Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 24. Sept. 2018 - 6 K 4519/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für einen Lebensmittelfachmarkt.
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Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks A. 5/7 (Flurstück ... der Gemarkung Fuhlsbüttel). Das Grundstück ist im Norden parallel zur Straße mit einem zweigeschossigen Wohngebäude und im südlichen Teil entlang der Grundstücksgrenze über die komplette Grundstücksbreite mit einer eingeschossigen Garage bebaut. Das Wohngebäude hält einen Abstand von ca. 17 m zur südlichen Grundstücksgrenze ein. Die Beigeladene plant auf den südlich des klägerischen Grundstücks gelegenen Grundstücken B. 539-545 (Flurstücke ...... der Gemarkung Fuhlsbüttel – zusammen „Vorhabengrundstück“) einen Lebensmittelfachmarkt mit Back-Shop und 56 Stellplätzen sowie zwei voneinander unabhängigen Spielhallen.
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Alle vorgenannten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Fuhlsbüttel 8 vom 11. Dezember 1968. Dieser setzt hier „MK III g“, Baugrenzen parallel zur Straßenfläche, eine Grundflächenzahl von 0,6 und eine Geschossflächenzahl von 0,8 fest.
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Am 30. September 2011 erteilte die Beklagte der Beigeladenen eine Baugenehmigung für den Neubau eines Marktes mit Backshop und 56 PKW-Stellplätzen im Erdgeschoss sowie zwei voneinander unabhängigen Spielhallen im Obergeschoss. Das Gebäude soll auf einer Länge von 63,80 m direkt an der nördlichen Grundstücksgrenze des Vorhabengrundstücks (Nordgrenze des Flurstücks ...) errichtet werden und schließt somit unmittelbar an die vorhandene Garage auf dem Grundstück der Klägerin an. Zur B. hin weist das Gebäude eine Breite von 33,52 m auf und hält einen Abstand zur Straße von ca. 7 m ein. Im Westen schließt das geplante Gebäude auf einer Breite von 16,26 m mit der Grundstücksgrenze ab, südlich anschließend befindet sich hier eine Anlieferrampe für die Anlieferung von Waren. An der Grenze zum Grundstück der Klägerin ist das geplante Gebäude 6,21 m hoch und steigt dann ab einem Abstand von ca. 2,50 m auf 9 m an. Die Stellplätze sind südlich des Gebäudes auf den Flurstücken ... und ... angeordnet. In der Baugenehmigung wurden eine bauordnungsrechtliche Abweichung hinsichtlich der erforderlichen inneren Brandwände sowie eine planungsrechtliche Befreiung für die Gehwegüberfahrt zur B. erteilt. Weiterhin wurden immissionsschutzrechtliche Auflagen in die Baugenehmigung aufgenommen. Nach Nr. 18.3 ist die Anlage so zu betreiben, dass gemäß § 22 BImSchG Umwelteinwirkungen nicht zu befürchten sind. Hinsichtlich des Lärmschutzes bestimmt Nr. 18.4, dass die Immissionsrichtwerte der TA Lärm einzuhalten sind. Hierzu wird auf die lärmtechnische Untersuchung vom 1. Juni 2011, ergänzt am 29. Juli und 30. August 2011, verwiesen und die Umsetzung der dort vorgeschlagenen Lärmschutzmaßnahmen angeordnet. Insbesondere ist der Anliefer- und Kundenverkehr bis maximal 22 Uhr abzuwickeln. Das Lärmgutachten hat für den Immissionsort 4 an der südwestlichen Ecke des Wohngebäudes der Klägerin folgende Beurteilungspegel und Geräuschspitzen jeweils in dB(A) ergeben:
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Beurteilungspegel (tags)
Beurteilungspegel (nachts)
Geräuschspitzen (tags)
Geräuschspitzen (nachts)
EG
45
43
57
57
1. OG
48
45
58
58
2. OG
50
47
58
58
- 6
Durch Umsetzung der angeordneten Lärmschutzmaßnahmen ergeben sich laut Gutachten folgende Werte jeweils in dB(A):
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Beurteilungspegel (tags)
Beurteilungspegel (nachts)
Geräuschspitzen (tags)
Geräuschspitzen (nachts)
EG
36
23
47
35
1. OG
39
26
47
37
2. OG
41
29
54
48
- 8
Am 27. März 2012 sowie am 5. April 2012 erließ die Beklagte je einen Ergänzungsbescheid zur Baugenehmigung zu Fragen der Abwasserbeseitigung.
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Am 5. Juni 2012 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Baugenehmigung vom 30. September 2011 sowie sämtliche im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben ergangenen weiteren Genehmigungen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Bebauung an der Grundstücksgrenze sei unzulässig. Da auf ihrem Grundstück bereits ein Gebäude mit Grenzabstand bestehe, sei die Einhaltung von Abstandsflächen trotz der im Bebauungsplan vorgesehenen geschlossenen Bauweise sowohl bauplanungs- als auch bauordnungsrechtlich erforderlich. Das Vorhaben überschreite die zulässige Grundflächenzahl von 0,6. Denn die Vorhabengrundstücke seien als einzelne Grundstücke zu bewerten und die Grundflächenzahl sei auf jedem einzelnen Grundstück einzuhalten, was auf den beiden nördlichen Grundstücken nicht der Fall sei. In diesem Zusammenhang liege außerdem ein Verstoß gegen § 28 HBauO hinsichtlich der vorzusehenden Brandwände vor. Darüber hinaus führe das Bauvorhaben zu einer starken Verschattung des klägerischen Grundstücks, die Nutzer des Gebäudes würden auf eine hohe Wand blicken, wo zuvor ein freier Blick gegeben gewesen sei. Außerdem seien Lärmbelästigungen durch den Liefer- und Kundenverkehr zu befürchten. Das Vorhaben sei daher insgesamt rücksichtslos.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Hinsichtlich der Grundflächenzahl sowie der geschlossenen Bauweise entfalteten die Festsetzungen des Bebauungsplans schon keine drittschützende Wirkung. Unabhängig davon sei ein Abweichen von der geschlossenen Bauweise nach § 22 Abs. 3 BauNVO auch nicht erforderlich. Denn das Gebäude der Klägerin, das einen Grenzabstand einhalte, sei bereits im Bebauungsplan als Bestand eingezeichnet, sodass davon auszugehen sei, dass der Plangeber diese Situation umgestalten wollte. Die Einhaltung von Abstandsflächen nach § 7 Abs. 2 Satz 2 HBauO könne ebenfalls nicht verlangt werden, da sich die genehmigte Grenzbebauung aufgrund der bereits vorhandenen Grenzbebauung mit einer Garage auf dem Grundstück der Klägerin in die vorhandene Bebauung einfüge. Was die Vorschriften über Brandwände anbelange, so sei die erteilte Abweichung rechtsfehlerfrei, da der Brandschutz durch die ausreichenden Fluchtwege insgesamt gesichert sei. Zuletzt liege auch ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot nicht vor. Insbesondere seien durch die Nutzungsintensivierung durch den Lebensmittelmarkt keine unzumutbaren Lärmbelästigungen zu befürchten, da durch die Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung sichergestellt sei, dass die Vorgaben der TA Lärm eingehalten würden, und darüber hinaus die lärmträchtigen Nutzungen auf der dem Grundstück der Klägerin abgewandten Seite des Vorhabens stattfänden. Durch den ausreichenden Abstand zwischen Neubauvorhaben und Wohnbebauung von ca. 17 m seien eine ausreichende Belichtung und Belüftung weiterhin sichergestellt.
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Die Klägerin hat am 24. Oktober 2013 Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Das Rücksichtnahmegebot sei insbesondere auch deswegen verletzt, weil das Vorhaben der Beigeladenen spiegelverkehrt hätte geplant werden können, was zu deutlich geringeren Beeinträchtigungen der Klägerin führen würde.
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Die Klägerin beantragt,
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die Baugenehmigung vom 30. September 2011 in der Fassung der Ergänzungsbescheide vom 27. März 2012 und 5. April 2012 sowie den Widerspruchsbescheid vom 23. September 2013 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 16
Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
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Die Beigeladene beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 19
Sie begründet ihren Antrag damit, dass durch die Baugenehmigung keine nachbarschützenden Vorschriften verletzt seien. Die Einhaltung von Grenzabständen nach § 7 Abs. 2 Satz 2 HBauO i.V.m. § 22 Abs. 3 BauNVO könne nur gefordert werden, wenn dies zwingend notwendig sei, was im vorliegenden Fall erkennbar nicht der Fall sei. Ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot liege nicht vor. Insbesondere Belüftung und Belichtung seien wegen des erheblichen Abstands zwischen Bestandsgebäude der Klägerin und Neubauvorhaben der Beigeladenen offensichtlich nicht beeinträchtigt.
Entscheidungsgründe
I.
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Die Klage hat keinen Erfolg.
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Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Baugenehmigung die Klägerin nicht in ihren subjektiven Rechten im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt. Ein Grundstückseigentümer kann sich gegen ein Bauvorhaben auf einem Nachbargrundstück nur dann mit Erfolg zur Wehr setzen, wenn die Genehmigung dieses Vorhabens ihn in seinen eigenen Rechten verletzt, also gegen solche baurechtlichen Bestimmungen verstößt, die nach dem erkennbaren Willen des Normgebers ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht des betroffenen Nachbarn begründen. Demgegenüber kann durch den Drittbetroffenen keine umfassende Kontrolle der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Baugenehmigung erreicht werden. Insofern kommt es nicht darauf an, ob das Bauvorhaben objektiv genehmigungsfähig war oder ist; ein Anspruch auf Überprüfung der objektiven Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung steht dem Nachbarn nicht zu (BVerwG, Beschl. v. 28.7.1994, 4 B 94/97, juris Rn 6). Entscheidungserheblich ist vielmehr allein, ob durch die Baugenehmigung solche Normen verletzt sind, die den jeweiligen Antragsteller schützen sollen. Im vorliegenden Fall sind weder drittschützende Normen des Bauordnungsrechts (1.) noch des Bauplanungsrechts (2.) verletzt.
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1. Weder aus einem Verstoß gegen Vorschriften über die Abstandsflächen [a)], noch aus einem Verstoß gegen Vorschriften über Brandwände [b)] ergibt sich vorliegend eine Rechtsverletzung der Klägerin.
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a) Ein Verstoß gegen drittschützende Vorschriften über Abstandsflächen nach § 71 Abs. 2 Nr. 1 HBauO i.V.m. § 6 Abs. 5 HBauO liegt nicht vor.
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aa) Zwar ist § 6 Abs. 5 HBauO insoweit drittschützend, soweit der Mindestabstand von 2,50 m betroffen ist, was sich aus § 71 Abs. 2 Nr. 1 HBauO sowie aus dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers (Bü-Drs. 18/2549, S. 68) ergibt. Da das Vorhaben der Beigeladenen an der Grundstücksgrenze errichtet werden soll, ist der Mindestabstand auch nicht eingehalten.
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bb) Jedoch folgt aus § 6 Abs. 1 Satz 3 HBauO, dass im vorliegenden Fall keine Abstandsflächen zum Grundstück der Klägerin eingehalten werden müssen. Danach ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen oder bauordnungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf.
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(1) Da der Bebauungsplan Fuhlsbüttel 8 für das Grundstück der Beigeladenen – im Übrigen auch für das der Klägerin – die geschlossene Bauweise vorsieht, werden Gebäude nach § 22 Abs. 3 BauNVO 1962 ohne seitlichen Grenzabstand errichtet. Die in Betracht kommenden seitlichen Grundstücksgrenzen sind von der öffentlichen Verkehrsfläche her zu ermitteln, an der das Grundstück liegt (OVG Hamburg, Beschl. v. 10.2.2012, 2 Bs 245/11, juris Rn 12; VGH Mannheim, Beschl. v. 4.10.2007, 8 S 1447/07, juris Rn 5). Das Vorhaben der Beigeladenen soll an der seitlichen Grenze des Grundstücks der Beigeladenen zur Klägerin errichtet werden, so dass insoweit kein Abstand zum Grundstück der Klägerin einzuhalten ist. Dass dagegen dieselbe Grenze aus Sicht der Klägerin deren rückwärtige Grundstücksgrenze darstellt, ist unerheblich (vgl. zum Abstellen auf das Vorhabengrundstück zur Beurteilung der seitlichen Grenze: Simon/Busse, BayBO, 129. EL März 2018, Art. 6 Rn 40; BeckOK Bauordnungsrecht Bayern/Schönfeld, 8. EL Juli 2018, Art. 6 Rn 46; BeckOK Bauordnungsrecht Niedersachsen, 9. EL September 2017, § 5 Rn 61).
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Die Kammer folgt dabei nicht der gegenteiligen Auffassung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts, dass aus dem Umstand, dass die Bauweise sich nur auf die seitlichen Nachbargrenzen beziehe, folge, dass eine geschlossene Bauweise von vornherein nur soweit reichen könne, als es um die gemeinsame seitliche Grenze zweier Grundstücke gehe. Andernfalls wäre der Nachbar nicht – wie es für die geschlossene Bauweise gerade kennzeichnend sei – aus demselben Rechtsgrund berechtigt und verpflichtet, ebenfalls an der Grenze zu bauen. Die geordnete städtebauliche Entwicklung, der die Bauweise dienen solle, werde vielmehr in Frage gestellt (OVG Hamburg, Beschl. v. 10.2.2012, 2 Bs 245/11, juris Rn 12).
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Die Auffassung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts würde im Ergebnis dazu führen, dass der Begriff des „seitlichen Grenzabstandes“ in § 22 Abs. 2 und 3 BauNVO 1962 nicht einheitlich sondern unterschiedlich zu verstehen wäre, je nachdem, ob er sich auf die offene oder geschlossene Bauweise bezieht, was sich dieser Vorschrift aber nicht entnehmen lässt. Die genannte Auffassung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts verzichtet im Gegensatz zur geschlossenen Bauweise bei der offenen Bauweise implizit auf das Erfordernis der gemeinsamen seitlichen Grenze. Denn sonst müsste sie dazu gelangen, dass im Fall des Zusammentreffens einer seitlichen mit einer rückwärtigen Grundstücksgrenze (auch) bei Festsetzung einer offenen Bauweise keine Regelung zur Bauweise vorhanden wäre. Daran würde im Übrigen auch § 22 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1962 nichts ändern, wonach in dem Fall, in dem die Bauweise nicht festgesetzt ist, die Vorschriften über die offene Bauweise anzuwenden sind, da diese (ebenfalls) auf den seitlichen Grenzabstand Bezug nehmen. Wäre aber keine Regelung zur Bauweise vorhanden, „dürfte“ im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 3 HBauO „nach planungsrechtlichen Vorschriften“ an die Grenze gebaut werden und somit wäre keine Mindesttiefe der Abstandsfläche erforderlich. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht geht aber in der genannten Entscheidung davon aus, dass diese Mindesttiefe einzuhalten ist. Dies ist aber nur möglich, wenn unterstellt wird, dass die offene Bauweise Anwendung findet, was wiederum nur möglich ist, wenn der Begriff des „seitlichen Grenzabstandes“ in § 22 Abs. 2 BauNVO 1962 (offene Bauweise) einerseits und § 22 Abs. 3 BauNVO 1962 (geschlossene Bauweise) andererseits unterschiedlich verstanden wird. Für eine solche Differenzierung des Begriffs „seitlicher Grenzabstand“ gibt es aber weder im Gesetzeswortlaut noch in der Systematik der Vorschrift einen Anhaltspunkt.
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Es ist auch nicht nach Sinn und Zweck von § 22 Abs. 3 BauNVO erforderlich, die geschlossene Bauweise nur bei einergemeinsamen seitlichen Grenze zur Anwendung zu bringen. Denn die vom Hamburgischen Oberverwaltungsgericht angenommene Wechselbezüglichkeit der Berechtigung und Verpflichtung zum Bauen an der Grenze liegt bauplanungsrechtlich gar nicht vor. Aus Sicht des klägerischen Grundstücks handelt es sich um die rückwärtige Grenze. Hierfür sieht § 22 BauNVO 1962 weder mit der Festsetzung einer offenen noch einer geschlossenen Bauweise eine Regelung vor. Das Bauplanungsrecht verhält sich nicht zu rückwärtigen Grundstücksgrenzen, so dass insoweit auch die städtebauliche Entwicklung nicht durch die Festsetzung der Bauweise gesteuert werden kann. Bauplanungsrechtlich steht es dem Nachbarn frei, ob er mit oder ohne Abstand zur rückwärtigen Grenze baut. Soweit sich für den Nachbarn Beschränkungen zum Bauen ohne Abstand zur rückwärtigen Grenze ergeben, sind diese nur bauordnungsrechtlich in § 6 HBauO begründet. Mögliche Spannungen beim Zusammentreffen einer seitlichen Grenze des Vorhabengrundstücks mit der rückwärtigen Grenze des Nachbarn lassen sich bauordnungsrechtlich mittels § 7 Abs. 2 Satz 2 HBauO durch Einhaltung eines Abstands im Einzelfall bewältigen.
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Zudem berücksichtigt die Forderung nach einer gemeinsamen Grenze nicht, dass für benachbarte Grundstücke grundsätzlich auch eine unterschiedliche Bauweise festgesetzt werden kann (vgl. dazu OVG Bremen, Beschl. v. 24.7.2013, 1 B 118/13, juris Rn 6).
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Auch wäre die Konsequenz, die geschlossene Bauweise nur bei gemeinsamen seitlichen Grenzen zur Anwendung zu bringen, dass es den Grundstückseigentümern über Grundstücksteilungen oder -vereinigungen ermöglicht wäre, über die Geltung der bauplanerischen Festsetzung der geschlossenen Bauweise zu befinden. Insoweit könnte beispielsweise durch Teilung eines Eckgrundstücks eine beachtliche rückwärtige Grundstücksgrenze geschaffen werden. Dies wäre schwerlich mit der Festsetzung als solches vereinbar. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass nach einhelliger Auffassung ein Eckgrundstück bei straßenbegleitender Bebauung i.d.R. zwei vordere und zwei seitliche – jedoch keine rückwärtigen – Grundstücksgrenzen hat (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 16.4.2014, 4 K 3205/12, juris Rn 27; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 129. EL Mai 2018, § 22 BauNVO Rn 8 m.w.N.; Brügelmann/Ziegler, BauGB, 45. EL Juli 2000, § 22 BauNVO Rn 2).
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Daneben wäre es – wie im vorliegenden Fall – ebenfalls schwer verständlich, dass ein und dieselbe Grundstücksgrenze teilweise der geschlossenen Bauweise zugeordnet und teilweise nicht zugeordnet würde, je nach dem in Bezug genommenen Nachbargrundstück.
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(2) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Festsetzung der geschlossenen Bauweise im Bebauungsplan die mit der Baugenehmigung zugelassene Tiefe der geschlossenen Bauweise per se nicht zuließe (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 28.7.2009, 2 Bs 67/09, juris Rn 34 ff.).
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cc) Demgegenüber kann offen bleiben, ob sich die Klägerin darüber hinaus aufgrund einer unzulässigen Rechtsausübung nicht auf die Verletzung der Mindesttiefe der Abstandsflächen stützen kann. Nach dem auch im öffentlichen Recht beachtlichen Grundsatz von Treu und Glauben stellte das Berufen der Klägerin auf einen Abstandsflächenverstoß der Beigeladenen eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn sie auch mit ihren Garagen die Mindestabstandsfläche zum Grundstück der Beigeladenen in gleichwertiger Weise unterschritte. Dabei ist unerheblich, ob die Bebauung auf dem Grundstück der Klägerin in Übereinstimmung mit den baurechtlichen Bestimmungen errichtet wurde, ob sie aufgrund einer Baugenehmigung Bestandsschutz genießt, und ob die eigene Abstandsflächenunterschreitung ihr subjektiv vorwerfbar ist (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 4.4.2017, OVG 2 B 4.16, juris Rn 27 f.; OVG Magdeburg, Beschl. v. 28.11.2016, 2 L 124/15, juris Rn 13; VGH München, Beschl. v. 1.9.2016, 2 ZB 14.2605, juris Rn 10; OVG Münster, Urt. v. 26.6.2014, 7 A 2057/12, juris Rn 39; OVG Greifswald, Beschl. v. 14.7.2005, 3 M 69/05, juris Rn 34; jeweils m.w.N.). Für die Vergleichbarkeit der die Nachbarn in diesem Sinne wechselseitig beeinträchtigenden Rechtsverstöße ist jeweils neben dem konkreten Grenzabstand auch die Qualität der mit der Verletzung der Abstandflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange von wesentlicher Bedeutung (OVG Magdeburg, Beschl. v. 28.11.2016, 2 L 124/15, juris Rn 13; OVG Greifswald, Beschl. v. 14.7.2005, 3 M 69/05, juris Rn 34). Eine vergleichbare oder gleichwertige Unterschreitung des Mindestabstands durch die Garagen auf dem Grundstück der Klägerin könnte sich daraus ergeben, dass diese sich über die gesamte Länge der Grundstücksgrenze zur Beigeladenen, d.h. etwa 30 m, erstrecken. Demgegenüber dürfte nicht entscheidend ins Gewicht fallen, dass die Garagen niedriger als das geplante Gebäude der Beigeladenen sind, da die Klägerin durch den Höhenunterschied nicht unzumutbar beeinträchtigt sein dürfte. So liegt die errechnete Abstandsfläche von 2,486 m (6,215 x 0,4 H) bzw. die Mindestabstandsfläche von 2,50 m, die von dem Gebäude der Beigeladenen einzuhalten ist, vollständig im Bereich der Garagenanlage, wo sie keine Beeinträchtigungen verursachen dürfte. Insbesondere die Belichtung und Besonnung des Grundstücks der Klägerin dürften nicht unzumutbar beeinträchtigt werden.
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dd) Die Klägerin kann die Einhaltung von Abstandsflächen auch nicht nach § 7 Abs. 2 Satz 2 HBauO einfordern. Danach kann, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Nachbargrenze gebaut werden darf oder muss, zugelassen oder verlangt werden, dass ein Abstand eingehalten wird, wenn auf dem Nachbargrundstück ein Gebäude mit Abstand zu dieser Grenze vorhanden ist. Jedoch entfaltet diese Vorschrift schon keinen Drittschutz; das bedeutet, dass ein Nachbar keinen Anspruch darauf hat, die Baugenehmigung daraufhin überprüfen zu lassen, ob die Baugenehmigungsbehörde die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 2 HBauO zutreffend angewandt hat (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 18.6.2015, 2 Bs 99/15, juris Rn 32; OVG Hamburg, Beschl. v. 31.8.2010, 2 Bs 127/10, juris Rn 4 m.w.N.; Alexejew/Niere, HBauO, Stand 2012, § 7 Rn 17b). Im Übrigen liegt auch die Tatbestandsvoraussetzung dieser Vorschrift nicht vor, da sich die Garagen der Klägerin an der Grundstücksgrenze befinden und auch nicht nach § 6 Abs. 7 HBauO abstandsflächenrechtlich privilegiert sind.
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b) Soweit die Baugenehmigung eine Abweichung von den Vorschriften über innere Brandwände nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 HBauO erteilt, liegt eine Verletzung nachbarrechtlicher Vorschriften ebenfalls nicht vor. Weder § 28 HBauO noch § 69 HBauO haben nachbarschützende Wirkung (OVG Hamburg, Beschl. v. 8.6.2015, 2 Bs 97/15; OVG Hamburg, Beschl. v. 31.8.2010, 2 Bs 127/10, juris Rn 5).
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2. Die Baugenehmigung verstößt nicht gegen drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts. Soweit die Klägerin Verstöße gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans rügt, sind diese nicht drittschützend [a)]. Eine Verletzung des drittschützenden Gebots der Rücksichtnahme liegt nicht vor [b)].
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a) Die von der Klägerin gerügten Verstöße gegen die im Bebauungsplan Fuhlsbüttel 8 festgesetzte Grundflächenzahl von 0,6 und gegen § 22 Abs. 3 BauNVO 1962 wegen der ausnahmsweisen Erforderlichkeit eines Grenzabstands verhelfen der Klage nicht zum Erfolg, da die jeweiligen Festsetzungen keinen Drittschutz entfalten (vgl. zu § 22 Abs. 3 BauNVO OVG Hamburg, Beschl. v. 18.6.2015, 2 Bs 99/15, juris Rn 32, OVG Hamburg, Beschl. v. 23.2.1995, Bs II 42/95, juris Rn 34). Von der Ausweisung von Baugebieten, d.h. einer Festsetzung der zulässigen Art der baulichen Nutzung, abgesehen, die kraft Bundesrechts nachbarschützende Wirkung hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.9.1993, 4 C 28/91, BVerwGE 94, 151), dient ein Bebauungsplan mit Rücksicht auf seine städtebauliche Ordnungsfunktion für ein Plangebiet regelmäßig zunächst lediglich öffentlichen Interessen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26.9.2007, 2 Bs 188/07, juris Rn 6). Ob einzelnen Festsetzungen darüber hinaus ein nachbarschützender Charakter zukommt, muss im Einzelfall für die jeweilige Festsetzung durch Auslegung ermittelt werden (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26.9.2007, Beschl. v. 26.9.2007, 2 Bs 188/07, juris Rn 6; Urt. v. 17.1.2002, 2 Bf 359/98, juris Rn 46 m.w.N.). Denn dem Plangeber steht es – mit Ausnahme der Ausweisung von Baugebieten – grundsätzlich frei, eine Festsetzung ausschließlich aus städtebaulichen Gründen oder auch zum Schutze Dritter zu treffen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 3.5.1994, Bs II 18/94, juris Rn 8). Entscheidend ist dabei die Zweckbestimmung der Festsetzung im Regelungszusammenhang des jeweiligen Bebauungsplanes in Zusammenschau mit der Planbegründung und den Umständen der Entstehung des Plans (vgl. für die Festsetzung von Baugrenzen: OVG Hamburg, Beschl. v. 3.5.1994, Bs II 18/94, juris Rn 9). Gemessen an diesem Maßstab kann weder hinsichtlich der Bauweise noch hinsichtlich der festgesetzten Grundflächenzahl festgestellt werden, dass der Plangeber diesen Festsetzungen nachbarschützende Wirkung beimessen wollte. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich weder aus dem Plan selbst noch aus der Begründung, die hierzu keine Ausführungen enthält.
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b) Das Vorhaben der Beigeladenen ist gegenüber der Klägerin auch nicht rücksichtslos. Das Gebot der Rücksichtnahme beinhaltet in seiner hier allein maßgeblichen subjektiv-rechtlichen Ausprägung nicht, jede Beeinträchtigung eines Nachbarn zu vermeiden. Ein Nachbar kann lediglich solche Nutzungsstörungen abwehren, die als rücksichtslos zu werten sind. Davon kann erst die Rede sein, wenn die mit dem konkret genehmigten Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen bei der Nutzung des eigenen Grundstücks bei einer Abwägung, in der die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung und die Interessen des Bauherrn zu berücksichtigen sind, für den Nachbarn billigerweise unzumutbar erscheinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.8.1983, 4 C 96/79, juris Rn 26; OVG Hamburg, Beschl. v. 4.2.2009, 2 Bs 242/08, juris Rn 10; OVG Hamburg Beschl. v. 26.9.2007, 2 Bs 188/07, juris Rn 7).
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aa) Die Rücksichtslosigkeit des Vorhabens der Beigeladenen folgt insbesondere nicht aus der Tatsache, dass dieses ohne Grenzabstand zum klägerischen Grundstück errichtet wird.
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Nach der Rechtsprechung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts scheidet ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot durch die Zulassung einer Grenzbebauung aus, wenn nach § 22 Abs. 3 BauNVO die vorhandene Bebauung eine Abweichung von der geschlossenen Bebauung planungsrechtlich nicht „erfordert“, sondern eine Abweichung allenfalls zulassen oder rechtfertigen würde. Rein städtebauliche Erwägungen zur Gestaltung der Bebauung, die in Frage stehen könnten, finden hierbei in Bezug auf das Rücksichtnahmegebot keine Berücksichtigung. Maßgeblich sind für zu berücksichtigende, rechtlich geschützte Interessen des Nachbarn nur die Schutzgüter, die durch eine über die vorhandene Nachbarbebauung hinausgreifende Grenzbebauung auf dessen Grundstück beeinträchtigt wären (zum Vorstehenden OVG Hamburg, Beschl. v. 28.7.2009, 2 Bs 67/09, juris Rn 41).
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Eine planungsrechtliche Abweichung nach § 22 Abs. 3 BauNVO ist nicht aufgrund einer erdrückenden Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen erforderlich. Eine erdrückende Wirkung eines Bauvorhabens wird angenommen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls derart übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird (OVG Münster, Beschl. v. 30.8.2013, 7 B 252/13, juris Rn. 15 f.; Urt. v. 19.7.2010, 7 A 3199/08, juris Rn 58 f.). Eine erdrückende Wirkung kann insbesondere bei einer Riegelwirkung oder einem Einmauerungseffekt gegeben sein (OVG Hamburg, Beschl. v. 12.2.2010, 2 Es 2/09.N, juris Rn 38). Erst bei gravierenden Höhen- und Breitenunterschieden kann eine erdrückende Wirkung angenommen werden (OVG Hamburg, Beschl. v. 11.7.2017, 2 Bs 114/17, n.v.; OVG Hamburg, Beschl. v. 25.2.2014, 2 Bs 18/14, n.v.; VGH München, Beschl. v. 20.5.2015, 2 ZB 13.2565, BeckRS 2015, 46417). Bezugspunkt der Beurteilung sind nicht der beschränkte Ausblick durch die Fenster einzelner Räumlichkeiten oder die hauptsächlichen oder bevorzugten Aufenthaltsorte der Bewohner, vielmehr ist das gesamte Grundstück, das planungs- und bauordnungsrechtlich als das Wohngrundstück anzusehen ist, in die Betrachtung einzubeziehen (OVG Hamburg, Beschl. v. 25.2.2014, 2 Bs 18/14, n.v.; OVG Münster, Beschl. v. 15.5.2002, 7 B 558/02, juris Rn 12). Das geplante Gebäude soll einen Abstand von ca. 17 m zu dem Wohngebäude auf dem Grundstück der Klägerin einhalten. Unter Berücksichtigung dieses Abstands und der Höhe des geplanten Gebäudes kann ausgeschlossen werden, dass dem Vorhaben eine erdrückende Wirkung zukommt. Vielmehr stellt sich der Blick vom Wohngebäude der Klägerin nach den vorliegenden Unterlagen so dar, dass im Vordergrund die auf dem klägerischen Grundstück grenzständig errichtete eingeschossige Garage liegt, sich daran das Vorhaben der Beigeladenen anschließt, das an der Grundstücksgrenze eine Höhe von 6,215 m und in einem Rücksprung von 2,50 m eine Höhe von 9 m aufweist. Insofern schließt sich die 9 m hohe Wand nicht unmittelbar an eine Freifläche an, sondern es ergibt sich vielmehr ein stufenweises Ansteigen der Bauwerkshöhe im Grenzbereich der Grundstücke.
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Dem klägerischen Vortrag, dass Belichtung und Belüftung ihres Grundstücks nicht mehr gesichert seien, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Rücksichtnahmegebot weder eine bestimmte Dauer oder Qualität der Belichtung gewährleistet, noch die unveränderte Beibehaltung einer insoweit zuvor vorteilhaften Situation (OVG Hamburg, Beschl. v. 25.2.2014, 2 Bs 18/14, n.v.). Grundsätzlich muss in städtischen Gebieten jeder Grundstückseigentümer hinnehmen, dass sein Grundstück und die darauf befindlichen Gebäude zu gewissen Tageszeiten von Gebäuden in der Nachbarschaft verschattet werden (OVG Hamburg, Urt. v. 15.6.2017, 2 Bf 91/15, m.w.N.). Das gilt umso mehr, als an die Bebauung in einem hochverdichteten innerstädtischen Kerngebiet nicht dieselben Maßstäbe angelegt werden können wie in einem Wohngebiet; denn die Grundstücke im Kerngebiet sind gemäß § 7 BauNVO dazu bestimmt, Nutzungen mit einem im Vergleich zur Wohnnutzung höheren Störpotential aufzunehmen und deshalb umgekehrt auch gegenüber Störungen weniger schutzwürdig (OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 2 Bs 14/14). Was die Belichtung anbelangt, so ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass das geplante Vorhaben südlich des klägerischen Grundstücks liegt und also ein Schattenwurf überwiegend dann stattfindet, wenn die Sonne im Tagesverlauf am höchsten steht. Auch darüber hinaus sind konkrete Anhaltspunkte für unzumutbare Beeinträchtigungen weder vorgetragen noch bei einem Abstand von ca. 17 m zwischen den Bauwerken für das Gericht sonst erkennbar.
- 44
bb) Die Belastungen durch die Nutzungsintensivierung, insbesondere durch den zu erwartenden Lärm, sind ebenfalls nicht rücksichtslos. Als Maßstab dafür, welche Belastungen ein Nachbar regelmäßig hinzunehmen hat, können die Wertungen des Immissionsschutzrechts und im Hinblick auf Geräuschimmissionen die Richtwerte der TA Lärm herangezogen werden (BVerwG, Beschl. v. 20.4.2000, 4 B 25/00, juris Rn 8, OVG Hamburg, Urt. v. 2.2.2011, 2 Bf 90/07, juris Rn 91). Vorliegend ist das Gebiet, in dem das klägerische Grundstück liegt, als Kerngebiet ausgewiesen. In diesem sind nach Nr. 6.1 TA Lärm Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts vorgeschrieben. Diese Richtwerte werden bei der Umsetzung der verbindlich vorgeschriebenen Lärmschutzmaßnahmen ausweislich des Lärmschutzgutachtens für alle Stockwerke des klägerischen Wohngebäudes zum Teil deutlich unterschritten. Die Klägerin hat die Ergebnisse dieses Lärmschutzgutachtens auch nicht infrage gestellt.
- 45
cc) Soweit die Klägerin geltend macht, dass bei einer „spiegelverkehrten“ Anordnung des Vorhabens mit geringeren Beeinträchtigungen für ihr Grundstück zu rechnen gewesen sei, so bestehen bereits Zweifel, ob dies in tatsächlicher Hinsicht zutrifft. Zwar wären in einem solchen Fall die optischen Belastungen durch die grenzständige Wand weggefallen, andererseits wäre dann mit deutlich intensiveren Lärmauswirkungen durch Kunden- und Lieferverkehr zu rechnen. Dies kann aber im Ergebnis dahinstehen. Denn bei der Frage, ob das Rücksichtnahmegebot verletzt ist, ist die gerichtliche Überprüfung an das gegenüber dem Bauherrn konkret genehmigte Vorhaben gebunden. Der Nachbar kann eine Genehmigung deshalb nicht durch einen Hinweis auf seines Erachtens besser geeignete und rechtlich mögliche Alternativstandorte des Bauwerks zu Fall bringen (BVerwG, Beschl. v. 26.6.1997, 4 B 97/97, juris Rn 6; OVG Hamburg, Beschl. v. 8.1.2007, 2 Bs 332/06, juris Rn 8).
II.
- 46
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen ist, entspricht es der Billigkeit i.S.d. § 162 Abs. 3 VwGO, ihre außergerichtlichen Kosten der unterliegenden Partei aufzuerlegen.
- 47
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
III.
- 48
Die Berufung wird nach §§ 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Auslegung des Begriffs des seitlichen Grenzabstands in § 22 Abs. 3 BauNVO und die diesbezügliche Abweichung vom Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. Februar 2012 (Az. 2 Bs 245/11) zugelassen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 24. Sept. 2018 - 6 K 4519/13
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Hamburg Urteil, 24. Sept. 2018 - 6 K 4519/13 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, - 2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und - 3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.
(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.
(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.
(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.
(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.
(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.
(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.
(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.
(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.
Tenor
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 5. Juni 2007 - 3 K 799/07 - werden zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens und - insoweit unter Abänderung der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts - die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 7.500.- festgesetzt.
Gründe
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(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.
(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.
(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.
(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.
Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.
(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.
(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.
(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der baurechtlichen Genehmigung für den Dachgeschossausbau des Reihenhauses der Beigeladenen.
3Der Kläger ist Miteigentümer des Grundstücks Gemarkung C. , Flur 3, Flurstück 1000 mit der Bezeichnung Q. 20 in C. . Die Beigeladenen sind Eigentümer des benachbarten Grundstücks Gemarkung C. , Flur 3, Flurstück 960 mit der Bezeichnung Q. 18a. Die Grundstücke sind mit beidseitig grenzständigen Häusern bebaut; ihre zum Rhein hin gelegenen Gärten grenzen an die in diesem Bereich unbebaute H.-------straße . Die Häuser gehören zu einer am Ufer des Rheins nordwestlich der St.-N. -Kirche gelegenen zweigeschossigen Reihenhauszeile mit einer Länge von etwa 90 m. Die Gebäude liegen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 7526-12 der Beklagten, der u. a. ein reines Wohngebiet und geschlossene Bauweise sowie als Höchstmaß zwei Vollgeschosse festsetzt.
4Am Reihenhaus des Klägers befindet sich eine etwa 0,80 m breite Außentreppe, die vom Balkon des Obergeschosses in den Garten führt, dabei eine Höhe von ca. 3 m überwindet und etwa 4 m hinter der rückwärtigen Gebäudewand auf dem Gartengelände fußt. Die Treppe hält einen Abstand von etwa 0,2 m zum Grundstück der Beigeladenen. Der Errichtung dieser Treppe hatten die früheren Eigentümer des Grundstücks der Beigeladenen unter dem 10. Mai 1986 zugestimmt. Die Beklagte genehmigte die Außentreppe unter dem 21. Januar 1987 bauaufsichtlich. Wegen der Einzelheiten wird auf die hierzu vorliegende Genehmigungsakte der Beklagten (BA 4) Bezug genommen.
5Im Dachgeschoss ist das Reihenhaus des Klägers nachträglich durch einen Aufbau erweitert worden. Dieser besteht aus einer Dachgaube mit einer vorgelagerten, durch eine bodentiefe Fenstertür erreichbaren und überdachten Dachterrasse sowie einem Fenster. Die Dachterrasse hat einen Abstand von 2,50 m zum Grundstück der Beigeladenen, das Fenster hält mit seiner seitlichen Begrenzung einen Abstand von 1,50 m zum Grundstück der Beigeladenen. Unter dem 27. Juni 2012 erteilte die Beklagte dem Kläger die nachträgliche Genehmigung für den als „Gaube und Dachterrasse“ bezeichneten Dachaufbau. Wegen der Einzelheiten wird auf die hierzu vorliegende Genehmigungsakte der Beklagten (BA 3) Bezug genommen.
6Die Beigeladenen stellten unter dem 27. September 2010 einen Bauantrag für den Ausbau des Dachgeschosses zu Wohnzwecken und die Errichtung von straßenseitigen Dachaufbauten sowie an der zum Rhein gewandten Seite. In den eingereichten Unterlagen erklärte der Entwurfsverfasser, das dargestellte Vorhaben entspreche den Anforderungen des Brandschutzes. Im Februar 2011 reichten die Beigeladenen neue Unterlagen für eine der Größe nach reduzierte Ausführung des Vorhabens ein. Wegen der Einzelheiten der Ausführung wird auf die mit einem Grünstempel versehenen Bauvorlagen (BA 2, Bl. 32 bis 34) Bezug genommen. Die Beklagte erteilte den Beigeladenen sodann unter dem 18. Februar 2011 die Baugenehmigung für das als Ausbau des Dachgeschosses zu Wohnzwecken und Errichtung einer Gaube zur Straßenseite und einer Gaube zur Gartenseite charakterisierte Vorhaben. Beigefügt war der Hinweis, die Genehmigung erfolge im vereinfachten Verfahren nach § 68 BauO NRW, im vereinfachten Genehmigungsverfahren erstrecke sich die bauaufsichtliche Prüfung nur auf den in § 68 Abs. 1 Satz 4 BauO NRW beschriebenen Umfang. Die Beigeladenen zeigten den Baubeginn bei der Beklagten am 27. Februar 2012 an.
7Der Kläger hat am 28. März 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Bei dem Vorhaben handele es sich nicht um eine Gaube, sondern um ein Zwerchhaus, welches eine seitliche Abstandfläche werfe, die auf seinem Grundstück liege. Es sei zwar kein Zwerchhaus im Rechtssinne, weil die Front nicht in Verlängerung der Hauswand aufsteige, sondern etwa 36 cm dahinter. Optisch bestehe jedoch kein Unterschied zwischen der genehmigten Gaube und einem Zwerchhaus. Es handele sich auch nicht um ein völlig untergeordnetes Bauteil, denn es diene dem Vollausbau des Dachgeschosses. Außerdem verstoße der Ausbau des Dachgeschosses gegen den Bebauungsplan. Dieser lasse nur eine zweigeschossige Bebauung zu. Bei dem Dachgeschoss der Beigeladenen handele es sich jedoch um ein drittes Vollgeschoss. Die hierzu vorgelegte Berechnung sei falsch. Auch seien die für den Brandschutz erforderlichen Abstandflächen nicht eingehalten. Schließlich verstoße das Vorhaben auch gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Der wuchtige und massive Eindruck störe durch seine Neigung zum Dach hin. Es entstehe Schattenwurf auf sein Grundstück. Insbesondere seien sein Balkon, der an das Haus grenzende Teil des Gartens und die Räumlichkeiten zum Garten hin betroffen.
8Der Kläger hat beantragt,
9die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 18. Februar 2011 aufzuheben.
10Die Beklagte hat - nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts - beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat im zugehörigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - 8 L 403/12 - in der Sache Stellung genommen.
11Die Beigeladenen haben im erstinstanzlichen Verfahren - nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts - ebenfalls den Antrag gestellt, die Klage abzuweisen.
12Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 3. August 2012 abgewiesen.
13Der Kläger trägt zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung vor: Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts weiche von der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ab. Es liege ein Verstoß gegen das Abstandflächenrecht vor. Das Verwaltungsgericht habe das in Rede stehende Bauteil zu Unrecht als Dachgaube angesehen, obwohl es als Zwerchhaus einzustufen sei. Es verlängere die Außenwand des Gebäudes über die Traufe hinaus in den Dachbereich. Dass das Zwerchhaus nicht voll auf der Außenwand aufsitze, sondern um 36 cm zurückgebaut sei, ändere daran nichts. Optisch sei keinerlei Unterschied zum direkten Aufsetzen auf die Außenwand zu erkennen. Das Zwerchhaus stelle sich als selbständiges Bauteil dar. Es ordne sich nach Ausmaß und Gestaltung gegenüber dem Dach nicht unter. Es liege auch ein Verstoß gegen § 35 Abs. 6 BauO NRW vor. Der Mindestabstand betrage nach dem Gesetz 1,25 m, der genehmigte Abstand dagegen nur 73,5 cm. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die Gaube in der Feuerwiderstandsklasse F 90 errichtet worden sei und dass deshalb das Abstandgebot nach der Kommentierung zur Bauordnung entfalle. Diese Literaturmeinung widerspreche dem klaren Gesetzeswortlaut. Abgesehen davon sei ein danach mögliches Verfahren nach § 73 BauO NRW nicht durchgeführt worden. Die Beklagte müsse auch nach § 68 Abs. 1 Satz 4 BauO Anforderungen des Brandschutzes prüfen. Dass diese Anforderungen nicht eingehalten seien, folge schon daraus, dass die Fenster der Gaube geöffnet werden könnten. Der Dachaufbau weise auch eine erdrückende Wirkung auf. Seine eigene Dachgaube sei bauaufsichtlich genehmigt. Sie sei in bescheidener Größe errichtet und halte die Abstandflächen vorn und seitlich ein. Die auf seinem Grundstück vorhandene grenznahe Außentreppe sei ebenfalls bauaufsichtlich genehmigt und zudem mit Zustimmung der früheren Eigentümer des Nachbargrundstücks errichtet worden. Es gehe ihm um die zum Garten hin befindliche Dachgaube der Beigeladenen.
14Der Kläger beantragt,
15den angefochtenen Gerichtsbescheid zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
16Die Beklagte stellt im Berufungsverfahren keinen Antrag. Sie nimmt Bezug auf ihren Vortrag im Verfahren 8 L 403/12. Ergänzend führt sie aus: Am 10. April 2014 habe eine Ortsbesichtigung im Haus der Beigeladenen stattgefunden. Nach den von den Beigeladenen vorgelegten Unterlagen sei die Gaube in F 90-Bauart ausgeführt. Im vereinfachten Genehmigungsverfahren seien brandschutztechnische Anforderungen nach § 17 BauO NRW nicht zu prüfen.
17Die Beigeladenen stellen im Berufungsverfahren ebenfalls keinen Sachantrag.
18Sie treten dem Vorbringen des Klägers entgegen und tragen im Wesentlichen vor: Die Gaube löse keine Abstandfläche aus. Sie sei um 36 cm zurückgesetzt, es handele sich eindeutig nicht um ein Zwerchhaus. In der näheren Umgebung befänden sich verschiedene vergleichbare Dachaufbauten. Der erforderliche Brandschutz sei durch eine Fachbauleitererklärung vom 7. August 2012 und weitere Unterlagen nachgewiesen. Die Beklagte habe die Beachtung des Brandschutzes am 12. März 2012 bestätigt.
19Der Berichterstatter des Senats hat die Örtlichkeit am 27. Mai 2014 in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die hierzu gefertigte Niederschrift Bezug genommen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte - auch zu dem in der Hauptsache erledigten Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 8 L 403/12 - und der beigezogenen bauaufsichtlichen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe:
22Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten übereinstimmend auf eine solche verzichtet haben; §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO.
23Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
24Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die angefochtene Genehmigung vom 18. Februar 2011 gegen Bestimmungen verstößt, die auch seinem Schutz als Nachbar der Beigeladenen dienen. Dies gilt sowohl für das Bauordnungsrecht (dazu A.) als auch für das Bauplanungsrecht (dazu B.).
25A. Die Genehmigung leidet nicht an einem Verstoß gegen nachbarschützendes Bauordnungsrecht, auf den sich der Kläger berufen kann. Ein Verstoß gegen nachbarrechtsrelevantes Abstandrecht gemäß § 6 BauO NRW liegt zwar vor, weil das zur Rheinseite gelegene Vorhaben der Beigeladenen Abstandflächen auslöst, die auf das Grundstück des Klägers fallen; auf diesen Verstoß kann er sich aber nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht berufen (dazu I.); es liegt ferner nicht der gerügte Verstoß gegen § 35 Abs. 6 BauO NRW vor (dazu II.).
26I. Auf den Verstoß gegen Abstandrecht, der hier vorliegt (dazu 1.), kann sich der Kläger nach dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben nicht berufen, weil sich dies wegen auf seinem Grundstück vorhandener baulicher Anlagen, die den gebotenen Abstand gegenüber dem Grundstück der Beigeladenen nicht einhalten, als unzulässige Rechtsausübung darstellt (dazu 2.).
271. Der dem Rhein zugewandte Dachaufbau der Beigeladenen löst eine Abstandfläche im Sinne von § 6 BauO NRW aus, die seitlich auf das Grundstück des Klägers fällt: Es handelt sich zwar nicht - wie der Kläger meint - um ein Zwerchhaus (dazu a); der Dachaufbau ist allerdings - anders als die Beigeladenen meinen - nicht als abstandflächenrechtlich privilegierte Gaube zu werten, sondern als selbständiger Dachaufbau, der eine seitliche Abstandfläche wirft, die auf das Grundstück des Klägers fällt (dazu b).
28a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW sind vor Außenwänden von Gebäuden Flächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten (Abstandflächen). Unter „Außenwänden“ im Sinne des § 6 BauO NRW sind die über der Geländeoberfläche liegenden Wände zu verstehen, die von außen sichtbar sind und das Gebäude gegen die Außenluft abschließen.
29Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. November 2009 - 7 B 1350/09 -, BRS 74 Nr. 136.
30Danach sind die äußeren Begrenzungen des Dachaufbaus der Beigeladenen als Außenwände grundsätzlich in die Betrachtung einzubeziehen. Eine Beurteilung der äußeren Begrenzung als Außenwand - mit der Folge einer seitlichen Abstandfläche zum Grundstück des Klägers - ist aber dann nicht gerechtfertigt, wenn es sich nur um einen (unselbständigen) Bestandteil des Dachs handelt. Ist ein Dachaufbau bloßer Bestandteil des Dachs, auf dem er errichtet ist, machen seine äußeren Begrenzungen die Einhaltung eigener Abstandflächen nicht erforderlich. Erweist sich ein Dachaufbau dagegen als ein vom Dach losgelöster selbständiger Bauteil, sind seine äußeren Begrenzungen - einschließlich etwaiger Fensterfronten - regelmäßig als Außenwände oder als Teil von Außenwänden des Gebäudes anzusehen, die eigene Abstandflächen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW auslösen.
31Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Januar 2004 - 10 B 1811/03 -, BRS 67 Nr. 127 und vom 29. April 2010 - 7 B 201/10 -, juris.
32Dem Vorhaben ist allerdings nicht schon deshalb die Eigenschaft eines Dachbestandteils abzusprechen, weil es sich um ein „Zwerchhaus“ handelt, wie der Kläger meint. Ein Zwerchhaus (zwerch = althochdeutsch für quer) verlängert die Außenwand des Gebäudes über die Traufe hinaus in den Dachbereich; es steigt von der Geländeoberfläche aus bis in den Dachbereich auf und stellt sich dort als Dachaufbau dar; funktional dient es dazu, im Dachbereich zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Seitenwände eines Zwerchhauses lösen als Außenwände seitliche Abstandflächen aus,
33vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Januar 1999
34- 10 A 4072/97 -, juris,
35weil es sich bei einem Zwerchhaus nicht um einen unselbständigen Bestandteil des Dachs handelt. Der genehmigte rheinseitige Dachaufbau ist kein Zwerchhaus in diesem Sinne. Nach den Bauvorlagen stellt er sich nicht als Verlängerung der Außenwand dar, weil er mit 36 cm nach Lage der Dinge deutlich hinter der Außenwand zurückbleibt. Er durchbricht vielmehr die Dachhaut. Dies entspricht im Übrigen auch dem tatsächlichen Eindruck des entsprechend den Vorlagen umgesetzten Vorhabens, wie er sich aus den vorliegenden Fotos und den Feststellungen des Berichterstatters anlässlich der Ortsbesichtigung ergibt.
36b) Allerdings handelt es sich gleichwohl um einen Dachaufbau, der nicht mehr als Bestandteil des Dachs, sondern als selbständiges Bauteil zu werten ist und deshalb eine seitliche Abstandfläche auslöst.
37Ob die vorderen bzw. seitlichen äußeren Begrenzungen eines auf einer geneigten Dachfläche errichteten Dachaufbaus die Einhaltung eigener Abstandflächen erforderlich machen oder jedenfalls bei der Berechnung der vor den Außenwänden des Gebäudes einzuhaltenden Abstandflächen berücksichtigt werden müssen, hängt davon ab, wie sie im Einzelfall bei wertender Betrachtung rechtlich zu qualifizieren sind.
38Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 2004 - 10 B 1811/03 -, BRS 67 Nr. 127.
39Als mögliche Kriterien für die vorzunehmende Wertung kommen beispielsweise in Betracht: Die Unterordnung des Dachaufbaus nach Ausmaß und Gestaltung im Verhältnis zum Dach, die Funktion des Dachaufbaus und der Umfang der zusätzlichen Auswirkungen, die der Dachaufbau auf die durch die Abstandflächenvorschriften geschützten Belange haben kann.
40Daran gemessen handelt es sich hier nicht mehr um einen Bestandteil des Dachs, sondern um einen als selbständig zu wertenden Dachaufbau. Dies ergibt sich schon mit Blick auf die Ausmaße des Aufbaus, der nach den Bauvorlagen, bei einer Betrachtung von der Gartenseite aus etwa die Hälfte der Dachfläche in Anspruch nimmt. Dies bestätigen im Übrigen auch die - dem Senat in der Beratung vermittelten - tatsächlichen Eindrücke des Berichterstatters bei der Ortsbesichtigung, nach denen der Aufbau den Dachbereich der Gartenseite des Hauses der Beigeladenen optisch dominiert. Daraus folgt mit Blick auf die planungsrechtlich durch den vorliegenden Bebauungsplan vorgegebene geschlossene Bauweise, dass der Aufbau entweder die gebotene Abstandfläche hätte einhalten oder grenzständig hätte errichtet werden müssen.
41Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2008
42- 7 B 195/08 -, BRS 73 Nr. 119.
432. Auf diesen Verstoß gegen § 6 BauO NRW kann sich der Kläger aber nach dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben (dazu a) nicht berufen, weil sich dies wegen der grenznahen Außentreppe, die vom Balkon des ersten Obergeschosses in den Garten führt, und seiner Dachterrasse, die den gesetzlich gebotenen Abstand nicht einhalten, als unzulässige Rechtsausübung darstellt (dazu b).
44a) Die Geltendmachung eines Abwehrrechts gegen einen nachbarlichen Verstoß gegen § 6 BauO NRW stellt sich als unzulässige Rechtsausübung und damit als Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben dar, wenn der Grundstückseigentümer selbst in vergleichbarer Weise gegen Abstandrecht verstößt. Die Unzulässigkeit der Rechtsausübung ist dabei nicht bezogen auf ein zielgerichtetes Verhalten in der Vergangenheit zu beurteilen, sie knüpft vielmehr an die gegenwärtige Geltendmachung des Abwehrrechts an. Maßgeblich ist, ob der Eigentümer mit der Wahrung von Abstandflächen nach § 6 BauO NRW die Beachtung einer Vorschrift einfordert, deren Anforderungen er selbst nicht einhält. Das allgemeine Rechtsverständnis billigt es einem Grundstückseigentümer nicht zu, rechtliche Abwehrmaßnahmen gegen eine durch einen Nachbarn hervor gerufene Beeinträchtigung zu ergreifen und zugleich diesem Nachbarn quasi spiegelbildlich dieselbe Beeinträchtigung zuzumuten. Denn der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz beruht auf einem Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit, das maßgeblich durch die objektiven Grundstücksverhältnisse geprägt ist. Erst aus der Störung des nachbarlichen Gleichgewichts und nicht schon aus der Abweichung von öffentlich-rechtlichen Normen ergibt sich deshalb der Abwehranspruch des Nachbarn.
45Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Februar 2010 - 7 B 1840/09 -, juris.
46b) Die Berufung auf den Verstoß der Beigeladenen gegen § 6 BauO NRW ist hier eine solche unzulässige Rechtsausübung, weil der Kläger selbst zulasten des Grundstücks der Beigeladenen mit der Außentreppe und dem eigenen rheinseitigen Dachaufbau in vergleichbarer Weise gegen Abstandrecht verstößt.
47Die Außentreppe des Klägers von dem Balkon des Obergeschosses in den Garten ist jedenfalls nach § 6 Abs. 10 Satz 1 Nr. 2 BauO NRW als Anlage, die höher als 1 m über der Geländeoberfläche und dazu geeignet ist, von Menschen betreten zu werden, in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 1 bis 7 BauO NRW zu beurteilen.
48Vgl. zu einem ähnlichen Sachverhalt: OVG NRW, Urteil vom 17. Januar 2008 - 7 A 2761/06 -, juris.
49Sie bleibt auch nicht nach § 6 Abs. 7 BauO NRW bei der Bemessung der Abstandfläche außer Betracht. Die Treppe müsste mithin eine Abstandfläche von 3 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 5 BauO NRW). Eine Freistellung vom Abstandserfordernis mit Blick auf vorrangiges Planungsrecht nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW ist nicht gegeben. In der festgesetzten geschlossenen Bauweise müsste grenzständig gebaut werden. Auch im Fall einer nach Maßgabe des Planungsrechts optional zulässigen grenzständigen Bebauung wäre die in Rede stehende weder grenzständige noch den gebotenen Abstand wahrende Bebauung nicht zulässig.
50Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2008
51- 7 B 195/08 -, BRS 73 Nr. 119.
52Der Dachaufbau des Klägers, der aus einer Gaube mit bodentiefer Fenstertür, Fenster und vorgelagerter, überdachter Dachterrasse besteht, ist als selbständiger Dachaufbau zu werten, der eine Abstandfläche auslöst und teilweise auf das Grundstück der Beigeladenen wirft. Nach den vorstehend zitierten Grundsätzen kommt es für die Beurteilung auf eine wertende Gesamtbetrachtung an, die auf Ausmaß und Gestaltung im Verhältnis zum Dach, die Funktion des Aufbaus und den Umfang der zusätzlichen Auswirkungen abstellt, die der Aufbau auf die durch die Abstandflächenvorschriften geschützten Belange haben kann.
53Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 2004 - 10 B 1811/03 -, BRS 67 Nr. 127.
54Danach erscheint der Aufbau als funktionale Einheit, die nicht nur - wie eine Gaube - der Verbesserung der Belichtung der Innenräume des Dachgeschosses, sondern auch als Dachterrasse dient und durch die Überdachung die Nutzung auch für Zeiträume schlechterer Witterungsbedingungen ermöglicht.
55Vgl. zum ähnlichen Sachverhalt eines auf dem Dach einer Gaube angelegten Dachbalkons: OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2001
56- 10 B 1378/01 -, BRS 64 Nr. 121.
57Der Aufbau verfügt überdies unter Berücksichtigung der Maße der Gaube und der Erstreckung der überdachten Dachterrasse in der Tiefe und zur Seite hin über im Verhältnis zum Dach nicht unerhebliche Ausmaße; angesichts der funktionalen Gestaltung als Dachterrasse ist er auch für die Belange, deren Schutz § 6 BauO NRW dient (u.a. Sozialabstand), nicht unerheblich. Aus den vorstehend im Zusammenhang mit der Außentreppe aufgezeigten Gründen ist der Dachaufbau auch nicht mit Blick auf vorrangiges Planungsrecht nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW von Abstandserfordernissen freigestellt.
58Der Verstoß des Klägers gegen § 6 BauO NRW wiegt bei wertender Gesamtbetrachtung jedenfalls nicht weniger schwer als der Verstoß der Beigeladenen gegen § 6 BauO NRW. Dies ergibt sich schon allein aus einer Einbeziehung des Dachaufbaus in die vergleichende Betrachtung. Zwar sind dessen Ausmaße absolut und in Relation zur Dachfläche geringer als diejenigen des Aufbaus der Beigeladenen, auch ist die vom Dachaufbau des Klägers auf das Nachbargrundstück geworfene Abstandfläche kleiner als diejenige, die vom Aufbau der Beigeladenen auf das Klägergrundstück geworfen wird. Aufgrund der zusätzlichen funktionalen Ausrichtung des Dachaufbaus des Klägers auch als Dachterrasse mit Wetterschutz stellt dieser allerdings gleichwohl bereits eine gleich schwer wiegende Beeinträchtigung dar. Hinzu kommt der Verstoß durch die Außentreppe.
59Der Verstoß des Klägers gegen § 6 BauO NRW ist nicht ausnahmsweise unbeachtlich. Der Umstand der Genehmigung des Dachaufbaus und der Treppe durch die Beklagte ist für die Frage, ob eine unzulässige Rechtsausübung vorliegt, unerheblich. Dies ergibt sich aus der bereits vorstehend zitierten Rechtsprechung des Senats. Die Erteilung einer Genehmigung vermag zwar gegenüber der Behörde Bestandsschutz zu vermitteln; sie ändert jedoch nichts an der faktischen Nichteinhaltung der gesetzlich geforderten Abstandflächen und hat keinen Einfluss auf die zwischen den Nachbarn bestehende Wechselbeziehung.
60Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Februar 2010 - 7 B 1840/10 - , juris, m. w. N.
61Soweit der Kläger darauf verweist, dass für seine Außentreppe auch eine Nachbarzustimmung vorliegt, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Es entspricht der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, dass eine vorliegende Angrenzerzustimmung nichts an einem materiellen Abstandverstoß ändert und der Bewertung eines Nachbarrechtsbehelfs als treuwidrig nicht entgegen steht.
62Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Mai 2010
63- 7 B 330/10 -.
64Diese Auffassung hat auch in der fachwissenschaftlichen Literatur Zustimmung gefunden.
65Vgl. Johlen, in: Gädtke u. a., BauO NRW, Kommentar, 12. Auflage, § 6, Rn. 43.
66II. Die Genehmigung verstößt auch nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise gegen § 35 Abs. 6 BauGB.
67Nach dieser Vorschrift sind auch Dachaufbauten so anzuordnen und herzustellen, dass ein Brand nicht auf andere Gebäude oder Gebäudeteile übertragen werden kann (Satz 1); von der Außenfläche von Gebäudeabschlusswänden und von der Mittellinie gemeinsamer Gebäudeabschlusswände (§ 31 Abs. 2 BauO NRW) oder Gebäudetrennwände müssen sie mindestens 1,25 m entfernt sein (Satz 2). Die vom Kläger als verletzt gerügte Vorgabe des § 35 Abs. 6 Satz 2 BauO NRW wird vom Vorhaben der Beigeladen zwar nicht eingehalten. Die Entfernung des rheinseitigen Dachaufbaus zur Mittellinie der gemeinsamen Gebäudetrennwände liegt mit dem den Bauvorlagen zu entnehmenden Maß von 73,5 cm deutlich unter dem genannten Maß von 1,25 m. Diese Vorgaben sind hier aber von der Beklagten mit Blick auf § 68 Abs. 1 Satz 4 BauO NRW im vereinfachten Genehmigungsverfahren als für die Genehmigung nicht erhebliche Anforderungen ausgeklammert geblieben.
68Ein Nachbarrechtsverstoß ist auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte entgegen einer gleichwohl bestehenden Prüfungspflicht die Prüfung dieser Brandschutzaspekte unterlassen und das Vorhaben zugelassen hat. Die Bauaufsichtsbehörde ist über die Prüfung nach § 68 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 BauO NRW hinaus nicht nur befugt, sondern auch verpflichtet, die Prüfung auf Brandschutzvorschriften zu erstrecken, wenn die Gefährdung hochwertiger Rechtsgüter wie Leben oder Gesundheit von Menschen droht.
69Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Januar 2009
70- 10 A 1075/08 -, BRS 74 Nr. 156.
71Bei einem solchen Sachverhalt darf die Baubehörde nicht eine Genehmigung für ein Vorhaben erteilen, dessen Verwirklichung wegen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter wie Leib und Leben von Menschen unverzüglich durch bauaufsichtliches Einschreiten unterbunden werden müsste. Das setzt aber voraus, dass ein solcher Verstoß offensichtlich vorliegt.
72Vgl. Senatsbeschluss vom 18. Juli 2013
73- 7 A 1040/13 -, juris.
74Von einem solchen offensichtlichen Verstoß, auf den sich auch ein Nachbar berufen kann, kann nur dann die Rede sein, wenn eine entsprechende Vorschrift verletzt ist und auch eine Abweichung gemäß § 73 BauO NRW offensichtlich ausgeschlossen ist. Das ist hier nicht der Fall. Eine Abweichung ist angesichts der aufgezeigten Ausgestaltung des Dachaufbaus in der Feuerwiderstandsklasse F 90 nicht von vornherein ausgeschlossen. Nach Maßgabe des § 73 BauO NRW kommt eine Abweichung in Betracht, wenn sie unter Berücksichtigung der Zwecke der Anforderungen des § 35 Abs. 6 Satz 2 BauO NRW und unter Würdigung der nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Letztlich handelt es sich um eine Frage des Einzelfalls. Dass diese Voraussetzungen hier offensichtlich nicht erfüllt wären, vermag der Senat angesichts der in tatsächlicher Hinsicht nicht bestrittenen Ausführungen der Beigeladenen und der Feststellungen der Beklagten zur baulichen Beschaffenheit des Dachaufbaus nicht zu erkennen. Die vom Kläger angesprochene Möglichkeit, die - zum Rhein hin gelegenen und zur Seite abgeschirmten - Fenster des Dachaufbaus zu öffnen, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
75B. Es liegt auch kein Verstoß gegen nachbarschützendes Bauplanungsrecht vor. In Betracht kommt insoweit allein das Gebot der Rücksichtnahme.
76Vorhabenbedingte Beeinträchtigungen der Belichtung und Besonnung sind hier nicht als unzumutbar zu werten. In bebauten innerörtlichen Bereichen sind entsprechende Einwirkungen vielmehr regelmäßig - und so auch hier - hinzunehmen.
77Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2007
78- 7 A 3852/06 - , BRS 71 Nr. 127 und Urteil vom 9. Juni 2011 - 7 A 1494/09 -, m. w. N.
79Das Gleiche gilt nach den vorstehend zitierten Entscheidungen für Einsichtnahmemöglichkeiten in den rückwärtigen Gartenbereich des Klägers.
80In Anwendung der in der vorzitierten Rechtsprechung dargestellten Grundsätze zur Rücksichtslosigkeit von Vorhaben, die eine „erdrückende Wirkung“ gegenüber Nachbargrundstücken entfalten, kann schließlich nach dem Eindruck des Berichterstatters, den er bei der Ortsbesichtigung gewonnen und dem Senat in der Beratung vermittelt hat, auch nicht von einer solchen „erdrückenden Wirkung“ des Dachaufbaus der Beigeladenen gegenüber dem Grundstück des Klägers ausgegangen werden.
81Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO; es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Diese haben - anwaltlich vertreten - im Berufungsverfahren keinen Sachantrag gestellt; sie haben sich damit selbst nicht dem Risiko ausgesetzt, Kosten des Klägers übernehmen zu müssen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO); angesichts dessen wäre es unbillig, den Kläger mit ihren außergerichtlichen Kosten zu belasten.
82Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
83Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO nicht ersichtlich sind.
(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.
(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.
(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.
(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine Änderung des angefochtenen Beschlusses. Nach dem Sachstand, so wie er sich aus den Akten ergibt, spricht Überwiegendes dafür, dass die streitige Baugenehmigung die Antragstellerinnen nicht in ihren Rechten verletzt. Dies gilt sowohl im Hinblick auf Nachbarschutz gewährende Normen des Bauordnungsrechts (1.) als auch auf solche Vorschriften des Bauplanungsrechts (2.).
41. Die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verstößt voraussichtlich nicht gegen § 51 Abs. 7 BauO NRW. Nach dieser Vorschrift müssen Stellplätze und Garagen so angeordnet werden, dass ihre Benutzung die Gesundheit nicht schädigt und Lärm oder Gerüche das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung nicht über das zumutbare Maß hinaus stören. Dabei ist das Kriterium der Unzumutbarkeit nicht im enteignungsrechtlichen Sinne zu verstehen, sondern meint unterhalb dieser Schwelle liegende Belästigungen durch Lärm oder Gerüche, die der Umgebung, insbesondere der Nachbarschaft, billigerweise nicht zugemutet werden können. Die Frage, wann die Benutzung von Garagen oder Stellplätzen die Umgebung unzumutbar stört, lässt sich nicht abstrakt und generell nach festen Merkmalen beurteilen. Vielmehr kommt es entscheidend auf die konkrete Situation an, in der sich die Belästigungen auswirken. Dementsprechend ist von Bedeutung, an welchem Standort die Garagen oder Stellplätze angeordnet werden sollen und in welcher Lage sich dieser Standort zu dem Grundstück, dem Wohnhaus und gegebenenfalls gegenüber den Wohn- und Aufenthaltsbereichen der betroffenen Nachbarn befindet. Dabei ist von dem Grundsatz auszugehen, dass die durch Stellplätze und Garagen verursachten Belästigungen nur ausnahmsweise zu unzumutbaren Beeinträchtigungen der Umgebung führen können, wenn sie, wie üblich und in der Regel durch die Konzeption der Bebauung vorgegeben, straßennah untergebracht werden. Andererseits können Lärm- und Geruchsbelästigungen von Stellplätzen oder Garagen in rückwärtigen Grundstücksbereichen eher die Grenze des Zumutbaren überschreiten. Technisch-rechnerisch ermittelte Immissionswerte sind dabei für die Beurteilung nicht ausschlaggebend.
5Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 4. September 2008 - 10 A 1678/07 -, BauR 2009, 478 = BRS 73 Nr. 133; Senatsbeschluss vom 6. Juni 2012 - 7 B 487/12 -.
6Bei der Bewertung der Zumutbarkeit von in rückwärtigen Grundstücksbereichen errichteten Stellplätzen und Garagen sowie ihrer Zuwegungen kommt es nach der Rechtsprechung der Bausenate des beschließenden Gerichts maßgeblich darauf an, was die Betroffenen in dem Bereich, in dem sich die Stellplätze auswirken werden, bereits hinzunehmen oder zu erwarten haben. Maßgebend ist danach nicht allein das aktuell gegebene Ausmaß an Beeinträchtigungen durch Stellplatz- und Garagenanlagen, sondern auch der Umstand, inwieweit der betreffende rückwärtige Grundstücksbereich bereits durch andere Grundstücke im näheren Umfeld als Standort für Stellplätze oder auf andere Weise durch Kfz-bedingte Immissionen vorgeprägt ist. Befinden sich in der Nachbarschaft entsprechende Vorbilder für die jeweilige Stellplatz- oder Garagenanlageanlage, kann der durch sie betroffene Grundstückseigentümer grundsätzlich nicht darauf vertrauen, seinen Gartenbereich auf Dauer als von Kfz-bedingten Immissionen freie Ruhezone nutzen zu können.
7Vgl. Senatsbeschluss vom 8. April 2008 - 7 B 2211/07 -.
8Nach Maßgabe dieser Grundsätze dürfte die genehmigte Stellplatz- und Tiefgaragenanlage einschließlich ihrer rückwärtigen Zufahrt nicht zu beanstanden sein. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass es in der näheren Umgebung der Grundstücke der Antragstellerinnen zahlreiche rückwärtige oberirdische Stellplatzanlagen und rückwärtig angeordnete Garagenhöfe gibt. Es hat dabei beispielhaft auf die Anlagen auf den Grundstücken I.-straße 5, 13, 15/17 sowie F.----straße 18, 20 und 22 hingewiesen, die jeweils eine Mehrzahl von Garagen oder Stellplätzen im rückwärtigen Bereich aufweisen. Dass die dazu getroffenen Feststellungen unrichtig sind, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht. Die Verhältnisse im Bereich E.---straße 18, 20 und 22 hat das Verwaltungsgericht insoweit zu Recht in den Blick genommen, als dort Gebäude, u.a. Werkstattgebäude, im rückwärtigen Bereich für PKW anfahrbar sind. Auch diese Anfahrmöglichkeiten tragen zu einer Vorprägung durch Kfz-bedingte Immissionen bei. Dass sich im Bereich E.---straße 18, 20 und 22 Stellplatzanlagen befinden, hat das Verwaltungsgericht - anders als es in der Beschwerdebegründung anklingt - nicht zugrunde gelegt. Wegen der danach bestehenden zahlreichen Vorbelastungen durch Kfz-Verkehr in den rückwärtigen Grundstücksbereichen ist der vorliegende Fall - wie das Verwaltungsgericht richtig ausgeführt hat - auch nicht mit jenem vergleichbar, der dem oben angeführten Urteil des 10. Senats des beschließenden Gerichts vom 4. September 2008 - 10 A 1678/02 - zugrunde lag.
9Hiervon ausgehend dürfte sich die genehmigte Stellplatz- und Tiefgaragenanlage einschließlich ihrer Zufahrt auch ihrer konkreten Ausgestaltung nach nicht als zu Lasten der Antragstellerinnen unzumutbar erweisen. Die relativ große Ausdehnung der Zufahrt unter freiem Himmel wird - jedenfalls in erheblichem Umfang - durch den Umstand kompensiert, dass die Mehrzahl der Stellplätze in einer Tiefgarage untergebracht sind, die Geräuschbelästigungen durch das Schlagen von Autotüren, das Starten von Motoren, Rangierbewegungen u.ä. weitgehend abschirmt, wie bereits das Verwaltungsgericht richtig ausgeführt hat. Die vier im Freien angelegten Stellplätze befinden sich in verhältnismäßig großem Abstand zu den Wohnhäusern der Antragstellerinnen. Auch die Zuwegung selbst hält - mit Ausnahme einer Verschwenkung in Höhe des Flurstücks 363 - durch ihre Führung etwa in der Mitte des Vorhabengrundstücks einen jeweils maximalen Abstand zu den Nachbargrundstücken ein. Schließlich endet der unter freiem Himmel befindliche Teil der Zufahrt etwa 16 Meter von der nächsten Stelle der rückwärtigen Außenwand des Hauses I.----------straße 9 entfernt. Mit Rücksicht auf diese Abstände und die vorgesehene Bepflanzung dürfte es auch nicht zu hier relevanten Beeinträchtigungen durch Lichteinfall kommen, gegen die durch Vorhänge, Rollos u.ä. Vorrichtungen, die jedenfalls an Schlafzimmerfenstern üblicherweise vorhanden sind, ohnehin ein gewisser Schutz besteht.
10Soweit sich die Antragstellerinnen auf Fahrradverkehr vor allem zu den Fahrradabstellplätzen sowie Fußgängerverkehr berufen, ist der Schutzbereich des § 51 Abs. 7 BauO NRW nicht betroffen. Dies gilt auch hinsichtlich der Fahrradabstellplätze, die das Gesetz - vgl. § 51 Abs. 1, 3, 4 und 8 BauO NRW - von Garagen und Stellplätzen unterscheidet, welche allein Gegenstand der Regelung in § 51 Abs. 7 BauO NRW sind. Im Übrigen gehen von dem Fußgänger- und Fahrradverkehr keine unzumutbaren Lärmbelästigungen aus; es handelt sich vielmehr um Lebensäußerungen, die auch in rückwärtigen Grundstücksbereichen regelmäßig hinzunehmen sind.
112. Ebenso wenig ist nach summarischer Prüfung zu erkennen, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen in nachbarrechtsverletzender Weise gegen § 34 BauGB verstößt.
12Hinsichtlich seines Maßes verletzt das Bauvorhaben der Beigeladenen schon deshalb keine subjektiven Rechte der Antragstellerinnen, weil dem Merkmal "Maß der baulichen Nutzung" als solchem - darunter fallen gem. § 16 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO die Grundfläche der baulichen Anlage und gem. § 16 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO auch die Zahl der Vollgeschosse - im nicht überplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung zukommt.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 1995 - 4 B 215.95 -, BauR 1996, 82; OVG NRW Beschlüsse vom 11. März 2003 - 7 B 240/03 -, juris, und vom 14. Februar 2012 - 7 B 72/12 -.
14Entsprechendes gilt hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll.
15Das streitige Bauvorhaben verstößt auch nicht zu Lasten der Antragstellerinnen gegen das Rücksichtnahmegebot.
16Dies gilt zunächst unter dem Gesichtspunkt einer erdrückenden Wirkung des Bauvorhabens. Eine solche Wirkung wird angenommen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich "die Luft nimmt", wenn für den Nachbarn das Gefühl des "Eingemauertseins" entsteht oder wenn die Größe des "erdrückenden" Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls - und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen - derartig übermächtig ist, dass das "erdrückte" Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem "herrschenden" Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird.
17Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2010 - 7 A 3199/08 -, BRS 76 Nr. 181 = BauR 2011, 248, sowie Beschluss vom 24. April 2012 - 7 B 242/12 -.
18Eine erdrückende Wirkung in diesem Sinne ist vorliegend schon nach Aktenlage ersichtlich nicht gegeben.
19Gegenüber den Antragstellerinnen resultiert eine Rücksichtslosigkeit im Rechtssinne auch nicht aus den vom Vorhaben der Beigeladenen ausgehenden Einsichtsmöglichkeiten. In einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet müssen Nachbarn hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht (insbesondere § 6 BauO NRW) vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu Einsichtsmöglichkeiten auch in Wohnräume kommt, die in einem bebauten Gebiet üblich sind.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2007 - 7 A 3852/06 -, BRS 71 Nr. 127, und vom 9. Februar 2009 - 10 B 1713/08 -, BRS 74 Nr. 181.
21Dass das Maß des Üblichen hier überschritten sein könnte, ergibt sich weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus dem übrigen Akteninhalt. Soweit sich die Antragstellerinnen durch Einsichtsmöglichkeiten in ihre Wohnräume, insbesondere in Schlafzimmerbereiche, gestört fühlen, ist es ihnen zuzumuten, sich gegen derartige Einblicke - wie weitgehend üblich - durch Vorhänge, Rollos oder ähnliches zu schützen.
22Schließlich ist das Rücksichtnahmegebot nicht durch die Stellplatz- und Tiefgaragenanlage einschließlich ihrer Zuwegung verletzt. Insoweit kann auf die Ausführungen zu 1. verwiesen werden; denn die Anforderungen des Rücksichtnahmegebots reichen insofern grundsätzlich nicht weiter als der Schutzanspruch aus § 51 Abs. 7 Satz 1 BauO NRW.
23Vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 29. Oktober 2012 - 2 A 723/11 -, juris.
24Soweit die Antragstellerinnen in ihrer Beschwerdebegründung auf § 34 Abs. 2 BauGB hinweisen und einen Gebietsgewährleistungsanspruch thematisieren, ist anzumerken, dass ein solcher Anspruch grundsätzlich nur hinsichtlich der Art der Nutzung besteht. Dass das Bauvorhaben der Klägerin, insbesondere die Stellplatz- und Tiefgaragenanlage, unter diesem Gesichtspunkt unzulässig sein könnte, wird indes nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht erkennbar. So ist namentlich nicht ersichtlich, dass diese Anlage ihrem Umfang nach den Rahmen von § 12 Abs. 2 BauNVO überschreitet.
25Vgl. zu den insoweit zu beachtenden Maßstäben etwa Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, 11. Aufl., § 12 Rdn. 6.
26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
27Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 10. Mai 2017 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750 Euro festgesetzt.
Auf die Anschlussbeschwerde der Beigeladenen wird die Kostenentscheidung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 10. Mai 2017 geändert:
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Gründe
I.
- 1
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine von der Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für verschiedene Umbaumaßnahmen an einem Gebäude.
- 2
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks B. Straße, das mit einem denkmalgeschützten Ensemble bebaut ist, bestehend aus einer zweigeschossigen Reihenvilla (Kutscherhaus), einer eingeschossigen Remise und einem ehemaligen Mietstall. Das Grundstück der Beigeladenen grenzt südlich an das Grundstück der Antragstellerin und ist mit einem dreigeschossigen Wohngebäude mit ausgebautem Dachgeschoss bebaut. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Baustufenplans Harvestehude/Rotherbaum vom 6. September 1955 (HmbGVBl. S. 294), der insoweit u.a. die Ausweisung W 2 g und „das Bauvolumen von 1939 darf nicht vergrößert werden“ trifft. Außerdem gilt für die Grundstücke die Verordnung über die Erhaltung baulicher Anlagen in Harvestehude vom 26. April 1988 (HmbGVBl. S. 66).
- 3
Die Antragsgegnerin erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 2. Dezember 2016 eine Baugenehmigung für den Ausbau des Daches auf zwei Vollgeschosse, den rückseitigen Umbau eines Balkons in einen Wintergarten im 1. OG und den Einbau eines Aufzuges im Treppenraum an der Gebäudevorderseite. Der Baugenehmigungsbescheid enthält zudem u.a. eine planungsrechtliche Befreiung für das weitere Überschreiten der Zahl der Vollgeschosse um zwei auf fünf Vollgeschosse. Die Antragstellerin erhob mit Schreiben vom 3. Januar 2017 gegen den Bescheid Widerspruch. Bereits mit Bescheid vom 4. Mai 2015 hatte die Beigeladene von der Antragsgegnerin für ihr Änderungsvorhaben eine Genehmigung nach § 8 DSchG erhalten. Hiergegen erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 15. Februar 2017 ebenfalls Widerspruch.
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Am 23. Februar 2017 hat die Antragstellerin beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Baugenehmigungsbescheid anzuordnen. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 10. Mai 2017 den Antrag abgelehnt, da der Widerspruch keinen Erfolg haben dürfte. Denn die Antragstellerin werde durch die Baugenehmigung vor-aussichtlich nicht in ihren Rechten verletzt. Die Festsetzungen des Baustufenplans zur Zahl der Vollgeschosse und zur geschlossenen Bauweise seien nicht nachbarschützend. Daher könne sich die Antragstellerin auf eine fehlende Einhaltung der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht berufen. Ebenso wenig werde sie in ihrem Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung des Baugebiets verletzt. Eine vom Plangeber intendierte Gebietsprägung werde nicht mit der Begründung dargelegt, der Plangeber habe durch die Festsetzung von zwei Vollgeschossen und dem Verbot, das Bauvolumen von 1939 zu vergrößern, die Nachbarn vor überdimensionalen Bauvorhaben und einer zunehmenden Verdichtung schützen wollen. Die konkrete örtliche Situation könne nur insoweit gebietsprägend sein als sie Eingang in den Planungswillen und ihren Ausdruck in den getroffenen Festsetzungen gefunden habe. Jedenfalls letzteres sei hier nicht der Fall. Das Vorhaben verletze auch nicht das Gebot der Rücksichtnahme. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot folge nicht aus einer Beeinträchtigung der Belichtung, Besonnung oder Belüftung. Durch das Vorhaben sei zwar eine zunehmende Verschattung des Grundstücks der Antragstellerin, insbesondere im Dachbereich der Remise, zu erwarten, jedoch seien diese Beeinträchtigungen der Belichtung und Besonnung nicht unzumutbar. Bereits durch die Festsetzung der geschlossenen Bauweise sei mit einer Verschattung zu rechnen. Daneben unterliege die Remise in nicht unerheblichem Maße bereits dem Schattenwurf der eigenen Gebäude der Antragstellerin. Die Belichtungssituation der Remise sei zudem auf die eigene, übertiefe Bauweise der Gebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin zurückzuführen. Die dem Verschattungsgutachten vom 3. Februar 2017 zu entnehmenden Werte seien nicht geeignet, die Annahme einer durch die zunehmende Verschattung der Gebäudeteile der Antragstellerin eintretende Unzumutbarkeit zu begründen. Dem stehe schon entgegen, dass dort nicht hinreichend zwischen der Verschattung durch die Bestandsbebauung und durch die genehmigte Bebauung unterschieden werde. Das Vorhaben dürfte zudem keine erdrückende Wirkung auf das Gebäude der Antragstellerin haben. Eine solche folge nicht aus den unterschiedlichen Zahlen der Vollgeschosse und der sich daraus ergebenden Höhenunterschiede. Der Baustufenplan dürfte hinsichtlich der Festsetzung betreffend die Zahl der Vollgeschosse funktionslos geworden sein. Beinahe alle insoweit in die Betrachtung einzustellenden Wohngebäude in der Brahmsallee verfügten über eine drei- bis viergeschossige Bauweise. Gemessen daran komme dem Wohngebäude der Beigeladenen mit nunmehr fünf genehmigten Vollgeschossen keine optisch so massive Wirkung zu, die für die Antragstellerin zu einer Situation des „Eingemauertseins“ führen würde.
II.
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Die gemäß §§ 146 Abs. 4, 147 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beschwerde ist unbegründet, weil es die mit ihr dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO allein zu prüfen hat, nicht rechtfertigen, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und - wie von der Antragstellerin beantragt - die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 3. Januar 2017 gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 2. Dezember 2016 gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80a Abs. 3 VwGO anzuordnen. Denn die von ihr mit der Beschwerde dargelegten Gründe stellen nicht die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts erheblich in Zweifel, dass bei der gebotenen Abwägung das Aussetzungssetzungsinteresse der Antragstellerin hinter das Interesse der Beigeladenen, die Bauarbeiten an dem Vorhaben fortführen zu können, zurückzutreten hat, weil die angefochtene Baugenehmigung die Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in ihren Rechten verletzen wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Die Antragstellerin beruft sich zu Unrecht darauf, eine typische Prägung des Baugebiets, die entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO Nachbarschutz vermittelt, ergebe sich aus der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse für ein W 2 o-Gebiet und der Anforderung, dass das Bauvolumen von 1939 nicht vergrößert werden dürfe. Derartige Festsetzungen dienten nämlich gerade dem Zweck, die Nachbarn vor überdimensionalen Bauvorhaben und einer zunehmenden Verdichtung zu schützen.
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Die Eigenart des Baugebiets ergibt sich zum einen aus seiner allgemeinen Zweckbestimmung, zum anderen wird sie durch die sonstigen Festsetzungen des Bebauungsplans, wie z.B. dem Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise, geprägt. Zusätzlich ist auch die jeweilige örtliche Situation, in die ein Gebiet „hineingeplant“ worden ist, sowie der jeweilige Planungswille, soweit dieser in den Festsetzungen des Bebauungsplans unter Berücksichtigung der hierfür gegebenen Begründung zum Ausdruck gekommen ist, zu berücksichtigen (siehe OVG Hamburg, Beschl. v. 4.5.2009, NordÖR, 2009, 308, juris Rn. 14).
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Die Eigenart des vorliegenden Baugebiets wird durch die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse von zwei und der Anforderung, das Bauvolumen von 1939 darf nicht vergrößert werden, hinsichtlich des zulässigen Umfangs der baulichen Anlagen nicht - wie die Antragstellerin meint - in dem Sinne geprägt, dass dort nur eine aufgelockerte, eher kleinmaßstäbliche Bebauung zulässig sei. Hiergegen spricht bereits, dass nach dem Baustufenplan Harvestehude/Rotherbaum entgegen der Annahme der Antragstellerin in dem Wohngebiet keine offene sondern geschlossene Bauweise festgesetzt ist, so dass die bebaubare Fläche nach der Baustufentafel zu § 11 BPVO nicht 3/10 sondern 5/10 beträgt. Die festgesetzte bebaubare Fläche, die das Bauvolumen ebenso wie die Zahl der zulässigen Vollgeschosse mitbestimmt, liegt damit über der heute gemäß § 17 Abs. 1 BauNVO in Wohngebieten gültigen Obergrenze der Grundflächenzahl von 0,4. Die festgesetzte geschlossene Bauweise spricht ebenfalls für eine verdichtete Bauweise. Außerdem hat der Plangeber auf die Festsetzung einer hinteren Baulinie verzichtet. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass die Anforderung, das Bauvolumen von 1939 darf nicht vergrößert werden, nach dem maßgeblichen Willen des Plangebers der Erhaltung einer aufgelockerten, eher kleinmaßstäblichen Bebauung dienen würde. Soweit die Antragstellerin die Häuserstruktur in der B. Straße vordringlich durch großzügige Stadtvillen mit maximal drei Geschossen geprägt sieht, geht sie an der zutreffenden Feststellung des Verwaltungsgerichts vorbei, dass es nach der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (Beschl. v. 8.10.2009, 2 Bs 177/09, juris Rn. 7) für den Gebietsprägungserhaltungsanspruch grundsätzlich nicht auf die tatsächliche Bebauung ankommt. Gebietsprägend kann nur sein kann, was auch Eingang in den Planungswillen und seinen Ausdruck in den getroffenen Festsetzungen des Bebauungsplans gefunden hat. Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO dient der Bewahrung der Art der baulichen Nutzung und ist kein Instrument, um Milieuschutz zu betreiben. Abgesehen davon setzt sich die Antragstellerin in ihrer Beschwerde nicht mit der Feststellung des Verwaltungsgerichts auseinander, dass die Wohngebäude in der B. Straße tatsächlich über eine drei- bis viergeschossige Bebauung verfügten, so dass die Festsetzung von nur zwei zulässigen Vollgeschossen funktionslos geworden sein dürfte (Bl. 14 BA). Wäre diese Feststellung zutreffend, würde es auch aus diesem Grund an der von der Antragstellerin geltend gemachten typischen Prägung des Baugebiets fehlen.
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2. Ohne Erfolg bleibt die weitere Einwendung der Antragstellerin, durch den Ausbau des Dachgeschosses zu einem fünfgeschossigen Gebäude sei eine erdrückende Wirkung zu befürchten, weil das Nebeneinander der ein- bzw. zweigeschossigen Gebäude B. Straße und des fünfgeschossigen Vorhabens wegen ihrer Höhendifferenz und der ohnehin schon bestehenden räumlichen Enge in einem auffälligen Missverhältnis stehe. Die geschlossene Bauweise führe in Verbindung mit der Größe und Kubatur des Vorhabens zu einer Massivität, die sich rücksichtslos auf die angrenzenden Nachbargrundstücke auswirke.
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Das damit angesprochene Gebot der Rücksichtnahme, das hier aus § 31 Abs. 2 BauGB mit dem Gebot der Würdigung nachbarlicher Interessen folgt, beinhaltet nicht, jede Beeinträchtigung eines Nachbarn zu vermeiden. Ein Nachbar kann lediglich solche Nutzungsstörungen abwehren, die als rücksichtslos zu werten sind. Davon kann erst gesprochen werden, wenn die mit dem genehmigten Bauvorhaben verbundenen Beeinträchtigungen bei der Nutzung des eigenen Grundstücks bei einer Abwägung, in der die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung und die Interessen des Bauherrn zu berücksichtigen sind, für den Nachbarn billigerweise unzumutbar erscheinen (OVG Hamburg, Beschl. v. 4.2.2009, 2 Bs 248/08, juris Rn. 10).
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Dass das Vorhaben wegen seiner Höhe die Gebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin unzumutbar beeinträchtigt, weil es ihnen förmlich „die Luft nimmt“ oder ein Gefühl des „Eingemauertseins“ entstehen lässt, ist nicht festzustellen. Die Gebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin sind mit ihren Freiräumen in Ost-West-Richtung ausgerichtet. Außerdem wird in nördlicher Richtung die geschlossene Bauweise nicht eingehalten, was eine gewisse weitere Entlastung von einer bedrängenden Lage verschafft. Das im Süden liegende Vorhaben ändert an dieser Situation durch den genehmigten Dachausbau nichts Entscheidendes. Die beeinträchtigenden Auswirkungen des Vorhabens beruhen lediglich auf der geänderten Dachform von einem Satteldach zu einem breiteren Mansarddach. Dabei fällt das Mansarddach im Vergleich zu der vorherigen Dachform 0,60 m niedriger aus. Die Höhendifferenz zwischen dem Mansarddach und dem seitlich daneben liegenden Dachfrist des Satteldaches der Reihenvilla der Antragstellerin beträgt 5,70 m. Dieser Höhenunterschied in der Dachlandschaft ist nicht ungewöhnlich und auch in der konkreten Lagesituation mit keiner erdrückenden oder abriegelnden Wirkung verbunden.
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3. Schließlich kann die Antragstellerin die Beschwerde nicht damit begründen, das Vorhaben wirke sich rücksichtslos aus, weil es zu einer erheblichen Verschlechterung der Belichtungssituation ihres Gebäudes führen werde. Sie macht geltend, dass mit dem Verschattungsgutachten vom 3. Februar 2017 ausreichend belegt werde, dass mit einer erheblichen zusätzlichen Verschattung durch die Gebäudeerhöhung und die Vergrößerung des Bauvolumens zu rechnen sei. In dem Gutachten werde im Übrigen deutlich zwischen der Situation vor und nach den Umbaumaßnahmen differenziert.
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Im Anschluss an die Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (Beschl. v. 26.9.2007, NordÖR 2008, 73, juris Rn. 10) hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass das Rücksichtnahmegebot keine bestimmte Dauer oder „Qualität“ der natürlichen Belichtung oder die unveränderte Beibehaltung einer insoweit zuvor gegebenen Situation gewährleistet. Gemessen daran geben die in dem „Verschattungsgutachten zum Bauvorhaben B. Straße“ vom 3. Februar 2017 getroffenen Prognosen keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass von dem Vorhaben für die Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin unzumutbare Verschattungen ausgehen werden. Das bereits genehmigte Bauvorhaben B. Straße der Antragstellerin sieht eine Stahl-Glas-Konstruktion (Remise) vor, die das Kutscherhaus und den Stall verbinden und die als ergänzender Wohnraum dienen soll. Der Gutachter kommt bei seinen Auswertungen u.a. zu folgenden Ergebnissen:
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„Es wird erkennbar, dass die Veränderungen zum 17. Januar nur gering sind, und sich teilweise im Bereich von fünf Minuten und weniger befinden.“ Es sei „mit einer zusätzlichen Verschattung der Brandwand im niedrigen zweistelligen Prozentbereich zu rechnen …, die sich aller Voraussicht nach vor allem auf die Belichtung des ersten Obergeschosses und der Dachgeschosse des Kutscherhauses“ auswirke.
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„Zum 20. März … werden auf der Dachfläche des Verbindungsbereiches zwischen Kutscherhaus und Pferdestall insbesondere im nördlichen Bereich Rückgänge von bis zu 30 Prozent erreicht. Infolge der bereits in der Ausgangssituation geringeren Besonnung der südlichen Dachbereiche fallen die Rückgänge im direkt angrenzenden Bereich zum Haus B. Straße geringer aus. Im Bereich des Pferdestalls sind unterdessen leichte Rückgänge von fünf bis acht Prozent zu erwarten, bei denen zudem von einer vergleichsweise günstigen Ausgangslage auszugehen ist. Die zusätzliche Verschattung der nördlich angrenzenden Brandwand … stellt sich in ihrem Flächenanteil im Vergleich zu der Situation vom 17. Januar ähnlich dar.“
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Gegen die Annahme einer unzumutbaren Betroffenheit der Antragstellerin durch eine vorhabenbedingte Verschattung ihres Grundstücks spricht bereits maßgeblich die Tatsache, dass insoweit die Grundstücksituation insgesamt in den Blick zu nehmen ist, aber der hauptsächlich betroffene Verbindungsbau (Remise) auf dem Grundstück der Antragstellerin flächenmäßig nur von untergeordneter Bedeutung ist. Die Hauptnutzung der Antragstellerin im Kutscherhaus unterliegt nach dem Gutachten nur geringfügigen Verschattungen durch das Vorhaben der Beigeladenen. Für den Pferdestall gilt nichts anderes. Die nach dem Gutachten zu erwartenden stärkeren Verschattungen im nördlichen Bereich betreffen zum einen nur den Verbindungsbau und zum anderen eine Himmelsrichtung, die für eine angemessene Belichtung und Besonnung eines Grundstücks von nachrangiger Bedeutung ist, da nach Norden ausgerichtete Räume ohnehin recht dunkel bleiben.
III.
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Die von der Beigeladenen gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung erhobene Anschlussbeschwerde, mit der sie sich dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig erklärt hat, ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
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1. Das Beschwerdegericht legt gemäß §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO die im Schriftsatz der Beigeladenen vom 19. Juni 2017 enthaltene Formulierung ihres Prozessbevollmächtigten „… beantrage ich auf die Beschwerdeschrift vom 31.05.2017 hin zu erkennen …“ als Anschlussbeschwerde aus, mit der sie sich gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts wendet, ihre außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil sie zwar einen Antrag gestellt, diesen aber inhaltlich nicht eigenständig begründet habe.
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2. Diese Anschlussbeschwerde ist gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 567 Abs. 3 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 15.12.2006, NVwZ 2007, 604, juris Rn. 24; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 146 Rn. 46; Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 146 Rn. 46 ff.).
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Die Anfechtung der Kostenentscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist auch nicht gemäß § 158 Abs. 1 VwGO unzulässig, weil diese nicht gleichzeitig ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung in der Hauptsache eingelegt hat. Die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung ist als Anschlussrechtsmittel ausnahmsweise zulässig, wenn das Gericht wegen eines durch einen Verfahrensbeteiligten eingelegten Rechtsmittels ohnehin mit der Hauptsache befasst ist (siehe OVG Bautzen, Beschl. v. 3.3.2010, NVwZ-RR 2010, 624, juris Rn. 2; Kopp/Schenke, a.a.O., § 158 Rn. 3 m.w.N.). Denn wenn das Beschwerdegericht - wie hier - mit dem Aussetzungsantrag der Antragstellerin als Hauptsache ohnehin befasst ist, sprechen keine Gründe der Verfahrensökonomie dagegen, dass bei dieser Gelegenheit auch die Kostenentscheidung nach § 162 Abs. 3 VwGO einer Rechtskontrolle unterliegt.
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3. Die Anschlussbeschwerde ist begründet. Die Beigeladene wendet sich zu Recht dagegen, dass das Verwaltungsgericht eine Kostenentscheidung gemäß § 162 Abs. 3 VwGO zu ihren Gunsten mit dem Argument abgelehnt hat, sie habe zwar einen Sachantrag gestellt, dieser sei aber nicht in einer Weise begründet worden, die die Erörterung des Streitstoffs wirklich fördere, so dass es nicht der Billigkeit entspreche, der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.
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Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten hat gemäß § 162 Abs. 3 VwGO in der Regel zu erfolgen, wenn sich der Beigeladene in das Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO begeben hat (siehe VGH Mannheim, Beschl. v. 27.12.1985, VBlBW 1987, 68; v. 20.1. 2011, VBlBW 2011, 279, juris Rn. 7; VGH München, Beschl. v. 16.1. 1990, NVwZ-RR 1990, 665, juris Rn. 8). Wer das Kostenrisiko übernimmt, muss nicht auch noch eine beachtliche Förderung des Verfahrens leisten, damit seine Kosten im Fall des Obsiegens - wie beim obsiegenden Hauptbeteiligten - erstattet werden können (siehe Jeromin/Praml in: Gärditz, VwGO, 2013, § 162 Rn. 26 f.). Seine gegenteilige Rechtsauffassung kann das Verwaltungsgericht nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 24.7.1996, 7 KSt 7/96, juris Rn. 3; v. 7.6.1995, NJW 1995, 2867, juris Rn. 7; v. 17.2.1993, 4 C 16/92, juris Rn. 3) in Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde stützen, in denen im Allgemeinen eine Billigkeitsentscheidung nach § 162 Abs. 3 VwGO nur in Betracht kommt, wenn der Beigeladene sich durch die Stellung eines Antrags und durch Ausführungen zur Sache am Verfahren beteiligt hat. Denn im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde übernimmt der Beigeladene, der die Zurückweisung der Beschwerde beantragt, noch kein Kostenrisiko, weil er an den Kosten des Revisionsverfahrens - wenn die Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg hat - nur beteiligt werden kann, wenn er nach der Zulassung der Revision einen Sachantrag stellt. Für die erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde fallen keine Kosten an, an denen der Beigeladene beteiligt werden könnte (siehe zum Ganzen Neumann in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 154 Rn. 71).
IV.
- 23
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.
(2) Zulässig sind
- 1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude, - 2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten, - 3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe, - 4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, - 5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen, - 6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, - 7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen, - 2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.
(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.
(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.
(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.
(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.