Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 11. Aug. 2016 - 9 E 3661/16

bei uns veröffentlicht am11.08.2016

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 3. August 2016 (9 K 3660/16) gegen den Bescheid vom 2. Juni 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2016 wird wiederhergestellt, soweit dort unter Nr. 2.4 für Sonnabend, den … 2016 und Sonntag, den … 2016 für den Zeitraum von jeweils 00:00 Uhr bis 04:00 Uhr am Krankenhaus … ein Immissionsgrenzwert von weniger als 50 dB(A) und vor dem Wohnhaus … ein Immissionsgrenzwert von weniger als 55 dB(A) festgesetzt wurde.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin 1/3 und die Antragsgegnerin 2/3.

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gegen festgesetzte Lärmgrenzwerte für das … Festival 2016.

2

Die Antragstellerin betreibt seit 2007 auf dem Gelände … die Open-Air-Musik- und Kunstveranstaltung …. Das Musikprogramm, das auf sechs Bühnen stattfindet, beginnt in diesem Jahr am Donnerstag, den … 2016, ab 18.00 Uhr und endet am Sonntag, den … 2016; hinzu kommen An- und Abreise der erwarteten ca. 20.000 Besucher. Konzerte finden von etwa 16.00 Uhr bis teilweise 6.00 Uhr statt.

3

Das Veranstaltungsgelände liegt im Geltungsbereich des Baustufenplans ..., festgestellt am … 1956, in dem es als Industriegebiet nach § 10 BPVO festgesetzt ist. Etwa 300 bis 500 m Luftlinie vom Veranstaltungsgelände entfernt liegt das Krankenhaus …. Es liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans ... vom … 1980, in dem es als Fläche für den Gemeinbedarf, Krankenhaus, ausgewiesen ist. Das Wohnhaus …, etwa 400 bis 500 m vom Veranstaltungsgelände entfernt, liegt ebenfalls im Geltungsbereich des Baustufenplans ... vom … 1956, in dem es als – nicht besonders geschütztes – Wohngebiet nach § 10 BPVO festgesetzt ist.

4

Mit E-Mail vom 12. Mai 2016 beantragte die Antragstellerin unter Berufung auf die 2015 geänderte Freizeitlärmrichtlinie im Vergleich zum Vorjahr eine Erweiterung der Lärmrichtwerte von 0.00 bis 4.00 Uhr auf 55 dB(A). Zur Begründung führte sie an, die Veranstaltung genieße eine hohe Akzeptanz in der … Bevölkerung. Es habe seit Jahren keine Beschwerden über die Lautstärke gegeben, auch nicht aus dem Krankenhaus …. Mit diesem sei vereinbart, dass die Lautstärke bei Beschwerden von Patienten sofort verringert werde.

5

In seiner Sitzung vom 31. Mai 2016 sprach der Regionalausschuss … dem … Festival 2016 mehrheitlich eine Standortgebundenheit, soziale Adäquanz und Akzeptanz im Stadtteil zu und befürwortete auf den Nebenbühnen am Freitag und Samstag einen Spielbetrieb von 0.00 Uhr bis 5.00 Uhr bis maximal 55 dB(A), solange es keine Beschwerden vom Krankenhaus … gebe.

6

Mit Bescheid vom 2. Juni 2016 setzte die Antragsgegnerin u. a. am Krankenhaus … für Sonnabend, den … 2016 und Sonntag, den … 2016 jeweils für den Zeitraum von 0.00 Uhr bis 2.00 Uhr einen Immissionsgrenzwert von 45 dB(A) und für den Zeitraum von 2.00 Uhr bis 4.00 Uhr einen Immissionsgrenzwert von 35 dB(A) fest. Vor dem Wohnhaus … setzte sie in den entsprechenden Zeiträumen Immissionsgrenzwerte von 50 dB(A) bzw. 40 dB(A) fest. Gleichzeitig ordnete sie die sofortige Vollziehung ihrer Anordnung an. Zur Begründung berief sie sich auf den besonderen Schutzcharakter, der für das Krankenhaus und dessen Patienten zu wahren sei.

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Hiergegen legte die Antragstellerin unter dem 27. Juni 2016 Widerspruch ein, den die Antragsgegnerin, nachdem sie am Freitag, den 22. Juli 2016 Akteneinsicht gewährt und eine Entscheidung für die 31. Kalenderwoche angekündigt hatte, mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2016 (30. Kalenderwoche) zurückwies. Zur Begründung bezog sie sich ergänzend auf Rechtsprechung, nach der nächtliche Musikveranstaltungen neben Krankenhäusern nicht in Betracht kämen. Das Interesse der Patienten an einem effektiven Lärmschutz genieße Vorrang vor dem kulturell-wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin und der Besucher des Festivals. Die Leitung des Krankenhauses … könne nicht für die einzelnen Patienten sprechen, die ihr kaum bekannt sein dürften. Eine Lärmpegelregulierung auf Zuruf sei kein gleichwirksames Mittel.

8

Am 3. August 2016 hat die Antragstellerin den vorliegenden Antrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gestellt und Klage erhoben. Zur Begründung beruft sie sich ergänzend auf die Lärmvorbelastung, die von dem Hafengebiet ausgehe, in dem das Veranstaltungsgelände liege.

9

Die Antragsgegnerin macht im vorliegenden Verfahren ergänzend geltend, das Fehlen von Beschwerden in den vergangenen Jahren sei auf ihre auch damals getroffenen immissionsschutzrechtlichen Anordnungen zurückzuführen. Es sei unklar, ob etwaige Beschwerden von Patienten hinreichend umgesetzt werden könnten. Da die Antragstellerin mehrere Veranstaltungen durchführe, sei das … Festival nicht der jährliche gesellschaftliche Höhepunkt der Region. Schließlich habe die Antragsgegnerin auch weitere Veranstaltungen in der Nähe anderer Krankenhäuser in den Blick zu nehmen.

II.

A.

10

Der Antrag hat überwiegend Erfolg. Er ist zulässig (hierzu unter 1.) und im tenorierten Umfang begründet (dazu unter 2).

11

1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO statthaft, da der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 2. Juni 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2016 gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung zukommt.

12

2. Der Antrag ist überwiegend begründet. Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Vollziehungsanordnung (§ 80 Abs. 3 VwGO) bestehen nicht. In der Sache überwiegt das Interesse der Antragstellerin, von der sofortigen Vollziehung der streitigen Immissionsbegrenzungen vorläufig verschont zu bleiben, das Interesse der Öffentlichkeit an deren sofortigen Vollziehung, soweit jeweils von 0.00 Uhr bis 4.00 Uhr am Krankenhaus … ein Immissionsgrenzwert von weniger als 50 dB(A) und vor dem Wohnhaus … ein Immissionsgrenzwert von weniger als 55 dB(A) festgesetzt wurde. Denn nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage dürfte die Klage der Antragstellerin insoweit Erfolg haben. Die angefochtene Anordnung der Antragsgegnerin ist insoweit voraussichtlich rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten.

13

a) Die Antragsgegnerin kann ihre Verfügung allerdings entgegen der Ansicht der Antragstellerin aller Voraussicht nach auf § 24 Satz 1 BImSchG stützen. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 BImSchG erforderlichen Anordnungen treffen. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Die Veranstaltung der Antragstellerin fällt in den Anwendungsbereich des § 22 BImSchG (vgl. VG Würzburg, Beschl. v. 30.5.2016, W 5 E 16.483, juris, Rn. 52, für Freilichttheater-Festspiele mit Musicals und Rockevents). Das Festivalgelände am … ist nämlich eine ortsfeste Einrichtung i. S. d. § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG und damit eine Anlage, denn der Anlagenbegriff des § 3 Abs. 5 BImSchG ist weit zu fassen (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 2.7.2004, 8 G 2673/04, NVwZ-RR 2005, 103). Dem entspricht es, dass die Freizeitlärmrichtlinie der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 6. März 2015 (im Folgenden: Freizeitlärmrichtlinie) Grundstücke, auf denen in Zelten oder im Freien Diskothekenveranstaltungen, Lifemusik-Darbietungen, Rockmusikdarbietungen, Platzkonzerte, regelmäßige Feuerwerke, Volksfeste o.a. stattfinden, als Anlage i. S. d. § 3 Abs. 5 BImSchG definiert. Vom Anwendungsbereich des § 22 BImSchG werden auch Veranstaltungen erfasst, die – wie das … Festival – nur einmal jährlich stattfinden (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 25.2.2005, 2 UE 2890/04, NVwZ-RR 2006, 531).

14

b) Die im Widerspruchsverfahren unterbliebene Anhörung der Antragstellerin wird voraussichtlich ebenfalls nicht zu einer Aufhebung der angegriffenen Auflagen führen. Ein Verstoß gegen die Anhörungspflicht des § 28 HmbVwVfG ist nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 HmbVwVfG heilbar, weil die Anhörung im verwaltungsgerichtlichen (Hauptsache-) Verfahren nachgeholt werden kann.

15

c) Die angegriffenen Anordnungen erweisen sich nach summarischer Prüfung als materiell rechtswidrig, soweit sie für das Krankenhaus … einen Immissionsgrenzwert von weniger als 50 dB(A) und vor dem Wohnhaus … einen Immissionsgrenzwert von weniger als 55 dB(A) festsetzen. Sie sind insoweit nicht i. S. d. § 24 Satz 1 BImSchG zur Beschränkung schädlicher Umwelteinwirkungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG erforderlich, weil die von dem Vorhaben der Antragstellerin ausgehenden Lärmimmissionen insoweit die Erheblichkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 BImSchG nicht überschreiten dürften.

16

aa) Die Erheblichkeit immissionsbedingter Beeinträchtigungen gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG bemisst sich danach, ob sie das den Betroffenen in der jeweiligen Situation zumutbare Maß überschreiten. Sie wird entscheidend durch die bebauungsrechtliche Situation bestimmt, in der sich störende und gestörte Nutzung befinden (BVerwG, Urt. v. 24.4.1991, 7 C 12/90, NVwZ 1991, 884). Für die Beurteilung der Zumutbarkeit sind insbesondere Art, Ausmaß und Dauer der fraglichen Immissionen, ihre soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz in der Bevölkerung sowie die Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des davon betroffenen Gebiets von Bedeutung (OVG Münster, Beschl. v. 25.5.2016, 4 B 581/16, BeckRS 2016, 47491; VGH München, Beschl. v. 12.5.2004, 24 CE 04.1230, NVwZ 2005, 719).

17

Fehlt es, wie hier, an einer normativen Konkretisierung der Erheblichkeitsschwelle, bedarf es einer Beurteilung der Zumutbarkeit anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenart der einzelnen Immissionen (Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit, Lästigkeit) und der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets (VGH München, Beschl. v. 22.11.2005, 22 ZB 05.2679, NJOZ 2006, 2965; VG Würzburg, Beschl. v. 30.5.2016, W 5 E 16.483, juris). Für diese Beurteilung kann vorliegend die Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.2003, V ZR 41/03, NJW 2003, 3699; OVG Münster, Beschl. v. 25.5.2016, 4 B 581/16, BeckRS 2016, 47491). Sie findet nach ihrer Ziff. 1 Anwendung für Freizeitanlagen, und zwar insbesondere für Grundstücke, auf denen in Zelten oder im Freien Diskothekenveranstaltungen, Lifemusik-Darbietungen, Rockmusikdarbietungen, Platzkonzerte, regelmäßige Feuerwerke, Volksfeste o. a. stattfinden. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die von Sachverständigen ausgearbeitete Freizeitlärmrichtlinie den Gerichten als Entscheidungshilfe dienen kann (BVerwG, Urt. v. 24.4.1991, 7 C 12/90, NVwZ 1991, 884; OVG Münster, a. a. O.).

18

Die Freizeitlärmrichtlinie sieht Immissionsrichtwerte vor, oberhalb derer in der Regel mit erheblichen Belästigungen zu rechnen ist (Ziff. 4.1 bis 4.3). Für seltene Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist vorgesehen, dass diese trotz Überschreitung der allgemeinen Immissionsrichtwerte auf der Grundlage einer Sonderfallbeurteilung zulässig sein können (Ziff. 4.4). Dabei ist bei zu erwartenden Überschreitungen des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts deren Zumutbarkeit explizit zu begründen und es sollen Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24.00 Uhr vermieden werden. Schon die Freizeitlärmrichtlinie selbst lässt dabei Raum für eine Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Dazu gehören insbesondere die Anzahl der Störereignisse sowie ihr Anlass, der unter dem Gesichtspunkt der sozialen Adäquanz für die Beurteilung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen von Bedeutung ist. Danach können bei sehr seltenen Veranstaltungen von herausragender Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft selbst Lärmwirkungen noch als unerheblich zu bewerten sein, welche die in der Freizeitlärmrichtlinie für seltene Veranstaltungen vorgesehenen Richtwerte überschreiten (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.2003, V ZR 41/03, NJW 2003, 3699; OVG Münster, Beschl. v. 25.5.2016, 4 B 581/16, BeckRS 2016, 47491). Je gewichtiger der Anlass für die Gemeinde oder die Stadt ist, desto eher ist der Nachbarschaft zuzumuten, an wenigen Tagen im Jahr Ruhestörungen hinzunehmen (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 25.2.2005, 2 UE 2890/04, NVwZ-RR 2006, 531).

19

bb) Gemessen an diesen Maßstäben sind nach Abwägung und Ausgleich der widerstreitenden Interessen im vorliegenden konkreten Einzelfall nach Auffassung der Kammer vor dem Krankenhaus … Immissionen von 50 dB(A) und vor dem Wohnhaus … Immissionen von 55 dB(A) in der Zeit von 0.00 Uhr bis 4.00 Uhr in zwei Nächten noch zumutbar i. S. d. Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie:

20

Einschlägig sind hier die für Sonderfälle bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz nach Ziff. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie vorgesehenen Richtwerte. Die Antragsgegnerin nimmt zu Recht nicht in Abrede, dass es sich bei dem … Festival 2016 um eine Veranstaltung handelt, die i. S. d. Ziff. 4.4.1 der Freizeitlärmrichtlinie eine hohe Standortgebundenheit aufweist. Alternative Standortflächen sind nicht ersichtlich, der Charakter des Festivals wird maßgeblich auch durch die Hafenatmosphäre geprägt. Die Veranstaltung ist zudem von hoher sozialer Adäquanz und Akzeptanz geprägt, wie insbesondere die Stellungnahme des Regionalausschusses … vom 31. Mai 2016 belegt.

21

Für solche Sonderfälle führt die Freizeitlärmrichtlinie in Ziff. 4.4.2 lit. a) Beurteilungspegel von 70 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts auf, die – erst – im Falle einer Überschreitung einer expliziten Begründung der Zumutbarkeit bedürfen. Daraus ist zu folgern, dass diese Werte grundsätzlich als zumutbar zu erachten sind (VGH Kassel, Beschl. v. 28.8.2015, 9 B 1586/15, BeckRS 2016, 45758; VG Neustadt a. d. Weinstraße, Urt. v. 9.5.2016, 4 K 1107/15.NW, BeckRS 2016, 46692).

22

Die Kammer sieht auch in Ansehung der Umstände des vorliegenden konkreten Einzelfalls im Hinblick auf das Wohnhaus … keinen Anlass für eine Abweichung von den Richtwerten für Sonderfälle gemäß Ziff. 4.4.2 lit. a) Freizeitlärmrichtlinie. Im Hinblick auf das Krankenhaus … hält sie einen Abschlag hiervon von 5 dB(A) für vertretbar. Im Einzelnen:

23

(1) Die Kammer verkennt nicht, dass eine Störung der Nachtruhe meist eine erhebliche Einwirkung auf die Gesundheit oder das Wohlbefinden darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.2003, V ZR 41/03, NJW 2003, 3699; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 21.6.2007, 8 K 3694/06, BeckRS 2007, 27515). Zu berücksichtigen ist aber auch, dass die Nachtruhe nicht generell geschützt wird (BGH, a. a. O.). In diesem Zusammenhang ist zugunsten der Antragstellerin und der Besucher des Festivals zu gewichten, dass die angegriffenen Immissionsbegrenzungen die Nächte auf Samstag und Sonntag betreffen (vgl. Ziff. 4.4.3 Punkt 2 Freizeitlärmrichtlinie), so dass die darauffolgenden Tage allgemein arbeits- bzw. schulfrei sind und sich die in ihrer Nachtruhe beeinträchtigten Anwohner durch längeres Ausschlafen erholen können (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 14.9.2004, 6 A 10949/04, juris, Rn. 20).

24

(2) Auf Seiten der betroffenen Nachbarn ist ferner in Rechnung zu stellen, dass sie bereits in den Stunden vor Mitternacht einer höheren Gesamtbelastung ausgesetzt werden (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 25.2.2005, 2 UE 2890/04, NVwZ-RR 2006, 531). Jedenfalls für Teile der Anwohner der …straße dürfte freilich die Möglichkeit bestehen, sich der Veranstaltung tagsüber zeitweise zu entziehen, zumal sie in die Hamburger Sommerferien fällt. Dass die Anzahl der Tage mit seltenen Veranstaltungen auf dem betreffenden Gelände i. S. d. Ziff. 4.4.2 lit. d) Freizeitlärmrichtlinie 18 pro Kalenderjahr übersteigt, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die meisten der Veranstaltungen, die die Antragstellerin auf dem Veranstaltungsgelände durchführt, dürften keine Sonderfälle i. S. d. Ziff. 4.4.1 Freizeitlärmrichtlinie sein. Das Musikprogramm der Tagesveranstaltung … für Jugendliche endet laut Veranstaltungsbeschreibung um 22.00 Uhr, die Tanzveranstaltung … ebenfalls. … ist eine Kinderferienfreizeit mit Workshops, die um 18.00 Uhr enden. Lediglich im Rahmen der Veranstaltungen … und … dauert das Programm an vier Tagen bis in die Nacht.

25

(3) Für die Zumutbarkeit der tenorierten Immissionsgrenzen streitet demgegenüber maßgeblich die herausragende Bedeutung des … Festivals für die örtliche Gemeinschaft. Nach Auffassung der Antragsgegnerin, die die Veranstaltung deshalb durch Haushaltsmittel fördert, kommen „im Rahmen der Mittelvergabe aus der Kultur- und Tourismustaxe zum Zweck „Attraktivierung der Musikstadt“ […] inhaltlich klar fokussierten Musikfestivals mit internationalen Künstlerinnen und Künstlern“, wozu u. a. … zähle, „eine vorrangige Rolle zu“. „Zentrale große Festivals“ wie z. B. … „können nicht weg gedacht werden ohne, dass dies mit einem spürbaren Verlust des kulturellen Lebens und der Wahrnehmung Hamburgs nach außen einher ginge“ (Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft über die Verwendung der Haushaltsmittel aus der Hamburgischen Kultur- und Tourismustaxe im Haushaltsjahr 2016, Bü-Drucks. 21/2659 vom 22.12.2015, S. 2).

26

Vor diesem Hintergrund vermag die Kammer der im vorliegenden Verfahren mit Blick auf die weiteren Veranstaltungen der Antragstellerin vertretenen Auffassung der Antragsgegnerin, das … Festival sei nicht der jährliche gesellschaftliche Höhepunkt der Region, nicht zu folgen, zumal die Besucherzahlen der anderen Veranstaltungen ausweislich der beigezogenen Sachakte weit hinter denen des … Festivals zurückbleiben (…: max. 2.000 Besucher; …: max. 500 Besucher pro Tag; …: max. 5.000 Besucher; …: max. 3.000 Besucher; …: max. 3.000 Besucher; …: 150 Kinder und Jugendliche, … max. 200).

27

(4) Zu berücksichtigen ist außerdem die bebauungsrechtliche Situation, in der sich störende und gestörte Nutzung befinden. Wo die Erheblichkeitsgrenze verläuft, richtet sich nämlich nach der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit der Umgebung, wobei sich dies bei Immissionen nicht unabhängig von etwaigen Vorbelastungen bewerten lässt. Ist der Standort schon durch Belästigungen in einer bestimmten Weise vorgeprägt, so vermindern sich entsprechend die Anforderungen des Rücksichtnahmegebotes. Im Umfang der Vorbelastung können deshalb Immissionen zumutbar sein, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht mehr hinnehmbar wären (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 28.1.2010, OVG 10 S 31.09, juris, Rn. 14). Dementsprechend bestimmt Ziff. 2 Abs. 4 Freizeitlärmrichtlinie, dass eine besondere Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme bestehen kann, wenn aufgrund baulicher Entwicklungen in der Vergangenheit Wohngebiete und Freizeitanlagen eng zusammen liegen. Sofern an störenden Anlagen alle verhältnismäßigen Emissions-Minderungsmaßnahmen durchgeführt sind, kann die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme dazu führen, dass die Bewohner mehr an Geräuschen hinnehmen müssen als die Bewohner von gleichartig genutzten Gebieten, die fernab derartiger Anlagen liegen.

28

Nach diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall entscheidend zu berücksichtigen, dass das Veranstaltungsgelände seit 1956 durch den Baustufenplan ... als Industriegebiet ausgewiesen ist. Hieran unmittelbar angrenzend weist der Baustufenplan ... selbst den Bereich, in dem sich das Wohnhaus … befindet, als Wohngebiet aus. In Kenntnis dieser situativen Vorbelastung wurde das Gebiet des Krankenhauses … 1980 durch den Bebauungsplan ... 5 als Fläche für den Gemeinbedarf, Krankenhaus, ausgewiesen. Der Plangeber hat dabei auch die Immissionsschutzproblematik gesehen. Nach der Begründung zum Bebauungsplan war er sich darüber im Klaren, dass das Plangebiet mit den vom Gesetzgeber seinerzeit in Aussicht genommenen Immissionsgrenzwerten von 62 dB(A) tags und 52 dB(A) nachts an das Industriegebiet mit Immissionsgrenzwerten von 72 dB(A) bzw. 62 dB(A) grenzt (S. 6 der Begründung zum Bebauungsplan ... 5). Diese situativen Besonderheiten vermindern in rechtlicher Hinsicht die Schutzwürdigkeit des angrenzenden Plangebiets selbst dann, wenn das ausgewiesene Industriegebiet tatsächlich nur noch vergleichsweise gering industriell genutzt wird (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 28.1.2010, OVG 10 S 31.09, juris, Rn. 15; OVG Münster, Urt. v. 25.1.2010, 7 D 97/09.NE, juris, Rn. 88).

29

(5) Diese Gesichtspunkte vorangestellt, erachtet die Kammer unter Abwägung aller ersichtlichen Belange im vorliegenden Einzelfall am Wohnhaus … einen Beurteilungspegel von 55 dB(A) [hierzu (a)] und am Krankenhaus … einen Beurteilungspegel von 50 dB(A) [hierzu (b)] im Zeitraum von 0.00 Uhr bis 4.00 Uhr noch als zumutbar.

30

(a) Umstände, die dafür sprechen könnten, den in der Freizeitlärmrichtlinie für Sonderfälle nachts grundsätzlich als zumutbar erachteten Beurteilungspegel von 55 dB(A) am Wohnhaus … weiter zu begrenzen, sind nicht ersichtlich und werden auch von der Antragsgegnerin nicht geltend gemacht. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass es sich entgegen der Annahme der Antragsgegnerin nicht um ein reines, sondern um ein nicht besonders geschütztes Wohngebiet handelt, für das nach Ziff. 4.1 lit. d) Freizeitlärmrichtlinie selbst im Normalfall um jeweils 5 dB(A) höhere Immissionsrichtwerte gelten als für das von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte reine Wohngebiet gemäß Ziff. 4.1 lit. e) Freizeitlärmrichtlinie. Zur Bestimmung der in einem nicht besonders geschützten Wohngebiet i. S. d. § 10 Abs. 4 Abschnitt „Wohngebiet W“ BPVO zulässigen Nutzungen ist nämlich vornehmlich auf die Regelungen über allgemeine Wohngebiete nach § 4 BauNVO zurückzugreifen (OVG Hamburg, Urt. v. 13.2.2002, 2 Bf 22/97, juris, Rn. 36).

31

(b) Hinsichtlich des Krankenhauses … erscheint der Kammer unter Berücksichtigung der besonderen Schutzbedürftigkeit der Patienten, die bereits tagsüber einem höheren Lärmpegel als üblich ausgesetzt sind (vgl. VG Gelsenkirchen, Urt. v. 21.6.2007, 8 K 3694/06, BeckRS 2007, 27515), ein Beurteilungspegel von 50 dB(A) noch vertretbar.

32

Nicht außer Acht gelassen werden kann im Ausgangspunkt, dass die Freizeitlärmrichtlinie die Richtwerte für Sonderfälle nach Ziff. 4.4 nicht nach Gebieten differenziert, insbesondere Krankenhäuser nicht ausnimmt.

33

Ferner ist zu berücksichtigen, dass den Interessen der Patienten auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auf die sich die Antragsgegnerin stützt, nicht generell Vorrang zukommt. Der Bundesgerichtshof hat vielmehr ausgeführt, in Krankenhäusern und sonstigen Kliniken sei eine Störung der Nachtruhe „meist“ eine wesentliche Immission, sodann aber festgehalten, dass Vorhaben, insbesondere Volksfeste und ähnlichen Veranstaltungen, im Einzelfall Vorrang vor den schutzwürdigen Belangen Dritter haben können (BGH, Urt. v. 26.9.2003, V ZR 41/03, NJW 2003, 3699). Damit ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch im Hinblick auf Krankenhäuser eine Abwägung der widerstreitenden Interessen erforderlich. Die von der Antragstellerin in Bezug genommenen – freilich nicht entscheidungstragenden und auf einen Immissionsrichtwert von 70 dB(A) bezogenen – Ausführungen des OVG Koblenz, neben einem Krankenhaus komme eine nächtliche Musikveranstaltung nicht in Betracht (OVG Koblenz, Urt. v. 14.9.2004, 6 A 10949/04, NJW 2005, 772; dies zitierend VG Neustadt a. d. Weinstraße, Urt. v. 22.7.2013, 5 K 894/12.NW, BeckRS 2013, 53637), stehen dem ebenfalls nicht entgegen. Das Veranstaltungsgelände befindet sich vorliegend nicht neben dem Krankenhaus, sondern mehrere hundert Meter entfernt.

34

Für einen Immissionsgrenzwert von 50 dB(A) spricht ein Vergleich zu den Richtwerten, die bei dem Betrieb einer in den Anwendungsbereich der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) fallenden Anlage sogar dauerhaft zumutbar wären. Da hier industriell genutzte und dem Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen, dürfte eine Gemengelage gemäß Ziff. 6.7 TA Lärm gegeben sein, so dass ein geeigneter Zwischenwert zwischen dem für Industriegebiete maßgeblichen Beurteilungspegel von ganztägig 70 dB(A) und dem für Krankenhäuser einschlägigen Beurteilungspegel von 35 dB(A) nachts zu bilden wäre, der die Immissionsrichtwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete nicht überschreitet. Ziff. 6.1 lit. c) TA Lärm legt hierfür nachts einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) fest. In Anbetracht der Privilegierung des Volksfestlärms (vgl. VGH München, Beschl. v. 22.11.2005, 22 ZB 05.2679, BeckRS 2005, 31325) und des Umstandes, dass es vorliegend nicht um Dauerlärm, sondern um eine seltene Veranstaltung geht, erscheint für jeweils bis zu vier Stunden in zwei Nächten im Jahr ein Immissionsgrenzwert von 50 dB(A) vertretbar.

35

Zudem hält die Antragsgegnerin selbst eine Reduktion der zulässigen Pegel am Krankenhaus gegenüber dem Wohngebiet um 5 dB(A) für angemessen (vgl. Bescheid vom 2. Juni 2016, S. 7).

36

Dass sich die Leitung des Krankenhauses … mit einer Anhebung des Immissionsgrenzwerts über 50 dB(A) hinaus einverstanden erklärt hätte, ist schon nicht substantiiert dargetan. Davon abgesehen weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, dass die Krankenhausleitung kaum pauschal auf die Individualrechtsgüter der ihr nicht bekannten Patienten verzichten könnte (vgl. Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 3 Rn. 64).

37

(6) Da sich die Zumutbarkeit anhand einer umfassenden Abwägung aller Umstände des konkreten Einzelfalles bemisst, der hier die Besonderheit aufweist, dass die zu schützenden Gebiete unmittelbar an ein Industriegebiet angrenzen, in dem die Veranstaltung stattfindet, greifen die Bedenken der Antragsgegnerin nicht durch, sie müsse auch weitere Veranstaltungen in der Nähe anderer Krankenhäuser in den Blick nehmen.

B.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da die Antragstellerin die vollständige Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage für die betreffenden Zeiträume beantragt hat, ist sie insoweit unterlegen, als dies über die tenorierten Immissionsgrenzwerte hinausgeht. Die daraus resultierende Beschwer bemisst die Kammer mit 1/3. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Für eine Reduzierung des Streitwerts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bleibt kein Raum, da es sich angesichts der unmittelbar bevorstehenden Veranstaltung um eine Vorwegnahme der Hauptsache handelt.

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(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,3. Anlagen für kirchliche, kulture

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 3 Begriffsbestimmungen


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Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 22 Pflichten der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass 1. schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,2. nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwi

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 24 Anordnungen im Einzelfall


Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen erforderlichen Anordnungen treffen. Kann das Ziel der Anordnung auch durch eine Maßnahme zum Zwecke des Arbeitsschutzes er

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Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 11. Aug. 2016 - 9 E 3661/16 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Tenor I. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, in dem zu erlassenden „Auflagenbescheid“ nach Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG folgende Regelungen zum Lärmschutz aufzunehmen: 1. Der von den Veranstaltungen der ...-Festspie

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 25. Mai 2016 - 4 B 581/16

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Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen erforderlichen Anordnungen treffen. Kann das Ziel der Anordnung auch durch eine Maßnahme zum Zwecke des Arbeitsschutzes erreicht werden, soll diese angeordnet werden.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

Tenor

I.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, in dem zu erlassenden „Auflagenbescheid“ nach Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG folgende Regelungen zum Lärmschutz aufzunehmen:

1. Der von den Veranstaltungen der ...-Festspiele ausgehende Lärm darf am Anwesen ...-straße ... in ..., folgende Immissionsrichtwerte „Außen“ nicht überschreiten:

tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit (8:00 bis 20:00 Uhr) 55 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit (6:00 bis 8:00 Uhr und von 20:00 bis 22:00) und an Sonn- und Feiertagen 50 dB(A),

nachts (von 22:00 bis 6:00 Uhr) 40 dB(A).

Einzelne Geräuschspitzen dürfen die vg. Immissionsrichtwerte tags um nicht mehr als 30 dB(A) sowie nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten.

Die Nachtzeit wird am 10., 11., 18., 25. und 27. Juni, am 2., 9., 11., 23. und 30. Juli sowie am 2. August 2016 auf 23:00 Uhr verschoben.

2. Die Messergebnisse der bei den ersten Veranstaltungen der Sparte A (Musical „Hair“) und Sparte C (Sonderveranstaltungen) sowie Sparte B („Schillers Räuber“, Familienmusical „Peter Pan“ und Eigenproduktion „Jesus Mohammed“) durchgeführten Schallimmissionsmessungen dürfen von den Antragstellern eingesehen werden.

II.

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

III.

Von den Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen haben die Antragsteller als Gesamtschuldner 2/3, die Antragsgegnerin und der Beigeladene je 1/6 zu tragen.

IV.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Festlegung von Regelungen des Lärmschutzes für die Veranstaltung der diesjährigen ...-Festspiele des Beigeladenen.

1.

Der Beigeladene betreibt seit 22 Jahren auf der Freilichtbühne der Ruine ... in der Stadt Klingenberg a. Main Festspiele, die jährlich von ca. 30.000 bis 40.000 Gästen besucht werden. Das jährliche Programm gliedert sich in ein Musical und ein Kinderstück (jeweils ca. 15.000 Besucher) sowie in ein Jugendstück (ca. 1.000 Besucher) und Gastspiele (ca. 800 Besucher pro Gastspiel). Im Jahr 2016 sollen im Zeitraum vom 10. Juni bis 2. August an 22 Abenden das Musical „Hair“, an acht Abenden das Schauspiel „Schillers Räuber“, an 26 Nachmittagen das Familienmusical „Peter Pan“, an drei Tagen die Eigenproduktion „Jesus Mohammed“ und an drei Abenden Gastspiele (sog. Rockevents) aufgeführt werden.

Das Wohnhaus der Antragsteller befindet sich ca. 200 m (Luftlinie) nördlich des Veranstaltungsortes auf dem gegenüberliegenden Berghang, von diesem durch ein Tal getrennt, in einem durch den qualifizierten Bebauungsplan „...-straße“ der Stadt Klingenberg a. Main ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiet.

Mit Schreiben vom 17. März 2015 wandten sich die Antragsteller schriftlich an die Antragsgegnerin, beschwerten sich hinsichtlich der Störung der Nachtruhe durch die Aufführungen auf der ... und baten um Mitteilung zu treffender Maßnahmen. Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2015 wurde dem Beigeladenen die Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 3 LStVG zur Durchführung der...-Festspiele im Zeitraum 11. Juni bis 2. August 2015 u. a. unter der „Auflage“ erteilt, dass hinsichtlich des Lärmschutzes auf die Freizeitlärm-Richtlinie des LAI vom 6. März 2015 verwiesen wird und die dort genannten Werte vom Veranstalter zu beachten sind und ggfls. durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen ist, dass diese Werte eingehalten werden. Im Auftrag der Beigeladenen hat das Büro ..., ..., am 24. Juli 2015 von 20:30 bis 23:30 während der Aufführung des Musicals „Dracula“ Schallimmissionsmessungen auf dem Grundstück der Antragsteller und zeitgleich im Zuschauerbereich auf der ... durchgeführt. Die Ergebnisse sind in dem Bericht zu den Schallimmissionsmessungen während der Freilichtveranstaltung vom 26. August 2015 zusammengefasst, wobei festgehalten wird, dass bei der untersuchten Veranstaltung Überschreitungen der zulässigen Immissionspegel aufgetreten sind. In der Folge hat das Büro ... eine Schallimmissionsprognose erstellt und Maßnahmen zur Lärmminderung erarbeitet (Bericht Schallimmissionsprognose und Maßnahmen zur Minderung vom 15.9.2015).

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 18. April 2016 beantragten die Antragsteller bei der Antragsgegnerin, den diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der ...-Festspiele mit konkreten, genau festgelegten Auflagen zum Lärmschutz zu erteilen, da der Bescheid für das Vorjahr insoweit viel zu unbestimmt gewesen sei. Die Antragsgegnerin wurde um Stellungnahme bis 2. Mai 2016 gebeten, welche der beantragten Auflagen in den Bescheid übernommen würden und die Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes angekündigt. Mit Schreiben vom 20. April 2016 teilte die Antragsgegnerin mit, dass die Angelegenheit geprüft werde.

2.

Daraufhin ließen die Antragsteller am 10. Mai 2016 durch ihren Bevollmächtigten beantragen, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, im diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der...-Festspiele der Beigeladenen folgende Auflagen zu erteilen:

1. Die Durchführung von Rockkonzerten, Musicals und musikalischen Events jeder Art werden untersagt.

2. Die Probezeiten mit Beschallung durch eingeschaltete Lautsprecher werden auf den Zeitraum von fünf Tagen vor der Premiere begrenzt. Bei den übrigen Probeterminen sind die Lautsprecher auszuschalten.

3. Sämtliche Veranstaltungen der ... Festspiele müssen zwingend spätestens um 22:00 Uhr beendet sein.

4. Die Beigeladene wird verpflichtet, die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte nach der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie durch Messungen, die von einem qualifizierten Ingenieurbüro durchzuführen sind, nachzuweisen. Die Messungen haben jeweils bei der ersten Aufführung der unterschiedlichen Veranstaltungen zu erfolgen. Die Messergebnisse sind bekannt zu geben.

5. Die Dauer der Festspiele darf sechs Wochen nicht überschreiten.

Zur Begründung ließen die Antragsteller vortragen, dass sie eine ständige Ausdehnung der Festspielzeit von ursprünglich vier Wochen auf nun acht Wochen beobachtet hätten. Außerdem liege der Schwerpunkt der Aufführung mittlerweile bei musikalischen Darbietungen, insbesondere bei Musicals, die zu einem großen Anteil aus sehr lauten Gesangseinlagen bestünden. Hinzu kämen in diesem Jahr drei extrem lautstarke Rockevents. Bei den Abendveranstaltungen, die um 20:00 Uhr beginnen würden, sei nicht vor 23:30 Uhr mit Ruhe zu rechnen. Insbesondere in der Woche vom 23. bis zum 26. Juni sei mit extremster Lärmbelästigung zu rechnen, da an diesen Tagen mittags das Familienmusical und abends das Musical „Hair“ gespielt würden. Es schließe sich dann noch ein Rockevent an. Die das Gymnasium besuchenden beiden Söhne der Antragsteller müssten an den folgenden Tagen Klausuren schreiben und wüssten schon heute, dass sie nach der Dauerbeschallung völlig unkonzentriert diese Prüfungen ablegen müssten. Beide Antragsteller hätten anstrengende Berufe. Die fehlenden Ruhezeiten am Abend und in der Nacht führten zu gesundheitlichen Problemen. Die musikalischen Veranstaltungen überschritten ständig die Grenzwerte der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie. Die Voraussetzungen für ein seltenes Störereignis seien hier ersichtlich nicht gegeben. Besonders störend sei die Dauerbeschallung durch Familienmusical und Abendmusical.

Der Anspruch auf die Anordnung der beantragten Auflagen ergebe sich unmittelbar aus Art. 2 Abs. 2 GG. Die Überschreitung der zulässigen Lärmwerte sei gesundheitsgefährdend. Im Übrigen sei nach Art. 19 Abs. 4 LStVG eine Veranstaltung zu versagen, wenn dies zur Verhütung von Gefahren für die Gesundheit oder zum Schutz vor erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft erforderlich sei. Darüber hinaus seien im vorliegenden Fall die beantragten Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft im Sinne von Art. 19 Abs. 5 LStVG dringend geboten. Zum Schutz der Anwohner sei es außerdem erforderlich, dass nachhaltige schalltechnische Untersuchungen durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro durchgeführt und die Lärmwerte veröffentlicht würden. Die Beigeladene habe den Nachweis zu führen, dass die nach den gesetzlichen Bestimmungen zulässigen Grenzwerte nicht überschritten würden. Den Antragstellern könne in diesem Jahr nicht erneut zugemutet werden, nahezu acht Wochen permanent mit lauten Musikveranstaltungen beschallt zu werden. Bei den diesjährigen Veranstaltungen seien dringlich die Messwerte exakt zu ermitteln, damit künftig effektive Maßnahmen zur Lärmminderung durchgesetzt werden könnten. Die angesetzten Rockkonzerte seien auf Dauer zu untersagen, weil insoweit auch nicht ansatzweise die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden könnten. Die einstweilige Anordnung sei auch die statthafte Rechtsschutzform, denn im Hauptsacheverfahren wäre die Verpflichtungsklage die richtige Klageart. Trotz intensiver Bemühungen seitens der Antragsteller habe eine außergerichtliche Lösung nicht gefunden werden können.

Das vorgelegte Gutachten komme zu dem Ergebnis, dass die maßgeblichen Grenzwerte der Freizeitlärm-Richtlinie durch die Musicals und Rockkonzerte nicht eingehalten werden könnten. So werde der Richtwert für die Nachtzeit um 16 dB(A) und der für die Ruhezeit um 3 dB(A) überschritten. Durch den zu erwartenden Beurteilungspegel von 70 dB(A) für Rockkonzerte werde die Vorgabe der Freizeitlärm-Richtlinie nicht ansatzweise eingehalten. Es sei auch in keiner Weise ersichtlich, wie die Immissionsrichtwerte bei Rockkonzerten und Musicals eingehalten werden könnten. Es könne nicht davon die Rede sein, dass für Rockveranstaltungen und Musicals eine hohe Standortgebundenheit mit örtlichem oder regionalem Bezug gegeben sei. Ein Sonderfall im Sinne der Freizeitlärm-Richtlinie, um die Nachtzeit auf 23:00 Uhr zu verschieben, sei nicht gegeben. Dass hierdurch das halbe Theaterfestival als seltene Veranstaltung qualifiziert werde, entspreche nicht dem Sinn und Zweck der Nr. 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie. Die Immissionen, die durch Rockkonzerte und Musicals verursacht würden, seien auch unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs in keiner Weise zumutbar, zumal die Antragsgegnerin gegenüber der ... vor Jahrzehnten ein allgemeines Wohngebiet ausgewiesen habe, das es nun zu schützen gelte. Schließlich sei der Antragsgegnerin aufzugeben, die Schallimmissionsmessungen durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro durchführen zu lassen, die Messergebnisse bekannt zu geben und der Beigeladenen aufzugeben, dass auch bei allen Proben die zulässigen Grenzwerte in einem allgemeinen Wohngebiet nicht überschritten würden.

3.

Die Antragsgegnerin ließ mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 20. Mai 2016 beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde vorgebracht: Die Antragsteller schienen grundsätzlich die Rechtsgrundlage zu verkennen, denn eine Genehmigung der Veranstaltungen sei gemäß Art. 19 LStVG nicht erforderlich, insbesondere seien nicht mehr als 1.000 Besucher zu erwarten. Die erforderliche Anzeige nach Art. 19 Abs. 1 LStVG habe eine Woche vor Beginn der Veranstaltung zu erfolgen; dies sei zwischenzeitlich geschehen. Darüber hinaus werde von Antragstellerseite verkannt, dass der Erlass entsprechender Auflagen gemäß Art. 19 Abs. 5 LStVG im pflichtgemäßen Ermessen der Antragsgegnerin stehe. Den im vergangenen Jahr durchgeführten Schallmessungen lasse sich entnehmen, dass durch die Veranstaltungen Schauspiel, Kinderstück und Jugendstück in keiner Weise die Werte der Freizeitlärm-Richtlinie überschritten würden. Darüber hinaus habe das Institut ... in der Stellungnahme vom 15. September 2015 Maßnahmen zur Schallausbreitungsreduzierung ermittelt und vorgeschlagen. In einem entsprechenden Auflagenbescheid werde die Auflage aufgenommen, diese Empfehlungen umzusetzen und die Wirksamkeit der empfohlenen Schutzmaßnahmen durch eine Messung bei der ersten Aufführung nachzuweisen. Für den Fall, dass die empfohlenen Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg brächten, habe sich die Antragsgegnerin weitergehende Auflagen vorbehalten. Es liege hier eine Gemengelage vor, so dass sich der Schutzanspruch im vorliegenden Fall gemäß Ziffer 4.1.c der Freizeitlärm-Richtlinie aus den für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete zugrunde zu legenden Werten ergebe. Nach den Feststellungen des Instituts ... seien diese Grenzwerte deutlich unterschritten, die für Wohngebiete jedenfalls eingehalten. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Veranstalter die Anfangszeiten von 20:30 Uhr auf 20:00 Uhr vorverlegt habe. Für die drei Sonderveranstaltungen nehme die Betreiberin die Sonderfallregelung unter Ziffer 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie in Anspruch. Auch die weiteren Voraussetzungen der Freizeitlärm-Richtlinie seien eingehalten, eine Überschreitung des Beurteilungspegels von 55 dB(A) nach 24:00 Uhr ausgeschlossen. Der Antrag der Beigeladenen auf Verschiebung der Nachtzeit für das Musical „Hair“ sei nur hinsichtlich der Samstage, also an insgesamt sieben Tagen um eine Stunde bewilligt worden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Veranstalterin weitere umfangreiche Maßnahmen vorgenommen habe, wie die Verlegung der Premiere auf einen Freitag (also ein Wochenende), die Unterbindung von Musikdarbietungen nach der Premiere, die Änderung der Pausenfanfare, den Wegfall des Feuerwerks, den Wegfall der Pausen an Wochenenden, die Durchführung umfangreicher Messungen, die Installation von Schutzwänden sowie die Beauftragung von Nachmessungen während der Festspiele. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Untersagung der begehrten Sonderveranstaltungen und Musicals das Ende der ...-Festspiele und die Insolvenz des Beigeladenen bedeuten würde. Da hinsichtlich der Proben die jeweils zulässigen Lärmwerte eingehalten würden, sei auch der Antrag zu 2) unbegründet. Gleiches gelte für den Antrag zu 3), da ein Verbot von Aufführungen nach 22:00 Uhr nur dann verlangt werden könne, wenn die entsprechenden Grenzwerte überschritten würden, was nicht zu erwarten sei. Der Antrag zu 4) entbehre einer Grundlage, denn die Veranstaltungen seien genehmigungsfrei. Die Antragsgegnerin erkläre sich aber - ohne dass eine rechtliche Verpflichtung gesehen werde - bereit, nach Eingang der entsprechenden Messergebnisse diese unaufgefordert den Antragstellern zur Verfügung zu stellen.

4.

Der Beigeladene ließ durch seine Bevollmächtigte beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde vorgebracht: Der Antrag zu 1) könne von den Antragstellern nicht verlangt werden. Allenfalls könne die Einhaltung der Grenzwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie beantragt werden. Das gleiche gelte für den Antrag zu 2). Die Festspiele wiesen eine hohe Standortgebundenheit auf. Alleine wegen der malerischen Ruine könnten diese Festspiele an keinem anderen Ort aufgeführt werden. Eine Befragung der gesamten betroffenen Nachbarschaft habe ergeben, dass sich alleine die Antragsteller durch die Festspiele belästigt und gestört fühlten. Die hohe Zahl von ehrenamtlichen Mitgliedern und weiteren mithelfenden Personen aus der Stadt Klingenberg zeige, dass die Veranstaltung eine hohe soziale Adäquanz und Akzeptanz genieße. Der Beigeladene sei auf das Musical dringend angewiesen, da dies der Besuchermagnet sei. Die vom Büro ... vorgeschlagenen Maßnahmen zur Lärmreduzierung seien bereits umgesetzt worden. So seien die Spielzeiten des Musicals auf maximal 120 Minuten gekürzt, auf Pausen verzichtet und Anfangszeiten vorverlegt worden. Nach der Anbringung einer Schallschutzwand und der Regulierung der elektroakustischen Verstärkeranlage um 2-3 dB(A) werde die Schallimmission von 50 dB(A) nicht überschritten. Eine weitere Schallreduzierung sei aus technischer Sicht nicht mehr möglich. Zur Überprüfung, dass die zulässigen Werte eingehalten würden, solle schon am Tag der Premiere ein Geräuschpegel gemessen und dokumentiert werden. Dem Gutachten der Firma ... sei zu entnehmen, dass die Werte bei den Rockkonzerten deutlich überschritten würden. Es handele sich um drei Gastspiele, die für das finanzielle Überleben des Vereins notwendig seien. Bei dem Kinderstück, dem Schauspiel und dem Jugendstück würden die zulässigen Grenzwerte nicht überschritten. Auch bei dem Musical werde der Grenzwert von 50 dB(A) nicht überschritten, es werde lediglich darum gebeten, an fünf Freitagen und sieben Samstagen die Nachtzeit um eine Stunde zu verlängern. Auch bei den Proben würden die Grenzwerte nicht überschritten.

5.

Bereits mit Schreiben vom 1. April 2016, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 4. April 2016, hatte der Beigeladene einen Antrag auf Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs nach § 12 GastG für die...-Festspiele 2016 gestellt. Mit Formblattantrag vom 14. Mai 2016, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 17. Mai 2016, wurde die Veranstaltung „...-Festspiele 2016 vom 10.06.2016 bis 31.07.2016 gemäß § 19 Landesstraf- und Verordnungsgesetzes“ angezeigt.

In der vorgelegten Behördenakte befindet sich der Entwurf eines Bescheids mit Datum 17. Mai 2016, mit dem in Ziff. 1 tenoriert wird, dass zur Durchführung der „... Festspiele 2016“ vom 10. Juni bis 2. August 2016 durch den Verein ...-Festspiele e.V. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, zum Schutz von Leib und Leben und des Nachbarschutzes Auflagen veranlasst sind. In Ziff. 10 der „Auflagen“ finden sich folgende Regelungen zum Lärmschutz:

„Hinsichtlich des Lärmschutzes wird auf die Freizeitlärm-Richtlinie der LAI v. 06.03.2015 verwiesen. Der Veranstalter hat die von dem Institut ... in der Schallimmissionsprognose vom 15.09.2015 empfohlene Maßnahme bereits umgesetzt in dem er die Lücken in den vorhandenen Schirmwänden geschlossen hat. Weiter wird er dafür Sorge tragen, dass die Schalleistung der elektroakustischen Verstärkeranlagen um bis zu 3 dB reduziert wird. Diese Maßnahmen sind für sämtliche Veranstaltungen bis zu deren Ende aufrecht zu erhalten. Diese Empfehlungen sind Bestandteil dieses Bescheides und als Anlage 2 beigefügt. Die Empfehlungen sind während aller Veranstaltungen zwingend einzuhalten.

Bei der Positionierung der Lautsprecher dürfen diese nicht zu hoch angebracht werden. Die auf der Burgmauer befindlichen Schirmwände dürfen durch keinen Teil der Lautsprecher überragt werden.

Zu den jeweiligen Sparten werden weiter folgende Auflagen getroffen:

10.1 Sparte A „Musical Hair“ und Sparte C Sonderveranstaltungen:

Gemäß Ziffer 4.4.2 Freizeitlärm-Richtlinie wird an Samstagen (siehe Anlage 1) der Beginn der Nachtzeit auf 23:00 Uhr verschoben. Gleiches gilt für die Tage mit Sonderveranstaltungen am 27.06., 11.07. und 02.08.2016 sowie die Premiere der ...-Festspiele am 10.06.2016.

Dem Veranstalter wird aufgegeben bei der ersten Veranstaltung der Sparte A am 10.06.2016 und der Sparte C am 27.06.2016 eine Schallimmissionsmessung durchzuführen. Das Ergebnis ist unverzüglich der Stadt Klingenberg a. Main vorzulegen.

Sollten nach Auswertung der Messungen weitere Auflagen notwendig werden, so behält sich die Stadt Klingenberg a. Main vor diese nachträglich noch anzuordnen.

10.2 Sparte B = Schillers Räuber, Familienmusical „Peter Pan“ und die Eigenproduktionen „Jesus Mohammed“:

Dem Veranstalter wird aufgegeben bei der ersten Veranstaltung der Sparte B am 18.06.2016 eine Schallimissionsmessung durchzuführen. Das Ergebnis ist unverzüglich der Stadt Klingenberg a. Main vorzulegen.

Sollten nach Auswertung der Messung weitere Auflagen notwendig werden, so behält sich die Stadt Klingenberg a. Main vor diese nachträglich noch anzuordnen.“

Des Weiteren enthält die Behördenakte den Entwurf eines Bescheids zur Erteilung einer gaststättenrechtlichen Genehmigung mit Datum 20. Mai 2016. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2016 erklärte der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin verbindlich, dass die im Entwurf vorliegenden Bescheide so erlassen und nicht zulasten der Antragsteller abgeändert werden würden.

6.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die eingereichten Schriftsätze samt Anlagen, auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO war im tenorierten Umfang stattzugeben. Im Übrigen war der Antrag bereits teilweise als unzulässig und im Übrigen als unbegründet abzulehnen.

1.

Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist hinsichtlich der Sätze 1 und 2 der Ziffer 4 des gestellten Antrags mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig.

Denn die Antragsgegnerin hat im Entwurf ihres Bescheides vom 17. Mai 2016, dessen Erlass sie mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23. Mai 2016 verbindlich zugesichert hat, dem Beigeladenen aufgegeben, bei den jeweils ersten Veranstaltungen der Sparte A (Musical „Hair“) am 10. Juni 2016 und der Sparte C (Sonderveranstaltungen) am 27. Juni 2016 sowie der Sparte B (Schillers Räuber, Familienmusical „Peter Pan“ und Eigenproduktion „Jesus Mohammed“) am 18. Juni 2016 Schallimmissionsmessungen durchzuführen und das Ergebnis ihr unverzüglich vorzulegen. Damit hat die Antragsgegnerin dem Begehren der Antragsteller, die im Wege der einstweiligen Anordnung erreichen wollen, dass der Beigeladene verpflichtet wird, Messungen „jeweils bei der ersten Ausführung der unterschiedlichen Veranstaltungen durchzuführen“ und hierdurch die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie durch Messungen, die von einem qualifizierten Ingenieurbüro durchzuführen sind, nachzuweisen, insoweit in vollem Umfang entsprochen.

2.

Der wörtlich gestellte Antrag, die „Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, im diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der...-Festspiele (dem Beigeladenen) folgende Auflagen zu erteilen“, ist selbst als nach sachgerechter Auslegung (§ 88 VwGO) dahin zu verstehender Antrag, dass die von den Antragstellern verlangten Regelungen zum Lärmschutz in eine Anordnung nach Art. 19 Abs. 5 LStVG aufgenommen werden sollen, nicht begründet. Er ist vielmehr lediglich in dem tenorierten Umfang begründet.

Das Gericht der Hauptsache kann nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung).

Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich („glaubhaft“) sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird. Welche Anforderungen an die Erfolgsaussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Wird durch die begehrte Maßnahme die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt endgültig und irreversibel vorweggenommen, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Dieser besonders strenge Maßstab ist hingegen abzumildern, wenn die begehrte Rechtsposition nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung eingeräumt werden soll, weil sie faktisch nicht mehr rückgängig zu machen ist, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insoweit nur vorläufig gewährt wird. In diesem Fall können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen und die befürchteten wesentlichen Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden. Ist eine überwiegende Erfolgsaussicht hingegen nicht feststellbar, kann eine Regelungsanordnung nur ergehen, wenn dem Betroffenen andernfalls schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existentielle Gefahren für Leben und Gesundheit drohen (vgl. zum Ganzen: VGH Mannheim, B. v. 5.2.2015 - 10 S 2471/14 - NVwZ-RR 2015, 650 und B. v. 5.5.2009 - 10 S 494/09 - juris - m. w. N.).

Das Gericht hat beim Erlass einer einstweiligen Anordnung einen weiten Ermessensspielraum (§ 123 Abs. 3 i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO). Dies bedeutet jedenfalls, dass es an die Fassung des Antrags nicht gebunden ist (§ 88 VwGO entsprechend; vgl. Happ in Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 33, 64; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 123 Rn. 28). Im Hinblick darauf, dass aufgrund der Bezugnahme auf § 938 Abs. 1 ZPO maßgeblich ist, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks erforderlich sind, kann das Gericht nicht nur hinter dem Antrag zurückbleiben, sondern auch eine geeignete andere Regelung treffen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 123 Rn. 28).

2.1.

Vorliegend haben die Antragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, weil die ...-Festspiele mit den einzelnen Veranstaltungen und hier insb. den Musicals und Rockevents unmittelbar bevorstehen und daher der Ausgang eines Hauptsacheverfahrens nicht abgewartet werden kann. Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass dadurch die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde, da andernfalls die Veranstaltung bereits vorbei wäre.

2.2.

Problematisch ist vorliegend aber die Frage der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs. Ein solcher ist nur im tenorierten Umfang gegeben, nicht aber hinsichtlich des gestellten Antrags bzw. hinsichtlich der geforderten konkreten Regelungen. Im Einzelnen:

2.2.1.

Soweit die Antragsteller begehren, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, im diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der...-Festspiele des Beigeladenen im Einzelnen bestimmte Auflagen festzulegen, geht ihr Antrag ins Leere.

Denn ein „Erlaubnisbescheid“ zur Veranstaltung der ...-Festspiele nach Art. 19 Abs. 3 LStVG wird mangels Erlaubnisbedürftigkeit nicht ergehen. Zwar hat die Antragsgegnerin im vergangenen Jahr einen solchen erteilt. Sie hat aber erkannt, wie sich den in der vorgelegten Behördenakte enthaltenen Entwürfen eines gaststättenrechtlichen Bescheids und eines „Auflagenbescheids“ nach Art. 19 Abs. 5 LStVG entnehmen lässt, dass jedenfalls für die diesjährige Veranstaltung eine Genehmigung der „...-Festspiele“ im vg. Sinne nicht erforderlich ist (Dafür, ob eine Genehmigung nach anderen Vorschriften, insbesondere des Bauordnungsrechts erforderlich ist, sind im Rahmen der hier nur durchzuführenden summarischen Prüfung nicht genügend Anhaltspunkte vorhanden). Nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1-3 LStVG ist die Erlaubnisbedürftigkeit nur dann zu bejahen, wenn die nach Art. 19 Abs. 1 LStVG erforderliche Anzeige nicht fristgemäß erstattet wird (Nr. 1), es sich um eine motorsportliche Veranstaltung (Nr. 2) oder um eine Veranstaltung handelt, die außerhalb dafür bestimmter Anlagen stattfinden soll und zu der mehr als 1.000 Besucher gleichzeitig zugelassen werden sollen.

Zwar handelt es sich bei der Veranstaltung der ...-Festspiele um eine anzeigepflichtige öffentliche Vergnügung i. S. d. Art. 19 Abs. 1 LStVG, jedoch weder um eine motorsportliche Veranstaltung i. S. d. Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LStVG noch um eine Veranstaltung im Freien, zu der mehr als 1.000 Besucher zugleich zugelassen werden sollen (Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LStVG). Denn nach den übereinstimmenden Angaben der Antragsgegnerin und des Beigeladenen, die auch von Antragstellerseite nicht bestritten wurden, sollen pro Veranstaltung max. 800 Besucher teilnehmen. Auch hat der Beigeladene die Veranstaltung fristgemäß mehr als eine Woche vorher bei der Antragsgegnerin angezeigt, da die Anzeige laut Eingangsstempel am 17. Mai 2016 bei dieser einging, so dass sich eine Erlaubnispflicht auch nicht aus Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 LStVG ergibt.

2.2.2.

Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Untersagung von Rockkonzerten, Musicals und musikalischen Events jeder Art (Ziffer 1 des Antrags), auf Begrenzung der Zahl der Probetermine unter Beschallung von Lautsprechern (Ziffer 2 des Antrags), auf Beendigung der Veranstaltungen der ...-Festspiele um 22:00 Uhr (Ziffer 3 des Antrags) und auch nicht auf Beschränkung der Dauer der Festspiele auf sechs Wochen (Ziffer 5 des Antrags) durch die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung.

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist hier Art. 19 Abs. 5 LStVG. Nach dessen Satz 1 können die Gemeinden zum Schutz der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG bezeichneten Rechtsgüter, d. h. zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder zum Schutz vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft oder vor erheblichen Beeinträchtigungen der Natur oder Landschaft, Anordnungen für den Einzelfall für die Veranstaltung öffentlicher Vergnügungen und sonstiger Vergnügungen treffen. Reichen Anordnungen nach Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG nicht aus, so kann die Veranstaltung untersagt werden (Art. 19 Abs. 5 Satz 2 LStVG).

Ein Rechtsanspruch eines Dritten auf Erlass einer Untersagung besteht dabei grundsätzlich nicht. Der Dritte hat bei der Entscheidung über den Erlass einer Untersagung - soweit seine Interessen i. S. d. Art. 19 Abs. 4 LStVG durch die Veranstaltung berührt sein können - vielmehr lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung durch die Gemeinde, d. h. der Dritte hat nur dann einen Anspruch auf Untersagung der fraglichen Veranstaltung, wenn diese gegen (auch) zu seinem Schutz bestehende Vorschriften verstößt und wenn zudem Umstände vorliegen, die dazu führen, dass sich das der Gemeinde durch Art. 19 Abs. 5 Satz 2 LStVG eröffnete Eingriffsermessen auf Null reduziert. Gleiches hat auch hinsichtlich der Anordnungen für den Einzelfall i. S. v. Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG zu gelten. Diese Regelung räumt der Behörde Ermessen ein. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Entschließungsermessens, also der Entscheidung, ob die Behörde regelnd tätig wird. Das der Behörde eingeräumte Ermessen betrifft aber auch das sog. Auswahlermessen, das die Behörde im Rahmen des Art. 8 LStVG bei der Auswahl der Mittel, mit denen sie den prognostizierten Gefahren begegnen will, hat. So steht der Sicherheitsbehörde bei der Auswahl des Mittels, dessen sie sich zur Abwehr der drohenden erheblichen Nachteile für die Nachbarn bedienen will, ein im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO gerichtlich beschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum zu (vgl. BayVGH, U. v. 7.8.2013 - 10 B 13.1234 - juris; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 136).

Für eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Antragsteller in dem Sinn, dass nur die von ihnen begehrten Regelungen die einzig richtigen Maßnahmen darstellen würden, dass nur durch diese Maßnahmen ihre Rechte als Nachbarn gewahrt würden, ist hier aber weder etwas vorgetragen noch sonst wie ersichtlich. Insbesondere können die Rechte der Antragsteller durch andere Regelungen wie die Festlegung von Immissionsrichtwerten und andere von der Antragsgegnerin angeordnete Maßnahmen gewahrt werden (siehe hierzu unten 2.2.3. bis 2.2.6.). Bereits aus diesem Grund können die Antragsteller konkrete Regelungen, wie von ihnen verlangt, nicht im Wege einer Verpflichtungsklage und schon gar nicht im Wege der einstweiligen Anordnung erfolgreich geltend machen.

2.2.3.

Den Antragstellern steht aber nach summarischer Prüfung ein Anspruch auf Festsetzung ihnen zumutbarer Immissionsrichtwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie - wie tenoriert - zu.

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist auch hier Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG. Hauptanwendungsfall der erheblichen Belästigungen i. S. d. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG sind Immissionen. Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit des von der geplanten Veranstaltung ausgehenden Lärms ist mithin § 22 Abs. 1 BImSchG. Danach sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen, worunter auch die Veranstaltung von Freilichttheater-Festspielen (mit Musicals und Rockevents) fällt, so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG), verhindert werden, soweit sie nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die Frage der Erheblichkeit wird dabei entscheidend durch die bebauungsrechtliche Situation bestimmt, in der sich die störende oder gestörte Nutzung befindet. Darüber hinaus sind für die Beurteilung der belästigenden Wirkung von Geräuschen aber nicht nur physikalische Eigenschaften wie Schalldruck und Frequenz, sondern auch wertende Elemente wie Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit, der sozialen Adäquanz und der allgemeinen Akzeptanz in der Bevölkerung zu berücksichtigen (BayVGH, B. v. 17.10.1996 - 24 CS 96.3145 - NJW 1997, 1181; B. v. 12.5.2004 - 24 CE 04.1230 - NVwZ 2005, 719). Dabei bleibt es der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall vorbehalten, die Schädlichkeit der von solchen Anlagen ausgehenden Lärmeinwirkungen i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG zu beurteilen. Die Schädlichkeitsgrenze wird nicht so sehr nach einem festen und einheitlichen Maßstab bestimmt, sondern mehr aufgrund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenart der einzelnen Immissionen (Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit, Lästigkeit) und der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets.

Anders als die Antragstellerseite wohl meint („verpflichtet, die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie“ nachzuweisen und „die musikalischen Veranstaltungen überschreiten diese Grenzwerte ständig“), kann die Beurteilung, wann Freizeitlärm zu erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft führt, nicht anhand allgemein gültiger Grenzwerte vorgenommen werden. Denn derzeit liegen rechtsverbindliche Vorschriften oder auch nur normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften darüber, ab welcher Erheblichkeitsgrenze Freizeitlärm zu einem erheblichen Nachteil bzw. einer erheblichen Belästigung für den Nachbarn führt, nicht vor (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 113). Die von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) empfohlene „Freizeitlärm-Richtlinie“, die in der überarbeiteten Version unter dem Stand 6. März 2015 vorliegt (abrufbar im Internet unter www.lai-immissionsschutz.de/servlet/is/20170/Freizeitl%C3%A4rmrichtline%20final. pdf?command=downloadContent&filename=Freizeitl%E4rmrichtline%20final.pdf), hat ebenfalls keinen normativen oder quasi-normativen Charakter und kann deshalb keine Allgemeinverbindlichkeit für sich beanspruchen (vgl. Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Dez. 2015, Nr. 1 TA Lärm, Rn. 10; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn.113).

Bei der gerichtlichen Beurteilung der Zumutbarkeit von Lichtimmissionen im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme kann die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie aber als sachverständige Beurteilungshilfe, als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. BayVGH, B. v. 26.7.2006 - 1 CE 06.1937 - juris; B. v. 12.5.2004 - NVwZ 2005, 719). Die Freizeitlärm-Richtlinie des LAI - in der überarbeiteten Version des Jahres 2015 - findet Anwendung bei der Beurteilung der Wirkung von Lärmimmissionen auf Menschen durch Freizeitanlagen. Dies sind Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genützt zu werden. Hierzu zählen auch Freilichtbühnen (s. Freizeitlärm-Richtlinie, Nr. 1 Absatz 2, Spiegelstrich 4). Die Erheblichkeit einer Lärmbelästigung hängt nicht nur von der Lautstärke der Geräusche ab, sondern auch wesentlich von der Nutzung des Gebiets, auf das sie einwirken, von der Art der Geräusche und der Geräuschquellen sowie dem Zeitpunkt (Tageszeit) oder der Zeitdauer der Einwirkungen. Bei der Beurteilung ist nicht auf eine mehr oder weniger empfindliche individuelle Person, sondern auf die Einstellung eines verständigen, durchschnittlich empfindlichen Mitbürgers abzustellen. Von Bedeutung für die Beurteilung der Geräusche von Freizeitanlagen ist die Schutzbedürftigkeit der Nutzungen in den diesen Anlagen benachbarten Gebieten, wobei grundsätzlich vom Bebauungsplan auszugehen ist. Liegen aufgrund baulicher Entwicklungen in der Vergangenheit Wohngebiet und Freizeitanlagen eng zusammen, kann eine besondere Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme bestehen. Sofern an störenden Anlagen alle verhältnismäßigen Emissionsminderungsmaßnahmen durchgeführt sind, kann diese Pflicht dazu führen, dass die Bewohner mehr an Geräuschen hinzunehmen haben als die Bewohner von gleichartig genutzten Gebieten, die fernab derartiger Gebiete liegen (s. Freizeitlärm-Richtlinie, Nr. 2).

Nummer 4 der Freizeitlärm-Richtlinie markiert die Schwelle des für erforderlich gehaltenen Lärmschutzniveaus differenzierend nach dem Gebietscharakter nach Tages-, Nacht- und Ruhezeiten sowie Sonn- und Feiertagen (Nr. 4.1) durch die Festlegung bestimmter Immissionsrichtwerte für die hierin genannten Immissionsorte. Diese gebietsbezogenen Werte sind Ausdruck einer typisierenden Betrachtungsweise des Hinweisgebers. Immissionsrichtwerte unterscheiden sich von Immissionsgrenzwerten durch ihre fehlende Verbindlichkeit. Während Grenzwerte absolute Beurteilungsschwellen darstellen, die unter keinen Umständen über- oder unterschritten werden dürfen, dienen Richtwerte nur als Orientierungshilfe für den Regelfall (Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 der 18. BImschV Rn. 17).

Die Freizeitlärm-Richtlinie legt für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden („Außen“) in allgemeinen Wohngebieten tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit (8:00 bis 20:00 Uhr) einen Immissionsrichtwert von 55 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit (6:00 bis 8:00 Uhr und von 20:00 bis 22:00) Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A), sowie nachts (von 22:00 bis 6:00 Uhr) von 40 dB(A) fest (vgl. Nr. 4.1 Buchst. d) i. V. m. Nr. 3.4). Der Immissionsrichtwert für Kern-, Dorf- oder Mischgebiete liegt um jeweils 5 dB(A) höher (vgl. Nr. 4.1 Buchst. c)). Einzelne Geräuschspitzen sollen die vg. Immissionsrichtwerte tags um nicht mehr als 30 dB(A) sowie nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten (vgl. Nr. 4.3 Satz 1). Die Freizeitlärm-Richtlinie sieht unter Nr. 4.4.2 hinsichtlich der Zumutbarkeit bei seltenen Ereignissen Folgendes vor: a) Sofern bei seltenen Veranstaltungen Überschreitungen des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts zu erwarten sind, ist deren Zumutbarkeit explizit zu begründen. b) Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden. c) In besonders gelagerten Fällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein. d) Die Anzahl der Tage (24 Stunden-Zeitraum) mit seltenen Veranstaltungen soll 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. e) Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts einhalten. Des Weiteren macht die Freizeitlärm-Richtlinie unter Nr. 3 konkrete Vorgaben für die Ermittlung des Beurteilungspegels (wie etwa Berücksichtigung von Impulshaftigkeit, auffälligen Pegeländerungen, Ton- und Informationshaltigkeit, Abstellen auf die ungünstigste volle Stunde usw.).

Die zuständige Behörde kann erhebliche Lärmbelästigungen für die Nachbarschaft i. S. d. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG auf verschiedene Weise verhüten. Nicht ausreichend ist die abstrakte Wiedergabe der für die bestimmten Gebietsarten einzuhaltenden Werte, ohne konkrete Benennung des Gebietscharakters der Nachbarbebauung (VGH Mannheim, U. v. 29.1.2008 - 8 S 2748/06 - BauR 2008, 1573; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 116). Bei der Lösung einer Immissions-Konfliktlage reicht es in der Regel aus, wenn die Behörde bei der Erlaubniserteilung durch Nebenbestimmungen oder sonst durch Einzelfallanordnungen die einzuhaltenden Grenzwerte festsetzt bzw. dem Emittenten aufgibt, näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 116; siehe bereits BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15). Eine solche Festsetzung ist allerdings nicht geeignet, den schützenswerten Belangen des Nachbarn Rechnung zu tragen, wenn von vornherein dafür Anhaltspunkte bestehen, dass die festgesetzten Werte voraussichtlich nicht eingehalten werden. Denn in dem Fall, dass die Forderung der Einhaltung von Lärmwerten nicht realistisch ist, ist der Schutz der Nachbarschaft durch andere geeignete Maßnahmen, insbesondere Betriebszeitenbeschränkungen sicherzustellen (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 116).

2.2.4.

Unter Zugrundelegung dieser allgemeinen Grundsätze und unter Berücksichtigung des von der Antragsgegnerin verbindlich zugesagten „Auflagenbescheids“ und unter Berücksichtigung der im Tenor dieser Entscheidung getroffenen Verpflichtung der Antragsgegnerin erweisen sich nach summarischer Prüfung die von dem Vorhaben des Beigeladenen ausgehenden Lärmimmissionen für die Antragsteller nicht als unzumutbar i. S. d. Art. 19 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 LStVG.

Ausreichend, aber auch erforderlich, um die vorliegende Immissions-Konfliktlage zu lösen, ist die Festsetzung der im Tenor festgelegten, einzuhaltenden Immissionsrichtwerte. Denn einerseits lässt sich aus den vorgelegten Gutachten des Büros ..., ..., entnehmen, dass hierdurch der Schutz der Nachbarschaft, insbesondere der Antragsteller, sichergestellt werden kann. Es ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass eine solche Forderung realistischer Weise nicht eingehalten werden kann. Andererseits muss die Behörde dem Veranstalter konkrete Immissionsrichtwerte vorgeben, die dieser einzuhalten hat. Nicht ausreichend ist - wie bereits dargelegt - die abstrakte Wiedergabe der für bestimmte Gebietsarten einzuhaltenden Werte, ohne dass das Gebiet genau bezeichnet würde. Ein bloßer Verweis auf die „Freizeitlärm-Richtlinie der LAI v. 06.03.2015“ - wie in Ziffer 10 Satz 1 der „Auflagen“ des Bescheidentwurfs vom 17. Mai 2016 - erfüllt nämlich nicht die Anforderungen, die entsprechend Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG an die hinreichende Bestimmtheit einer Regelung zu stellen sind. Denn es ist weder für den Adressaten des Bescheids noch für den Nachbarn erkennbar, welche gebietsbezogenen Werte nach Nr. 4.1 Buchst. a) bis f) im konkreten Fall zugrunde zu legen sind.

Das Büro ... hat am 24. Juli 2015 von 20:30 bis 23:30 Uhr, während der Aufführung des Musicals „Dracula“, im Auftrag des Beigeladenen Schall-immissionsmessungen auf dem Grundstück der Antragsteller und zeitgleich im Zuschauerbereich auf der ... durchgeführt. Die Ergebnisse sind in dem Bericht zu den Schallimmissionsmessungen vom 26. August 2015 zusammengefasst, wobei festgehalten wird, dass bei der untersuchten Veranstaltung Überschreitungen der zulässigen Immissionspegel aufgetreten sind. So wurde aus der durchgeführten Messung für den Zeitraum von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr am Grundstück der Antragsteller ein über zwei Stunden gemittelter Beurteilungspegel von 53 dB(A) errechnet, der mithin um 3 dB(A) über dem Richtwert für die Ruhezeit in einem allgemeinen Wohngebiet liegt. Für die beiden betroffenen Nachtstunden ergeben sich Beurteilungspegel von 56 dB(A) (Stunde von 22:00 Uhr bis 23:00 Uhr) bzw. 52 dB(A) (Stunde von 23:00 Uhr bis 24:00 Uhr), und damit Überschreitungen des Richtwerts für die Nachtzeit von 16 dB(A) bzw. 12 dB(A). Weitergehende Maßnahmen sind - so der Gutachter ausdrücklich - notwendig und würden auch untersucht.

In der Folge hat das Büro ... eine Schallimmissionsprognose erstellt und Maßnahmen zur Lärmminderung erarbeitet (Bericht Schallimmissionsprognose und Maßnahmen zur Minderung vom 15.9.2015). Dabei hat das Büro zusammenfassend ausgeführt, dass der ermittelte (hoch erscheinende) Beurteilungspegel von bis zu 56 dB(A), bezogen auf eine volle Stunde zum einen auf die relativ kurze Entfernung von 200 m und zum anderen auf die Zuschläge für Impulshaltigkeit und Informationshaltigkeit zurückzuführen sei.

Dabei wurden von Gutachterseite folgende Empfehlungen gegeben: Da es aus fachtechnischer Sicht nicht realistisch erscheine, die nächtlichen Richtwerte bei der Durchführung der Musicals einhalten zu können, sei sicherzustellen, dass die Veranstaltungen auf der ... vollständig in der Tagzeit/Ruhezeit durchgeführt würden, wofür eine Vorverlegung des Veranstaltungsbeginns bzw. eine Verschiebung des Beginns der Nachtzeit in Betracht komme. Es sei festgestellt worden, dass der bei der Musical-Veranstaltung ermittelte Beurteilungspegel um 6 dB(A) verringert werden müsse, um die Richtwerte der Freizeitlärm-Richtlinie zur Ruhezeit einzuhalten. Dabei dürfte aus fachtechnischer Sicht eine Minderung der Schallemission um 5 dB ausreichen, um den Beurteilungspegel von 50 dB(A) zur Ruhezeit einzuhalten. Hierfür werde es notwendig sein, die „Schallleistung der elektroakustischen Verstärkungsanlage um 2 … 3 dB zu reduzieren.“ Die vorhandenen Schirmwände müssten erweitert werden, so dass diese im Bereich der nordwestlichen und nordöstlichen Burgmauern möglichst lückenlos aneinander anschließen würden. Empfehlenswert sei, die Schirmwand auf dem niedrigen Mauerabschnitt so hoch zu planen, dass die Oberkante ebenso hoch wie die der vorhandenen Wände sei. Lücken zwischen den Wandelementen seien möglichst zu vermeiden. Insgesamt könne damit eine Minderung um 2,5 dB erwartet werden. Bezüglich der Rockkonzerte hätten die Berechnungen ergeben, dass diese auch bei der bestehenden Ausführung der Schirmwände als seltene Ereignisse durchführbar seien. Zur Tagzeit könne dabei maximal ein Schallleistungspegel von 124 dB(A) emittiert werden, um den Beurteilungspegel von 70 dB(A) am maßgebenden Immissionsort einzuhalten. Zur Nachtzeit müsse die Verstärkung auf einen Schallleistungspegel von 118 dB(A) reduziert werden. Bei der Positionierung der Lautsprecher müsse zusätzlich darauf geachtet werden, dass diese nicht zu hoch angebracht würden. Die Schirmwände dürften durch keinen Teil der Lautsprecher überragt werden.

Der Bescheidsentwurf mit Datum 17. Mai 2016, dessen Erlass von der Antragsgegnerin verbindlich zugesichert wurde, enthält eine Reihe von Regelungen, die einen ausreichenden Lärmschutz zugunsten der Nachbarn sicherstellen sollen. So wurden im Einzelnen in Ziffer 10 des Bescheidentwurfs in Verbindung mit den Empfehlungen des Büros ... eine Reihe von Maßnahmen getroffen, wie Schließung der Lücken mittels Schirmwänden, der Reduzierung der Schallleistung um bis zu 3 dB, genauer um 2 bis 3 dB (vgl. Schallimmissionsprognose des Büros ...), die Verschiebung der Nachtzeit für einzelne Veranstaltungen und die Durchführung von Schallimmissionsmessungen, wobei dies - was selbstverständlich sein dürfte - durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro zu erfolgen haben. Durch den Bescheidsentwurf wurde aber der Schutz der Nachbarschaft nicht (vollständig) sichergestellt, da insoweit keine Festsetzung von Lärmwerten erfolgt ist. Mithin war der Antragsgegnerin aufzugeben, in dem zu erlassenden „Auflagenbescheid“ die entsprechenden Immissionsrichtwerte noch festzusetzen.

2.2.5.

Nach summarischer Prüfung spricht einiges gegen die von Seiten der Antragsgegnerin erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgebrachte Auffassung, wonach hier nicht die Immissionsrichtwerte der Ziffer 4.1 Buchst d) für allgemeine Wohngebiete, sondern die der Ziffer 4.1 Buchst c) für Kern-, Dorf- und Mischgebiete zugrunde zu legen seien. Denn ausweislich Absatz 3 der Ziffer 2 der Freizeitlärm-Richtlinie ist für die Beurteilung der Geräusche von Freizeitanlagen die Schutzbedürftigkeit der Nutzungen in den diesen Anlagen benachbarten Gebieten von Bedeutung. Hierbei ist für die Zuordnung der für die Beurteilung maßgebenden Immissionsrichtwerte (nach Nr. 4.1 Buchst a) - f)) zu den Gebieten im Einwirkungsbereich der Anlage grundsätzlich vom Bebauungsplan auszugehen. Dies ist hier der qualifizierte Bebauungsplan „Bergstraße“ der Stadt Klingenberg a. Main, in Kraft getreten am 23. April 1971, der hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet festsetzt und in dessen Geltungsbereich sich das Anwesen der Antragsteller befindet. Eine besondere Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme kann gemäß Absatz 3 der Ziffer 2 der Freizeitlärm-Richtlinie zwar dann bestehen, wie der Bevollmächtigte der Antragstellerin ausgeführt hat, wenn aufgrund baulicher Entwicklungen in der Vergangenheit Wohngebiet und Freizeitanlagen eng zusammen liegen. Unter der Voraussetzung, dass an störenden Anlagen alle verhältnismäßigen Emissionsminderungsmaßnahmen durchgeführt sind, kann dann die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme dazu führen, dass die Bewohner mehr an Geräuschen hinnehmen müssen als die Bewohner von gleichartig genutzten Gebieten, die fernab derartiger Anlagen liegen. Hierbei sollen die zu duldenden Geräuscheinwirkungen die Immissionsrichtwerte unterschreiten, die die für die Gebietsart mit dem nächst niedrigeren Schutzanspruch gelten. Allerdings ist hier angesichts des Umstands, dass zwischen der Freilichtbühne und dem Wohnhaus der Antragsteller ein Abstand von 200 m besteht, schon fraglich und nicht im Rahmen der summarischen Prüfung abschließend zu entscheiden, ob hier der Anwendungsbereich dieser Regelung überhaupt eröffnet ist, ob davon die Rede sein kann, dass Wohngebiete und Freizeitanlagen „eng zusammen“ liegen.

Darüber hinaus dürfte auch einiges dafür sprechen, die gegenseitigen Rücksichtnahmepflichten des Beigeladenen und der Antragsteller im vorliegenden Fall nicht über den Weg einer generellen Abstufung der Schutzwürdigkeit des Anwesens der Antragsteller durch die Festlegung einer Gebietsart mit niedrigerem Schutzanspruch (Ziffer 2 Absatz 4 der Freizeitlärm-Richtlinie) zu lösen, sondern durch eine Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz (gemäß Ziffer 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie). Danach können Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten, die die unter Ziffer 4.1 bis 4.3. genannten Immissionsrichtwerte trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht einhalten, gleichwohl zulässig sein, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden (vgl. Ziffer 4.4.1 der Freizeitlärm-Richtlinie).

Von sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist auszugehen, wenn die Veranstaltung eine soziale Funktion und Bedeutung hat. Mit dem Begriff der „Sozialadäquanz“ werden die Verhaltensweisen oder Zustände beschrieben, die sich im sozialen Zusammenleben ergeben und sich möglicherweise für den Einzelnen sogar nachteilig auswirken, jedoch von der Bevölkerung insgesamt hingenommen werden, weil sich die Verhaltensweisen noch in den Grenzen des sozial Üblichen und damit Tolerierbaren halten (Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG Art. 19 Rn. 114). Die vom Beigeladenen seit über 20 Jahren durchgeführten Freilichtspiele auf der ... mit Musicals und Sonderveranstaltungen stellen sich aus Sicht der Kammer als sozial adäquat in diesem Sinne dar. Der Beigeladene hat im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten insbesondere eindrucksvoll aufgezeigt, welche Akzeptanz die ...-Festspiele in der einheimischen Bevölkerung genießen.

Die Kammer kommt nach einer summarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass sich die zu erwartenden Lärmimmissionen als unvermeidbar und zumutbar i. S. d. Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie darstellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beigeladene eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt hat (wie die Vorverlegung des Beginns der Aufführungen auf 20:00 Uhr, den teilweisen Wegfall der Pausen, die Installation von Schutzwänden, usw.), dass aber trotz aller verhältnismäßigen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen eine Überschreitung der Werte nach Ziffer 4.1 Buchst. d) der Freizeitlärm-Richtlinie aufgrund der Umgebungsbedingungen und der Mindestversorgungspegel unvermeidbar ist, wie sich auch der Schallimmissionsprognose des Büros ... entnehmen lässt.

Zu berücksichtigen ist im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit i. S. d. Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie auch, dass die Antragsgegnerin die Verschiebung der Nachtzeit in Ziffer 10.1 Absatz 1 des Bescheidentwurfs vom 17. Mai 2016 (aus Gründen der Rechtsklarheit nochmals aufgenommen in Ziffer I.1 letzter Absatz des Tenors dieser Entscheidung) für insgesamt 11 Veranstaltungen um lediglich eine Stunde vorgenommen hat. Nach Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie ist eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zulässig, wobei die Anzahl der Tage (24 Stunden-Zeitraum) mit seltenen Veranstaltungen 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten soll. Eine Überschreitung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts (vgl. Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie) können nach den Gutachten des Büros ... ausgeschlossen werden. Die Kammer verkennt bei ihrer Entscheidung auch nicht, dass die Verschiebung des Beginns der Nachtzeit in drei Fällen (Sonderveranstaltungen) nicht auf Abende vor Samstagen, sowie Sonn- und Feiertagen beschränkt wurde und sich die Veranstaltungen auch über mehrere Wochenenden erstrecken (vgl. Ziffer 4.4.3 Spiegelstriche 2 und 3 der Freizeitlärm-Richtlinie), hält dies aber insbesondere angesichts des Umstands, dass die Verschiebung nur um eine Stunde erfolgt, im konkreten Fall noch für zumutbar.

Nach allem begegnet die Entscheidung, für insgesamt elf Veranstaltungen die Regelungen der Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Ereignisse heranzuziehen und die Nachtzeit jeweils um eine Stunde zu verschieben, nach summarischer Prüfung keinen Bedenken.

2.2.6.

Der Anspruch der Antragsteller auf Einsichtnahme in die Ergebnisse der gemäß „Auflage“ Ziffer 10.1 und 10.2 des Bescheidentwurfs durchgeführten Messungen durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro ergibt sich bereits daraus, dass der betroffene Nachbar ansonsten keine Möglichkeit hätte zu prüfen, ob er in seinen Rechten verletzt wird. Ein solcher Anspruch wäre deshalb bereits aus Art. 19 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 LStVG herzuleiten. Denn mit der Nennung der Nachbarschaft in Abs. 4 Satz 1 räumt die Vorschrift dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz ein, der Nachbar kann eine Verletzung eigener Rechte durch die Veranstaltung rügen und gegen diese Veranstaltung auch im Verwaltungsrechtsweg vorgehen (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 105). Darüber hinaus ergibt sich ein Anspruch auch aus Art. 3 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Umweltinformationsgesetzes.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG. Der Regelstreitwert von 5.000,00 EUR, der hiernach zugrunde zu legen war, war nach Satz 1 der Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für das Eilverfahren zu halbieren, so dass ein Streitwert von 2.500,00 EUR festzusetzen war.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

Die zuständige Behörde kann im Einzelfall die zur Durchführung des § 22 und der auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen erforderlichen Anordnungen treffen. Kann das Ziel der Anordnung auch durch eine Maßnahme zum Zwecke des Arbeitsschutzes erreicht werden, soll diese angeordnet werden.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 23.5.2016 geändert:

Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 3 K 2431/16 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.5.2016 sowie des hiergegen vorsorglich eingelegten Widerspruchs wird unter den folgenden Auflagen nur insoweit wiederhergestellt, als die Genehmigung die Durchführung der Jugendtanzveranstaltung am Mittwoch/Donnerstag, den 25./26.5.2016, für die Zeit ab dem 26.5.2016, 2:00 Uhr, betrifft:

a)   Soweit es möglich ist, ist am 26.5.2016 ab 0:00 Uhr durch Reduzierung der Lautstärke an der Musikanlage sicherzustellen, dass ein Beurteilungspegel von 55 dB(A) – ermittelt nach den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie der LAI vom 6.3.2015 – vor dem Wohnhaus der Antragsteller nicht überschritten wird; sofern hierfür erforderlich, ist der Verstärker so einzustellen, dass in einem Abstand von drei Metern vor den Lautsprechern ein äquivalenter Dauerschallpegel auch unter 80 dB(A) erzeugt wird.

b)   Die musikalischen Darbietungen sind ab 1:45 Uhr einzustellen, damit die Veranstaltung um 2:00 Uhr beendet werden kann.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller als Gesamtschuldner, die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Drittel der Kosten des nicht durch Vergleich erledigten Teils des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner und die Antragsgegnerin je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind im Beschwerdeverfahren nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 500,00 EUR festgesetzt.


G r ü n d e :

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

Tenor

I.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, in dem zu erlassenden „Auflagenbescheid“ nach Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG folgende Regelungen zum Lärmschutz aufzunehmen:

1. Der von den Veranstaltungen der ...-Festspiele ausgehende Lärm darf am Anwesen ...-straße ... in ..., folgende Immissionsrichtwerte „Außen“ nicht überschreiten:

tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit (8:00 bis 20:00 Uhr) 55 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit (6:00 bis 8:00 Uhr und von 20:00 bis 22:00) und an Sonn- und Feiertagen 50 dB(A),

nachts (von 22:00 bis 6:00 Uhr) 40 dB(A).

Einzelne Geräuschspitzen dürfen die vg. Immissionsrichtwerte tags um nicht mehr als 30 dB(A) sowie nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten.

Die Nachtzeit wird am 10., 11., 18., 25. und 27. Juni, am 2., 9., 11., 23. und 30. Juli sowie am 2. August 2016 auf 23:00 Uhr verschoben.

2. Die Messergebnisse der bei den ersten Veranstaltungen der Sparte A (Musical „Hair“) und Sparte C (Sonderveranstaltungen) sowie Sparte B („Schillers Räuber“, Familienmusical „Peter Pan“ und Eigenproduktion „Jesus Mohammed“) durchgeführten Schallimmissionsmessungen dürfen von den Antragstellern eingesehen werden.

II.

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

III.

Von den Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen haben die Antragsteller als Gesamtschuldner 2/3, die Antragsgegnerin und der Beigeladene je 1/6 zu tragen.

IV.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Festlegung von Regelungen des Lärmschutzes für die Veranstaltung der diesjährigen ...-Festspiele des Beigeladenen.

1.

Der Beigeladene betreibt seit 22 Jahren auf der Freilichtbühne der Ruine ... in der Stadt Klingenberg a. Main Festspiele, die jährlich von ca. 30.000 bis 40.000 Gästen besucht werden. Das jährliche Programm gliedert sich in ein Musical und ein Kinderstück (jeweils ca. 15.000 Besucher) sowie in ein Jugendstück (ca. 1.000 Besucher) und Gastspiele (ca. 800 Besucher pro Gastspiel). Im Jahr 2016 sollen im Zeitraum vom 10. Juni bis 2. August an 22 Abenden das Musical „Hair“, an acht Abenden das Schauspiel „Schillers Räuber“, an 26 Nachmittagen das Familienmusical „Peter Pan“, an drei Tagen die Eigenproduktion „Jesus Mohammed“ und an drei Abenden Gastspiele (sog. Rockevents) aufgeführt werden.

Das Wohnhaus der Antragsteller befindet sich ca. 200 m (Luftlinie) nördlich des Veranstaltungsortes auf dem gegenüberliegenden Berghang, von diesem durch ein Tal getrennt, in einem durch den qualifizierten Bebauungsplan „...-straße“ der Stadt Klingenberg a. Main ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiet.

Mit Schreiben vom 17. März 2015 wandten sich die Antragsteller schriftlich an die Antragsgegnerin, beschwerten sich hinsichtlich der Störung der Nachtruhe durch die Aufführungen auf der ... und baten um Mitteilung zu treffender Maßnahmen. Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2015 wurde dem Beigeladenen die Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 3 LStVG zur Durchführung der...-Festspiele im Zeitraum 11. Juni bis 2. August 2015 u. a. unter der „Auflage“ erteilt, dass hinsichtlich des Lärmschutzes auf die Freizeitlärm-Richtlinie des LAI vom 6. März 2015 verwiesen wird und die dort genannten Werte vom Veranstalter zu beachten sind und ggfls. durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen ist, dass diese Werte eingehalten werden. Im Auftrag der Beigeladenen hat das Büro ..., ..., am 24. Juli 2015 von 20:30 bis 23:30 während der Aufführung des Musicals „Dracula“ Schallimmissionsmessungen auf dem Grundstück der Antragsteller und zeitgleich im Zuschauerbereich auf der ... durchgeführt. Die Ergebnisse sind in dem Bericht zu den Schallimmissionsmessungen während der Freilichtveranstaltung vom 26. August 2015 zusammengefasst, wobei festgehalten wird, dass bei der untersuchten Veranstaltung Überschreitungen der zulässigen Immissionspegel aufgetreten sind. In der Folge hat das Büro ... eine Schallimmissionsprognose erstellt und Maßnahmen zur Lärmminderung erarbeitet (Bericht Schallimmissionsprognose und Maßnahmen zur Minderung vom 15.9.2015).

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 18. April 2016 beantragten die Antragsteller bei der Antragsgegnerin, den diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der ...-Festspiele mit konkreten, genau festgelegten Auflagen zum Lärmschutz zu erteilen, da der Bescheid für das Vorjahr insoweit viel zu unbestimmt gewesen sei. Die Antragsgegnerin wurde um Stellungnahme bis 2. Mai 2016 gebeten, welche der beantragten Auflagen in den Bescheid übernommen würden und die Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes angekündigt. Mit Schreiben vom 20. April 2016 teilte die Antragsgegnerin mit, dass die Angelegenheit geprüft werde.

2.

Daraufhin ließen die Antragsteller am 10. Mai 2016 durch ihren Bevollmächtigten beantragen, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, im diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der...-Festspiele der Beigeladenen folgende Auflagen zu erteilen:

1. Die Durchführung von Rockkonzerten, Musicals und musikalischen Events jeder Art werden untersagt.

2. Die Probezeiten mit Beschallung durch eingeschaltete Lautsprecher werden auf den Zeitraum von fünf Tagen vor der Premiere begrenzt. Bei den übrigen Probeterminen sind die Lautsprecher auszuschalten.

3. Sämtliche Veranstaltungen der ... Festspiele müssen zwingend spätestens um 22:00 Uhr beendet sein.

4. Die Beigeladene wird verpflichtet, die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte nach der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie durch Messungen, die von einem qualifizierten Ingenieurbüro durchzuführen sind, nachzuweisen. Die Messungen haben jeweils bei der ersten Aufführung der unterschiedlichen Veranstaltungen zu erfolgen. Die Messergebnisse sind bekannt zu geben.

5. Die Dauer der Festspiele darf sechs Wochen nicht überschreiten.

Zur Begründung ließen die Antragsteller vortragen, dass sie eine ständige Ausdehnung der Festspielzeit von ursprünglich vier Wochen auf nun acht Wochen beobachtet hätten. Außerdem liege der Schwerpunkt der Aufführung mittlerweile bei musikalischen Darbietungen, insbesondere bei Musicals, die zu einem großen Anteil aus sehr lauten Gesangseinlagen bestünden. Hinzu kämen in diesem Jahr drei extrem lautstarke Rockevents. Bei den Abendveranstaltungen, die um 20:00 Uhr beginnen würden, sei nicht vor 23:30 Uhr mit Ruhe zu rechnen. Insbesondere in der Woche vom 23. bis zum 26. Juni sei mit extremster Lärmbelästigung zu rechnen, da an diesen Tagen mittags das Familienmusical und abends das Musical „Hair“ gespielt würden. Es schließe sich dann noch ein Rockevent an. Die das Gymnasium besuchenden beiden Söhne der Antragsteller müssten an den folgenden Tagen Klausuren schreiben und wüssten schon heute, dass sie nach der Dauerbeschallung völlig unkonzentriert diese Prüfungen ablegen müssten. Beide Antragsteller hätten anstrengende Berufe. Die fehlenden Ruhezeiten am Abend und in der Nacht führten zu gesundheitlichen Problemen. Die musikalischen Veranstaltungen überschritten ständig die Grenzwerte der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie. Die Voraussetzungen für ein seltenes Störereignis seien hier ersichtlich nicht gegeben. Besonders störend sei die Dauerbeschallung durch Familienmusical und Abendmusical.

Der Anspruch auf die Anordnung der beantragten Auflagen ergebe sich unmittelbar aus Art. 2 Abs. 2 GG. Die Überschreitung der zulässigen Lärmwerte sei gesundheitsgefährdend. Im Übrigen sei nach Art. 19 Abs. 4 LStVG eine Veranstaltung zu versagen, wenn dies zur Verhütung von Gefahren für die Gesundheit oder zum Schutz vor erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft erforderlich sei. Darüber hinaus seien im vorliegenden Fall die beantragten Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft im Sinne von Art. 19 Abs. 5 LStVG dringend geboten. Zum Schutz der Anwohner sei es außerdem erforderlich, dass nachhaltige schalltechnische Untersuchungen durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro durchgeführt und die Lärmwerte veröffentlicht würden. Die Beigeladene habe den Nachweis zu führen, dass die nach den gesetzlichen Bestimmungen zulässigen Grenzwerte nicht überschritten würden. Den Antragstellern könne in diesem Jahr nicht erneut zugemutet werden, nahezu acht Wochen permanent mit lauten Musikveranstaltungen beschallt zu werden. Bei den diesjährigen Veranstaltungen seien dringlich die Messwerte exakt zu ermitteln, damit künftig effektive Maßnahmen zur Lärmminderung durchgesetzt werden könnten. Die angesetzten Rockkonzerte seien auf Dauer zu untersagen, weil insoweit auch nicht ansatzweise die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden könnten. Die einstweilige Anordnung sei auch die statthafte Rechtsschutzform, denn im Hauptsacheverfahren wäre die Verpflichtungsklage die richtige Klageart. Trotz intensiver Bemühungen seitens der Antragsteller habe eine außergerichtliche Lösung nicht gefunden werden können.

Das vorgelegte Gutachten komme zu dem Ergebnis, dass die maßgeblichen Grenzwerte der Freizeitlärm-Richtlinie durch die Musicals und Rockkonzerte nicht eingehalten werden könnten. So werde der Richtwert für die Nachtzeit um 16 dB(A) und der für die Ruhezeit um 3 dB(A) überschritten. Durch den zu erwartenden Beurteilungspegel von 70 dB(A) für Rockkonzerte werde die Vorgabe der Freizeitlärm-Richtlinie nicht ansatzweise eingehalten. Es sei auch in keiner Weise ersichtlich, wie die Immissionsrichtwerte bei Rockkonzerten und Musicals eingehalten werden könnten. Es könne nicht davon die Rede sein, dass für Rockveranstaltungen und Musicals eine hohe Standortgebundenheit mit örtlichem oder regionalem Bezug gegeben sei. Ein Sonderfall im Sinne der Freizeitlärm-Richtlinie, um die Nachtzeit auf 23:00 Uhr zu verschieben, sei nicht gegeben. Dass hierdurch das halbe Theaterfestival als seltene Veranstaltung qualifiziert werde, entspreche nicht dem Sinn und Zweck der Nr. 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie. Die Immissionen, die durch Rockkonzerte und Musicals verursacht würden, seien auch unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs in keiner Weise zumutbar, zumal die Antragsgegnerin gegenüber der ... vor Jahrzehnten ein allgemeines Wohngebiet ausgewiesen habe, das es nun zu schützen gelte. Schließlich sei der Antragsgegnerin aufzugeben, die Schallimmissionsmessungen durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro durchführen zu lassen, die Messergebnisse bekannt zu geben und der Beigeladenen aufzugeben, dass auch bei allen Proben die zulässigen Grenzwerte in einem allgemeinen Wohngebiet nicht überschritten würden.

3.

Die Antragsgegnerin ließ mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 20. Mai 2016 beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde vorgebracht: Die Antragsteller schienen grundsätzlich die Rechtsgrundlage zu verkennen, denn eine Genehmigung der Veranstaltungen sei gemäß Art. 19 LStVG nicht erforderlich, insbesondere seien nicht mehr als 1.000 Besucher zu erwarten. Die erforderliche Anzeige nach Art. 19 Abs. 1 LStVG habe eine Woche vor Beginn der Veranstaltung zu erfolgen; dies sei zwischenzeitlich geschehen. Darüber hinaus werde von Antragstellerseite verkannt, dass der Erlass entsprechender Auflagen gemäß Art. 19 Abs. 5 LStVG im pflichtgemäßen Ermessen der Antragsgegnerin stehe. Den im vergangenen Jahr durchgeführten Schallmessungen lasse sich entnehmen, dass durch die Veranstaltungen Schauspiel, Kinderstück und Jugendstück in keiner Weise die Werte der Freizeitlärm-Richtlinie überschritten würden. Darüber hinaus habe das Institut ... in der Stellungnahme vom 15. September 2015 Maßnahmen zur Schallausbreitungsreduzierung ermittelt und vorgeschlagen. In einem entsprechenden Auflagenbescheid werde die Auflage aufgenommen, diese Empfehlungen umzusetzen und die Wirksamkeit der empfohlenen Schutzmaßnahmen durch eine Messung bei der ersten Aufführung nachzuweisen. Für den Fall, dass die empfohlenen Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg brächten, habe sich die Antragsgegnerin weitergehende Auflagen vorbehalten. Es liege hier eine Gemengelage vor, so dass sich der Schutzanspruch im vorliegenden Fall gemäß Ziffer 4.1.c der Freizeitlärm-Richtlinie aus den für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete zugrunde zu legenden Werten ergebe. Nach den Feststellungen des Instituts ... seien diese Grenzwerte deutlich unterschritten, die für Wohngebiete jedenfalls eingehalten. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Veranstalter die Anfangszeiten von 20:30 Uhr auf 20:00 Uhr vorverlegt habe. Für die drei Sonderveranstaltungen nehme die Betreiberin die Sonderfallregelung unter Ziffer 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie in Anspruch. Auch die weiteren Voraussetzungen der Freizeitlärm-Richtlinie seien eingehalten, eine Überschreitung des Beurteilungspegels von 55 dB(A) nach 24:00 Uhr ausgeschlossen. Der Antrag der Beigeladenen auf Verschiebung der Nachtzeit für das Musical „Hair“ sei nur hinsichtlich der Samstage, also an insgesamt sieben Tagen um eine Stunde bewilligt worden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Veranstalterin weitere umfangreiche Maßnahmen vorgenommen habe, wie die Verlegung der Premiere auf einen Freitag (also ein Wochenende), die Unterbindung von Musikdarbietungen nach der Premiere, die Änderung der Pausenfanfare, den Wegfall des Feuerwerks, den Wegfall der Pausen an Wochenenden, die Durchführung umfangreicher Messungen, die Installation von Schutzwänden sowie die Beauftragung von Nachmessungen während der Festspiele. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Untersagung der begehrten Sonderveranstaltungen und Musicals das Ende der ...-Festspiele und die Insolvenz des Beigeladenen bedeuten würde. Da hinsichtlich der Proben die jeweils zulässigen Lärmwerte eingehalten würden, sei auch der Antrag zu 2) unbegründet. Gleiches gelte für den Antrag zu 3), da ein Verbot von Aufführungen nach 22:00 Uhr nur dann verlangt werden könne, wenn die entsprechenden Grenzwerte überschritten würden, was nicht zu erwarten sei. Der Antrag zu 4) entbehre einer Grundlage, denn die Veranstaltungen seien genehmigungsfrei. Die Antragsgegnerin erkläre sich aber - ohne dass eine rechtliche Verpflichtung gesehen werde - bereit, nach Eingang der entsprechenden Messergebnisse diese unaufgefordert den Antragstellern zur Verfügung zu stellen.

4.

Der Beigeladene ließ durch seine Bevollmächtigte beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde vorgebracht: Der Antrag zu 1) könne von den Antragstellern nicht verlangt werden. Allenfalls könne die Einhaltung der Grenzwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie beantragt werden. Das gleiche gelte für den Antrag zu 2). Die Festspiele wiesen eine hohe Standortgebundenheit auf. Alleine wegen der malerischen Ruine könnten diese Festspiele an keinem anderen Ort aufgeführt werden. Eine Befragung der gesamten betroffenen Nachbarschaft habe ergeben, dass sich alleine die Antragsteller durch die Festspiele belästigt und gestört fühlten. Die hohe Zahl von ehrenamtlichen Mitgliedern und weiteren mithelfenden Personen aus der Stadt Klingenberg zeige, dass die Veranstaltung eine hohe soziale Adäquanz und Akzeptanz genieße. Der Beigeladene sei auf das Musical dringend angewiesen, da dies der Besuchermagnet sei. Die vom Büro ... vorgeschlagenen Maßnahmen zur Lärmreduzierung seien bereits umgesetzt worden. So seien die Spielzeiten des Musicals auf maximal 120 Minuten gekürzt, auf Pausen verzichtet und Anfangszeiten vorverlegt worden. Nach der Anbringung einer Schallschutzwand und der Regulierung der elektroakustischen Verstärkeranlage um 2-3 dB(A) werde die Schallimmission von 50 dB(A) nicht überschritten. Eine weitere Schallreduzierung sei aus technischer Sicht nicht mehr möglich. Zur Überprüfung, dass die zulässigen Werte eingehalten würden, solle schon am Tag der Premiere ein Geräuschpegel gemessen und dokumentiert werden. Dem Gutachten der Firma ... sei zu entnehmen, dass die Werte bei den Rockkonzerten deutlich überschritten würden. Es handele sich um drei Gastspiele, die für das finanzielle Überleben des Vereins notwendig seien. Bei dem Kinderstück, dem Schauspiel und dem Jugendstück würden die zulässigen Grenzwerte nicht überschritten. Auch bei dem Musical werde der Grenzwert von 50 dB(A) nicht überschritten, es werde lediglich darum gebeten, an fünf Freitagen und sieben Samstagen die Nachtzeit um eine Stunde zu verlängern. Auch bei den Proben würden die Grenzwerte nicht überschritten.

5.

Bereits mit Schreiben vom 1. April 2016, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 4. April 2016, hatte der Beigeladene einen Antrag auf Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs nach § 12 GastG für die...-Festspiele 2016 gestellt. Mit Formblattantrag vom 14. Mai 2016, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 17. Mai 2016, wurde die Veranstaltung „...-Festspiele 2016 vom 10.06.2016 bis 31.07.2016 gemäß § 19 Landesstraf- und Verordnungsgesetzes“ angezeigt.

In der vorgelegten Behördenakte befindet sich der Entwurf eines Bescheids mit Datum 17. Mai 2016, mit dem in Ziff. 1 tenoriert wird, dass zur Durchführung der „... Festspiele 2016“ vom 10. Juni bis 2. August 2016 durch den Verein ...-Festspiele e.V. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, zum Schutz von Leib und Leben und des Nachbarschutzes Auflagen veranlasst sind. In Ziff. 10 der „Auflagen“ finden sich folgende Regelungen zum Lärmschutz:

„Hinsichtlich des Lärmschutzes wird auf die Freizeitlärm-Richtlinie der LAI v. 06.03.2015 verwiesen. Der Veranstalter hat die von dem Institut ... in der Schallimmissionsprognose vom 15.09.2015 empfohlene Maßnahme bereits umgesetzt in dem er die Lücken in den vorhandenen Schirmwänden geschlossen hat. Weiter wird er dafür Sorge tragen, dass die Schalleistung der elektroakustischen Verstärkeranlagen um bis zu 3 dB reduziert wird. Diese Maßnahmen sind für sämtliche Veranstaltungen bis zu deren Ende aufrecht zu erhalten. Diese Empfehlungen sind Bestandteil dieses Bescheides und als Anlage 2 beigefügt. Die Empfehlungen sind während aller Veranstaltungen zwingend einzuhalten.

Bei der Positionierung der Lautsprecher dürfen diese nicht zu hoch angebracht werden. Die auf der Burgmauer befindlichen Schirmwände dürfen durch keinen Teil der Lautsprecher überragt werden.

Zu den jeweiligen Sparten werden weiter folgende Auflagen getroffen:

10.1 Sparte A „Musical Hair“ und Sparte C Sonderveranstaltungen:

Gemäß Ziffer 4.4.2 Freizeitlärm-Richtlinie wird an Samstagen (siehe Anlage 1) der Beginn der Nachtzeit auf 23:00 Uhr verschoben. Gleiches gilt für die Tage mit Sonderveranstaltungen am 27.06., 11.07. und 02.08.2016 sowie die Premiere der ...-Festspiele am 10.06.2016.

Dem Veranstalter wird aufgegeben bei der ersten Veranstaltung der Sparte A am 10.06.2016 und der Sparte C am 27.06.2016 eine Schallimmissionsmessung durchzuführen. Das Ergebnis ist unverzüglich der Stadt Klingenberg a. Main vorzulegen.

Sollten nach Auswertung der Messungen weitere Auflagen notwendig werden, so behält sich die Stadt Klingenberg a. Main vor diese nachträglich noch anzuordnen.

10.2 Sparte B = Schillers Räuber, Familienmusical „Peter Pan“ und die Eigenproduktionen „Jesus Mohammed“:

Dem Veranstalter wird aufgegeben bei der ersten Veranstaltung der Sparte B am 18.06.2016 eine Schallimissionsmessung durchzuführen. Das Ergebnis ist unverzüglich der Stadt Klingenberg a. Main vorzulegen.

Sollten nach Auswertung der Messung weitere Auflagen notwendig werden, so behält sich die Stadt Klingenberg a. Main vor diese nachträglich noch anzuordnen.“

Des Weiteren enthält die Behördenakte den Entwurf eines Bescheids zur Erteilung einer gaststättenrechtlichen Genehmigung mit Datum 20. Mai 2016. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2016 erklärte der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin verbindlich, dass die im Entwurf vorliegenden Bescheide so erlassen und nicht zulasten der Antragsteller abgeändert werden würden.

6.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die eingereichten Schriftsätze samt Anlagen, auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO war im tenorierten Umfang stattzugeben. Im Übrigen war der Antrag bereits teilweise als unzulässig und im Übrigen als unbegründet abzulehnen.

1.

Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist hinsichtlich der Sätze 1 und 2 der Ziffer 4 des gestellten Antrags mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig.

Denn die Antragsgegnerin hat im Entwurf ihres Bescheides vom 17. Mai 2016, dessen Erlass sie mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23. Mai 2016 verbindlich zugesichert hat, dem Beigeladenen aufgegeben, bei den jeweils ersten Veranstaltungen der Sparte A (Musical „Hair“) am 10. Juni 2016 und der Sparte C (Sonderveranstaltungen) am 27. Juni 2016 sowie der Sparte B (Schillers Räuber, Familienmusical „Peter Pan“ und Eigenproduktion „Jesus Mohammed“) am 18. Juni 2016 Schallimmissionsmessungen durchzuführen und das Ergebnis ihr unverzüglich vorzulegen. Damit hat die Antragsgegnerin dem Begehren der Antragsteller, die im Wege der einstweiligen Anordnung erreichen wollen, dass der Beigeladene verpflichtet wird, Messungen „jeweils bei der ersten Ausführung der unterschiedlichen Veranstaltungen durchzuführen“ und hierdurch die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie durch Messungen, die von einem qualifizierten Ingenieurbüro durchzuführen sind, nachzuweisen, insoweit in vollem Umfang entsprochen.

2.

Der wörtlich gestellte Antrag, die „Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, im diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der...-Festspiele (dem Beigeladenen) folgende Auflagen zu erteilen“, ist selbst als nach sachgerechter Auslegung (§ 88 VwGO) dahin zu verstehender Antrag, dass die von den Antragstellern verlangten Regelungen zum Lärmschutz in eine Anordnung nach Art. 19 Abs. 5 LStVG aufgenommen werden sollen, nicht begründet. Er ist vielmehr lediglich in dem tenorierten Umfang begründet.

Das Gericht der Hauptsache kann nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung).

Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich („glaubhaft“) sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird. Welche Anforderungen an die Erfolgsaussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Wird durch die begehrte Maßnahme die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt endgültig und irreversibel vorweggenommen, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Dieser besonders strenge Maßstab ist hingegen abzumildern, wenn die begehrte Rechtsposition nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung eingeräumt werden soll, weil sie faktisch nicht mehr rückgängig zu machen ist, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insoweit nur vorläufig gewährt wird. In diesem Fall können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen und die befürchteten wesentlichen Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden. Ist eine überwiegende Erfolgsaussicht hingegen nicht feststellbar, kann eine Regelungsanordnung nur ergehen, wenn dem Betroffenen andernfalls schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existentielle Gefahren für Leben und Gesundheit drohen (vgl. zum Ganzen: VGH Mannheim, B. v. 5.2.2015 - 10 S 2471/14 - NVwZ-RR 2015, 650 und B. v. 5.5.2009 - 10 S 494/09 - juris - m. w. N.).

Das Gericht hat beim Erlass einer einstweiligen Anordnung einen weiten Ermessensspielraum (§ 123 Abs. 3 i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO). Dies bedeutet jedenfalls, dass es an die Fassung des Antrags nicht gebunden ist (§ 88 VwGO entsprechend; vgl. Happ in Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 33, 64; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 123 Rn. 28). Im Hinblick darauf, dass aufgrund der Bezugnahme auf § 938 Abs. 1 ZPO maßgeblich ist, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks erforderlich sind, kann das Gericht nicht nur hinter dem Antrag zurückbleiben, sondern auch eine geeignete andere Regelung treffen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 123 Rn. 28).

2.1.

Vorliegend haben die Antragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, weil die ...-Festspiele mit den einzelnen Veranstaltungen und hier insb. den Musicals und Rockevents unmittelbar bevorstehen und daher der Ausgang eines Hauptsacheverfahrens nicht abgewartet werden kann. Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass dadurch die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde, da andernfalls die Veranstaltung bereits vorbei wäre.

2.2.

Problematisch ist vorliegend aber die Frage der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs. Ein solcher ist nur im tenorierten Umfang gegeben, nicht aber hinsichtlich des gestellten Antrags bzw. hinsichtlich der geforderten konkreten Regelungen. Im Einzelnen:

2.2.1.

Soweit die Antragsteller begehren, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, im diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der...-Festspiele des Beigeladenen im Einzelnen bestimmte Auflagen festzulegen, geht ihr Antrag ins Leere.

Denn ein „Erlaubnisbescheid“ zur Veranstaltung der ...-Festspiele nach Art. 19 Abs. 3 LStVG wird mangels Erlaubnisbedürftigkeit nicht ergehen. Zwar hat die Antragsgegnerin im vergangenen Jahr einen solchen erteilt. Sie hat aber erkannt, wie sich den in der vorgelegten Behördenakte enthaltenen Entwürfen eines gaststättenrechtlichen Bescheids und eines „Auflagenbescheids“ nach Art. 19 Abs. 5 LStVG entnehmen lässt, dass jedenfalls für die diesjährige Veranstaltung eine Genehmigung der „...-Festspiele“ im vg. Sinne nicht erforderlich ist (Dafür, ob eine Genehmigung nach anderen Vorschriften, insbesondere des Bauordnungsrechts erforderlich ist, sind im Rahmen der hier nur durchzuführenden summarischen Prüfung nicht genügend Anhaltspunkte vorhanden). Nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1-3 LStVG ist die Erlaubnisbedürftigkeit nur dann zu bejahen, wenn die nach Art. 19 Abs. 1 LStVG erforderliche Anzeige nicht fristgemäß erstattet wird (Nr. 1), es sich um eine motorsportliche Veranstaltung (Nr. 2) oder um eine Veranstaltung handelt, die außerhalb dafür bestimmter Anlagen stattfinden soll und zu der mehr als 1.000 Besucher gleichzeitig zugelassen werden sollen.

Zwar handelt es sich bei der Veranstaltung der ...-Festspiele um eine anzeigepflichtige öffentliche Vergnügung i. S. d. Art. 19 Abs. 1 LStVG, jedoch weder um eine motorsportliche Veranstaltung i. S. d. Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LStVG noch um eine Veranstaltung im Freien, zu der mehr als 1.000 Besucher zugleich zugelassen werden sollen (Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LStVG). Denn nach den übereinstimmenden Angaben der Antragsgegnerin und des Beigeladenen, die auch von Antragstellerseite nicht bestritten wurden, sollen pro Veranstaltung max. 800 Besucher teilnehmen. Auch hat der Beigeladene die Veranstaltung fristgemäß mehr als eine Woche vorher bei der Antragsgegnerin angezeigt, da die Anzeige laut Eingangsstempel am 17. Mai 2016 bei dieser einging, so dass sich eine Erlaubnispflicht auch nicht aus Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 LStVG ergibt.

2.2.2.

Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Untersagung von Rockkonzerten, Musicals und musikalischen Events jeder Art (Ziffer 1 des Antrags), auf Begrenzung der Zahl der Probetermine unter Beschallung von Lautsprechern (Ziffer 2 des Antrags), auf Beendigung der Veranstaltungen der ...-Festspiele um 22:00 Uhr (Ziffer 3 des Antrags) und auch nicht auf Beschränkung der Dauer der Festspiele auf sechs Wochen (Ziffer 5 des Antrags) durch die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung.

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist hier Art. 19 Abs. 5 LStVG. Nach dessen Satz 1 können die Gemeinden zum Schutz der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG bezeichneten Rechtsgüter, d. h. zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder zum Schutz vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft oder vor erheblichen Beeinträchtigungen der Natur oder Landschaft, Anordnungen für den Einzelfall für die Veranstaltung öffentlicher Vergnügungen und sonstiger Vergnügungen treffen. Reichen Anordnungen nach Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG nicht aus, so kann die Veranstaltung untersagt werden (Art. 19 Abs. 5 Satz 2 LStVG).

Ein Rechtsanspruch eines Dritten auf Erlass einer Untersagung besteht dabei grundsätzlich nicht. Der Dritte hat bei der Entscheidung über den Erlass einer Untersagung - soweit seine Interessen i. S. d. Art. 19 Abs. 4 LStVG durch die Veranstaltung berührt sein können - vielmehr lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung durch die Gemeinde, d. h. der Dritte hat nur dann einen Anspruch auf Untersagung der fraglichen Veranstaltung, wenn diese gegen (auch) zu seinem Schutz bestehende Vorschriften verstößt und wenn zudem Umstände vorliegen, die dazu führen, dass sich das der Gemeinde durch Art. 19 Abs. 5 Satz 2 LStVG eröffnete Eingriffsermessen auf Null reduziert. Gleiches hat auch hinsichtlich der Anordnungen für den Einzelfall i. S. v. Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG zu gelten. Diese Regelung räumt der Behörde Ermessen ein. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Entschließungsermessens, also der Entscheidung, ob die Behörde regelnd tätig wird. Das der Behörde eingeräumte Ermessen betrifft aber auch das sog. Auswahlermessen, das die Behörde im Rahmen des Art. 8 LStVG bei der Auswahl der Mittel, mit denen sie den prognostizierten Gefahren begegnen will, hat. So steht der Sicherheitsbehörde bei der Auswahl des Mittels, dessen sie sich zur Abwehr der drohenden erheblichen Nachteile für die Nachbarn bedienen will, ein im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO gerichtlich beschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum zu (vgl. BayVGH, U. v. 7.8.2013 - 10 B 13.1234 - juris; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 136).

Für eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Antragsteller in dem Sinn, dass nur die von ihnen begehrten Regelungen die einzig richtigen Maßnahmen darstellen würden, dass nur durch diese Maßnahmen ihre Rechte als Nachbarn gewahrt würden, ist hier aber weder etwas vorgetragen noch sonst wie ersichtlich. Insbesondere können die Rechte der Antragsteller durch andere Regelungen wie die Festlegung von Immissionsrichtwerten und andere von der Antragsgegnerin angeordnete Maßnahmen gewahrt werden (siehe hierzu unten 2.2.3. bis 2.2.6.). Bereits aus diesem Grund können die Antragsteller konkrete Regelungen, wie von ihnen verlangt, nicht im Wege einer Verpflichtungsklage und schon gar nicht im Wege der einstweiligen Anordnung erfolgreich geltend machen.

2.2.3.

Den Antragstellern steht aber nach summarischer Prüfung ein Anspruch auf Festsetzung ihnen zumutbarer Immissionsrichtwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie - wie tenoriert - zu.

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist auch hier Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG. Hauptanwendungsfall der erheblichen Belästigungen i. S. d. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG sind Immissionen. Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit des von der geplanten Veranstaltung ausgehenden Lärms ist mithin § 22 Abs. 1 BImSchG. Danach sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen, worunter auch die Veranstaltung von Freilichttheater-Festspielen (mit Musicals und Rockevents) fällt, so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG), verhindert werden, soweit sie nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die Frage der Erheblichkeit wird dabei entscheidend durch die bebauungsrechtliche Situation bestimmt, in der sich die störende oder gestörte Nutzung befindet. Darüber hinaus sind für die Beurteilung der belästigenden Wirkung von Geräuschen aber nicht nur physikalische Eigenschaften wie Schalldruck und Frequenz, sondern auch wertende Elemente wie Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit, der sozialen Adäquanz und der allgemeinen Akzeptanz in der Bevölkerung zu berücksichtigen (BayVGH, B. v. 17.10.1996 - 24 CS 96.3145 - NJW 1997, 1181; B. v. 12.5.2004 - 24 CE 04.1230 - NVwZ 2005, 719). Dabei bleibt es der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall vorbehalten, die Schädlichkeit der von solchen Anlagen ausgehenden Lärmeinwirkungen i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG zu beurteilen. Die Schädlichkeitsgrenze wird nicht so sehr nach einem festen und einheitlichen Maßstab bestimmt, sondern mehr aufgrund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenart der einzelnen Immissionen (Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit, Lästigkeit) und der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets.

Anders als die Antragstellerseite wohl meint („verpflichtet, die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie“ nachzuweisen und „die musikalischen Veranstaltungen überschreiten diese Grenzwerte ständig“), kann die Beurteilung, wann Freizeitlärm zu erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft führt, nicht anhand allgemein gültiger Grenzwerte vorgenommen werden. Denn derzeit liegen rechtsverbindliche Vorschriften oder auch nur normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften darüber, ab welcher Erheblichkeitsgrenze Freizeitlärm zu einem erheblichen Nachteil bzw. einer erheblichen Belästigung für den Nachbarn führt, nicht vor (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 113). Die von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) empfohlene „Freizeitlärm-Richtlinie“, die in der überarbeiteten Version unter dem Stand 6. März 2015 vorliegt (abrufbar im Internet unter www.lai-immissionsschutz.de/servlet/is/20170/Freizeitl%C3%A4rmrichtline%20final. pdf?command=downloadContent&filename=Freizeitl%E4rmrichtline%20final.pdf), hat ebenfalls keinen normativen oder quasi-normativen Charakter und kann deshalb keine Allgemeinverbindlichkeit für sich beanspruchen (vgl. Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Dez. 2015, Nr. 1 TA Lärm, Rn. 10; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn.113).

Bei der gerichtlichen Beurteilung der Zumutbarkeit von Lichtimmissionen im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme kann die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie aber als sachverständige Beurteilungshilfe, als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. BayVGH, B. v. 26.7.2006 - 1 CE 06.1937 - juris; B. v. 12.5.2004 - NVwZ 2005, 719). Die Freizeitlärm-Richtlinie des LAI - in der überarbeiteten Version des Jahres 2015 - findet Anwendung bei der Beurteilung der Wirkung von Lärmimmissionen auf Menschen durch Freizeitanlagen. Dies sind Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genützt zu werden. Hierzu zählen auch Freilichtbühnen (s. Freizeitlärm-Richtlinie, Nr. 1 Absatz 2, Spiegelstrich 4). Die Erheblichkeit einer Lärmbelästigung hängt nicht nur von der Lautstärke der Geräusche ab, sondern auch wesentlich von der Nutzung des Gebiets, auf das sie einwirken, von der Art der Geräusche und der Geräuschquellen sowie dem Zeitpunkt (Tageszeit) oder der Zeitdauer der Einwirkungen. Bei der Beurteilung ist nicht auf eine mehr oder weniger empfindliche individuelle Person, sondern auf die Einstellung eines verständigen, durchschnittlich empfindlichen Mitbürgers abzustellen. Von Bedeutung für die Beurteilung der Geräusche von Freizeitanlagen ist die Schutzbedürftigkeit der Nutzungen in den diesen Anlagen benachbarten Gebieten, wobei grundsätzlich vom Bebauungsplan auszugehen ist. Liegen aufgrund baulicher Entwicklungen in der Vergangenheit Wohngebiet und Freizeitanlagen eng zusammen, kann eine besondere Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme bestehen. Sofern an störenden Anlagen alle verhältnismäßigen Emissionsminderungsmaßnahmen durchgeführt sind, kann diese Pflicht dazu führen, dass die Bewohner mehr an Geräuschen hinzunehmen haben als die Bewohner von gleichartig genutzten Gebieten, die fernab derartiger Gebiete liegen (s. Freizeitlärm-Richtlinie, Nr. 2).

Nummer 4 der Freizeitlärm-Richtlinie markiert die Schwelle des für erforderlich gehaltenen Lärmschutzniveaus differenzierend nach dem Gebietscharakter nach Tages-, Nacht- und Ruhezeiten sowie Sonn- und Feiertagen (Nr. 4.1) durch die Festlegung bestimmter Immissionsrichtwerte für die hierin genannten Immissionsorte. Diese gebietsbezogenen Werte sind Ausdruck einer typisierenden Betrachtungsweise des Hinweisgebers. Immissionsrichtwerte unterscheiden sich von Immissionsgrenzwerten durch ihre fehlende Verbindlichkeit. Während Grenzwerte absolute Beurteilungsschwellen darstellen, die unter keinen Umständen über- oder unterschritten werden dürfen, dienen Richtwerte nur als Orientierungshilfe für den Regelfall (Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 der 18. BImschV Rn. 17).

Die Freizeitlärm-Richtlinie legt für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden („Außen“) in allgemeinen Wohngebieten tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit (8:00 bis 20:00 Uhr) einen Immissionsrichtwert von 55 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit (6:00 bis 8:00 Uhr und von 20:00 bis 22:00) Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A), sowie nachts (von 22:00 bis 6:00 Uhr) von 40 dB(A) fest (vgl. Nr. 4.1 Buchst. d) i. V. m. Nr. 3.4). Der Immissionsrichtwert für Kern-, Dorf- oder Mischgebiete liegt um jeweils 5 dB(A) höher (vgl. Nr. 4.1 Buchst. c)). Einzelne Geräuschspitzen sollen die vg. Immissionsrichtwerte tags um nicht mehr als 30 dB(A) sowie nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten (vgl. Nr. 4.3 Satz 1). Die Freizeitlärm-Richtlinie sieht unter Nr. 4.4.2 hinsichtlich der Zumutbarkeit bei seltenen Ereignissen Folgendes vor: a) Sofern bei seltenen Veranstaltungen Überschreitungen des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts zu erwarten sind, ist deren Zumutbarkeit explizit zu begründen. b) Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden. c) In besonders gelagerten Fällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein. d) Die Anzahl der Tage (24 Stunden-Zeitraum) mit seltenen Veranstaltungen soll 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. e) Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts einhalten. Des Weiteren macht die Freizeitlärm-Richtlinie unter Nr. 3 konkrete Vorgaben für die Ermittlung des Beurteilungspegels (wie etwa Berücksichtigung von Impulshaftigkeit, auffälligen Pegeländerungen, Ton- und Informationshaltigkeit, Abstellen auf die ungünstigste volle Stunde usw.).

Die zuständige Behörde kann erhebliche Lärmbelästigungen für die Nachbarschaft i. S. d. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG auf verschiedene Weise verhüten. Nicht ausreichend ist die abstrakte Wiedergabe der für die bestimmten Gebietsarten einzuhaltenden Werte, ohne konkrete Benennung des Gebietscharakters der Nachbarbebauung (VGH Mannheim, U. v. 29.1.2008 - 8 S 2748/06 - BauR 2008, 1573; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 116). Bei der Lösung einer Immissions-Konfliktlage reicht es in der Regel aus, wenn die Behörde bei der Erlaubniserteilung durch Nebenbestimmungen oder sonst durch Einzelfallanordnungen die einzuhaltenden Grenzwerte festsetzt bzw. dem Emittenten aufgibt, näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 116; siehe bereits BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15). Eine solche Festsetzung ist allerdings nicht geeignet, den schützenswerten Belangen des Nachbarn Rechnung zu tragen, wenn von vornherein dafür Anhaltspunkte bestehen, dass die festgesetzten Werte voraussichtlich nicht eingehalten werden. Denn in dem Fall, dass die Forderung der Einhaltung von Lärmwerten nicht realistisch ist, ist der Schutz der Nachbarschaft durch andere geeignete Maßnahmen, insbesondere Betriebszeitenbeschränkungen sicherzustellen (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 116).

2.2.4.

Unter Zugrundelegung dieser allgemeinen Grundsätze und unter Berücksichtigung des von der Antragsgegnerin verbindlich zugesagten „Auflagenbescheids“ und unter Berücksichtigung der im Tenor dieser Entscheidung getroffenen Verpflichtung der Antragsgegnerin erweisen sich nach summarischer Prüfung die von dem Vorhaben des Beigeladenen ausgehenden Lärmimmissionen für die Antragsteller nicht als unzumutbar i. S. d. Art. 19 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 LStVG.

Ausreichend, aber auch erforderlich, um die vorliegende Immissions-Konfliktlage zu lösen, ist die Festsetzung der im Tenor festgelegten, einzuhaltenden Immissionsrichtwerte. Denn einerseits lässt sich aus den vorgelegten Gutachten des Büros ..., ..., entnehmen, dass hierdurch der Schutz der Nachbarschaft, insbesondere der Antragsteller, sichergestellt werden kann. Es ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass eine solche Forderung realistischer Weise nicht eingehalten werden kann. Andererseits muss die Behörde dem Veranstalter konkrete Immissionsrichtwerte vorgeben, die dieser einzuhalten hat. Nicht ausreichend ist - wie bereits dargelegt - die abstrakte Wiedergabe der für bestimmte Gebietsarten einzuhaltenden Werte, ohne dass das Gebiet genau bezeichnet würde. Ein bloßer Verweis auf die „Freizeitlärm-Richtlinie der LAI v. 06.03.2015“ - wie in Ziffer 10 Satz 1 der „Auflagen“ des Bescheidentwurfs vom 17. Mai 2016 - erfüllt nämlich nicht die Anforderungen, die entsprechend Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG an die hinreichende Bestimmtheit einer Regelung zu stellen sind. Denn es ist weder für den Adressaten des Bescheids noch für den Nachbarn erkennbar, welche gebietsbezogenen Werte nach Nr. 4.1 Buchst. a) bis f) im konkreten Fall zugrunde zu legen sind.

Das Büro ... hat am 24. Juli 2015 von 20:30 bis 23:30 Uhr, während der Aufführung des Musicals „Dracula“, im Auftrag des Beigeladenen Schall-immissionsmessungen auf dem Grundstück der Antragsteller und zeitgleich im Zuschauerbereich auf der ... durchgeführt. Die Ergebnisse sind in dem Bericht zu den Schallimmissionsmessungen vom 26. August 2015 zusammengefasst, wobei festgehalten wird, dass bei der untersuchten Veranstaltung Überschreitungen der zulässigen Immissionspegel aufgetreten sind. So wurde aus der durchgeführten Messung für den Zeitraum von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr am Grundstück der Antragsteller ein über zwei Stunden gemittelter Beurteilungspegel von 53 dB(A) errechnet, der mithin um 3 dB(A) über dem Richtwert für die Ruhezeit in einem allgemeinen Wohngebiet liegt. Für die beiden betroffenen Nachtstunden ergeben sich Beurteilungspegel von 56 dB(A) (Stunde von 22:00 Uhr bis 23:00 Uhr) bzw. 52 dB(A) (Stunde von 23:00 Uhr bis 24:00 Uhr), und damit Überschreitungen des Richtwerts für die Nachtzeit von 16 dB(A) bzw. 12 dB(A). Weitergehende Maßnahmen sind - so der Gutachter ausdrücklich - notwendig und würden auch untersucht.

In der Folge hat das Büro ... eine Schallimmissionsprognose erstellt und Maßnahmen zur Lärmminderung erarbeitet (Bericht Schallimmissionsprognose und Maßnahmen zur Minderung vom 15.9.2015). Dabei hat das Büro zusammenfassend ausgeführt, dass der ermittelte (hoch erscheinende) Beurteilungspegel von bis zu 56 dB(A), bezogen auf eine volle Stunde zum einen auf die relativ kurze Entfernung von 200 m und zum anderen auf die Zuschläge für Impulshaltigkeit und Informationshaltigkeit zurückzuführen sei.

Dabei wurden von Gutachterseite folgende Empfehlungen gegeben: Da es aus fachtechnischer Sicht nicht realistisch erscheine, die nächtlichen Richtwerte bei der Durchführung der Musicals einhalten zu können, sei sicherzustellen, dass die Veranstaltungen auf der ... vollständig in der Tagzeit/Ruhezeit durchgeführt würden, wofür eine Vorverlegung des Veranstaltungsbeginns bzw. eine Verschiebung des Beginns der Nachtzeit in Betracht komme. Es sei festgestellt worden, dass der bei der Musical-Veranstaltung ermittelte Beurteilungspegel um 6 dB(A) verringert werden müsse, um die Richtwerte der Freizeitlärm-Richtlinie zur Ruhezeit einzuhalten. Dabei dürfte aus fachtechnischer Sicht eine Minderung der Schallemission um 5 dB ausreichen, um den Beurteilungspegel von 50 dB(A) zur Ruhezeit einzuhalten. Hierfür werde es notwendig sein, die „Schallleistung der elektroakustischen Verstärkungsanlage um 2 … 3 dB zu reduzieren.“ Die vorhandenen Schirmwände müssten erweitert werden, so dass diese im Bereich der nordwestlichen und nordöstlichen Burgmauern möglichst lückenlos aneinander anschließen würden. Empfehlenswert sei, die Schirmwand auf dem niedrigen Mauerabschnitt so hoch zu planen, dass die Oberkante ebenso hoch wie die der vorhandenen Wände sei. Lücken zwischen den Wandelementen seien möglichst zu vermeiden. Insgesamt könne damit eine Minderung um 2,5 dB erwartet werden. Bezüglich der Rockkonzerte hätten die Berechnungen ergeben, dass diese auch bei der bestehenden Ausführung der Schirmwände als seltene Ereignisse durchführbar seien. Zur Tagzeit könne dabei maximal ein Schallleistungspegel von 124 dB(A) emittiert werden, um den Beurteilungspegel von 70 dB(A) am maßgebenden Immissionsort einzuhalten. Zur Nachtzeit müsse die Verstärkung auf einen Schallleistungspegel von 118 dB(A) reduziert werden. Bei der Positionierung der Lautsprecher müsse zusätzlich darauf geachtet werden, dass diese nicht zu hoch angebracht würden. Die Schirmwände dürften durch keinen Teil der Lautsprecher überragt werden.

Der Bescheidsentwurf mit Datum 17. Mai 2016, dessen Erlass von der Antragsgegnerin verbindlich zugesichert wurde, enthält eine Reihe von Regelungen, die einen ausreichenden Lärmschutz zugunsten der Nachbarn sicherstellen sollen. So wurden im Einzelnen in Ziffer 10 des Bescheidentwurfs in Verbindung mit den Empfehlungen des Büros ... eine Reihe von Maßnahmen getroffen, wie Schließung der Lücken mittels Schirmwänden, der Reduzierung der Schallleistung um bis zu 3 dB, genauer um 2 bis 3 dB (vgl. Schallimmissionsprognose des Büros ...), die Verschiebung der Nachtzeit für einzelne Veranstaltungen und die Durchführung von Schallimmissionsmessungen, wobei dies - was selbstverständlich sein dürfte - durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro zu erfolgen haben. Durch den Bescheidsentwurf wurde aber der Schutz der Nachbarschaft nicht (vollständig) sichergestellt, da insoweit keine Festsetzung von Lärmwerten erfolgt ist. Mithin war der Antragsgegnerin aufzugeben, in dem zu erlassenden „Auflagenbescheid“ die entsprechenden Immissionsrichtwerte noch festzusetzen.

2.2.5.

Nach summarischer Prüfung spricht einiges gegen die von Seiten der Antragsgegnerin erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgebrachte Auffassung, wonach hier nicht die Immissionsrichtwerte der Ziffer 4.1 Buchst d) für allgemeine Wohngebiete, sondern die der Ziffer 4.1 Buchst c) für Kern-, Dorf- und Mischgebiete zugrunde zu legen seien. Denn ausweislich Absatz 3 der Ziffer 2 der Freizeitlärm-Richtlinie ist für die Beurteilung der Geräusche von Freizeitanlagen die Schutzbedürftigkeit der Nutzungen in den diesen Anlagen benachbarten Gebieten von Bedeutung. Hierbei ist für die Zuordnung der für die Beurteilung maßgebenden Immissionsrichtwerte (nach Nr. 4.1 Buchst a) - f)) zu den Gebieten im Einwirkungsbereich der Anlage grundsätzlich vom Bebauungsplan auszugehen. Dies ist hier der qualifizierte Bebauungsplan „Bergstraße“ der Stadt Klingenberg a. Main, in Kraft getreten am 23. April 1971, der hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet festsetzt und in dessen Geltungsbereich sich das Anwesen der Antragsteller befindet. Eine besondere Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme kann gemäß Absatz 3 der Ziffer 2 der Freizeitlärm-Richtlinie zwar dann bestehen, wie der Bevollmächtigte der Antragstellerin ausgeführt hat, wenn aufgrund baulicher Entwicklungen in der Vergangenheit Wohngebiet und Freizeitanlagen eng zusammen liegen. Unter der Voraussetzung, dass an störenden Anlagen alle verhältnismäßigen Emissionsminderungsmaßnahmen durchgeführt sind, kann dann die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme dazu führen, dass die Bewohner mehr an Geräuschen hinnehmen müssen als die Bewohner von gleichartig genutzten Gebieten, die fernab derartiger Anlagen liegen. Hierbei sollen die zu duldenden Geräuscheinwirkungen die Immissionsrichtwerte unterschreiten, die die für die Gebietsart mit dem nächst niedrigeren Schutzanspruch gelten. Allerdings ist hier angesichts des Umstands, dass zwischen der Freilichtbühne und dem Wohnhaus der Antragsteller ein Abstand von 200 m besteht, schon fraglich und nicht im Rahmen der summarischen Prüfung abschließend zu entscheiden, ob hier der Anwendungsbereich dieser Regelung überhaupt eröffnet ist, ob davon die Rede sein kann, dass Wohngebiete und Freizeitanlagen „eng zusammen“ liegen.

Darüber hinaus dürfte auch einiges dafür sprechen, die gegenseitigen Rücksichtnahmepflichten des Beigeladenen und der Antragsteller im vorliegenden Fall nicht über den Weg einer generellen Abstufung der Schutzwürdigkeit des Anwesens der Antragsteller durch die Festlegung einer Gebietsart mit niedrigerem Schutzanspruch (Ziffer 2 Absatz 4 der Freizeitlärm-Richtlinie) zu lösen, sondern durch eine Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz (gemäß Ziffer 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie). Danach können Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten, die die unter Ziffer 4.1 bis 4.3. genannten Immissionsrichtwerte trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht einhalten, gleichwohl zulässig sein, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden (vgl. Ziffer 4.4.1 der Freizeitlärm-Richtlinie).

Von sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist auszugehen, wenn die Veranstaltung eine soziale Funktion und Bedeutung hat. Mit dem Begriff der „Sozialadäquanz“ werden die Verhaltensweisen oder Zustände beschrieben, die sich im sozialen Zusammenleben ergeben und sich möglicherweise für den Einzelnen sogar nachteilig auswirken, jedoch von der Bevölkerung insgesamt hingenommen werden, weil sich die Verhaltensweisen noch in den Grenzen des sozial Üblichen und damit Tolerierbaren halten (Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG Art. 19 Rn. 114). Die vom Beigeladenen seit über 20 Jahren durchgeführten Freilichtspiele auf der ... mit Musicals und Sonderveranstaltungen stellen sich aus Sicht der Kammer als sozial adäquat in diesem Sinne dar. Der Beigeladene hat im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten insbesondere eindrucksvoll aufgezeigt, welche Akzeptanz die ...-Festspiele in der einheimischen Bevölkerung genießen.

Die Kammer kommt nach einer summarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass sich die zu erwartenden Lärmimmissionen als unvermeidbar und zumutbar i. S. d. Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie darstellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beigeladene eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt hat (wie die Vorverlegung des Beginns der Aufführungen auf 20:00 Uhr, den teilweisen Wegfall der Pausen, die Installation von Schutzwänden, usw.), dass aber trotz aller verhältnismäßigen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen eine Überschreitung der Werte nach Ziffer 4.1 Buchst. d) der Freizeitlärm-Richtlinie aufgrund der Umgebungsbedingungen und der Mindestversorgungspegel unvermeidbar ist, wie sich auch der Schallimmissionsprognose des Büros ... entnehmen lässt.

Zu berücksichtigen ist im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit i. S. d. Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie auch, dass die Antragsgegnerin die Verschiebung der Nachtzeit in Ziffer 10.1 Absatz 1 des Bescheidentwurfs vom 17. Mai 2016 (aus Gründen der Rechtsklarheit nochmals aufgenommen in Ziffer I.1 letzter Absatz des Tenors dieser Entscheidung) für insgesamt 11 Veranstaltungen um lediglich eine Stunde vorgenommen hat. Nach Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie ist eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zulässig, wobei die Anzahl der Tage (24 Stunden-Zeitraum) mit seltenen Veranstaltungen 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten soll. Eine Überschreitung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts (vgl. Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie) können nach den Gutachten des Büros ... ausgeschlossen werden. Die Kammer verkennt bei ihrer Entscheidung auch nicht, dass die Verschiebung des Beginns der Nachtzeit in drei Fällen (Sonderveranstaltungen) nicht auf Abende vor Samstagen, sowie Sonn- und Feiertagen beschränkt wurde und sich die Veranstaltungen auch über mehrere Wochenenden erstrecken (vgl. Ziffer 4.4.3 Spiegelstriche 2 und 3 der Freizeitlärm-Richtlinie), hält dies aber insbesondere angesichts des Umstands, dass die Verschiebung nur um eine Stunde erfolgt, im konkreten Fall noch für zumutbar.

Nach allem begegnet die Entscheidung, für insgesamt elf Veranstaltungen die Regelungen der Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Ereignisse heranzuziehen und die Nachtzeit jeweils um eine Stunde zu verschieben, nach summarischer Prüfung keinen Bedenken.

2.2.6.

Der Anspruch der Antragsteller auf Einsichtnahme in die Ergebnisse der gemäß „Auflage“ Ziffer 10.1 und 10.2 des Bescheidentwurfs durchgeführten Messungen durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro ergibt sich bereits daraus, dass der betroffene Nachbar ansonsten keine Möglichkeit hätte zu prüfen, ob er in seinen Rechten verletzt wird. Ein solcher Anspruch wäre deshalb bereits aus Art. 19 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 LStVG herzuleiten. Denn mit der Nennung der Nachbarschaft in Abs. 4 Satz 1 räumt die Vorschrift dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz ein, der Nachbar kann eine Verletzung eigener Rechte durch die Veranstaltung rügen und gegen diese Veranstaltung auch im Verwaltungsrechtsweg vorgehen (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 105). Darüber hinaus ergibt sich ein Anspruch auch aus Art. 3 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Umweltinformationsgesetzes.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG. Der Regelstreitwert von 5.000,00 EUR, der hiernach zugrunde zu legen war, war nach Satz 1 der Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für das Eilverfahren zu halbieren, so dass ein Streitwert von 2.500,00 EUR festzusetzen war.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 41/03 Verkündet am:
26. September 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Von einem Rockkonzert ausgehende Lärmimmissionen, die die Richtwerte der sog.
LAI-Hinweise überschreiten, können unwesentlich im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1
BGB sein, wenn es sich um eine Veranstaltung von kommunaler Bedeutung handelt,
die an nur einem Tag des Jahres stattfindet und weitgehend die einzige in der Umgebung
bleibt. Dies gilt in aller Regel aber nur bis Mitternacht.
BGH, Urt. v. 26. September 2003 - V ZR 41/03 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2003 im Kostenpunkt und im Umfang des nachfolgenden Ausspruchs aufgehoben und das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 22. April 2002 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, daß von ihren Grundstücken, Gemarkung G. -F. , Parzellen-Nr. 2713 und 2739 bei dem Rockkonzert anläßlich des jährlich stattfindenden Sommerfestes des Sportvereins F. Geräusche auf das Grundstück der Kläger R. straße 27, G. -F. , Flurstück 2477, einwirken, die – gemessen 0,5 m vor den Fenstern des klägerischen Wohnhauses - zwischen 20.00 Uhr und 24.00 Uhr einen Beurteilungspegel von 70 dB(A) und eine Geräuschspitze von 90 dB(A), sowie zwischen 24.00 Uhr und 08.00 Uhr einen Beurtei- lungspegel von 55 dB(A) und eine Geräuschspitze von 65 dB(A) überschreiten.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden gegeneinander aufgehoben. Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 60 % und die Beklagte 40 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger wenden sich gegen Lärmbelästigungen, die von einem alljährlich stattfindenden Sommerfest eines Sportvereins und dabei insbesondere von einem Rockkonzert ausgehen.
Die Kläger sind Eigentümer eines in einem allgemeinen Wohngebiet gelegenen Grundstücks. Auf dem Nachbargrundstück, das der beklagten Stadt gehört, befinden sich ein Bolzplatz, eine Sporthalle und ein Fußballfeld. Die Beklagte hat das Gelände einem Sportverein für Vereinsaktivitäten überlassen. Einmal im Jahr veranstaltet der Sportverein ein Sommerfest. Dabei finden in
einem Festzelt Musikveranstaltungen statt, darunter ein Rockkonzert. Für das bis weit nach Mitternacht dauernde Rockkonzert wurden für das Grundstück der Kläger in den Jahren 2001 und 2002 Mittelungspegel von 55,9 bis 70,5 dB(A) und 53,3 bis 66 dB(A) gemessen.
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung eines weitergehenden Antrags verurteilt, es zu unterlassen, daß von ihrem Grundstück Geräusche auf das Grundstück der Kläger einwirken, die zwischen 8 Uhr und 20 Uhr einen Beurteilungspegel von 70 dB(A), in der Zeit von 6 Uhr bis 8 Uhr sowie von 20 Uhr bis 22 Uhr einen Beurteilungspegel von 65 dB(A) sowie zwischen 22 Uhr und 6 Uhr einen Beurteilungspegel von 55 dB(A) überschreiten. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beeinträchtigung der Kläger durch den von dem Sommerfest und hier insbesondere von dem Rockkonzert ausgehenden Lärm sei wesentlich im Sinne von § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB. Dies folge aus der vor allem zur Nachtzeit ab 22 Uhr gravierenden Überschreitung der in der LAI-Freizeitlärmrichtlinie festgesetzten Lärmgrenzwerte; die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung werde dadurch indiziert. Diese Werte seien zwar nicht schematisch anzuwenden und erlaubten bei einem einmaligen
Ereignis eine großzügigere Handhabung. Ein einmaliges Ereignis liege aber nicht vor, weil das Fest an drei Tagen stattfinde und auch die weiteren Veranstaltungen Lärm verursachten. Zudem seien die festgestellten Überschreitungen von 22 Uhr bis weit nach Mitternacht so gravierend, daß sie nicht hingenommen werden müßten.

II.


Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Auf der Grundlage seiner Feststellungen bejaht das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einen Unterlassungsanspruch der Kläger (§§ 1004, 906 BGB).
1. Nach § 906 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks von einem anderen Grundstück ausgehende Immissionen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nur unwesentlich beeinträchtigt. Ob Geräuschimmissionen wesentlich sind oder nicht, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und danach, was ihm unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist (Senat BGHZ 148, 261, 264 - Hammerschmiede; Senatsurt. v. 20. November 1998, V ZR 411/97, NJW 1999, 1029, 1030). Die Grenze der im Einzelfall zumutbaren Lärmbelästigung kann nicht mathematisch exakt, sondern nur aufgrund wertender Beurteilung festgesetzt werden (Senat BGHZ 148, 261, 264). Dabei sind wesentliche Immissionen identisch mit erheblichen Belästigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG (BGHZ 122, 76, 78).
Wann Lärmimmissionen im Einzelfall die Schwelle zur Wesentlichkeit überschreiten, unterliegt weitgehend tatrichterlicher Wertung. Revisionsrecht-
lich nachprüfbar ist, ob das Berufungsgericht die nötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen und bei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte zugrunde gelegt hat (Senat BGHZ 121, 248, 252 - Jugendzeltplatz). Dieser Nachprüfung hält das Berufungsurteil nicht in jeder Hinsicht stand.
2. a) Das Berufungsgericht orientiert sich an den Hinweisen des Länderausschusses für Immissionsschutz zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche (sog. LAI-Hinweise oder Freizeitlärm-Richtlinie, abgedruckt in NVwZ 1997, 469). Das ist nicht zu beanstanden. Die LAI-Hinweise gelten für Freizeitanlagen, und zwar insbesondere für Grundstücke, auf denen Volksfeste, Platzkonzerte, Lifemusik-Darbietungen und ähnliche Veranstaltungen im Freien stattfinden. Sie sind ungeachtet der generellen Nutzung des Grundstücks der Beklagten als Sportplatz einschlägig, denn die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) regelt nur Immissionen, die von einer Sportanlage bei ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung, der Sportausübung, ausgehen (§ 1 Abs. 1 der 18. BImSchV).
Die von Sachverständigen ausgearbeiteten und von allen Ländern mitgetragenen LAI-Hinweise unterfallen zwar nicht § 906 Abs. 1 Satz 2 u. 3 BGB (Staudinger/Roth, BGB [2002], § 906 Rdn. 193), können den Gerichten aber gleichwohl als Entscheidungshilfe dienen (vgl. Senat BGHZ 111, 63, 67 - Volksfestlärm; 120, 239, 256 f. – Froschlärm; 121, 248, 253 - Jugendzeltplatz; BVerwG DVBl 2001, 1451, 1453). Sie ersetzen nicht die Prüfung und Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls, geben dieser Würdigung aber eine Orientierung. Werden die Richtwerte überschritten, so indiziert dies eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB (vgl. Senat
BGHZ 111, 63, 67; 121, 248, 251). Der Tatrichter muß allerdings auch in diesem Fall berücksichtigen, daß es sich bei den technischen Regelwerken nur um Richtlinien handelt, die nicht schematisch angewendet werden dürfen.
b) Für die Frage der Wesentlichkeit von Lärmimmissionen sind Dauer und Häufigkeit der Einwirkung von erheblicher Bedeutung. Das Berufungsgericht vertritt daher zu Recht die Ansicht, daß bei einem einmaligen Ereignis eine großzügigere Handhabung der Richtwerte geboten, eine Überschreitung im Einzelfall also hinzunehmen sein kann. Rechtsfehlerhaft geht es jedoch davon aus, daß hier ein einmaliges Störereignis deswegen nicht vorliege, weil das Sommerfest an drei aufeinanderfolgenden Wochenendtagen stattfindet. Denn daß von den übrigen Veranstaltungen eine wesentliche Einwirkung auf das Grundstück der Kläger ausginge, hat es nicht festgestellt. Mithin ist revisionsrechtlich nur das Rockkonzert von Bedeutung und die weitergehende Klage schon nicht schlüssig.
Richtig ist allerdings, daß die LAI-Hinweise der Seltenheit eines Ereignisses durch eine Sonderregelung in Ziff. 4.4. Rechnung tragen, in der für Veranstaltungen , die an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten im Kalenderjahr stattfinden (sog. seltene Störereignisse), höhere Richtwerte vorgegeben werden. Auch insoweit gibt die Richtlinie jedoch nur eine Orientierung und läßt Raum für die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG DVBl 2001, 1451, 1453 "Entscheidungshilfe mit Indizcharakter"). Hierzu gehört auch die Zahl der Störereignisse. Denn die Sonderregelung in Ziff. 4.4. der LAI-Hinweise erfaßt Ereignisse, die bis zu zehn Tagen oder Nächten eines Jahres auftreten und einen relevanten Beitrag zur Überschreitung der Immissionsrichtwerte verursachen.
In dem der Entscheidung des Senats vom 23. März 1990 (Senat BGHZ 111, 63 - Volksfestlärm) zugrunde liegenden Fall wurde ein an das Grundstück des Klägers angrenzendes Gelände mehrmals im Jahr als Kirmes- und Festplatz genutzt. Für das Jahr 1987 waren beispielsweise für die Monate Juni, Juli und August vier jeweils über das ganze Wochenende, einmal sogar drei Tage dauernde Veranstaltungen angekündigt. Vorliegend ist dagegen mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Revision davon auszugehen, daß das an nur einem Abend des Sommerfestes stattfindende Rockkonzert, gegen dessen Immissionen sich die Kläger in erster Linie wenden, weitgehend das einzige Ereignis ist, welches unter deutlicher Überschreitung der in den LAI-Hinweisen in Ziffer 4.4. für die Nachtzeit aufgestellten Richtwerte auf das Grundstück der Kläger einwirkt.

c) Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung ferner nicht bedacht, daß bei seltenen Störereignissen auch die Bedeutung der Veranstaltung nicht unberücksichtigt bleiben kann. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats richtet sich die Beurteilung, ob eine Immission wesentlich im Sinne des § 906 BGB ist, nicht nur nach dem Maß der objektiven Beeinträchtigung. Im Interesse der Harmonisierung zivilrechtlicher und öffentlichrechtlicher Beurteilungsmaßstäbe hat der Senat eine Angleichung an die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung vollzogen, die als erhebliche Belästigung alles ansieht, was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist (vgl. Senat BGHZ 120, 239, 255 - Froschlärm; 148, 261, 264 – Hammerschmiede). Demgemäß können bei der Prüfung der Erheblichkeit oder Wesentlichkeit von Lärm auch schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit und gesetzliche Wertungen
eine Rolle spielen (vgl. Senat BGHZ 121, 248, 255 - Jugendzeltplatz; 111, 63, 68 – Volksfestlärm).
aa) Volks- und Gemeindefeste, Feiern örtlicher Vereine, traditionelle Umzüge und ähnliche Veranstaltungen gehören zu den herkömmlichen, allgemein akzeptierten Formen gemeindlichen und städtischen Lebens. Dabei liegt es in der Natur der Sache, daß sie oftmals in der Nähe zur Wohnbebauung durchgeführt werden müssen und zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der Nachbarschaft führen. Da solche Veranstaltungen für den Zusammenhalt der örtlichen Gemeinschaft von großer Bedeutung sein können, dabei auch die Identität dieser Gemeinschaft stärken und für viele Bewohner einen hohen Stellenwert besitzen, werden die mit ihnen verbundenen Geräuschentwicklungen von einem verständigen Durchschnittsmenschen bei Würdigung auch anderer Belange in der Regel in höherem Maß akzeptiert werden als sonstige Immissionen. Das kann bei der Beurteilung, ob eine Lärmeinwirkung als wesentlich anzusehen ist, vor allem dann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn es sich um ein sehr seltenes Ereignis handelt, das weitgehend das einzige in der Umgebung bleibt. In einem solchen Fall können auch Lärmimmissionen, die die Richtwerte der LAI-Hinweise überschreiten, ausnahmsweise noch unwesentlich sein (so auch VGH Kassel GewArch 1997, 162).
Die kommunale Bedeutung kann einem Ereignis nicht deshalb abgesprochen werden, weil Veranstalter nicht die Gemeinde, sondern ein privater Verein ist. Maßgeblich ist, daß das Ereignis von einem Großteil der Ortsbevölkerung getragen und akzeptiert wird. Unerheblich für die Frage der Wesentlichkeit der Immissionen ist ferner, ob der Nutzung eines Grundstücks als Festplatz eine langjährige Übung zugrunde liegt. Bei der vom Tatrichter vorzuneh-
menden Würdigung, ob Geräuschimmissionen wesentlich sind, kann zwar dem Traditionscharakter einer Veranstaltung besonderes Gewicht zukommen. Umgekehrt steht der Annahme einer nur unwesentlichen Beeinträchtigung aber nicht entgegen, daß eine Veranstaltung erst seit kurzer Zeit stattfindet. Andernfalls würden Gemeinden gehindert, eine kommunale Festivität zu begründen , wo Traditionsveranstaltungen fehlen, oder die Abläufe bei Festen zu ändern , die auf eine langjährige Übung zurückgehen. Demgemäß können auch die mit Gemeinde- und Vereinsfesten untrennbar verbundenen Musik- und Tanzveranstaltungen Änderungen in Art und Ausrichtung erfahren. Erlangen sie im Einzelfall überregionale Bedeutung, nimmt ihnen das die kommunale Bedeutung nicht, solange die jeweilige Veranstaltung weiterhin auch für die örtliche Bevölkerung bestimmt ist und von ihr angenommen wird.
bb) Bei nur einmal jährlich stattfindenden Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung können selbst Lärmeinwirkungen unwesentlich sein, welche die für die Abend- und Nachtzeit aufgestellten Richtwerte der LAI-Hinweise überschreiten. Zwar gebührt nach 22 Uhr dem Schutz der ungestörten Nachtruhe grundsätzlich der Vorrang vor dem Interesse der Bevölkerung, Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen zu besuchen (vgl. Senat BGHZ 111, 63, 70 - Volksfestlärm). Insbesondere in Krankenhäusern oder sonstigen Kliniken , aber auch dort, wo die Bewohner der Umgebung bereits tagsüber einem höheren Lärmpegel als üblich ausgesetzt sind, ist eine Störung der Nachtruhe meist eine erhebliche Einwirkung auf die Gesundheit oder das Wohlbefinden und damit eine wesentliche Immission. Zu berücksichtigen ist aber auch, daß die Nachtruhe nicht generell geschützt wird. Dort, wo ruhestörende Tätigkeiten zur Nachtzeit durch landesrechtliche Normen ausdrücklich verboten sind, hat der Gesetzgeber zugleich Ausnahmen für den Fall vorgesehen, daß ein Vor-
haben im Einzelfall Vorrang vor den schutzwürdigen Belangen Dritter hat (z.B. § 5 der LärmVO Hamburg, § 8 der LärmVO Berlin). Vorrang kann insbesondere Volksfesten und ähnlichen Veranstaltungen zukommen, wenn sie auf historischen oder kulturellen Umständen beruhen oder sonst von kommunaler Bedeutung sind, und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung gegenüber dem Schutzbedürfnis der Nachbarschaft überwiegt (vgl. § 9 Abs. 3 LImSchG Nordrhein-Westfalen, § 4 Abs. 4 LImSchG Rheinland-Pfalz, § 10 Abs. 4 LImSchG Brandenburg). Eine solche Abwägung der widerstreitenden Interessen sieht auch das Gaststättengesetz vor. Nach § 12 Abs. 1 GaststG kann aus besonderem Anlaß der Betrieb eines Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend gestattet werden. Die "erleichterten Voraussetzungen" beziehen sich auch auf den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG4 Abs. 1 Nr. 3 GaststG), und gelten damit beispielsweise für die Lärmimmissionen, die von einer aus Anlaß eines Volksfests betriebenen Außengastronomie ausgehen (vgl. VGH München NVwZ 1999, 555). Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, daß bei besonderem Anlaß und nur vorübergehendem Betrieb die bei der Erteilung der Erlaubnis zu beachtenden Vorschriften weniger streng zu handhaben sind als bei einem Dauerbetrieb. Immissionsschutzrechtliche Gesichtspunkte dürfen zwar nicht vernachlässigt werden, sie sind jedoch zu Art und Dauer des Betriebs in Beziehung zu setzen (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, Das Gaststättengesetz, 14. Aufl. 2003, § 12 Rdn. 5). Dies führt im Fall von Lärmbeeinträchtigungen dazu, daß bei der Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle nach § 3 BImSchG die Seltenheit des Anlasses und seine Bedeutung in die Würdigung einzubeziehen sind (VGH München a.a.O., S. 556). Die Berücksichtigung dieser Kriterien ist nicht auf die gastronomischen Betriebe beschränkt, sondern gilt für den verständi-
gen Durchschnittsmenschen gleichermaßen in Bezug auf das besondere Ereignis , an das sie anknüpfen. Insoweit hängt die Beurteilung der Beeinträchtigung als wesentlich auch von einer Interessenabwägung ab (Senat BGHZ 111, 63, 68 – Volksfestlärm; a.A. Roth in Anm. JR 1991, 149).
cc) In welchem Umfang Lärmbeeinträchtigungen von Veranstaltungen mit besonderer historischer, kultureller oder kommunaler Bedeutung noch als unwesentlich angesehen werden können, ist weitgehend eine Frage des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind insbesondere Bedeutung und Charakter der Veranstaltung, ihr Ablauf, Dauer und Häufigkeit, die Nutzungsart und Zweckbestimmung sowie die Gesamtbelastung des beeinträchtigten Grundstücks während der Veranstaltung und durch andere seltene Störereignisse, ferner die zeitlichen Abstände dieser Ereignisse. Je gewichtiger der Anlaß für die Gemeinde oder Stadt ist, desto eher ist der Nachbarschaft zuzumuten, an wenigen Tagen im Jahr Ruhestörungen hinzunehmen. Bei Festveranstaltungen von kommunaler Bedeutung, die nur einmal im Jahr für wenige Tage stattfinden, ist dabei auch eine deutliche Überschreitung der in den LAI-Hinweisen für seltene Störereignisse festgelegten Richtwerte denkbar. Hiervon ist selbst die Nachtzeit nicht generell ausgenommen, zumal es im Sommer noch bis gegen 22 Uhr hell bleibt und es dem Charakter bzw. der Tradition vieler Veranstaltungen entspricht , daß sie bis in die Nachtstunden andauern (so auch VGH Mannheim NVwZ-RR 1994, 633, 635). Im Einzelfall kann von den Anliegern jedenfalls an einem Tag bis Mitternacht ein deutlich höherer Beurteilungspegel hinzunehmen sein. Eine über Mitternacht hinausgehende erhebliche Überschreitung der Richtwerte wird demgegenüber in aller Regel nicht mehr als unwesentlich zu qualifizieren sein.
Ob etwas anderes gilt, wenn für die betreffende Veranstaltung eine weitergehende Ausnahmegenehmigung nach öffentlichem Recht erteilt wurde, bedarf keiner Entscheidung. Die Beklagte hat zwar der Durchführung der Sportfeste in ihrer Eigenschaft als Ortspolizeibehörde zugestimmt. Auf die zivilrechtliche Beurteilung hat die Genehmigung aber schon deswegen keinen Einfluß, weil eine umfassende Prüfung immissionsschutzrechtlicher Belange im Rahmen eines gesetzlich vorgegebenen Verfahrens mit ihr ersichtlich nicht verbunden war.
Für die Beuteilung durch einen verständigen Durchschnittsmenschen von Bedeutung kann schließlich sein, ob sich die Veranstaltung an einen ebenso geeigneten, Anwohner insgesamt aber deutlich weniger beeinträchtigenden Standort innerhalb der Gemeinde bzw. des Ortsteils verlegen läßt. Können unter Wahrung des Charakters der Veranstaltung die Lärmimmissionen für Anwohner deutlich reduziert werden, unterbleibt aber ein Standortwechsel , so verringert sich das Maß dessen, was einem Anwohner an Geräuscheinwirkungen zuzumuten ist; in der Regel werden dann die Richtwerte der LAI-Hinweise maßgebend sein.

III.


Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu treffen sind, hat der Senat in der Sache selbst entschieden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Angesichts der Unterstützung, die das Sommerfest und das Rockkonzert seitens der Gemeinde erfahren, kann der Veranstaltung die kommunale Bedeutung nicht abgesprochen werden. Gleichwertige
alternative Standorte für das Festzelt sind nicht ersichtlich. Durch die von den Klägern vorgeschlagene Verlegung des Rockkonzerts in die benachbarte Sporthalle bliebe der Charakter der Veranstaltung nicht gewahrt. Er ist davon geprägt, daß das Konzert als Teil eines Sommerfestes weitgehend im Freien stattfindet.
Die Kläger müssen am Abend des Rockkonzerts allerdings nicht jegliche Lärmeinwirkung hinnehmen, sondern nur das nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen zumutbare Maß. Die Zumutbarkeit ist durch eine Begrenzung der Immissionen zu wahren. Hierfür geben die Richtwerte, die die LAI-Hinweise bei seltenen Störereignissen tagsüber außerhalb der Ruhezeiten vorsehen, eine Orientierung. Im vorliegenden Fall bietet es sich an, die Tageszeit im Sinne der LAI-Hinweise bis 24 Uhr auszudehnen. Damit ist für das Rockkonzert ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) mit einer Geräuschspitze von 90 dB(A) maßgeblich. Eine Verlängerung über 24 Uhr hinaus kommt dagegen mit Rücksicht auf die schutzwürdigen Belange der Kläger nicht in Betracht. Um ihnen eine ausreichende Nachtruhe zu ermöglichen, ist vielmehr von Mitternacht bis 8 Uhr des auf das Rockkonzert folgenden Tages der für die Nachtzeit vorgegebene Beurteilungspegel von 55 dB(A) einzuhalten.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 23.5.2016 geändert:

Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 3 K 2431/16 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.5.2016 sowie des hiergegen vorsorglich eingelegten Widerspruchs wird unter den folgenden Auflagen nur insoweit wiederhergestellt, als die Genehmigung die Durchführung der Jugendtanzveranstaltung am Mittwoch/Donnerstag, den 25./26.5.2016, für die Zeit ab dem 26.5.2016, 2:00 Uhr, betrifft:

a)   Soweit es möglich ist, ist am 26.5.2016 ab 0:00 Uhr durch Reduzierung der Lautstärke an der Musikanlage sicherzustellen, dass ein Beurteilungspegel von 55 dB(A) – ermittelt nach den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie der LAI vom 6.3.2015 – vor dem Wohnhaus der Antragsteller nicht überschritten wird; sofern hierfür erforderlich, ist der Verstärker so einzustellen, dass in einem Abstand von drei Metern vor den Lautsprechern ein äquivalenter Dauerschallpegel auch unter 80 dB(A) erzeugt wird.

b)   Die musikalischen Darbietungen sind ab 1:45 Uhr einzustellen, damit die Veranstaltung um 2:00 Uhr beendet werden kann.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller als Gesamtschuldner, die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Drittel der Kosten des nicht durch Vergleich erledigten Teils des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner und die Antragsgegnerin je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind im Beschwerdeverfahren nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 500,00 EUR festgesetzt.


G r ü n d e :

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 41/03 Verkündet am:
26. September 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Von einem Rockkonzert ausgehende Lärmimmissionen, die die Richtwerte der sog.
LAI-Hinweise überschreiten, können unwesentlich im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1
BGB sein, wenn es sich um eine Veranstaltung von kommunaler Bedeutung handelt,
die an nur einem Tag des Jahres stattfindet und weitgehend die einzige in der Umgebung
bleibt. Dies gilt in aller Regel aber nur bis Mitternacht.
BGH, Urt. v. 26. September 2003 - V ZR 41/03 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2003 im Kostenpunkt und im Umfang des nachfolgenden Ausspruchs aufgehoben und das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 22. April 2002 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, daß von ihren Grundstücken, Gemarkung G. -F. , Parzellen-Nr. 2713 und 2739 bei dem Rockkonzert anläßlich des jährlich stattfindenden Sommerfestes des Sportvereins F. Geräusche auf das Grundstück der Kläger R. straße 27, G. -F. , Flurstück 2477, einwirken, die – gemessen 0,5 m vor den Fenstern des klägerischen Wohnhauses - zwischen 20.00 Uhr und 24.00 Uhr einen Beurteilungspegel von 70 dB(A) und eine Geräuschspitze von 90 dB(A), sowie zwischen 24.00 Uhr und 08.00 Uhr einen Beurtei- lungspegel von 55 dB(A) und eine Geräuschspitze von 65 dB(A) überschreiten.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden gegeneinander aufgehoben. Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 60 % und die Beklagte 40 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger wenden sich gegen Lärmbelästigungen, die von einem alljährlich stattfindenden Sommerfest eines Sportvereins und dabei insbesondere von einem Rockkonzert ausgehen.
Die Kläger sind Eigentümer eines in einem allgemeinen Wohngebiet gelegenen Grundstücks. Auf dem Nachbargrundstück, das der beklagten Stadt gehört, befinden sich ein Bolzplatz, eine Sporthalle und ein Fußballfeld. Die Beklagte hat das Gelände einem Sportverein für Vereinsaktivitäten überlassen. Einmal im Jahr veranstaltet der Sportverein ein Sommerfest. Dabei finden in
einem Festzelt Musikveranstaltungen statt, darunter ein Rockkonzert. Für das bis weit nach Mitternacht dauernde Rockkonzert wurden für das Grundstück der Kläger in den Jahren 2001 und 2002 Mittelungspegel von 55,9 bis 70,5 dB(A) und 53,3 bis 66 dB(A) gemessen.
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung eines weitergehenden Antrags verurteilt, es zu unterlassen, daß von ihrem Grundstück Geräusche auf das Grundstück der Kläger einwirken, die zwischen 8 Uhr und 20 Uhr einen Beurteilungspegel von 70 dB(A), in der Zeit von 6 Uhr bis 8 Uhr sowie von 20 Uhr bis 22 Uhr einen Beurteilungspegel von 65 dB(A) sowie zwischen 22 Uhr und 6 Uhr einen Beurteilungspegel von 55 dB(A) überschreiten. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beeinträchtigung der Kläger durch den von dem Sommerfest und hier insbesondere von dem Rockkonzert ausgehenden Lärm sei wesentlich im Sinne von § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB. Dies folge aus der vor allem zur Nachtzeit ab 22 Uhr gravierenden Überschreitung der in der LAI-Freizeitlärmrichtlinie festgesetzten Lärmgrenzwerte; die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung werde dadurch indiziert. Diese Werte seien zwar nicht schematisch anzuwenden und erlaubten bei einem einmaligen
Ereignis eine großzügigere Handhabung. Ein einmaliges Ereignis liege aber nicht vor, weil das Fest an drei Tagen stattfinde und auch die weiteren Veranstaltungen Lärm verursachten. Zudem seien die festgestellten Überschreitungen von 22 Uhr bis weit nach Mitternacht so gravierend, daß sie nicht hingenommen werden müßten.

II.


Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Auf der Grundlage seiner Feststellungen bejaht das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einen Unterlassungsanspruch der Kläger (§§ 1004, 906 BGB).
1. Nach § 906 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks von einem anderen Grundstück ausgehende Immissionen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nur unwesentlich beeinträchtigt. Ob Geräuschimmissionen wesentlich sind oder nicht, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und danach, was ihm unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist (Senat BGHZ 148, 261, 264 - Hammerschmiede; Senatsurt. v. 20. November 1998, V ZR 411/97, NJW 1999, 1029, 1030). Die Grenze der im Einzelfall zumutbaren Lärmbelästigung kann nicht mathematisch exakt, sondern nur aufgrund wertender Beurteilung festgesetzt werden (Senat BGHZ 148, 261, 264). Dabei sind wesentliche Immissionen identisch mit erheblichen Belästigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG (BGHZ 122, 76, 78).
Wann Lärmimmissionen im Einzelfall die Schwelle zur Wesentlichkeit überschreiten, unterliegt weitgehend tatrichterlicher Wertung. Revisionsrecht-
lich nachprüfbar ist, ob das Berufungsgericht die nötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen und bei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte zugrunde gelegt hat (Senat BGHZ 121, 248, 252 - Jugendzeltplatz). Dieser Nachprüfung hält das Berufungsurteil nicht in jeder Hinsicht stand.
2. a) Das Berufungsgericht orientiert sich an den Hinweisen des Länderausschusses für Immissionsschutz zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche (sog. LAI-Hinweise oder Freizeitlärm-Richtlinie, abgedruckt in NVwZ 1997, 469). Das ist nicht zu beanstanden. Die LAI-Hinweise gelten für Freizeitanlagen, und zwar insbesondere für Grundstücke, auf denen Volksfeste, Platzkonzerte, Lifemusik-Darbietungen und ähnliche Veranstaltungen im Freien stattfinden. Sie sind ungeachtet der generellen Nutzung des Grundstücks der Beklagten als Sportplatz einschlägig, denn die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) regelt nur Immissionen, die von einer Sportanlage bei ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung, der Sportausübung, ausgehen (§ 1 Abs. 1 der 18. BImSchV).
Die von Sachverständigen ausgearbeiteten und von allen Ländern mitgetragenen LAI-Hinweise unterfallen zwar nicht § 906 Abs. 1 Satz 2 u. 3 BGB (Staudinger/Roth, BGB [2002], § 906 Rdn. 193), können den Gerichten aber gleichwohl als Entscheidungshilfe dienen (vgl. Senat BGHZ 111, 63, 67 - Volksfestlärm; 120, 239, 256 f. – Froschlärm; 121, 248, 253 - Jugendzeltplatz; BVerwG DVBl 2001, 1451, 1453). Sie ersetzen nicht die Prüfung und Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls, geben dieser Würdigung aber eine Orientierung. Werden die Richtwerte überschritten, so indiziert dies eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB (vgl. Senat
BGHZ 111, 63, 67; 121, 248, 251). Der Tatrichter muß allerdings auch in diesem Fall berücksichtigen, daß es sich bei den technischen Regelwerken nur um Richtlinien handelt, die nicht schematisch angewendet werden dürfen.
b) Für die Frage der Wesentlichkeit von Lärmimmissionen sind Dauer und Häufigkeit der Einwirkung von erheblicher Bedeutung. Das Berufungsgericht vertritt daher zu Recht die Ansicht, daß bei einem einmaligen Ereignis eine großzügigere Handhabung der Richtwerte geboten, eine Überschreitung im Einzelfall also hinzunehmen sein kann. Rechtsfehlerhaft geht es jedoch davon aus, daß hier ein einmaliges Störereignis deswegen nicht vorliege, weil das Sommerfest an drei aufeinanderfolgenden Wochenendtagen stattfindet. Denn daß von den übrigen Veranstaltungen eine wesentliche Einwirkung auf das Grundstück der Kläger ausginge, hat es nicht festgestellt. Mithin ist revisionsrechtlich nur das Rockkonzert von Bedeutung und die weitergehende Klage schon nicht schlüssig.
Richtig ist allerdings, daß die LAI-Hinweise der Seltenheit eines Ereignisses durch eine Sonderregelung in Ziff. 4.4. Rechnung tragen, in der für Veranstaltungen , die an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten im Kalenderjahr stattfinden (sog. seltene Störereignisse), höhere Richtwerte vorgegeben werden. Auch insoweit gibt die Richtlinie jedoch nur eine Orientierung und läßt Raum für die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG DVBl 2001, 1451, 1453 "Entscheidungshilfe mit Indizcharakter"). Hierzu gehört auch die Zahl der Störereignisse. Denn die Sonderregelung in Ziff. 4.4. der LAI-Hinweise erfaßt Ereignisse, die bis zu zehn Tagen oder Nächten eines Jahres auftreten und einen relevanten Beitrag zur Überschreitung der Immissionsrichtwerte verursachen.
In dem der Entscheidung des Senats vom 23. März 1990 (Senat BGHZ 111, 63 - Volksfestlärm) zugrunde liegenden Fall wurde ein an das Grundstück des Klägers angrenzendes Gelände mehrmals im Jahr als Kirmes- und Festplatz genutzt. Für das Jahr 1987 waren beispielsweise für die Monate Juni, Juli und August vier jeweils über das ganze Wochenende, einmal sogar drei Tage dauernde Veranstaltungen angekündigt. Vorliegend ist dagegen mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Revision davon auszugehen, daß das an nur einem Abend des Sommerfestes stattfindende Rockkonzert, gegen dessen Immissionen sich die Kläger in erster Linie wenden, weitgehend das einzige Ereignis ist, welches unter deutlicher Überschreitung der in den LAI-Hinweisen in Ziffer 4.4. für die Nachtzeit aufgestellten Richtwerte auf das Grundstück der Kläger einwirkt.

c) Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung ferner nicht bedacht, daß bei seltenen Störereignissen auch die Bedeutung der Veranstaltung nicht unberücksichtigt bleiben kann. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats richtet sich die Beurteilung, ob eine Immission wesentlich im Sinne des § 906 BGB ist, nicht nur nach dem Maß der objektiven Beeinträchtigung. Im Interesse der Harmonisierung zivilrechtlicher und öffentlichrechtlicher Beurteilungsmaßstäbe hat der Senat eine Angleichung an die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung vollzogen, die als erhebliche Belästigung alles ansieht, was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist (vgl. Senat BGHZ 120, 239, 255 - Froschlärm; 148, 261, 264 – Hammerschmiede). Demgemäß können bei der Prüfung der Erheblichkeit oder Wesentlichkeit von Lärm auch schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit und gesetzliche Wertungen
eine Rolle spielen (vgl. Senat BGHZ 121, 248, 255 - Jugendzeltplatz; 111, 63, 68 – Volksfestlärm).
aa) Volks- und Gemeindefeste, Feiern örtlicher Vereine, traditionelle Umzüge und ähnliche Veranstaltungen gehören zu den herkömmlichen, allgemein akzeptierten Formen gemeindlichen und städtischen Lebens. Dabei liegt es in der Natur der Sache, daß sie oftmals in der Nähe zur Wohnbebauung durchgeführt werden müssen und zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der Nachbarschaft führen. Da solche Veranstaltungen für den Zusammenhalt der örtlichen Gemeinschaft von großer Bedeutung sein können, dabei auch die Identität dieser Gemeinschaft stärken und für viele Bewohner einen hohen Stellenwert besitzen, werden die mit ihnen verbundenen Geräuschentwicklungen von einem verständigen Durchschnittsmenschen bei Würdigung auch anderer Belange in der Regel in höherem Maß akzeptiert werden als sonstige Immissionen. Das kann bei der Beurteilung, ob eine Lärmeinwirkung als wesentlich anzusehen ist, vor allem dann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn es sich um ein sehr seltenes Ereignis handelt, das weitgehend das einzige in der Umgebung bleibt. In einem solchen Fall können auch Lärmimmissionen, die die Richtwerte der LAI-Hinweise überschreiten, ausnahmsweise noch unwesentlich sein (so auch VGH Kassel GewArch 1997, 162).
Die kommunale Bedeutung kann einem Ereignis nicht deshalb abgesprochen werden, weil Veranstalter nicht die Gemeinde, sondern ein privater Verein ist. Maßgeblich ist, daß das Ereignis von einem Großteil der Ortsbevölkerung getragen und akzeptiert wird. Unerheblich für die Frage der Wesentlichkeit der Immissionen ist ferner, ob der Nutzung eines Grundstücks als Festplatz eine langjährige Übung zugrunde liegt. Bei der vom Tatrichter vorzuneh-
menden Würdigung, ob Geräuschimmissionen wesentlich sind, kann zwar dem Traditionscharakter einer Veranstaltung besonderes Gewicht zukommen. Umgekehrt steht der Annahme einer nur unwesentlichen Beeinträchtigung aber nicht entgegen, daß eine Veranstaltung erst seit kurzer Zeit stattfindet. Andernfalls würden Gemeinden gehindert, eine kommunale Festivität zu begründen , wo Traditionsveranstaltungen fehlen, oder die Abläufe bei Festen zu ändern , die auf eine langjährige Übung zurückgehen. Demgemäß können auch die mit Gemeinde- und Vereinsfesten untrennbar verbundenen Musik- und Tanzveranstaltungen Änderungen in Art und Ausrichtung erfahren. Erlangen sie im Einzelfall überregionale Bedeutung, nimmt ihnen das die kommunale Bedeutung nicht, solange die jeweilige Veranstaltung weiterhin auch für die örtliche Bevölkerung bestimmt ist und von ihr angenommen wird.
bb) Bei nur einmal jährlich stattfindenden Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung können selbst Lärmeinwirkungen unwesentlich sein, welche die für die Abend- und Nachtzeit aufgestellten Richtwerte der LAI-Hinweise überschreiten. Zwar gebührt nach 22 Uhr dem Schutz der ungestörten Nachtruhe grundsätzlich der Vorrang vor dem Interesse der Bevölkerung, Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen zu besuchen (vgl. Senat BGHZ 111, 63, 70 - Volksfestlärm). Insbesondere in Krankenhäusern oder sonstigen Kliniken , aber auch dort, wo die Bewohner der Umgebung bereits tagsüber einem höheren Lärmpegel als üblich ausgesetzt sind, ist eine Störung der Nachtruhe meist eine erhebliche Einwirkung auf die Gesundheit oder das Wohlbefinden und damit eine wesentliche Immission. Zu berücksichtigen ist aber auch, daß die Nachtruhe nicht generell geschützt wird. Dort, wo ruhestörende Tätigkeiten zur Nachtzeit durch landesrechtliche Normen ausdrücklich verboten sind, hat der Gesetzgeber zugleich Ausnahmen für den Fall vorgesehen, daß ein Vor-
haben im Einzelfall Vorrang vor den schutzwürdigen Belangen Dritter hat (z.B. § 5 der LärmVO Hamburg, § 8 der LärmVO Berlin). Vorrang kann insbesondere Volksfesten und ähnlichen Veranstaltungen zukommen, wenn sie auf historischen oder kulturellen Umständen beruhen oder sonst von kommunaler Bedeutung sind, und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung gegenüber dem Schutzbedürfnis der Nachbarschaft überwiegt (vgl. § 9 Abs. 3 LImSchG Nordrhein-Westfalen, § 4 Abs. 4 LImSchG Rheinland-Pfalz, § 10 Abs. 4 LImSchG Brandenburg). Eine solche Abwägung der widerstreitenden Interessen sieht auch das Gaststättengesetz vor. Nach § 12 Abs. 1 GaststG kann aus besonderem Anlaß der Betrieb eines Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend gestattet werden. Die "erleichterten Voraussetzungen" beziehen sich auch auf den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG4 Abs. 1 Nr. 3 GaststG), und gelten damit beispielsweise für die Lärmimmissionen, die von einer aus Anlaß eines Volksfests betriebenen Außengastronomie ausgehen (vgl. VGH München NVwZ 1999, 555). Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, daß bei besonderem Anlaß und nur vorübergehendem Betrieb die bei der Erteilung der Erlaubnis zu beachtenden Vorschriften weniger streng zu handhaben sind als bei einem Dauerbetrieb. Immissionsschutzrechtliche Gesichtspunkte dürfen zwar nicht vernachlässigt werden, sie sind jedoch zu Art und Dauer des Betriebs in Beziehung zu setzen (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, Das Gaststättengesetz, 14. Aufl. 2003, § 12 Rdn. 5). Dies führt im Fall von Lärmbeeinträchtigungen dazu, daß bei der Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle nach § 3 BImSchG die Seltenheit des Anlasses und seine Bedeutung in die Würdigung einzubeziehen sind (VGH München a.a.O., S. 556). Die Berücksichtigung dieser Kriterien ist nicht auf die gastronomischen Betriebe beschränkt, sondern gilt für den verständi-
gen Durchschnittsmenschen gleichermaßen in Bezug auf das besondere Ereignis , an das sie anknüpfen. Insoweit hängt die Beurteilung der Beeinträchtigung als wesentlich auch von einer Interessenabwägung ab (Senat BGHZ 111, 63, 68 – Volksfestlärm; a.A. Roth in Anm. JR 1991, 149).
cc) In welchem Umfang Lärmbeeinträchtigungen von Veranstaltungen mit besonderer historischer, kultureller oder kommunaler Bedeutung noch als unwesentlich angesehen werden können, ist weitgehend eine Frage des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind insbesondere Bedeutung und Charakter der Veranstaltung, ihr Ablauf, Dauer und Häufigkeit, die Nutzungsart und Zweckbestimmung sowie die Gesamtbelastung des beeinträchtigten Grundstücks während der Veranstaltung und durch andere seltene Störereignisse, ferner die zeitlichen Abstände dieser Ereignisse. Je gewichtiger der Anlaß für die Gemeinde oder Stadt ist, desto eher ist der Nachbarschaft zuzumuten, an wenigen Tagen im Jahr Ruhestörungen hinzunehmen. Bei Festveranstaltungen von kommunaler Bedeutung, die nur einmal im Jahr für wenige Tage stattfinden, ist dabei auch eine deutliche Überschreitung der in den LAI-Hinweisen für seltene Störereignisse festgelegten Richtwerte denkbar. Hiervon ist selbst die Nachtzeit nicht generell ausgenommen, zumal es im Sommer noch bis gegen 22 Uhr hell bleibt und es dem Charakter bzw. der Tradition vieler Veranstaltungen entspricht , daß sie bis in die Nachtstunden andauern (so auch VGH Mannheim NVwZ-RR 1994, 633, 635). Im Einzelfall kann von den Anliegern jedenfalls an einem Tag bis Mitternacht ein deutlich höherer Beurteilungspegel hinzunehmen sein. Eine über Mitternacht hinausgehende erhebliche Überschreitung der Richtwerte wird demgegenüber in aller Regel nicht mehr als unwesentlich zu qualifizieren sein.
Ob etwas anderes gilt, wenn für die betreffende Veranstaltung eine weitergehende Ausnahmegenehmigung nach öffentlichem Recht erteilt wurde, bedarf keiner Entscheidung. Die Beklagte hat zwar der Durchführung der Sportfeste in ihrer Eigenschaft als Ortspolizeibehörde zugestimmt. Auf die zivilrechtliche Beurteilung hat die Genehmigung aber schon deswegen keinen Einfluß, weil eine umfassende Prüfung immissionsschutzrechtlicher Belange im Rahmen eines gesetzlich vorgegebenen Verfahrens mit ihr ersichtlich nicht verbunden war.
Für die Beuteilung durch einen verständigen Durchschnittsmenschen von Bedeutung kann schließlich sein, ob sich die Veranstaltung an einen ebenso geeigneten, Anwohner insgesamt aber deutlich weniger beeinträchtigenden Standort innerhalb der Gemeinde bzw. des Ortsteils verlegen läßt. Können unter Wahrung des Charakters der Veranstaltung die Lärmimmissionen für Anwohner deutlich reduziert werden, unterbleibt aber ein Standortwechsel , so verringert sich das Maß dessen, was einem Anwohner an Geräuscheinwirkungen zuzumuten ist; in der Regel werden dann die Richtwerte der LAI-Hinweise maßgebend sein.

III.


Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu treffen sind, hat der Senat in der Sache selbst entschieden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Angesichts der Unterstützung, die das Sommerfest und das Rockkonzert seitens der Gemeinde erfahren, kann der Veranstaltung die kommunale Bedeutung nicht abgesprochen werden. Gleichwertige
alternative Standorte für das Festzelt sind nicht ersichtlich. Durch die von den Klägern vorgeschlagene Verlegung des Rockkonzerts in die benachbarte Sporthalle bliebe der Charakter der Veranstaltung nicht gewahrt. Er ist davon geprägt, daß das Konzert als Teil eines Sommerfestes weitgehend im Freien stattfindet.
Die Kläger müssen am Abend des Rockkonzerts allerdings nicht jegliche Lärmeinwirkung hinnehmen, sondern nur das nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen zumutbare Maß. Die Zumutbarkeit ist durch eine Begrenzung der Immissionen zu wahren. Hierfür geben die Richtwerte, die die LAI-Hinweise bei seltenen Störereignissen tagsüber außerhalb der Ruhezeiten vorsehen, eine Orientierung. Im vorliegenden Fall bietet es sich an, die Tageszeit im Sinne der LAI-Hinweise bis 24 Uhr auszudehnen. Damit ist für das Rockkonzert ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) mit einer Geräuschspitze von 90 dB(A) maßgeblich. Eine Verlängerung über 24 Uhr hinaus kommt dagegen mit Rücksicht auf die schutzwürdigen Belange der Kläger nicht in Betracht. Um ihnen eine ausreichende Nachtruhe zu ermöglichen, ist vielmehr von Mitternacht bis 8 Uhr des auf das Rockkonzert folgenden Tages der für die Nachtzeit vorgegebene Beurteilungspegel von 55 dB(A) einzuhalten.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 23.5.2016 geändert:

Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 3 K 2431/16 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.5.2016 sowie des hiergegen vorsorglich eingelegten Widerspruchs wird unter den folgenden Auflagen nur insoweit wiederhergestellt, als die Genehmigung die Durchführung der Jugendtanzveranstaltung am Mittwoch/Donnerstag, den 25./26.5.2016, für die Zeit ab dem 26.5.2016, 2:00 Uhr, betrifft:

a)   Soweit es möglich ist, ist am 26.5.2016 ab 0:00 Uhr durch Reduzierung der Lautstärke an der Musikanlage sicherzustellen, dass ein Beurteilungspegel von 55 dB(A) – ermittelt nach den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie der LAI vom 6.3.2015 – vor dem Wohnhaus der Antragsteller nicht überschritten wird; sofern hierfür erforderlich, ist der Verstärker so einzustellen, dass in einem Abstand von drei Metern vor den Lautsprechern ein äquivalenter Dauerschallpegel auch unter 80 dB(A) erzeugt wird.

b)   Die musikalischen Darbietungen sind ab 1:45 Uhr einzustellen, damit die Veranstaltung um 2:00 Uhr beendet werden kann.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller als Gesamtschuldner, die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Drittel der Kosten des nicht durch Vergleich erledigten Teils des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner und die Antragsgegnerin je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind im Beschwerdeverfahren nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 500,00 EUR festgesetzt.


G r ü n d e :

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Tenor

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 4. August 2015 rechtswidrig war, soweit darin dem Beigeladenen die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung über 24 Uhr hinaus erlaubt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin und die Beklagte dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung und Hinterlegung in Höhe von festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes sowie einer immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung.

2

Die Klägerin wohnt auf dem mit einem Wohngebäude bebauten Grundstück Flurstück-Nr. …, „A-Straße ...“ in Neustadt an der Weinstraße, Ortsteil Haardt. Der Beigeladene ist Eigentümer der beiden nördlich der A-Straße gelegenen Grundstücke Flurstück-Nrn. … und …, die im Westen an die B-Straße angrenzen. Das Grundstück Flurstück-Nr. … ist mit einem Wohnhaus bebaut, in dem der Beigeladene auch sein ... Geschäft betreibt. Das südlich sich anschließende Grundstück Flurstück-Nr. … besteht aus einer Grünfläche mit mehreren Bäumen und Rasen. Östlich der beiden Grundstücke des Beigeladenen steht die protestantische Kirche. Zur Veranschaulichung der örtlichen Verhältnisse mag die nachfolgende Luftaufnahme des betroffenen Straßenabschnitts dienen (rot = Grundstück der Klägerin, gelb = Grundstücke des Beigeladenen):

3

Es folgt die Luftbildaufnahme

4

Im Ortsteil Haardt findet jährlich Anfang Mai das „Haardter Weinfest auf der Straße“ mit dem „Schubkarrenrennen“ statt. Am ersten Septemberwochenende veranstaltet die Beklagte die Haardter „Woi- und Quetschekuche-Kerwe“, bei dem Stücke eines überdimensionierten Zwetschgenkuchens verkauft werden und das „Quetschekern-Zielspucken“ angeboten wird. Während der beiden Veranstaltungen werden auf der etwa 850 m langen Kerwemeile entlang des Mandelrings an verschiedenen Plätzen Musik und Pfälzische Spezialitäten angeboten.

5

Der Beigeladene beteiligt sich an den beiden Festen mit einer Ausschankstelle auf seinen Grundstücken Flurstück-Nrn. … und …. Auf dem Grundstück Flurstück-Nr. … stehen während des Festes mehrere Bierzeltgarnituren, vereinzelte Stehtische und die Ausschankstelle. Die zwei an der Hauswand des Gebäudes auf dem Grundstück Flurstück-Nr. … angebrachten Lautsprecher sind vom Wohnhaus der Klägerin etwa knapp 35 m entfernt.

6

Für das „Haardter Weinfest auf der Straße“ im Mai 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen neben der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes nach dem Gaststättengesetz am 8. Mai 2015 auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Abspielen von CD-Musik sowie Live-Musik an insgesamt sechs Tagen im Zeitraum 8. Mai 2015 bis 14. Mai 2015 bis maximal 24 Uhr. Gestattet wurde die Benutzung von Lautsprechern, Tonwiedergabegeräten, Musikinstrumenten und ähnlichen Geräten. Die Genehmigung wurde mit mehreren Nebenbestimmungen versehen.

7

Da sich die Klägerin in der Vergangenheit bei der Beklagten mehrfach über von der Ausschankstelle des Beigeladenen ausgehende starke Lärmbelästigungen beschwert hatte, vereinbarte die Beklagte mit ihr die Durchführung von Lärmmessungen. Diese ergaben am 8. Mai 2015 um 21.30 Uhr am Anwesen der Klägerin 59 dB(A), am 9. Mai 2015 um 21 Uhr im Haus der Klägerin bei geöffnetem Fenster 64 dB(A), um 21.30 Uhr vor dem Haus 62 dB(A) und um 22.30 Uhr vor dem Haus 67 dB(A).

8

Mit Bescheid vom 4. August 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen anlässlich der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe für den Zeitraum vom 4. September 2015 bis zum 8. September 2015 im Rahmen der Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebes die Erlaubnis, bis auf Widerruf alkoholische Getränke auf dem Platz vor der (protestantischen) Kirche zu verabreichen. Die Erlaubnis enthielt u.a. die folgende Auflage:

9

Die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung endet um 1 Uhr, in der Nacht von Freitag auf Samstag sowie in der Nacht von Samstag auf Sonntag sowie in den Nächten auf einen gesetzlichen Feiertag um 2 Uhr. Ab 22 Uhr – Beginn der Nachtruhe – muss darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten.“

10

Die sofortige Vollziehung der mit Bescheid vom 4. August 2015 erteilten Gestattung wurde mit Verfügung vom 31. August 2015 angeordnet.

11

Mit weiterem Bescheid vom 20. August 2015 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zur Benutzung von Lautsprechern und Tonwiedergabegeräten zum Abspielen von Musik (CD) an seiner Ausschankstelle anlässlich der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe. Das Abspielen von CD-Musik wurde unter I. des Bescheides für folgende Tage bis maximal 24 Uhr gestattet: Freitag, 4. September 2015, Samstag, 5. September 2015, Sonntag, 6. September und Montag, 7. September 2015. Die Genehmigung enthielt unter II. u.a. folgende Auflagen:

12

1. Zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen sind die Geräuschemissionen der Verstärkeranlagen so zu begrenzen, dass der Beurteilungspegel vor den Fenstern (im Freien) nächstgelegener Wohngebäude bzw. in angrenzenden Wohngebieten folgende Werte nicht überschreitet: In den unter Ziffer I. dieser Verfügung genehmigten Zeiten 70 dB(A), Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags einhalten. Zum Immissionsort wurde folgendes geregelt: Maßgeblicher Immissionsort für die Einhaltung des Grenzwertes ist entsprechend der schutzwürdigen Nutzung in der Nachbarschaft vor dem Fenster des Anwesens 67433 Neustadt, A-Straße …, sofern sich die Anwohnerin mit einer Lärmmessung vor Ort einverstanden erklärt, ansonsten vor dem Anwesen 67433 Neustadt, A-Straße …

13

2. Die Beschallungstechnik ist so auszurichten, dass das Anwesen Am Bürgergarten 2 so wenig wie möglich beschallt wird. Insbesondere ist auf eine Reduzierung der abgestrahlten tiefen Frequenzanteile hinzuwirken (z.B. durch Minimierung einzelner nicht relevanter Terzen).

14

3. Vor Beginn der Veranstaltungen ist die Beschallungsanlage so einzupegeln, dass der o. g. Immissionsrichtwert (Ziffer II Nr. 1) eingehalten wird. Bei Überschreitung des zulässigen Beurteilungspegels bzw. Spitzenpegels sind die Pegel der Lautsprecheranlage schnellstmöglich zu senken. Die ermittelten Schalldruckpegel und Beurteilungspegel sind zu dokumentieren.

15

4. Um sicherzustellen, dass der Immissionsrichtwert eingehalten wird, hat die für die Veranstaltung verantwortliche Person während den Veranstaltungen stündliche Messungen am Emissionsort vorzunehmen. Als Emissionsort wird der Standort in 1 Meter Abstand zur hauptangesteuerten Lautsprecherbox festgelegt. Welcher Grenzwert am Emissionsort einzuhalten ist, wird dem Veranstalter in Abstimmung mit der Einmessung durch den Kommunalen Vollzugsdienst vorgegeben. Bei Überschreitung des zulässigen Beurteilungspegels bzw. Spitzenpegels sind die Pegel der Lautsprecheranlage schnellstmöglich zu senken.“

16

Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe sei von besonderer kommunaler Bedeutung und durch den örtlichen Bezug sowie die Standortgebundenheit und zahlenmäßig eng begrenzte Durchführung solcher Ereignisse als seltene Veranstaltung privilegiert. Im Rahmen einer Sonderfallbeurteilung sei für die Musikdarbietungen bis 23 Uhr bzw. 24 Uhr ein Immissionsrichtwert von durchgehend 70 dB(A) bezogen auf den Beurteilungszeitraum für den Tag zugelassen worden.

17

Am 27. August 2015 legte die Klägerin gegen die dem Beigeladenen erteilten Genehmigungen vom 4. und 20. August 2015 Widerspruch mit der Begründung ein, der Ausschank an dieser Örtlichkeit in unmittelbarer Nähe zum allgemeinen Wohngebiet führe mit und ohne Musik stets zu unangemessenen Lärmbelästigungen. Ihr Anwesen sei am stärksten von den Lärmbelästigungen betroffen. Der Beigeladene halte sich auch nicht an die vorgegebenen Zeiten. Auch beim Weinfest 2015 habe der Beigeladene die zugelassenen Zeiten überzogen. Der Ansicht der Beklagten, Weinfeste und Kerwen gehörten zu den sehr seltenen Festen, sei zu widersprechen. Laut Freizeitlärmrichtlinie seien Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Es gebe zahlreiche Ausschankstellen beim Haardter Weinfest und der Woi- und Quetschekuchekerwe. Eine Unvermeidbarkeit sei nicht gegeben. Da die Beklagte den Ausschank des Beigeladenen erneut genehmigt habe, möge sie begründen, warum hierauf im Bereich der Kirche nicht verzichtet werden könne.

18

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2015, der Klägerin zugestellt am 7. November 2015, wies der Stadtrechtsausschuss die Widersprüche der Klägerin als offensichtlich unzulässig zurück, da die Verwaltungsakte sich erledigt hätten.

19

Die Klägerin hat am 7. Dezember 2015 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass die Ausnahmegenehmigung auch mit den Nebenbestimmungen zum Schutz der Nachbarschaft rechtswidrig sei. Es sei nicht dafür Sorge getragen worden, dass die Musikwiedergabe zu den angegebenen Zeiten tatsächlich enden würde.

20

Zwar erkenne die Rechtsprechung in einzelnen Fällen bestimmter Ereignisse als „sehr seltene“ Ereignisse wegen Herkömmlichkeit, Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft und sozialer Adäquanz trotz der damit verbundenen Belästigungen für die Nachbarschaft als zumutbar an. Die Zahl dieser sehr seltenen Ereignisse dürfe aber fünf pro Jahr nicht übersteigen. Auch seien die maximal zugelassenen Ereignisse innerhalb eines Ortes aufzuteilen und auf die zehn seltenen Ereignisse pro Jahr seien diese fünf sehr seltenen Ereignisse anzurechnen. Durch das Weinfest vom 8. bis 14. Mai 2015 und durch die Quetschekuchekerwe vom 4. bis 7. September 2015 seien schon zehn Tage erreicht worden. Zu diesen zehn Tagen seien noch Tage für Aufbau und Abbau von jeweils einem Tag hinzuzurechnen, da auch diese Tage mit Musikdarbietungen untermauert worden seien. Ebenfalls hinzugerechnet werden müssten das Sommernachtsfest und andere Veranstaltungen. Alle diese Feste seien konzentriert auf den Bereich von Gemeindezentrum und protestantischer Kirche. Die maximal zulässigen zehn Ereignisse seien weit überschritten, was bei der Entscheidung im Hinblick auf die Ausnahmegenehmigung und die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung nicht bedacht worden sei.

21

Entgegen dem Verlangen der Rechtsprechung sei auch keine Entscheidung darüber getroffen worden, ob möglicherweise Ausweichstandorte für die Veranstaltungen zur Verfügung stünden. Dass entsprechende Prüfungen stattgefunden haben, lasse sich dem Bescheid nicht entnehmen. Es müsse dargelegt werden, welche anderen Standorte man in die Prüfung einbezogen habe. Auch sei nicht in Betracht gezogen worden, dass es bei dem ausgewählten Standort zu erheblichen Reflektionen an der Schlossbergmauer und der Kirche kommen könne. Eine solche Reflektion führe zur Verstärkung der Richtwerte und mache die Veranstaltung unzulässig. Es sei davon auszugehen, dass die im Bescheid festgelegten 70 dB(A) nicht eingehalten werden könnten, weshalb die Ausnahmegenehmigung bereits nichtig, zumindest aber rechtswidrig sei.

22

Die Klägerin beantragt,

23

festzustellen, dass die Bescheide der Beklagten vom 4. August 2015 und vom 20. August 2015 rechtswidrig waren.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Sie verweist zur Begründung auf die ergangenen Ausgangsbescheide.

27

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

28

Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Verwaltungsakten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

29

Die Klage ist zulässig (1.), in der Sache aber nur teilweise begründet (2.).

30

1. Die Klage ist zulässig.

31

1.1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – statthaft. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 4. August 2015 und vom 20. August 2015 haben sich durch Zeitablauf vor Klageerhebung erledigt. Die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe 2015 fand bereits in der Zeit vom 4. bis 8. September 2015 statt. Nur hierauf bezogen sich die vorübergehende Gestattung und die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung.

32

1.2. Die Klägerin ist auch im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO analog klagebefugt, da sie durch die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung nach § 12 Abs. 1 Gaststättengesetz – GastG – und durch die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 6 Abs. 5 Landesimmissionsschutzgesetz – LImSchG – zumindest möglicherweise in drittschützenden Rechten verletzt ist. Im Hinblick auf die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung folgt dies daraus, dass eine solche von Nachbarn erfolgreich angefochten werden kann, wenn die enthaltenen Regelungen nicht verhindern, dass vom Gaststättenbetrieb schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG – ausgehen (vgl. VG München, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – M 16 E 15.2911 –, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 lässt Ausnahmen von dem Verbot im Hinblick auf den Schutz der Nachtruhe nach § 4 Abs. 1 LImSchG und der Regelung nach § 6 Abs. 1 LImSchG in Bezug auf die Verwendung von Tongeräten zu. Insoweit schützen die §§ 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 LImSchG nicht nur die Allgemeinheit, sondern dienen auch dem Nachbarschutz, auf den sich die Klägerin hier berufen kann (vgl. VG Mainz, Urteil vom 26. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –).

33

Auf die in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 aufgeworfene Frage, ob die Klägerin – wie ursprünglich angegeben – Miteigentümerin des Grundstücks Flurstück-Nr. … oder nur Besitzerin ist, kommt es hier nicht an, denn auch nur obligatorisch Berechtigte sind befugt, sich auf den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG zu berufen. Diese Vorschrift verweist auf den immissionsschutzrechtlichen Begriff der Nachbarschaft, der auch Anwohner umfasst, die keine Eigentümer der von ihnen bewohnten oder genutzten Grundstücke sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 – 7 C 50/78 –, GewArch 1983, 101; Hess. VGH, Urteil vom 25. Februar 2005 – 2 UE 2890/04 –, GewArch 2005, 437).

34

1.3. Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Feststellungsinteresse an der begehrten gerichtlichen Entscheidung unter dem Aspekt der konkreten Wiederholungsgefahr. Eine solche ist anzunehmen, wenn die berechtigte Erwartung besteht, dass gleichartige, die Klägerin im Wesentlichen in ähnlicher Weise belastende Verwaltungsakte unter weitgehend gleichen Umständen künftig wieder erlassen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 2006 – 4 C 12/04 –, juris). Davon ist hier angesichts der Praxis der Vorjahre und weil der Beigeladene seine Ausschankstelle mit CD-Musik auf der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe auch künftig betreiben will, ohne Weiteres auszugehen.

35

2. In der Sache hat die Fortsetzungsfeststellungsklage jedoch nur teilweise Erfolg.

36

Zunächst kann offen bleiben, ob die Beklagte vorliegend berechtigt war, für die Ausschankstelle des Beigeladenen und das Abspielen von CD-Musik sowohl eine vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung als auch eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zu erteilen (2.1.). Die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 verletzt die Klägerin nicht in ihren materiellen Rechten (2.2.). Dagegen verstößt die vorübergehende gaststättenrechtliche Gestattung vom 4. August 2015 zum Teil gegen das in § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – i.V.m. § 37 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – verankerte Bestimmtheitsgebot in seiner nachbarlichen Ausprägung (2.3.).

37

2.1. In der hier gegeben Situation der Drittanfechtung von den Beigeladenen begünstigenden Verwaltungsakten kommt es ausschließlich darauf an, ob die beiden Bescheide vom 4. und 20. August 2015 subjektiv-öffentliche Rechte der drittbetroffenen Klägerin verletzt haben (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, LKRZ 2013, 442). Infolgedessen geht die Kammer nicht näher darauf ein, ob die Beklagte formal überhaupt befugt war, neben der am 4. August 2015 erteilten vorübergehenden gaststättenrechtliche Gestattung eine eigenständige immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung zu erlassen oder ob die Beklagte die Frage nach der Zulässigkeit des Abspielens von CD-Musik umfassend und abschließend in der gaststättenrechtliche Gestattung hätte regeln müssen, weil das Gaststättengesetz als Bundesgesetz für eine Ausgliederung der mit dem Betrieb verbundenen Musikdarbietungen nach landesrechtlichen Bestimmungen keinen Raum lässt (so VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Abgesehen davon, dass die Beklagte hier gemäß § 1 Satz 1 Gaststättenverordnung – GastVO – sowohl zuständige Behörde für die Erteilung der gaststättenrechtlichen Gestattung als auch gemäß § 15 Abs. 1 LImSchG zuständige Behörde für den Erlass der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung war, kommt es nach Auffassung der Kammer für den Erfolg der Klage der Klägerin allein darauf an, ob diese durch die in den beiden Bescheiden getroffenen Regelungen in ihrem Zusammenspiel materiell-rechtlich beschwert ist, also entweder durch den von der Musikanlage des Beigeladenen oder von den Gästen der Ausschankstelle des Beigeladenen ausgehenden Lärm unzumutbar beeinträchtigt wurde (vgl. auch zur Unbeachtlichkeit der fehlenden Zuständigkeit der Behörde bei Drittanfechtungen OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. August 2012 – 8 B 10627/12.OVG –; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. April 2006 – 3 S 547/06 –, NVwZ-RR 2007, 82; VG Neustadt, Urteil vom 18. April 2016 – 3 K 818/14.NW –). Dies war nur teilweise der Fall.

38

2.2. Die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 war rechtmäßig.

39

2.2.1. Die von dem Beigeladenen anlässlich der Durchführung der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe betriebene Ausschankstelle inklusive Tongeräten ist eine Anlage im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG, die keiner Genehmigung bedarf und daher in den Anwendungsbereich der §§ 22, 23 BImSchG fällt. Nach § 22 Abs. 2 BImSchG bleiben weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften unberührt. Zu diesen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zählen sowohl § 4 Abs. 1 LImSchG als auch § 6 Abs. 1 LImSchG. Nach § 4 Abs. 1 LImSchG sind von 22 Uhr bis 6 Uhr Betätigungen verboten, die zu einer Störung der Nachtruhe führen können. Nach § 6 Abs. 1 LImSchG dürfen Geräte, die der Erzeugung oder Wiedergabe von Schall oder Schallzeichen dienen (Tongeräte), insbesondere Lautsprecher, Tonwiedergabegeräte, Musikinstrumente und ähnliche Geräte, nur in solcher Lautstärke benutzt werden, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden oder die natürliche Umwelt nicht beeinträchtigt werden kann.

40

2.2.2. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 5 Satz 1 LImSchG kann die zuständige Behörde im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen von dem Verbot der Störung der Nachtruhe (§ 4 Abs. 1 LImSchG) bzw. von dem Verbot der erheblichen Belästigung Dritter durch Tonwiedergabegeräte (§ 6 Abs. 1 LImSchG) bei einem öffentlichen oder überwiegenden privaten Interesse zulassen. Die Ausnahme soll gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 LImSchG und § 6 Abs. 5 Satz 2 LImSchG unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden. Ferner kann die zuständige Behörde nach § 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 LImSchG für die Außengastronomie allgemein oder auf Antrag für den Einzelfall den Beginn der Nachtzeit um eine Stunde und bei Vorliegen eines öffentlichen oder eines berechtigten privaten Interesses um mehr als eine Stunde hinausschieben. Schließlich kann die zuständige Behörde gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 LImSchG bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse u.a. für Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen einschließlich der damit verbundenen Außengastronomie allgemeine Ausnahmen von dem Verbot nach § 4 Abs. 1 LImSchG zulassen. Ein öffentliches Bedürfnis liegt in der Regel vor, wenn eine Veranstaltung der Pflege des historischen oder kulturellen Brauchtums dient oder sonst von besonderer kommunaler Bedeutung ist und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung gegenüber dem Interesse der Nachbarschaft an ungestörter Nachtruhe überwiegt.

41

2.2.3. Die Erteilung einer Ausnahme nach den genannten Vorschriften erfordert eine Güterabwägung auf der Grundlage der konkreten Umstände des Einzelfalles. Dabei ist die Lärmsituation unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der angestrebten Betätigung und des Schutzbedürfnisses der von Störungen betroffenen Nachbarn eingehend und sorgfältig zu würdigen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Juni 1987 – 21 A 1136/87 –, NVwZ 1988, 178). Hierbei steht der Behörde ein Ermessensspielraum zu (VG Mainz, Urteil vom 24. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –). Diesen Anforderungen genügt die verfahrensgegenständliche Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015.

42

2.2.3.1. Zunächst ist ein besonderes Interesse des Beigeladenen an der Teilnahme an der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe mit einer eigenen Ausschankstelle unter Nutzung von Tongeräten im Rahmen seiner vorübergehenden Betriebsführung anzuerkennen. Es steht außer Frage, dass die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe als „Weinkerwe“ ebenso wie das Haardter Weinfest auf der Straße ein traditionelles örtliches Fest mit Brauchtumscharakter ist (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, juris zur Jakobuskerwe in Neustadt-Hambach). Bei den in der Pfalz stattfindenden und sich regelmäßig großem Zuspruch des Publikums erfreuenden „Weinkerwen“ stehen die Ausschankstellen von Weingütern, Winzergenossenschaften, Vereinen und Privatleuten im Mittelpunkt. Ohne diese Ausschankstellen, die häufig auch Live- oder CD-Musik im Programm haben, wäre die Durchführung einer „Weinkerwe“ nicht denkbar. Insofern erfüllen diese eine „soziale Funktion“ (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, juris zu Biergärten in Bayern).

43

2.2.3.2. Trotz dieser sozialen Funktion ist der Betrieb einer Ausschankstelle auf einer Weinkerwe in der Pfalz nicht von der Rücksichtnahme auf die benachbarte Wohnbebauung freigestellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1989 – 7 C 77/87 –, NJW 1989, 1291 zur Problematik des Sportlärms und der sozialen Funktion des Sports; Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, juris zur sozialen Funktion von Biergärten). Ob das besondere Interesse des Beigeladenen an der Teilnahme an der Weinkerwe das in die Abwägung einzustellende Interesse der Klägerin an einer ungestörten Nachtruhe und daran, durch Tongeräte auch während des Tages nicht erheblich belästigt zu werden, überwiegt, beurteilt sich daher maßgeblich danach, ob die Immissionen der Klägerin zumutbar sind.

44

Die durch das Abspielen von CD-Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen entstehenden Lärmimmissionen sind für die Klägerin dann unzumutbar, wenn sie schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 1 Abs. 1 LImSchG i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG verursachen. Für dieses Verständnis spricht der Zweck der im Landesimmissionsschutzgesetz getroffenen Regelung. Wann Geräusche als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, d. h. als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG), ist im Kontext der §§ 4 und 6 LImSchG ebenso wie im Rahmen des § 22 Abs. 1 BImSchG anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 – 4 B 55/03 –, NJW 2003, 3360). Die Zumutbarkeit bestimmt sich grundsätzlich nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17. September 2014 – 22 CS 14.2013 – , juris). Sowohl nach der verwaltungsgerichtlichen als auch nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung wird als erhebliche Belästigung alles angesehen, was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter Würdigung anderer öffentlicher oder privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 2009 – 8 B 13/09 –, juris und BGH, Urteil vom 16. Januar 2015 – V ZR 110/14 –, NJW 2015, 2023).

45

Vorliegend bezieht sich die Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 auf die Benutzung von Tongeräten i. S. d. § 6 LImSchG (Lautsprecher und Tonwiedergabegeräte). In Übereinstimmung mit § 4 Abs. 3 Satz 2 LImSchG und § 6 Abs. 5 Satz 2 LImSchG erteilte die Beklagte die Ausnahmegenehmigung unter Auflagen und zwar mit dem Inhalt, dass das Abspielen von CD-Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen an vier Tagen (von Freitag, dem 4. September 2015 bis Montag, dem 7. September 2015) bis maximal 24 Uhr am maßgeblichen Immissionsort (Bürgergarten 2, Anwesen der Klägerin) ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) nicht überschritten werden darf. Ferner enthielt die Ausnahmegenehmigung weitere Auflagen zur Sicherstellung der Einhaltung der erlaubten Beurteilungspegel wie die Ausrichtung der Beschallungstechnik und die Einpegelung der Beschallungsanlage.

46

2.2.3.3. Diese Auflagen waren geeignet und ausreichend, um die Klägerin vor unzumutbaren Lärmimmissionen zu schützen.

47

2.2.3.3.1. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Geräuschimmissionen der Musikveranstaltungen im Rahmen des vorübergehenden Gaststättenbetriebs des Beigeladenen hat die Beklagte sich in nicht zu beanstandender Weise an der von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) herausgegebenen Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 (im Folgenden 3. Freizeitlärm-Richtlinie) orientiert, die nach dem Rundschreiben des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten vom 22. Juli 2015 von den rheinland-pfälzischen Immissionsschutzbehörden bei der Ermittlung und Beurteilung von Freizeitlärm herangezogen werden soll. Die von Sachverständigen ausgearbeitete 3. Freizeitlärm-Richtlinie hat zwar keinen Normcharakter, kann aber auch von Behörden und Gerichten als Entscheidungshilfe mit Indiz-Charakter zugrunde gelegt werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2001 – 7 C 16/00 –, NVwZ 2001, 1167 und BGH, Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699). Die Regelungen der Freizeitlärm-Richtlinie bieten eine Orientierungshilfe insbesondere für Grundstücke, auf denen in Zelten oder im Freien Live- oder CD-Musik, Platzkonzerte oder Volksfeste dargeboten werden. Gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG kommt im Einzelfall der Dauer und der Häufigkeit solcher Immissionen besondere Bedeutung zu.

48

2.2.3.3.2. Die Kammer hat sich mit den Bewertungsgrundsätzen der 3. Freizeitlärm-Richtlinie, welche nach den früheren Fassungen von 1987 bzw. von 1997 (letztere im Folgenden 2. Freizeitlärm-Richtlinie) erneut in der Fassung vom 6. März 2015 überarbeitet worden sind, befasst und hält diese grundsätzlich für gut geeignet, über Konflikte zwischen einerseits dem Ruhebedürfnis der Wohnbevölkerung und den Bedürfnissen der Allgemeinheit an Freizeitveranstaltungen insbesondere im Freien während des Sommerhalbjahres zu entscheiden (so auch Hess. VGH, Beschluss vom 28. August 2015 – 9 B 1586/15 –, juris zum Frankfurter Museumsuferfest und VG Wiesbaden, Urteil vom 17. Februar 2016 – 4 K 1275/15.WI –, juris zum Kulturfestival „Folklore“ in Wiesbaden).

49

2.2.3.3.3. Die 3. Freizeitlärm-Richtlinie sieht in Ziffer 4.1 für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden für allgemeine Wohngebiete – vom Vorliegen eines solchen Gebiets geht die Kammer zugunsten der Klägerin hier aus – einen Immissionsrichtwert tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit von 55 dB (A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit und an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A) sowie nachts von 40 dB(A) vor. Die Genehmigung vom 20. August 2015 geht über diese Richtwerte deutlich hinaus. Allerdings trifft die Nr. 4.4 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Veranstaltungen eine Sonderfallbeurteilung. Ausgehend von dem Umstand, dass bei Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, können in Sonderfällen solche Veranstaltungen gleichwohl zulässig sein, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zudem zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden (Ziffer 4.4.1). Eine hohe Standortgebundenheit ist bei besonderem örtlichem oder regionalem Bezug gegeben. Hierunter können auch Feste mit kommunaler Bedeutung wie die örtliche Kirmes fallen. Von sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist auszugehen, wenn die Veranstaltung eine soziale Funktion und Bedeutung hat. Gemäß Ziffer 4.4.2 soll in derartigen Sonderfällen die zuständige Behörde zunächst die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen prüfen. In Bezug auf die Zumutbarkeit gibt die 3. Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 folgende Hinweise:

50

„Voraussetzung ist die Zumutbarkeit der Immissionen unter Berücksichtigung von Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs.

51

a) Sofern bei seltenen Veranstaltungen Überschreitungen des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts zu erwarten sind, ist deren Zumutbarkeit explizit zu begründen.

52

b) Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden.

53

c) In besonders gelagerten Fällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein.

54

d) Die Anzahl der Tage (24 Stunden-Zeitraum) mit seltenen Veranstaltungen soll 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten.

55

e) Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts einhalten.

56

Die Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit der zu erwartenden Immissionen ist schriftlich nachvollziehbar zu begründen. Da das Spektrum derjenigen Veranstaltungen, die die Immissionsrichtwerte der Ziffern 4.1 bis 4.3 nicht einhalten können, groß ist und vom Dorffest bis zu überregionalen Großereignissen reicht, gilt:

57

In je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen (24 Stunden-Zeitraum) seltene Veranstaltungen stattfinden sollen, desto intensiver hat die zuständige Behörde die in dieser Ziffer genannten Voraussetzungen zu prüfen, zu bewerten und zu begründen. Bei herausragenden Veranstaltungen sind in der Begründung gerade der sozialen Adäquanz und Akzeptanz besondere Bedeutung beizumessen.“

58

2.2.3.3.4. Die Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 unterscheidet sich von der 2. Freizeitlärm-Richtlinie aus dem Jahre 1997 (s. NVwZ 1997, 469) in mehreren Punkten. Die 2. Freizeitlärm-Richtlinie sah in Ziffer 4.4. ebenfalls Besonderheiten bei seltenen Störereignissen vor. Unter Bezugnahme auf die Nr. 2.3.5 der Verwaltungsvorschrift zur Ermittlung, Beurteilung und Verminderung von Geräuschemmissionen wurden die seltenen Störereignisse auf zehn pro Jahr begrenzt (vgl. auch die Ziffern 6.3 und 7.2 der Technischen Anleitung Lärm 1998). Bei den seltenen Ereignissen sollten die Beurteilungspegel vor den Fenstern (im Freien) die nachfolgenden Werte nicht überschreiten: tags außerhalb der Ruhezeit 70 dB(A), tags innerhalb der Ruhezeit 65 dB(A) und nachts 55 dB(A). Geräuschspitzen sollten die vorgenannten Werte tagsüber um nicht mehr als 20 dB(A) und nachts um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten.

59

2.2.3.3.5. Nach der Rechtsprechung (s. insbesondere OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494 – und Hess. VGH, Urteil vom 25. Februar 2005 – 2 UE 2890/04 –, GewArch 2005, 437; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. September – 20 V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699) galt darüber hinaus Folgendes: Konnten bei einer Veranstaltung die für seltene Störereignisse in der 2. Freizeitlärm-Richtlinie festgelegten Immissionsrichtwerte voraussichtlich nicht eingehalten werden, durfte sie immissionsschutz- und gaststättenrechtlich dennoch gestattet werden, wenn sie als „sehr seltenes Ereignis“ wegen ihrer Herkömmlichkeit, ihrer Bedeutung für die örtliche Gemeinschaft oder ihrer sozialen Adäquanz trotz der mit ihr verbundenen Belästigungen den Nachbarn zumutbar war. Gelangte die zuständige Behörde aufgrund ihrer prognostischen Bewertung zu dem Ergebnis, dass es sich bei einer Feier um eine Brauchtumsveranstaltung oder eine solche von besonderer kommunaler Bedeutung handelt, hatte sie in eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der Beteiligten einzutreten. Das OVG Rheinland-Pfalz (s. Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494) hielt Musikdarbietungen in der Regel bis 24 Uhr für zulässig und zwar auch an Tagen, an denen der Folgetag nicht allgemein arbeitsfrei war. In Bezug auf die Anzahl der „sehr seltenen Ereignisse“ führte das OVG Rheinland-Pfalz wörtlich aus: „Ausgehend davon, dass als seltene Ereignisse solche definiert sind, die an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und in diesem Rahmen an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden die niedrigeren Regelwerte überschreiten, kann nach Auffassung des Senats von sehr seltenen Ereignissen nur dann die Rede sein, wenn deren Anzahl deutlich niedriger als bei seltenen Ereignissen liegt. In aller Regel werden deshalb allenfalls fünf sehr seltene Ereignisse an einem Veranstaltungsort pro Jahr zugelassen werden dürfen. Des Weiteren hält der Senat mit dem Bundesgerichtshof (Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 –, NJW 2003, 3699) eine Begrenzung der Immissionsrichtwerte auf 70 dB(A) für solche sehr seltenen Ereignisse für erforderlich.“

60

2.2.3.3.6. Im Unterschied zur 2. Freizeitlärm-Richtlinie, die noch von zehn seltenen „Störereignissen“ pro Kalenderjahr ausging, hält die 3. Freizeitlärm-Richtlinie nunmehr bis zu 18 „seltene Veranstaltungen“ pro Kalenderjahr für zumutbar (vgl. auch § 5 Abs. 5 i.V.m. mit der Nr. 1.5 der Achtzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Sportanlagenlärmschutzverordnung) – 18. BImSchV –). Während die 2. Freizeitlärm-Richtlinie noch vorsah, dass bei seltenen Ereignissen der Beurteilungspegel vor den Fenstern tags außerhalb der Ruhezeit den Wert von 70 db(A) und innerhalb der Ruhezeit den Wert von 65 db(A) sowie nachts den Wert von 55 dB(A) nicht überschreiten sollte, ist nach der 3. Freizeitlärm-Richtlinie, wie insbesondere das Zusammenspiel in Ziffer 4.4.2 a), b) und d) zeigt, die Einhaltung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) bis 22 Uhr ohne nähere Begründung sowie eine Überschreitung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) bis 22 Uhr und von 55 dB(A) jedenfalls in der Zeit von 22 bis 24 Uhr den Nachbarn zuzumuten, sofern die Zumutbarkeit explizit begründet wird. Daraus, dass es erst im Falle einer Überschreitung der in Ziffer 4.4.2 a) genannten Beurteilungspegel von 70 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts einer expliziten Begründung der Zumutbarkeit bedarf, ist zu folgern, dass diese Werte grundsätzlich als zumutbar zu erachten sind (s. auch Hess. VGH, Beschluss vom 28. August 2015 – 9 B 1586/15 –, juris). Die angesprochene Begründungspflicht der Behörde hat umso intensiver auszufallen, in je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen seltene Veranstaltungen stattfinden sollen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die reine Zahl der Veranstaltungen bzw. Veranstaltungstage in der Gesamtbetrachtung nur einen Aspekt neben insbesondere der Intensität der Veranstaltungen und dem Schutzniveau des Gebiets abbildet (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 15. September 2015 – AN 4 S 15.01487 u.a. –, juris).

61

Die 3. Freizeitlärm-Richtlinie hat damit zwar nicht den in der Rechtsprechung entwickelten Begriff des „sehr seltenen Ereignisses“ eingeführt. Sie hat aber offensichtlich die in der Vergangenheit ergangene Rechtsprechung zur Zumutbarkeit von Immissionen bei Sonderfreizeitveranstaltungen gewürdigt und berücksichtigt, dass die in der 2. Freizeitlärm-Richtlinie aufgeführten zumutbaren Immissionsrichtwerte in Bezug auf Sonderveranstaltungen im Freien mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz in der Lebenswirklichkeit nicht (immer) einzuhalten sind. Die zuvor in der Rechtsprechung erfolgte Unterscheidung zwischen „seltenen Ereignissen“ und „sehr seltenen Ereignissen“ hat damit nach Auffassung der Kammer an Bedeutung verloren. War nach der oben zitierten Rechtsprechung zu den „sehr seltenen Ereignissen“ an bis zu fünf Tagen pro Kalenderjahr über die Regelungen der 2. Freizeitlärm-Richtlinie hinaus eine Begrenzung der Immissionsrichtwerte auf 70 dB(A) bis 24 Uhr zumutbar, so hält die 3. Freizeitlärm-Richtlinie diesen Beurteilungspegel sogar an 18 Tagen im Kalenderjahr bis 24 Uhr für grundsätzlich zumutbar. Im Falle einer expliziten und intensiven Begründung ist darüber hinaus sogar eine Immissionsrichtwertbegrenzung auf mehr als 70 dB(A) nicht ausgeschlossen. Angesichts der in Ziffer 4.4 getroffenen Hinweise in der 3. Freizeitlärm-Richtlinie bedarf es daher nach Ansicht der Kammer prinzipiell nicht mehr des Rückgriffs auf die Rechtsfigur des sog. „sehr seltenen Ereignisses“.

62

2.2.3.3.7. Hiernach waren die von der Beklagten dem Beigeladenen erteilten Auflagen geeignet und ausreichend, um die Klägerin vor unzumutbaren Lärmimmissionen zu schützen.

63

Die Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 erlaubte dem Beigeladenen von Freitag, dem 4. September 2015 bis zum Montag, dem 7. September 2015 an insgesamt vier Tagen CD-Musikdarbietungen unter Begrenzung der Schallpegel auf 70 dB(A) bis maximal 24 Uhr. Die in Ziffer 4.4.2 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie genannte Zumutbarkeitsgrenze für die Klägerin von 70 dB(A) wurde damit nicht überschritten. Addiert man hinzu, dass die Beklagte dem Beigeladenen auch für das Haardter Weinfest auf der Straße im Mai 2015 eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für das Abspielen von Musik an seiner Ausschankstelle für insgesamt sechs Termine im Zeitraum 8. Mai 2015 bis 14. Mai 2015 mit einem einzuhaltenden Immissionsrichtwert von 70 dB(A) gewährt hatte, ergeben sich insgesamt zehn immissionsrelevante „seltene Veranstaltungen pro Kalenderjahr“ im Sinne der 3. Freizeitlärm-Richtlinie.

64

Selbst wenn man das von der Klägerin genannte von der Liedertafel Neustadt veranstaltete Sommernachtsfest am 4. Juli 2015 im Haardter Schlosspark, der etwa 150 m Luftlinie vom Anwesen der Klägerin entfernt ist, als weiteres „seltenes Ereignis“ hinzuzählen würde, ergeben sich insgesamt elf einzelne Ereignisse, die nach Ziffer 4.4.2 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie und unter Berücksichtigung der sozialen Funktion der Weinkerwen in der Pfalz in der genehmigten Intensität und Zahl über zwei Halbjahre verteilt einem Nachbarn und damit auch der Klägerin zumutbar sind. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung liegt die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle jedenfalls für Wohngebiete bei 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 – 7 A 28/12, 7 A 28/12 (7 A 22/12) –, NVwZ 2014, 730). Allerdings ist nichts dafür ersichtlich, dass die durch den angefochtenen Bescheid vom 20. August 2015 im Zusammenspiel mit der Ausnahmegenehmigung für das Haardter Weinfest im Mai 2015 zugelassenen Immissionen von 70 dB(A) bis maximal 24 Uhr von solcher Intensität hätten sein können, dass mit Gesundheitsschäden (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz – GG –) bei den in der Nachbarschaft wohnenden Personen zu rechnen gewesen wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1987 – 1 B 124/87 –, NVwZ 1989, 755). Derartiges hat die Klägerin auch nicht behauptet. Ihren Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 war vielmehr zu entnehmen, dass sie die Weinkerwe als solche ablehnt. Das Interesse der Allgemeinheit am geselligen Zusammensein an der von Musik begleiteten Ausschankstelle des Beigeladenen auf der Weinkerwe überwiegt daher insoweit das Schutzbedürfnis der Klägerin.

65

Die Beklagte hat die Zumutbarkeit in der Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 auch explizit und ausreichend begründet. Zutreffend hat die Beklagte unter Bezugnahme auf die 3. Freizeitlärm-Richtlinie darauf abgestellt, die Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe sei von besonderer kommunaler Bedeutung und durch den örtlichen Bezug als seltene Veranstaltung privilegiert. Unter Berücksichtigung der Möglichkeit des passiven Lärmschutzes und der technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Nachbarschaft vor Lärm in Form von Auflagen sei im Rahmen einer Sonderfallbeurteilung für die Musikdarbietungen bis maximal 24 Uhr ein Immissionsrichtwert von durchgehend 70 dB(A) zulässig. Damit dieser Wert eingehalten wird, hat die Beklagte in Übereinstimmung mit den Ziffern 4.4.2 c) und 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie sowie mit § 4 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 LImSchG mehrere Auflagen in die Genehmigung aufgenommen. So war die Beklagte befugt, nach Ziffer 4.4.2 c) und Ziffer 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie für die Veranstaltungen am Freitag, dem 4. September 2015 und am Samstag, dem 5. September 2015 die Nachtzeit von 22 Uhr auf 24 Uhr zu verschieben. Ebenso wenig ist die Verschiebung der Nachtzeit am Sonntag, dem 6. September und am Montag, dem 7. September 2015 um jeweils eine Stunde auf 23 Uhr rechtlich zu beanstanden. Während die zuständige Behörde gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 LImSchG bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse für Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen einschließlich der damit verbundenen Außengastronomie allgemeine Ausnahmen von dem Verbot nach Absatz 1 zulassen kann, bestimmt § 4 Abs. 4 Satz 1 LImSchG, dass die zuständige Behörde für die Außengastronomie allgemein oder auf Antrag für den Einzelfall den Beginn der Nachtzeit um eine Stunde hinausschieben kann.

66

Dem besonderen öffentlichen Interesse an der Musikveranstaltung des Beigeladenen ist die Beklagte in der streitgegenständlichen Ausnahmegenehmigung mit Nebenbestimmungen zum Schutz auch der Klägerin vor unzumutbarem Lärm begegnet. So hat die Beklagte dem Beigeladenen Maßnahmen der Eigenüberwachung in Form von Einpegelungen, Ausrichtung der Beschallungstechnik und stündlichen Messungen mit Dokumentation aufgegeben (s. Ziffer 4.4.3 der 3. Freizeitlärm-Richtlinie). Darüber hinaus hat die Beklagte dem Beigeladenen die Benennung einer auf der Veranstaltung anwesenden verantwortlichen Person auferlegt, die in der Lage ist, die behördlichen Anordnungen gegenüber Mitwirkenden und Publikum durchzusetzen.

67

Anhaltspunkte dafür, dass die in der Ausnahmegenehmigung enthaltenen Regelungen und Nebenbestimmungen zur Einhaltung eines Beurteilungspegels von 70 dB(A) von vornherein ungeeignet sind, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung moniert hat, der Beigeladene habe sich nicht an die vorgegebenen Zeiten gehalten und möglicherweise die genehmigten Immissionsrichtwerte nicht eingehalten, kann sie damit im vorliegenden Verfahren nicht gehört werden. Eventuelle Verstöße gegen die in einer Genehmigung enthaltenen Nebenbestimmungen lassen regelmäßig die Rechtmäßigkeit der Genehmigung unberührt und betreffen zunächst allein die Frage der Vollzugskontrolle (vgl. Bay.VGH, Beschluss vom 12. April 2012 – 1 ZB 09.247 –, juris; VG Mainz, Urteil vom 26. Februar 2016 – 3 K 433/15.MZ –). Allenfalls dann, wenn auch Kontrollen der zuständigen Überwachungsbehörden sich als ungeeignet zur Einhaltung des zulässigen Beurteilungspegels darstellten, könnte von einer zur Rechtwidrigkeit der Genehmigung führenden Ungeeignetheit führen. Davon kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Die Messungen der Beklagten anlässlich des Haardter Weinfestes ergaben am 8. Mai 2015 um 21.30 Uhr am Anwesen der Klägerin 59 dB(A), am 9. Mai 2015 um 21 Uhr im Haus der Klägerin bei geöffnetem Fenster 64 dB(A), um 21.30 Uhr vor dem Haus 62 dB(A) und um 22.30 Uhr vor dem Haus 67 dB(A). Die weitere Messung der Beklagten während der Haardter Woi- und Quetschekuchekerwe im September 2015 ergab einen Wert von 67 dB(A), wurde aber nach dem Vermerk vom 7. September 2015 abgebrochen, weil die Klägerin die Messung gestört habe.

68

Die genannten Messungen, gegen die die Klägerin keine substantiierten Einwendungen erhoben hat, erfassten nicht nur den von der Beschallungsanlage des Beigeladenen ausgehenden Lärm, sondern auch den von den Gästen des Beigeladenen verursachten und diesem zurechenbaren Geräusche sowie das dem Beigeladenen nicht zurechenbare sog. „Kerwegrundgeräusch“ (s. dazu VG Neustadt, Urteil vom 22. Juli 2013 – 5 K 894/12.NW –, juris) und führten nicht zu einer Überschreitung des für die Musik genehmigten Beurteilungspegels von 70 dB(A).

69

Schließlich begegnet die streitgegenständliche Ausnahmegenehmigung auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken, weil die Lautsprecher unmittelbar am Gebäude des Beigeladenen in der B-Straße … und damit in einem Abstand von weniger als 35 m zu dem Anwesen der Klägerin angebracht sind. Im Rahmen ihrer Ermessensbetätigung hat die Beklagte zwar auch mögliche Alternativstandorte in den Blick zu nehmen; hierbei darf sie sich neben weiteren Gesichtspunkten auch vom Ziel der Veranstaltung und deren Adressatenkreis leiten lassen. Angesichts dieser Grundsätze ist die Zulassung der Tongeräte unmittelbar am Haus des Beigeladenen ohnehin die für die Klägerin schonendste Variante. Wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen dargelegt hat, war die Beschallungsanlage bis vor einigen Jahren direkt an der Ausschankstelle und damit deutlich näher zum Anwesen der Klägerin montiert. Von der angewandten „architektonischen Selbsthilfe“ des Beigeladenen hat die Klägerin insoweit profitiert. Ein anderer lokal geeigneter Ausweichort für den Beigeladenen außerhalb seines eigenen Grundstücks scheidet von vornherein aus. Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch darauf, dass der Beigeladene an seiner Ausschankstelle überhaupt auf Musik verzichtet.

70

2.3. Allerdings ist die dem Beigeladenen gemäß § 12 GastG erteilte vorübergehende gaststättenrechtliche Erlaubnis vom 4. August 2015 zum Ausschank alkoholischer Getränke insoweit rechtlich zu beanstanden und nachbarrechtsverletzend, als dem Beigeladenen eine Betriebszeit bis 1 oder 2 Uhr gestattet wurde, ohne verbindlich festzuschreiben, dass der Beigeladene nach 24 Uhr die für die Klägerin zumutbaren Immissionsrichtwerte einzuhalten hat.

71

Gemäß § 12 Abs. 1, 3 GastG kann aus besonderem Anlass der Betrieb eines erlaubnispflichtigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden; die Gestattung kann mit Auflagen verbunden werden, die insbesondere auch einen erforderlichen Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen sicherstellen (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG). Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Im Zusammenhang mit der Erteilung einer gaststättenrechtlichen Gestattung muss die zuständige Behörde die subjektiven Rechte der von dem vorübergehenden Gaststättenbetrieb betroffenen Nachbarn berücksichtigen und darf insbesondere nur zumutbare Lärmimmissionen erlauben (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. September 2004 – 6 A 10949/04.OVG –, GewArch 2004, 494).

72

Allerdings kann Nachbarn bei der vorübergehenden Gestattung eines Gaststättenbetriebs gemäß § 12 Abs. 1 GastG eine höhere Belastung durch Lärmimmissionen zugemutet werden als im Falle eines ständigen Gaststättenbetriebs (VG München, Beschluss vom 16. Dezember 2015 – M 16 E 15.2911 –, juris m.w.N.). Die „erleichterten Voraussetzungen“ im Sinne dieser Vorschrift bedeuten in diesem Zusammenhang, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeits- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit – d.h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz – zu berücksichtigen ist (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17. September 2014 – 22 CS 14.2013 –, GewArch 2014, 485).

73

Da die Beklagte die Zumutbarkeit des von der Musikanlage des Beigeladenen ausgehenden Lärms in der gesondert ergangenen immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 geregelt hat – und dies nach den Ausführungen in 2.2. rechtlich nicht zu beanstanden war –, war im Rahmen der vorübergehenden Gestattung des Gaststättenbetriebs noch über die Zumutbarkeit der von den Gästen des Beigeladenen verursachten und diesem zurechenbaren Geräusche zu befinden. Hierzu findet sich in dem Bescheid vom 4. August 2015 die folgende Regelung:

74

Die Betriebszeit der Außenbewirtschaftung endet um 1 Uhr, in der Nacht von Freitag auf Samstag sowie in der Nacht von Samstag auf Sonntag sowie in den Nächten auf einen gesetzlichen Feiertag um 2 Uhr. Ab 22 Uhr – Beginn der Nachtruhe – muss darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten.“

75

Die Beklagte entschied sich in Bezug auf die Festlegung der Betriebszeit somit nicht für eine zeitliche Einschränkung der vorübergehenden Gaststättenerlaubnis nach § 18 GastG i. V. m. § 18 Abs. 2, § 19 und 20 GastVO, wonach die Sperrzeit für Volksfeste, die um 22 Uhr beginnt und um 6 Uhr endet, bei einem öffentlichen Bedürfnis oder besonderen örtlichen Verhältnissen u.a. allgemein oder für einzelne Betriebe verkürzt werden kann, sondern für den Erlass einer Auflage nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG, wonach die Erlaubnis jederzeit mit Auflagen u. a. zum Schutz der Nachbarn versehen werden kann. Hierzu war die Beklagte berechtigt, denn die genannten Bestimmungen stehen nicht in einem Ausschließlichkeitsverhältnis. Vielmehr sind sie nebeneinander anwendbar, soweit die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 20. April 1995 – 22 B 93.1948 –, NVwZ 1995, 1021 zum Verhältnis von § 5 und § 18 GastG; VG Neustadt, Urteil vom 6. April 2006 – 4 K 1919/05.NW –; ebenso Michel/Kienzle, Das Gaststättengesetz, 14. Auflage 2003, § 5 Rn. 4).

76

In Fällen von Nutzungskonflikten mit Nachbarn bedarf nicht nur eine nach § 2 GastG erforderliche Gaststättenerlaubnis, sondern auch eine vorübergehende Gestattung nach § 12 GastG gegebenenfalls einer weitergehenden Konkretisierung durch Aufnahme von Auflagen (s. § 12 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG) im Hinblick auf nachbarrechtsrelevante Merkmale, um dem Bestimmtheitsgrundsatz des § 1 LVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG Genüge zu tun (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Januar 2016 – 2 A 2423/15 –, juris und VG Neustadt, Urteil vom 14. Januar 2016 – 4 K 396/15.NW -, juris jeweils zur Baugenehmigung). Inhalt, Reichweite und Umfang der mit der vorübergehenden Gestattung nach § 12 GastG getroffenen Regelungen und Feststellungen müssen so eindeutig bestimmt sein, dass der Gastwirt die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und drittbetroffene Nachbarn das Maß der für sie aus der vorübergehenden Gestattung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Juni 2012 – 1 A 10878/22.OVG –, juris zur Baugenehmigung).

77

Dem gesetzlichen Regelungsauftrag wird die Gestattung vom 8. August 2015 im Zusammenspiel mit der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 nicht gerecht. Die nach § 12 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG erlassene Auflage, die Betriebszeit auf 1 bzw. 2 Uhr zu beschränken und die Aufforderung an den Beigeladenen, jeweils ab 22 Uhr darauf zu achten, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten, ist, soweit der Zeitraum von 24 Uhr bis 2 Uhr betroffen ist, rechtswidrig.

78

Was die Zeit bis 24 Uhr anbetrifft, fehlt es nach Auffassung der Kammer nicht an der erforderlichen Bestimmtheit, da für die betroffenen Tage im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung vom 20. August 2015 unter Bezugnahme auf die 3. Freizeitlärm-Richtlinie die Auflage ergangen ist, bis 24 Uhr einen Beurteilungspegel von 70 dB(A) einzuhalten. Dies war der Klägerin, wie oben ausgeführt, zumutbar; auf diese Lautstärke musste sie sich einstellen. Zwar war Regelungsinhalt der genannten Ausnahmegenehmigung „nur“ der von der Musikanlage ausgehende Lärm. Es versteht sich aber von selbst, dass die von den Gästen zusätzlich zur Musik verursachten Geräusche vom einzuhaltenden Beurteilungspegel von 70 dB(A) umfasst ist (s. dazu auch die von der Beklagten vorgenommenen Messungen).

79

Da das unter Auflagen genehmigte Abspielen von Musik an der Ausschankstelle des Beigeladenen aber nur bis maximal 24 Uhr begrenzt war und die vorübergehende Gestattung darüber hinaus einen Gaststättenbetrieb bis längstens 2 Uhr erlaubte, musste die Beklagte indessen eine verbindlichen Regelung dazu treffen, welchen Kommunikationslärm sie in Bezug auf die Nachbarn und damit auf die Klägerin nach Beendigung der Musikdarbietungen um spätestens 24 Uhr über diesen Zeitpunkt hinaus für zulässig hält (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris). Ohne näher darauf einzugehen, ob die Betriebszeit von seltenen Veranstaltungen, die – wie hier – mehr als zehnmal pro Kalenderjahr stattfinden, überhaupt über 24 Uhr hinaus für die Nachbarn zumutbar sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1987 – 1 B 124/87 –, NVwZ 1989, 755 und OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Juni 1987 - 21 A 1136/87 -, NVwZ 1988, 178 zu einem auf drei Tage beschränkten Schützenfest, bei dem die Veranstaltungszeit über 24 Uhr hinaus festgesetzt wurde; vgl. auch VG Gera, Urteil vom 12. Februar 2015 – 5 K 1399/12 Ge –, juris, wonach eine Verschiebung der Nachtzeit auf 1 Uhr in sehr seltenen Fällen wie z.B. beim Maibaumsetzen in Betracht kommt), führt die Ziffer 4.4.2 b) der 3. Freizeitlärm-Richtlinie hierzu aus, Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden. Selbst wenn die Überschreitung eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr nach dieser Formulierung im Einzelfall nicht gänzlich ausgeschlossen sein soll, hätte die Beklagte einen genauen Beurteilungspegel, der nicht überschritten werden darf, in dem Bescheid vom 4. August festschreiben und nachvollziehbar begründen müssen, dass der genannte Wert für die Klägerin nach Mitternacht zumutbar ist. Dies galt umso mehr, als die Beklagte mit dem Haardter Weinfest im Mai 2015 und der Woi- und Quetschekuchekerwe im September 2015 insgesamt zehn seltene Veranstaltungen im Kalenderjahr 2015 zugelassen hatte, die Prüfung der Zumutbarkeit von Immissionen nach 24 Uhr folglich besonders intensiv ausfallen musste. Derartige Erwägungen finden sich in dem Bescheid vom 4. August 2015 jedoch nicht. Die in den der vorübergehenden gaststättenrechtlichen Gestattung beigefügten Auflagen aufgeführte Formulierung, ab 22 Uhr müsse darauf geachtet werden, dass sich die Gäste besonders ruhig verhalten, ist nicht geeignet, dem Schutzbedürfnis der Anwohner und damit auch der Klägerin nach 24 Uhr hinreichend Rechnung zu tragen. Die genannte Auflage genügt nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz nach § 1 LVwVfG i.V.m. § 37 Abs. 1 VwVfG in seiner nachbarlichen Ausgestaltung, um eine Begrenzung der Belastung der Klägerin nach 24 Uhr zu gewährleisten (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 15. September 2015 – AN 4 S 15.01487 u.a. –, juris; VG Münster, Beschluss vom 9. Februar 2009 – 10 L 39/09 –, juris). Durch die Nebenbestimmung wird in keiner Weise deutlich, welche maximale Lautstärke von dem Kommunikationslärm zwischen 24 Uhr und 2 Uhr ausgehen durfte. Die Klägerin konnte damit das Maß der für sie aus der vorübergehenden Gestattung erwachsenden Betroffenheit nicht zweifelsfrei feststellen; sie war insoweit durch die Regelung schutzlos gestellt. Es ist mit der Pflicht der Beklagten, den Schutz vor schädlichen Umweltbeeinträchtigungen zu gewährleisten, auch nicht vereinbar, dass die Entscheidungen hinsichtlich des Verbots solcher Immissionen keinerlei Vollziehung ermöglichen. Eine effektive Regelung ist in der Regel nur dann gewährleistet, wenn für den Fall des Verstoßes gegen exakt festgesetzte Immissionsrichtwerte wirksam Zwangsmittel angedroht werden und so der ernsthafte Wille, Umweltbelange auch durchzusetzen, bekräftigt wird (s. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. Januar 2015 – 19 K 4431/14 –, juris).

80

Auf die Festsetzung von Immissionsrichtwerten nach 24 Uhr konnte hier auch nicht deshalb verzichtet werden, weil, wie der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vom 9. Mai 2016 angegeben hat, die Gäste nach 24 Uhr nahezu vollständig die Veranstaltung verlassen und die Ausschankstelle daher regelmäßig bereits um 24 Uhr geschlossen werde. Für die Frage, ob eine Veranstaltung den Nachbarn zugemutet werden darf, ist grundsätzlich von dem der Genehmigung zugrundeliegenden Nutzungsumfang auszugehen, nicht aber lediglich von einer möglicherweise hinter diesem Umfang zurückbleibenden tatsächlichen Nutzung (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 1992 – 3 S 829/92 –, UPR 1993, 308). Etwas anderes gilt nur dann, wenn aufgrund zuverlässig feststehender, gleichbleibender Umstände davon ausgegangen werden kann, dass die Anlage dauerhaft in einem geringeren Umfang als genehmigt genutzt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 1974 – IV C 77.73 –, GewArch 1975, 69). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Es steht zum einen dem Beigeladenen frei, zukünftig eine kürzere Betriebszeit zu beantragen. Zum anderen wird die Beklagte, will sie auch zukünftig eine Bewirtung über 24 Uhr hinaus zulassen, für die Zeit nach 24 Uhr einen verbindlichen Immissionsrichtwert festschreiben müssen, dessen Einhaltung im Übrigen bei Bedarf auch überwacht werden muss.

81

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.

82

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

83

Beschluss

84

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG –).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 41/03 Verkündet am:
26. September 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Von einem Rockkonzert ausgehende Lärmimmissionen, die die Richtwerte der sog.
LAI-Hinweise überschreiten, können unwesentlich im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1
BGB sein, wenn es sich um eine Veranstaltung von kommunaler Bedeutung handelt,
die an nur einem Tag des Jahres stattfindet und weitgehend die einzige in der Umgebung
bleibt. Dies gilt in aller Regel aber nur bis Mitternacht.
BGH, Urt. v. 26. September 2003 - V ZR 41/03 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2003 im Kostenpunkt und im Umfang des nachfolgenden Ausspruchs aufgehoben und das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 22. April 2002 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, daß von ihren Grundstücken, Gemarkung G. -F. , Parzellen-Nr. 2713 und 2739 bei dem Rockkonzert anläßlich des jährlich stattfindenden Sommerfestes des Sportvereins F. Geräusche auf das Grundstück der Kläger R. straße 27, G. -F. , Flurstück 2477, einwirken, die – gemessen 0,5 m vor den Fenstern des klägerischen Wohnhauses - zwischen 20.00 Uhr und 24.00 Uhr einen Beurteilungspegel von 70 dB(A) und eine Geräuschspitze von 90 dB(A), sowie zwischen 24.00 Uhr und 08.00 Uhr einen Beurtei- lungspegel von 55 dB(A) und eine Geräuschspitze von 65 dB(A) überschreiten.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden gegeneinander aufgehoben. Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 60 % und die Beklagte 40 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger wenden sich gegen Lärmbelästigungen, die von einem alljährlich stattfindenden Sommerfest eines Sportvereins und dabei insbesondere von einem Rockkonzert ausgehen.
Die Kläger sind Eigentümer eines in einem allgemeinen Wohngebiet gelegenen Grundstücks. Auf dem Nachbargrundstück, das der beklagten Stadt gehört, befinden sich ein Bolzplatz, eine Sporthalle und ein Fußballfeld. Die Beklagte hat das Gelände einem Sportverein für Vereinsaktivitäten überlassen. Einmal im Jahr veranstaltet der Sportverein ein Sommerfest. Dabei finden in
einem Festzelt Musikveranstaltungen statt, darunter ein Rockkonzert. Für das bis weit nach Mitternacht dauernde Rockkonzert wurden für das Grundstück der Kläger in den Jahren 2001 und 2002 Mittelungspegel von 55,9 bis 70,5 dB(A) und 53,3 bis 66 dB(A) gemessen.
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung eines weitergehenden Antrags verurteilt, es zu unterlassen, daß von ihrem Grundstück Geräusche auf das Grundstück der Kläger einwirken, die zwischen 8 Uhr und 20 Uhr einen Beurteilungspegel von 70 dB(A), in der Zeit von 6 Uhr bis 8 Uhr sowie von 20 Uhr bis 22 Uhr einen Beurteilungspegel von 65 dB(A) sowie zwischen 22 Uhr und 6 Uhr einen Beurteilungspegel von 55 dB(A) überschreiten. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beeinträchtigung der Kläger durch den von dem Sommerfest und hier insbesondere von dem Rockkonzert ausgehenden Lärm sei wesentlich im Sinne von § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB. Dies folge aus der vor allem zur Nachtzeit ab 22 Uhr gravierenden Überschreitung der in der LAI-Freizeitlärmrichtlinie festgesetzten Lärmgrenzwerte; die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung werde dadurch indiziert. Diese Werte seien zwar nicht schematisch anzuwenden und erlaubten bei einem einmaligen
Ereignis eine großzügigere Handhabung. Ein einmaliges Ereignis liege aber nicht vor, weil das Fest an drei Tagen stattfinde und auch die weiteren Veranstaltungen Lärm verursachten. Zudem seien die festgestellten Überschreitungen von 22 Uhr bis weit nach Mitternacht so gravierend, daß sie nicht hingenommen werden müßten.

II.


Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Auf der Grundlage seiner Feststellungen bejaht das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einen Unterlassungsanspruch der Kläger (§§ 1004, 906 BGB).
1. Nach § 906 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks von einem anderen Grundstück ausgehende Immissionen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nur unwesentlich beeinträchtigt. Ob Geräuschimmissionen wesentlich sind oder nicht, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und danach, was ihm unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist (Senat BGHZ 148, 261, 264 - Hammerschmiede; Senatsurt. v. 20. November 1998, V ZR 411/97, NJW 1999, 1029, 1030). Die Grenze der im Einzelfall zumutbaren Lärmbelästigung kann nicht mathematisch exakt, sondern nur aufgrund wertender Beurteilung festgesetzt werden (Senat BGHZ 148, 261, 264). Dabei sind wesentliche Immissionen identisch mit erheblichen Belästigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG (BGHZ 122, 76, 78).
Wann Lärmimmissionen im Einzelfall die Schwelle zur Wesentlichkeit überschreiten, unterliegt weitgehend tatrichterlicher Wertung. Revisionsrecht-
lich nachprüfbar ist, ob das Berufungsgericht die nötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen und bei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte zugrunde gelegt hat (Senat BGHZ 121, 248, 252 - Jugendzeltplatz). Dieser Nachprüfung hält das Berufungsurteil nicht in jeder Hinsicht stand.
2. a) Das Berufungsgericht orientiert sich an den Hinweisen des Länderausschusses für Immissionsschutz zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche (sog. LAI-Hinweise oder Freizeitlärm-Richtlinie, abgedruckt in NVwZ 1997, 469). Das ist nicht zu beanstanden. Die LAI-Hinweise gelten für Freizeitanlagen, und zwar insbesondere für Grundstücke, auf denen Volksfeste, Platzkonzerte, Lifemusik-Darbietungen und ähnliche Veranstaltungen im Freien stattfinden. Sie sind ungeachtet der generellen Nutzung des Grundstücks der Beklagten als Sportplatz einschlägig, denn die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) regelt nur Immissionen, die von einer Sportanlage bei ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung, der Sportausübung, ausgehen (§ 1 Abs. 1 der 18. BImSchV).
Die von Sachverständigen ausgearbeiteten und von allen Ländern mitgetragenen LAI-Hinweise unterfallen zwar nicht § 906 Abs. 1 Satz 2 u. 3 BGB (Staudinger/Roth, BGB [2002], § 906 Rdn. 193), können den Gerichten aber gleichwohl als Entscheidungshilfe dienen (vgl. Senat BGHZ 111, 63, 67 - Volksfestlärm; 120, 239, 256 f. – Froschlärm; 121, 248, 253 - Jugendzeltplatz; BVerwG DVBl 2001, 1451, 1453). Sie ersetzen nicht die Prüfung und Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls, geben dieser Würdigung aber eine Orientierung. Werden die Richtwerte überschritten, so indiziert dies eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB (vgl. Senat
BGHZ 111, 63, 67; 121, 248, 251). Der Tatrichter muß allerdings auch in diesem Fall berücksichtigen, daß es sich bei den technischen Regelwerken nur um Richtlinien handelt, die nicht schematisch angewendet werden dürfen.
b) Für die Frage der Wesentlichkeit von Lärmimmissionen sind Dauer und Häufigkeit der Einwirkung von erheblicher Bedeutung. Das Berufungsgericht vertritt daher zu Recht die Ansicht, daß bei einem einmaligen Ereignis eine großzügigere Handhabung der Richtwerte geboten, eine Überschreitung im Einzelfall also hinzunehmen sein kann. Rechtsfehlerhaft geht es jedoch davon aus, daß hier ein einmaliges Störereignis deswegen nicht vorliege, weil das Sommerfest an drei aufeinanderfolgenden Wochenendtagen stattfindet. Denn daß von den übrigen Veranstaltungen eine wesentliche Einwirkung auf das Grundstück der Kläger ausginge, hat es nicht festgestellt. Mithin ist revisionsrechtlich nur das Rockkonzert von Bedeutung und die weitergehende Klage schon nicht schlüssig.
Richtig ist allerdings, daß die LAI-Hinweise der Seltenheit eines Ereignisses durch eine Sonderregelung in Ziff. 4.4. Rechnung tragen, in der für Veranstaltungen , die an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten im Kalenderjahr stattfinden (sog. seltene Störereignisse), höhere Richtwerte vorgegeben werden. Auch insoweit gibt die Richtlinie jedoch nur eine Orientierung und läßt Raum für die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG DVBl 2001, 1451, 1453 "Entscheidungshilfe mit Indizcharakter"). Hierzu gehört auch die Zahl der Störereignisse. Denn die Sonderregelung in Ziff. 4.4. der LAI-Hinweise erfaßt Ereignisse, die bis zu zehn Tagen oder Nächten eines Jahres auftreten und einen relevanten Beitrag zur Überschreitung der Immissionsrichtwerte verursachen.
In dem der Entscheidung des Senats vom 23. März 1990 (Senat BGHZ 111, 63 - Volksfestlärm) zugrunde liegenden Fall wurde ein an das Grundstück des Klägers angrenzendes Gelände mehrmals im Jahr als Kirmes- und Festplatz genutzt. Für das Jahr 1987 waren beispielsweise für die Monate Juni, Juli und August vier jeweils über das ganze Wochenende, einmal sogar drei Tage dauernde Veranstaltungen angekündigt. Vorliegend ist dagegen mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Revision davon auszugehen, daß das an nur einem Abend des Sommerfestes stattfindende Rockkonzert, gegen dessen Immissionen sich die Kläger in erster Linie wenden, weitgehend das einzige Ereignis ist, welches unter deutlicher Überschreitung der in den LAI-Hinweisen in Ziffer 4.4. für die Nachtzeit aufgestellten Richtwerte auf das Grundstück der Kläger einwirkt.

c) Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung ferner nicht bedacht, daß bei seltenen Störereignissen auch die Bedeutung der Veranstaltung nicht unberücksichtigt bleiben kann. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats richtet sich die Beurteilung, ob eine Immission wesentlich im Sinne des § 906 BGB ist, nicht nur nach dem Maß der objektiven Beeinträchtigung. Im Interesse der Harmonisierung zivilrechtlicher und öffentlichrechtlicher Beurteilungsmaßstäbe hat der Senat eine Angleichung an die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung vollzogen, die als erhebliche Belästigung alles ansieht, was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist (vgl. Senat BGHZ 120, 239, 255 - Froschlärm; 148, 261, 264 – Hammerschmiede). Demgemäß können bei der Prüfung der Erheblichkeit oder Wesentlichkeit von Lärm auch schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit und gesetzliche Wertungen
eine Rolle spielen (vgl. Senat BGHZ 121, 248, 255 - Jugendzeltplatz; 111, 63, 68 – Volksfestlärm).
aa) Volks- und Gemeindefeste, Feiern örtlicher Vereine, traditionelle Umzüge und ähnliche Veranstaltungen gehören zu den herkömmlichen, allgemein akzeptierten Formen gemeindlichen und städtischen Lebens. Dabei liegt es in der Natur der Sache, daß sie oftmals in der Nähe zur Wohnbebauung durchgeführt werden müssen und zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der Nachbarschaft führen. Da solche Veranstaltungen für den Zusammenhalt der örtlichen Gemeinschaft von großer Bedeutung sein können, dabei auch die Identität dieser Gemeinschaft stärken und für viele Bewohner einen hohen Stellenwert besitzen, werden die mit ihnen verbundenen Geräuschentwicklungen von einem verständigen Durchschnittsmenschen bei Würdigung auch anderer Belange in der Regel in höherem Maß akzeptiert werden als sonstige Immissionen. Das kann bei der Beurteilung, ob eine Lärmeinwirkung als wesentlich anzusehen ist, vor allem dann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn es sich um ein sehr seltenes Ereignis handelt, das weitgehend das einzige in der Umgebung bleibt. In einem solchen Fall können auch Lärmimmissionen, die die Richtwerte der LAI-Hinweise überschreiten, ausnahmsweise noch unwesentlich sein (so auch VGH Kassel GewArch 1997, 162).
Die kommunale Bedeutung kann einem Ereignis nicht deshalb abgesprochen werden, weil Veranstalter nicht die Gemeinde, sondern ein privater Verein ist. Maßgeblich ist, daß das Ereignis von einem Großteil der Ortsbevölkerung getragen und akzeptiert wird. Unerheblich für die Frage der Wesentlichkeit der Immissionen ist ferner, ob der Nutzung eines Grundstücks als Festplatz eine langjährige Übung zugrunde liegt. Bei der vom Tatrichter vorzuneh-
menden Würdigung, ob Geräuschimmissionen wesentlich sind, kann zwar dem Traditionscharakter einer Veranstaltung besonderes Gewicht zukommen. Umgekehrt steht der Annahme einer nur unwesentlichen Beeinträchtigung aber nicht entgegen, daß eine Veranstaltung erst seit kurzer Zeit stattfindet. Andernfalls würden Gemeinden gehindert, eine kommunale Festivität zu begründen , wo Traditionsveranstaltungen fehlen, oder die Abläufe bei Festen zu ändern , die auf eine langjährige Übung zurückgehen. Demgemäß können auch die mit Gemeinde- und Vereinsfesten untrennbar verbundenen Musik- und Tanzveranstaltungen Änderungen in Art und Ausrichtung erfahren. Erlangen sie im Einzelfall überregionale Bedeutung, nimmt ihnen das die kommunale Bedeutung nicht, solange die jeweilige Veranstaltung weiterhin auch für die örtliche Bevölkerung bestimmt ist und von ihr angenommen wird.
bb) Bei nur einmal jährlich stattfindenden Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung können selbst Lärmeinwirkungen unwesentlich sein, welche die für die Abend- und Nachtzeit aufgestellten Richtwerte der LAI-Hinweise überschreiten. Zwar gebührt nach 22 Uhr dem Schutz der ungestörten Nachtruhe grundsätzlich der Vorrang vor dem Interesse der Bevölkerung, Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen zu besuchen (vgl. Senat BGHZ 111, 63, 70 - Volksfestlärm). Insbesondere in Krankenhäusern oder sonstigen Kliniken , aber auch dort, wo die Bewohner der Umgebung bereits tagsüber einem höheren Lärmpegel als üblich ausgesetzt sind, ist eine Störung der Nachtruhe meist eine erhebliche Einwirkung auf die Gesundheit oder das Wohlbefinden und damit eine wesentliche Immission. Zu berücksichtigen ist aber auch, daß die Nachtruhe nicht generell geschützt wird. Dort, wo ruhestörende Tätigkeiten zur Nachtzeit durch landesrechtliche Normen ausdrücklich verboten sind, hat der Gesetzgeber zugleich Ausnahmen für den Fall vorgesehen, daß ein Vor-
haben im Einzelfall Vorrang vor den schutzwürdigen Belangen Dritter hat (z.B. § 5 der LärmVO Hamburg, § 8 der LärmVO Berlin). Vorrang kann insbesondere Volksfesten und ähnlichen Veranstaltungen zukommen, wenn sie auf historischen oder kulturellen Umständen beruhen oder sonst von kommunaler Bedeutung sind, und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung gegenüber dem Schutzbedürfnis der Nachbarschaft überwiegt (vgl. § 9 Abs. 3 LImSchG Nordrhein-Westfalen, § 4 Abs. 4 LImSchG Rheinland-Pfalz, § 10 Abs. 4 LImSchG Brandenburg). Eine solche Abwägung der widerstreitenden Interessen sieht auch das Gaststättengesetz vor. Nach § 12 Abs. 1 GaststG kann aus besonderem Anlaß der Betrieb eines Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend gestattet werden. Die "erleichterten Voraussetzungen" beziehen sich auch auf den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG4 Abs. 1 Nr. 3 GaststG), und gelten damit beispielsweise für die Lärmimmissionen, die von einer aus Anlaß eines Volksfests betriebenen Außengastronomie ausgehen (vgl. VGH München NVwZ 1999, 555). Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, daß bei besonderem Anlaß und nur vorübergehendem Betrieb die bei der Erteilung der Erlaubnis zu beachtenden Vorschriften weniger streng zu handhaben sind als bei einem Dauerbetrieb. Immissionsschutzrechtliche Gesichtspunkte dürfen zwar nicht vernachlässigt werden, sie sind jedoch zu Art und Dauer des Betriebs in Beziehung zu setzen (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, Das Gaststättengesetz, 14. Aufl. 2003, § 12 Rdn. 5). Dies führt im Fall von Lärmbeeinträchtigungen dazu, daß bei der Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle nach § 3 BImSchG die Seltenheit des Anlasses und seine Bedeutung in die Würdigung einzubeziehen sind (VGH München a.a.O., S. 556). Die Berücksichtigung dieser Kriterien ist nicht auf die gastronomischen Betriebe beschränkt, sondern gilt für den verständi-
gen Durchschnittsmenschen gleichermaßen in Bezug auf das besondere Ereignis , an das sie anknüpfen. Insoweit hängt die Beurteilung der Beeinträchtigung als wesentlich auch von einer Interessenabwägung ab (Senat BGHZ 111, 63, 68 – Volksfestlärm; a.A. Roth in Anm. JR 1991, 149).
cc) In welchem Umfang Lärmbeeinträchtigungen von Veranstaltungen mit besonderer historischer, kultureller oder kommunaler Bedeutung noch als unwesentlich angesehen werden können, ist weitgehend eine Frage des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind insbesondere Bedeutung und Charakter der Veranstaltung, ihr Ablauf, Dauer und Häufigkeit, die Nutzungsart und Zweckbestimmung sowie die Gesamtbelastung des beeinträchtigten Grundstücks während der Veranstaltung und durch andere seltene Störereignisse, ferner die zeitlichen Abstände dieser Ereignisse. Je gewichtiger der Anlaß für die Gemeinde oder Stadt ist, desto eher ist der Nachbarschaft zuzumuten, an wenigen Tagen im Jahr Ruhestörungen hinzunehmen. Bei Festveranstaltungen von kommunaler Bedeutung, die nur einmal im Jahr für wenige Tage stattfinden, ist dabei auch eine deutliche Überschreitung der in den LAI-Hinweisen für seltene Störereignisse festgelegten Richtwerte denkbar. Hiervon ist selbst die Nachtzeit nicht generell ausgenommen, zumal es im Sommer noch bis gegen 22 Uhr hell bleibt und es dem Charakter bzw. der Tradition vieler Veranstaltungen entspricht , daß sie bis in die Nachtstunden andauern (so auch VGH Mannheim NVwZ-RR 1994, 633, 635). Im Einzelfall kann von den Anliegern jedenfalls an einem Tag bis Mitternacht ein deutlich höherer Beurteilungspegel hinzunehmen sein. Eine über Mitternacht hinausgehende erhebliche Überschreitung der Richtwerte wird demgegenüber in aller Regel nicht mehr als unwesentlich zu qualifizieren sein.
Ob etwas anderes gilt, wenn für die betreffende Veranstaltung eine weitergehende Ausnahmegenehmigung nach öffentlichem Recht erteilt wurde, bedarf keiner Entscheidung. Die Beklagte hat zwar der Durchführung der Sportfeste in ihrer Eigenschaft als Ortspolizeibehörde zugestimmt. Auf die zivilrechtliche Beurteilung hat die Genehmigung aber schon deswegen keinen Einfluß, weil eine umfassende Prüfung immissionsschutzrechtlicher Belange im Rahmen eines gesetzlich vorgegebenen Verfahrens mit ihr ersichtlich nicht verbunden war.
Für die Beuteilung durch einen verständigen Durchschnittsmenschen von Bedeutung kann schließlich sein, ob sich die Veranstaltung an einen ebenso geeigneten, Anwohner insgesamt aber deutlich weniger beeinträchtigenden Standort innerhalb der Gemeinde bzw. des Ortsteils verlegen läßt. Können unter Wahrung des Charakters der Veranstaltung die Lärmimmissionen für Anwohner deutlich reduziert werden, unterbleibt aber ein Standortwechsel , so verringert sich das Maß dessen, was einem Anwohner an Geräuscheinwirkungen zuzumuten ist; in der Regel werden dann die Richtwerte der LAI-Hinweise maßgebend sein.

III.


Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu treffen sind, hat der Senat in der Sache selbst entschieden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Angesichts der Unterstützung, die das Sommerfest und das Rockkonzert seitens der Gemeinde erfahren, kann der Veranstaltung die kommunale Bedeutung nicht abgesprochen werden. Gleichwertige
alternative Standorte für das Festzelt sind nicht ersichtlich. Durch die von den Klägern vorgeschlagene Verlegung des Rockkonzerts in die benachbarte Sporthalle bliebe der Charakter der Veranstaltung nicht gewahrt. Er ist davon geprägt, daß das Konzert als Teil eines Sommerfestes weitgehend im Freien stattfindet.
Die Kläger müssen am Abend des Rockkonzerts allerdings nicht jegliche Lärmeinwirkung hinnehmen, sondern nur das nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen zumutbare Maß. Die Zumutbarkeit ist durch eine Begrenzung der Immissionen zu wahren. Hierfür geben die Richtwerte, die die LAI-Hinweise bei seltenen Störereignissen tagsüber außerhalb der Ruhezeiten vorsehen, eine Orientierung. Im vorliegenden Fall bietet es sich an, die Tageszeit im Sinne der LAI-Hinweise bis 24 Uhr auszudehnen. Damit ist für das Rockkonzert ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) mit einer Geräuschspitze von 90 dB(A) maßgeblich. Eine Verlängerung über 24 Uhr hinaus kommt dagegen mit Rücksicht auf die schutzwürdigen Belange der Kläger nicht in Betracht. Um ihnen eine ausreichende Nachtruhe zu ermöglichen, ist vielmehr von Mitternacht bis 8 Uhr des auf das Rockkonzert folgenden Tages der für die Nachtzeit vorgegebene Beurteilungspegel von 55 dB(A) einzuhalten.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 41/03 Verkündet am:
26. September 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Von einem Rockkonzert ausgehende Lärmimmissionen, die die Richtwerte der sog.
LAI-Hinweise überschreiten, können unwesentlich im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1
BGB sein, wenn es sich um eine Veranstaltung von kommunaler Bedeutung handelt,
die an nur einem Tag des Jahres stattfindet und weitgehend die einzige in der Umgebung
bleibt. Dies gilt in aller Regel aber nur bis Mitternacht.
BGH, Urt. v. 26. September 2003 - V ZR 41/03 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Januar 2003 im Kostenpunkt und im Umfang des nachfolgenden Ausspruchs aufgehoben und das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 22. April 2002 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, daß von ihren Grundstücken, Gemarkung G. -F. , Parzellen-Nr. 2713 und 2739 bei dem Rockkonzert anläßlich des jährlich stattfindenden Sommerfestes des Sportvereins F. Geräusche auf das Grundstück der Kläger R. straße 27, G. -F. , Flurstück 2477, einwirken, die – gemessen 0,5 m vor den Fenstern des klägerischen Wohnhauses - zwischen 20.00 Uhr und 24.00 Uhr einen Beurteilungspegel von 70 dB(A) und eine Geräuschspitze von 90 dB(A), sowie zwischen 24.00 Uhr und 08.00 Uhr einen Beurtei- lungspegel von 55 dB(A) und eine Geräuschspitze von 65 dB(A) überschreiten.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden gegeneinander aufgehoben. Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 60 % und die Beklagte 40 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger wenden sich gegen Lärmbelästigungen, die von einem alljährlich stattfindenden Sommerfest eines Sportvereins und dabei insbesondere von einem Rockkonzert ausgehen.
Die Kläger sind Eigentümer eines in einem allgemeinen Wohngebiet gelegenen Grundstücks. Auf dem Nachbargrundstück, das der beklagten Stadt gehört, befinden sich ein Bolzplatz, eine Sporthalle und ein Fußballfeld. Die Beklagte hat das Gelände einem Sportverein für Vereinsaktivitäten überlassen. Einmal im Jahr veranstaltet der Sportverein ein Sommerfest. Dabei finden in
einem Festzelt Musikveranstaltungen statt, darunter ein Rockkonzert. Für das bis weit nach Mitternacht dauernde Rockkonzert wurden für das Grundstück der Kläger in den Jahren 2001 und 2002 Mittelungspegel von 55,9 bis 70,5 dB(A) und 53,3 bis 66 dB(A) gemessen.
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung eines weitergehenden Antrags verurteilt, es zu unterlassen, daß von ihrem Grundstück Geräusche auf das Grundstück der Kläger einwirken, die zwischen 8 Uhr und 20 Uhr einen Beurteilungspegel von 70 dB(A), in der Zeit von 6 Uhr bis 8 Uhr sowie von 20 Uhr bis 22 Uhr einen Beurteilungspegel von 65 dB(A) sowie zwischen 22 Uhr und 6 Uhr einen Beurteilungspegel von 55 dB(A) überschreiten. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beeinträchtigung der Kläger durch den von dem Sommerfest und hier insbesondere von dem Rockkonzert ausgehenden Lärm sei wesentlich im Sinne von § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB. Dies folge aus der vor allem zur Nachtzeit ab 22 Uhr gravierenden Überschreitung der in der LAI-Freizeitlärmrichtlinie festgesetzten Lärmgrenzwerte; die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung werde dadurch indiziert. Diese Werte seien zwar nicht schematisch anzuwenden und erlaubten bei einem einmaligen
Ereignis eine großzügigere Handhabung. Ein einmaliges Ereignis liege aber nicht vor, weil das Fest an drei Tagen stattfinde und auch die weiteren Veranstaltungen Lärm verursachten. Zudem seien die festgestellten Überschreitungen von 22 Uhr bis weit nach Mitternacht so gravierend, daß sie nicht hingenommen werden müßten.

II.


Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Auf der Grundlage seiner Feststellungen bejaht das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft einen Unterlassungsanspruch der Kläger (§§ 1004, 906 BGB).
1. Nach § 906 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks von einem anderen Grundstück ausgehende Immissionen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nur unwesentlich beeinträchtigt. Ob Geräuschimmissionen wesentlich sind oder nicht, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und danach, was ihm unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist (Senat BGHZ 148, 261, 264 - Hammerschmiede; Senatsurt. v. 20. November 1998, V ZR 411/97, NJW 1999, 1029, 1030). Die Grenze der im Einzelfall zumutbaren Lärmbelästigung kann nicht mathematisch exakt, sondern nur aufgrund wertender Beurteilung festgesetzt werden (Senat BGHZ 148, 261, 264). Dabei sind wesentliche Immissionen identisch mit erheblichen Belästigungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG (BGHZ 122, 76, 78).
Wann Lärmimmissionen im Einzelfall die Schwelle zur Wesentlichkeit überschreiten, unterliegt weitgehend tatrichterlicher Wertung. Revisionsrecht-
lich nachprüfbar ist, ob das Berufungsgericht die nötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen und bei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte zugrunde gelegt hat (Senat BGHZ 121, 248, 252 - Jugendzeltplatz). Dieser Nachprüfung hält das Berufungsurteil nicht in jeder Hinsicht stand.
2. a) Das Berufungsgericht orientiert sich an den Hinweisen des Länderausschusses für Immissionsschutz zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche (sog. LAI-Hinweise oder Freizeitlärm-Richtlinie, abgedruckt in NVwZ 1997, 469). Das ist nicht zu beanstanden. Die LAI-Hinweise gelten für Freizeitanlagen, und zwar insbesondere für Grundstücke, auf denen Volksfeste, Platzkonzerte, Lifemusik-Darbietungen und ähnliche Veranstaltungen im Freien stattfinden. Sie sind ungeachtet der generellen Nutzung des Grundstücks der Beklagten als Sportplatz einschlägig, denn die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV) regelt nur Immissionen, die von einer Sportanlage bei ihrer bestimmungsgemäßen Nutzung, der Sportausübung, ausgehen (§ 1 Abs. 1 der 18. BImSchV).
Die von Sachverständigen ausgearbeiteten und von allen Ländern mitgetragenen LAI-Hinweise unterfallen zwar nicht § 906 Abs. 1 Satz 2 u. 3 BGB (Staudinger/Roth, BGB [2002], § 906 Rdn. 193), können den Gerichten aber gleichwohl als Entscheidungshilfe dienen (vgl. Senat BGHZ 111, 63, 67 - Volksfestlärm; 120, 239, 256 f. – Froschlärm; 121, 248, 253 - Jugendzeltplatz; BVerwG DVBl 2001, 1451, 1453). Sie ersetzen nicht die Prüfung und Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls, geben dieser Würdigung aber eine Orientierung. Werden die Richtwerte überschritten, so indiziert dies eine wesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB (vgl. Senat
BGHZ 111, 63, 67; 121, 248, 251). Der Tatrichter muß allerdings auch in diesem Fall berücksichtigen, daß es sich bei den technischen Regelwerken nur um Richtlinien handelt, die nicht schematisch angewendet werden dürfen.
b) Für die Frage der Wesentlichkeit von Lärmimmissionen sind Dauer und Häufigkeit der Einwirkung von erheblicher Bedeutung. Das Berufungsgericht vertritt daher zu Recht die Ansicht, daß bei einem einmaligen Ereignis eine großzügigere Handhabung der Richtwerte geboten, eine Überschreitung im Einzelfall also hinzunehmen sein kann. Rechtsfehlerhaft geht es jedoch davon aus, daß hier ein einmaliges Störereignis deswegen nicht vorliege, weil das Sommerfest an drei aufeinanderfolgenden Wochenendtagen stattfindet. Denn daß von den übrigen Veranstaltungen eine wesentliche Einwirkung auf das Grundstück der Kläger ausginge, hat es nicht festgestellt. Mithin ist revisionsrechtlich nur das Rockkonzert von Bedeutung und die weitergehende Klage schon nicht schlüssig.
Richtig ist allerdings, daß die LAI-Hinweise der Seltenheit eines Ereignisses durch eine Sonderregelung in Ziff. 4.4. Rechnung tragen, in der für Veranstaltungen , die an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten im Kalenderjahr stattfinden (sog. seltene Störereignisse), höhere Richtwerte vorgegeben werden. Auch insoweit gibt die Richtlinie jedoch nur eine Orientierung und läßt Raum für die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG DVBl 2001, 1451, 1453 "Entscheidungshilfe mit Indizcharakter"). Hierzu gehört auch die Zahl der Störereignisse. Denn die Sonderregelung in Ziff. 4.4. der LAI-Hinweise erfaßt Ereignisse, die bis zu zehn Tagen oder Nächten eines Jahres auftreten und einen relevanten Beitrag zur Überschreitung der Immissionsrichtwerte verursachen.
In dem der Entscheidung des Senats vom 23. März 1990 (Senat BGHZ 111, 63 - Volksfestlärm) zugrunde liegenden Fall wurde ein an das Grundstück des Klägers angrenzendes Gelände mehrmals im Jahr als Kirmes- und Festplatz genutzt. Für das Jahr 1987 waren beispielsweise für die Monate Juni, Juli und August vier jeweils über das ganze Wochenende, einmal sogar drei Tage dauernde Veranstaltungen angekündigt. Vorliegend ist dagegen mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Revision davon auszugehen, daß das an nur einem Abend des Sommerfestes stattfindende Rockkonzert, gegen dessen Immissionen sich die Kläger in erster Linie wenden, weitgehend das einzige Ereignis ist, welches unter deutlicher Überschreitung der in den LAI-Hinweisen in Ziffer 4.4. für die Nachtzeit aufgestellten Richtwerte auf das Grundstück der Kläger einwirkt.

c) Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung ferner nicht bedacht, daß bei seltenen Störereignissen auch die Bedeutung der Veranstaltung nicht unberücksichtigt bleiben kann. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats richtet sich die Beurteilung, ob eine Immission wesentlich im Sinne des § 906 BGB ist, nicht nur nach dem Maß der objektiven Beeinträchtigung. Im Interesse der Harmonisierung zivilrechtlicher und öffentlichrechtlicher Beurteilungsmaßstäbe hat der Senat eine Angleichung an die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung vollzogen, die als erhebliche Belästigung alles ansieht, was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist (vgl. Senat BGHZ 120, 239, 255 - Froschlärm; 148, 261, 264 – Hammerschmiede). Demgemäß können bei der Prüfung der Erheblichkeit oder Wesentlichkeit von Lärm auch schutzwürdige Interessen der Allgemeinheit und gesetzliche Wertungen
eine Rolle spielen (vgl. Senat BGHZ 121, 248, 255 - Jugendzeltplatz; 111, 63, 68 – Volksfestlärm).
aa) Volks- und Gemeindefeste, Feiern örtlicher Vereine, traditionelle Umzüge und ähnliche Veranstaltungen gehören zu den herkömmlichen, allgemein akzeptierten Formen gemeindlichen und städtischen Lebens. Dabei liegt es in der Natur der Sache, daß sie oftmals in der Nähe zur Wohnbebauung durchgeführt werden müssen und zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der Nachbarschaft führen. Da solche Veranstaltungen für den Zusammenhalt der örtlichen Gemeinschaft von großer Bedeutung sein können, dabei auch die Identität dieser Gemeinschaft stärken und für viele Bewohner einen hohen Stellenwert besitzen, werden die mit ihnen verbundenen Geräuschentwicklungen von einem verständigen Durchschnittsmenschen bei Würdigung auch anderer Belange in der Regel in höherem Maß akzeptiert werden als sonstige Immissionen. Das kann bei der Beurteilung, ob eine Lärmeinwirkung als wesentlich anzusehen ist, vor allem dann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn es sich um ein sehr seltenes Ereignis handelt, das weitgehend das einzige in der Umgebung bleibt. In einem solchen Fall können auch Lärmimmissionen, die die Richtwerte der LAI-Hinweise überschreiten, ausnahmsweise noch unwesentlich sein (so auch VGH Kassel GewArch 1997, 162).
Die kommunale Bedeutung kann einem Ereignis nicht deshalb abgesprochen werden, weil Veranstalter nicht die Gemeinde, sondern ein privater Verein ist. Maßgeblich ist, daß das Ereignis von einem Großteil der Ortsbevölkerung getragen und akzeptiert wird. Unerheblich für die Frage der Wesentlichkeit der Immissionen ist ferner, ob der Nutzung eines Grundstücks als Festplatz eine langjährige Übung zugrunde liegt. Bei der vom Tatrichter vorzuneh-
menden Würdigung, ob Geräuschimmissionen wesentlich sind, kann zwar dem Traditionscharakter einer Veranstaltung besonderes Gewicht zukommen. Umgekehrt steht der Annahme einer nur unwesentlichen Beeinträchtigung aber nicht entgegen, daß eine Veranstaltung erst seit kurzer Zeit stattfindet. Andernfalls würden Gemeinden gehindert, eine kommunale Festivität zu begründen , wo Traditionsveranstaltungen fehlen, oder die Abläufe bei Festen zu ändern , die auf eine langjährige Übung zurückgehen. Demgemäß können auch die mit Gemeinde- und Vereinsfesten untrennbar verbundenen Musik- und Tanzveranstaltungen Änderungen in Art und Ausrichtung erfahren. Erlangen sie im Einzelfall überregionale Bedeutung, nimmt ihnen das die kommunale Bedeutung nicht, solange die jeweilige Veranstaltung weiterhin auch für die örtliche Bevölkerung bestimmt ist und von ihr angenommen wird.
bb) Bei nur einmal jährlich stattfindenden Veranstaltungen von kommunaler Bedeutung können selbst Lärmeinwirkungen unwesentlich sein, welche die für die Abend- und Nachtzeit aufgestellten Richtwerte der LAI-Hinweise überschreiten. Zwar gebührt nach 22 Uhr dem Schutz der ungestörten Nachtruhe grundsätzlich der Vorrang vor dem Interesse der Bevölkerung, Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen zu besuchen (vgl. Senat BGHZ 111, 63, 70 - Volksfestlärm). Insbesondere in Krankenhäusern oder sonstigen Kliniken , aber auch dort, wo die Bewohner der Umgebung bereits tagsüber einem höheren Lärmpegel als üblich ausgesetzt sind, ist eine Störung der Nachtruhe meist eine erhebliche Einwirkung auf die Gesundheit oder das Wohlbefinden und damit eine wesentliche Immission. Zu berücksichtigen ist aber auch, daß die Nachtruhe nicht generell geschützt wird. Dort, wo ruhestörende Tätigkeiten zur Nachtzeit durch landesrechtliche Normen ausdrücklich verboten sind, hat der Gesetzgeber zugleich Ausnahmen für den Fall vorgesehen, daß ein Vor-
haben im Einzelfall Vorrang vor den schutzwürdigen Belangen Dritter hat (z.B. § 5 der LärmVO Hamburg, § 8 der LärmVO Berlin). Vorrang kann insbesondere Volksfesten und ähnlichen Veranstaltungen zukommen, wenn sie auf historischen oder kulturellen Umständen beruhen oder sonst von kommunaler Bedeutung sind, und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung gegenüber dem Schutzbedürfnis der Nachbarschaft überwiegt (vgl. § 9 Abs. 3 LImSchG Nordrhein-Westfalen, § 4 Abs. 4 LImSchG Rheinland-Pfalz, § 10 Abs. 4 LImSchG Brandenburg). Eine solche Abwägung der widerstreitenden Interessen sieht auch das Gaststättengesetz vor. Nach § 12 Abs. 1 GaststG kann aus besonderem Anlaß der Betrieb eines Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend gestattet werden. Die "erleichterten Voraussetzungen" beziehen sich auch auf den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG4 Abs. 1 Nr. 3 GaststG), und gelten damit beispielsweise für die Lärmimmissionen, die von einer aus Anlaß eines Volksfests betriebenen Außengastronomie ausgehen (vgl. VGH München NVwZ 1999, 555). Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, daß bei besonderem Anlaß und nur vorübergehendem Betrieb die bei der Erteilung der Erlaubnis zu beachtenden Vorschriften weniger streng zu handhaben sind als bei einem Dauerbetrieb. Immissionsschutzrechtliche Gesichtspunkte dürfen zwar nicht vernachlässigt werden, sie sind jedoch zu Art und Dauer des Betriebs in Beziehung zu setzen (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, Das Gaststättengesetz, 14. Aufl. 2003, § 12 Rdn. 5). Dies führt im Fall von Lärmbeeinträchtigungen dazu, daß bei der Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle nach § 3 BImSchG die Seltenheit des Anlasses und seine Bedeutung in die Würdigung einzubeziehen sind (VGH München a.a.O., S. 556). Die Berücksichtigung dieser Kriterien ist nicht auf die gastronomischen Betriebe beschränkt, sondern gilt für den verständi-
gen Durchschnittsmenschen gleichermaßen in Bezug auf das besondere Ereignis , an das sie anknüpfen. Insoweit hängt die Beurteilung der Beeinträchtigung als wesentlich auch von einer Interessenabwägung ab (Senat BGHZ 111, 63, 68 – Volksfestlärm; a.A. Roth in Anm. JR 1991, 149).
cc) In welchem Umfang Lärmbeeinträchtigungen von Veranstaltungen mit besonderer historischer, kultureller oder kommunaler Bedeutung noch als unwesentlich angesehen werden können, ist weitgehend eine Frage des Einzelfalls. Zu berücksichtigen sind insbesondere Bedeutung und Charakter der Veranstaltung, ihr Ablauf, Dauer und Häufigkeit, die Nutzungsart und Zweckbestimmung sowie die Gesamtbelastung des beeinträchtigten Grundstücks während der Veranstaltung und durch andere seltene Störereignisse, ferner die zeitlichen Abstände dieser Ereignisse. Je gewichtiger der Anlaß für die Gemeinde oder Stadt ist, desto eher ist der Nachbarschaft zuzumuten, an wenigen Tagen im Jahr Ruhestörungen hinzunehmen. Bei Festveranstaltungen von kommunaler Bedeutung, die nur einmal im Jahr für wenige Tage stattfinden, ist dabei auch eine deutliche Überschreitung der in den LAI-Hinweisen für seltene Störereignisse festgelegten Richtwerte denkbar. Hiervon ist selbst die Nachtzeit nicht generell ausgenommen, zumal es im Sommer noch bis gegen 22 Uhr hell bleibt und es dem Charakter bzw. der Tradition vieler Veranstaltungen entspricht , daß sie bis in die Nachtstunden andauern (so auch VGH Mannheim NVwZ-RR 1994, 633, 635). Im Einzelfall kann von den Anliegern jedenfalls an einem Tag bis Mitternacht ein deutlich höherer Beurteilungspegel hinzunehmen sein. Eine über Mitternacht hinausgehende erhebliche Überschreitung der Richtwerte wird demgegenüber in aller Regel nicht mehr als unwesentlich zu qualifizieren sein.
Ob etwas anderes gilt, wenn für die betreffende Veranstaltung eine weitergehende Ausnahmegenehmigung nach öffentlichem Recht erteilt wurde, bedarf keiner Entscheidung. Die Beklagte hat zwar der Durchführung der Sportfeste in ihrer Eigenschaft als Ortspolizeibehörde zugestimmt. Auf die zivilrechtliche Beurteilung hat die Genehmigung aber schon deswegen keinen Einfluß, weil eine umfassende Prüfung immissionsschutzrechtlicher Belange im Rahmen eines gesetzlich vorgegebenen Verfahrens mit ihr ersichtlich nicht verbunden war.
Für die Beuteilung durch einen verständigen Durchschnittsmenschen von Bedeutung kann schließlich sein, ob sich die Veranstaltung an einen ebenso geeigneten, Anwohner insgesamt aber deutlich weniger beeinträchtigenden Standort innerhalb der Gemeinde bzw. des Ortsteils verlegen läßt. Können unter Wahrung des Charakters der Veranstaltung die Lärmimmissionen für Anwohner deutlich reduziert werden, unterbleibt aber ein Standortwechsel , so verringert sich das Maß dessen, was einem Anwohner an Geräuscheinwirkungen zuzumuten ist; in der Regel werden dann die Richtwerte der LAI-Hinweise maßgebend sein.

III.


Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu treffen sind, hat der Senat in der Sache selbst entschieden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Angesichts der Unterstützung, die das Sommerfest und das Rockkonzert seitens der Gemeinde erfahren, kann der Veranstaltung die kommunale Bedeutung nicht abgesprochen werden. Gleichwertige
alternative Standorte für das Festzelt sind nicht ersichtlich. Durch die von den Klägern vorgeschlagene Verlegung des Rockkonzerts in die benachbarte Sporthalle bliebe der Charakter der Veranstaltung nicht gewahrt. Er ist davon geprägt, daß das Konzert als Teil eines Sommerfestes weitgehend im Freien stattfindet.
Die Kläger müssen am Abend des Rockkonzerts allerdings nicht jegliche Lärmeinwirkung hinnehmen, sondern nur das nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen zumutbare Maß. Die Zumutbarkeit ist durch eine Begrenzung der Immissionen zu wahren. Hierfür geben die Richtwerte, die die LAI-Hinweise bei seltenen Störereignissen tagsüber außerhalb der Ruhezeiten vorsehen, eine Orientierung. Im vorliegenden Fall bietet es sich an, die Tageszeit im Sinne der LAI-Hinweise bis 24 Uhr auszudehnen. Damit ist für das Rockkonzert ein Beurteilungspegel von 70 dB(A) mit einer Geräuschspitze von 90 dB(A) maßgeblich. Eine Verlängerung über 24 Uhr hinaus kommt dagegen mit Rücksicht auf die schutzwürdigen Belange der Kläger nicht in Betracht. Um ihnen eine ausreichende Nachtruhe zu ermöglichen, ist vielmehr von Mitternacht bis 8 Uhr des auf das Rockkonzert folgenden Tages der für die Nachtzeit vorgegebene Beurteilungspegel von 55 dB(A) einzuhalten.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.