Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 01. Sept. 2015 - 2 E 4806/15

bei uns veröffentlicht am01.09.2015

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der zulässige Antrag, mit dem der am 26. August 19... geborene Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, ihn zum Beginn des Schuljahres 2015/2016 vorläufig in die zehnte Klasse zurückzustufen und seiner Umschulung in die private Stadtteilschule Y zuzustimmen, hat keinen Erfolg.

2

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Vor-aussetzung hierfür ist gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO, dass der Antragsteller Umstände glaubhaft macht, aufgrund derer er dringend auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung angewiesen ist (Anordnungsgrund) und aus denen er in der Hauptsache einen Anspruch herleitet (Anordnungsanspruch).

3

Vorliegend ist weder für den Zurückstufungsantrag, der eine Wiederholung der Klassenstufe 10 beinhaltet (1.), noch für den Umschulungsantrag (2.) ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

4

1. Die Antragsgegnerin hat den von der sorgeberechtigten Mutter unter dem 2. Juli 2015 gestellten Antrag auf Wiederholung der Klasse 10 auf der Stadtteilschule Y mit Bescheid vom 17. Juli 2015 zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller, der den ersten allgemeinbildenden Schulabschluss erworben und im Schuljahr 2014/2015 die Klasse 10 besucht hat ohne den Mittleren Schulabschluss zu erwerben, besitzt keinen Anspruch auf Fortsetzung seines Schulverhältnisses. Gemäß § 1 Satz 4 HmbSG ergeben sich individuelle Ansprüche aus dem in § 1 Satz 1 HmbSG beschriebenen Recht auf schulische Bildung nur dann, wenn diese nach Voraussetzungen und Inhalt in diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes bestimmt sind. Der Antragsteller kann nach den Vorgaben der einschlägigen Ausbildungs- und Prüfungsordnung in der zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt gültigen Fassung (a.) nicht zurückgestuft werden, um die Klasse 10 zu wiederholen (b.). Auch nach der bis zum 31. Juli 2015 gültigen Rechtslage hatte der Antragsteller keinen Anspruch auf Wiederholung der 10. Klassenstufe (c.).

5

a. Ob der Antragsteller die Jahrgangsstufe 10 im Schuljahr 2015/2016 wiederholen kann, bemisst sich nach einer aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung des § 45 Abs. 4 HmbSG erlassenen Rechtsverordnung, der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Grundschule und die Jahrgangsstufen 5 bis 10 der Stadtteilschule und des Gymnasiums (vom 22.7.2011, HmbGVBl S. 325, zuletzt geändert am 16.7.2015 mit Wirkung vom 1.8.2015, HmbGVBl S. 178, APO-GrundStGy). Maßgeblich für die Beurteilung des vorliegenden Antrags ist die APO-GrundStGy in der seit dem 1. August 2015 geltenden Fassung, wonach die Anforderungen an die Wiederholung der 10. Klassenstufe durch verschiedene Neuregelungen verschärft worden sind (z.B. Streichung des § 12 Abs. 3 APO-GrundStGy a.F.; Beschränkung der Wiederholungsmöglichkeit in § 12 Abs. 3 APO-GrundStGy n.F. auf einmaliges Wiederholen; Erhöhung der Mindestanforderungen nach § 12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 APO-GrundStGy n.F.; Ausschluss der Wiederholung nach § 12 Abs. 3 Satz 5 APO-GrundStGy n.F. in den Fällen des § 4 Abs. 3 oder § 25 Abs. 2). Denn bei dem gestellten Antrag auf Rückstufung, d.h. auf Wiederholung einer Klassenstufe, handelt es sich um ein Verpflichtungsbegehren, bei dessen Beurteilung in der Hauptsache in der Regel die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts maßgeblich ist (BVerwG, Urt. v. 13.6.2013, 10 C 25/12, juris Rn. 8; Urt. v. 14.3.1961, I C 48.57, juris Rn. 8), d.h. im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der gegenwärtige Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

6

Anderes gilt, wenn sich aus den im Einzelfall anzuwendenden materiell-rechtlichen Vorschriften ergibt, dass auf einen früheren Zeitpunkt - z.B. auf den Zeitpunkt der Antragstellung - abzustellen ist (stRspr. BVerwG, Beschl. v. 30.1.2014, 7 B 21/13, juris Rn. 8 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Allein der Umstand, dass die Gesetzesänderung zum 1. August 2015 - d.h. gemäß § 36 Abs. 1 HmbSG zum Beginn des neuen Schuljahrs - in Kraft tritt, beinhaltet keine Regelung für noch nicht bestandskräftig beschiedene Anträge auf Wiederholung einer Klassenstufe aus dem Schuljahr 2014/2015 wie den hier vorliegenden Fall. Insoweit fehlen entsprechende Übergangsvorschriften.

7

Verfassungsrechtlich bestehen keine Bedenken gegen die Anwendung der nachteiligen Rechtsänderungen auf Schüler, die im Schuljahr 2015/2016 die 10. Klassenstufe wiederholen möchten und deren Anträge nach der Rechtsänderung noch anhängig sind.

8

Zwar dürfte der Fall einer unechten Rückwirkung, d.h. der tatbestandlichen Rückanknüpfung vorliegen, da die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen, d.h. vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. August 2015 liegenden Verhaltens nachträglich belastend geändert wird, aber die Rechtsfolgen erst nach der Verkündung der geänderten Norm eintreten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2.5.2012, 2 BvL 5/10, juris Rn. 73). Denn die Möglichkeit der Wiederholung der 10. Klassenstufe hängt nach § 12 APO-GrundStGy von Ereignissen und Leistungen ab, die im vergangenen Schuljahr, das bis zum 31. Juli 2015 lief, erbracht wurden, somit von einem in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Sachverhalt. Die Rechtsfolge, d.h. die Umsetzung der begehrten Wiederholung der Klassenstufe tritt jedoch erst nach dem 1. August 2015 ein.

9

Das Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 2.5.2012, a.a.O., juris Rn. 73 – 74) hat zur Zulässigkeit der unechten Rückwirkung ausgeführt:

10

„Dagegen ist die "unechte" Rückwirkung ("tatbestandliche Rückanknüpfung") nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (vgl. BVerfGE 63, 343 <357>; 105, 17 <40>; 114, 258 <301>). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren (vgl. BVerfGE 63, 312 <331>; 67, 1 <15>; 71, 255 <272>; 76, 256 <349 f.>). Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfGE 38, 61 <83>; 68, 193 <222>; 105, 17 <40>; 109, 133 <180 f.>; 125, 104 <135>).

11

Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Dabei sind die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage abzuwägen (vgl. BVerfGE 30, 392 <404>; 50, 386 <395>; 67, 1 <15>; 75, 246 <280>; 105, 17 <37>; 114, 258 <300>) und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (vgl. BVerfGE 72, 200 <242 f.>; 95, 64 <86>; 101, 239 <263>; 116, 96 <132>; 122, 374 <394>; 123, 186 <257>). Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (vgl. BVerfGE 127, 1 <18>).“

12

Im vorliegenden Fall begegnet die Zulässigkeit der Rechtsänderung unter tatbestandlicher Rückanknüpfung keinen rechtlichen Bedenken, denn ein weiter Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers besteht insbesondere für die Gewährung von Ansprüchen (BVerfG, Beschl. v. 17.12.2012, 1 BvR 488/10 u.a., juris Rn. 28). Dem Normgeber ist es nach diesen Maßstäben nicht verwehrt, angesichts der Kosten des Schulbesuchs und des nicht unstreitigen pädagogischen Nutzens einer Rückstufung die Voraussetzungen für die Wiederholung der 10. Klasse für Schülerinnen und Schüler, die bereits einen Schulabschluss erreicht haben, zu erschweren. Demgegenüber ist ein schutzwürdiges Vertrauen der Schüler auf die Beibehaltung der bisherigen Wiederholungsmöglichkeiten nicht zu erkennen, da sie allein durch den Schulbesuch und die Erbringung bestimmter Leistungen keine schutzwürdigen Dispositionen im Hinblick auf die Wiederholungsmöglichkeiten getroffen haben. Vor diesem Hintergrund war der Normgeber auch nicht verpflichtet, für den Anspruch auf Wiederholung einer Klasse im Schuljahr 2015/2016 nach § 12 APO-GrundStGy eine Übergangsregelung zu treffen.

13

Die Verschärfung des § 12 APO-GrundStGy zum 1. August 2015 verstößt auch nicht gegen rechtsstaatliche Grundsätze des Prüfungsrechts.

14

So liegt eine gegen Grundsätze des Vertrauensschutzes verstoßende und damit unzulässige wesentliche Änderung von Prüfungsbedingungen in einem laufenden Prüfungsverfahren im Sinne der im Prüfungsrecht gebildeten Maßstäbe nicht vor (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 14.6.1963, VII C 32.74, juris). Zwar würde die Wiederholung der 10. Klassenstufe auch eine Wiederholung des Mittleren Schulabschlusses ermöglichen, da nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GrundStGy am Ende der Jahrgangsstufe 10 alle Schülerinnen und Schüler der Stadtteilschule und des Gymnasiums mit positivem Prognosevermerk im Halbjahreszeugnis an der Prüfung zum Mittleren Schulabschluss teilnehmen, so dass die Rechtsänderung auch als eine Änderung der Prüfungsanforderungen anzusehen sein dürfte. Die hohen Maßstäbe der zum Prüfungsrecht bei berufsbezogenen Prüfungen ergangenen Rechtsprechung sind jedoch nicht unmittelbar anwendbar, da es sich bei dem angestrebten Mittleren Schulabschluss an einer allgemeinbildenden Schule nicht um eine berufsbezogene Prüfung handelt. Denn der Erwerb des Mittleren Schulabschlusses ist auch auf anderem Weg als durch die Wiederholung der 10. Klassenstufe an einer allgemeinbildenden Schule möglich, etwa durch die Absolvierung einer Berufsausbildung und Erfüllung bestimmter Anforderungen an den Abschluss an der Berufsschule (vgl. § 20 Abs. 2 Satz 2 HmbSG) oder durch den Besuch einer Abendschule (§ 25 Satz 2 HmbSG).

15

Dementsprechend besteht auch anders als bei berufsbezogenen Prüfungen, deren Nichtbestehen für den Prüfling eine subjektive Berufszulassungsschranke und damit einen erheblichen Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit darstellt, kein Anspruch auf zumindest einmalige Wiederholung des Mittleren Schulabschlusses unter fortgesetzter Beschulung an einer allgemeinbildenden Schule (vgl. zum Wiederholungsanspruch bei berufsbezogenen Prüfungen Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 3. Aufl. 2007, Rn. 48 m.w.N.).

16

Ob der Zeitpunkt der Antragstellung im Einzelfall maßgeblich sein kann, wenn die Behörde die begehrte Erlaubnis nach bisheriger Rechtslage pflichtwidrig verzögert hat (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 24.6.2014, 4 Bs 279/13, juris Rn. 7), kann dahinstehen. Denn hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat den am 2. Juli 2015 gestellten Antrag auf Wiederholung der Klassenstufe 10 mit Bescheid vom 17. Juli 2015, also ohne pflichtwidrige Verzögerung, abgelehnt.

17

b. Unter Anwendung der seit dem 1. August 2015 maßgeblichen Fassung der APO-GrundStGy besitzt der Antragsteller keinen Anspruch auf Wiederholung der 10. Jahrgangsstufe. Weder erfüllt er wegen des bereits erreichten Leistungsstands die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 APO-GrundStGy (aa.), noch kann er wegen einer erheblichen Erschwernis im vergangenen Schuljahr seinen Wiederholungsanspruch auf § 12 Abs. 2 APO-GrundStGy stützen (bb.).

18

aa. Der Antragsteller kann die Jahrgangsstufe 10 nicht nach § 12 Abs. 4 APO-GrundStGy wegen des bereits erreichten Leistungsstands wiederholen. Der Wiederholungsanspruch erfordert nach § 12 Abs. 3 Satz 1 APO-GrundStGy die Prognose, dass der Schüler die bisher nicht erreichte Versetzung in die gymnasiale Oberstufe bzw. – hier relevant – einen höheren Schulabschluss erreichen wird. Dies setzt nach § 12 Abs. 3 Satz 2 APO-GrundStGy voraus, dass die Leistungen des Antragstellers 1. in zwei der Fächer Deutsch, Mathematik und einer an der Stadtteilschule spätestens ab Jahrgangsstufe 9 unterrichteten Sprache mindestens mit der Note „ausreichend“ (4), 2. in insgesamt höchstens vier Fächern mit der Note „mangelhaft“ (5) und 3. in keinem Fach mit der Note „ungenügend“ (6) bewertet wurden. Die Note „mangelhaft“ (5) in einem naturwissenschaftlichen oder gesellschaftswissenschaftlichen Lernbereich entspricht gemäß § 12 Abs. 3 Satz 3 APO-GrundStGy der Note „mangelhaft“ in zwei Fächern. Die an der Stadtteilschule in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 vergebenen Noten, die sich auf die erste Anforderungsebene der Bildungspläne beziehen (G-Noten), sind bei der Beurteilung des Anspruchs auf Wiederholung einer Klassenstufe nach Anlage 1 zu § 2 Abs. 7 APO-GrundStGy auf die abschlussbezogenen Noten des Mittleren Schulabschlusses (MSA) umzurechnen.

19

Danach erfüllt der Antragsteller die genannten Anforderungen nicht, denn er hat nach dem Jahrgangszeugnis vom 15. Juli 2015 im Schuljahr 2014/2015 folgende Noten erzielt:

20

Deutsch:

        

G2 - entspricht im MSA: 4

Mathematik:

        

G3 - entspricht im MSA: 5

Englisch:

        

G2 - entspricht im MSA: 4

Biologie:

        

G4 - entspricht im MSA: 6

Chemie:

        

G4 - entspricht im MSA: 6

Physik:

        

G3 - entspricht im MSA: 5

Arbeit und Beruf:

        

G2 - entspricht im MSA: 4

Lernbereich Gesellschaft:

        

G2 - entspricht im MSA: 4

Philosophie:

        

G4 - entspricht im MSA: 6

Sport:

        

E4 - entspricht im MSA: 3

Natur und Technik:

        

G4 - entspricht im MSA: 6

Kunst:

        

G2 - entspricht im MSA: 4

21

Auch ohne die doppelte Wertung der Noten „mangelhaft“ und „ungenügend“ nach § 12 Abs. 3 Satz 3 APO-GrundStGy sind die Voraussetzungen der Ziffern 2 und 3 des § 12 Abs. 3 Satz 2 APO-GrundStGy nicht gegeben. Denn die Leistungen des Antragstellers wurden nicht nur viermal, sondern sechsmal mit „mangelhaft“ (5) oder schlechter bewertet, davon in vier Fällen mit „ungenügend“ (6).

22

bb. Der Antragsteller kann eine Wiederholung auch nicht aufgrund von § 12 Abs. 2 Satz 1 APO-GrundStGy beanspruchen. Nach dieser Vorschrift können Schülerinnen und Schüler eine Jahrgangsstufe wiederholen, wenn ihre bisherige Lern- und Leistungsentwicklung aufgrund längerer Krankheit oder wegen anderer schwerwiegender Belastungen erheblich erschwert war und zu erwarten ist, dass sie in der nachfolgenden Jahrgangsstufe besser gefördert werden können und den bisher noch nicht erreichten Schulabschluss bzw. die Versetzung in die gymnasiale Oberstufe erreichen.

23

Aufgrund der zur Begründung des Wiederholungsantrags und der ergänzenden Begründung des Widerspruchs und des Eilantrags vorgebrachten Umstände ist bereits nicht glaubhaft gemacht, dass die bisherige Lern- und Leistungsentwicklung aufgrund längerer Krankheit oder wegen anderer schwerwiegender Belastungen erheblich erschwert war. Soweit die Mutter des Antragstellers im Antrag vom 2. Juli 2015 vorgetragen hat, der Antragsteller sei aus psychischen Gründen nicht in der Lage gewesen, sein Leistungspotential abzurufen, da er u.a. von seinem älteren Bruder für dumm erklärt worden sei und sein Vater beruflich bedingt häufig abwesend gewesen sei, genügen diese Ausführungen nicht, um die geforderte einen Leistungseinbruch verursachende schwerwiegende Belastung glaubhaft zu machen. Die im Schuljahr 2014/2015 aufgetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach einer Polypenoperation sind nicht glaubhaft gemacht worden; insoweit sind entsprechende Fehlzeiten nicht ersichtlich. Da sich bereits aus dem Halbjahreszeugnis der 9. Jahrgangsstufe vom 29. Januar 2014 die Prognose ergibt, der Antragsteller werde bei gleichbleibender Leistungsentwicklung voraussichtlich den ersten allgemeinbildenden Schulabschluss erreichen, drängt sich auch kein unerwarteter, krankheitsbedingter Leistungsabfall in der 10. Jahrgangsstufe auf. Im Übrigen wäre auch unter Berücksichtigung des unter aa. geschilderten Leistungsstands eine positive Prognose für das Erreichen des Mittleren Schulabschlusses im Schuljahr 2015/2016 zweifelhaft.

24

c. Auch nach der bis zum 31. Juli 2015 gültigen Fassung des § 12 APO-GrundStGy besäße der Antragsteller keinen Anspruch auf Genehmigung der Klassenwiederholung.

25

Die Anforderungen des § 12 Abs. 2 APO-GrundStGy a.F. erfüllt er – wie dargestellt – schon mangels glaubhaft gemachten deutlichen Leistungsabfalls aufgrund besonderer Belastung nicht, so dass es auf die zum 1. August 2015 eingeführte Leistungsprognose nicht ankommt.

26

Auch nach § 12 Abs. 4 APO-GrundStGy a.F. könnte er keine Wiederholung der 10. Klasse beanspruchen. Zwar sind die Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 Satz 2 APO-GrundStGy a.F. im Fall des Antragstellers gegeben, da seine Leistungen in den Fächern Deutsch und Englisch mit „ausreichend“ bewertet worden sind. Da die Voraussetzungen in § 12 Abs. 4 Satz 2 APO-GrundStGy a.F. jedoch als Mindestvoraussetzungen für die nach § 12 Abs. 4 Satz 1 APO-GrundStGy a.F. zu treffende Leistungsprognose bezogen auf den angestrebten Schulabschluss bzw. die Versetzung in die gymnasiale Oberstufe zu verstehen sind (ebenso OVG Hamburg, Beschl. v. 7.10.2014, 1 Bs 192/14 und ausführlich VG Hamburg, Beschl. v. 28.8.2014, 2 E 3929/14), kommt es maßgeblich darauf an, ob zu erwarten ist, dass der Antragsteller nach dem zuletzt gezeigten Leistungsstand im folgenden Schuljahr den Mittleren Schulabschluss erreichen wird. Eine positive Prognose dieser Art dürfte nicht zu treffen sein. Denn weder nach den in § 30 APO-GrundStGy a.F. noch nach den Voraussetzungen der (für den vorliegenden Fall zum 1.8.2015 nicht entscheidungserheblich geänderten) Fassung des § 30 APO-GrundStGy vom 1. August 2015 wäre eine positive Prognose zu treffen. Der Antragsteller ist nach dem gezeigten, oben beschriebenen Leistungsstand weit davon entfernt, in allen Fächern die Note „ausreichend“ zu erhalten (§ 30 Abs. 1 Nr. 2 APO-GrundStGy). Eine Bewertung mit „ungenügend“ dürfte er nur ausgleichen, wenn er daneben keine Bewertung mit „mangelhaft“ oder schlechter hätte (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 APO-GrundStGy). Dies würde einen erheblichen Leistungssprung erfordern, da der Antragsteller von den zwölf Bewertungen vier mit „ungenügend“ und zwei mit „mangelhaft“ erhalten hat.

27

2. Auch hinsichtlich seines Begehrens auf vorläufige Genehmigung des Schulwechsels zu einer privaten allgemeinbildenden Schule besitzt der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch. Gemäß § 42 Abs. 7 Satz 4 HmbSG kann die Antragsgegnerin Schülerinnen und Schüler aus schulorganisatorischen Gründen unter Berücksichtigung altersangemessener Schulwege in die gleiche Klasse einer gleichartigen Schule umschulen. Unter welchen Voraussetzungen danach oder nach anderen Normen ein Anspruch eines Schülers auf den gewünschten Schulwechsel besteht und ob diese im Fall des Antragstellers erfüllt wären, kann vorliegend dahinstehen. Denn der Antragsteller ist zum maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr Schüler einer allgemeinbildenden Schule. Er ist vielmehr gemäß § 28 Abs. 6 Satz 1 und 3 HmbSG nach dem Besuch der 10. Jahrgangsstufe der Z-Schule und dem Erreichen des ersten allgemeinbildenden Schulabschlusses aus einer allgemeinbildenden Schule entlassen worden und hat ein Abschlusszeugnis erhalten. Die Wiederholung der 10. Jahrgangsstufe mit dem Ziel, den Mittleren Schulabschluss zu erreichen, wurde ihm zu Recht versagt; auf eine vorläufige Zurückstufung in die Klassenstufe 10 hat der Antragsteller keinen Anspruch (siehe oben unter 1.). Ohne den Verbleib an einer allgemeinbildenden Schule kommt jedoch kein Schulwechsel in Betracht.

II.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Die Kammer bewertet die Begehren auf Klassenwiederholung und auf Umschulung als jeweils selbständig im Sinne des 1.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (i.d.F. vom 19.7.2013, NVwZ-Beil. 2013, 57). In Anlehnung an Nr. 38.4, 38.5, 1.5 des Streitwertkatalogs werden die Einzelstreitwerte in der Hauptsache mit dem Regelstreitwert bemessen und wird der sich nach der Addition der Einzelstreitwerte ergebende Betrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zur Hälfte angesetzt (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26.8.2009, 1 Bs 159/09, juris Rn. 10).

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(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine irakische Staatsangehörige, begehrt die Erteilung eines Visums zur Familienzusammenführung mit ihrem Sohn A.

2

Der am 13. Februar 1992 geborene A., ebenfalls ein irakischer Staatsangehöriger, reiste 2008 als Minderjähriger nach Deutschland ein. Ihm wurde im September 2009 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Er erhielt zunächst eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG und im Oktober 2012 eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG.

3

Seine Mutter beantragte für sich und zwei weitere Kinder im Oktober 2009 bei der Deutschen Botschaft in Damaskus Visa zur Familienzusammenführung, die zuletzt mit Remonstrationsbescheid vom 6. März 2011 abgelehnt wurden.

4

Die Verpflichtungsklage der Klägerin hatte beim Verwaltungsgericht Erfolg; die Klagen ihrer Kinder wurden rechtskräftig abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 29. August 2012 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es ist der Auffassung, beim Nachzugsanspruch der Klägerin aus § 36 Abs. 1 AufenthG komme es für die Minderjährigkeit ihres Kindes auf den Zeitpunkt der Stellung des Visumantrages an. Insoweit sei der Nachzugsanspruch der Eltern wie der Nachzugsanspruch minderjähriger Kinder zu ihren Eltern nach § 32 AufenthG zu behandeln. Maßgeblich sei daher, dass A. minderjährig gewesen sei, als die Klägerin das Visum beantragt habe.

5

Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Revision geltend, dass ein Nachzugsanspruch der Klägerin aus § 36 Abs. 1 AufenthG mit Eintritt der Volljährigkeit ihres Sohnes erloschen sei. Der temporäre Elternnachzug zur Beseitigung eines Betreuungsnotstandes sei nicht mit dem auf Aufenthaltsverfestigung zielenden Kindernachzug vergleichbar.

6

Die Klägerin verteidigt das Berufungsurteil. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sei der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), hat Erfolg. Die angefochtene Entscheidung verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), da das Berufungsgericht bei der Prüfung des § 36 Abs. 1 AufenthG für das personenbezogene Merkmal der Minderjährigkeit des Flüchtlings zu Unrecht auf den Zeitpunkt der Stellung des Visumantrags der Klägerin abgestellt hat. Vielmehr ist der Anspruch der Klägerin nach § 36 Abs. 1 AufenthG mit Erreichen der Volljährigkeit des Sohnes am 13. Februar 2010 erloschen. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

8

Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (stRspr, vgl. Urteil vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 Rn. 10 = Buchholz 402.242 § 32 AufenthG Nr. 4 Rn. 10). Während des Revisionsverfahrens eingetretene Rechtsänderungen sind vom Revisionsgericht allerdings zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es nunmehr anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (vgl. Urteil vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 276 <279 f.> = Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 15 S. 32). Daher ist das Nachzugsbegehren der Klägerin an dem Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162) zu messen, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer aufenthaltsrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 86). Hierdurch hat sich die Rechtslage hinsichtlich der im vorliegenden Fall einschlägigen Bestimmungen aber nicht geändert.

9

1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Visums zum Nachzug zu ihrem in Deutschland lebenden Sohn aus § 36 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 Satz 2 AufenthG bejaht. Nach § 36 Abs. 1 AufenthG ist den Eltern eines minderjährigen Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG oder eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 3 AufenthG besitzt, abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis - und vor der Einreise gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ein Visum - zu erteilen, wenn sich kein personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet aufhält. Die Vorschrift wurde durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 neu eingeführt und setzt Art. 10 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2003/86/EG um, der den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auferlegt, zugunsten eines minderjährigen unbegleiteten Flüchtlings den Nachzug "seiner Verwandten in gerader aufsteigender Linie ersten Grades" zu gestatten (vgl. BTDrucks 16/5065 S. 176). Sie dient dem Schutz des unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings und seinem Interesse an der Familieneinheit mit seinen Eltern (Urteil vom 18. April 2013 - BVerwG 10 C 9.12 - Rn. 12 - zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen).

10

a) Der Klägerin stand der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Visums nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 Satz 2 AufenthG allerdings zum Zeitpunkt der Antragstellung im Oktober 2009 zu. Denn ihr minderjähriger Sohn war zu jener Zeit im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG und es hielt sich kein personensorgeberechtigter Elternteil im Bundesgebiet auf.

11

§ 36 Abs. 1 AufenthG ist auch nicht etwa teleologisch zu reduzieren, wenn neben dem unbegleiteten Sohn in Deutschland weitere minderjährige Kinder im Heimatland zu betreuen sind (Urteil vom 18. April 2013 a.a.O. Rn. 14). Denn die Entscheidung über die Sorge für ihre Kinder obliegt gemäß Art. 6 Abs. 2 GG vorrangig den Eltern (so auch Marx, in: GK-AufenthG, § 36, Stand: Februar 2013, Rn. 25). Es sind keine Gründe ersichtlich, warum im vorliegenden Fall das Kindeswohl eine Korrektur der elterlichen Entscheidung gebieten sollte.

12

b) Der Nachzugsanspruch der Klägerin ist allerdings mit Eintritt der Volljährigkeit ihres Sohnes am 13. Februar 2010 erloschen. Denn der Anspruch auf Nachzug der Eltern zum unbegleiteten minderjährigen Flüchtling nach § 36 Abs. 1 AufenthG besteht nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das Kind volljährig wird. Anders als beim Kindernachzug nach § 32 AufenthG reicht eine Antragstellung vor Erreichen der Volljährigkeit nicht aus, um den Anspruch zu erhalten (vgl. dazu ausführlich Urteil vom 18. April 2013 a.a.O. Rn. 17 ff.).

13

2. Das Nachzugsbegehren der Klägerin lässt sich auch nicht auf § 6 Abs. 3 i.V.m. § 36 Abs. 2 AufenthG stützen. Nach diesen Vorschriften kann sonstigen Familienangehörigen ein Visum zum Familiennachzug erteilt werden, wenn es zur Vermeidung einer außergewöhnlichen Härte erforderlich ist. Das setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts voraus, dass der im Ausland lebende Familienangehörige kein eigenständiges Leben mehr führen kann, sondern auf die Gewährung familiärer Lebenshilfe angewiesen ist und diese Hilfe in zumutbarer Weise nur in Deutschland erbracht werden kann (Urteile vom 10. März 2011 - BVerwG 1 C 7.10 - Buchholz 402.242 § 7 AufenthG Nr. 5 = NVwZ 2011, 1199 und vom 18. April 2013 - BVerwG 10 C 10.12 - Rn. 37 ff., zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen). Derartiges ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Tenor

Artikel 17 Absatz 1 des Gesetzes zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz - DNeuG) vom 5. Februar 2009 (Bundesgesetzblatt I Seite 160) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

Gründe

A.

1

Das Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob die durch Art. 17 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz - DNeuG) vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) angeordnete rückwirkende Änderung von § 14a Abs. 1 des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (Beamtenversorgungsgesetz -BeamtVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1999 (BGBl I S. 322, 847, 2033), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 29. Juli 2008 (BGBl I S. 1582), mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

I.

2

1. § 14a BeamtVG greift die besondere Versorgungslage auf, in der sich bestimmte Beamte befinden, die neben ihrem beamtenrechtlichen Versorgungsanspruch aus einer früheren Tätigkeit einen Anspruch auf Rente aus einer gesetzlichen Rentenversicherung erworben haben. Altersrente können diese Beamten in der Regel erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze beziehen. Treten sie vorher in den Ruhestand - etwa wegen Dienstunfähigkeit oder aufgrund einer besonderen Altersgrenze -, sind sie zunächst ausschließlich auf ihre beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge angewiesen, da sie die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllen (vgl. § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI). Das kann sich für diese Beamten nachteilig auswirken, wenn durch eine späte Übernahme in das Beamtenverhältnis und den vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand nur wenige Dienstjahre für die Berechnung der Versorgungsbezüge berücksichtigt werden können. § 14a BeamtVG wirkt dieser "Versorgungslücke" bei sogenannten gemischten Erwerbskarrieren durch eine vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes bis zum Beginn des Rentenbezugs entgegen (vgl. BTDrucks 10/4225, S. 21; BVerwGE 111, 93 <96 f.>).

3

2. a) § 14a BeamtVG lautete in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1999 (BGBl I S. 322, 847, 2033), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 29. Juli 2008 (BGBl I S. 1582; im Folgenden: § 14a BeamtVG a.F.):

4

§ 14a BeamtVG a.F.

5

(1) Der nach den sonstigen Vorschriften berechnete Ruhegehaltssatz erhöht sich vorübergehend, wenn der Beamte vor der Vollendung des fünfundsechzigsten Lebensjahres in den Ruhestand getreten ist und er

6

1. bis zum Beginn des Ruhestandes die Wartezeit von sechzig Kalendermonaten für eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt hat,

7

2. a) wegen Dienstunfähigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes oder entsprechenden Landesrechts in den Ruhestand versetzt worden ist oder

8

b) wegen Erreichens einer besonderen Altersgrenze in den Ruhestand getreten ist und das sechzigste Lebensjahr vollendet hat,

9

3. einen Ruhegehaltssatz von 66,97 vom Hundert noch nicht erreicht hat und

10

4. keine Einkünfte im Sinne des § 53 Abs. 7 bezieht. Die Einkünfte bleiben außer Betracht, soweit sie durchschnittlich im Monat 325 Euro nicht überschreiten.

11

(2) Die Erhöhung des Ruhegehalts beträgt 0,95667 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge für je zwölf Kalendermonate der für die Erfüllung der Wartezeit (Absatz 1 Nr. 1) anrechnungsfähigen Pflichtbeitragszeiten, soweit sie nicht von § 50e Abs. 1 erfasst werden, nach Vollendung des 17. Lebensjahres und vor Begründung des Beamtenverhältnisses zurückgelegt wurden und nicht als ruhegehaltfähig berücksichtigt sind. Der hiernach berechnete Ruhegehaltssatz darf 66,97 vom Hundert nicht überschreiten. In den Fällen des § 14 Abs. 3 ist das Ruhegehalt, das sich nach Anwendung der Sätze 1 und 2 ergibt, entsprechend zu vermindern. Für die Berechnung nach Satz 1 sind verbleibende Kalendermonate unter Benutzung des Nenners 12 umzurechnen; § 14 Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

12

(3) Die Erhöhung fällt spätestens mit Ablauf des Monats weg, in dem der Ruhestandsbeamte das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet. Sie endet vorher, wenn der Ruhestandsbeamte

13

1. eine Versichertenrente der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, mit Ablauf des Tages vor dem Beginn der Rente, oder

14

2. in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 Buchstabe a nicht mehr dienstunfähig ist, mit Ablauf des Monats, in dem ihm der Wegfall der Erhöhung mitgeteilt wird, oder

15

3. ein Erwerbseinkommen bezieht, mit Ablauf des Tages vor dem Beginn der Erwerbstätigkeit.

16

§ 35 Abs. 3 Satz 2 gilt sinngemäß.

17

(4) Die Erhöhung des Ruhegehaltssatzes wird auf Antrag vorgenommen. Anträge, die innerhalb von drei Monaten nach Eintritt des Beamten in den Ruhestand gestellt werden, gelten als zum Zeitpunkt des Ruhestandseintritts gestellt. Wird der Antrag zu einem späteren Zeitpunkt gestellt, so tritt die Erhöhung vom Beginn des Antragsmonats an ein.

18

b) Die zur Ausfüllung der Formulierung "nach den sonstigen Vorschriften berechnete Ruhegehaltssatz" in § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. heranzuziehende Regelung des § 14 BeamtVG lautet in der maßgeblichen Fassung durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926):

19

§ 14 BeamtVG

20

(1) Das Ruhegehalt beträgt für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,79375 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (§ 5), insgesamt jedoch höchstens 71,75 vom Hundert. Der Ruhegehaltssatz ist auf zwei Dezimalstellen auszurechnen. Dabei ist die zweite Dezimalstelle um eins zu erhöhen, wenn in der dritten Stelle eine der Ziffern fünf bis neun verbleiben würde. Zur Ermittlung der gesamten ruhegehaltfähigen Dienstjahre sind etwa anfallende Tage unter Benutzung des Nenners dreihundertfünfundsechzig umzurechnen; die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.

21

(2) (weggefallen)

22

(3) Das Ruhegehalt vermindert sich um 3,6 vom Hundert für jedes Jahr, um das der Beamte

23

  1. vor Ablauf des Monats, in dem er das 63. Lebensjahr vollendet, nach § 42 Abs. 4 Nr. 1 des Bundesbeamtengesetzes oder entsprechendem Landesrecht in den Ruhestand versetzt wird,

24

  2. vor Ablauf des Monats, in dem er die für ihn geltende gesetzliche Altersgrenze erreicht, nach § 42 Abs. 4 Nr. 2 des Bundesbeamtengesetzes oder entsprechendem Landesrecht in den Ruhestand versetzt wird,

25

  3. vor Ablauf des Monats, in dem er das 63. Lebensjahr vollendet, wegen Dienstunfähigkeit, die nicht auf einem Dienstunfall beruht, in den Ruhestand versetzt wird;

26

die Minderung des Ruhegehalts darf 10,8 vom Hundert nicht übersteigen. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend. Gilt für den Beamten eine vor der Vollendung des 63. Lebensjahres liegende Altersgrenze, tritt sie in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 und 3 an die Stelle des 63. Lebensjahres. Gilt für den Beamten eine nach Vollendung des 65. Lebensjahres liegende Altersgrenze, wird in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 nur die Zeit bis zum Ablauf des Monats berücksichtigt, in dem der Beamte das 65. Lebensjahr vollendet.

27

(4) Das Ruhegehalt beträgt mindestens fünfunddreißig vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge (§ 5). An die Stelle des Ruhegehalts nach Satz 1 treten, wenn dies günstiger ist, fünfundsechzig vom Hundert der jeweils ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe A 4. Die Mindestversorgung nach Satz 2 erhöht sich um sechzig Deutsche Mark für den Ruhestandsbeamten und die Witwe; der Erhöhungsbetrag bleibt bei einer Kürzung nach § 25 außer Betracht. Bleibt ein Beamter allein wegen langer Freistellungszeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 2) mit seinem erdienten Ruhegehalt hinter der Mindestversorgung nach Satz 1 oder 2 zurück, wird nur das erdiente Ruhegehalt gezahlt; dies gilt nicht, wenn ein Beamter wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand getreten ist.

28

(5) Übersteigt beim Zusammentreffen von Mindestversorgung nach Absatz 4 mit einer Rente nach Anwendung des § 55 die Versorgung das nach Absatz 1 erdiente Ruhegehalt, so ruht die Versorgung bis zur Höhe des Unterschieds zwischen dem erdienten Ruhegehalt und der Mindestversorgung; in den von § 85 erfassten Fällen gilt das nach dieser Vorschrift maßgebliche Ruhegehalt als erdient. Der Erhöhungsbetrag nach Absatz 4 Satz 3 sowie der Unterschiedsbetrag nach § 50 Abs. 1 bleiben bei der Berechnung außer Betracht. Die Summe aus Versorgung und Rente darf nicht hinter dem Betrag der Mindestversorgung zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1 zurückbleiben. Zahlbar bleibt mindestens das erdiente Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Witwen und Waisen.

29

(6) Bei einem in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamten beträgt das Ruhegehalt für die Dauer der Zeit, die der Beamte das Amt, aus dem er in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden ist, innehatte, mindestens für die Dauer von sechs Monaten, längstens für die Dauer von drei Jahren, 71,75 vom Hundert der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, in der sich der Beamte zur Zeit seiner Versetzung in den jeweiligen Ruhestand befunden hat. Das erhöhte Ruhegehalt darf die Dienstbezüge, die dem Beamten in diesem Zeitpunkt zustanden, nicht übersteigen; das nach sonstigen Vorschriften ermittelte Ruhegehalt darf nicht unterschritten werden.

30

3. a) § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. wurde von der Verwaltung in Übereinstimmung mit verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung und einem Teil des Schrifttums zunächst dahingehend ausgelegt, dass der "nach sonstigen Vorschriften berechnete Ruhegehaltssatz" nur ein auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechneter ("erdienter") Ruhegehaltssatz sein könne, insbesondere der nach § 14 Abs. 1 BeamtVG berechnete Ruhegehaltssatz. Kein Ruhegehaltssatz im Sinne des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. seien dagegen das "amtsbezogene" Mindestruhegehalt gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG und das "amtsunabhängige" Mindestruhegehalt gemäß § 14 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG, weil beide - ohne Bezug zur tatsächlich ruhegehaltfähigen Dienstzeit - abstrakt gesetzlich vorgegeben und deshalb nicht "berechnet" seien (vgl. Anwendungserlass des Bundesministeriums des Innern vom 10. Juni 1994 - D III 4-223 100/28 -, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 11. Mai 2004 - 5 LC 4/03 -, juris, Rn. 25 ff. m.w.N.; VG Berlin, Urteil vom 2. März 2004 - 7 A 207.02 -, juris, Rn. 16; Schachel in: Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 14a BeamtVG Rn. 11 ; a. A. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, § 14a BeamtVG Rn. 13 ).

31

b) Das Bundesverwaltungsgericht kam im Urteil vom 23. Juni 2005 (BVerwGE 124, 19 ff.) hingegen zu dem Ergebnis, dass es sich auch bei dem Mindestruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG um einen "berechneten" Ruhegehaltssatz im Sinne des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. handele. Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck des § 14a BeamtVG a.F. sprächen dafür, dass der individuell ermittelte und festgesetzte Ruhegehaltssatz stets "berechnet" sei, auch wenn er sich auf der Basis der Vomhundertsätze des § 14 Abs. 4 BeamtVG ergebe (vgl. BVerwGE 124, 19 <20 ff.>).

32

c) Die Verwaltung betrachtete dieses Urteil, wenn auch nicht einhellig (vgl. für das Landesverwaltungsamt Berlin OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. November 2011 - 4 B 72.09 -, juris, Rn. 21), als Einzelfallentscheidung, der über den entschiedenen Fall hinaus nicht zu folgen sei (vgl. Strötz, in: Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht - GKÖD, § 14a BeamtVG Rn. 21 mit Fn. 14 ; Grunefeld, ZTR 2008, S. 122 <127>). Die Instanzgerichte schlossen sich der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts überwiegend an (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27. September 2007 - 1 L 180/07 -, juris, Rn. 4 ff.; Beschluss vom 14. November 2008 - 1 L 21/08 -, juris, Rn. 4 ff.; Beschluss vom 26. März 2009 - 1 L 25/09 -, juris, Rn. 5 ff.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 2 L 45/08 -, juris, Rn. 6 ff.; Sächsisches OVG, Urteil vom 14. Oktober 2010 - 2 A 430/09 -, juris, Rn. 23 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. November 2011 - 4 B 72.09 -, juris, Rn. 18; VG Münster, Urteil vom 11. April 2006 - 4 K 558/03 -, juris, Rn. 34; VG Dessau, Urteil vom 30. August 2006 - 1 A 93/06 -, juris, Rn. 14; VG Magdeburg, Urteil vom 6. März 2007 - 5 A 191/06 -, juris, Rn. 16; VG Berlin, Urteil vom 5. Juni 2008 - 5 A 60.07 -, juris, Rn. 17 ff.; Urteil vom 12. Mai 2009 - 26 A 68.07 -, juris, Rn. 18). Einige Verwaltungsgerichte erster und zweiter Instanz hielten jedoch unter Hinweis auf den Sinn und Zweck des § 14a BeamtVG a.F. sowie aufgrund eines systematischen Vergleichs mit § 14 Abs. 5 BeamtVG daran fest, dass die in § 14 Abs. 4 BeamtVG geregelte Mindestversorgung nicht Grundlage für eine vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. sein könne (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Januar 2008 - 21 A 2098/06 -, juris, Rn. 28 ff.; VG des Saarlandes, Urteil vom 17. März 2009 - 3 K 372/08 -, juris, Rn. 33 ff.). Auch die überwiegende Auffassung im Schrifttum widersprach der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Schachel, in: Schütz/ Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 14a BeamtVG Rn. 11 ; Bauer/Zahn, in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, § 14a BeamtVG Rn. 2 mit Fn. 2 ; Grunefeld, a.a.O., S. 122 <127>; Strötz, a.a.O., § 14a BeamtVG Rn. 21 mit Fn. 14 ; zustimmend dagegen Plog/Wiedow, a.a.O., § 14a BeamtVG Rn. 14 ff. ).

33

d) Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 12. November 2009 (- BVerwG 2 C 29.08 -, juris) an seiner Rechtsauffassung zur Auslegung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. festgehalten.

34

4. Die Bundesregierung legte am 12. November 2007 den Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz - DNeuG) vor, der unter anderem eine Änderung des § 14a Abs. 1 BeamtVG vorsah (BTDrucks 16/7076). Der Deutsche Bundestag nahm den Gesetzentwurf am 12. November 2008 in zweiter und dritter Lesung an (vgl. Plenarprotokoll 16/186, S. 19901). Am 11. Februar 2009 wurde das am 5. Februar 2009 ausgefertigte Dienstrechtsneuordnungsgesetz verkündet (BGBl I S. 160).

35

Art. 4 Nr. 11 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa DNeuG sieht folgende Änderung des § 14a Abs. 1 BeamtVG vor:

36

In Halbsatz 1 werden die Wörter "den sonstigen Vorschriften" durch die Angabe "§ 14 Abs. 1, § 36 Abs. 3 Satz 1, § 66 Abs. 2 und § 85 Abs. 4" ersetzt.

37

Gemäß Art. 17 Abs. 1 DNeuG ist Art. 4 Nr. 11 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa DNeuG mit Wirkung vom 24. Juni 2005 in Kraft getreten. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu (BTDrucks 16/7076, S. 186):

38

"Die aus Sicht der Verwaltung lediglich klarstellenden Änderungen zur Berechnung von Ruhegehaltssätzen im Rahmen der Regelung des § 14a des Beamtenversorgungsgesetzes und des § 26a des Soldatenversorgungsgesetzes werden rückwirkend auf den Zeitpunkt einer entgegenstehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung in Kraft gesetzt."

39

5. Mit Wirkung vom 1. September 2006 ging die Kompetenz für die Regelung der Besoldung und Versorgung der Landesbeamten auf die Länder über (Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006, BGBl I S. 2034). Zehn Länder haben auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 mit klarstellenden Regelungen reagiert, die Art. 4 Nr. 11 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa DNeuG entsprechen, zwei Länder haben Regelungen in Kraft gesetzt, die den Wortlaut von § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. aufgreifen, und weitere vier Länder haben auf eine eigene Regelung zur vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes bislang verzichtet. Als exemplarisch für die Haltung der Länder, die sich der Neuregelung des Bundes angeschlossen haben, kann der Gesetzentwurf gelten, der § 4 Abs. 1 des Thüringer Gesetzes über ergänzende Bestimmungen zur Beamtenversorgung in der Fassung durch Art. 2 des Gesetzes vom 31. Januar 2007 (GVBl S. 1, 2) zugrunde liegt (LTDrucks 4/2616, S. 11):

40

"Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen dem Wortlaut des § 14a BeamtVG. Zur Klarstellung wurden in Absatz 1 Satz 1 die Worte 'den sonstigen Vorschriften' durch die Verweisung '§ 14 Abs. 1 Satz 1, § 36 Abs. 3 Satz 1, § 66 Abs. 2 und § 85 Abs. 4 BeamtVG' ersetzt. Nach Artikel 125a Abs. 1 des Grundgesetzes kann die bundesrechtliche Regelung durch eine landesrechtliche Regelung ersetzt werden. Das das Bundesrecht ersetzende Landesrecht muss in sich abgeschlossen und aus sich heraus verständlich sein. Daher ist es erforderlich, die bundesrechtliche Bestimmung zur vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes vollständig durch inhaltsgleiches Landesrecht abzulösen.

41

Die Notwendigkeit dazu ergibt sich aus der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Durch Urteil vom 23. Juni 2005 - 2 C 25.04 - wurde entschieden, dass beim Zusammentreffen von Mindestversorgung nach § 14 Abs. 4 BeamtVG und vorübergehen-der Erhöhung des Ruhegehaltssatzes nach § 14a BeamtVG nicht mehr der nach den 'sonstigen Vorschriften berechnete' Ruhegehaltssatz, sondern auch der Mindestruhegehaltssatz zu erhöhen ist. Bislang wurde § 14a Abs. 1 Satz 1 BeamtVG dahin gehend ausgelegt, dass der nach den sonstigen Vorschriften berechnete Ruhegehaltssatz derjenige Ruhegehaltssatz ist, der sich auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnet, also 'erdient' ist. Die Mindestversorgung ist vom Gesetz vorgegeben, also nicht 'berechnet'. Demnach wurde bislang der 'erdiente' Ruhegehaltssatz erhöht, sodann erfolgte ein Vergleich der sich daraus ergebenden Versorgung mit der Mindestversorgung, der höhere Betrag wurde gezahlt. Das Urteil hätte zur Folge, dass nunmehr der Ruhegehaltssatz der amtsbezogenen Mindestversorgung (35 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge) um bis zu 35 v.H. auf maximal 70 v.H. (Höchstgrenze nach § 14a Abs. 2 Satz 2 BeamtVG) erhöht werden könnte. Bei Empfängern der amtsunabhängigen Mindestversorgung (65 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe A 4) könnte der Ruhegehaltssatz dagegen nur um maximal 5 v.H. erhöht werden. Verglichen mit der bisherigen Verfahrenweise führt dies während der Zeit der Auswirkung des § 14a BeamtVG bei den erstgenannten Beamten zu einer erheblichen Erhöhung, bei den letztgenannten dagegen zu einer erheblichen Reduzierung des Ruhegehaltes. Bund und Länder behandeln daher das Urteil als Einzelfall und hatten beschlossen, § 14a BeamtVG entsprechend klarzustellen. Dies erfolgt nunmehr durch die Änderung in § 4 Abs. 1 Satz 1, da der Bund nicht mehr für die Länder regelungsbefugt ist. Die auslegungsbedürftigen Begriffe 'nach den sonstigen Vorschriften' werden durch eine Aufzählung derjenigen Bestimmungen des Beamtenversorgungsgesetzes ersetzt, die nach der bisherigen Auslegung ein 'berechnetes' Ruhegehalt ergeben haben."

II.

42

1. a) Der 1948 geborene Kläger des Ausgangsverfahrens war seit 1992, zuletzt im Rang eines Polizeihauptmeisters, als Polizeibeamter beim Bundesgrenzschutz beziehungsweise bei der Bundespolizei tätig. Er wurde nach Vollendung des 60. Lebensjahres mit Ablauf des Monats Februar 2008 wegen Erreichens der Altersgrenze des § 5 Abs. 2 Satz 1 des Bundespolizeibeamtengesetzes in den Ruhestand versetzt. Die Bundesfinanzdirektion Nord setzte sein Ruhegehalt mit Bescheid vom 12. Februar 2008 auf 1.691,89 € fest. Dabei erhöhte sie den nach § 14 Abs. 1 BeamtVG berechneten Ruhegehaltssatz in Höhe von 32,64 v.H. gemäß § 14a BeamtVG a.F. vorübergehend um 24,58 v.H. auf insgesamt 57,22 v.H.

43

b) Im März 2008 beantragte der Kläger unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 die vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes auf Basis des Mindestruhegehaltssatzes gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG (in Höhe von 35 v.H.) auf 59,58 v.H. Dieses Begehren, das zu einem Ruhegehalt von 1.761,68 € geführt hätte, lehnte die Bundesfinanzdirektion Nord ab. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb ohne Erfolg.

44

c) Mit Urteil vom 26. Januar 2009 verpflichtete das Verwaltungsgericht Magdeburg die Beklagte, das Ruhegehalt des Klägers ab dem 1. März 2008 vorübergehend auf der Basis des Ruhegehaltssatzes von 59,58 v.H. zu erhöhen. Zur Begründung nahm das Verwaltungsgericht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 Bezug.

45

d) Auf die Berufung der Beklagten wies das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 1. Juli 2009 die Klage mit der Begründung ab, nach der Gesetzesänderung komme nicht mehr der Ruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG, sondern nur noch der "erdiente" Ruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 1 BeamtVG als Berechnungsgrundlage für die vorübergehende Erhöhung des Ruhegehalts in Betracht. Das durch Art. 17 Abs. 1 DNeuG angeordnete rückwirkende Inkrafttreten von Art. 4 Nr. 11 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa DNeuG verstoße nicht gegen das Rückwirkungsverbot.

46

2. Auf die Revision des Klägers hat das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage zur Entscheidung vorgelegt,

47

ob Artikel 17 Absatz 1 des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes (DNeuG) vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160, 274) mit Artikel 20 Absatz 3, Artikel 33 Absatz 5 und Artikel 3 Absatz 1 GG unvereinbar und nichtig ist.

48

Von der Entscheidung über die Vorlagefrage hänge das Ergebnis des Rechtsstreits ab. Sei Art. 17 Abs. 1 DNeuG gültig, wäre die Norm zu Ungunsten des Klägers anzuwenden, was in vollem Umfang zur Zurückweisung der Revision führen würde. Sei Art. 17 Abs. 1 DNeuG hingegen verfassungswidrig und nichtig, stünde dem Kläger der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Berechnung des erhöhten Ruhegehaltssatzes auf Basis des Mindestruhegehaltssatzes gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG zu, weil weiterhin § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. anzuwenden wäre; die Revision des Klägers wäre mithin erfolgreich.

49

Das vorlegende Gericht ist überzeugt, dass Art. 17 Abs. 1 DNeuG mit seiner rückwirkenden Inkraftsetzung des Art. 4 Nr. 11 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa DNeuG verfassungswidrig ist. Bei Beamten, die - wie der Kläger im Ausgangsverfahren - bereits vor der Verkündung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes in den Ruhestand getreten und deren Versorgungsbezüge noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden seien, führe Art. 17 Abs. 1 DNeuG zu einer nachträglichen Kürzung bestehender Versorgungsansprüche und entfalte insoweit echte Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen). Der mit der Zurruhesetzung entstandene Anspruch auf vorübergehende Erhöhung des Mindestruhegehaltssatzes gemäß § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. in Verbindung mit § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG werde durch Art. 17 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa DNeuG rückwirkend vernichtet.

50

Die Rückwirkung sei verfassungsrechtlich nicht erlaubt. Das Vertrauen der betroffenen Beamten sei schutzwürdig, weil die rückwirkende Rechtsänderung, wie das Beispiel des Klägers zeige, zu einer spürbaren Kürzung der Bruttoversorgung führen könne. Die rückwirkend geänderte Regelung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. sei generell geeignet gewesen, aus dem Vertrauen auf ihr Fortbestehen heraus Entscheidungen und Dispositionen herbeizuführen oder zu beeinflussen, die sich bei der Änderung der Rechtslage als nachteilig erwiesen. Es habe auch keine unklare und verworrene Rechtslage vorgelegen, auf deren Bestand die Betroffenen nicht hätten vertrauen dürfen. Die rechtliche Wertung des Gesetzgebers, es handele sich bei der Änderung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. um eine bloße Klarstellung, sei unbeachtlich. Die vom Gesetzgeber in Anspruch genommene authentische Interpretation sei für die Gerichte nicht verbindlich. Es liege keine Fallkonstellation vor, in der wegen abweichender Auffassungen in der Kommentarliteratur und divergierender Rechtsprechung der Instanzgerichte nicht schon ein Revisionsurteil, sondern erst eine langjährige gefestigte Rechtsprechung des Revisionsgerichts die unklare und verworrene Rechtslage beseitige. Dies setze voraus, dass der den Klarstellungsbedarf auslösende Gesetzestext so lückenhaft, unsystematisch oder mehrdeutig sei, dass nach Anwendung der hergebrachten Auslegungsmethoden mehrere Auslegungsergebnisse mit gleicher Überzeugungskraft vertretbar nebeneinander stünden. Das sei hier nicht der Fall, da sich die im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 vorgenommene Auslegung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. aus Wortlaut, Gesetzessystematik, Sinn und Zweck sowie aus der Entstehungsgeschichte ergebe.

51

Auf die Änderung der Berechnung der vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes hätten sich die Betroffenen nicht schon im Zeitpunkt der Einbringung des Gesetzentwurfs des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes in den Deutschen Bundestag einstellen müssen. Mit einer Neuregelung müsse frühestens im Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses gerechnet werden. Überragende Belange des Gemeinwohls, die eine Rückwirkungsanordnung rechtfertigen könnten, seien nicht erkennbar. Finanzielle Erwägungen taugten nicht als Legitimation für eine Kürzung der Altersversorgung. Im Beamtenversorgungsrecht werde ein besonderes, durch Art. 33 Abs. 5 GG geschütztes Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Leistungsregelungen begründet. Wesentliche und grundlegende Änderungen zu Lasten der Beamten müssten durch gewichtige und bedeutende Gründe gerechtfertigt sein. Daran fehle es.

52

Für den Zeitraum nach seiner Verkündung greife Art. 17 Abs. 1 DNeuG in bestehende Versorgungsansprüche ein und kürze diese mit Wirkung für die Zukunft; die Norm entfalte insoweit unechte Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung). Auch die unechte Rückwirkung des Art. 17 Abs. 1 DNeuG sei verfassungsrechtlich unzulässig, da hinreichend gewichtige Belange des Gemeinwohls, die den durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten besonderen Vertrauensschutz der Versorgungsempfänger überwögen, vom Gesetzgeber weder dargelegt noch sonst erkennbar seien. Überdies verpflichte der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährte Vertrauensschutz im Bereich des Beamtenversorgungsrechts den Gesetzgeber, Eingriffe in versorgungsrechtliche Rechtspositionen durch angemessene Übergangsregelungen auszugleichen oder abzumildern, woran es hier fehle.

53

Die Rückwirkungsanordnung des Art. 17 Abs. 1 DNeuG verstoße auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Versorgungsempfänger, deren Versorgungsbezüge unter vorübergehender Erhöhung des Ruhegehaltssatzes gemäß § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. in Verbindung mit § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG - höher - festgesetzt worden seien, seien durch § 52 Abs. 1 BeamtVG vor einer Rückforderung der Unterschiedsbeträge geschützt und daher von Art. 17 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa DNeuG nur zukunftsgerichtet betroffen. Gegenüber dieser Personengruppe würden Versorgungsempfänger wie der Kläger nur deswegen schlechter behandelt, weil die zuständigen Behörden rechtswidrig von einem Festsetzungsbescheid auf der Grundlage von § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. in Verbindung mit § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG abgesehen hätten.

III.

54

Zu dem Vorlagebeschluss haben sich das Bundesministerium des Innern namens der Bundesregierung, die Bundesfinanzdirektion Nord, der dbb beamtenbund und tarifunion, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) - Bezirk Bundespolizei - geäußert.

55

1. Das Bundesministerium des Innern hält Art. 17 Abs. 1 DNeuG für verfassungsgemäß. Die rückwirkende Gesetzesänderung habe allein der klarstellenden Präzisierung einer bereits bestehenden Rechtslage gedient. Sie sei erforderlich geworden, nachdem die Auslegung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. durch das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 23. Juni 2005 der bis dahin in Bund und Ländern einheitlich geübten Praxis den Boden entzogen habe.

56

Art. 17 Abs. 1 DNeuG sei mit dem Vertrauensgrundsatz vereinbar. Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung könne allenfalls bei gefestigter, langjähriger Rechtsprechung entstehen. Daran fehle es. Literatur und Rechtsprechung hätten nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 überwiegend an ihrer - davon abweichenden - Auslegung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. festgehalten. Bund und Länder hätten bereits im September 2005 über die Konsequenzen der Entscheidung diskutiert und einhellig die Auffassung vertreten, dass dem Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht gefolgt werden solle und eine gesetzliche Klarstellung in § 14a BeamtVG erforderlich sei.

57

Art. 17 Abs. 1 DNeuG verstoße auch nicht gegen das Alimentationsprinzip gemäß Art. 33 Abs. 5 GG. Der Gesetzgeber dürfe Versorgungsbezüge kürzen, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt erscheine. Sachgerecht sei es, bei rentebeziehenden Versorgungsempfängern eine Kürzung der Versorgungsbezüge anzuordnen, um eine Überhöhung der Gesamtversorgung zu beseitigen, die nicht durch eine Eigenleistung des Versorgungsempfängers entstanden sei, sondern - wie hier - durch eine unzureichende Abstimmung von Rentenrecht und Versorgungsrecht.

58

Art. 17 Abs. 1 DNeuG sei auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, da das Verhalten des Dienstherrn rechtmäßig gewesen sei.

59

2. Auch die Bundesfinanzdirektion Nord hält Art. 17 Abs. 1 DNeuG für verfassungsgemäß. Das Rückwirkungsverbot des Art. 20 Abs. 3 GG greife mangels schutzwürdigen Vertrauens nicht ein. Die Rechtslage sei unklar gewesen. Bis zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 habe es der flächendeckenden Verwaltungspraxis, der Kommentarliteratur und der Rechtsprechung der Instanzgerichte entsprochen, eine vorübergehende Erhöhung der Versorgungsbezüge lediglich auf der Grundlage des erdienten Ruhegehaltssatzes vorzunehmen. Die davon abweichende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei im Schrifttum, von der Verwaltung und von wenigstens einem Oberverwaltungsgericht kritisiert worden. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Novem-ber 2009 habe nicht mehr vertrauensbildend wirken können, weil zu diesem Zeitpunkt das Dienstrechtsneuordnungsgesetz bereits verkündet gewesen sei. Mangels schutzwürdigen Vertrauens seien auch Abmilderungs- und Übergangsmaßnahmen nicht erforderlich gewesen. Art. 17 Abs. 1 DNeuG verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

60

3. Der dbb beamtenbund und tarifunion teilt die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts. Es liege eine unzulässige Rückwirkung vor. Selbst wenn man die zu § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich des Ergebnisses in Zweifel ziehe, könne eine unklare oder gar verworrene Rechtslage nicht angenommen werden, da der Wortlaut der Norm die Auslegung des Gerichts gestützt habe. Die rückwirkende Gesetzesänderung betreffe keine Bagatellen, sondern nennenswerte finanzielle Werte und Dispositionen der betroffenen Beamten. Überragende Gründe des Gemeinwohls, die die Rückwirkung rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Der Kreis von Beamten, die zum Zeitpunkt der Verkündung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes bereits in den Ruhestand getreten gewesen seien und bei ihrem Ruhestandseintritt einen Anspruch auf Mindestversorgung sowie auf vorübergehende Erhöhung des Ruhegehalts gehabt hätten, sei überschaubar.

61

4. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) - Bezirk Bundespolizei - halten Art. 17 Abs. 1 DNeuG für verfassungswidrig; zur Begründung nehmen sie auf den Vorlagebeschluss Bezug.

B.

62

Art. 17 Abs. 1 DNeuG ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Norm verstößt nicht gegen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Vertrauensschutz aus Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 33 Abs. 5 GG (I.). Sie steht auch im Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (II.).

I.

63

Art. 17 Abs. 1 DNeuG, der das Inkrafttreten von Art. 4 Nr. 11 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa DNeuG mit Wirkung vom 24. Juni 2005 anordnet und dadurch in die geänderte Fassung des § 14a Abs. 1 BeamtVG auch Beamte einbezieht, die vor der Verkündung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes in den Ruhestand getreten sind, begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Vorschrift enthält keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung und verletzt nicht das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Vertrauen versorgungsberechtigter Beamter darauf, im Alter amtsangemessen versorgt zu sein.

64

1. Mit dem vorlegenden Gericht kann davon ausgegangen werden, dass Art. 17 Abs. 1 DNeuG sowohl echte Rückwirkung als auch unechte Rückwirkung zukommt.

65

a) Eine Rechtsnorm entfaltet "echte" Rückwirkung ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"), wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll (vgl. BVerfGE 109, 133 <181>; 114, 258 <300>; 127, 1 <16 f.>). Bei Art. 17 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa DNeuG ist dies - die Auslegung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. durch das Bundesverwaltungsgericht als maßgeblich unterstellt - im Hinblick auf Beamte der Fall, die nach dem 24. Juni 2005 und vor der Verkündung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes am 11. Februar 2009 in den Ruhestand getreten sind und die Voraussetzungen der vorübergehenden Erhöhung des Mindestruhegehaltssatzes gemäß § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. in Verbindung mit § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG erfüllt haben. Insoweit kann Art. 17 Abs. 1 DNeuG zur nachträglichen Kürzung bestehender Versorgungsansprüche führen, wie das Beispiel des am 1. März 2008 in den Ruhestand getretenen Klägers des Ausgangsverfahrens zeigt. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand hatte der Kläger bei einem nach § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. in Verbindung mit § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG vorübergehend erhöhten Ruhegehaltssatz von 59,58 v.H. einen Versorgungsanspruch in Höhe von 1.761,68 € zu erwarten. Nach der rückwirkenden Gesetzesänderung errechnet sich für den Kläger ein vorübergehend erhöhter Ruhegehaltssatz von 57,22 v.H. und damit ein Versorgungsanspruch in Höhe von (lediglich) 1.691,89 €. Im Zeitraum zwischen Eintritt in den Ruhestand und Verkündung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes wurde der bestehende Versorgungsanspruch des Klägers damit, gemessen an der vom Bundesverwaltungsgericht angenommenen Rechtslage, nachträglich um insgesamt 837,48 € (12 Monate x 69,79 €) gekürzt.

66

b) Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"), liegt eine "unechte" Rückwirkung vor (vgl. BVerfGE 72, 200 <242>; 97, 67 <79>; 127, 1 <17>). Art. 17 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Nr. 11 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa DNeuG entfaltet - wiederum auf der Grundlage der Auffassung des Bundesverwal-tungsgerichts - unechte Rückwirkung, soweit danach bestehende Versorgungsansprüche von Beamten, die vor der Verkündung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes in den Ruhestand getreten sind und die Voraussetzungen der vorübergehenden Erhöhung des Mindestruhegehaltssatzes gemäß § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. in Verbindung mit § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG erfüllen, für die Zeit nach der Verkündung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes gekürzt werden. Beim Kläger des Ausgangsverfahrens, der die Regelaltersgrenze am 28. Februar 2013 und damit 48 Monate nach Verkündung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes erreicht, verringert sich der Versorgungsanspruch damit um insgesamt 3.349,92 € (48 Monate x 69,79 €).

67

c) An der (echten und unechten) Rückwirkung von Art. 17 Abs. 1 DNeuG fehlt es nicht deshalb, weil die rückwirkende Änderung von § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F., wie es in der Gesetzesbegründung heißt, aus Sicht der Verwaltung lediglich klarstellender Natur sei (vgl. BTDrucks 16/7076, S. 186). Zwar liegt grundsätzlich keine Rückwirkung vor, wenn die Neuregelung deklaratorischer Art ist, also nur bestätigt, was von vornherein aus der verkündeten ursprünglichen Norm folgte (vgl. BVerfGE 18, 429 <436>; 50, 177 <193>; 126, 369 <393>). Dies ist hier aber nicht der Fall.

68

Die verbindliche Auslegung von Rechtssätzen ist Aufgabe der Gerichte. Eine vom Gesetzgeber etwa beanspruchte Befugnis zu "authentischer" Interpretation der rückwirkend geänderten Norm ist daher nicht anzuerkennen (vgl. BVerfGE 65, 196 <215>; 111, 54 <107>; 126, 369 <392>). Deren Regelungsgehalt ist vielmehr nach allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln. Dabei genügt für die Beantwortung der Frage, ob eine rückwirkende Regelung konstitutiven Charakter hat, die Feststellung, dass die geänderte Norm von den Gerichten nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in einem Sinn ausgelegt werden konnte und ausgelegt worden ist, die mit der Neuregelung ausgeschlossen werden soll. So liegt es hier.

69

Das Tatbestandsmerkmal "nach den sonstigen Vorschriften berechnete Ruhegehaltssatz" in § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. konnte unterschiedlich ausgelegt werden. Während die Verwaltung sowie die Instanzrechtsprechung und ein Teil der Literatur zunächst davon ausgingen, dass damit nur der auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechnete ("erdiente") Ruhegehaltssatz gemeint sei, gelangte das Bundesverwaltungsgericht zu der Überzeugung, dass es sich auch bei dem Mindestruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG um einen "berechneten" Ruhegehaltssatz im Sinne des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. handelte. Da nichts dafür spricht, dass eine der beiden Auslegungsalternativen - etwa wegen Überschreitung der Grenzen richterlicher Rechtsfindung (vgl. BVerfGE 96, 375 <394 f.>; 113, 88 <103 f.>; 122, 248 <257 f.>) - auszuscheiden gewesen wäre, hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung eine Streitfrage abweichend von höchstrichterlicher Rechtsprechung in einem bestimmten Sinne und damit konstitutiv entschieden.

70

2. Art. 17 Abs. 1 DNeuG ist im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Grenzen rückwirkender Gesetzgebung nicht zu beanstanden.

71

a) aa) Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes, unter deren Schutz Sachverhalte "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 63, 343 <356 f.>; 72, 200 <242>; 97, 67 <78 f.>). Die Grundrechte wie auch das Rechtsstaatsprinzip garantieren im Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde den Einzelnen in seiner Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an sein Verhalten oder an ihn betreffende Umstände ohne weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt seines rechtserheblichen Verhaltens galten (vgl. BVerfGE 63, 343 <357>; 72, 200 <257 f.>; 97, 67 <78>; 109, 133 <180>; 114, 258 <300 f.>; 127, 1 <16>).

72

bb) Die "echte" Rückwirkung ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen") ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Erst mit der Verkündung, das heißt, mit der Ausgabe des ersten Stücks des Verkündungsblattes, ist eine Norm rechtlich existent. Bis zu diesem Zeitpunkt, zumindest aber bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss (vgl. BVerfGE 97, 67 <78 f.> m.w.N.), muss der von einem Gesetz Betroffene grundsätzlich darauf vertrauen können, dass seine auf geltendes Recht gegründete Rechtsposition nicht durch eine zeitlich rückwirkende Änderung der gesetzlichen Rechtsfolgenanordnung nachteilig verändert wird (vgl. BVerfGE 63, 343 <353 f.>; 67, 1 <15>; 72, 200 <241 f.>; 97, 67 <78 f.>; 114, 258 <300>). Ausnahmsweise können aber zwingende Belange des Gemeinwohls oder ein nicht - oder nicht mehr - vorhandenes schutzbedürftiges Vertrauen des Einzelnen eine Durchbrechung des Verbots einer "echten" Rückwirkung gestatten (vgl. BVerfGE 72, 200 <258>; 97, 67 <79 f.>; 101, 239 <263 f.>).

73

cc) Dagegen ist die "unechte" Rückwirkung ("tatbestandliche Rückanknüpfung") nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (vgl. BVerfGE 63, 343 <357>; 105, 17 <40>; 114, 258 <301>). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren (vgl. BVerfGE 63, 312 <331>; 67, 1 <15>; 71, 255 <272>; 76, 256 <349 f.>). Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. BVerfGE 38, 61 <83>; 68, 193 <222>; 105, 17 <40>; 109, 133 <180 f.>; 125, 104 <135>).

74

Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Dabei sind die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage abzuwägen (vgl. BVerfGE 30, 392 <404>; 50, 386 <395>; 67, 1 <15>; 75, 246 <280>; 105, 17 <37>; 114, 258 <300>) und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (vgl. BVerfGE 72, 200 <242 f.>; 95, 64 <86>; 101, 239 <263>; 116, 96 <132>; 122, 374 <394>; 123, 186 <257>). Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (vgl. BVerfGE 127, 1 <18>).

75

dd) Der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes hat in Art. 33 Abs. 5 GG eine besondere Ausprägung erfahren. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums sollen dem Beamten Rechtssicherheit hinsichtlich der durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Güter gewährleisten und insbesondere verhindern, dass versorgungsberechtigte Beamte in ihrem schutzwürdigen Vertrauen darauf, im Alter amtsangemessen versorgt zu sein, enttäuscht werden (vgl. BVerfGE 76, 256 <347> m.w.N.). Die für die Beurteilung rückwirkender Rechtsänderungen zulasten der Beamten und Versorgungsempfänger nach Art. 33 Abs. 5 GG heranzuziehenden Maßstäbe unterscheiden sich jedenfalls in der vorliegenden Konstellation nicht grundsätzlich von den Maßstäben, die auch sonst für rückwirkende belastende Gesetze gelten.

76

b) Der rückwirkenden Inkraftsetzung des § 14a Abs. 1 BeamtVG steht kein schutzwürdiges Vertrauen der betroffenen Beamten entgegen. Daher bedarf es auch keiner nach "echter" und "unechter" Rückwirkung differenzierenden Würdigung.

77

aa) Das durch das Rechtsstaatsprinzip und Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Vertrauen auf die geltende Rechtslage ist nur schutzwürdig, wenn die gesetzliche Regelung generell geeignet ist, ein Vertrauen auf ihr Fortbestehen zu begründen und darauf gegründete Entscheidungen - insbesondere Vermögensdispositionen - herbeizuführen, die sich bei Änderung der Rechtslage als nachteilig erweisen (vgl. BVerfGE 13, 39 <45 f.>; 30, 367 <389>). Ist das Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand einer bestimmten Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig, ist ein rückwirkender belastender Eingriff ausnahmsweise zulässig. Das ist etwa dann der Fall, wenn das rückwirkend geänderte Recht unklar und verworren war (vgl. BVerfGE 13, 261 <272>; 50, 177 <193 f.>; 126, 369 <393 f.>) oder wenn ein Zustand allgemeiner und erheblicher Rechtsunsicherheit eingetreten war und für eine Vielzahl Betroffener Unklarheit darüber herrschte, was rechtens sei (vgl. BVerfGE 72, 302 <325 f.>).

78

bb) Ein hinreichend gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen, dass es sich bei dem Mindestruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG um einen "berechneten" Ruhegehaltssatz im Sinne des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. handele, konnte sich unter den gegebenen Umständen nicht entwickeln.

79

(1) Der Regelungsgehalt des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. war in dieser Hinsicht nicht eindeutig. Die Vorschrift wurde von der für die Beamtenversorgung zuständigen Verwaltung sowie von der Instanzrechtsprechung und einem Teil der Literatur zunächst dahingehend ausgelegt, dass der "nach sonstigen Vorschriften berechnete Ruhegehaltssatz" nur ein auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechneter ("erdienter") Ruhegehaltssatz sei, insbesondere der nach § 14 Abs. 1 BeamtVG berechnete Ruhegehaltssatz. Vom Anwendungsbereich des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. ausdrücklich ausgenommen wurden die Mindestruhegehaltssätze gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 BeamtVG, weil beide - ohne Bezug zur tatsächlich ruhegehaltfähigen Dienstzeit - abstrakt gesetzlich vorgegeben und deshalb nicht "berechnet" seien.

80

(2) Zwar kam das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 23. Juni 2005 unter Hinweis auf Wortlaut, Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. zu dem Ergebnis, dass auch der Mindestruhegehaltssatz nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG ein Ruhegehaltssatz im Sinne des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. sei. Schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand dieses Normverständnisses konnte allein aus dieser Entscheidung indes nicht erwachsen.

81

(a) Entscheidungen oberster Gerichte, die vornehmlich zur grundsätzlichen Auslegung und Weiterentwicklung des Rechts berufen sind, wirken zwar über den entschiedenen Einzelfall hinaus als - freilich nur richtungweisendes - Präjudiz für künftige Fälle. Die höchstrichterliche Rechtsprechung erzeugt aber keine dem Gesetzesrecht gleichkommende Rechtsbindung (vgl. BVerfGE 84, 212 <227>; 122, 248 <277>). Weder sind die unteren Gerichte an die höchstrichterliche Rechtsprechung gebunden, noch sind es die obersten Gerichte selbst. Kein Prozessbeteiligter kann daher darauf vertrauen, der Richter werde stets an einer bestimmten Rechtsauffassung aus der bisherigen Judikatur festhalten (vgl. BVerfGE 78, 123 <126>; 87, 273 <278>). Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Entscheidungen kann daher in der Regel nur bei Hinzutreten weiterer Umstände, insbesondere bei einer gefestigten und langjährigen Rechtsprechung entstehen (vgl. BVerfGE 72, 302 <326>; 122, 248 <278>; 126, 369 <395>).

82

(b) Bis zur Verkündung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes war nicht sicher davon auszugehen, dass das Bundesverwaltungsgericht an seiner Auslegung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. festhalten würde. Eine in dieser Richtung gefestigte Rechtsprechung bestand nicht. Vielmehr wich das Urteil vom 23. Juni 2005 von der bis dahin bestehenden Verwaltungspraxis sowie von der in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend vertretenen Auslegung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. ab. Zwar schlossen sich in der Folgezeit einige Instanzgerichte dem Bundesverwaltungsgericht an; zumindest ein Oberverwaltungsgericht folgte dessen Rechtsprechung jedoch nicht (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16. Januar 2008 - 21 A 2098/06 -, juris, Rn. 30 ff.), auch stieß das Urteil auf erhebliche Kritik im Schrifttum (vgl. Bauer/Zahn, a.a.O., § 14a BeamtVG Rn. 2 mit Fn. 2 ; Grunefeld, a.a.O., S. 122 <127>).

83

Im Rahmen dieser Kritik wurde darauf hingewiesen, dass die vorübergehende Erhöhung des Mindestruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG zu Ergebnissen führen kann, die über den Regelungszweck des § 14a BeamtVG hinausgehen. § 14a BeamtVG soll versorgungsrechtlichen Nachteilen entgegenwirken, die sich wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen von Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung für den Zeitraum ergeben können, in dem ein Besoldungsanspruch nicht mehr besteht, die für Invalidität und Alter vorgesehenen Leistungen aber noch nicht in vollem Umfang ausgeschöpft werden können (vgl. BTDrucks 10/4225, S. 21; BVerwGE 111, 93 <96 f.>; Strötz, a.a.O., § 14a BeamtVG Rn. 1 ). Diesem Ziel wird die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. zwar gerecht. Sie vermeidet insbesondere, dass § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. in den Fällen leerläuft, in denen die Versorgungsbezüge trotz des vorübergehenden Ausschlusses des Beamten von einer gesetzlichen Rente auch bei Einbeziehung der Pflichtbeitragszeiten nach Maßgabe von § 14a Abs. 2 BeamtVG die Mindestversorgung nicht überschreiten.

84

Sie greift jedoch über das Ziel des Gesetzgebers hinaus, soweit ein Beamter durch die vorübergehende Erhöhung des Mindestruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine höhere Gesamtversorgung erhält, als er aufgrund von § 14 Abs. 5 BeamtVG bei Erreichen der Regelaltersgrenze erhalten wird. Im Zeitraum zwischen dem vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand bis zum Beginn des Rentenbezugs ist der Beamte dadurch quasi "überversorgt" (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 38; Grunefeld, a.a.O., S. 122 <127>). Mit diesem Aspekt setzt sich die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 nicht auseinander.

85

Kritik hat diese Entscheidung auch deshalb erfahren, weil die vorübergehende Erhöhung des Mindestruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BeamtVG zu einer Besserstellung von Beamten, die zunächst in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig waren, gegenüber Beamten, die ausschließlich in einem Beamtenverhältnis standen, führen kann, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich ist. In Fällen, in denen letzteren lediglich Ansprüche auf die Mindestversorgung gemäß § 14 Abs. 4 BeamtVG zustehen, könnte bei ersteren, die Pflichtbeitragszeiten für die gesetzliche Rentenversicherung vorweisen können, trotz gleicher Arbeits- und Dienstzeit der Mindestruhegehaltssatz vorübergehend erhöht werden. Den versorgungsrechtlichen Nachteilen gemischter Erwerbskarrieren wird insoweit mehr als nur entgegengewirkt, weil die Betroffenen vorübergehend eine höhere Gesamtversorgung erhalten, als ihnen zustünde, wenn die relevanten Pflichtbeitragszeiten ruhegehaltfähige Dienstzeiten wären (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 31 ff.; Bauer/Zahn, a.a.O., Rn. 2 mit Fn. 2 ). Das Bundesverwaltungsgericht war davon ausgegangen, dass dies wegen der erheblich abweichenden Staffelung der Sätze nach § 14 Abs. 1 BeamtVG und nach § 14a Abs. 2 BeamtVG nur in besonderen Ausnahmefällen vorkommen werde und zudem einer Korrektur in Anwendung des Rechtsgedankens aus § 14 Abs. 5 BeamtVG zugänglich sein könnte (vgl. BVerwGE 124, 19 <25>).

86

(c) Die für die Beamtenversorgung zuständigen Behörden haben zudem ganz überwiegend keinen Zweifel daran gelassen, dass dem Urteil vom 23. Juni 2005 über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht gefolgt werden solle und eine gesetzliche Klarstellung erforderlich sei. Demgemäß wurden in der Folgezeit Anträge auf vorübergehende Erhöhung des Ruhegehalts auf der Basis des Mindestruhegehaltssatzes gemäß § 14 Abs. 4 BeamtVG abgelehnt, darunter auch Anträge von Bundesbeamten, die - wie der Kläger des Ausgangsverfahrens - beim Bundesgrenzschutz tätig waren (vgl. VG Magdeburg, Urteil vom 6. März 2007 - 5 A 191/06 -, juris, Rn. 4; VG Berlin, Urteil vom 5. Juni 2008 - 5 A 60.07 -, juris, Rn. 8). Jedenfalls durch die entsprechenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren war die Haltung der Verwaltung auch allgemein bekannt. Hinzu kamen Gesetzesinitiativen auf Bundes- wie auf Landesebene, mit denen die unveränderte Verwaltungspraxis gesetzlich abgesichert werden sollte (vgl. BTDrucks 16/7076, S. 186; ferner etwa für Brandenburg LTDrucks 4/5154, S. 7; für Thüringen LTDrucks 4/2616, S. 11) und die in den Ländern teilweise bereits im Jahr 2007 zu entsprechenden Bestimmungen führten (vgl. etwa § 3 Abs. 1 des brandenburgischen Beamtenversorgungsergänzungsgesetzes, gemäß Art. 6 des Gesetzes vom 21. November 2007 in Kraft getreten am 27. November 2007; § 4 Abs. 1 des Thüringer Gesetzes über ergänzende Bestimmungen zur Beamtenversorgung, gemäß Art. 4 des Gesetzes vom 31. Januar 2007 in Kraft getreten am 1. März 2007).

87

(d) Unter diesen Umständen lag es - trotz der Gefolgschaft der Mehrzahl der Instanzgerichte - nicht fern, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsauffassung korrigieren werde. Dementsprechend fehlte es an einer hinreichend sicheren Grundlage für ein Vertrauen in den Fortbestand der auf dieser Entscheidung beruhenden Rechtslage. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht letztlich an seiner Auslegung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. festgehalten und diese gegen Kritik verteidigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. November 2009 - 2 C 29/08 -, juris, Rn. 9 ff.). Diese Entscheidung erging jedoch nach der Verkündung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes und konnte deshalb nicht mehr vertrauensbildend wirken (vgl. BVerfGE 72, 200 <254>; 97, 67 <78 f.>; 114, 258 <300>).

88

cc) Art. 17 Abs. 1 DNeuG stößt auch unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung des Vertrauensschutzes im Bereich der Beamtenversorgung (oben B. I. 2. a dd) nicht auf rechtsstaatliche Bedenken. § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F wurde rückwirkend in einem Sinne geändert, der der Verwaltungspraxis sowie der zunächst überwiegenden Auslegung dieser Norm in Rechtsprechung und Schrifttum entsprach. Die von der Rückwirkung Betroffenen hatten sich während des ganz überwiegenden Teils ihrer Dienstzeit darauf einzustellen, dass nur ihr "erdienter" Ruhegehaltssatz vorübergehend erhöht werden kann. Vor diesem Hintergrund konnten sie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2005 nicht ohne weiteres zum Anlass für erhebliche Dispositionen im Vertrauen auf dessen Bestand nehmen, zumal die vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes auf die Zeit zwischen dem vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand und dem Beginn des Rentenbezugs beschränkt ist und spätestens mit Erreichen der Regelaltersgrenze wegfällt (vgl. § 14a Abs. 3 BeamtVG), es also um zeitlich begrenzte Dispositionsmöglichkeiten ging. Auch liegt die mit der Rechtsänderung verbundene Rückführung der Versorgungsbezüge - beim Kläger des Ausgangsverfahrens monatlich 69,79 €, entsprechend 3,96 v.H. der Bruttoversorgung - in einem von den Betroffenen beherrschbaren Rahmen und lässt eine Unterschreitung des von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Kernbestandes der Alimentation nicht besorgen. Daher war der Gesetzgeber auch nicht verpflichtet, die Änderung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. nach Maßgabe angemessener Übergangsregelungen in Kraft zu setzen.

II.

89

Art. 17 Abs. 1 DNeuG verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Nicht durchgreifend sind die vom Bundesverwaltungsgericht im Hinblick darauf erhobenen Bedenken, dass die rückwirkende Änderung von § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. nicht eingreift, wenn Versorgungsbezüge bereits gemäß § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. in Verbindung mit § 14 Abs. 4 BeamtVG festgesetzt worden sind.

90

Bei der rückwirkenden Kürzung gesetzlicher Ansprüche steht der Gesetzgeber generell vor der Frage, wie er mit bereits rechtskräftig festgestellten oder bestandskräftig gewordenen Ansprüchen umgeht. Insoweit stehen sich zwei in gleicher Weise mit Verfassungsrang ausgestattete Prinzipien gegenüber: Das Prinzip der (Einzelfall-)Gerechtigkeit, das es gebietet, auch rechtskräftig festgestellte oder bestandskräftig gewordene Ansprüche von der Begünstigung auszuschließen, und das Prinzip der Rechtssicherheit, aus dem die grundsätzliche Rechtsbeständigkeit rechtskräftiger Gerichtsentscheidungen und sonstiger in Bestandskraft erwachsender Akte der öffentlichen Gewalt folgt. Es ist Sache des Gesetzgebers, welchem der beiden Prinzipien im konkreten Fall der Vorzug gegeben werden soll (vgl. BVerfGE 15, 313 <319>; 19, 150 <166>; 29, 413 <432>; 48, 1 <22>; 72, 302 <327 f.>).

91

Danach ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber für die Gruppe der Versorgungsempfänger, deren Versorgungsbezüge bereits rechtskräftig festgesetzt und ausbezahlt worden sind, der Rechtssicherheit den Vorrang gegenüber der (Einzelfall-)Gerechtigkeit eingeräumt hat. Dies gilt umso mehr, als diese Gruppe ohnehin vor der Erstattung der aufgrund der rückwirkenden Änderung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a.F. zuviel gezahlten Beträge geschützt wäre (vgl. § 52 Abs. 1 BeamtVG).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 10. September 2013 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt im Eilverfahren die vorläufige Feststellung, dass zwei von ihr betriebene Spielhallen einstweilen keiner weiteren Erlaubnis bedürfen und als mit Vorschriften des Spielhallenrechts vereinbar gelten.

2

Die Antragstellerin betreibt zwei Spielhallen in der L-Straße. Ursprünglich hatte sie dort eine Spielhalle mit einer Grundfläche von 153,78 m² betrieben. Hierfür hatte ihr die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 17. August 2007 eine unbefristete Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt. Nach Durchführung von Um- und Ausbaumaßnahmen beantragte die Antragstellerin unter dem 23. September 2011 jeweils eine Erlaubnis nach § 33i GewO für den Betrieb zweier Spielhallen im gleichen Gebäude, nämlich einer 144,61 m² großen Spielhalle (Halle 1) und einer 72,30 m² großen Spielhalle (Halle 2). Mit zwei Bescheiden vom 1. November 2011 erteilte die Antragsgegnerin eine Erlaubnis gemäß § 33i GewO für den Betrieb einer 133,02 m² großen Spielhalle (Halle 1) und einer 72,30 m² großen Spielhalle (Halle 2). Die die Halle 1 betreffende Erlaubnis ersetzte die Antragsgegnerin später durch eine Erlaubnis vom 7. Februar 2012, mit der sie insoweit den Betrieb einer 144,61 m² großen Spielhalle (Halle 1) gemäß § 33i GewO genehmigte.

3

Mit ihrem im Juni 2013 anhängig gemachten Eilantrag hat die Antragstellerin die vorläufige Feststellung begehrt, dass die beiden von ihr in der L-Straße betriebenen Spielhallen einstweilen als mit §§ 24, 25 des Glücksspielstaatsvertrags (Art. 1 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland; durch Art. 1 § 2 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Glücksspielwesens vom 29.6.2012, HmbGVBl. 2012, S 235, mit Gesetzeskraft veröffentlicht; im Folgenden: GlüStV) vereinbar gelten und keiner glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Hamburg (Hamburgisches Spielhallengesetz – HmbSpielhG – vom 4.12.2012, HmbGVBl. 2012, S. 505) bedürfen. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass für die Halle 1 die lange Übergangsfrist aus § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 1 HmbSpielhG gelte, denn die Übergangsfristen seien betriebsbezogen. Für die Halle 1 besitze sie eine gewerberechtliche Erlaubnis seit dem 17. August 2007. Diese sei ihr mithin lange vor dem maßgeblichen Stichtag (28. Oktober 2011) erteilt worden. Für die Halle 2 sei ihr eine Erlaubnis zwar erst(mals) am 1. November 2011 erteilt worden. Sie hätte aber bei richtiger Handhabung durch die Antragsgegnerin spätestens am 28. Oktober 2011 erteilt werden können. Aus § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG folge überdies und dessen ungeachtet nicht, dass sie diese Spielhalle nicht über den 30. Juni 2013 hinaus auf der Grundlage des alten Rechts weiterbetreiben dürfe, weil die genannten kurzen Übergangsregelungen verfassungswidrig seien. Die Vorschriften verletzten ihr Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG insbesondere, weil sie eine unangemessen kurze, das Vertrauen in den Fortbestand der alten Rechtslage verletzende Übergangsfrist vorsehe. Die Vorschriften verletzten ferner ihre Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG und den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.

4

Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 10. September 2013 abgelehnt: Für beide von der Antragstellerin betriebenen Spielhallen gelte die (kurze) Übergangsfrist aus § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG. Denn maßgeblich sei auf den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung abzustellen, der bei beiden Spielhallen nach dem 28. Oktober 2011 liege. Auf den Zeitpunkt der Antragstellung komme es ebenso wenig an wie auf eine etwaige frühere Entscheidungsreife. Im Hinblick auf die Halle 1 könne sich die Antragstellerin auch nicht auf die im August 2007 erteilte Erlaubnis berufen, denn diese sei durch die vorgenommenen Umbaumaßnahmen erloschen. Die Antragstellerin habe im Übrigen die Möglichkeit gehabt, durch eine frühzeitige Antragstellung selbst dafür zu sorgen, dass die Erlaubnisse vor dem Stichtag hätten erteilt werden können. Die erforderlichen Unterlagen hätten der Antragsgegnerin aber erst am 27. Oktober 2011 vollständig vorgelegen. Die (kurzen) Übergangsregelungen aus § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG seien mit Verfassungsrecht vereinbar. Eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG liege nicht vor. Bereits der Schutzbereich sei nicht eröffnet. Dessen ungeachtet handele es sich bei den Übergangsregelungen um zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen. Sie dienten der Befristung alter gewerberechtlicher Erlaubnisse, um die mit den Neuregelungen im Spielhallenrecht verfolgten Ziele, bei denen es sich um überragend wichtige Gemeinschaftsgüter handele, alsbald erreichen zu können. Der Gesetzgeber habe dabei den Vertrauensschutz der Spielhallenbetreiber ausreichend beachtet. Die Differenzierung bei den Übergangsregelungen zwischen Spielhallenbetreibern, denen eine gewerberechtliche Erlaubnis bis zum 28. Oktober 2011 erteilt worden sei, und solchen, denen diese Erlaubnis erst später erteilt worden sei, sei sachgerecht, weil von dem Zeitpunkt der Beschlussfassung der Ministerpräsidenten der Länder über die Eckpunkte eines neuen Glücksspielstaatsvertrags am 28. Oktober 2011 an in informierten Kreisen mit den restriktiven Neuregelungen zu rechnen gewesen sei. Die differenzierten Übergangsregelungen dienten dem Ziel, Mitnahmeeffekte für den Übergangszeitraum bis zum Inkrafttreten des neuen Rechts zu verhindern. Die kurze Übergangsfrist für solche Erlaubnisinhaber, die im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung mit den Neuregelungen hätten rechnen können, sei angesichts des gewichtigen öffentlichen Interesses an den mit den Neuregelungen verfolgten Zielen auch angemessen. Die Antragstellerin habe auch nicht glaubhaft gemacht, dass die kurzen Übergangsfristen ihre Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzten. Diese seien durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Schließlich werde auch der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Es sei nicht gleichheitswidrig, unterschiedliche Übergangsfristen vorzusehen, je nachdem, wann eine gewerberechtliche Erlaubnis erteilt worden sei.

II.

5

Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

6

Es kann offen bleiben, ob die Antragstellerin mit den in ihrer Beschwerdebegründung dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts ernsthaft in Zweifel gezogen hat. Zugunsten der Antragstellerin geht der Senat hiervon aus. Die hiernach grundsätzlich zulässige vollständige Überprüfung der Sach- und Rechtslage durch das Beschwerdegericht führt im Ergebnis indes zu keiner Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel festzustellen, dass die beiden von ihr in der L-Straße betriebenen Spielhallen einstweilen als mit den §§ 24, 25 GlüStV vereinbar gelten und keiner glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG bedürfen, abgelehnt. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Beide von ihr in der L-Straße betriebenen Spielhallen unterfallen der kurzen Übergangsfrist aus § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG und bedürfen deshalb seit dem 1. Juli 2013 einer Erlaubnis nach § 24 GlüStV bzw. § 2 Abs. 1 HmbSpielhG (hierzu 1.). Die mit einer einjährigen Übergangsfrist versehene Erlaubnispflicht nach neuem Recht für im Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits bestehende Spielhallen, denen nach dem 28. Oktober 2011 eine gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden ist, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (hierzu 2.).

7

1. Beide von der Antragstellerin in der L-Straße betriebenen Spielhallen unterfallen der kurzen Übergangsfrist aus § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG und bedürfen deshalb seit dem 1. Juli 2013 einer Erlaubnis nach § 24 GlüStV bzw. § 2 Abs. 1 HmbSpielhG. Denn für beide Spielhallen ist die maßgebliche Erlaubnis nach § 33i GewO am 1. November 2011 und damit zeitlich nach dem in den Vorschriften genannten Stichtag – dem 28. Oktober 2011 – erteilt worden. Die Vorschriften stellen ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung und nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung oder der Entscheidungsreife des Antrags auf Erlaubniserteilung ab. Ob einer der letztgenannten Zeitpunkte im Einzelfall maßgeblich sein kann – und die Übergangsvorschriften zu Gunsten der Inhaber einer vor dem Stichtag beantragten und nach dem Stichtag erteilten gewerberechtlichen Erlaubnis entsprechend auszulegen sind –, wenn die Behörde die Erlaubniserteilung pflichtwidrig verzögert hat, kann dahinstehen. Denn hierfür ist jedenfalls vorliegend nichts ersichtlich, da die Antragstellerin die Anträge auf Erlaubniserteilung für die beiden Spielhallen in der L-Straße – ungeachtet ihrer Entscheidungsreife – am 23. September 2011 erstmalig gestellt und die Antragsgegnerin diese Anträge innerhalb von nicht einmal sechs Wochen beschieden hat. Dass dieser Zeitraum im Regelfall nicht unangemessen lang ist, bestätigt die in § 75 Satz 2 VwGO und § 42a Abs. 2 Satz 1 VwVfG zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wertung. Der Hinweis der Antragstellerin auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 14.3.1961, NJW 1961, 1275, juris Rn. 8) rechtfertigt insoweit keine andere Einschätzung. Diese Rechtsprechung betrifft den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der – zwischenzeitlich geänderten – Rechtslage bei Verpflichtungsklagen und behandelt also eine prozessrechtliche Fragestellung. Diese unterscheidet sich von der hier aufgeworfenen materiell-rechtlichen Frage, ob bei Stichtagsregelungen, in denen auf den Zeitpunkt einer Erlaubniserteilung abgestellt wird, abweichend auf den Zeitpunkt der vorangegangenen Antragstellung bzw. auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife eines Antrags auf Erlaubniserteilung abgestellt werden muss.

8

Die kurze Übergangsfrist aus § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG gilt namentlich auch für die Halle 1, denn auch insoweit ist (nur) auf die unter dem 1. November 2011 erteilte gewerberechtliche Erlaubnis abzustellen. Auf die im August 2007 erteilte gewerberechtliche Erlaubnis kommt es demgegenüber nicht an, denn im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Spielhallenrechts hat die Antragstellerin die Halle 1 auf der Grundlage der am 1. November 2011 erteilten gewerberechtlichen Erlaubnis betrieben. Dass, worauf die Antragstellerin wiederholt verwiesen hat, die Übergangsfristen in § 29 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG „betriebsbezogen“ seien, ändert hieran nichts. Denn ungeachtet der Frage, ob hierin ihre Betriebs- oder Personenbezogenheit zum Ausdruck gelangt, stellen die genannten Vorschriften nicht nur darauf ab, dass eine bestimmte Spielhalle bei Inkrafttreten des neuen Rechts bereits betrieben wird, sondern darüber hinaus zusätzlich darauf, ob bis zum bzw. nach dem Stichtag eine gewerberechtliche Erlaubnis erteilt worden war. Hierbei nehmen sie nicht irgendeine in der Vergangenheit erteilte Erlaubnis in Bezug, sondern die Erlaubnis, auf deren Grundlage die betreffende Spielhalle im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Spielhallenrechts betrieben wird und die bei ihrer Erteilung ggf. ein Vertrauen in ihren Fortbestand begründet haben kann. Dies ist bei der von der Antragstellerin als Halle 1 betriebenen Spielhalle die Erlaubnis vom 1. November 2011 und nicht die Erlaubnis vom 17. August 2007, auf deren Grundlage die Antragstellerin in der Vergangenheit eine so nicht mehr existierende Spielhalle in der L-Straße betrieben hatte.

9

Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auf die Regelung in § 9 Abs. 5 HmbSpielhG. Ungeachtet der Frage, ob sich § 9 Abs. 5 HmbSpielhG auch auf die Übergangsregelungen in § 9 Abs. 1 HmbSpielhG bezieht, regelt diese Vorschrift die Folgen eines Betreiberwechsels während laufender Übergangsfristen bei einer Spielhalle, die vor dem Inkrafttreten des neuen Glücksspielrechts gewerberechtlich erlaubt worden ist und bei seinem Inkrafttreten auf der Grundlage dieser Erlaubnis betrieben wird. (Nur) mit dieser Frage befassen sich auch die von der Antragstellerin angeführte Entscheidung des OVG Lüneburg (Beschl. v. 8.11.2013, GewArch 2014, 30, juris Rn. 7 ff.) sowie das Schreiben des Bayerischen Staatsministers des Inneren vom 16. März 2012. Die Frage, welche Relevanz eine in der Vergangenheit erteilte Erlaubnis, von der kein Gebrauch mehr gemacht wird, bei der Anwendung der Übergangsvorschriften in § 29 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG hat, beantwortet § 9 Abs. 5 HmbSpielhG hingegen nicht. Und auch wenn in dieser Vorschrift die „Betriebsbezogenheit“ der Übergangsvorschriften zum Ausdruck gelangen sollte, ändert dies nichts daran, dass § 29 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG für die Dauer der Übergangsfrist danach unterscheiden, ob für eine bei Inkrafttreten des neuen Rechts bereits legal betriebene Spielhalle die hierfür maßgebliche gewerberechtliche Erlaubnis bis zum oder nach dem maßgeblichen Stichtag erteilt worden ist.

10

2. Die mit einer kürzeren, nach § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV einjährigen Übergangsfrist versehene Erlaubnispflicht nach neuem Recht für im Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits bestehende Spielhallen, denen nach dem 28. Oktober 2011 eine gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden ist, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die gesetzlichen Regelungen verletzen weder die Berufsfreiheit der betroffenen Spielhallenbetreiber aus Art. 12 Abs. 1 GG (hierzu a)) noch deren Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG (hierzu b)). Es verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, dass gemäß § 29 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG abhängig vom Zeitpunkt der gewerberechtlichen Erlaubniserteilung unterschiedliche Übergangsfristen für bei Inkrafttreten des neuen Rechts bereits betriebene Spielhallen gelten (hierzu c)).

11

a) Die mit einer einjährigen Übergangsfrist versehene Erlaubnispflicht nach neuem Recht für im Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits bestehende Spielhallen, denen nach dem 28. Oktober 2011 eine gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden ist, verletzen nicht die Berufsfreiheit der hiervon betroffenen Spielhallenunternehmer aus Art. 12 Abs. 1 GG.

12

Mit der nach neuem Recht auch für bereits bestehende Spielhallen geltenden Erlaubnispflicht (§ 24 GlüStV, § 2 Abs. 1 HmbSpielhG) greift der Gesetzgeber in die Berufsfreiheit der Spielhallenbetreiber aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Hierbei handelt es sich um Regelungen der Berufsausübung und nicht der Berufswahl. Dies gilt auch dann, wenn – wie dies auch für die von der Antragstellerin in der L-Straße betriebenen Spielhallen mit Blick auf das Verbot von Mehrfachkonzessionen und das Gebot vom Mindestabstand zwischen Spielhallen (§ 25 GlüStV, § 2 Abs. 2 HmbSpielhG) im Raum steht – die Anwendung des neuen Rechts für die Betreiber bestehender Spielhallen dazu führt, dass einzelne Spielhallenstandorte nach Ablauf der Übergangsfrist nicht weiterbetrieben werden dürfen, weil die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nach neuem Recht nicht erfüllt sind. Auch dann wird weder der Zugang zum Beruf eines Spielhallenbetreibers an sich verhindert oder von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht, noch werden die betroffenen Spielhallenbetreiber verpflichtet, diesen Beruf aufzugeben. Es steht ihnen jederzeit frei, eine andere Spielhalle an einem nicht unter die Restriktionen des neuen Rechts fallenden Ort zu eröffnen (vgl. BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 100; VGH Mannheim, Beschl. v. 4.4.2014, 6 S 1795/13, juris Rn. 11; OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, ZfWG 2014, 124, juris Rn. 53; VGH München, Beschl. v. 30.9.2013, ZfWG 2014, 151, juris Rn. 35; vgl. ferner OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, juris Rn. 29).

13

Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Betreiber bestehender Spielhallen ist gerechtfertigt. Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dies ist der Fall, wenn die eingreifende Norm kompetenzmäßig erlassen wurde, durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.11.2010, ZfWG 2011, 33, juris Rn. 44; Beschl. v. 19.7.2000, BVerfGE 102, 197, juris Rn. 64). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

14

An der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder zur Regelung des Spielhallenrechts bestehen keine durchgreifenden Zweifel. Bei den Neuregelungen zur Erlaubnispflicht von Spielhallen handelt es sich um Vorschriften, die im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Recht der Spielhallen zählen. Dieses Recht wird ausdrücklich vom Recht der Wirtschaft ausgenommen, das zur konkurrierenden Gesetzgebung gehört. Da das Recht der Spielhallen auch nicht in die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes nach Art. 73 GG fällt, gehört es gemäß Art. 70 GG zum Zuständigkeitsbereich der Länder (vgl. hierzu näher OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, juris Rn. 33 f.). Demgegenüber ist Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG, wonach das Bodenrecht der konkurrierenden Gesetzgebung unterfällt, nicht einschlägig. Dies gilt ersichtlich für die hier relevanten Regelungen zur Erlaubnispflicht von Spielhallen (vgl. StGH BW, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, UA S. 121; OVG Koblenz, Beschl. v. 27.5.2014, 6 B 10343/14, juris Rn. 4). Aber auch den weiteren Vorschriften des neuen Spielhallenrechts, namentlich den von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang genannten Vorschriften über das Verbot von Mehrfachkonzessionen und zum Mindestabstand zwischen Spielhallen, fehlt eine städtebauliche Zielsetzung gänzlich. Auch sie verfolgen vielmehr das ausschließliche Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen (vgl. hierzu eingehend BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 82; OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.4.2014, 7 ME 121/13, juris Rn. 43; VGH Mannheim, Beschl. v. 4.4.2014, 6 S 1795/13, juris Rn. 7 ff.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.1.2014, ZfWG 2014, 115, juris Rn. 22).

15

Aus Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG ergeben sich entgegen der Rechtsauffassung der Antragstellerin keine Zweifel an der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder. Die Landesgesetzgeber haben – ungeachtet der Frage, ob dies (un-) zulässig wäre – nicht auf der Grundlage von Art. 70 GG Regelungen für einen Zeitraum getroffen, zu dem das Spielhallenrecht noch ausschließlich im Bundesrecht geregelt war, sondern sie haben das Spielhallenrecht mit Wirkung für die Zukunft neu geregelt. Warum die Länder mit Blick auf Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG aus Kompetenzgründen gehindert sein sollen, auf der Grundlage einer nunmehr ihnen zukommenden Gesetzgebungskompetenz Regelungen für die Zukunft zu treffen und bei der Bestimmung von Übergangsfristen auf einen Stichtag abzustellen, der vor dem Inkrafttreten der betreffenden Regelungen liegt, erschließt sich dem Senat nicht. Auch der Beschwerdebegründung ist hierzu keine nachvollziehbare Begründung zu entnehmen (vgl. auch StGH BW, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, UA S. 128; OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, ZfWG 2014, 124, juris Rn. 64).

16

Die gesetzliche Neuordnung des Spielhallenrechts verfolgt einen legitimen Gemeinwohlzweck. Für sie sprechen zumindest vernünftige Gründe des Gemeinwohls, denn sie dient der Vermeidung und der Abwehr von Gefahren der Spielsucht (ebenso BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 102; OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, ZfWG 2014, 124, juris Rn. 10; vgl. auch BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, BVerfGE 115, 276, juris Rn. 98 f.: Bekämpfung der Spielsucht sei ein „besonders wichtiges Gemeinwohlziel“). Automatenglücksspiele können nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung zu krankhaftem Suchtverhalten führen. Spielsucht kann schwerwiegende Folgen nicht nur für den Betroffenen und seine Familie haben. Sie birgt wegen der drohenden Verschuldung des Betroffenen und seiner Familie sowie wegen der mit der Sucht nicht selten verbundenen Folge- und Begleitkriminalität auch Gefahren für die Gemeinschaft (zum Vorstehenden ausführlich OVG Hamburg, Beschl. v. 4.3.2014, 4 Bs 328/13, juris Rn. 36). Hieran knüpfen die Neuregelungen im Glücksspielrecht an: Sie sollen gemäß § 1 Satz 1 GlüStV das Entstehen von Glücksspielsucht verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung schaffen, durch ein begrenztes Glücksspielangebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen lenken, den Jugend- und Spielerschutz gewährleisten und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abwehren. Das Hamburgische Spielhallengesetz dient nach der Begründung des Gesetzentwurfs dem Ziel, Spielhallen in der Weise zu reglementieren, dass von ihnen keine besonderen Anreize für ihren Besuch ausgehen, dass das Angebot im Sinne der Bekämpfung der Spielsucht ausgestaltet ist, dass der Spielerschutz verbessert und der Jugendschutz eingehalten wird (vgl. Bü-Drs. 20/3228, S. 6 f.).

17

Die mit einer einjährigen Übergangsfrist versehene Erlaubnispflicht nach neuem Recht für im Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits bestehende Spielhallen, denen nach dem 28. Oktober 2011 eine gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden ist, wahrt auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die gesetzlichen Regelungen sind geeignet, erforderlich und angemessen, um die mit der Neuordnung des Spielhallenrechts verfolgten Gemeinwohlziele zu erreichen. Im Einzelnen:

18

Die mit einer einjährigen Übergangsfrist versehene Erlaubnispflicht nach neuem Recht für im Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits bestehende Spielhallen ist zur Förderung des mit den Neuregelungen im Spielhallenrecht verfolgten Gesetzeszwecks geeignet. Durch den Erlaubnisvorbehalt wird sichergestellt, dass im Rahmen eines präventiven Genehmigungsverfahrens geprüft werden kann, ob und inwieweit das jeweilige Vorhaben mit den Zielen des Gesetzgebers vereinbar ist. Die zuständigen Behörden werden in die Lage versetzt, durch Prüfung der – ihrerseits für die Erreichung des Gesetzeszwecks förderlichen und daher geeigneten (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 4.4.2014, 6 S 1795/13, juris Rn. 11) – Erlaubnisvoraussetzungen unmittelbar Einfluss auf Zahl und Gestaltung der Spielhallenbetriebe zu nehmen (vgl. BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 104). Die Einbeziehung auch bestehender Spielhallenbetriebe in die nach neuem Recht bestehende Erlaubnispflicht nach Ablauf der Übergangsfrist dient dazu, die gesetzlichen Neuregelungen in absehbarer Zeit und möglichst weitgehend umzusetzen (vgl. VGH München, Beschl. v. 30.9.2013, ZfWG 2014, 151, juris Rn. 37).

19

Die mit einer einjährigen Übergangsfrist versehene Erlaubnispflicht nach neuem Recht für im Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits bestehende Spielhallen ist zur Förderung des mit den – ihrerseits erforderlichen, weil ebenso geeignete, aber weniger belastende Mittel zur Reglementierung der Spielhallen nicht ersichtlich sind – Neuregelungen im Spielhallenrecht verfolgten Gesetzeszwecks ferner erforderlich. Würde darauf verzichtet, das neue Recht auch auf bereits bestehende Spielhallen zu erstrecken, könnte die beabsichtigte Bekämpfung des von Spielhallen ausgehenden Sucht-, Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitätspotentials zeitnah nicht erfolgen. Würde allen bei Inkrafttreten der Neuregelung bereits bestehenden Spielhallen eine längere Übergangsfrist eingeräumt, könnten die genannten Ziele jedenfalls nicht kurz- bzw. mittelfristig und damit zumindest nicht ebenso effektiv erreicht werden (vgl. VGH München, Beschl. v. 8.4.2014, 22 CS 14.224, juris Rn. 15 f.; OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, ZfWG 2014, 124, juris Rn. 13).

20

Es spricht nicht gegen die Erforderlichkeit der Regelung in § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG, dass – wie die Antragstellerin meint – die geringe Zahl der in Hamburg unter diese Regelung fallenden Spielhallen ohnehin vernachlässigt werden könne. Selbst wenn dies richtig sein sollte, wäre ein Verzicht auf eine kurze Übergangsfrist in diesen ggf. nur wenigen Fällen nicht ebenso geeignet, um die mit der Neuordnung des Spielhallenrechts verfolgten Ziele zeitnah zu erreichen. Überdies kann nicht ausgeschlossen werden, dass es eine hohe Zahl von „Vorratsanträgen“ auf Erteilung einer gewerberechtlichen Erlaubnis gegeben hätte, wenn für bei Inkrafttreten des neuen Rechts bestehende Spielhallen unabhängig vom Zeitpunkt der Erlaubniserteilung nach § 33i GewO keine oder eine längere Übergangsfrist vorgesehen worden wäre. Der Annahme, die Regelung in § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG sei erforderlich, steht ferner nicht entgegen, dass es in der Nähe von Spielhallen, die bereits zum 1. Juli 2013 das neue Recht zu beachten haben, andere Spielhallenstandorte oder Möglichkeiten des Glücksspiels geben kann, für die das neue Recht einstweilen noch nicht gilt. Denn auch dann wird durch die zeitnahe Geltung des neuen Rechts jedenfalls an einigen Standorten zumindest schrittweise ein besserer Schutz vor den durch Glücksspiel verursachten Gefahren erreicht. Dies ist im Vergleich zu einem vollständigen Verzicht auf eine zeitnahe Umsetzung des neuen Rechts effektiver (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, ZfWG 2014, 124, juris Rn. 36 f.).

21

Die mit einer einjährigen Übergangsfrist versehene Erlaubnispflicht nach neuem Recht für im Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits bestehende Spielhallen, denen nach dem 28. Oktober 2011 eine gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden ist, ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Dies gilt selbst dann, wenn die Anwendung des – seinerseits angesichts der damit verfolgten gewichtigen Gemeinwohlbelange angemessenen – neuen Rechts für die Betreiber bestehender Spielhallen dazu führt, dass einzelne Spielhallenstandorte nach Ablauf der Übergangsfrist nicht weiterbetrieben werden dürfen, weil die Erlaubniserteilungsvoraussetzungen nach neuem Recht nicht erfüllt sind.

22

Allerdings bewirkt die im neuen Recht vorgesehene Erlaubnispflicht auch für bereits bestehende, legal betriebene Spielhallen eine sog. unechte Rückwirkung (vgl. BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 93; StGH BW, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, UA S. 127; VGH München, Beschl. v. 8.4.2014, 22 CS 14.224, juris Rn. 12; OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, ZfWG 2014, 124, juris Rn. 57; OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.1.2014, ZfWG 2014, 115, juris Rn. 36). Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet oder wenn die Rechtsfolgen einer Norm zwar erst nach ihrer Verkündung eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.12.2010, BVerfGE 128, 90, juris Rn. 47, m.w.N.). So liegt es hier: Den Betreibern bestehender Spielhallen bleibt ihre vor Inkrafttreten der Neuregelung erteilte gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO zwar uneingeschränkt erhalten. Sie können von ihr allerdings nach Inkrafttreten der Neuregelung und nach Ablauf der Übergangsfrist mangels glücksspielrechtlicher Erlaubnis zunächst keinen Gebrauch mehr machen. Unter Umständen haben sie auch keine anderweitige Möglichkeit, den bisherigen Betrieb fortzuführen, wenn und weil die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nach dem neuen Spielhallenrecht nicht erfüllt sind. Insofern knüpft das neue Recht eine neue Rechtsfolge an den vor seinem Inkrafttreten aufgenommenen und darüber hinaus fortdauernden Spielhallenbetrieb der betroffenen Spielhallenbetreiber, indem sie eine in der Vergangenheit erworbene Rechtsposition nachträglich entwertet (vgl. VGH München, a.a.O., juris Rn. 12).

23

Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes vereinbar, wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.7.2010, BVerfGE 127, 31, juris Rn. 79 f., m.w.N.). Dabei kann es aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten sein, Übergangsregelungen zur Anpassung der Rechtslage an die vorgefundene – als regelungsbedürftig erachtete – Situation zu erlassen. Bei der Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse kommt dem Gesetzgeber allerdings ein breiter Gestaltungsspielraum zu. Zwischen dem sofortigen und übergangslosen Inkraftsetzen des neuen Rechts und dem ungeschmälerten Fortbestand bereits in der Vergangenheit begründeter subjektiver Rechtspositionen sind vielfache Abstufungen denkbar. Der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt nur, ob der Gesetzgeber bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.6.2010, BVerfGE 126, 112, juris Rn. 126; OVG Saarlouis, Beschl. v. 14.3.2014, 1 B 102/14, juris Rn. 25).

24

Nach diesen Grundsätzen ist die in § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV vorgesehene und in § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG aufgenommene Gewährung einer nur einjährigen Übergangsfrist für Spielhallen, für die eine nach dem 28. Oktober 2011 erteilte gewerberechtliche Erlaubnis vorliegt, nicht zu beanstanden. Dabei lässt es der Senat offen, ob die Angemessenheit der Übergangsregelung im Einzelfall schon mit Blick auf die im hamburgischen Landesrecht abweichend von der Vereinbarung im Staatsvertrag (vgl. § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV) vorgesehene, die Betreiber von Spielhallen im Einzelfall zusätzlich begünstigende Härtefallregelung in § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG auch für solche Spielhallen, die unter die kurze Übergangsfrist fallen, gewährleistet ist oder ob diese Härtefallregelung ihrerseits wegen Verstoßes gegen Verfassungsrecht einstweilen keine Berücksichtigung finden kann. Namentlich kann dahin stehen, ob die vorstehend genannte Härtefallregelung aufgrund ihrer Abweichung von den Vorgaben des Staatsvertrags gegen den sich aus dem Verfassungsrecht ergebenden, für alle Länder verbindlichen Grundsatz der Bundestreue bzw. des bundes- und länderfreundlichen Verhaltens verstößt, wonach jedes Bundesland gehalten ist, auch nach der Transformierung eines Staatsvertrags in „innerstaatliches Landesrecht“ auf die Interessen der anderen Länder, die sich im Staatsvertrag gebunden haben, Rücksicht zu nehmen und die staatsvertraglich eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten (vgl. hierzu VGH München, Urt. v. 23.7.2013, ZfWG 2014, 75, juris Rn. 37). Denn auch wenn die Härtefallregelung in § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG ausgeblendet wird, hat das betriebliche und wirtschaftliche Interesse der Spielhallenunternehmer und ihr Vertrauen darauf, ihre nach altem Recht genehmigte Spielhalle auch noch über den 30. Juni 2013 hinaus unverändert weiterbetreiben zu können, gegenüber dem besonders gewichtigen öffentlichen Interesse an einer wirkungsvollen Bekämpfung der Gefahren von Spielsucht durch Reglementierung der Zahl, Dichte und Betriebsform von Spielhallen unter Einschluss auch bestehender Spielhallen zurückzustehen. Denn dem Vertrauen der Spielhallenbetreiber, denen eine gewerberechtliche Erlaubnis erst nach dem 28. Oktober 2011 erteilt worden ist, kommt kein besonderes Gewicht zu. Bei Erteilung einer solchen Genehmigung war die restriktivere spielhallenrechtliche Neuregelung nämlich zumindest in den Grundzügen bereits absehbar. Die der Ausgestaltung der Übergangsregelung aus § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG zugrunde liegende gesetzgeberische Wertung, dass auf den Fortbestand einer unter derartigen Umständen erteilten Erlaubnis nicht in besonderer Weise vertraut werden kann und deshalb eine nur kurze Übergangsfrist das in den Fortbestand der früheren, bei Erlaubniserteilung geltenden Rechtslage gesetzte Vertrauen ausreichend berücksichtigt (diese Frist hält auch – bei isolierter Betrachtung – für zulässig: StGH BW, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, UA S. 129), ist daher nicht zu beanstanden. Im Einzelnen:

25

Mit dem Stichtag 28. Oktober 2011 bezieht sich der Gesetzgeber auf die an diesem Tag zu Ende gegangene Ministerpräsidentenkonferenz, bei der sich 15 der 16 Länder darauf verständigt haben, den neuen Glücksspielstaatsvertrag bis zum 15. Dezember 2011 unterzeichnen zu wollen. Jedenfalls in den interessierten Kreisen, zu denen die Betreiber von Spielhallen zählen, war spätestens mit dem Beschluss der Ministerpräsidenten klar, dass mit einer deutlich restriktiveren Neuregelung des Spielhallenrechts zu rechnen war. Hierüber war in der Tagespresse berichtet und in den einschlägigen Foren diskutiert worden (vgl. hierzu mit zahlreichen Nachweisen: VGH München, Beschl. v. 8.4.2014, 22 CS 14.224, juris Rn. 22 f.; siehe ferner OVG Koblenz, Beschl. v. 27.5.2014, 6 B 10343/14, juris Rn. 8; OVG Magdeburg, Beschl. v. 14.11.2013, ZfWG 2014, 49, juris Rn. 8 ff.; VGH München, Beschl. v. 22.10.2013, 10 CE 13.2008, juris Rn. 19). Auch die Antragstellerin stellt dies mit ihrer Beschwerdebegründung nicht in Abrede und legt eine Presseinformation vom 28. Oktober 2011 vor, wonach man sich anlässlich der Ministerpräsidentenkonferenz auf eine gemeinsame Linie „für das gewerbliche Spiel (Spielhallen)“ geeinigt habe, die es ermögliche, „suchtfördernden Fehlentwicklungen im Bereich der Spielhallen entgegen zu wirken“. Die Antragstellerin verweist diesbezüglich allerdings darauf, dass im Zeitpunkt der Beendigung der Ministerpräsidentenkonferenz noch nicht alle Einzelheiten der bevorstehenden Neuregelung bekannt gewesen seien und selbst das „ob“ einer Neuregelung noch nicht gänzlich gesichert gewesen sei. Hierauf kommt es indes nicht an. Denn allein die Aussicht darauf, dass sich die Rechtslage aus Sicht der Spielhallenbetreiber in absehbarer Zeit mit gewisser Wahrscheinlichkeit „verschlechtern“ würde, hat das Vertrauen darauf, dass die bei Erlaubniserteilung geltende Rechtslage auch zukünftig unverändert bestehen bleiben würde, beeinträchtigt. Nicht zu beanstanden ist daher die gesetzgeberische Einschätzung, dass die mit dem Ende der Ministerpräsidentenkonferenz absehbare Rechtsänderung bei Fehlen der beanstandeten Stichtagsregelung hinreichend Anlass gegeben hätte, auf die Erteilung von Erlaubnissen nach altem Recht hinzuwirken und solche „zur Sicherheit“ und „auf Vorrat“ zu erlangen (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, ZfWG 2014, 124, juris Rn. 33 ff.; OVG Magdeburg, a.a.O., juris Rn. 15). Dem steht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, auf die sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang beruft (Urt. v. 20.6.2013, NVwZ 2014, 151, juris Rn. 40 ff.), nicht entgegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass Behörden mögliche Rechtsänderungen nicht bereits im Vorwege – auch nicht im Rahmen einer zu treffenden Ermessensentscheidung – berücksichtigen müssen. Mit den vorliegend relevanten Fragen nach dem Zeitpunkt, zu dem das Vertrauen des Bürgers in den Fortbestand des geltenden Rechts als erschüttert angesehen werden kann, und der Eignung eines solchen Zeitpunkts für die Bestimmung eines Stichtags im Rahmen einer Übergangsbestimmung ist dies nicht vergleichbar (vgl. OVG Saarlouis, a.a.O., juris Rn. 31; VGH München, Beschl. v. 30.9.2013, ZfWG 2014, 151, juris Rn. 23).

26

Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin darauf, dass die Verabredung der Ministerpräsidenten zum Abschluss eines neuen Glücksspielstaatsvertrags deshalb als Stichtag ungeeignet sei, weil es insoweit an einer nach Auffassung der Antragstellerin bei belastenden rückwirkenden Gesetzen erforderlichen „formalen Öffentlichkeit“ gefehlt habe, die frühestens mit dem Einbringen einer Gesetzesinitiative ins Parlament gegeben sei. Bei der Bestimmung von Stichtagen im Rahmen von Übergangsbestimmungen ist der Gesetzgeber nicht darauf beschränkt, eine hiermit verbundene tatbestandliche Rückanknüpfung allenfalls bis zum Einbringen eines Gesetzesentwurfs ins Parlament vorzunehmen. Vielmehr kann er im Rahmen des ihm insoweit zustehenden weiten Gestaltungsspielraums grundsätzlich unabhängig vom Verlauf des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens und ohne Bindung an feste formale Kriterien jeden als geeignet erscheinenden Zeitpunkt aus der Vergangenheit zur Bestimmung einer Zumutbarkeitsgrenze heranziehen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.4.2014, 7 ME 121/13, juris Rn. 56; OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, ZfWG 2014, 124, juris Rn. 23 ff.). Die gegenteilige, von dem Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg vertretene Auffassung (Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, UA S. 132 ff.), wonach im Rahmen einer Stichtagsregelung jedenfalls an eine hinreichend konkrete „amtliche“ Veröffentlichung einer geplanten Neuregelung angeknüpft werden müsse, teilt der Senat nicht. Die Kriterien, wann eine Veröffentlichung in dem vorbenannten Sinne „amtlich“ ist, lassen sich der genannten Entscheidung schon nicht eindeutig entnehmen. Vor allem aber berücksichtigt der Ansatz des Staatsgerichtshofs für das Land Baden-Württemberg in der genannten Entscheidung nicht hinreichend, dass das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage bereits – wie hier – beeinträchtigt sein kann, bevor es zu einer „amtlichen“ Verlautbarung einer geplanten Neuregelung kommt und bevor jedes Detail einer Neuregelung auch „offiziell“ bekannt ist. Dies darf der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung einer Übergangsregelung berücksichtigen. Dass auch andere Gestaltungen einer Übergangsregelung möglich – ggf. sogar naheliegender – wären, ist angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers nicht entscheidend.

27

Auch aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Maßgeblichkeit des parlamentarischen Gesetzesbeschlusses bei rückwirkenden Steuergesetzen, auf die die Antragstellerin zur Bekräftigung ihrer Auffassung Bezug nimmt (insbesondere Beschl. v. 10.10.2012, BVerfGE 132, 302, juris Rn. 55 ff. und Beschl. v. 7.7.2010, BVerfGE 127, 31, juris Rn. 71 ff.), folgt nichts anderes. Diese Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehen sich auf Vorschriften des Steuerrechts, mit denen nicht ausschließlich eine tatbestandliche Rückanknüpfung verbunden ist, sondern die teilweise auch eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen beinhalten, indem auch Sachverhalte, die bei Inkrafttreten neuer steuerrechtlicher Vorschriften bereits der Vergangenheit – aber noch dem laufenden Veranlagungszeitraum – angehören, einer neuen gesetzlichen Regelung unterworfen werden. Die besonderen Kriterien für die Zulässigkeit einer unechten Rückwirkung im Steuerrecht, die danach durch eine Verzahnung echter und unechter Rückwirkungselemente geprägt ist und daher Besonderheiten aufweist, gelten vorliegend nicht. Denn die im neuen Spielhallenrecht vorgesehene Erlaubnispflicht für bereits bestehende, legal betriebene Spielhallen wirkt sich ausschließlich nach Inkrafttreten des neuen Rechts aus und lässt die in der Vergangenheit durch Erteilung einer Erlaubnis nach § 33i GewO begründeten Rechtsverhältnisse für die Vergangenheit vollständig unberührt. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht auch in einem anderen Fall einen vor dem Gesetzesbeschluss liegenden und nicht mit dem Gesetzgebungsverfahren im Zusammenhang stehenden, aber für die weitere Entwicklung und das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage relevanten Zeitpunkt als Stichtag im Rahmen einer Übergangsbestimmung gebilligt (vgl. BVerfG, Urt. v. 23.11.1999, BVerfGE 101, 239, juris Rn. 113 f., zum Vorstehenden eingehend VGH München, Beschl. v. 8.4.2014, 22 CS 14.224, juris Rn. 21; OVG Saarlouis, Beschl. v. 14.3.2014, 1 B 102/14, juris Rn. 31 ff.).

28

Der Gesetzgeber hat bei der Regelung der einjährigen Übergangsfrist in § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG seinen Gestaltungsspielraum auch nicht dadurch überschritten, dass er maßgeblich auf den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung und nicht auf den Zeitpunkt der vorangegangenen Antragstellung abgestellt hat. Die Antragstellerin meint hierzu, es sei zur Verhinderung befürchteter „Mitnahmeeffekte“ nach dem 28. Oktober 2011 ausreichend gewesen, auf den Tag der Antragstellung abzustellen. Ein schutzwürdiges Vertrauen könne nur solchen Spielhallenunternehmern abgesprochen werden, die in Kenntnis der erwarteten Rechtsänderung eine gewerberechtliche Erlaubnis beantragt hätten, nicht aber denjenigen, die bereits zu einem früheren Zeitpunkt einen Antrag gestellt hätten und in der Folgezeit keinen Einfluss auf die Dauer des Erlaubniserteilungsverfahrens hätten nehmen können. Indes durfte der Gesetzgeber den Zeitpunkt der Erteilung der gewerberechtlichen Erlaubnis schon deshalb als Stichtag für geeignet halten, weil er klar bestimmbar ist und eine praktikable Rechtsanwendung ermöglicht. Der Zeitpunkt der Antragstellung wirft demgegenüber die Frage auf, ob es auf den erstmaligen Erlaubniserteilungsantrag oder auf den – mitunter nicht ohne Weiteres bestimmbaren und deshalb in Einzelfällen ggf. streitigen – Zeitpunkt ankommen soll, in denen alle erforderlichen Unterlagen vorliegen, der Antrag mithin entscheidungsreif ist (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, ZfWG 2014, 124, juris Rn. 22; VGH München, Beschl. v. 30.9.2013, ZfWG 2014, 151, juris Rn. 24). Überdies durfte der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Übergangsvorschriften berücksichtigen, dass durch den Stichtag derjenige Zeitpunkt bestimmt werden soll, von dem an der Inhaber einer gewerberechtlichen Erlaubnis nicht mehr uneingeschränkt auf die weitere Ausnutzbarkeit der ihm erteilten gewerberechtlichen Erlaubnis vertrauen darf. Die Erlaubniserteilung eignet sich als Anknüpfungspunkt hierfür deshalb, weil der Betreiber einer Spielhalle auch nach altem Recht nicht darauf vertrauen konnte, eine bestimmte Spielhalle betreiben zu können, bevor ihm eine Erlaubnis erteilt worden war (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.4.2014, 7 ME 121/13, juris Rn. 52; OVG Saarlouis, a.a.O., juris Rn. 22; VGH München, Beschl. v. 30.9.2013, ZfWG 2014, 151, juris Rn. 24).

29

Sprechen danach gute Gründe dafür, den Stichtag an den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung zu knüpfen, so vermögen die weiteren Ausführungen der Antragstellerin zur bislang üblichen Genehmigungspraxis bei Spielhallen, wonach eine Erlaubnis nach § 33i GewO erst erteilt worden sei, nachdem die betreffende Spielhalle bereits vollständig errichtet und eingerichtet gewesen sei, im Ergebnis ebenso wenig durchzugreifen wie der Einwand der Antragstellerin, es habe wegen der Maßgeblichkeit der Erlaubniserteilung letztlich in der Hand der Behörde gelegen zu entscheiden, ob ein Spielhallenbetreiber unter die lange oder die kurze Übergangsfrist falle. Diese Gesichtspunkte mögen zwar ihrerseits dafür sprechen, im Rahmen der Stichtagsregelungen an den Zeitpunkt der Antragstellung und nicht an den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung anzuknüpfen. Sie sind aber nicht zwingend und rechtfertigen daher nicht die Annahme, der Gesetzgeber habe den ihm zukommenden Spielraum bei der Ausgestaltung der Übergangsvorschriften überschritten (vgl. in diesem Sinne auch OVG Saarlouis, Beschl. v. 14.3.2014, 1 B 102/14, juris Rn. 30). Der anderslautenden Auffassung des Staatsgerichtshofs für das Land Baden-Württemberg (Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, UA S. 140 f.) vermag sich der Senat demgegenüber nicht anzuschließen. Die dort vorgeschlagenen Möglichkeiten einer Ausgestaltung der Übergangsbestimmungen, die die Belange der Spielhallenunternehmer nach Auffassung des Staatsgerichtshofs für das Land Baden-Württemberg weniger beeinträchtigt hätten, werfen ihrerseits Abgrenzungs- und Billigkeitsfragen auf. Gibt es aber keine „ideale“ Übergangsbestimmung, ist es Sache des Gesetzgebers, eine seiner Auffassung nach am ehesten zweckmäßige Ausgestaltung zu wählen.

30

b) Die mit einer einjährigen Übergangsfrist versehene Erlaubnispflicht nach neuem Recht für im Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits bestehende Spielhallen, denen nach dem 28. Oktober 2011 eine gewerberechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden ist, verletzen nicht das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG der hiervon betroffenen Spielhallenbetreiber. Auch im Hinblick auf dieses Grundrecht gilt dies selbst dann, wenn die Anwendung des neuen Rechts für die Betreiber bestehender Spielhallen dazu führt, dass einzelne Spielhallenstandorte nach Ablauf der Übergangsfrist nicht weiterbetrieben werden dürfen, weil die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nach neuem Recht nicht erfüllt sind.

31

Dabei lässt der Senat offen, ob der Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts überhaupt eröffnet ist. Namentlich kann offen bleiben, ob in der Vergangenheit erteilte gewerberechtliche Erlaubnisse aus § 33i GewO, wenn und weil sie jedenfalls faktisch auf erheblichen Eigenleistungen der Spielhallenunternehmer beruhen, oder der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG genießen (bejahend BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 113 ff.; offen gelassen bei OVG Saarlouis, Beschl. v. 10.2.2014, ZfWG 2014, 124, juris Rn. 39 ff.; VGH München, Beschl. v. 30.9.2013, ZfWG 2014, 151, juris Rn. 27 ff.; differenzierend StGH BW, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, UA S. 115 ff.). Selbst wenn dies unterstellt wird, ist mit den landesrechtlichen Vorschriften zur Erlaubnispflicht von Spielhallen auch dann, wenn sie Spielhallenbetreiber zur Aufgabe von Spielhallenstandorten zwingen, lediglich eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und keine (verfassungswidrige) Legalenteignung verbunden (ebenso BayVerfGH, a.a.O., juris Rn. 115; StGH BW, a.a.O., UA S. 118 ff; VGH Mannheim, Beschl. v. 4.4.2014, 6 S 1795/13, juris Rn. 15; OVG Saarlouis, a.a.O., juris Rn. 42; VGH München, a.a.O., juris Rn. 30). Denn das neue Spielhallenrecht dient nicht der hoheitlichen Güterbeschaffung. Die Enteignung ist auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet. Sie ist beschränkt auf Fälle, in denen Güter hoheitlich beschafft werden, mit denen ein konkretes, der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienendes Vorhaben durchgeführt werden soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.1.2006, BVerfGE 115, 97, juris Rn. 35; BVerfG, Beschl. v. 22.5.2001, BVerfGE 104, 1, juris Rn. 30). Art. 14 Abs. 3 GG ist daher nicht schon dann anwendbar, wenn der Gesetzgeber im Zuge der generellen Neugestaltung eines Rechtsgebiets bestehende Rechte abschafft, für die es im neuen Recht keine Entsprechung gibt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.1.1991, BVerfGE 83, 201, juris Rn. 45).

32

Der Gesetzgeber ist bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nicht gänzlich frei. Er muss die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Dabei ist er an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden. Im Falle einer Änderung der Rechtsordnung muss der Gesetzgeber für Eingriffe in durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte subjektive Rechte legitimierende Gründe haben. Regelungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, die zu solchen Eingriffen führen, sind nur zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind. Die Eingriffe müssen zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich sein, insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein. Aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsgewährleistung kann demnach nicht hergeleitet werden, dass eine vom Eigentumsrecht umfasste, vom Berechtigten ausgeübte Befugnis nach ihrem Entstehen für alle Zukunft uneingeschränkt erhalten bleiben müsse oder nur im Wege der Enteignung wieder genommen werden dürfte. Der Gesetzgeber steht bei der Neuordnung eines Rechtsgebietes nicht vor der Alternative, die alten Rechtspositionen zu konservieren oder gegen Entschädigung zu entziehen. Er kann im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch eine angemessene und zumutbare Überleitungsregelung individuelle Rechtspositionen umgestalten, wenn Gründe des Gemeinwohls vorliegen, die den Vorrang vor dem berechtigten Vertrauen auf den Fortbestand eines erworbenen Rechts verdienen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.2.2010, SächsVBl. 2010, 140, juris Rn. 64 f.).

33

Nach diesen Maßgaben handelt es sich bei den Neuregelungen im Spielhallenrecht zur Erlaubnispflicht von Spielhallen auch dann, wenn Spielhallenbetreiber nach Ablauf der kurzen Übergangsfrist gezwungen werden, einzelne Spielhallenstandorte aufzugeben, um zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (ebenso BayVerfGH, Entsch. v. 28.6.2013, NVwZ 2014, 141, juris Rn. 117; OVG Saarlouis, a.a.O., juris Rn. 46 ff.; VGH München, a.a.O., juris Rn. 31). Hierbei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Neuordnung des Spielhallenrechts gewichtige Gemeinwohlbelange verfolgt, die es rechtfertigen, die individuellen Vermögensinteressen der Spielhallenunternehmer – nach Ablauf der angemessen langen Übergangsfrist – zurückstehen zu lassen. Deren Vertrauen in den Fortbestand der früheren, bei Erteilung der gewerberechtlichen Erlaubnis geltenden Rechtslage und in eine (Voll-) Amortisierung ggf. getätigter Investitionen in einen bestehenden Spielhallenbetrieb ist schon deshalb nicht in besonderem Maße schutzwürdig, weil sie die als Vertrauensgrundlage dienende gewerberechtliche Erlaubnis nach dem maßgeblichen Stichtag und damit zu einem Zeitpunkt erhalten haben, als die für sie nachteilige Änderung der Rechtslage bereits hinreichend absehbar war. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen. Zudem besteht kein Rechtsanspruch darauf, eine Spielhalle mindestens solange betreiben zu dürfen, bis die darin getätigten Investitionen amortisiert sind, wenn und weil – wie hier – besonders gewichtige öffentliche Interessen einem uneingeschränkten Weiterbetrieb entgegenstehen (vgl. StGH BW, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, UA S. 123; VGH München, Beschl. v. 8.4.2014, 22 CS 14.224, juris Rn. 29; OVG Lüneburg, Beschl. v. 7.1.2014, ZfWG 2014, 115, juris Rn. 37; VGH München, Beschl. v. 22.10.2013, 10 CE 13.2008, juris Rn. 29). Diesbezüglich geht der Senat im Übrigen nicht davon aus, dass Spielhallenunternehmer, auch wenn sie aufgrund der gesetzlichen Neuregelungen Spielhallenstandorte nicht weiterbetreiben können, auf den hierfür getätigten Investitionen vollständig „sitzenbleiben“. Vielmehr wird das Inventar vielfach anderweitig bzw. an einem anderen Standort verwendet oder veräußert werden können, zumal das neue Spielhallenrecht die Einrichtung einer neuen Spielhalle an einem anderen Standort nicht ausschließt.

34

Die von der Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere rechtliche Bewertung. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Antragstellerin, die hier gegebene eigentumsrechtliche Inhalts- und Schrankenbestimmung komme, wenn eine Erlaubnis nach neuem Recht nicht erteilt werden könne, in ihren Wirkungen einer Enteignung gleich. Hiergegen spricht schon die Möglichkeit, eine Spielhalle an einem anderen Standort (weiter) zu betreiben. Die Antragstellerin vermittelt mit ihrer Beschwerdebegründung den unzutreffenden Eindruck, das neue Spielhallenrecht untersage den Betrieb von Spielhallen vollständig. Es sieht indes nur Beschränkungen vor und lässt die grundsätzliche Möglichkeit, eine (oder mehrere) Spielhalle(n) zu betreiben, unberührt. Vor diesem Hintergrund greifen auch die Ausführungen der Antragstellerin zu den Amortisierungsmöglichkeiten und Abschreibungsfristen bei Spielhallen nicht durch, denn sie lassen die Möglichkeit eines Verkaufs von Betriebsvermögen oder eines Weiterbetriebs an einem anderen Standort außer Betracht. Überdies berücksichtigen sie nicht die geringe Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Spielhallenunternehmer, denen nach dem maßgeblichen Stichtag eine gewerberechtliche Erlaubnis erteilt worden ist und denen deshalb eine kurze Übergangsfrist mit Blick auf die gewichtigen Belange, die der Gesetzgeber mit der Neuregelung des Glücksspielrechts verfolgt, zumutbar ist.

35

c) Es verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, dass gemäß § 29 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG abhängig vom Zeitpunkt der gewerberechtlichen Erlaubniserteilung unterschiedliche Übergangsfristen gelten.

36

Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.10.1980, BVerfGE 55, 72, juris Rn. 47). Ungleichheiten, die durch einen Stichtag entstehen, müssen hingenommen werden, wenn die Einführung eines solchen notwendig und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, vertretbar ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 23.11.1999, BVerfGE 101, 239, juris Rn. 113). Die verfassungsrechtliche Prüfung von Stichtags- und anderen Übergangsvorschriften beschränkt sich daher auf die Frage, ob der Gesetzgeber den ihm insoweit zukommenden Regelungsspielraum in sachgerechter Weise genutzt hat, ob er die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat und die gefundene Lösung sich im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.3.2013, NJW 2013, 2103, juris Rn. 34).

37

Nach diesen Maßgaben bewirkt die differenzierte Stichtagsregelung in § 29 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung. Vielmehr hat der Gesetzgeber eine sachlich gerechtfertigte Regelung getroffen, indem er als Differenzierungskriterium auf den Zeitpunkt der gewerberechtlichen Erlaubniserteilung und darauf abgestellt hat, ob diese vor oder nach der Beschlussfassung der Ministerpräsidenten betreffend den beabsichtigten Abschluss eines neuen Glücksspielstaatsvertrags erfolgt ist (vgl. OVG Koblenz, Beschl. v. 27.5.2014, 6 B 10343/14, juris Rn. 9). Die sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung von Inhabern gewerberechtlicher Spielhallenerlaubnisse ergibt sich aus dem gesetzgeberischen Ziel der Vermeidung von „Vorratserlaubnissen“ bzw. von „Mitnahmeeffekten“ und der nur eingeschränkten Schutzwürdigkeit der Betreiber einer Spielhalle, für die erst nach dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt wurde (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.4.2014, 7 ME 121/13, juris Rn. 48; Beschl. v. 7.1.2014, ZfWG 2014, 115, juris Rn. 39). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

38

Dass die Übergangsvorschrift aus § 29 Abs. 4 Satz 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 2 HmbSpielhG mit Härten insbesondere für solche Spielhallenunternehmer verbunden ist, denen – wie der Antragstellerin – kurz nach dem Stichtag die gewerberechtliche Erlaubnis erteilt worden ist und für die deshalb eine vier Jahre kürzere Übergangsfrist als für solche Spielhallenbetreiber gilt, denen kurz vor dem Stichtag eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden ist, ändert hieran nichts (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 8.4.2014, 1 M 21/14, juris Rn. 5). Denn jede Stichtagsregelung bringt unvermeidbar gewisse Härten mit sich, ohne dass dies zu ihrer Unzulässigkeit führte oder eine Härtefallregelung notwendig machte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.4.2011, ZFSH/SGB 2011, 337, juris Rn. 7). Ob die im hamburgischen Landesrecht in § 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG vorgesehene weitreichende Härtefallregelung mit Blick darauf, dass der Staatsvertrag in § 29 Abs. 4 GlüStV eine vergleichbare Regelung nicht vorsieht, überhaupt Anwendung finden kann, braucht deshalb auch in diesem Zusammenhang nicht entschieden zu werden.

39

Es spricht schließlich auch nicht gegen die sachliche Vertretbarkeit der differenzierten Übergangsbestimmungen in § 29 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV bzw. § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbSpielhG, dass sie eine konkrete Einzelfallprüfung im Hinblick auf das Vertrauen in den Fortbestand der bei Erteilung der gewerberechtlichen Erlaubnis geltenden Rechtslage nicht vorsehen. Namentlich lässt die vorgenommene Differenzierung unberücksichtigt, dass es Fälle geben kann, in denen Spielhallenunternehmer mit den bevorstehenden spielhallenrechtlichen Neuregelungen bereits gerechnet haben, obwohl ihnen noch vor dem Stichtag eine gewerberechtliche Erlaubnis erteilt worden ist, und es umgekehrt Fälle geben kann, in denen Spielhallenunternehmer mit den bevorstehenden spielhallenrechtlichen Neuregelungen nicht gerechnet haben, obwohl ihnen nach dem Stichtag eine gewerberechtliche Erlaubnis erteilt worden ist. Dies ist unschädlich. Denn auch bei Übergangsregelungen ist der Gesetzgeber befugt, zu typisieren und von untypischen Ausnahmefällen abzusehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 5.5.1987, BVerfGE 75, 246, juris Rn. 88).

III.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Der Senat hat sich an Nr. 54.2.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Stand 2013) orientiert und für jede der beiden Spielhallen, auf die sich das vorliegende Verfahren bezieht, einen Wert in Höhe 15.000,-- Euro zugrunde gelegt. Der danach für das Hauptsacheverfahren anzunehmende Streitwert in Höhe von insgesamt 30.000,-- Euro ist zu halbieren, weil es sich vorliegend um ein Eilverfahren handelt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.