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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
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Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.01.2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.03.2007 - 6 S 1972/06 -, NVwZ 2007, 724). Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung ist damit § 9 Abs. 1 Satz 1 Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV -, der in Baden-Württemberg durch das Gesetz zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 17.12.2007 (GBl. 2007, S. 571) und das Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 04.03.2008 (GBl. 2008, S. 81) umgesetzt wurde und seit dem 01.01.2008 gilt (so auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 07.02.2008 - 6 S 78/08 -).
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1. Die Kammer hat keine Bedenken am formell rechtsgültigen Zustandekommen des Glücksspielstaatsvertrags. Insbesondere ist der Notifizierungspflicht nach der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (Informationsrichtlinie) genügt worden. Der Glücksspielstaatsvertrag war insbesondere aufgrund der Regelung in § 4 Abs. 4 GlüStV notifizierungsbedürftig. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine technische Vorschrift im Sinne des Art. 8 Abs. 1 Uabs. 1 i. V. m. Art. 1 Nr. 11 der Informationsrichtlinie. Ausnahmetatbestände nach Art. 10 der Informationsrichtlinie sind nicht einschlägig. Der Entwurf des Glücksspielstaatsvertrags wurde der Europäischen Kommission am 21.12.2006 notifiziert. Die Notifizierung führte zwar zu Beanstandungen durch die Europäische Kommission (Schreiben vom 22.03.2007 und 14.05.2007). Diese machten jedoch lediglich die Einhaltung der sog. Standstill-Verpflichtungen des Art. 9 der Informationsrichtlinie erforderlich. Auf die Frage, ob darüber hinaus gegenüber der Bundesrepublik Deutschland wegen der Nichtumsetzung der Beanstandungen der Europäischen Kommission im Glücksspielstaatsvertrag ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden kann, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Standstill-Verpflichtung gem. Art. 9 Abs. 2 Spiegelstrich 2 der Informationsrichtlinie wurde eingehalten. Der Entwurf der am 01.01.2008 in Kraft getretenen Vorschrift wurde nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach Eingang der Stellungnahme der Europäischen Kommission angenommen. Für eine Notifizierungspflicht baden-württembergischen Landesrechts zum Glücksspielstaatsvertrag ist mangels darin gegenüber dem Glücksspielstaatsvertrag enthaltener neuer Regelungen nichts ersichtlich. Selbst wenn das Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag weitergehende, notifizierungspflichtige Reglungen enthielte, wäre dies für die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Verfügung unerheblich, die in rechtlich nicht zu beanstandender Weise allein auf Vorschriften des durch das baden-württembergische Zustimmungsgesetz vom 17.12.2007 unmittelbar geltenden Staatsvertrags gestützt wurde.
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2. Gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV kann die zuständige Behörde insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen.
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Das Regierungspräsidium Karlsruhe ist gem. § 2 Satz 1 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland und § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland die für die Durchführung des Glücksspielstaatsvertrags zuständige Behörde.
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Bei den hier in Frage stehenden Sportwetten handelt es sich um Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV, da selbst im Falle eines bei den Spielteilnehmern unterstellten einschlägigen Sachverstands die Entscheidung über den Gewinn zumindest überwiegend vom Zufall abhängt, ganz abgesehen davon, dass dieser Sachverstand nicht bei allen Teilnehmern vorausgesetzt werden kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.12.2006 - 6 S 2294/06 -). Ersichtlich handelt es sich auch nicht um Geschicklichkeitsspiele (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.01.2005 - 6 S 1288/04 –, VBlBW 2005, 181; Beschl. v. 28.03.2007, a.a.O.; Beschl. v. 07.02.2008 - 6 S 78/08 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 28.11.2002, GewArch 2003, 352; OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v. 28.06.2006 - 4 B 961/06 –, NVwZ 2006, 1078). Daran ändern auch empirische Erhebungen nichts, die bei Sportwetten eine Trefferquote von mehr als 50% erbracht haben sollen.
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Die Klägerin ist auch Veranstalter der Sportwetten und damit richtige Adressatin der streitgegenständlichen Verfügung. Veranstalter ist, wer verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für die Abhaltung des Glücksspiels schafft und der Bevölkerung dadurch den Abschluss von Spielverträgen ermöglicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 – 6 C 19.06 –, NVwZ 2006, 1175 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 28.11.2002 - 4 StR 260/02 –, NStZ 2003, 372). Von diesem Verständnis des Begriffs des "Veranstaltens" werden auch sonstige Unterstützungshandlungen für diese Tätigkeit erfasst (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.03.2007, a.a.O.). Hierzu zählt auch, dass die Klägerin in ihrer Spielhalle die Aufstellung eines Wettterminals erlaubt und so den Zugang zum Glücksspiel möglich macht.
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§ 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV räumt der Behörde eine umfassende Ermächtigung („die erforderlichen Anordnungen“) ein, um die Einhaltung der Bestimmungen des Staatsvertrags sicher zu stellen, und erwähnt das Verbot der „Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung“ unerlaubten Glücksspiels in diesem Zusammenhang nur beispielhaft („insbesondere“). Damit ist auch die Entfernungsanordnung hinsichtlich der von der Klägerin vorgehaltenen bzw. in ihren Räumlichkeiten geduldeten Geräte von der Ermächtigungsgrundlage zweifellos gedeckt, sei es über den Begriff der Durchführung unerlaubter Glücksspiele, sei es über die allgemeine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der erforderlichen Anordnungen. Zumindest käme aber jedenfalls eine Inanspruchnahme der Klägerin als Verursacher im Sinne des ergänzend heranzuziehenden § 6 Abs. 1 PolG in Betracht (vgl. bereits VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.10.2006 - 6 S 1765/06 - und v. 28.03.2007, a.a.O.).
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3. Die Vermittlung der Sportwetten ist unerlaubt, weil zu keiner Zeit eine Erlaubnis nach baden-württembergischen Landesrecht erteilt wurde (vgl. § 4 Abs. 1 GlüStV), eine solche der Klägerin nicht erteilt werden könnte (vgl. § 10 Abs. 5 GlüStV) und die Vermittlung von Sportwetten, auch wenn sie ins EG-Ausland erfolgt, mangels einer entsprechenden vom Land Baden-Württemberg erteilten Erlaubnis verboten, mithin im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GlüStV unerlaubt ist.
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An dem Verstoß gegen § 4 Abs. 1 GlüStV ändert auch nichts, dass der Firma... im europäischen Ausland (hier: Malta) eine Erlaubnis erteilt wurde, da diese in Baden-Württemberg nicht gilt. Eine Geltung der in Malta erteilten Erlaubnis in Baden-Württemberg (und im übrigen Bundesgebiet) ergibt sich nicht aus Gemeinschaftsrecht, schon gar nicht aus Art. 59 EG (vgl. zuletzt: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 07.02.2008 - 6 S 78/08 -). Das Gemeinschaftsrecht sieht keine generelle Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur gegenseitigen Anerkennung von Erlaubnissen vor, die von einem Mitgliedstaat erteilt wurden (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12.01.2005 - 6 S 1288/04 -, VBlBW 2005, 181; VG München, Beschl. v. 10.05.2006 - M 22 S 06.1513 -). Dieser Bereich ist nicht Gegenstand einer gemeinschaftsrechtlichen Harmonisierung (vgl. die Ausnahme von Glücksspielen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt in deren Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe h und EuGH, Urt. v. 06.11.2003 - Rs. C-243/01 - Gambelli -, NJW 2004, 139; s.a. EuGH, Urt. v. 21.10.1999, - Rs. C-67/98 - Zenatti -, GewArch 2000, 19). Danach ist den einzelnen Mitgliedstaaten, unabhängig vom jeweiligen Schutzniveau, ein Ermessensspielraum bei der Gestaltung ihrer Glücksspielpolitik eingeräumt, was gerade die Möglichkeit voraussetzt, dass einzelne Mitgliedstaaten die in anderen Mitgliedstaaten erteilten Sportwettenerlaubnisse nicht anerkennen. Dementsprechend ist auch die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 08.06.2000, die in ihrem Art. 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibt, auf Glücksspiele nicht anwendbar (so auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 07.02.2008 - 6 S 78/08 -). Hiermit nicht vereinbar ist die vom Generalanwalt (vgl. Schlussanträge vom 16.05.2006 in den Rechtssachen C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - Placanica u. a. -) vertretene Auffassung, dass Gemeinschaftsrecht einer nationalen Regelung jedenfalls entgegenstehe, die u. a. die Übermittlung von Wetten ohne die hierfür erforderliche Konzession des jeweiligen Mitgliedstaats für Rechnung eines Unternehmers verbiete, der lediglich eine in dem Mitgliedstaat seiner Niederlassung erteilte Zulassung besitzt. Dem entsprechend hat sich der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil (Urt. v. 06.03.2007 - C-338/04, C-359/04 und C-360/04 - Placanica u. a. -) diese Ausführungen nicht zu Eigen gemacht. Vielmehr hat er auf seine bisherige Rechtsprechung verwiesen, die eine Reihe von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses anerkannt habe, aus denen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs gerechtfertigt seien (Rn. 45 f.), und ausdrücklich klargestellt, dass es den Mitgliedstaaten freistehe, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und ggf. auch das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen (Rn. 48); die vorgeschriebenen Beschränkungen müssten allerdings den sich aus seiner Rechtsprechung ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit genügen (Rn. 48). Auch ein Konzessionssystem könne dabei ein wirksamer Mechanismus sein, um die im Bereich der Glücksspiele tätigen Wirtschaftsunternehmer mit dem vom jeweiligen Mitgliedstaat geltend gemachten Ziel zu kontrollieren (Rn. 57). Ob die nationale Regelung, soweit sie die Anzahl der im jeweiligen Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer begrenze, tatsächlich dem von dem Mitgliedstaat geltend gemachten - und vom Gerichtshof anerkannten - Ziel entspreche, sei von dem nationalen Gericht zu prüfen (Rn. 72). Der Europäische Gerichtshof differenziert in seinem Urteil zwischen dem Ziel, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und - soweit Glücksspiele zugelassen sind - dem Ziel, Straftaten durch eine Kontrolle der auf diesem Gebiet tätigen Wirtschaftsteilnehmer vorzubeugen. Dabei erkennt er ausdrücklich an, dass das Ziel einer Verminderung der Spielgelegenheiten es grundsätzlich rechtfertigt, die Anzahl der Wirtschaftsteilnehmer zu begrenzen. Das Land Baden-Württemberg verfolgt gegenwärtig mit der Beibehaltung des Wettmonopols auch das Ziel, die Gelegenheiten zum Wetten zu vermindern und damit gerade nicht wie der italienische Staat - laut den vom Europäischen Gerichtshof zu Grunde gelegten Feststellungen - eine expansive Politik mit dem Ziel, die Staatseinnahmen zu erhöhen (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 26.04.2007 - 2 K 952/07 -). Insofern hat sich mit diesem Urteil die Rechtsposition privater Vermittler von Sportwetten nicht verbessert (ebenso VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.03.2007, a.a.O.; OVG Hamburg, Beschl. 09.03.2007 - 1 Bs 378/06 -; OVG Rh.-Pf., Beschl. v. 02.05.2007 - 6 B 10118/07.OVG -).
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Auf die Zulässigkeit von Sanktionen (vgl. Rn. 63) und die von der Klägerin angesprochene - und verneinte - Frage, ob ihr Verhalten gem. § 284 Abs. 1 StGB strafrechtlich relevant ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Im Übrigen zwingt die fehlende Strafbarkeit eines Handelns nicht zu der Annahme, dass es ordnungsrechtlich erlaubt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat vielmehr in seinem Beschluss vom 04.07.2006 (1 BvR 138/05, WM 2006, 1644) klargestellt und dies in seinem Beschluss vom 07.12.2006 (2 BvR 2428/06, NJW 2007, 1521) wiederholt, dass die Vermittlung von Sportwetten durch private Wettunternehmer und die Vermittlung von Sportwetten, die nicht vom Land Baden-Württemberg veranstaltet werden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden dürfen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Placanica-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, wie sich aus dem Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 28.03.2007 ergibt.
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4. Die Kammer ist nicht davon überzeugt, dass § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und die derzeitige Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols in Baden-Württemberg gegen Verfassungsrecht verstößt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht zum staatlichen Monopol für Sportwetten unter der vor dem 01.01.2008 geltenden Rechtslage entschieden, dass ein nicht konsequent am Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichtetes Monopol nicht mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar ist (vgl. Urt. v. 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276; u. Beschl. v. 19.10.2006 - 2 BvR 2023/06 -, jeweils zum bayerischen Staatslotteriegesetz; Beschl. v. 04.07.2006 - 1 BvR 138/05 -, WM 2006, 1644 zum baden-württembergischen Staatslotteriegesetz; Beschl. v. 07.12.2006 - 2 BvR 2428/06 -, NJW 2007, 1521 zum Sportwettmonopol in Nordrhein-Westfalen und Beschl. v. 18.12.2006 - 1 BvR 874/05 - zur Rechtslage in Sachsen-Anhalt). Ein verfassungsmäßiger Zustand könne aber dadurch hergestellt werden, dass das Wettmonopol konsequent so ausgestaltet werde, dass es wirklich der Suchtbekämpfung diene (vgl. BVerfG, jeweils a.a.O.).
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Diesen Anforderungen genügt der Glücksspielstaatsvertrag, unter dem das staatliche Sportwettenmonopol auch über den 31.12.2007 hinaus bestehen bleibt. So sind die Ziele des Staatsvertrages gem. § 1 GlüStV, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen (Nr. 1), das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken (Nr. 2), den Jugend- und den Spielerschutz zu gewährleisten (Nr. 3) sowie sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden (Nr. 4). Öffentliche Glücksspiele dürfen nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV). Die Teilnahme von Minderjährigen ist unzulässig (§ 4 Abs. 3 Satz 2 GlüStV). Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Werbung für öffentliches Glücksspiel hat sich auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeiten zum Glücksspiel zu beschränken (§ 5 Abs. 1 GlüStV). Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen, Internet sowie über Telekommunikationsanlagen ist verboten (§ 5 Abs. 3 GlüStV). Die Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen müssen Sozialkonzepte entwickeln, um die Spieler zu verantwortungsbewusstem Spiel anzuhalten und der Entstehung von Glücksspielsucht vorzubeugen (§ 6 Sätze 1 und 2 GlüStV). Entsprechende Aufklärungsmaßnahmen werden gefordert (§ 7 GlüStV) ebenso wie die Einrichtung einer Spielersperre (§ 8 GlüStV). Bei Sportwetten wird u. a. verlangt, dass deren Veranstaltung und Vermittlung von der Veranstaltung oder Organisation von Sportereignissen und dem Betrieb von Einrichtungen, in denen Sportveranstaltungen stattfinden, getrennt erfolgen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV). Nach § 21 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 8 GlüStV gesperrte Spieler dürfen nicht an Sportwetten teilnehmen.
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Bedenken hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz des Landes bestehen nicht. Diese ergibt sich aus Art. 70 Abs. 1 GG (Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung) bzw. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.03.2006 a.a.O.).
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Ohne Bedeutung für die Verfassungsmäßigkeit des Glücksspielstaatsvertrags ist es, ob der Monopolist „Lotto“ die Zielvorgaben des Vertrags erfüllt, also wie er das ihm eingeräumte Monopol tatsächlich ausgestaltet. Die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen führt nicht ohne Weiteres zu deren Verfassungswidrigkeit, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts (vgl. BVerfGE 110, 94 unter Hinweis auf Bryde, Die Effektivität von Recht als Rechtsproblem, 1993, S. 20 f.). Dass die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags von vorneherein darauf angelegt wären, dass der staatliche Wettanbieter die Vertragsziele nicht erfüllt, lässt sich den einschlägigen Regelungen, wie sie oben wiedergegeben wurden, nicht entnehmen. Auch ein die Verfassungswidrigkeit der materiellen Norm begründendes strukturelles Vollzugsdefizit als ganz außergewöhnliche Rechtsfolge mangelnder Effektivität des Rechts (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.01.2008 - 2 BvR 294/06 -, WM 2008, 347) lässt sich nicht feststellen. Zwar ist der Klägerseite zuzugestehen, dass erhebliche Bedenken bestehen, ob sich die angeführten und auch gerichtsbekannten Werbemaßnahmen tatsächlich nur auf eine Information und Aufklärung beschränken und keine Aufforderungs-, Anreiz- und Ermunterungswirkung beinhalten (vgl. § 5 Abs. 1, 2 GlüStV). Eine Begrenzung des Glücksspielangebots (vgl. § 1 Nr. 2 GlüStV), insbesondere eine hierzu dienende Begrenzung der Annahmestellen (vgl. § 10 Abs. 3 GlüStV), ist bislang nicht feststellbar. Die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags sehen in § 9 Abs.1 indes eine Glücksspielaufsicht vor, die die Erfüllung der Ziele des Staatsvertrags überwacht und die hierfür erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlässt. So kann die zuständige Behörde jederzeit Auskunft und Vorlage aller Unterlagen und Nachweise verlangen, die zur Erfüllung ihrer Aufsichtspflichten erforderlich sind (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GlüStV). Sie kann Anforderungen an die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele und die Werbung hierfür stellen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GlüStV). Dass das im Land Baden-Württemberg für die Glücksspielaufsicht zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe (vgl. § 2 Satz 1 des Gesetzes zu dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland und § 16 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) nicht willens oder nicht in der Lage wäre, diesen Aufgaben nachzukommen und auch gegen den Monopolanbieter von Sportwetten einzuschreiten, lässt sich jedenfalls derzeit, nachdem der Glücksspielstaatsvertrag erst kurze Zeit in Kraft getreten ist, nicht feststellen. Hinzu kommt, dass dieser auch Vorkehrungen gegen eine Interessenkollision und zugunsten einer effektiven Glücksspielaufsicht trifft. Diese darf nicht durch eine Behörde ausgeübt werden, die für die Finanzen des Landes oder die Beteiligungsverwaltung der von der öffentlichen Hand beherrschten, privaten Veranstalter nach § 10 Abs. 2 GlüStV zuständig ist (vgl. § 9 Abs. 6 GlüStV).
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5. Die Untersagungsverfügung verstößt auch nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Das auch nach dem Glücksspielstaatsvertrag fortbestehende staatliche Monopol für die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten zu feststehenden Gewinnquoten greift zwar in die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der als Sportwettenvermittler tätigen Klägerin ein (Art. 43 und 49 EG) Gemeinschaftsrechtlich existiert aber kein zwingender Maßgabenkatalog, insbesondere nicht in dem Sinn, dass die Glücksspielpolitik insgesamt einheitlich sein müsste und zum Beispiel das Lotteriewesen gesetzlich und tatsächlich genauso ausgestaltet sein müsste wie der Bereich der Sportwetten, wenn auch die zu beachtenden gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkte vergleichbar sind. Etwas anderes lässt sich insbesondere nicht dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 06.11.2003 (Rs C-245/01 - Gambelli -, a.a.O.) entnehmen, das die italienischen Regelungen zur Sportwettenvermittlung zum Gegenstand hatte. Die Beschränkung der Grundfreiheiten ist vorliegend nämlich aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt, weil insoweit den Anforderungen genügt ist, die der Europäische Gerichtshof im Urteil Gambelli aufgestellt hat.
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Als hinreichende Rechtfertigung für eine Beschränkung von Grundfreiheiten des EG-Vertrages hat der Europäische Gerichtshof in diesem Urteil eine systematische und kohärente Begrenzung der Wetttätigkeit angesehen (vgl. Rn. 67: „Jedoch müssen die Beschränkungen, die auf solche Gründe sowie auf die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen.“). Nach dieser Rechtsprechung ist die Unterbindung der Vermittlung von Sportwetten in andere Mitgliedstaaten mit dem Gemeinschaftsrecht nur vereinbar, wenn sie wirklich dem Ziel dient, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern und die Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik ist. Sie muss darüber hinaus verhältnismäßig sein und darf nicht in diskriminierender Weise angewandt werden. Auch in seinem Urteil in der Rechtssache Placanica u. a. hat der Europäische Gerichtshof auf diese Rechtsprechung verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass auch ein Konzessionssystem ein wirksamer Mechanismus sein könne, um die im Bereich der Glücksspiele tätigen Wirtschaftsunternehmer mit dem vom jeweiligen Mitgliedstaat geltend gemachten Ziel zu kontrollieren. Ob die nationale Regelung, soweit sie die Anzahl der im jeweiligen Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer begrenzt, tatsächlich dem von dem Mitgliedstaat geltend gemachten - und vom Europäischen Gerichtshof anerkannten - Ziel entspricht, sei von dem nationalen Gericht zu prüfen. Aus dem Urteil können private Vermittler von Sportwetten daher nichts zu ihren Gunsten herleiten (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.03.2007, a.a.O.; OVG Hamburg, Beschl. v. 09.03.2007 - 1 Bs 378/06 -).
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In der Weise, wie das staatliche Wettmonopol im Glücksspielstaatsvertrag ausgestaltet ist, genügt es den vorstehend geschilderten gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen. Die hiermit verbundenen Beschränkungen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit werden nicht in diskriminierender Weise angewandt, weil sie inländische wie ausländische Wirtschaftsteilnehmer ohne inländische Konzession in gleicher Weise vom Markt fernhalten (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 02.05.2007 - 6 B 10118/07 -; VG Stuttgart, Urt. v. 12.07.2007 - 1 K 1731/05 -). Sie sind auch aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls als gerechtfertigt anzusehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.07.2006 - 6 S 1987/05 - und - 6 S 1988/05 -, NVwZ 2006, 1440). Durch die beschriebenen Maßnahmen zur Suchtprävention und zum Jugendschutz und zur Reduzierung der Werbetätigkeit tragen die Beschränkungen kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeit bei. Die mit dem Sportwettenmonopol verbundenen Beschränkungen dienen wirklich dem Ziel, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern. Sie halten sich im Rahmen des Ermessens, über den die staatlichen Stellen verfügen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben.
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Der Gesetzgeber hat im Sinne des Gemeinschaftsrechts sein Ermessen auch hinsichtlich des Suchtpotentials bei Sportwetten zutreffend ausgeübt. Soweit mit Blick auf die Entscheidung „Lindman“ des Europäischen Gerichtshofs (Urt. v. 13.11.2003 - C-42/02 -, IStR 2003, 853 f.) beanstandet wird, dass eine Analyse der Zweckdienlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der im Glücksspielstaatsvertrag enthaltenen Maßnahmen durch den Gesetzgeber vorliegend nicht erfolgt sei, begründet dies keinen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht. Nach dieser Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs dürfen Mitgliedstaaten die Tätigkeit von in anderen Mitgliedstaaten konzessionierten Veranstaltern nur unterbinden, wenn vor Erlass der beschränkenden Maßnahme eine Untersuchung der Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme durchgeführt wurde. Diese zur Klärung der Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit einer die Dienstleistungsfreiheit beschränkenden Regelung vom Europäischen Gerichtshof geforderte Untersuchung ist auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar, da der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag. Die dortige finnische Regelung entfaltete ersichtlich diskriminierende Wirkung, da Gewinne aus in anderen Mitgliedstaaten veranstalteten Lotterien als besteuerbare Einkünfte des Gewinners behandelt wurden, während Gewinne aus in Finnland veranstalteten Lotterien selbst nicht besteuerbar waren. Insoweit kam dem Hinweis des Europäischen Gerichtshofs im konkreten Fall, dass die ihm übermittelten Akten kein Element statistischer oder sonstiger Natur aufwiesen, die einen Zusammenhang zwischen dem Regelungsziel der Suchtbekämpfung und der steuerlichen Regelung darlegen, nur deklaratorische Funktion zu. Es ist daher bereits zweifelhaft, ob das Urteil dahingehend ausgelegt werden kann, dass die Mitgliedstaaten in jedem Fall zu einer wissenschaftlichen Evidenzkontrolle verpflichtet sind (so wohl Hess. VGH, Beschl. v. 05.01.2007 - 2 TG 2911/06 -; Bay VGH, Beschl. v. 02.10.2007 - 24 CS 07.1986 -; OVG Koblenz, Beschl. v. 02.05.2007 - 6 B 10118/07 -). Dagegen spricht, dass eine solche Forderung nach einer wissenschaftlich oder statistisch beweisbaren Kausalverknüpfung zwischen Eingriffsmaßnahmen und dem Regelungsziel in ihrer Konsequenz problematisch wäre. Denn der Gesetzgeber wäre insbesondere in Gefährdungssituationen auf unsicherer Tatsachenbasis jeglicher Handlungsmöglichkeit beraubt. Zudem hat der Europäische Gerichtshof es den Mitgliedstaaten im Bereich des Glücksspielwesens gerade ausdrücklich freigestellt, die Ziele ihrer Politik festzulegen und das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen (VG Stuttgart, Urt. v. 01.02.2008 - 10 K 4239/06 -). Die Frage braucht jedoch hier nicht entschieden werden. Das Bundesverfassungsgericht hat seinem Urteil vom 28.03.2006 hinsichtlich der Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Beschränkungen durch das staatliche Wettmonopol aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zur Gefahr der Spielsucht zugrunde gelegt und ausgeführt, dass schon aufgrund des gegenwärtigen Erkenntnisstands mit einem nicht unerheblichen Suchtpotential bei Sportwetten mit festen Gewinnquoten zu rechnen ist und der Gesetzgeber dies mit dem Ziel der Abwehr einer höchstwahrscheinlichen Gefahr zum Anlass für Prävention nehmen darf (vgl. hierzu auch VG Karlsruhe, Urt. v. 07.05.2007 - 3 K 2291/06 -). Die erkennende Kammer sieht keinen Anlass, insoweit weitergehende Anforderungen zu stellen.
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Die Schreiben der Europäischen Kommission im Rahmen eines gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 226 EG führen zu keiner anderen Bewertung. In diesen Schreiben äußert die Europäische Kommission Bedenken gegen die Gemeinschaftskonformität des deutschen Sportwettenmonopols aufgrund der ausdrücklich fiskalischen Motivation der Einführung des § 284 StGB sowie der ausufernden Werbepräsenz der staatlichen Monopol-Wettanbieter und ihrer hohen Werbeausgaben. Erstens kommt diesen Schreiben keine Bindungswirkung zu. Selbst wenn die Ausführungen von Gemeinschaftsorganen bei der Entscheidungsfindung der nationalen Gerichte durchaus berücksichtigt werden sollen, gilt der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts insoweit zweifellos nicht. Zweitens ist diesen Einwänden durch die bereits dargelegten Entwicklungen einer Umorientierung des Auftretens, der deutlich reduzierten öffentlichen Werbung und der insoweit neuen Zielsetzung des Wettmonopols im Glücksspielstaatsvertrag zwischenzeitlich die Grundlage entzogen worden.
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Im gleichfalls keine Bindungswirkung entfaltenden Schreiben der Europäischen Kommission zum notifizierten Entwurf des Glücksspielstaatsvertrags stellt die Europäische Kommission das Recht der Bundesrepublik Deutschland, Glücksspielaktivitäten aufgrund zwingender Erfordernisse im Allgemeininteresse - insbesondere Verbraucherschutz, Jugendschutz und Bekämpfung der Spielsucht - zu beschränken, nicht in Frage. Soweit die Europäische Kommission Bedenken an der Gemeinschaftskonformität eines Verbots von Sportwetten im Internet äußert, ist dem entgegenzuhalten, dass die Klägerin kein Internetportal, sondern eine Wettannahmestelle betreibt.
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Die Kammer teilt schließlich nicht die Ansicht der Europäischen Kommission, zur Herstellung eines gemeinschaftskonformen Zustands müsse das gesamte Glücksspielangebot den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechen und sei nicht nur auf die Durchführung und Veranstaltung von Sportwetten abzustellen (vgl. hierzu auch EFTA-Gerichtshof, Urt. v. 14.03.2007 - Case E-1/06 -, Rn. 43 ff.). Eine derartige Anforderung an die Aufrechterhaltung des staatlichen Monopols bei Sportwetten wird in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. beispielsweise das Urteil in der Rechtssache Gambelli, dort Rn. 67, 69) bislang nicht gestellt und in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 ausdrücklich verneint. Diese Rechtsauffassung hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 19.10.2006 (2 BvR 2023/06) bestätigt.
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Die weiter aufgeworfene Frage, ob das Gemeinschaftsrecht in erster Linie auf ein tatsächliches Ausgestaltungs- und Anwendungsdefizit des staatlichen Wettangebots abstellt, nicht aber auch auf ein gesetzliches Regelungsdefizit, ist nach Überzeugung der Kammer nicht anders zu beantworten, wie wenn es um das unter bestimmten Umständen zur Verfassungswidrigkeit führende empirische Vollzugsdefizit geht (s.o.). Da ein solches derzeit nicht festgestellt werden kann, verfängt der Einwand auch hier nicht. Die Europarechtswidrigkeit des durch den Glücksspielstaatsvertrag normierten staatlichen Sportwettenmonopols kann hieraus nicht hergeleitet werden.
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6. Auch der Beschluss des Bundeskartellamtes vom 23.08.2006 kann zu keiner anderen Beurteilung zu führen. Denn die Entscheidung betraf ausschließlich das staatlich verantwortete Lotterieangebot der Lottogesellschaften und nicht die von privater Seite veranstalteten Oddset-Wetten (vgl. S. 9, 83 ff. der Entscheidung des Bundeskartellamts und ausführlich VG Karlsruhe, Urt. v. 18.09.2006 - 8 K 1430/06 -; s. auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.03.2007, v. 06.06.2007 und v. 14.06.2007, jeweils a.a.O.).
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Im Ergebnis nichts anderes gilt in Bezug auf die von der Klägerin zuletzt zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 27.12.2007 - 1 BvR 3082/06 - und des Bundesgerichtshofs vom 14.02.2008 - I ZR 140/04 u.a. -. So hat sich das Bundesverfassungsgericht ebenso wie in seinem Urteil vom 28.03.2006 auch jetzt mangels Zuständigkeit jeglicher verbindlicher Aussage zum Gemeinschaftsrecht enthalten und nur die fachgerichtliche Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Normen in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für mit dem Willkürverbot vereinbar erachtet. In den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen bedurfte es gerade keiner Prüfung der vorliegend entscheidungserheblichen Frage, ob die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung des staatlichen Wettmonopols im Zeitraum nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 nunmehr mit europäischem Gemeinschaftsrecht und deutschem Verfassungsrecht vereinbar ist.
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7. Fehler bei der Ausübung des dem Beklagten gem. § 9 Abs. 1 GlüStV zustehenden Ermessens sind weder aufgezeigt noch ersichtlich. Die von ihm angeordneten Maßnahmen sind zur Erreichung des verfolgten Zwecks, der Unterbindung unerlaubten Glücksspiels, geeignet: Die Untersagungsverfügung gewährleistet, dass die begangene rechtswidrige Handlung unterbunden wird. Sie ist auch erforderlich, weil mildere Mittel nicht erkennbar sind, welche den beabsichtigten Zweck in gleicher Weise erreichen würden. Weder der Klägerin noch der Firma … (Malta) Ltd. könnte nach dem Landesrecht von Baden-Württemberg, das ein staatliches Sportwettmonopol vorsieht, eine Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten erteilt werden. Anders als durch eine Untersagung des ordnungsrechtlich verbotenen Verhaltens kann dies letztlich nicht - auch nicht durch eine Ordnungsverfügung mit Auflagen - unterbunden werden. Auch die Zweck-Mittel-Relation ist angemessen, so dass die Maßnahmen insgesamt als verhältnismäßig angesehen werden müssen. Dies gilt auch hinsichtlich der Aufforderung, die zur Veranstaltung oder zur Vermittlung vorgehaltenen Geräte aus den öffentlich zugänglichen Räumen zu entfernen. Wie der Beklagte auf andere und weniger einschneidende Weise effektiv seiner Aufgabe, unerlaubtes Glücksspiel zu unterbinden, nachkommen soll, ist nicht erkennbar.
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8. Schließlich ist auch die Zwangsgeldandrohung rechtlich nicht zu beanstanden. Sie entspricht den gesetzlichen Anforderungen (vgl. insbesondere §§ 2, 20, 23 LVwVG). Die Höhe des angedrohten Zwangsgelds hält sich im gesetzlichen Rahmen und ist ebenfalls verhältnismäßig.
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9. Nach alledem hält die Kammer trotz der ausführlichen Darlegungen der Klägerin weder eine Aussetzung des Verfahrens noch eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof für angezeigt. Eine Pflicht des Gerichts, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs gem. Art. 234 EG herbeizuführen, besteht nicht, da es nicht die Aussetzung der Vollziehung eines auf einer Gemeinschaftsverordnung beruhenden nationalen Verwaltungsakts anordnen will (EuGH, Urt. v. 21.02.1991, verbundene Rs. C-143/88 und C-92/89, Zuckerfabrik Süderdithmarschen und Zuckerfabrik Soest, Slg. 1991, S. I-415, Rn. 22 ff.) und im Übrigen für ein Gericht, dessen Entscheidung mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann, eine Vorlagepflicht nicht besteht (vgl. Art. 234 Abs. 3 EG).
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Die Berufung ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung besitzt (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne weist eine Rechtssache dann auf, wenn sie eine rechtliche oder tatsächliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und zur Schaffung von Rechtseinheit einer Klärung bedarf (BVerwGE 70, 24). Entscheidungserheblich stellt sich vorliegend (s.o. 5. a.E.) die Frage, ob der für eine Rechtfertigung des staatlichen Wettmonopols gemeinschaftsrechtlich gebotene kohärente und systematische Beitrag zur Begrenzung der Wetttätigkeiten, der im Gambelli-Urteil des Europäischen Gerichtshofs gefordert wird, als lediglich auf den Bereich der Sportwetten zu beziehen ist oder auch andere, das gleiche oder ein höheres Suchtpotential aufweisende, aber nicht monopolisierte Glücksspiele erfassen muss (offen gelassen vom VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 07.02.2008 - 6 S 78/08 -).
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Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt. Dies entspricht der aktuellen Rechtsprechung für Verfahren dieser Art (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.10.2006 - 6 S 1765/06 -, Beschl. v. 28.03.2007 - 6 S 1972/06 -, NVwZ 2007, 724, v. 06.06.2007 - 6 S 2340/06 -, v. 14.06.2007 - 6 S 2252/06 - und v. 07.02.2008 - 6 S 78/08 -).
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