). Die Anwendungsgebiete des apothekenpflichtigen Präparats wurden wie folgt beschrieben: „In äußerlicher Anwendung zur unterstützenden Behandlung rheumatischer Beschwerden und Muskelschmerzen“.
3Am 23.04.2009 wurde dem BfArM neben der Änderung der Zulassungsinhaberin die der Bezeichnung des Arzneimittels in „U. -T. “ angezeigt. Der Antrag auf Verlängerung der Zulassung datiert vom 20.01.2011. Am 06.07.2011 erfolgte die Anzeige der Klägerin als Zulassungsinhaberin. Diese zeigte ihrerseits am 27.07.2011 die Änderung der Arzneimittelbezeichnung in „Q2. ® Schmerz-Salbe“ an. Mit Schreiben vom 07.10.2011 reagierte die Klägerin auf Bedenken des BfArM hinsichtlich der Unterscheidungskraft der Bezeichnung und begehrte nunmehr den Namen „Q. Schmerz-Salbe“. Die Bezeichnung erfülle alle Anforderungen des Art. 1 Nr. 20 des Richtlinie 2001/83/EG. Eine Verwechselungsgefahr bestehe nicht. Der Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ sei keinen Bedenken ausgesetzt, da das Publikum ihm nicht entnehme, dass die Salbe bei allen erdenklichen Arten von Schmerzen zur Anwendung komme. Über das genaue Anwendungsgebiet informierten weitere Angaben auf der Verpackung und in der Packungsbeilage. Der Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ finde sich auch bei anderen zugelassenen und vergleichbaren Arzneimitteln. „Creme“ und „Salbe“ würden im normalen Sprachgebrauch synonym gebraucht. Dass als Darreichungsform „Creme“ zugelassen sei, sei folglich unschädlich.
4Mit Bescheid vom 09.02.2012 lehnte das BfArM die Änderung der Arzneimittelbezeichnung unter Hinweis auf das Irreführungsverbot des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG ab. Der Bezeichnungsbestandteil könne nicht akzeptiert werden, da beim Verbraucher der Eindruck erweckt werde, das Arzneimittel sei auch für andere als Muskelschmerzen anzuwenden. Sofern sich auf dem Arzneimittelmarkt noch Beispiele fänden, die das zugelassene Anwendungsgebiet unzulässig erweiterten, könnten diese nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Der Bezeichnungsbestandteil „Salbe“ sei abzulehnen, weil er nicht der zugelassenen Darreichungsform entspreche. In diesem Zusammenhang verwies das BfArM auf die mögliche Irreführung von Fachkreisen, die sich je nach Auftragungsort danach orientierten, ob eine Creme oder eine Salbe zu verordnen sei.
5Die Klägerin erhob gegen den am 15.02.2012 zugestellten Bescheid am 13.03.2012 Widerspruch. Sie vertiefte ihre Ausführungen zu einer möglichen Irreführung durch den Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“. Der Begriff der Irreführung sei einheitlich auszulegen. Für Arzneimittel gelte hier nichts anderes als für Lebensmittel oder Kosmetika. Die Verkehrsauffassung des Verbrauchers werde durch bereits bekannte Produkte stark beeinflusst. Zudem wisse der Durchschnittsverbraucher aus Erfahrung mit Arzneimitteln, dass sie eine Vielzahl von Kennzeichnungselementen aufwiesen. Der Name diene hierbei als Unterscheidungskriterium zu anderen Produkten. Eine präzise Indikation müsse ihm nicht zu entnehmen sein. Die Verwendung von Oberbegriffen wie „Schmerzmittel“ sei absolut üblich und diene der Orientierung, ohne dass daraus ein Anwendungsgebiet entnommen werde. Über das Anwendungsgebiet informiere die Angabe über die zugelassenen Indikationen. Folglich könne der Verbraucher auch nicht dadurch in die Irre geführt werden, dass die Bezeichnung Teile des Anwendungsgebietes enthalte. Auch der Bezeichnungsbestandteil „Salbe“ sei nicht irreführend. Insbesondere bestehe kein Anhaltspunkt für eine Fehlvorstellung bei Fachkreisen.
6Mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2012 wies das BfArM den Widerspruch als unbegründet zurück. Mit der Bezeichnung „Q. Schmerz-Salbe“ werde das Anwendungsgebiet zu „allgemeinen Schmerzen“ hin erweitert. Der durchschnittlich informierte, aufmerksame Verbraucher erwarte bei einer solchen Bezeichnung Abhilfe bei Schmerzen aller Art, für die eine kutane Anwendung in Betracht komme. Infolge der starken Regulierung und Überwachung des Gesundheitswesens und der Arzneimittelwirtschaft vertraue der informierte Durchschnittsverbraucher auf eine eindeutige und klare Präparatbezeichnung, die bei ihm keine Missverständnisse über die in der Bezeichnung angesprochenen Anwendungsgebiete auslösen könnten. Vor diesem Hintergrund mache er sich keine Gedanken darüber, ob es sich bei den im Namen des Präparats enthaltenen Bezeichnungsbestandteilen um Oberbegriffe handle, die im Einzelnen näher zu interpretieren und zu hinterfragen seien. Er denke nicht über die verschiedenen Kennzeichnungselemente des Arzneimittelgesetzes und deren unterschiedliche Informationen und Funktionen nach, sondern erwarte vielmehr, dass der Namensbestandteil das in ihm genannte Anwendungsgebiet zutreffend, umfassend und unmissverständlich bezeichne.
7Zudem bedeute die Bezeichnung als „Salbe“ eine Irreführung bezogen auf die Darreichungsform, da das Arzneimittel als „Creme“ zugelassen sei. Gemäß Art. 1 Nr. 20 der Richtlinie 2001/83/EG werde der Name des Arzneimittels definiert als „entweder ein nicht zu Verwechslungen mit dem gebräuchlichen Namen führender Phantasiename oder ein gebräuchlicher oder wissenschaftlicher Name in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen.“ Werde die Darreichungsform in die Bezeichnung aufgenommen, so sei die pharmazeutisch korrekte Form mit dem korrekten Ph.Eur. Standard Term aufzunehmen. Der informierte Verbraucher erwarte, dass die in der Bezeichnung genannte Darreichungsform korrekt sei und dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnistand entspreche. Aus der Definition des Europäischen Arzneibuchs bezüglich halbfester Zubereitungen zur kutanen Anwendung folge, dass Creme und Salbe nicht als Synonyme verwendet werden könnten. Auch die auf europäischer Ebene harmonisierten Standard Terms ließen keinen anderen Schluss zu. Die Zustellung des Widerspruchsbescheides erfolgte am 13.07.2012.
8Die Klägerin hat am 13.08.2012 Klage erhoben.
9Die Kaufentscheidung des Verbrauchers für ein Arzneimittel werde erst nach Prüfung der gebotenen Informationsmöglichkeiten getroffen. Hierbei sei situationsbedingt eine erhöhte Aufmerksamkeit zu unterstellen, da ein Arzneimittel kein Allerweltsprodukt sei. Mit dem Kauf verfolge der Verbraucher den Zweck, ein Leiden zu bekämpfen. Er werde sich deshalb entweder in der Apotheke beraten lassen oder selbst kontrollieren, ob das Arzneimittel eine Eignung zur Linderung oder Heilung seiner Erkrankung aufweise. Die Kaufentscheidung isoliert vom Arzneimittelnamen abhängig zu machen, sei lebensfremd.
10Die Beklagte lasse § 10 Abs. 1 Nr. 14 AMG unberücksichtigt. Da das Arzneimittel nicht der Verschreibungspflicht unterliege, seien auf der äußeren Umhüllung Name sowie Verwendungszweck zu kennzeichnen. Der Kaufinteressent könne bereits der Verpackung entnehmen, dass das Arzneimittel äußerlich zur unterstützenden Behandlung rheumatischer Beschwerden und Muskelschmerzen diene. § 10 Abs. 1 Nr. 14 AMG bezwecke seiner Entstehungsgeschichte nach die Aufklärung des Verbrauchers. Die Vorschrift beruhe auf Art. 54 lit. n) der RL 2001/83/EG. Danach solle dem Verbraucher bei Arzneimitteln zur Selbstmedikation die Möglichkeit geboten werden, sich ohne Öffnung der Verpackung über den Verwendungszweck des Arzneimittels zu informieren.
11Ebenso schließe die Apothekenpflicht einen Spontankauf aus. Der Verbraucher könne das Arzneimittel nicht beim täglichen Einkauf im Supermarkt erwerben, sondern müsse zunächst die Entscheidung treffen, in die Apotheke zu gehen. Hier könne er das Produkt wegen des Selbstbedienungsverbotes gemäß § 52 AMG nicht einem Regal entnehmen, sondern müsse sich an den Apotheker oder sein Hilfspersonal wenden. Bei Unsicherheit erfolge auf Nachfrage des Verbrauchers durch den Apotheker sodann die Beratung.
12Das tatsächliche Marktgeschehen widerlege ein Vertrauen des Verbrauchers auf eindeutige und klare Präparatbezeichnungen. Die Sicht der angesprochenen Verkehrskreise werde durch die auf dem Markt befindlichen vergleichbaren Erzeugnisse geprägt. Bei Überprüfung des Marktsegments „Arzneimittel gegen Gelenkschmerzen“ sei aufgefallen, dass bei über 50 % der insoweit angebotenen Arzneimittel im Namen die allgemeine Bezeichnung „Schmerz“ verwendet werde:
13„Voltaren Schmerzgel“
14„Mobilat Schmerzsalbe“
15„Sandoz Schmerzgel“
16„doc Ibuprofen Schmerzgel“
17„Arnika Kühl- und Schmerzgel“
18„Fluopin Schmerzcreme“
19„Arnika Schmerzsalbe stark“
20„Apotheker Dr. Imhoff´s Arnika Schmerz-Fluid“
21„Sagoon Schmerzcreme“
22„Rheuma- und Schmerzsalbe Winthrop“,
23sowie vier weitere Präparate seien auf dem Markt, die den Begriff „Schmerz“ in Unterzeilen zur Präparatbezeichnung führten.
24Aus der staatlichen Regulierung und Überwachung von Arzneimitteln ziehe der Verbraucher nicht den Schluss, dass Name und Anwendungsgebiet eines Präparats gleichzusetzen seien. Der Wortbestandteil „Schmerz“ diene primär der Unterscheidung von anderen Präparaten der Klägerin. Er werde nicht als eine spezifische Symptombekämpfung verstanden, da der Verbraucher jede Krankheit mit Schmerz und Leiden verbinde. „Schmerz“ werde als ein Oberbegriff wie „Krankheit“ verwendet. Kein Verbraucher komme bei einem als „Krankheitssalbe“ gekennzeichneten Arzneimittel auf die Idee, das Präparat könne gegen alle Erkrankungen eingesetzt werden. Das gleiche gelte für den Namensbestandteil „Schmerz“. Dies werde dadurch deutlich, dass die Produkte „Arnika Schmerzsalbe stark“ und „Arnika Schmerz- und Kühlgel“ keine Schmerzindikation besäßen, während das streitgegenständliche Arzneimittel zur Behandlung von Muskelschmerzen ausdrücklich zugelassen sei. Mit der Angabe „Schmerz“ werde nicht auf ein bestimmtes Anwendungsgebiet hingewiesen, sondern unspezifisch auf ein subjektives Empfinden Bezug genommen, das typischerweise mit Krankheiten verbunden sei. Schmerz besitze den Charakter eines Warn- und Leitsignals und werde im üblichen Sprachgebrauch mit Erkrankung gleichgesetzt. Dass in der Medizin das chronische Schmerzsyndrom als eigenes Krankheitsbild angesehen und behandelt werde, führe bei einer nicht verschreibungspflichtigen Salbe nicht dazu, dass der Verbraucher dem Arzneimittelnamen entnehme, die Salbe sei gegen Schmerzen aller Art anwendbar. Der Namensbestandteil „Schmerz“ sei aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise nicht geeignet, als Anwendungshinweis auf generelle Schmerzbekämpfung zu fungieren.
25Die Klägerin beauftragte die Fa. H. Marktforschung mit der Durchführung einer Verkehrsbefragung über die Verbrauchererwartung des Produkts „Q. Schmerz-Salbe“ im Zeitraum April und Mai 2013. Die Umfrage erfolgte im „Face-to-Face Verfahren“ bei 2.126 Befragten unter Vorlage der Original Verpackung der „Q. -Scherz-Salbe“. 2.040 der Befragten gehörten zu potentiellen oder aktuellen Käufern oder Anwendern von Schmerzmitteln, 1.633 hiervon kauften/verwendeten aktuell Schmerzmittel. Auf die offen gestellte Frage, was den Interviewten zu dem Produkt einfiele, gaben 0,4 % aller Teilnehmer die Antwort „gegen alle Arten von Schmerzen“. Auf die ungestützte Frage nach den erwarteten Wirkungungen nannten 0,1 % der Befragten „gegen alle Arten von Schmerzen“, 1,3 % „gegen Rückenschmerzen“, 0,9 % „bei Verstauchungen“, 0,4 % „gegen Beinschmerzen, Schmerzen im Bein“, 0,3 % „gegen Arthrose“ und ein Probant „bei Verbrennungen“. Desweiteren wurden die Befragten direkt gefragt, gegen welche Art von Schmerzen das Arzneimittel ihrer Meinung nach wirke. Hier erhöhte sich der Anteil auf die Antwort „gegen alle Arten von Schmerzen“ auf 0,9 %. In einer weiteren Frage wurden Antwortmöglichkeiten bzgl. der Art der Schmerzen vorgegeben (gestützte Fragestellung): 86,2% nannten „gegen rheumatische Beschwerden“, 92,6% „gegen Muskelschmerzen“, auf Halsschmerzen entfielen 1,0 %, auf Kopfschmerzen 2,5 % und auf Ohrenschmerzen 0,2 %. 17,0 % der Befragten nannten die Antwortmöglichkeit „gegen alle Schmerzen, für die eine Salbe in Betracht kommt“. Die Befragten, die diese Antwort gaben, wurden daraufhin zusätzlich gefragt, ob sie das Arzneimittel kaufen würden, weil es für alle Arten von Schmerzen in Frage komme, was durch 11,0 % der Befragten – bezogen auf die gesamte Teilnehmerschaft – bejaht wurde. Wegen weiterer Einzelheiten der Verkehrsbefragung wird auf Anlage K 22 der Gerichtsakte verwiesen.
26Die Klägerin führt hierzu aus: Nach Auswertung des Projektleiters der H. Marktforschung bestehe keine Irreführungsgefahr bezüglich der Annahme, bei „Q. Schmerz-Salbe“ handle es sich um ein Schmerzmittel, das gegen alle Arten von Schmerzen wirke, für die eine Salbe in Betracht komme. Das neue Verbraucherleitbild - gestützt auf Erwägungsgrund 18 der UGP-L (Richtlinie 2005/29/EG vom 11.05.2005 über unlautere Geschäftspraktiken), das BVerfG sowie das UWG und das AMG - führe nach Auffassung der Klägerin dazu, dass Quoten von 15 bis 20 % für eine Irreführung nicht mehr ausreichten. Derart niedrige Quoten seien mit dem Maßstab eines durchschnittlich aufmerksamen und verständigen Verbrauchers nicht mehr in Einklang zu bringen. Durch dieses neue Verbraucherleitbild sei das Irreführungsgebot nicht exzessiver, sondern restriktiver anzuwenden. Die relevante Irreführungsquote müsse höher sein, als bei der Simulation eines flüchtigen Verbrauchers. Es gehe nicht um einen besser vor-informierten, sondern um einen Verbraucher, der in dem Moment, in dem ihm ein Angebot begegne, sich über dieses genauer informiere. Damit reduziere sich die Irreführungsgefahr gegenüber einem flüchtigen Verbraucher. Im Regelfall sei für die Anwendung eines Irreführungstatbestandes erforderlich, dass bei 1/4 bis zu 1/3 der von der Werbung betroffenen Verkehrskreise eine Irreführung festgestellt werde. Im Arzneimittelrecht liege eine rechtlich relevante Irreführung vor, wenn hiervon mindestens 20 % der angesprochenen Verkehrskreise betroffen seien. Eine Quote von 16,6 % der Befragten genüge hierfür nicht. Zudem sei diese Quote dem Phänomen geschuldet, dass bei vorgegebenen Antworten innerhalb einer Befragung, diese auch von den Befragten genannt werden würden. Bei den ungestützten Fragen 1 und 2 sei nur von einem erheblich geringeren Teil der Befragten „alle Arten von Schmerzen“ genannt worden.
27Die Begriffe „Salbe“, „Creme“ und „Balsam“ seien aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise Synonyme. Unabhängig vom Namen sei die Darreichungsform „Creme“ entsprechend der Definition des Europäischen Arzneibuches zusätzlich auf der Verpackung angegeben.
28Der Hilfsantrag sei zulässig, weil die Beklagte in den angegriffenen Bescheiden die Zurückweisung der Bezeichnungsänderung alternativ und unabhängig voneinander sowohl auf den Namensbestandteil „Salbe“ wie auch auf „Schmerz“ gestützt habe.
29Die Klägerin beantragt,
30die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 09.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 12.07.2012 zu verpflichten, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 25.07.2006 (Zulassungsnummer 00000.00.00) in „Q. Schmerz-Salbe“ zu ändern,
31hilfsweise,
32die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 09.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 12.07.2012 zu verpflichten, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 25.07.2006 (Zulassungsnummer 00000.00.00) in „Q. Schmerz-Creme“ zu ändern.
33Die Beklagte beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie wiederholt und vertieft ihre Auffassung aus dem Widerspruchbescheid und führt aus: Die angezeigte Änderung der Bezeichnung von „U. -T. “ Creme“ in „Q. Schmerz-Salbe“ verstoße gegen die europäischen und nationalen Vorgaben für eine zulässige Arzneimittelbezeichnung. Sollte der Bezeichnungszusatz „Schmerz“ in erster Linie werbenden Charakter haben, sei er bereits gemäß § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG unzulässig. Zwar sei im deutschen Recht ein Werbeverbot nicht ausdrücklich geregelt, aber in den einschränkenden Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S. 5 AMG sinngemäß enthalten, welcher der Umsetzung des Art. 62 der Richtlinie 2001/83/EG diene, die ausdrücklich ein Werbeverbot ausspreche. Aus den europäischen Vorgaben folge, dass die Wiedergabe der Indikation als Namensbestandteil grundsätzlich nicht vorgesehen sei. Da die Arzneimittelbezeichnung eine Pflichtangabe auf der Umverpackung sei, unterliege sie dem Werbeverbot. Die Bezeichnung diene in erster Linie als Identifikations- und Unterscheidungsmerkmal und trage in dieser Funktion zur Arzneimittelsicherheit bei. Beinhalte eine Arzneimittelbezeichnung einen Namenszusatz, der sich auf eine andere Pflichtangabe, im vorliegenden Fall den Verwendungszweck beziehe, müssten hierfür die gleichen Voraussetzungen wie für die Angabe des Verwendungszwecks selbst gelten. Angaben zum Verwendungszweck auf der Umverpackung hätten den zugelassenen Indikationen zu entsprechen und diese vollständig und zutreffend wiederzugeben. Das zugelassene Anwendungsgebiet sei jedoch nicht mit der allgemeinen Bezeichnung „Schmerz“ gleichzusetzten.
36Die Arzneimittelbezeichnung sei das entscheidende Merkmal, mit dem der Verbraucher auf das Präparat aufmerksam gemacht werde, da es ohne Rezept zur Selbstmedikation in Apotheken erhältlich sei. Hiervon werde die Kaufentscheidung maßgeblich beeinflusst. Es könne unterstellt werden, dass der Verbraucher in erster Linie etwas gegen „die Schmerzen“ unternehmen möchte, ohne weitere Indikationen, Anwendungsgebiete und Eignung des Arzneimittels zu hinterfragen. Eine fehlerhafte Kaufintension werde durch die allgemeine Verwendung des Begriffes „Schmerz“ begünstigt. Die Angabe des Verwendungszweckes auf der Verpackung sei nicht geeignet, die durch die Bezeichnung ausgelöste irreführende Vorstellung zu korrigieren. Der Verwendungszweck trete hinter der graphisch besonders hervorgehobenen Arzneimittelbezeichnung wesentlich zurück. Die Apothekenpflicht korrigiere die Verbrauchervorstellung nicht entscheidend. Durch das Wachstum des Vertriebsweges über das Internet fehle es an einer entsprechenden Beratung durch die Apotheker. Auch verlange der Kunde, gesteuert durch gezielte Werbung, in der Apotheke die konkreten Produkte ohne eine Beratung.
37Da eine Umsetzung arzneimittelrechtlicher Vorgaben nur sukzessive erfolge, könnten die im Markt befindlichen „Alt-Fälle“ nicht als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Ein Anspruch auf Perpetuierung eines erkannten Rechtsfehlers bestehe nach gefestigter Rechtsprechung nicht.
38Das Ergebnis der vorgelegten Anwenderbefragung sei nicht aussagekräftig, da sich die Befragten die Arzneimittelverpackung zuvor hätten anschauen dürfen und diese bei der Befragung weiterhin im Blickfeld der Befragten gelegen habe. Das tatsächliche Anwendungsgebiet habe so ohne weiteres zur Kenntnis genommen und anschließend angegeben werden können. Es liege nahe, dass bei isolierter Vorlage der Bezeichnung „Q. Schmerz-Salbe“ die Anzahl genannter nicht zugelassener Indikationen höher ausgefallen wäre.
39Das „neue Verbraucherleitbild“ gehe davon aus, dass heutzutage der Verbraucher tatsächlich besser informiert sei. Der Prozentsatz, bei welchem beim Verbraucher durch die Arzneimittelbezeichnung eine falsche Vorstellung über wesentliche Eigenschaften des Arzneimittels hervorgerufen werde, müsse demnach geringer als 15-20 % ausfallen. Denn je besser der Verbraucher informiert sei, umso geringer sei die Gefahr einer Irreführung durch die Arzneimittelbezeichnung. Dass 20,2 % der Befragten Indikationen angenommen haben, die über die zugelassene Indikation hinausgehen, zeige, dass eine relevante Gefahr der Irreführung bestehe.
40Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
41E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
42Die Klage hat teilweise Erfolg
43Soweit die Klägerin mit dem Hauptantrag die Änderung der Arzneimittelbezeichnung in „Q. Schmerz-Salbe“ begehrt, ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.
44Sie ist als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1, 2. Variante VwGO statthaft. Denn die Änderung des Zulassungsbescheides hinsichtlich der Arzneimittelbezeichnung durch die zuständige Bundesoberbehörde nach § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG stellt einen Verwaltungsakt dar, gegen dessen Ablehnung mit der Verpflichtungsklage vorgegangen werden kann. Die Bezeichnung eines Arzneimittels ist notwendiger Bestandteil nicht nur der Zulassungsunterlagen, sondern auch der Zulassungsentscheidung selbst und teilt deren Rechtscharakter,
45vgl. Urteile der Kammer vom 25.03.2014 - 7 K 6408/12 – („Buscogast“), vom 03.09.2013 - 7 K 1759/12 – („forte“), vom 09.04.2013 - 7 K 2050/11- („Dachmarke Aktren“), vom 05.02.2013 - 7 K 6575/10 - („akut“), vom 12.04.2011 - 7 K 4284/09 – („Dachmarke Fenistil“); OVG NRW, Urteil vom 17.06.2013 - 13 A 1113/11- („Dachmarke Fenistil“), vom 12.08.2009 - 13 A 2147/06 – („Mengenangabe in I.E.‘“); Beschluss vom 28.02.2008 - 13 A 3273/07 – („sanft“); Urteil vom 23.05.2007 - 13 A 3657/04 – („Blutreinigung“); VG Köln, Urteil vom 07.04.2004 - 24 K 8164/01 – („Herzberuhigung“); BVerwG, Urteil vom 13.04.1989 - 3 C 11.86 -, BVerwGE 82,7 („Methotrexat“).
46Die Klage ist im Hauptantrag jedoch nicht begründet, da die Ablehnung der Bezeichnungsänderung in „Q. Schmerz-Salbe“ rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Diese hat keinen Anspruch auf eine Änderung der Bezeichnung mit dem Bestandteil „Salbe“, da dieser bei einer Verwendung in Zusammenhang mit dem streitbefangenen Arzneimittel mit dem Irreführungsverbot des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG unvereinbar ist. Dies berechtigt nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AMG zur Versagung der Änderung.
47Dem steht nicht entgegen, dass bei Anzeige einer Änderung der Arzneimittelbezeichnung der Zulassungsbescheid gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG entsprechend der Anzeige zu ändernist. Die gesetzliche Formulierung bedeutet nicht, dass der Zulassungsbescheid ohne eine rechtliche Prüfung dem Inhalt der Änderungsanzeige anzupassen ist. Eine derartige Auslegung wäre mit der Gesetzesbindung der Verwaltung unvereinbar. Es kann nicht verlangt werden, dass die Behörde gleichsam „sehenden Auges“ eine als rechtswidrig erkannte Bezeichnung auf der Zulassungsebene umsetzt. Vielmehr besteht ein eigenständiges behördliches Prüfungsrecht in Bezug auf die Arzneimittelbezeichnung schon im Änderungserfahren. Umzusetzen ist nur die als rechtmäßig erkannte Bezeichnungsänderung.
48Vgl. Urteile der Kammer vom 25.03.2014 - 7 K 6408/12 - („Buscogast“), vom 19.11.2013 - 7 K 1367/12 - („duraultra“); BVerwG, Beschluss vom 04.03.2014 - 3 B 60.13 - („Dachmarke Fenistil“).
49Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG ist es verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die in anderer Weise als in den in Nr. 1 und Nr. 1a der Vorschrift genannten Fällen mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Im Grundsatz ist eine Bezeichnung irreführend, wenn sie bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise unzutreffende Erwartungen an Art, Qualität, therapeutische Wirksamkeit, Unbedenklichkeit oder sonstige wesentliche Merkmale des Arzneimittels weckt. Angesichts der Bedeutung des Rechtsgutes Gesundheit und der mit falschen Erwartungen an Arzneimittel verbundenen Gesundheitsrisiken sind an Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit von Arzneimittelbezeichnungen gegenüber anderen Gütern des Warenverkehrs erhöhte Anforderungen zu stellen (sog. Strengeprinzip),
50vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.06.2013 - 13 A 1113/11- („Dachmarke Fenistil“); BGH, Urteil vom 06.02.2013 - I ZR 62/11 - („Basisinsulin mit Gewichtsvorteil/Heilmittelwerbung“).
51Mit dem Bezeichnungsbestandteil „Salbe“ überführt die Klägerin einen pharmazeutisch-technischen Begriff in die Arzneimittelbezeichnung. Dies ist grundsätzlich zulässig. Denn seit der 14. AMG-Novelle müssen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG im Anschluss an die Bezeichnung die Stärke und die Darreichungsform des Arzneimittels angegeben werden,es sei denn, dass diese Angaben bereits in der Bezeichnung enthalten sind. Mit dieser Einschränkung ist die grundsätzliche Zulässigkeit der Angabe einer Darreichungsform als Teil der Arzneimittelbezeichnung zum Ausdruck gebracht. Wird eine solche Angabe zum Teil der Bezeichnung gemacht, muss sie – was ungeachtet des Irreführungsverbots selbstverständlich sein dürfte – korrekt sein, d.h. in Übereinstimmung mit den gebräuchlichen pharmazeutischen Begriffen erfolgen. Missverständliche oder falsche fachliche Begriffe in der Bezeichnung eines Arzneimittels sind potentiell ebenso geeignet, Fehlvorstellungen hervorzurufen, wie unrichtige Kennzeichnungen im Übrigen.
52Allerdings ist der in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG verwendete Begriff der Darreichungsform nicht legaldefiniert. Allgemein beschreibt er diejenige Form, in der das Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden soll. Im Zulassungsverfahren werden zur Beschreibung der Darreichungsform diejenigen Begriffe zugrunde gelegt, die als sog. „Standard Terms“ vom European Directorate for the Quality of Medicines des Europarates (EDQM) festgelegt worden sind und den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand in dieser Hinsicht wiedergeben.
53List of Standard Terms (http://www.edqm.eu/en/Standard-Terms-590.html), vgl. Schraitle, in Hdb. Arzneimittelrecht, 2. Auflage 2014, § 6 Rn. 83; Pannenbecker, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 1. Auflage 2012, § 10 Rn. 27.
54Dort, wie auch in der Definition des Europäischen Arzneibuchs, wird zwischen Cremes und Salben unterschieden. Beide werden zwar als „halbfeste Zubereitungen“ angesprochen, unterscheiden sich aber definitionsgemäß insoweit, als Salben aus einer einphasigen Grundlage bestehen, in der feste oder flüssige Substanzen dispergiert (verteilt) werden können, während mit Cremes mehrphasige Zubereitungen angesprochen werden, die aus einer lipophilen und einer wässrigen Phase bestehen.
55Ph. Eur., 7. Ausgabe, Grundwerk 2011/7.0/0132
56In der mündlichen Verhandlung konnte geklärt werden, dass der Unterschied im wesentlichen im Wassergehalt besteht und bei der Darreichung ätherischer Öle – hier Pfefferminzöl, Eucalyptusöl und Rosmarinöl – eine Creme in der Regel die angemessenere Form ist, da der Wirkstoff schneller einzieht. Dem entspricht auch die mit Bescheid vom 25.07.2006 zugelassene Darreichungsform „Creme“. Mit der Angabe „Q. Schmerz-Salbe“ wird damit auf eine nach pharmazeutischer Erkenntnis objektiv falsche Darreichungsform verwiesen. Dies hat in der praktischen Umsetzung der Beschriftungen durch die Klägerin zur Folge, dass sich auf derselben Verpackung die Begriffe Salbe (in Zusammenhang mit der Bezeichnung) und Creme (als Mengenangabe) finden, ohne dass mit hinreichender Deutlichkeit zu klären ist, ob nun eine Creme oder eine Salbe vorliegt. Die hierdurch bedingte Irreführung ist offenkundig. Der Beklagten ist in der Einschätzung zu folgen, dass es im Hinblick auf das unterschiedliche Penetrationsverhalten beider Darreichungsformen durchaus einen Unterschied macht, ob eine Creme oder eine Salbe verabreicht wird. Es kann auch unterstellt werden, dass die grundlegenden Unterschiede dem Arzt und dem Apotheker bekannt sind und damit bei einer Anwendungsempfehlung berücksichtigt werden können. Anhand der ungeöffneten Packung hat er jedoch keine Möglichkeit, den bestehenden Widerspruch sicher aufzuklären. Zwar mag es durchaus zutreffend sein, dass der durchschnittlich informierte und aufmerksame Verbraucher keine oder nur sehr unkonkrete Vorstellungen von der Unterschiedlichkeit der Darreichungsformen hat und zum Teil die Begriffe auch synonym verwendet. Creme, Salbe, aber auch Balsam oder Gel werden möglicherweise in weiten Verkehrskreisen untechnisch als Begriffe für Produkte zur Anwendung auf der menschlichen Haut verstanden. Ein solches Verständnis reichte dann auch über den Kreis von Arzneimitteln hinaus und erfasste auch andere, etwa kosmetische, Produkte. In Zusammenhang mit Arzneimitteln kann jedoch mit Blick auf die Besonderheiten der Produktgruppe eine Erwartung weiter Verkehrskreise unterstellt werden, dass auf der Packung wiedergegebene pharmazeutische Fachbegriffe korrekt sind. Denn auch der „durchschnittliche“ Verbraucher geht zu Recht davon aus, dass das Gesundheitswesen und insbesondere die Arzneimittelwirtschaft durch staatliche Stellen besonders stark reguliert und überwacht werden. Er vertraut deshalb darauf, dass eine Präparatebezeichnung, die nicht reine Phantasiebezeichnung ist, sondern Elemente aus der Zulassung übernimmt, objektiv richtige Angaben enthält.
57Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12.08.2009 - 13 A 2147/06 – („Mengenangabe in I.E.‘“).
58Ist ein Bezeichnungselement jedoch objektiv unrichtig und bleibt es auch in Zusammenhang mit anderen zutreffenden Angaben – hier der Mengenangabe „100 g Creme“ – missverständlich, so ist es geeignet, eine Irreführung auch desjenigen Verbrauchers herbeizuführen, der sich zuvor keine präzisen Vorstellungen von den Unterschieden zwischen Creme und Salbe gemacht hat. Denn auch ihm wird auffallen, dass auf der Packung zwei unterschiedliche Begriffe für dasselbe Produkt verwendet werden. Die – gerade von einem mündigen Verbraucher geforderte – weitere Information über die Einordnung des Produkts ist damit zumindest erschwert, da sie eine Öffnung der Packung voraussetzt, um an die Packungsbeilage zu gelangen. Auch im Vertriebsweg über Internet-Apotheken ist eine zuverlässige Information nicht gewährleistet, da dort das Produkt zum Teil ohne Angabe der Darreichungsform feilgeboten wird oder sich sogar die Formulierung „,Q. Schmerz-Salbe‘, Creme“ findet, was zur Klärung ebenso wenig beiträgt. Zudem erschwert die gewählte Bezeichnung die Aufklärung durch die beteiligten Fachkreise, da diese naturgemäß von einem bestimmten begrifflichen Vorverständnis ausgehen und die Bezeichnungsangabe aus diesem Grunde möglicherweise umso weniger hinterfragen.
59Die Klage ist hingegen begründet, soweit die Klägerin mit dem Hilfsantrag die Änderung der Bezeichnung in „Q. Schmerz-Creme“ begehrt. Insoweit steht ihr ein Anspruch auf Änderung der Bezeichnung im Zulassungsbescheid aus § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG zu. Ein Versagungsgrund aus § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AMG besteht nicht. Denn die Bezeichnung „Q. Schmerz-Creme“ ist mit den Kennzeichnungsvorgaben des Arzneimittelgesetzes vereinbar.
60Der Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ verstößt nicht gegen § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1, Satz 2 lit. a) AMG. Nach diesem gesetzlichen Regelbeispiel liegt eine Irreführung insbesondere dann vor, wenn Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt wird, die sie nicht haben. Hiermit ist für den Bereich der Wirksamkeitsaussage das allgemeine Irreführungsverbot konkretisiert. Eine Bezeichnung ist irreführend, wenn sie geeignet ist, beim Verbraucher unrichtige Vorstellungen über die Art, die Qualität, die therapeutische Wirksamkeit oder über sonstige wesentliche Merkmale des Arzneimittels wie seine Zusammensetzung oder Anwendungsart auszulösen. Irreführung ist ein objektiver Begriff. Nicht erforderlich ist, dass die Hervorrufung einer Fehlvorstellung vom pharmazeutischen Unternehmer bezweckt oder dass sie ihm bekannt ist. Maßgeblich zur Bewertung ist das Verständnis eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Adressaten. Dies berechtigt das Gericht im Grundsatz zu einer eigenen Einschätzung möglicher Fehlvorstellungen, da die Richter selbst zum angesprochenen Verbraucherkreis zählen und deshalb insoweit hinreichend sachkundig sind. Ist dies der Fall, bedarf es in der Regel keiner weiteren Sachaufklärung, namentlich durch Meinungsumfragen.
61Vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 04.03.2014 - 3 B 60.13 - („Fenistil“) unter Hinweis auf die st. Rspr. des BGH.
62Die Bezeichnung eines Arzneimittels richtet sich auch und gerade an den Patienten. Ihre Funktion liegt – über die bloße Unterscheidung von anderen Produkten hinaus –aus Sicht des pharmazeutischen Unternehmers auch darin, auf das Arzneimittel aufmerksam zu machen. Dies gilt umso mehr bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Die Bezeichnung hat gerade dort auch als Marke werbende Funktion. In der Arzneimittelwerbung wird in aller Regel der Name eines Präparats als maßgebliches Kriterium für die Wiedererkennung durch den Verbraucher in den Vordergrund gestellt. Eine hinreichend sichere Korrektur möglicher Fehlvorstellungen wird bei apothekenpflichtigen Produkten auch nicht generell durch den Apotheker sichergestellt. Ungeachtet neuer Vertriebswege wie dem Versand über Internet-Apotheken, findet regelmäßig kein oder nur ein sehr eingeschränktes Informationsgespräch zwischen Käufer und Apotheker statt.
63OVG NRW, Urteil vom 12.08.2009 - 13 A 2147/06 - („Mengenangabe in I.E.‘“) unter Hinweis auf OLG Köln, Urteil vom 28.05.2008 - 6 U 27/08 -.
64Fehlvorstellungen über einen Wirkstoff und seine Anwendung sind folglich nicht allein deshalb mit hinreichender Sicherheit auszuschließen, weil ein Arzneimittel apothekenpflichtig ist.
65Dies vorausgeschickt, bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen den Bestandteil „Schmerz“ in der gewählten Bezeichnung: Der Verbraucher misst bei Namen von Waren, die sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzen, jedem Bestandteil regelmäßig besondere Bedeutung für die Art bzw. Qualität der jeweiligen Ware zu. Im Rahmen einer zusammengesetzten Bezeichnung sind die sprachliche Bedeutung und die entsprechende Wahrnehmbarkeit des Hauptbestandteils regelmäßig so herausgehoben, dass ein erheblicher Teil der Verbraucher mit diesem Bestandteil nicht allein eine produktunabhängige Werbeaussage, sondern eine produktbezogene Inhaltsangabe verbindet. So verhält es sich hier mit der Bezeichnung „Schmerz“. Der Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ signalisiert in erster Linie eine grobe Anwendungskategorie des Präparats. In diesem Sinne findet sich in der Laiensphäre der Begriff einer Schmerz-Creme auf der gleichen Ebene wie allgemein ein „Schmerzmittel“, ein „Hustensaft“ oder eine „Kreislauftablette“, von denen der Durchschnittsverbraucher, allein gestützt auf die laienhafte Einordnung, keine präzise Indikationsbeschreibung erwartet. Die Bezeichnung „Schmerz“ stellt für ihn eine allgemeine Kategorie dar. Denn es ist für ihn selbstverständlich, dass ein Schmerz in unterschiedlichsten Organen und Körperregionen auftreten und auf die unterschiedlichsten Erkrankungen oder Verletzungen verweisen kann. In diesem Sinne ist „Schmerz“ eine gänzlich unspezifische und abstrakte Angabe, die geradezu dazu herausfordert, Näheres über die Art des Schmerzes und seine Ursache zu erfahren, jedoch aus sich heraus noch nichts erklärt,
66vgl. im Gegensatz hierzu zum enger gefassten Leitsymptom „Husten“: VG Köln, Urteile vom 28.10.2004 - 24 K 4654/01 - und vom 28.07.2004 - 24 K 4607/01 -.
67Die Bezeichnung „Schmerz“ ist ein zu abstrakter Begriff, um in der Laiensphäre allein hieraus die Erwartung eines bestimmten Anwendungsgebietes ableiten zu können. Das gilt auch in Zusammenhang mit dem Bezeichnungsbestandteil „Creme“. Denn auch von einer „Schmerz-Creme“ wird sich der Patient keine umfassende Linderung aller denkbaren Schmerzen erhoffen, sondern – entsprechend dem herrschenden Verbraucherleitbild – weitere Informationen, namentlich die Indikationsangabe auf der Umverpackung heranziehen, um Klarheit über das Anwendungsgebiet zu gewinnen. Der Sichtweise der Beklagten, der informierte Durchschnittsverbraucher vertraue auf eine eindeutige und klare Präparatbezeichnung, die bei ihm keine Missverständnisse über die in der Bezeichnung angesprochenen Anwendungsgebiete auslösen könne und mache sich vor diesem Hintergrund keine Gedanken darüber, ob es sich bei den im Namen des Präparats enthaltenen Bezeichnungsbestandteilen um Oberbegriffe handle, die im Einzelnen näher zu interpretieren und zu hinterfragen seien, vermag die Kammer nicht zu folgen. Es kann nicht unterstellt werden, er denke nicht über die verschiedenen Kennzeichnungselemente des Arzneimittelgesetzes und deren unterschiedliche Informationen und Funktionen nach, sondern erwarte, dass der Namensbestandteil das in ihm genannte Anwendungsgebiet zutreffend, umfassend und unmissverständlich wiedergebe. Eine solche Betrachtungsweise geht gerade von einem oberflächlichen und flüchtigen Verbraucher aus, der auch naheliegende Überlegungen unterlässt.
68Zum Verbraucherleitbild vgl. z.B.: BGH, Urteil vom 08.03.2012 - I ZR 202/10 - („Marktführer Sport“); OVG NRW, Urteil vom 12.08.2009 - 13 A 2147/06 - („Mengenangabe in I.E.‘“); EuGH, Urteil vom 16.07.1998 - Rs. 210/96 - („6-Korn-Eier“).
69Ein situationsadäquat aufmerksamer Verbraucher wird jedoch aus der Arzneimittelbezeichnung allein keine substantiierte Beschreibung des Anwendungsgebietes ableiten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Bezeichnung oder das einzelne Bezeichnungselement lediglich auf ein allgemeines Symptom wie „Schmerz“ verweist. Ihm ist bekannt, dass für die Einordnung eines Arzneimittels nicht in erster Linie die Bezeichnung, sondern gerade auch die übrigen Beschriftungen von Bedeutung sind. Die Annahme, der Verbraucher verharre bei der Bezeichnung und nehme andere Angaben nicht zur Kenntnis, ist angesichts dessen lebensfremd. Der näheren Information über den Wirksamkeitsanspruch nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel dient vielmehr § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 AMG, demzufolge der Verwendungszweck auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen anzugeben ist. Wenn auch hiermit nicht stets die vollständige Wiedergabe des zugelassenen Anwendungsgebiets verbunden ist,
70zum Umfang der Kennzeichnungsverpflichtung aus § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 AMG vgl. Menges/Winnands, in: Hdb. Arzneimittelrecht, 2. Auflage 2014, § 19 Rn. 18,
71so ist hiermit doch aus Verbrauchersicht ein deutlich präziseres Instrument zur Einordnung des Präparats gegeben, als es die Bezeichnung je sein kann. Im Fall des streitbefangenen Arzneimittels vermittelt die Angabe „Pflanzliches Arzneimittel zur unterstützenden Behandlung von rheumatischen Beschwerden und Muskelschmerzen“ ein klares Bild über den Verwendungszweck. Umso mehr erscheint der Namensbestandteil „Schmerz“ nur noch als grobe Kategorisierung.
72Zudem verweisen eine Vielzahl zugelassener Arzneimittelbezeichnungen derzeit auf „Schmerz“, ohne dass eine nähere Präzisierung erfolgt. Auch dies formt die Verbrauchererwartung, die sich nicht nur mit Blick auf das konkrete Produkt bildet, sondern den gesamten vergleichbaren Markt einbezieht. Ist aber dort keine präzise Ausdifferenzierung der Bezeichnung erkennbar, so wird dies auch vom vorliegenden Arzneimittel nicht erwartet. Dass das BfArM seiner Ankündigung zufolge zukünftig generell eine Bezeichnungsbereinigung im Hinblick auf „Schmerz“ anstrebt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn die Verbrauchererwartung bildet sich vor dem Hintergrund des aktuellen Marktgeschehens.
73Angesichts dessen geht die Kammer davon aus, dass nur bei einem vernachlässigbar geringen Teil der Verbraucher durch die gewählte Bezeichnung eine Fehlvorstellung im Hinblick auf das Anwendungsgebiet hervorgerufen werden kann. Einer präzisen Quantifizierung dieses Anteils bedarf es nicht, da dies eine empirische Ermittlung der Verbrauchererwartung voraussetzt, deren es in Fällen der vorliegenden Art gerade nicht bedarf. Hieraus folgt auch, dass feste Quoten, oberhalb derer eine Irreführung zu bejahen ist, nicht zugrunde gelegt werden können.
74Abweichendes folgt auch nicht aus dem von der Klägerin vorgelegten Parteigutachten der Fa. H. Marktforschung über die Verbrauchserwartung des Produkts „Q. Schmerz-Salbe“ im Zeitraum April und Mai 2013. Im Gegenteil belegt der Umstand, dass bei ungestützter Fragestellung nur ein verschwindend geringer Anteil der Probanden angab, das Mittel helfe gegen alle Arten von Schmerzen, dass sich der Verbraucher zur Klärung der Indikation auch dann nicht allein auf die Bezeichnung verlässt, wenn diese Elemente des zugelassenen Anwendungsgebietes enthält. Dem entspricht es, dass bei vorgegebenen Antworten der ganz überwiegende Teil zutreffend votierte (86,2 % / 92,6 %). Der Umstand, dass hierbei – Mehrfachnennungen waren möglich – immerhin 17 % (auch) angaben, das Mittel helfe gegen alle Arten von Schmerzen, für die eine Salbe in Betracht kommt, widerspricht dem nicht. Denn die vorgegebene Antwort appelliert an ein Vorverständnis, dass nämlich Salben (nur) für bestimmte Schmerzen in Betracht kommen. Ob dieses Vorverständnis auf eine weite oder enge Anwendungsbreite von Salben zur Schmerzbekämpfung zielt, bleibt indes offen. Ein Argument für eine bezeichnungsbedingt entstandene Fehlvorstellung nicht unerheblicher Verkehrskreise lässt sich daher auch hieraus nicht gewinnen.
75Der Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ stellt auch keine unzulässige Werbung dar. Es kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob § 8 AMG oder aber § 10 Abs. 1 Satz 5 AMG ein eigenständiges Werbeverbot in Bezug auf die Arzneimittelbezeichnung zu entnehmen oder das Heilmittelwerbegesetz (HWG) heranzuziehen ist. Denn es liegt insoweit – obgleich der Bezeichnung als solcher im Sine einer Marke durchaus werbender Charakter zukommen kann – keine Werbung im arzneimittelrechtlichen Sinne vor. Unter „Werbung“ wird allgemein diejenige Tätigkeit verstanden, die durch planmäßige Anwendung beeinflussender kommunikativer Mittel darauf abzielt, andere für eine konkrete Meinung oder Verhaltensweise zu gewinnen. Heilmittelwerbung ist dabei Wirtschaftwerbung, deren spezifische Zweckbestimmung darin liegt, die Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise zu gewinnen, Interesse zu wecken und damit den Absatz des Präparats zu steigern. Dem entspricht auch die Begriffsbestimmung in Art. 86 Abs. 1 der RL 2001/83/EG.
76Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort „Werbung“ (http://wirtschaftslexikon. Gabler.de/Archiv/54932/werbung-v10.html); Zimmermann, in: Hdb. Arzneimittelrecht, 2. Auflage 2014, § 28 Rn. 30; OLG Nürnberg, Urteil vom 20.12.2011 - 3 U 1429/11 - („Preisausschreiben“).
77Dem Bezeichnungsbestandteil „Schmerz“ kann jedoch Werbecharakter in diesem Sinne nicht beigemessen werden. Es handelt sich vielmehr lediglich um die (unvollständige) Wiedergabe der zugelassenen Indikation des Produkts. Angesichts der Weite des Begriffs und seiner Unbestimmtheit, ist nicht erkennbar, dass ihm eine besondere Werbewirksamkeit zukommt, zumal er sich in einer Vielzahl anderer Arzneimittelbezeichnungen findet und folglich nicht geeignet ist, besondere Eigenschaften des Arzneimittels werbend hervorzuheben.
78Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 S. 1 Var. 2 VwGO. Die Kostenverteilung berücksichtigt den Umstand, dass der Schwerpunkt des rechtlichen und wirtschaftlichen Interesses der Klägerin auf der Führung des Bezeichnungsbestandteils „Schmerz“ liegt.
79Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 und § 708 Nr.11, 711 der Zivilprozessordnung.
(1) Fertigarzneimittel, die nicht zur klinischen Prüfung bestimmt sind und die nicht nach § 21 Absatz 2 Nummer 1a, 1b oder 3 von der Zulassungspflicht freigestellt sind, dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn auf den Behältnissen und, soweit verwendet, auf den äußeren Umhüllungen in gut lesbarer Schrift, allgemeinverständlich in deutscher Sprache und auf dauerhafte Weise und in Übereinstimmung mit den Angaben nach § 11a angegeben sind
- 1.
der Name oder die Firma und die Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers und, soweit vorhanden, der Name des von ihm benannten örtlichen Vertreters, - 2.
die Bezeichnung des Arzneimittels, gefolgt von der Angabe der Stärke und der Darreichungsform, und soweit zutreffend, dem Hinweis, dass es zur Anwendung für Säuglinge, Kinder oder Erwachsene bestimmt ist, es sei denn, dass diese Angaben bereits in der Bezeichnung enthalten sind; enthält das Arzneimittel bis zu drei Wirkstoffe, muss der internationale Freiname (INN) aufgeführt werden oder, falls dieser nicht existiert, die gebräuchliche Bezeichnung; dies gilt nicht, wenn in der Bezeichnung die Wirkstoffbezeichnung nach Nummer 8 enthalten ist, - 3.
die Zulassungsnummer mit der Abkürzung "Zul.-Nr.", - 4.
die Chargenbezeichnung, soweit das Arzneimittel in Chargen in den Verkehr gebracht wird, mit der Abkürzung "Ch.-B.", soweit es nicht in Chargen in den Verkehr gebracht werden kann, das Herstellungsdatum, - 5.
die Darreichungsform, - 6.
der Inhalt nach Gewicht, Nennvolumen oder Stückzahl, - 7.
die Art der Anwendung, - 8.
die Wirkstoffe nach Art und Menge und sonstige Bestandteile nach der Art, soweit dies durch Auflage der zuständigen Bundesoberbehörde nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 angeordnet oder durch Rechtsverordnung nach § 12 Abs. 1 Nr. 4, auch in Verbindung mit Abs. 2, oder nach § 36 Abs. 1 vorgeschrieben ist; bei Arzneimitteln zur parenteralen oder zur topischen Anwendung, einschließlich der Anwendung am Auge, alle Bestandteile nach der Art, - 8a.
bei gentechnologisch gewonnenen Arzneimitteln der Wirkstoff und die Bezeichnung des bei der Herstellung verwendeten gentechnisch veränderten Organismus oder die Zellinie, - 9.
das Verfalldatum mit dem Hinweis "verwendbar bis" oder mit der Abkürzung „verw. bis”, - 10.
bei Arzneimitteln, die der Verschreibungspflicht nach § 48 unterliegen, der Hinweis "Verschreibungspflichtig", bei sonstigen Arzneimitteln, die nur in Apotheken an Verbraucher abgegeben werden dürfen, der Hinweis "Apothekenpflichtig", - 11.
bei Mustern der Hinweis "Unverkäufliches Muster", - 12.
der Hinweis, dass Arzneimittel unzugänglich für Kinder aufbewahrt werden sollen, es sei denn, es handelt sich um Heilwässer, - 13.
soweit erforderlich besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung von nicht verwendeten Arzneimitteln oder sonstige besondere Vorsichtsmaßnahmen, um Gefahren für die Umwelt zu vermeiden, und - 14.
bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln der Verwendungszweck.
(1a) Die zuständige Bundesoberbehörde kann im Fall eines drohenden oder bestehenden versorgungsrelevanten Lieferengpasses auf Antrag des Zulassungsinhabers im Einzelfall gestatten, dass ein Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 befristet mit einer Kennzeichnung in einer anderen als der deutschen Sprache in den Verkehr gebracht wird. In diesem Fall stellt die zuständige Bundesoberbehörde sicher, dass der Verbraucher in geeigneter Weise Zugang zu den erforderlichen Produktinformationen erhält.
(1b) Die Bezeichnung des Arzneimittels ist auf den äußeren Umhüllungen auch in Blindenschrift anzugeben. Die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten sonstigen Angaben zur Darreichungsform und zu der Personengruppe, für die das Arzneimittel bestimmt ist, müssen nicht in Blindenschrift aufgeführt werden; dies gilt auch dann, wenn diese Angaben in der Bezeichnung enthalten sind. Satz 1 gilt nicht für Arzneimittel,
- 1.
die dazu bestimmt sind, ausschließlich durch Angehörige der Heilberufe angewendet zu werden oder - 2.
die in Behältnissen von nicht mehr als 20 Milliliter Nennvolumen oder einer Inhaltsmenge von nicht mehr als 20 Gramm in Verkehr gebracht werden.
(1c) Auf den äußeren Umhüllungen von Arzneimitteln sind Sicherheitsmerkmale sowie eine Vorrichtung zum Erkennen einer möglichen Manipulation der äußeren Umhüllung anzubringen, sofern dies durch Artikel 54a der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67; L 239 vom 12.8.2014, S. 81), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1243 (ABl. L 198 vom 25.7.2019, S. 241) geändert worden ist, vorgeschrieben ist oder auf Grund von Artikel 54a der Richtlinie 2001/83/EG festgelegt wird.
(2) Es sind ferner Warnhinweise, für die Verbraucher bestimmte Aufbewahrungshinweise und für die Fachkreise bestimmte Lagerhinweise anzugeben, soweit dies nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich oder durch Auflagen der zuständigen Bundesoberbehörde nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 angeordnet oder durch Rechtsverordnung vorgeschrieben ist.
(3) Bei Sera ist auch die Art des Lebewesens, aus dem sie gewonnen sind, bei Virusimpfstoffen das Wirtssystem, das zur Virusvermehrung gedient hat, anzugeben.
(4) Bei Arzneimitteln, die in das Register für homöopathische Arzneimittel eingetragen sind, sind an Stelle der Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 14 und außer dem deutlich erkennbaren Hinweis "Homöopathisches Arzneimittel" die folgenden Angaben zu machen:
- 1.
Ursubstanzen nach Art und Menge und der Verdünnungsgrad; dabei sind die Symbole aus den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen zu verwenden; die wissenschaftliche Bezeichnung der Ursubstanz kann durch einen Phantasienamen ergänzt werden, - 2.
Name und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers und, soweit vorhanden, seines örtlichen Vertreters, - 3.
Art der Anwendung, - 4.
Verfalldatum; Absatz 1 Satz 1 Nr. 9 und Absatz 7 finden Anwendung, - 5.
Darreichungsform, - 6.
der Inhalt nach Gewicht, Nennvolumen oder Stückzahl, - 7.
Hinweis, dass Arzneimittel unzugänglich für Kinder aufbewahrt werden sollen, weitere besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung und Warnhinweise, einschließlich weiterer Angaben, soweit diese für eine sichere Anwendung erforderlich oder nach Absatz 2 vorgeschrieben sind, - 8.
Chargenbezeichnung, - 9.
Registrierungsnummer mit der Abkürzung "Reg.-Nr." und der Angabe "Registriertes homöopathisches Arzneimittel, daher ohne Angabe einer therapeutischen Indikation", - 10.
der Hinweis an den Anwender, bei während der Anwendung des Arzneimittels fortdauernden Krankheitssymptomen medizinischen Rat einzuholen, - 11.
bei Arzneimitteln, die nur in Apotheken an Verbraucher abgegeben werden dürfen, der Hinweis "Apothekenpflichtig", - 12.
bei Mustern der Hinweis "Unverkäufliches Muster".
(4a) Bei traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln nach § 39a müssen zusätzlich zu den Angaben in Absatz 1 folgende Hinweise aufgenommen werden:
- 1.
Das Arzneimittel ist ein traditionelles Arzneimittel, das ausschließlich auf Grund langjähriger Anwendung für das Anwendungsgebiet registriert ist, und - 2.
der Anwender sollte bei fortdauernden Krankheitssymptomen oder beim Auftreten anderer als der in der Packungsbeilage erwähnten Nebenwirkungen einen Arzt oder eine andere in einem Heilberuf tätige qualifizierte Person konsultieren.
(5) (weggefallen)
(6) Für die Bezeichnung der Bestandteile gilt Folgendes:
- 1.
Zur Bezeichnung der Art sind die internationalen Kurzbezeichnungen der Weltgesundheitsorganisation oder, soweit solche nicht vorhanden sind, gebräuchliche wissenschaftliche Bezeichnungen zu verwenden; das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bestimmt im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut die zu verwendenden Bezeichnungen und veröffentlicht diese in einer Datenbank nach § 67a; - 2.
Zur Bezeichnung der Menge sind Maßeinheiten zu verwenden; sind biologische Einheiten oder andere Angaben zur Wertigkeit wissenschaftlich gebräuchlich, so sind diese zu verwenden.
(7) Das Verfalldatum ist mit Monat und Jahr anzugeben.
(8) Durchdrückpackungen sind mit dem Namen oder der Firma des pharmazeutischen Unternehmers, der Bezeichnung des Arzneimittels, der Chargenbezeichnung und dem Verfalldatum zu versehen. Auf die Angabe von Namen und Firma eines Parallelimporteurs kann verzichtet werden. Bei Behältnissen von nicht mehr als 10 Milliliter Nennvolumen und bei Ampullen, die nur eine einzige Gebrauchseinheit enthalten, brauchen die Angaben nach den Absätzen 1, 2 bis 5 nur auf den äußeren Umhüllungen gemacht zu werden; jedoch müssen sich auf den Behältnissen und Ampullen mindestens die Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erster Halbsatz, 4, 6, 7, 9 sowie nach den Absätzen 3 und 5 Satz 1 Nummer 1, 3, 7, 9, 12, 14 befinden; es können geeignete Abkürzungen verwendet werden. Satz 3 findet auch auf andere kleine Behältnisse als die dort genannten Anwendung, sofern in Verfahren nach § 25b abweichende Anforderungen an kleine Behältnisse zugrunde gelegt werden.
(8a) Bei Frischplasmazubereitungen und Zubereitungen aus Blutzellen müssen mindestens die Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2, ohne die Angabe der Stärke, Darreichungsform und der Personengruppe, Nummer 3 oder die Genehmigungsnummer mit der Abkürzung „Gen.-Nr.“, Nummer 4, 6, 7 und 9 gemacht sowie die Bezeichnung und das Volumen der Antikoagulans- und, soweit vorhanden, der Additivlösung, die Lagertemperatur, die Blutgruppe und bei allogenen Zubereitungen aus roten Blutkörperchen zusätzlich die Rhesusformel, bei Thrombozytenkonzentraten und autologen Zubereitungen aus roten Blutkörperchen zusätzlich der Rhesusfaktor angegeben werden. Bei autologen Blutzubereitungen muss zusätzlich die Angabe „Nur zur Eigenbluttransfusion“ gemacht und bei autologen und gerichteten Blutzubereitungen zusätzlich ein Hinweis auf den Empfänger gegeben werden. Bei hämatopoetischen Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut muss der Einheitliche Europäische Code mit der Abkürzung „SEC“ angegeben werden sowie im Fall festgestellter Infektiosität die Angabe „Biologische Gefahr“ gemacht werden.
(8b) Bei Gewebezubereitungen müssen mindestens die Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 ohne die Angabe der Stärke, der Darreichungsform und der Personengruppe, Nummer 3 oder die Genehmigungsnummer mit der Abkürzung „Gen.-Nr.“, Nummer 4, 6 und 9, der Einheitliche Europäische Code mit der Abkürzung „SEC“ sowie die Angabe „Biologische Gefahr“ im Falle festgestellter Infektiosität gemacht werden. Bei autologen Gewebezubereitungen müssen zusätzlich die Angabe „Nur zur autologen Anwendung“ gemacht und bei autologen und gerichteten Gewebezubereitungen zusätzlich ein Hinweis auf den Empfänger gegeben werden.
(9) Bei den Angaben nach den Absätzen 1 bis 5 dürfen im Verkehr mit Arzneimitteln übliche Abkürzungen verwendet werden. Die Firma nach Absatz 1 Nr. 1 darf abgekürzt werden, sofern das Unternehmen aus der Abkürzung allgemein erkennbar ist.
(10) (weggefallen)
(11) Aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen dürfen nur mit einer Kennzeichnung abgegeben werden, die mindestens den Anforderungen nach Absatz 8 Satz 1 entspricht. Absatz 1b findet keine Anwendung.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
(1) Der Antragsteller hat der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach den §§ 22 bis 24a und 25b ergeben. Die Verpflichtung nach Satz 1 hat nach Erteilung der Zulassung der Inhaber der Zulassung zu erfüllen.
(1a) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich alle Verbote oder Beschränkungen durch die zuständigen Behörden jedes Landes, in dem das betreffende Arzneimittel in Verkehr gebracht wird, sowie alle anderen neuen Informationen mitzuteilen, die die Beurteilung des Nutzens und der Risiken des betreffenden Arzneimittels beeinflussen könnten. Zu diesen Informationen gehören sowohl positive als auch negative Ergebnisse von klinischen Prüfungen oder anderen Studien, die sich nicht nur auf die in der Zulassung genannten, sondern auf alle Indikationen und Bevölkerungsgruppen beziehen können, sowie Angaben über eine Anwendung des Arzneimittels, die über die Bestimmungen der Zulassung hinausgeht. Er hat auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde auch alle Angaben und Unterlagen vorzulegen, die belegen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis weiterhin günstig zu bewerten ist. Die zuständige Bundesoberbehörde kann jederzeit die Vorlage einer Kopie der Pharmakovigilanz-Stammdokumentation verlangen. Diese hat der Inhaber der Zulassung spätestens sieben Tage nach Zugang der Aufforderung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für den Parallelimporteur.
(1b) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde den Zeitpunkt für das Inverkehrbringen des Arzneimittels unter Berücksichtigung der unterschiedlichen zugelassenen Darreichungsformen und Stärken unverzüglich mitzuteilen.
(1c) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde nach Maßgabe des Satzes 2 anzuzeigen, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels vorübergehend oder endgültig eingestellt wird. Die Anzeige hat spätestens zwei Monate vor der Einstellung des Inverkehrbringens zu erfolgen. Dies gilt nicht, wenn Umstände vorliegen, die der Inhaber der Zulassung nicht zu vertreten hat.
(1d) Der Inhaber der Zulassung hat alle Daten im Zusammenhang mit der Absatzmenge des Arzneimittels sowie alle ihm vorliegenden Daten im Zusammenhang mit dem Verschreibungsvolumen mitzuteilen, sofern die zuständige Bundesoberbehörde dies insbesondere aus Gründen der Arzneimittelsicherheit fordert.
(1e) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde die in dem Verfahren nach Artikel 107c Absatz 4, 5 oder 6 der Richtlinie 2001/83/EG geänderten Stichtage oder Intervalle für die Vorlage von regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten anzuzeigen. Etwaige Änderungen des in der Zulassung angegebenen Stichtags oder des Intervalls auf Grund von Satz 1 werden sechs Monate nach ihrer Veröffentlichung über das europäische Internetportal wirksam.
(1f) Der Inhaber der Zulassung ist verpflichtet, die zuständige Bundesoberbehörde und die Europäische Arzneimittel-Agentur zu informieren, falls neue oder veränderte Risiken bestehen oder sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Arzneimitteln geändert hat.
(1g) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich die Gründe für das vorübergehende oder endgültige Einstellen des Inverkehrbringens, den Rückruf, den Verzicht auf die Zulassung oder die Nichtbeantragung der Verlängerung der Zulassung mitzuteilen. Er hat insbesondere zu erklären, ob die Maßnahme nach Satz 1 auf einem der Gründe des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 4 oder Nummer 5, § 30 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder § 69 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 oder Nummer 5 beruht. Die Mitteilung nach Satz 1 hat auch dann zu erfolgen, wenn die Maßnahme in einem Drittland getroffen wird und auf einem der in Satz 2 genannten Gründe beruht. Beruht eine Maßnahme nach Satz 1 oder Satz 3 auf einem der in Satz 2 genannten Gründe, hat der Inhaber der Zulassung dies darüber hinaus der Europäischen Arzneimittel-Agentur mitzuteilen.
(2) Bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels ist der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Das Arzneimittel darf unter der alten Bezeichnung vom pharmazeutischen Unternehmer noch ein Jahr, von den Groß- und Einzelhändlern noch zwei Jahre, beginnend mit dem auf die Bekanntmachung der Änderung im Bundesanzeiger folgenden 1. Januar oder 1. Juli, in den Verkehr gebracht werden.
(2a) Eine Änderung
- 1.
der Angaben nach den §§ 10, 11 und 11a über die Dosierung, die Art oder die Dauer der Anwendung, die Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um die Zufügung einer oder Veränderung in eine Indikation handelt, die einem anderen Therapiegebiet zuzuordnen ist, eine Einschränkung der Gegenanzeigen, Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 2.
der wirksamen Bestandteile, ausgenommen der arzneilich wirksamen Bestandteile, - 3.
in eine mit der zugelassenen vergleichbaren Darreichungsform, - 3a.
in der Behandlung mit ionisierenden Strahlen, - 4.
im Zusammenhang mit erheblichen Änderungen des Herstellungsverfahrens, der Darreichungsform, der Spezifikation oder des Verunreinigungsprofils des Wirkstoffs oder des Arzneimittels, die sich deutlich auf die Qualität, Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit des Arzneimittels auswirken können, sowie jede Änderung gentechnologischer Herstellungsverfahren; bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen und Allergenen jede Änderung des Herstellungs- oder Prüfverfahrens oder die Angabe einer längeren Haltbarkeitsdauer sowie - 5.
der Packungsgröße - 6.
(weggefallen)
(2b) Abweichend von Absatz 1 kann
- 1.
der Wegfall eines Standortes für die Herstellung des Arzneimittels oder seines Wirkstoffs oder für die Verpackung oder die Chargenfreigabe, - 2.
eine geringfügige Änderung eines genehmigten physikalisch-chemischen Prüfverfahrens, wenn durch entsprechende Validierungsstudien nachgewiesen werden kann, dass das aktualisierte Prüfverfahren mindestens gleichwertig ist, - 3.
eine Änderung der Spezifikation eines Wirkstoffs oder anderen Stoffs zur Arzneimittelherstellung zwecks Anpassung an eine Monografie des Arzneibuchs, wenn die Änderung ausschließlich zur Übereinstimmung mit dem Arzneibuch vorgenommen wird und die Spezifikationen in Bezug auf produktspezifische Eigenschaften unverändert bleiben, - 4.
eine Änderung des Verpackungsmaterials, wenn dieses mit dem Arzneimittel nicht in Berührung kommt und die Abgabe, Verabreichung, Unbedenklichkeit oder Haltbarkeit des Arzneimittels nachweislich nicht beeinträchtigt wird, oder - 5.
eine Änderung im Zusammenhang mit der Verschärfung der Spezifikationsgrenzwerte, wenn die Änderung nicht Folge einer Verpflichtung auf Grund früherer Beurteilungen zur Überprüfung der Spezifikationsgrenzwerte ist und nicht auf unerwartete Ereignisse im Verlauf der Herstellung zurückgeht,
(3) Eine neue Zulassung ist in folgenden Fällen zu beantragen:
- 1.
bei einer Änderung der Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art oder Menge, - 2.
bei einer Änderung der Darreichungsform, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 handelt, - 3.
bei einer Erweiterung der Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 1 handelt, und - 3a.
bei der Einführung gentechnologischer Herstellungsverfahren.
(4) Die Absätze 1, 1a Satz 4 und 5, die Absätze 1e bis 1g, 2, 2a bis 3 finden keine Anwendung auf Arzneimittel, für die von der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist. Für diese Arzneimittel gelten die Verpflichtungen des pharmazeutischen Unternehmers nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 mit der Maßgabe, dass im Geltungsbereich des Gesetzes die Verpflichtung zur Mitteilung an die Mitgliedstaaten oder zur Unterrichtung der Mitgliedstaaten gegenüber der jeweils zuständigen Bundesoberbehörde besteht.
(5) Die Absätze 2a bis 3 finden keine Anwendung für Arzneimittel, die der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 der Kommission vom 24. November 2008 über die Prüfung von Änderungen der Zulassungen von Human- und Tierarzneimitteln (ABl. L 334 vom 12.12.2008, S. 7) in der jeweils geltenden Fassung unterliegen. Die Absätze 2a bis 3 gelten
- 1.
für zulassungspflichtige homöopathische Arzneimittel, die vor dem 1. Januar 1998 zugelassen worden sind oder als zugelassen galten, - 2.
für die in Artikel 3 Nummer 6 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Blutzubereitungen und - 3.
für nach § 21 zugelassene Gewebezubereitungen, es sei denn, es kommt bei ihrer Herstellung ein industrielles Verfahren zur Anwendung.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. April 2013 geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 verpflichtet, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 (Zulassungs-Nr. 38459.00.00) von „B1. " in „B. Naproxen" zu ändern.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin ist Inhaberin der mit Bescheid des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 16. Juni 1998 erteilten Zulassung für das apothekenpflichtige Fertigarzneimittel „B1. " (Zulassungs-Nr. …). Das schmerzstillende, fiebersenkende und entzündungshemmende Antiphlogistikum/Analgetikum ist für die Anwendungsgebiete „leichte bis mäßig starke Schmerzen“ und „Fieber" zugelassen. Wirkstoff ist „Naproxen-Natrium", 220 mg je Filmtablette.
3Mit am 14. Juni 2010 eingegangener Änderungsanzeige vom 11. Juni 2010 zeigte die Klägerin die Änderung der Arzneimittelbezeichnung von „B1. " in „B. Naproxen" an. Monoarzneimittel mit dem Bezeichnungsbestandteil „B. " sind nach ihren Angaben seit 1989 auf dem Markt, derzeit in Deutschland, Österreich und Polen. Sie enthalten jeweils den Wirkstoff Ibuprofen und sind zur symptomatischen Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen wie Kopf-, Zahn- oder Regelschmerzen sowie bei Fieber zugelassen („B. ", „B. forte", „B. mobil"; „B. spezial" auch zur Behandlung akuter Kopfschmerzen bei Migräne mit und ohne Aura). Eine Umsetzung der Bezeichnungsänderung ist durch die Klägerin bislang nicht erfolgt.
4Mit Schreiben vom 26. Juli 2010 teilte das BfArM der Klägerin mit, es halte die Änderung für unzulässig, und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Bezeichnung verstoße gegen das Irreführungsverbot des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, da sie geeignet sei, bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise Fehlvorstellungen über wesentliche Eigenschaften des Präparats zu wecken. Mit Blick auf die Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und die hohe Werbewirkung gesundheitsbezogener Aussagen seien an den Ausschluss einer Irreführung hohe Maßstäbe anzulegen. Die Bezeichnung „B. " betreffe eine für mehrere Monoarzneimittel verwendete Marke, die der Verbraucher mit dem Wirkstoff „Ibuprofen" in Verbindung bringe. Dieser Verbrauchererwartung werde nicht entsprochen, wenn „B1. " zukünftig als „B. Naproxen" erhältlich sei. Für einen Teil der Verbraucher sei anzunehmen, dass sie den Zusatz „Naproxen" ignorierten oder nicht als Hinweis auf einen Wirkstoff wahrnähmen und „B. Naproxen" in der Erwartung kauften, das Präparat enthalte weiterhin Ibuprofen. Zudem sei die Vorstellung möglich, dass „B. Naproxen" neben Naproxen auch Ibuprofen enthalte. Mit dem Versuch, das in Bezug auf die Marke „B. " bestehende Verbrauchervertrauen auf das Arzneimittel zu übertragen, betreibe die Klägerin eine „positive Rufausbeutung", die mit dem Irreführungsverbot nicht vereinbar sei. Die Bezeichnungsänderung verstoße auch gegen den in § 25 Abs. 3 AMG enthaltenen Rechtsgedanken, der als Konkretisierung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG zu sehen sei. Denn es werde gegen die gängige Verbrauchererwartung verstoßen, dass unter einer bestimmten Arzneimittelbezeichnung nur ein Wirkstoff oder eine fixe Wirkstoffkombination vermarktet werde. Mit Schreiben vom 17. August 2010 vertrat die Klägerin die Auffassung, dass sich die Bezeichnung „B. Naproxen" deutlich genug von anderen unterscheide. Zudem verwies sie auf die Wirkstoffangaben auf der Faltschachtel und im Beipackzettel.
5Durch Bescheid vom 8. September 2010 stellte das BfArM fest, dass das Arzneimittel nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG irreführend bezeichnet sei, und wiederholte die Begründung des Anhörungsschreibens. Eine Änderung des Zulassungsbescheids nach § 29 Abs. 2 AMG bzw. der Zulassungsunterlagen gemäß § 22 AMG werde nicht vorgenommen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das BfArM durch Widerspruchsbescheid vom 16. März 2011 zurück.
6Die Klägerin hat am 8. April 2011 beim Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Die getroffene Feststellung sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Grundrechten auf Meinungs- und Berufsfreiheit sowie in ihrem Eigentumsrecht. Im Bereich nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR) gebe es bereits zahlreiche Dachmarken vergleichbarer
7Art, bei denen unter einer Hauptbezeichnung verschiedene Wirkstoffe vermarktet würden (z. B. „E. ®" oder „O. ®"). Auf dem deutschen Markt existiere eine sehr große Anzahl Ibuprofen-haltiger Arzneimittel, die entweder Phantasie-Bezeichnungen oder die Wirkstoffbezeichnung trügen. Ein Verstoß gegen § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG sei schon deshalb nicht gegeben, weil kein anderes Arzneimittel mit der vollständig identischen Bezeichnung „B. Naproxen" auf dem Markt sei und deshalb keine Verwechselungsgefahr bestehe. „B. " sei jedenfalls keine überragende Hauptbezeichnung und erzeuge keine Assoziation zu einem bestimmten Wirkstoff. Vielmehr handele es sich um eine Phantasiebezeichnung, der die Fachsprache keinen bestimmten Wortsinn zuordne und die auch umgangssprachlich weder mit dem Bedeutungsgehalt „ibuprofenhaltiges Präparat" aufgeladen noch mit einem bestimmten Wirkkonzept verknüpft sei. Dessen ungeachtet sei das Wirkkonzept ibuprofenhaltiger und naproxenhaltiger Arzneimittel (Blockade der Cyclooxygenase, dadurch Hemmung der Prostaglandinsynthese) nahezu identisch. Überdies sei die nichtssagende Phantasiebezeichnung „B. " mit der konkreten und ungekürzten Bezeichnung des Wirkstoffs „Naproxen" verbunden, dem starke Assoziationskraft zukomme. Auch finde keine „positive Rufausbeutung" statt, weil die Bezeichnung „B. Naproxen" nicht Ibuprofen suggeriere und auch das Wirkkonzept vergleichbar sei. Zudem weiche § 25 Abs. 3 AMG unzulässigerweise in einem vollharmonisierten Bereich von der Richtlinie 2001/83/EG ab, die kein pauschales Verbot gleicher Arzneimittelbezeichnungen kenne. Eine lrreführung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG finde nicht statt. Der Bezeichnungsbestandteil „B. " sei schon von vornherein nicht geeignet, Fehlvorstellungen des Verbrauchers in Bezug auf die Wirkstoffzusammensetzung zu wecken. Der Zusatz „Naproxen" sei gerade zutreffend und schließe eine sprachliche Verwechslung mit anderen B. -Produkten aus.
8Die Klägerin hat beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 zu verpflichten, die Arzneimittelbezeichnung im Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 (Zulassungs-Nr. 38459.00.00) von „B1. " in „B. ® Naproxen" zu ändern.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung hat sie ausgeführt: Der Bezeichnungsänderung stehe § 25 Abs. 3 AMG entgegen. Die amtliche Begründung zu § 25 Abs. 3 AMG stelle klar, dass die Norm zur Übersichtlichkeit der im Verkehr befindlichen Arzneimittel beitragen solle, indem sie verhindere, dass Arzneimittel in den Verkehr gebracht würden, die bei gleicher Bezeichnung unterschiedliche Zusammensetzungen aufwiesen. Hieraus sei der Grundsatz ableitbar, dass Arzneimittel unter gleicher Bezeichnung nur zuzulassen seien, wenn ihre Wirkstoffzusammensetzung identisch sei. Dies gelte auch für Bezeichnungen, die aus einer Hauptbezeichnung und einem Zusatz bestünden. Andernfalls liefe die Vorschrift praktisch leer, da schon jeder noch so geringfügige Zusatz zu einer Hauptbezeichnung zur Folge habe, dass keine gleiche Bezeichnung vorläge. § 25 Abs. 3 AMG sei auch europarechtskonform, da sich die Norm auf Art. 1 Abs. 20 und das allgemeine Irreführungsverbot des Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG zurückführen lasse.
13Die gewählte Bezeichnung sei auch irreführend im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Der durchschnittliche Verbraucher vertraue darauf, dass Arzneimittel einer Serie, die unter der gleichen Hauptbezeichnung mit unterschiedlichen Bezeichnungszusätzen in den Verkehr gebracht würden, den gleichen Wirkstoff enthielten. Er verbinde mit der Hauptbezeichnung „B. " zumindest ein Schmerzmittel derselben Qualität und Güte wie die bekannten Arzneimittel der Marke „B. ". Ibuprofen und Naproxen-Natrium seien aber durchaus verschieden. Naproxen zeige zum Bespiel deutlich weniger thrombozytenagglutinierende Eigenschaften als Ibuprofen, was für Patienten mit koronaren Vorerkrankungen oder Risikofaktoren von Bedeutung sei. Naproxen habe demgegenüber einen ausgeprägteren schädigenden Effekt auf den Magen-Darm-Trakt. Unzutreffend sei, dass der Verbraucher mit einer Phantasiebezeichnung wie „B. " gar keine Vorstellung verbinde. Wie bei jedem anderen Arzneimittel gehe er zumindest davon aus, dass auch das Basispräparat „B. " einen bestimmten Wirkstoff enthalte. Mit der Bezeichnungsänderung werde der für „B. " aufgebaute gute Ruf für einen gänzlich anderen Wirkstoff ausgebeutet und eine Kontinuität und Verbindung zu den übrigen B. -Präparaten vorgespiegelt. Die Fehlvorstellung werde auch nicht durch den Zusatz „Naproxen" beseitigt; im Gegenteil werde die falsche Erwartungshaltung hervorgerufen, das Arzneimittel enthalte neben Ibuprofen zusätzlich noch Naproxen. Auch komme es nicht darauf an, ob die Hauptbezeichnung eine überragende Marktpräsenz oder eine bestimmte Berühmtheit besitze. Maßgeblich sei, ob sie die anderen Bezeichnungsbestandteile überrage. Unbeachtlich sei der Umstand, dass sich die Verwaltungspraxis des BfArM in der Vergangenheit möglicherweise anders dargestellt habe. Das BfArM prüfe diese Fälle und werde gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen einleiten.
14Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 9. April 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es auf seine Entscheidung vom 12. April 2011 - 7 K 4284/09 („Fenistil“) - Bezug genommen und weiter ausgeführt: Die von der Klägerin gewählte Bezeichnung „B. Naproxen" sei mit § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG unvereinbar. Die Hauptbezeichnung „B. " sei eine seit Jahren markteingeführte Arzneimittelbezeichnung, die durchgehend Präparate mit dem Wirkstoff lbuprofen umfasse. Der wirkstoffbezogene Zusatz „Naproxen" trete hinter der Hauptbezeichnung deutlich zurück und präge die Arzneimittelbezeichnung nicht. Auf eine etwaige abweichende Verwaltungspraxis des BfArM in der Vergangenheit, insbesondere bei der Nachzulassung fiktiv zugelassener Alt-Arzneimittel, könne sich die Klägerin nicht berufen, weil sich die hier relevanten Fragen auf der Ebene der Tatbestandsauslegung zwingender Rechtsvorschriften, nicht aber im Bereich der Ermessensausübung stellten. § 25 Abs. 3 AMG sei europarechtskonform, weil es bei Arzneimitteln an einer unionsweiten Harmonisierung des Bezeichnungsrechts im Sinne einer weitgehenden Liberalisierung fehle.
15Die Bezeichnung „B. Naproxen" sei auch mit § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG unvereinbar, weil sie den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher irreführe. Mit der neuen Bezeichnung solle das für die Marke „B. " begründete Markenimage auf ein anderes Produkt übertragen werden. Im Gegensatz zum imagebegründenden „B. " enthalte das „neue" Produkt jedoch einen anderen Wirkstoff. Es könne nicht unterstellt werden, dass sich dem durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher der Unterschied zwischen Ibuprofen und Naproxen ohne weiteres erschließe. Dies gelte auch mit Blick darauf, dass die übrigen B. -Produkte keinen wirkstoffbezogen Zusatz trügen und Naproxen als Kurzbezeichnung des zugelassenen Wirkstoffs Naproxen-Natrium im Gegensatz zu Ibuprofen nur wenigen Patienten geläufig sein dürfte. Damit könne der Zusatz der Funktion, Verwechselungen vorzubeugen, nicht gerecht werden. Ferner werde mit der Nennung eines Wirkstoffs neben einer Hauptbezeichnung regelmäßig die Vorstellung verbunden, in dem Arzneimittel sei ein zusätzlicher Wirkstoff enthalten. Dass die Präparate nah verwandte Anwendungsgebiete aufwiesen, rechtfertige keine andere Betrachtung. Anders als in früheren Jahrzehnten sei vielen Patienten, auch durch die zur Kostendämpfung geförderten generischen Arzneimittel, ein Denken in Wirkstoffkategorien durchaus nicht fremd. Zwar werde kaum ein Verbraucher wissen, was genau sich hinter Ibuprofen oder Naproxen verberge. Es könne aber unterstellt werden, dass der durchschnittlich informierte Verbraucher, der „B. " einmal angewendet habe, diese Bezeichnung mit dem bekannten Wirkstoff Ibuprofen in Verbindung bringe. Eine klare Trennung beider Wirkstoffe auch auf der Bezeichnungsebene sei umso mehr geboten, als sie hinsichtlich ihres Risikoprofils nicht deckungsgleich seien, wie die Beklagte nachvollziehbar ausgeführt habe.
16Mit der dagegen rechtzeitig eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend: Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass § 25 Abs. 3 AMG auch identische Teilbezeichnungen unabhängig von einer konkreten Verwechslungs- oder Irreführungsgefahr verbiete. Ein solches Verständnis überdehne die Vorschrift und sei gemeinschaftsrechtswidrig, die Sache sei daher dem EuGH vorzulegen. Eine Bezeichnung sei nur dann gleich im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie vollständig übereinstimme. Es fehle auch an einer Irreführung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG, die anhand der konkreten Einzelfallumstände zu ermitteln sei. Der Bezeichnungsbestandteil „B. “ führe weder zu Fehlvorstellungen hinsichtlich des Wirkstoffs noch zu Fehlvorstellungen hinsichtlich der Indikation, der therapeutischen Wirkung oder der Nebenwirkungen des Arzneimittels. Der Verbraucher assoziiere mit „B. “ keinen Wirkstoff, sondern den Anwendungsbereich „Schmerzbehandlung“. Anwendungsgebiete und therapeutische Wirksamkeit von Ibuprofen und Naproxen seien gleich oder wenigstens hinreichend ähnlich. Beide seien Propionsäure-Derivate und erzielten ihre therapeutische Wirkung über die Hemmung der Prostaglandinsynthese. Auch das Risikoprofil sei ausweislich der fast wortgleichen, vom BfArM zugelassenen Gebrauchsinformationen bzw. des 2013 herausgebrachten Mustertextes für Naproxen nahezu identisch; insbesondere fänden sich dort keine Hinweise auf signifikante Unterschiede im Bereich der Gerinnung/Thrombozytenagglutination oder auf einen ausgeprägteren schädigenden Effekt von Naproxen auf den Magen-Darm-Trakt. Ein unterschiedliches Risiko für thrombotische und kardiovaskuläre Ereignisse sowie für gastrointestinale Nebenwirkungen sei nach Stellungnahmen der EMA nicht nachweisbar. Dachmarkenkonzepte seien im Bereich der zur Schmerzbehandlung eingesetzten NSAR-Arzneimittel beim Verbraucher zudem allgemein bekannt. Der Verbraucher sei es insoweit auch gewohnt, dass unter einer Dachmarke verschiedene Wirkstoffe zusammengefasst würden. Der Bezeichnungsbestandteil „Naproxen“ habe ausreichende Unterscheidungskraft, um Verwechslungen mit ibuprofenhaltigen Arzneimitteln zu vermeiden. Solche Wirkstoffbezeichnungen als Bestandteil eines Arzneimittelnamens seien dem Verbraucher von den Generika bekannt. Schließlich verkenne das Verwaltungsgericht die Möglichkeit einer Auflage als milderes Mittel gegenüber der Versagung der Bezeichnungsänderung. Der Klägerin hätte – wie ohnehin beabsichtigt – durch Auflage aufgegeben werden können, die Bezeichnungen „B. “, „B. Forte“, „B. Spezial“ und „B. Mobil“ jeweils durch den Zusatz „Ibuprofen“ unmittelbar nach „B. “ zu ergänzen.
17Die Klägerin beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 9. April 2013 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Zur Begründung trägt sie vor, mit § 25 Abs. 3 AMG sollten Risiken ausgeschlossen werden, die aus der Verwechslung eines Arzneimittels mit einem namensgleichen, aber unterschiedlich zusammengesetzten Arzneimittel entstehen könnten. § 25 Abs. 3 AMG sei deshalb dahingehend auszulegen, dass er eine identische Hauptbezeichnung bei unterschiedlichen Wirkstoffen verbiete. Eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht nur bei vollständig identischer Bezeichnung. Die Bezeichnung sei auch im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG irreführend. Ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher gehe aufgrund der Hauptbezeichnung „B. “ davon aus, dass das Arzneimittel den Wirkstoff Ibuprofen enthalte und hinsichtlich seiner Wirkungen gleich oder zumindest ähnlich zu den übrigen B. -Präparaten sei. Eine vollständige Gleichheit von Ibuprofen und Naproxen sei aber nicht gegeben, weil sie hinsichtlich des Risikopotentials nicht deckungsgleich seien. Für die Nebenwirkung Herzinfarkt bestehe nach dem „Assessment report for Non-Steroidal Anti-Inflammatory Drugs and cardiovascular risk“ vom 18. Dezember 2012 der EMA ein deutlicher Unterschied zwischen Naproxen (0,82) und Ibuprofen (1,61), wobei Werte über 1 die Blutgerinnung förderten. Darüber hinaus seien die unterschiedlichen Dosierungen zu beachten. Wegen der unterschiedlichen Risiko-Profile berge eine Verwechslung der Wirkstoffe aus medizinischer Sicht Risiken. Ein zusätzliches Irreführungspotential liege darin, dass ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher der Arzneimittelbezeichnung „B. Naproxen“ entnehme, dass zusätzlich zum markteingeführten „B. “ ein weiterer Wirkstoff enthalten sei. Kenne der Verbraucher das Produkt „B. “ oder habe er es verwendet, erwarte er, dass es den Wirkstoff Ibuprofen enthalte. Andernfalls bestehe die konkrete Gefahr, dass der Verbraucher davon ausgehe, dass dem in „B. “ üblicherweise enthaltenen Wirkstoff, den er namentlich nicht kenne, der zusätzliche Wirkstoff Naproxen hinzugefügt sei. Eine Auflagenerteilung komme als milderes Mittel nicht in Betracht. Das BfArM sei zu einer Auflage, andere Arzneimittel – ohne vorherige Änderungsanzeige – umzubenennen, nicht ermächtigt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge.
23Entscheidungsgründe
24Die Berufung, über die im Einverständnis der Beteiligten die Berichterstatterin entscheidet (§§ 125 Abs. 1, 87a Abs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet.
25Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Verpflichtungsklage zu Unrecht abgewiesen. Die Ablehnung der Änderung der Arzneimittelbezeichnung in dem Bescheid des BfArM vom 8. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Bezeichnung des Arzneimittels in dem Zulassungsbescheid vom 16. Juni 1998 von „B1. “ in „B. Naproxen“ geändert wird.
261. Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG ist bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Ein Anspruch des Inhabers der Zulassung auf diese Änderung besteht aber nur, wenn gesetzliche Vorschriften dem nicht entgegenstehen. Denn auch im Verfahren der Änderungsanzeige findet eine Überprüfung durch das BfArM statt. Die Arzneimittelbezeichnung ist wesentlicher Bestandteil der Zulassungsentscheidung. Der geänderte Zulassungsbescheid kann nur dann eine legale Zulassung aussprechen, wenn die Änderung mit den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes übereinstimmt. Dies setzt insbesondere voraus, dass keine Versagungsgründe nach § 25 Abs. 2 und 3 AMG vorliegen. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 AMG schließt die Zulassung aus, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften verstößt.
27Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 42, und vom 23. Mai 2007 ‑ 13 A 3657/04 –, juris, Rn. 31; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), Arzneimittelrecht, § 10 Rn. 70; s. auch BVerwG, Beschluss vom 27. März 2008 - 3 B 91/07 -, juris, Rn. 5;
28Hier stehen gesetzliche Vorschriften der Änderung nicht entgegen. Die begehrte Bezeichnung „B. Naproxen“ ist mit § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG (2.) und mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG (3.) vereinbar.
292. Ein Verstoß gegen das Verbot gleicher Bezeichnung liegt nicht vor. Nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist die Zulassung für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Diese Anforderungen an Arzneimittelbezeichnungen gelten nach den vorstehenden Erwägungen auch im Rahmen des § 29 Abs. 2 Satz 1 AMG. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift liegen aber hier nicht vor.
30Die Bezeichnung „B. Naproxen“ wird nicht bereits für ein Arzneimittel mit anderen Wirkstoffen verwandt. Dass unter der gleichen Hauptbezeichnung „B. “, einer sogenannten Dachmarke, Arzneimittel zugelassen sind, rechtfertigt nicht die Annahme der unzulässigen Bezeichnungsgleichheit. Die – den Wirkstoff Ibuprofen enthaltenden – Arzneimittel heißen „B. ", „B. forte", „B. mobil" und „B. spezial".
31Eine gleiche Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist die vollständig wortlautidentische Benennung des Arzneimittels, die als solche wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil der Zulassung ist. Bei zusammengesetzten Bezeichnungen liegt eine gleiche Bezeichnung damit nicht schon dann vor, wenn ‑ wie bei einer Dachmarke eine Identität der Hauptbezeichnung gegeben ist.
32So auch Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2012, § 25 Rn. 88; Menges/ Winnands, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser (Hrsg.), Arzneimittelrecht, § 10 Rn. 288 ff.; vgl. in diese Richtung bereits OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris.
33Dachmarken sind nach der Definition des Markenverbands,
34vgl. B. 1. des Leitfadens für Dachmarken-Konzepte für Arzneimittel, Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika, Medizinprodukte vom 8. Oktober 2002,
35Kennzeichen, die – ergänzt mit unterschiedlichen Bezeichnungszusätzen – gleichzeitig für unterschiedliche Produkte verwendet werden, die sich entweder in ihrer Zweckbestimmung oder in ihrer Zusammensetzung nach Art der Bestandteile voneinander unterscheiden.
36a. Dass die Bezeichnung im Sinne des § 25 Abs. 3 AMG die vollständige Bezeichnung eines Arzneimittels ist, folgt schon aus dem Wortlaut des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG, der nicht zwischen Hauptbezeichnung und ergänzenden Bezeichnungsbestandteilen differenziert. Der Gesetzgeber verwendet zudem einen Begriff, den er zwar in keiner zentralen Norm definiert, aber an zahlreichen Stellen des Arzneimittelgesetzes gebraucht. Die „Bezeichnung“ des Arzneimittels auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AMG), in der Packungsbeilage (§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) AMG) und im Zulassungsantrag (§ 22 Abs. 1 Nr. 2 AMG) meint selbstverständlich die vollständige Bezeichnung, die Gegenstand der Zulassung ist. Dieses Begriffsverständnis gilt – auch nach Auffassung der Beklagten – ebenso für die Frage, ob im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG eine irreführende Bezeichnung vorliegt. Nach der Bekanntmachung des Bundesgesundheitsamtes und des Paul-Ehrlich-Institutes über Hinweise und Empfehlungen zur Vermeidung von irreführenden Arzneimittelbezeichnungen vom 9./22. August 1991 (BAnz., S. 6971) ist die Arzneimittelbezeichnung die vollständige Bezeichnung eines Arzneimittels, die die Hauptbezeichnung sowie ggf. einen Bezeichnungszusatz enthält (Definition 2.1).Weiter heißt es dort, dass die Hauptbezeichnung bei verschiedenen Arzneimitteln einer Arzneimittelserie stets gleich sei (2.2) und mit dem Bezeichnungszusatz ein Unterschied zu anderen Arzneimitteln mit gleicher Hauptbezeichnung deutlich gemacht werden könne (2.3). Dieses Verständnis liegt auch der Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln vom 20. März 2013 zugrunde. Danach ist die Bezeichnung der Name des Arzneimittels, der als Phantasiebezeichnung aus einem oder mehreren Wörtern (z.B. Bezeichnungszusätzen) bestehen kann (Ziffern I., II.2 und II.2.2). Dieses zwar nicht bindende, aber überzeugende Verständnis der Bezeichnung als vollständiger Bezeichnung steht auch im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben. Die „Bezeichnung“ im nationalen Recht entspricht dem „Namen“ des Arzneimittels im Sinne der Richtlinie 2001/83/EG (in der durch die Richtlinie 2004/27/EG geänderten Fassung).
37So auch Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 87; Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 20. März 2013, Ziffer I.
38Nach der Definition in Art. 1 Nr. 20 der Richtlinie 2001/83/EG ist Name des Arzneimittels der Name, der entweder ein nicht zu Verwechslungen mit dem gebräuchlichen Namen führender Phantasiename oder ein gebräuchlicher oder wissenschaftlicher Name in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen sein kann. Dieser Name ist – entsprechend dem nationalen Recht – im Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen zu nennen (Art. 8 Abs. 3 lit. b) und auf der äußeren Umhüllung bzw. Primärverpackung (Art. 54) sowie in der Packungsbeilage (Art. 59) anzugeben. Der Name ist danach auch im Unionsrecht der vollständige Name eines Arzneimittels.
39Dass im Rahmen des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG der Begriff abweichend von den vorstehenden Ausführungen, insbesondere anders als im Rahmen des allgemeinen Irreführungsverbots des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG zu verstehen wäre, ist nicht ersichtlich. Es lässt sich auch nicht mit dem entstehungsgeschichtlich belegten Sinn und Zweck der Vorschrift begründen. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG soll sicherstellen, dass der Verbraucher namensgleiche, aber unterschiedlich zusammengesetzte Arzneimittel nicht verwechselt, und damit die Arzneimittelsicherheit gewährleisten.
40Vgl. Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 86; Menges/Winnands, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), a. a. O. § 10 Rn. 284; Rehmann, Arzneimittelgesetz, 2. Auflage 2003, § 25 Rn. 14; Sander, Arzneimittelrecht, Erl. § 25 AMG, Anm. 12.
41Nach der Gesetzesbegründung soll § 25 Abs. 3 AMG zur Übersichtlichkeit über die im Verkehr befindlichen Arzneimittel beitragen, indem er verhindert, dass ein pharmazeutischer Unternehmer Arzneimittel in den Verkehr bringt, die die gleiche Bezeichnung haben, die jedoch eine unterschiedliche Zusammensetzung aufweisen (BT-Drs. 7/3060, S. 50). Ärzte, Apotheker und Verbraucher erwarteten unter einheitlicher Bezeichnung Arzneimittel, die aus den gleichen Wirkstoffen zusammengesetzt seien. Dem sei im Interesse der Arzneimittelsicherheit Rechnung zu tragen (BR-Drs. 596/85, S. 56 = BT-Drs. 10/5112, S. 18).
42Dieser Zweck des § 25 Abs. 3 AMG erfordert aber nicht die von der Beklagten befürwortete extensive Auslegung der Vorschrift. Verwechslungsgefahren, die sich aus der Teilidentität oder auch aus großer Ähnlichkeit von Bezeichnungen ergeben, sind bei der hier vertretenen Auslegung nicht hinzunehmen, sondern im Rahmen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG aufgrund der konkreten Einzelfallumstände zu prüfen und ggf. zu verhindern.
43b. Schließlich folgt aus der Verwendung des Begriffs „gleiche“ statt „dieselbe“ Bezeichnung nichts anderes. Gemeint ist eine – vollständige – Identität der Bezeichnungen.
44Vgl. Kügel, Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O., § 25 Rn. 88; Rehmann, a. a. O., § 25 Rn. 14.
45Der Gesetzgeber verwendet auch an anderer Stelle im Arzneimittelgesetz den Begriff „gleich“ und meint eine vollständige Übereinstimmung. So ist unstreitig, dass die Zulassung eines Generikums nach § 24b AMG die gänzlich identische Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art und Menge und dieselbe Darreichungsform voraussetzt, auch wenn der Gesetzgeber in § 24 b Abs. 2 Satz 1 AMG das Wort „gleiche“ benutzt. Ob ähnliche, d.h. sich gleichende oder teilidentische Bezeichnungen zulässig sind oder eine Verwechslungsgefahr bedeuten, beurteilt sich nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG aufgrund einer Prüfung im Einzelfall. § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG ist – in der Art eines abstrakten Gefährdungstatbestands – eine Konkretisierung dieses Irreführungsgebots,
46vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 2007 - 13 A 3657/04 -, juris, Rn. 33.
47was im Übrigen ein weiteres Argument für ein gleichlaufendes Verständnis des Begriffs Bezeichnung in beiden Vorschriften und für die Verlagerung der Prüfung der konkreten Irreführungsgefahr in § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG ist.
48c. Liegen danach mangels vollständiger Bezeichnungsidentität die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 Satz 1 AMG nicht vor, kann offenbleiben, ob Unionsrecht der Anwendung dieser Vorschrift entgegensteht, weil dort kein entsprechender Versagungstatbestand existiert. Allerdings lässt sich der Richtlinie 2001/83/EG, insbesondere Art. 1 Nr. 20, Art. 59 Abs. 1 Satz 1 a) i), Art. 62 Halbsatz 2 sowie Art. 87 Abs. 3, das Verbot von irreführenden Bezeichnungen entnehmen.
49Vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 ‑ 13 A 3657/04 –, juris, Rn. 35, und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 81; zur weiteren Anwendbarkeit nationaler Rechtsvorschriften auf bestimmte rein nationale Zulassungen siehe auch Art. 24a der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 (in der Fassung der Änderung vom 3. August 2012) i.V.m. Art. 23b Abs. 4 der Richtlinie 2001/83/EG.
503. Die Bezeichnung „B. Naproxen“ ist auch mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG vereinbar. Diese Vorschrift verbietet es, Arzneimittel herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die mit einer irreführenden Bezeichnung versehen sind. Daran fehlt es hier.
51a. Eine irreführende Bezeichnung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn die Bezeichnung bei einem nicht ganz unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise unzutreffende Erwartungen, insbesondere über die Art, Qualität, therapeutische Wirksamkeit, Unbedenklichkeit oder sonstige wesentliche Merkmale des Arzneimittels, weckt. Angesichts der Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit und der mit falschen Erwartungen an Arzneimittel verbundenen Gesundheitsrisiken sind an die Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit der Bezeichnung von Arzneimitteln erhöhte Anforderungen zu stellen (sog. Strengeprinzip).
52Vgl. OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 – 13 A 3657/04 -, juris, Rn. 36, vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 –, juris, Rn. 42 ff., und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, A & R 2013, 202 = juris, Rn. 46; BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 – I ZR 62/11 –, juris, Rn. 15.
53Die Bezeichnung eines Arzneimittels ist nicht nur für fachlich informierte Per-sonengruppen wie Ärzte, Apotheker sowie Behörden von Bedeutung. Sie ist in besonderem Maße für die Information der Verbraucher der Arzneimittel wichtig, die typischerweise nicht über qualifizierte medizinische Kenntnisse verfügen. Bei – wie hier – rezeptfrei in Apotheken zur Selbstmedikation angebotenen Arzneimitteln sind weder Apotheker noch Käufer verpflichtet, ein Gespräch über die Eigenschaften und Wirkungen des Arzneimittels zu führen. Eine entsprechende Beratungsmöglichkeit wird häufig nicht in Anspruch genommen, so dass mögliche bezeichnungsbedingte Fehlvorstellungen der Verbraucher durch die Beratungsmöglichkeit nicht sicher bzw. nicht hinreichend wahrscheinlich ausgeschlossen werden können.
54Vgl. OVG NRW, Urteile vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 49 f., und vom 12. August 2009 – 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 47 ff.
55Bei der Ermittlung der durch die Bezeichnung des Arzneimittels ausgelösten Vorstellungen des Verbrauchers ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen. Dieser geht zu Recht davon aus, dass das Gesundheitswesen einschließlich der Arzneimittelwirtschaft staatlicherseits reguliert und überwacht wird. Er vertraut typischerweise darauf, dass die zugelassene Bezeichnung so eindeutig ist, dass sie keine Fehlvorstellungen bzw. Missverständnisse über das Arzneimittel auslöst.
56Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 55 ff., und vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 52.
57Zur Ermittlung der Verbrauchervorstellungen ist keine Marktforschung erforderlich. Der Senat kann aufgrund eigener Sachkunde feststellen, wie die Bezeichnung durch einen nicht ganz unerheblichen Teil des Verkehrskreises verstanden wird, da seine Mitglieder selbst zu den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchern zählen.
58Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 –, juris, Rn. 57, und vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 62, 68; BGH, Urteil vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01 –, GRUR 2004, 244 = juris, Rn. 18 bis 20.
59b. Gemessen an diesen Maßstäben ist bei einer Gesamtbetrachtung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls die Bezeichnung „B. Naproxen“ nicht im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 AMG irreführend.
60aa. Dabei ist zunächst die Hauptbezeichnung „B. “ in den Blick zu nehmen. Der Verbraucher misst bei Namen von Waren, die sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzen, dem – typischerweise vorangestellten – Hauptbestandteil regelmäßig besondere Bedeutung für die Art bzw. Qualität der jeweiligen Ware zu. Im Rahmen einer zusammengesetzten Bezeichnung sind die sprachliche Bedeutung und die entsprechende Wahrnehmbarkeit des Hauptbestandteils regelmäßig so herausgehoben, dass ein erheblicher Teil der Verbraucher mit diesem Bestandteil nicht allein eine produktunabhängige Werbeaussage, sondern eine produktbezogene Inhaltsangabe verbindet. Dies wird durch die gezielte Verwendung der Dachmarken als Marketing-Instrument belegt und gilt auch für die Bezeichnung von Arzneimitteln, die neben anderen Produkten Gegenstand des Leitfadens für Dachmarken-Konzepte des Markenverbands sind. Bei einer Dachmarke, die seit mehreren Jahren für bestimmte Arzneimittel genutzt wird, besteht deshalb grundsätzlich die Gefahr, dass Verbraucher, die ein Präparat dieser Marke kennen, ein dieselbe Hauptbezeichnung führendes (neues) Arzneimittel hinsichtlich seines Anwendungsgebiets und seiner therapeutischen Wirksamkeit als gleich oder zumindest als ähnlich wahrnehmen. Diese Assoziation bereits bekannter (Wirk‑)Qualitäten ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch einer der zentralen Gründe, Dachmarken zu verwenden.
61Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 55 ff.
62Dies gilt grundsätzlich auch hier. Der Verbraucher wird dem Bezeichnungsbestandteil „B. “ besondere Bedeutung zumessen. Der wirkstoffbezogene Zusatz „Naproxen" tritt dahinter zurück. Das entspricht der (Marketing-)Strategie der Klägerin, die Dachmarke „B. " in den Vordergrund zu stellen und auf deren Wahrnehmung durch den Verbraucher zu setzen.
63Vgl. auch den Internetauftritt www.B. .de.
64Wie bekannt diese Dachmarke ist, ist hierfür ebenso unerheblich wie der Umstand, dass „B. “ ein Phantasiename ist, während der Zusatz „Naproxen“ einen Wirkstoff bezeichnet.
65Gleichwohl führt die Verwendung der Dachmarke „B. “ nicht zu erheblichen Fehlvorstellungen. Die Nutzung einer eingeführten Dachmarke für ein wirkstoffverschiedenes Arzneimittel ist zwar im Regelfall irreführend.
66Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, a. a. O. ; Kloesel/Cyran, § 8 Anm. 22; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, § 10 Rn. 78; Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 2013, Ziff. II 2.2.1 („zu vermeiden“); a. A. Schraitle, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser, § 6 Rn. 76; European Medicines Agency (EMA), QRD recommendations on pack design and labelling for centrally authorised non-prescription human medicinal products, Draft, März 2011, Ziff. 4.1.2.
67Insbesondere lässt sich aus § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG, wonach in bestimmten Fällen ein (Alt-)Arzneimittel auch nach Änderung der Zusammensetzung mit gleicher Bezeichnung in den Verkehr gebracht werden darf, nichts Gegenteiliges schließen.
68Hier ist die Verwendung der Dachmarke aufgrund der besonderen Einzelfallumstände weder unter dem Gesichtspunkt der Verwechslung noch unter dem Aspekt der Herstellung einer gedanklichen Verbindung irreführend. Sie weckt auch unter Berücksichtigung strenger Anforderungen an Wahrheit, Eindeutigkeit und Klarheit der Bezeichnung keine unzutreffenden Verbrauchererwartungen.
69Ob die Verwendung einer Dachmarke bei unterschiedlich zusammengesetzten Arzneimitteln zulässig ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Unterschiede der Arzneimittel und der Gefahren, die bei einer etwaigen Verwechslung bestehen.
70Vgl. auch Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts zur Bezeichnung von Arzneimitteln, 20. März 2013, S. 6 f. (Ziff. 2.2.1); EMA, Committe for human medicinal products (CHMP), Guideline on the acceptability of names for human medicinal products processed through the centralised procedure, 11. Dezember 2007, Ziff. 1. und 2.1.1.
71Sollte ein nicht ganz unerheblicher Teil der Verbraucher annehmen, das streitgegenständliche Arzneimittel diene wie die übrigen „B. “-Präparate der Behandlung von Schmerzen und Fieber und entfalte die gleichen therapeutischen Wirkungen, trifft dies – anders als etwa im Fall „Fenistil“ (Senatsurteil vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -) – zu. Das streitgegenständliche Arzneimittel enthält zwar den Wirkstoff Naproxen, während die markteingeführten „B. “-Produkte Ibuprofen enthalten. Die Anwendungsgebiete stimmen aber überein. Beide sind zugelassen zur Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen und Fieber. Zudem sind die Wirkstoffe Ibuprofen und Naproxen der gleichen Wirkstoffgruppe zuzuordnen und der Wirkmechanismus ist identisch. Beide sind nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)/ nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAP bzw. NSAID), die schmerzlindernd, fiebersenkend und entzündungshemmend wirken. Naproxen gehört wie Ibuprofen der Wirkstoffklasse der nichtselektiven NSAR an (sogenannte COX-1/2-Hemmer). Ibuprofen und das später entdeckte und zugelassene Naproxen sind Arylpropionsäurederivate und wirken in gleicher Weise, indem sie das Enzym Cyclooxygenase (COX) blockieren und dadurch die Synthese der Prostaglandine, der für die Vermittlung von Schmerzempfindung verantwortlichen Botenstoffe, hemmen.
72Vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage 2007, „Antiphlogistika, nichtsteroidale“; www.wikipedia.de zu „nichtsteroidales Antirheumatikum“, „Ibuprofen“ und zu „Naproxen“.
73Schließlich weist auch das Nebenwirkungsprofil keine erheblichen Unterschiede auf. Die Nebenwirkungshinweise und Gegenanzeigen in den Gebrauchsinformationen, auch die zuletzt vorgelegten aktuellen Fassungen (Gebrauchsinformation „B. “ aus März /August 2011) bzw. diesbezüglichen Mustertexte (zu Naproxen vom 20. November 2013), unterscheiden sich nur geringfügig, was sich mit der Zugehörigkeit der Wirkstoffe zur gleichen Wirkstoffklasse und der identischen Wirkweise erklären lässt. Aus vereinzelten Unterschieden in den Häufigkeiten bestimmter Nebenwirkungen lässt sich ebenfalls nicht auf ein unterschiedliches Nebenwirkungsprofil schließen, da hier statistische Fragen eine Rolle spielen und mal das eine, mal das andere Arzneimittel eine abweichende Häufigkeit verzeichnet. Soweit das BfArM höhere gastrointestinale Risiken von Naproxen betont, hat dies in den Nebenwirkungshinweisen keinen Niederschlag gefunden. Bestehen aber keine derartigen Unterschiede, dass es unterschiedlicher Hinweise bedürfte, sind die Unterschiede nicht als relevant einzuordnen.
74Darüber hinaus hat die – für die Irreführungsgefahr darlegungs- und beweispflichtige – Beklagte auch nicht aufgrund anderer Erkenntnisse nachvollziehbar dargelegt, dass gleichwohl ein unterschiedliches Risikoprofil besteht. Zwar stützen bestimmte Studien und Datensammlungen ihre Auffassung, dass Naproxen geringere kardiovaskuläre und Thrombose-Risiken birgt und deshalb für Patienten mit koronaren Vorerkrankungen oder Risikofaktoren vorteilhafter ist.
75Vgl. Trelle et al., Cardiovascular safety of non-steroidal anti-inflammatory drugs: network meta-analysis, BMJ 2011, 342:7086, S. 6, 10; EMA, Public CHMP assessment report for medicinal products containing non-selective non steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs), 7. November 2006, S. 18, 20; EMA, Assessment report for Non Steroidal Anti-Inflammatory Drugs (NSAIDs) and cardio-vascular risk, 18. Oktober 2012, S. 10, 24, 26.
76Abgesehen davon, dass ein geringeres Risiko wohl nur bei deutlich höherer Dosierung und längerer Anwendungsdauer als hier im OTC-Bereich besteht, kann dieser Umstand der Klägerin nicht entgegengehalten werden. Eine Verwechslung erwiese sich insoweit als vorteilhaft, so dass ein Schutzbedürfnis der Verbraucher nicht besteht. Die Behauptung der Beklagten, Naproxen habe gegenüber Ibuprofen einen ausgeprägteren schädigenden Effekt auf den Magen-Darm-Trakt, ist demgegenüber nicht wissenschaftlich belegt. Das BfArM führt hierfür nur die Ergebnisse einer Studie aus 1994 zu den Risiken von blutenden Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren an (Langman M et al., Lancet 1994, 343:1075). Die Studie selbst liegt nicht vor. Demgegenüber besteht nach der neueren Studie von Lewis et a. („Risk of serious upper gastrointestinal toxicity with over-the-counter nonaspirin nonsteroidal anti-inflammatory drugs“, Gastroenterology 2005, 129:1865) kein signifikanter Unterschied für das Risiko „gastrointestinale Toxizität“ zwischen Naproxen und Ibuprofen. Diese Schlussfolgerung teilte auch der Sachverständigenausschuss des BfArM zur Verschreibungspflicht (69. Sitzung am 26. Juni 2012). Nach einer Studie von Singh G (Am J Ther 2000, 7: 115) liegt das relevante Risiko von Ibuprofen bei 3,5, das von Naproxen bei 3,42 bei einem Wert von 3,92 für alle NSAIDs. Die EMA geht nach dem „Public CHMP assessment report for medicinal products containing non-selective non steroidal anti-inflammatory drugs (NSAIDs)” vom 7. November 2006 (Seite 5) davon aus, die verfügbaren Daten erlaubten keine präzise Quantifizierung der Risiken ernster gastrointestinaler Nebenwirkungen bei verschiedenen NSAIDs; es bestünden Anhaltspunkte für eine Dosisabhängigkeit. Es sei nicht möglich, sichere Schlussfolgerungen zu den relativen Risiken für gastrointestinale Nebenwirkungen der einzelnen Produkte zu ziehen. Zwar gebe es Hinweise für ein geringfügig höheres Risiko für gastrointestinale Nebenwirkungen bei Naproxen, die Erkenntnisse für entsprechende Schlussfolgerungen seien aber nur schwach. Bei Ibuprofen könnten die günstigeren Annahmen auf der Verwendung niedriger Dosen und kurzzeitigen Anwendungen beruhen. Ein unterschiedliches Risikoprofil lässt sich damit nicht belegen.
77Hier maßgebliche Unterschiede kann die Beklagte auch nicht daraus herleiten, dass für die Arzneimittel unterschiedliche Altersgrenzen (Kinder ab 6 Jahren bei „B. “ und „B. Forte“, ab 12 Jahren beim streitgegenständlichen Arzneimittel) und abweichende Dosierungsangaben gelten. Der aufgeklärte, durchschnittlich informierte Verbraucher geht nicht bei Arzneimitteln mit gleicher Hauptbezeichnung davon aus, dass sie auch in Wirkstoffmenge, Dosierung und Gegenanzeigen für die Anwendung bei Kindern identisch sind. Dass auch das BfArM dies bisher so gesehen hat, zeigt unter anderem die Zulassung der bisherigen B. -Produkte unter gleicher Hauptbezeichnung, die in Bezug auf diese Gesichtspunkte ebenfalls Unterschiede aufweisen. So ist „B. Spezial“ im Unterschied zu den beiden anderen „B. “-Produkten ebenfalls erst für Kinder ab 12 Jahren zugelassen. Wie die Klägerin im Klageverfahren näher dargelegt hat, ergibt sich hier die Anwendungsbeschränkung aus der Wirkstoffmenge und lässt daher insbesondere keinen Schluss auf ein anderes Risikoprofil des Wirkstoffs zu. Hinzu kommt, dass das hier streitgegenständliche Produkt vielfach bei akuten Zuständen, d.h. nicht nur von chronisch Kranken genutzt wird. Der Verbraucher wird sich auch vor der Einnahme eines schon bekannten Arzneimittels über die Dosierung und die Anwendbarkeit bei Kindern informieren, zumal sich hier aufgrund neuerer Erkenntnisse auch Änderungen ergeben können.
78Eine Irreführung könnte danach lediglich über das Vorhandensein des Wirkstoffs Ibuprofen bzw. dahingehend bestehen, dass es sich um das (wirkstoff-)gleiche Präparat handele. Der Wirkstoff ist ein wesentliches Merkmal eines Arzneimittels. Eine diesbezügliche Fehlvorstellung setzte aber voraus, dass der Durchschnittsverbraucher bzw. ein nicht unerheblicher Teil der aufgeklärten Verbraucher mit dem Phantasienamen „B. “ einen bestimmten Wirkstoff verbindet bzw. den „Wirkstoff hinter B. “ nunmehr bei jedem Produkt der Serie erwartet. Davon ist hier nicht auszugehen. Es ist schon zweifelhaft, ob der Verbraucher regelmäßig mit einem Arzneimittelnamen einen bestimmten Wirkstoff verbindet. Typischerweise wird der aufgeklärte, durchschnittlich informierte Verbraucher mit der Bezeichnung nur das Anwendungsgebiet und gegebenenfalls noch einen bestimmten Wirkmechanismus verbinden. Hier kommt hinzu, dass zahlreiche Produkte mit dem Wirkstoff Ibuprofen im Verkehr sind, diesen teilweise auch im Namen tragen, und „B. “ deshalb nicht aufgrund seiner Alleinstellung mit Ibuprofen assoziiert wird.
79Ferner ist für die Ermittlung der (Fehl‑)Vorstellung eines nicht unerheblichen Teils der aufgeklärten Verbraucher von Bedeutung, dass nicht von einer besonderen Bekanntheit der Dachmarke auszugehen ist. Die Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass eine Irreführung nicht nur bei berühmten Namen in Betracht kommt. Unter anderem vom Bekanntheitsgrad hängt aber ab, ob bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher eine Verwechslungsgefahr besteht.
80Vgl. dazu EuGH, Urteil vom 11. November 1997 ‑ Rs. C-251/95 (Puma) -, Rn. 22.
81Je weniger bekannt ein Produkt bzw. eine Marke ist, desto geringer ist die Irreführungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Verwechslung. Die von der Klägerin hier mitgeteilten Verkaufszahlen und Marktanteile lassen auf einen geringen Bekanntheitsgrad schließen. „B. “ hatte im Jahr 2013 bei 429.500 verkauften Packungen einen Marktanteil bei den ibuprofenhaltigen Analgetika von 0,9 Prozent (2009: 1,9 % ,2010: 1,6 %, 2011: 1,3 %, 2012: 1,1 %). Demgegenüber hatte etwa E. einen Marktanteil von zuletzt 15 % (2009: 24,8 %), J. -ratiopharm einen Marktanteil von 11,7 % (2009: 15,2 %). Nimmt man die apothekenpflichtigen Analgetika insgesamt in den Blick, betrug der Marktanteil 2013 lediglich 0,3 Prozent (2009: und 2010: jeweils 0,4 %, 2011 und 2012: jeweils 0,3 %). Angesichts dessen ist die Gruppe derjenigen, die „B. “ kennen, nicht als hinreichend bedeutender Teil der angesprochenen Verkehrskreise einzuordnen. Abgesehen davon ist nicht davon auszugehen, dass diese Gruppe „B. “ mit dem Wirkstoff Ibuprofen in Verbindung mit.
82Auf die Verbrauchervorstellung wirkt sich weiterhin aus, dass gerade im Bereich der Schmerzbehandlung mit nichtsteroidalen Antiphlogistika seit vielen Jahren zahlreiche Dachmarken mit verschiedenen Wirkstoffen auf dem Markt sind, insbesondere seit den 1990er Jahren „E. “ (Ibuprofen, Ketoprofen, Naproxen), das einen um ein Vielfaches höheren Marktanteil hat als „B. “, ferner O. , U. und U1. . Dies verschafft der Klägerin zwar, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Das Argument der Beklagten, die Irreführungsgefahr könne nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass irreführende Produkte auf dem Markt seien, greift aber nicht durch. Die hier maßgeblichen Vorstellungen und Erwartungen des Verbrauchers in Bezug auf die streitgegenständliche Bezeichnung werden auch durch die tatsächlichen Verhältnisse in dem Marktsegment geprägt. Da das BfArM in der Vergangenheit Dachmarken für verschiedene Wirkstoffe im Bereich der Schmerzmedikation zugelassen hat, und dies auch bei bekannten Marken mit hohem Marktanteil, erwartet der Verbraucher jedenfalls in diesem Bereich unter einer Dachmarke nicht stets Arzneimittel mit einer identischen Zusammensetzung.
83Vgl. auch Sander, PharmR 2013, 359 (360).
84Die Annahme des Verwaltungsgerichts, Verbraucher nutzten zunehmend Generika und ihnen sei ein Denken in Wirkstoffkategorien nicht fremd, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Daraus lässt sich nur auf eine Vertrautheit mit (wirkstoffgleichen) preiswerteren Alternativprodukten, nicht aber darauf schließen, dass Verbraucher umgekehrt bei Arzneimitteln einer Serie bzw. Dachmarke denselben Wirkstoff erwarten. Es erscheint schon zweifelhaft, ob der Verbraucher sich Kenntnis vom Wirkstoff verschafft. Nahe liegender dürfte sein, dass ihn nur interessiert, ob er mit dem Generikum „das Gleiche“ erhält wie vom Arzt verschrieben oder bisher von ihm verwendet. Geht man aber davon aus, der aufgeklärte Verbraucher informiere sich über den Wirkstoff von Arzneimitteln, muss dies gerade auch für das streitgegenständliche Arzneimittel gelten, zumal diesem eine Wirkstoffbezeichnung hinzugefügt ist.
85bb. Durch den Zusatz „Naproxen“ zur Hauptbezeichnung „B. “ ist eine hinreichende Unterscheidung zu den anderen Arzneimittelbezeichnungen der Dachmarke gewährleistet. Zwar hat der Senat im „Fenistil“-Urteil angenommen, ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher gehe bei einer bekannten Dachmarke davon aus, dem in den markteingeführten Produkten enthaltenen Wirkstoff sei ein weiterer Wirkstoff hinzugefügt.
86Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2013 – 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 65 f.
87Hier liegt der Fall aber anders. Aus den vorstehenden Gründen wird kein hinreichender Teil der angesprochenen Verkehrskreise „B. “ mit dem Wirkstoff Ibuprofen und „B. Naproxen“ mit den markteingeführten „B. “-Produkten verbinden. Er wird deshalb auch nicht annehmen, „B. Naproxen“ sei „B. “ (= Ibuprofen) plus Naproxen. Eine Verbrauchererwartung, dass Arzneimittel, deren mehrteiliger Name eine Wirkstoffbezeichnung beinhaltet, stets zwei Wirkstoffe (den „hinter B. “ sowie „Naproxen“) enthalten, besteht nicht. Abgesehen davon wird der aufgeklärte Verbraucher, der die markteingeführten „B. “-Produkte kennt, angesichts der Existenz von zahlreichen (bekannteren) Dachmarken im Bereich der Schmerzmedikamente mit unterschiedlichen Wirkstoffen besondere Sorgfalt an den Tag legen, sollte es ihm auf „B. “ mit einem bestimmten Wirkstoff ankommen.
88Im Übrigen strebt die Klägerin die Umbenennung ihrer markteingeführten B. -Produkte dahingehend an, dass dort – analog zum Zusatz „Naproxen“ beim streitgegenständlichen Arzneimitteln – jeweils der Zusatz „Ibuprofen“ ergänzt wird. Sie hat in der Berufungsverhandlung erklärt, mit Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Produkts unter der neuen Bezeichnung die alten Produkte nur noch mit einer geänderten, um „Ibuprofen“ ergänzten Bezeichnung in den Verkehr bringen zu wollen. Enthalten aber alle Produkte der Dachmarke „B. “ den entsprechenden Wirkstoffzusatz in der Bezeichnung, wird – den hier allein bestehenden – Irreführungs- und Verwechslungsgefahren in Bezug auf den Wirkstoff hinreichend vorgebeugt.
89So auch Schraitle, in: Fuhrmann/ Klein/ Fleischfresser (Hrsg.), a. a. O., § 6 Rn. 76.
90Der Verbraucher wird dann bei gleicher Hauptbezeichnung keine Wirkstoffidentität erwarten. Dies hat auch das BfArM in der Berufungsverhandlung eingeräumt. Dass dann für eine Übergangszeit noch Arzneimittel mit der bisherigen Bezeichnung im Verkehr sind, ist angesichts der übrigen hier angeführten Umstände hinnehmbar. Anders als in den von § 105 Abs. 3a Satz 3 AMG und Ziffer 2.2.2 der Leitlinie des BfArM und des Paul-Ehrlich-Instituts vom 20. März 2013 erfassten Fällen der Übertragung bzw. Weiterverwendung einer Bezeichnung für ein anderes Arzneimittel mit einem anderen Wirkstoff, für die eine Wartezeit von fünf Jahren vorgesehen ist, unterscheiden sich die markteingeführten „B. “-Produkte und „B. Naproxen“ durch den Wirkstoffzusatz.
91cc. Selbst wenn man aber annähme, ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher assoziiere mit „B. “ die markteingeführten Produkte, gehe also aufgrund der Hauptbezeichnung davon aus, „B. Naproxen“ enthalte den gleichen Wirkstoff, ergänzt um Naproxen, rechtfertigte diese Fehlvorstellung bei verfassungskonformer Auslegung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG nicht die Ablehnung der Bezeichnungsänderung.
92§ 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG dient der Arzneimittelsicherheit, dem in § 1 AMG verankerten zentralen Ziel des Arzneimittelgesetzes, und, das zeigen die Regelbeispiele in 3 8 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis c) AMG, dem Schutz des Verbrauchers vor Täuschungen über die Wirksamkeit und Qualität von Arzneimitteln. Die Bestimmung beschränkt die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Unternehmers, die auch eine Wahlfreiheit bei Bezeichnungen und Marketingstrategien einschließt. Die Beschränkung ist in ihrer abstrakt-generellen Form zum Schutz vor gesundheitlichen Gefahren gerechtfertigt.
93Vgl. OVG NRW, Urteile vom 12. August 2009 ‑ 13 A 2147/06 -, juris, Rn. 71 ff., und vom 17. Juni 2013 - 13 A 1113/11 -, juris, Rn. 29; Kösling, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, § 10 Rn. 76; Nickel, in: Kügel/Müller/Hofmann, a. a. O. § 8 Rn. 18.
94Aus der hohen Bedeutung des Rechtsguts Gesundheit resultiert ein besonderes Schutzbedürfnis des Verbrauchers. Werbemaßnahmen für die Gesundheit gelten als besonders wirksam. Mit irreführenden Angaben können Gefahren für die Gesundheit des Einzelnen sowie der Bevölkerung insgesamt verbunden sein. Einschränkungen der grundrechtlich geschützten Individualinteressen des pharmazeutischen Unternehmers an der freien Wahl der Arzneimittelbezeichnung sind aber im Einzelfall nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigt, wenn eine Bezeichnungsänderung nicht die Gefahr irrtümlicher Arzneimittelanwendungen birgt. So liegt der Fall hier. Nach den obigen Ausführungen ist nicht davon auszugehen, dass die Verwechslung der Arzneimittel – unterstellt, es käme überhaupt dazu – Gesundheitsgefahren begründet, da sie bei gleicher Indikation in gleicher Weise wirken und das Nebenwirkungsprofil sich nicht unterscheidet.
95Hiervon ausgehend steht § 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG nicht per se dem unternehmerischen Bemühen entgegen, das positive Image einer Marke auf weitere Arzneimittel zu transferieren bzw. eine solche Dachmarke auf- und auszubauen. Eine Beschränkung der Bezeichnungsfreiheit ist hier auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Eigenschaften von „B. Naproxen“ falsch oder übertrieben dargestellt würden (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 2 lit. a) bis c) AMG) und die Klägerin zu Unrecht die Wertschätzung der Marke „B. “ ausnutzen wollte. Die von der Beklagte angeführte Annahme, der Verbraucher verbinde mit „B. “ die Vorstellung einer Arzneimittelwirkung dergestalt, dass es sich um ein der Behandlung von Schmerzen dienendes Arzneimittel derselben Qualität und Güte wie die ihm bekannten markteingeführten Arzneimittel handele, ist aus den oben ausgeführten Gründen nicht falsch. Wird dem streitgegenständlichen Arzneimittel zutreffend eine therapeutische Wirksamkeit „wie bei B. “ beigemessen, findet damit keine Ruf-Ausbeutung statt, zumal „B. Naproxen“ kein neues Arzneimitteil, sondern ein seit 1998 zugelassenes und nur unter einer anderen Bezeichnung vertriebenes Produkt ist.
96Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
97Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2, § 709 Satz 2 ZPO.
98Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.