Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 05. Aug. 2015 - 24 L 1670/15

ECLI:ECLI:DE:VGK:2015:0805.24L1670.15.00
bei uns veröffentlicht am05.08.2015

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.592,50 Euro festgesetzt.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 162 Schätzung von Besteuerungsgrundlagen


(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. (2) Zu schätzen ist insbesondere dann, we

Abgabenordnung - AO 1977 | § 165 Vorläufige Steuerfestsetzung, Aussetzung der Steuerfestsetzung


(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn1.ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteue

Abgabenordnung - AO 1977 | § 90 Mitwirkungspflichten der Beteiligten


(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen un

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 12 Steuersätze


(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4). (2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:1.die Lieferungen, die Einfuhr u

Abgabenordnung - AO 1977 | § 119 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein

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Tatbestand 1 I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren 1993 und 1994 Vermittlungsumsätze an die F-GmbH zuzurech

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) in den Streitjahren 1993 und 1994 Vermittlungsumsätze an die F-GmbH zuzurechnen sind.

2

Der Kläger war zunächst als angestellter Handelsvertreter der F-GmbH im Bereich der Kundenakquisition und -beratung für …sanierungen tätig.

3

Da ihm selbst ab dem 1. Juli 1991 öffentlich-rechtlich untersagt worden war, selbstständig eine Handelsvertretung zu betreiben, meldete auf seine Veranlassung ab Februar des Streitjahres 1993 seine frühere Lebensgefährtin A ein Einzelunternehmen mit dem Geschäftszweck "Altbausanierungsvertretung" an. Die F-GmbH rechnete gegenüber A die Provisionen zum Teil durch Gutschriften ab; teilweise wurden der F-GmbH Rechnungen im Namen der A erteilt. Die fälligen Beträge zahlte die F-GmbH auf ein hierfür auf Veranlassung des Klägers eröffnetes Konto der A, über das der Kläger verfügen konnte.

4

Wegen der Vermittlungsumsätze für die F-GmbH erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gegenüber A auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhende Umsatzsteuerbescheide für beide Streitjahre, wobei es die Zahlungen der F-GmbH an A zugrunde legte (1993: 222.487 DM und 1994: 344.413 DM).

5

Der Kläger gab zunächst anhand entsprechend ausgestellter Lohnsteuerbescheinigungen für 1993 und 1994 vor, als Angestellter der A tätig gewesen zu sein und in dieser Funktion auf Rechnung der A für die F-GmbH Aufträge vermittelt zu haben.

6

Im Jahr 1998 erklärte er u.a. für das Streitjahr 1994 nachträglich Betriebseinnahmen aus einer Tätigkeit als selbstständiger Handelsvertreter (61.009,62 DM). Aufgrund dieser Angaben setzte das FA u.a. für das Streitjahr die Umsatzsteuer 1994 durch Bescheid vom 16. Dezember 1999 fest.

7

Im Anschluss an das rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts vom Juli 2004, das den Kläger wegen Einkommensteuerhinterziehung verurteilt hatte und dabei von Betriebseinnahmen in Höhe von 168.310,96 DM (1993) und 286.358,72 DM (1994) ausging, und unter Bezugnahme auf den Bericht der Steuerfahndung vom 31. August 2004, wonach die F-GmbH dem Kläger für seine Vermittlungen Vergütungen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) bezahlt habe, ging das FA davon aus, tatsächlich habe der Kläger das Einzelunternehmen der A auf eigenes Vergütungsrisiko wie ein selbstständiger Handelsvertreter geführt, ohne an deren Weisungen gebunden zu sein. Der Kläger habe weitgehend über die eingehenden Zahlungen verfügen können, da er Zugriff auf die Konten der A gehabt und diese ihrerseits die auf ihrem Konto eingehenden Zahlungen als Mittel des Klägers angesehen habe. Das FA erließ daraufhin am 17. November 2005 ausgehend von Provisionen in Höhe von 112.389,21 DM (1993) und 306.959,81 DM (1994) die Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre und setzte für 1993 erstmals Umsatzsteuer in Höhe von 14.659,50 DM und für das Streitjahr 1994 nunmehr mit 40.038,20 DM fest.

8

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging aufgrund der Feststellungen im Strafurteil des Amtsgerichts S davon aus, dass der Kläger seine Anstellung bei der F-GmbH aufgegeben habe, weil er im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit einen höheren Verdienst habe erzielen können, dass er das Gewerbe ohne an Weisungen der A gebunden zu sein "faktisch ... selbständig" geführt und dessen Umsätze tatsächlich allein erwirtschaftet habe, während A selbst im Rahmen der Handelsvertretertätigkeit wesentliche Aufgaben weder wahrgenommen habe noch dazu in der Lage gewesen sei. Auch sah das FG als erwiesen an, dass der Kläger tatsächlich über die auf dem für A geführten Bankkonto gutgeschriebenen Provisionen der F-GmbH habe verfügen können und verfügt habe und in Übereinstimmung damit A ihrerseits die dort eingegangenen Geldbeträge als dem Kläger zustehend betrachtet habe. Da er tatsächlich auf eigenes Vergütungsrisiko als selbstständiger Handelsvertreter aufgetreten und nicht an Weisungen der A gebunden gewesen sei, habe er selbstständig eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt und sei Unternehmer i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG). Offen bleiben könne, ob der Kläger oder A --Letztere auf Rechnung des Klägers-- gegenüber der F-GmbH aufgetreten sei. Im letzten Fall habe der Kläger im Innenverhältnis umsatzsteuerpflichtige Leistungen an die A erbracht. Dem Erlass der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre stehe --wie zwischen den Beteiligten auch nicht mehr streitig ist-- die Festsetzungsverjährung nicht entgegen.

9

Die Entscheidung des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2011, 664 veröffentlicht.

10

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das FG habe dem Kläger die bei A erfassten Umsätze nicht zurechnen dürfen, weil es ihn zu Unrecht als Unternehmer angesehen habe. Maßgeblich für die Zurechnung der Umsätze sei, ob im Außenverhältnis gegenüber der F-GmbH der Kläger oder A als Leistender aufgetreten sei.

11

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil sowie die Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2006 und die Umsatzsteuerbescheide für 1993 und 1994 vom 17. November 2005 aufzuheben.

12

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

13

Im Streitfall liege kein schriftlicher Handelsvertretervertrag zwischen der F-GmbH und dem Kläger und der A vor. Der Kläger sei entweder selbst Vertragspartner der F-GmbH gewesen oder habe als Hintermann mit der F-GmbH vereinbart, dass die Rechtswirkungen aus den zwischen der A und der F-GmbH geschlossenen Rechtsgeschäften ihn treffen sollten. Es sei nach allen denkbaren Sachverhaltsabläufen zutreffend, dem Kläger die Vermittlungsumsätze zuzurechnen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision wegen Umsatzsteuer 1993 ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Revision wegen Umsatzsteuer 1994 führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger jedenfalls Umsätze in der vom FA festgesetzten Höhe zu versteuern hat. Hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 ist die Sache jedoch nicht spruchreif, denn die Feststellungen des FG erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob der angefochtene Änderungsbescheid vom 17. November 2005 inhaltlich bestimmt ist.

15

1. Bei nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungen bestimmt sich die Person des Leistenden nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.

16

a) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. Juli 2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139, und vom 26. Juni 2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233, sowie BFH-Beschluss vom 31. Januar 2002 V B 108/01, BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, jeweils m.w.N.).

17

b) Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene Rechnung tätig ist.

18

aa) Ein Kommissionär erbringt auch dann eigene Leistungen, wenn er bei der im Rahmen einer Verkaufskommission erfolgenden Lieferung eines Gegenstandes im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung, der seines Kommittenten, handelt, wie sich aus § 3 Abs. 3 UStG ergibt. Zugleich liegt nach dieser Vorschrift auch eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär vor, obwohl es sich zivilrechtlich um eine Geschäftsbesorgung des Kommissionärs für den Kommittenten handelt. Ebenso geht Art. 5 Abs. 4 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG) vom Vorliegen einer Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär bei der Übertragung eines Gegenstandes aufgrund einer Verkaufskommission aus. Das Entgelt für die Lieferung des Kommittenten richtet sich nach dem Entgelt für die Lieferung des Kommissionärs, von dem die dem Kommissionär zivilrechtlich vereinbarte Provision abzuziehen ist.

19

Gleiches gilt auch in den Streitjahren für den "Verkauf" sonstiger Leistungen. Bei richtlinienkonformer Auslegung entsprechend Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 77/388/EWG erfasste § 3 Abs. 11 UStG auch in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung nicht nur den "Leistungseinkauf", sondern auch den "Leistungsverkauf" (BFH-Urteile vom 7. Oktober 1999 V R 79, 80/98, BFHE 190, 235, BStBl II 2004, 308; vom 25. Mai 2000 V R 66/99, BFHE 191, 458, BStBl II 2004, 310; vom 31. Januar 2002 V R 40, 41/00, BFHE 197, 377, BStBl II 2004, 315; vom 29. August 2002 V R 8/02, BFHE 199, 88, BStBl II 2004, 320; vom 28. November 2002 V R 6/02, BFH/NV 2003, 517).

20

bb) Von einer Leistung durch denjenigen, der im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt, ist auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften auszugehen. Sofern der Strohmann oder der Treuhänder Unternehmer i.S. des § 2 UStG ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), steht es einer einem Strohmann oder dem Treuhänder zuzurechnenden Leistung oder einem Leistungsbezug nach § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG nicht entgegen, dass sie (Strohmann und Treuhänder) auf fremde Rechnung tätig sind (BFH-Urteile vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BFHE 188, 456, BStBl II 1999, 628; in BFH/NV 2004, 233, und in BFH/NV 2006, 139, und BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622). Die gegenteilige Rechtsprechung des XI. Senats des BFH hat der im Zeitpunkt der Entscheidung ausschließlich für die Umsatzsteuer zuständige V. Senat ausdrücklich aufgegeben (BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.b für BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 XI R 97/92, BFH/NV 1995, 168). Dabei ist zwischen der Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch Treuhänder oder Strohmänner nicht zu differenzieren, da die Bestimmung von Leistendem und Leistungsempfänger nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. BFH-Urteile vom 24. August 2006 V R 16/05, BFHE 215, 311, BStBl II 2007, 340, und vom 18. Februar 2009 V R 82/07, BFHE 225, 198, BStBl II 2009, 876).

21

Entsprechend der Anwendung des § 3 Abs. 3 UStG und § 3 Abs. 11 UStG auf Kommissionsverhältnisse kann es auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften zu einer Verdoppelung der Leistungsbeziehungen kommen, so dass z.B. der "Hintermann" an den "Strohmann" und dieser an den Abnehmer liefert oder leistet.

22

Ohne Bedeutung ist insoweit, ob der "Hintermann" als tatsächlich Handelnder die Leistungen im Namen des Strohmannes ausgeführt hat, z.B. gegenüber dem Leistungsempfänger als Angestellter des Vertragspartners (des Strohmannes oder Treuhänders) oder als dessen Subunternehmer aufgetreten ist (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. März 2010 VIII ZR 65/09, BFH/NV 2010, 1597).

23

c) Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft aber, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn die Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO--; ausführlich BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; vgl. auch BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (sog. Strohmann), selbst keine eigene --ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende-- Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 198, 208, BStBl II 2004, 622; BFH-Urteil vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).

24

2. Im Streitfall kann offen bleiben, ob der Kläger die Leistungen unmittelbar an die F-GmbH erbracht hat, weil Vereinbarungen zwischen der GmbH und A nur zum Schein getroffen wurden und den unmittelbaren Leistungsbezug vom Kläger verdecken sollten, oder ob der Kläger entgeltliche Leistungen im Rahmen eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses an A erbracht hat.

25

Denn in jedem der beiden Fälle liegen entgeltliche Leistungen des Klägers vor, für die er nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStG Steuerschuldner ist. In beiden Fällen hat der Kläger auch als Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG gehandelt. Sind die Kommissionsgrundsätze maßgebend, gelten für die Leistungen des "Hintermannes" dieselben Kriterien, die für die Beurteilung der Leistungen des Kommissionärs bzw. Strohmannes maßgeblich sind. Ist die Tätigkeit für den Auftraggeber (Kommittent oder "Hintermann") nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG, hat auch dieser die ihm nach § 3 Abs. 3 UStG oder § 3 Abs. 11 UStG zuzurechnenden Leistungen als Unternehmer erbracht. Davon abgesehen ist auch nach den vom FG getroffenen Feststellungen im Streitfall nicht davon auszugehen, dass der Kläger in einem Abhängigkeitsverhältnis zu A stand und er daher unselbständig tätig gewesen wäre.

26

Ob der Kläger bei einer unmittelbaren Leistung an die F-GmbH höhere Entgelte --entsprechend den Steuerfestsetzungen für A-- zu versteuern hätte, ist im Hinblick auf das Verböserungsverbot unerheblich. Denn Bemessungsgrundlage der Leistungen des Klägers ist im Fall eines Kommissions- oder Strohmannverhältnisses der Betrag, den der Kläger aufgrund der Tätigkeit der A erhalten hat. Das FG geht insoweit mit dem FA davon aus, dass der Kläger von den in den Umsatzsteuerbescheiden der A erfassten Provisionen von 222.487 DM (1993) und 344.413 DM (1994) nur 112.389,21 DM (1993) und 306.995,89 DM (1994) erhalten hat. In Bezug auf diese Feststellungen hat der Kläger mit der Revision keine Rügen erhoben.

27

3.  Der Senat kann --anders als für das Streitjahr 1993, für das die Umsatzsteuer gegenüber dem Kläger erstmals festgesetzt worden ist--, nicht abschließend über den Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 17. November 2005 entscheiden. Denn die Feststellungen des FG erlauben keine Entscheidung darüber, ob dieser Änderungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt ist.

28

a) Ein Verwaltungsakt ist nach § 125 Abs. 1 AO nichtig, wenn er an einem besonders schweren Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss von Fall zu Fall anhand der einschlägigen materiell-rechtlichen oder verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtsvorschriften beurteilt werden (z.B. BFH-Urteile vom 26. September 2006 X R 21/04, BFH/NV 2007, 186; vom 31. August 1994 X R 2/93, BFH/NV 1995, 467).

29

b) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO). Die Frage, welche Anforderungen an die Bestimmtheit eines Änderungsbescheids zu richten sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 12. Oktober 1983 II R 56/81, BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140).

30

c) Ein Steuerbescheid ist wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit nichtig, wenn er für einen Veranlagungszeitraum ergeht, für den bereits ein --wirksamer-- Steuerbescheid gegenüber demselben Adressaten erlassen wurde, ohne dass sich nach dem Wortlaut des Bescheids oder im Wege der Auslegung ergibt, in welchem Verhältnis der zuletzt ergangene zu dem zuvor ergangenen Bescheid steht (BFH-Urteil vom 23. August 2000 X R 27/98, BFHE 193, 19, BStBl II 2001, 662). Denn der Steuerpflichtige muss erkennen können, in welcher Hinsicht und in welchem Umfang eine bisherige Festsetzung geändert worden ist. Hierzu genügt es jedoch, dass aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, aus dem Zusammenhang, aus der von der Behörde gegebenen Begründung oder aus den --dem Empfänger bekannten-- näheren Umständen des Bescheiderlasses im Wege einer am Grundsatz von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 186; vom 26. März 1981 VII R 3/79, BFHE 133, 163; BFH-Beschluss vom 29. Juni 2006 VII B 328/04, juris; vgl. auch BFH-Urteile vom 18. Juli 1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4; vom 27. November 1996 X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791; vom 6. Juli 1994 II R 126/91, BFH/NV 1995, 178; BFH-Beschlüsse vom 8. Februar 2001 VII B 82/00, BFH/NV 2001, 1003, sowie Beschluss vom 11. August 2006 V B 205/04, BFH/NV 2007, 5). Dass das Datum des geänderten Bescheides nicht genannt wird, ist daher nicht allein entscheidend.

31

d) Im Streitfall weist zwar der Umsatzsteuerbescheid vom 17. November 2005 für 1994 nicht ausdrücklich darauf hin, dass es sich um einen Änderungsbescheid handelt; er erging jedoch im Anschluss an ein auch Umsatzsteuer 1994 betreffendes Steuerstrafverfahren und den Bericht der Steuerfahndung, auf den in den Erläuterungen des Bescheides vom 17. November 2005 ausdrücklich hingewiesen wird. Danach konnte der Kläger unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände keine vernünftigen Zweifel daran haben, dass es sich um einen (Umsatzsteuer 1994 betreffenden) Änderungsbescheid handelt. Auch Zweifel daran, dass dadurch der auf seiner Selbstanzeige für 1994 beruhende Umsatzsteuerbescheid des FA vom 16. Dezember 1999 geändert werden sollte, wären zu verneinen, wenn es sich bei diesem Umsatzsteuerbescheid vom 16. Dezember 1999 um den einzigen dem Kläger gegenüber ergangenen Umsatzsteuerbescheid für 1994 gehandelt hat. Denn dann wäre der Bezug zu einem anderen Umsatzsteuerbescheid für 1994 ausgeschlossen. Den Feststellungen des FG lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei entnehmen, ob dem Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 16. Dezember 1999 ein Umsatzsteuerbescheid vorausging. Die Sache war daher hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 zur Nachholung entsprechender Feststellungen an das FG zurückzuverweisen.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(1) Die Steuer beträgt für jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und § 25a Abs. 3 und 4).

(2) Die Steuer ermäßigt sich auf sieben Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
2.
die Vermietung der in Anlage 2 bezeichneten Gegenstände mit Ausnahme der in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 bezeichneten Gegenstände;
3.
die Aufzucht und das Halten von Vieh, die Anzucht von Pflanzen und die Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere;
4.
die Leistungen, die unmittelbar der Vatertierhaltung, der Förderung der Tierzucht, der künstlichen Tierbesamung oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht und in der Milchwirtschaft dienen;
5.
(weggefallen);
6.
die Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker sowie die in § 4 Nr. 14 Buchstabe a Satz 2 bezeichneten Leistungen der Zahnärzte;
7.
a)
die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen, sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler
b)
die Überlassung von Filmen zur Auswertung und Vorführung sowie die Filmvorführungen, soweit die Filme nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit oder nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, 2003 I S. 476) in der jeweils geltenden Fassung gekennzeichnet sind oder vor dem 1. Januar 1970 erstaufgeführt wurden,
c)
die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben,
d)
die Zirkusvorführungen, die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller sowie die unmittelbar mit dem Betrieb der zoologischen Gärten verbundenen Umsätze;
8.
a)
die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung). Das gilt nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, gilt Satz 1 nur, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht,
b)
die Leistungen der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften der in Buchstabe a Satz 1 bezeichneten Körperschaften, wenn diese Leistungen, falls die Körperschaften sie anteilig selbst ausführten, insgesamt nach Buchstabe a ermäßigt besteuert würden;
9.
die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Das Gleiche gilt für die Bereitstellung von Kureinrichtungen, soweit als Entgelt eine Kurtaxe zu entrichten ist;
10.
die Beförderungen von Personen
a)
im Schienenbahnverkehr,
b)
im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und im genehmigten Linienverkehr mit Schiffen sowie die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt;
11.
die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Satz 1 gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind;
12.
die Einfuhr der in Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände;
13.
die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb der in Nummer 53 der Anlage 2 bezeichneten Gegenstände, wenn die Lieferungen
a)
vom Urheber der Gegenstände oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt werden oder
b)
von einem Unternehmer bewirkt werden, der kein Wiederverkäufer (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 Satz 2) ist, und die Gegenstände
aa)
vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurden,
bb)
von ihrem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurden oder
cc)
den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt haben;
14.
die Überlassung der in Nummer 49 Buchstabe a bis e und Nummer 50 der Anlage 2 bezeichneten Erzeugnisse in elektronischer Form, unabhängig davon, ob das Erzeugnis auch auf einem physischen Träger angeboten wird, mit Ausnahme der Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Musik bestehen. Ebenfalls ausgenommen sind Erzeugnisse, für die Beschränkungen als jugendgefährdende Trägermedien oder Hinweispflichten nach § 15 Absatz 1 bis 3 und 6 des Jugendschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung bestehen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder im Wesentlichen Werbezwecken, einschließlich Reisewerbung, dienen. Begünstigt ist auch die Bereitstellung eines Zugangs zu Datenbanken, die eine Vielzahl von elektronischen Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften oder Teile von diesen enthalten;
15.
die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2024 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.
-----
*)
§ 12 Abs. 2 Nr. 10: Gilt gem. § 28 Abs. 4 idF d. Art. 8 Nr. 9 G v. 20.12.2007 I 3150 bis zum 31. Dezember 2011 in folgender Fassung:
"10.
a)
die Beförderungen von Personen mit Schiffen,
b)
die Beförderungen von Personen im Schienenbahnverkehr, im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen, im genehmigten Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen, im Verkehr mit Taxen, mit Drahtseilbahnen und sonstigen mechanischen Aufstiegshilfen aller Art und die Beförderungen im Fährverkehr
aa)
innerhalb einer Gemeinde oder
bb)
wenn die Beförderungsstrecke nicht mehr als 50 Kilometer beträgt."

(3) Die Steuer ermäßigt sich auf 0 Prozent für die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Die Voraussetzungen des Satzes 1 gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird;
2.
den innergemeinschaftlichen Erwerb der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
3.
die Einfuhr der in Nummer 1 bezeichneten Gegenstände, die die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen;
4.
die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllt.

Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Insoweit ist das angegriffene Urteil wirkungslos.

Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.

Unter Einbeziehung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung trägt der Kläger die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Gründe

I

1

Der Rechtsstreit betrifft die Heranziehung eines Bordellbetreibers zu einer Vergnügungsteuer.

2

Nach § 1 der Vergnügungsteuersatzung (VStS) der Beklagten vom 12. Juli 2010 unterliegen bestimmte im Gemeindegebiet veranstaltete Vergnügungen (Veranstaltungen) der Besteuerung. Hierzu zählen u.a.:

- die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs sowie ähnlichen Einrichtungen (§ 1 Nr. 6 VStS)

sowie

- das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt außerhalb der in Nr. 6 genannten Einrichtungen, zum Beispiel in Beherbergungsbetrieben, Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen mit Ausnahme von Straßenprostitution in Verrichtungsboxen (§ 1 Nr. 7 VStS).

3

Die Satzung sieht vor, dass für Veranstaltungen nach Nr. 6 der Flächenmaßstab gilt (3 € für jede angefangenen 10 qm Veranstaltungsfläche, § 4 Abs. 2 Nr. 3 VStS); für solche nach Nr. 7 beträgt die Steuer für jede/n Prostituierte/n 6 € pro Veranstaltungstag (§ 8 VStS).

4

Nachdem der Kläger zunächst für Zeiträume in den Jahren 2009 bis 2010 auf Zahlung einer Vergnügungsteuer nach § 1 Nr. 7 VStS in Anspruch genommen worden war und er hiergegen erfolgreich um Rechtsschutz nachgesucht hatte, zog die Beklagte ihn mit Bescheid vom 11. Dezember 2012 für den Zeitraum vom 3. August 2010 bis zum 31. Oktober 2012 nach § 1 Nr. 6 VStS zu einer Vergnügungsteuer in Höhe von 90 576 € heran. Dabei legte sie den Flächenmaßstab nach § 4 VStS zugrunde; mangels näherer Angaben des Klägers schätzte sie die Veranstaltungsfläche auf 367 qm, wobei die Flure ganz und die Zimmer entsprechend einer ebenfalls geschätzten Belegungsquote berücksichtigt wurden. Die hiergegen gerichtete Klage blieb in beiden Instanzen erfolglos. Im Berufungsverfahren wurde der Bescheid in Bezug auf die Belegungsquote aufgrund nachträglicher Angaben des Klägers geändert und der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

II

5

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie des Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

6

1. Die Sache hat nicht die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

7

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

8

Die von ihr aufgeworfenen Fragen,

ob der Flächenmaßstab auch dann geeignet ist, Steuergerechtigkeit herzustellen, wenn durch den Ersatzmaßstab der Aufwandsbegriff des Art. 105 Abs. 2a GG unzulässig ausgedehnt wird, weil die steigende Fläche nicht allein, sondern nur mit steigender Anzahl von an Prostituierte vermieteten Zimmern ursächlich für einen steigenden Umsatz ist,

ob der gewählte Ersatzmaßstab bei der Steuerbemessung zumindest einen lockeren Bezug zu dem Benutzungsaufwand der Konsumenten als eigentlichem Ziel der Vergnügungsteuer hat, wenn zwischen dem Steuerschuldner, auf den der Ersatzmaßstab angewendet wird, und dem Konsumenten keinerlei Vertragsbeziehung besteht und die Ausgestaltung der Veranstaltung, in der der eigentliche Benutzungsaufwand anfällt, allein einer dritten Person obliegt, zu ausschließlich der der Konsument in einem entgeltlichen Austauschverhältnis steht,

und ob die Verwendung zweier unterschiedlicher Ersatzmaßstäbe für die Besteuerung von Prostitution, der jeder für sich steuergerecht ist, das Gebot der steuerlichen Leistungsfähigkeit in seiner Ausprägung von Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wenn der jeweilige Benutzungsaufwand der Konsumenten als eigentliches Ziel der Vergnügungsteuer und Spiegelbild deren Leistungsfähigkeit gleich ist oder sogar der höhere Benutzungsaufwand niedriger besteuert wird,

betreffen die Auslegung und Anwendung der Vergnügungsteuersatzung (VStS) der Beklagten vom 12. Juli 2010 und damit Landesrecht. Die Rüge, Landesrecht sei unter Verstoß gegen Bundes(verfassungs)recht - hier unter Verletzung der Besteuerungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG und des Aufwandsbegriffs nach Art. 105 Abs. 2a GG - angewandt worden, zeigt für sich genommen noch keine klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts auf. Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kann der Kläger nur erreichen, wenn er darlegt, dass die Auslegung der einschlägigen Grundsätze des Bundes(verfassungs)rechts durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht oder nicht hinreichend ausdifferenziert ist, um einen Maßstab für das Landesrecht abzugeben (Beschlüsse vom 7. Januar 2008 - BVerwG 9 B 81.07 - Buchholz 401.0 § 171 AO Nr. 1 Rn. 6, vom 19. September 2007 - BVerwG 9 B 22.06 - juris Rn. 6 und vom 3. Februar 2012 - BVerwG 9 BN 3.11 - juris Rn. 3). Dies ist nicht der Fall.

9

a) Die Grundsätze der Besteuerungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bedeutet für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Dies gilt nicht ausnahmslos, sondern nur, wenn die Gleichheit oder Ungleichheit der Sachverhalte so bedeutsam sind, dass ihre Beachtung unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten geboten erscheint. Dabei ist dem Gesetzgeber weitgehende Gestaltungsfreiheit zuzugestehen. Dies gilt auch für die das Steuerrecht beherrschende Ausprägung des Art. 3 Abs. 1 GG als Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Durchbrechungen des Gleichheitssatzes durch Typisierungen und Pauschalierungen können - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gerechtfertigt sein, solange die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den steuerlichen Vorteilen der Typisierung steht. Die mit der Typisierungsbefugnis einhergehende Gestaltungsfreiheit muss der Gesetzgeber allerdings sachgerecht ausüben. Eine vom Gesetz vorgenommene ungleiche Behandlung muss sich im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs auf einen vernünftigen oder sonstwie einleuchtenden Grund zurückführen lassen. Was dabei in Anwendung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, lässt sich nicht allgemein und abstrakt feststellen, sondern nur in Bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt wird (stRspr, vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2014 - 1 BvR 1656/09 - NVwZ 2014, 1084 Rn. 53 ff.; BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000 - BVerwG 11 C 8.99 - BVerwGE 110, 265 <272>).

10

Daran gemessen zeigt die Beschwerde keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf. Der Kläger räumt selbst ein, dass der Beklagten bei Erlass ihrer Vergnügungsteuersatzung grundsätzlich ein Gestaltungsspielraum in Bezug auf die Steuermaßstäbe zusteht. Es geht ihm letztlich darum, geklärt zu wissen, ob die Beklagte von diesem Gestaltungsspielraum im Einzelfall zutreffend Gebrauch gemacht hat, insbesondere ob eine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Besteuerung der verschiedenen Arten der Prostitutionsausübung nach § 1 Nr. 6 und § 1 Nr. 7 VStS besteht. Dass der auf die einrichtungsgebundene Prostitution (§ 1 Nr. 6 VStS) bezogene Flächenmaßstab für die Beklagte zur Verwaltungsvereinfachung führt, wird auch vom Kläger nicht bestritten. Ob ein anderer Maßstab, insbesondere der für die Besteuerung der Einzelprostitution nach § 1 Nr. 7 VStS vorgesehene, auch für Bordelle geeignet wäre und ob er möglicherweise im Sinne der Rechtsprechung sachnäher wäre, ist keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung. Dasselbe gilt für die Frage, ob die gewählten unterschiedlichen Maßstäbe zu Ungleichheiten führen, die durch die Verwaltungsvereinfachung nicht mehr zu rechtfertigen sind, also ein einleuchtender Grund für die Ungleichbehandlung fehlt und diese daher willkürlich wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <20>). Diese Frage ist unter Berücksichtigung der Unterschiede zwischen einem Bordell auf der einen Seite, das für den Kunden zu festgelegten Öffnungszeiten ein Angebot an verschiedenen Prostituierten bereit hält und der Einzelprostitution, bei der keine zusätzliche „Infrastruktur“ geboten wird, auf der anderen Seite anhand der oben dargestellten Maßstäbe zu beurteilen; ein darüber hinausgehender allgemeiner Klärungsbedarf ist nicht erkennbar.

11

b) Die Frage, ob auch die Besteuerung der Flure mit dem Aufwandsbegriff nach Art. 105 Abs. 2a GG vereinbar ist, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles ebenfalls keiner grundsätzlichen Klärung. Denn auch der Aufwandsbegriff im Zusammenhang mit einer Vergnügungsteuer ist in der Rechtsprechung hinreichend geklärt. Eigentliches Steuergut ist der Vergnügungsaufwand des Einzelnen, weil die Vergnügungsteuer darauf abzielt, die mit der Einkommensverwendung für das Vergnügen zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu belasten. Damit ist der individuelle, wirkliche Vergnügungsaufwand der sachgerechteste Maßstab für eine derartige Steuer. Der Gesetzgeber ist indessen von Verfassungs wegen nicht auf einen derartigen Wirklichkeitsmaßstab beschränkt. Wählt er im Vergnügungsteuerrecht statt des Wirklichkeitsmaßstabs einen anderen (Ersatz- oder Wahrscheinlichkeits-)Maßstab, so ist er allerdings auf einen solchen beschränkt, der einen bestimmten Vergnügungsaufwand wenigstens wahrscheinlich macht. Dabei muss der gewählte Maßstab einen zumindest lockeren Bezug zu dem Vergnügungsaufwand aufweisen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 a.a.O. S. 16 ff. und BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 C 12.08 - BVerwGE 135, 367 Rn. 22 jeweils zur Spielgerätesteuer).

12

Diesen zumindest lockeren Bezug stellt der Flächenmaßstab bei der Vergnügungsteuer grundsätzlich her, da bei pauschalierender und typisierender Betrachtung davon ausgegangen werden kann, dass der Umfang des Vergnügungsaufwands mit der Größe eines Betriebes wächst (vgl. Urteil vom 3. März 2004 - BVerwG 9 C 3.03 - BVerwGE 120, 175 <185 f.>; vgl. außerdem Beschluss vom 25. April 2012 - BVerwG 9 B 10.12 - Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 55 Rn. 7 sowie VGH Mannheim, Urteil vom 23. Februar 2011 - 2 S 196/10 - juris Rn. 57 ff. , nachgehend BVerwG, Beschluss vom 1. März 2012 - BVerwG 9 B 57.11 - juris). Aus denselben Erwägungen der Pauschalierung und Typisierung dürfen auch für das Publikum zugängliche Flächen grundsätzlich als zu besteuernde Veranstaltungsfläche angesehen werden, wie es hier § 4 Abs. 1 Satz 2 VStS vorsieht, ohne dass es einer satzungsrechtlichen Unterscheidung zwischen solchen Flächen mit und ohne Aufenthaltsfunktion bedarf.

13

c) Die Beschwerde zeigt auch keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf, soweit sie den „erforderlichen lockeren Bezug zu dem Benutzungsaufwand der Konsumenten“ mit dem Argument in Frage stellt, zwischen Steuerschuldner (Bordellbetreiber) und Konsument (Freier) bestehe keinerlei Vertragsbeziehung und die Ausgestaltung der Veranstaltung obliege allein einer dritten Person (hier: der Prostituierten).

14

Insoweit ist zunächst klarzustellen, dass es hierbei entgegen der Annahme der Beschwerde nicht um das unter b) dargestellte Erfordernis des zumindest lockeren Bezugs zwischen dem gewählten Steuermaßstab - hier Flächenmaßstab - zu dem Vergnügungsaufwand geht, sondern um ein hiervon zu unterscheidendes weiteres Erfordernis der Vergnügungsteuer, deren Abwälzbarkeit vom Steuerschuldner auf den Steuerträger, sofern die Steuer - wie hier - indirekt, also beim Veranstalter der Vergnügung erhoben wird. Auch die hiermit verbundenen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt: Danach genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerschuldner den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - etwa Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - treffen kann. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 a.a.O. S. 22 f.; BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 28; Beschluss vom 24. Februar 2012 - BVerwG 9 B 80.11 - Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 54 Rn. 7).

15

Die Beschwerde zeigt auch insoweit keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf in Bezug auf den bundesrechtlichen Maßstab für das Landesrecht auf. Vielmehr kritisiert sie lediglich die Annahme des Berufungsgerichts, ein Bordellbetreiber könne die Steuer in den Mietpreis der den Prostituierten zur Verfügung gestellten Zimmer einkalkulieren, wobei die Prostituierten ihrerseits den erhöhten Zimmerpreis auf ihre Kunden abwälzen könnten oder der Bordellbetreiber könne die Steuer unmittelbar abwälzen, indem er einen Eintrittspreis für den Bordellbesuch verlange.

16

2. Die Revision ist nicht deshalb zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

17

a) Soweit die Beschwerde eine Verletzung ihres Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend macht, fehlt es schon an einer hinreichenden Darlegung, inwiefern eine Berücksichtigung des Vorbringens auf der Grundlage der materiellen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts eine günstigere Entscheidung hätte herbeiführen können (vgl. zu diesem Erfordernis Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 15 m.w.N.).

18

aa) Auf den klägerischen Vortrag, es habe an einem Schätzungsanlass gefehlt, kam es schon deshalb nicht an, weil dieser Vortrag erkennbar auf unzutreffenden Angaben beruhte.

19

Der Kläger hatte seine Rechtsauffassung gegenüber dem Oberverwaltungsgericht wie folgt begründet: Die Beklagte habe ihn im Aufforderungsschreiben vom 6. Juli 2012 lediglich gebeten, die Veranstaltungsfläche und die Öffnungszeiten mitzuteilen. Da er nicht zur Angabe sämtlicher Besteuerungsgrundlagen aufgefordert worden sei, habe die Behörde diese nicht - wie geschehen - schätzen dürfen. Mit der Beschwerde trägt der Kläger nun vor, das Berufungsgericht habe diesen Vortrag verfahrensfehlerhaft übergangen. Ein Eingehen darauf sei auch nicht dadurch entbehrlich geworden, dass der geänderte Bescheid die nachgereichten Angaben des Klägers zu der Fläche der Zimmer, die kalendertäglich von den Prostituierten in dem vom Bescheid erfassten Zeitraum belegt waren, berücksichtigt habe. Denn die sonstigen, nicht vom Kläger mitgeteilten Flächen seien weiterhin geschätzt worden.

20

Entgegen der Darstellung der Beschwerde enthält das Schreiben vom 6. Juli 2012 jedoch offenkundig die Aufforderung an den Kläger, sämtliche Besteuerungsgrundlagen anzugeben. Schon dem Wortlaut zufolge („...bitte ich Sie, mir die für die Vergnügungssteuerveranlagung notwendigen Angaben zur Größe der am jeweiligen Veranstaltungstag zur Verfügung stehenden Veranstaltungsfläche und der Öffnungszeiten der ab dem 03.08.2010 durchgeführten Veranstaltungen, mitzuteilen“ - Hervorh. im Original) sollte der Kläger der Beklagten nicht nur die Veranstaltungsfläche und die allgemeinen Öffnungszeiten der Einrichtung, sondern auch die Belegung der einzelnen Zimmer an den verschiedenen Daten in dem genannten Zeitraum mitteilen. Diese Auslegung ergibt sich erst recht, wenn man den weiteren Text des Schreibens hinzunimmt, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass am Veranstaltungstag nicht vermietete Flächen (Zimmer) und so genannte Freizimmer nicht zur Veranstaltungsfläche zählen. Des Weiteren wird in dem Schreiben - ebenfalls unter optischer Hervorhebung - mitgeteilt, dass zu den Veranstaltungsflächen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VStS alle dem Gast frei zugänglichen Flächen zählen; nicht zugängliche Flächen seien beispielsweise Toiletten und Garderobenräume sowie ausschließlich den Prostituierten oder dem Personal vorbehaltene Zimmer wie Küchen oder Fitnessräume. Da der Kläger der Aufforderung unstreitig nicht fristgerecht nachgekommen war, musste sich das Berufungsgericht zu dem Schätzungsanlass nicht näher äußern.

21

bb) Auch auf die Ausführungen, die der Kläger im gerichtlichen Verfahren zum Problem der Rückwirkung gemacht hat, musste das Berufungsgericht nicht eingehen.

22

Der Kläger hatte mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung vorgetragen, erst durch das Aufforderungsschreiben vom 6. Juli 2012 habe die Beklagte erstmals für zurückliegende Zeiträume bestimmte Erklärungen von ihm verlangt, nachdem sie die Steuerpflicht zuvor auf eine andere Rechtsgrundlage (§ 1 Nr. 7 VStS) gestützt habe. Auch aus der Satzung selbst ergebe sich keine Erklärungspflicht. Rückwirkend habe die Beklagte damit etwas rechtlich Unmögliches von ihm verlangt. In der Beschwerdebegründung hat der Kläger ergänzend vorgetragen, er habe keine Aufzeichnungen über die Belegungsquoten der einzelnen Zimmer seit Geltung der Satzung (3. August 2010); eine Pflicht zu solchen Aufzeichnungen ergebe sich weder aus der Satzung selbst, noch aus einer frühzeitigen Aufforderung der Beklagten. Deshalb habe die Beklagte ihn frühestens ab Zugang des Schreibens vom 6. Juli 2012 zu einer Vergnügungsteuer heranziehen dürfen.

23

Das Berufungsgericht, das auf das Problem der Rückwirkung weder im Tatbestand noch in den Entscheidungsgründen des Urteils eingeht, hat hierdurch keinen Verfahrensfehler begangen, denn der diesbezügliche Vortrag des Klägers war von vornherein unplausibel und ist es weiterhin. Zum einen hatte der Kläger durchaus Unterlagen zu vergangenen Zeiträumen, wie sich an dem inzwischen geänderten Bescheid zeigt; die Änderung wurde gerade aufgrund seiner nachträglichen Angaben zu dem zurückliegenden Zeitraum vorgenommen. Zum anderen hat der Kläger selbst wiederholt darauf hingewiesen, dass er an dem „Düsseldorfer Modell“ teilnehme und deshalb eine Besteuerung nach § 1 Nr. 7 VStS, also nach der Anzahl der für ihn tätigen Prostituierten, praktikabel sei. Auch hiervon unabhängig musste der Kläger sich auf eine Veranlagung nach Veranstaltungstagen in jedem Fall einstellen, denn die Satzung stellt sowohl für Veranstaltungen nach § 1 Nr. 6 als auch für solche nach § 1 Nr. 7 auf Veranstaltungstage ab (s. § 4 Abs. 2 Nr. 3, § 8 VStS).

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b) Ein Verfahrensfehler liegt auch nicht darin, dass - wie die Beschwerde geltend macht - das Berufungsgericht bei der Auslegung der Vergnügungsteuersatzung anerkannte Auslegungsmethoden von Verfassungsrang bzw. die Grundsätze über das Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 GG) unbeachtet gelassen hat. Die Auslegung und Anwendung von Rechtsnormen im Rahmen der Sachprüfung gehören zum Kern materieller Rechtsfindung. Sie berühren nicht den Verfahrensablauf und die ihn regelnden Vorschriften des Verfahrensrechts. Unterlaufen dem Richter Fehler bei der Auslegung und Anwendung materiellen Rechts, so handelt es sich nicht, auch nicht ausnahmsweise im Fall objektiver Willkür, um Verfahrensfehler (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 16. Februar 2012 - BVerwG 9 B 71.11 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 42 Rn. 8 m.w.N.).

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfest-setzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

Tenor

Tatbestand

Streitig ist, ob eine wirksame tatsächliche Verständigung getroffen wurde.

Der geschiedene Kläger erzielte in den Streitjahren 2006 bis 2010 als Inhaber einer Bäckerei mit mehreren Ladengeschäften Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Daneben erzielte er noch Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 wurden erhebliche Buchführungsmängel festgestellt. Die Betriebsprüfung wurde in eine Fahndungsprüfung übergeleitet. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers am 20.09.2011 stellte der Prüfer zwei Tafelkalender 2011 sicher. Der eine gibt die tatsächlichen Einnahmen wieder, der andere die in den Steuererklärungen angegebenen verkürzten Beträge. Der Kläger räumte ein, dass er seine Betriebseinnahmen und Umsätze auch in den Vorjahren jeweils zu niedrig angegeben habe. Die zugehörigen Aufzeichnungen habe er jeweils am Jahresende vernichtet.

Am 22.09.2011 fand im Finanzamt eine Besprechung statt, an der neben dem Kläger der Steuerfahnder, der Sachgebietsleiter der Steuerfahndungsstelle und der Sachgebietsleiter Veranlagung teilnahmen. Ausweislich der „Niederschrift über eine tatsächliche Verständigung“ vom selben Tag, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, ist bei dieser Besprechung die Sach- und Rechtslage ausführlich erörtert worden. Dabei habe sich laut Niederschrift herausgestellt, dass der Fall einer erschwerten Sachverhaltsermittlung im Sinne des Bundesfinanzhof(BFH)-Urteils vom 11.12.1984 VIII R 131/76, BStBl. II 1985, 354, vorliege, weil eine exakte Sachverhaltsermittlung wegen fehlender Unterlagen, insbesondere Aufzeichnungen über Bareinnahmen, Kassenstreifen usw. – wenn überhaupt – nur unter erheblich erschwerten Bedingungen und unter großem Zeitaufwand möglich sei. Man habe sich daher darauf geeinigt, ausgehend von den Fahndungsfeststellungen, wonach der Kläger ausweislich der gefundenen Kalender im ersten Halbjahr 2011 die Betriebseinnahmen um 78.779,71 € (somit um 24% der tatsächlichen Umsatzerlöse bzw. 32% der erklärten Beträge) zu niedrig erklärt habe, die Besteuerungsgrundlagen der Jahre 2006 bis 2010 entsprechend zu erhöhen (für die Einkommensteuer vgl. Tz. 4.1 der tatsächlichen Verständigung).

Gemäß Tz. 8 der Niederschrift vom 22.09.2011 wurde bzgl. der anhängigen Strafverfahren darauf hingewiesen, dass die strafrechtliche Würdigung einem besonderen Verfahren vorbehalten bleibe. Gemäß Tz. 9 der Niederschrift sind Gegenstand der Vereinbarung nur die in Tz. 4 dargestellten Regelungen. Andere Sachverhaltsbereiche sollten davon unberührt bleiben.

Mit Bescheiden vom 07.11.2011 änderte das Finanzamt den Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheid für 2006 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO), die Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für 2007, 2008 und 2009 nach § 164 Abs. 2 AO und erließ erstmals einen Einkommensteuer- und einen Gewerbesteuermessbescheid für 2010, in denen es die Ergebnisse der beim Kläger durchgeführten Außenprüfung berücksichtigte. Der in den Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheiden enthaltene Vorbehalt der Nachprüfung für die Jahre 2007 bis 2009 wurde jeweils aufgehoben, § 164 Abs. 3 AO.

Im Einspruchsverfahren gegen die Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide vom 07.11.2011 machte der Kläger – ohne konkrete Begründung – geltend, die Steuerschuld sei nicht korrekt berechnet worden. Die Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidungen vom 05.06.2012 als unbegründet zurückgewiesen, weil die angefochtenen Bescheide aufgrund der für beide Seiten bindenden tatsächlichen Verständigung ergangen seien.

Mit der dagegen erhobenen Klage beantragt der Kläger, die Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2010 vom 07.11.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.06.2012 dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht mit den Beträgen nach der tatsächlichen Verständigung vom 22.09.2011 zugrunde gelegt werden, sondern die verminderten nach einem Zuschätzungssatz von 11 % (statt 30,53 % wie in der tatsächlichen Verständigung) und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird.

Weiter beantragt er, die Gewerbesteuermessbescheide für 2006 bis 2010 vom 07.11.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.06.2012 dahin zu ändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht nach der tatsächlichen Verständigung vom 22.09.2011 zugrunde gelegt wird, sondern der verminderte Gewinn nach einer Zuschätzung von 11 % und die Gewerbesteuermessbeträge entsprechend niedriger festgesetzt werden.

Der Kläger ist der Auffassung, das Finanzamt habe den Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheiden 2006 bis 2010 vom 07.11.2011 zu Unrecht das Ergebnis der tatsächlichen Verständigung vom 22.09.2011 zugrunde gelegt. Diese Verständigung sei unwirksam. Er habe ihr nur zugestimmt, weil ihm der verantwortliche Sachgebietsleiter zugesichert habe, dass er eine korrekte und dezidierte Berechnung seiner Steuerschuld erhalten werde – und nicht eine Berechnung, die eindeutig darauf abgezielt habe, auf den von ihm zu diesem Zeitpunkt bereits entrichteten Betrag von 350.000 € zu gelangen. Eine Prüfung der Schätzung durch einen Sachverständigen oder einen Steuerberater sei ihm nicht ermöglicht worden. Er habe nicht gesehen, welche Zahlen er unterschrieben habe, da er keine Brille dabeigehabt habe. Erst daheim habe er die Zahlen gesehen. Er habe unterschrieben, obwohl er unter Schock gestanden habe. Die Unterschrift sei auf Anraten der Steuerfahndung erfolgt, damit alles schnell erledigt sei und keine Vorbestrafung erfolge. Das Finanzamt habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass der Vorgang durch die neuerstellten Bescheide anderen Behörden gemeldet würde und das Verfahren deshalb keineswegs als abgeschlossen betrachtet werden könne.

Das Finanzamt habe die Höhe der Steuer der Streitjahre zu ermitteln. Zwar gestehe er zu, dass seine Buchführung für die Streitjahre unzureichend gewesen sei, doch habe das Finanzamt keinerlei Beweise dafür, dass in den Jahren 2006 und 2007 andere Umsätze als die von ihm erklärten, getätigt worden seien. Handschriftliche Notizen aus dem Jahr 2011 könnten nicht als statistischer Richtwert zur Ermittlung von Umsätzen aus den vorhergehenden Jahren herangezogen werden, weil sich sowohl die wirtschaftliche Lage als auch die Einkaufs- und Verkaufspreise jährlich änderten. Das erste Halbjahr 2011, dessen Umsätze das Finanzamt den Schätzungen für die Vorjahre zugrunde gelegt habe, sei deutlich umsatzstärker gewesen als die Vorjahre.

Die prozentuale Zuschätzung sei zudem völlig unrealistisch, weil sich aus den vorhandenen Einkaufsbelegen für die Rohstoffe und Waren und den ebenfalls beschlagnahmten Rezeptbüchern sehr schnell und eindeutig ermitteln ließe, wie viel Gebäck er aus den gekauften Rohstoffen überhaupt hätte herstellen können.

Da sich das Finanzamt lange geweigert habe, die beschlagnahmten Unterlagen herauszugeben, habe er selbst keine Berechnungen anstellen können. Erst im Klageverfahren habe das Amt die Unterlagen herausgegeben. Anhand dieser Unterlagen habe er einen Aufschlag von 11 % zu den erklärten Umsätzen errechnet; das Amt dagegen 30,53 %. Für das 1. Halbjahr 2011 habe er ungefähr 248.000 € Umsätze bei der Umsatzsteuer erklärt, das Finanzamt sei bei der Schätzung für die tatsächliche Verständigung aber von 327.000 € ausgegangen, richtig seien aber ungefähr nur 276.000 € gewesen. Entsprechend müssten die in der tatsächlichen Verständigung zugrunde gelegten Mehreinnahmen, denen ein Aufschlag von etwa 30 % zugrunde liege, reduziert werden. Mit einer Hinzurechnung von 11 % sei er einverstanden.

Die Vertreterin des Finanzamts beantragt, die Klage abzuweisen.

Es liege eine rechtswirksame tatsächliche Verständigung vor, an die die Beteiligten gebunden seien. Diese könne nicht im Nachhinein durch den Antrag des Steuerpflichtigen, nun in langwieriger Kleinarbeit eine exakte Sachverhaltsermittlung durchzuführen, beseitigt werden. Der Bundesfinanzhof habe in seinem Urteil vom 11.12.1984 die formellen und materiellen Voraussetzungen einer tatsächlichen Verständigung im Einzelnen dargelegt. Diese seien sämtlich erfüllt:

Die tatsächliche Verständigung sei formal ordnungsgemäß zustande gekommen. Wie am 20.09.2011 auf Drängen des Klägers vereinbart, sei dieser am 22.09.2011 um 14 Uhr im Amt zur Besprechung erschienen. Er sei gefragt worden, ob er – wie angeraten – rechtliche Beratung in Anspruch genommen habe oder noch in Anspruch nehmen wolle. Das habe er verneint. Er habe ausdrücklich erklärt, dass er noch am selben Tag eine Einigung mit dem Finanzamt erzielen wolle. Auf Nachfrage habe er bestätigt, dass die betrieblichen Verhältnisse in den Vorjahren im Wesentlichen denen des Jahres 2011 entsprochen hätten. Der für das 1. Halbjahr 2011 von der Steuerfahndung ermittelte Prozentsatz der nicht verbuchten Einnahmen könne auf die Vorjahre angewendet werden. Die einzelnen Punkte der tatsächlichen Verständigung seien vor Unterschrift nochmals mündlich besprochen worden, insbesondere die Berechnung von Mehrumsätzen und Gewinn ausgehend vom Kalenderjahr 2011. Die tatsächliche Verständigung sei sodann von allen Beteiligten unterzeichnet worden.

Die tatsächliche Verständigung erfülle auch die materiellen Wirksamkeitsvoraussetzungen: Sie beziehe sich auf Sachverhalts- nicht auf Rechtsfragen. Der Sachverhalt sei nur unter erschwerten Umständen mit einem nicht mehr zu vertretenden Zeitaufwand zu ermitteln gewesen, weil aufgrund fehlender Unterlagen, insbesondere Aufzeichnungen zu den Bareinnahmen, Kassenstreifen usw., eine exakte Sachverhaltsermittlung nicht möglich gewesen sei. Die Schätzung nach § 162 AO sei ein geeignetes Mittel, um die Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ermitteln, wenn eine sichere Festsetzung – wie hier - trotz des Bemühens um Aufklärung nicht möglich sei. Das Finanzamt sei dem Grunde nach zur Schätzung befugt, weil die Buchführung des Klägers in den Jahren 2006 bis 2008 laut den Feststellungen der Betriebsprüfung nicht ordnungsgemäß sei. Das gelte insbesondere für die Kassenführung (s.o.). Die Belege würden monatsweise in Kartons aufbewahrt. Bereits im Rahmen der vorhergehenden Betriebsprüfung für die Jahre 2003 bis 2005 seien wegen fehlender Grundaufzeichnungen Einnahmen zugeschätzt worden. Dennoch seien für 2006 (wieder) nur handschriftliche Eintragungen auf einem Kalender vorgelegt worden. Für 2007 und 2008 seien zwar Tagesendsummenbons vorgelegt worden, doch seien diese offensichtlich unvollständig, da lückenhaft nummeriert gewesen. Im Jahr 2008 seien die Beträge laut Tagesendsummenbons meist erheblich niedriger als die handschriftlichen Kalendereintragungen gewesen. Für 2007 sei kein Kalender vorgelegt worden. Der Kläger habe die Grundaufzeichnungen zu den Betriebseinnahmen (Kassenbons) vernichtet. Nach eigenen Angaben habe er jeweils am Jahresende auch seine Aufzeichnungen über die tatsächlichen Einnahmen vernichtet und lediglich den Kalender mit den geminderten Einnahmen aufbewahrt. Für 2009 und 2010 habe der Kläger keine Steuererklärungen abgegeben.

Des Weiteren seien bei der Durchsuchung am 20.09.2011 an verschiedenen Orten in den Wohn- und Geschäftsräumen des Klägers größere Mengen an Bargeld – insgesamt 400.000 € - gefunden worden. Der Kläger habe hieraus freiwillig eine Abschlagszahlung von 350.000 € an das Finanzamt überwiesen. Bei einer weiteren Durchsuchung am 26.04.2012 habe man nochmals ca. 160.000 € Bargeld gefunden.

Die Wahl des Schätzungsverfahrens stehe im Ermessen des Finanzamts. Bei der Schwere der Aufzeichnungsmängel sei auch ein grobes Schätzverfahren ermessensgerecht. Der Kläger habe selbst eingeräumt, dass er Betriebseinnahmen und Umsatzerlöse in diesen Jahren zu niedrig verbucht habe. Die Schätzung anhand der für das Jahr 2011 sichergestellten Tafelkalender führe auch nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis, weil sich die Höhe der Zuschätzung prozentual an diesen Kalendern orientiere, aus denen sowohl die tatsächlich erzielten als auch die verbuchten Einnahmen des 1. Halbjahres 2011 ersichtlich seien. Ein offensichtlich unzutreffendes Ergebnis liege dagegen vor, wenn sich Steuerpflichtiger und Finanzamt auf einen Sachverhalt einigten, der aus damaliger Sicht völlig an der Realität vorbeigehe. Offensichtlich (= für einen unvoreingenommenen, urteilsfähigen Betrachter ohne weiteres und unzweifelhaft ersichtlich) unzutreffend könne ein Ergebnis nur dann sein, wenn es auf einem schweren Überlegungs- oder Systemfehler beruhe oder wenn das Ergebnis eindeutig von dem abweiche, was mit der Vereinbarung von allen Beteiligten gewollt gewesen sei. Aus den sichergestellten Tafelkalendern ergebe sich, dass die Betriebseinnahmen im 1. Halbjahr 2011 um 78.779,71 € zu niedrig verbucht worden seien. Das seien 24 % der tatsächlichen Umsatzerlöse und 32 % der erklärten Beträge. Die in der tatsächlichen Verständigung vereinbarte Zuschätzung von 24 % der tatsächlichen Umsatzerlöse (= 32 % der erklärten Beträge) sei der Höhe nach nicht offensichtlich unzutreffend. Unter Berücksichtigung der geschätzten Mehreinnahmen ergebe sich ein Rohgewinnaufschlag in Höhe von 145,38 % für 2006, 157,35 % für 2007 und 151,29 % für 2008. Diese Rohgewinnaufschlagsätze lägen sogar noch unter dem unteren amtlichen Rohgewinnaufschlagsatz in Höhe von 163 %.

Als Berechnungsbasis sei der gesamte Zeitraum, für den vollständige Aufzeichnungen vorgelegen hätten, verwendet worden, also Januar bis einschließlich Juli 2011. Die tatsächlichen Einnahmen laut 3-spaltigem Kalender in diesem Zeitraum hätten 327.104,50 € betragen, die geminderten Umsätze laut 2-spaltigem Kalender nur 250.591,00 €. Die Differenz in Höhe von 76.513,50 € entspreche 30,53 % (76.513,50 € : 250.591,00 € x 100). Die Berechnung des Klägers vergleiche dagegen die tatsächlichen Umsätze für den Zeitraum bis 30.06.2011 mit den für das 1. und 2. Quartal vorangemeldeten Umsätzen. Diese seien aber nicht identisch mit den Umsätzen aus dem 2-spaltigen Kalender.

Der Kläger ist mit Urteil des Amtsgerichts wegen Steuerhinterziehung u.a. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten und einer Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen á 150 € verurteilt worden. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe ist zur Bewährung ausgesetzt worden. Das Gericht hat der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung (bis auf eine geringfügige Abweichung im Jahr 2010) die Werte aus dem Fahndungsprüfungsbericht und der Niederschrift über die tatsächliche Verständigung zugrunde gelegt.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Das Finanzamt hat die Einkommensteuer und die Gewerbesteuermessbeträge in den Bescheiden vom 07.11.2011 zu Recht unter Ansatz der Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. der tatsächlichen Verständigung vom 22.09.2011 und unter Anwendung des dort festgelegten Rechenschlüssels festgesetzt. Der Kläger wird durch diese Bescheide nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beteiligten sind nach den Grundsätzen von Treu und Glauben an das Ergebnis der wirksamen tatsächlichen Verständigung gebunden.

Die von den Beteiligten in der Besprechung am 22.09.2011 einvernehmlich vereinbarten Regelungen für den Bereich der Sachverhaltsermittlung sind steuerrechtlich zulässig.

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs hat in seinem Urteil vom 11.12.1984 VIII R 131/76, BStBl. II 1985, 354, „tatsächliche Verständigungen“ im Steuerrecht grundsätzlich anerkannt, weil es der „Effektivität der Besteuerung und allgemein dem Rechtsfrieden“ diene, in besonderen Fällen Vereinbarungen über eine bestimmte (steuerliche) Behandlung von Sachverhalten (nicht aber über das anzuwendende Recht) zuzulassen. Voraussetzung der Wirksamkeit einer solchen tatsächlichen Verständigung ist, wie das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung zutreffend ausgeführt hat, dass sie sich auf Sachverhaltsfragen bezieht, der Sachverhalt in der Vergangenheit liegt, die Sachverhaltsermittlung erschwert ist, auf Seiten des Amtes ein für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung zuständiger Amtsträger beteiligt ist und die tatsächliche Verständigung nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt. Letzteres wäre etwa dann der Fall, wenn die getroffene Verständigung gegen die Regelungen des Grundgesetzes über die Finanzverfassung oder systemprägende Grundsätze des Steuerrechts verstieße (vgl. BFH-Urteil vom 07.07.2004 X R 24/03, BStBl. II 2004, 975). Ob die Finanzbehörde einen Sachverhalt ermittelt, steht nicht in ihrem eigenen Gutdünken und darf nicht der Initiative oder dem Belieben der Beteiligten überlassen bleiben. Nur soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln kann, hat sie sie zu schätzen (vgl. BFH-Urteil vom 07.07.2004 X R 24/03, BStBl. II 2004, 975).

Im Streitfall lagen die Voraussetzungen für den wirksamen Abschluss einer tatsächlichen Verständigung vor. Insbesondere war die Sachverhaltsermittlung erheblich erschwert. Die Behörde konnte die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln, weil der Kläger wesentliche Aufzeichnungen wie Kassenbelege und Kassenbuch (und die Kalender mit den tatsächlich erzielten Erlösen) vernichtet hatte. Die Buchführung des Klägers litt, wie auch schon in den Jahren zuvor, an weiteren erheblichen Mängeln.

Die Schätzmethode, auf die sich die Beteiligten in der Vereinbarung vom 22.09.2011 verständigt haben, führt nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis.

Anhaltspunkte für einen Verfassungsverstoß liegen ebenso wenig vor, wie eine gravierende Verletzung des materiellen Steuerrechts. Es liegt in der Natur einer tatsächlichen Verständigung, dass ihr Gegenstand nicht bis ins Einzelne als richtig bestätigte Besteuerungsgrundlagen sind. Schätzungsunschärfen gehen zu Lasten desjenigen, der die Schätzung veranlasst hat.

Mit den Tafelkalendern 2011 stand dem Finanzamt ein sachgerechter Maßstab für die Schätzung der Vorjahresumsätze zur Verfügung. Es begegnet keinen Bedenken, dass die tatsächlichen Einnahmen laut 3-spaltigem Kalender für Januar bis einschließlich Juli 2011 in Bezug gesetzt wurden zu den geminderten Umsätze laut 2-spaltigem Kalender für diesen Zeitraum und die so ermittelte Differenz auf das Kalenderjahr hochgerechnet wurde. Mangels anderer verlässlicher Anhaltspunkte ist die Zuschätzung für die Vorjahre auf Basis der für Januar bis einschließlich Juli 2011 tatsächlich erzielten und der erklärten Umsätze sachgerecht und plausibel.

Der Kläger selbst hat gegenüber dem Finanzamt und auch im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren eingeräumt, in diesen Jahren etwa im gleichen Umfang Erlöse nicht erklärt bzw. vorangemeldet zu haben, wie es sich aus den Kalendern 2011 ergibt. Die sich aus der Schätzung des Finanzamts ergebenden Rohgewinnaufschlagsätzen liegen zudem deutlich unter dem niedrigsten Wert der in den Streitjahren geltenden Fassung der Richtsatzsammlung.

Um Wiederholungen zu vermeiden, sieht das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es der Begründung der Einspruchsentscheidung folgt, § 105 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.