Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 06. Feb. 2017 - 2 E 8247/16

bei uns veröffentlicht am06.02.2017

Tenor

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung vom 24. November 2016 anzuordnen, wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Androhung der Abschiebung.

2

Der am … 1976 in Marokko geborene Antragsteller durchlief ein am 5. Mai 1994 bestandskräftig negativ abgeschlossenes Asylverfahren. Danach war er lange Zeit mangels Heimreisepapieren geduldet. Die Antragsgegnerin befristete eine unter dem 8. Oktober 2001 verfügte Ausweisung mit Entscheidung vom 2. Dezember 2009 nachträglich auf dieses Datum.

3

Die spanische Ausländerbehörde stellte dem Antragsteller am 26. August 2011 einen zunächst bis zum 1. August 2016 gültigen Aufenthaltstitel „Residente larga duración-UE“ aus. Im Januar 2012 reiste der Antragsteller erneut ins Bundesgebiet ein und beantragte am 21. Februar 2012 beim Landkreis A. die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG. Diesen Antrag lehnte der Landkreis A. mit Bescheid vom 4. Januar 2013 ab und forderte den Antragsteller unter Androhung der Abschiebung nach Spanien auf, das Bundesgebiet innerhalb eines Monats zu verlassen. Der Bescheid ist nach Abweisung der dagegen gerichteten Klage durch Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 25. November 2014, 6 A 5/13, bestandskräftig geworden.

4

Der Antragsteller, der seit dem 16. Februar 2013 in Hamburg gemeldet ist, hatte zunächst weder einen Aufenthaltstitel noch eine Duldung inne. Am 17. Februar 2013 schloss er einen Arbeitsvertrag mit der B.-GmbH, der ab dem 20. Dezember 2013 unbefristet galt. Bei diesem Arbeitgeber erzielte er im Jahr 2015 ausweislich der Lohnsteuermitteilung einen Bruttolohn von 27.212,-- Euro.

5

Am 29. Juli 2016 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin auf dem einschlägigen Formular die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Als Einreisedatum nannte er den 11. Januar 2012, als Aufenthaltszweck „Arbeit“. Nach Darstellung der Antragsgegnerin hielt der Antragsteller sich Anfang August 2016 in Spanien auf, bevor er am 18. August 2016 beim Bezirksamt Hamburg-Mitte vorsprach.

6

Durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 16. August 2016 stellte der Antragsteller den Antrag, ihm eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 38a AufenthG zu erteilen und ihm zu bescheinigen, dass er einer Erwerbstätigkeit nachgehen dürfe. Er legte eine Bescheinigung der B.-GmbH vom 12. August 2016 vor, ausweislich derer beabsichtigt sei, ihn unbefristet zu beschäftigen. Am 26. August 2016 füllte der Antragsteller erneut einen Formularantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus.

7

Die spanische Ausländerbehörde verlängerte die Gültigkeit des Aufenthaltstitels „Residente larga duración-UE“ am 4. August 2016 bis zum 1. August 2021. Um den verlängerten Aufenthaltstitel abzuholen, reiste der Antragsteller am 13. September 2016 nach Spanien aus und am 15. September 2016 wieder ein. Die Antragsgegnerin entschied über den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zunächst nicht, drohte aber unter dem 10. Oktober 2016 eine Abschiebung an. Daraufhin reiste der Antragsteller am 23./24. Oktober 2016 erneut nach Spanien aus, jedoch am 26. Oktober 2016 letztmalig wieder ein.

8

Am 21. November 2016 erneuerte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin seinen Antrag, ihm eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 38a AufenthG zu erteilen und ihm zu bescheinigen, dass er einer Erwerbstätigkeit nachgehen dürfe.

9

Die Antragsgegnerin beschied die Anträge weiterhin nicht. Mit Verfügung vom 24. November 2016 forderte sie den Antragsteller auf, nach Spanien auszureisen. Sie drohte für den Fall, dass er nicht bis zum 13. Dezember 2016 ausgereist sei, die Abschiebung „primär nach Spanien“ an unter dem Hinweis, dass die Abschiebung auch in einen anderen Staat erfolgen könne, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei. Der gegen die Verfügung vom 24. November 2016 eingelegte Widerspruch ist noch nicht beschieden. Die Antragsgegnerin erteilte dem Antragsteller eine bis zum 17. Februar 2017 gültige Duldungsbescheinigung.

10

Am 27. Dezember 2016 hat der Antragsteller um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht.

II.

11

Der nach entsprechender sachdienlicher Auslegung gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO als gestellt geltende Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Verfügung vom 24. November 2016 anzuordnen, ist wegen der gesetzlich bestimmten sofortigen Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung nach § 80 Abs. 5 Alt. 1, Abs. 3 Satz 2 VwGO i.V.m. § 29 Abs. 1 HmbVwVG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Antrag ist aber nicht begründet. Zum einen besteht ein allgemeines Interesse an der Vollziehung, da die in der Hauptsache mit dem Widerspruch angefochtene Verfügung nach dem Erkenntnisstand des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes rechtmäßig ist, weshalb der Widerspruch nach § 68 Abs. 1 VwGO keine Aussicht auf Erfolg hat (hierzu unter 1.). Zum anderen besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung, welches das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt (hierzu unter 2.).

12

1. Die Verfügung vom 24. November 2016 ist rechtmäßig. Zur Durchführung einer Ausreisepflicht ist gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG die Abschiebung unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Der Antragsteller ist ausreisepflichtig (hierzu unter a.). Seiner Abschiebung stehen keine Hindernisse entgegen (hierzu unter b.). Die gesetzte Ausreisefrist ist angemessen (hierzu unter c.).

13

a. Der Antragsteller ist ausreisepflichtig. Ein Ausländer ist gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht. Diese Voraussetzungen einer Ausreisepflicht sind erfüllt. Der Antragsteller besitzt keinen Aufenthaltstitel (hierzu unter aa.), obwohl ein solcher erforderlich ist (hierzu unter bb.). Eine Erlaubnis wird nicht fingiert (hierzu unter cc.). Schließlich verstößt es nicht gegen Treu und Glauben, dem Antragsteller das Fehlen eines Aufenthaltstitels entgegen zu halten (hierzu unter dd.).

14

aa. Der Antragsteller besitzt ausgehend von der Begriffsbestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG keinen Aufenthaltstitel. Der Landkreis A. hat die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG abgelehnt. Die Antragsgegnerin hat die darauf gerichtete Anträge des Antragstellers bislang nicht beschieden.

15

bb. Ein bislang fehlender Aufenthaltstitel ist für den – zuletzt seit der Wiedereinreise am 26. Oktober 2016 andauernden – Aufenthalt des Antragstellers als marokkanischer Staatsangehöriger jedoch grundsätzlich erforderlich. Dies folgt aus § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Danach bedürfen Ausländer für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Assoziationsabkommens EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht besteht.

16

cc. Der gegenwärtige Aufenthalt des Antragstellers gilt nicht ausnahmsweise gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG als erlaubt. Nach dieser Vorschrift gilt der Aufenthalt eines Ausländers bis zu Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt, wenn ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt. Diese Voraussetzungen einer Erlaubnisfiktion erfüllt der Antragsteller weder im Hinblick auf den beim Landkreis A. am 21. Januar 2012 gestellten Antrag noch den bei der Antragsgegnerin am 29. Juli 2016 gestellten und am 16./28. August 2016 sowie 21. November 2016 erneuerten Antrag.

17

Der zeitnah nach der Einreise des Antragstellers im Januar 2012 am 21. Januar 2012 beim Landkreis A. angebrachte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mag mit Rücksicht auf den gültigen spanischen Aufenthaltstitel „Residente larga duración-UE“ aus einem noch ohne deutschen Aufenthaltstitel erlaubten Aufenthalt heraus gestellt worden sein. Doch hat der Landkreis A. den Antrag am 4. Januar 2013 abschlägig – und inzwischen bestandskräftig – beschieden.

18

Den am 29. Juli 2016 bei der Antragsgegnerin gestellten und am 16./28. August 2016 sowie am 21. November 2016 erneuerten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat die Antragsgegnerin zwar noch nicht beschieden. Doch war der Aufenthalt des Antragstellers zu allen in Betracht kommenden Zeitpunkten der Antragstellung nicht erlaubt. Im Einzelnen:

19

Ob ein Drittausländer sich aufgrund des von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhalten darf, beurteilt sich, vgl. § 15 AufenthV, nach dem Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (zuletzt geänd. durch Art. 2 ÄndVO 610/2013 v. 26.6.2013, ABl. Nr. L 182 S. 1 v. 29.6.2013 – SDÜ, dazu Samel, in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aul. 2016, AufenthG, § 5 Rn. 130). Nach Art. 21 Abs. 1 SDÜ können Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen, sofern sie bestimmte weitere Einreisevoraussetzungen erfüllen. Der Antragsteller verwirklichte bereits die erstgenannten Tatbestandsvoraussetzungen nicht. Allerdings war der Antragsteller als Drittausländer (hier: Marokkaner) Inhaber eines von einem der Mitgliedstaaten (hier: Spanien) am 1. August 2011 erstmals ausgestellten und nunmehr bis zum 1. August 2021 verlängerten Aufenthaltstitels (hier: „Residente larga duración-UE“). Indessen hatte der Antragsteller die für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten (hier: Deutschland) gesetzte relative Zeitgrenze von 90 Tagen in einem Zeitraum von 180 Tagen in allen in Betracht kommenden Zeitpunkten der Antragstellung am 29. Juli, 16./28. August sowie am 21. November 2016 bereits überschritten. Denn er hatte sich innerhalb von 180 Tagen (hier: rückgerechnet von der jeweils letzten Einreise an) mehr als 90 Tage im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten (hier: im Bundesgebiet) aufgehalten. In dem der jeweils letzten Wiedereinreise vorausgegangenen Halbjahr, wie auch in den Jahren seit seinem Zuzug im Januar 2012 hatte der Antragsteller sich nach Aktenlage nahezu durchgehend in Deutschland aufgehalten. Er war zunächst im Landkreis A. und seit dem 16. Februar 2013 in Hamburg wohnhaft. Dort war er ab dem 17. Februar 2013 zunächst befristet, sodann ab dem 20. Dezember 2013 unbefristet einer Beschäftigung bei der B.-GmbH nachgegangen. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet für längere Zeit unterbrochen zu haben. Insbesondere erstreckten sich seine im Jahr 2016 belegten Kurzbesuche in Spanien jeweils auf nur wenige Tage oder einzelne Wochen. Allenfalls Anfang August 2016, am 14. September 2016 sowie am 24. und 25. Oktober 2016 befand er sich nicht im Bundesgebiet.

20

Ein Recht zum Aufenthalt in Deutschland folgt für den Antragsteller auch nicht unmittelbar aus der Richtlinie 2003/109/EG des Rates betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (v. 25.11.2003 – ABl. Nr. L 16 v. 23.1.2002, S. 44 m. spät. Änd. – Daueraufenthalts-RL). Eine Richtlinie ist nach Art. 288 Abs. 3 AEUV für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Ziel der Daueraufenthalts-RL ist gemäß ihrem Art. 1 Abs. 1 Buchst. b auch, die Bedingungen für den Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen, der in einem ersten Mitgliedstaat (hier: Spanien) die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, in einem zweiten Mitgliedstaat (hier: Deutschland) festzulegen. Zwar ist nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Daueraufenthalts-RL im nationalen Recht des zweiten Mitgliedstaats vorzusehen, dass der im ersten Mitgliedstaat langfristig Aufenthaltsberechtigte ein Recht erwirbt, sich länger als drei Monate im Hoheitsgebiet des zweiten Mitgliedsstaats aufzuhalten. Der dem Antragsteller erteilte spanischen Aufenthaltstitel „Residente larga duración-UE“ vermittelt ausweislich des auf die Europäische Union verweisenden Abkürzungszusatzes „UE“ im Gegensatz zum Aufenthaltstitel „Residente larga duración“ (vgl. https://sede.policia.gob.es/portalCiudadano/extranjeria/pr_tar_res_larga.html, Internetpräsenz der spanischen Ausländerbehörde, abgerufen am 3.2.2017), die Stellung eines in Spanien „langfristig Aufenthaltsberechtigten“ i.S.d. Daueraufenthalts-RL. Doch setzt das Aufenthaltsrecht in dem zweiten Mitgliedstaat voraus, dass der Betroffene dort einen Aufenthaltstitel nach Art. 19 Daueraufenthalts-RL erhält, der nach Art. 21 Abs. 1 Daueraufenthalts-RL für seinen Aufenthaltsstatus im zweiten Mitgliedstaat konstitutiv ist. Die Daueraufenthalts-RL enthält keine Regelung über ein vorläufiges Bleiberecht während des laufenden Antragsverfahrens auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Art. 19 Daueraufenthalts-RL, was ebenfalls dem konstitutiven Charakter dieses Aufenthaltstitels im zweiten Mitgliedstaat geschuldet ist.

21

In Übereinstimmung mit diesen Vorgaben ist mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union (v. 19.8.2007, BGBl. I S. 1970) der § 38a AufenthG in das nationale Recht eingefügt worden (vgl. BT.-Drs. 16/5065, S. 20, 177). Danach ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an einen Ausländer, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, konstitutiv für das Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet. Einen Aufenthaltstitel nach § 38a AufenthG und damit ein Aufenthaltsrecht hat der Antragsteller von der Antragsgegnerin noch nicht erhalten.

22

dd. Schließlich verstößt es nicht gegen den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben, dem Antragsteller das Fehlen eines Aufenthaltstitels entgegenzuhalten. Der Einwand, dass arglistig handelt, wer etwas verlangt, was er augenblicklich zurückgeben muss („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“) dringt nicht durch. Soweit die Antragsgegnerin es unterlassen hat, dem Antragsteller auf seinen am 29. Juli 2016 gestellten sowie am 16./28. August 2016 und 21. November 2016 erneuerten Antrag hin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG zu erteilen, verletzt dieses Unterlassen seine Rechte nicht. Der Antragsteller kann gegenwärtig weder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG beanspruchen noch eine ermessenfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag.

23

Nach § 38a Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist einem Ausländer, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er sich länger als 90 Tage im Bundesgebiet aufhalten will. Gleichwohl müssen die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG erfüllt sein (VGH München, Beschl. v. 16.11.2012, 10 CS 12.803, juris Rn. 5; VGH Mannheim, Beschl. v. 18.3.2008, 11 S 378/07, InfAuslR 2008, 241, juris Rn. 5; VG Köln, Urt. v. 2.5.2016, 12 K 324/14, juris Rn. 35; VG Freiburg, Beschl. v. 1.2.2016, 7 K 2404/15, juris Rn. 7; VG Aachen, Beschl. v. 4.12.2015, 4 L 823/15, juris Rn. 23). Die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen schließen das Erfordernis gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ein, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist. Dieses Visumserfordernis hat der Antragsteller missachtet. Weder war ein Visum entbehrlich noch kann ausnahmsweise vom Visumserfordernis abgesehen werden. Im Einzelnen:

24

Der Antragsteller befand sich weder im visumsfrei erlaubten Aufenthalt als er am 29. Juli 2016 den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG stellte noch als er diesen Antrag am 16./28. August 2016 sowie am 21. November 2016 erneuerte. Wenngleich das Visumserfordernis dann nicht anwendbar ist, wenn ein Ausländer gemäß §§ 39 bis 41 AufenthV den Aufenthaltstitel nach der Einreise einholen darf (VGH Mannheim, Beschl. v. 5.3.2008, 11 S 378/08, juris Rn. 14), ist ein solcher Fall nicht gegeben. Der Antragsteller durfte den Aufenthaltstitel nicht nach § 39 Nr. 6 AufenthV ausnahmsweise erst im Bundesgebiet einholen. Diesen Befreiungstatbestand verwirklicht nur ein Ausländer, der einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt, auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten sowie die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt, wobei der erforderliche Aufenthaltstitel gemäß § 39 Nr. 6 i.V.m. § 41 Abs. 3 AufenthV innerhalb von 90 Tagen nach der Einreise zu beantragen ist. Den Ausnahmetatbestand erfüllte und erfüllt der Antragsteller nicht. Er durfte sich bereits am 29. Juli 2016, 16./28. August 2016 sowie 21. November 2016 nicht ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalten. Denn der spanische Aufenthaltstitel vermittelte ihm, wie bereits ausgeführt (s.o. cc.), wegen der relativen Zeitgrenze von 90 Tagen Aufenthalt innerhalb von 180 Tagen gemäß Art. 21 Abs. 1 SDÜ kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet.

25

Vom Visumserfordernis kann nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG abgesehen werden. Der Tatbestand dieser Vorschrift ist nur dann gegeben, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind. Denn dies ist nicht der Fall. Unter einem „Anspruch“ auf Erteilung eines Aufenthaltstitels i.S.d. § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt.1 AufenthG ist grundsätzlich nur ein strikter Rechtsanspruch zu verstehen; ein solcher Rechtsanspruch liegt nur dann vor, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind (BVerwG, Urt. v. 10.12.2014, 1 C 15/14, NVwZ-RR 2015, 313, juris Rn. 15). Daran fehlt es hier deshalb, weil der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, dass kein Ausweisungsinteresse besteht, nicht Genüge getan ist. Gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG besteht ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse, da der Antragsteller einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat. Nach dem Erkenntnisstand des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes hat sich der Antragsteller jedenfalls im Zeitraum von seiner Anmeldung in Hamburg am 16. Februar 2013 bis in den August 2016 nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG strafbar gemacht, da er sich vollziehbar ausreisepflichtig in Deutschland, außerhalb einer Ausreisefrist und ohne Aussetzung der Abschiebung aufgehalten hat.

26

Vom Visumserfordernis kann auch nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG abgesehen werden. Dieser Ausnahmetatbestand ist nur dann erfüllt, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Solche besonderen Umstände des Einzelfalls sind aus der individuellen Lebenssituation des nach dem Erkenntnisstand des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ledigen und kinderlosen Antragstellers nicht ersichtlich.

27

b. Der Abschiebung des Antragstellers stehen keine Hindernisse nach §§ 60, 60a AufenthG entgegen. Die Abschiebung des Antragstellers gilt auch nicht aufgrund einer gesetzlichen Duldungsfiktion als ausgesetzt. Stellt ein Ausländer, der sich zunächst rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, verspätet einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt gemäß § 81 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AufenthG die Abschiebung ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als ausgesetzt. Diese Voraussetzungen erfüllt der Antragsteller nicht. Im Einzelnen:

28

Eine Duldungsfiktion kann an den am 21. Januar 2012 beim Landkreis A. gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG nicht anknüpfen, da dieser bereits – bestandskräftig – beschieden ist.

29

Der am 29. Juli 2016 bei der Antragsgegnerin gestellte und am 16./28. August 2016 sowie 21. November 2016 erneuerte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis konnte die Duldungsfiktion ebenso wenig auslösen. Begünstigt durch § 81 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist nur, wer eigentlich eine Erlaubnisfiktion erreichen könnte, aber den Antrag verspätet stellt (Samel, a.a.O., § 81 Rn. 37). Dieser Fall ist hier nicht gegeben. Denn die Voraussetzungen der Erlaubnisfiktion nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG verfehlt der Antragsteller nicht deshalb, weil er den Antrag absolut zu spät gestellt hätte, sondern weil die aus Art. 21 Abs. 1 SDÜ für den Aufenthalt im Bundesgebiet folgende relative Zeitgrenze von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen überschritten war (s.o. a. cc.).

30

c. Die dem Antragsteller mit der Verfügung vom 24. November 2016 bis zum 13. Dezember 2016 gesetzte Ausreisefrist ist innerhalb des durch § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG eröffneten Rahmens von sieben bis 30 Tagen nicht zulasten des Antragstellers unangemessen.

31

2. Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht und überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Ausgehend von der gesetzgeberischen Entscheidung zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit der angefochtenen Verfügung kommt dem öffentlichen Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände durch Ausreise des Antragstellers schon vor bestandskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens der Vorrang zu.

III.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 GKG. In Anlehnung an Nr. 8.3, 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 wird im Hinblick auf die in der Hauptsache angefochtene Abschiebungsandrohung der halbe Auffangwert in Ansatz gebracht und dieser im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nochmals halbiert.

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 18. März 2008 - 11 S 378/07

bei uns veröffentlicht am 18.03.2008

Tenor Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. Januar 2007 - 2 K 1007/06 - werden zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens z

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 05. März 2008 - 11 S 378/08

bei uns veröffentlicht am 05.03.2008

Tenor Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 21. Januar 2008 - 3 K 2706/07 - teilweise geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschie

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(1) Einem Ausländer, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, wird eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn er sich länger als 90 Tage im Bundesgebiet aufhalten will. § 8 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden auf Ausländer, die

1.
von einem Dienstleistungserbringer im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung entsandt werden,
2.
sonst grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen wollen oder
3.
sich zur Ausübung einer Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer im Bundesgebiet aufhalten oder im Bundesgebiet eine Tätigkeit als Grenzarbeitnehmer aufnehmen wollen.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Beschäftigung, wenn die Bundesagentur für Arbeit der Ausübung der Beschäftigung nach § 39 Absatz 3 zugestimmt hat; die Zustimmung wird mit Vorrangprüfung erteilt. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, wenn die in § 21 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Wird der Aufenthaltstitel nach Absatz 1 für ein Studium oder für sonstige Ausbildungszwecke erteilt, sind die §§ 16a und 16b entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 16a wird der Aufenthaltstitel ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt.

(4) Eine nach Absatz 1 erteilte Aufenthaltserlaubnis darf nur für höchstens zwölf Monate mit einer Nebenbestimmung nach § 34 der Beschäftigungsverordnung versehen werden. Der in Satz 1 genannte Zeitraum beginnt mit der erstmaligen Erlaubnis einer Beschäftigung bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1. Nach Ablauf dieses Zeitraums berechtigt die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.

(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.

(2a) (weggefallen)

(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.

(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.

(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.

(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Einem Ausländer, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, wird eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn er sich länger als 90 Tage im Bundesgebiet aufhalten will. § 8 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden auf Ausländer, die

1.
von einem Dienstleistungserbringer im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung entsandt werden,
2.
sonst grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen wollen oder
3.
sich zur Ausübung einer Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer im Bundesgebiet aufhalten oder im Bundesgebiet eine Tätigkeit als Grenzarbeitnehmer aufnehmen wollen.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Beschäftigung, wenn die Bundesagentur für Arbeit der Ausübung der Beschäftigung nach § 39 Absatz 3 zugestimmt hat; die Zustimmung wird mit Vorrangprüfung erteilt. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, wenn die in § 21 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Wird der Aufenthaltstitel nach Absatz 1 für ein Studium oder für sonstige Ausbildungszwecke erteilt, sind die §§ 16a und 16b entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 16a wird der Aufenthaltstitel ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt.

(4) Eine nach Absatz 1 erteilte Aufenthaltserlaubnis darf nur für höchstens zwölf Monate mit einer Nebenbestimmung nach § 34 der Beschäftigungsverordnung versehen werden. Der in Satz 1 genannte Zeitraum beginnt mit der erstmaligen Erlaubnis einer Beschäftigung bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1. Nach Ablauf dieses Zeitraums berechtigt die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

Die Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern für Kurzaufenthalte richtet sich nach dem Recht der Europäischen Union, insbesondere dem Schengener Durchführungsübereinkommen und der Verordnung (EU) 2018/1806 in Verbindung mit den nachfolgenden Bestimmungen.

(1) Einem Ausländer, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, wird eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn er sich länger als 90 Tage im Bundesgebiet aufhalten will. § 8 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden auf Ausländer, die

1.
von einem Dienstleistungserbringer im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung entsandt werden,
2.
sonst grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen wollen oder
3.
sich zur Ausübung einer Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer im Bundesgebiet aufhalten oder im Bundesgebiet eine Tätigkeit als Grenzarbeitnehmer aufnehmen wollen.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Beschäftigung, wenn die Bundesagentur für Arbeit der Ausübung der Beschäftigung nach § 39 Absatz 3 zugestimmt hat; die Zustimmung wird mit Vorrangprüfung erteilt. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, wenn die in § 21 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Wird der Aufenthaltstitel nach Absatz 1 für ein Studium oder für sonstige Ausbildungszwecke erteilt, sind die §§ 16a und 16b entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 16a wird der Aufenthaltstitel ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt.

(4) Eine nach Absatz 1 erteilte Aufenthaltserlaubnis darf nur für höchstens zwölf Monate mit einer Nebenbestimmung nach § 34 der Beschäftigungsverordnung versehen werden. Der in Satz 1 genannte Zeitraum beginnt mit der erstmaligen Erlaubnis einer Beschäftigung bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1. Nach Ablauf dieses Zeitraums berechtigt die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. Januar 2007 - 2 K 1007/06 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu je einem Viertel.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16.01.2007 sind zwar fristgerecht eingelegt (§ 147 Abs. 1 VwGO) und begründet worden (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) und auch sonst zulässig, sie haben jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die von den Antragstellern vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung sich das Beschwerdeverfahren grundsätzlich zu beschränken hat (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gebieten es nicht, den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern.
Das Verwaltungsgericht hat die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO mit der Begründung abgelehnt, die Antragsteller hätten voraussichtlich keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis. Ein solcher ergebe sich auch nicht aus der - bislang noch nicht in nationales Recht umgesetzten - Richtlinie 2003/109/EG. Zwar sei dort Ausländern, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen innehätten, ein Aufenthaltsrecht auch in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union verbürgt, doch sei nicht erkennbar, dass die Antragsteller in Österreich über einen solchen Aufenthaltsstatus verfügten. Sie hätten diese Rechtsstellung nicht durch ein besonderes Dokument mit der Bezeichnung „Daueraufenthalt-EG“ nachgewiesen. Zudem sei noch nicht einmal belegt, dass sie bei den österreichischen Behörden die Zuerkennung einer solchen Rechtsstellung beantragt hätten. Auch sei zweifelhaft, ob die Voraussetzungen für die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels vorlägen, nachdem die Antragsteller bereits im Juli 2005 nach Deutschland übergesiedelt seien und damit ihren rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich unterbrochen hätten. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 21 Abs. 1 AufenthG zum Zwecke der selbständigen Erwerbstätigkeit scheide bereits deshalb aus, weil die Antragsteller nicht nachweisen könnten, dass ihr Lebensunterhalt einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes gesichert sei.
Hiergegen tragen die Antragsteller mit ihren Beschwerden vor, sie hätten in Österreich die Rechtsstellung eines langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen erlangt. Die notwendigen Anträge seien innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist gestellt worden. Ihre Rechtsstellung ergebe sich aus den Bescheinigungen des Amtes der Wiener Landesregierung - Abteilung Einwanderung, Staatsbürgerschaft, Standesamt - vom 17.10.2007, in denen bestätigt werde, dass sie jeweils über einen Aufenthaltstitel verfügten, der gemäß § 11 Abs. 1 Kap. C b der Durchführungsverordnung zum österreichischen Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz als „Daueraufenthalt-EG“ weiter gelte. Jedenfalls die Antragstellerin zu 2) sei zudem seit dem 25.10.2007 im Besitz eines Nachweises über eine solche Rechtsstellung, der den Anforderungen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2003/109/EG entspreche. Gegebenenfalls seien die übrigen Antragsteller zumindest als ihre Familienangehörigen zum Aufenthalt auch in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt. Die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis seien ebenfalls erfüllt. Zwar wolle man nicht mehr selbständig erwerbstätig sein, doch habe der Antragsteller zu 1) eine Arbeitsstelle als Leiharbeitnehmer in Aussicht, die er bei Erteilung einer entsprechenden Beschäftigungserlaubnis sofort antreten könne. Mit dem Verdienst aus dieser Erwerbstätigkeit wäre sowohl der Lebensunterhalt als auch der Krankenversicherungsschutz der gesamten Familie sichergestellt. Sofern man ihm diese Zustimmung bislang unter Hinweis auf § 40 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG versagt habe, sei dies rechtswidrig. Denn der Antragsteller zu 1) habe den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bereits vor zwei Jahren gestellt und es widerspreche dem ihm gewährten Daueraufenthaltsrecht, wenn der Zugang zum Arbeitsmarkt auf diese Art beschränkt werde. Die Antragstellerin zu 2) habe als Reinigungskraft gearbeitet, diese Arbeitsstelle jedoch verloren, weil die insoweit erforderliche Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit unter dem 24.01.2008 versagt worden sei.
Mit diesem Vorbringen wird ein Rechtsfehler der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht begründet. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist nicht ersichtlich, dass den Antragstellern aufgrund ihrer Stellung eines in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen oder als Familienangehöriger eines solchen Daueraufenthaltsberechtigten in der Bundesrepublik Deutschland ein Aufenthaltsrecht einzuräumen ist. Dies gilt selbst dann, wenn das nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist geltend gemachte Vorbringen zum Erhalt der Bescheinigungen über das Daueraufenthaltsrecht in Österreich sowie zur Möglichkeit der Beschäftigung als Reinigungskraft und Leiharbeitnehmer nicht als (verspätete) Darlegung neuer Tatsachen zurückzuweisen, sondern als zulässige Vertiefung der nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO fristgerecht dargelegten Gründe anzusehen ist (zur Berücksichtigung eines vertiefenden Vortrags vgl. Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO Kommentar, 2. Aufl. 2006, § 146 Rn. 81 f; 84).
1. Zwar hat die Antragstellerin zu 2) mit einem den Anforderungen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 19.11.2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. L 16 vom 23.01.2004, S. 44) entsprechenden Dokument der Republik Österreich vom 25.10.2007 nachgewiesen, dass ihr dort die Rechtsstellung einer langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen zuerkannt worden ist. Hiermit erfüllt sie die Tatbestandsvoraussetzung des § 38a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 7 AufenthG, der - in Umsetzung des Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2003/109/EG - den Ausländern, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen innehaben, einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis einräumt. Allerdings ist dieser Anspruch zusätzlich an die Erfüllung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen gebunden, so dass der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an die Antragstellerin zu 2) entgegensteht, dass sie ihren Lebensunterhalt einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes im Bundesgebiet nicht ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichern kann (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG).
a) Dabei steht die Notwendigkeit der Sicherung des Lebensunterhalts und des ausreichenden Krankenversicherungsschutzes mit der Richtlinie 2003/109/EG in Einklang. Denn nach Art. 19 Abs. 2 Satz 1, 15 Abs. 2 Satz 1 lit. a) und b) dieser Richtlinie kann die Ausübung des ihr dort in Art. 14 Abs. 1 eingeräumten Aufenthaltsrechts von dem in § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG geforderten Nachweis abhängig gemacht werden, dass sie über einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz und feste regelmäßige Einkünfte verfügt, die ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen für den eigenen und familiären Lebensunterhalt ausreichen.
b) Die Antragstellerin zu 2) kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie im Dezember 2007 kurzfristig für 12 Stunden pro Woche als Reinigungskraft tätig und damit auch gesetzlich krankenversichert gewesen sei und diese Arbeitsstelle nur deshalb verloren habe, weil die Bundesagentur für Arbeit unter dem 24.01.2008 die Zustimmung zur Ausübung dieser Beschäftigung verweigert habe. Denn abgesehen davon, dass ihr Lebensunterhalt auch aufgrund dieser Beschäftigung nicht gesichert gewesen wäre, ist nichts dafür vorgetragen, dass die nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1. b) AufenthG auf den Vorrang anderer Bewerber gestützte Verweigerung der Zustimmung zur Aufnahme dieser Beschäftigung rechtswidrig war.
Die nach §§ 38a Abs. 3 Satz 1, 18 Abs. 2 AufenthG gegebene Beschränkung der Ausübung der Erwerbstätigkeit auf die Beschäftigungen, deren Aufnahme die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 Abs. 2 AufenthG zugestimmt hat, widerspricht nicht der Rechtsstellung der Antragstellerin als einer in Österreich langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen. Denn der Zugang zu einer Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union kann nach Art. 14 Abs. 3 Unterabsatz 1 und 2 der Richtlinie 2003/109/EG auch dann von dem Ergebnis einer nach nationalem Verfahrensrecht durchzuführenden Vorrangprüfung abhängig gemacht werden, wenn der Aufenthalt zum Zwecke der Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit begründet werden soll. Für die Drittstaatsangehörigen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union langfristig aufenthaltsberechtigt sind und ihr Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet nicht zum Zwecke der Arbeitsaufnahme ausüben wollen, ergibt sich die Ermächtigung zu einer entsprechenden Reglementierung des Zugangs zu einer Erwerbstätigkeit aus Art. 21 Abs. 2 Satz 3 der Richtlinie 2003/109/EG.
Entgegen den Einwendungen der Antragsteller steht der Beschränkung des Zugangs zu einer Beschäftigung auch nicht entgegen, dass seit der Stellung der Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis knapp zwei Jahre vergangen sind. Zwar bestimmt § 38a Abs. 4 Satz 3 AufenthG, dass die Aufenthaltserlaubnis eines Drittstaatsangehörigen, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, nach Ablauf einer zwölfmonatigen Beschränkung allgemein zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt. Allerdings beginnt der Lauf dieser Frist nach § 38a Abs. 4 Satz 1 und 2 AufenthG erst mit der - hier nicht gegebenen - erstmaligen Erlaubnis einer Beschäftigung aufgrund der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Beschränkungen des Zugangs zur Beschäftigung, die während der Zeit der Antragsbearbeitung und eines sich an eine Ablehnung anschließenden Rechtsbehelfsverfahrens bestehen, bleiben somit bei der Fristberechnung außer Betracht. Dies entspricht auch den Vorgaben der Richtlinie 2003/109/EG. Denn die zwölfmonatige Befristung der Ermächtigung der Mitgliedstaaten zur Beschränkung des Zugangs der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen zum allgemeinen Arbeitsmarkt gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 2 dieser Richtlinie ist ebenfalls daran geknüpft, dass dem Betroffenen bereits ein Aufenthaltstitel zum Zwecke der Arbeitsaufnahme erteilt wurde.
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c) Schließlich kann die Antragstellerin zu 2) ihren Lebensunterhalt einschließlich des ausreichenden Krankenversicherungsschutzes auch nicht aufgrund einer unselbständigen Erwerbstätigkeit ihres Ehemannes, des Antragstellers zu 1), nachweisen. Zwar ist dieser im Besitz einer Arbeitsplatzzusage der Fa. … … GmbH vom 15.02.2008, wobei der Lebensunterhalt der Antragsteller über das hierbei zu erwartende Arbeitsentgelt voraussichtlich gesichert wäre. Der Antragsteller zu 1) ist jedoch aus rechtlichen Gründen an der Aufnahme dieser Beschäftigung gehindert, da er im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses als Leiharbeitnehmer bei der Fa. … AG tätig werden soll und ihm die Bundesagentur für Arbeit deshalb am 06.03.2008 unter Hinweis auf die zwingende Regelung des § 40 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG die notwendige Zustimmung zur Beschäftigung versagt hat.
11 
Dieser Versagung der Zustimmung zur Aufnahme einer Beschäftigung als Leiharbeitnehmer steht der aufenthaltsrechtliche Status des Antragstellers zu 1) nach der Richtlinie 2003/109/EG nicht entgegen. Dabei kann offen bleiben, ob ihm in Österreich mit Ausstellung der Bestätigung des Einwanderungsamts der Wiener Landesregierung über die Fortgeltung seines bisherigen Aufenthaltstitels als Berechtigung zum „Daueraufenthalt-EG“ die Rechtsstellung eines dort langfristig Aufenthaltsberechtigten zuerkannt wurde (vgl. Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht in der anwaltlichen Praxis, 3. Aufl. 2007, § 2 Rn. 375, S. 226) oder ob es insoweit konstitutiv der Ausstellung einer den Anforderungen des Art. 8 Abs. 3 Richtlinie 2003/109/EG entsprechenden Bescheinigung dieses Daueraufenthaltsrechts bedurft hätte (so etwa Hailbronner, AuslR Kommentar, (Stand: Februar 2008), A 1, § 38a AufenthG, Rn. 1; ähnlich auch Eberle in: Storr u.a., Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 2. Aufl. 2008, § 38a AufenthG, Rn. 3b), so dass er allenfalls den Status eines Familienangehörigen seiner in Österreich daueraufenthaltsberechtigten Ehefrau innehätte. Denn die nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zwingende Versagung der Zustimmung zur Aufnahme der Leiharbeit erweist sich in Bezug auf beide Rechtsstellungen als rechtmäßig.
12 
Der zwingende Versagungstatbestand des § 40 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG steht auch einer Erwerbstätigkeit als Leiharbeiter entgegen, die ein in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union langfristig aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger im Bundesgebiet ausüben möchte. Denn § 38a Abs. 3 Satz 1 AufenthG macht dies i.V.m. § 18 Abs. 2 AufenthG von einer Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit nach § 39 AufenthG abhängig, der durch die Versagungstatbestände des § 40 AufenthG ergänzt wird. Ein Verstoß gegen die Richtlinie 2003/109/EG liegt hierin nicht. Denn Art. 14 Abs. 3 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2003/109/EG ermächtigt die Mitgliedstaaten, in Fällen der Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit eine Arbeitsmarktprüfung durchzuführen und hinsichtlich der Anforderungen für die Besetzung einer freien Stelle bzw. der Ausübung einer solchen Tätigkeit ihre nationalen Verfahren anzuwenden. Von dieser Ermächtigung wird auch der von einer (globalen) Arbeitsmarktprüfung beruhende Versagungstatbestand für Leiharbeitnehmer nach § 40 Abs. 1 AufenthG gedeckt. Die Regelung des Art. 14 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2003/109/EG steht dem nicht entgegen. Denn mit der dortigen Ermächtigung der Mitgliedstaaten, Unionsbürger und privilegierte Drittstaatsangehörige bei der Besetzung einer freien Stelle vorrangig zu berücksichtigen, werden die nach Art. 14 Abs. 3 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2003/109/EG gegebenen Möglichkeiten, den Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund einer Arbeitsmarktprüfung zu steuern, nicht beschränkt, sondern um entsprechende arbeitsmarktpolitische Zielsetzungen erweitert.
13 
Hinsichtlich der möglichen Rechtsstellung des Antragstellers zu 1) als Ehegatte einer in Österreich langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatangehörigen, ergibt sich die Anwendbarkeit des Versagungsgrundes nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG unmittelbar daraus, dass der ihm im Falle der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an seine Ehefrau grundsätzlich zustehende Aufenthaltstitel nach § 30 Abs. 1 Satz 1 lit. f) AufenthG keinen Zugang zu einer Beschäftigung vermittelt und sich die nach §§ 4 Abs. 3, 39 Abs. 1 AufenthG notwendige Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Erlaubnis der Ausübung einer Beschäftigung gemäß § 39 Abs. 3 AufenthG nach §§ 39 Abs. 2 und 40 AufenthG richtet. Ein Verstoß gegen europarechtliche Vorgaben liegt hierin nicht. Denn die Rechtsstellung eines solchen Ehegatten ergibt sich gemäß Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2003/109/EG aus Art. 14 der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22.09.2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. L Nr. 251 vom 3.10.2003, S. 12), der in seinem Abs. 2 ausdrücklich die Möglichkeit einer - auf zwölf Monate begrenzten - Koppelung der Erlaubnis zur Ausübung einer unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit an das Ergebnis einer Arbeitsmarktprüfung vorsieht.
14 
2. Besteht derzeit für die Antragsteller zu 1) und zu 2) keine rechtlich zulässige Möglichkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Antragsteller zu 1) und die Antragsteller zu 3) und zu 4) ebenfalls nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG entgegen, dass sie weder selbst noch über Ansprüche gegen Dritte ihren Lebensunterhalt einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen sichern können.
II.
15 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO; § 100 Abs. 1 ZPO.
16 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 2; 39 Abs. 1 GKG.
17 
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.10.2015 wird hinsichtlich der in Ziffer 3 des Bescheids verfügten Abschiebungsandrohung angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.10.2015 hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Er war abzulehnen, soweit sich der Widerspruch des Antragstellers gegen die in dem Bescheid unter Ziffer 1 verfügte Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis richtet (hierzu zu 1). Hingegen war die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anzuordnen, soweit sich der Widerspruch gegen die unter Ziffer 3 des Bescheides ausgesprochene Abschiebungsandrohung nach Vietnam richtet (hierzu zu 2).
1. Soweit der Antragsteller begehrt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.10.2015 in Bezug auf die dort in Ziffer 1 verfügte Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a des Aufenthaltsgesetzes (i.d.F. der Bek. v. 25.02.2008, BGBl. I S. 162; zuletzt geänd. d. Art. 3 und 13 AsylverfahrensbeschleunigungsG v. 20.10.2015, BGBl. I S. 1722) - AufenthG - anzuordnen, ist dieser statthaft und auch sonst zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.
a) Die Statthaftigkeit des Antrags folgt aus § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2; Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Denn der Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet galt nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG aufgrund seines am 16.07.2015 bei der hierfür nach §§ 3 Abs. 1 Satz 1; 4 Abs. 1 AAZuVO; § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG; § 3 GemO zuständigen Antragsgegnerin gestellten Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bis zur Ablehnung dieses Antrags als erlaubt, da er sich im Zeitpunkt der Antragstellung auf der Grundlage des Art. 21 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hatte. Zwar gewährt Art. 21 SDÜ einem Drittausländer, der im Besitz einer von einem anderen Mitgliedstaat des Schengener Durchführungsübereinkommens erteilten gültigen Aufenthaltserlaubnis ist, entsprechend § 15 AufenthV einen erlaubten Aufenthalt im Bundesgebiet nur für einen Kurzaufenthalt von bis zu 90 Tagen und befreit deshalb grundsätzlich nicht von dem Erfordernis, für einen - wie hier - von Anfang an beabsichtigten Daueraufenthalt ein Visumsverfahren nach § 6 Abs. 3 AufenthG durchzuführen (so etwa für die aufgrund einer allgemeinen Aufenthaltserlaubnis oder eines Visums eines anderen EU-Mitgliedstaats erfolgte Einreise eines Drittstaatsangehörigen zum Zwecke der Eheschließung - OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 07.07.2014 - 2 M 23/14 -; HambOVG, Beschl. v. 23.09.2013 - 3 Bs 131/13 -; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.09.2011 - 11 S 2438/11 -; VG Stuttgart, Beschl. v. 07.05.2014 - 5 K 4470/13 -, alle in juris). Diese Beschränkung gilt jedoch nicht für die Personen, die - wie der Antragsteller - in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehaben und sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten wollen. Dies ergibt sich aus § 39 Nr. 6 AufenthV, der nach seinem Wortlaut dem Inhaber eines Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates das Recht einräumt, auch während eines Kurzaufenthalts, etwa nach Art. 21 SDÜ, unter Verzicht auf das Visumsverfahren dann einen Daueraufenthalt zu beantragen, wenn er - wie hier - einen Anspruch auf einen solchen geltend machen kann. Damit wird der Verordnungsgeber für den Fall eines Daueraufenthaltsberechtigten der Anforderung des Antragstellers nach Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25.11.2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. L 016 v. 23.01.2004, S. 44; geänd. d. RL 2011/51/EU, ABl. L 132 v. 19.05.2011, S. 1) gerecht, der für diesen Personenkreis in seinem Satz 1 bestimmt, dass der hierfür erforderliche Aufenthaltstitel unverzüglich, spätestens jedoch drei Monate nach der Einreise in den zweiten Mitgliedstaat zu beantragen ist, und in seinem Satz 2 die Beantragung des Aufenthaltstitels bereits auf dem Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedstaats bei den zuständigen Behörden des zweiten Mitgliedstaats nur als zusätzliche Möglichkeit vorsieht („können akzeptieren“; ähnlich - für die Situation einer anderweitigen Beschränkung des Art. 21 SDÜ - Müller, in: Hofmann/Hoffmann, AuslR, § 38 a AufenthG Rn.15; Marx, in: GK-AufenthG, Loseblatt Stand: März 2015, § 38a Rn. 18; a.A. wohl VG Aachen, Beschl. v. 04.12.2015 - 4 L 823/15 -, juris; zum visumsfreien Nachzug zu einem Daueraufenthaltsberechtigten vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 13.04.2015 - 19 CS 14.2847 -, InfAuslR 2015, 284).
b) Der Rechtsschutzantrag ist jedoch in der Sache unbegründet. Die Ablehnung des Antrags des Antragstellers auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ist voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, sodass bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung dem über § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gesetzlich bestimmten öffentlichen Vollzugsinteresse gegenüber dem Individualinteresse des Antragstellers an der Verhinderung der Vollziehbarkeit seiner Ausreisepflicht der Vorrang einzuräumen ist.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die von ihm beantragte Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Ausübung einer Beschäftigung. Dieser ergibt sich insbesondere nicht aus der Regelung des § 38a Abs. 1 AufenthG, nach welcher einem Ausländer, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, wenn er sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten will.
Zwar ist der Antragsteller im Besitz einer tschechischen Daueraufenthaltserlaubnis-EU, sodass er die geforderte Rechtsstellung eines im Sinne des § 2 Abs. 7 AufenthG in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat. Auch will er sich länger als drei Monate, nämlich zum Zwecke der Aufnahme einer unselbstständigen Beschäftigung, im Bundesgebiet aufhalten.
Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1 AufenthG steht jedoch entgegen, dass der Antragsteller nicht die allgemeine Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes erfüllt, die - im Einklang mit Art. 19 Abs. 2 Satz 1, 15 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2003/109/EG - nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der Regel auch bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1 AufenthG vorliegen muss (Bay. VGH, Beschl. v. 16.11.2012 - 10 CS 12.803 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.03.2008 - 11 S 378/07 -, InfAuslR 2008, 241).
Zwar hat der Antragsteller mit der Antragstellung eine Beschäftigungszusage des Betreibers eines Nagelstudios sowie einen entsprechenden Arbeitsvertrag vorgelegt, nach welcher der in diesem Bereich bereits in Prag in Tschechien tätige Antragsteller ab sofort auf der Basis einer wöchentlichen Arbeitszeit von 50 Stunden einen Bruttoarbeitslohn von 1.700,- Euro erhalten soll. Dieses Einkommen wäre der Höhe nach wohl ausreichend, um den Lebensunterhalt des Antragstellers ohne Inanspruchnahme von öffentlichen Mitteln zu sichern; der Antragsteller konnte und kann diese Arbeitsstelle jedoch nicht antreten, weil ihm die Ausübung der Beschäftigung mit Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG nicht erlaubt werden kann. Denn nach § 38 Abs. 3 Satz 1 AufenthG berechtigt die Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1 AufenthG nur dann zur Ausübung einer Beschäftigung, wenn entweder die Bundesagentur für Arbeit der Ausübung der Beschäftigung nach § 39 Abs. 2 AufenthG zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung nach § 42 AufenthG oder zwischenstaatliche Vereinbarung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne eine solche Zustimmung zulässig ist.
Die hiernach für die Ausübung der Beschäftigung des Antragstellers in dem Nagelstudio der Firma U.S. Star Nails erforderliche Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit - die Tätigkeit ist weder nach der Beschäftigungsverordnung noch nach zwischenstaatlichen Vereinbarungen zustimmungsfrei zulässig - liegt jedoch nicht vor. Die Bundesagentur für Arbeit hat vielmehr mit Entscheidung vom 30.07.2015 die Erteilung der Zustimmung mit der Begründung verweigert, dass der Lohn nicht den tariflichen bzw. ortsüblichen Bedingungen für inländische Arbeitnehmer in Höhe von 8,50 Euro/Std. entspreche und zudem die festgesetzte Wochenarbeitszeit von 50 Stunden für diesen Personenkreis nach dem Arbeitszeitgesetz nicht zulässig sei. Die Zustimmung zu der Beschäftigung des Antragstellers beim gleichen Arbeitgeber zu abgeänderten Bedingungen eines neuen Arbeitsvertrags vom 05.08.2015, nach dem der Antragsteller nunmehr 40 Stunden pro Woche arbeiten und ein Bruttogehalt von 1.800,- Euro zuzüglich 111,50 Euro Logis erhalten sollte, wurde mit Entscheidung vom 10.08.2015 verweigert, da Ermittlungen bei der Arbeitgeberin ergeben hätten, dass dort unter Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz tatsächlich Wochenarbeitszeiten von 50 Stunden und mehr abverlangt worden seien. Zudem sei gegenüber der potentiellen Arbeitgeberin des Antragstellers mit Bescheid des Hauptzollamts Lörrach vom 23.01.2014 ein Bußgeld verhängt worden, nachdem diese einen Arbeitnehmer entgegen § 4 Abs. 3 AufenthG beschäftigt hatte, obwohl er nicht zur Ausübung einer Beschäftigung berechtigt gewesen sei.
10 
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Ausländerbehörde - etwa aufgrund ihrer Bindung an die Entscheidung der innerhalb des ausländerrechtlichen Verfahrens zu beteiligenden Bundesagentur für Arbeit (vgl. §§ 4 Abs. 2; 18 Abs. 2 Satz 2; 39 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) - die Annahme der fehlenden Sicherung des Lebensunterhalts und damit das Fehlen der Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG allein auf den Umstand stützen kann, dass der Antragsteller mangels Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit seiner beabsichtigten Beschäftigung nicht nachgehen darf (so etwa VG Ansbach, Beschl. v. 10.02.2011 - AN 19 S 10.02332 -, juris). Denn auch wenn in Hinblick auf das Erfordernis des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG und der fehlenden Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber der im aufenthaltsrechtlichen Verfahren allein verwaltungsintern beteiligten Bundesagentur für Arbeit (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.12.2009 - 1 C 14/08 -, BVerwGE 135, 325 Rn 15; Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Aufenthalts- und Ausländerrecht, Loseblatt Stand: Juni 2015, Bd. I, AufenthG § 39 Rn. 4) zumindest im verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzverfahren eine inzidente Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Zustimmung zur Beschäftigung vorgenommen werden muss, stellt sich die Prognose der Antragsgegnerin hinsichtlich der fehlenden Sicherung des Lebensunterhalts des Antragstellers als rechtmäßig dar. Die Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit zur Versagung der erforderlichen Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung des Antragstellers bei dem Nagelstudio U.S. Star Nails in Weil am Rhein ist rechtmäßig, und es sind auch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Antragsteller seinen Lebensunterhalt einschließlich der Krankenversicherung auch ohne diese Beschäftigung ohne Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen sichern kann.
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Gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 AufenthG setzt die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung allgemein voraus, dass der Ausländer nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt wird. Dass diese Voraussetzungen nach dem ursprünglichen Arbeitsvertrag des Antragstellers nicht erfüllt waren, folgt aus dem Verstoß der dort festgesetzten Arbeitszeit von werktäglich sowohl isoliert als auch im Halbjahresdurchschnitt mehr als 8 Stunden gegen die in § 3 Arbeitszeitgesetz bestimmte Höchstdauer der Arbeitszeit von Arbeitnehmern sowie aus dem aus der 50stündigen Wochenarbeitszeit und dem Bruttolohn von 1.700 Euro zu errechnenden Stundenlohn von weniger als dem nach § 1 Abs. 1 und 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes bestimmten Mindestlohn von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde. Dies stellt auch der Antragsteller nicht in Abrede.
12 
Soweit der Antragsteller durch Vorlage einer angepassten Beschäftigungszusage seiner Arbeitgeberin und eines entsprechenden Arbeitsvertrags vom 05.08.2015 den Versagungsgrund der gesetzwidrig ungünstigen Arbeitsbedingungen ausräumen und die Einhaltung der Anforderungen an die zulässige Höchstarbeitszeit sowie des gesetzlichen Mindestlohns nachweisen wollte, hat die Bundesagentur für Arbeit ihre Zustimmung zu dieser Beschäftigung zurecht auf den Versagungsgrund des § 40 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG gestützt, nach welchem die Zustimmung versagt werden kann, wenn die Beschäftigung bei einem Arbeitgeber erfolgen soll, der - wie die potentielle Arbeitgeberin des Antragstellers - in den letzten fünf Jahren wegen eines Verstoßes gegen § 404 Abs. 2 Nr. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (Beschäftigung eines ausländischen Arbeitnehmers ohne Beschäftigungserlaubnis) rechtskräftig mit einer Geldbuße belegt worden ist.
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Die Versagung der Zustimmung zur Beschäftigung des Antragstellers bei der Fa. U.S. Star Nails steht sowohl in Bezug auf die Berufung auf § 39 Abs. 2 Satz 1 AufenthG als auch hinsichtlich des Versagungsgrundes der „Unzuverlässigkeit der Arbeitgeberin des Antragstellers“ nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG mit den Anforderungen der Richtlinie 2003/109/EG in Einklang. Denn die Mitgliedstaaten können nach Art. 14 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2003/109/EG in den Fällen, in denen ein in einem anderen Mitgliedstaat langfristig Aufenthaltsberechtigter ein Aufenthaltsrecht zum Zwecke der Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit begehrt, nicht nur eine arbeitsmarktpolitisch begründete Arbeitsmarktprüfung durchführen, bei der andere Personen vorrangig berücksichtigt werden, sondern auch hinsichtlich der Ausübung der begehrten Tätigkeit ihre nationalen Verfahren anwenden. Dies entspricht der Ermächtigung in Art. 21 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2003/109/EG, nach der Mitgliedstaaten gemäß dem nationalen Recht festlegen können, unter welchen Bedingungen die in einem anderen Mitgliedstaat langfristig Aufenthaltsberechtigten Zugang zu einer unselbständigen oder selbständigen Beschäftigung haben können. Damit ist den Mitgliedstaaten die Befugnis eingeräumt, die auch sonst bei der Zustimmung zur Beschäftigung eines Ausländers geltenden Regelungen zur - präventiven - Sicherung der Arbeitsschutzbestimmungen anzuwenden, zu denen das Erfordernis der Beachtung der Arbeitsbedingungen für vergleichbare deutsche Arbeitnehmer in § 39 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 AufenthG ebenso gehört wie der Versagungsgrund der - aus einem Verstoß gegen das Verbot der Beschäftigung von Ausländern ohne Beschäftigungserlaubnis abgeleiteten - „Unzuverlässigkeit des Arbeitgebers des Ausländers“ nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, inwieweit die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen des ihr bei Vorliegen des letztgenannten Versagungsgrundes eingeräumten Ermessens gehalten ist, dem hiermit beschränkten Recht des langfristig Aufenthaltsberechtigten aus Art. 14 Abs. 2 Buchst. a) der Richtlinie 2003/109/EG auf Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch in dem zweiten Mitgliedstaat entsprechend der Zielsetzung der Richtlinie nach der Erwägung Nr. 18, die Freizügigkeit innerhalb des Binnenmarktes weiter zu fördern, hinreichend Rechnung zu tragen. Denn im konkreten Fall beruht die auf der rechtskräftig mit Bußgeldbescheid geahndeten Ordnungswidrigkeit der potentiellen Arbeitgeberin des Antragstellers gestützte Versagung der Zustimmung zur begehrten Beschäftigung nicht - zulasten des Antragstellers - allein auf einer generalpräventiven Zielsetzung der Abschreckung anderer Arbeitgeber, sondern auf einer hinreichend konkreten Prognose, dass es bei der Beschäftigung des Antragstellers bei der potentiellen Arbeitgeberin wiederum zu Verstößen gegen arbeits- oder ausländerrechtliche Bestimmungen kommen wird. Immerhin haben Ermittlungen des Hauptzollamts bei der potentiellen Arbeitgeberin des Antragstellers ergeben, dass sie auch sonst Personen unter Verstoß gegen die Arbeitszeitbestimmungen beschäftigt, sodass auch aus der Sicht des Gerichts mehr dafür als dagegen spricht, dass die in dem angepassten Arbeitsplatzangebot vom 05.08.2015 festgelegte Wochenarbeitszeit nicht tatsächlich umgesetzt und der Antragsteller tatsächlich unter Verstoß gegen gesetzliche Arbeitsschutzbestimmungen beschäftigt werden wird. Damit findet die Versagung der Zustimmung zur Beschäftigung auch in der Richtlinie 2003/109/EG ihre Grundlage deren Art. 15 Abs. 4 Buchst. a Absatz i), bestimmt, dass die betreffenden Personen im Fall der Ausübung einer Erwerbstätigkeit nachweisen müssen, dass sie im Besitz eines Beschäftigungsvertrags, einer Einstellungserklärung oder eines Vertragsangebots gemäß den im nationalen Recht vorgesehenen Bedingungen sind. Ein solcher Nachweis aber kann so lange nicht gelingen, wie die konkrete Gefahr besteht, dass das tatsächliche Arbeitsverhältnis gegen die nationalen Arbeitsschutzgesetze verstoßen wird.
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2. Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthafte Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 05.10.2015 unter Ziffer 3 verfügte und nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 i.V.m. Satz 2 VwGO i.V.m. § 12 Satz 1 LVwVG sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung ist begründet.
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Die Androhung der Abschiebung des Antragstellers nach Vietnam ist voraussichtlich rechtswidrig und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten. Bei der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung ist deshalb dem Individualinteresse des Antragstellers an seinem weiteren vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet der Vorrang gegenüber dem durch § 12 LVwVG begründeten öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehbarkeit dieser Abschiebungsandrohung einzuräumen.
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a) Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch hinreichenden summarischen Prüfung spricht zunächst mehr dafür als dagegen, dass die auf § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG gestützte Abschiebungsandrohung gegen das in § 50 Abs. 3 Satz 2 AufenthG enthaltene Erfordernis verstößt, einen ausreisepflichtigen Ausländer, dem die Einreise und der Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Schengen-Staat erlaubt ist, dazu aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.
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Dieses Erfordernis des § 50 Abs. 3 Satz 2 AufenthG stellt eine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung als solche dar (ebenso VG Hamburg, Urt. v. 14.01.2015 - 17 K 1758/14 -, Asylmagazin 2015, 166; VG Berlin, Beschl. v. 30.1.2014 - 19 L 395/13 -; VG Düsseldorf, Beschl. v. 18.12.2013 - 8 L 1881/13 -, jew. juris; aA VG Aachen, Beschl. v. 04.12.2015 - 4 L 823/15 -, juris). Denn die gegenüber dem Antragsteller erlassene Abschiebungsandrohung ist eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG 2008/115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 v. 24.12.2008, S. 98) - Rückführungsrichtlinie -, die nach dessen Abs. 2 - außer in den hier nicht gegebenen Fällen einer gebotenen sofortigen Ausreise - erst dann erlassen werden kann, wenn dieser zuvor erfolglos verpflichtet worden ist, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu begeben, für welchen er einen gültigen Aufenthaltstitel oder eine sonstige Aufenthaltsberechtigung besitzt. Dies folgt daraus, dass die Abschiebungsandrohung an die - mit der Ablehnung seines Aufenthaltserlaubnisantrags verbundene - gesetzliche Ausreiseverpflichtung des Antragstellers anknüpft und damit eine behördliche Maßnahme nach Art. 3 Nr. 4 der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG darstellt, mit der sein illegaler Aufenthalt und seine Rückkehrverpflichtung festgestellt wird (Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Loseblatt Stand: März 2015, § 59 AufenthG, Rn. 270).
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Es spricht mehr dafür als dagegen, dass die unter Ziffer 2 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 05.10.2015 enthaltene Aufforderung des Antragstellers, „die Bundesrepublik Deutschland und den Schengen-Raum außer Tschechien bis zum 23.10.2014 (gemeint ist: 2015) zu verlassen“, den Anforderungen des § 50 Abs. 3 Satz 2 AufenthG bereits insoweit nicht entspricht, als der Antragsteller sich aufgrund seiner Daueraufenthaltsberechtigung jederzeit erlaubt in der Tschechischen Republik aufhalten darf. Zwar kann die Formulierung zur Verpflichtung zum Verlassen des Schengenraums mit ihrem Vorbehalt zu Tschechien zumindest in Verbindung mit den Erläuterungen in den Gründen des Bescheids zur Abgabe einer Grenzübertrittsbescheinigung bei der dortigen deutschen Auslandsvertretung als ein ausreichender Hinweis an den Antragsteller zur Rückkehrmöglichkeit in die Tschechische Republik angesehen werden, die den Anforderung des § 50 Abs. 3 Satz 2 AufenthG entsprechen würde, wenn diese Regelung als entsprechende Schutznorm zugunsten des Antragstellers zu verstehen wäre (so wohl VG Aachen, Beschl. v. 04.12.2015 - 4 L 823/15 -, juris). Einem solchen Verständnis steht jedoch der Wortlaut des § 50 Abs. 3 Satz 2 AufenthG entgegen, der in Umsetzung der Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 der Rückführungsrichtlinie eine „befehlende Regelung“ zur Aufenthaltnahme des Ausländers in dem anderen EU-Mitglied- oder Schengenstaat erfordert (vgl. auch VG Berlin, Beschl. v. 30.01.2014 - 19 L 395/13 -, juris) und damit vorrangig dem Ziel der Zuweisung der Verantwortung für den Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen an den Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Schengenraums dient, der diesem einen Aufenthaltstitel erteilt und damit überhaupt erst die Möglichkeit gegeben hat, von der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union oder des Schengenraums Gebrauch zu machen.
19 
Unabhängig davon begegnet die Ausreiseaufforderung mit ihrer Einbeziehung des gesamten Schengenraums (außer Tschechien) auch insoweit erheblichen Bedenken, als dem Antragsteller als Inhaber einer tschechischen Daueraufenthaltserlaubnis nach Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2003/109/EG ein Recht eingeräumt sein dürfte, ohne vorige Rückkehr nach Tschechien unmittelbar in weitere Mitgliedstaaten der Europäischen Union einzureisen und sich dort wiederum für längstens drei Monate oder - bei Erfüllung der näheren Bedingungen des Kapitel III der Richtlinie - auch für einen längeren Zeitraum aufzuhalten. Dieses Verständnis des Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2003/109/EG entspricht der Erwägung Nr. 18 zur Begründung der Richtlinie, nach der „die Festlegung der Bedingungen, unter denen Drittstaatsangehörige, die langfristig Aufenthaltsberechtigte sind, das Recht erlangen, sich in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten … (dazu beiträgt), dass der Binnenmarkt als Raum, in dem Freizügigkeit für jedermann gewährleistet ist, Realität wird“ und „… auch einen wesentlichen Mobilitätsfaktor darstellen (kann)“. Entsprechend sind die Beschränkungen des titellosen Aufenthaltsrechts in dem zweiten Mitgliedstaat auch in Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2003/109/EG allein an die dreimonatige Aufenthaltsdauer in diesem Staat, nicht aber an eine Gesamtdauer der Abwesenheit von dem Mitgliedstaat gekoppelt, in dem der Drittstaatsangehörige sein Daueraufenthaltsrecht erlangt hat. Weiter stellt Art. 22 Abs. 5 Richtlinie 2003/109/EG klar, dass die Verpflichtung des Mitgliedstaats, für den das Daueraufenthaltsrecht besteht, zur Rückübernahme des Betreffenden bei illegalem Aufenthalt in einem zweiten Mitgliedstaat die Möglichkeit unberührt lässt, dass sich „der langfristig Aufenthaltsberechtigte und seine Familienangehörigen in einen dritten Mitgliedstaat begeben“. Sofern Art. 21 Abs. 1 SDÜ die Freizügigkeit der Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, auf die freie Bewegung für „bis zu 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen … im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaat“ des Schengenraums begründet, steht dies der weitergehenden Rechtsposition der langfristig Aufenthaltsberechtigten aus der Richtlinie 2003/109/EG nicht entgegen, da diese Regelung nur einen Mindeststandard festlegen und damit eine Besserstellung der Betroffenen durch Unionsrecht oder nationale Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen nicht ausschließen.
20 
b) Die Abschiebungsandrohung dürfte auch insoweit rechtswidrig sein und den Antragsteller in seinen Rechten verletzen, als in dieser Vietnam als Zielstaat einer Abschiebung bezeichnet ist.
21 
Zwar liegt in Bezug auf Vietnam keine Feststellung eines Abschiebungsverbots vor. Auch stünde einer Abschiebung des Antragstellers in dieses Land nicht die Regelung des § 58 Abs. 1b Satz 1 AufenthG entgegen, da die dort bestimmte Beschränkung der Abschiebung eines Ausländers, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, zusätzlich voraussetzt, dass dieser Ausländer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als international Schutzberechtigter anerkannt worden ist, was beim Antragsteller offensichtlich nicht der Fall ist.
22 
Allerdings dürfte der Abschiebung des Antragstellers nach Vietnam die Regelung des Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 2003/109/EG entgegenstehen, die als Verbot der Abschiebung auch die Bezeichnung dieses Staats als Zielstaat einer Abschiebung erfasst (vgl. § 59 Abs. 2 Satz 3 AufenthG). Art. 22 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2003/109/EG ermächtigt den zweiten Mitgliedstaat, in welchem sich ein Drittstaatsangehöriger mit einem Daueraufenthaltsrecht in einem ersten Mitgliedstaat unrechtmäßig aufhält und der nach nationalem Verfahrensrecht zur Ausreise verpflichtet ist (Art. 22 Abs. 1 Buchst. c) Richtlinie 2003/109/EG), unbeschadet der Verpflichtung des ersten Mitgliedstaates nach Abs. 2 der Regelung, diesen Drittstaatsangehörigen unverzüglich und ohne Formalitäten zurückzunehmen, „aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder der öffentlichen Sicherheit die Rückführung des Drittstaatsangehörigen aus dem Gebiet der Europäischen Union … zu verfügen.“ Damit dürfte aber eine Rückführung des Drittstaatsangehörigen in das Gebiet außerhalb der Europäischen Union in den Fällen, in denen - wie hier - solche schwerwiegenden Gründe der öffentlichen Ordnung oder öffentlichen Sicherheit nicht gegeben sind, ausgeschlossen sein. In diesen Fällen sieht die Richtlinie allein die Verpflichtung des ersten Mitgliedstaates zur Rückübernahme oder die Ausreise oder Überstellung in einen dritten Mitgliedstaat vor (vgl. Art. 22 Abs. 5 Richtlinie 2003/109/EG).
23 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Auffangstreitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Sie orientiert sich an den Nrn. 1.5; 8.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (VBlBW 2014, Heft 1, Sonderbeilage).

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Einem Ausländer, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, wird eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn er sich länger als 90 Tage im Bundesgebiet aufhalten will. § 8 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden auf Ausländer, die

1.
von einem Dienstleistungserbringer im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung entsandt werden,
2.
sonst grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen wollen oder
3.
sich zur Ausübung einer Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer im Bundesgebiet aufhalten oder im Bundesgebiet eine Tätigkeit als Grenzarbeitnehmer aufnehmen wollen.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Beschäftigung, wenn die Bundesagentur für Arbeit der Ausübung der Beschäftigung nach § 39 Absatz 3 zugestimmt hat; die Zustimmung wird mit Vorrangprüfung erteilt. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, wenn die in § 21 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Wird der Aufenthaltstitel nach Absatz 1 für ein Studium oder für sonstige Ausbildungszwecke erteilt, sind die §§ 16a und 16b entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 16a wird der Aufenthaltstitel ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt.

(4) Eine nach Absatz 1 erteilte Aufenthaltserlaubnis darf nur für höchstens zwölf Monate mit einer Nebenbestimmung nach § 34 der Beschäftigungsverordnung versehen werden. Der in Satz 1 genannte Zeitraum beginnt mit der erstmaligen Erlaubnis einer Beschäftigung bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1. Nach Ablauf dieses Zeitraums berechtigt die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 21. Januar 2008 - 3 K 2706/07 - teilweise geändert.

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers zu 1 vorläufig auszusetzen und ihm eine Duldung ohne auflösende Bedingung zu erteilen.

Im Übrigen werden die Beschwerden zurückgewiesen.

Die Antragsteller und der Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen jeweils zur Hälfte.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller zu 1 ist indischer Staatsangehöriger, die Antragstellerin zu 2 ist seine deutsche Ehefrau. Der Antragsteller zu 1 reiste im März 2001 zur Durchführung eines Asylverfahrens in das Bundesgebiet ein. Mit Bescheid vom 30.08.2004 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) seinen Asylantrag als offensichtlich unbegründet ab; die hiergegen erhobene Klage wurde von dem Verwaltungsgericht Sigmaringen mit Urteil vom 12.04.2006 - A 1 K 11500/04 - abgewiesen. In der Folgezeit wurde der Aufenthalt des Antragstellers zu 1 geduldet. Nach Ausstellung eines Rückreisedokuments durch die indischen Behörden kündigte ihm das Regierungspräsidium Tübingen am 30.08.2007 die Abschiebung an. Mit Beschluss vom 10.10.2007 - 9 K 1516/07 - verpflichtete das Verwaltungsgericht Sigmaringen den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung, auf aufenthaltsbeendende Maßnahmen vorläufig zu verzichten, um den Antragstellern die Eheschließung im Bundesgebiet zu ermöglichen. Mit Beschluss vom gleichen Tag - 9 K 1389/07 - wurde der Antragsgegner verpflichtet, dem Standesamt F. eine beglaubigte Kopie des vom indischen Generalkonsulat für den Antragsteller zu 1 ausgestellten Rückreisedokuments zu übersenden. Daraufhin wies das Regierungspräsidium Tübingen die untere Ausländerbehörde an, dem Antragsteller zu 1 weiterhin monatliche Duldungen mit auflösender Bedingung zu erteilen. Nach der am 16.11.2007 erfolgten Eheschließung beantragten die Antragsteller mit Anwaltsschriftsatz vom 27.11.2007 bei der unteren Ausländerbehörde die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den Antragsteller zu 1 nach § 28 AufenthG i.V.m. § 39 Nr. 5 AufenthV zum Zweck der Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit der Antragstellerin zu 2. Über diesen Antrag ist noch nicht entschieden. Der Antragsgegner teilte dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller unter dem 07.12.2007 mit, dass nach der erfolgten Eheschließung Duldungsgründe nicht mehr erkennbar seien und der Antragsteller zu 1 mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen rechnen müsse, falls er nicht bis zum 31.12.2007 freiwillig ausgereist sei. Gleichwohl wurden dem Antragsteller zu 1 im Hinblick auf das vorliegende Verfahren weiterhin Duldungen mit monatlicher Geltungsdauer erteilt. Derzeit ist er im Besitz einer bis 24.03.2008 gültigen Duldung. Diese ist mit folgender Nebenbestimmung versehen: „Duldung erlischt, sobald der Ausländer mit dem Beginn der Zwangsmaßnahme über die Abschiebung in Kenntnis gesetzt wird. (…) Abschiebung kann auch vor Ablauf der Duldung erfolgen.“
Am 19.12.2007 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Sigmaringen beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, gegen den Antragsteller zu 1 gerichtete aufenthaltsbeendende Maßnahmen bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Aufenthaltserlaubnisantrag vom 27.11.2007 zu unterlassen. Weiter hat er beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das auf den Antragsteller zu 1 lautende Heimreisedokument der indischen Auslandsvertretung, die es ausgestellt hat, zurückzugeben, damit diese bereit ist, dem Antragsteller zu 1 einen Pass auszustellen. Mit Beschluss vom 21.01.2008 hat das Verwaltungsgericht die Anträge abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller zu 1 habe derzeit keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, da es an der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG fehle und die Nachholung des erforderlichen Visumverfahrens zumutbar sei. Damit bedürfe er auch keines Passes, so dass auch der Antrag auf Herausgabe des Passersatzpapiers abzulehnen sei.
Mit ihren Beschwerden machen die Antragsteller im Wesentlichen geltend, die Durchführung des Visumverfahrens sei nach § 39 Nr. 5 AufenthV entbehrlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die fristgerecht erhobenen und begründeten sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechenden Beschwerden der Antragsteller sind zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Antragsteller haben einen Anspruch auf vorläufige Aussetzung der Abschiebung des Antragstellers zu 1 (1.), nicht aber auf Rückgabe des vom indischen Generalkonsulats ausgestellten Rückreisedokuments an dieses (2.).
1. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, gegen den Antragsteller zu 1 gerichtete aufenthaltsbeendende Maßnahmen bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Aufenthaltserlaubnisantrag zu unterlassen, zu Unrecht abgelehnt. Die Anträge sind gemäß § 88 VwGO sachdienlich dahingehend auszulegen, dass die Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners begehren, die Abschiebung des Antragstellers zu 1 vorläufig auszusetzen und ihm eine Duldung zu erteilen. Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung der Landesregierung und des Innenministeriums über Zuständigkeiten nach dem Aufenthaltsgesetz und dem Asylverfahrensgesetz sowie über die Verteilung unerlaubt eingereister Ausländer (AAZuVO) ist das Regierungspräsidium die für die Erteilung der Duldung zuständige Behörde, da es sich bei dem Antragsteller zu 1 um einen abgelehnten Asylbewerber handelt. Die Antragsteller müssen sich daher nicht auf eine einstweilige Anordnung lediglich des Inhalts verweisen lassen, dass der Antragsgegner verpflichtet wird, von der Abschiebung einstweilen abzusehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 02.05.2000 - 13 S 2456/99 - InfAuslR 2000, 395 = EZAR 020 Nr. 14). Den Antragstellern fehlt auch nicht etwa deshalb das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die Abschiebung des Antragstellers zu 1 derzeit noch ausgesetzt ist. Denn dies ist nur im Hinblick auf das schwebende Gerichtsverfahren erfolgt, die Antragsteller erstreben aber eine Aussetzung der Abschiebung bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Aufenthaltserlaubnisantrag. Aus diesem Rechtsschutzziel folgt weiter, dass die Antragsteller die Erteilung der Duldung ohne die dieser bislang beigefügte auflösende Bedingung begehren. Auch dieses Rechtsschutzziel ist im Rahmen des Verfahrens nach § 123 VwGO zu verfolgen, weil eine isolierte Anfechtung der auflösenden Bedingung nicht in Betracht kommt. Eine auflösende Bedingung ist integrierender Bestandteil eines Verwaltungsakts, konkretisiert diesen für bestimmte Fallgestaltungen und wirkt insoweit inhaltlich beschränkend oder kommt einer Beschränkung jedenfalls nahe. Als integrierender Bestandteil eines Verwaltungsakts kann eine auflösende Bedingung nicht selbstständig mit Verwaltungszwang durchgesetzt werden. Es besteht weitgehend Einigkeit, dass Rechtsschutz in der Hauptsache insoweit nur mit einer darauf gerichteten Verpflichtungsklage erreicht werden kann, den Verwaltungsakt ohne die inhaltlich konkretisierende oder ihn in seiner Gestaltung einschränkende Bedingung zu erteilen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.09.2000 - 13 S 2260/99 - InfAuslR 2001, 158 = VBlBW 2001, 285 m.w.N.).
Auch die Antragstellerin zu 2 ist hinsichtlich des auf Aussetzung der Abschiebung gerichteten Begehrens antragsbefugt, da eine Abschiebung des Antragstellers zu 1 in ihr durch Art. 6 Abs. 1 GG geschütztes Recht auf Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft mit diesem eingriffe (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 42 Rn. 132 m.w.N.).
Mit dem dargestellten Inhalt sind die Anträge begründet, da die Antragsteller einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht haben (vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Der Anordnungsgrund besteht, weil der Antragsgegner die Abschiebung des unanfechtbar ausreisepflichtigen Antragstellers zu 1 auf der Grundlage der Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 30.08.2004 betreibt.
10 
Auch der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts geht der Senat bei der im Eilverfahren allein angezeigten und möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass der Antragsteller zu 1 für die Dauer des auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen gerichteten Verfahrens weiterhin einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besitzt. Seine Abschiebung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus rechtlichen Gründen unmöglich, weil er nach § 39 Nr. 5 AufenthV berechtigt sein dürfte, die Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet einzuholen, und weil dieses Recht durch eine Abschiebung vereitelt würde.
11 
Die Voraussetzungen des § 39 Nr. 5 AufenthV liegen voraussichtlich vor. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn seine Abschiebung nach § 60 a AufenthG ausgesetzt ist und er aufgrund einer Eheschließung im Bundesgebiet oder der Geburt eines Kindes während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat. Der Antragsteller zu 1 dürfte aufgrund der Eheschließung und der Begründung einer ehelichen Lebensgemeinschaft mit der Antragstellerin zu 2 einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erworben haben. Auch der Antragsgegner bestreitet nicht, dass die Erteilungsvoraussetzungen jener Normen erfüllt sind. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist insoweit die Entscheidung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 15.09.2007 - 11 S 837/06 - InfAuslR 2008, 24). Bei einer rein formalen Betrachtungsweise ist auch die Abschiebung des Antragstellers zu 1 zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch ausgesetzt, da er im Besitz einer bis 24.03.2008 gültigen Duldung ist. Diese Duldung muss jedoch außer Betracht bleiben, weil sie dem Antragsteller zu 1 ausschließlich zum Zweck der Durchführung des vorliegenden Verfahrens erteilt worden ist. Wollte man dies anders sehen, hätte der Ausländer es in der Hand, diese tatbestandliche Voraussetzung selbst herbeizuführen. Eine weitergehende Einschränkung der Vorschrift kommt allerdings nach ihrem eindeutigen Wortlaut, der eine Differenzierung nach unterschiedlichen Duldungsgründen nicht zulässt, nicht in Betracht. Welcher der in § 60 a AufenthG geregelten Duldungsgründe der Aussetzung der Abschiebung zugrunde lag, ist danach unerheblich. Es steht daher der Anwendung des § 39 Nr. 5 AufenthV nicht entgegen, dass die Abschiebung des Antragstellers zu 1, nachdem Rückreisedokumente für ihn vorlagen, nur noch zu dem vorübergehenden Zweck der Eheschließung im Bundesgebiet ausgesetzt war. Unschädlich ist insoweit, dass die Abschiebung des Antragstellers zu 1 zu einem außerhalb des vorliegenden Verfahrens liegenden Zweck lediglich zum Zeitpunkt der Eheschließung und der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis ausgesetzt war, es zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht mehr ist. Mit dem Wortlaut des § 39 AufenthV ist diese Auslegung vereinbar. Soweit es heißt, dass der Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen kann, wenn seine Abschiebung ausgesetzt „ist“, muss die gewählte Präsensformulierung nicht auf den Jetztzeitpunkt bezogen werden. Nach dem Eingangshalbsatz der Norm liegt es vielmehr nahe, sie dahingehend zu verstehen, dass es genügt, wenn die Abschiebung bei Einholung des Aufenthaltstitels ausgesetzt ist. Auch im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift genügt es nach der Auffassung des Senats, dass der Antragsteller zu 1 zum Zeitpunkt der Eheschließung und der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis im Besitz einer Duldung war. Nach der Amtlichen Begründung (BT-Drs. 15/420) entspricht die Regelung des § 39 Nr. 5 AufenthV im Wesentlichen § 9 Abs. 2 Nr. 1 DVAuslG und wurde zur Verwaltungsvereinfachung beibehalten. Sobald eine Ermessensausübung aufgrund gesetzlicher Regelungen von vornherein ausscheide, stelle eine Verweisung auf das Visumverfahren stets auch eine unnötige und kostenträchtige Belastung sowohl des Ausländers als auch der Auslandsvertretungen dar, während der Prüfungsumfang der Ausländerbehörden unabhängig vom Ort der Antragstellung der selbe bleibe (BT-Drs. 15/420). Mit der Begrenzung des begünstigten Personenkreises auf sich rechtmäßig, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhaltende Ausländer in der Vorgängernorm des § 9 Abs. 2 Nr. 1 DVAuslG sollten Ausländer mit strafbarem, illegalem Aufenthalt von der Vergünstigung ausgeschlossen werden (BT-Drs. 13/93, Begr. zu Art. 1 Nr. 2 der VO vom 23.02.1993). Mit diesem in den Begründungen zu § 39 Nr. 5 AufenthV und zu § 9 Abs. 2 Nr. 1 DVAuslG zum Ausdruck kommenden Normzweck ist es vereinbar, den Besitz der Duldung zum Zeitpunkt der Antragstellung genügen zu lassen. Damit ist sichergestellt, dass nicht Ausländer aus einem illegalen Aufenthalt heraus einen Aufenthaltstitel erlangen. Auch die Rechtsprechung zu § 9 Abs. 2 Nr. 1 DVAuslG hatte bereits überwiegend, allerdings durchweg ohne nähere Begründung, den Zeitpunkt der Antragstellung als maßgeblich erachtet (so OVG Berlin, Beschl. v. 13.02.1996 - 7 S 5.95 - juris; OVG Hamburg, Beschl. v. 21.03.1997 - Bs V 264/96 - juris; HessVGH, Beschl. v. 15.11.2004 - 12 TG 3134/04 - juris; ebenso im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AuslG VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.11.2002 - 13 S 810/02 - InfAuslR 2003, 160; a.A. OVG NRW, Beschl. v. 26.11.2001 - 18 B 242/01 - EZAR 017 Nr. 19). Soweit das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (a.a.O.) zur Begründung seiner Gegenauffassung entscheidend darauf abstellt, dass nach gefestigter Rechtsprechung bei Verpflichtungsklagen, die auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung gerichtet sind, grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen sei, soweit es um die Frage geht, ob schon aus Rechtsgründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden muss oder keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden darf, vermag dies mit Blick auf den begrenzten Regelungsgegenstand der §§ 9 Abs. 2 Nr. 1 DVAuslG/39 Nr. 5 AufenthV nicht zu überzeugen. Die genannten Vorschriften regeln lediglich, unter welchen Voraussetzungen bei Bestehen eines Anspruchs - dessen Voraussetzungen zweifellos nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu prüfen sind - vom Visumserfordernis abzusehen ist. Wollte man den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung als maßgeblich ansehen, könnten unter Umständen auch die Ausländerbehörden durch verzögerte Bearbeitung eines Antrags die Vorschrift leer laufen lassen, indem sie erst zu einem Zeitpunkt entscheiden, zu dem die Abschiebung nicht mehr ausgesetzt ist oder - im Fall des § 39 Nr. 4 AufenthV - der Ausländer keine Aufenthaltsgestattung mehr besitzt. Die bisherige Senatsrechtsprechung, wonach auch in Bezug auf die Aussetzung der Abschiebung der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich sein soll (vgl. Senatsurteil vom 15.09.2007 - 11 S 837/06 - InfAuslR 2008, 24), wird insoweit modifiziert.
12 
Dem Anspruch dürfte nicht entgegengehalten werden können, dass der Antragsteller zu 1 gegenwärtig die Passpflicht nach § 3 AufenthG nicht erfüllt. Die Erfüllung der Passpflicht ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG eine Regelerteilungsvoraussetzung. Ihre Nichterfüllung dürfte dem Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG gleichwohl nicht entgegenstehen, weil ein Ausnahmefall vorliegt. Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn ein atypischer Sachverhalt gegeben ist, der sich von der Menge gleich liegender Fälle durch besondere Umstände unterscheidet, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht des der Regelerteilungsvoraussetzung zugrunde liegenden öffentlichen Interesses beseitigen (vgl. Bäuerle in GK-AufenthG, § 5 Rn. 27 m.w.N.; Senatsurteil vom 15.09.2007 - 11 S 837/06 - a.a.O. § 5 abs. 1 nr. 2 aufenthg>). Hier spricht nach Aktenlage alles dafür, dass der Antragsteller alle zumutbaren Anstrengungen unternommen hat, um seiner Passpflicht zu genügen. Er hat mehrmals auf dem indischen Generalkonsulat vorgesprochen und dort wohl auch zutreffende Angaben zu seiner Person gemacht. Neben dem Umstand, dass die indischen Behörden ein Rückreisedokument für den Antragsteller zu 1 ausgestellt haben, spricht für die Richtigkeit seiner Angaben auch, dass die Staatsanwaltschaft R. ein gegen ihn eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen mittelbarer Falschbeurkundung nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt hat, weil ein Tatnachweis nicht zu führen sei. Die Deutsche Botschaft in Neu Delhi habe mitgeteilt, dass die indischen Behörden vor Ort die vom Antragsteller zu 1 vorgelegte Geburtsurkunde für formell echt und inhaltlich richtig befunden hätten. Dass dem Antragsteller zu 1 gleichwohl kein Pass ausgestellt wurde, dürfte daran liegen, dass das indische Generalkonsulat nach gängiger Praxis nur dann einen Pass ausstellt, wenn ein Aufenthaltstitel erteilt wird. Würde die Ausländerbehörde dem Antragsteller zu 1 zusichern, nach Vorlage eines Passes eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, so wäre er voraussichtlich in der Lage, die Passpflicht zu erfüllen. Diese Praxis ist dem Antragsgegner auch bekannt, wie aus dessen Schreiben vom 20.09.2007 an das Verwaltungsgericht Sigmaringen hervorgeht (Seite 154 der Behördenakten). Nach alledem ist nicht das Verhalten des Antragstellers zu 1 ursächlich dafür, dass ihm kein Pass ausgestellt wird. Zudem dürfte er spätestens mit Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis der Passpflicht genügen können.
13 
Die übrigen Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG dürften vorliegen. Insbesondere bestehen keine Zweifel an der Identität des Antragstellers zu 1, nachdem seine Geburtsurkunde von den Heimatbehörden für formell echt und inhaltlich richtig befunden wurde.
14 
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners und des Verwaltungsgerichts steht auch § 5 Abs. 2 AufenthG der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nicht im Wege. Nach dieser Vorschrift setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis voraus, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat. Der Antragsteller zu 1 ist als Asylbewerber ohne Visum eingereist. Seine Einreise erfolgte - bezogen auf den nunmehr erstrebten Aufenthalt aus familiären Gründen - dennoch nicht ohne das erforderliche Visum, weil er nach § 39 Nr. 5 AufenthV die Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet einholen darf. § 5 Abs. 2 AufenthG ist daher auf den Fall des Antragstellers nicht anwendbar. Die Regelung kommt aus gesetzessystematischen Gründen nicht zum Tragen, soweit der Ausländer gemäß §§ 39 bis 41 AufenthV den Aufenthaltstitel nach der Einreise einholen darf (Senatsurteil vom 15.09.2007 - 11 S 837/06 - a.a.O.; Senatsbeschluss vom 14.03.2006 - 11 S 1797/05 - VBlBW 2006, 357; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.03.2006 - 13 S 389/06 - InfAuslR 2006, 323; OVG NRW, Beschl. v. 21.12.2007 - 18 B 1535/07 - juris; so auch Nr. 5.2.1.1 der Vorläufigen Anwendungshinweise des BMI zum AufenthG; ebenso Zeitler in HTK-AuslR / § 5 AufenthG / zu Abs. 2 / Überblick 04/2006; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 4 Rn. 56). Zwar bestimmt § 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG im Grundsatz, dass für längerfristige Aufenthalte im Bundesgebiet ein nationales Visum erforderlich ist, welches vor der Einreise eingeholt werden muss. Der Gesetzgeber hat aber den Verordnungsgeber in § 99 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. AufenthG ermächtigt, von diesem Erfordernis abzusehen. Von der Verordnungsermächtigung des § 99 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. AufenthG hat der Verordnungsgeber in § 39 AufenthV Gebrauch gemacht (Senatsbeschluss vom 14.03.2006, a.a.O.). § 39 Nr. 5 AufenthV erfordert auch keine Ermessensentscheidung. Die in der Norm enthaltene Wendung "kann ein Ausländer" verdeutlicht lediglich, dass der Ausländer die Möglichkeit hat, nach seiner Einreise im Bundesgebiet einen Aufenthaltstitel einholen oder verlängern lassen zu können; ein Entscheidungsspielraum der Behörde ist damit nicht eröffnet (OVG NRW, a.a.O.).
15 
Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG steht schließlich auch die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht entgegen. Danach darf einem Ausländer, dessen Asylantrag nach § 30 Abs. 3 AsylVfG abgelehnt wurde, vor der Ausreise kein Aufenthaltstitel erteilt werden. Der Asylantrag des Antragstellers wurde zwar als offensichtlich unbegründet abgelehnt, doch geht aus den dem Senat vorliegenden Akten nicht hervor, ob die Ablehnung auf § 30 Abs. 3 AsylVfG gestützt war. Dies bedarf auch keiner weiteren Aufklärung, da die Vorschrift nach § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG jedenfalls deshalb keine Anwendung auf den Antragsteller zu 1 findet, weil er - wie oben ausgeführt - einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels haben dürfte. Unter einem Anspruch im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG ist nach der Rechtsprechung des Senats nur ein gesetzlicher Anspruch zu verstehen; die Vorschrift findet keine Anwendung auf Fälle der Ermessensreduktion auf Null (Urteil vom 26.07.2006 - 11 S 2523/05 - VBlBW 2007, 30, 31; so auch Discher in GK-AufenthG, § 10 AufenthG Rn. 172 ff.). Ein solcher Anspruch dürfte dem Antragsteller zu 1 zustehen, denn die Voraussetzungen des gesetzlichen Anspruchs nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG liegen vor. Das gleiche gilt hinsichtlich der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG, nachdem - wie oben ausgeführt - von einem Ausnahmefall auszugehen ist, soweit es die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG betrifft. Ein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis besteht auch dann, wenn im Hinblick auf die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG wegen eines atypischen Sachverhalts ein Ausnahmefall vorliegt. Die Erfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG ist in diesem Fall nicht erforderlich (vgl. Senatsurteil vom 15.09.2007 - 11 S 837/06 - a.a.O. zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG).
16 
2. Die auf Rückgabe des vom indischen Generalkonsulats ausgestellten Rückreisedokuments an dieses gerichteten Anträge haben keinen Erfolg. Insoweit haben die Antragsteller weder das Vorliegen eines Anordnungsgrundes noch das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht. Nachdem die Erfüllung der Passpflicht vom Antragsteller gegenwärtig nicht gefordert werden kann und ihm über die Aussetzung der Abschiebung eine Bescheinigung auszustellen ist, ist kein dringendes Bedürfnis erkennbar, das Rückreisedokument zu erlangen. Es ist auch keine Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ersichtlich.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
18 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1 GKG. Für die Ansprüche auf Aussetzung der Abschiebung und auf Zurückgabe des Heimreisedokuments ist jeweils der Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG anzusetzen, der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren ist, da der Antragsteller zu 1 noch kein gesichertes Aufenthaltsrecht gehabt hat. Dass hier ein Fall subjektiver Antragshäufung vorliegt, hat nicht zur Folge, dass für die Begehren der beiden Antragsteller jeweils der Wert des § 52 Abs. 2 GKG anzusetzen ist und beide Werte nach § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, ist in Fällen, in denen sich beide Ehegatten im Interesse ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft (Art. 6 Abs. 1 GG) gegen die Ausweisung des einen wenden, die Befristung der Wirkungen seiner Ausweisung begehren oder die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für ihn erstreben, von einem wirtschaftlich einheitlichen Streitgegenstand auszugehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.01.1991 - 1 B 95.90 - NVwZ-RR 1991, 669; Senatsbeschluss vom 14.12.2005 - 11 S 2791/04 - juris).
19 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verlängern lassen, wenn

1.
er ein nationales Visum (§ 6 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes) oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
er vom Erfordernis des Aufenthaltstitels befreit ist und die Befreiung nicht auf einen Teil des Bundesgebiets oder auf einen Aufenthalt bis zu längstens sechs Monaten beschränkt ist,
3.
er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, es sei denn, es handelt sich um einen Anspruch nach den §§ 16b, 16e oder 19e des Aufenthaltsgesetzes,
4.
er eine Aufenthaltsgestattung nach dem Asylgesetz besitzt und die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 oder 2 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen,
5.
seine Abschiebung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft im Bundesgebiet oder der Geburt eines Kindes während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat,
6.
er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besitzt und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind; § 41 Abs. 3 findet Anwendung,
7.
er seit mindestens 18 Monaten eine Blaue Karte EU besitzt, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellt wurde, und er für die Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung eine Blaue Karte EU beantragt. Gleiches gilt für seine Familienangehörigen, die im Besitz eines Aufenthaltstitels zum Familiennachzug sind, der von demselben Staat ausgestellt wurde wie die Blaue Karte EU des Ausländers. Die Anträge auf die Blaue Karte EU sowie auf die Aufenthaltserlaubnisse zum Familiennachzug sind innerhalb eines Monats nach Einreise in das Bundesgebiet zu stellen,
8.
er die Verlängerung einer ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
9.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers (ABl. L 157 vom 27.5.2014, S. 1), und
b)
eine Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Mobiler-ICT-Karte nach § 19b des Aufenthaltsgesetzes beantragt,
10.
er
a)
einen gültigen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates besitzt, der ausgestellt worden ist nach der Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 21), und
b)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18f des Aufenthaltsgesetzes beantragt oder
11.
er vor Ablauf der Arbeitserlaubnis oder der Arbeitserlaubnisse zum Zweck der Saisonbeschäftigung, die ihm nach § 15a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Beschäftigungsverordnung erteilt wurde oder wurden, einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Saisonbeschäftigung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber beantragt; dieser Aufenthaltstitel gilt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erteilt.
Satz 1 gilt nicht, wenn eine ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt wird.

(1) Staatsangehörige von Australien, Israel, Japan, Kanada, der Republik Korea, von Neuseeland, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 6 des Freizügigkeitsgesetzes/EU und der Vereinigten Staaten von Amerika können auch für einen Aufenthalt, der kein Kurzaufenthalt ist, visumfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten. Ein erforderlicher Aufenthaltstitel kann im Bundesgebiet eingeholt werden.

(2) Dasselbe gilt für Staatsangehörige von Andorra, Brasilien, El Salvador, Honduras, Monaco und San Marino, die keine Erwerbstätigkeit mit Ausnahme der in § 17 Abs. 2 genannten Tätigkeiten ausüben wollen.

(3) Ein erforderlicher Aufenthaltstitel ist innerhalb von 90 Tagen nach der Einreise zu beantragen. Die Antragsfrist endet vorzeitig, wenn der Ausländer ausgewiesen wird oder sein Aufenthalt nach § 12 Abs. 4 des Aufenthaltsgesetzes zeitlich beschränkt wird.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht, wenn eine ICT-Karte nach § 19 des Aufenthaltsgesetzes beantragt wird.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Zusammenlebens mit seiner deutschen Ehefrau.

2

Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Im Dezember 2002 wurde er in Hamburg ohne Aufenthaltserlaubnis aufgegriffen, vorläufig festgenommen und im Februar 2003 wegen illegalen Aufenthalts ausgewiesen. Der Kläger reiste dann nach eigenen Angaben in die Türkei aus. Im April 2011 sprach er erneut bei der Ausländerbehörde der Stadt Hamburg vor und beantragte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, um seine Verlobte, eine deutsche Staatsangehörige, heiraten zu können. Er gab an, im März 2010 mit Hilfe eines Schleppers auf dem Landweg in die Bundesrepublik eingereist zu sein und hier Arbeit gesucht zu haben. Die Beklagte erteilte dem Kläger im April 2011 eine Duldung, die fortwährend verlängert wurde. Im August 2011 heiratete er seine Verlobte. Gegen die Ausweisung aus dem Jahr 2003 erhob der Kläger Widerspruch. Daraufhin teilte ihm die Beklagte mit, sie betrachte die Ausweisungsverfügung aus dem Jahr 2003 als nicht erlassen, da eine ordnungsgemäße Zustellung bis heute nicht erfolgt und auch nicht mehr beabsichtigt sei. Die Ausweisung werde daher im Register gelöscht.

3

Durch Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 11. August 2011 wurde der Kläger wegen illegaler Einreise in Tateinheit mit illegalem Aufenthalt von März 2010 bis April 2011 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Mit Bescheid vom 1. September 2011 lehnte die Beklagte seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG und nach § 25 Abs. 5 AufenthG ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie zurück.

4

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zu erteilen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 10. April 2014 (InfAuslR 2014, 426) die verwaltungsgerichtliche Entscheidung geändert und die Beklagte verpflichtetet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Den Hilfsantrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht weiterverfolgt.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat sein Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger erfülle nicht nur die besonderen Erteilungsvoraussetzungen für die beantragte Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 30 AufenthG, sondern zugleich die für jeden Aufenthaltstitel erforderlichen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG. Dies gelte auch für die Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, dass kein Ausweisungsgrund vorliegen darf. Ein Ausweisungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG liege dann vor, wenn einer der Tatbestände der §§ 53 bis 55 AufenthG erfüllt sei. Das sei hier zwar der Fall. Der Kläger habe durch seine illegale Einreise und den illegalen Aufenthalt bis April 2011 einen nicht geringfügigen Rechtsverstoß im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG begangen. Allerdings liege hier eine Ausnahme vom Regelfall des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG vor. Die besonderen, einen atypischen Sachverhalt begründenden Umstände beruhten darauf, dass der Kläger mit einer deutschen Staatsangehörigen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebe und der Ausweisungsgrund allein in der Einreise ohne das erforderliche Visum und dem anschließenden Verstoß gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bestehe. In diesem Fall sei es nicht erforderlich, zur Abwehr von Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit die Aufenthaltserlaubnis zu versagen, weil derartige Beeinträchtigungen nicht mehr zu erwarten seien. Dem Ausweisungsgrund der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthalts komme hier seine typisierte Gefahrenabwehrfunktion nicht mehr zu. Eine zukünftige Wiederholung der Verstöße gegen die Einreisevorschriften sei bei einem deutschverheirateten Ausländer grundsätzlich ausgeschlossen. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis scheitere auch nicht daran, dass der Kläger ohne das erforderliche Visum eingereist sei. Zwar erfülle er die weitere Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht. Doch lägen die Voraussetzungen vor, nach denen hiervon gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden könne. Denn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis seien erfüllt. Dies sei auch dann der Fall, wenn zwar eine regelhaft zu erfüllende Anspruchsvoraussetzung - hier nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG - nicht vorliege, dies jedoch unschädlich sei, weil ein Ausnahmefall gegeben sei.

6

Die Entscheidung der Beklagten, von der Einhaltung des Visumverfahrens nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG abzusehen, sei fehlerhaft. Die Beklagte habe in den angefochtenen Bescheiden das ihr nach § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG eröffnete Ermessen nicht sachgerecht ausgeübt. Da eine Ermessensreduzierung auf Null zu Gunsten des Klägers nicht vorliege, sei die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erneut zu entscheiden und dabei das ihr zustehende Ermessen (erneut) auszuüben.

7

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision. Sie vertritt die Auffassung, das Berufungsurteil beruhe auf einem fehlerhaften Verständnis vom Regelfall eines Ausweisungsgrundes nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Für die Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG komme es nicht darauf an, ob aufgrund der konkreten Umstände eine Ausweisung möglich sein, sondern darauf, ob objektiv und abstrakt einer der gesetzlichen Ausweisungsgründe vorliege. Das sei hier in Gestalt der begangenen Straftat der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthalts der Fall (§ 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Auf die Gefahr der Begehung erneuter Straftaten komme es insoweit nicht an. Auch die Nichteinhaltung des Visumverfahrens stehe der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG entgegen.

8

Der Kläger verteidigt die angefochtenen Urteile. Ergänzend weist er darauf hin, dass im vorliegenden Fall vom Erfordernis des Visumverfahrens abgesehen werden könne, weil ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bestehe. Ein Rechtsanspruch liege vor, wenn alle gesetzlichen Erteilungsvoraussetzungen vorlägen, auch wenn es sich um Ausnahmetatbestände handele. Im Übrigen sei die Ermessensentscheidung der Beklagten fehlerhaft, weil sie die persönlichen Interessen des Klägers - u.a. an einer Vermeidung einer langen Trennung infolge des von ihm in der Türkei abzuleistenden Wehrdienstes - nicht zur Kenntnis genommen und bei ihrer Entscheidung berücksichtigt habe. Für den Fall, dass seinem Hauptbegehren auf Zurückweisung der Revision nicht entsprochen werde, beantragt der Kläger hilfsweise die Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu mehreren Fragen, die sich auf die Auslegung der Stillstandsklauseln des Assoziationsrechts EWG-Türkei sowie auf Art. 6 und Art. 10 ARB 1/80 beziehen (vgl. den in der mündlichen Verhandlung überreichten Schriftsatz vom 9. Dezember 2014).

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgerichts beteiligt sich an dem Verfahren und schließt sich der Auffassung der Beklagten an, dass dem Kläger kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zustehe.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das Berufungsgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Einreise des Klägers und sein angestrebter Aufenthalt der Visumpflicht unterliegen (1.). Es hat aber unter Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG erfüllt sind, wenn sich ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis lediglich aus dem Vorliegen einer Ausnahme von einer Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 AufenthG ergibt und deshalb von dem Visumerfordernis abgesehen werden kann (2.). Da es an einer Voraussetzung für den klageweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG fehlt, waren die vorinstanzlichen Urteile zu ändern und die Klage abzuweisen. Der Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV bedurfte es nicht (3.).

11

Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz. Während des Revisionsverfahrens eingetretene Rechtsänderungen sind allerdings zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (stRspr, Urteil vom 30. Juli 2013 - BVerwG 1 C 15.12 - BVerwGE 147, 278 = Buchholz 402.242 § 36 AufenthG Nr. 5, jeweils Rn. 7). Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung deshalb zutreffend die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes und anderer registerrechtlicher Vorschriften zum Zweck der Zulassung der elektronischen Antragstellung bei Erteilung einer Registerauskunft vom 6. September 2013 (BGBl I S. 3556), zu Grunde gelegt. Seitdem hat sich die Rechtslage nicht geändert.

12

1. Der Kläger erfüllt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwar die besonderen Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis als Ehegatte einer Deutschen nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Es fehlt jedoch an der allgemeinen Voraussetzung der Einreise mit dem erforderlichen Visum gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG.

13

Der Kläger ist im Jahr 2010 ohne Visum nach Deutschland eingereist. Er unterliegt als türkischer Staatsangehöriger aber der Visumpflicht für die Einreise und den Aufenthalt sowohl zum Zweck der Arbeitsaufnahme als auch zum Zweck der Familienzusammenführung nach §§ 4, 6 Abs. 3 AufenthG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 (ABI EG Nr. L 81 S. 1) und deren Anhang I. Welches Visum im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG als das erforderliche Visum anzusehen ist, bestimmt sich nach dem Aufenthaltszweck, der mit der im Bundesgebiet beantragten Aufenthaltserlaubnis verfolgt wird (Urteil vom 16. November 2010 - BVerwG 1 C 17.09 - BVerwGE 138, 122 = Buchholz 402.242 § 6 AufenthG Nr. 1, jeweils Rn. 19).

14

a) Der Kläger war von der Visumpflicht nicht nach den Standstill-Regelungen des Assoziationsrechts EWG-Türkei befreit. Auf die Stillhalteklausel des Art. 41 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen vom 12. September 1963 (BGBl 1972 II S. 385) - Zusatzprotokoll (ZP) - kann der Kläger sich nicht berufen, denn er beabsichtigte zu keiner Zeit, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er strebt vielmehr die Aufnahme einer unselbständigen Arbeit an, wie vom Berufungsgericht festgestellt und vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt wurde. Die für türkische Arbeitnehmer geschaffenen Stillhalteregelungen des Art. 7 ARB 2/76 und des Art. 13 ARB 1/80 setzen jedoch einen ordnungsgemäßen Aufenthalt des Arbeitnehmers im Aufnahmestaat voraus, über den der Kläger nicht verfügt. Denn er ist illegal nach Deutschland eingereist, besitzt keine Aufenthaltserlaubnis und wird hier nur vorübergehend geduldet. Ein ordnungsgemäßer Aufenthalt liegt aber nur dann vor, wenn der türkische Staatsangehörige die Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats über die Einreise, den Aufenthalt und gegebenenfalls die Beschäftigung beachtet hat, so dass seine Lage im Hoheitsgebiet dieses Staates rechtmäßig ist (so EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - Rs. C-225/12, Demir - NVwZ-RR 2014, 115 Rn. 35 m.w.N.). Der Kläger kann auch von seiner Ehefrau kein Recht auf Beachtung der Stillhalteklausel des Art. 7 ARB 2/76 oder des Art. 13 ARB 1/80 ableiten mit der Folge, dass es allein auf deren ordnungsgemäßen Aufenthalt ankäme (vgl. dazu Urteil vom 6. November 2014 - BVerwG 1 C 4.14 - Rn. 15). Denn die Ehefrau ist deutsche und nicht türkische Staatsangehörige und kann daher ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nicht vermitteln. Damit kommt es nicht auf die Frage an, ob sich die Rechtslage hinsichtlich der Visumpflicht für türkische Staatsangehörige seit Inkrafttreten der Stillstandsregelungen zu Lasten der Betroffenen verändert hat.

15

b) Der Kläger kann die Aufenthaltserlaubnis auch nicht abweichend von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nach § 39 Nr. 5 AufenthV ohne vorherige Ausreise erlangen. Gemäß § 39 Nr. 5 AufenthV kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn seine Abschiebung nach § 60a AufenthG ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschließung im Bundesgebiet während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat. Es kann offenbleiben, ob der Kläger die Voraussetzungen des § 60a AufenthG erfüllt, denn er hat während seines Aufenthalts in Deutschland keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben, wie dies § 39 Nr. 5 AufenthV voraussetzt. Denn unter einem „Anspruch“ im Sinne von § 39 Nr. 5 AufenthV ist - ebenso wie bei § 39 Nr. 3 AufenthV - grundsätzlich nur ein strikter Rechtsanspruch zu verstehen. Ein solcher Rechtsanspruch liegt nur dann vor, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind und die Behörde kein Ermessen mehr auszuüben hat (vgl. Urteil vom 16. November 2010 a.a.O., jeweils Rn. 24 m.w.N.). Einen solchen Anspruch hat der Kläger jedoch nicht erworben, da er die Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht erfüllt (dazu im Einzelnen Rn. 18 ff.). Auch insoweit kann sich der Kläger aus den oben ausgeführten Gründen nicht auf eine für ihn mögliche Veränderung der Rechtslage unter dem Gesichtspunkt des assoziationsrechtlichen Stand-Still berufen.

16

2. Vom Visumerfordernis kann - entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - im vorliegenden Fall auch nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden.

17

a) Das Berufungsgericht ist zunächst zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass es für den Kläger nicht im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG unzumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Eine Unzumutbarkeit ergibt sich nicht aus der verfahrensbedingten Trennung des Klägers von seiner Ehefrau. Zwar ist es möglich, dass es infolge der Nachholung des Visumverfahrens zu einer Trennung der Eheleute von 15 Monaten kommt, wenn der Kläger das Verfahren von der Türkei und nicht von einem Drittland zu betreiben hat und dann in der Türkei seiner Verpflichtung zur Wehrdienstleistung nachkommen muss. Der Senat verkennt nicht, dass eine mögliche Trennungszeit von dieser Dauer einen nicht unerheblichen Eingriff in die durch Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK geschützte eheliche Lebensgemeinschaft darstellt. Das Oberverwaltungsgericht sieht diesen Eingriff aber mit Recht als nicht unverhältnismäßig an. Denn der Kläger kommt mit der Wehrdienstleistung einer staatsbürgerlichen Pflicht nach, die auch bei Eheführung im Heimatland zu einer entsprechenden Trennung der Eheleute führen kann. Zudem war den Eheleuten bei Eingehung der Ehe bekannt, dass es wegen des noch nicht geleisteten Wehrdienstes in der Türkei zu einer hierdurch bedingten, zeitlich begrenzten Trennung kommen könnte - worauf bereits das Berufungsgericht hingewiesen hat. Der Kläger hat keine Gegenrügen gegen die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts erhoben, aus denen es das Fehlen von Gründen für eine Unzumutbarkeit im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG abgeleitet hat.

18

b) Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, dass ein Absehen vom Erfordernis der Durchführung des vorgeschriebenen Visumverfahrens auch deshalb nicht in Betracht kommt, weil hier kein Anspruch auf Erteilung der erstrebten Aufenthaltserlaubnis im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG vorliegt.

19

Unter einem „Anspruch“ im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist ebenso wie bei vergleichbaren Formulierungen im Aufenthaltsrecht - etwa in § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG oder in § 39 Nr. 3 AufenthV - grundsätzlich nur ein strikter Rechtsanspruch zu verstehen. Ein solcher Rechtsanspruch liegt nur dann vor, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind und die Behörde kein Ermessen mehr auszuüben hat (vgl. Urteil vom 16. November 2010 - BVerwG 1 C 17.09 - BVerwGE 138, 122 = Buchholz 402.242 § 6 AufenthG Nr. 1, jeweils Rn. 24 zu § 39 Nr. 3 AufenthV; Urteil vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 C 37.07 - BVerwGE 132, 382 = Buchholz 402.242 § 10 AufenthG Nr. 2, jeweils Rn. 21 ff. zu § 10 Abs. 3 AufenthG). Von dieser Rechtsprechung des Senats weicht das Berufungsurteil ab, indem es auch im Fall einer Ausnahme von einer regelhaft zu erfüllenden Tatbestandsvoraussetzung einen Anspruch im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG bejaht (UA S. 24).

20

Das in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vorgeschriebene Visumverfahren dient dem Zweck, die Zuwanderung nach Deutschland wirksam steuern und begrenzen zu können (vgl. Urteil vom 11. Januar 2011 - BVerwG 1 C 23.09 - BVerwGE 138, 353 = Buchholz 402.242 § 6 AufenthG Nr. 2, jeweils Rn. 20 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung in BTDrucks 15/420 S. 70). Ausgehend von diesem Zweck sind Ausnahmen von der Visumpflicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG prinzipiell eng auszulegen (so auch Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: August 2013, § 5 Rn. 121). Das bedeutet für die Auslegung des Ausnahmetatbestands des Vorliegens eines gesetzlichen Anspruchs auf Erteilung der angestrebten Aufenthaltserlaubnis, dass sich ein solcher aus der typisierten gesetzlichen Regelung ergeben muss und Ausnahmetatbestände insoweit unberücksichtigt bleiben müssen. § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG wirkt auf diese Weise generalpräventiv dem Anreiz entgegen, nach illegaler Einreise Bleibegründe zu schaffen mit der Folge, dieses Verhalten mit einem Verzicht auf das vom Ausland durchzuführende Visumverfahren zu honorieren. Die bewusste Umgehung des Visumverfahrens darf nicht folgenlos bleiben, um dieses wichtige Steuerungsinstrument der Zuwanderung nicht zu entwerten (so schon Urteil vom 11. Januar 2011 a.a.O., jeweils Rn. 25).

21

Für den vorliegenden Fall kann daher offenbleiben, ob die vom Berufungsgericht als bedeutsam gewerteten Umstände der ehelichen Lebensgemeinschaft des Klägers mit einer Deutschen und die dadurch verminderte oder ganz entfallene Gefahr, dass der Kläger erneut Verstöße gegen Einreisevorschriften begehen wird, eine Ausnahme vom Regelerfordernis des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG begründen. Denn es fehlt jedenfalls an der Regelvoraussetzung dieser Vorschrift, dass kein Ausweisungsgrund vorliegen darf, da der Kläger durch seine illegale Einreise und den illegalen Aufenthalt den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG erfüllt (vgl. Urteil vom 16. Juli 2002 - BVerwG 1 C 8.02 - BVerwGE 116, 378 <385> = Buchholz 402.240 § 21 AuslG Nr. 1 S. 6). Deswegen ist er im Übrigen auch strafgerichtlich verurteilt worden und diese Verurteilung ist auch noch nicht im Bundeszentralregister getilgt.

22

3. Der Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV bedurfte es nicht. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Vorlage mehrerer Fragen an den Gerichtshof für den Fall angeregt, dass die Revision der Beklagten nicht zurückgewiesen wird. Die ersten drei Fragestellungen (1a, b und c) beziehen sich auf die Vereinbarkeit bestimmter nationaler Regelungen zur Visumerteilung und zu den Folgen von visumrechtlichen Verstößen mit den Stillhalteklauseln des Art. 13 ARB 1/80 und des Art. 41 des Zusatzprotokolls zum Assoziationsabkommen EWG-Türkei. Die Voraussetzungen für die Einholung einer Vorabentscheidung zu diesen Fragen liegen jedoch nicht vor, weil sie nicht entscheidungserheblich sind. Wie oben bereits ausgeführt (Rn. 14) kann sich der Kläger auf die assoziationsrechtlichen Stillhalteregelungen nicht berufen. Art. 41 des Zusatzprotokolls findet auf ihn keine Anwendung, denn er hatte zu keiner Zeit die Absicht, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Zur Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen von Art. 7 ARB 2/76 und Art. 13 ARB 1/80 fehlt es am ordnungsgemäßen Aufenthalt des Klägers in Deutschland. Mit der vierten Fragestellung (Frage 2) möchte der Kläger geklärt wissen, ob bestimmte Verfahrensregeln in einem zukünftigen Visumverfahren bei einem subjektiven Anspruch auf Familienzusammenführung zu beachten seien. Eine Anrufung des Gerichtshofs zu dieser Frage scheidet deshalb aus, weil die rechtlichen Rahmenbedingungen eines künftigen Visumverfahrens nicht Streitgegenstand der vorliegenden Klage sind. Diese ist vielmehr auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ohne Durchführung eines Visumverfahrens gerichtet.

23

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Einem Ausländer, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, wird eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, wenn er sich länger als 90 Tage im Bundesgebiet aufhalten will. § 8 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden auf Ausländer, die

1.
von einem Dienstleistungserbringer im Rahmen einer grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringung entsandt werden,
2.
sonst grenzüberschreitende Dienstleistungen erbringen wollen oder
3.
sich zur Ausübung einer Beschäftigung als Saisonarbeitnehmer im Bundesgebiet aufhalten oder im Bundesgebiet eine Tätigkeit als Grenzarbeitnehmer aufnehmen wollen.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Beschäftigung, wenn die Bundesagentur für Arbeit der Ausübung der Beschäftigung nach § 39 Absatz 3 zugestimmt hat; die Zustimmung wird mit Vorrangprüfung erteilt. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, wenn die in § 21 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Wird der Aufenthaltstitel nach Absatz 1 für ein Studium oder für sonstige Ausbildungszwecke erteilt, sind die §§ 16a und 16b entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 16a wird der Aufenthaltstitel ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt.

(4) Eine nach Absatz 1 erteilte Aufenthaltserlaubnis darf nur für höchstens zwölf Monate mit einer Nebenbestimmung nach § 34 der Beschäftigungsverordnung versehen werden. Der in Satz 1 genannte Zeitraum beginnt mit der erstmaligen Erlaubnis einer Beschäftigung bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1. Nach Ablauf dieses Zeitraums berechtigt die Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.