Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 24. Sept. 2018 - 6 K 4519/13

bei uns veröffentlicht am24.09.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für einen Lebensmittelfachmarkt.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks A. 5/7 (Flurstück ... der Gemarkung Fuhlsbüttel). Das Grundstück ist im Norden parallel zur Straße mit einem zweigeschossigen Wohngebäude und im südlichen Teil entlang der Grundstücksgrenze über die komplette Grundstücksbreite mit einer eingeschossigen Garage bebaut. Das Wohngebäude hält einen Abstand von ca. 17 m zur südlichen Grundstücksgrenze ein. Die Beigeladene plant auf den südlich des klägerischen Grundstücks gelegenen Grundstücken B. 539-545 (Flurstücke ...... der Gemarkung Fuhlsbüttel – zusammen „Vorhabengrundstück“) einen Lebensmittelfachmarkt mit Back-Shop und 56 Stellplätzen sowie zwei voneinander unabhängigen Spielhallen.

3

Alle vorgenannten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Fuhlsbüttel 8 vom 11. Dezember 1968. Dieser setzt hier „MK III g“, Baugrenzen parallel zur Straßenfläche, eine Grundflächenzahl von 0,6 und eine Geschossflächenzahl von 0,8 fest.

4

Am 30. September 2011 erteilte die Beklagte der Beigeladenen eine Baugenehmigung für den Neubau eines Marktes mit Backshop und 56 PKW-Stellplätzen im Erdgeschoss sowie zwei voneinander unabhängigen Spielhallen im Obergeschoss. Das Gebäude soll auf einer Länge von 63,80 m direkt an der nördlichen Grundstücksgrenze des Vorhabengrundstücks (Nordgrenze des Flurstücks ...) errichtet werden und schließt somit unmittelbar an die vorhandene Garage auf dem Grundstück der Klägerin an. Zur B. hin weist das Gebäude eine Breite von 33,52 m auf und hält einen Abstand zur Straße von ca. 7 m ein. Im Westen schließt das geplante Gebäude auf einer Breite von 16,26 m mit der Grundstücksgrenze ab, südlich anschließend befindet sich hier eine Anlieferrampe für die Anlieferung von Waren. An der Grenze zum Grundstück der Klägerin ist das geplante Gebäude 6,21 m hoch und steigt dann ab einem Abstand von ca. 2,50 m auf 9 m an. Die Stellplätze sind südlich des Gebäudes auf den Flurstücken ... und ... angeordnet. In der Baugenehmigung wurden eine bauordnungsrechtliche Abweichung hinsichtlich der erforderlichen inneren Brandwände sowie eine planungsrechtliche Befreiung für die Gehwegüberfahrt zur B. erteilt. Weiterhin wurden immissionsschutzrechtliche Auflagen in die Baugenehmigung aufgenommen. Nach Nr. 18.3 ist die Anlage so zu betreiben, dass gemäß § 22 BImSchG Umwelteinwirkungen nicht zu befürchten sind. Hinsichtlich des Lärmschutzes bestimmt Nr. 18.4, dass die Immissionsrichtwerte der TA Lärm einzuhalten sind. Hierzu wird auf die lärmtechnische Untersuchung vom 1. Juni 2011, ergänzt am 29. Juli und 30. August 2011, verwiesen und die Umsetzung der dort vorgeschlagenen Lärmschutzmaßnahmen angeordnet. Insbesondere ist der Anliefer- und Kundenverkehr bis maximal 22 Uhr abzuwickeln. Das Lärmgutachten hat für den Immissionsort 4 an der südwestlichen Ecke des Wohngebäudes der Klägerin folgende Beurteilungspegel und Geräuschspitzen jeweils in dB(A) ergeben:

5
        

 Beurteilungspegel (tags)

 Beurteilungspegel (nachts)

 Geräuschspitzen (tags)

 Geräuschspitzen (nachts)

 EG    

 45

 43

 57

 57

 1. OG

 48

 45

 58

 58

 2. OG

 50

 47

 58

 58

6

Durch Umsetzung der angeordneten Lärmschutzmaßnahmen ergeben sich laut Gutachten folgende Werte jeweils in dB(A):

7
        

 Beurteilungspegel (tags)

 Beurteilungspegel (nachts)

 Geräuschspitzen (tags)

 Geräuschspitzen (nachts)

 EG    

 36

 23

 47

 35

 1. OG

 39

 26

 47

 37

 2. OG

 41

 29

 54

 48

8

Am 27. März 2012 sowie am 5. April 2012 erließ die Beklagte je einen Ergänzungsbescheid zur Baugenehmigung zu Fragen der Abwasserbeseitigung.

9

Am 5. Juni 2012 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Baugenehmigung vom 30. September 2011 sowie sämtliche im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben ergangenen weiteren Genehmigungen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Bebauung an der Grundstücksgrenze sei unzulässig. Da auf ihrem Grundstück bereits ein Gebäude mit Grenzabstand bestehe, sei die Einhaltung von Abstandsflächen trotz der im Bebauungsplan vorgesehenen geschlossenen Bauweise sowohl bauplanungs- als auch bauordnungsrechtlich erforderlich. Das Vorhaben überschreite die zulässige Grundflächenzahl von 0,6. Denn die Vorhabengrundstücke seien als einzelne Grundstücke zu bewerten und die Grundflächenzahl sei auf jedem einzelnen Grundstück einzuhalten, was auf den beiden nördlichen Grundstücken nicht der Fall sei. In diesem Zusammenhang liege außerdem ein Verstoß gegen § 28 HBauO hinsichtlich der vorzusehenden Brandwände vor. Darüber hinaus führe das Bauvorhaben zu einer starken Verschattung des klägerischen Grundstücks, die Nutzer des Gebäudes würden auf eine hohe Wand blicken, wo zuvor ein freier Blick gegeben gewesen sei. Außerdem seien Lärmbelästigungen durch den Liefer- und Kundenverkehr zu befürchten. Das Vorhaben sei daher insgesamt rücksichtslos.

10

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Hinsichtlich der Grundflächenzahl sowie der geschlossenen Bauweise entfalteten die Festsetzungen des Bebauungsplans schon keine drittschützende Wirkung. Unabhängig davon sei ein Abweichen von der geschlossenen Bauweise nach § 22 Abs. 3 BauNVO auch nicht erforderlich. Denn das Gebäude der Klägerin, das einen Grenzabstand einhalte, sei bereits im Bebauungsplan als Bestand eingezeichnet, sodass davon auszugehen sei, dass der Plangeber diese Situation umgestalten wollte. Die Einhaltung von Abstandsflächen nach § 7 Abs. 2 Satz 2 HBauO könne ebenfalls nicht verlangt werden, da sich die genehmigte Grenzbebauung aufgrund der bereits vorhandenen Grenzbebauung mit einer Garage auf dem Grundstück der Klägerin in die vorhandene Bebauung einfüge. Was die Vorschriften über Brandwände anbelange, so sei die erteilte Abweichung rechtsfehlerfrei, da der Brandschutz durch die ausreichenden Fluchtwege insgesamt gesichert sei. Zuletzt liege auch ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot nicht vor. Insbesondere seien durch die Nutzungsintensivierung durch den Lebensmittelmarkt keine unzumutbaren Lärmbelästigungen zu befürchten, da durch die Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung sichergestellt sei, dass die Vorgaben der TA Lärm eingehalten würden, und darüber hinaus die lärmträchtigen Nutzungen auf der dem Grundstück der Klägerin abgewandten Seite des Vorhabens stattfänden. Durch den ausreichenden Abstand zwischen Neubauvorhaben und Wohnbebauung von ca. 17 m seien eine ausreichende Belichtung und Belüftung weiterhin sichergestellt.

11

Die Klägerin hat am 24. Oktober 2013 Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Das Rücksichtnahmegebot sei insbesondere auch deswegen verletzt, weil das Vorhaben der Beigeladenen spiegelverkehrt hätte geplant werden können, was zu deutlich geringeren Beeinträchtigungen der Klägerin führen würde.

12

Die Klägerin beantragt,

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die Baugenehmigung vom 30. September 2011 in der Fassung der Ergänzungsbescheide vom 27. März 2012 und 5. April 2012 sowie den Widerspruchsbescheid vom 23. September 2013 aufzuheben.

14

Die Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Sie verweist zur Begründung im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

17

Die Beigeladene beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Sie begründet ihren Antrag damit, dass durch die Baugenehmigung keine nachbarschützenden Vorschriften verletzt seien. Die Einhaltung von Grenzabständen nach § 7 Abs. 2 Satz 2 HBauO i.V.m. § 22 Abs. 3 BauNVO könne nur gefordert werden, wenn dies zwingend notwendig sei, was im vorliegenden Fall erkennbar nicht der Fall sei. Ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot liege nicht vor. Insbesondere Belüftung und Belichtung seien wegen des erheblichen Abstands zwischen Bestandsgebäude der Klägerin und Neubauvorhaben der Beigeladenen offensichtlich nicht beeinträchtigt.

Entscheidungsgründe

I.

20

Die Klage hat keinen Erfolg.

21

Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Baugenehmigung die Klägerin nicht in ihren subjektiven Rechten im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt. Ein Grundstückseigentümer kann sich gegen ein Bauvorhaben auf einem Nachbargrundstück nur dann mit Erfolg zur Wehr setzen, wenn die Genehmigung dieses Vorhabens ihn in seinen eigenen Rechten verletzt, also gegen solche baurechtlichen Bestimmungen verstößt, die nach dem erkennbaren Willen des Normgebers ein subjektiv-öffentliches Abwehrrecht des betroffenen Nachbarn begründen. Demgegenüber kann durch den Drittbetroffenen keine umfassende Kontrolle der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Baugenehmigung erreicht werden. Insofern kommt es nicht darauf an, ob das Bauvorhaben objektiv genehmigungsfähig war oder ist; ein Anspruch auf Überprüfung der objektiven Rechtmäßigkeit einer Baugenehmigung steht dem Nachbarn nicht zu (BVerwG, Beschl. v. 28.7.1994, 4 B 94/97, juris Rn 6). Entscheidungserheblich ist vielmehr allein, ob durch die Baugenehmigung solche Normen verletzt sind, die den jeweiligen Antragsteller schützen sollen. Im vorliegenden Fall sind weder drittschützende Normen des Bauordnungsrechts (1.) noch des Bauplanungsrechts (2.) verletzt.

22

1. Weder aus einem Verstoß gegen Vorschriften über die Abstandsflächen [a)], noch aus einem Verstoß gegen Vorschriften über Brandwände [b)] ergibt sich vorliegend eine Rechtsverletzung der Klägerin.

23

a) Ein Verstoß gegen drittschützende Vorschriften über Abstandsflächen nach § 71 Abs. 2 Nr. 1 HBauO i.V.m. § 6 Abs. 5 HBauO liegt nicht vor.

24

aa) Zwar ist § 6 Abs. 5 HBauO insoweit drittschützend, soweit der Mindestabstand von 2,50 m betroffen ist, was sich aus § 71 Abs. 2 Nr. 1 HBauO sowie aus dem ausdrücklich erklärten Willen des Gesetzgebers (Bü-Drs. 18/2549, S. 68) ergibt. Da das Vorhaben der Beigeladenen an der Grundstücksgrenze errichtet werden soll, ist der Mindestabstand auch nicht eingehalten.

25

bb) Jedoch folgt aus § 6 Abs. 1 Satz 3 HBauO, dass im vorliegenden Fall keine Abstandsflächen zum Grundstück der Klägerin eingehalten werden müssen. Danach ist eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen oder bauordnungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf.

26

(1) Da der Bebauungsplan Fuhlsbüttel 8 für das Grundstück der Beigeladenen – im Übrigen auch für das der Klägerin – die geschlossene Bauweise vorsieht, werden Gebäude nach § 22 Abs. 3 BauNVO 1962 ohne seitlichen Grenzabstand errichtet. Die in Betracht kommenden seitlichen Grundstücksgrenzen sind von der öffentlichen Verkehrsfläche her zu ermitteln, an der das Grundstück liegt (OVG Hamburg, Beschl. v. 10.2.2012, 2 Bs 245/11, juris Rn 12; VGH Mannheim, Beschl. v. 4.10.2007, 8 S 1447/07, juris Rn 5). Das Vorhaben der Beigeladenen soll an der seitlichen Grenze des Grundstücks der Beigeladenen zur Klägerin errichtet werden, so dass insoweit kein Abstand zum Grundstück der Klägerin einzuhalten ist. Dass dagegen dieselbe Grenze aus Sicht der Klägerin deren rückwärtige Grundstücksgrenze darstellt, ist unerheblich (vgl. zum Abstellen auf das Vorhabengrundstück zur Beurteilung der seitlichen Grenze: Simon/Busse, BayBO, 129. EL März 2018, Art. 6 Rn 40; BeckOK Bauordnungsrecht Bayern/Schönfeld, 8. EL Juli 2018, Art. 6 Rn 46; BeckOK Bauordnungsrecht Niedersachsen, 9. EL September 2017, § 5 Rn 61).

27

Die Kammer folgt dabei nicht der gegenteiligen Auffassung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts, dass aus dem Umstand, dass die Bauweise sich nur auf die seitlichen Nachbargrenzen beziehe, folge, dass eine geschlossene Bauweise von vornherein nur soweit reichen könne, als es um die gemeinsame seitliche Grenze zweier Grundstücke gehe. Andernfalls wäre der Nachbar nicht – wie es für die geschlossene Bauweise gerade kennzeichnend sei – aus demselben Rechtsgrund berechtigt und verpflichtet, ebenfalls an der Grenze zu bauen. Die geordnete städtebauliche Entwicklung, der die Bauweise dienen solle, werde vielmehr in Frage gestellt (OVG Hamburg, Beschl. v. 10.2.2012, 2 Bs 245/11, juris Rn 12).

28

Die Auffassung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts würde im Ergebnis dazu führen, dass der Begriff des „seitlichen Grenzabstandes“ in § 22 Abs. 2 und 3 BauNVO 1962 nicht einheitlich sondern unterschiedlich zu verstehen wäre, je nachdem, ob er sich auf die offene oder geschlossene Bauweise bezieht, was sich dieser Vorschrift aber nicht entnehmen lässt. Die genannte Auffassung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts verzichtet im Gegensatz zur geschlossenen Bauweise bei der offenen Bauweise implizit auf das Erfordernis der gemeinsamen seitlichen Grenze. Denn sonst müsste sie dazu gelangen, dass im Fall des Zusammentreffens einer seitlichen mit einer rückwärtigen Grundstücksgrenze (auch) bei Festsetzung einer offenen Bauweise keine Regelung zur Bauweise vorhanden wäre. Daran würde im Übrigen auch § 22 Abs. 1 Satz 2 BauNVO 1962 nichts ändern, wonach in dem Fall, in dem die Bauweise nicht festgesetzt ist, die Vorschriften über die offene Bauweise anzuwenden sind, da diese (ebenfalls) auf den seitlichen Grenzabstand Bezug nehmen. Wäre aber keine Regelung zur Bauweise vorhanden, „dürfte“ im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 3 HBauO „nach planungsrechtlichen Vorschriften“ an die Grenze gebaut werden und somit wäre keine Mindesttiefe der Abstandsfläche erforderlich. Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht geht aber in der genannten Entscheidung davon aus, dass diese Mindesttiefe einzuhalten ist. Dies ist aber nur möglich, wenn unterstellt wird, dass die offene Bauweise Anwendung findet, was wiederum nur möglich ist, wenn der Begriff des „seitlichen Grenzabstandes“ in § 22 Abs. 2 BauNVO 1962 (offene Bauweise) einerseits und § 22 Abs. 3 BauNVO 1962 (geschlossene Bauweise) andererseits unterschiedlich verstanden wird. Für eine solche Differenzierung des Begriffs „seitlicher Grenzabstand“ gibt es aber weder im Gesetzeswortlaut noch in der Systematik der Vorschrift einen Anhaltspunkt.

29

Es ist auch nicht nach Sinn und Zweck von § 22 Abs. 3 BauNVO erforderlich, die geschlossene Bauweise nur bei einergemeinsamen seitlichen Grenze zur Anwendung zu bringen. Denn die vom Hamburgischen Oberverwaltungsgericht angenommene Wechselbezüglichkeit der Berechtigung und Verpflichtung zum Bauen an der Grenze liegt bauplanungsrechtlich gar nicht vor. Aus Sicht des klägerischen Grundstücks handelt es sich um die rückwärtige Grenze. Hierfür sieht § 22 BauNVO 1962 weder mit der Festsetzung einer offenen noch einer geschlossenen Bauweise eine Regelung vor. Das Bauplanungsrecht verhält sich nicht zu rückwärtigen Grundstücksgrenzen, so dass insoweit auch die städtebauliche Entwicklung nicht durch die Festsetzung der Bauweise gesteuert werden kann. Bauplanungsrechtlich steht es dem Nachbarn frei, ob er mit oder ohne Abstand zur rückwärtigen Grenze baut. Soweit sich für den Nachbarn Beschränkungen zum Bauen ohne Abstand zur rückwärtigen Grenze ergeben, sind diese nur bauordnungsrechtlich in § 6 HBauO begründet. Mögliche Spannungen beim Zusammentreffen einer seitlichen Grenze des Vorhabengrundstücks mit der rückwärtigen Grenze des Nachbarn lassen sich bauordnungsrechtlich mittels § 7 Abs. 2 Satz 2 HBauO durch Einhaltung eines Abstands im Einzelfall bewältigen.

30

Zudem berücksichtigt die Forderung nach einer gemeinsamen Grenze nicht, dass für benachbarte Grundstücke grundsätzlich auch eine unterschiedliche Bauweise festgesetzt werden kann (vgl. dazu OVG Bremen, Beschl. v. 24.7.2013, 1 B 118/13, juris Rn 6).

31

Auch wäre die Konsequenz, die geschlossene Bauweise nur bei gemeinsamen seitlichen Grenzen zur Anwendung zu bringen, dass es den Grundstückseigentümern über Grundstücksteilungen oder -vereinigungen ermöglicht wäre, über die Geltung der bauplanerischen Festsetzung der geschlossenen Bauweise zu befinden. Insoweit könnte beispielsweise durch Teilung eines Eckgrundstücks eine beachtliche rückwärtige Grundstücksgrenze geschaffen werden. Dies wäre schwerlich mit der Festsetzung als solches vereinbar. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass nach einhelliger Auffassung ein Eckgrundstück bei straßenbegleitender Bebauung i.d.R. zwei vordere und zwei seitliche – jedoch keine rückwärtigen – Grundstücksgrenzen hat (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 16.4.2014, 4 K 3205/12, juris Rn 27; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 129. EL Mai 2018, § 22 BauNVO Rn 8 m.w.N.; Brügelmann/Ziegler, BauGB, 45. EL Juli 2000, § 22 BauNVO Rn 2).

32

Daneben wäre es – wie im vorliegenden Fall – ebenfalls schwer verständlich, dass ein und dieselbe Grundstücksgrenze teilweise der geschlossenen Bauweise zugeordnet und teilweise nicht zugeordnet würde, je nach dem in Bezug genommenen Nachbargrundstück.

33

(2) Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Festsetzung der geschlossenen Bauweise im Bebauungsplan die mit der Baugenehmigung zugelassene Tiefe der geschlossenen Bauweise per se nicht zuließe (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 28.7.2009, 2 Bs 67/09, juris Rn 34 ff.).

34

cc) Demgegenüber kann offen bleiben, ob sich die Klägerin darüber hinaus aufgrund einer unzulässigen Rechtsausübung nicht auf die Verletzung der Mindesttiefe der Abstandsflächen stützen kann. Nach dem auch im öffentlichen Recht beachtlichen Grundsatz von Treu und Glauben stellte das Berufen der Klägerin auf einen Abstandsflächenverstoß der Beigeladenen eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn sie auch mit ihren Garagen die Mindestabstandsfläche zum Grundstück der Beigeladenen in gleichwertiger Weise unterschritte. Dabei ist unerheblich, ob die Bebauung auf dem Grundstück der Klägerin in Übereinstimmung mit den baurechtlichen Bestimmungen errichtet wurde, ob sie aufgrund einer Baugenehmigung Bestandsschutz genießt, und ob die eigene Abstandsflächenunterschreitung ihr subjektiv vorwerfbar ist (vgl. OVG Berlin, Urt. v. 4.4.2017, OVG 2 B 4.16, juris Rn 27 f.; OVG Magdeburg, Beschl. v. 28.11.2016, 2 L 124/15, juris Rn 13; VGH München, Beschl. v. 1.9.2016, 2 ZB 14.2605, juris Rn 10; OVG Münster, Urt. v. 26.6.2014, 7 A 2057/12, juris Rn 39; OVG Greifswald, Beschl. v. 14.7.2005, 3 M 69/05, juris Rn 34; jeweils m.w.N.). Für die Vergleichbarkeit der die Nachbarn in diesem Sinne wechselseitig beeinträchtigenden Rechtsverstöße ist jeweils neben dem konkreten Grenzabstand auch die Qualität der mit der Verletzung der Abstandflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange von wesentlicher Bedeutung (OVG Magdeburg, Beschl. v. 28.11.2016, 2 L 124/15, juris Rn 13; OVG Greifswald, Beschl. v. 14.7.2005, 3 M 69/05, juris Rn 34). Eine vergleichbare oder gleichwertige Unterschreitung des Mindestabstands durch die Garagen auf dem Grundstück der Klägerin könnte sich daraus ergeben, dass diese sich über die gesamte Länge der Grundstücksgrenze zur Beigeladenen, d.h. etwa 30 m, erstrecken. Demgegenüber dürfte nicht entscheidend ins Gewicht fallen, dass die Garagen niedriger als das geplante Gebäude der Beigeladenen sind, da die Klägerin durch den Höhenunterschied nicht unzumutbar beeinträchtigt sein dürfte. So liegt die errechnete Abstandsfläche von 2,486 m (6,215 x 0,4 H) bzw. die Mindestabstandsfläche von 2,50 m, die von dem Gebäude der Beigeladenen einzuhalten ist, vollständig im Bereich der Garagenanlage, wo sie keine Beeinträchtigungen verursachen dürfte. Insbesondere die Belichtung und Besonnung des Grundstücks der Klägerin dürften nicht unzumutbar beeinträchtigt werden.

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dd) Die Klägerin kann die Einhaltung von Abstandsflächen auch nicht nach § 7 Abs. 2 Satz 2 HBauO einfordern. Danach kann, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Nachbargrenze gebaut werden darf oder muss, zugelassen oder verlangt werden, dass ein Abstand eingehalten wird, wenn auf dem Nachbargrundstück ein Gebäude mit Abstand zu dieser Grenze vorhanden ist. Jedoch entfaltet diese Vorschrift schon keinen Drittschutz; das bedeutet, dass ein Nachbar keinen Anspruch darauf hat, die Baugenehmigung daraufhin überprüfen zu lassen, ob die Baugenehmigungsbehörde die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 2 HBauO zutreffend angewandt hat (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 18.6.2015, 2 Bs 99/15, juris Rn 32; OVG Hamburg, Beschl. v. 31.8.2010, 2 Bs 127/10, juris Rn 4 m.w.N.; Alexejew/Niere, HBauO, Stand 2012, § 7 Rn 17b). Im Übrigen liegt auch die Tatbestandsvoraussetzung dieser Vorschrift nicht vor, da sich die Garagen der Klägerin an der Grundstücksgrenze befinden und auch nicht nach § 6 Abs. 7 HBauO abstandsflächenrechtlich privilegiert sind.

36

b) Soweit die Baugenehmigung eine Abweichung von den Vorschriften über innere Brandwände nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 HBauO erteilt, liegt eine Verletzung nachbarrechtlicher Vorschriften ebenfalls nicht vor. Weder § 28 HBauO noch § 69 HBauO haben nachbarschützende Wirkung (OVG Hamburg, Beschl. v. 8.6.2015, 2 Bs 97/15; OVG Hamburg, Beschl. v. 31.8.2010, 2 Bs 127/10, juris Rn 5).

37

2. Die Baugenehmigung verstößt nicht gegen drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts. Soweit die Klägerin Verstöße gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans rügt, sind diese nicht drittschützend [a)]. Eine Verletzung des drittschützenden Gebots der Rücksichtnahme liegt nicht vor [b)].

38

a) Die von der Klägerin gerügten Verstöße gegen die im Bebauungsplan Fuhlsbüttel 8 festgesetzte Grundflächenzahl von 0,6 und gegen § 22 Abs. 3 BauNVO 1962 wegen der ausnahmsweisen Erforderlichkeit eines Grenzabstands verhelfen der Klage nicht zum Erfolg, da die jeweiligen Festsetzungen keinen Drittschutz entfalten (vgl. zu § 22 Abs. 3 BauNVO OVG Hamburg, Beschl. v. 18.6.2015, 2 Bs 99/15, juris Rn 32, OVG Hamburg, Beschl. v. 23.2.1995, Bs II 42/95, juris Rn 34). Von der Ausweisung von Baugebieten, d.h. einer Festsetzung der zulässigen Art der baulichen Nutzung, abgesehen, die kraft Bundesrechts nachbarschützende Wirkung hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.9.1993, 4 C 28/91, BVerwGE 94, 151), dient ein Bebauungsplan mit Rücksicht auf seine städtebauliche Ordnungsfunktion für ein Plangebiet regelmäßig zunächst lediglich öffentlichen Interessen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26.9.2007, 2 Bs 188/07, juris Rn 6). Ob einzelnen Festsetzungen darüber hinaus ein nachbarschützender Charakter zukommt, muss im Einzelfall für die jeweilige Festsetzung durch Auslegung ermittelt werden (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26.9.2007, Beschl. v. 26.9.2007, 2 Bs 188/07, juris Rn 6; Urt. v. 17.1.2002, 2 Bf 359/98, juris Rn 46 m.w.N.). Denn dem Plangeber steht es – mit Ausnahme der Ausweisung von Baugebieten – grundsätzlich frei, eine Festsetzung ausschließlich aus städtebaulichen Gründen oder auch zum Schutze Dritter zu treffen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 3.5.1994, Bs II 18/94, juris Rn 8). Entscheidend ist dabei die Zweckbestimmung der Festsetzung im Regelungszusammenhang des jeweiligen Bebauungsplanes in Zusammenschau mit der Planbegründung und den Umständen der Entstehung des Plans (vgl. für die Festsetzung von Baugrenzen: OVG Hamburg, Beschl. v. 3.5.1994, Bs II 18/94, juris Rn 9). Gemessen an diesem Maßstab kann weder hinsichtlich der Bauweise noch hinsichtlich der festgesetzten Grundflächenzahl festgestellt werden, dass der Plangeber diesen Festsetzungen nachbarschützende Wirkung beimessen wollte. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich weder aus dem Plan selbst noch aus der Begründung, die hierzu keine Ausführungen enthält.

39

b) Das Vorhaben der Beigeladenen ist gegenüber der Klägerin auch nicht rücksichtslos. Das Gebot der Rücksichtnahme beinhaltet in seiner hier allein maßgeblichen subjektiv-rechtlichen Ausprägung nicht, jede Beeinträchtigung eines Nachbarn zu vermeiden. Ein Nachbar kann lediglich solche Nutzungsstörungen abwehren, die als rücksichtslos zu werten sind. Davon kann erst die Rede sein, wenn die mit dem konkret genehmigten Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen bei der Nutzung des eigenen Grundstücks bei einer Abwägung, in der die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung und die Interessen des Bauherrn zu berücksichtigen sind, für den Nachbarn billigerweise unzumutbar erscheinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.8.1983, 4 C 96/79, juris Rn 26; OVG Hamburg, Beschl. v. 4.2.2009, 2 Bs 242/08, juris Rn 10; OVG Hamburg Beschl. v. 26.9.2007, 2 Bs 188/07, juris Rn 7).

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aa) Die Rücksichtslosigkeit des Vorhabens der Beigeladenen folgt insbesondere nicht aus der Tatsache, dass dieses ohne Grenzabstand zum klägerischen Grundstück errichtet wird.

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Nach der Rechtsprechung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts scheidet ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot durch die Zulassung einer Grenzbebauung aus, wenn nach § 22 Abs. 3 BauNVO die vorhandene Bebauung eine Abweichung von der geschlossenen Bebauung planungsrechtlich nicht „erfordert“, sondern eine Abweichung allenfalls zulassen oder rechtfertigen würde. Rein städtebauliche Erwägungen zur Gestaltung der Bebauung, die in Frage stehen könnten, finden hierbei in Bezug auf das Rücksichtnahmegebot keine Berücksichtigung. Maßgeblich sind für zu berücksichtigende, rechtlich geschützte Interessen des Nachbarn nur die Schutzgüter, die durch eine über die vorhandene Nachbarbebauung hinausgreifende Grenzbebauung auf dessen Grundstück beeinträchtigt wären (zum Vorstehenden OVG Hamburg, Beschl. v. 28.7.2009, 2 Bs 67/09, juris Rn 41).

42

Eine planungsrechtliche Abweichung nach § 22 Abs. 3 BauNVO ist nicht aufgrund einer erdrückenden Wirkung des Vorhabens der Beigeladenen erforderlich. Eine erdrückende Wirkung eines Bauvorhabens wird angenommen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls derart übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird (OVG Münster, Beschl. v. 30.8.2013, 7 B 252/13, juris Rn. 15 f.; Urt. v. 19.7.2010, 7 A 3199/08, juris Rn 58 f.). Eine erdrückende Wirkung kann insbesondere bei einer Riegelwirkung oder einem Einmauerungseffekt gegeben sein (OVG Hamburg, Beschl. v. 12.2.2010, 2 Es 2/09.N, juris Rn 38). Erst bei gravierenden Höhen- und Breitenunterschieden kann eine erdrückende Wirkung angenommen werden (OVG Hamburg, Beschl. v. 11.7.2017, 2 Bs 114/17, n.v.; OVG Hamburg, Beschl. v. 25.2.2014, 2 Bs 18/14, n.v.; VGH München, Beschl. v. 20.5.2015, 2 ZB 13.2565, BeckRS 2015, 46417). Bezugspunkt der Beurteilung sind nicht der beschränkte Ausblick durch die Fenster einzelner Räumlichkeiten oder die hauptsächlichen oder bevorzugten Aufenthaltsorte der Bewohner, vielmehr ist das gesamte Grundstück, das planungs- und bauordnungsrechtlich als das Wohngrundstück anzusehen ist, in die Betrachtung einzubeziehen (OVG Hamburg, Beschl. v. 25.2.2014, 2 Bs 18/14, n.v.; OVG Münster, Beschl. v. 15.5.2002, 7 B 558/02, juris Rn 12). Das geplante Gebäude soll einen Abstand von ca. 17 m zu dem Wohngebäude auf dem Grundstück der Klägerin einhalten. Unter Berücksichtigung dieses Abstands und der Höhe des geplanten Gebäudes kann ausgeschlossen werden, dass dem Vorhaben eine erdrückende Wirkung zukommt. Vielmehr stellt sich der Blick vom Wohngebäude der Klägerin nach den vorliegenden Unterlagen so dar, dass im Vordergrund die auf dem klägerischen Grundstück grenzständig errichtete eingeschossige Garage liegt, sich daran das Vorhaben der Beigeladenen anschließt, das an der Grundstücksgrenze eine Höhe von 6,215 m und in einem Rücksprung von 2,50 m eine Höhe von 9 m aufweist. Insofern schließt sich die 9 m hohe Wand nicht unmittelbar an eine Freifläche an, sondern es ergibt sich vielmehr ein stufenweises Ansteigen der Bauwerkshöhe im Grenzbereich der Grundstücke.

43

Dem klägerischen Vortrag, dass Belichtung und Belüftung ihres Grundstücks nicht mehr gesichert seien, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Rücksichtnahmegebot weder eine bestimmte Dauer oder Qualität der Belichtung gewährleistet, noch die unveränderte Beibehaltung einer insoweit zuvor vorteilhaften Situation (OVG Hamburg, Beschl. v. 25.2.2014, 2 Bs 18/14, n.v.). Grundsätzlich muss in städtischen Gebieten jeder Grundstückseigentümer hinnehmen, dass sein Grundstück und die darauf befindlichen Gebäude zu gewissen Tageszeiten von Gebäuden in der Nachbarschaft verschattet werden (OVG Hamburg, Urt. v. 15.6.2017, 2 Bf 91/15, m.w.N.). Das gilt umso mehr, als an die Bebauung in einem hochverdichteten innerstädtischen Kerngebiet nicht dieselben Maßstäbe angelegt werden können wie in einem Wohngebiet; denn die Grundstücke im Kerngebiet sind gemäß § 7 BauNVO dazu bestimmt, Nutzungen mit einem im Vergleich zur Wohnnutzung höheren Störpotential aufzunehmen und deshalb umgekehrt auch gegenüber Störungen weniger schutzwürdig (OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 2 Bs 14/14). Was die Belichtung anbelangt, so ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass das geplante Vorhaben südlich des klägerischen Grundstücks liegt und also ein Schattenwurf überwiegend dann stattfindet, wenn die Sonne im Tagesverlauf am höchsten steht. Auch darüber hinaus sind konkrete Anhaltspunkte für unzumutbare Beeinträchtigungen weder vorgetragen noch bei einem Abstand von ca. 17 m zwischen den Bauwerken für das Gericht sonst erkennbar.

44

bb) Die Belastungen durch die Nutzungsintensivierung, insbesondere durch den zu erwartenden Lärm, sind ebenfalls nicht rücksichtslos. Als Maßstab dafür, welche Belastungen ein Nachbar regelmäßig hinzunehmen hat, können die Wertungen des Immissionsschutzrechts und im Hinblick auf Geräuschimmissionen die Richtwerte der TA Lärm herangezogen werden (BVerwG, Beschl. v. 20.4.2000, 4 B 25/00, juris Rn 8, OVG Hamburg, Urt. v. 2.2.2011, 2 Bf 90/07, juris Rn 91). Vorliegend ist das Gebiet, in dem das klägerische Grundstück liegt, als Kerngebiet ausgewiesen. In diesem sind nach Nr. 6.1 TA Lärm Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts vorgeschrieben. Diese Richtwerte werden bei der Umsetzung der verbindlich vorgeschriebenen Lärmschutzmaßnahmen ausweislich des Lärmschutzgutachtens für alle Stockwerke des klägerischen Wohngebäudes zum Teil deutlich unterschritten. Die Klägerin hat die Ergebnisse dieses Lärmschutzgutachtens auch nicht infrage gestellt.

45

cc) Soweit die Klägerin geltend macht, dass bei einer „spiegelverkehrten“ Anordnung des Vorhabens mit geringeren Beeinträchtigungen für ihr Grundstück zu rechnen gewesen sei, so bestehen bereits Zweifel, ob dies in tatsächlicher Hinsicht zutrifft. Zwar wären in einem solchen Fall die optischen Belastungen durch die grenzständige Wand weggefallen, andererseits wäre dann mit deutlich intensiveren Lärmauswirkungen durch Kunden- und Lieferverkehr zu rechnen. Dies kann aber im Ergebnis dahinstehen. Denn bei der Frage, ob das Rücksichtnahmegebot verletzt ist, ist die gerichtliche Überprüfung an das gegenüber dem Bauherrn konkret genehmigte Vorhaben gebunden. Der Nachbar kann eine Genehmigung deshalb nicht durch einen Hinweis auf seines Erachtens besser geeignete und rechtlich mögliche Alternativstandorte des Bauwerks zu Fall bringen (BVerwG, Beschl. v. 26.6.1997, 4 B 97/97, juris Rn 6; OVG Hamburg, Beschl. v. 8.1.2007, 2 Bs 332/06, juris Rn 8).

II.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen ist, entspricht es der Billigkeit i.S.d. § 162 Abs. 3 VwGO, ihre außergerichtlichen Kosten der unterliegenden Partei aufzuerlegen.

47

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.

III.

48

Die Berufung wird nach §§ 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Auslegung des Begriffs des seitlichen Grenzabstands in § 22 Abs. 3 BauNVO und die diesbezügliche Abweichung vom Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. Februar 2012 (Az. 2 Bs 245/11) zugelassen.

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Tenor Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 5. Juni 2007 - 3 K 799/07 - werden zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens und -

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(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 5. Juni 2007 - 3 K 799/07 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens und - insoweit unter Abänderung der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts - die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 7.500.- festgesetzt.

Gründe

 
Die nach § 146 Abs. 1 VwGO statthaften und auch sonst zulässig erhobenen Beschwerden (vgl. § 146 Abs. 4 S. 1 bis 4 VwGO) sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, den Antragsgegner durch Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, die vorläufige Einstellung der Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beigeladenen anzuordnen. Für die begehrte gerichtliche Eilentscheidung dürfte es (inzwischen) am erforderlichen Rechtsschutzinteresse der Antragsteller fehlen; außerdem haben die Antragsteller - auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, vgl. § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO - einen entsprechenden sicherungsfähigen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO).
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt u. a. voraus, dass - als Ausprägung des allgemeinen Rechtsschutzinteresses - das vom Rechtschutzbegehrenden angestrebte Ziel noch erreicht werden kann. Daran fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Die Beigeladenen haben ihr Vorhaben inzwischen bereits verwirklicht. Die Fertigstellung noch während des gerichtlichen Verfahrens zeichnete sich schon nach Aktenlage ab, als die Antragsteller Lichtbilder vom Rohbau vorlegten, die im Juni gefertigt worden waren. Eine informelle telefonische Rückfrage des Berichterstatters am 2.10.2007 beim Landratsamt Biberach bestätigte, dass die Bauarbeiten abgeschlossen sind und die Beigeladenen den Anbau bereits bezogen haben. Bei dieser Sachlage sind keine Bauarbeiten mehr zu erwarten, deren vorläufige Einstellung vom Antragsgegner verfügt werden könnte. Selbst wenn noch diverse Schlussarbeiten erforderlich und im Gange sein sollten, wäre mit deren Einstellung dem Anliegen der Antragsteller nicht gedient, da sie ersichtlich bestrebt waren, das Vorhaben insgesamt zu verhindern.
Die Anträge der Antragsteller können auch nicht dahingehend verstanden werden, dass der Antragsgegner statt zur Baueinstellung zu einer vorläufigen Nutzungsuntersagung verpflichtet werden soll. Einen solchen Antrag haben die Antragsteller nicht gestellt und er ist auch nicht in dem Antrag auf Verpflichtung zum Erlass einer Baueinstellungsverfügung als ein Minus enthalten. Beide Anträge sind auf unterschiedliche Ziele gerichtet und erfordern unterschiedliche rechtliche Erwägungen (vgl. § 88 VwGO).
Die Anträge wären abgesehen davon aber auch unbegründet gewesen, weil die Antragsteller einen sicherungsfähigen Anordnungsanspruch auf Erlass der Einstellungsverfügung nicht glaubhaft gemacht haben. Gleichgültig, ob ein derartiger Anspruch für die Zeit bis zum Baubeginn auf § 47 Abs. 1 LBO bzw. nach Baubeginn auf § 64 Abs. 1 LBO zu stützen wäre (vgl. Sauter, LBO, § 51 Rdnr. 50), stünde der Erlass der entsprechenden Verfügung jedenfalls im pflichtgemäßem Ermessen der Baubehörde. Ein Anspruch des Nachbarn auf behördliches Einschreiten kann daher nur dann bejaht werden, wenn das von der Baurechtsbehörde begehrte Einschreiten nicht mehr ermessensfehlerfrei abgelehnt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 26.10.1994 - 8 S 2763/94 -, VBlBW 1995, 320 = NVwZ-RR 1995, 490). Nach der genannten Rechtsprechung des Senats ist allerdings als Ausgleich für das fehlende (präventive) Baugenehmigungsverfahren und weil Gegenstand der behördlichen Entscheidung nur die Verhinderung des Baubeginns bzw. die Baueinstellung und kein Eingriff in die Bausubstanz ist, ein Anspruch des Nachbarn auf Einschreiten grundsätzlich schon dann zu bejahen, wenn das Bauvorhaben nachbarschützende öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt und die nachbarlichen Belange durch das Vorhaben mehr als nur geringfügig berührt werden. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes bedeutet dies außerdem für das gerichtliche Verfahren, dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung in Fallkonstellationen der vorliegenden Art in der Regel zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig ist, wenn der Nachbar gewichtige und ernst zu nehmende Bedenken gegen die allein in nachbarrechtlicher Hinsicht zu beurteilende Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens und eine mehr als nur geringfügige Betroffenheit glaubhaft macht mit der Folge, dass die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren zumindest als offen angesehen werden müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 26.10.1994 a. a. O.).
Nach diesen Maßstäben bestand auch schon vor Fertigstellung des Vorhabens keine Veranlassung, die beantragte einstweilige Anordnung zu erlassen, denn das Vorhaben verstößt - wie bereits das Verwaltungsgericht festgestellt hat - jedenfalls nicht gegen nachbarschützende Vorschriften: Zwar ist die Doppelhaus-Festsetzung in der offenen Bauweise gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nachbarschützend (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.2.2000 - 4 C 12/98 -, NVwZ 2000, 1055). Die Gebäude der Antragsteller und der Beigeladenen bilden jedoch kein Doppelhaus i. S. von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO. Diese Vorschrift befasst sich mit der offenen Bauweise und bestimmt, dass die Gebäude als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen mit seitlichem Grenzabstand errichtet werden. Die nachbarschützende Wirkung der Doppelhaus-Regelung kommt daher nur dann zum Tragen, wenn das Doppelhaus als Gebäude über die seitliche Grundstücksgrenze hinausgreift. Ob eine seitliche - oder eine vordere bzw. rückwärtige - Grundstücksgrenze vorliegt, ist von der das Grundstück erschließenden öffentlichen Verkehrsfläche aus zu beurteilen (vgl. König/Roeser/Stock,BauNVO, § 22 Rdnr. 3; Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 22 Rn. 4; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, § 22 Rn. 21). Dies ist beim Grundstück der Beigeladenen die Theodor-Storm-Straße, im Fall der Antragsteller die Lessing-Straße; dem Weg Flst. Nr. 861 kommt, obwohl auch insoweit eine öffentliche Verkehrsfläche vorliegt, in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu, da sich die Festsetzung der offenen Bauweise ersichtlich nicht auf die Abfolge der Gebäude entlang dieses Weges bezieht. Daher sind die beiden Gebäude lediglich rückwärtig aneinander gebaut und nicht Doppelhäuser i. S. von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO.
Ebenso wie das Verwaltungsgericht kann auch der Senat offen lassen, ob das Vorhaben gegen die Festsetzung der Dachform (Satteldach) verstößt. Denn weder der objektive Sinngehalt noch die Natur dieser Festsetzung sprechen dafür, dass dieser auf § 73 Abs. 1 Nr. 1 LBO 1983 beruhenden Regelung neben der gestalterischen auch noch eine nachbarschützende Wirkung zukommt; auch der Begründung des Bebauungsplans und den einschlägigen Protokollen des Gemeinderats sind dahingehende Anhaltspunkte nicht zu entnehmen (vgl. zur Feststellung der nachbarschützenden Wirkung einer Festsetzung Senatsbeschluss vom 13.9.1996 - 8 S 2213/96 -, BRS 58, Nr. 174).
Gleiches gilt hinsichtlich der auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 1 BBauG iVm. § 16 Abs. 3 BauNVO 1977 erfolgten Festsetzung der Gebäudehöhe in 2.) § 3 des Textteils des Bebauungsplans. Auch insoweit kann offen bleiben, ob das Vorhaben sich an diese Vorschrift hält, denn es fehlt an Hinweisen darauf, dass mit ihr neben der städtebaulichen gleichzeitig auch eine nachbarschützende Funktion intendiert war.
Es bedarf des Weiteren keiner näheren Untersuchung der Frage, ob - einen Verstoß gegen die genannten Festsetzungen unterstellt - die Voraussetzungen für eine - vom Antragsgegner nicht erteilte - Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB vorliegen. Nachdem es dabei lediglich um eine Befreiung von nicht nachbarschützenden Vorschriften ginge, käme nämlich unabhängig davon, ob die rechtlichen Voraussetzungen nach § 31 Abs. 2 BauGB vorliegen, eine Verletzung von Nachbarrechten nur in Betracht, wenn der nach Verwirklichung des Vorhabens bestehende Zustand gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen würde; Nachbarschutz wäre in einem solchen Fall in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO unter Berücksichtigung der Interessenbewertung des § 31 Abs. 2 BauGB gegeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 6.10.1989 - 4 C 14/87 -, NJW 1990, 1192).
Einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme aber hat das Verwaltungsgericht verneint. Dem schließt sich der Senat an. Zwar ist nachvollziehbar, dass die Antragsteller als Folge der Verwirklichung des Vorhabens auf einer bisher unbebaut gebliebenen Fläche des Nachbargrundstücks subjektiv eine Verschlechterung ihrer Grundstücksituation empfinden. Auch ist nicht zu verkennen, dass die Ausführung eines Satteldaches bei dem Vorhaben für die Antragsteller vorteilhafter gewesen wäre, weil der Anbau bei gleicher Dachneigung dann insgesamt nicht hätte so hoch ausgeführt werden können. Gleichwohl kann nicht außer Betracht bleiben, dass der von den Beigeladenen für ihr Vorhaben in Anspruch genommene Grundstücksbereich nach den Festsetzungen des Bebauungsplans zur überbaubaren Grundstücksfläche gehört und dass die Antragsteller daher auch stets mit einer Bebauung rechnen mussten. Die von ihnen besonders beklagte intensivere Einsichtsmöglichkeit in ihren Gartenbereich ist weder städtebaulich noch ordnungsrechtlich betrachtet ein Sonderfall und beruht außerdem im Wesentlichen auf der durch die Nord-Süd-Teilung eingetretenen Situation. Hinzukommt, dass der nachbarschützende Teil der Abstandsflächenvorschriften eingehalten wird. Von einer rücksichtslosen „erdrückenden“ Wirkung des Vorhabens und einer damit verbundenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Belüftung, Belichtung und Besonnung des Grundstücks kann aber in einem solchen Fall schon aus tatsächlichen Gründen nicht ausgegangen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7.9.1999 - 3 S 1932/99 -, VBlBW 2000, 113). Die konkreten örtlichen Verhältnisse geben nach Aktenlage auch keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung.
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Auch sonst haben die Antragsteller mit ihrem Vortrag im Beschwerdeverfahren keine Gesichtspunkte dargelegt, aus denen sich eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften ergeben könnte: Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend angenommen hat, kommt den Vorschriften über das Maß der baulichen Nutzung keine nachbarschützende Wirkung zu (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 23.6.1995 - 4 B 52/95 -, NVwZ 1996, 170); hiermit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Ebenso wenig wird die Behauptung substantiiert, dass von der Befestigung der Glaswand der Loggia direkt an der Wand des Wohnhauses der Antragsteller eine Schallbrücke geschaffen werde, die zu unzumutbaren Lärmbelästigungen führe. Nach gegenwärtigem Stand besteht keine Veranlassung zu der Annahme, dass es sich bei dem angesprochenen Baudetail nicht nur um eine privatrechtlich zu beurteilende, sondern auch um eine baurechtlich relevante Frage handelt. Zudem wäre allein dieser Punkt keine ausreichende Rechtfertigung für die von den Antragstellern begehrte einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO gewesen, da er auch nach Verwirklichung des Vorhabens noch jederzeit behoben werden kann.
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Entgegen der Annahme der Antragsteller kann die Rechtswidrigkeit des Vorhabens auch nicht auf § 15 BauNVO und das in dieser Vorschrift enthaltene Gebot der Rücksichtnahme gestützt werden. § 15 BauNVO ist Teil des Ersten Abschnitts dieser Verordnung, der sich mit der Art der baulichen Nutzung befasst. Gegen die Art der baulichen Nutzung - hier: Wohnnutzung - erheben die Antragsteller jedoch keine Einwände. Sie wenden sich vielmehr gegen den Standort und die Dimension des Anbaus und beziehen sich damit auf die Regelungen des Zweiten und Dritten Abschnitts der Baunutzungsverordnung. § 15 Abs. 1 BauNVO ist aber im Hinblick auf das Maß der im Bebauungsplan festgesetzten baulichen Nutzung grundsätzlich nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.3.1995 - 4 C 3/94 -, NVwZ 1995, 899). Es liegt auch kein Fall vor, in dem die Wohnnutzung wegen ihres Umfanges der Eigenart des Baugebiets widerspricht. Es kann nicht angenommen werden, dass die Erweiterung der Wohnfläche eines Wohngebäudes von ca. 114 qm um die Wohnfläche eines Anbaus von ca. 35 qm dem Gebäude hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung eine neue Qualität verleiht (vgl. hierzu die im genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufgeführten Beispiele eines Umschlagens von Quantität in Qualität). Ebenso wenig ist die Annahme gerechtfertigt, dass wegen der solcherart ausgeweiteten Wohnfläche von der Wohnnutzung insgesamt Belästigungen ausgehen, die für deren Umgebung unzumutbar sind (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO).
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Schließlich besteht auch kein Anlass zu der Annahme, die Beigeladenen hätten sich den Antragstellern gegenüber rechtswirksam verpflichtet, jede Bebauung des Gartenbereichs zu unterlassen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, gibt bereits der Wortlaut der in Bezug genommenen Erklärungen eine derartige Interpretation nicht her. Auch sonst gibt es keinen Anhaltspunkt für einen dahingehend den Antragstellern gegenüber geäußerten Bindungswillen. Selbst wenn daher die Beigeladenen zunächst keine Bauabsichten gehabt haben sollten, wofür ihre dokumentierten Bemühungen um eine Bebauungsplanänderung sprechen, wären sie nicht gehindert gewesen, ihre Meinung zu ändern.
13 
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO; es entspricht regelmäßig der Billigkeit i.S.d. § 162 Abs. 3 VwGO, die dem notwendig beigeladenen Bauherrn entstandenen außergerichtlichen Kosten auch dann dem unterlegenen Nachbarn aufzuerlegen, wenn der Bauherr keinen Antrag gestellt und den Prozess nicht wesentlich gefördert hat (ständige Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs, vgl. Senatsbeschluss vom 1.9.1997 - 8 S 1958/97 -, VBlBW 1998, 57 = BRS 59, 613). Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.
14 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren ein baubehördliches Einschreiten gegen einen Anbau eines Wohnhauses an ihr Wohnhaus auf dem Nachbargrundstück.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks ... Weg 9 in ... Die Beigeladene ist Eigentümerin des Nachbargrundstücks ... Weg 7. Im Rahmen des Kenntnisgabeverfahrens zeigte sie die Errichtung des Neubaus einer Doppelhaushälfte an, das an das der Kläger angebaut werden soll. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“, der am 19.04.2007 in Kraft trat. Dieser setzt für beide Grundstücke ein allgemeines Wohngebiet mit offener Bauweise innerhalb der festgelegten Baugrenzen fest. Zulässig sind Einzel- und Doppelhäuser.
Das Grundstück der Kläger ist an der Grenze zu dem der Beigeladenen mit einer ca. 11,10 m langen
und ca. 5 m breiten zweigeschossigen Doppelhaushälfte bebaut. Daran soll das geplante Vorhaben auf
einer Länge von ca. 7,10 m angebaut werden, vorne um 3,00 m versetzt, hinten ragt es ca. 3,80 m über
das Wohnhaus der Kläger hinaus. Dem Hauptgebäude schließt sich entlang der gemeinsamen Grenze eine
Doppelgarage mit einem Walmdach in einer Breite von ca. 8,20 m und einer Wandhöhe von 3 m an.
Darin ist ein ca. 2 m breites Verbindungselement integriert, von dem eine Treppe in den Keller und
ein Eingang zur Garage und zum Wohnhaus führt. Die Ansicht von ... Weg sieht folgendermaßen aus:
Zugang und Zufahrt zum Vorhaben der Beigeladenen sind zum ... Ring hin ausgerichtet.
Im Rahmen der Angrenzer-Beteiligung wendeten die Kläger ein, das Bauvorhaben stelle keine Doppelhaushälfte, sondern ein Einzelhaus dar und verstoße gegen die vorgeschriebene offene Bauweise sowie gegen Abstandsflächenvorschriften (siehe Schreiben vom 28.02.2012 und vom 13.03.2012). Zugleich beantragten sie gegen das Bauvorhaben einzuschreiten und eine Baueinstellungsverfügung zu erlassen.
Mit Bescheid vom 05.04.2012 erteilte das Landratsamt Karlsruhe auf Antrag der Beigeladenen eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ bezüglich der Überschreitung der Baugrenze durch ein untergeordnetes Bauteil in dem beantragten Umfang. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte das Landratsamt Karlsruhe dem Prozessbevollmächtigten der Kläger mit, dass gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß zugelassen werden könne und dass dies nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde zu erfolgen habe. Im Übrigen sei kein Verstoß gegen bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Vorschriften feststellbar.
Mit Bescheid vom 04.06.2012 lehnte das Landratsamt Karlsruhe den Antrag auf baubehördliches Einschreiten ab. Zur Begründung ist unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 05.04.2012 ausgeführt, die Voraussetzungen für das begehrte Einschreiten gemäß § 47 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 64 Abs. 1 LBO seien nicht gegeben. Dagegen legten die Kläger per Fax am 10.07.2012 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie erneut vortrugen, das Vorhaben verstoße gegen die offene Bauweise und sei kein Doppelhaus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.10.2012 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch als unbegründet zurück. Darin ist im Wesentlichen ausgeführt: Ein Verstoß gegen die im Bebauungsplan festgesetzte offene Bauweise gemäß § 22 Abs. 2 BauNVO liege nicht vor. Bei einem Eckgrundstück hänge die offene Bauweise im Sinne des § 22 Abs. 2 BauNVO nicht davon ab, in welcher Richtung der Eingang ausgerichtet sei. Denn auch im vorliegenden Fall liege ein aneinander gebautes Bauwerk vor, das zusammengefasst, d.h. wenn man gedanklich beide Grundstücke als ein großes Grundstück sehen würde, „offen“ i. S. d. § 22 Abs. 2 BauNVO errichtet sei. Es halte ringsum Abstandsflächen zu der übrigen Bebauung ein. Hierauf komme es an. Im Übrigen halte das zusammengefasste künftige Doppelhaus auch im Verhältnis zu der übrigen Bebauung gerade die seitlichen Grenzabstände ein, sodass die Vorschrift des § 22 Abs. 2 BauNVO auch ihrem Wortlaut nach erfüllt sei. Die atypische „palazzoartige“ Gestaltung des Bauvorhabens ändere daran nichts. Fragen der äußeren Gestaltung spielten beim Begriff des Doppelhauses und einer Doppelhaushälfte keine Rolle. Auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.02.2000 (4 C 12/98) werde verwiesen. Auch der weitere, an der gemeinsamen Grundstücksgrenze vorhandene Doppelgaragenanbau inklusive des zwischen Doppelgarage und Wohnhaus liegenden Zwischenelements mit gemeinsamer Eingangstür und Treppe in den Keller ändere hieran nichts, weil insoweit die Voraussetzungen eines privilegierten Grenzbaus nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LBO und § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO erfüllt seien. Ein Verstoß gegen das in § 15 Abs. 1 BauNVO enthaltene Rücksichtnahmegebot sei nicht gegeben. Der Widerspruchsbescheid wurde den Klägern am 02.11.2012 zugestellt.
Am 28.11.2012 haben die Kläger Klage erhoben; sie beantragen,
10 
die Entscheidung des Landratsamtes Karlsruhe vom 04.06.2012 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 31.10.2012 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, gegen den geplanten Neubau einer sog. Doppelhaushälfte mit Garage auf dem Baugrundstück Flst.Nr. ..., ... Weg 7 in ... baupolizeilich einzuschreiten.
11 
Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor: Durch die Ablehnung, baupolizeilich einzuschreiten, seien sie in ihren Rechten, insbesondere in Art. 2 Abs. 1, 14 Abs. 1, 19 Abs. 4 und 103 Abs. 1 GG verletzt. Der direkte Anbau des Bauvorhabens sei planungsrechtlich unzulässig, weil es sich nicht um eine Doppelhaushälfte handele. Ob das Doppelhaus über eine seitliche - oder eine vordere bzw. rückwärtige - Grundstücksgrenze gebaut sei, müsse von der das jeweilige Grundstück erschließenden öffentlichen Verkehrsfläche aus beurteilt werden. Auf die dazu ergangene Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (VBLBW 2008, 272) werde verwiesen. Die das Grundstück der Beigeladenen erschließende öffentliche Verkehrsfläche sei nicht der ... Weg, sondern der ... Ring. Denn sowohl der Hauseingang als auch die Einfahrten zu der Doppelgarage seien dem ... Ring zugeordnet. Tatsächlich werde das Grundstück überhaupt nicht vom ... Weg her erschlossen. Lediglich die Hausnummer für das künftige Wohngebäude werde mit ... Weg 7 angegeben. Die Argumentation im Widerspruchsbescheid gehe am Kern der rechtlich maßgeblichen Argumentation vorbei. Maßgebend für das wechselseitige Abgestimmtsein der Doppelhaushälften seien regelmäßig Höhe, Breite und Tiefe sowie die Zahl der Geschosse und die Dachform, die einem Haus seine maßgebliche Gestalt geben. Auch Übereinstimmungen und Abweichungen in der Kubatur der Häuser infolge hervortretender Bauteile wie Dachterrassen, Gauben oder Anbauten könnten mitentscheidend für die Beantwortung der Frage sein, ob noch von einer baulichen Einheit und damit von einem Doppelhaus die Rede sein könne. Ein Mindestmaß an Übereinstimmung mit dem zugehörigen Nachbarhaus verlange, dass die andere Doppelhaushälfte einzelne der diesen Proportionen und Gestalt gebenden baulichen Elemente aufgreife. Auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des OVG Nordrhein-Westfalens werde verwiesen. Letztere stehe nicht im Widerspruch zu der des Bundesverwaltungsgerichts. Das Vorhaben der Beigeladenen erwecke den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus. Schon die Kubatur des geplanten Hauses falle weitaus größer aus als diejenige der vorhandenen Doppelhaushälfte. Auch die äußere Gestalt beider Bauvorhaben weiche auffällig voneinander ab. Der „palazzoartige“ Charakter des Bauvorhabens mit seinem portikusartigen Eingang, der von dem Erker im Obergeschoss gebildet werde, in Verbindung mit der Tatsache, dass sämtliche Öffnungen des Gebäudes einschließlich der Garagentore, des Hauseinganges in dem „Zwischenelement“ sowie der von den beiden Säulen gebildeten Öffnung unterhalb des Erkers zum Odenwald hin ausgerichtet sowie sämtliche Fenster durch halbrunde Fensterstürze gekennzeichnet seien, sprenge das zu fordernde Mindestmaß an Übereinstimmung. Im Übrigen verstoße das geplante Bauvorhaben gegen das Rücksichtnahmegebot. Durch die durchgängige Grenzbebauung des geplanten Bauvorhabens bis an das nördliche Ende des Grundstücks der Beigeladenen entstehe für die Freifläche hinter ihrem Wohnhaus eine unzumutbare Beeinträchtigung. Das Bauvorhaben sei im Verhältnis zu dem schlichten und einfachen Stil der nachbarlichen Doppelhaushälfte „wie die Faust aufs Auge“.
12 
Schließlich sei das sog Zwischenelement unzulässig. Der Anbau müsse den Grenzabstand einhalten. Nahezu die gesamte westliche Grenze solle verbaut werden. Sie hätten von Westen keinen Lichteinfall mehr und müssten nur noch Mauern anstarren.
13 
Das beklagte Land beantragt,
14 
die Klagen abzuweisen.
15 
Es ist der Ansicht. Das Bauvorhaben sei planungs- und bauordnungsrechtlich zulässig. Die zulässige Doppelhaushälfte der Beigeladenen sei überdies niedriger als die der Kläger, weshalb es weniger Licht wegnehme als eine gleich hohe Doppelhaushälfte wie die der Kläger.
16 
Mit Beschluss vom 30.11.2012 hat das Gericht die Bauherrin zu dem Rechtsstreit beigeladen. Sie hat keinen Sachantrag gestellt und sich im Verfahren nicht geäußert.
17 
Die Kammer hat den Rechtsstreit der Berichterstatterin zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen. In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht durch Einnahme eines Augenscheins Beweis erhoben. Auf die darüber gefertigte Niederschrift wird verwiesen. Dem Gericht liegen die Verwaltungsakten des beklagten Landes (1 Heft), die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe und die Bebauungsplanakten zu Bebauungsplan „...“ vom 07.05.2007 vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf deren Inhalt und den der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Klagen sind zulässig, jedoch unbegründet.
19 
Der Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 04.06.2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 31.10.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Den Klägern steht kein Anspruch darauf zu, das beklagte Land zu verpflichten, gegen den geplanten Neubau einer sog. Doppelhaushälfte mit Garage auf dem Nachbargrundstück, ... Weg 7 in ..., baupolizeilich einzuschreiten (§ 113 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 VwGO).
20 
Rechtsgrundlage für das begehrte Einschreiten der Kläger gegenüber der Beigeladenen ist § 47 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 59 Abs. 4 LBO. Danach kann die Baurechtsbehörde, falls wie hier mit dem Bau noch nicht begonnen wurde, den Baubeginn eines Bauvorhaben untersagen, wenn die baurechtlichen Vorschriften sowie die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Errichtung von Anlagen nicht eingehalten werden. Wie im Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 02.08.2012 zu Recht ausgeführt worden ist, erwächst dem Nachbarn hieraus regelmäßig nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung und zwar nur dann, wenn das strittige Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entspricht, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.10.1994 - 8 S 2763/94 - m.w.N.; zustimmend Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, Kommentar, 3. Aufl., § 51 Rn. 50 ff., 53 m.w.N.). Das Vorhaben der Beigeladenen ist bauplanungsrechtlich als Doppelhaushälfte zulässig und bauordnungs- sowie bauordnungsrechtlich sind keine Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften zugunsten der Kläger gegeben.
21 
Das Vorhaben der Beigeladenen beurteilt sich planungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ vom 07.05.2007. Dieser setzt für das Baugrundstück ein allgemeines Wohngebiet mit offener Bauweise innerhalb der festgelegten Baugrenzen fest. Zulässig sind Einzel- und Doppelhäuser. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO werden in der offenen Bauweise "die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand" als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Gebäude im Sinne dieser Vorschrift ist das Doppelhaus als bauliche Einheit; denn nur als Gesamtgebäude wird es "mit seitlichem Grenzabstand", d.h. mit einem Grenzabstand vor den äußeren Seitenwänden errichtet. Ein Doppelhaus entsteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 24.02.2000 - 4 C 12/98 - unter Hinweis auf König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 1. Aufl. 1999, Rn. 13, 16 zu § 22 ) deshalb nur dann, wenn zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Dies bestätigt § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO, der das Doppelhaus als "Hausform" bezeichnet. Nicht erforderlich ist, dass die Doppelhaushälften gleichzeitig oder deckungsgleich (spiegelbildlich) errichtet werden. Das Erfordernis einer baulichen Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers schließt auch nicht aus, dass die ein Doppelhaus bildenden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zueinander versetzt oder gestaffelt aneinandergebaut werden (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO).
22 
Im Urteil vom 24. Februar 2000 hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich entschieden, dass bauordnungsrechtliche Vorschriften über die Höhe und Breite von Gebäuden, die traufen- oder giebelständige Anordnung, First-, Sockel- oder Traufhöhen, Farbe und Gliederung von Fassaden, der Drempel, Dächer und Dachaufbauten, die der Abwehr von Verunstaltungen oder der positiven Baugestaltungspflege dienen, nicht geeignet seien, den bauplanungsrechtlichen Gehalt des "Doppelhauses" als eine der in der offenen Bauweise zulässigen Hausformen zu erfassen. In diesem städtebaulichen Regelungszusammenhang beurteile sich die Frage, ob zwei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäude (noch) ein Doppelhaus bilden, allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes verfolgt werde (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO).
23 
Unter Bezugnahme auf diese grundlegenden Ausführungen hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10. April 2012 (- 4 B 42/11 - ) ausgeführt, dass allein dadurch, dass zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden, der bauordnungsrechtliche Begriff des Doppelhauses noch nicht erfüllt ist. Er verlangt ferner, dass die beiden "Haushälften" in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Insoweit enthält das Erfordernis einer baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element. In dem System der offenen Bauweise, das durch seitliche Grenzabstände zu den benachbarten Grundstücken gekennzeichnet ist, ordnet sich ein aus zwei Gebäuden zusammengefügter Baukörper nur ein und kann somit als Doppelhaus gelten, wenn das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird. Ein einseitiger Grenzanbau ist in der offenen Bauweise unzulässig (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO). Der Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus kann nicht nur entstehen, wenn - wie in dem durch Urteil vom 24. Februar 2000 entschiedenen Fall - ein Gebäude gegen das andere an der gemeinsamen Grundstücksgrenze so stark versetzt wird, dass sein vorderer oder rückwärtiger Versprung den Rahmen einer wechselseitigen Grenzbebauung überschreitet, sondern auch, wenn ein nicht grenzständiger Anbau wegen seiner Abmessungen die bisherige Doppelhaushälfte so massiv verändert, dass die beiden Gebäude nicht mehr als bauliche Einheit erscheinen (vgl. BVerwG, Beschl. V. 17.08. 2011 - 4 B 25.11 - Rn. 5). Ein solcher Fall kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der im Verhältnis zur bisherigen Kubatur massive Anbau grenznah errichtet wird und - in seiner Wirkung einem grenzständigen Anbau vergleichbar - die Freiflächen auf dem Grundstück der anderen Doppelhaushälfte abriegelt. Ob ein nicht grenzständiger Anbau die bisherige bauliche Einheit zweier Doppelhaushälften aufhebt, hängt maßgebend von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerwG, Urt. v. 10.04.2012, aaO).
24 
Klarstellend hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10.04.2012 (aaO) ausgeführt, dass es im Urteil vom 24.02.2000 (aaO) nicht entschieden hat, dass die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus allein davon abhänge, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. In dem im Urteil vom 24.02.2000 zu entscheidenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht die beiden Gebäude nicht als Doppelhaus qualifiziert, weil sie an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stark gegeneinander versetzt waren. Dass zwei Gebäude, die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze vollständig aneinander gebaut sind, stets ein Doppelhaus bilden, also auch dann, wenn sie mit Blick auf den Baukörper im Übrigen nicht als bauliche Einheit erscheinen, kann daraus nicht abgeleitet werden (BVerwG, Urt. v. 10.04.2012, aaO).
25 
Ein geplantes Haus erfährt jedoch durch die bereits vorhandene Grenzbebauung eine das Baugeschehen beeinflussende Vorprägung. Umgekehrt trägt der Erstbauende das Risiko, dass die spätere Nachbarbebauung den planerisch eröffneten Freiraum stärker ausschöpft als er selbst. Er kann nicht erwarten, dass die später errichtete Doppelhaushälfte die überbaubare Grundstücksfläche nur in demselben Umfang ausnutzt wie er es getan hat (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO, Rn. 25).
26 
Der Begriff des Doppelhauses darf zwar nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mit bauordnungsrechtlichen Merkmalen ausgefüllt werden. Die Frage, ob eine bauliche Einheit vorliegt, ist aber mit Blick auf die von § 22 Abs. 2 BauNVO verfolgten bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- oder Stadtbildes zu prüfen und dabei darf auf „Aspekte der Kubatur der Gebäude“ abgestellt werden. Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 10.04.2012, aaO) hat damit die Erwägungen des seiner Entscheidung vorausgegangenen Beschlusses des OVG Nordrhein-Westfalen (v. 04.06.1998 - 10 A 1318/97 - ) für zulässig gehalten, wonach Höhe, Breite und Tiefe, sowie die Zahl der Geschosse und die Dachform einem Haus regelmäßig seine maßgebliche Gestalt geben und dass diese Kriterien daher im Einzelfall Anhaltspunkte für die Beurteilung des wechselseitigen Abgestimmtseins geben können. Auch Übereinstimmungen oder Abweichungen in der Kubatur der Häuser infolge hervortretender Bauteile, wie Dachterrassen, Gauben oder Anbauten können mitentscheidend für die Beantwortung der Frage sein, ob noch von einer baulichen Einheit und damit von einem Doppelhaus oder einer Hausgruppe die Rede sein kann.
27 
Aus der vom Kläger-Vertreter zitierten Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 04.10.2007 - 8 S 1447/07 - ) ergibt sich nichts anderes. Zutreffend ist, dass die Frage, ob eine seitliche - oder eine vordere bzw. rückwärtige - Grundstücksgrenze vorliegt, von der das Grundstück erschließenden öffentlichen Verkehrsfläche aus zu beurteilen ist (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.10.2007 , aaO, m.w.N.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, 111. Ergänzungslieferung 2013, § 22 Rn. 23). Vordere Grundstücksgrenze können bei einem Eckgrundstück beide angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen sein. Das Eckgrundstück der Beigeladenen ist sowohl vom ... Weg aus als auch vom ... Ring aus erschlossen. Im Hinblick auf die bestehende Doppelhaushälfte der Kläger auf dem Nachbargrundstück, die zum ... Weg hin ausgerichtet ist, ist die vordere Grundstücksgrenze am ... Weg. Der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 04.10.2007, aaO) lag die hier nicht gegebene Situation zugrunde, dass die Grundstücke von verschiedenen Straßen aus erschlossen und beide Gebäude rückwärtig (nicht seitlich) aneinander gebaut und deshalb nicht Doppelhäuser i. S. von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO waren. So liegt es hier aber nicht, die Hauptgebäude sollen von der vorderen Grundstücksgrenze aus betrachtet - vom ... Weg aus - nebeneinander errichtet werden.
28 
Für die Qualifizierung eines Doppelhauses ist nur auf das (Haupt-)Gebäude bzw. das „Haus“ abzustellen, nicht hinzuzurechnen sind nicht zum Gebäude bzw. „Haus“ zählende daran angebaute Nebengebäude oder -anlagen, mithin nicht die in den bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften (§§ 5, 6 LBO) zulässigen baulichen Anlagen und Garagen. Denn im Zusammenhang mit der Bauweise (§ 22 BauNVO) und der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 23 BauNVO) gilt die städtebaulich bedeutsame Unterscheidung zwischen Hauptgebäuden (Wohngebäuden) und zugeordneten Nebenanlagen bzw. Nebengebäuden, wie sie in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommt (vgl. §§ 22 Abs. 2, 23 Abs. 3 und 5 BauNVO; s. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.12.2005 - 5 S 274/05 - Rn. 33). Umgekehrt können Nebenanlagen im Sinne von § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO nur Anlagen sein, die nicht Bestandteil des (Haupt-)Gebäudes sind (BVerwG, Urt. v. 14.02.1994 - 4 B 18/94 - ). Deshalb darf für die Annahme einer Doppelhaushälfte bzw. für ein Doppelhaus nicht die im Kenntnisgabeverfahren angezeigte Doppelgarage nebst Verbindungselement in die Betrachtung der Kubatur des geplanten Wohnhauses mit einbezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob die Doppelgarage mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO in der ab 01.03.2010 gültigen Fassung vom 05.03.2010 (GBL. S. 357) in Einklang steht.
29 
Das geplante Vorhaben der Beigeladenen vermittelt nicht den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus, sondern hält sich im Rahmen einer in offener Bauweise gestatteten wechselseitigen Grenzbebauung. Maßgebend ist, ob die Gebäude bzw. Häuser ein Doppelhaus bilden. Dies ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil das Wohnhaus der Beigeladenen nicht wie die Doppelhaushälfte der Kläger seine Zufahrt und seinen Zugang vom ... Weg hin nimmt, sondern über den ... Ring und mit seinen Fenstern und Türen dorthin ausgerichtet ist. Denn dabei handelt es sich neben Gesichtspunkten der Erschließung und der Frage der vorderen Grundstücksgrenze um gestalterische Aspekte, die nicht berücksichtigungsfähig sind. Die Haushälfte der Kläger und die der Beigeladenen werden nach der Realisierung des Vorhabens nach wie vor quantitativ und qualitativ eine bauliche Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers bilden. Zwar tritt die Haushälfte der Beigeladenen über die gesamte Breite um ca. 3,00 m am ... Weg zurück und ragt im hinteren Grundstücksbereich über die - nach den Abmessungen bei Einnahme des Augenscheins 11,10 m lange - Doppelhaushälfte der Kläger um 3,80 m hinaus. Beide Gebäude decken sich damit auf einer Länge von etwa 7,10 m, indem die Rückwand des Vorhabens der Beigeladenen an die Giebelwand des Hauses der Kläger angebaut wird. Trotz ihrer versetzten Anordnung werden die Haushälften zum weitaus größten Teil - einer Länge von ca. 7,10 m - mit ihren Wänden auf miteinander verbunden sein. Im rückwärtigen Grundstücksbereich entsteht für die Kläger zusammen mit der Doppelgaragenbebauung zwar eine riegelartige Bebauung über die gesamte rückwärtige Grundstückslänge, diese ist aber nicht allein darauf zurückzuführen, dass das geplante Haus im rückwärtigen Bereich 3,80 m länger ist als das der Kläger. Die Bebauung entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit einer Doppelgarage darf, wie bereits ausgeführt, bei dieser Beurteilung nicht mit einbezogen werden. In der Breite weichen beide Haushälften mit ihrer Front zum ... Weg hin nicht wesentlich voneinander ab, die Doppelhaushälfte der Kläger ist etwa 6,40 m breit, das geplante Vorhaben am ... Weg ca. 8,71 m. Nur in Höhe des von der Ansicht am ... Weg aus zwar sichtbaren, aber erst nach etwa 4,50 m beginnenden ca. 1,10 m tiefen vorspringenden Erkers (in Höhe des ersten Oberschosses) ist das geplante Vorhaben insgesamt ca. 10 m breit, was sich aber nicht beachtlich auswirkt, weil der Erker durch den kleinen Dachansatz (sog. „Mini-Walmdach“) die Kubatur des Hauses wiederum auflockert. Eine vollständige Deckungsgleichheit ist - wie dargelegt - nicht erforderlich. Außerdem wird das Haus der Beigeladenen um ca. 1 m niedriger ausgeführt als das der Kläger, weshalb es weder die vordere noch die rückwärtige Gebäudefront dominiert, sondern sich insgesamt in seinen Dimensionen dem Gesamtbaukörper von der Ansicht vom ... Weg aus gesehen unterordnet, mit der Folge, dass von einem wechselseitigen Abgestimmtsein des Wohnhauses der Beigeladenen mit dem der Kläger auszugehen ist, mithin von einem Doppelhaus
30 
Die im Bescheid vom 05.04.2012 zugelassene Überschreitung der westlichen Baugrenze durch ein untergeordnetes Bauteil, dem Erker, ist rechtsfehlerfrei. Abgesehen davon würden durch eine fehlerhafte Zulassung des Erkers gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO Rechte der Kläger nicht verletzt, weil die seitliche Baugrenze zum... Ring hin nicht nachbarschützend zugunsten der Kläger ist, was im Rahmen des Ermessens des bauaufsichtlichen Einschreitens bedeutsam ist. Denn seitliche und hintere Baugrenzen entfalten regelmäßig eine drittschützende Wirkung (nur) zugunsten der ihnen gegenüber liegenden Nachbargrundstücke (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.11.2013 - 8 S 1813/13 - ). Ob für die zur Nutzung als Stellplatz vorgesehenen Rasengittersteine vor der Doppelgarage eine Ausnahme von der Überschreitung der seitlichen Baugrenze nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO erteilt worden ist, was im Widerspruchsbescheid (S. 7, zweiter Absatz) konkludent geschehen sein könnte, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
31 
Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften zugunsten der Kläger. Die Doppelgarage und die in diesem Gebäude integrierte zu der Garage und zum Keller führende Treppe ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO i.d.F. vom 05.03.2010, gültig ab 01.03.2010, in der Abstandsfläche zulässig, weil es ein Gebäude ohne Aufenthaltsraum (Sauter, aaO, § 6 Rn. 15) ist und die Doppelgarage einschließlich dieses Raums die Maße des § 6 Abs. 1 Nr. 1 LBO einhält.
32 
Selbst wenn kein Doppelhaus vorläge, wäre ein Anspruch auf baupolizeiliches Einschreiten nur gegeben, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Kläger anzunehmen wäre. Dies wäre hier selbst dann zur verneinen, wenn gegen die Festsetzung der offenen Bauweise verstoßen worden wäre. Denn das geplante Vorhaben der Beigeladenen ist nicht derart rücksichtslos, dass nur eine Entscheidung zugunsten der Kläger rechtsfehlerfrei wäre. Maßgebend dafür ist, dass das geplante Wohnhaus der Beigeladenen weniger Licht aus Westen wegnimmt als es eine gleich hohe Haushälfte wie die der Kläger bewirken würde. Hinzu kommt, dass von einem die bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften einhaltenden Vorhaben i.d.R. keine erdrückende, abriegelnde oder „optisch bedrängende“ Wirkung ausgeht, die eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots und eine Ermessensreduzierung auf Null gebieten kann. So liegt es hier. Selbst eine rechtsfehlerhafte Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezüglich des Erkers würde nicht zu einer Ermessensreduzierung zugunsten des Begehrens der Kläger auf ein bauaufsichtliches Einschreiten führen, weil die seitliche Baugrenze auf der vom Grundstück der Kläger abgewandten Grundstücksseite (zum... Ring) nicht nachbarschützend zugunsten der Kläger ist. Die gleiche Bewertung gilt für die Zulassung einer Ausnahme gem. § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO für Stellplätze vor der Doppelgarage.
33 
Eine im Verpflichtungsantrag enthaltenen Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsansicht des Gerichts nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO kommt deshalb ebenfalls nicht in Betracht.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. In Anwendung der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem Unterlegenen nach dem Maß seines Unterliegens, d.h. den Klägern aufzuerlegen, auch dann, wenn er keinen eigenen Sachantrag gestellt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.10.1994 - 5 S 2545/94 -; Beschl. v. 06.08.1996 - 5 S 1502/96 -). Da die Kläger unterlegen sind, war ihnen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens insgesamt einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.
35 
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat die Frage, ob ein Gebäude, das an eine Doppelhaushälfte angebaut wird und auf der rückwärtigen Seite ca. 3,80 m über die bestehende Doppelhaushälfte hinausragt mit diesem zusammen ein Doppelhaus bildet, und zwar auch dann, wenn im Anschluss an das Haus eine Doppelgarage entlang der gesamten gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Nachbarn angebaut wird.
36 
BESCHLUSS
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 7.500,-- festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
18 
Die Klagen sind zulässig, jedoch unbegründet.
19 
Der Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 04.06.2012 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 31.10.2012 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Den Klägern steht kein Anspruch darauf zu, das beklagte Land zu verpflichten, gegen den geplanten Neubau einer sog. Doppelhaushälfte mit Garage auf dem Nachbargrundstück, ... Weg 7 in ..., baupolizeilich einzuschreiten (§ 113 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 VwGO).
20 
Rechtsgrundlage für das begehrte Einschreiten der Kläger gegenüber der Beigeladenen ist § 47 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 59 Abs. 4 LBO. Danach kann die Baurechtsbehörde, falls wie hier mit dem Bau noch nicht begonnen wurde, den Baubeginn eines Bauvorhaben untersagen, wenn die baurechtlichen Vorschriften sowie die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Errichtung von Anlagen nicht eingehalten werden. Wie im Bescheid des Landratsamtes Karlsruhe vom 02.08.2012 zu Recht ausgeführt worden ist, erwächst dem Nachbarn hieraus regelmäßig nur ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung und zwar nur dann, wenn das strittige Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht entspricht, die zumindest auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.10.1994 - 8 S 2763/94 - m.w.N.; zustimmend Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, Kommentar, 3. Aufl., § 51 Rn. 50 ff., 53 m.w.N.). Das Vorhaben der Beigeladenen ist bauplanungsrechtlich als Doppelhaushälfte zulässig und bauordnungs- sowie bauordnungsrechtlich sind keine Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften zugunsten der Kläger gegeben.
21 
Das Vorhaben der Beigeladenen beurteilt sich planungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ vom 07.05.2007. Dieser setzt für das Baugrundstück ein allgemeines Wohngebiet mit offener Bauweise innerhalb der festgelegten Baugrenzen fest. Zulässig sind Einzel- und Doppelhäuser. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO werden in der offenen Bauweise "die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand" als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Gebäude im Sinne dieser Vorschrift ist das Doppelhaus als bauliche Einheit; denn nur als Gesamtgebäude wird es "mit seitlichem Grenzabstand", d.h. mit einem Grenzabstand vor den äußeren Seitenwänden errichtet. Ein Doppelhaus entsteht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 24.02.2000 - 4 C 12/98 - unter Hinweis auf König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 1. Aufl. 1999, Rn. 13, 16 zu § 22 ) deshalb nur dann, wenn zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden. Dies bestätigt § 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO, der das Doppelhaus als "Hausform" bezeichnet. Nicht erforderlich ist, dass die Doppelhaushälften gleichzeitig oder deckungsgleich (spiegelbildlich) errichtet werden. Das Erfordernis einer baulichen Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers schließt auch nicht aus, dass die ein Doppelhaus bildenden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zueinander versetzt oder gestaffelt aneinandergebaut werden (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO).
22 
Im Urteil vom 24. Februar 2000 hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich entschieden, dass bauordnungsrechtliche Vorschriften über die Höhe und Breite von Gebäuden, die traufen- oder giebelständige Anordnung, First-, Sockel- oder Traufhöhen, Farbe und Gliederung von Fassaden, der Drempel, Dächer und Dachaufbauten, die der Abwehr von Verunstaltungen oder der positiven Baugestaltungspflege dienen, nicht geeignet seien, den bauplanungsrechtlichen Gehalt des "Doppelhauses" als eine der in der offenen Bauweise zulässigen Hausformen zu erfassen. In diesem städtebaulichen Regelungszusammenhang beurteile sich die Frage, ob zwei an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtete Gebäude (noch) ein Doppelhaus bilden, allein nach dem Merkmal des wechselseitigen Verzichts auf seitliche Grenzabstände, mit dem eine spezifisch bauplanerische Gestaltung des Orts- und Straßenbildes verfolgt werde (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO).
23 
Unter Bezugnahme auf diese grundlegenden Ausführungen hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10. April 2012 (- 4 B 42/11 - ) ausgeführt, dass allein dadurch, dass zwei Gebäude derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden, der bauordnungsrechtliche Begriff des Doppelhauses noch nicht erfüllt ist. Er verlangt ferner, dass die beiden "Haushälften" in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Insoweit enthält das Erfordernis einer baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element. In dem System der offenen Bauweise, das durch seitliche Grenzabstände zu den benachbarten Grundstücken gekennzeichnet ist, ordnet sich ein aus zwei Gebäuden zusammengefügter Baukörper nur ein und kann somit als Doppelhaus gelten, wenn das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird. Ein einseitiger Grenzanbau ist in der offenen Bauweise unzulässig (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO). Der Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus kann nicht nur entstehen, wenn - wie in dem durch Urteil vom 24. Februar 2000 entschiedenen Fall - ein Gebäude gegen das andere an der gemeinsamen Grundstücksgrenze so stark versetzt wird, dass sein vorderer oder rückwärtiger Versprung den Rahmen einer wechselseitigen Grenzbebauung überschreitet, sondern auch, wenn ein nicht grenzständiger Anbau wegen seiner Abmessungen die bisherige Doppelhaushälfte so massiv verändert, dass die beiden Gebäude nicht mehr als bauliche Einheit erscheinen (vgl. BVerwG, Beschl. V. 17.08. 2011 - 4 B 25.11 - Rn. 5). Ein solcher Fall kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der im Verhältnis zur bisherigen Kubatur massive Anbau grenznah errichtet wird und - in seiner Wirkung einem grenzständigen Anbau vergleichbar - die Freiflächen auf dem Grundstück der anderen Doppelhaushälfte abriegelt. Ob ein nicht grenzständiger Anbau die bisherige bauliche Einheit zweier Doppelhaushälften aufhebt, hängt maßgebend von den Umständen des Einzelfalls ab (BVerwG, Urt. v. 10.04.2012, aaO).
24 
Klarstellend hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 10.04.2012 (aaO) ausgeführt, dass es im Urteil vom 24.02.2000 (aaO) nicht entschieden hat, dass die Qualifizierung zweier Gebäude als Doppelhaus allein davon abhänge, in welchem Umfang die beiden Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze aneinander gebaut sind. In dem im Urteil vom 24.02.2000 zu entscheidenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht die beiden Gebäude nicht als Doppelhaus qualifiziert, weil sie an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stark gegeneinander versetzt waren. Dass zwei Gebäude, die an der gemeinsamen Grundstücksgrenze vollständig aneinander gebaut sind, stets ein Doppelhaus bilden, also auch dann, wenn sie mit Blick auf den Baukörper im Übrigen nicht als bauliche Einheit erscheinen, kann daraus nicht abgeleitet werden (BVerwG, Urt. v. 10.04.2012, aaO).
25 
Ein geplantes Haus erfährt jedoch durch die bereits vorhandene Grenzbebauung eine das Baugeschehen beeinflussende Vorprägung. Umgekehrt trägt der Erstbauende das Risiko, dass die spätere Nachbarbebauung den planerisch eröffneten Freiraum stärker ausschöpft als er selbst. Er kann nicht erwarten, dass die später errichtete Doppelhaushälfte die überbaubare Grundstücksfläche nur in demselben Umfang ausnutzt wie er es getan hat (BVerwG, Urt. v. 24.02.2000, aaO, Rn. 25).
26 
Der Begriff des Doppelhauses darf zwar nach der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mit bauordnungsrechtlichen Merkmalen ausgefüllt werden. Die Frage, ob eine bauliche Einheit vorliegt, ist aber mit Blick auf die von § 22 Abs. 2 BauNVO verfolgten bauplanungsrechtlichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- oder Stadtbildes zu prüfen und dabei darf auf „Aspekte der Kubatur der Gebäude“ abgestellt werden. Das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 10.04.2012, aaO) hat damit die Erwägungen des seiner Entscheidung vorausgegangenen Beschlusses des OVG Nordrhein-Westfalen (v. 04.06.1998 - 10 A 1318/97 - ) für zulässig gehalten, wonach Höhe, Breite und Tiefe, sowie die Zahl der Geschosse und die Dachform einem Haus regelmäßig seine maßgebliche Gestalt geben und dass diese Kriterien daher im Einzelfall Anhaltspunkte für die Beurteilung des wechselseitigen Abgestimmtseins geben können. Auch Übereinstimmungen oder Abweichungen in der Kubatur der Häuser infolge hervortretender Bauteile, wie Dachterrassen, Gauben oder Anbauten können mitentscheidend für die Beantwortung der Frage sein, ob noch von einer baulichen Einheit und damit von einem Doppelhaus oder einer Hausgruppe die Rede sein kann.
27 
Aus der vom Kläger-Vertreter zitierten Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 04.10.2007 - 8 S 1447/07 - ) ergibt sich nichts anderes. Zutreffend ist, dass die Frage, ob eine seitliche - oder eine vordere bzw. rückwärtige - Grundstücksgrenze vorliegt, von der das Grundstück erschließenden öffentlichen Verkehrsfläche aus zu beurteilen ist (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.10.2007 , aaO, m.w.N.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauNVO, 111. Ergänzungslieferung 2013, § 22 Rn. 23). Vordere Grundstücksgrenze können bei einem Eckgrundstück beide angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen sein. Das Eckgrundstück der Beigeladenen ist sowohl vom ... Weg aus als auch vom ... Ring aus erschlossen. Im Hinblick auf die bestehende Doppelhaushälfte der Kläger auf dem Nachbargrundstück, die zum ... Weg hin ausgerichtet ist, ist die vordere Grundstücksgrenze am ... Weg. Der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 04.10.2007, aaO) lag die hier nicht gegebene Situation zugrunde, dass die Grundstücke von verschiedenen Straßen aus erschlossen und beide Gebäude rückwärtig (nicht seitlich) aneinander gebaut und deshalb nicht Doppelhäuser i. S. von § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO waren. So liegt es hier aber nicht, die Hauptgebäude sollen von der vorderen Grundstücksgrenze aus betrachtet - vom ... Weg aus - nebeneinander errichtet werden.
28 
Für die Qualifizierung eines Doppelhauses ist nur auf das (Haupt-)Gebäude bzw. das „Haus“ abzustellen, nicht hinzuzurechnen sind nicht zum Gebäude bzw. „Haus“ zählende daran angebaute Nebengebäude oder -anlagen, mithin nicht die in den bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften (§§ 5, 6 LBO) zulässigen baulichen Anlagen und Garagen. Denn im Zusammenhang mit der Bauweise (§ 22 BauNVO) und der überbaubaren Grundstücksfläche (§ 23 BauNVO) gilt die städtebaulich bedeutsame Unterscheidung zwischen Hauptgebäuden (Wohngebäuden) und zugeordneten Nebenanlagen bzw. Nebengebäuden, wie sie in diesen Vorschriften zum Ausdruck kommt (vgl. §§ 22 Abs. 2, 23 Abs. 3 und 5 BauNVO; s. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.12.2005 - 5 S 274/05 - Rn. 33). Umgekehrt können Nebenanlagen im Sinne von § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO nur Anlagen sein, die nicht Bestandteil des (Haupt-)Gebäudes sind (BVerwG, Urt. v. 14.02.1994 - 4 B 18/94 - ). Deshalb darf für die Annahme einer Doppelhaushälfte bzw. für ein Doppelhaus nicht die im Kenntnisgabeverfahren angezeigte Doppelgarage nebst Verbindungselement in die Betrachtung der Kubatur des geplanten Wohnhauses mit einbezogen werden, und zwar unabhängig davon, ob die Doppelgarage mit § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO in der ab 01.03.2010 gültigen Fassung vom 05.03.2010 (GBL. S. 357) in Einklang steht.
29 
Das geplante Vorhaben der Beigeladenen vermittelt nicht den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus, sondern hält sich im Rahmen einer in offener Bauweise gestatteten wechselseitigen Grenzbebauung. Maßgebend ist, ob die Gebäude bzw. Häuser ein Doppelhaus bilden. Dies ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil das Wohnhaus der Beigeladenen nicht wie die Doppelhaushälfte der Kläger seine Zufahrt und seinen Zugang vom ... Weg hin nimmt, sondern über den ... Ring und mit seinen Fenstern und Türen dorthin ausgerichtet ist. Denn dabei handelt es sich neben Gesichtspunkten der Erschließung und der Frage der vorderen Grundstücksgrenze um gestalterische Aspekte, die nicht berücksichtigungsfähig sind. Die Haushälfte der Kläger und die der Beigeladenen werden nach der Realisierung des Vorhabens nach wie vor quantitativ und qualitativ eine bauliche Einheit im Sinne eines Gesamtbaukörpers bilden. Zwar tritt die Haushälfte der Beigeladenen über die gesamte Breite um ca. 3,00 m am ... Weg zurück und ragt im hinteren Grundstücksbereich über die - nach den Abmessungen bei Einnahme des Augenscheins 11,10 m lange - Doppelhaushälfte der Kläger um 3,80 m hinaus. Beide Gebäude decken sich damit auf einer Länge von etwa 7,10 m, indem die Rückwand des Vorhabens der Beigeladenen an die Giebelwand des Hauses der Kläger angebaut wird. Trotz ihrer versetzten Anordnung werden die Haushälften zum weitaus größten Teil - einer Länge von ca. 7,10 m - mit ihren Wänden auf miteinander verbunden sein. Im rückwärtigen Grundstücksbereich entsteht für die Kläger zusammen mit der Doppelgaragenbebauung zwar eine riegelartige Bebauung über die gesamte rückwärtige Grundstückslänge, diese ist aber nicht allein darauf zurückzuführen, dass das geplante Haus im rückwärtigen Bereich 3,80 m länger ist als das der Kläger. Die Bebauung entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze mit einer Doppelgarage darf, wie bereits ausgeführt, bei dieser Beurteilung nicht mit einbezogen werden. In der Breite weichen beide Haushälften mit ihrer Front zum ... Weg hin nicht wesentlich voneinander ab, die Doppelhaushälfte der Kläger ist etwa 6,40 m breit, das geplante Vorhaben am ... Weg ca. 8,71 m. Nur in Höhe des von der Ansicht am ... Weg aus zwar sichtbaren, aber erst nach etwa 4,50 m beginnenden ca. 1,10 m tiefen vorspringenden Erkers (in Höhe des ersten Oberschosses) ist das geplante Vorhaben insgesamt ca. 10 m breit, was sich aber nicht beachtlich auswirkt, weil der Erker durch den kleinen Dachansatz (sog. „Mini-Walmdach“) die Kubatur des Hauses wiederum auflockert. Eine vollständige Deckungsgleichheit ist - wie dargelegt - nicht erforderlich. Außerdem wird das Haus der Beigeladenen um ca. 1 m niedriger ausgeführt als das der Kläger, weshalb es weder die vordere noch die rückwärtige Gebäudefront dominiert, sondern sich insgesamt in seinen Dimensionen dem Gesamtbaukörper von der Ansicht vom ... Weg aus gesehen unterordnet, mit der Folge, dass von einem wechselseitigen Abgestimmtsein des Wohnhauses der Beigeladenen mit dem der Kläger auszugehen ist, mithin von einem Doppelhaus
30 
Die im Bescheid vom 05.04.2012 zugelassene Überschreitung der westlichen Baugrenze durch ein untergeordnetes Bauteil, dem Erker, ist rechtsfehlerfrei. Abgesehen davon würden durch eine fehlerhafte Zulassung des Erkers gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO Rechte der Kläger nicht verletzt, weil die seitliche Baugrenze zum... Ring hin nicht nachbarschützend zugunsten der Kläger ist, was im Rahmen des Ermessens des bauaufsichtlichen Einschreitens bedeutsam ist. Denn seitliche und hintere Baugrenzen entfalten regelmäßig eine drittschützende Wirkung (nur) zugunsten der ihnen gegenüber liegenden Nachbargrundstücke (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 27.11.2013 - 8 S 1813/13 - ). Ob für die zur Nutzung als Stellplatz vorgesehenen Rasengittersteine vor der Doppelgarage eine Ausnahme von der Überschreitung der seitlichen Baugrenze nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO erteilt worden ist, was im Widerspruchsbescheid (S. 7, zweiter Absatz) konkludent geschehen sein könnte, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung.
31 
Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften zugunsten der Kläger. Die Doppelgarage und die in diesem Gebäude integrierte zu der Garage und zum Keller führende Treppe ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 LBO i.d.F. vom 05.03.2010, gültig ab 01.03.2010, in der Abstandsfläche zulässig, weil es ein Gebäude ohne Aufenthaltsraum (Sauter, aaO, § 6 Rn. 15) ist und die Doppelgarage einschließlich dieses Raums die Maße des § 6 Abs. 1 Nr. 1 LBO einhält.
32 
Selbst wenn kein Doppelhaus vorläge, wäre ein Anspruch auf baupolizeiliches Einschreiten nur gegeben, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Kläger anzunehmen wäre. Dies wäre hier selbst dann zur verneinen, wenn gegen die Festsetzung der offenen Bauweise verstoßen worden wäre. Denn das geplante Vorhaben der Beigeladenen ist nicht derart rücksichtslos, dass nur eine Entscheidung zugunsten der Kläger rechtsfehlerfrei wäre. Maßgebend dafür ist, dass das geplante Wohnhaus der Beigeladenen weniger Licht aus Westen wegnimmt als es eine gleich hohe Haushälfte wie die der Kläger bewirken würde. Hinzu kommt, dass von einem die bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften einhaltenden Vorhaben i.d.R. keine erdrückende, abriegelnde oder „optisch bedrängende“ Wirkung ausgeht, die eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots und eine Ermessensreduzierung auf Null gebieten kann. So liegt es hier. Selbst eine rechtsfehlerhafte Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezüglich des Erkers würde nicht zu einer Ermessensreduzierung zugunsten des Begehrens der Kläger auf ein bauaufsichtliches Einschreiten führen, weil die seitliche Baugrenze auf der vom Grundstück der Kläger abgewandten Grundstücksseite (zum... Ring) nicht nachbarschützend zugunsten der Kläger ist. Die gleiche Bewertung gilt für die Zulassung einer Ausnahme gem. § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO für Stellplätze vor der Doppelgarage.
33 
Eine im Verpflichtungsantrag enthaltenen Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsansicht des Gerichts nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO kommt deshalb ebenfalls nicht in Betracht.
34 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. In Anwendung der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem Unterlegenen nach dem Maß seines Unterliegens, d.h. den Klägern aufzuerlegen, auch dann, wenn er keinen eigenen Sachantrag gestellt hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.10.1994 - 5 S 2545/94 -; Beschl. v. 06.08.1996 - 5 S 1502/96 -). Da die Kläger unterlegen sind, war ihnen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens insgesamt einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.
35 
Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung hat die Frage, ob ein Gebäude, das an eine Doppelhaushälfte angebaut wird und auf der rückwärtigen Seite ca. 3,80 m über die bestehende Doppelhaushälfte hinausragt mit diesem zusammen ein Doppelhaus bildet, und zwar auch dann, wenn im Anschluss an das Haus eine Doppelgarage entlang der gesamten gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Nachbarn angebaut wird.
36 
BESCHLUSS
37 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 7.500,-- festgesetzt.
38 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung nach §§ 124, 124a Abs. 4 VwGO hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass für die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Die Klägerin hat folgende rechtlichen Fragen formuliert, die inhaltlich jedoch auf dasselbe Ziel hinauslaufen:

„Ist bei der Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) im Rahmen der nachbarschützenden Abstandsflächenvorschriften davon auszugehen, dass sich derjenige, der sich gegen einen Abstandsflächenverstoß zur Wehr setzt, seinem Rechtschutzbegehren gegen ein Nachbarbauvorhaben das Verbot des Rechtsmissbrauchs entgegen halten lassen muss, wenn die Bebauung auf seinem Grundstück zwar in vergleichbarer Weise nicht den heute geltenden nachbarschützenden Abstandsflächenvorschriften entspricht, die Bebauung auf seinem Grundstück jedoch dem zur Zeit ihrer Genehmigung geltenden Recht entsprach bzw. Bestandsschutz genießt?“

anders formuliert

„Kann dem Rechtschutzbegehren eines Nachbarn, der sich gegen einen Abstandsflächenverstoß zur Wehr setzt, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) das Rechtsmissbrauchsverbot entgegengehalten werden, wenn auf Seiten des klagenden Nachbarn kein ungesetzmäßiges Verhalten (keine Verletzung nachbarlicher Rücksichtnahmepflichten) feststellbar ist, insbesondere sein Gebäude in Übereinstimmung mit den seinerzeit geltenden Bauschriften errichtet worden ist und Bestandsschutz genießt?“

oder

„Hat die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) im Rahmen des Abstandsflächenrechts zur Folge, dass der Eigentümer eines bebauten Grundstücks, dessen Gebäude zwar seinerzeit in Übereinstimmung mit dem geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist, aber den jetzt nach den Abstandsflächenvorschriften erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, sich nicht mehr gegen die Verletzung von Abstandsflächenvorschriften durch ein Nachbarbauvorhaben zur Wehr setzen kann, wenn die beiderseitigen, wechselseitigen Verstöße gemessen an dem jetzt erforderlichen Grenzabstand etwa gleichwertig bzw. vergleichbar sind?“

Fraglich ist bereits, ob die so gestellten Fragen hier tatsächlich entscheidungserheblich für das Erstgericht waren und für den Senat sind. Denn die Fragen zielen schwerpunktmäßig auf den Bestandsschutz des Nachbargebäudes sowie dessen Übereinstimmung mit den bei Errichtung geltenden Bauvorschriften. Vorliegend wurde das Nachbargebäude mit Bescheid vom 18. Juli 1957 genehmigt. Mit Bescheid vom 17. Juni 2004 wurde der Anbau von Außenaufzügen sowie der Dachgeschossneubau mit Tonnendach genehmigt. Diese Baugenehmigung enthält zudem unter anderem eine Abweichung gemäß Art. 63 BayBO wegen der Nichteinhaltung der Abstandsflächen zum Grundstück der beigeladenen Bauherrin hin. Im Zug der Änderung des Dachgeschosses ist eine abstandsflächenrechtliche Neubeurteilung für das gesamte Gebäude vorgenommen worden, das das zum damaligen Zeitpunkt im Jahr 2004 geltende Abstandsflächenrecht nicht einhielt und auch heute nicht einhält. Abzustellen wäre daher auf die Frage, ob einem bestandskräftig genehmigten Nachbargebäude der Grundsatz von Treu und Glauben entgegengehalten werden kann. Da das Gebäude durch den Umbau 2004 wesentlich verändert wurde, kann auf die ursprüngliche Genehmigung aus dem Jahr 1957 insoweit nicht mehr abgestellt werden.

Unabhängig davon hat sich der Senat (vgl. BayVGH, B.v. 8.8.2016 - 2 CS 16.751 - n.v.) ausdrücklich dahingehend geäußert, dass es insoweit nicht entscheidend ist, dass das Gebäude des Nachbarn in der vorliegenden Form genehmigt ist. Es kommt lediglich auf das tatsächliche Maß der Abstandsflächenüberschreitung zum jetzigen Zeitpunkt, also der Genehmigung des Bauvorhabens der Beigeladenen, an. Damit hat sich der Senat bereits ausdrücklich der herrschenden Rechtsprechung angeschlossen (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris; VGH SH, U.v. 15.12.1992 - 1 L 118/91 - juris; NdsOVG, B.v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - NVwZ-RR 1999, 716; VGH BW, U.v. 18.11.2002 - 3 S 882/02 - VBlBW 2003, 235; OVG NRW, B.v. 12.2.2010 - 7 B 1840/09 - juris; U.v. 26.6.2014 - 7 A 2057/12 - BauR 2014, 1924; ThürOVG, B.v. 5.10.1999 - 1 EO 698/99 - NVwZ-RR 2000, 869), die davon ausgeht, dass es unerheblich ist, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt. Nach anderer Auffassung der älteren Rechtsprechung sowie in der Literatur (vgl. OVG NRW, U.v. 24.4.2001 - 10 A 1402/98 - BauR 2002, 295; OVG LSA, B.v. 30.11.2000 - 2 M 319/00 - juris; OVG RhPf, B.v. 29.10.1982 - 1 B 59/81 - juris; Kuchler, BauR 2015, 1580/1584, 1592f) verstößt das Rechtsschutzbegehren eines Nachbarn gegen ein Bauvorhaben nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sein eigenes Grundstück mit einer bauaufsichtlich genehmigten Anlage bebaut ist. Indirekt hat sich auch der 14. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814 - juris) der herrschenden Meinung der Rechtsprechung angeschlossen, denn auch in diesem Fall war das Gebäude des Nachbarn baurechtlich genehmigt.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die gestellten Fragen bereits obergerichtlich durch das Berufungsgericht geklärt sind und damit eine grundsätzliche Bedeutung fehlt.

2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass der angefochtene Vorbescheid keine drittschützenden Rechte verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin kann einen Vorbescheid mit dem Ziel seiner Aufhebung nur dann erfolgreich anfechten, wenn öffentlichrechtliche Vorschriften verletzt sind, die zumindest auch ihrem Schutz dienen. Dies ist hier nicht der Fall.

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die herrschende Rechtsprechung den Bestandsschutz bei der Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) vollständig außer Acht lasse und kein Korrektiv existiere. Insbesondere sei im Fall einer Abweichung nach Art. 63 BayBO das Vorliegen von dessen Voraussetzungen, vor allem der Voraussetzung der Atypik, vorab zu prüfen, bevor der Grundsatz von Treu und Glauben eingreifen könne. In der Interessenabwägung im Rahmen der Abweichung sei zu prüfen, ob sich die Belange des Nachbarn, von einem Abstandsflächenverstoß durch den Bauherrn verschont zu bleiben, durchsetzen können.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass auch die Klägerin als Nachbarin hier ihr Bauvorhaben lediglich im Rahmen einer Abweichung nach Art. 63 BayBO genehmigt erhalten hat. Zwar war bei der ursprünglichen Baugenehmigung vom 18. Juli 1957 noch kein Abstandsflächenrecht zu prüfen. Jedoch wurde mit der Baugenehmigung vom 17. Juni 2004 die Abstandsflächenfrage neu aufgeworfen. Die Klägerin hat damals einen Außenaufzug errichtet sowie das Dachgeschoss von einem Walm- zu einem Tonnendach umgebaut und damit maßgeblich verändert. Dabei wurde die Frage der Einhaltung der Abstandsflächen neu geprüft und ihr insbesondere zum Grundstück der Beigeladenen hin eine Abweichung nach Art. 63 BayBO erteilt, da die Abstandsflächen nach geltenden Recht nicht eingehalten werden konnten. Dabei ist es unerheblich, dass die Beklagte darauf bestand, dass der Dachgeschossumbau ohne Veränderung der Abstandsflächen erfolgen müsse. Die Beklagte hat erkannt, dass bereits eine nicht unerhebliche Überschreitung der gesetzlich erforderlichen Abstandsflächen vorliegt, die durch den Umbau nicht noch erhöht werden sollte. Nur unter dieser Voraussetzung war damals offensichtlich die Beklagte zur Erteilung der Abweichung bereit. Auf diesen genehmigten Zustand ist heute abzustellen und nicht auf die Situation von 1957, die in dieser Form nicht mehr vorhanden ist.

Das Bundesverwaltungsgericht (B.v. 14.10.2014 - 4 B 51.14 - juris) hat nochmals bestätigt, dass der Grundsatz von Treu und Glauben in der gesamten Rechtsordnung gilt. Eine konkrete Entscheidung zur Geltung im Abstandsflächenrecht sowie zur systematischen Einordnung hat das Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis darauf, dass hier Landesrecht betroffen ist, nicht getroffen. Die herrschende obergerichtliche Rechtsprechung wendet den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB auch im Rahmen des landesrechtlichen Abstandsflächenrechts an. Dabei ist es unerheblich, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 11.2.2003 - 2 B 16.99 - juris; VGH SH, U.v. 15.12.1992 - 1 L 118/91 - juris; NdsOVG, B.v. 30.3.1999 - 1 M 897/99 - NVwZ-RR 1999, 716; VGH BW, U.v. 18.11.2002 - 3 S 882/02 - VBlBW 2003, 235; OVG NRW, B.v. 12.2.2010 - 7 B 1840/09 - juris; U.v. 26.6.2014 - 7 A 2057/12 - BauR 2014, 1924; ThürOVG, B.v. 5.10.1999 - 1 EO 698/99 - NVwZ-RR 2000, 869). Dem ist das Erstgericht gefolgt, was nicht zu beanstanden ist, auch wenn die Klägerin hier der Mindermeinung in der Rechtsprechung und Literatur den Vorzug gibt. Die Klägerin verkennt insoweit, dass auch im Abstandsflächenrecht der Grundsatz von Treu und Glauben nicht gänzlich uneingeschränkt gilt. Nach den in der herrschenden Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätzen müssen die beidseitigen Abweichungen etwa gleichwertig sein und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (vgl. BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris; VGH BW, B.v. 29.9.2010 - 3 S 1752/10 - BauR 2011, 148).

Hinsichtlich der systematischen Einordnung des Grundsatzes von Treu und Glauben in das bauordnungsrechtliche Prüfprogramm lassen sich verschiedene Ansätze vertreten. So könnte das Korrektiv des Grundsatzes von Treu und Glauben bereits grundsätzlich eine Berufung auf die Verletzung des Abstandsflächenrechts ausschließen, so dass es auf das Vorliegen der Voraussetzungen einer Abweichung nach Art 63 BayBO nicht weiter ankäme (so BayVGH, U.v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris; ThürOVG, B.v. 5.10.1999 - 1 EO 698/99 - NVwZ-RR 2000, 869). Das Oberverwaltungsgericht Thüringen prüft dabei in einem obiter dictum noch die Voraussetzungen der Abweichung, wohingegen der 1. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs keine Prüfung vornimmt. Im Ergebnis kommt es aber auch nach dem OVG Thüringen nicht darauf an, ob die erteilte Abweichung rechtmäßig war. Als zweite Variante wäre eine Prüfung des Korrektivs des Grundsatzes von Treu und Glauben als Ausschlusskriterium nach Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen einer Abweichung denkbar. Als dritte Variante käme in Betracht, die bei Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Abstandsflächenrecht vorauszusetzende wechselseitige Verletzung der Abstandsflächen im Rahmen der nach Art. 63 BayBO zu treffenden Interessenabwägung einfließen zu lassen.

Die genaue systematische Einordnung kann hier im Ergebnis jedoch offen bleiben, da bei allen drei Betrachtungsweisen, das Ergebnis der Würdigung dasselbe bliebe. Unstreitig liegt eine in etwa gleiche wechselseitige Abstandsflächenüberschreitung seitens der klagenden Nachbarin und der beigeladenen Bauherrin vor. Ebenfalls nicht bestritten ist, dass keine schlechthin untragbaren, als Missstand zu qualifizierenden Verhältnisse durch das Bauvorhaben der Beigeladenen entstehen. Nach der herrschenden Rechtsprechung kommt es nur auf die tatsächliche Abstandflächenüberschreitung an, nicht aber auf deren Genehmigung oder Bestandsschutz. Bei ersten Variante käme es zudem nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des Art. 63 BayBO und insbesondere das Merkmal der Atypik vorliegen, denn die klagende Nachbarin könnte sich wegen des wechselseitigen Abstandsflächenverstoßes nach dem Grundsatz von Treu und Glauben auf den Abstandsflächenverstoß oder die Fehlerhaftigkeit der erteilten Abweichung nicht berufen. Eine Prüfung der Voraussetzungen des Art. 63 BayBO wäre somit nicht erforderlich. Diese lägen hier jedoch ohnehin vor. Zwar ist das Grundstück im Wesentlichen rechteckig und damit grundsätzlich gut bebaubar. Das Bauvorhaben darf sich aber zur Lückenschließung an der vorhandenen, zur Straße errichteten Bausubstanz, die im Übrigen in der Regel die rückwärtige Abstandsflächentiefe nicht einhält, orientieren. Zwar bleibt das südlich unmittelbar anschließende Gebäude in seiner Tiefe hinter dem im Vorbescheid geplanten Gebäude zurück. Der Neubau ist mit einer Tiefe von 10,90 m geplant. Diese Bebauungstiefe findet sich jedoch auf den nördlich angrenzenden Grundstücken wieder, auch wenn an diese nicht unmittelbar angebaut wird. Es ist nicht zwingend profilgleich an ein Nachbargebäude anzubauen. Vor- und Rücksprünge sind im in der Umgebung auffindbaren Maß grundsätzlich möglich. Auch vorliegend findet sich die geplante Tiefe von 10,90 m in der unmittelbaren Umgebung an den straßenseitig errichteten Gebäuden wieder und stellt daher unter Berücksichtigung der Schutzgüter des Abstandsflächenrechts kein die Atypik ausschließendes Kriterium dar. Entsprechend wäre das Bauvorhaben der Beigeladenen nach der zweiten Variante ebenfalls zulässig.

Auch wenn die Prüfung der wechselseitigen Abstandsflächenüberschreitung im Rahmen der Interessenabwägung des Art 63 BayBO stattfände, ergäbe sich vorliegend kein anderes Ergebnis. Unstreitig ist der Anteil der seitens der Klägerin auf das Baugrundstück fallenden Abstandsfläche sogar etwas größer als die vom Baugrundstück auf das Grundstück der Klägerin fallende Abstandsfläche. Die Schutzgüter des Abstandsflächenrechts, Belichtung, Belüftung und Besonnung, werden nicht beeinträchtigt, insbesondere kann der 45° Lichteinfallswinkel am Gebäude der Klägerin eingehalten werden. Im Rahmen der Interessenabwägung spielt die Frage der Genehmigung des Abstandsflächenverstoßes grundsätzlich keine Rolle. Insoweit würde die Interessenabwägung hier zum selben Ergebnis führen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO). Im Berufungszulassungsverfahren sind die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen in der Regel nicht aus Billigkeitsgründen der unterliegenden Partei aufzuerlegen (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 - 8 ZB 01.1789 - BayVBl 2002, 378). Ein Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 Euro festgesetzt.


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Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 10. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.750 Euro festgesetzt.

Auf die Anschlussbeschwerde der Beigeladenen wird die Kostenentscheidung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 10. Mai 2017 geändert:

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine von der Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für verschiedene Umbaumaßnahmen an einem Gebäude.

2

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks B. Straße, das mit einem denkmalgeschützten Ensemble bebaut ist, bestehend aus einer zweigeschossigen Reihenvilla (Kutscherhaus), einer eingeschossigen Remise und einem ehemaligen Mietstall. Das Grundstück der Beigeladenen grenzt südlich an das Grundstück der Antragstellerin und ist mit einem dreigeschossigen Wohngebäude mit ausgebautem Dachgeschoss bebaut. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Baustufenplans Harvestehude/Rotherbaum vom 6. September 1955 (HmbGVBl. S. 294), der insoweit u.a. die Ausweisung W 2 g und „das Bauvolumen von 1939 darf nicht vergrößert werden“ trifft. Außerdem gilt für die Grundstücke die Verordnung über die Erhaltung baulicher Anlagen in Harvestehude vom 26. April 1988 (HmbGVBl. S. 66).

3

Die Antragsgegnerin erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 2. Dezember 2016 eine Baugenehmigung für den Ausbau des Daches auf zwei Vollgeschosse, den rückseitigen Umbau eines Balkons in einen Wintergarten im 1. OG und den Einbau eines Aufzuges im Treppenraum an der Gebäudevorderseite. Der Baugenehmigungsbescheid enthält zudem u.a. eine planungsrechtliche Befreiung für das weitere Überschreiten der Zahl der Vollgeschosse um zwei auf fünf Vollgeschosse. Die Antragstellerin erhob mit Schreiben vom 3. Januar 2017 gegen den Bescheid Widerspruch. Bereits mit Bescheid vom 4. Mai 2015 hatte die Beigeladene von der Antragsgegnerin für ihr Änderungsvorhaben eine Genehmigung nach § 8 DSchG erhalten. Hiergegen erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 15. Februar 2017 ebenfalls Widerspruch.

4

Am 23. Februar 2017 hat die Antragstellerin beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Baugenehmigungsbescheid anzuordnen. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 10. Mai 2017 den Antrag abgelehnt, da der Widerspruch keinen Erfolg haben dürfte. Denn die Antragstellerin werde durch die Baugenehmigung vor-aussichtlich nicht in ihren Rechten verletzt. Die Festsetzungen des Baustufenplans zur Zahl der Vollgeschosse und zur geschlossenen Bauweise seien nicht nachbarschützend. Daher könne sich die Antragstellerin auf eine fehlende Einhaltung der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht berufen. Ebenso wenig werde sie in ihrem Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung des Baugebiets verletzt. Eine vom Plangeber intendierte Gebietsprägung werde nicht mit der Begründung dargelegt, der Plangeber habe durch die Festsetzung von zwei Vollgeschossen und dem Verbot, das Bauvolumen von 1939 zu vergrößern, die Nachbarn vor überdimensionalen Bauvorhaben und einer zunehmenden Verdichtung schützen wollen. Die konkrete örtliche Situation könne nur insoweit gebietsprägend sein als sie Eingang in den Planungswillen und ihren Ausdruck in den getroffenen Festsetzungen gefunden habe. Jedenfalls letzteres sei hier nicht der Fall. Das Vorhaben verletze auch nicht das Gebot der Rücksichtnahme. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot folge nicht aus einer Beeinträchtigung der Belichtung, Besonnung oder Belüftung. Durch das Vorhaben sei zwar eine zunehmende Verschattung des Grundstücks der Antragstellerin, insbesondere im Dachbereich der Remise, zu erwarten, jedoch seien diese Beeinträchtigungen der Belichtung und Besonnung nicht unzumutbar. Bereits durch die Festsetzung der geschlossenen Bauweise sei mit einer Verschattung zu rechnen. Daneben unterliege die Remise in nicht unerheblichem Maße bereits dem Schattenwurf der eigenen Gebäude der Antragstellerin. Die Belichtungssituation der Remise sei zudem auf die eigene, übertiefe Bauweise der Gebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin zurückzuführen. Die dem Verschattungsgutachten vom 3. Februar 2017 zu entnehmenden Werte seien nicht geeignet, die Annahme einer durch die zunehmende Verschattung der Gebäudeteile der Antragstellerin eintretende Unzumutbarkeit zu begründen. Dem stehe schon entgegen, dass dort nicht hinreichend zwischen der Verschattung durch die Bestandsbebauung und durch die genehmigte Bebauung unterschieden werde. Das Vorhaben dürfte zudem keine erdrückende Wirkung auf das Gebäude der Antragstellerin haben. Eine solche folge nicht aus den unterschiedlichen Zahlen der Vollgeschosse und der sich daraus ergebenden Höhenunterschiede. Der Baustufenplan dürfte hinsichtlich der Festsetzung betreffend die Zahl der Vollgeschosse funktionslos geworden sein. Beinahe alle insoweit in die Betrachtung einzustellenden Wohngebäude in der Brahmsallee verfügten über eine drei- bis viergeschossige Bauweise. Gemessen daran komme dem Wohngebäude der Beigeladenen mit nunmehr fünf genehmigten Vollgeschossen keine optisch so massive Wirkung zu, die für die Antragstellerin zu einer Situation des „Eingemauertseins“ führen würde.

II.

5

Die gemäß §§ 146 Abs. 4, 147 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beschwerde ist unbegründet, weil es die mit ihr dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO allein zu prüfen hat, nicht rechtfertigen, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und - wie von der Antragstellerin beantragt - die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 3. Januar 2017 gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 2. Dezember 2016 gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80a Abs. 3 VwGO anzuordnen. Denn die von ihr mit der Beschwerde dargelegten Gründe stellen nicht die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts erheblich in Zweifel, dass bei der gebotenen Abwägung das Aussetzungssetzungsinteresse der Antragstellerin hinter das Interesse der Beigeladenen, die Bauarbeiten an dem Vorhaben fortführen zu können, zurückzutreten hat, weil die angefochtene Baugenehmigung die Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in ihren Rechten verletzen wird (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

6

1. Die Antragstellerin beruft sich zu Unrecht darauf, eine typische Prägung des Baugebiets, die entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO Nachbarschutz vermittelt, ergebe sich aus der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse für ein W 2 o-Gebiet und der Anforderung, dass das Bauvolumen von 1939 nicht vergrößert werden dürfe. Derartige Festsetzungen dienten nämlich gerade dem Zweck, die Nachbarn vor überdimensionalen Bauvorhaben und einer zunehmenden Verdichtung zu schützen.

7

Die Eigenart des Baugebiets ergibt sich zum einen aus seiner allgemeinen Zweckbestimmung, zum anderen wird sie durch die sonstigen Festsetzungen des Bebauungsplans, wie z.B. dem Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise, geprägt. Zusätzlich ist auch die jeweilige örtliche Situation, in die ein Gebiet „hineingeplant“ worden ist, sowie der jeweilige Planungswille, soweit dieser in den Festsetzungen des Bebauungsplans unter Berücksichtigung der hierfür gegebenen Begründung zum Ausdruck gekommen ist, zu berücksichtigen (siehe OVG Hamburg, Beschl. v. 4.5.2009, NordÖR, 2009, 308, juris Rn. 14).

8

Die Eigenart des vorliegenden Baugebiets wird durch die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse von zwei und der Anforderung, das Bauvolumen von 1939 darf nicht vergrößert werden, hinsichtlich des zulässigen Umfangs der baulichen Anlagen nicht - wie die Antragstellerin meint - in dem Sinne geprägt, dass dort nur eine aufgelockerte, eher kleinmaßstäbliche Bebauung zulässig sei. Hiergegen spricht bereits, dass nach dem Baustufenplan Harvestehude/Rotherbaum entgegen der Annahme der Antragstellerin in dem Wohngebiet keine offene sondern geschlossene Bauweise festgesetzt ist, so dass die bebaubare Fläche nach der Baustufentafel zu § 11 BPVO nicht 3/10 sondern 5/10 beträgt. Die festgesetzte bebaubare Fläche, die das Bauvolumen ebenso wie die Zahl der zulässigen Vollgeschosse mitbestimmt, liegt damit über der heute gemäß § 17 Abs. 1 BauNVO in Wohngebieten gültigen Obergrenze der Grundflächenzahl von 0,4. Die festgesetzte geschlossene Bauweise spricht ebenfalls für eine verdichtete Bauweise. Außerdem hat der Plangeber auf die Festsetzung einer hinteren Baulinie verzichtet. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass die Anforderung, das Bauvolumen von 1939 darf nicht vergrößert werden, nach dem maßgeblichen Willen des Plangebers der Erhaltung einer aufgelockerten, eher kleinmaßstäblichen Bebauung dienen würde. Soweit die Antragstellerin die Häuserstruktur in der B. Straße vordringlich durch großzügige Stadtvillen mit maximal drei Geschossen geprägt sieht, geht sie an der zutreffenden Feststellung des Verwaltungsgerichts vorbei, dass es nach der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (Beschl. v. 8.10.2009, 2 Bs 177/09, juris Rn. 7) für den Gebietsprägungserhaltungsanspruch grundsätzlich nicht auf die tatsächliche Bebauung ankommt. Gebietsprägend kann nur sein kann, was auch Eingang in den Planungswillen und seinen Ausdruck in den getroffenen Festsetzungen des Bebauungsplans gefunden hat. Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO dient der Bewahrung der Art der baulichen Nutzung und ist kein Instrument, um Milieuschutz zu betreiben. Abgesehen davon setzt sich die Antragstellerin in ihrer Beschwerde nicht mit der Feststellung des Verwaltungsgerichts auseinander, dass die Wohngebäude in der B. Straße tatsächlich über eine drei- bis viergeschossige Bebauung verfügten, so dass die Festsetzung von nur zwei zulässigen Vollgeschossen funktionslos geworden sein dürfte (Bl. 14 BA). Wäre diese Feststellung zutreffend, würde es auch aus diesem Grund an der von der Antragstellerin geltend gemachten typischen Prägung des Baugebiets fehlen.

9

2. Ohne Erfolg bleibt die weitere Einwendung der Antragstellerin, durch den Ausbau des Dachgeschosses zu einem fünfgeschossigen Gebäude sei eine erdrückende Wirkung zu befürchten, weil das Nebeneinander der ein- bzw. zweigeschossigen Gebäude B. Straße und des fünfgeschossigen Vorhabens wegen ihrer Höhendifferenz und der ohnehin schon bestehenden räumlichen Enge in einem auffälligen Missverhältnis stehe. Die geschlossene Bauweise führe in Verbindung mit der Größe und Kubatur des Vorhabens zu einer Massivität, die sich rücksichtslos auf die angrenzenden Nachbargrundstücke auswirke.

10

Das damit angesprochene Gebot der Rücksichtnahme, das hier aus § 31 Abs. 2 BauGB mit dem Gebot der Würdigung nachbarlicher Interessen folgt, beinhaltet nicht, jede Beeinträchtigung eines Nachbarn zu vermeiden. Ein Nachbar kann lediglich solche Nutzungsstörungen abwehren, die als rücksichtslos zu werten sind. Davon kann erst gesprochen werden, wenn die mit dem genehmigten Bauvorhaben verbundenen Beeinträchtigungen bei der Nutzung des eigenen Grundstücks bei einer Abwägung, in der die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung und die Interessen des Bauherrn zu berücksichtigen sind, für den Nachbarn billigerweise unzumutbar erscheinen (OVG Hamburg, Beschl. v. 4.2.2009, 2 Bs 248/08, juris Rn. 10).

11

Dass das Vorhaben wegen seiner Höhe die Gebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin unzumutbar beeinträchtigt, weil es ihnen förmlich „die Luft nimmt“ oder ein Gefühl des „Eingemauertseins“ entstehen lässt, ist nicht festzustellen. Die Gebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin sind mit ihren Freiräumen in Ost-West-Richtung ausgerichtet. Außerdem wird in nördlicher Richtung die geschlossene Bauweise nicht eingehalten, was eine gewisse weitere Entlastung von einer bedrängenden Lage verschafft. Das im Süden liegende Vorhaben ändert an dieser Situation durch den genehmigten Dachausbau nichts Entscheidendes. Die beeinträchtigenden Auswirkungen des Vorhabens beruhen lediglich auf der geänderten Dachform von einem Satteldach zu einem breiteren Mansarddach. Dabei fällt das Mansarddach im Vergleich zu der vorherigen Dachform 0,60 m niedriger aus. Die Höhendifferenz zwischen dem Mansarddach und dem seitlich daneben liegenden Dachfrist des Satteldaches der Reihenvilla der Antragstellerin beträgt 5,70 m. Dieser Höhenunterschied in der Dachlandschaft ist nicht ungewöhnlich und auch in der konkreten Lagesituation mit keiner erdrückenden oder abriegelnden Wirkung verbunden.

12

3. Schließlich kann die Antragstellerin die Beschwerde nicht damit begründen, das Vorhaben wirke sich rücksichtslos aus, weil es zu einer erheblichen Verschlechterung der Belichtungssituation ihres Gebäudes führen werde. Sie macht geltend, dass mit dem Verschattungsgutachten vom 3. Februar 2017 ausreichend belegt werde, dass mit einer erheblichen zusätzlichen Verschattung durch die Gebäudeerhöhung und die Vergrößerung des Bauvolumens zu rechnen sei. In dem Gutachten werde im Übrigen deutlich zwischen der Situation vor und nach den Umbaumaßnahmen differenziert.

13

Im Anschluss an die Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (Beschl. v. 26.9.2007, NordÖR 2008, 73, juris Rn. 10) hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass das Rücksichtnahmegebot keine bestimmte Dauer oder „Qualität“ der natürlichen Belichtung oder die unveränderte Beibehaltung einer insoweit zuvor gegebenen Situation gewährleistet. Gemessen daran geben die in dem „Verschattungsgutachten zum Bauvorhaben B. Straße“ vom 3. Februar 2017 getroffenen Prognosen keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass von dem Vorhaben für die Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin unzumutbare Verschattungen ausgehen werden. Das bereits genehmigte Bauvorhaben B. Straße der Antragstellerin sieht eine Stahl-Glas-Konstruktion (Remise) vor, die das Kutscherhaus und den Stall verbinden und die als ergänzender Wohnraum dienen soll. Der Gutachter kommt bei seinen Auswertungen u.a. zu folgenden Ergebnissen:

14

„Es wird erkennbar, dass die Veränderungen zum 17. Januar nur gering sind, und sich teilweise im Bereich von fünf Minuten und weniger befinden.“ Es sei „mit einer zusätzlichen Verschattung der Brandwand im niedrigen zweistelligen Prozentbereich zu rechnen …, die sich aller Voraussicht nach vor allem auf die Belichtung des ersten Obergeschosses und der Dachgeschosse des Kutscherhauses“ auswirke.

15

„Zum 20. März … werden auf der Dachfläche des Verbindungsbereiches zwischen Kutscherhaus und Pferdestall insbesondere im nördlichen Bereich Rückgänge von bis zu 30 Prozent erreicht. Infolge der bereits in der Ausgangssituation geringeren Besonnung der südlichen Dachbereiche fallen die Rückgänge im direkt angrenzenden Bereich zum Haus B. Straße geringer aus. Im Bereich des Pferdestalls sind unterdessen leichte Rückgänge von fünf bis acht Prozent zu erwarten, bei denen zudem von einer vergleichsweise günstigen Ausgangslage auszugehen ist. Die zusätzliche Verschattung der nördlich angrenzenden Brandwand … stellt sich in ihrem Flächenanteil im Vergleich zu der Situation vom 17. Januar ähnlich dar.“

16

Gegen die Annahme einer unzumutbaren Betroffenheit der Antragstellerin durch eine vorhabenbedingte Verschattung ihres Grundstücks spricht bereits maßgeblich die Tatsache, dass insoweit die Grundstücksituation insgesamt in den Blick zu nehmen ist, aber der hauptsächlich betroffene Verbindungsbau (Remise) auf dem Grundstück der Antragstellerin flächenmäßig nur von untergeordneter Bedeutung ist. Die Hauptnutzung der Antragstellerin im Kutscherhaus unterliegt nach dem Gutachten nur geringfügigen Verschattungen durch das Vorhaben der Beigeladenen. Für den Pferdestall gilt nichts anderes. Die nach dem Gutachten zu erwartenden stärkeren Verschattungen im nördlichen Bereich betreffen zum einen nur den Verbindungsbau und zum anderen eine Himmelsrichtung, die für eine angemessene Belichtung und Besonnung eines Grundstücks von nachrangiger Bedeutung ist, da nach Norden ausgerichtete Räume ohnehin recht dunkel bleiben.

III.

17

Die von der Beigeladenen gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung erhobene Anschlussbeschwerde, mit der sie sich dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig erklärt hat, ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

18

1. Das Beschwerdegericht legt gemäß §§ 88, 122 Abs. 1 VwGO die im Schriftsatz der Beigeladenen vom 19. Juni 2017 enthaltene Formulierung ihres Prozessbevollmächtigten „… beantrage ich auf die Beschwerdeschrift vom 31.05.2017 hin zu erkennen …“ als Anschlussbeschwerde aus, mit der sie sich gegen die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts wendet, ihre außergerichtlichen Kosten nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil sie zwar einen Antrag gestellt, diesen aber inhaltlich nicht eigenständig begründet habe.

19

2. Diese Anschlussbeschwerde ist gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 567 Abs. 3 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 15.12.2006, NVwZ 2007, 604, juris Rn. 24; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 146 Rn. 46; Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 146 Rn. 46 ff.).

20

Die Anfechtung der Kostenentscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist auch nicht gemäß § 158 Abs. 1 VwGO unzulässig, weil diese nicht gleichzeitig ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung in der Hauptsache eingelegt hat. Die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung ist als Anschlussrechtsmittel ausnahmsweise zulässig, wenn das Gericht wegen eines durch einen Verfahrensbeteiligten eingelegten Rechtsmittels ohnehin mit der Hauptsache befasst ist (siehe OVG Bautzen, Beschl. v. 3.3.2010, NVwZ-RR 2010, 624, juris Rn. 2; Kopp/Schenke, a.a.O., § 158 Rn. 3 m.w.N.). Denn wenn das Beschwerdegericht - wie hier - mit dem Aussetzungsantrag der Antragstellerin als Hauptsache ohnehin befasst ist, sprechen keine Gründe der Verfahrensökonomie dagegen, dass bei dieser Gelegenheit auch die Kostenentscheidung nach § 162 Abs. 3 VwGO einer Rechtskontrolle unterliegt.

21

3. Die Anschlussbeschwerde ist begründet. Die Beigeladene wendet sich zu Recht dagegen, dass das Verwaltungsgericht eine Kostenentscheidung gemäß § 162 Abs. 3 VwGO zu ihren Gunsten mit dem Argument abgelehnt hat, sie habe zwar einen Sachantrag gestellt, dieser sei aber nicht in einer Weise begründet worden, die die Erörterung des Streitstoffs wirklich fördere, so dass es nicht der Billigkeit entspreche, der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.

22

Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten hat gemäß § 162 Abs. 3 VwGO in der Regel zu erfolgen, wenn sich der Beigeladene in das Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO begeben hat (siehe VGH Mannheim, Beschl. v. 27.12.1985, VBlBW 1987, 68; v. 20.1. 2011, VBlBW 2011, 279, juris Rn. 7; VGH München, Beschl. v. 16.1. 1990, NVwZ-RR 1990, 665, juris Rn. 8). Wer das Kostenrisiko übernimmt, muss nicht auch noch eine beachtliche Förderung des Verfahrens leisten, damit seine Kosten im Fall des Obsiegens - wie beim obsiegenden Hauptbeteiligten - erstattet werden können (siehe Jeromin/Praml in: Gärditz, VwGO, 2013, § 162 Rn. 26 f.). Seine gegenteilige Rechtsauffassung kann das Verwaltungsgericht nicht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 24.7.1996, 7 KSt 7/96, juris Rn. 3; v. 7.6.1995, NJW 1995, 2867, juris Rn. 7; v. 17.2.1993, 4 C 16/92, juris Rn. 3) in Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde stützen, in denen im Allgemeinen eine Billigkeitsentscheidung nach § 162 Abs. 3 VwGO nur in Betracht kommt, wenn der Beigeladene sich durch die Stellung eines Antrags und durch Ausführungen zur Sache am Verfahren beteiligt hat. Denn im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde übernimmt der Beigeladene, der die Zurückweisung der Beschwerde beantragt, noch kein Kostenrisiko, weil er an den Kosten des Revisionsverfahrens - wenn die Nichtzulassungsbeschwerde Erfolg hat - nur beteiligt werden kann, wenn er nach der Zulassung der Revision einen Sachantrag stellt. Für die erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde fallen keine Kosten an, an denen der Beigeladene beteiligt werden könnte (siehe zum Ganzen Neumann in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 154 Rn. 71).

IV.

23

Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Im Bebauungsplan kann die Bauweise als offene oder geschlossene Bauweise festgesetzt werden.

(2) In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet. Die Länge der in Satz 1 bezeichneten Hausformen darf höchstens 50 m betragen. Im Bebauungsplan können Flächen festgesetzt werden, auf denen nur Einzelhäuser, nur Doppelhäuser, nur Hausgruppen oder nur zwei dieser Hausformen zulässig sind.

(3) In der geschlossenen Bauweise werden die Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand errichtet, es sei denn, dass die vorhandene Bebauung eine Abweichung erfordert.

(4) Im Bebauungsplan kann eine von Absatz 1 abweichende Bauweise festgesetzt werden. Dabei kann auch festgesetzt werden, inwieweit an die vorderen, rückwärtigen und seitlichen Grundstücksgrenzen herangebaut werden darf oder muss.