Verwaltungsgericht Köln Gerichtsbescheid, 23. Sept. 2014 - 16 K 3327/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Gerichtsbescheides vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Rückforderungsbescheides über die Erstattung einer dem Kläger gewährten Zuwendung.
3Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 8. Dezember 2009 die Bewilligung einer sogenannten „De-minimis“-Beilhilfe nach der Richtlinie des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung über die Förderung der Sicherheit und der Umwelt in Unternehmen des Güterkraftverkehrs mit schweren Nutzfahrzeugen vom 19. Oktober 2009 für den von ihm als Einzelkaufmann betriebenen Taxi- und Transportbetrieb.
4Am 24. Juni 2010 ordnete das Amtsgericht Chemnitz die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen des Klägers an - 10 IN 2111/10 -.
5Mit Zuwendungsbescheid des Bundesamtes für Güterverkehr vom 25. Juni 2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger die beantragte Zuwendung in Höhe von insgesamt höchstens 8.000,00 Euro in der Form einer sogenannten Budgetzusage.
6Am 30. Juli 2010 eröffnete das Amtsgericht Chemnitz das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers - 10 IN 2111/10 -.
7Am 1. September 2010 reichte der Kläger einen Teilverwendungsnachweis über die Beschaffung lärm- bzw. geräuscharmer Reifen ein. Am 1. Oktober 2010 zahlte die Beklagte einen Teilbetrag in Höhe von 1.320,12 Euro an den Kläger aus. Am 15. Oktober 2010 reichte der Kläger einen weiteren Teilverwendungsnachweis über die Beschaffung eines Navigationssystems ein. Am 29. Oktober 2010 zahlte die Beklagte einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 436,50 Euro an den Kläger aus.
8Am 11. November 2010 erklärte der Insolvenzverwalter, dass Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit „Taxi- und Transportbetrieb S. M. “ nicht zur Insolvenzmasse gehört und Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren nicht geltend gemacht werden können. Die Erklärung wurde durch das Amtsgericht Chemnitz am 22. November 2010 veröffentlicht - 1015 IN 2111/10 -.
9Mit Aufhebungsbescheid des Bundesamtes für Güterverkehr vom 24. November 2010 nahm die Beklagte den Zuwendungsbescheid vom 25. Juni 2010 dem Kläger gegenüber gestützt auf § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz -VwVfG- mit Wirkung für die Vergangenheit zurück. Die Zuwendung hätte nach näherer Maßgabe der Richtlinie nicht bewilligt werden dürfen, weil die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unmittelbar bevorgestanden habe. Der Aufhebungsbescheid wurde dem Kläger im Wege der vereinfachten Zustellung gegen ein durch den Kläger am 1. Oktober 2010 unterzeichnetes Empfangsbekenntnis zugestellt. Der Kläger legte gegen den Aufhebungsbescheid keine Rechtsmittel ein.
10Ohne vorherige Anhörung des Klägers forderte die Beklagte mit Rückforderungsbescheid des Bundesamtes für Güterverkehr vom 20. März 2013, dem Kläger am 21. März 2013 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt, die bereits ausgezahlten Fördergelder in Höhe von insgesamt 1.756,62 Euro gestützt auf § 49a Abs. 1 VwVfG vom Kläger zurück.
11Hiergegen legte der Kläger am 28. März 2013 Widerspruch ein. Der Rückforderungsanspruch sei im Insolvenzverfahren geltend zu machen. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid des Bundesamtes für Güterverkehr vom 2. Mai 2013, dem Kläger mittels Postzustellungsurkunde am 4. Mai 2013 zugestellt, als unbegründet zurück. Der Einwand des Klägers greife nicht, weil das Vermögen aus dem Taxi- und Transportbetrieb aufgrund der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters nicht zur Insolvenzmasse gehöre.
12Am 31. Mai 2013 hat der Kläger Klage erhoben.
13Zu deren Begründung trägt der Kläger unter Vertiefung seiner Einwände aus dem Widerspruchsverfahren vor, dass es sich bei dem Rückforderungsanspruch um eine Masseverbindlichkeit handele, die im Insolvenzverfahren hätte geltend gemacht werden müssen. Der Rückforderungsanspruch sei auch nicht von der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters erfasst, weil sich diese nur auf zeitlich nach der Freigabeerklärung entstehende Forderungen beziehe, während der Zuwendungsbescheid vorliegend mit Wirkung für Vergangenheit aufgehoben worden sei und es sich bei dem Rückforderungsanspruch damit um eine Altverbindlichkeit handele.
14Der Kläger beantragt,
15den Rückforderungsbescheid vom 20. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2013 aufzuheben.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Die Beklagte tritt der Klage unter Wiederholung der Begründung des angefochtenen Bescheides entgegen.
19Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe
21Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter als Einzelrichter, weil die Kammer ihm den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- zur Entscheidung übertragen hat.
22Die Entscheidung ergeht gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten vorher angehört worden sind.
23Die zulässige Klage ist unbegründet.
24Der Rückforderungsbescheid vom 20. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25Der Rückforderungsbescheid ist formell rechtmäßig. Soweit es die Beklagte entgegen der Regelung des § 28 Abs. 1 VwVfG unterlassen hat, den Kläger vor Erlass des Rückforderungsbescheides anzuhören, ist dieser Mangel nach Maßgabe von § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt worden.
26§ 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG erlaubt die Heilung eines Anhörungsmangels, indem die Anhörung nachgeholt wird. Eine Nachholung ist gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG bis zum Abschluss eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich. Die nachzuholende Anhörung besteht darin, dass dem Beteiligten Gelegenheit gegeben wird, sich schriftlich oder mündlich zu den für die Entscheidung wesentlichen Tatsachen zu äußern. Ergeht – wie hier der Rückforderungsbescheid – ein mit Gründen versehener Verwaltungsakt mit einer Belehrung darüber, dass dagegen innerhalb eines Monats Widerspruch erhoben werden kann, so muss dem Betroffenen bewusst sein, dass er jetzt Gelegenheit hat, alles vorzubringen, was sich gegen den Verwaltungsakt anführen lässt, und dass er insbesondere zu den in der Verfügung verwerteten Tatsachen Stellung nehmen und weitere ihm bedeutsam erscheinende Tatsachen vortragen kann. Eines besonderen Hinweises darauf bedarf es unter diesen Umständen nicht. Das gilt erst recht, wenn der Betroffene in der Widerspruchsbegründung von der genannten Äußerungsmöglichkeit Gebrauch macht. Die Anhörungspflicht schließt zudem ein, dass die Behörde ein etwaiges Vorbringen des Betroffenen zur Kenntnis nimmt und bei ihrer Entscheidung in Erwägung zieht;
27vgl. Bundesverwaltungsgericht -BVerwG-, Urteil vom 17. August 1982 – 1 C 22/81 –, BVerwGE 66, 111-116; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen -OVG NRW-, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 13 B 665/10 –, DVBl. 2010, 1243-1245; Urteil der Kammer vom 17. Januar 2013 – 16 K 685/11 –, juris.
28Die danach erforderlichen Voraussetzungen für eine Heilung des Anhörungsmangels sind hier gegeben, weil sich die Beklagte in der Begründung des Widerspruchsbescheides ausdrücklich mit den durch den Kläger geltend gemachten Einwänden gegen eine Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs ihm gegenüber auseinandergesetzt und mitgeteilt hat, dass auch auf der Grundlage seines Vorbringens keine andere Entscheidung als die mit dem Rückforderungsbescheid getroffene möglich sei.
29Der Rückforderungsbescheid ist auch materiell rechtmäßig. Ermächtigungsgrundlage ist § 49a Abs. 1 VwVfG. Danach sind, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
30Der der Auszahlung der zurückgeforderten Fördergelder zu Grunde liegende Zuwendungsbescheid vom 25. Juni 2010 ist gegenüber dem Kläger durch den Aufhebungsbescheid vom 24. November 2010 wirksam mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden.
31Die Wirksamkeit eines Aufhebungsbescheides setzt voraus, dass er an denjenigen gerichtet ist, der Träger der Rechte und Pflichten aus dem zu Grunde liegenden Verwaltungsrechtsverhältnis ist. Dies war im vorliegenden Fall der Kläger. In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist anerkannt, dass eine Rücknahme oder ein Widerruf eines Zuwendungsbescheides grundsätzlich nur innerhalb des Zuwendungsverhältnisses erfolgen können. Denn eine Rücknahme oder ein Widerruf sind actus contrarius zum zurückzunehmenden bzw. zu widerrufenden Zuwendungsbescheid. Sie zielen auf die Beseitigung des durch den Zuwendungsbescheid begründeten Rechtsverhältnisses. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sie sich an denjenigen richten, dem gegenüber das Rechtsverhältnis begründet worden ist. Eine Rücknahme oder ein Widerruf eines Zuwendungsbescheides haben demnach gegenüber dem Adressaten des Zuwendungsbescheides zu erfolgen;
32vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. September 1987 – 7 B 161/87 –, NVwZ 1988, 151; Urteil vom 26. August 1999 – 3 C 17/98 –, NVwZ-RR 2000, S. 196 ff.; Urteil der Kammer vom 10. April 2014 – 16 K 3594/12 –, juris; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Auflage 2010, § 48 Rn. 32 m.w.N.
33Anderes gilt jedoch ausnahmsweise dann, wenn über das Vermögen des Adressaten das Insolvenzverfahren eröffnet wird. In diesem Fall geht die Verfügungsmacht über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen gemäß § 80 Abs. 1 Insolvenzordnung -InsO- auf den Insolvenzverwalter über, so dass ein Rücknahme- oder Widerrufsbescheid an den Insolvenzverwalter zu richten ist, soweit dessen Verfügungsmacht reicht;
34vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Mai 1996 – 4 A 2871/94 –, NWVBl. 1997, S. 30 f., sowie in anderem Zusammenhang auch Bundesfinanzhof -BFH-, Urteil vom 15. März 1994 – XI R 45/93 –, BFHE 174, S. 290 ff., und Finanzgericht -FG- Berlin, Urteil vom 8. März 2005 – 7 K 7085/04 –, EFG 2005, S. 1326 ff.
35Gemäß § 35 Abs. 1 InsO gehört zur Insolvenzmasse grundsätzlich das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, kann der Insolvenzverwalter allerdings gemäß § 35 Abs. 2 InsO erklären, dass das Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit nicht zur Insolvenzmasse gehört und Ansprüche aus dieser Tätigkeit nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. In der Rechtsprechung der Zivilgerichte ist geklärt, dass mit dem Zugang dieser Freigabeerklärung beim Schuldner sämtliche mit der selbstständigen Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Vertragsverhältnisse einschließlich Dauerschuldverhältnisse, etwa aus Miet-, Pacht- oder Dienstverträgen, von der Masse auf den Schuldner übergehen;
36vgl. grundlegend Bundesgerichtshof -BGH-, Urteil vom 9. Februar 2012 – IX ZR 75/11 –, BGHZ 192, S. 322 ff.
37Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Aufhebungsbescheid vom 24. November 2010 zum Zeitpunkt seines Erlasses allein gegenüber dem Kläger ergehen können, weil der Insolvenzverwalter das Vermögen des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit als Taxi- und Transportbetrieb am 11. November 2010 freigegeben und der Kläger damit die Verfügungsmacht auch über die sich aus dem im Zusammenhang mit dieser selbstständigen Tätigkeit stehenden Zuwendungsbescheid vom 25. Juni 2010 ergebenden Rechte und Pflichten zurückerlangt hat. Es besteht kein Grund, das durch Hoheitsakt begründete Zuwendungsverhältnis und die sich aus ihm ergebenden Rechte und Pflichten insoweit anders zu behandeln, als vertraglich begründete Rechtsverhältnisse.
38Der Aufhebungsbescheid vom 24. November 2010 ist dem Kläger gegenüber auch wirksam am 1. Dezember 2010 zugestellt worden, obwohl die durch die Beklagte hier angeordnete vereinfachte Zustellung gegen Empfangsbekenntnis zwingende Zustellungsvorschriften verletzt. Eine vereinfachte Zustellung gegen Empfangsbekenntnis dem Kläger gegenüber verletzt zwingende Zustellungsvorschriften, weil eine solche Zustellung gemäß § 5 Abs. 4 Verwaltungszustellungsgesetz -VwZG- allein gegenüber den dort genannten privilegierten Empfängern zulässig ist, zu denen der Kläger nicht gehört. Dennoch ist der Aufhebungsbescheid dem Kläger gegenüber wirksam am 1. Dezember 2010 zugestellt worden, weil die Verletzung von § 5 Abs. 4 VwZG mit dem tatsächlichen Zugang des Aufhebungsbescheides beim Kläger am 1. Dezember 2010 nach Maßgabe von § 8 VwZG geheilt worden ist. Denn der Kläger hat den für ihn bestimmten Aufhebungsbescheid tatsächlich am 1. Dezember 2010 entgegen genommen, wie er handschriftlich auf dem an die Beklagte zurückgesandten Empfangsbekenntnisformular notiert und durch seine Unterschrift bestätigt hat.
39Die Beklagte hat den sich aus der wirksamen Rücknahme des Zuwendungsbescheides nach § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG ergebenden Rückforderungsanspruch auch durch Verwaltungsakt gegenüber dem Kläger geltend machen können. Ebenso wie eine Rücknahme oder ein Widerruf grundsätzlich gegenüber dem Adressaten des zurück zunehmenden bzw. zu widerrufenden Verwaltungsakts zu erfolgen haben, hat auch der Rückforderungsbescheid grundsätzlich gegenüber dem Adressaten des aufgehobenen bzw. auf sonstige Weise unwirksam gewordenen Verwaltungsakts zu ergehen. Die Regelung des § 49a Abs. 1 VwVfG knüpft tatbestandlich an die Unwirksamkeit eines Verwaltungsakts durch eine Rücknahme oder einen Widerruf oder in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung an. Die Rückforderung durch Verwaltungsakt findet ihre Berechtigung gerade in der Bewilligung bzw. Gewährung der Leistung durch Verwaltungsakt;
40vgl. Urteil der Kammer vom 10. April 2014 – 16 K 3594/12 –, juris, mit Verweis auf Oberverwaltungsgericht Brandenburg, Beschluss vom 12. August 1998 – 4 B 31/98 –, NJW 1998, S. 3513 ff.; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Auflage 2010, § 49a Rn. 10 m.w.N.
41Anderes ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers. Denn es handelt sich bei dem Rückforderungsanspruch aus § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG um eine aus der selbstständigen Tätigkeit des Klägers als Taxi- und Transportbetrieb herrührende Verbindlichkeit, die entgegen der Rechtsauffassung des Klägers aufgrund der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters von vornherein nicht im Insolvenzverfahren hat verfolgt werden können. Gemäß § 35 Abs. 2 InsO bewirkt die Freigabeerklärung, dass zeitlich nach ihrem Wirksamwerden mit Zugang beim Schuldner entstehende Verbindlichkeiten allein gegen den Schuldner zu verfolgen sind, während Altverpflichtungen im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden müssen;
42vgl. grundlegend Bundesgerichtshof -BGH-, Urteil vom 9. Februar 2012 – IX ZR 75/11 –, BGHZ 192, S. 322 ff.
43In diesem Sinne ist der hier geltend gemachte Rückforderungsanspruch erst nach der Freigabeerklärung am 11. November 2010, nämlich mit dem Wirksamwerden des Aufhebungsbescheides vom 24. November 2010 durch Zugang beim Kläger am 1. Dezember 2010, entstanden. Im Ausgangspunkt zutreffend verweist der Kläger zwar darauf, dass die mit dem Aufhebungsbescheid getroffene Rücknahmeentscheidung in zeitlicher Hinsicht zurückwirkt. Dies bedeutet, dass der Zuwendungsbescheid im vorliegenden Fall als von Anfang unwirksam gilt und auch ausgezahlte Fördergelder dem Grunde nach einer rückwirkenden Verzinsung unterliegen (vgl. § 49a Abs. 3 VwVfG). Gleichwohl entsteht der Rückforderungsanspruch im Sinne von § 35 Abs. 2 InsO erst mit dem Wirksamwerden der Rücknahmeentscheidung. Denn der Zuwendungsbescheid bildet bis zum Zeitpunkt seiner Rücknahme den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zuwendung. Solange der Zuwendungsbescheid als Rechtsgrund für die erbrachte Leistung wirksam ist, kann ein Rückforderungsanspruch nicht geltend gemacht werden;
44vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juli 1986 – 3 B 66/85 –, Buchholz 451.90 EWG-Recht Nr. 65 und OVG NRW, Urteil vom 12. August 2004 – 14 3559/02 –, WuM 2009, S. 187 f., zu § 198 BGB a.F.; allgemein Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. April 2014 – OVG 6 B 16.12 –, juris; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Auflage 2010, § 49a Rn. 9.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
46Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung -ZPO-.
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Köln Gerichtsbescheid, 23. Sept. 2014 - 16 K 3327/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
(2) Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben.
(3) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet.
(4) Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, so können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Absatz 3 Satz 1 verlangt werden. Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind. § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,
- 1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a), - 2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist, - 4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
(2) Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben.
(3) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet.
(4) Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, so können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Absatz 3 Satz 1 verlangt werden. Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind. § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand
2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Teilrückforderung einer durch den Beklagten auf der Grundlage der Förderrichtlinie „Investitionspakt zur energetischen Erneuerung sozialer Infrastruktur in den Gemeinden in Nordrhein-Westfalen“ gemäß Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 21. Mai 2008 – im Folgenden: Förderrichtlinie – dem Kläger gewährten Zuwendung.
3Nach näherer Maßgabe der Förderrichtlinie unterstützte der Beklagte Maßnahmen zur bedarfsorientierten energetischen und ggf. baulichen Erneuerung von Gebäuden, die als soziale Infrastruktur in den Gemeinden genutzt werden. Die Fördermittel sollten im Rahmen einer Projektförderung in der Form der Anteilsfinanzierung in Höhe von 2/3 der förderfähigen Ausgaben bewilligt werden. Zuständig für die Bewilligung der Zuwendung waren die Bezirksregierungen. Zuwendungsempfänger konnten ausschließlich die Gemeinden und Gemeindeverbände sein. Allerdings sollten auch Gebäude privater Eigentümer förderfähig sein. Für den Fall der Weiterleitung einer Zuwendung an Dritte durch Zuwendungsbescheid nach Nr. 12 der Verwaltungsvorschriften -VV- zu § 44 Landeshaushaltsordnung -LHO- bestimmte Ziffer 8.1 der Förderrichtlinie, dass die Kommune die Regelungen nach den Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO für den außergemeindlichen Bereich zu beachten habe. Dabei habe sie insbesondere Regelungen zur Verwendungsnachweisführung gegenüber Dritten zu treffen. Der Verwendungsnachweis sei regelmäßig in qualifizierter Form zu führen. Im Verhältnis zwischen Erstempfänger und Letztempfänger der Zuwendungen sollten die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung -ANBest-P- Anwendung finden. Für die Prüfung einer zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendung durch Dritte sei die Kommune zuständig. Gegenüber der Bewilligungsbehörde habe sie das Recht, die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendung durch Dritte im vereinfachten Verfahren nachzuweisen. Nach Ziffer 8.2 hatte die Kommune auch im Fall einer Weiterleitung einen Eigenanteil von mindestens 10 v.H. der förderfähigen Ausgaben aufzubringen.
4Am 28. August 2008 stellte der Kläger auf der Grundlage der Förderrichtlinie einen Förderantrag für die energetische Sanierung und die Neugestaltung des Eingangsbereichs der Johanniter-Kindertagesstätte „T. “ in C. , deren Eigentümerin die Evangelische Kirchengemeinde C. ist. Unter Ziffer 7.1.1 des Förderantrags – Gebäudeentwicklungskonzept / Kurzbeschreibung der Inhalte und Ziele – erklärte der Kläger, im Bewilligungsbescheid an den Träger der Einrichtung werde für den Fall einer Bewilligung von Landes- und Kreismitteln eine zweckentsprechende Nutzung von 20 Jahren festgeschrieben. Unter Ziffer 8 erklärte der Kläger zudem, dass die Evangelische Kirchengemeinde C. als Eigentümerin einen Finanzierungsanteil von 23 % übernehme. Die restlichen 10 % würden – vorbehaltlich der Zustimmung des Jugendhilfeausschusses – vom Kreis übernommen. Dem Antrag beigefügt war als Anlage 1 eine schriftliche Erklärung der Evangelischen Kirchengemeinde C. vom 22. August 2008, nach der diese 23 % der zuwendungsfähigen Ausgaben für die Sanierung übernehmen werde. Weitere schriftliche Erklärungen der Evangelischen Kirchengemeinde C. enthielten die Antragsunterlagen nicht.
5Mit Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 4. Dezember 2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger antragsgemäß für die Zeit bis zum 31. Dezember 2010 eine Zuwendung in Höhe von 138.000,00 Euro als Zuschuss in der Form der Anteilsfinanzierung in Höhe von 2/3 zu zuwendungsfähigen Gesamtausgaben von 206.000,00 Euro. Bestandteil des Zuwendungsbescheides waren die beigefügten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden -ANBest-G- nach Maßgabe von Ziffer 1 sowie ergänzt durch die Ziffern 2 bis 17 der im Zuwendungsbescheid enthaltenen besonderen Nebenbestimmungen.
6Mit einem an den Evangelischen Gemeindeverbund Niederwupper adressierten Schreiben vom 21. Januar 2009 leitete der Kläger eine Abschrift des Zuwendungsbescheides an die Evangelische Kirchengemeinde C. weiter und kündigte die Auszahlung eines ersten, durch den Beklagten zur Verfügung gestellten Teilbetrages von 10.000 Euro sowie die Erteilung eines Bewilligungsbescheides an. Wörtlich hieß es in diesem Schreiben: „als Anlage übersende ich Ihnen den Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Köln mit der Bitte um Kenntnisnahme und Beachtung. Hiernach ist ein Betrag von 10.000,00 Euro als erster Teilbetrag angekündigt. Sobald dieser Betrag bei mir eingegangen ist, werde ich ihn an Sie weiterleiten. […] Außerdem teile ich Ihnen mit, dass der Jugendhilfeausschuss des Rheinisch-Bergischen Kreises in seiner Sitzung vom 15.09.2008 einen Betrag von bis 20.600 Euro für die Umbau- und Instandhaltungsarbeiten der Kindertagesstätte T. zur Verfügung gestellt hat. Ich werde Ihnen den Betrag überweisen, sobald Sie die Mittel benötigen, und Ihnen dann auch den Bewilligungsbescheid zuschicken.“ Ein Bewilligungsbescheid erging dann jedoch zunächst nicht. Stattdessen zahlte der Kläger weitere durch den Beklagten zur Verfügung gestellte Fördergelder an die Evangelische Kirchengemeinde C. aus.
7Aufgrund einer Anfrage des Klägers aus dem August 2009 erhielt die Bezirksregierung Köln Kenntnis davon, dass der Kläger aufgrund eines Zuwendungsbescheides des Landschaftsverbands Rheinland vom 4. Juni 2009 weitere Fördergelder für Baumaßnahmen in der Kindertagesstätte „T. “ zur Schaffung sogenannter U3-Plätze erhalten hatte. Nach Durchführung eines Ortstermins im Dezember 2009 ging die Bezirksregierung davon aus, dass sich die geförderten Baumaßnahmen teilweise überschnitten und erließ zur Vermeidung einer Doppelförderung unter dem 18. März 2010 einen Änderungs- und Rückforderungsbescheid, mit dem sie die Zuwendung unter Neuberechnung der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben auf 107.000,00 Euro festsetzte und von dem Beklagten einen bislang überzahlten Betrag von 11.000,00 Euro zurückforderte. Auf eine hiergegen durch den Kläger vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage – 16 K 2344/10 – und in Folge einer außergerichtlichen Einigung der Beteiligten hob der Beklagte den angefochtenen Änderungs- und Rückforderungsbescheid wieder auf, setzte die Zuwendung mit Änderungs- und Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 29. Juni 2011 nunmehr auf 116.634,24 Euro fest und reduzierte den Rückforderungsbetrag auf 1.365,75 Euro.
8Am 16. Dezember 2010 übermittelte der Kläger den Verwendungsnachweis. Nach dessen abschließender Prüfung, die auch eine Einsichtnahme in die Originalbelege beinhaltete, und Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 8. August 2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 8. Mai 2012, dem Kläger am 10. Mai 2012 zugegangen, mit, dass der Zuwendungsbescheid vom 4. Dezember 2008 in der Fassung der Bescheide vom 18. März 2010 und 29. Juni 2011 nach Maßgabe von § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW i.V.m. § 43 Abs. 2 VwVfG NRW in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung in Höhe von 12.219,23 Euro unwirksam geworden sei. Die Gesamtzuwendung werde daher auf 104.415,02 Euro festgesetzt. Ein überzahlter Betrag von 12.219,23 Euro werde auf der Grundlage von § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW zurückgefordert. Zur Begründung führte der Beklagte unter näherer Darlegung im Einzelnen an, dass sich nach Prüfung des Verwendungsnachweises die zuwendungsfähigen Ausgaben nach Nr. 2.1 ANBest-G ermäßigt hätten. Teils seien geltend gemachte Ausgaben wegen fehlender Stundenlohnnachweise bzw. einer fehlenden Originalrechnung nicht anrechenbar, teils seien die angeführten Arbeiten nicht der Fördermaßnahme zuzuordnen.
9Am 6. Juni 2012 hat der Kläger Klage erhoben.
10Zu deren Begründung führt der Kläger an, dass die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Rückforderungsentscheidung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig sei, weil sich der Beklagte in einer Konstellation wie der vorliegenden jedenfalls mit der Frage hätte auseinandersetzen müssen, ob die Rückforderung nicht unmittelbar gegenüber der Evangelischen Kirchengemeinde C. als Letztempfängerin der Fördermittel hätte erfolgen müssen. Hierzu verweist der Kläger insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur sogenannten „gestreckten Zuwendung“. Der Kläger habe die Fördermittel lediglich an die Evangelische Kirchengemeinde C. weitergeleitet, die für alle Beteiligten von Anfang an erkennbar Letztempfängerin der Zuwendung habe sein sollen. Die Rückforderungsentscheidung leide insoweit an einem Ermessensausfall.
11Der Kläger beantragt,
12den Bescheid des Beklagten vom 8. Mai 2012 aufzuheben.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Der Beklagte tritt der Rechtsauffassung des Klägers entgegen. Die angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur gestreckten Zuwendung sei schon deshalb nicht einschlägig, weil dem Beklagten im Rahmen von § 49a Abs. 1 VwVfG NRW kein Ermessen zustünde. Außerdem habe der Kläger die Fördermittel auch nicht ohne eigenes wirtschaftliches Risiko eins zu eins an die Evangelische Kirchengemeinde C. weitergeleitet, sondern nach den Bestimmungen der Förderrichtlinie einen Eigenanteil in Höhe von 10 v.H. der zuwendungsfähigen Ausgaben zu erbringen.
16Nach Erhebung der Klage bewilligte der Kläger der Evangelischen Kirchengemeinde C. mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 erstmals eine – bereits die endgültige Höhe der durch den Beklagten bewilligten Fördermittel berücksichtigende – Zuwendung in Höhe von 104.415,02 Euro und forderte bislang ohne Rechtsgrund ausgezahlte Landesmittel in Höhe von 13.584,98 Euro zurück. Die hiergegen vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage der Evangelischen Kirchengemeinde C. ist Gegenstand des Verfahrens 16 K 6232/12.
17Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beteiligten einschließlich des durch den Kläger im Verfahren 16 K 6232/12 nachgereichten Vorgangs Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
18Entscheidungsgründe
19Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter als Einzelrichter, weil die Kammer ihm den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- zur Entscheidung übertragen hat.
20Die Klage, mit der sich der Kläger bei verständiger Würdigung seines Klageantrags sowie seines sonstigen Klagevorbringens nach Maßgabe von § 88 VwGO gegen die mit dem angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 8. Mai 2012 getroffene Rückforderungsentscheidung richtet, ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 8. Mai 2012 ist im angefochtenen Umfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21Ermächtigungsgrundlage für den Rückforderungsbescheid ist § 49a Abs. 1 VwVfG NRW. Hiernach sind, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Denn der Zuwendungsbescheid des Beklagten vom 4. Dezember 2008 in der Fassung der Bescheide vom 18. März 2010 und 29. Juni 2011 ist in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung mit Wirkung für die Vergangenheit in dem durch den angefochtenen Bescheid festgestellten und als Rückforderungsbetrag geltend gemachten Umfang von 12.219,23 Euro unwirksam geworden.
22Eine auflösende Bedingung im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW ist hier in der zum Bescheidinhalt gemachten Regelung in Nr. 2.1 ANBest-G in Verbindung mit der durch den Zuwendungsbescheid unter Ziffer 3 getroffenen Entscheidung zur Anteilsfinanzierung zu sehen. Nach Maßgabe von Nr. 2.1 ANBest-G ermäßigt sich die Zuwendung anteilig mit etwaigen Zuwendungen anderer Zuwendungsgeber und den vorgesehenen eigenen und sonstigen Mitteln des Zuwendungsempfängers, wenn sich nach der Bewilligung die in dem Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben für den Zuwendungszweck ermäßigen. Darin liegt wegen des vorgesehenen Automatismus eine auflösende Bedingung. Mit der Bewilligung der Zuwendung in der Form der Anteilsfinanzierung in Höhe von 2/3 der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben wird durch den Zuwendungsbescheid zudem noch kein bestimmter Betrag als endgültige Höhe der bewilligten Zuwendung festgelegt. Vielmehr ergibt sich die endgültige Höhe der bewilligten Zuwendung erst aus dem Betrag der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben, die durch den Zuwendungsgeber zunächst unter Prüfung des Verwendungsnachweises festgestellt werden müssen. Damit wird der Aspekt der Zuwendungsfähigkeit der Ausgaben in die auflösende Bedingung einbezogen. Der im Zuwendungsbescheid ausgewiesene Bewilligungsbetrag von zuletzt 116.634,24 Euro ermäßigt sich mithin – automatisch – auf 2/3 des Betrages, der sich bei der abschließenden Prüfung des Verwendungsnachweises als derjenige der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben erweist;
23vgl. auch Urteil der Kammer vom 2. Dezember 2010 – 16 K 185/08 – und Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen -OVG NRW-, Beschluss vom 5. Juli 2012 – 4 A 326/11 – sowie Urteile der Kammer vom 14. März 2013 – 16 K 1112/16 – und 13. Juni 2013 – 16 K 1261/11 –, jeweils zitiert nach juris; vgl. allgemein zur Qualifizierung der entsprechenden Bestimmung in Nr. 2.1 ANBestP als auflösende Bedingung in ständiger Rechtsprechung OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2012 – 4 A 326/11 –, vom 21. April 2004 – 4 A 1951/03 – und vom 28. Januar 2002 – 4 A 4927/99 –, ebenso zur entsprechenden nordrhein-westfälischen Regelung Beschluss vom 15. Mai 2003 – 4 A 992/02 –, jeweils zitiert nach juris.
24Zuwendungsfähig sind dabei diejenigen Ausgaben, die der Kläger in dem durch den Zuwendungsbescheid definierten Bewilligungszeitraum zweckentsprechend, d.h. gemäß dem durch den Zuwendungsbescheid für verbindlich erklärten Finanzierungsplan sowie den weiteren Vorgaben für die Mittelverwendung getätigt und im Rahmen des Verwendungsnachweises nachgewiesen hat. Für Inhalt und Umfang des Verwendungsnachweises genügt es hierbei nicht, dass der Kläger irgendwelche Angaben macht oder Unterlagen vorlegt. Er hat den Verwendungsnachweis vielmehr in der Form zu erbringen, die ihm durch die Bestimmungen des Zuwendungsbescheides über die Führung des Verwendungsnachweises vorgegeben sind;
25vgl. Urteile der Kammer vom 14. März 2013 – 16 K 1112/16 – und 13. Juni 2013 – 16 K 1261/11 – unter Hinweis auf Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. August 2009 – 1 D 65/09 –, jeweils zitiert nach juris.
26Hiernach hatte der Kläger die zweckentsprechende Verwendung der Mittel durch die Evangelische Kirchengemeinde C. nach Nr. 7 ANBest-G grundsätzlich in der Form eines vereinfachten Verwendungsnachweises nachzuweisen, gemäß Nr. 8 ANBest-G auf Anforderung des Beklagten aber auch Belege und sonstige Geschäftsunterlagen zum Zweck einer vertieften Prüfung vorzulegen bzw. eine Vorortprüfung zu ermöglichen. Da der Kläger nach Ziffer 8.1 der durch Ziffer 7 der Nebenbestimmungen in den Zuwendungsbescheid einbezogenen Förderrichtlinie im Falle der Weiterleitung der Fördermittel an einen Dritten zudem dafür Sorgen zu tragen hatte, dass der Dritte seinerseits einen Verwendungsnachweis in qualifizierter Form erbringt und im Verhältnis zum Dritten die Regelungen der ANBest-P Anwendung finden, erstreckt sich das aus Nr. 8 ANBest-G ergebende Prüfungsrecht des Beklagten dem Kläger gegenüber jedenfalls auf solche Unterlagen, die dieser seinerseits gegenüber Evangelischen Kirchengemeinde C. auf der Grundlage eines qualifizierten Verwendungsnachweises und der ANBest-P im Übrigen zu fordern berechtigt ist.
27Daran gemessen hat der Kläger für die im angefochtenen Bescheid im Einzelnen aufgeführten Ausgabenpositionen im Verwendungsnachweisverfahren keinen hinreichenden Nachweis erbracht. Dies gilt namentlich für die zum Nachweis von Stundenlohnarbeiten gemäß Nr. 3.1.1 ANBest-P i.V.m. § 15 Abs. 4 Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil B -VOB/B- in der hier maßgeblichen Fassung vom 4. September 2006 erforderlichen Stundenlohnrechnungen, für die jedenfalls nicht hinreichend aussagekräftige Rechnung der Firma Gerlach für Wärmedämmarbeiten sowie für die weiteren in keinem nachgewiesenen Zusammenhang mit den geförderten Baumaßnahmen stehenden Arbeiten an einem Regenrohr, an den Kalt- und Warmwasserleitungen sowie der Außenzapfstelle. Den Beanstandungen des Beklagten ist der Kläger mit seinem Vortrag im gerichtlichen Verfahren nicht entgegen getreten. Eine Nachholung oder Ergänzung des Verwendungsnachweises im gerichtlichen Verfahren ist zudem nach anerkannter obergerichtlicher Rechtsprechung ausgeschlossen. Sie würde dazu führen, dass die dem Zuwendungsgeber zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf längere Zeit blockiert wären und anderen förderungswürdigen Projekten fehlen würden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist daher nach materiellem Recht der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung;
28vgl. Urteile der Kammer vom 14. März 2013 – 16 K 1112/16 – und 13. Juni 2013 – 16 K 1261/11 – unter Hinweis auf Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. August 2009 – 1 D 65/09 –, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern – 2 L 137/01 –, NordÖR 2002, 382; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Februar 1987 – 5 S 2954/86 –, NVwZ 1987, 520-521; Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 16. November 2005 – 3 K 779/04 –, juris.
29Der angefochtene Rückforderungsbescheid erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil der Beklagte den Rückforderungsbescheid unmittelbar gegenüber der Evangelischen Kirchengemeinde C. als Letztempfängerin der Zuwendung hätte erlassen oder sich jedenfalls im Rahmen einer ihm obliegenden Ermessensentscheidung mit einer vorrangigen Inanspruchnahme der Evangelischen Kirchengemeinde C. hätte auseinandersetzen müssen. Denn der Beklagte hat den sich aus dem Eintritt der auflösenden Bedingung ergebenden Rückforderungsanspruch aus § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW hier allein innerhalb des Zuwendungsverhältnisses gegenüber dem Kläger erlassen dürfen. Insofern hat dem Kläger bei der ohnehin gebundenen Entscheidung zur Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs auch kein Auswahlermessen hinsichtlich der Inanspruchnahme des Schuldners zugestanden.
30In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist anerkannt, dass eine Rücknahme oder ein Widerruf eines Zuwendungsbescheides grundsätzlich nur innerhalb des Zuwendungsverhältnisses erfolgen können. Denn eine Rücknahme oder ein Widerruf sind actus contrarius zum zurückzunehmenden bzw. zu widerrufenden Zuwendungsbescheid. Sie zielen auf die Beseitigung des durch den Zuwendungsbescheid begründeten Rechtsverhältnisses. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sie sich an denjenigen richten, dem gegenüber das Rechtsverhältnis begründet worden ist. Eine Rücknahme oder ein Widerruf eines Zuwendungsbescheides haben demnach gegenüber dem Adressaten des Zuwendungsbescheides zu erfolgen;
31vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht -BVerwG-, Beschluss vom 29. September 1987 – 7 B 161/87 –, NVwZ 1988, 151; Urteil vom 26. August 1999 – 3 C 17/98 –, NVwZ-RR 2000, 196 ff.; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Dezember 2006 – OVG 8 B 14.6 –, juris, m.w.N.; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Auflage 2010, § 48 Rn. 32.
32Entsprechendes gilt für die Rückforderung überzahlter Leistungen durch einen Rückforderungsbescheid nach Maßgabe von § 49a Abs. 1 VwVfG NRW. Die Regelung knüpft tatbestandlich an die Unwirksamkeit eines Verwaltungsakts durch eine Rücknahme oder einen Widerruf oder in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung an. Die Rückforderung durch Verwaltungsakt findet ihre Berechtigung in der Bewilligung bzw. Gewährung der Leistung durch Verwaltungsakt. Der Rückforderungsbescheid kann sich daher nicht ohne weiteres gegen denjenigen richten, der sich im Zeitpunkt des Erlasses gerade im Besitz der Leistung befindet. Er hat vielmehr grundsätzlich gegenüber dem Adressaten des aufgehobenen bzw. auf sonstige Weise unwirksam gewordenen Verwaltungsakts zu ergehen;
33vgl. Oberverwaltungsgericht Brandenburg, Beschluss vom 12. August 1998 – 4 B 31/98 –, NJW 1998, 3513 ff; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Auflage 2010, § 49a Rn. 10 m.w.N.
34Anderes folgt unter den vorliegenden Umständen auch nicht aus den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten und durch den Kläger angeführten Grundsätzen zu den Fällen einer sogenannten „gestreckten Zuwendung“. Hiernach kann eine Rücknahme oder ein Widerruf bzw. – wie hier – ein Rückforderungsbescheid ausnahmsweise über den unmittelbaren Adressaten des Zuwendungsbescheides hinaus auch gegenüber dem durch die Leistung begünstigten Dritten ergehen. Diese Ausnahme ist maßgeblich damit begründet worden, dass insbesondere das sich aus einer Regelung wie § 48 Abs. 2 VwVfG NRW ergebende Recht der Behörde zur Rücknahme eines Bescheides in vielfacher Hinsicht von den Verhältnissen des Begünstigten abhängig sei und dann nicht praktikabel wäre, wenn der Adressat des Bescheides die Leistung lediglich an den eigentlich begünstigten Dritten weiterleitet. Für die Annahme einer solchen gestreckten Zuwendung ist jedoch nach den durch das Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätzen die bloße Weiterleitung der bewilligten Zuwendung an einen Dritten allein nicht ausreichend. Erforderlich ist zudem, dass der Dritte nach den Regelungen des Zuwendungsbescheides als Empfänger der Zuwendung festgelegt und in das durch den Zuwendungsbescheid begründete Rechtsverhältnis einbezogen wird. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Adressat des Zuwendungsbescheides durch den Zuwendungsbescheid verpflichtet wird, die Fördermittel an einen Dritten weiterzugeben und wenn die Gewährung von vornherein davon abhängig gemacht wird, dass der Dritte sich den Bedingungen des Zuwendungsbescheides unterwirft;
35so BVerwG, Urteil vom 26. August 1999 – 3 C 17/98 –, NVwZ-RR 2000, 196 ff.; vgl. auch Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Dezember 2006 – OVG 8 B 14.6 –, juris; Urteile der Kammer vom 5. November 2009 – 16 K 714/05 – und vom 2. September 2010 – 16 K 2727/09 –.
36Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Zwar folgt aus der durch den Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 4. Dezember 2008 in Verbindung mit dem zugrundeliegenden Förderantrag des Klägers vom 28. August 2008 getroffenen Zweckbestimmung, dass die mit dem Zuwendungsbescheid bewilligten Fördermittel für eine energetische Erneuerung und bauliche Neugestaltung des Eingangsbereichs der Johanniter-Kindertagesstätte „T. “ bestimmt sind, deren Eigentümerin die Evangelische Kirchengemeinde C. ist. Indes fehlt es jedenfalls an einer Regelung, nach der die Evangelische Kirchengemeinde C. auch in das durch den Zuwendungsbescheid begründete Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger unmittelbar einbezogen wird und sich insbesondere für den Fall einer Weiterleitung der Fördermittel den Bestimmungen des Zuwendungsbescheides unterwirft. Vielmehr liegt dem Zuwendungsbescheid die Vorstellung zugrunde, dass im Fall einer Weiterleitung der Fördermittel ein zweites und durch teils abweichende Regelungen gekennzeichnetes Zuwendungsverhältnisses zwischen dem Kläger als Adressat des Zuwendungsbescheides und der Evangelische Kirchengemeinde C. als Letztempfängerin begründet wird. Dies ergibt sich in erster Linie aus Ziffer 8.1 der über Ziffer 7 der Nebenbestimmungen in den Zuwendungsbescheid einbezogenen Förderrichtlinie, nach der im Fall einer Weiterleitung der Fördermittel an Dritte ein (weiterer) Zuwendungsbescheid ergehen soll. Für die Mittelverwendung sollen dabei im Verhältnis zwischen dem Beklagten und dem Zuwendungsempfänger die ANBest-G, im Verhältnis zwischen dem Zuwendungsempfänger und dem Dritten hingegen die ANBest-P Geltung beanspruchen. Weiterhin soll der Dritte dem Zuwendungsempfänger zur Erbringung eines qualifizierten Verwendungsnachweises, der Zuwendungsempfänger gegenüber dem Beklagten hingegen zur Erbringung eines vereinfachten Verwendungsnachweises verpflichtet sein. Für die Verwendungsnachweisprüfung ist der Beklagte, im Verhältnis zwischen dem Zuwendungsempfänger und dem Dritten jedoch der Zuwendungsempfänger selbst zuständig. Hiermit gehen nach Maßgabe von Nr. 9 ANBest-G bzw. Nr. 8 ANBest-P zugleich unabhängige und allein innerhalb des jeweiligen Zuwendungsverhältnisses geltende Erstattungspflichten einher. Diesem rechtlichen Rahmen entsprechend hat sich die Evangelische Kirchengemeinde C. zudem weder durch entsprechende Erklärungen im Förderantrag des Klägers, noch im Zusammenhang mit der Entgegennahme der Fördermittel dem Regelungsregime des Zuwendungsbescheides der Bezirksregierung Köln unterworfen. Eine solche verbindliche Unterwerfung wird auch weder durch die rein informatorische Übersendung des Zuwendungsbescheides „mit der Bitte um Kenntnisnahme und Beachtung“ durch das Schreiben des Klägers vom 21. Januar 2009 ersetzt, noch kann vor dem Hintergrund dieses Schreibens in der Entgegennahme der Fördermittel eine jedenfalls konkludente Unterwerfungserklärung der Evangelische Kirchengemeinde C. erblickt werden. Dies gilt hier schon deshalb, weil der Kläger mit demselben Schreiben den Erlass eines eigenen Zuwendungsbescheides angekündigt hat und die Evangelische Kirchengemeinde C. damit bei verständiger Würdigung des Schreibens davon ausgehen konnte, dass die ihr gegenüber maßgeblichen Bestimmungen für die Mittelverwendung einer Regelung durch den noch ausstehenden Zuwendungsbescheid des Klägers vorbehalten bleiben. Nach alledem ist die Evangelische Kirchengemeinde C. nicht unmittelbar in das durch den Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Köln begründete Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten einbezogen und den sich aus dem Zuwendungsbescheid ergebenden Rechten und Verpflichten unterworfen worden.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung -ZPO-.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.
(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 23. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Beklagte zu 1 ist Verwalter in dem über das Vermögen des K. (nachfolgend: Schuldner) am 20. Januar 2009 eröffneten Insolvenzverfahren.
- 2
- Die Klägerin vermietete dem Schuldner durch Vertrag vom 5./9. März 1998 für eine Miete in Höhe von zuletzt 420,07 € in L. gelegene Räumlichkeiten , in denen der Schuldner eine Autoreparaturwerkstatt betreibt. Am 19. Februar 2009 gab der Beklagte zu 1 durch Erklärung gegenüber dem Schuldner das Vermögen aus dessen freiberuflicher Tätigkeit frei. Von dieser Maßnahme setzte der Beklagte zu 1 das Insolvenzgericht mit Schreiben vom 27. Februar 2009 in Kenntnis.
- 3
- Nachdem die Klägerin wegen rückständiger Miete am 24. September 2009 einen Mahnbescheid gegen den Schuldner erwirkt hatte, unterrichtete sie der Beklagte zu 1 am 8. Oktober 2009 über das gegen den Schuldner eröffnete Insolvenzverfahren. Mit Rücksicht auf die von der Klägerin als Masseverbindlichkeit beanspruchte laufende Miete kündigte der Beklagte zu 1 das Mietverhältnis durch Schreiben vom 16. Oktober 2009 ordentlich sowie hilfsweise außerordentlich. Der Beklagte zu 1 zeigte am 24. Februar 2010 Masseunzulänglichkeit an.
- 4
- Die Klägerin, nach deren Auffassung das Mietverhältnis infolge der Kündigung des Beklagten zu 1 zum 30. Juni 2010 endete, begehrt gegenüber dem Beklagten zu 1 als Insolvenzverwalter die Feststellung der laufenden Miete vom 20. Januar 2009 bis zum 24. Februar 2010 in Höhe von 5.563,38 € als Masseverbindlichkeit sowie die Zahlung der laufenden Miete vom 25. Februar 2010 bis zum 30. Juni 2010 in Höhe von 1.740,28 € als Neumasseverbindlichkeit. Ferner nimmt sie den Beklagten zu 2 persönlich im Wege des Schadensersatzes auf Zahlung der offenen Miete über insgesamt 7.303,73 € in Anspruch.
- 5
- Das Landgericht hat der Klage lediglich dahin stattgegeben, dass der Beklagte zu 1 verpflichtet ist, die Miete für den Zeitraum vom 20. Januar 2009 bis einschließlich 19. Februar 2009 in Höhe von 447,54 € als Altmasseverbindlichkeit gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO festzustellen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass der Beklagte zu 1 verpflichtet ist, an die Klägerin 5.563,38 € zu zahlen, ferner hat es den Beklagten zu 1 ver- urteilt, an die Klägerin die laufende Miete für den Zeitraum vom 25. Februar 2010 bis 30. Juni 2010 in Höhe von 1.740,28 € als Neumasseverbindlichkeit zu bezahlen. Den Beklagten zu 2 hat es verurteilt, an die Klägerin 2.470,72 € zu bezahlen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Begehren auf Zurückweisung der Berufung der Klägerin weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, zwar fehle für eine Zahlungsklage, die auf die Begleichung von Neumasseverbindlichkeiten gerichtet sei, das Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine die Verfahrenskosten deckende Masse nicht vorhanden sei. Diese Feststellung könne vorliegend aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit getroffen werden.
- 8
- In der Sache meint das Berufungsgericht, die Negativerklärung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO führe nicht dazu, dass Verbindlichkeiten aus einem bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Mietverhältnis für die Zeit nach der Freigabe ohne die Notwendigkeit einer Kündigung ihren Charakter als Masseverbindlichkeiten verlören. Zu dem Vermögen, das aus der Insolvenzmasse ausscheide, gehöre nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO lediglich dasjenige Vermögen, das der Schuldner nach Verfahrenseröffnung aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit erwerbe. Die Erklärung sei nach ihrem Wortlaut und Regelungszusammenhang nur auf die Zuordnung des Neuerwerbs des Schuldners zu beziehen, gebiete indessen nicht die Herauslösung des vollständigen, der selbständigen Tätigkeit des Schuldners gewidmeten Vermögens. Die Vorschrift des § 35 Abs. 2 InsO wolle verhindern, dass die von dem Schuldner für den Neuerwerb begründeten Verbindlichkeiten aus der Insolvenzmasse zu begleichen seien. Von dieser Zielsetzung sei dagegen nicht die Zuordnung des gesamten der Erwerbstätigkeit gewidmeten Schuldnervermögens gedeckt. Sinn und Zweck der Regelung rechtfertigten nicht, die Insolvenzmasse unabhängig von den Bestimmungen der §§ 108 f InsO von der Haftung für Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen freizustellen. Der Erklärung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO könne nicht die Wirkung einer Erklärung nach § 109 Abs. 1 InsO zugesprochen werden, weil Empfänger dieser Erklärung der Vermieter sei, der sich auf die Beendigung des Mietverhältnisses einstellen könne. Vor diesem Hintergrund verbleibe es für den Zeitraum vom 20. Januar 2009 bis zum 30. Juni 2010 bei einer Verpflichtung der Masse.
- 9
- Der Anspruch gegen den Beklagten zu 2 auf Zahlung von 2.470,72 € ergebe sich aus § 61 InsO. Der Beklagte zu 2 habe eine Masseverbindlichkeit begründet, weil er es unterlassen habe, von seinem Sonderkündigungsrecht nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO Gebrauch zu machen. Da eine Kündigung frühestens zum 30. April 2009 möglich gewesen sei, erstrecke sich die Schadensersatzpflicht auf die danach bis zum Wirksamwerden der ordentlichen Kündigung am 30. Juni 2010 entstandenen Mietzahlungsansprüche.
II.
- 10
- Der rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts kann in der Sache nicht beigetreten werden. Der Klägerin stehen gegen den Beklagten zu 1 aufgrund der von ihm gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO abgegebenen Freigabeerklärung lediglich die von dem Landgericht bis zur Erteilung dieser Erklärung am 19. Februar 2009 zuerkannten Mietforderungen als Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2, § 108 Abs. 1 Satz 1, § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO) zu. Für einen wegen der Nichterfüllung einer Masseverbindlichkeit auf § 61 InsO gestützten Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2 ist kein Raum.
- 11
- 1. Der von der Klägerin gegen den Beklagten zu 1 verfolgte Zahlungsantrag für die Miete vom 25. Februar 2010 bis 30. Juni 2010 als Neumasseverbindlichkeit ist entgegen der Auffassung der Revision zulässig.
- 12
- Nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit ist die Leistungsklage eines Neumassegläubigers (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO) gegen den Insolvenzverwalter unzulässig, wenn er aus der freien Masse nicht befriedigt werden kann, ohne dass daneben die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt sind (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 22/05, BGHZ 167, 178 Rn. 25 ff). Das Berufungsgericht vermochte auf der Grundlage des Beklagtenvorbringens nicht festzustellen , dass eine die Verfahrenskosten deckende Masse nicht vorhanden ist. Diese tatbestandliche Feststellung (§ 314 ZPO) ist mangels eines von dem Beklagten zu 1 gestellten Tatbestandsberichtigungsantrags für das Revisionsverfahren bindend (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - IX ZR 206/08, WM 2010, 136 Rn. 11).
- 13
- 2. Die Klägerin kann nach Abgabe der Erklärung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO durch den Beklagten zu 1 die gegen den Schuldner im Zeitraum vom 20. Februar 2009 bis 30. Juni 2010 begründeten Mietforderungen nicht als Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 2, § 108 Abs. 1 Satz 1, § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO) verfolgen. Neben der Erklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO erforderte die Enthaftung der Masse nicht außerdem die Kündigung des Mietverhältnisses des Schuldners zu der Klägerin durch den Beklagten zu 1.
- 14
- a) Übt der Schuldner als natürliche Person eine selbständige Tätigkeit aus, kann der Insolvenzverwalter gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO erklären, dass Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit des Schuldners nicht zur Insolvenzmasse gehört und Ansprüche aus dieser Tätigkeit nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Der Gesetzgeber trägt mit dieser Regelung dem Interesse des Schuldners Rechnung, sich durch eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit eine neue wirtschaftliche Existenz zu schaffen (BTDrucks. 16/3227, S. 17). Zu diesem Zweck soll dem Schuldner die Möglichkeit eröffnet werden, außerhalb des Insolvenzverfahrens einer selbständigen Tätigkeit nachzugehen. Es handelt sich um eine Art Freigabe des Vermögens, welches der gewerblichen Tätigkeit gewidmet ist, einschließlich der dazu gehörenden Vertragsverhältnisse (BGH, Beschluss vom 9. Juni 2011 - IX ZB 175/10, WM 2011, 1344 Rn. 7). Das gesetzliche Regelungsmodell geht dahin, einerseits die aus seiner fortgesetzten gewerblichen Tätigkeit erzielten Einkünfte des Schuldners den (Neu-)Gläubigern, die nach Verfahrenseröffnung mit dem Schuldner kontrahiert haben, als selbständige Haftungsmasse zur Verfügung zu stellen und andererseits die Masse des bereits eröffneten Verfahrens von Verbindlichkeiten des Schuldners aus seiner weiteren gewerblichen Tätigkeit freizustellen (BT-Drucks., aaO).
- 15
- b) In Rechtsprechung und Schrifttum wird kontrovers beurteilt, gegen wen nach einer Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters Forderungen aus von dem Schuldner vor Insolvenzeröffnung begründeten und im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit fortgesetzten Dauerschuldverhältnissen geltend gemacht werden können. Teils wird - in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht - angenommen, dass Verbindlichkeiten aus den von dem Schuldner eingegangenen Dauerschuldverhältnissen auch nach einer Freigabeerklärung bis zu einer wirksamen Kündigung durch den Insolvenzverwalter die Masse treffen (Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 35 Rn. 101; HK-InsO/Eickmann, 6. Aufl., § 35 Rn. 59; FK-InsO/Schumacher, 6. Aufl., § 35 Rn. 20; BK-InsO/Amelung/ Wagner, § 35 Rn. 139; Wischemeyer/Schur, ZInsO 2007, 1240, 1242 ff; Gutsche, ZVI 2008, 41, 44 ff; Berger, ZInsO 2008, 1101, 1107; Smid DZWiR 2008, 133, 140 f; Wischemeyer, ZInsO 2009, 937, 942 f; 2009, 2121, 2124 f). Die wohl überwiegende Meinung geht demgegenüber davon aus, dass kraft der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen ohne die Notwendigkeit weiterer, insbesondere auf eine Vertragskündigung gerichteter Erklärungen des Insolvenzverwalters nur noch gegen den Schuldner und nicht mehr gegen die Masse durchgesetzt werden können (LG Krefeld, NZI 2010, 485 f; ArbG Berlin, ZIP 2010, 1914; HmbKomm-InsO/Lüdtke, 3. Aufl., § 35 Rn. 262, 263; Holzer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2007, § 35 Rn. 114, 115; Braun/Bäuerle, InsO, 4. Aufl., § 35 Rn. 84; Smid/Leonhardt in Leonhardt/Smid/Zeuner, InsO, 3. Aufl., § 35 Rn. 36; Pannen/Riedemann, NZI 2006, 193, 196; Ahrens, NZI 2007, 622, 624 f; Haarmeyer, ZInsO 2007, 696, 697; Holzer, ZVI 2007, 289, 292; Heinze ZVI 2007, 349, 354 f; Zipperer, ZVI 2007, 541, 542; Ries, ZInsO 2009, 2030, 2033 f; Stiller, ZInsO 2010, 1374 ff).
- 16
- 3. Zutreffend ist die zuletzt angeführte Auffassung.
- 17
- a) Bereits den Gesetzesmaterialien ist - wie auch Vertreter der Gegenansicht einräumen (Uhlenbruck/Hirte, aaO) - zu entnehmen, dass Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen, die nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit des Schuldners durch den Insolvenzverwalter entstehen, unabhängig von einer Kündigungserklärung nicht mehr dem Insolvenzverfahren unterliegen und auf den Schuldner übergeleitet werden.
- 18
- aa) Der Gesetzgeber hat ausdrücklich angenommen, dass die Freigabe des Vermögens aus der selbständigen Tätigkeit damit verbundene Vertragsverhältnisse einschließt. Diese Rechtsfolge entspricht zudem allein Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.
- 19
- (1) Die Bestimmung des § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO soll dem Schuldner nach der Vorstellung des Gesetzgebers ermöglichen, im Einverständnis mit dem Insolvenzverwalter eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen oder fortzusetzen. Die Freigabe erstreckt sich folgerichtig auf das Vermögen des Schuldners , das seiner gewerblichen Tätigkeit gewidmet ist, "einschließlich der dazu gehörenden Vertragsverhältnisse" (BT-Drucks., aaO; vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2011, aaO; HmbKomm-InsO/Lüdtke, aaO, § 35 Rn. 262). Die freigabeähnliche Erklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO betrifft demnach im Unterschied zu der in § 32 Abs. 3 Satz 1 InsO als zulässig vorausgesetzten echten Freigabe nicht nur einzelne Vermögensgegenstände, sondern eine Gesamtheit von Gegenständen und Werten (BT-Drucks., aaO, S. 26 f). Die Freigabe verwirklicht sich ohne die Notwendigkeit zusätzlicher Erklärungen bereits mit dem Zugang der Freigabeerklärung bei dem Schuldner (Haarmeyer, aaO, S. 697; Ries, aaO, S. 2033; HmbKomm-InsO/Lüdtke, aaO, § 35 Rn. 257). Allein die Erklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO zerschneidet das rechtliche Band zwischen der Insolvenzmasse und der durch den Schuldner ausgeübten selbstän- digen Tätigkeit (vgl. Holzer, ZVI 2007, 289, 292; Haarmeyer, aaO) und leitet die der selbständigen Tätigkeit dienenden Vertragsverhältnisse von der Masse auf die Person des Schuldners über (vgl. Zipperer, aaO).
- 20
- (2) Die endgültige Fassung des § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO beruht auf einem Änderungsvorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages. Im Unterschied zu dem in dem Regierungsentwurf dem Insolvenzverwalter durch das Tatbestandsmerkmal "kann" eingeräumten Ermessen, sich zu einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners zu erklären, sieht der Wortlaut des § 35 Abs. 1 Satz 1 InsO durch den anstelle von "kann" eingefügten Begriff "hat" nunmehr ausdrücklich vor, dass der Insolvenzverwalter eine Erklärung abgeben muss, ob Vermögen aus einer selbständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört oder nicht. Der Rechtsausschuss befürchtete, im Falle der bloßen Duldung einer selbständigen Tätigkeit durch den sich einer Erklärung enthaltenden Insolvenzverwalter könnten Zweifel hinsichtlich der grundsätzlichen Entstehung von Masseverbindlichkeiten und deren Höhe aufkommen. Durch die Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung soll demgegenüber zweifelsfrei klargestellt werden, ob im Rahmen der selbständigen Tätigkeit des Schuldners begründete Verbindlichkeiten Masseverbindlichkeiten darstellen oder nicht (BT-Drucks. 16/4194, S. 14). Auf diese Weise hat der Gesetzgeber im Zuge seiner Beratung abermals zum Ausdruck gebracht, dass bereits allein der Inhalt der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters darüber entscheidet, ob aus der selbständigen Tätigkeit des Schuldners weitere Masseverbindlichkeiten erwachsen.
- 21
- bb) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht im Anschluss an eine Stellungnahme des Schrifttums (Wischemeyer, ZInsO 2009, 2121, 2124; siehe aber Wischemeyer/Schur, ZInsO 2007, 1240, 1242), der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers zur Freigabe auch beste- hender Vertragsverhältnisse habe im Wortlaut des § 35 Abs. 2 Satz 1 keinen hinreichenden Ausdruck gefunden.
- 22
- Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist zu berücksichtigen, dass die Befugnis des Insolvenzverwalters, einzelne Vermögensbestandteile aus dem Insolvenzbeschlag zu Gunsten des Schuldners freizugeben, seit jeher auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung anerkannt war (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2005 - IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32, 34 mwN; BT-Drucks., aaO; Holzer, aaO). Während sich die gewohnheitsrechtlich gebilligte Freigabe auf bestimmte Vermögensgegenstände bezieht (BT-Drucks., aaO), erfasst die Erklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO eine Gesamtheit von Gegenständen und Werten (BT-Drucks., aaO, S. 26 f). Da die in § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO geregelte Freigabe im Unterschied zur Freigabe einzelner Vermögensgegenstände umfassender Natur ist, bestehen keine Bedenken, die in § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO gestattete Freigabe von "Vermögen aus einer selbständigen Tätigkeit“ auch auf bestehende Vertragsverhältnisse zu erstrecken (vgl. Stiller, aaO, S. 1375 f).
- 23
- cc) Soweit der Gesetzgeber hinsichtlich der Rechtsfolgen der Freigabeerklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 die Regelung des § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO anführt (BT-Drucks., aaO, S. 17), kann daraus entgegen Äußerungen des Schrifttums (Uhlenbruck/Hirte, aaO, § 35 Rn. 101; Wischemeyer/Schur, aaO, S. 1242 f; Gutsche, aaO, S. 44 ff) nicht die Notwendigkeit einer zusätzlichen Kündigungserklärung des Insolvenzverwalters zum Zweck der Beendigung von Dauerschuldverhältnissen mit Wirkung für die Masse hergeleitet werden.
- 24
- Durch den Hinweis auf § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO hat der Gesetzgeber lediglich beispielhaft die auch in anderem Zusammenhang bestehende Möglichkeit einer Enthaftung der Insolvenzmasse betont, aber gerade nicht die dort geregelten Kündigungsfristen für verbindlich erklärt. Tatsächlich ergibt sich aus § 35 Abs. 3 Satz 1 und 2 InsO, wonach die Erklärung des Insolvenzverwalters dem Gericht anzuzeigen und von diesem öffentlich bekannt zu machen ist, die Entbehrlichkeit auf eine Vertragsbeendigung gerichteter Kündigungserklärungen. Die Freigabe tritt zwar - wie dargelegt - ohne die Notwendigkeit zusätzlicher Erklärungen bereits mit dem Zugang der Freigabeerklärung bei dem Schuldner ein. Folglich ist die anschließende Veröffentlichung der Freigabeerklärung keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Freigabe und rein deklaratorischer Natur (HmbKomm-InsO/Lüdtke, aaO; § 35 Rn. 268; Haarmeyer, aaO, S. 698). Die Bekanntmachung der Freigabeerklärung erleichtert vielmehr den Nachweis, dass der Verwalter hinsichtlich des Vermögens aus der selbständigen Tätigkeit endgültig und unbedingt auf seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis verzichtet hat, und informiert die Neugläubiger und allgemein den Geschäftsverkehr , dass die Masse nicht für die Verbindlichkeiten aus der selbständigen Tätigkeit des Schuldners haftet (BT-Drucks., aaO). Bei Verfahrensbeteiligten und Dritten können mithin keine Unklarheiten im Zusammenhang mit den durch den Schuldner im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit abgegebenen Erklärungen auftreten (BT-Drucks. 16/4196, aaO). Dient die Bekanntmachung dem Zweck, die Gläubiger zeitnah darüber zu unterrichten, dass die Masse für Verbindlichkeiten des Schuldners aus seiner selbständigen Tätigkeit nicht mehr haftet (Smid/Leonhardt, aaO, § 35 Rn. 44), bedarf es keiner weiteren auf die Beendigung von Vertragsverhältnissen gerichteten Erklärungen des Insolvenzverwalters. Nach Sinn und Zweck der Regelung haben die Anzeige gegenüber dem Insolvenzgericht und die Veröffentlichung unverzüglich zu erfolgen. Verzögerungen können Schadensersatzansprüche des Gläubigers begründen.
- 25
- b) Nur eine solche Auslegung des § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO, derzufolge bereits aufgrund der Freigabeerklärung die mit der selbständigen Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Vertragsverhältnisse unter Vermeidung einer Kündigung auf den Schuldner übergehen, trägt den Belangen der Beteiligten angemessen Rechnung und schafft in der gebotenen Klarheit den rechtlichen Rahmen für die Aufnahme oder Fortsetzung einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners.
- 26
- aa) Zur Wahrnehmung einer selbständigen Tätigkeit ist der Schuldner auf den Fortbestand bestimmter Dauerschuldverhältnisse wie insbesondere Miet-, Pacht- oder Dienstverträge (vgl. Berger, aaO, S. 1107) zwingend angewiesen. Die Vorschrift des § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO verleiht dem Insolvenzverwalter die Gestaltungsmacht, derartige Dauerschuldverhältnisse, die er im Interesse der Gläubigergemeinschaft zur Verringerung der Masseverbindlichkeiten andernfalls kündigen müsste, zu Gunsten des einer selbständigen Tätigkeit nachgehenden Schuldners freizugeben (Braun/Bäuerle, aaO). Müsste der Insolvenzverwalter die von Gläubigern mit dem Schuldner geschlossenen Verträge zur Verwirklichung einer Enthaftung der Masse kündigen, wäre nicht erklärlich , inwieweit der Schuldner aus diesen Verträgen zum Zweck der Ausübung seiner selbständigen Tätigkeit gegenüber den Vertragspartnern Rechte herleiten könnte. Nach einer wirksamen Kündigung durch den Insolvenzverwalter würden sich die Vertragspartner des Schuldners wegen dessen Insolvenz vielfach nicht entschließen, mit ihm neue Vertragsbeziehungen anzuknüpfen. Damit würden dem Schuldner die für eine Fortführung seiner Tätigkeit unentbehrlichen Betriebsgrundlagen entzogen (HmbKomm-InsO/Lüdtke, aaO, § 35 Rn. 263; Heinze, aaO, S. 354; Stiller, aaO, S. 1375).
- 27
- bb) Die mit der Freigabeerklärung verbundene allgemeine Überleitung der Vertragsverhältnisse von der Masse auf den Schuldner ermöglicht eine klare Abgrenzung der die Masse und der den Schuldner treffenden, aus der selbständigen Tätigkeit herrührenden Verbindlichkeiten. Da die Freigabeerklärung mit dem Zugang an den Schuldner wirksam wird, sind danach entstehende Verbindlichkeiten allein gegen ihn zu verfolgen.
- 28
- (1) Sofern der Insolvenzverwalter das Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit des Schuldners freigibt, können die Neugläubiger, die nach der Freigabeerklärung Forderungen gegen den Schuldner erworben haben, auf die ab diesem Zeitpunkt durch die selbständige Tätigkeit erwirtschafteten Vermögenswerte des Schuldners als eigenständige Haftungsmasse zugreifen. Den Altgläubigern ist hingegen gemäß § 89 InsO eine Vollstreckung in diese Vermögensgegenstände verwehrt (BT-Drucks. 16/3227, S. 17; HmbKomm-InsO/ Lüdtke, aaO, § 35 Rn. 258). Wird dem Schuldner eine selbständige Tätigkeit gestattet, kann überdies - wie der Senat durch Beschluss vom 9. Juni 2011 entschieden hat (IX ZB 175/10, WM 2011, 1344, Rn. 7 ff) - auf Antrag eines Neugläubigers ein auf dieses Vermögen beschränktes zweites Insolvenzverfahren gegen den Schuldner eröffnet werden. Die von dem Schuldner aus der selbständigen Tätigkeit von der Freigabeerklärung an erzielten Einkünfte stehen den Gläubigern, deren Forderungen erst nach der Freigabeerklärung entstanden sind, als Haftungsmasse zur Verfügung (BGH, aaO, Rn. 7). Der Neuerwerb haftet während des eröffneten (Erst-)Verfahrens nur den Neugläubigern, nicht den (Alt-)Insolvenzgläubigern (BGH, aaO, Rn. 11).
- 29
- (2) Mit Rücksicht sowohl auf die Befugnis einer Vollstreckung allein der Neugläubiger in die durch die selbständige Tätigkeit des Schuldners geschaffene Haftungsmasse als auch die Möglichkeit der Eröffnung eines Insolvenzver- fahrens über diese Haftungsmasse im Interesse der Neugläubiger bedarf es einer eindeutigen Abgrenzung, inwieweit Gläubiger ihre Verbindlichkeiten entweder gegen die Altmasse oder den Schuldner beziehungsweise die Masse eines Zweitinsolvenzverfahrens zu verfolgen haben. Die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO ermöglicht die im Interesse der Rechtssicherheit gebotene klare Unterscheidung.
- 30
- Wird dem Schuldner die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit eröffnet, so ist zu berücksichtigen, dass der Schuldner zum Aufbau einer neuen wirtschaftlichen Existenz regelmäßig eine Vielzahl von Verträgen schließen muss. Soweit derartige Verträge, die vor Insolvenzeröffnung vereinbart wurden und mit der Eröffnung nicht in Wegfall geraten sind, im Zuge der selbständigen Tätigkeit von dem Schuldner fortgesetzt werden sollen, kann nicht auf eine klare zeitliche Zäsur verzichtet werden, wann Rechte und Pflichten von der Masse auf den Schuldner übergehen. Da es sich dabei regelmäßig um ein Bündel von Rechtsbeziehungen handelt, wäre es kaum praktikabel, auf die dem Insolvenzverwalter im Rahmen der §§ 103 ff InsO eröffneten, höchst unterschiedlich ausgestalteten Lösungsrechte abzustellen. Bei diesem Verständnis würde § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO weitgehend seiner Funktion beraubt, einen einheitlichen Übergang des der selbständigen Tätigkeit dienenden Vermögens einschließlich der darauf bezogenen Vertragsverhältnisse von der Masse auf den Schuldner zu bewirken. Vielmehr werden Unklarheiten weitgehend vermieden, indem kraft der mit dem Zugang bei dem Schuldner wirksam werdenden Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters sämtliche noch fortbestehenden, der selbständigen Tätigkeit dienenden Vertragsverhältnisse und daraus sich ergebende Verbindlichkeiten auf den Schuldner übergeleitet werden (vgl. Ries, aaO, S. 2033 f). Die Anknüpfung an den Zugang der Freigabeerklärung bei dem Schuldner gestattet insoweit eine eindeutige zeitliche Differenzierung.
- 31
- (3) Würden Vertragsverhältnisse erst nach Ablauf einer Kündigungsfrist auf den Schuldner übergehen, wäre der Insolvenzverwalter zwecks Entlastung der Masse von den zwischenzeitlich entstehenden Verbindlichkeiten gehalten, vor der Freigabe mit dem Schuldner eine Nutzungsvereinbarung zu schließen (vgl. Stiller, aaO, S. 1375). Käme der Schuldner seiner Zahlungspflicht nicht nach und würde im Blick auf seine selbständige Tätigkeit ein weiteres Insolvenzverfahren eröffnet, würde die Erstmasse als Gläubigerin an diesem Verfahren teilnehmen. Dann würde das an die Freigabe der selbständigen Tätigkeit geknüpfte Vertrauen der Neugläubiger beeinträchtigt, nicht in eine Konkurrenz mit Ansprüchen der Altmasse treten zu müssen. Auch diese Verfahrenskomplikation wird vermieden, wenn die Vertragsverhältnisse mit Zugang der Freigabeerklärung auf den Schuldner übergehen.
III.
- 32
- Schadensersatzansprüche der Klägerin aus § 61 InsO wegen der Nichterfüllung einer Masseverbindlichkeit sind gegen den Beklagten zu 2 nicht begründet.
- 33
- 1. Die Regelung des § 61 InsO eröffnet zu Gunsten von Vertragsgläubigern einen Schadensersatzanspruch gegen den Insolvenzverwalter, der durch den Abschluss von Verträgen Verbindlichkeiten eingeht, obwohl diese - wie er erkennen kann - aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden können. Die Ersatzpflicht greift auch ein, wenn der Insolvenzverwalter eine rechtlich zulässige Kündigung von Dauerschuldverhältnissen versäumt (HK-InsO/Lohmann, aaO, § 61 Rn. 3; HmbKomm-InsO/Weitzmann, aaO, § 61 Rn. 7). In diesem Fall kommt eine Ersatzpflicht aber nur für die Verbindlichkeiten in Betracht, die nach dem Zeitpunkt entstehen, zu dem bei einer frühestmöglichen Kündigungserklärung der Vertrag geendet hätte (HK-InsO/Lohmann, aaO, § 61 Rn. 8; HmbKomm -InsO/Weitzmann, aaO; Uhlenbruck/Sinz, aaO, § 61 Rn. 6; vgl. auch BGH, Urteil vom 3. April 2003 - IX ZR 101/02, BGHZ 154, 358, 364).
- 34
- 2. Im Streitfall ist lediglich die im Zeitraum der Verfahrenseröffnung am 20. Januar 2009 bis zum Wirksamwerden der Freigabeerklärung am 20. Februar 2009 entstandene Mietforderung über 447,54 € als Masseforderung offen geblieben. Der Beklagte zu 2 hätte das Mietverhältnis zu der Klägerin nach Verfahrenseröffnung gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO mangels einer anderweitigen mietvertraglichen Abrede nur mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündigen können. Bei dieser Sachlage scheidet eine Ersatzpflicht des Beklagten zu 2 aus, weil die offene Forderung der Klägerin auch bei sofortiger Ausübung des Kündigungsrechts wegen der zu beachtenden Kündigungsfrist nicht vermeidbar war.
IV.
- 35
- Auf die begründete Revision der Beklagten ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da es keiner weiteren Feststellungen bedarf, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts zurückweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 23.06.2010 - 1 O 359/10 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 04.05.2011 - 13 U 1007/10 -
(1) Bei der Zustellung durch die Behörde händigt der zustellende Bedienstete das Dokument dem Empfänger in einem verschlossenen Umschlag aus. Das Dokument kann auch offen ausgehändigt werden, wenn keine schutzwürdigen Interessen des Empfängers entgegenstehen. Der Empfänger hat ein mit dem Datum der Aushändigung versehenes Empfangsbekenntnis zu unterschreiben. Der Bedienstete vermerkt das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des auszuhändigenden Dokuments oder bei offener Aushändigung auf dem Dokument selbst.
(2) Die §§ 177 bis 181 der Zivilprozessordnung sind anzuwenden. Zum Nachweis der Zustellung ist in den Akten zu vermerken:
- 1.
im Fall der Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen nach § 178 der Zivilprozessordnung der Grund, der diese Art der Zustellung rechtfertigt, - 2.
im Fall der Zustellung bei verweigerter Annahme nach § 179 der Zivilprozessordnung, wer die Annahme verweigert hat und dass das Dokument am Ort der Zustellung zurückgelassen oder an den Absender zurückgesandt wurde sowie der Zeitpunkt und der Ort der verweigerten Annahme, - 3.
in den Fällen der Ersatzzustellung nach den §§ 180 und 181 der Zivilprozessordnung der Grund der Ersatzzustellung sowie wann und wo das Dokument in einen Briefkasten eingelegt oder sonst niedergelegt und in welcher Weise die Niederlegung schriftlich mitgeteilt wurde.
(3) Zur Nachtzeit, an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen darf nach den Absätzen 1 und 2 im Inland nur mit schriftlicher oder elektronischer Erlaubnis des Behördenleiters zugestellt werden. Die Nachtzeit umfasst die Stunden von 21 bis 6 Uhr. Die Erlaubnis ist bei der Zustellung abschriftlich mitzuteilen. Eine Zustellung, bei der diese Vorschriften nicht beachtet sind, ist wirksam, wenn die Annahme nicht verweigert wird.
(4) Das Dokument kann an Behörden, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, an Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Berufsausübungsgesellschaften im Sinne der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und des Steuerberatungsgesetzes, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften auch auf andere Weise, auch elektronisch, gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden.
(5) Ein elektronisches Dokument kann im Übrigen unbeschadet des Absatzes 4 elektronisch zugestellt werden, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet. Es ist elektronisch zuzustellen, wenn auf Grund einer Rechtsvorschrift ein Verfahren auf Verlangen des Empfängers in elektronischer Form abgewickelt wird. Für die Übermittlung ist das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen und gegen unbefugte Kenntnisnahme Dritter zu schützen.
(6) Bei der elektronischen Zustellung ist die Übermittlung mit dem Hinweis „Zustellung gegen Empfangsbekenntnis“ einzuleiten. Die Übermittlung muss die absendende Behörde, den Namen und die Anschrift des Zustellungsadressaten sowie den Namen des Bediensteten erkennen lassen, der das Dokument zur Übermittlung aufgegeben hat.
(7) Zum Nachweis der Zustellung nach den Absätzen 4 und 5 genügt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis, das an die Behörde durch die Post oder elektronisch zurückzusenden ist. Ein elektronisches Dokument gilt in den Fällen des Absatzes 5 Satz 2 am dritten Tag nach der Absendung an den vom Empfänger hierfür eröffneten Zugang als zugestellt, wenn der Behörde nicht spätestens an diesem Tag ein Empfangsbekenntnis nach Satz 1 zugeht. Satz 2 gilt nicht, wenn der Empfänger nachweist, dass das Dokument nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Der Empfänger ist in den Fällen des Absatzes 5 Satz 2 vor der Übermittlung über die Rechtsfolgen nach den Sätzen 2 und 3 zu belehren. Zum Nachweis der Zustellung ist von der absendenden Behörde in den Akten zu vermerken, zu welchem Zeitpunkt und an welchen Zugang das Dokument gesendet wurde. Der Empfänger ist über den Eintritt der Zustellungsfiktion nach Satz 2 zu benachrichtigen.
Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist, im Fall des § 5 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
(2) Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben.
(3) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet.
(4) Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, so können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Absatz 3 Satz 1 verlangt werden. Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind. § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Teilrückforderung einer durch den Beklagten auf der Grundlage der Förderrichtlinie „Investitionspakt zur energetischen Erneuerung sozialer Infrastruktur in den Gemeinden in Nordrhein-Westfalen“ gemäß Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 21. Mai 2008 – im Folgenden: Förderrichtlinie – dem Kläger gewährten Zuwendung.
3Nach näherer Maßgabe der Förderrichtlinie unterstützte der Beklagte Maßnahmen zur bedarfsorientierten energetischen und ggf. baulichen Erneuerung von Gebäuden, die als soziale Infrastruktur in den Gemeinden genutzt werden. Die Fördermittel sollten im Rahmen einer Projektförderung in der Form der Anteilsfinanzierung in Höhe von 2/3 der förderfähigen Ausgaben bewilligt werden. Zuständig für die Bewilligung der Zuwendung waren die Bezirksregierungen. Zuwendungsempfänger konnten ausschließlich die Gemeinden und Gemeindeverbände sein. Allerdings sollten auch Gebäude privater Eigentümer förderfähig sein. Für den Fall der Weiterleitung einer Zuwendung an Dritte durch Zuwendungsbescheid nach Nr. 12 der Verwaltungsvorschriften -VV- zu § 44 Landeshaushaltsordnung -LHO- bestimmte Ziffer 8.1 der Förderrichtlinie, dass die Kommune die Regelungen nach den Verwaltungsvorschriften zu § 44 LHO für den außergemeindlichen Bereich zu beachten habe. Dabei habe sie insbesondere Regelungen zur Verwendungsnachweisführung gegenüber Dritten zu treffen. Der Verwendungsnachweis sei regelmäßig in qualifizierter Form zu führen. Im Verhältnis zwischen Erstempfänger und Letztempfänger der Zuwendungen sollten die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung -ANBest-P- Anwendung finden. Für die Prüfung einer zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendung durch Dritte sei die Kommune zuständig. Gegenüber der Bewilligungsbehörde habe sie das Recht, die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendung durch Dritte im vereinfachten Verfahren nachzuweisen. Nach Ziffer 8.2 hatte die Kommune auch im Fall einer Weiterleitung einen Eigenanteil von mindestens 10 v.H. der förderfähigen Ausgaben aufzubringen.
4Am 28. August 2008 stellte der Kläger auf der Grundlage der Förderrichtlinie einen Förderantrag für die energetische Sanierung und die Neugestaltung des Eingangsbereichs der Johanniter-Kindertagesstätte „T. “ in C. , deren Eigentümerin die Evangelische Kirchengemeinde C. ist. Unter Ziffer 7.1.1 des Förderantrags – Gebäudeentwicklungskonzept / Kurzbeschreibung der Inhalte und Ziele – erklärte der Kläger, im Bewilligungsbescheid an den Träger der Einrichtung werde für den Fall einer Bewilligung von Landes- und Kreismitteln eine zweckentsprechende Nutzung von 20 Jahren festgeschrieben. Unter Ziffer 8 erklärte der Kläger zudem, dass die Evangelische Kirchengemeinde C. als Eigentümerin einen Finanzierungsanteil von 23 % übernehme. Die restlichen 10 % würden – vorbehaltlich der Zustimmung des Jugendhilfeausschusses – vom Kreis übernommen. Dem Antrag beigefügt war als Anlage 1 eine schriftliche Erklärung der Evangelischen Kirchengemeinde C. vom 22. August 2008, nach der diese 23 % der zuwendungsfähigen Ausgaben für die Sanierung übernehmen werde. Weitere schriftliche Erklärungen der Evangelischen Kirchengemeinde C. enthielten die Antragsunterlagen nicht.
5Mit Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 4. Dezember 2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger antragsgemäß für die Zeit bis zum 31. Dezember 2010 eine Zuwendung in Höhe von 138.000,00 Euro als Zuschuss in der Form der Anteilsfinanzierung in Höhe von 2/3 zu zuwendungsfähigen Gesamtausgaben von 206.000,00 Euro. Bestandteil des Zuwendungsbescheides waren die beigefügten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden -ANBest-G- nach Maßgabe von Ziffer 1 sowie ergänzt durch die Ziffern 2 bis 17 der im Zuwendungsbescheid enthaltenen besonderen Nebenbestimmungen.
6Mit einem an den Evangelischen Gemeindeverbund Niederwupper adressierten Schreiben vom 21. Januar 2009 leitete der Kläger eine Abschrift des Zuwendungsbescheides an die Evangelische Kirchengemeinde C. weiter und kündigte die Auszahlung eines ersten, durch den Beklagten zur Verfügung gestellten Teilbetrages von 10.000 Euro sowie die Erteilung eines Bewilligungsbescheides an. Wörtlich hieß es in diesem Schreiben: „als Anlage übersende ich Ihnen den Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Köln mit der Bitte um Kenntnisnahme und Beachtung. Hiernach ist ein Betrag von 10.000,00 Euro als erster Teilbetrag angekündigt. Sobald dieser Betrag bei mir eingegangen ist, werde ich ihn an Sie weiterleiten. […] Außerdem teile ich Ihnen mit, dass der Jugendhilfeausschuss des Rheinisch-Bergischen Kreises in seiner Sitzung vom 15.09.2008 einen Betrag von bis 20.600 Euro für die Umbau- und Instandhaltungsarbeiten der Kindertagesstätte T. zur Verfügung gestellt hat. Ich werde Ihnen den Betrag überweisen, sobald Sie die Mittel benötigen, und Ihnen dann auch den Bewilligungsbescheid zuschicken.“ Ein Bewilligungsbescheid erging dann jedoch zunächst nicht. Stattdessen zahlte der Kläger weitere durch den Beklagten zur Verfügung gestellte Fördergelder an die Evangelische Kirchengemeinde C. aus.
7Aufgrund einer Anfrage des Klägers aus dem August 2009 erhielt die Bezirksregierung Köln Kenntnis davon, dass der Kläger aufgrund eines Zuwendungsbescheides des Landschaftsverbands Rheinland vom 4. Juni 2009 weitere Fördergelder für Baumaßnahmen in der Kindertagesstätte „T. “ zur Schaffung sogenannter U3-Plätze erhalten hatte. Nach Durchführung eines Ortstermins im Dezember 2009 ging die Bezirksregierung davon aus, dass sich die geförderten Baumaßnahmen teilweise überschnitten und erließ zur Vermeidung einer Doppelförderung unter dem 18. März 2010 einen Änderungs- und Rückforderungsbescheid, mit dem sie die Zuwendung unter Neuberechnung der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben auf 107.000,00 Euro festsetzte und von dem Beklagten einen bislang überzahlten Betrag von 11.000,00 Euro zurückforderte. Auf eine hiergegen durch den Kläger vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage – 16 K 2344/10 – und in Folge einer außergerichtlichen Einigung der Beteiligten hob der Beklagte den angefochtenen Änderungs- und Rückforderungsbescheid wieder auf, setzte die Zuwendung mit Änderungs- und Rückforderungsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 29. Juni 2011 nunmehr auf 116.634,24 Euro fest und reduzierte den Rückforderungsbetrag auf 1.365,75 Euro.
8Am 16. Dezember 2010 übermittelte der Kläger den Verwendungsnachweis. Nach dessen abschließender Prüfung, die auch eine Einsichtnahme in die Originalbelege beinhaltete, und Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 8. August 2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid der Bezirksregierung Köln vom 8. Mai 2012, dem Kläger am 10. Mai 2012 zugegangen, mit, dass der Zuwendungsbescheid vom 4. Dezember 2008 in der Fassung der Bescheide vom 18. März 2010 und 29. Juni 2011 nach Maßgabe von § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW i.V.m. § 43 Abs. 2 VwVfG NRW in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung in Höhe von 12.219,23 Euro unwirksam geworden sei. Die Gesamtzuwendung werde daher auf 104.415,02 Euro festgesetzt. Ein überzahlter Betrag von 12.219,23 Euro werde auf der Grundlage von § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW zurückgefordert. Zur Begründung führte der Beklagte unter näherer Darlegung im Einzelnen an, dass sich nach Prüfung des Verwendungsnachweises die zuwendungsfähigen Ausgaben nach Nr. 2.1 ANBest-G ermäßigt hätten. Teils seien geltend gemachte Ausgaben wegen fehlender Stundenlohnnachweise bzw. einer fehlenden Originalrechnung nicht anrechenbar, teils seien die angeführten Arbeiten nicht der Fördermaßnahme zuzuordnen.
9Am 6. Juni 2012 hat der Kläger Klage erhoben.
10Zu deren Begründung führt der Kläger an, dass die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Rückforderungsentscheidung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig sei, weil sich der Beklagte in einer Konstellation wie der vorliegenden jedenfalls mit der Frage hätte auseinandersetzen müssen, ob die Rückforderung nicht unmittelbar gegenüber der Evangelischen Kirchengemeinde C. als Letztempfängerin der Fördermittel hätte erfolgen müssen. Hierzu verweist der Kläger insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur sogenannten „gestreckten Zuwendung“. Der Kläger habe die Fördermittel lediglich an die Evangelische Kirchengemeinde C. weitergeleitet, die für alle Beteiligten von Anfang an erkennbar Letztempfängerin der Zuwendung habe sein sollen. Die Rückforderungsentscheidung leide insoweit an einem Ermessensausfall.
11Der Kläger beantragt,
12den Bescheid des Beklagten vom 8. Mai 2012 aufzuheben.
13Der Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Der Beklagte tritt der Rechtsauffassung des Klägers entgegen. Die angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur gestreckten Zuwendung sei schon deshalb nicht einschlägig, weil dem Beklagten im Rahmen von § 49a Abs. 1 VwVfG NRW kein Ermessen zustünde. Außerdem habe der Kläger die Fördermittel auch nicht ohne eigenes wirtschaftliches Risiko eins zu eins an die Evangelische Kirchengemeinde C. weitergeleitet, sondern nach den Bestimmungen der Förderrichtlinie einen Eigenanteil in Höhe von 10 v.H. der zuwendungsfähigen Ausgaben zu erbringen.
16Nach Erhebung der Klage bewilligte der Kläger der Evangelischen Kirchengemeinde C. mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 erstmals eine – bereits die endgültige Höhe der durch den Beklagten bewilligten Fördermittel berücksichtigende – Zuwendung in Höhe von 104.415,02 Euro und forderte bislang ohne Rechtsgrund ausgezahlte Landesmittel in Höhe von 13.584,98 Euro zurück. Die hiergegen vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage der Evangelischen Kirchengemeinde C. ist Gegenstand des Verfahrens 16 K 6232/12.
17Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beteiligten einschließlich des durch den Kläger im Verfahren 16 K 6232/12 nachgereichten Vorgangs Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
18Entscheidungsgründe
19Die Entscheidung ergeht durch den Berichterstatter als Einzelrichter, weil die Kammer ihm den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- zur Entscheidung übertragen hat.
20Die Klage, mit der sich der Kläger bei verständiger Würdigung seines Klageantrags sowie seines sonstigen Klagevorbringens nach Maßgabe von § 88 VwGO gegen die mit dem angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 8. Mai 2012 getroffene Rückforderungsentscheidung richtet, ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 8. Mai 2012 ist im angefochtenen Umfang rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21Ermächtigungsgrundlage für den Rückforderungsbescheid ist § 49a Abs. 1 VwVfG NRW. Hiernach sind, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Denn der Zuwendungsbescheid des Beklagten vom 4. Dezember 2008 in der Fassung der Bescheide vom 18. März 2010 und 29. Juni 2011 ist in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung mit Wirkung für die Vergangenheit in dem durch den angefochtenen Bescheid festgestellten und als Rückforderungsbetrag geltend gemachten Umfang von 12.219,23 Euro unwirksam geworden.
22Eine auflösende Bedingung im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW ist hier in der zum Bescheidinhalt gemachten Regelung in Nr. 2.1 ANBest-G in Verbindung mit der durch den Zuwendungsbescheid unter Ziffer 3 getroffenen Entscheidung zur Anteilsfinanzierung zu sehen. Nach Maßgabe von Nr. 2.1 ANBest-G ermäßigt sich die Zuwendung anteilig mit etwaigen Zuwendungen anderer Zuwendungsgeber und den vorgesehenen eigenen und sonstigen Mitteln des Zuwendungsempfängers, wenn sich nach der Bewilligung die in dem Finanzierungsplan veranschlagten Gesamtausgaben für den Zuwendungszweck ermäßigen. Darin liegt wegen des vorgesehenen Automatismus eine auflösende Bedingung. Mit der Bewilligung der Zuwendung in der Form der Anteilsfinanzierung in Höhe von 2/3 der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben wird durch den Zuwendungsbescheid zudem noch kein bestimmter Betrag als endgültige Höhe der bewilligten Zuwendung festgelegt. Vielmehr ergibt sich die endgültige Höhe der bewilligten Zuwendung erst aus dem Betrag der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben, die durch den Zuwendungsgeber zunächst unter Prüfung des Verwendungsnachweises festgestellt werden müssen. Damit wird der Aspekt der Zuwendungsfähigkeit der Ausgaben in die auflösende Bedingung einbezogen. Der im Zuwendungsbescheid ausgewiesene Bewilligungsbetrag von zuletzt 116.634,24 Euro ermäßigt sich mithin – automatisch – auf 2/3 des Betrages, der sich bei der abschließenden Prüfung des Verwendungsnachweises als derjenige der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben erweist;
23vgl. auch Urteil der Kammer vom 2. Dezember 2010 – 16 K 185/08 – und Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen -OVG NRW-, Beschluss vom 5. Juli 2012 – 4 A 326/11 – sowie Urteile der Kammer vom 14. März 2013 – 16 K 1112/16 – und 13. Juni 2013 – 16 K 1261/11 –, jeweils zitiert nach juris; vgl. allgemein zur Qualifizierung der entsprechenden Bestimmung in Nr. 2.1 ANBestP als auflösende Bedingung in ständiger Rechtsprechung OVG NRW, Beschlüsse vom 5. Juli 2012 – 4 A 326/11 –, vom 21. April 2004 – 4 A 1951/03 – und vom 28. Januar 2002 – 4 A 4927/99 –, ebenso zur entsprechenden nordrhein-westfälischen Regelung Beschluss vom 15. Mai 2003 – 4 A 992/02 –, jeweils zitiert nach juris.
24Zuwendungsfähig sind dabei diejenigen Ausgaben, die der Kläger in dem durch den Zuwendungsbescheid definierten Bewilligungszeitraum zweckentsprechend, d.h. gemäß dem durch den Zuwendungsbescheid für verbindlich erklärten Finanzierungsplan sowie den weiteren Vorgaben für die Mittelverwendung getätigt und im Rahmen des Verwendungsnachweises nachgewiesen hat. Für Inhalt und Umfang des Verwendungsnachweises genügt es hierbei nicht, dass der Kläger irgendwelche Angaben macht oder Unterlagen vorlegt. Er hat den Verwendungsnachweis vielmehr in der Form zu erbringen, die ihm durch die Bestimmungen des Zuwendungsbescheides über die Führung des Verwendungsnachweises vorgegeben sind;
25vgl. Urteile der Kammer vom 14. März 2013 – 16 K 1112/16 – und 13. Juni 2013 – 16 K 1261/11 – unter Hinweis auf Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. August 2009 – 1 D 65/09 –, jeweils zitiert nach juris.
26Hiernach hatte der Kläger die zweckentsprechende Verwendung der Mittel durch die Evangelische Kirchengemeinde C. nach Nr. 7 ANBest-G grundsätzlich in der Form eines vereinfachten Verwendungsnachweises nachzuweisen, gemäß Nr. 8 ANBest-G auf Anforderung des Beklagten aber auch Belege und sonstige Geschäftsunterlagen zum Zweck einer vertieften Prüfung vorzulegen bzw. eine Vorortprüfung zu ermöglichen. Da der Kläger nach Ziffer 8.1 der durch Ziffer 7 der Nebenbestimmungen in den Zuwendungsbescheid einbezogenen Förderrichtlinie im Falle der Weiterleitung der Fördermittel an einen Dritten zudem dafür Sorgen zu tragen hatte, dass der Dritte seinerseits einen Verwendungsnachweis in qualifizierter Form erbringt und im Verhältnis zum Dritten die Regelungen der ANBest-P Anwendung finden, erstreckt sich das aus Nr. 8 ANBest-G ergebende Prüfungsrecht des Beklagten dem Kläger gegenüber jedenfalls auf solche Unterlagen, die dieser seinerseits gegenüber Evangelischen Kirchengemeinde C. auf der Grundlage eines qualifizierten Verwendungsnachweises und der ANBest-P im Übrigen zu fordern berechtigt ist.
27Daran gemessen hat der Kläger für die im angefochtenen Bescheid im Einzelnen aufgeführten Ausgabenpositionen im Verwendungsnachweisverfahren keinen hinreichenden Nachweis erbracht. Dies gilt namentlich für die zum Nachweis von Stundenlohnarbeiten gemäß Nr. 3.1.1 ANBest-P i.V.m. § 15 Abs. 4 Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil B -VOB/B- in der hier maßgeblichen Fassung vom 4. September 2006 erforderlichen Stundenlohnrechnungen, für die jedenfalls nicht hinreichend aussagekräftige Rechnung der Firma Gerlach für Wärmedämmarbeiten sowie für die weiteren in keinem nachgewiesenen Zusammenhang mit den geförderten Baumaßnahmen stehenden Arbeiten an einem Regenrohr, an den Kalt- und Warmwasserleitungen sowie der Außenzapfstelle. Den Beanstandungen des Beklagten ist der Kläger mit seinem Vortrag im gerichtlichen Verfahren nicht entgegen getreten. Eine Nachholung oder Ergänzung des Verwendungsnachweises im gerichtlichen Verfahren ist zudem nach anerkannter obergerichtlicher Rechtsprechung ausgeschlossen. Sie würde dazu führen, dass die dem Zuwendungsgeber zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf längere Zeit blockiert wären und anderen förderungswürdigen Projekten fehlen würden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ist daher nach materiellem Recht der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung;
28vgl. Urteile der Kammer vom 14. März 2013 – 16 K 1112/16 – und 13. Juni 2013 – 16 K 1261/11 – unter Hinweis auf Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. August 2009 – 1 D 65/09 –, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern – 2 L 137/01 –, NordÖR 2002, 382; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 5. Februar 1987 – 5 S 2954/86 –, NVwZ 1987, 520-521; Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 16. November 2005 – 3 K 779/04 –, juris.
29Der angefochtene Rückforderungsbescheid erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil der Beklagte den Rückforderungsbescheid unmittelbar gegenüber der Evangelischen Kirchengemeinde C. als Letztempfängerin der Zuwendung hätte erlassen oder sich jedenfalls im Rahmen einer ihm obliegenden Ermessensentscheidung mit einer vorrangigen Inanspruchnahme der Evangelischen Kirchengemeinde C. hätte auseinandersetzen müssen. Denn der Beklagte hat den sich aus dem Eintritt der auflösenden Bedingung ergebenden Rückforderungsanspruch aus § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW hier allein innerhalb des Zuwendungsverhältnisses gegenüber dem Kläger erlassen dürfen. Insofern hat dem Kläger bei der ohnehin gebundenen Entscheidung zur Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs auch kein Auswahlermessen hinsichtlich der Inanspruchnahme des Schuldners zugestanden.
30In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist anerkannt, dass eine Rücknahme oder ein Widerruf eines Zuwendungsbescheides grundsätzlich nur innerhalb des Zuwendungsverhältnisses erfolgen können. Denn eine Rücknahme oder ein Widerruf sind actus contrarius zum zurückzunehmenden bzw. zu widerrufenden Zuwendungsbescheid. Sie zielen auf die Beseitigung des durch den Zuwendungsbescheid begründeten Rechtsverhältnisses. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sie sich an denjenigen richten, dem gegenüber das Rechtsverhältnis begründet worden ist. Eine Rücknahme oder ein Widerruf eines Zuwendungsbescheides haben demnach gegenüber dem Adressaten des Zuwendungsbescheides zu erfolgen;
31vgl. etwa Bundesverwaltungsgericht -BVerwG-, Beschluss vom 29. September 1987 – 7 B 161/87 –, NVwZ 1988, 151; Urteil vom 26. August 1999 – 3 C 17/98 –, NVwZ-RR 2000, 196 ff.; Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Dezember 2006 – OVG 8 B 14.6 –, juris, m.w.N.; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Auflage 2010, § 48 Rn. 32.
32Entsprechendes gilt für die Rückforderung überzahlter Leistungen durch einen Rückforderungsbescheid nach Maßgabe von § 49a Abs. 1 VwVfG NRW. Die Regelung knüpft tatbestandlich an die Unwirksamkeit eines Verwaltungsakts durch eine Rücknahme oder einen Widerruf oder in Folge des Eintritts einer auflösenden Bedingung an. Die Rückforderung durch Verwaltungsakt findet ihre Berechtigung in der Bewilligung bzw. Gewährung der Leistung durch Verwaltungsakt. Der Rückforderungsbescheid kann sich daher nicht ohne weiteres gegen denjenigen richten, der sich im Zeitpunkt des Erlasses gerade im Besitz der Leistung befindet. Er hat vielmehr grundsätzlich gegenüber dem Adressaten des aufgehobenen bzw. auf sonstige Weise unwirksam gewordenen Verwaltungsakts zu ergehen;
33vgl. Oberverwaltungsgericht Brandenburg, Beschluss vom 12. August 1998 – 4 B 31/98 –, NJW 1998, 3513 ff; Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Auflage 2010, § 49a Rn. 10 m.w.N.
34Anderes folgt unter den vorliegenden Umständen auch nicht aus den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten und durch den Kläger angeführten Grundsätzen zu den Fällen einer sogenannten „gestreckten Zuwendung“. Hiernach kann eine Rücknahme oder ein Widerruf bzw. – wie hier – ein Rückforderungsbescheid ausnahmsweise über den unmittelbaren Adressaten des Zuwendungsbescheides hinaus auch gegenüber dem durch die Leistung begünstigten Dritten ergehen. Diese Ausnahme ist maßgeblich damit begründet worden, dass insbesondere das sich aus einer Regelung wie § 48 Abs. 2 VwVfG NRW ergebende Recht der Behörde zur Rücknahme eines Bescheides in vielfacher Hinsicht von den Verhältnissen des Begünstigten abhängig sei und dann nicht praktikabel wäre, wenn der Adressat des Bescheides die Leistung lediglich an den eigentlich begünstigten Dritten weiterleitet. Für die Annahme einer solchen gestreckten Zuwendung ist jedoch nach den durch das Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätzen die bloße Weiterleitung der bewilligten Zuwendung an einen Dritten allein nicht ausreichend. Erforderlich ist zudem, dass der Dritte nach den Regelungen des Zuwendungsbescheides als Empfänger der Zuwendung festgelegt und in das durch den Zuwendungsbescheid begründete Rechtsverhältnis einbezogen wird. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Adressat des Zuwendungsbescheides durch den Zuwendungsbescheid verpflichtet wird, die Fördermittel an einen Dritten weiterzugeben und wenn die Gewährung von vornherein davon abhängig gemacht wird, dass der Dritte sich den Bedingungen des Zuwendungsbescheides unterwirft;
35so BVerwG, Urteil vom 26. August 1999 – 3 C 17/98 –, NVwZ-RR 2000, 196 ff.; vgl. auch Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Dezember 2006 – OVG 8 B 14.6 –, juris; Urteile der Kammer vom 5. November 2009 – 16 K 714/05 – und vom 2. September 2010 – 16 K 2727/09 –.
36Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Zwar folgt aus der durch den Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 4. Dezember 2008 in Verbindung mit dem zugrundeliegenden Förderantrag des Klägers vom 28. August 2008 getroffenen Zweckbestimmung, dass die mit dem Zuwendungsbescheid bewilligten Fördermittel für eine energetische Erneuerung und bauliche Neugestaltung des Eingangsbereichs der Johanniter-Kindertagesstätte „T. “ bestimmt sind, deren Eigentümerin die Evangelische Kirchengemeinde C. ist. Indes fehlt es jedenfalls an einer Regelung, nach der die Evangelische Kirchengemeinde C. auch in das durch den Zuwendungsbescheid begründete Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger unmittelbar einbezogen wird und sich insbesondere für den Fall einer Weiterleitung der Fördermittel den Bestimmungen des Zuwendungsbescheides unterwirft. Vielmehr liegt dem Zuwendungsbescheid die Vorstellung zugrunde, dass im Fall einer Weiterleitung der Fördermittel ein zweites und durch teils abweichende Regelungen gekennzeichnetes Zuwendungsverhältnisses zwischen dem Kläger als Adressat des Zuwendungsbescheides und der Evangelische Kirchengemeinde C. als Letztempfängerin begründet wird. Dies ergibt sich in erster Linie aus Ziffer 8.1 der über Ziffer 7 der Nebenbestimmungen in den Zuwendungsbescheid einbezogenen Förderrichtlinie, nach der im Fall einer Weiterleitung der Fördermittel an Dritte ein (weiterer) Zuwendungsbescheid ergehen soll. Für die Mittelverwendung sollen dabei im Verhältnis zwischen dem Beklagten und dem Zuwendungsempfänger die ANBest-G, im Verhältnis zwischen dem Zuwendungsempfänger und dem Dritten hingegen die ANBest-P Geltung beanspruchen. Weiterhin soll der Dritte dem Zuwendungsempfänger zur Erbringung eines qualifizierten Verwendungsnachweises, der Zuwendungsempfänger gegenüber dem Beklagten hingegen zur Erbringung eines vereinfachten Verwendungsnachweises verpflichtet sein. Für die Verwendungsnachweisprüfung ist der Beklagte, im Verhältnis zwischen dem Zuwendungsempfänger und dem Dritten jedoch der Zuwendungsempfänger selbst zuständig. Hiermit gehen nach Maßgabe von Nr. 9 ANBest-G bzw. Nr. 8 ANBest-P zugleich unabhängige und allein innerhalb des jeweiligen Zuwendungsverhältnisses geltende Erstattungspflichten einher. Diesem rechtlichen Rahmen entsprechend hat sich die Evangelische Kirchengemeinde C. zudem weder durch entsprechende Erklärungen im Förderantrag des Klägers, noch im Zusammenhang mit der Entgegennahme der Fördermittel dem Regelungsregime des Zuwendungsbescheides der Bezirksregierung Köln unterworfen. Eine solche verbindliche Unterwerfung wird auch weder durch die rein informatorische Übersendung des Zuwendungsbescheides „mit der Bitte um Kenntnisnahme und Beachtung“ durch das Schreiben des Klägers vom 21. Januar 2009 ersetzt, noch kann vor dem Hintergrund dieses Schreibens in der Entgegennahme der Fördermittel eine jedenfalls konkludente Unterwerfungserklärung der Evangelische Kirchengemeinde C. erblickt werden. Dies gilt hier schon deshalb, weil der Kläger mit demselben Schreiben den Erlass eines eigenen Zuwendungsbescheides angekündigt hat und die Evangelische Kirchengemeinde C. damit bei verständiger Würdigung des Schreibens davon ausgehen konnte, dass die ihr gegenüber maßgeblichen Bestimmungen für die Mittelverwendung einer Regelung durch den noch ausstehenden Zuwendungsbescheid des Klägers vorbehalten bleiben. Nach alledem ist die Evangelische Kirchengemeinde C. nicht unmittelbar in das durch den Zuwendungsbescheid der Bezirksregierung Köln begründete Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten einbezogen und den sich aus dem Zuwendungsbescheid ergebenden Rechten und Verpflichten unterworfen worden.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung -ZPO-.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
(2) Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben.
(3) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet.
(4) Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, so können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Absatz 3 Satz 1 verlangt werden. Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind. § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.
(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 23. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel fallen der Klägerin zur Last.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Beklagte zu 1 ist Verwalter in dem über das Vermögen des K. (nachfolgend: Schuldner) am 20. Januar 2009 eröffneten Insolvenzverfahren.
- 2
- Die Klägerin vermietete dem Schuldner durch Vertrag vom 5./9. März 1998 für eine Miete in Höhe von zuletzt 420,07 € in L. gelegene Räumlichkeiten , in denen der Schuldner eine Autoreparaturwerkstatt betreibt. Am 19. Februar 2009 gab der Beklagte zu 1 durch Erklärung gegenüber dem Schuldner das Vermögen aus dessen freiberuflicher Tätigkeit frei. Von dieser Maßnahme setzte der Beklagte zu 1 das Insolvenzgericht mit Schreiben vom 27. Februar 2009 in Kenntnis.
- 3
- Nachdem die Klägerin wegen rückständiger Miete am 24. September 2009 einen Mahnbescheid gegen den Schuldner erwirkt hatte, unterrichtete sie der Beklagte zu 1 am 8. Oktober 2009 über das gegen den Schuldner eröffnete Insolvenzverfahren. Mit Rücksicht auf die von der Klägerin als Masseverbindlichkeit beanspruchte laufende Miete kündigte der Beklagte zu 1 das Mietverhältnis durch Schreiben vom 16. Oktober 2009 ordentlich sowie hilfsweise außerordentlich. Der Beklagte zu 1 zeigte am 24. Februar 2010 Masseunzulänglichkeit an.
- 4
- Die Klägerin, nach deren Auffassung das Mietverhältnis infolge der Kündigung des Beklagten zu 1 zum 30. Juni 2010 endete, begehrt gegenüber dem Beklagten zu 1 als Insolvenzverwalter die Feststellung der laufenden Miete vom 20. Januar 2009 bis zum 24. Februar 2010 in Höhe von 5.563,38 € als Masseverbindlichkeit sowie die Zahlung der laufenden Miete vom 25. Februar 2010 bis zum 30. Juni 2010 in Höhe von 1.740,28 € als Neumasseverbindlichkeit. Ferner nimmt sie den Beklagten zu 2 persönlich im Wege des Schadensersatzes auf Zahlung der offenen Miete über insgesamt 7.303,73 € in Anspruch.
- 5
- Das Landgericht hat der Klage lediglich dahin stattgegeben, dass der Beklagte zu 1 verpflichtet ist, die Miete für den Zeitraum vom 20. Januar 2009 bis einschließlich 19. Februar 2009 in Höhe von 447,54 € als Altmasseverbindlichkeit gemäß § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO festzustellen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass der Beklagte zu 1 verpflichtet ist, an die Klägerin 5.563,38 € zu zahlen, ferner hat es den Beklagten zu 1 ver- urteilt, an die Klägerin die laufende Miete für den Zeitraum vom 25. Februar 2010 bis 30. Juni 2010 in Höhe von 1.740,28 € als Neumasseverbindlichkeit zu bezahlen. Den Beklagten zu 2 hat es verurteilt, an die Klägerin 2.470,72 € zu bezahlen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Begehren auf Zurückweisung der Berufung der Klägerin weiter.
Entscheidungsgründe:
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- Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
I.
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- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, zwar fehle für eine Zahlungsklage, die auf die Begleichung von Neumasseverbindlichkeiten gerichtet sei, das Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine die Verfahrenskosten deckende Masse nicht vorhanden sei. Diese Feststellung könne vorliegend aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit getroffen werden.
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- In der Sache meint das Berufungsgericht, die Negativerklärung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO führe nicht dazu, dass Verbindlichkeiten aus einem bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Mietverhältnis für die Zeit nach der Freigabe ohne die Notwendigkeit einer Kündigung ihren Charakter als Masseverbindlichkeiten verlören. Zu dem Vermögen, das aus der Insolvenzmasse ausscheide, gehöre nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO lediglich dasjenige Vermögen, das der Schuldner nach Verfahrenseröffnung aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit erwerbe. Die Erklärung sei nach ihrem Wortlaut und Regelungszusammenhang nur auf die Zuordnung des Neuerwerbs des Schuldners zu beziehen, gebiete indessen nicht die Herauslösung des vollständigen, der selbständigen Tätigkeit des Schuldners gewidmeten Vermögens. Die Vorschrift des § 35 Abs. 2 InsO wolle verhindern, dass die von dem Schuldner für den Neuerwerb begründeten Verbindlichkeiten aus der Insolvenzmasse zu begleichen seien. Von dieser Zielsetzung sei dagegen nicht die Zuordnung des gesamten der Erwerbstätigkeit gewidmeten Schuldnervermögens gedeckt. Sinn und Zweck der Regelung rechtfertigten nicht, die Insolvenzmasse unabhängig von den Bestimmungen der §§ 108 f InsO von der Haftung für Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen freizustellen. Der Erklärung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO könne nicht die Wirkung einer Erklärung nach § 109 Abs. 1 InsO zugesprochen werden, weil Empfänger dieser Erklärung der Vermieter sei, der sich auf die Beendigung des Mietverhältnisses einstellen könne. Vor diesem Hintergrund verbleibe es für den Zeitraum vom 20. Januar 2009 bis zum 30. Juni 2010 bei einer Verpflichtung der Masse.
- 9
- Der Anspruch gegen den Beklagten zu 2 auf Zahlung von 2.470,72 € ergebe sich aus § 61 InsO. Der Beklagte zu 2 habe eine Masseverbindlichkeit begründet, weil er es unterlassen habe, von seinem Sonderkündigungsrecht nach § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO Gebrauch zu machen. Da eine Kündigung frühestens zum 30. April 2009 möglich gewesen sei, erstrecke sich die Schadensersatzpflicht auf die danach bis zum Wirksamwerden der ordentlichen Kündigung am 30. Juni 2010 entstandenen Mietzahlungsansprüche.
II.
- 10
- Der rechtlichen Würdigung des Berufungsgerichts kann in der Sache nicht beigetreten werden. Der Klägerin stehen gegen den Beklagten zu 1 aufgrund der von ihm gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO abgegebenen Freigabeerklärung lediglich die von dem Landgericht bis zur Erteilung dieser Erklärung am 19. Februar 2009 zuerkannten Mietforderungen als Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2, § 108 Abs. 1 Satz 1, § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO) zu. Für einen wegen der Nichterfüllung einer Masseverbindlichkeit auf § 61 InsO gestützten Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2 ist kein Raum.
- 11
- 1. Der von der Klägerin gegen den Beklagten zu 1 verfolgte Zahlungsantrag für die Miete vom 25. Februar 2010 bis 30. Juni 2010 als Neumasseverbindlichkeit ist entgegen der Auffassung der Revision zulässig.
- 12
- Nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit ist die Leistungsklage eines Neumassegläubigers (§ 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO) gegen den Insolvenzverwalter unzulässig, wenn er aus der freien Masse nicht befriedigt werden kann, ohne dass daneben die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt sind (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 22/05, BGHZ 167, 178 Rn. 25 ff). Das Berufungsgericht vermochte auf der Grundlage des Beklagtenvorbringens nicht festzustellen , dass eine die Verfahrenskosten deckende Masse nicht vorhanden ist. Diese tatbestandliche Feststellung (§ 314 ZPO) ist mangels eines von dem Beklagten zu 1 gestellten Tatbestandsberichtigungsantrags für das Revisionsverfahren bindend (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - IX ZR 206/08, WM 2010, 136 Rn. 11).
- 13
- 2. Die Klägerin kann nach Abgabe der Erklärung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO durch den Beklagten zu 1 die gegen den Schuldner im Zeitraum vom 20. Februar 2009 bis 30. Juni 2010 begründeten Mietforderungen nicht als Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 2, § 108 Abs. 1 Satz 1, § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO) verfolgen. Neben der Erklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO erforderte die Enthaftung der Masse nicht außerdem die Kündigung des Mietverhältnisses des Schuldners zu der Klägerin durch den Beklagten zu 1.
- 14
- a) Übt der Schuldner als natürliche Person eine selbständige Tätigkeit aus, kann der Insolvenzverwalter gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO erklären, dass Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit des Schuldners nicht zur Insolvenzmasse gehört und Ansprüche aus dieser Tätigkeit nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Der Gesetzgeber trägt mit dieser Regelung dem Interesse des Schuldners Rechnung, sich durch eine gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit eine neue wirtschaftliche Existenz zu schaffen (BTDrucks. 16/3227, S. 17). Zu diesem Zweck soll dem Schuldner die Möglichkeit eröffnet werden, außerhalb des Insolvenzverfahrens einer selbständigen Tätigkeit nachzugehen. Es handelt sich um eine Art Freigabe des Vermögens, welches der gewerblichen Tätigkeit gewidmet ist, einschließlich der dazu gehörenden Vertragsverhältnisse (BGH, Beschluss vom 9. Juni 2011 - IX ZB 175/10, WM 2011, 1344 Rn. 7). Das gesetzliche Regelungsmodell geht dahin, einerseits die aus seiner fortgesetzten gewerblichen Tätigkeit erzielten Einkünfte des Schuldners den (Neu-)Gläubigern, die nach Verfahrenseröffnung mit dem Schuldner kontrahiert haben, als selbständige Haftungsmasse zur Verfügung zu stellen und andererseits die Masse des bereits eröffneten Verfahrens von Verbindlichkeiten des Schuldners aus seiner weiteren gewerblichen Tätigkeit freizustellen (BT-Drucks., aaO).
- 15
- b) In Rechtsprechung und Schrifttum wird kontrovers beurteilt, gegen wen nach einer Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters Forderungen aus von dem Schuldner vor Insolvenzeröffnung begründeten und im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit fortgesetzten Dauerschuldverhältnissen geltend gemacht werden können. Teils wird - in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht - angenommen, dass Verbindlichkeiten aus den von dem Schuldner eingegangenen Dauerschuldverhältnissen auch nach einer Freigabeerklärung bis zu einer wirksamen Kündigung durch den Insolvenzverwalter die Masse treffen (Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 35 Rn. 101; HK-InsO/Eickmann, 6. Aufl., § 35 Rn. 59; FK-InsO/Schumacher, 6. Aufl., § 35 Rn. 20; BK-InsO/Amelung/ Wagner, § 35 Rn. 139; Wischemeyer/Schur, ZInsO 2007, 1240, 1242 ff; Gutsche, ZVI 2008, 41, 44 ff; Berger, ZInsO 2008, 1101, 1107; Smid DZWiR 2008, 133, 140 f; Wischemeyer, ZInsO 2009, 937, 942 f; 2009, 2121, 2124 f). Die wohl überwiegende Meinung geht demgegenüber davon aus, dass kraft der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen ohne die Notwendigkeit weiterer, insbesondere auf eine Vertragskündigung gerichteter Erklärungen des Insolvenzverwalters nur noch gegen den Schuldner und nicht mehr gegen die Masse durchgesetzt werden können (LG Krefeld, NZI 2010, 485 f; ArbG Berlin, ZIP 2010, 1914; HmbKomm-InsO/Lüdtke, 3. Aufl., § 35 Rn. 262, 263; Holzer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2007, § 35 Rn. 114, 115; Braun/Bäuerle, InsO, 4. Aufl., § 35 Rn. 84; Smid/Leonhardt in Leonhardt/Smid/Zeuner, InsO, 3. Aufl., § 35 Rn. 36; Pannen/Riedemann, NZI 2006, 193, 196; Ahrens, NZI 2007, 622, 624 f; Haarmeyer, ZInsO 2007, 696, 697; Holzer, ZVI 2007, 289, 292; Heinze ZVI 2007, 349, 354 f; Zipperer, ZVI 2007, 541, 542; Ries, ZInsO 2009, 2030, 2033 f; Stiller, ZInsO 2010, 1374 ff).
- 16
- 3. Zutreffend ist die zuletzt angeführte Auffassung.
- 17
- a) Bereits den Gesetzesmaterialien ist - wie auch Vertreter der Gegenansicht einräumen (Uhlenbruck/Hirte, aaO) - zu entnehmen, dass Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen, die nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit des Schuldners durch den Insolvenzverwalter entstehen, unabhängig von einer Kündigungserklärung nicht mehr dem Insolvenzverfahren unterliegen und auf den Schuldner übergeleitet werden.
- 18
- aa) Der Gesetzgeber hat ausdrücklich angenommen, dass die Freigabe des Vermögens aus der selbständigen Tätigkeit damit verbundene Vertragsverhältnisse einschließt. Diese Rechtsfolge entspricht zudem allein Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung.
- 19
- (1) Die Bestimmung des § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO soll dem Schuldner nach der Vorstellung des Gesetzgebers ermöglichen, im Einverständnis mit dem Insolvenzverwalter eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen oder fortzusetzen. Die Freigabe erstreckt sich folgerichtig auf das Vermögen des Schuldners , das seiner gewerblichen Tätigkeit gewidmet ist, "einschließlich der dazu gehörenden Vertragsverhältnisse" (BT-Drucks., aaO; vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2011, aaO; HmbKomm-InsO/Lüdtke, aaO, § 35 Rn. 262). Die freigabeähnliche Erklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO betrifft demnach im Unterschied zu der in § 32 Abs. 3 Satz 1 InsO als zulässig vorausgesetzten echten Freigabe nicht nur einzelne Vermögensgegenstände, sondern eine Gesamtheit von Gegenständen und Werten (BT-Drucks., aaO, S. 26 f). Die Freigabe verwirklicht sich ohne die Notwendigkeit zusätzlicher Erklärungen bereits mit dem Zugang der Freigabeerklärung bei dem Schuldner (Haarmeyer, aaO, S. 697; Ries, aaO, S. 2033; HmbKomm-InsO/Lüdtke, aaO, § 35 Rn. 257). Allein die Erklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO zerschneidet das rechtliche Band zwischen der Insolvenzmasse und der durch den Schuldner ausgeübten selbstän- digen Tätigkeit (vgl. Holzer, ZVI 2007, 289, 292; Haarmeyer, aaO) und leitet die der selbständigen Tätigkeit dienenden Vertragsverhältnisse von der Masse auf die Person des Schuldners über (vgl. Zipperer, aaO).
- 20
- (2) Die endgültige Fassung des § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO beruht auf einem Änderungsvorschlag des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages. Im Unterschied zu dem in dem Regierungsentwurf dem Insolvenzverwalter durch das Tatbestandsmerkmal "kann" eingeräumten Ermessen, sich zu einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners zu erklären, sieht der Wortlaut des § 35 Abs. 1 Satz 1 InsO durch den anstelle von "kann" eingefügten Begriff "hat" nunmehr ausdrücklich vor, dass der Insolvenzverwalter eine Erklärung abgeben muss, ob Vermögen aus einer selbständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört oder nicht. Der Rechtsausschuss befürchtete, im Falle der bloßen Duldung einer selbständigen Tätigkeit durch den sich einer Erklärung enthaltenden Insolvenzverwalter könnten Zweifel hinsichtlich der grundsätzlichen Entstehung von Masseverbindlichkeiten und deren Höhe aufkommen. Durch die Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung soll demgegenüber zweifelsfrei klargestellt werden, ob im Rahmen der selbständigen Tätigkeit des Schuldners begründete Verbindlichkeiten Masseverbindlichkeiten darstellen oder nicht (BT-Drucks. 16/4194, S. 14). Auf diese Weise hat der Gesetzgeber im Zuge seiner Beratung abermals zum Ausdruck gebracht, dass bereits allein der Inhalt der Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters darüber entscheidet, ob aus der selbständigen Tätigkeit des Schuldners weitere Masseverbindlichkeiten erwachsen.
- 21
- bb) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht im Anschluss an eine Stellungnahme des Schrifttums (Wischemeyer, ZInsO 2009, 2121, 2124; siehe aber Wischemeyer/Schur, ZInsO 2007, 1240, 1242), der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers zur Freigabe auch beste- hender Vertragsverhältnisse habe im Wortlaut des § 35 Abs. 2 Satz 1 keinen hinreichenden Ausdruck gefunden.
- 22
- Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist zu berücksichtigen, dass die Befugnis des Insolvenzverwalters, einzelne Vermögensbestandteile aus dem Insolvenzbeschlag zu Gunsten des Schuldners freizugeben, seit jeher auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung anerkannt war (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2005 - IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32, 34 mwN; BT-Drucks., aaO; Holzer, aaO). Während sich die gewohnheitsrechtlich gebilligte Freigabe auf bestimmte Vermögensgegenstände bezieht (BT-Drucks., aaO), erfasst die Erklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO eine Gesamtheit von Gegenständen und Werten (BT-Drucks., aaO, S. 26 f). Da die in § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO geregelte Freigabe im Unterschied zur Freigabe einzelner Vermögensgegenstände umfassender Natur ist, bestehen keine Bedenken, die in § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO gestattete Freigabe von "Vermögen aus einer selbständigen Tätigkeit“ auch auf bestehende Vertragsverhältnisse zu erstrecken (vgl. Stiller, aaO, S. 1375 f).
- 23
- cc) Soweit der Gesetzgeber hinsichtlich der Rechtsfolgen der Freigabeerklärung nach § 35 Abs. 2 Satz 1 die Regelung des § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO anführt (BT-Drucks., aaO, S. 17), kann daraus entgegen Äußerungen des Schrifttums (Uhlenbruck/Hirte, aaO, § 35 Rn. 101; Wischemeyer/Schur, aaO, S. 1242 f; Gutsche, aaO, S. 44 ff) nicht die Notwendigkeit einer zusätzlichen Kündigungserklärung des Insolvenzverwalters zum Zweck der Beendigung von Dauerschuldverhältnissen mit Wirkung für die Masse hergeleitet werden.
- 24
- Durch den Hinweis auf § 109 Abs. 1 Satz 2 InsO hat der Gesetzgeber lediglich beispielhaft die auch in anderem Zusammenhang bestehende Möglichkeit einer Enthaftung der Insolvenzmasse betont, aber gerade nicht die dort geregelten Kündigungsfristen für verbindlich erklärt. Tatsächlich ergibt sich aus § 35 Abs. 3 Satz 1 und 2 InsO, wonach die Erklärung des Insolvenzverwalters dem Gericht anzuzeigen und von diesem öffentlich bekannt zu machen ist, die Entbehrlichkeit auf eine Vertragsbeendigung gerichteter Kündigungserklärungen. Die Freigabe tritt zwar - wie dargelegt - ohne die Notwendigkeit zusätzlicher Erklärungen bereits mit dem Zugang der Freigabeerklärung bei dem Schuldner ein. Folglich ist die anschließende Veröffentlichung der Freigabeerklärung keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Freigabe und rein deklaratorischer Natur (HmbKomm-InsO/Lüdtke, aaO; § 35 Rn. 268; Haarmeyer, aaO, S. 698). Die Bekanntmachung der Freigabeerklärung erleichtert vielmehr den Nachweis, dass der Verwalter hinsichtlich des Vermögens aus der selbständigen Tätigkeit endgültig und unbedingt auf seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis verzichtet hat, und informiert die Neugläubiger und allgemein den Geschäftsverkehr , dass die Masse nicht für die Verbindlichkeiten aus der selbständigen Tätigkeit des Schuldners haftet (BT-Drucks., aaO). Bei Verfahrensbeteiligten und Dritten können mithin keine Unklarheiten im Zusammenhang mit den durch den Schuldner im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit abgegebenen Erklärungen auftreten (BT-Drucks. 16/4196, aaO). Dient die Bekanntmachung dem Zweck, die Gläubiger zeitnah darüber zu unterrichten, dass die Masse für Verbindlichkeiten des Schuldners aus seiner selbständigen Tätigkeit nicht mehr haftet (Smid/Leonhardt, aaO, § 35 Rn. 44), bedarf es keiner weiteren auf die Beendigung von Vertragsverhältnissen gerichteten Erklärungen des Insolvenzverwalters. Nach Sinn und Zweck der Regelung haben die Anzeige gegenüber dem Insolvenzgericht und die Veröffentlichung unverzüglich zu erfolgen. Verzögerungen können Schadensersatzansprüche des Gläubigers begründen.
- 25
- b) Nur eine solche Auslegung des § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO, derzufolge bereits aufgrund der Freigabeerklärung die mit der selbständigen Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Vertragsverhältnisse unter Vermeidung einer Kündigung auf den Schuldner übergehen, trägt den Belangen der Beteiligten angemessen Rechnung und schafft in der gebotenen Klarheit den rechtlichen Rahmen für die Aufnahme oder Fortsetzung einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners.
- 26
- aa) Zur Wahrnehmung einer selbständigen Tätigkeit ist der Schuldner auf den Fortbestand bestimmter Dauerschuldverhältnisse wie insbesondere Miet-, Pacht- oder Dienstverträge (vgl. Berger, aaO, S. 1107) zwingend angewiesen. Die Vorschrift des § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO verleiht dem Insolvenzverwalter die Gestaltungsmacht, derartige Dauerschuldverhältnisse, die er im Interesse der Gläubigergemeinschaft zur Verringerung der Masseverbindlichkeiten andernfalls kündigen müsste, zu Gunsten des einer selbständigen Tätigkeit nachgehenden Schuldners freizugeben (Braun/Bäuerle, aaO). Müsste der Insolvenzverwalter die von Gläubigern mit dem Schuldner geschlossenen Verträge zur Verwirklichung einer Enthaftung der Masse kündigen, wäre nicht erklärlich , inwieweit der Schuldner aus diesen Verträgen zum Zweck der Ausübung seiner selbständigen Tätigkeit gegenüber den Vertragspartnern Rechte herleiten könnte. Nach einer wirksamen Kündigung durch den Insolvenzverwalter würden sich die Vertragspartner des Schuldners wegen dessen Insolvenz vielfach nicht entschließen, mit ihm neue Vertragsbeziehungen anzuknüpfen. Damit würden dem Schuldner die für eine Fortführung seiner Tätigkeit unentbehrlichen Betriebsgrundlagen entzogen (HmbKomm-InsO/Lüdtke, aaO, § 35 Rn. 263; Heinze, aaO, S. 354; Stiller, aaO, S. 1375).
- 27
- bb) Die mit der Freigabeerklärung verbundene allgemeine Überleitung der Vertragsverhältnisse von der Masse auf den Schuldner ermöglicht eine klare Abgrenzung der die Masse und der den Schuldner treffenden, aus der selbständigen Tätigkeit herrührenden Verbindlichkeiten. Da die Freigabeerklärung mit dem Zugang an den Schuldner wirksam wird, sind danach entstehende Verbindlichkeiten allein gegen ihn zu verfolgen.
- 28
- (1) Sofern der Insolvenzverwalter das Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit des Schuldners freigibt, können die Neugläubiger, die nach der Freigabeerklärung Forderungen gegen den Schuldner erworben haben, auf die ab diesem Zeitpunkt durch die selbständige Tätigkeit erwirtschafteten Vermögenswerte des Schuldners als eigenständige Haftungsmasse zugreifen. Den Altgläubigern ist hingegen gemäß § 89 InsO eine Vollstreckung in diese Vermögensgegenstände verwehrt (BT-Drucks. 16/3227, S. 17; HmbKomm-InsO/ Lüdtke, aaO, § 35 Rn. 258). Wird dem Schuldner eine selbständige Tätigkeit gestattet, kann überdies - wie der Senat durch Beschluss vom 9. Juni 2011 entschieden hat (IX ZB 175/10, WM 2011, 1344, Rn. 7 ff) - auf Antrag eines Neugläubigers ein auf dieses Vermögen beschränktes zweites Insolvenzverfahren gegen den Schuldner eröffnet werden. Die von dem Schuldner aus der selbständigen Tätigkeit von der Freigabeerklärung an erzielten Einkünfte stehen den Gläubigern, deren Forderungen erst nach der Freigabeerklärung entstanden sind, als Haftungsmasse zur Verfügung (BGH, aaO, Rn. 7). Der Neuerwerb haftet während des eröffneten (Erst-)Verfahrens nur den Neugläubigern, nicht den (Alt-)Insolvenzgläubigern (BGH, aaO, Rn. 11).
- 29
- (2) Mit Rücksicht sowohl auf die Befugnis einer Vollstreckung allein der Neugläubiger in die durch die selbständige Tätigkeit des Schuldners geschaffene Haftungsmasse als auch die Möglichkeit der Eröffnung eines Insolvenzver- fahrens über diese Haftungsmasse im Interesse der Neugläubiger bedarf es einer eindeutigen Abgrenzung, inwieweit Gläubiger ihre Verbindlichkeiten entweder gegen die Altmasse oder den Schuldner beziehungsweise die Masse eines Zweitinsolvenzverfahrens zu verfolgen haben. Die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters nach § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO ermöglicht die im Interesse der Rechtssicherheit gebotene klare Unterscheidung.
- 30
- Wird dem Schuldner die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit eröffnet, so ist zu berücksichtigen, dass der Schuldner zum Aufbau einer neuen wirtschaftlichen Existenz regelmäßig eine Vielzahl von Verträgen schließen muss. Soweit derartige Verträge, die vor Insolvenzeröffnung vereinbart wurden und mit der Eröffnung nicht in Wegfall geraten sind, im Zuge der selbständigen Tätigkeit von dem Schuldner fortgesetzt werden sollen, kann nicht auf eine klare zeitliche Zäsur verzichtet werden, wann Rechte und Pflichten von der Masse auf den Schuldner übergehen. Da es sich dabei regelmäßig um ein Bündel von Rechtsbeziehungen handelt, wäre es kaum praktikabel, auf die dem Insolvenzverwalter im Rahmen der §§ 103 ff InsO eröffneten, höchst unterschiedlich ausgestalteten Lösungsrechte abzustellen. Bei diesem Verständnis würde § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO weitgehend seiner Funktion beraubt, einen einheitlichen Übergang des der selbständigen Tätigkeit dienenden Vermögens einschließlich der darauf bezogenen Vertragsverhältnisse von der Masse auf den Schuldner zu bewirken. Vielmehr werden Unklarheiten weitgehend vermieden, indem kraft der mit dem Zugang bei dem Schuldner wirksam werdenden Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters sämtliche noch fortbestehenden, der selbständigen Tätigkeit dienenden Vertragsverhältnisse und daraus sich ergebende Verbindlichkeiten auf den Schuldner übergeleitet werden (vgl. Ries, aaO, S. 2033 f). Die Anknüpfung an den Zugang der Freigabeerklärung bei dem Schuldner gestattet insoweit eine eindeutige zeitliche Differenzierung.
- 31
- (3) Würden Vertragsverhältnisse erst nach Ablauf einer Kündigungsfrist auf den Schuldner übergehen, wäre der Insolvenzverwalter zwecks Entlastung der Masse von den zwischenzeitlich entstehenden Verbindlichkeiten gehalten, vor der Freigabe mit dem Schuldner eine Nutzungsvereinbarung zu schließen (vgl. Stiller, aaO, S. 1375). Käme der Schuldner seiner Zahlungspflicht nicht nach und würde im Blick auf seine selbständige Tätigkeit ein weiteres Insolvenzverfahren eröffnet, würde die Erstmasse als Gläubigerin an diesem Verfahren teilnehmen. Dann würde das an die Freigabe der selbständigen Tätigkeit geknüpfte Vertrauen der Neugläubiger beeinträchtigt, nicht in eine Konkurrenz mit Ansprüchen der Altmasse treten zu müssen. Auch diese Verfahrenskomplikation wird vermieden, wenn die Vertragsverhältnisse mit Zugang der Freigabeerklärung auf den Schuldner übergehen.
III.
- 32
- Schadensersatzansprüche der Klägerin aus § 61 InsO wegen der Nichterfüllung einer Masseverbindlichkeit sind gegen den Beklagten zu 2 nicht begründet.
- 33
- 1. Die Regelung des § 61 InsO eröffnet zu Gunsten von Vertragsgläubigern einen Schadensersatzanspruch gegen den Insolvenzverwalter, der durch den Abschluss von Verträgen Verbindlichkeiten eingeht, obwohl diese - wie er erkennen kann - aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden können. Die Ersatzpflicht greift auch ein, wenn der Insolvenzverwalter eine rechtlich zulässige Kündigung von Dauerschuldverhältnissen versäumt (HK-InsO/Lohmann, aaO, § 61 Rn. 3; HmbKomm-InsO/Weitzmann, aaO, § 61 Rn. 7). In diesem Fall kommt eine Ersatzpflicht aber nur für die Verbindlichkeiten in Betracht, die nach dem Zeitpunkt entstehen, zu dem bei einer frühestmöglichen Kündigungserklärung der Vertrag geendet hätte (HK-InsO/Lohmann, aaO, § 61 Rn. 8; HmbKomm -InsO/Weitzmann, aaO; Uhlenbruck/Sinz, aaO, § 61 Rn. 6; vgl. auch BGH, Urteil vom 3. April 2003 - IX ZR 101/02, BGHZ 154, 358, 364).
- 34
- 2. Im Streitfall ist lediglich die im Zeitraum der Verfahrenseröffnung am 20. Januar 2009 bis zum Wirksamwerden der Freigabeerklärung am 20. Februar 2009 entstandene Mietforderung über 447,54 € als Masseforderung offen geblieben. Der Beklagte zu 2 hätte das Mietverhältnis zu der Klägerin nach Verfahrenseröffnung gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO mangels einer anderweitigen mietvertraglichen Abrede nur mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündigen können. Bei dieser Sachlage scheidet eine Ersatzpflicht des Beklagten zu 2 aus, weil die offene Forderung der Klägerin auch bei sofortiger Ausübung des Kündigungsrechts wegen der zu beachtenden Kündigungsfrist nicht vermeidbar war.
IV.
- 35
- Auf die begründete Revision der Beklagten ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da es keiner weiteren Feststellungen bedarf, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts zurückweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 23.06.2010 - 1 O 359/10 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 04.05.2011 - 13 U 1007/10 -
(1) Soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
(2) Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben.
(3) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet.
(4) Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, so können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Absatz 3 Satz 1 verlangt werden. Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind. § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.
(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.
Gelangt eine Sache, hinsichtlich derer ein dinglicher Anspruch besteht, durch Rechtsnachfolge in den Besitz eines Dritten, so kommt die während des Besitzes des Rechtsvorgängers verstrichene Verjährungszeit dem Rechtsnachfolger zugute.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.