Verwaltungsgericht Köln Urteil, 18. März 2014 - 2 K 147/13.A


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d:
2Der am 00.00.0000 in Kabul geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit. Er lebte nach eigenen Angaben zunächst mit seinen Eltern in Afghanistan und dann von 1994 bis Mitte Mai 2011 mit seinen Eltern in Kohramabad/Iran. Er verließ den Iran nach eigenen Angaben am 16. Mai 2011 und reiste über die Türkei nach Griechenland und von dort am 1. Juli 2011 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er stellte hier am 8. Juli 2011 den Asylantrag.
3Zur Begründung seines Begehrens gab der Kläger bei der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 29. Juli 2011 im Wesentlichen an, er sei mit Hilfe von Schleppern nach Deutschland gelangt. Es habe im Iran, wo er zuletzt gelebt habe, Probleme zwischen seinem Schwager und seiner Schwester gegeben. Sein Schwager, ein Afghane, habe versucht, seine Schwester mit nach Afghanistan zu nehmen, was diese aber verweigert habe. Dieses Verhalten der Schwester bedeute für einen Afghanen eine schwere Ehrverletzung. Sein Schwager sei daraufhin mit einigen anderen Afghanen nach Kohramabad gekommen. Er – der Kläger – habe, als er davon erfahren habe, Angst bekommen und sei geflüchtet. Denn sein Schwager habe bestimmt ernsthafte Absichten gehabt, seine Vorstellungen mit Gewalt durchzusetzen. Iranische Behörden würden Afghanen zudem nicht helfen, wenn diese sich mit Anliegen an sie wendeten. Wegen der Einzelheiten der Anhörung wird auf Blatt 28 bis 34 des Verwaltungsvorgangs des Bundesamtes (Beiakte Heft 1) verwiesen.
4Durch Bescheid vom 14. Dezember 2012 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen, und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen. Ferner forderte es den Kläger unter Fristsetzung zur Ausreise auf und drohte ihm die Abschiebung nach Afghanistan an. Der Bescheid wurde laut Postzustellungsurkunde in der Filiale Wipperfürth der Deutschen Post AG niedergelegt. Nach dem Inhalt der Zustellungsurkunde wurde die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung „vom Postbevollmächtigten abgeholt“.
5Der Kläger hat am 9. Januar 2013 Klage erhoben und Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist begehrt.
6Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsgesuchs macht der Kläger unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung geltend, der angefochtene Bescheid des Bundesamtes sei ihm erst am 2. Januar 2013 bekannt gemacht worden. An diesem Tag habe ihm eine Mitarbeiterin des Sozialamts der Stadt Wipperfürth die Benachrichtigung über die Hinterlegung übergeben. Weiterhin trägt der Kläger vor, die Bestrafung seiner Schwester zur Wiederherstellung der Ehre seines Schwagers stelle eine geschlechtsspezifische Verfolgung dar. Sippenhaft sei in Afghanistan verbreitet. Eine inländische Fluchtalternative stehe ihm in Afghanistan nicht offen. Er leide zudem wegen der Umstände vor der Flucht nach Deutschland an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Dazu legt er eine ärztliche Bescheinigung vom 7. März 2014 vor.
7Einen Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Gericht durch Beschluss vom 21. Januar 2013 (Az.: 14 L 36/13.A) abgelehnt.
8Der Kläger beantragt,
9die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 14. Dezember 2012 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
10hilfsweise, ihm subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG zuzuerkennen,
11weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt,
12weiter hilfsweise, den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 14. Dezember 2012 hinsichtlich der Feststellung der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylbegehrens aufzuheben.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Zur Begründung bezieht sie sich auf den angefochtenen Bescheid.
16Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung zu seinem Begehren angehört worden.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie des Verfahrens 14 L 36/13.A und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes und der Ausländerbehörde Bezug genommen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
19Die Klage hat keinen Erfolg.
20Sie ist zulässig, insbesondere hat der Kläger die Klagefrist aus § 74 Abs. 1 2. Halbsatz AsylVfG nicht versäumt. Die einwöchige Klagefrist ist hier nicht in Lauf gesetzt worden, weil die Zustellung des angefochtenen Bescheides des Bundesamts nicht ordnungsgemäß erfolgt ist. Die Zustellung des Bescheides ist hier durch die Post mit Zustellungsurkunde erfolgt und vom Zusteller konkret im Wege der Ersatzzustellung durch Niederlegung (§ 3 Abs. 2 VwZG i.V.m. § 181 ZPO) vorgenommen worden. § 181 Abs. 1 Satz 3 ZPO bestimmt, dass über die Niederlegung eine schriftliche Mitteilung auf dem vorgesehenen Formular unter der Anschrift der Person, der zugestellt werden soll, in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben oder, wenn das – wie hier - nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung anzuheften ist. Das Schriftstück gilt dann mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt (§ 181 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Diesen zwingenden Formvorgaben hat der Zusteller im vorliegenden Fall nicht entsprochen. Er hat die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung ausweislich der Postzustellungsurkunde nicht an die Tür der damaligen Unterkunft des Klägers Bahnstraße 7 in Wipperfürth angeheftet, sondern auf der Urkunde nur vermerkt, dass die Mitteilung vom Postbevollmächtigten abgeholt werde. Aus § 10 Abs. 4 AsylVfG folgt im vorliegenden Fall zu Ungunsten des Klägers nichts anderes. Das gilt schon deshalb, weil nach den vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgängen nicht feststeht, dass es sich bei der damaligen Unterkunft des Klägers überhaupt um eine Aufnahmeeinrichtung im Sinne des Gesetzes gehandelt hat.
21Die Klage ist aber nicht begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu, der Bescheid des Bundesamtes vom 14. Dezember 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
22Das Gericht hat bei seiner Entscheidung gemäß § 77 Abs. 1 S. 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen, hier auf die am 1. Dezember 2013 in Kraft getretene Fassung des Aufenthaltsgesetzes und des Asylverfahrensgesetzes. Durch diese Gesetzesänderungen haben sich die Streitgegenstände des vor diesem Zeitpunkt anhängig gewordenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht geändert. Auch das Prüfprogramm des Gerichts ist sowohl hinsichtlich des Flüchtlingsstatus, dessen Voraussetzungen nunmehr in den §§ 3 bis 3 e AsylVfG geregelt sind, als auch hinsichtlich des jetzt in § 4 AsylVfG geregelten subsidiären Schutzes in der Sache im Wesentlichen unverändert geblieben,
23vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2014 - 9 A 2561/10.A - juris Rdnr. 23 – 32.
241. Dem Kläger steht zunächst kein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a Abs. 1 GG zu. Er ist nach seinen eigenen Angaben aus Griechenland, einem sicheren Drittstaat (vgl. § 26 a Abs. 2 AsylVfG), nach Deutschland eingereist. Er wird damit nach § 26 a Abs. 1 S. 2 AsylVfG nicht als Asylberechtigter anerkannt. Die Ausnahmeregelung des § 26 a Abs. 1 S. 3 AsylVfG greift zu seinen Gunsten nicht ein.
252. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG zu. Nach seinem eigenen Vorbringen befindet er sich nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes Afghanistan. Der Kläger hat bei der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt als Grund für seine Flucht Unstimmigkeiten und Streitigkeiten im innerfamiliären Bereich geschildert. Hieran hat er im gerichtlichen Verfahren festgehalten. Diese Vorfälle begründen im konkreten Fall nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Denn sie knüpfen weder an Verfolgungsgründen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG an, noch ergibt sich aus diesem Vortrag, dass der Kläger von einem seinem Herkunftsland Afghanistan zuzurechnenden Akteur im Sinne des § 3 c AsylVfG verfolgt worden ist. Soweit er sich schriftsätzlich auf eine Bestrafung seiner Schwester zwecks Wiederherstellung der Ehre des Schwagers beruft, wäre davon allein seine Schwester betroffen. Ebenso ist nichts dafür erkennbar, dass er durch Akteure im Sinne von § 3 c AsylVfG von Sippenhaft bedroht ist, wie er durch seinen vormaligen Prozessbevollmächtigten hat vortragen lassen. Sonstige Verfolgungsgründe gemäß § 3 b AsylVfG hat der Kläger nicht geltend gemacht; diese sind auch nicht erkennbar.
263. Dem Kläger steht auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylVfG nicht zu.
27Zunächst ist für eine ernsthafte Schädigung seiner Person im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AsylVfG nichts ersichtlich.
28Auch die Zuerkennung subsidiären Schutzes für den Kläger gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AsylVfG im Hinblick auf die schlechten humanitären Bedingungen in Afghanistan,
29vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 4. Juni 2013, Seite 18; ferner Fortschrittsbericht Afghanistan der Bundesregierung zur Unterrichtung des Deutschen Bundestags (Stand: Januar 2014), Seite 38 ff.,
30scheidet aus. Schlechte humanitäre Verhältnisse im Herkunfts- oder Abschiebezielstaat können für sich isoliert betrachtet nur in ganz außergewöhnlichen Fällen im Hinblick auf Art. 3 EMRK als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein. Diese Schwelle wird in Bezug auf Afghanistan nach der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht überschritten,
31Vgl. EGMR, Urteil vom 13. Oktober 2011 - Nr. 10611/09, Husseini/Schweden – NJOZ 2012, 952; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15/12 -, BVerwGE 146, 12 ff; BayVGH, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 13 a B 12.30421 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Juli 2013 - A 11 S 697/13 -, juris Rdnr. 84 ff.
32Aktuellere Erkenntnisse, die auf eine deutliche Verschlechterung der humanitären Bedingungen in Afghanistan schließen lassen, und damit im Hinblick auf § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AsylVfG i.V.m. Art. 3 EMRK eine andere Bewertung rechtfertigen, sind dem Gericht nicht bekannt und werden auch vom Kläger selbst nicht angeführt.
33Das Gericht ist auch nicht davon überzeugt, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan ein ernsthafter Schaden in Gestalt einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylVfG droht. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm können auch dann erfüllt sein, wenn sich der bewaffnete Konflikt nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstreckt. In diesem Fall ist Bezugspunkt für die Gefahrenprognose der tatsächliche Zielort des Ausländers bei einer Rückkehr. Das ist in der Regel die Herkunftsregion des Ausländers, in die er typischerweise zurückkehren wird,
34Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 31. Januar 2013 – 10 C 15/12 -, BVerwGE 146, 12 ff.
35Maßgeblicher Zielort ist danach im vorliegenden Fall Kabul. Der Kläger ist nach eigenen Angaben in Kabul geboren, dort soll auch eine weitere Schwester von ihm wohnen. Aufgrund der gegebenen Verkehrsverhältnisse würde den Kläger eine Abschiebung von Deutschland in sein Heimatland auch in den Raum Kabul führen. Das Gericht ist nach Auswertung der aktuellen Auskünfte, Gutachten und Erkenntnisse und der ihm bekannten Gerichtsentscheidungen der Überzeugung, dass dem Kläger nach einer Rückkehr in den Raum Kabul kein ernsthafter Schaden i.S.v. von § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylVfG droht. Die Sicherheitslage in Kabul ist zwar angespannt. Das Risiko, dort durch Anschläge einen Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, liegt jedoch unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Alleinstehende männliche afghanische Staatsangehörige ohne persönliche gefahrerhöhende Merkmale haben derzeit im Falle einer Abschiebung in ihr Herkunftsland über Kabul nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dort alsbald Opfer eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylVfG zu werden,
36ausführlich Hessischer VGH, Urteil vom 30. Januar 2014 - 8 A119/12.A - juris Rdnr. 33 bis 43; Sächsisches OVG, Urteil vom 10. Oktober 2013 – A 1 A 474/09 – juris Rdnr. 37 ff.; VGH Mannheim, Urteil vom 14. August 2013 – A 11 S 688/13 – juris Rdnr. 34; BayVGH Beschluss vom 19. Juni 2013 - 13 a ZB 12.30386 – juris Rdnr. 4; OVG NRW, Beschluss vom 13. Februar 2013 – 13 A 1524/12.A – juris Rdnr. 8-11; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. März 2012 – 8 A 11050/10 – juris Rdnr. 52.
37Diese Einschätzung der Gefahrensituation wird durch den aktuellen Fortschrittsbericht Afghanistan der Bundesregierung zur Unterrichtung des Deutschen Bundestags (Stand: Januar 2014) untermauert. Danach wird die Sicherheitslage in den Bevölkerungszentren als ausreichend kontrollierbar angesehen. Zu diesen ausreichend kontrollierbaren Gebieten wird trotz einzelner medienwirksamer Anschläge und häufigen Hinweisen auf Anschlagsplanungen ausdrücklich auch die Hauptstadt Kabul gezählt (Fortschrittsbericht S. 10, 11). Auch der aktuelle Bericht von UNAMA vom 1. Februar 2014, (Afghanistan – Annual Report 2013, Protection Of Civilians In Armed Conflict) führt zu keiner anderen Bewertung der Gefahrenlage. Die dort für den Gesamtstaat genannten Zahlen von toten und verletzten zivilen Personen im Jahr 2013 (2.959 Tote und 5.656 Verletzte, vgl. S. 1 ff. des Reports) dokumentieren zwar, dass die Zahl der Opfer gegenüber dem Jahr 2012 um insgesamt 13% angestiegen ist und sich den Zahlen des Jahres 2011 annähern. Die bekannt gegebenen Opferzahlen rechtfertigen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Einwohner Kabuls aber auch weiterhin nicht die Einschätzung, dass jede Person allein wegen ihrer Anwesenheit in diesem Gebiet tatsächlich Gefahr läuft, einer ernsthaften Bedrohung im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylVfG ausgesetzt zu sein.
38Der Kläger unterfällt als Alleinstehender dem genannten Personenkreis. Gefahrerhöhende Merkmale liegen in seiner Person nicht vor.
394. Dem Kläger steht schließlich auch der weiterhin hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht zu.
40Ein Abschiebungsverbot auf der Grundlage von § 60 Abs. 5 AufenthG wegen der mangelhaften humanitären Bedingungen in Afghanistan kann in der Person des Klägers nicht festgestellt werden. Insofern greifen die gleichen Erwägungen, die oben zu § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AsylVfG dargestellt worden sind.
41Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Nach dieser Bestimmung soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60 a Abs. 1 S. 1 AufenthG zu berücksichtigen.
42Das Gericht hat zunächst keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in seiner Gesundheit ernsthaft beeinträchtigt ist und insoweit hinsichtlich Afghanistan ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG besteht. Insbesondere liegen trotz der von ihm vorgelegten ärztlichen Bescheinigung vom 7. März 2014 keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung vor, die Veranlassung bieten, diesem Krankheitsbild von Amts wegen nach § 86 Abs. 1 VwGO weiter nachzugehen.
43In der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung wird ausgeführt, der Kläger berichte von traumatischen Ereignissen in seiner Vergangenheit, er schildere besonders eindrücklich die Ereignisse des Krieges in Afghanistan, die er als Kind erlebt habe. Er beschreibe die Toten auf der Straße, die ihm große Angst machen würden, von Schießereien und besonderer Angst vor Soldaten, die mit Gewehren in bedrohlicher Weise durch die Straßen gezogen seien. Weiter heißt es in der Bescheinigung, der Kläger sei im Iran innerhalb der Familie mit dem Tod bedroht worden, als er versucht habe, seine Schwester aus einer unglücklichen Ehe zu befreien. Diese dargestellten Schilderungen des Klägers stimmen mit seinen Ausführungen bei der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt im Kern nicht überein, beinhalten im Gegenteil eine wesentliche Steigerung des Vorbringens. Einen Erklärungsversuch, diese erheblichen Ungereimtheiten im Sachvortrag aufzulösen, hat der Kläger auch nicht ansatzweise unternommen, obwohl dies zu seinen Mitwirkungspflichten nicht nur im Asylverfahren (§ 15 Abs. 1 S. 1 AsylVfG), sondern auch im gerichtlichen Verfahren gehört (§ 86 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz VwGO). Mit der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung genügt er seinen Obliegenheiten nicht. Legt ein Kläger bei einer derartigen, von ganz erheblichen - den Kern des Vorbringens betreffenden - Ungereimtheiten im Sachvortrag gekennzeichneten, Sachlage das Attest eines Facharztes oder Psychotherapeuten zum Beleg einer posttraumatischen Belastungsstörung vor, so muss dieses Attest Hinweise enthalten, dass das Vorbringen des Klägers nicht lediglich hingenommen und dem Attest zugrundegelegt wird, sondern bei der Exploration im Rahmen der Möglichkeiten des Gutachters auch der Frage nachgegangen worden ist, ob der Vortrag des Klägers der Wahrheit entspricht. Der ärztliche Bericht muss insofern insbesondere die relevanten Anknüpfungstatsachen behandeln und sich mit diesen im Rahmen des Möglichen auseinandersetzen,
44vgl. in diesem Zusammenhang etwa VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. Mai 2000 – 11 S 1966/99 -, InfAuslR 2000, 435 f.
45Diesen Erfordernissen genügt die Bescheinigung vom 7. März 2014 auch nicht ansatzweise. Es handelt sich nicht einmal um die Bescheinigung eines Facharztes, sie ist nur von einer Assistenzärztin unterschrieben.
46Den in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen des Klägers mußte das Gericht nicht nachkommen. Der Beweisantrag zu 1. genügt im konkreten Fall vor dem Hintergrund der aufgezeigten erheblichen Ungereimtheiten im klägerischen Sachvortrag nicht den Anforderungen an eine hinreichende Substantiierung,
47dazu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 8/07 -, BVerwGE 129, 251 ff.; Urteil vom 11. September 2007 – 10 C 17/07 – juris Rdnr. 15; Geiger in Eyermann, Kommentar zur VwGO, 13. Auflage 2010, § 86 Rdnr. 27.
48Die vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 7. März 2014 ist, wie bereits festgestellt, nicht von einer Fachärztin ausgestellt worden. Sie verhält sich im Übrigen auch nicht zu der sich aufdrängenden Frage, warum die posttraumatische Belastungsstörung erst nach so langer Zeit - die traumatisierenden Ereignisse in Afghanistan fanden, wenn man den Angaben des Klägers Glauben schenkt, vor 1994 statt - geltend gemacht. Der weitere Beweisantrag war ebenfalls abzulehnen. Auf die unter Beweis gestellte Tatsache kommt es für die Entscheidung des Falles nicht an (§ 244 Abs. 3 S. 2 StPO analog), da für eine Retraumatisierung des Klägers in Konsequenz des soeben Ausgeführten keine hinreichenden Anhaltspunkte vorliegen.
49Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG ist auch im Übrigen in der Person des Klägers nicht gegeben. Die heute weiterhin festzustellende unzureichende Versorgungslage der Bevölkerung in Afghanistan,
50vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 4. Juni 2013, Seite 18; ferner Fortschrittsbericht Afghanistan der Bundesregierung zur Unterrichtung des Deutschen Bundestags (Stand: Januar 2014), Seite 38 ff.,
51stellt eine allgemeine Gefahr i.S.v. § 60 Abs. 7 S. 2 AufenthG dar. Eine derartige allgemeine Gefahr kann nur dann zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG führen, wenn der Ausländer einer extremen Gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im Falle seiner Abschiebung dorthin gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwerster Verletzung ausgeliefert würde und diese Gefahren alsbald nach seiner Rückkehr und landesweit drohen würden,
52Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24. Juni 2008 -10 C 43/07-, BVerwGE 131, 198 ff; Urteil vom 8. September 2011 -10 C 14/10-, BVerwGE 140, 319 ff.
53Nach Überzeugung des Gerichts ist der Kläger von einer solchen Extremgefahr bei einer Rückkehr in sein Heimatland nicht bedroht. Nach Auswertung der aktuellen Auskünfte und Erkenntnisse sowie der obergerichtlichen Rechtsprechung zu diesem Fragenkreis laufen gesunde alleinstehende männliche afghanische Staatsangehörige im Falle einer Abschiebung nach Afghanistan derzeit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit Gefahr, im Raum Kabul einer Extremgefahr für Leben und Gesundheit im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgesetzt zu sein,
54vgl. Hessischer VGH, Urteil vom 30. Januar 2014 - 8 A 119/12.A - juris Rdnr. 44 bis 60; Sächsisches OVG, Urteil vom 10. Oktober 2013 – A 1 A 474/09 – juris Rdnr. 55 ff.; BayVGH, Urteil vom 13. Mai 2013 -13 a B 12.30052- juris; Urteil vom 1. März 2013 -13 a B 12.30205- juris Rdnr. 32 ff.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. März 2012 – 8 A 11050/10 – juris Rdnr. 43 ff.
55Der Kläger zählt zu diesem Personenkreis. Bei ihm kommt hinzu, dass er nach eigenen Angaben über eine höhere Schulbildung verfügt und das Abitur abgelegt hat. Weiterhin hat er ausgeführt, einige Kenntnisse in der IT-Branche zu besitzen, die er bei einer Rückkehr nach Kabul voraussichtlich nützlich wird einsetzen können. Außerdem lebt nach seiner eigenen Bekundung bei der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt in Kabul eine Schwester, so dass er jedenfalls in der ersten Zeit nach der Rückkehr in das Heimatland wahrscheinlich auf deren Unterstützung wird zurückgreifen können. Schließlich leben Verwandte des Klägers in Deutschland, wie er vor dem Bundesamt selbst erklärt und in der mündlichen Verhandlung wiederholt hat. Auch diese dürften ihn im Notfall jedenfalls übergangsweise finanziell unterstützen. Eine extreme Gefahr für Leib oder Leben des Klägers im Falle der Abschiebung nach Afghanistan ist auch mit Blick auf diese Tatsachen nicht überwiegend wahrscheinlich.
565. Die Abschiebungsandrohung im angefochtenen Bescheid des Bundesamts ist rechtmäßig, sie entspricht den Anforderungen von § 34 Abs. 1 S. 1 AsylVfG i.V.m. § 59 AufenthG.
57Die festgesetzte einwöchige Ausreisefrist ist hingegen rechtswidrig, weil das Gericht den Asylantrag des Klägers entgegen der vorläufigen Bewertung im Eilverfahren im vorliegenden Hauptsacheverfahren nur als einfach unbegründet ansieht. Einer Aufhebung der damit § 38 Abs. 1 AsylVfG widersprechenden Fristsetzung bedarf es allerdings nicht. Die Ausreisefrist endet vielmehr in entsprechender Anwendung von § 37 Abs. 2 AsylVfG 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens des Klägers,
58dazu Bergmann in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, § 36 AsylVfG Rdnr. 36.
59Für den weiter hilfsweise gestellten Antrag auf Aufhebung der Feststellung der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylbegehrens im angefochten Bescheid des Bundesamts besteht im Hinblick auf diese gerichtlich festgestellte Rechtsfolge einer verlängerten Ausreisefrist für den Kläger kein Rechtsschutzinteresse; dieses isolierte Anfechtungsbegehren ist unzulässig.
60Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Annotations
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.
(2) Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat. Für die Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung zu verwenden.
(1) Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 oder § 180 nicht ausführbar, kann das zuzustellende Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden. Wird die Post mit der Ausführung der Zustellung beauftragt, ist das zuzustellende Schriftstück am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle niederzulegen. Über die Niederlegung ist eine schriftliche Mitteilung auf dem vorgesehenen Formular unter der Anschrift der Person, der zugestellt werden soll, in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben oder, wenn das nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung anzuheften. Das Schriftstück gilt mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.
(2) Das niedergelegte Schriftstück ist drei Monate zur Abholung bereitzuhalten. Nicht abgeholte Schriftstücke sind danach an den Absender zurückzusenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.