Verwaltungsgericht Hamburg Gerichtsbescheid, 07. Sept. 2018 - 9 A 4845/17

bei uns veröffentlicht am07.09.2018

Tenor

Es wird festgestellt, dass Nr. 1 und Nr. 3 Sätze 1 bis 3 des Bescheides vom 13. April 2017 unwirksam sind.

Nr. 2 und Nr. 4 des Bescheides vom 13. April 2017 werden aufgehoben.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Gerichtsbescheids vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin, 67-jährige syrische Staatsangehörige, begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit eines Bescheides, mit dem die Beklagte ihren Asylantrag als unzulässig abgelehnt und ihr die Abschiebung nach Rumänien angedroht hat.

2

Die Klägerin reiste nach eigenen Angaben am 29. Februar 2016 nach Deutschland ein und stellte am 8. Juni 2016 einen Asylantrag. Auf Grundlage eines Eurodac-Treffers der Kategorie 1 für Rumänien ersuchte die Beklagte Rumänien am 9. August 2016 darum, die Klägerin im Rahmen des Dublin-Verfahrens wiederaufzunehmen. Dies lehnte Rumänien mit Schreiben vom 17. August 2016 ab, da die Dublin III Verordnung auf Personen, denen bereits internationaler Schutz zuerkannt worden sei, keine Anwendung finde. Der Klägerin sei am 31. März 2014 der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden.

3

Im Rahmen einer Anhörung zur Zulässigkeit ihres Asylantrags am 25. Oktober 2016 gab die Klägerin an, nicht genau zu wissen, ob sie in Rumänien Asyl beantragt und internationalen Schutz erhalten habe. Man habe ihr Dokumente vorgelegt, die sie unterzeichnet habe. Ihr sei gesagt worden, dass sie weiterreisen könne. Sie habe dort Schutz für zwei Jahre erhalten, vielleicht auch nur für ein Jahr. Insgesamt sei sie zwei Monate in Rumänien gewesen. Auch ihre Töchter hätten sich dort aufgehalten, aber diese seien dann nach Deutschland gereist und hier anerkannt worden. Sie sei mit ihren Töchtern und deren Kindern aus Syrien ausgereist. In Rumänien habe sie niemanden, ihre ganze Familie sei in Deutschland. Sie sei krank. Sie habe einen Bandscheibenvorfall gehabt und Rheuma sowie psychische Beschwerden. Im Rahmen der Anhörung legte die Klägerin nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilte Aufenthaltstitel ihrer Töchter... (geboren am ...) und ... (geboren am ...) sowie ihrer Enkel ... (geboren am ...), ... (geboren am ...) und ... (geboren am ...) vor.

4

Mit Bescheid vom 13. April 2017, zugestellt am 23. April 2017, lehnte die Beklagte den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1). Zudem entschied sie, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2), drohte der Klägerin nach Ablauf einer einwöchigen Ausreisefrist die Abschiebung nach Rumänien an (Nr. 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot im Sinne von § 11 Abs. 1 AufenthG auf zwölf Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 4). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Asylantrag sei nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig. Nach ihren Erkenntnissen sei der Klägerin in Rumänien internationaler Schutz gewährt worden.

5

Am 27. April 2017 hat die Klägerin Klage erhoben – zunächst gerichtet auf Aufhebung des Bescheides – und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt.

6

Mit Beschluss vom 12. Juli 2017 (9 AE 4846/17) hat das Verwaltungsgericht Hamburg die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 13. April 2017 angeordnet und zur Begründung ausgeführt, die Erfolgsaussichten der Klage seien im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2017 (1 C 26/16) zum Gerichtshof der Europäischen Union offen. Die zu den Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Italien ergangene Rechtsprechung lasse sich auf Rumänien übertragen. Es bedürfe einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nach Klärung der Vorlagefragen durch den EuGH, ob die Klägerin angesichts der Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Rumänien auf europarechtskonforme Weise nach Rumänien abgeschoben werden dürfe. Die deshalb vorzunehmende Interessenabwägung falle zu Gunsten der Klägerin aus.

7

Mit Verfügung vom 12. Juli 2017 hat das Verwaltungsgericht Hamburg darauf hingewiesen, dass § 37 Abs. 1 AsylG im vorliegenden Verfahren voraussichtlich keine Anwendung finde. Diese Vorschrift sei in Fällen, in denen das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen offener Erfolgsaussichten stattgebe, teleologisch zu reduzieren.

8

Mit Verfügung vom 6. Juli 2018 hat der Berichterstatter darauf hingewiesen, dass die Kammer angesichts aktueller obergerichtlicher Rechtsprechung (VGH Mannheim, Beschl. v. 20.2.2018, A 4 S 169/18, juris; VGH München, Beschl. v. 15.1.2018, 10 ZB 17.30211, juris) Zweifel habe, ihre bisherige Auffassung zur einschränkenden Auslegung des § 37 Abs. 1 AsylG aufrechterhalten zu können. Zudem ist ein Hinweis zur Stellung sachdienlicher Klaganträge erfolgt.

9

Danach beantragt die Klägerin,

10

1. festzustellen, dass Nr. 1 und Nr. 3 Sätze 1 bis 3 des Bescheides vom 13. April 2017 unwirksam sind, sowie Nr. 2 und Nr. 4 des Bescheides vom 13. April 2017 aufzuheben,

11

2. hilfsweise, den Bescheid vom 13. April 2017 aufzuheben,

12

3. äußerst hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. April 2017, soweit dieser entgegensteht, zu verpflichten, ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Rumäniens festzustellen.

13

Aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 5. Mai 2017 ergibt sich der Antrag,

14

die Klage abzuweisen.

15

Zur Begründung verweist die Beklagte auf den Bescheid vom 13. April 2017. Ergänzend führt sie aus, nicht in die Änderung der Klage einzuwilligen. Denn gegen die Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG sei allein die Anfechtungsklage statthaft. Sie – die Beklagte – werde das Asylverfahren der Klägerin nicht fortführen. § 37 Abs. 1 AsylG sei im Einklang mit der bisherigen Auffassung der Kammer einschränkend auszulegen. Denn die Pflicht zur Fortführung des Asylverfahrens in § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG bedeute, dass sie eine inhaltliche Entscheidung über die Fluchtgründe zu treffen hätte. Zudem bezwecke § 37 Abs. 1 AsylG eine Beschleunigung des Asylverfahrens. Eine erneut durchgeführte Prüfung habe hinsichtlich des Bescheides vom 13. April 2017 zu keinem anderen Ergebnis geführt, da die Klägerin in Rumänien unstreitig subsidiären Schutz erhalten habe und ihrer Abschiebung ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nicht entgegenstehe. Bei einer aktuellen Gesamtwürdigung der zu Rumänien vorliegenden Berichte und Stellungnahmen vor allem von Nichtregierungsorganisationen drohte anerkannten Schutzberechtigten in Rumänien keine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 EMRK.

16

Das Gericht hat den Beteiligten mitgeteilt, dass es eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid erwäge, und ihnen Gelegenheit gegeben, ihren Vortrag in sachlicher und rechtlicher Hinsicht zu ergänzen. Die Akten der Verfahren 9 A 4845/17, 9 AE 4846/17, 9 A 4983/17 und 9 AE 4984/17, die Sachakten der Beklagten und die Ausländerakten der drei Töchter der Klägerin ..., ... und ... haben bei der Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

17

Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

II.

18

Die Klage ist im maßgebenden Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) zulässig (hierzu unter 1.) und begründet (hierzu unter 2.).

19

1. Die Klage ist zulässig.

20

a) Die Klageänderung ist gemäß § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zulässig, weil die Kammer diese für sachdienlich hält. Sofern die Rechtsfolge des § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG eingetreten ist, kann die Klage nur in der geänderten Form Erfolg haben (s. auch VG Hamburg, Urt. v. 23.10.2017, 9 A 6901/16, n. v., rechtskräftig nach OVG Hamburg, Beschl. v. 13.2.2018, 4 Bf 276/17.AZ, n. v.; VGH Mannheim, Beschl. v. 20.2.2018, A 4 S 169/18, juris Rn. 9; VG Berlin, Urt. v. 23.3.2018, 23 K 117.17 A, juris Rn. 17 f. u. 20). Hierauf hat der Berichterstatter die Beteiligten mit Verfügung vom 6. Juli 2018 hingewiesen. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 24. August 2018 um Darlegung gebeten hat, inwieweit die als sachdienlich angesehenen Klaganträge in der Sache zu einem anderen Ergebnis führen sollten, bedarf es eines weiteren Hinweises nicht. Diese Bitte betrifft nicht die sachdienliche Antragstellung im vorliegenden Klagverfahren, sondern die in der Begründetheit zu beantwortende materielle Frage der Auslegung des § 37 Abs. 1 AsylG.

21

b) Der Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit von Nr. 1 und Nr. 3 Sätze 1 bis 3 des Bescheides vom 13. April 2017 ist als Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO) steht dem nicht entgegen. Gegen die Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG sowie die Abschiebungsandrohung ist im Ausgangspunkt zwar die Anfechtungsklage statthaft (BVerwG, Urt. v. 21.11.2017, 1 C 39/16, juris Rn. 16; VGH München, Beschl. v. 13.10.2016, 20 B 14.30212, juris Rn. 20 ff.). Für eine gerichtliche Aufhebung ist im Falle der nach § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG gesetzlich angeordneten Unwirksamkeit, die zur Erledigung im Sinne von § 43 Abs. 2 VwVfG führt, jedoch kein Raum mehr (VG Berlin, a.a.O., Rn. 17).

22

Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO, weil die Beklagte mit Schriftsatz vom 24. August 2018 ausdrücklich mitgeteilt hat, das Asylverfahren der Klägerin nicht fortführen zu wollen.

23

c) Der Antrag auf Aufhebung der mit der Unzulässigkeitsentscheidung verbundenen Entscheidungen in Nr. 2 und Nr. 4 des Bescheides vom 13. April 2017 ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft (VG Hamburg, Gerichtsbescheid v. 25.10.2016, 1 A 2789/16, n. v.; VG Berlin, a.a.O., Rn. 20; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 14.12.2016, 1 C 4.16, juris Rn. 21).

24

2. Die Klage ist auch begründet.

25

a) Die Regelungen in Nr. 1 und Nr. 3 Sätze 1 bis 3 des Bescheides vom 13. April 2017 sind unwirksam. Dies ergibt sich aus § 37 Abs. 1 AsylG. Danach werden die Entscheidungen des Bundesamts über die Unzulässigkeit des Antrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 AsylG und die Abschiebungsandrohung unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht. Das Bundesamt hat das Verfahren fortzuführen. Diese Voraussetzungen liegen vor, da die Beklagte mit Bescheid vom 13. April 2017 den Asylantrag der Klägerin nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt sowie dieser die Abschiebung nach Rumänien angedroht und das Verwaltungsgericht Hamburg ihrem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO mit Beschluss vom 12. Juli 2017 im Verfahren 9 AE 4846/17 entsprochen hat.

26

Die Regelung in § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist nicht einschränkend dahingehend auszulegen, dass sie in Fällen, in denen das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO aufgrund offener Erfolgsaussichten der Klage entspricht, keine Anwendung findet. Nach fast einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur gilt die Norm unabhängig davon, welche Gründe für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage maßgebend waren (VGH Mannheim, Beschl. v. 20.2.2018, A 4 S 169/18, juris Rn. 6 ff.; VGH München, Beschl. v. 15.1.2018, 10 ZB 17.30211, juris Rn. 4 ff.; VG Hamburg, Urt. v. 23.10.2017, 9 A 6901/16, n. v., m.w.N., rechtskräftig nach OVG Hamburg, Beschl. v. 13.2.2018, 4 Bf 276/17.AZ, n. v.; VG Berlin, Urt. v. 23.3.2018, 23 K 117.17 A, juris Rn. 23; Hailbronner, AuslR, 99. Aktualisierung, Dezember 2016, § 37 AsylG Rn. 5; Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, 115. Ergänzungslieferung, März 2018, § 37 Rn. 11; Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Auflage 2018, § 37 AsylG Rn. 6; a. A. VG Lüneburg, Urt. v. 18.12.2016, 8 A 175/16, juris Rn. 55; Urt. v. 21.12.2016, 8 A 170/16, juris Rn. 39). Dieser Auffassung schließt sich die Kammer aufgrund der nachfolgenden Erwägungen an.

27

Der Wortlaut der Norm bietet für eine einschränkende Auslegung keine Anhaltspunkte. Die Entscheidung des Bundesamts über die Unzulässigkeit des Antrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG und die Abschiebungsandrohung werden danach stets dann unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht, ohne dass auf die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgestellt würde.

28

Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergeben sich ebenfalls keine Hinweise darauf, dass § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage aufgrund offener Erfolgsaussichten keine Anwendung finden sollte. In der Begründung des Entwurfs eines Integrationsgesetzes vom 31. Mai 2016, mit dem die Vorschrift ihre aktuelle Fassung erhalten hat, indem das Wort „Unbeachtlichkeit“ durch die Wörter „Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nummer 2 und 4“ ersetzt worden ist, heißt es insoweit nur, es handele sich um eine Folgeänderung (BT-Drs. 18/8615, S. 19 u. 52). Im Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Asylverfahrens vom 12. Februar 1992, mit dem § 37 Abs. 1 seine vorherige Fassung erhalten hatte, ist zur Begründung lediglich ausgeführt, die Regelung entspreche inhaltlich § 10 Abs. 4 des zuvor geltenden AsylVfG (BT-Drs. 12/2062, S. 34). Diese Vorschrift beruhte wiederum auf dem Gesetz über das Asylverfahren vom 16. Juli 1982 (BGBl. I S. 946; im Folgenden: AsylVfG 1982). Nach § 10 Abs. 4 AsylVfG 1982 war der Asylantrag unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten, wenn dem gegen die Abschiebungsandrohung erhobenen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprochen wurde. Die Kategorie der unbeachtlichen Asylanträge diente seinerzeit der Trennung der Zuständigkeit von Ausländerbehörde und Bundesamt und hatte die Nichtweiterleitung des Antrags zur Folge, so dass das Bundesamt nicht über diesen Antrag entschied (Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Auflage 2016, § 29 AsylG Rn. 2). Ein Asylantrag war nach § 7 Abs. 2 AsylVfG 1982 unbeachtlich, wenn offensichtlich war, dass der Ausländer bereits in einem anderen Staat Schutz vor Verfolgung gefunden hatte. Dies wurde nach § 7 Abs. 3 AsylVfG 1982 vermutet, wenn der Ausländer im Besitz eines von einem anderen Staat ausgestellten Reiseausweises nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge war. Eine § 10 Abs. 4 AsylVfG 1982 entsprechende Regelung war im Entwurf eines Gesetzes über das Asylverfahren vom 7. Oktober 1981 (BT-Drs. 9/875) noch nicht vorgesehen, sondern erst in einer Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses (BT-Drs. 9/1792, S. 2). Diese enthält jedoch keine Begründung.

29

Teleologische Gesichtspunkte lassen eine den klaren Wortlaut der Bestimmung einschränkende Auslegung nicht zu. Ziel der getroffenen Regelung ist die unmittelbare Weiterführung des Asylfahrens durch das Bundesamt, nachdem das Verwaltungsgericht die Anwendung der spezifischen und auf eine beschleunigte Aufenthaltsbeendigung gerichteten Vorschriften durch die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsandrohung ausgeschlossen hat (Hailbronner, AuslR, 99. Aktualisierung, Dezember 2016, § 37 AsylG Rn. 1). Infolge des gesetzlich angeordneten unmittelbaren Eintritts der Unwirksamkeit der Entscheidungen des Bundesamts bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bedarf es einer Aufhebung des Bescheides durch das Verwaltungsgericht im Klageverfahren nicht mehr. Der Beschleunigungszweck kommt unter systematischen Gesichtspunkten auch in § 37 Abs. 3 AsylG zum Ausdruck, wonach § 37 Abs. 1 AsylG nicht eingreift, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

30

Die Anwendung des § 37 Abs. 1 AsylG in Fällen, in denen das Verwaltungsgericht einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bei offenen Erfolgsaussichten der Klage stattgibt, läuft diesem Beschleunigungszweck nicht unter jedem denkbaren Gesichtspunkt zuwider. Beruht die Bewertung der Erfolgsaussichten als offen auf der ausstehenden höchstgerichtlichen Klärung einer Rechtsfrage, kann das Verfahren anschließend zeitnah nicht nur vom Verwaltungsgericht, sondern auch vom Bundesamt fortgeführt werden. Betrifft die ausstehende höchstgerichtliche Klärung überdies eine Vielzahl an Fällen, können diese vom Bundesamt womöglich sogar zügiger abgearbeitet werden. Das Bundesverwaltungsgericht selbst spricht im Vorabentscheidungsersuchen, das im vorliegenden Fall für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage maßgebend war, von mehreren Tausend beim Bundesamt und bei den Verwaltungsgerichten zu bearbeitenden Verfahren, die aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens nicht abschließend entschieden werden könnten (BVerwG, Beschl. v. 27.6.2017, 1 C 26/16, juris Rn. 48). Auch bei der beschließenden Kammer sind parallel liegende Verfahren in größerer Anzahl anhängig, die auch Abschiebungsandrohungen in die Zielstaaten Italien und Griechenland zum Gegenstand haben.

31

Dabei ist die Beklagte nicht daran gehindert, nach Fortführung des Asylverfahrens bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen den Asylantrag erneut als unzulässig abzulehnen. § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG gebietet weder seinem Wortlaut nach noch nach seinem Sinn und Zweck eine solche Einschränkung des Prüfprogramms. Sieht das Verwaltungsgericht die Erfolgsaussichten der Hauptsache als offen an, liegt es in der Natur der Sache, dass im Anschluss an die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach Klärung der Sach- und Rechtslage eine erneute Ablehnung des Asylantrags als unzulässig nicht ausgeschlossen ist. Im Übrigen kommt nach der im Zuge des Integrationsgesetzes erfolgten Neufassung des § 29 Abs. 1 AsylG, in dem die möglichen Gründe der Unzulässigkeit eines Asylantrags in einem Katalog zusammengefasst wurden, zu denen nunmehr auch die Gründe, aus denen ein Antrag zuvor als unbeachtlich betrachtet wurde, zählen, auch die Ablehnung des Asylantrags aus einem anderen der in § 29 Abs. 1 AsylG angeführten Gründe in Betracht, etwa wenn dessen Vorliegen erst nachträglich bekannt wird.

32

Soweit die Beklagte um Darlegung bittet, inwiefern es nach Fortführung des Asylverfahrens zu einem anderen Ergebnis kommen sollte, kommt es hierauf nicht an, weil die Rechtsfolge des § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG unmittelbar kraft Gesetzes im Zeitpunkt der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eintritt. Allein maßgebend ist, dass das Verwaltungsgericht in diesem Zeitpunkt dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprochen hat.

33

b) Die Regelungen in Nr. 2 und Nr. 4 des Bescheides vom 13. April 2017 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

34

Die Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen von § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG in Nr. 2 des Bescheides kann aufgrund der Unwirksamkeit der Ablehnung des Antrags als unzulässig nicht mehr auf § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG gestützt werden (VG Hamburg, a.a.O.). Im fortzuführenden Asylverfahren hat die Beklagte zunächst erneut über die vorrangigen (vgl. insbesondere § 31 Abs. 2 AsylG, zur früheren Rechtslage: BVerwG, Urt. v. 15.4.1997, 9 C 19/96, juris, Rn. 11 f.) Fragen der Anerkennung als Asylberechtigte und der Zuerkennung internationalen Schutzes zu entscheiden.

35

Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots im Sinne von § 11 Abs. 1 AufenthG auf zwölf Monate ab dem Tag der Abschiebung in Nr. 4 des Bescheides kann keinen Bestand haben, weil mit der Unwirksamkeit der Abschiebungsandrohung die Grundlage für die zu befristenden Wirkungen der Abschiebung entfällt. Die Beklagte ist für diese Entscheidung nach § 75 Nr. 12 AufenthG nur in den Fällen einer Abschiebungsandrohung oder -anordnung nach dem AsylG zuständig. An einer solchen fehlt es nunmehr.

III.

36

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 83b AsylG und § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Tenor Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2017 - A 8 K 11131/17 - wird abgelehnt.Die Beklagte trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Zulassungsverfahrens. Grü

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 21. Nov. 2017 - 1 C 39/16

bei uns veröffentlicht am 21.11.2017

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen die Verweigerung einer Entscheidung über die Zuerkennung subsidiären Schutzes, hilfsweise begehrt er nationalen Abschiebungssch

Bundesverwaltungsgericht EuGH-Vorlage, 27. Juni 2017 - 1 C 26/16

bei uns veröffentlicht am 27.06.2017

Tenor Das Verfahren wird ausgesetzt. Es wird gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen U
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Hamburg Gerichtsbescheid, 07. Sept. 2018 - 9 A 4845/17.

Verwaltungsgericht Hamburg Gerichtsbescheid, 07. Sept. 2018 - 9 A 4845/17

bei uns veröffentlicht am 07.09.2018

Tenor Es wird festgestellt, dass Nr. 1 und Nr. 3 Sätze 1 bis 3 des Bescheides vom 13. April 2017 unwirksam sind. Nr. 2 und Nr. 4 des Bescheides vom 13. April 2017 werden aufgehoben. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtli

Referenzen

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2017 - A 8 K 11131/17 - wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Zulassungsverfahrens.

Gründe

 
Der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem die Beklagte der Sache nach die Zulassungsgründe der ernstlichen Richtigkeitszweifel sowie der grundsätzlichen Bedeutung geltend macht, hat keinen Erfolg.
I. Auf seinen am 27.11.2011 in Italien gestellten Asylantrag wurde dem Kläger, einem nach seinen Angaben 1984 geborenen pakistanischen Staatsangehörigen, vom italienischen Staat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Den hernach am 17.02.2014 in Deutschland gestellten Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 19.05.2017 als unzulässig ab (Ziff. 1), stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (Ziff. 2), drohte die Abschiebung nach Italien an und stellte zugleich fest, dass der Kläger nicht nach Pakistan abgeschoben werden darf (Ziff. 3), und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 4). Hiergegen erhob der Kläger am 01.06.2017 Eilantrag und Klage. Mit Beschluss vom 03.08.2017 - A 8 K 11139/17 - setzte das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die EuGH-Vorlage des 11. Senats in der Rechtssache Jawo (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.03.2017 - A 11 S 2151/16 -, Juris = EuGH-Rs. C-163/17) sowie die Rechtsfolge des § 37 Abs. 1 AsylG nicht Eil- und Klageverfahren aus, sondern entsprach dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung nach Italien in Ziff. 3 des Bundesamtsbescheids an. Zur Begründung wurden unter Berufung auf diese EuGH-Vorlage ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung dargelegt, weil für anerkannte Flüchtlinge in Italien ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 (i.V.m. Art. 3 EMRK) oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen könnte.
Auf die Anfragen des Verwaltungsgerichts unter Bezugnahme auf § 37 Abs. 1 AsylG, ob das Asylverfahren vom Bundesamt fortgeführt und das Hauptsacheverfahren für erledigt erklärt wird, gab die Beklagte keine Stellungnahme ab. Der Kläger änderte daraufhin seine Klageanträge; das Verwaltungsgericht entsprach diesen im vollen Umfang und stellte mit Urteil vom 18.12.2017 - A 8 K 11131/17 - fest, dass die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziff. 1 des Bundesamtsbescheids vom 19.05.2017 sowie die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 des Bescheids unwirksam sind und hob die Ziffern 2 sowie 4 des Bescheides auf. Hiergegen richten sich die am 10.01.2018 von der Beklagten gestellten Anträge auf Zulassung der Berufung sowie Abweisung der Klage.
II. Die von der Beklagten der Sache nach vorgetragenen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils können nicht zur Berufungszulassung führen. Die Beklagte ist unter Bezugnahme auf das Verwaltungsgericht Lüneburg (gemeint wohl: Urteil vom 13.12.2016 - 8 A 175/16 -, Juris Rn. 54 f.) der Rechtsauffassung, dass die kombinierte Feststellungs- und Anfechtungsklage des Klägers hätte abgewiesen werden müssen, weil § 37 Abs. 1 AsylG „teleologisch zu reduzieren“ sei. § 37 Abs. 1 AsylG finde nur in einer Konstellation Anwendung, in der dem Eilantrag wegen Rechtmäßigkeitszweifeln bezüglich § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG stattgegeben worden sei, insbesondere wegen tatsächlicher Unklarheit über die Gewährung internationalen Schutzes durch den anderen EU-Mitgliedstaat. In einer Konstellation, in der - wie hier - bei Klarheit über die Gewährung internationalen Schutzes dem Eilantrag wegen Rechtmäßigkeitszweifeln bezüglich der Abschiebungsandrohung stattgegeben worden ist, finde § 37 Abs. 1 AsylG hingegen keine Anwendung. Denn in diesem Fall wäre der Asylantrag bei Fortführung des Asylverfahrens erneut zwingend nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG abzulehnen, was zu einer „Endlosschleife im Verfahren“ führen würde.
Dem folgt der Senat nicht. Der Beklagten ist zwar insofern zuzustimmen, dass im Hinblick auf den zu klärenden Maßstab bezüglich § 60 Abs. 5 bzw. 7 Satz 1 AufenthG die Auslösung des § 37 Abs. 1 AsylG durch eine Stattgabe im Eilverfahren aufgrund von Rechtmäßigkeitszweifeln bezüglich der Abschiebungsandrohung auf den ersten Blick sinnwidrig erscheint, weswegen eine Aussetzung von Eil- und Klageverfahren bis zur Entscheidung des EuGH sachdienlicher gewesen sein könnte und im Übrigen nun auch im fortzuführenden Asylverfahren sinnvoll sein kann.
Gegen die geforderte „teleologische Reduktion“ des § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG sprechen allerdings durchschlagende Argumente (überzeugend: Broscheit, ZAR 2017, S. 447 ff., m.w.N.). Zunächst lässt der klare und eindeutige Wortlaut schon auslegungstechnisch keine „Reduktion“ zu. Gemäß dieser Norm werden die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG des Antrags und die Abschiebungsandrohung - eindeutig - unwirksam, „wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht“. Dieses einzige Tatbestandsmerkmal kann nicht „reduziert“, sondern lediglich ergänzt werden etwa um den Zusatz: „Dies gilt nur, wenn die Stattgabe des Eilantrags auch auf Rechtmäßigkeitszweifeln bezüglich § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG beruht“. Nach den Grundsätzen der Gewaltenteilung ist die Anfügung eines solchen Normzusatzes aber allein Sache des Gesetzgebers. Eine Auslegung durch den Richter gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes sowie den Willen des Gesetzgebers (vgl. bezüglich des am 06.08.2016 in Kraft getretenen Integrationsgesetzes, das in Folge der Neufassung des § 29 AsylG in § 37 AsylG den Begriff „unbeachtlich“ durch „unzulässig“ ersetzte, BT-Drs. 18/8615, S. 19/52 sowie VG Köln, Urteil vom 17.08.2017 - 20 K 2037/17.A -, Juris Rn. 22) scheidet hingegen aus, selbst wenn die Norm gesetzestechnisch „verunglückt“ scheint.
Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Norm nicht in vollem Umfang als verunglückt angesehen werden muss, weil die beklagte „Endlosschleife im Verfahren“ nicht immer zwingend ist. Hat das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen Rechtmäßigkeitszweifeln bezüglich der Abschiebungsandrohung entsprochen, müsste das Bundesamt im Rahmen der dann von § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG angeordneten Fortführung des Asylverfahrens den Asylantrag zwar erneut nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 4 AsylG als unzulässig ablehnen. Im Rahmen der gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG vorgeschriebenen zusätzlichen Prüfung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG könnte es dann jedoch - entsprechend den Vorgaben des Verwaltungsgerichts - zu dem Ergebnis kommen, dass ein solches Abschiebungsverbot hinsichtlich des ursprünglich vorgesehenen Zielstaates festzustellen ist. Dies hätte zur Folge, dass dem Kläger nach den §§ 25 Abs. 3 Satz 1, 26 Abs. 1 Satz 4 AufenthG eine mindestens einjährige Aufenthaltserlaubnis erteilt werden sollte. Die „Endlosschleife im Verfahren“ wäre in diesem Fall wohl regelmäßig durchbrochen. Sie wäre wohl weiter durchbrochen, wenn das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebung in einen anderen Drittstaat androhen würde und die Abschiebung dorthin zulässig ist. Sie wäre schließlich wohl durchbrochen, wollte man der Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs folgen, wonach einem im EU-Ausland Anerkannten im systemischen Extremfall in Deutschland erneut die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden kann (vgl. Urteil vom 04.11.2016 - 3 A 1292/16.A -, Juris Rn. 16), sodass dann § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG aufgrund des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs bei Fortführung des Asylverfahrens unanwendbar wäre. Diese Auffassung überzeugt den Senat allerdings nicht, weil die mehrfache Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (hierzu: Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl. 2018, Art. 16a GG Rn. 134 ff.) gemäß der Art. 67 Abs. 2, 70 Satz 1, 78 Abs. 1 und 2 AEUV von vorneherein ausscheiden dürfte, zudem solche Fälle etwa bei Anwendung des „Dublin-Maßstabes“ zu Art. 4 GRCh/Art. 3 EMRK regelmäßig über § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. § 25 Abs. 3 AufenthG bzw. bei Anwendung des „Normal-Maßstabes“ („sehenden Auges in den sicheren Tod oder schwerste Verletzungen“) im Einzelfall über § 25 Abs. 5 AufenthG gelöst werden könnten.
Nach dem Beschleunigungszweck des § 37 AsylG ist klar, dass das Bundesamt immer dann das Asylverfahren selbst fortführen und weiterprüfen soll, wenn die angedrohte Abschiebung nicht durchgeführt werden kann. Dieser Normzweck zeigt sich besonders anhand der Regelung des § 37 Abs. 3 AsylG, wonach Absatz 1 der Norm im Falle der bloßen Teilstattgabe nicht greift, d.h. wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung nur in einen von mehreren in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten nicht vollziehbar wird (vgl. Bergmann/Dienelt, a.a.O., § 37 AsylG Rn. 5 ff.). Diese Rückausnahme des § 37 Abs. 3 AsylG hätte keinen sinnvollen Anwendungsbereich, wollte man die von der Beklagten geforderte „teleologische Reduktion“ von Absatz 1 der Norm vornehmen (zutreffend: VG Trier, Beschluss vom 16.03.2017 - 5 L 1846/17.TR -, Juris Rn. 15.). Eine solche Konstellation ist auch im Falle des Anerkannten (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG) denkbar, denn gemäß § 35 AsylG könnte auch hier die Abschiebung zusätzlich in einen sonstigen Drittstaat im Sinne von § 27 AsylG angedroht werden.
Nach alledem spricht Überwiegendes dafür, dass keine Richtigkeitszweifel am angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts bestehen. Da das Bundesamt die durch Stattgabe des Eilantrags mit Beschluss vom 03.08.2017 eingetretene Rechtsfolge des § 37 Abs. 1 AsylG nicht anerkennen und, was aufgrund der Erledigung von Gesetzes wegen nahe gelegen hätte, das Klageverfahren nicht für erledigt erklären wollte, bestand ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Erledigungsfeststellungsklage bzw. ausnahmsweise für die gerichtliche Feststellung, dass die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziff. 1 des Bundesamtsbescheids vom 19.05.2017 sowie die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 des Bescheids unwirksam sind. Auch die Aufhebung der Ziffern 2 sowie 4 des Bescheides war in Folge des Wegfalls ihrer Rechtsgrundlagen (vgl. § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG) bzw. der Bundesamtszuständigkeit (vgl. § 75 Nr. 12 AufenthG) im gemäß § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zutreffend. Sollte sich das Bundesamt weiterhin weigern, die Rechtsfolge des § 37 Abs. 1 AsylG anzuerkennen, bestünde ausnahmsweise sogar ein Rechtsschutzbedürfnis für eine allgemeine Leistungsklage, um die gesetzlich angeordnete Fortführung des Asylverfahrens zu erzwingen. Dies alles ist hier jedoch nicht entscheidungserheblich. Denn abweichend vom allgemeinen Verwaltungsprozessrecht mit der Berufungszulassungsmöglichkeit, „wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen“ (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), sieht der Gesetzgeber im Asylprozessrecht keinen entsprechenden Zulassungsgrund mehr vor (vgl. § 78 AsylG). Wegen der von der Beklagten vorgetragenen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die hier, wie ausgeführt, im Ergebnis ohnehin nicht vorliegen, darf die Berufung mithin nicht zugelassen werden.
10 
III. Soweit die Beklagte eine Grundsatzrüge erhebt, scheitert die Berufungszulassung daran, dass die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) nicht den Darlegungsanforderungen nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügend begründet wird.
11 
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nur hinreichend dargelegt, wenn in Bezug auf die Rechtslage oder die Tatsachenfeststellung eine konkrete Frage aufgeworfen und hierzu erläutert wird, warum sie bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwirft, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlich geklärt werden müssen. Es muss deshalb in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung deutlich werden, warum prinzipielle Bedenken gegen einen vom Verwaltungsgericht in einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage eingenommenen Standpunkt bestehen, warum es also erforderlich ist, dass sich auch das Berufungsgericht klärend mit der aufgeworfenen Frage auseinandersetzt und entscheidet, ob die Bedenken durchgreifen. Wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Bereich der Tatsachenfeststellungen geltend gemacht, erfordert das Darlegungsgebot insbesondere, dass die Antragsbegründung erkennen lässt, warum das Verwaltungsgericht die tatsächlichen Verhältnisse gerade in einer über den Einzelfall hinausgehenden Weise unzutreffend beurteilt haben soll, dass also z.B. einschlägige Erkenntnisquellen und die hierin niedergelegten Tatsachen unberücksichtigt geblieben sind oder fehlerhaft gewürdigt wurden, dass das Gewicht bzw. die Tragweite einer abweichenden Meinung verkannt worden sei und dass die Bewertungen des Verwaltungsgerichts deshalb nicht haltbar seien. Schließlich muss dargelegt werden, warum die aufgeworfene konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage für das Verwaltungsgericht erheblich war und warum sie sich auch im Berufungsverfahren als entscheidungserheblich stellen würde (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.03.2000 - A 6 S 48/00 -, Juris und vom 28.05.1997 - A 16 S 1388/97 -, AuAS 1997, 261; OVG NRW, Beschluss vom 21.03.2007 - 15 A 750/07.A -, Juris; Hess. VGH, Beschlüsse vom 28.01.1993 - 13 UZ 2018/92 -, Juris und vom 13.09.2001 - 8 UZ 944/00.A -, InfAuslR 2002, 156; Sächs. OVG, Beschluss vom 02.01.2013 - A 4 A 25/11 - Juris; Berlit in: GK-AsylVfG, § 78 Rn. 609 ff.).
12 
Diesen Anforderungen wird der Zulassungsantrag nicht gerecht. Denn es wird nicht hinreichend dargelegt, warum die aufgeworfenen Fragen für das Verwaltungsgericht erheblich waren bzw. warum sie sich auch im Berufungsverfahren als entscheidungserheblich stellen würden. Die Beklagte sieht folgende Fragen als grundsätzlich klärungsbedürftig an:
13 
„1. Ist eine teleologische Reduktion bei der Auslegung von § 37 AsylG vorzunehmen, weil die Übergangsregelung das Vertrauen der Antragsteller, die ihren Antrag vor Ablauf der am 20.07.2015 verstrichenen Umsetzungsfrist gestellt haben, lediglich dahingehend davor schützt, von Rechtsnachteilen durch die Umsetzung der neuen Richtlinie verschont zu bleiben?
14 
2. Ist es mit Art. 16a Abs. 2 und 4 GG (und der Entscheidung des BVerfG vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93) vereinbar, die Anwendung der nationalen Drittstaatenregelung aus dem Jahr 1993, die sich auch auf mögliche weitere Abschiebungsverbote, die von der normativen Vergewisserung erfasst sind, erstreckt, von der - lediglich an Zweifeln anknüpfenden - Entscheidung des Verwaltungsrichters im Eilverfahren abhängig zu machen? Ist eine solche, allein an Zweifeln des Verwaltungsrichters anknüpfende Entscheidung im Eilverfahren auch möglich, obwohl das Unionsrecht dies nicht fordert?
15 
3. Ist es mit Unionsrecht vereinbar, dass eine Entscheidung des Bundesamtes zur Unzulässigkeit eines Asylantrags gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nach summarischer Prüfung und stattgebender Entscheidung im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren in Anwendung der Vorschrift des § 37 Abs.1 AsylG die Unwirksamkeit einer solchen Entscheidung kraft Gesetzes eintritt, bzw. vom Gericht aufgehoben werden kann?
16 
4. Ist eine gesetzliche Regelung wie die des § 37 Abs. 1 AsylG mit dem in Art. 16a Abs. 2 GG geäußerten Willen des Gesetzgebers vereinbar?“
17 
Die Entscheidungserheblichkeit dieser Fragen ist von der Beklagten nicht hinreichend dargelegt. Für das Verwaltungsgericht waren allein die Fragen entscheidungserheblich, ob dem Kläger ein Anspruch zusteht, durch Urteil festgestellt zu bekommen, dass die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziff. 1 des Bundesamtsbescheids vom 19.05.2017 sowie die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 des Bescheids unwirksam sind, und ob er in Folge einen Anspruch auf Aufhebung der Ziffern 2 und 4 des Bescheides hat. Die Zulässigkeit dieser Anträge liegt auf der Hand, nachdem sich die Beklagte weigerte, nach Stattgabe im Eilverfahren gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG das Asylverfahren des Klägers fortzuführen. Die Begründetheit dieser Anträge ergibt sich, wie im angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt, unmittelbar aus dem Gesetz, d.h. aus den §§ 37 Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 3 Satz 1, 75 Nr. 12 AsylG. Hierzu bedarf es keiner Beantwortung der von der Beklagten aufgeworfenen Fragen.
18 
Die von der Beklagten aufgeworfenen Fragen zielen im Wesentlichen auf die Frage, ob Unions- oder Verfassungsrecht dem Gesetzgeber im Falle der Eilrechtsstattgabe wegen Rechtmäßigkeitszweifeln bezüglich der Abschiebungsandrohung und nicht zumindest auch der Unzulässigkeit des Asylantrags eine Norm wie § 37 Abs. 1 AsylG „zu Lasten des Bundesamtes“ verbietet. Soweit die Beklagte Unionsrechtsverstöße rügt, spezifiziert sie diese nicht weiter. Soweit sie sich auf Art. 16a GG beruft, wird nicht hinreichend erläutert, inwieweit das verfassungsrechtlich geregelte Asylrecht eine Verfahrensnorm wie § 37 Abs. 1 AsylG sperren könnte. Dass der Senat im Falle einer Zulassung der Berufung Anlass hätte, das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof oder nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsrecht vorzulegen, wird aus dem Vorbringen der Beklagten nicht hinreichend deutlich und drängt sich auch sonst nicht auf.
19 
IV. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl. § 78 Abs. 5 Satz 1 AsylG). Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 83b AsylG; damit erledigt sich der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
20 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Verweigerung einer Entscheidung über die Zuerkennung subsidiären Schutzes, hilfsweise begehrt er nationalen Abschiebungsschutz.

2

Der 1992 geborene Kläger ist somalischer Staatsangehöriger. Er stellte im Juli 2010 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag. Eine EURODAC-Abfrage ergab Treffer für Italien (Kategorie 2) und Schweden (Kategorie 1). Bei seiner Anhörung am 1. August 2011 gab der Kläger an, er habe Somalia 2008 verlassen und sei nach Italien gereist. Dort sei er weder anerkannt noch abgelehnt worden. Mitte 2009 sei er nach Schweden weitergereist und 14 Monate später nach Mailand (Italien) abgeschoben worden. Von dort sei er nach Deutschland gekommen. Bei seiner Abschiebung aus Schweden war der Kläger laut Auskunft der schwedischen Behörden im Besitz eines bis 21. April 2011 gültigen italienischen Fremdenpasses.

3

Italien stimmte einem Aufnahmegesuch des Bundesamtes auf der Grundlage von Art. 16 Abs. 2 der Verordnung EG Nr. 343/2003 (im Folgenden: Dublin II-VO) zu. Aufgrund von fachärztlichen Attesten, die dem Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung mit begleitender schwerer Insomnie bescheinigten, entschied das Bundesamt, das Dublin-Verfahren abzubrechen und das Selbsteintrittsrecht auszuüben.

4

Ausweislich eines Aktenvermerks von Februar 2013 teilte die Liaisonbeamtin des Bundesamtes beim italienischen Innenministerium auf Anfrage mit, dass der Kläger in Italien unter abweichenden Personalien subsidiären Schutz erhalten habe. Er besitze einen Aufenthaltstitel, der bis zum 15. Oktober 2011 gültig sei.

5

Mit Bescheid vom 18. April 2013 lehnte das Bundesamt den "Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens" ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, aufgrund der hinsichtlich der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfolglosen Durchführung des Asylverfahrens in Italien handele es sich bei dem Asylantrag um einen Zweitantrag i.S.v. § 71a AsylVfG. Wiederaufgreifensgründe im Sinne von § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG habe der Kläger nicht dargelegt. Von der Prüfung europarechtlicher Abschiebungsverbote könne abgesehen werden, da der Kläger offensichtlich den entsprechenden europarechtlichen Schutzstatus aufgrund des in Italien betriebenen Asylverfahrens bereits besitze. Damit bedürfe es auch keiner Prüfung nationaler Abschiebungsverbote hinsichtlich des Herkunftslandes, da eine Abschiebung dorthin wegen des von Italien festgestellten subsidiären Schutzstatus nicht erfolgen dürfe. Auf eine Abschiebungsanordnung nach Italien gemäß § 71a Abs. 4 i.V.m. § 34a AsylVfG werde mit Blick auf den Gesundheitszustand des Klägers verzichtet.

6

Mit seiner dagegen erhobenen Klage begehrte der Kläger zuletzt nur noch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG vorliegen, hilfsweise festzustellen, dass die Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hinsichtlich Somalia vorliegen.

7

Im Berufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof dem Bundesamt aufgegeben, bei den zuständigen italienischen Behörden im Wege eines Auskunftsersuchens nach der Dublin II-VO zu erfragen, welcher Aufenthaltstitel dem Kläger in Italien erteilt wurde (mit Ausstellungsdatum und zeitlicher Gültigkeit), ob der Kläger in Italien ein Asylverfahren betrieben hat und, soweit eine Entscheidung getroffen wurde, welchen Tenor die Entscheidung hat. Das Auskunftsersuchen blieb unbeantwortet. In der mündlichen Verhandlung haben der Kläger und der Vertreter der Beklagten Beweisanträge gestellt, die der Verwaltungsgerichtshof abgelehnt hat.

8

Mit Urteil vom 13. Oktober 2016 hat der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich des Verpflichtungsausspruchs aufgehoben. Den Bescheid des Bundesamts vom 18. April 2013 hat er insoweit aufgehoben, als darin von einer Prüfung europarechtlicher und hilfsweise nationaler Abschiebungsverbote abgesehen wurde, und die Berufung insoweit zurückgewiesen. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Klage sei hinsichtlich der begehrten Verpflichtung zur Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG als unzulässig abzuweisen, weil die Verpflichtungsklage unstatthaft sei. Die angegriffene Entscheidung sei aber als rechtswidrig aufzuheben. Rechtsgrundlage sei nunmehr § 29 Abs. 1 Satz 2 AsylG i.d.F. des am 6. August 2016 in Kraft getretenen Integrationsgesetzes, der mangels Übergangsregelung auf den Rechtsstreit Anwendung finde. Der Kläger sei entgegen § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG nicht angehört worden; dieser Verfahrensmangel sei weder geheilt worden noch gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich. Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig, weil nach der Überzeugung des Senats nicht feststehe, dass dem Kläger in Italien subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei. Die Weigerung der italienischen Behörden, das sogenannte Info-Request nach Art. 21 der hier anzuwendenden Dublin II-Verordnung zu beantworten, gehe zu Lasten der Beklagten. Der Beweisantrag der Beklagten auf Einholung einer Auskunft durch das Auswärtige Amt sei mangels hinreichender Substantiierung und wegen Unzulässigkeit des Beweismittels abzulehnen gewesen.

9

Mit ihrer Revision macht die Beklagte u.a. geltend, das Berufungsgericht habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 VwGO verletzt, indem es eine weitere Sachverhaltsaufklärung unterlassen habe. Es sei nicht erkennbar, dass sich die Möglichkeiten zur Feststellung einer in einem Mitgliedstaat erfolgten Zuerkennung internationalen Schutzes auf den Weg eines durch die Beklagte vorzunehmenden Info-Requests beschränken würden. Der Bescheid sei auch nicht deshalb rechtswidrig, weil eine Anhörung im Sinne von § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG nicht stattgefunden habe. Unionsrecht schreibe dies nicht zwingend vor; unabhängig davon handele es sich um eine gebundene Entscheidung, bei der das bloße Unterbleiben einer Anhörung den Asylbewerber nicht in seinen Rechten verletzen könne. Das Berufungsgericht habe auch versäumt zu prüfen, ob sich der Bescheid auf der Grundlage des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG aufrechterhalten lasse.

10

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich nicht am Verfahren.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO). Das Berufungsurteil beruht sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die von der Beklagten erhobene Verfahrensrüge, das Berufungsgericht habe seine Aufklärungspflicht (§ 86 VwGO) verletzt, greift durch. Der Verwaltungsgerichtshof ist zudem unter Verstoß gegen § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG für die Bewertung der persönlichen Anhörung vor der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Asylantrags von einem rechtlich fehlerhaften Maßstab ausgegangen. Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen im Berufungsurteil und wegen unionsrechtlicher Zweifelsfragen kann der Senat weder zugunsten noch zu Lasten des Klägers abschließend entscheiden.

13

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist in erster Linie die Verweigerung einer Entscheidung über die Gewährung subsidiären Schutzes (dazu unten 1.). Hilfsweise begehrt der Kläger die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (dazu unten 2.).

14

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens ist das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch das am 29. Juli 2017 in Kraft getretene Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2780). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG regelmäßig auf die aktuelle Rechtslage abzustellen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist. Dazu gehört grundsätzlich auch die während des gerichtlichen Verfahrens durch das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) mit Wirkung vom 6. August 2016 geschaffene Neufassung des § 29 Abs. 1 und 2 AsylG.

15

1. Gegen die Verweigerung einer Entscheidung über die Gewährung subsidiären Schutzes in Deutschland hat das Berufungsgericht zutreffend die Anfechtungsklage als statthafte Klageart angesehen. Dann aber musste der Kläger jedenfalls hier die Aufhebung des erstinstanzlichen Verpflichtungsausspruchs zu § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG als unzulässig durch das Berufungsgericht nicht durch eine eigene Revision oder Anschlussrevision angreifen.

16

Der Tenor des angefochtenen Bescheides bezieht sich mit der Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nur auf die Begehren Asyl und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf die sich nach damaliger Rechtslage ein "Asylantrag" richtete (vgl. § 13 Abs. 1 und 2 AsylG in der bis zum 30. November 2013 geltenden Fassung). Das Bundesamt hat in den Gründen des Bescheides zugleich aber entschieden, dass es zu den "europarechtlichen Abschiebungsverboten" nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG a.F. keine Entscheidung zu treffen habe, weil der Kläger den europarechtlichen Schutzstatus in Italien offensichtlich bereits erhalten habe. Diesem europarechtlichen Schutzstatus entspricht nach aktueller Rechtslage der subsidiäre Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Die Entscheidung des Bundesamts, dessen Voraussetzungen nicht zu prüfen, ist nach Inkrafttreten des Integrationsgesetzes als Entscheidung über die Unzulässigkeit eines Asylantrags gemäß § 29 Abs. 1 AsylG anzusehen, der nunmehr auch den Antrag auf subsidiären Schutz umfasst (§ 13 Abs. 1 und 2 AsylG in der seit 1. Dezember 2013 geltenden Fassung). Eine derartige Unzulässigkeitsentscheidung ist nach der jüngeren Rechtsprechung des Senats mit der Anfechtungsklage anzugreifen. Eine gerichtliche Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung hat zur Folge, dass das Bundesamt das Verfahren fortführen und eine Sachentscheidung treffen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 - BVerwGE 157, 18 Rn. 15 ff.; Beschlüsse vom 1. Juni 2017 - 1 C 9.17 - juris Rn. 14 f. und vom 2. August 2017 - 1 C 37.16 - Rn. 19).

17

1.1 Rechtsgrundlage für die angefochtene Unzulässigkeitsentscheidung hinsichtlich des subsidiären Schutzes ist § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Für Anträge auf subsidiären Schutz von Ausländern, denen in einem anderen Mitgliedstaat bereits die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, ergab sich die Unzulässigkeit bereits seit dem 1. Dezember 2013 auch aus § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 - BVerwGE 150, 29 Rn. 30; Beschluss vom 30. September 2015 - 1 B 51.15 - juris). An diesen Regelungen - und nicht an § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG (Zweitantrag) - ist im Ansatz die angefochtene Entscheidung primär zu messen. Denn das Bundesamt hat seine Ablehnung, unionsrechtliche Abschiebungsverbote (heute: subsidiären Schutz) zu prüfen, nicht damit begründet, die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG lägen nicht vor, sondern damit, dass dem Kläger bereits subsidiärer Schutz in Italien gewährt worden sei. Es ist mithin hinsichtlich des subsidiären Schutzstatus gerade nicht von einem in Italien erfolglos, sondern von einem dort erfolgreich abgeschlossenen Verfahren ausgegangen. Rechtsgrundlage für eine so begründete Unzulässigkeitsentscheidung ist nach aktuellem Recht § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG.

18

1.2 Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als nicht erfüllt angesehen, weil nach seiner Überzeugung nicht feststehe, dass dem Kläger in Italien subsidiärer Schutz erteilt worden ist. Diese Entscheidung beruht auf einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 und 2 VwGO).

19

1.2.1 Soweit das Berufungsgericht die vorliegenden tatsächlichen Erkenntnisse dahin gewürdigt hat, dass auf dieser Grundlage die Gewährung subsidiären Schutzes in Italien nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden könne, ist die tatrichterliche Überzeugungsbildung (vgl. § 108 VwGO) revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht allein das Bestreiten von anderweitiger Schutzgewähr nicht ausreichen lassen. Er hat seine Zweifel an der Richtigkeit der von der Liaisonbeamtin erteilten, auf mündlicher Mitteilung italienischer Stellen beruhenden Auskunft vor allem damit begründet, der hinsichtlich Italien vorliegende EURODAC-Treffer der Kategorie 2 spreche gegen einen dort gestellten Asylantrag. Zudem stimme die Gültigkeitsdauer des von den schwedischen Behörden beim Kläger gefundenen italienischen Fremdenpasses (bis 21. April 2011) nicht überein mit dem nach Angaben der Liaisonbeamtin aufgrund subsidiären Schutzes erteilten Aufenthaltstitel (bis 15. Oktober 2011). Soweit das Berufungsgericht allerdings darüber hinaus - wie es in Randnummer 44 des angegriffenen Urteils anklingt - positiv hat feststellen wollen, dass der Kläger keinen subsidiären Schutz in Italien erhalten hat, liegt ein materieller Rechtsfehler vor, weil die Überzeugungsbildung (§ 108 VwGO) des Gerichts in diesem Fall aus den nachfolgend dargelegten Gründen auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage beruhte.

20

1.2.2 Die Beklagte macht zu Recht mit der Verfahrensrüge geltend, dass die Vorinstanz die angefochtene Unzulässigkeitsentscheidung nicht als rechtswidrig hätte aufheben dürfen, ohne zuvor weitere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts zu ergreifen.

21

Das Berufungsgericht hat von einer weiteren Sachverhaltsaufklärung im Wesentlichen mit der Begründung abgesehen, die Dublin II-Verordnung sehe mit dem sogenannten Info-Request nach Art. 21 Dublin II-VO einen speziellen Aufklärungsweg vor, der bestimmten, der Kommission benannten Behörden vorbehalten sei. In Deutschland seien hierzu nur das Bundesamt und das Bundespolizeipräsidium berechtigt. Sei eine solche Info-Request-Anfrage vom Bundesamt an die italienischen Behörden gestellt worden und unbeantwortet geblieben, gehe dies zu Lasten der Beklagten. Der Beweisantrag der Beklagten sei abzulehnen gewesen, weil eine Anfrage an das Auswärtige Amt vor dem Hintergrund des in der Dublin II-Verordnung vorgesehenen speziellen Aufklärungswegs ein unzulässiges Beweismittel sei. Der Beweisantrag sei außerdem unsubstantiiert, weil auch der Vertreter der Beklagten nicht sicher gewesen sei, ob und auf welcher Rechtsgrundlage das Auswärtige Amt die unter Beweis gestellte Tatsache nachweisen könne. Damit ist der Verwaltungsgerichtshof den sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Pflichten - unabhängig von dem gestellten Beweisantrag - schon deshalb nicht nachgekommen, weil sich hier eine weitere Sachverhaltsaufklärung aufgedrängt hätte.

22

1.2.2.1 Ein Tatsachengericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung, wenn sich ihm auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2015 - 1 B 2.15 - juris Rn. 2). Eine sachgerechte Handhabung dieses Grundsatzes hat zwar unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung und der Prozessökonomie zu erfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 CN 1.01 - BVerwGE 116, 188 <196>). Dies enthebt die Tatsachengerichte aber nicht von der Verpflichtung, hinreichend konkret dargelegten Einwänden eines Beteiligten nachzugehen und den Sachverhalt - gegebenenfalls auch unter Mitwirkung der Beteiligten - weiter aufzuklären, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 1983 - 8 C 76.80 - Buchholz 310 § 98 VwGO Rn. 21). Allein der Umstand, dass der Erfolg weiterer Ermittlungsmaßnahmen von der Mitwirkung ausländischer Behörden abhängt, begründet nach der Rechtsprechung des Senats für sich noch keine Unzumutbarkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Februar 2015 - 1 B 2.15 - juris Rn. 3 f.).

23

1.2.2.2 Seiner Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung hat das Berufungsgericht nicht schon dadurch genügt, dass es dem Bundesamt mit Beschluss vom 11. Mai 2016 aufgegeben hat, ein Auskunftsersuchen nach Art. 21 Dublin II-VO an die zuständigen italienischen Behörden zu richten. Denn dieses Auskunftsersuchen ist von der italienischen Seite nicht beantwortet worden. Es ist nicht erkennbar, weshalb der in Art. 21 Dublin II-VO vorgesehene Datenaustausch zwischen bestimmten Behörden verschiedener Mitgliedstaaten hier andersgeartete Aufklärungsmaßnahmen ausschließen sollte. Eine derartige "Sperrwirkung" kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen für ein Auskunftsersuchen nach Art. 21 Dublin II-VO vorliegend jedenfalls nicht mehr gegeben waren.

24

Das Berufungsgericht hat zwar im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass sich die in Betracht kommende Datenabfrage in zeitlicher Hinsicht nach Art. 21 Dublin II-VO richtet und nicht nach Art. 34 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO). Die Dublin III-Verordnung findet nach der Übergangsvorschrift des Art. 49 im vorliegenden Fall noch keine Anwendung, da der Antrag auf internationalen Schutz vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist und auch kein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch zu beurteilen ist.

25

Ein solches Auskunftsersuchen darf sich nach Art. 21 Abs. 1 Dublin II-VO aber nur auf personenbezogene Daten über den Asylbewerber beziehen, die erforderlich sind für die Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist (Buchst. a), für die Prüfung des Asylantrags (Buchst. b) oder für die Erfüllung aller Verpflichtungen aus dieser Verordnung (Buchst. c). Diese Zwecke sind hier sämtlich nicht mehr einschlägig: Das Verfahren auf Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, ist jedenfalls mit Ausübung des Selbsteintritts durch das Bundesamt abgeschlossen gewesen. Die abzufragenden Informationen sind auch nicht für die "Prüfung eines Asylantrags" erforderlich, denn ein Asylantrag im Sinne der Dublin II-Verordnung ist vorliegend nicht mehr gestellt. Der Begriff des Asylantrags umfasst nach Art. 2 Buchst. c Dublin II-VO nur den Antrag auf internationalen Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention; der subsidiäre Schutz ist - anders als nach der Dublin III-Verordnung - noch nicht eingeschlossen gewesen. Verpflichtungen aus der Dublin II-Verordnung (s.o. Buchst. c) sind soweit ersichtlich nicht mehr zu erfüllen. Danach bedarf keiner Vertiefung, dass aus den soeben erwähnten Gründen - Asylantrag im Sinne der Dublin II-Verordnung ist nur der Antrag auf Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention - gleichfalls zweifelhaft erscheint, ob die Gewährung subsidiären Schutzes auf ein Informationsersuchen nach Art. 21 Dublin II-VO mitgeteilt werden muss. Denn der gemäß Art. 21 Abs. 2 Buchst. g Dublin II-VO mitzuteilende "Tenor der gegebenenfalls getroffenen Entscheidung" dürfte sich ebenfalls nur auf den "Asylantrag" im Sinne der Dublin II-Verordnung beziehen.

26

1.2.2.3 Auch wenn es nach den vorstehenden Ausführungen an einer konkreten Rechtsgrundlage für eine Abfrage der benötigten Informationen bei den italienischen Behörden fehlen dürfte, rechtfertigt dies nicht von vornherein den Schluss, diese seien auch außerhalb einer solchen Info-Request-Anfrage und unter gehöriger Mitwirkung der Beteiligten durch keine deutsche Stelle zu erlangen. Vielmehr kommt in Betracht, dem Bundesamt aufzugeben, über die Liaisonbeamtin in Italien bei der zuständigen italienischen Behörde eine schriftliche Bestätigung der bisher nur mündlich erteilten Auskunft zu erwirken. Sollte eine schriftliche Bestätigung nicht zu erhalten sein, wäre zumindest eine nähere Erläuterung der Liaisonbeamtin angezeigt, durch wen und unter welchen näheren Umständen ihr eine nur mündlich erteilte Auskunft zur Kenntnis gelangt ist, damit auch deren Beweiswert konkret gewürdigt werden kann.

27

Ferner kann das Bundespolizeipräsidium, das regelmäßig auch bei Rückführungen von Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz genießen, eingeschaltet ist, um eine entsprechende Anfrage gebeten werden.

28

Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO ist auch der Kläger bei der Aufklärung des Sachverhalts heranzuziehen. Es obliegt ihm im vorliegenden Fall zunächst, alle asyl- und aufenthaltsrelevanten Unterlagen vorzulegen, die er in Italien erhalten hat (insbesondere den Aufenthaltstitel und den italienischen Fremdenpass). Soweit er hierzu nicht imstande ist oder diese Unterlagen keinen hinreichenden Aufschluss über die hier zu klärende Frage geben, hat er auch sonst alles ihm Zumutbare zu unternehmen, um weitere Aufklärung zu schaffen oder zu ermöglichen. Insbesondere kommt in Betracht, ihm aufzugeben, einen Antrag nach Art. 21 Abs. 9 Dublin II-VO zu stellen. Nach dieser Vorschrift hat ein Asylbewerber das Recht, sich auf Antrag die über seine Person erfassten Daten mitteilen zu lassen. Um zu gewährleisten, dass der Kläger dieser Obliegenheit tatsächlich nachkommt und eine Antwort der italienischen Behörden in das vorliegende Verfahren auch eingeführt wird, kann ihm aufgegeben werden, den Antrag über das Bundesamt bzw. die Liaisonbeamtin in Italien, der eine entsprechende Vollmacht erteilt werden könnte, zu stellen, oder einen vergleichbaren Weg zu beschreiten, der die Erfüllung der Obliegenheit nachprüfbar sicherstellt. Soweit ein Beteiligter ihm abverlangten Mitwirkungshandlungen nicht nachkommt, wäre eine solche Weigerung bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen.

29

Als letztes Mittel ist schließlich an eine Anfrage bei den italienischen Behörden über das Auswärtige Amt oder durch den Verwaltungsgerichtshof selbst zu denken.

30

Dass alle diese Wege nicht zu einem Erkenntnisgewinn führen werden, hat das Berufungsgericht nicht positiv festgestellt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Solange nicht aufgrund entsprechender Erfahrungen oder Auskünfte die generelle Nichteignung eines der genannten Aufklärungswege feststeht, sind diese im Rahmen der Amtsermittlung zu beschreiten und drängen sich auf. Vor diesem Hintergrund ist auch die Ablehnung des vom Bundesamt gestellten Beweisantrags als unsubstantiiert zu beanstanden; sie findet im Prozessrecht keine Stütze. Eine Anfrage über das Auswärtige Amt ist nach den obigen Ausführungen auch kein unzulässiges Beweismittel.

31

1.3 Das angegriffene Urteil verletzt darüber hinaus § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG. Die Annahme des Berufungsgerichts, die angefochtene Unzulässigkeitsentscheidung hinsichtlich des subsidiären Schutzes sei ohne die nach § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG erforderliche persönliche Anhörung des Klägers ergangen, beruht auf einer rechtlich unzutreffenden Bestimmung der Anforderungen an eine derartige Anhörung.

32

1.3.1 Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG hört das Bundesamt den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Ob diese mit Wirkung vom 6. August 2016 durch das Integrationsgesetz eingefügte Verfahrensbestimmung auf ein vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossenes Verwaltungsverfahren in zeitlicher Hinsicht bereits Anwendung findet, bedarf hier keiner Vertiefung. Denn eine den Anforderungen dieser Regelung genügende Anhörung hat vorliegend stattgefunden.

33

1.3.1.1 Der Kläger ist am 1. August 2011 gemäß § 24 Abs. 1 Satz 3, § 25 AsylVfG in der seinerzeit geltenden Fassung zu seinem Asylantrag und eventuellen Gründen, die zur Zuerkennung subsidiären Schutzes führen oder dieser entgegenstehen könnten, umfassend angehört worden. Er wurde dabei auch zu seinem Reiseweg, der Stellung eines Asylantrags und der Zuerkennung von Asyl oder Flüchtlingseigenschaft befragt sowie zu möglichen Gründen, die einer Abschiebung in sein Heimatland oder einen anderen Staat entgegenstehen könnten. Auch wenn nicht ausdrücklich nach einer Gewährung subsidiären Schutzes gefragt worden ist, ist dem Zweck des § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG damit Genüge getan. Die Antworten des Klägers zeigen, dass er die ihm gestellten Fragen so weit verstanden hat, dass seine Stellungnahme die bei einer Entscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (möglicherweise) zu berücksichtigenden Aspekte insgesamt abdeckt. So hat er angegeben, er sei insgesamt drei Monate in Italien gewesen, dort aber weder anerkannt noch abgelehnt worden. Für die ersten drei Monate habe er einen Aufenthalt dort gehabt. Dieser sei aber abgelaufen und danach habe er "nichts mehr bekommen". Zu den Verhältnissen in Italien hat er sich ebenfalls geäußert und zusammenfassend bemerkt, er habe dort "sehr schlimme Erlebnisse" gehabt und wolle auf keinen Fall dorthin zurück.

34

Damit hatte der Kläger - bezogen auf die für die spätere Unzulässigkeitsentscheidung maßgeblichen Umstände - hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Dass er dabei - was eine Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter betrifft - möglicherweise wahrheitswidrige bzw. zumindest unvollständige Angaben gemacht hat, steht dem nicht entgegen. Die Pflicht zur persönlichen Anhörung nach § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG erfordert nach der Rechtsprechung des Senats nicht, dass das Bundesamt nach Erhalt entsprechender Belege oder Indizien für eine Schutzgewährung in einem anderen Mitgliedstaat noch einmal ausdrücklich Gelegenheit gibt, zu diesen und der aufgrund dessen beabsichtigten Unzulässigkeitsentscheidung Stellung zu nehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. August 2017 - 1 C 37.16 - juris Rn. 31).

35

1.3.1.2 Der Senat ist an dieser eigenständigen Auswertung des im Verwaltungsvorgang befindlichen Protokolls über die Anhörung vom 1. August 2011, deren protokollierter Verlauf von keinem Beteiligten bestritten wird, nicht durch eine gegenteilige, für das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO grundsätzlich bindende Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichts gehindert. Die Aussage im angefochtenen Urteil, eine Anhörung im Sinne von § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG sei nicht erfolgt, ist keine Tatsachenfeststellung; ihr liegt auch keine abweichende Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichts zugrunde. Vielmehr beruht sie der Sache nach auf einer abweichenden Bestimmung der rechtlichen Anforderungen an eine persönliche Anhörung im Sinne von § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG. Denn ausweislich des Tatbestandes hat der Verwaltungsgerichtshof die am 1. August 2011 durchgeführte Anhörung des Klägers durch das Bundesamt zur Kenntnis genommen und nicht etwa übersehen. Seine Feststellung, es fehle an einer persönlichen Anhörung "zur Frage der Unzulässigkeit des Asylantrags", gründet erkennbar auf einer Auslegung des § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG, dieser verlange vom Bundesamt, dem Antragsteller nach Ermittlung der Voraussetzungen eines Unzulässigkeitstatbestandes noch einmal gesondert zu der beabsichtigten Unzulässigkeitsentscheidung und den zugrunde liegenden tatsächlichen Annahmen anzuhören. Diese rechtliche Bewertung unterliegt der revisionsgerichtlichen Überprüfung und erweist sich wie ausgeführt als unzutreffend.

36

1.3.2 Die im Vorlagebeschluss des Senats vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 - (juris) aufgeworfene unionsrechtliche Zweifelsfrage zu den Folgen einer fehlenden Anhörung des Ausländers zur beabsichtigten Unzulässigkeitsentscheidung des Bundesamts stellt sich auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen im vorliegenden Verfahren nicht. Die hier erfolgte Anhörung genügt sowohl den Vorgaben des Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Buchst. b Richtlinie 2005/85/EG als auch denjenigen des Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 34 Abs. 1 Richtlinie 2013/32/EU. Der Kläger hatte in diesem Rahmen hinreichende Gelegenheit, zu den für die spätere Unzulässigkeitsentscheidung maßgeblichen Umständen Stellung zu nehmen (vgl. zu einem ähnlichen Fall BVerwG, Beschluss vom 2. August 2017 - 1 C 37.16 - juris Rn. 31).

37

1.4 Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen, über die der Senat ohne vorherige Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union befinden könnte, im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

38

1.4.1 Es ist insbesondere nicht auszuschließen, dass § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in der Fassung des am 1. August 2016 in Kraft getretenen Integrationsgesetzes in zeitlicher Hinsicht - wie vom Berufungsgericht angenommen - auf den vorliegend im Juli 2010 gestellten Antrag bereits Anwendung findet.

39

1.4.1.1 Nach nationalem Recht ist § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG auch auf vor seinem Inkrafttreten gestellte Anträge anzuwenden, über die noch nicht bestandskräftig entschieden ist (§ 77 Abs. 1 AsylG). Der darin liegenden "unechten Rückwirkung" steht Verfassungsrecht grundsätzlich nicht entgegen. Das Vertrauen der Betroffenen in den Fortbestand der früheren (jedenfalls bis zum Inkrafttreten des § 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG am 1. Dezember 2013 bestehenden) Rechtslage wiegt nach Auffassung des Senats weniger schwer als das mit der Neuregelung verfolgte Ziel, Sekundärmigration nach erfolgter Schutzgewährung in Übereinstimmung mit Art. 33 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2013/32/EU zu vermeiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Juni 2017 - 1 C 22.16 - juris Rn. 13; der Sache nach auch Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 - BVerwGE 150, 29 Rn. 28 ff.). Daran ändert vorliegend nichts, dass das Bundesamt nach der Einreise des Klägers wegen attestierter Reiseunfähigkeit den Selbsteintritt erklärt, den Antrag im nationalen Verfahren geprüft und auf eine Abschiebungsandrohung zunächst verzichtet hat. Der Gesetzeszweck, unerwünschte Sekundärmigration zu vermeiden, kann auch in einem solchen Fall noch erreicht werden, weil die betroffenen Personen in den Mitgliedstaat, der ihnen subsidiären Schutz gewährt hat, abgeschoben oder zumindest veranlasst werden können, freiwillig dorthin zurückzukehren. Das aus einer Reiseunfähigkeit folgende Hindernis ist typischerweise vorübergehender Natur.

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1.4.1.2 Der Senat kann auch nicht abschließend zu der Entscheidung gelangen, dass die Übergangsregelung in Art. 52 Richtlinie 2013/32/EU einer Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG auf den vorliegenden Fall entgegensteht (vgl. noch BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2015 - 1 B 41.15 - NVwZ 2015, 1779 Rn. 11 f.). Denn diese Frage ist derzeit Gegenstand mehrerer beim Gerichtshof der Europäischen Union (Gerichtshof) anhängiger Vorabentscheidungsersuchen des Senats (Beschlüsse vom 23. März 2017 - 1 C 17.16 - Asylmagazin 2017, 294 und vom 1. Juni 2017 - 1 C 22.16 - juris).

41

Diese Fragen stellen sich im vorliegenden Fall ebenfalls. Im Unterschied zu den Verfahren, die dem Gerichtshof bereits vorgelegt worden sind, begehrt der Kläger hier zwar nur noch subsidiären Schutz. Für diesen Fall bereitet die Auslegung der Übergangsvorschrift in Art. 52 Abs. 1 Richtlinie 2013/32/EU im Ergebnis aber dieselben Schwierigkeiten. Dass die in Art. 52 Abs. 1 Satz 2 Richtlinie 2013/32/EU erwähnte Vorgänger-Richtlinie 2005/85/EU ausweislich ihrer Überschrift und der Art. 2 Buchst. b und Art. 3 Abs. 1 nur für Ersuchen um internationalen Schutz eines Mitgliedstaats im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention galt, bedeutet nicht, dass sich vorliegend die Frage nicht stellt, in welchem Verhältnis die Sätze 1 und 2 des Art. 52 Abs. 1 Richtlinie 2013/32/EU zueinander stehen. Denn die Bundesrepublik Deutschland hatte sein Asylverfahren bereits unter Geltung der Richtlinie 2005/85/EG auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes den Verfahrensregelungen dieser Richtlinie unterstellt (vgl. Art. 3 Abs. 3 Richtlinie 2005/85/EG). Nach deutschem Asylverfahrensrecht war mit jedem Asylantrag, der in § 13 Abs. 2 AsylVfG a.F. als Antrag auf Asyl und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft definiert war, jedenfalls bei negativer Entscheidung immer auch festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 bis 5 oder 7 AufenthG a.F. vorliegen. Dies schloss den seinerzeit nur in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG a.F. geregelten subsidiären Schutz ein. War somit nach Stellung eines Asylantrags in demselben Verfahren auch über den subsidiären Schutz zu entscheiden, ist die Richtlinie 2005/85/EG nach ihrem Artikel 3 Absatz 3 während des gesamten Verfahrens anzuwenden. Auch die nachträgliche Beschränkung eines Schutzbegehrens auf den subsidiären Schutz - wie sie hier erfolgt ist - änderte dann nichts daran, dass die Vorgaben der Richtlinie 2005/85/EG zu beachten blieben.

42

1.4.2 Die angefochtene Unzulässigkeitsentscheidung kann auch nicht auf der Grundlage von § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG aufrechterhalten oder gemäß § 47 VwVfG in eine Entscheidung nach dieser Regelung umgedeutet werden. Ebenso wenig kommt eine "Wahlfeststellung" zwischen einer Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und einer solchen nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG in Betracht, die es erlaubte, die Frage einer Schutzgewährung in Italien offenzulassen.

43

Gemäß § 29 Abs.1 Nr. 5 AsylG ist ein Asylantrag u.a. dann unzulässig, wenn im Falle eines Zweitantrags nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist. Ein Zweitantrag liegt nach § 71a Abs. 1 AsylG vor, wenn der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat, für den Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft gelten, im Bundesgebiet einen Asylantrag stellt. Er hat zur Folge, dass ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen ist, wenn die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen.

44

Eine Umdeutung in eine solche Entscheidung scheitert derzeit schon daran, dass der von § 71a AsylG vorausgesetzte erfolglose Abschluss eines Asylverfahrens (vgl. dazu näher BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 - ZAR 2017, 236 Rn. 29) auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht feststeht, sondern diese Frage weiterer Aufklärung bedarf. Da nach aktueller - sowohl nationaler wie unionsrechtlicher - Rechtslage der Asylantrag bzw. Antrag auf internationalen Schutz auch das Begehren auf subsidiären Schutz umfasst (§ 13 AsylG), liegt ein auch in Bezug auf den im vorliegenden Verfahren allein noch begehrten subsidiären Schutz erfolglos abgeschlossenes Asylverfahren nicht vor, wenn dem Kläger - wie die Beklagte vorträgt und vom Berufungsgericht nach Zurückverweisung aufzuklären ist - in Italien subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist.

45

Einer danach allenfalls noch denkbaren "Wahlfeststellung" zwischen einer Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und einer solchen nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG stehen mehrere Hinderungsgründe entgegen: Zum einen ist auf der Grundlage der vorhandenen tatsächlichen Feststellungen derzeit auch nicht auszuschließen, dass der Kläger in Italien überhaupt keinen Asylantrag gestellt hat oder dass er zwar einen Asylantrag gestellt hat, über diesen aber noch keine bestandskräftige - positive oder negative - Entscheidung ergangen ist. Zum anderen würde auch eine "Wahlfeststellung" voraussetzen, dass es sich bei einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und einer solchen nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG um denselben Streitgegenstand handelt oder die Voraussetzungen einer Umdeutung erfüllt sind. Das ist hier jedoch nicht der Fall, weil die Rechtsfolgen einer Entscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71a AsylG für den Kläger ungünstiger wären (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Eine Entscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG kann allenfalls zu einer Abschiebung des Betroffenen in einen anderen "sicheren" Mitgliedstaat der Europäischen Union führen, der ihm bereits Schutz gewährt hat. Eine die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ablehnende Entscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG hätte im Unterschied dazu zur Folge, dass der Betroffene nach Erlass einer entsprechenden Abschiebungsandrohung und vorbehaltlich des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbots in jeden zu seiner Aufnahme bereiten Staat einschließlich seines Herkunftsstaats abgeschoben werden könnte (vgl. zur Umdeutung eines Dublin-Bescheides in einen Bescheid nach § 71a AsylG bereits BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 - 1 C 4.15 - BVerwGE 153, 234 Rn. 32).

46

1.5 Liegt somit ein Verfahrensmangel vor, auf dem die Berufungsentscheidung beruht, ist das Verfahren zur weiteren Aufklärung gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Sollten die weiteren Ermittlungen zu dem Ergebnis führen, dass dem Kläger in Italien internationaler Schutz zuerkannt wurde, mag zu erwägen sein, mit der erneuten Verhandlung und Entscheidung abzuwarten, bis der Gerichtshof der Europäischen Union die bei ihm anhängigen Fragen nach möglichen unionsrechtlichen Einschränkungen der Anwendbarkeit von § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in zeitlicher Hinsicht beantwortet hat (dazu siehe oben). Denn wenn Art. 52 Abs. 1 Richtlinie 2013/32/EU der Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG im vorliegenden Fall entgegensteht, ist die angefochtene Unzulässigkeitsentscheidung auch dann rechtswidrig, wenn der Kläger in Italien bereits subsidiären Schutz erhalten hat. Darüber hinaus sind dem Gerichtshof zwischenzeitlich mehrere Vorabentscheidungsersuchen zu einer möglichen sachlichen Einschränkung der durch § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ermöglichten Unzulässigkeitsentscheidung aus Gründen vorrangigen Unionsrechts unterbreitet worden, wenn ein Antragsteller geltend macht, dass die Lebensbedingungen anerkannter international Schutzberechtigter in dem Mitgliedstaat, der ihm internationalen Schutz zuerkannt hat, mit Art. 4 Grundrechte-Charta oder sonstigem Unionsrecht unvereinbar seien (vgl. zu Italien etwa BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 - sowie VGH Mannheim, Beschluss vom 15. März 2017 - A 11 S 2151/16 - Asylmagazin 2017, 236 Frage 3; siehe auch BVerwG, Beschlüsse vom 2. August 2017 - 1 C 37.16 und 1 C 2.17 - jeweils zu Bulgarien). Aus den noch ausstehenden Entscheidungen des Gerichtshofs über diese Vorlagen kann sich unter Umständen weiterer Aufklärungsbedarf auch für das vorliegende Verfahren ergeben. Denn bisher hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - keine tatsächlichen Feststellungen zu den Lebensbedingungen anerkannter subsidiär Schutzberechtigter in Italien getroffen.

47

2. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass der Antrag auf Zuerkennung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylG nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig ist, wird es über den hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu entscheiden haben (zur Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage vgl. insoweit BVerwG, Urteile vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 - ZAR 2017, 236 Rn. 20 und vom 13. Februar 2014 - 10 C 6.13 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 14 Rn. 9 und 27; Beschluss vom 27. April 2017 - 1 B 6.17 - juris Rn. 6); die vom Berufungsgericht ausgesprochene Klageabweisung als unzulässig, bezieht sich nur auf den subsidiären Schutz und nicht auch auf den noch nicht zur Entscheidung angefallenen Hilfsantrag auf nationalen Abschiebungsschutz.

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3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tenor

I.

Ziffer I. Satz 1 und Ziffer II. des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 21. Januar 2013 werden aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2012 wird insoweit aufgehoben, als er von einer Prüfung europarechtlicher und hilfsweise nationaler Abschiebungsverbote abgesehen hat. Insoweit wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen trägt die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4.

III.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist eigenen Angaben zufolge 1994 geboren und somalische Staatsangehörige. Sie sei am 23. Juni 2010 in das Bundesgebiet eingereist und beantragte am 2. August 2010 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

Bei einer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 2. November 2010 erklärte die Klägerin u. a., sie habe zuvor in Italien und Schweden Asylanträge gestellt. Sie denke, sie sei am 12. Dezember 2008 nach Italien und am 7. September 2009 nach Schweden gekommen. In Italien habe sie einen „Brief mit Aufenthalt für drei Jahre“ bekommen. Zu ihrem Verfolgungsschicksal und den Gründen für ihren Asylantrag trug die Klägerin im Wesentlichen vor, sie sei mit dem Tode bedroht worden, nachdem sie nicht wie von al-Shabaab-Leuten gefordert, ein Kopftuch oder ein großes Oberkleid getragen habe.

Unter dem 3. Juni 2011 teilte das italienische Innenministerium dem Bundesamt mit, dass die Überstellung der Klägerin gemäß Art. 16 Abs. 2 Dublin-ll-VO akzeptiert werde (Bl. 65 der Behördenakte).

Der Mitteilung einer Liaisonbeamtin des Bundesamtes bei dem italienischen Innenministerium vom 16./23. April 2012 zufolge hätte die Klägerin gemäß einer Entscheidung vom 14. Mai 2009 in Italien subsidiären Schutz nach Art. 15 der sog. Qualifikationsrichtlinie erhalten; ihr sei ein bis 22. Mai 2011 gültiger Aufenthaltstitel erteilt worden (Bl. 126 der Behördenakte).

Mit Bescheid vom 24. Juli 2012 lehnte das Bundesamt den Antrag der Klägerin auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der hinsichtlich der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfolglosen Durchführung des Asylverfahrens in Italien handle es sich bei dem Asylantrag der Klägerin um einen Zweitantrag nach § 71 a AsylVfG. Die Klägerin habe keine Wiederaufgreifensgründe geltend gemacht. Die Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Dublin-Verfahren habe auf die asylverfahrensrechtlichen und die materiell-rechtlichen Prüfungsanforderungen für das Schutzbegehren keine Auswirkungen. Von der Prüfung europarechtlicher Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG könne abgesehen werden, da die Klägerin den entsprechenden europarechtlichen Schutzstatus aufgrund des Asylverfahrens in Italien bereits besitze. Die Liaisonbeamtin des Bundesamtes beim italienischen Innenministerium habe die Zuerkennung dieses Schutzstatus auf Anfrage ausdrücklich bestätigt. Die Prüfung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Herkunftslandes sei aufgrund der Nachrangigkeit des nationalen Abschiebungsschutzes gegenüber einem bestehenden europarechtlichen Abschiebungsschutz entbehrlich.

Auf die Klage der Klägerin verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte,

festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hinsichtlich Somalias vorliegen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.

Die Klägerin wäre im Falle einer Rückkehr nach Mogadischu den bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen ausgesetzt.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung beantragt die Beklagte,

unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin,

die Berufung zurückzuweisen.

Bei ihr sei die Lage anders als im vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall zu beurteilen, weil die Beklagte den Asylantrag des Klägers nicht als unzulässig abgelehnt, sondern in der Sache entschieden habe. Nach Ablauf des in Italien erteilten Aufenthaltstitels und der Mitteilung der Beklagten, dass weder eine Überstellung nach Italien beabsichtigt, noch für das Heimatland Somalia eine Abschiebung angedroht sei, habe die Klägerin ein Rechtsschutzinteresse an der Erteilung eines Aufenthaltstitels. Deshalb sei zumindest ein nationales Abschiebungsverbot festzustellen. Auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2008 (Az.: 10 C 43.07) enthalte im Übrigen keine Aussage dazu, ob die frühere Zuerkennung eines subsidiären Schutzstatus in einem anderen Mitgliedstaat gegenüber den deutschen Abschiebungsverboten nachrangig sei.

Mit Senatsverfügung vom 20. Juli 2015 wurde dem Bundesamt aufgegeben, wie auch in vergleichbaren Fällen geschehen, eine Bestätigung der italienischen Innenbehörden über den der Klägerin zuerkannten Schutz vorzulegen.

Mit Schreiben vom 17. Februar 2016 teilte das Bundesamt mit, es habe die in Italien tätige Liaisonbeamtin kontaktiert, deren Bemühungen um Erhalt einer förmlichen Bestätigung der italienischen Behörden allerdings bislang erfolglos geblieben seien. Auch eine personenbezogene Anfrage nach Art. 34 Abs. 1 und 2 Dublin-III-VO (bzw. früher Art. 21 Abs. 1 und 2 Dublin-II-VO) in Verbindung mit Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 in der Fassung gemäß Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 (sogenannte info-request), sei ohne Erfolg geblieben. Trotz wiederholter Nachfragen seien hierzu bisher keine Mitteilungen zugegangen. Nach den zwischenstaatlichen Regelungen und der Verfahrenspraxis dürfte in der vorliegenden Verfahrenskonstellation allerdings auch keine Verpflichtung der italienischen Seite bestehen, auf die sich das Bundesamt berufen könnte, um von dort eine schriftliche Bestätigung zum Verfahrensstand einzufordern. Um die Klärung der Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens gehe es vorliegend nicht. Nach der Mitteilung der in Italien tätigen Liaisonbeamtin erfolgten durch die italienischen Dublineinheiten mangels entsprechender Kapazitäten außerhalb für das Dublinverfahren vereinbarten Verfahrensabläufe gegenüber anderen Mitgliedstaaten auch keine separaten einzelfallbezogenen schriftlichen Mitteilungen zum Verfahrensausgang mehr, wie sie früher in einigen Fällen zu erhalten gewesen seien. Mit weiterem Schreiben vom 6. April 2016 konkretisierte das Bundesamt seine Bemühungen zur Erlangung eines Nachweises hinsichtlich des von der Klägerin in Italien betriebenen Verfahrens.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten verwiesen. Hinsichtlich des Verlaufes der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur zum Teil begründet.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20. Januar 2013 ist insoweit unzutreffend, als die Beklagte verpflichtet wurde festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hinsichtlich Somalias vorliegen. Insoweit wird die Klage der Klägerin abgewiesen, weil sie unzulässig ist (1.). Der Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2012 ist dagegen rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, so dass das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts als Kassationsurteil aufrechterhalten werden kann (2.).

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist (nur noch) die von der Klägerin begehrte Feststellung von unionsrechtlichem subsidiären Schutz nach § 4 AsylG i.d.F des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I 1939 (Nr. 39)). Das Bundesamt hat diesen Antrag in seinem Bescheid vom 24. Juli 2012 verbeschieden, indem es davon ausgegangen ist, dass von der Prüfung europarechtlicher Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG abgesehen werden könne, da die Klägerin den entsprechenden europarechtlichen Schutzstatus aufgrund des Asylverfahrens in Italien bereits besitze. Damit hat das Bundesamt entschieden, keine sachliche Prüfung des Schutzbegehrens der Klägerin vorzunehmen. Dass es dies nicht ausdrücklich im Tenor des Bescheides ausgesprochen hat, schadet der Annahme einer Regelung im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG nicht, denn aus der Begründung des Bescheides geht nach Auffassung des erkennenden Senates unzweifelhaft hervor, dass es das Bundesamt ablehnt, insoweit ein Verfahren durchzuführen und folglich eine unmittelbare Rechtsfolge gesetzt hat, welche die materielle Rechtsposition der Klägerin verschlechtert. Damit hat das Bundesamt nichts anderes entschieden, als dass das Schutzbegehren der Klägerin auf Gewährung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz und hilfsweise nationalen Abschiebungsschutzes unzulässig ist. Dies entspricht der inzwischen ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v. 13.02.2014 - 10 C 6.13 - NVwZ-RR 2014, 487 = InfAuslR 2014, 233 und U. v. 17.6.2014 - 10 C 7.13 - BVerwGE 150, 29), der sich der Senat angeschlossen hat (vgl. nur BayVGH, U. v. 15.6.2015 - 20 B 15.50057 - juris) und der nunmehr hier anzuwendenden Rechtsgrundlage des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Denn maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Begehrens der Klägerin ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798) sowie das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), beide zuletzt geändert durch Art. 5 und 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939), das am 6. August 2016 in Kraft getreten ist. Danach ist § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG anzuwenden, weil diesbezüglich keine Übergangsregelung (vgl. § 87 c AsylG) vom Gesetzgeber getroffen wurde.

1. Die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage auf Feststellung unionsrechtlichen subsidiären Schutzes, hilfsweise Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes ist unzulässig, weil die Verpflichtungsklage unstatthaft ist. Lehnt es das Bundesamt wie hier ab, eine sachliche Prüfung des Schutzbegehrens eines Antragstellers vorzunehmen, ist die Anfechtungsklage die richtige Klageart, um das Rechtsschutzbegehren eines Asylantragstellers zu verwirklichen. Das gilt auch dann, wenn wie hier mit dem subsidiären unionsrechtlichen Schutz, hilfsweise nationalen Abschiebungsschutz nur noch ein Teil des ursprünglichen Schutzbegehrens verfolgt wird.

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes. Nach § 35 AsylG droht in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war. Weiter bestimmt § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG u. a., dass die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit des Antrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG und die Abschiebungsandrohung unwirksam werden, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht. Das Bundesamt hat dann das Asylverfahren fortzuführen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG). Der Umstand, dass das Bundesamt im hier zu entscheidenden Fall entgegen der gesetzlichen Anordnung von dem Erlass einer Abschiebungsandrohung abgesehen hat, ändert an der Anfechtungsklage als statthafter Klageart nichts. Denn auch wenn nur eine behördliche Teilentscheidung ergangen ist, zeichnet § 37 AsylG den Weg des weiteren Asylverfahrens vor, indem bestimmt wird, dass das Asylverfahren im Falle einer stattgebenden Eilentscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO fortzuführen ist. Dies muss im Falle eines Kassationsurteiles in der Hauptsache erst recht gelten (im Ergebnis ebenso OVG Münster, U. v. 24.8.2016 - 13 A 63/16.A - juris = BeckRS 2016, 52155).

Die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage ergibt sich aber auch bereits aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Einstellung des Asylverfahrens nach §§ 32, 33 AsylG, weil der Asylbewerber das Verfahren nicht betrieben hat. In seinem Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264.94 - NVwZ 1996, 80 hat das Bundesverwaltungsgericht Folgendes ausgeführt:

„Die Anfechtungsklage ist auch nicht wegen des Vorrangs einer Verpflichtungsklage im Hinblick darauf unzulässig, dass für das vom Kläger in erster Linie verfolgte Klageziel der Asylanerkennung die Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist. Allerdings wird im Bereich gebundener begünstigender Verwaltungsakte aus § 113 Abs. 5 VwGO in Verbindung mit dem Amtsermittlungsprinzip des § 86 Abs. 1 VwGO allgemein abgeleitet, dass bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde die dem Rechtsschutzbegehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist mit der Konsequenz, dass das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Anfechtungsklage beschränken darf, die im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkäme. Dieser Grundsatz, der auch im Asylverfahren Geltung beansprucht (Senatsbeschlüsse vom 14. Mai 1982 - BVerwG 9 B 179.82 - Buchholz 402.24 § 31 AuslG Nr. 1 und vom 28. Mai 1982 - BVerwG 9 B 1152.82 - NVwZ 1982, 630), gilt jedoch nicht ausnahmslos.

Ob eine Ausnahme in den Fällen, in denen das Bundesamt eine sachliche Prüfung des Asylbegehrens verweigert, bereits aus den Erwägungen anzunehmen ist, mit denen das Bundesverfassungsgericht die Prüfungskompetenz des gegen eine Maßnahme der Ausländerbehörde angerufenen Verwaltungsgerichts bei Asylfolgeanträgen gemäß § 14 AsylVfG a. F. beschränkt hat (Kammerbeschluss vom 13. März 1993 - 2 BvR 1988/92 - InfAuslR 1993, 229), kann dahingestellt bleiben. In diesem Beschluss führt das Bundesverfassungsgericht aus (a. a. O. S. 232), es könne in diesem Stadium des Verfahrens nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichts sein, anstelle des mit besonderer Sachkunde versehenen Bundesamtes, das mit der Sache noch gar nicht befaßt war und demgemäß auch eine Entscheidung über das Asylbegehren noch gar nicht treffen konnte, über diesen Asylanspruch zu befinden. In der Tat ist für die Entscheidung über Asylanträge allgemein das Bundesamt vorrangig zuständig (§ 5 AsylVfG). Deshalb meint auch das Berufungsgericht, es ließe sich mit der zentralen Stellung dieser Behörde im Asylverfahren nur schwer in Einklang bringen, wenn dem Kläger durch eine rechtswidrige Feststellung des Bundesamts, das Verfahren sei eingestellt, die Möglichkeit entzogen würde, zunächst eine Entscheidung des Bundesamts über sein Asylbegehren zu erhalten; das Gericht würde, statt die Entscheidung des Bundesamts zu kontrollieren, entgegen dem Grundsatz der Gewaltenteilung in Art. 20 Abs. 2 GG an Stelle des Bundesamts entscheiden. Der hier anzuwendenden Prozessordnung selbst läßt sich in § 113 Abs. 3 VwGO - unabhängig davon, ob die Vorschrift auf Anfechtungsklagen beschränkt ist - jedenfalls der Rechtsgedanke entnehmen, dass die Verwaltungsgerichte auch bei der Kontrolle eines rechtlich gebundenen Verwaltungsakts nicht in jedem Falle selbst die Spruchreife herbeiführen müssen, sondern bei erheblichen Aufklärungsdefiziten zunächst der Behörde Gelegenheit geben können, eine den Streitstoff erschöpfende Sachentscheidung zu treffen. Wenn nicht allein diese allgemeinen Erwägungen, so steht doch die besondere - auf Beschleunigung und Konzentration auf eine Behörde gerichtete - Ausgestaltung des Asylverfahrens durch das Asylverfahrensgesetz im Falle versäumter Sachentscheidung durch das Bundesamt der Annahme entgegen, dass nur eine auf die Asylanerkennung gerichtete Verpflichtungsklage, auf die hin das Verwaltungsgericht die Sache spruchreif zu machen hätte, in Betracht käme. Eine solche Verpflichtung des Gerichts, auch in Fällen der Verfahrenseinstellung durch das Bundesamt wegen fälschlich angenommener Antragsrücknahme über das Asylbegehren zu entscheiden, würde nämlich vor allem die vom Gesetzgeber im Bemühen um Verfahrensbeschleunigung dem Bundesamt zugewiesenen Gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen. Gelangt das Bundesamt nämlich nach sachlicher Prüfung des Asylbegehrens zu dem Ergebnis, das Begehren sei gemäß §§ 29 a und 30 AsylVfG offensichtlich unbegründet, so bestimmt § 36 AsylVfG das weitere Verfahren und sieht eine starke Beschleunigung der gerichtlichen Kontrolle der Bundesamtsentscheidung und gegebenenfalls eine kurzfristige Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers vor. Eine vergleichbare Möglichkeit steht dem Gericht nicht zu, denn es kann eine Abschiebungsandrohung gemäß § 34 AsylVfG unter Fristsetzung (§ 36 Abs. 1 AsylVfG) nicht aussprechen. Stellt sich das Asylbegehren nach Ansicht des Verwaltungsgerichts als schlicht unbegründet dar, bemißt § 38 Abs. 1 AsylVfG die Ausreisefrist auf einen Monat; sie müßte, da sie nicht vom Gericht ausgesprochen werden kann, nachträglich von der Behörde festgesetzt werden.

Darüber hinaus ginge dem Antragsteller, wenn die Beklagte mit ihrer Auffassung durchdringen würde, die Sachentscheidung über den Asylantrag nicht nachholen zu müssen, dem Antragsteller eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Das gilt sowohl für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung (§ 24 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG) als auch zur umfassenden Sachaufklärung sowie der Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Abs. 2 AsylVfG in Verbindung mit § 87 b Abs. 3 VwGO vorgesehen ist.

Diese Regelungen des Asylverfahrensgesetzes lassen darauf schließen, dass die verweigerte sachliche Prüfung vorrangig von der Fachbehörde nachzuholen ist.“

Entsprechend verhält es sich bei der Entscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Hier trifft das Bundesamt, ohne in die materielle Prüfung des Asylbegehrens eines Antragstellers einzusteigen, eine rein formale, verfahrensrechtliche Entscheidung über die Unzulässigkeit eines Asylantrags. Dementsprechend hat der Gesetzgeber die Anhörung nach § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG auf den Unzulässigkeitsgrund, hier also den des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, beschränkt. Eine Anhörung zu den Gründen des Asylantrags (vgl. § 25 AsylG) soll gerade nicht erfolgen.

Daneben liegt auch hier eine Situation vor, in der - wie in der vom Bundesverwaltungsgericht in seinem oben dargestellten Urteil vom 7. März 1995 entschiedenen Konstellation - dem Bundesamt vom Gesetzgeber Gestaltungsmöglichkeiten im Bemühen um Verfahrensbeschleunigung zugewiesen wurden, die den Verwaltungsgerichten gerade nicht offen stehen. Denn mit dem so genannten Info-Request nach Art. 21 der Dublin-II-Verordnung (bzw. Art. 34 Dublin-III-Verordnung) wurde zwischen den Mitgliedstaaten ein beschleunigtes Informationsaustauschsystem eingeführt. Dies ergibt sich aus Art. 21 Abs. 5 der Dublin-II-Verordnung, wonach eine Antwort auf eine derartige Anfrage innerhalb von sechs Wochen zu erwarten ist, aus Art. 21 Abs. 6, wonach das Verfahren allein zwischen den nach Art. 22 der Dublin-II-Verordnung benannten, spezialisierten Behörden abgewickelt werden soll und nicht zuletzt aus Art. 21 Abs. 12, wonach die Mitgliedstaaten, soweit die Daten nicht automatisiert oder in einer Datei gespeichert sind bzw. gespeichert werden sollen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen haben, um die Einhaltung des Artikels durch wirksame Kontrollen zu gewährleisten, also dafür zu sorgen, dass Anfragen beantwortet werden, und zwar in der Regel innerhalb der Frist nach Art. 21 Abs. 6. Diese Möglichkeit der Informationsgewinnung steht den Verwaltungsgerichten aber nicht offen, da sie keine benannten Stellen nach Art. 22 der Dublin-II-Verordnung sind. Würde eine Verpflichtungsklage für statthaft erachtet, so würden daher diese Vorgaben unterlaufen. Nur durch die Annahme einer Anfechtungsklage wird dem Bundesamt ermöglicht, von seinen ihn nach dem Unionsrecht eröffneten Ermittlungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen.

Schließlich ist die vorliegende Fallgestaltung auch nicht mit der Entscheidung über einen Folgeantrag nach § 71 AsylG vergleichbar, gegen die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (seit dem Urteil v. 10.2.1999 - 9 C 28.97 - BVerwGE 106, 171) die Verpflichtungsklage statthaft ist. Denn im Fall eines Folgeantrags ist bereits einmal eine vollständige Prüfung des (ersten) Asylantrags erfolgt, die in den Akten des Bundesamts auch dokumentiert ist. Dementsprechend steht dem Verwaltungsgericht für das „Durchentscheiden“ bzgl. des Folgeantrags auch ausreichendes Material zur Verfügung. Demgegenüber ist in der vorliegenden Konstellation zunächst belastbar und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechend zu ermitteln, ob überhaupt in einem anderen Mitgliedstaat internationaler Schutz i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt wurde. Wie der vorliegende Fall zeigt (s.u.), liegen insoweit belastbare Angaben, die eine mit einem Folgeverfahren vergleichbare Situation begründen würden, oft nicht vor (vgl. auch BayVGH, U. v. 3.12.2015 - 13a B 15.50069 u. a. - NVwZ 2016, 625, Rn. 22 a.E.).

2. Zwar ist das Begehren der Klägerin nach wie vor auf den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes gerichtet. Einem solchen Verpflichtungsantrag kann jedoch regelmäßig ein Aufhebungsbegehren hinsichtlich der ablehnenden Entscheidung der Verwaltungsbehörde entnommen werden. Eine Verpflichtungsklage enthält insoweit einen „unselbstständigen Anfechtungsannex“ (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 113 Rn. 33 und § 121 Rn. 30).

Der Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2012 ist sowohl formell als auch materiell rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2.1 Der Bescheid ist formell rechtswidrig, weil er unter Verstoß gegen die besondere persönliche Anhörungspflicht gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG zustande gekommen ist, dieser Verfahrensmangel nicht geheilt wurde (§ 45 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG) und nicht unbeachtlich (§ 46 VwVfG) ist.

Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylG hört das Bundesamt den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Dies ist hier nicht geschehen. Die Beklagte verweist zwar auf Art. 14 Abs. 3 Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung/ABl EG 2013 Nr. L 326/13, Verfahrensrichtlinie), wonach die Tatsache, dass keine Anhörung erfolgt ist, die Asylbehörde nicht hindert, über den internationalen Schutz zu entscheiden. Deswegen ist das Bundesamt aber dennoch verpflichtet, eine persönliche Anhörung durchzuführen. Zum einen hat es das Bundesamt gerade abgelehnt, über den Schutzantrag der Klägerin zu entscheiden. Zum anderen ist es dem nationalen Gesetzgeber unbenommen, höhere Anforderungen an die persönliche Anhörung eines Antragstellers zu stellen. Insoweit ist der Gesetzeswortlaut eindeutig und keiner ungeschriebenen Reduktion zugänglich. Die Fehlerfolgen bestimmen sich vielmehr nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes. Damit bleibt festzuhalten, eine persönliche Anhörung der Klägerin vor dem Bundesamt zur Frage der Unzulässigkeit des Asylantrages hat nicht stattgefunden. Der Bescheid ist damit formell rechtswidrig.

Der Anhörungsmangel ist nicht gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG geheilt worden. Eine Heilung setzt voraus, dass die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BVerwG, U. v. 24.6.2010 - BVerwG 3 C 14.09 - BVerwGE 137, 199 = Buchholz 442.01 § 13 PBefG Nr. 38 m. w. N.). Darüber hinaus scheidet eine Heilung des Anhörungsmangels aufgrund der von den italienischen Behörden nicht beantworteten Info-Request-Anfrage aus, denn die Funktion der Anhörung kann nur erfüllt werden, wenn der ermittelte Sachverhalt keine wesentlichen Lücken enthält (Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 28 Rn. 16).

Schließlich liegt kein Anwendungsfall des § 46 VwVfG vor. Nach dieser Bestimmung kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Es ist hier nicht jeglicher Zweifel ausgeschlossen, dass die Beklagte ohne den Anhörungsmangel genauso entschieden hätte.

Denn ob der Klägerin tatsächlich in Italien der subsidiäre Schutzstatus gewährt wurde, ist mehr als zweifelhaft. Entsprechend den auch der Beklagten zur Verfügung stehenden Auskünften wurden in Italien 2008 subsidiär Schutzberechtigten jeweils eine Aufenthaltserlaubnis mit dreijähriger Dauer erteilt (vgl. aida Asylum Information Database, National Country Report Italy, Stand 04/2014, S. 17, Fn. 23 und Stand 12/2015, S. 29 Fn. 79). Demgegenüber geht aus der Mitteilung der Liaisonbeamtin, auf die sich die Beklagte maßgeblich stützt, hervor, dass der Klägerin am 14. Mai 2009 ein bis 22. Mai 2011 gültiger Aufenthaltstitel erteilt worden sei. Die Dauer des Aufenthaltstitels betrug danach also nur etwas mehr als zwei Jahre.

2.2 Der Bescheid ist auch materiell rechtswidrig, weil nach der Überzeugung des Senats nicht feststeht, dass der Klägerin in Italien subsidiärer europarechtlicher Schutz erteilt worden ist.

Das Bundesamt hat seine Entscheidung maßgeblich auf die E-Mail-Auskunft der damaligen Liaisonbeamtin in Italien vom 16. April 2012 gestützt, in der der Sachbearbeiterin des Falles aufgrund eines vorherigen Telefongespräches mitgeteilt wurde, dass die Klägerin am 14. Mai 2009 aufgrund einer Anhörung am 15. Januar 2009 subsidiären Schutz erhalten hat. Die Gültigkeit des Aufenthaltstitels wurde bis 22. Mai 2011 angegeben.

Dieser Umstand ist nicht ausreichend, um zur Überzeugungsgewissheit des Senats von einer Zuerkennung subsidiären Schutzes in Italien auszugehen, wenn wie hier die Richtigkeit der Angabe der Liaisonbeamtin bestritten wird. Bei der Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes handelt es sich um ein Ermittlungsergebnis, das ausschließlich innerhalb des Bundesamtes und damit in der Sphäre der Beklagten stattfindet. Soweit die Auskunft einer Liaisonbeamtin nicht bestritten wird, mag ein Gericht in der Regel keinen Anlass haben, die Richtigkeit der Auskunft zu hinterfragen. Im Fall des Bestreitens müssen die Verwaltungsgerichte jedoch in der Lage sein, Auskünfte und deren Zustandekommen nachzuprüfen und zu verifizieren. Dies ist bei der aus Italien stammenden Mitteilung der Kontaktmitarbeiterin des Bundesamtes jedoch nicht der Fall, weil sie offenbar auf Hörensagen beruht, welchem bereits dem Grunde nach Ungenauigkeiten und Fehlerquellen innewohnen.

Zudem eröffnet ein sogenanntes Info-Request nach Art. 21 Abs. 1 und 2 der nach Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-Verordnung anwendbaren Dublin-II-Verordnung (jetzt Art. 34 Abs. 1 und 2 Dublin-III-Verordnung) einen gesetzlich vorgesehenen Weg, entsprechende Informationen zu erlangen. Nach Art. 21 Abs. 1 lit. b Dublin-II-VO übermittelt jeder Mitgliedstaat jedem Mitgliedstaat, der dies beantragt, personenbezogene Daten über den Asylbewerber, die sachdienlich und relevant sind und nicht über das erforderliche Maß hinausgehen, für die Prüfung des Asylantrages. Gemäß Art. 21 Abs. 2 lit. g Dublin-II-VO darf das Datum der Einreichung eines früheren Asylantrags, das Datum der Einreichung des jetzigen Antrags, der Stand des Verfahrens und der Tenor der gegebenenfalls getroffenen Entscheidung abgefragt werden. Bereits die Tatsache, dass der Tenor der getroffenen Entscheidung abgefragt werden darf, zeigt, dass Info-Request-Anfragen über das DubliNet auch noch zulässig sind, wenn es nicht mehr um die Bestimmung des für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaats geht, so dass es auf die Frage der allgemeinen Anwendbarkeit des Dublin-Regimes auf Asylanträge von Ausländern, die bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einen europarechtlichen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, im hier zu entscheidenden Fall nicht ankommt (bejahend UK Supreme Court, U. v. 19.2.2014 - R versus Secretary of State for the Home Department - UKSC 2014, 12 Rn. 75 ff., offenlassend mit Tendenz zur Verneinung BVerwG, U. v. 17.6.2014 - 10 C 7.13 - BVerwGE 150, 29 Rn. 26). Nach Art. 21 Abs. 6 Dublin-II- VO erfolgt der Informationsaustausch auf Antrag eines Mitgliedstaats und kann nur zwischen den Behörden stattfinden, deren Benennung von jedem Mitgliedstaat der Kommission mitgeteilt wurde, die ihrerseits die anderen Mitgliedstaaten davon in Kenntnis gesetzt hat. Dies ist im Fall der Bundesrepublik Deutschland das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie das Bundespolizeipräsidium. Nur diese Behörden sind danach berechtigt und auch verpflichtet, entsprechende Anfragen einzuholen und den Verwaltungsgerichten zu übermitteln (Art. 21 Abs. 7 Satz 2 lit b Dublin-II-VO).

Eine entsprechende Info-Request-Anfrage ist im streitgegenständlichen Verfahren auf Veranlassung des Senats erfolgt, wurde jedoch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch die italienischen Behörden nicht beantwortet. Nachdem gemäß Art. 21 Abs. 5 Dublin-II-VO der ersuchte Mitgliedstaat gehalten ist, innerhalb einer Frist von sechs Wochen zu antworten, ist nach Überzeugung des Senats und wohl auch der Beklagten mit einer Beantwortung der Anfrage durch die italienischen Behörden nicht mehr zu rechnen. Nachdem die Klägerin nach Art. 21 Abs. 9 Dublin-II-VO auch das Recht hat, die über ihre Person erfassten Daten mitteilen zu lassen und sie gegebenenfalls berichtigen, löschen oder sperren zu lassen, geht die Weigerung der italienischen Behörden, entsprechende Info-Request-Anfragen zu beantworten, zulasten der Beklagten. Damit ist zur Überzeugung des Senates im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) davon auszugehen, dass die Klägerin keinen subsidiären europarechtlichen Schutz in Italien erhalten hat. Folglich hat das Bundesamt das Verfahren fortzuführen (§ 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 VwGO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2017 - A 8 K 11131/17 - wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Zulassungsverfahrens.

Gründe

 
Der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem die Beklagte der Sache nach die Zulassungsgründe der ernstlichen Richtigkeitszweifel sowie der grundsätzlichen Bedeutung geltend macht, hat keinen Erfolg.
I. Auf seinen am 27.11.2011 in Italien gestellten Asylantrag wurde dem Kläger, einem nach seinen Angaben 1984 geborenen pakistanischen Staatsangehörigen, vom italienischen Staat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Den hernach am 17.02.2014 in Deutschland gestellten Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 19.05.2017 als unzulässig ab (Ziff. 1), stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen (Ziff. 2), drohte die Abschiebung nach Italien an und stellte zugleich fest, dass der Kläger nicht nach Pakistan abgeschoben werden darf (Ziff. 3), und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 4). Hiergegen erhob der Kläger am 01.06.2017 Eilantrag und Klage. Mit Beschluss vom 03.08.2017 - A 8 K 11139/17 - setzte das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die EuGH-Vorlage des 11. Senats in der Rechtssache Jawo (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 15.03.2017 - A 11 S 2151/16 -, Juris = EuGH-Rs. C-163/17) sowie die Rechtsfolge des § 37 Abs. 1 AsylG nicht Eil- und Klageverfahren aus, sondern entsprach dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung nach Italien in Ziff. 3 des Bundesamtsbescheids an. Zur Begründung wurden unter Berufung auf diese EuGH-Vorlage ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung dargelegt, weil für anerkannte Flüchtlinge in Italien ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 (i.V.m. Art. 3 EMRK) oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen könnte.
Auf die Anfragen des Verwaltungsgerichts unter Bezugnahme auf § 37 Abs. 1 AsylG, ob das Asylverfahren vom Bundesamt fortgeführt und das Hauptsacheverfahren für erledigt erklärt wird, gab die Beklagte keine Stellungnahme ab. Der Kläger änderte daraufhin seine Klageanträge; das Verwaltungsgericht entsprach diesen im vollen Umfang und stellte mit Urteil vom 18.12.2017 - A 8 K 11131/17 - fest, dass die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziff. 1 des Bundesamtsbescheids vom 19.05.2017 sowie die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 des Bescheids unwirksam sind und hob die Ziffern 2 sowie 4 des Bescheides auf. Hiergegen richten sich die am 10.01.2018 von der Beklagten gestellten Anträge auf Zulassung der Berufung sowie Abweisung der Klage.
II. Die von der Beklagten der Sache nach vorgetragenen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils können nicht zur Berufungszulassung führen. Die Beklagte ist unter Bezugnahme auf das Verwaltungsgericht Lüneburg (gemeint wohl: Urteil vom 13.12.2016 - 8 A 175/16 -, Juris Rn. 54 f.) der Rechtsauffassung, dass die kombinierte Feststellungs- und Anfechtungsklage des Klägers hätte abgewiesen werden müssen, weil § 37 Abs. 1 AsylG „teleologisch zu reduzieren“ sei. § 37 Abs. 1 AsylG finde nur in einer Konstellation Anwendung, in der dem Eilantrag wegen Rechtmäßigkeitszweifeln bezüglich § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG stattgegeben worden sei, insbesondere wegen tatsächlicher Unklarheit über die Gewährung internationalen Schutzes durch den anderen EU-Mitgliedstaat. In einer Konstellation, in der - wie hier - bei Klarheit über die Gewährung internationalen Schutzes dem Eilantrag wegen Rechtmäßigkeitszweifeln bezüglich der Abschiebungsandrohung stattgegeben worden ist, finde § 37 Abs. 1 AsylG hingegen keine Anwendung. Denn in diesem Fall wäre der Asylantrag bei Fortführung des Asylverfahrens erneut zwingend nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG abzulehnen, was zu einer „Endlosschleife im Verfahren“ führen würde.
Dem folgt der Senat nicht. Der Beklagten ist zwar insofern zuzustimmen, dass im Hinblick auf den zu klärenden Maßstab bezüglich § 60 Abs. 5 bzw. 7 Satz 1 AufenthG die Auslösung des § 37 Abs. 1 AsylG durch eine Stattgabe im Eilverfahren aufgrund von Rechtmäßigkeitszweifeln bezüglich der Abschiebungsandrohung auf den ersten Blick sinnwidrig erscheint, weswegen eine Aussetzung von Eil- und Klageverfahren bis zur Entscheidung des EuGH sachdienlicher gewesen sein könnte und im Übrigen nun auch im fortzuführenden Asylverfahren sinnvoll sein kann.
Gegen die geforderte „teleologische Reduktion“ des § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG sprechen allerdings durchschlagende Argumente (überzeugend: Broscheit, ZAR 2017, S. 447 ff., m.w.N.). Zunächst lässt der klare und eindeutige Wortlaut schon auslegungstechnisch keine „Reduktion“ zu. Gemäß dieser Norm werden die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG des Antrags und die Abschiebungsandrohung - eindeutig - unwirksam, „wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht“. Dieses einzige Tatbestandsmerkmal kann nicht „reduziert“, sondern lediglich ergänzt werden etwa um den Zusatz: „Dies gilt nur, wenn die Stattgabe des Eilantrags auch auf Rechtmäßigkeitszweifeln bezüglich § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG beruht“. Nach den Grundsätzen der Gewaltenteilung ist die Anfügung eines solchen Normzusatzes aber allein Sache des Gesetzgebers. Eine Auslegung durch den Richter gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes sowie den Willen des Gesetzgebers (vgl. bezüglich des am 06.08.2016 in Kraft getretenen Integrationsgesetzes, das in Folge der Neufassung des § 29 AsylG in § 37 AsylG den Begriff „unbeachtlich“ durch „unzulässig“ ersetzte, BT-Drs. 18/8615, S. 19/52 sowie VG Köln, Urteil vom 17.08.2017 - 20 K 2037/17.A -, Juris Rn. 22) scheidet hingegen aus, selbst wenn die Norm gesetzestechnisch „verunglückt“ scheint.
Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Norm nicht in vollem Umfang als verunglückt angesehen werden muss, weil die beklagte „Endlosschleife im Verfahren“ nicht immer zwingend ist. Hat das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen Rechtmäßigkeitszweifeln bezüglich der Abschiebungsandrohung entsprochen, müsste das Bundesamt im Rahmen der dann von § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG angeordneten Fortführung des Asylverfahrens den Asylantrag zwar erneut nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 4 AsylG als unzulässig ablehnen. Im Rahmen der gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG vorgeschriebenen zusätzlichen Prüfung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG könnte es dann jedoch - entsprechend den Vorgaben des Verwaltungsgerichts - zu dem Ergebnis kommen, dass ein solches Abschiebungsverbot hinsichtlich des ursprünglich vorgesehenen Zielstaates festzustellen ist. Dies hätte zur Folge, dass dem Kläger nach den §§ 25 Abs. 3 Satz 1, 26 Abs. 1 Satz 4 AufenthG eine mindestens einjährige Aufenthaltserlaubnis erteilt werden sollte. Die „Endlosschleife im Verfahren“ wäre in diesem Fall wohl regelmäßig durchbrochen. Sie wäre wohl weiter durchbrochen, wenn das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebung in einen anderen Drittstaat androhen würde und die Abschiebung dorthin zulässig ist. Sie wäre schließlich wohl durchbrochen, wollte man der Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs folgen, wonach einem im EU-Ausland Anerkannten im systemischen Extremfall in Deutschland erneut die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden kann (vgl. Urteil vom 04.11.2016 - 3 A 1292/16.A -, Juris Rn. 16), sodass dann § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG aufgrund des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs bei Fortführung des Asylverfahrens unanwendbar wäre. Diese Auffassung überzeugt den Senat allerdings nicht, weil die mehrfache Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (hierzu: Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl. 2018, Art. 16a GG Rn. 134 ff.) gemäß der Art. 67 Abs. 2, 70 Satz 1, 78 Abs. 1 und 2 AEUV von vorneherein ausscheiden dürfte, zudem solche Fälle etwa bei Anwendung des „Dublin-Maßstabes“ zu Art. 4 GRCh/Art. 3 EMRK regelmäßig über § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. § 25 Abs. 3 AufenthG bzw. bei Anwendung des „Normal-Maßstabes“ („sehenden Auges in den sicheren Tod oder schwerste Verletzungen“) im Einzelfall über § 25 Abs. 5 AufenthG gelöst werden könnten.
Nach dem Beschleunigungszweck des § 37 AsylG ist klar, dass das Bundesamt immer dann das Asylverfahren selbst fortführen und weiterprüfen soll, wenn die angedrohte Abschiebung nicht durchgeführt werden kann. Dieser Normzweck zeigt sich besonders anhand der Regelung des § 37 Abs. 3 AsylG, wonach Absatz 1 der Norm im Falle der bloßen Teilstattgabe nicht greift, d.h. wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung nur in einen von mehreren in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten nicht vollziehbar wird (vgl. Bergmann/Dienelt, a.a.O., § 37 AsylG Rn. 5 ff.). Diese Rückausnahme des § 37 Abs. 3 AsylG hätte keinen sinnvollen Anwendungsbereich, wollte man die von der Beklagten geforderte „teleologische Reduktion“ von Absatz 1 der Norm vornehmen (zutreffend: VG Trier, Beschluss vom 16.03.2017 - 5 L 1846/17.TR -, Juris Rn. 15.). Eine solche Konstellation ist auch im Falle des Anerkannten (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG) denkbar, denn gemäß § 35 AsylG könnte auch hier die Abschiebung zusätzlich in einen sonstigen Drittstaat im Sinne von § 27 AsylG angedroht werden.
Nach alledem spricht Überwiegendes dafür, dass keine Richtigkeitszweifel am angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts bestehen. Da das Bundesamt die durch Stattgabe des Eilantrags mit Beschluss vom 03.08.2017 eingetretene Rechtsfolge des § 37 Abs. 1 AsylG nicht anerkennen und, was aufgrund der Erledigung von Gesetzes wegen nahe gelegen hätte, das Klageverfahren nicht für erledigt erklären wollte, bestand ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Erledigungsfeststellungsklage bzw. ausnahmsweise für die gerichtliche Feststellung, dass die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziff. 1 des Bundesamtsbescheids vom 19.05.2017 sowie die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 des Bescheids unwirksam sind. Auch die Aufhebung der Ziffern 2 sowie 4 des Bescheides war in Folge des Wegfalls ihrer Rechtsgrundlagen (vgl. § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG) bzw. der Bundesamtszuständigkeit (vgl. § 75 Nr. 12 AufenthG) im gemäß § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zutreffend. Sollte sich das Bundesamt weiterhin weigern, die Rechtsfolge des § 37 Abs. 1 AsylG anzuerkennen, bestünde ausnahmsweise sogar ein Rechtsschutzbedürfnis für eine allgemeine Leistungsklage, um die gesetzlich angeordnete Fortführung des Asylverfahrens zu erzwingen. Dies alles ist hier jedoch nicht entscheidungserheblich. Denn abweichend vom allgemeinen Verwaltungsprozessrecht mit der Berufungszulassungsmöglichkeit, „wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen“ (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), sieht der Gesetzgeber im Asylprozessrecht keinen entsprechenden Zulassungsgrund mehr vor (vgl. § 78 AsylG). Wegen der von der Beklagten vorgetragenen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die hier, wie ausgeführt, im Ergebnis ohnehin nicht vorliegen, darf die Berufung mithin nicht zugelassen werden.
10 
III. Soweit die Beklagte eine Grundsatzrüge erhebt, scheitert die Berufungszulassung daran, dass die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) nicht den Darlegungsanforderungen nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügend begründet wird.
11 
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nur hinreichend dargelegt, wenn in Bezug auf die Rechtslage oder die Tatsachenfeststellung eine konkrete Frage aufgeworfen und hierzu erläutert wird, warum sie bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte Probleme aufwirft, die über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam sind und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlich geklärt werden müssen. Es muss deshalb in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung deutlich werden, warum prinzipielle Bedenken gegen einen vom Verwaltungsgericht in einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage eingenommenen Standpunkt bestehen, warum es also erforderlich ist, dass sich auch das Berufungsgericht klärend mit der aufgeworfenen Frage auseinandersetzt und entscheidet, ob die Bedenken durchgreifen. Wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Bereich der Tatsachenfeststellungen geltend gemacht, erfordert das Darlegungsgebot insbesondere, dass die Antragsbegründung erkennen lässt, warum das Verwaltungsgericht die tatsächlichen Verhältnisse gerade in einer über den Einzelfall hinausgehenden Weise unzutreffend beurteilt haben soll, dass also z.B. einschlägige Erkenntnisquellen und die hierin niedergelegten Tatsachen unberücksichtigt geblieben sind oder fehlerhaft gewürdigt wurden, dass das Gewicht bzw. die Tragweite einer abweichenden Meinung verkannt worden sei und dass die Bewertungen des Verwaltungsgerichts deshalb nicht haltbar seien. Schließlich muss dargelegt werden, warum die aufgeworfene konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage für das Verwaltungsgericht erheblich war und warum sie sich auch im Berufungsverfahren als entscheidungserheblich stellen würde (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 15.03.2000 - A 6 S 48/00 -, Juris und vom 28.05.1997 - A 16 S 1388/97 -, AuAS 1997, 261; OVG NRW, Beschluss vom 21.03.2007 - 15 A 750/07.A -, Juris; Hess. VGH, Beschlüsse vom 28.01.1993 - 13 UZ 2018/92 -, Juris und vom 13.09.2001 - 8 UZ 944/00.A -, InfAuslR 2002, 156; Sächs. OVG, Beschluss vom 02.01.2013 - A 4 A 25/11 - Juris; Berlit in: GK-AsylVfG, § 78 Rn. 609 ff.).
12 
Diesen Anforderungen wird der Zulassungsantrag nicht gerecht. Denn es wird nicht hinreichend dargelegt, warum die aufgeworfenen Fragen für das Verwaltungsgericht erheblich waren bzw. warum sie sich auch im Berufungsverfahren als entscheidungserheblich stellen würden. Die Beklagte sieht folgende Fragen als grundsätzlich klärungsbedürftig an:
13 
„1. Ist eine teleologische Reduktion bei der Auslegung von § 37 AsylG vorzunehmen, weil die Übergangsregelung das Vertrauen der Antragsteller, die ihren Antrag vor Ablauf der am 20.07.2015 verstrichenen Umsetzungsfrist gestellt haben, lediglich dahingehend davor schützt, von Rechtsnachteilen durch die Umsetzung der neuen Richtlinie verschont zu bleiben?
14 
2. Ist es mit Art. 16a Abs. 2 und 4 GG (und der Entscheidung des BVerfG vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93) vereinbar, die Anwendung der nationalen Drittstaatenregelung aus dem Jahr 1993, die sich auch auf mögliche weitere Abschiebungsverbote, die von der normativen Vergewisserung erfasst sind, erstreckt, von der - lediglich an Zweifeln anknüpfenden - Entscheidung des Verwaltungsrichters im Eilverfahren abhängig zu machen? Ist eine solche, allein an Zweifeln des Verwaltungsrichters anknüpfende Entscheidung im Eilverfahren auch möglich, obwohl das Unionsrecht dies nicht fordert?
15 
3. Ist es mit Unionsrecht vereinbar, dass eine Entscheidung des Bundesamtes zur Unzulässigkeit eines Asylantrags gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nach summarischer Prüfung und stattgebender Entscheidung im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren in Anwendung der Vorschrift des § 37 Abs.1 AsylG die Unwirksamkeit einer solchen Entscheidung kraft Gesetzes eintritt, bzw. vom Gericht aufgehoben werden kann?
16 
4. Ist eine gesetzliche Regelung wie die des § 37 Abs. 1 AsylG mit dem in Art. 16a Abs. 2 GG geäußerten Willen des Gesetzgebers vereinbar?“
17 
Die Entscheidungserheblichkeit dieser Fragen ist von der Beklagten nicht hinreichend dargelegt. Für das Verwaltungsgericht waren allein die Fragen entscheidungserheblich, ob dem Kläger ein Anspruch zusteht, durch Urteil festgestellt zu bekommen, dass die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziff. 1 des Bundesamtsbescheids vom 19.05.2017 sowie die Abschiebungsandrohung in Ziff. 3 des Bescheids unwirksam sind, und ob er in Folge einen Anspruch auf Aufhebung der Ziffern 2 und 4 des Bescheides hat. Die Zulässigkeit dieser Anträge liegt auf der Hand, nachdem sich die Beklagte weigerte, nach Stattgabe im Eilverfahren gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG das Asylverfahren des Klägers fortzuführen. Die Begründetheit dieser Anträge ergibt sich, wie im angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt, unmittelbar aus dem Gesetz, d.h. aus den §§ 37 Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 3 Satz 1, 75 Nr. 12 AsylG. Hierzu bedarf es keiner Beantwortung der von der Beklagten aufgeworfenen Fragen.
18 
Die von der Beklagten aufgeworfenen Fragen zielen im Wesentlichen auf die Frage, ob Unions- oder Verfassungsrecht dem Gesetzgeber im Falle der Eilrechtsstattgabe wegen Rechtmäßigkeitszweifeln bezüglich der Abschiebungsandrohung und nicht zumindest auch der Unzulässigkeit des Asylantrags eine Norm wie § 37 Abs. 1 AsylG „zu Lasten des Bundesamtes“ verbietet. Soweit die Beklagte Unionsrechtsverstöße rügt, spezifiziert sie diese nicht weiter. Soweit sie sich auf Art. 16a GG beruft, wird nicht hinreichend erläutert, inwieweit das verfassungsrechtlich geregelte Asylrecht eine Verfahrensnorm wie § 37 Abs. 1 AsylG sperren könnte. Dass der Senat im Falle einer Zulassung der Berufung Anlass hätte, das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof oder nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsrecht vorzulegen, wird aus dem Vorbringen der Beklagten nicht hinreichend deutlich und drängt sich auch sonst nicht auf.
19 
IV. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl. § 78 Abs. 5 Satz 1 AsylG). Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 83b AsylG; damit erledigt sich der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
20 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet, weil die von der Beklagten allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfrage (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) schon nicht hinreichend dargelegt ist (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) und nicht vorliegt. Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass der Rechtsmittelführer eine für die erstrebte Berufungsentscheidung erhebliche konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufzeigt, weshalb diese Frage entscheidungserheblich und klärungsbedürftig ist und der Frage eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Hierfür ist erforderlich, dass sich der Zulassungsantrag mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert, d.h. in einer Weise auseinandersetzt, die verdeutlicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dem Klärungsbedarf nicht gerecht wird (vgl. BayVGH, B.v. 7.12.2016 – 10 ZB 16.631 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 21.6.2016 – 10 ZB 16.444 – juris Rn. 3; zum Zulassungsgrund § 132 Abs. 1 Nr. 1 VwGO vgl. etwa BVerwG, B.v. 1.3.2016 – 5 BN 1.15 – juris Rn. 2; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72 m.w.N.). Gemessen daran kommt die Zulassung der Berufung vorliegend nicht in Betracht.

Als klärungsbedürftig wirft die Beklagte die Rechtsfrage auf, „ob § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG dahin auszulegen ist, dass die Entscheidungen des Bundesamtes über die Unzulässigkeit des Asylantrags nebst der Abschiebungsandrohung auch dann unwirksam werden, wenn anstelle einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG auch in einem fortgeführten Verfahren eine Unzulässigkeitsentscheidung aufgrund eines anderen Unzulässigkeitstatbestands – z.B. gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG – ergehen müsste, d.h. die Entscheidung des Bundesamts auf einer anderen Rechtsgrundlage aufrechterhalten kann bzw. werden müsste“.

Diese Rechtsfrage würde sich jedoch in einem künftigen Berufungsverfahren nicht stellen und ist nicht klärungsbedürftig. Mit dem Integrationsgesetz vom 31.7.2016 (BGBl. I S. 1939) hat der Gesetzgeber in § 37 Abs. 1 S. 1 AsylG ausdrücklich geregelt, dass die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit des Antrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 AsylG und die Abschiebungsandrohung unwirksam werden, wenn das Verwaltungsgericht – wie hier – dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

Regelungsinhalt des § 37 Abs. 1 Satz AsylG ist, dass die dort genannten Unzulässigkeitsentscheidungen bereits durch einen erfolgreichen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, nicht nur vorläufig, sondern endgültig unwirksam werden und es nicht erst der Aufhebung in einem nachgelagerten Klageverfahren bedarf (Funke-Kaiser in GK-AsylG, § 37, Rn. 4; VG Münster, B.v. 24.11.2017 – 3 L 1944/17.A – juris Rn. 14). Das Hauptsacheverfahren ist somit aufgrund der gesetzlich vorgesehen Rechtsfolge des im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erfolgreichen Antrags erledigt (BeckOK AuslR/Pietzsch AsylG § 37 Rn. 3; Bergmann in Bergmann/Dienelt, AuslR, 12. Aufl. 2018, AsylG, § 37 Rn. 3). Der Gesetzgeber ordnet die Unwirksamkeit der Unzulässigkeitsentscheidung und der Abschiebungsandrohung unabhängig davon an, aus welchen Gründen im Eilverfahren dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stattgegeben wurde.

Angesichts des eindeutigen Wortlauts der gesetzlichen Regelung hat das Verwaltungsgericht entgegen der Auffassung der Beklagten keine Möglichkeit, bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, ob die gesetzlich angeordnete Fortführung des Asylverfahrens Sinn macht, auch wenn bereits feststehen sollte, dass der Asylantrag – wenn auch aus anderen Gründen – wiederum als unzulässig abgelehnt werden müsste.

Denn angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts der Vorschrift und des Fehlens jeglicher Anhaltspunkte für einen davon abweichenden Willen des Gesetzgebers (Erfordernis der Planwidrigkeit) scheidet entgegen der Auffassung der Beklagten eine teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs der Bestimmung aus.

Sollte die von der Beklagten aufgeworfene Frage so zu verstehen sein, ob dann, wenn der Bescheid des Bundesamtes vom 16. September 2016 in Nr. 1 dahingehend umgedeutet werden kann (zur Umdeutung vgl. BVerwG, B.v. 27.6.2017 – 1 C 26/16 – juris Rn. 27), dass der Asylantrag der Klägerinnen (auch) gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig hätte abgelehnt werden können, die Wirkungen des § 37 Abs. 1 AsylG nicht eintreten, so liegt darin keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung. Ob eine Umdeutung rechtlich möglich ist, weil die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG vorliegen, ist eine Frage des Einzelfalls und keiner grundsätzlichen Klärung zugänglich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 3. Januar 2017 rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der ersucht wird, die Rechtssache gemäß Art. 105 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs dem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen, zu folgenden Fragen eingeholt:

1. Ist ein Mitgliedstaat (hier: Deutschland) unionsrechtlich gehindert, einen Antrag auf internationalen Schutz wegen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen Mitgliedstaat (hier: Italien) in Umsetzung der Ermächtigung in Art. 33 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2013/32/EU bzw. der Vorgängerregelung in Art. 25 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2005/85/EG als unzulässig abzulehnen, wenn die Ausgestaltung des internationalen Schutzes, namentlich die Lebensbedingungen für anerkannte Flüchtlinge, in dem anderen Mitgliedstaat, der dem Antragsteller bereits internationalen Schutz gewährt hat (hier. Italien), den Anforderungen der Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU nicht genügt, ohne bereits gegen Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK zu verstoßen?

2. Falls Frage 1 zu bejahen ist: Gilt dies auch dann, wenn anerkannten Flüchtlingen im Mitgliedstaat der Flüchtlingsanerkennung (hier: Italien)

a) keine oder im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nur in deutlich eingeschränktem Umfang existenzsichernde Leistungen gewährt werden, sie insoweit aber nicht anders behandelt werden als die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaates?

b) zwar die Rechte nach Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU gewährt werden, sie aber faktisch erschwerten Zugang zu den damit verbundenen Leistungen haben oder solchen Leistungen familiärer oder zivilgesellschaftlicher Netzwerke haben, die staatliche Leistungen ersetzen oder ergänzen?

3. Steht Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2013/32/EU bzw. die Vorgängerregelung in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2005/85/EG der Anwendung einer nationalen Bestimmung entgegen, wonach eine unterbliebene persönliche Anhörung des Antragstellers bei einer von der Asylbehörde in Umsetzung der Ermächtigung in Art. 33 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2013/32/EU bzw. der Vorgängerregelung in Art. 25 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2005/85/EG ergangenen Ablehnung des Asylantrags als unzulässig nicht zur Aufhebung dieser Entscheidung wegen fehlender Anhörung führt, wenn der Antragsteller im Rechtsbehelfsverfahren Gelegenheit hat, alle gegen eine Unzulässigkeitsentscheidung sprechenden Umstände vorzubringen und auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens in der Sache keine andere Entscheidung ergehen kann?

Gründe

I

1

Der Kläger, nach eigenen Angaben Staatsangehöriger Eritreas, wendet sich gegen die Feststellung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), dass ihm aufgrund der Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht.

2

Der Kläger hielt sich bis September 2011 in Italien auf, wo er einen anderen Namen und ein anderes Geburtsdatum angegeben hatte und als äthiopischer Staatsangehöriger geführt wurde. Dort wurde er als Flüchtling anerkannt und erhielt eine bis zum 5. Februar 2015 gültige Aufenthaltserlaubnis sowie einen ebenfalls bis zum 5. Februar 2015 gültigen Reiseausweis.

3

Im September 2011 reiste er nach Deutschland ein und beantragte seine Anerkennung als Asylberechtigter. Da seine Fingerkuppen Veränderungen aufwiesen, konnte eine erkennungsdienstliche Behandlung nicht sogleich vorgenommen werden. Dazu angehört, gab er am 1. Dezember 2011 unter anderem an, noch nicht in einem anderen europäischen Land gewesen zu sein. Aufgrund von Fingerabdrücken, die ihm im Juni 2012 abgenommen wurden, stellte sich heraus, dass er schon in Italien um Schutzgewährung nachgesucht hatte. Auf die Bitte, das Asylverfahren zu übernehmen, teilte das italienische Innenministerium unter dem 8. Januar 2013 mit, der Kläger habe in Italien den Flüchtlingsstatus erhalten. Weil sein Asylverfahren damit abgeschlossen sei, komme eine Rückübernahme nach Dublin-Regeln nicht in Betracht; möglich sei sie aber nach dem Rückübernahmeabkommen. Unter dem 26. Februar 2013 teilte das italienische Innenministerium dem Bundespolizeipräsidium mit, dass dem Antrag auf Wiederaufnahme des Klägers entsprochen wurde, da er als Flüchtling anerkannt worden sei und daher seine Rückkehr nach Italien genehmigt werde.

4

Mit Bescheid vom 18. Februar 2013 stellte das Bundesamt fest, dass dem Kläger aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht (Ziffer 1), und ordnete seine Abschiebung nach Italien an (Ziffer 2).

5

Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 15. April 2013 ab. Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19. Mai 2016 die Abschiebungsanordnung nach Italien aufgehoben, die Berufung im Übrigen aber zurückgewiesen. Die Feststellung, dass dem Kläger in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht, sei rechtmäßig, weil der Kläger aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG nach Deutschland eingereist sei (§ 26a Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylG). Italien sei ein sicherer Drittstaat. Dort drohe dem Kläger keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK. In Italien seien Ausländer, die dort als Flüchtlinge anerkannt worden sind, italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt, d.h. es werde grundsätzlich von ihnen erwartet, dass sie selbst für ihre Unterbringung und ihren Lebensunterhalt sorgen. Dies sei nicht menschenrechtswidrig. Italien habe die EU-Richtlinie 2011/95/EU in nationales Recht umgesetzt. Es sei deshalb davon auszugehen, dass anerkannte Flüchtlinge in Italien in den Genuss der in den Art. 20 bis 35 dieser Richtlinie genannten Rechte kommen. Die Anordnung der Abschiebung nach Italien sei jedoch rechtswidrig, weil nicht feststehe, ob die Übernahmebereitschaft Italiens fortbestehe, nachdem mittlerweile die Gültigkeit des dem Kläger ausgestellten Reiseausweises (5. Februar 2015) abgelaufen sei.

6

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Er rügt zunächst, das Bundesamt habe nicht von einer persönlichen Anhörung des Klägers absehen dürfen. Im Übrigen könne sich das Bundesamt nicht auf die Drittstaatenregelung stützen, wenn der Kläger in einem anderen Mitgliedstaat der EU als Flüchtling anerkannt worden sei. Eine Unzulässigkeitsentscheidung nach Art. 25 Abs. 2a der Richtlinie 2005/85/EG sei nicht getroffen worden.

7

Die Beklagte meint, der Asylantrag sei nunmehr jedenfalls nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig. Die Pflicht zur Anhörung des Klägers sei nicht verletzt. Nach Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2005/85/EG hindere das Fehlen einer Anhörung die Asylbehörde nicht daran, über den Asylantrag zu entscheiden.

II

8

Der Rechtsstreit ist auszusetzen. Gemäß Art. 267 AEUV ist eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Gerichtshof) zu den im Beschlusstenor formulierten Fragen einzuholen. Diese Fragen betreffen die Auslegung der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl. L 326 S. 13 - Richtlinie 2005/85/EG), die in der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung, ABl. L 180 S. 60 - Richtlinie 2013/32/EU) ihren Anschluss gefunden hat, sowie der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC). Da es um die Auslegung von Unionsrecht geht, ist der Gerichtshof zuständig.

9

1. Die rechtliche Beurteilung der auf Aufhebung von Ziffer 1 des Bescheides vom 18. Februar 2013 gerichteten Anfechtungsklage richtet sich im nationalen Recht nach dem Asylgesetz (AsylG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch das am 10. November 2016 in Kraft getretene Fünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches - Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung (StrÄndG 50) vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2460). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Revisionsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte. Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die aktuelle Rechtslage zugrunde legen. Dazu gehört auch die durch das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) mit Wirkung vom 6. August 2016 geschaffene Neufassung des § 29 AsylG.

10

Den hiernach maßgeblichen rechtlichen Rahmen des Rechtsstreits bilden die folgenden Vorschriften des nationalen Rechts:

11

Art. 16a GG

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. (...)

(...)

12

§ 24 AsylG

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Nach der Asylantragstellung unterrichtet das Bundesamt den Ausländer in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens und über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere auch über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung. Es hat den Ausländer persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt den Ausländer als asylberechtigt anerkennen will oder wenn der Ausländer nach seinen Angaben aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) eingereist ist. (...)

(...)

13

§ 26a AsylG

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1. (...)

2. die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder

3. (...)

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

14

§ 29 AsylG

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1. ein anderer Staat

a) nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) oder

b) auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages

für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,

2. ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,

3. ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,

(...)

15

§ 34a AsylG

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. (...) Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) (...)

16

§ 35 AsylG

In den Fällen des § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war.

17

§ 37 AsylG

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(...)

18

§ 77 AsylG

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. (...)

19

§ 25 AufenthG

(...)

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. (...)

(...)

20

§ 60 AufenthG

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(...)

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

21

§ 86 VwGO

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(...)

22

§ 46 VwVfG

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

23

Art. 2 des Europäischen Übereinkommens über den Umgang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16. Oktober 1980 (BGBl. 1994 II S. 2646)

(1) Die Verantwortung gilt nach Ablauf von zwei Jahren des tatsächlichen und dauernden Aufenthalts im Zweitstaat mit Zustimmung von dessen Behörden oder zu einem früheren Zeitpunkt als übergangen, wenn der Zweitstaat dem Flüchtling gestattet hat, entweder dauernd oder länger als für die Gültigkeitsdauer des Reiseausweises in seinem Hoheitsgebiet zu bleiben.

24

Diese Zweijahresfrist beginnt mit der Aufnahme des Flüchtlings im Hoheitsgebiet des Zweitstaats oder, lässt ich dieser Zeitpunkt nicht feststellen, mit dem Tag, an dem er sich bei den Behörden des Zweitstaats meldet.

25

2. Die Vorlagefragen sind entscheidungserheblich und bedürfen einer Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.

26

a) Das Bundesamt durfte die Prüfung des Asylantrags nicht mit der Begründung ablehnen, dass der Kläger aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist. Diese auf § 26a AsylG gestützte Entscheidung ist an der während des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen Regelung in § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG in der Fassung des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) zu messen. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a AsylG betrachtet wird. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor, weil sicherer Drittstaat in diesem Sinne bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung nur ein Staat sein kann, der nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union ist. Dies hält der Senat für einen "acte clair", wie er näher in seinen Vorlagebeschlüssen vom 23. März 2017 (u.a. BVerwG 1 C 17.16 - juris Rn. 12 ff.) ausgeführt hat.

27

b) Die Vorlagefragen stellen sich im Rahmen der vom Senat zu prüfenden Frage, ob die vom Bundesamt getroffene Drittstaatenentscheidung in eine andere rechtmäßige Entscheidung umgedeutet werden kann. In Betracht kommt eine Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 AsylG gewährt hat. Für Asylanträge von Ausländern, denen in einem anderen Mitgliedstaat - wie hier - die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, ergab sich deren Unzulässigkeit bis zum Inkrafttreten des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG im August 2016 aus § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 - BVerwGE 150, 29 Rn. 29). Eine Ermächtigung zum Erlass einer solchen nationalen Vorschrift enthielt bereits Art. 25 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2005/85/EG. Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU hat diese Möglichkeit inzwischen auf jede Form der Gewährung internationalen Schutzes durch einen anderen Mitgliedstaat erweitert. Damit kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen, welche Fassung der Asylverfahrensrichtlinie hier maßgeblich ist (vgl. hierzu Vorlagebeschlüsse des vorlegenden Gerichts vom 23. März 2017 - BVerwG 1 C 17.16 u.a.).

28

aa) Die Prüfung der Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG hat sich hier nicht dadurch erledigt, dass die Entscheidung des Bundesamts infolge der Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz durch das Verwaltungsgericht nach § 37 Abs. 1 AsylG unwirksam geworden ist. Das ist schon deshalb nicht der Fall, weil die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hier gegen einen auf die Drittstaatenregelung des § 26a AsylG gestützten Bescheid und die darin ergangene Abschiebungsanordnung ergangen ist, während sich die Unwirksamkeitsregelung des § 37 Abs. 1 AsylG nur auf Unzulässigkeitsentscheidungen nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG bezieht, aber nicht auf Drittstaatenbescheide nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG. Daher brauchte nicht entschieden zu werden, ob es sich bei der Verweisung des § 37 Abs. 1 AsylG auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG um ein Redaktionsversehen handelt.

29

bb) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG liegen vor. Italien ist ein Mitgliedstaat der EU. Dem Kläger wurde dort nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU zuerkannt und damit internationaler Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt.

30

cc) Im vorliegenden Fall bedarf es keiner Klärung durch den Gerichtshof, wie zu verfahren ist, wenn die Ausgestaltung des internationalen Schutzes, namentlich die Lebensbedingungen für anerkannte Flüchtlinge in dem Mitgliedstaat, der dem Drittstaatsangehörigen Flüchtlingsschutz gewährt hat, gegen Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK verstößt (vgl. hierzu Vorlagefrage 3b) Alt. 1 des Vorlagebeschlusses vom 23. März 2017 - BVerwG 1 C 17.16 - juris). Denn das Berufungsgericht ist aufgrund seiner Tatsachen- und Beweiswürdigung, die für das Revisionsgericht bindend ist, zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Bedingungen in Italien nicht gegen Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK verstoßen. Der Kläger hat diese Feststellungen mit der Revision auch nicht angegriffen.

31

dd) Klärungsbedürftig ist jedoch, ob es der Ablehnung des Asylantrags eines bereits als Flüchtling anerkannten Ausländers als unzulässig entgegensteht, wenn die Ausgestaltung des internationalen Schutzes, namentlich die Lebensbedingungen für anerkannte Flüchtlinge, in dem Mitgliedstaat der Flüchtlingsanerkennung (hier: Italien) den Anforderungen der Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU nicht genügt, ohne bereits gegen Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK zu verstoßen. Diese Frage hat das Berufungsgericht zwar insofern verneint, als es die rechtswirksame Umsetzung der Regelungen der Art. 20 bis 35 Richtlinie 2011/95/EU festgestellt hat. Es hat aber keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen, inwieweit anerkannte Flüchtlinge faktisch erschwerten Zugang zu den durch die Rechte nach Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU vermittelten Leistungen haben und ob sie Zugang zu den Leistungen familiärer oder zivilgesellschaftlicher Netzwerke haben, die staatliche Leistungen ersetzen oder ergänzen. Diese Frage ist entscheidungserheblich, denn im Fall der Bejahung eines rechtlichen Hindernisses für eine Unzulässigkeitsentscheidung in diesem Fall wäre das Verfahren an das Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung hierzu zurückzuverweisen, im Fall der Verneinung wäre die Revision des Klägers hingegen zurückzuweisen. Die Frage ist klärungsbedürftig, weil in der nationalen Rechtsprechung divergierende Ansichten vertreten werden und der Gerichtshof sie noch nicht entschieden hat.

32

Vorlagefrage 1

Mit der Frage 1 möchte das vorlegende Gericht eine Klärung herbeiführen, ob ein anerkannter Flüchtling Anspruch auf ein weiteres Anerkennungsverfahren in einem anderen EU-Mitgliedstaat hat, wenn die Lebensbedingungen für Flüchtlinge dort zwar nicht gegen Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK verstoßen, es jedoch unterhalb dieser Schwelle tatsächliche Probleme beim Zugang zu den Leistungen gibt, die Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU vermitteln. Das vorlegende Gericht neigt aus zwei Gründen dazu, einen solchen Anspruch zu verneinen.

33

Zum einen würde eine Absenkung der durch Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK gezogenen Schwelle das Gemeinsame Europäische Asylsystem und das ihm zugrunde liegende gegenseitige Vertrauen unterlaufen. Es würde die schon in erheblichem Umfang stattfindende Sekundärmigration von Schutzberechtigten und das sogenannte "asylum shopping" fördern, deren Verhinderung eines der Ziele des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist. Die Regelungen der Anerkennungsrichtlinie über die Ausgestaltung des internationalen Schutzes gewährleisten Flüchtlingen existenzsichernde Leistungen allenfalls in demselben Umfang, wie sie eigene Staatsangehörige erhalten (vgl. Art. 27, 29 Abs. 1 und Art. 30 Richtlinie 2011/95/EU). Daher erhalten Flüchtlinge in Italien - anders als in Deutschland - keine staatliche Sozialhilfe, weil der italienische Staat entsprechende Leistungen auch seinen eigenen Staatsbürgern nicht gewährt. Auch ist das Niveau staatlicher Leistungen sowie das Angebot an Integrationsmaßnahmen (Art. 34 Richtlinie 2011/95/EU) in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Der Unionsgesetzgeber hat insoweit auf eine Vereinheitlichung - auch für anerkannte Flüchtlinge - verzichtet. Daraus folgt, dass es unionsrechtlich allenfalls dann geboten sein kann, einen Antrag auf nochmalige Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem anderen Mitgliedstaat entgegen der dort im nationalen Recht angeordneten Unzulässigkeit derartiger Anträge zu prüfen, wenn die Lebensbedingungen in dem Mitgliedstaat, der dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK verletzen (zu den vorstehend bezeichneten Problemen s.a. VGH Mannheim, Beschluss vom 15. März 2017 - A 11 S 2151/16 - Asylmagazin 2017, 23b Frage 3).

34

Zum anderen ergibt sich selbst im Fall der Bejahung eines über Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK hinausgehenden Schutzbedarfs nicht die Notwendigkeit eines weiteren Asylverfahrens. Eine Alternative hierzu bietet eine aufenthaltsrechtliche Lösung, die den in einem anderen Mitgliedstaat anerkannten Flüchtlingen die Rechte nach Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU in Deutschland oder jedenfalls eine gesicherte Rechtsstellung ohne Durchführung eines erneuten Anerkennungsverfahrens einräumt, solange ihm ein Aufenthalt in diesem anderen Mitgliedstaat nicht zumutbar ist. In § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG hat der deutsche Gesetzgeber von der nach Völker- und Unionsrecht möglichen, wenn auch nicht gebotenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Anerkennungsentscheidungen anderer Staaten in begrenztem Umfang Rechtswirkungen auch im eigenen Land beizumessen. Danach gilt das gesetzliche Abschiebungsverbot in den Verfolgerstaat nach § 60 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auch für ausländische Flüchtlingsanerkennungen (BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 - BVerwGE 150, 29 Rn. 29). Besteht für den Ausländer im Staat seiner Flüchtlingsanerkennung (ausnahmsweise) die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC/Art. 3 EMRK, darf er auch in diesen Staat nicht abgeschoben werden (§ 60 Abs. 5 AufenthG). Besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG, "soll" dem Ausländer nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG von der Ausländerbehörde eine (humanitäre) Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ihm auch die Ausreise in einen anderen Staat nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Auf diese Weise kann ein Betroffener auch ohne ein weiteres Asylverfahren einen legalen Aufenthalt in Deutschland erlangen und in den Genuss der damit verbundenen Integrationsrechte kommen. Der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG hat zwar nicht automatisch zu allen einem anerkannten Flüchtling in Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU gewährten Rechten Zugang. Auf einen in einem anderen Mitgliedstaat anerkannten Flüchtling findet aber Art. 2 des - von Deutschland ratifizierten - Europäischen Übereinkommens über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16. Oktober 1980 Anwendung. Danach geht die Verantwortung für einen Flüchtling spätestens nach Ablauf von zwei Jahren des "tatsächlichen und dauernden Aufenthalts" im Bundesgebiet auf Deutschland über. Damit kann ein in einem anderen Mitgliedstaat anerkannter Flüchtling auch ohne Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in Deutschland in den vollen Genuss der mit der Flüchtlingsanerkennung verbundenen Rechte kommen.

35

Selbst wenn man von der unionsrechtlichen Vorgabe ausgeht, dass dem in einem Mitgliedstaat anerkannten Flüchtling die mit diesem Status verbundenen Rechte und Vorteile auch nicht vorübergehend vorenthalten werden dürfen, bedarf es bei nicht zumutbarer Rückkehr in den anderen Mitgliedstaat nicht zwingend der Durchführung eines erneuten Asylverfahrens, sondern könnte dieser Vorgabe wirksam auch dadurch Rechnung getragen werden, dass der Betroffene, solange ihm eine Rückkehr in den Mitgliedstaat, der ihn als Flüchtling anerkannt hat, nicht zumutbar ist, im Aufenthaltsmitgliedstaat in unionskonformer Auslegung der nationalen aufenthalts- und sozialrechtlichen Rechtsvorschriften wie ein dort anerkannter Flüchtling zu behandeln ist. Dies hätte gegenüber der Durchführung eines erneuten Anerkennungsverfahrens den Vorzug, dass der Betroffene im Ergebnis nicht besser, aber auch nicht schlechter gestellt würde, als er stünde, wenn der Mitgliedstaat, der ihm internationalen Schutz gewährt hat, den damit verbundenen unionsrechtlichen Verpflichtungen nachkäme. Außerdem würde berücksichtigt, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem auf dem Grundsatz beruht, dass die Prüfung eines Asylantrags nur durch einen einzigen Mitgliedstaat erfolgt (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO). Dies soll nicht nur Mehrfachanerkennungen, sondern auch - bei nochmaliger Durchführung eines Asylverfahrens nicht auszuschließende - divergierende Entscheidungen innerhalb der Union mit allen ihren unionsrechtlich unerwünschten Folgeerscheinungen vermeiden.

36

Vorlagefrage 2

Mit der in zwei Varianten aufgegliederten Frage 2 möchte das vorlegende Gericht weitere Klärung für den Fall der Bejahung von Frage 1 herbeiführen. Dabei dient die Unterfrage a der Klärung, ob der Unzulässigkeit eines erneuten Asylverfahrens auch der Umstand entgegengehalten werden kann, dass anerkannten Flüchtlingen im Mitgliedstaat der Flüchtlingsanerkennung (hier: Italien) keine oder im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nur in deutlich eingeschränktem Umfang existenzsichernde Leistungen gewährt werden, sie insoweit aber nicht anders behandelt werden als die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaates. Hierdurch soll geklärt werden, ob anerkannte Flüchtlinge einen Anspruch auf einen über eine formalrechtliche Gleichbehandlung mit den eigenen Staatsangehörigen hinausgehenden Mindeststandard haben.

37

Mit der Unterfrage b soll geklärt werden, ob der Unzulässigkeit eines erneuten Asylverfahrens auch der Umstand entgegengehalten werden kann, dass anerkannten Flüchtlingen im Mitgliedstaat der Flüchtlingsanerkennung (hier: Italien) zwar die Rechte nach Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU gewährt werden, sie aber faktisch erschwerten Zugang zu den damit verbundenen Leistungen haben oder zu solchen Leistungen familiärer oder zivilgesellschaftlicher Netzwerke, die staatliche Leistungen ersetzen oder ergänzen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass aufgrund der Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU in Italien grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass anerkannte Flüchtlinge dort in den Genuss der in den Art. 20 bis 35 dieser Richtlinie genannten Rechte kommen. Es hat diese auf die Rechtslage abstellende Bewertung durch Tatsachenerkenntnisse des Auswärtigen Amtes, der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und weiterer Nichtregierungsorganisationen untermauert. Auf dieser Grundlage gelangt es zu dem Ergebnis, dass Flüchtlinge in gleichem Umfang einen begrenzten, aber Art. 3 EMRK nicht verletzenden Zugang zu öffentlichen Fürsorgeleistungen und privaten Unterstützungsleistungen haben wie Italiener. Die gleiche Feststellung trifft das Berufungsgericht für den Zugang zur Gesundheitsversorgung. Was die Versorgung anerkannter Flüchtlinge mit Wohnraum anbelangt, stehen nach den Erkenntnissen des Berufungsgerichts in Italien landesweit ausreichend öffentliche oder caritative Unterkunftsmöglichkeiten zur Verfügung (bei teilweiser lokaler Überbelegung). Zugleich räumt es ein, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt schwierig sei. Viele Flüchtlinge, insbesondere junge Männer, die mit gleichaltrigen italienischen Arbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt konkurrierten, fänden häufig nur als Saisonarbeiter in der Landwirtschaft eine Beschäftigung. In seiner Gesamtwürdigung kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass anerkannte Flüchtlinge in Italien jedenfalls ihre Grundbedürfnisse decken können. Gelinge dies nicht sogleich oder vollständig, könnten sie die Hilfe caritativer Organisationen erhalten. Aus den Feststellungen des Gerichts ergeben sich allerdings auch Hinweise auf tatsächliche Probleme bei der Wahrnehmung der durch Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU gewährten Rechte, etwa beim Zugang zum Arbeitsmarkt. Zum anderen wurde - vom Rechtsstandpunkt des Gerichts konsequent - nicht näher untersucht, in welchem Umfang Flüchtlinge erschwerten Zugang zu Leistungen familiärer oder zivilgesellschaftlicher Netzwerke haben, die staatliche Leistungen ersetzen oder ergänzen. Entsprechendes gilt für die Frage des Angebots von Integrationsmaßnahmen nach Art. 34 der Richtlinie 2011/95/EU. Es bedarf daher der Klärung durch den Gerichtshof, ob es hierauf für die Frage der Eröffnung eines erneuten Asylverfahrens ankommt.

38

ee) Klärungsbedürftig ist weiter, welche Folgen die fehlende Anhörung des Ausländers zur beabsichtigten Unzulässigkeitsentscheidung des Bundesamts hat, die Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2005/85/EG vorschreibt, wenn er im Rechtsbehelfsverfahren Gelegenheit hat, alle gegen eine Unzulässigkeitsentscheidung sprechenden Umstände vorzubringen und auch unter Berücksichtigung dieses Vorbringens aus Rechtsgründen keine andere Entscheidung in der Sache ergehen kann. Dieser Klärung dient die dem Gerichtshof unterbreitete Vorlagefrage 3.

39

Im vorliegenden Verfahren stellte der Kläger im September 2011 in Deutschland einen Asylantrag. In der von ihm unterschriebenen Niederschrift zum Asylantrag machte er Angaben zu seinen Personalien und bezeichnete den Antrag als Asylerstantrag. Aufgrund von Veränderungen seiner Fingerkuppen erbrachten Eurodac-Anfragen zunächst keine Treffermeldung. Allerdings verneinte der Kläger bei einer Vorsprache beim Bundesamt am 1. Dezember 2011 ausdrücklich die Frage, schon einmal in einem anderen europäischen Land gewesen zu sein. Er gab an, in Eritrea als Soldat gearbeitet zu haben. Aufgrund von Fingerabdrücken, die ihm im Juni 2012 abgenommen wurden, ergab sich, dass er im Jahr 2009 bereits in Italien Asyl beantragt hatte. Aus Mitteilungen des italienischen Innenministeriums vom Januar 2013 und Februar 2013 ergab sich weiter, dass dem Kläger in Italien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden war, wenn auch unter einem anderen Namen und Geburtsdatum, und ihm eine Aufenthaltserlaubnis mit Gültigkeit bis zum 5. Februar 2015 ausgestellt worden war. Das Bundesamt erließ am 18. Februar 2013 die hier angefochtene Verfügung, ohne den Kläger zuvor zu den vom italienischen Innenministerium mitgeteilten Tatsachen und der beabsichtigten Ablehnung seines Asylantrags anzuhören.

40

Das vom Bundesamt gewählte Verfahren verstieß gegen das bereits damals geltende deutsche Asylverfahrensrecht. Nach § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylG ist das Bundesamt zu einer Anhörung des Ausländers gemäß § 25 AsylG verpflichtet (vgl. heute ergänzend § 29 Abs. 2 AsylG). Eine solche ist nicht erfolgt, der Kläger ist weder zu seinen Verfolgungsgründen noch zu seinem Aufenthalt in Italien und der dort erfolgten Flüchtlingsanerkennung angehört worden. Zwar kann nach § 24 Abs. 1 Satz 4 AsylG von einer Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer "nach seinen Angaben aus einem sicheren Drittstaat (§ 26 a) eingereist ist". Die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes sind jedoch nicht erfüllt, denn der Kläger hat derartige Angaben nicht gemacht, das Bundesamt hat seine entsprechenden Erkenntnisse vielmehr über einen Eurodac-Treffer und dem folgende Informationen der italienischen Behörden erlangt.

41

Das vom Bundesamt gewählte Verfahren verstieß auch gegen Unionsrecht, denn Art. 12 Richtlinie 2005/85/EG schreibt eine Anhörung des Asylantragstellers vor. Einer der Ausnahmetatbestände des Art. 12 Abs. 2 Richtlinie 2005/85/EG lag nicht vor. Zwar hat bereits am 22. September 2011 ein Treffen mit dem Kläger stattgefunden, in dem er bei der Ausfüllung des Antrags im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Buchst. b Richtlinie 2005/85/EG unterstützt wurde. Das ausgefüllte Formular nahm auch alle Angaben auf, die in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG aufgeführt werden, allerdings mit Ausnahme der Gründe für seinen Asylantrag. Da Angaben hierzu fehlen, durfte nach Art. 12 Abs. 2 Buchst. b Richtlinie 2005/85/EG nicht von der Anhörung abgesehen werden. Von der Verpflichtung zur Anhörung war das Bundesamt auch nicht aufgrund der Regelung des Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2005/85/EG befreit. Nach dieser Vorschrift hindert die Tatsache, dass keine persönliche Anhörung gemäß Art. 12 Richtlinie 2005/85/EG stattgefunden hat, die Asylbehörde nicht daran, über den Asylantrag zu entscheiden. Das vorlegende Gericht versteht die Regelung dahin, dass sie sich nur auf die Fallgestaltungen bezieht, in denen eine Anhörung nach den Bestimmungen der Richtlinie 2005/85/EG unterbleiben durfte (z.B. nach Art. 12 Abs. 2 und 3 Richtlinie 2005/85/EG). Auch in der Kommentarliteratur wird die Vorschrift so ausgelegt (vgl. Vedsted-Hansen, in: Hailbronner/Thym , EU Immigration and Asylum Law, 2. Aufl. 2016, Asylum Procedures Directive 2013/32/EU Art. 14 Rn. 8). Derartige Ausnahmen von der Anhörungspflicht liegen hier nicht vor. Nichts anderes gilt bei Anwendung des Art. 14 und des Art. 34 Abs. 1 der Richtlinie 2013/32/EU.

42

Zu klären ist, ob die Ausnahmeregelungen des Art. 12 Abs. 2 und 3 Richtlinie 2005/85/EG bzw. des Art. 14 Abs. 2 Richtlinie 2013/32/EU abschließend sind oder das Unionsrecht aufgrund der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten weitere im nationalen Recht ausdrücklich geregelte Ausnahmen und Heilungsmöglichkeiten zulässt. Das nationale Recht stuft einen Anhörungsmangel nach § 46 VwVfG als unerheblich ein, wenn offensichtlich ist, dass er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Das ist hier zu bejahen, weil die Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG eine gebundene Entscheidung darstellt. In derartigen Fällen kann sich ein Anhörungsmangel im Ergebnis nicht auswirken, weil das Bundesamt und nachfolgend die Verwaltungsgerichte aufgrund der ihnen jeweils obliegenden Amtsermittlungspflicht verpflichtet sind, alle Tatbestandsvoraussetzungen der Norm von Amts wegen aufzuklären. Das gilt auch für eventuelle ungeschriebene Voraussetzungen, wie sie sich u.a. aus der Beantwortung der Vorlagefragen 1 und 2 aus unionsrechtlichen Gründen ergeben könnten (vgl. VG Hamburg, Urteil vom 22. November 2016 - 16 A 5054/14 - juris Rn. 16, VG Lüneburg, Urteil vom 21. Dezember 2016 - 8 A 170/16 - juris Rn. 23). Allerdings hat es eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts für den Anwendungsbereich der hier nicht maßgeblichen Dublin III-Verordnung als klärungsbedürftige Frage angesehen, ob die Anwendung von § 46 VwVfG dadurch beschränkt wird, dass Art. 5 Abs. 2 Dublin III-Verordnung - ähnlich wie hier Art. 12 Abs. 2 und 3 Richtlinie 2005/85/EG und Art. 14 Abs. 2 und Art. 34 Abs. 1 Richtlinie 2013/32/EU - Fallgruppen normiert, in denen von einem persönlichen Gespräch (Anhörung) abgesehen werden darf, sofern dies eine spezielle und insoweit abschließende Regelung des Verfahrens darstellt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. Januar 2017 - 2 BvR 2013/16 - juris Rn. 20).

43

Der Gerichtshof hat sich zwar schon mit Heilungsmöglichkeiten bei Anhörungsmängeln befasst, nicht aber in Bezug auf Unzulässigkeitsentscheidungen nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2005/85/EG oder Art. 33 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2013/32/EU. So hat er bei einer fehlerhaften Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung einen Verstoß gegen Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU dann bejaht, wenn - gestützt auf § 46 VwVfG - einem Kläger als Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit die Beweislast für das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem von ihm geltend gemachten Verfahrensfehler und dem Ergebnis der Verwaltungsentscheidung aufgebürdet wird (EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:EU:C:2015:683], Europäische Kommission/Bundesrepublik Deutschland - Rn. 62). Eine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur dann verneint werden, wenn das Gericht oder die Stelle im Sinne dieses Artikels - ohne dem Rechtsbehelfsführer in irgendeiner Form die Beweislast für den Kausalzusammenhang aufzubürden - gegebenenfalls anhand der vom Bauherrn oder von den zuständigen Behörden vorgelegten Beweise und, allgemeiner, der gesamten dem Gericht oder der Stelle vorliegenden Akte zu der Feststellung in der Lage ist, dass die angegriffene Entscheidung ohne den vom Rechtsbehelfsführer geltend gemachten Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre (EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 - Rn. 60).

44

Ausgehend von der vorstehend dargestellten Rechtsprechung des Gerichtshofs lässt sich zu dem Anhörungsmangel nach Art. 12 Richtlinie 2005/85/EG/Art. 14 i.V.m. Art. 34 Richtlinie 2013/32/EU ausführen, dass dieser nach nationalem Recht im gerichtlichen Verfahren in vollem Umfang kompensiert wird. Der Kläger hat in seiner Klageschrift umfangreich dargelegt, mit welchen Problemen er in Italien bei der Suche nach einer Wohnung konfrontiert war, für deren Anmietung ihm die finanziellen Mittel gefehlt hätten. Er hat ferner eingehend dargelegt, welche Schwierigkeiten er bei der Arbeitssuche gehabt habe, weshalb er habe betteln oder Essen bei der Caritas holen müssen. Wegen der Perspektivlosigkeit seiner Situation habe er sich entschlossen, nach Deutschland weiterzureisen. Das Verwaltungsgericht hat daraufhin beschlossen, dass die angeordnete Abschiebung nicht vollzogen werden darf und von Amts wegen Auskünfte des Auswärtigen Amtes und der "Associazione per gli Studi Giuridici sull'Immigrazione" (ASGI) über die Rechte eines anerkannten Flüchtlings in Italien im Hinblick auf Aufenthalt, Freizügigkeit, Zugang zur Arbeit und medizinischer Versorgung ausgewertet. Das erfolgte unter Beachtung von § 86 Abs. 1 VwGO, wonach das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen, das Gericht ist jedoch - anders als in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten - an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. Das Verwaltungsgericht hat die Klage aufgrund seiner eigenverantwortlichen Tatsachen- und Beweiswürdigung dann im Ergebnis abgewiesen, weil es auch unter Würdigung des Vorbringens und der individuellen Umstände des Klägers zu dem Ergebnis gelangt ist, dass er als alleinstehender junger Mann nach und nach in Italien werde Fuß fassen können und es ihm auch möglich sei, jedenfalls zu Beginn auf die Hilfe karitativer Einrichtungen zurückzugreifen. Auch das Berufungsgericht hat von Amts wegen unter Auswertung unterschiedlicher Erkenntnisquellen untersucht, ob der Kläger im Fall seiner Abschiebung nach Italien Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Es hat auf den Seiten 20 bis 26 seines Urteils im Einzelnen dargelegt, warum dies aufgrund seiner Tatsachen- und Beweiswürdigung nicht der Fall ist und sich dabei auf Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes, der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und weiterer Nichtregierungsorganisationen gestützt. Auch die individuelle Lage des Klägers, wie sie sich aus den festgestellten Tatsachen und seinem Vorbringen ergibt, wurde dabei gewürdigt. Dem Kläger wurde nicht die Beweislast für das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem von ihm geltend gemachten Anhörungsmangel und dem Ergebnis der Verwaltungsentscheidung aufgebürdet. Vielmehr hat das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf das oben zitierte Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2015 die Beweislast hierfür der Behörde auferlegt (UA S. 11). Es hat den Kausalzusammenhang bejaht, weil sich dies aus Rechtsgründen ergebe. Zwar ist vorliegend noch nicht abschließend geklärt, ob eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG über die ausländische Flüchtlingsanerkennung hinaus aus unionsrechtlichen Gründen weitere ungeschriebene Voraussetzungen hat und welche dies gegebenenfalls sind (vgl. dazu etwa Vorlagefragen 1 und 2). Soweit dies der Fall sein sollte und das Vorliegen dieser Voraussetzungen vom Senat anhand der vom Berufungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen - in denen auch das Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren berücksichtigt ist - nicht feststellbar sein sollte, könnte die Entscheidung des Bundesamts, wegen der Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylverfahren durchzuführen, nicht in eine Entscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG umgedeutet werden. Sie wäre dann wegen materieller Rechtswidrigkeit aufzuheben.

45

Auch im Normalfall, in dem es nicht um eine Umdeutung geht, hat ein Anhörungsmangel im deutschen Verwaltungsprozessrecht bei gebundenen Entscheidungen keine selbstständige Bedeutung. Die Amtsermittlungspflicht der Behörde und die umfassende gerichtliche Überprüfung durch die ebenfalls zur Amtsermittlung verpflichteten Verwaltungsgerichte, die überdies dem Kläger selbst rechtliches Gehör gewähren, führt dazu, dass sich eine derartige Verwaltungsentscheidung am Ende entweder als rechtmäßig oder aber als materiell rechtswidrig erweist, ohne dass dem Verfahrensfehler eigenständige Bedeutung zukommt. Der Gerichtshof wird zu würdigen haben, ob diese umfassende gerichtliche Überprüfung es rechtfertigt, einen Anhörungsmangel nach nationalem Recht für unbeachtlich zu erklären, soweit der Behörde bei ihrer Entscheidung - wie hier - kein Ermessen eröffnet ist.

46

Bei seiner Bewertung der Rechtslage könnte auch eine Rolle spielen, welchen unionsrechtlichen Einschränkungen Art. 33 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2013/32/EU bzw. die Vorgängerregelung in Art. 25 Abs. 2 Buchst. a Richtlinie 2005/85/EG unterliegt und wie der Gerichtshof die Vorlagefragen 1 und 2 beantwortet. Denn wenn die Zurückführung eines anerkannten Flüchtlings in den EU-Mitgliedstaat, der ihn anerkannt hat, voraussetzt, dass über das Fehlen von Gründen nach Art. 4 GRC/Art. 3 EMRK hinaus kein faktisch erschwerter Zugang zu den Rechten nach Art. 20 ff. Richtlinie 2011/95/EU bestehen darf wie auch zu den damit verbundenen Leistungen einschließlich solcher familiärer oder zivilgesellschaftlicher Netzwerke, erweitert sich der Prüfungsumfang für Behörden und Gerichte. Aus einem derartig erweiterten Prüfungsumfang könnte der Gerichtshof eine erhöhte Bedeutung einer unterlassenen Anhörung ableiten.

47

Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof, bei Beantwortung der Vorlagefrage 3 auch seine Rechtsprechung zu präzisieren, wie er sie in seinem Urteil vom 10. September 2013 zur Auslegung der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG formuliert hat (- C-383/13 PPU [ECLI:EU:C:2013:533] -). In dem entschiedenen Fall ging es um die Verlängerung der Abschiebungshaft eines illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen, die ohne vorherige Anhörung des Betroffenen erfolgt war. Der Gerichtshof führt dazu aus, dass nach dem Unionsrecht eine Verletzung der Verteidigungsrechte, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, nur dann zur Nichtigerklärung der Verwaltungsentscheidung führt, wenn das Verfahren ohne diese Regelwidrigkeit zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (Rn. 38). Er betont, dass nicht jeder Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör systematisch zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung im Sinne von Art. 15 Abs. 2 Unterabs. 4 der Richtlinie 2008/115/EG führt (Rn. 39). Das präzisiert er dann dahin, dass dem nationalen Gericht zur Feststellung einer solchen Rechtswidrigkeit die Prüfungspflicht obliegt, ob das fragliche Verwaltungsverfahren unter den speziellen tatsächlichen und rechtlichen Umständen des konkreten Falles zu einem anderen Ergebnis hätte führen können, weil die betroffenen Drittstaatsangehörigen Gesichtspunkte hätten geltend machen können, die geeignet gewesen wären, die Beendigung ihrer Haft zu rechtfertigen (Rn. 40). Übertragen auf den vorliegenden Fall würde dies eine Pflicht der nationalen Gerichte bedeuten zu prüfen, ob das Verwaltungsverfahren aufgrund des Vorbringens des Flüchtlings zu den Lebensbedingungen in Italien zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Das wird man für die allgemeinen Lebensbedingungen verneinen können, weil diese von Amts wegen zu prüfen sind, nicht indes für individuelle Umstände - etwa eine Krankheit des Flüchtlings - die dem Bundesamt ohne Mitteilung durch den Flüchtling in der Regel nicht bekannt sind. Aber auch hier wird der Gerichtshof um Beantwortung der Frage gebeten, ob ein Mangel des behördlichen Anhörungsverfahrens im anschließenden gerichtlichen Verfahren geheilt werden kann, wenn von Amts wegen alle vom Kläger vorgetragenen sowie weitere entscheidungserhebliche Tatsachen aufgeklärt und gewürdigt werden und zu keinem anderen Ergebnis führen.

48

3. Das vorlegende Gericht ersucht den Gerichtshof, über die Vorlagefragen im beschleunigten Verfahren gemäß Art. 105 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zu entscheiden, weil die Art der Rechtssache ihre rasche Erledigung erfordert. Die vorgelegten Fragen stehen im Zusammenhang mit der - unionsrechtlich unerwünschten - Sekundärmigration von Asylsuchenden, zu deren bevorzugten Zielen Deutschland seit geraumer Zeit gehört. Es ist davon auszugehen, dass beim Bundesamt und den Verwaltungsgerichten derzeit mehrere tausend Verfahren zu bearbeiten sind, in denen sich die aufgeworfenen Fragen (zumindest teilweise) stellen, und die aufgrund des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens nicht abschließend entschieden werden können.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 des Antrags und die Abschiebungsandrohung werden unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht dem Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung entspricht. Das Bundesamt hat das Asylverfahren fortzuführen.

(2) Entspricht das Verwaltungsgericht im Falle eines als offensichtlich unbegründet abgelehnten Asylantrags dem Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn auf Grund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Abschiebung in einen der in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staaten vollziehbar wird.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat unbeschadet der Aufgaben nach anderen Gesetzen folgende Aufgaben:

1.
Koordinierung der Informationen über den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit zwischen den Ausländerbehörden, der Bundesagentur für Arbeit und der für Pass- und Visaangelegenheiten vom Auswärtigen Amt ermächtigten deutschen Auslandsvertretungen;
2.
a)
Entwicklung von Grundstruktur und Lerninhalten des Integrationskurses nach § 43 Abs. 3 und der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a,
b)
deren Durchführung und
c)
Maßnahmen nach § 9 Abs. 5 des Bundesvertriebenengesetzes;
3.
fachliche Zuarbeit für die Bundesregierung auf dem Gebiet der Integrationsförderung und der Erstellung von Informationsmaterial über Integrationsangebote von Bund, Ländern und Kommunen für Ausländer und Spätaussiedler;
4.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Migrationsfragen (Begleitforschung) zur Gewinnung analytischer Aussagen für die Steuerung der Zuwanderung;
4a.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Integrationsfragen;
5.
Zusammenarbeit mit den Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Nationale Kontaktstelle und zuständige Behörde nach Artikel 27 der Richtlinie 2001/55/EG, Artikel 25 der Richtlinie 2003/109/EG, Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie 2009/50/EG, Artikel 26 der Richtlinie 2014/66/EU und Artikel 37 der Richtlinie (EU) 2016/801 sowie für Mitteilungen nach § 51 Absatz 8a;
5a.
Prüfung der Mitteilungen nach § 16c Absatz 1, § 18e Absatz 1 und § 19a Absatz 1 sowie Ausstellung der Bescheinigungen nach § 16c Absatz 4, § 18e Absatz 5 und § 19a Absatz 4 oder Ablehnung der Einreise und des Aufenthalts;
6.
Führung des Registers nach § 91a;
7.
Koordinierung der Programme und Mitwirkung an Projekten zur Förderung der freiwilligen Rückkehr sowie Auszahlung hierfür bewilligter Mittel;
8.
die Durchführung des Aufnahmeverfahrens nach § 23 Abs. 2 und 4 und die Verteilung der nach § 23 sowie der nach § 22 Satz 2 aufgenommenen Ausländer auf die Länder;
9.
Durchführung einer migrationsspezifischen Beratung nach § 45 Satz 1, soweit sie nicht durch andere Stellen wahrgenommen wird; hierzu kann es sich privater oder öffentlicher Träger bedienen;
10.
Anerkennung von Forschungseinrichtungen zum Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d; hierbei wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch einen Beirat für Forschungsmigration unterstützt;
11.
Koordinierung der Informationsübermittlung und Auswertung von Erkenntnissen der Bundesbehörden, insbesondere des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz, zu Ausländern, bei denen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausländer-, asyl- oder staatsangehörigkeitsrechtliche Maßnahmen in Betracht kommen;
12.
Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 1 im Fall einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34, 35 des Asylgesetzes oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a des Asylgesetzes sowie die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7;
13.
unbeschadet des § 71 Absatz 3 Nummer 7 die Beschaffung von Heimreisedokumenten für Ausländer im Wege der Amtshilfe.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.