Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 05. Dez. 2017 - 1 K 3929/16

bei uns veröffentlicht am05.12.2017

Tenor

Soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt.

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 29. September 2015 rechtswidrig war.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu 2. und 3. 170,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. August 2016 zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 48 % und die Beklagte zu 52 %.

Das Urteil ist – für die Beklagte wegen der Kosten – vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der am ... Dezember 19... geborene Kläger zu 1. und seine Eltern, die Kläger zu 2. und 3., begehren noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Bescheides, mit dem der Kläger zu 1. im Rahmen einer schulischen Ordnungsmaßnahme vorläufig vom Schulbesuch beurlaubt wurde, und die Erstattung von Kosten für eine Klassenreise, die der Kläger zu 1. aufgrund der Beurlaubung nicht antreten durfte.

2

Der Kläger zu 1. besuchte im Schuljahr 2015/2016 die Klasse 10d der Stadtteilschule Bergedorf (im Folgenden: Schule).

3

In der Zeit vom 28. September 2015, einem Montag, bis zum 2. Oktober 2015, einem Freitag, fand eine Schulfahrt der Klasse nach Dänemark statt, für die die Kläger zu 2. und 3. am 7. April 2015 nach schriftlicher – undatierter – Aufforderung durch die Klassenlehrerin einen Betrag in Höhe von 170,00 Euro auf das Konto der Klassenlehrerin überwiesen hatten.

4

Mit Bescheid vom 29. September 2015 schloss der Schulleiter der Schule den Kläger zu 1. für den Zeitraum vom 28. September 2015 bis einschließlich 2. Oktober 2015 gemäß § 49 Abs. 9 HmbSG vorläufig vom Unterricht bzw. von der Teilnahme an der Klassenreise aus, was er den Klägern bereits im Rahmen eines persönlichen Gesprächs am Nachmittag des 25. September 2015 mitgeteilt hatte.

5

Dem lag ein Vorfall am Morgen des 25. September 2015, dem Freitag vor Beginn der Klassenreise, zugrunde. Der Kläger zu 1. hatte an diesem Tag nur eine Schulstunde von 8:00 Uhr bis 8:45 Uhr. Nachdem er sich nach Schulschluss zunächst mit seinem Freund J. zu dessen Wohnung begeben hatte, gingen die beiden zum nahegelegenen Penny-Markt, um Einkäufe für die gemeinsame Freizeitgestaltung zu tätigen. Dort kam es im Kassenbereich zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger zu 1. und einem Schüler der 6. Jahrgangsstufe der Schule, der dort zusammen mit zwei Mitschülern Einkäufe für ein gemeinsames Kochen der Klasse erledigte, und schließlich im Eingangsbereich des Supermarkts zu einer körperlichen Auseinandersetzung. Im Protokoll über die Anhörung des Klägers zu 1. im Büro des Schulleiters am 25. September 2015 heißt es, der Kläger zu 1. hat den Sechstklässler am Arm festhaltend aus dem Supermarkt geführt. Er hat dem Sechstklässler um den Hals gegriffen, ihn in einen „Schwitzkasten“ genommen und ihn aufgefordert, sich für unmittelbar vorangegangene Beleidigungen zu entschuldigen. Er hat dem Sechstklässler dann noch über den Kopf gerubbelt. Der Sechstklässler hat sich entschuldigt, woraufhin der Kläger zu 1. ihn aus der Umklammerung entlassen hat. In einer Unfallanzeige an die Unfallkasse Nord vom 25. September 2015 heißt es, dass der Kläger zu 1. den Sechstklässler gewürgt, geschubst und ihm einen Kopfstoß verpasst hat. Der Sechstklässler kehrte in die Schule zurück und wurde von einem Lehrer zum Arzt gebracht, nachdem er über Schmerzen am Hals, im Gesicht und am Kopf geklagt hatte.

6

Der Schulleiter führte in dem Bescheid zur Begründung für die Maßnahme aus, dass sich die Klassenlehrerin in besonderer Art und Weise auf den Kläger zu 1. als Klassensprecher verlassen können müsste, um vertrauensvoll die Auslandsklassenreise durchführen zu können. Da er einige Tage zuvor bereits wegen eines anderen Vorfalls einen Verweis gemäß § 49 Abs. 4 Nr. 1 HmbSG (kombiniert mit Erziehungsmaßnahmen) erhalten habe, sei der erneute Vorfall vor dem Hintergrund der noch nicht abgeschlossenen Aufarbeitung dieser letzten Maßnahme besonders schwerwiegend.

7

Am 7. Oktober 2015 erhoben die Kläger zu 2. und 3. Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. September 2015.

8

Zudem forderten sie die Schule mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 auf, den gezahlten Betrag in Höhe von 170,00 Euro bis zum 21. Oktober 2015 zu erstatten. Anknüpfungspunkt für Ordnungsmaßnahmen sei grundsätzlich das innerschulische Verhalten. Ein solches sei hier nicht gegeben. Der Schultag des Klägers zu 1. sei bereits beendet gewesen. Er habe sich auch nicht auf dem Weg nach Hause befunden. Außerschulisches Verhalten dürfe nur dann berücksichtigt werden, wenn es sich unmittelbar auf den Schulbetrieb auswirke. Dies sei hier nicht ersichtlich. Der Vorfall stehe weder räumlich noch zeitlich in einer Beziehung zur Schule.

9

Am 14. Oktober 2015 erörterte die Klassenkonferenz der Klasse 10d den Vorfall vom 25. September 2015, beschloss gegenüber dem Kläger zu 1. gemäß § 49 Abs. 4 Nr. 2 HmbSG den Ausschluss von der Klassenreise und legte fest, dass eine Aussprache mit dem Geschädigten in der Beratungsabteilung erfolgen solle.

10

Mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 teilte die Schule den Klägern mit, dass die Klassenkonferenz den Ausschluss des Klägers zu 1. vom Unterricht für höchstens zehn Unterrichtstage oder von einer Schulfahrt gemäß § 49 Abs. 4 Nr. 2 HmbSG beschlossen habe. Die Ordnungsmaßnahme werde mit einer Erziehungsmaßnahme verknüpft. Dem Kläger zu 1. werde aufgegeben, ein Klärungsgespräch mit dem geschädigten Sechstklässler zu führen. Anlass der Ordnungsmaßnahme sei der Vorfall vom 25. September 2015. Der Kläger zu 1. habe bestätigt, mit dem Sechstklässler in Kontakt getreten zu sein. Aus schulischer Sicht liege ein Gewaltvorfall vor.

11

Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger am 13. November 2015 Widerspruch.

12

Das Widerspruchsverfahren hinsichtlich des Widerspruchs vom 7. Oktober 2015 gegen den Bescheid vom 29. September 2015 stellte die Beklagte am 30. November 2015 kostenfrei ein. Die angefochtene Beurlaubung habe sich durch Zeitablauf erledigt.

13

Mit Bescheid vom 1. Dezember 2015 half die Beklagte dem Widerspruch der Kläger vom 13. November 2015 ab und hob den Bescheid vom 15. Oktober 2015 auf. In einer Mitteilung der Beklagten an die Schule heißt es hierzu, es sei ausweislich des Protokolls der Klassenkonferenz davon auszugehen, dass diese zu dem Ergebnis gekommen sei, dass neben dem bereits erfolgten Ausschluss des Klägers zu 1. von der Klassenreise keine weiteren formellen Ordnungsmaßnahmen ausgesprochen werden sollten. Dementgegen setze der angefochtene Bescheid einen (weiteren) Ausschluss des Klägers zu 1. vom Unterricht oder von einer Schulfahrt fest und benenne dabei keine konkreten Daten. Es fehlten in dem Bescheid auch sämtliche Ermessenserwägungen.

14

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2015 forderten die Kläger die Beklagte auf, die Bescheide vom 29. September 2015 und 15. Oktober 2015 aus dem Schülerbogen des Klägers zu 1. zu entfernen. Ihrer Auffassung nach sei auch der erledigte Bescheid in materieller Hinsicht rechtswidrig gewesen. Gleichzeitig baten sie nochmals um Rückzahlung der Kosten für die Klassenreise.

15

Mit Schreiben vom 20. Januar 2016 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass eine Entnahme der Bescheide aus dem Schülerbogen nicht in Betracht komme. Die Bescheide gehörten zu den wesentlichen Sachverhalten und Entscheidungen, die aufgrund § 11 der Verordnung über die Verarbeitung personenbezogener Daten im Schulwesen (Schul-Datenschutzverordnung) in dem Schülerbogen aufzubewahren seien. Eine Dokumentation des streitigen Vorfalls und der daraufhin erlassenen Bescheide sei weiterhin notwendig. Auch der Ausgang der Widerspruchsverfahren werde in dem Schülerbogen vermerkt.

16

Mit Schreiben vom 1. Februar 2016 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass der Antrag auf Erstattung der Kosten für die nicht angetretene Klassenreise abgelehnt werde, da allein der Kläger zu 1. die Gründe für den Ausschluss zu vertreten habe. Der entsprechende Beschluss der Klassenkonferenz sei rechtmäßig gewesen.

17

Mit E-Mail vom 8. Februar 2016 forderten die Kläger die Beklagte erneut auf, den für die Klassenreise gezahlten Betrag zu erstatten. Die Mitteilung vom 1. Februar 2016 stehe im Widerspruch zum Abhilfebescheid vom 1. Dezember 2015. Aus diesem ergebe sich, dass die Klassenkonferenz den Kläger zu 1. unrechtmäßig von der Klassenreise ausgeschlossen habe.

18

Die Beklagte teilte den Klägern daraufhin mit E-Mail vom 16. Februar 2016 mit, dass die mit Bescheid vom 29. September 2015 ausgesprochene vorläufige Suspendierung rechtmäßig gewesen sei und sie daher hinsichtlich der Ablehnung der Kostenerstattung an ihrer Entscheidung festhalte.

19

Mit Schreiben vom 17. März 2016 baten die Kläger, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, nochmals um Erstattung der streitgegenständlichen Zahlung. Die Ordnungsmaßnahme vom 29. September 2015 sei rechtswidrig gewesen. Es habe kein Verhalten vorgelegen, dass Anknüpfungspunkt für den Erlass einer Ordnungsmaßnahme habe sein können. Zwar falle bei Freistunden die Aufsichtspflicht in den Zuständigkeitsbereich der Schule. Hier sei der Schultag jedoch bereits beendet gewesen. Zudem seien auch die Voraussetzungen der einzig in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des § 49 Abs. 9 HmbSG nicht erfüllt gewesen. Eine „Eilzuständigkeit“ im Sinne der Vorschrift sei nur gegeben, wenn auf andere Weise die Aufrechterhaltung eines geordneten Schullebens nicht möglich sei. Hier habe keine Veranlassung für die Annahme bestanden, dass eine Teilnahme des Klägers zu 1. an der Klassenreise das geordnete Schulleben gefährdet hätte. Den Klägern stehe daher ein zivilrechtlicher Schadenersatzanspruch in Höhe von 170,00 Euro zu. Sollte die Beklagte diese Kosten nicht erstatten, werde eine Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben.

20

Am 12. Juli 2016 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass sie an ihrer ablehnenden Entscheidung festhalte.

21

Am 16. August 2016 haben die Kläger Klage erhoben. Zur Begründung nehmen sie Bezug auf ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend tragen sie vor, dass es an einem Zusammenhang zwischen dem Vorfall am 25. September 2015 und der Klassenreise fehle. Der Vorfall habe sich nicht mit einem Klassenkameraden ereignet, sondern mit einem Schüler einer anderen Klasse. Die Maßnahme könne daher nicht zum Schutz dieses Schülers getroffen worden sein, da dieser gar nicht Teilnehmer der Klassenreise gewesen sei. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, wie sich aus dem Vorfall eine Gefahr für die innerschulische Erziehungs- bzw. Unterrichtsarbeit ergeben haben sollte. Die Beurlaubung sei auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten rechtswidrig gewesen. Es habe sich bei dem Vorfall lediglich um eine Rangelei zwischen männlichen Jugendlichen gehandelt. Insgesamt ergebe sich der Anschein, dass die Maßnahme unzulässiger Weise gezielt als Strafe eingesetzt worden sei. Der Kläger zu 1. habe daher auch einen Anspruch auf die Entnahme der im Zusammenhang mit der Ordnungsmaßnahme entstandenen Bescheide aus seinem Schülerbogen. Dieser ergebe sich aus dem allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch. Der gegen ihn erhobene Vorwurf stelle einen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar. Da die Beklagte den Betrag für die Klassenreise in Höhe von 170,00 Euro ohne Rechtsgrund erlangt habe, bestehe insoweit ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Der Kläger zu 1. habe nicht an der Klassenfahrt teilnehmen können, weil er in rechtswidriger Weise von der Klassenfahrt ausgeschlossen worden sei. Für den Anspruch sei der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, denn das maßgebliche Leistungsverhältnis sei aufgrund der Schulpflicht des Klägers zu 1. dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Die Teilnahme an einer Schulfahrt sei die Pflicht eines jeden Schülers, da sie als Bestandteil des allgemeinen Unterrichts gelte.

22

Nachdem die Kläger zunächst auch beantragt hatten, die Beklagte zu verurteilen, aus dem Schülerbogen des Klägers zu 1. die Schriftstücke zu entfernen, die im Zusammenhang mit der in dem Bescheid der Beklagten vom 29. September 2015 ausgesprochenen Beurlaubung vom Schulbesuch vom 28. September 2015 bis zum 2. Oktober 2015 stehen, beantragen sie nunmehr nur noch,

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festzustellen, dass der Bescheid vom 29. September 2015 rechtswidrig war,

24

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger zu 2. und 3. 170,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

25

Die Beklagte beantragt,

26

die Klage abzuweisen.

27

Nach ihrer Auffassung verlange § 49 Abs. 9 HmbSG nicht, dass sich der zugrundeliegende Vorfall auf dem Schulgelände und während der Schulzeit ereignet habe. Es sei auch nicht erforderlich, dass sich die Schülerin oder der Schüler zum Zeitpunkt des Vorfalls unter schulischer Aufsicht befunden habe. Auch außerschulisches Verhalten könne insoweit Anknüpfungspunkt sein, wenn es die Verwirklichung der Aufgaben der Schule gefährde bzw. das außerschulische Verhalten in den Schulbetrieb störend hineinwirke. Dies sei hier der Fall gewesen. Der verletzte Schüler sei während seiner Schulzeit für das gemeinschaftliche Kochen seiner Klasse im Auftrag der Lehrkraft einkaufen gewesen. Der Vorfall habe sich kurz nach einem anderen Vorfall ereignet, wegen dem der Kläger zu 1. einen Verweis gemäß § 49 Abs. 4 Nr. 1 HmbSG erhalten habe. Die Suspendierung sei ausgesprochen worden, weil sich seine Klassenlehrerin während der Auslandsklassenreise in besonderer Weise auf den Kläger zu 1. hätte verlassen müssen und der Vorfall vor der Abfahrt nicht gänzlich habe aufgeklärt und eine Klassenkonferenz nicht rechtzeitig vorher habe einberufen werden können. Einen Anspruch auf Herausnahme von Schriftstücken aus seinem Schülerbogen habe der Kläger zu 1. nicht. Insbesondere drohten ihm nicht künftig aufgrund der Dokumentation des streitigen Vorfalls und der hierzu ergangenen Entscheidungen stärkere Sanktionen.

28

Hinsichtlich der Erstattung der Kosten hat die Beklagte zunächst geltend gemacht, dass es sich hierbei um einen zivilrechtlichen Anspruch handele, für welchen die Zivilgerichte zuständig seien, und angeregt, diesen Antrag abzutrennen und zu verweisen. Hieran hält die Beklagte nach einem richterlichen Hinweis nicht mehr fest. Sie ist der Auffassung, dass kein Erstattungsanspruch gegeben sei, da die Zahlung mit Rechtsgrund erfolgt sei. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Kläger zu 1. an der Klassenreise nicht teilgenommen habe, denn der Ausschluss sei von ihm zurechenbar herbeigeführt worden. Es handele sich daher um eine rechtmäßige Konsequenz aus seinem Verhalten. Die Schule habe den Betrag im Übrigen im Zeitpunkt des Ausschlusses größtenteils bereits für die Vorbereitung der Klassenreise, u.a. für die Busfahrt, die Unterkunft und für Verpflegung ausgegeben gehabt.

29

Die Sachakte der Beklagten sowie der Schülerbogen betreffend den Kläger zu 1. haben dem Gericht bei der Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

30

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 87a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO durch den Berichterstatter anstelle der Kammer.

II.

31

Soweit die Kläger die Klage zurückgenommen haben, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

III.

32

Die aufrecht erhaltene Klage hat Erfolg.

33

1. Die Klage ist hinsichtlich des Antrags auf Feststellung, dass der Bescheid vom 29. September 2015 rechtswidrig war, zulässig (dazu unter a.) und begründet (dazu unter b.).

34

a. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf den Fall der vor Klageerhebung erledigten Anfechtungsklage statthaft, da sich die streitgegenständliche Beurlaubung von der Teilnahme an der Klassenreise vor Klageerhebung durch Zeitablauf gemäß § 43 Abs. 2 HmbVwVfG erledigt hat. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere liegt das analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der vom Kläger zu 1. angestrebten Rehabilitierung vor. Bei der ordnungsrechtlichen Maßnahme der vorläufigen Beurlaubung handelt es sich um eine Maßnahme mit einschneidender, diskriminierender Wirkung. Die Ordnungsmaßnahme ist zudem in dem Schülerbogen des Klägers zu 1. dokumentiert, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie sich auf seine weitere schulische Laufbahn nachteilig auswirkt (vgl. auch VG Hamburg, Urt. v. 3.6.2015, 2 K 3491/14; VG Augsburg, Urt. v. 22.1.2013, Au 3 K 12.1164, juris Rn. 18). Denn sollten in der Zukunft schulordnungsrechtliche Maßnahmen gegen den Kläger zu 1. in Erwägung gezogen werden, kann die vorläufige Beurlaubung möglicherweise Auswirkungen auf die Auswahl einer künftig erforderlichen Maßnahme haben.Dass ein solcher Nachteil unmittelbar bevorsteht, ist dabei nicht erforderlich (vgl. VGH München, Beschl. v. 26.2.2013, 7 ZB 12.2617, juris Rn. 8 m.w.N.).

35

b. Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. September 2015 war rechtswidrig und verletzte den Kläger zu 1. in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).

36

Die Heranziehung von § 49 Abs. 4 Nr. 2 Alt. 2 HmbSG, wonach in den Sekundarstufen I und II zur Sicherung der Erziehungs- und Unterrichtsarbeit der Schule oder zum Schutz beteiligter Personen die Ordnungsmaßnahme des Ausschlusses von einer Schulfahrt zulässig ist, als Rechtsgrundlage für die Maßnahme kommt schon deswegen nicht in Frage, weil hierfür gemäß § 49 Abs. 6 Satz 1 HmbSG die Klassenkonferenz zuständig gewesen wäre und nicht der hier tätig gewordene Schulleiter. Die Beklagte konnte die Maßnahme aber auch nicht auf § 49 Abs. 9 Satz 1 HmbSG stützen, wonach in dringenden Fällen die Schulleiterin oder der Schulleiter befugt ist, die Schülerin oder den Schüler bis zur Entscheidung vorläufig vom Schulbesuch zu beurlauben, wenn auf andere Weise die Aufrechterhaltung eines geordneten Schullebens nicht gewährleistet werden kann.

37

Bei der Verhängung von Ordnungsmaßnahmen geht es letzten Endes um pädagogische Wertungen, die sich einer Überprüfung am Maßstab der Rechtmäßigkeit durch die Gerichte weitestgehend entziehen (vgl. Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 449; s. auch VG Hamburg, Urt. v. 27.9.2017, 1 K 228/17). Die rechtlichen Voraussetzungen, insbesondere das Vorliegen der Voraussetzungen der Rechtsgrundlage der angeordneten Maßnahme sowie die Einhaltung des Verfahrens sind hingegen ohne Einschränkung Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle.

38

aa. Zwar gehen die Kläger zu Unrecht davon aus, dass der streitbefangene Vorfall nicht Anknüpfungspunkt für eine Ordnungsmaßnahme sein konnte. Sie sehen insoweit die „Zuständigkeit“ der Schule als nicht gegeben, weil sich der Vorfall nach Schulschluss des Klägers zu 1. und außerhalb des Schulgeländes ereignete. Aus dem systematischen Zusammenhang, in dem diese Regelung im Rahmen des § 49 HmbSG steht, ist zu schließen, dass es sich bei jenen dringenden Fällen im Sinne des § 49 Abs. 9 HmbSG um solche handeln muss, die Erziehungs- oder Ordnungsmaßnahmen zur Folge haben können (vgl. VG Hamburg, Beschl. v. 23.9.2011, 15 E 2229/11). Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule hat dabei keine geographischen Grenzen (vgl. Rux/Niehues, a.a.O., Rn. 417; Avenarius, Schulrecht, 8. Aufl. 2010, S. 497 f.). Ihre Reaktionsmöglichkeiten sind daher nicht ausschließlich auf das Verhalten des Schülers im Bereich des Schulgeländes und des Schulhofs beschränkt. Allerdings darf die Schule grundsätzlich nur dann eingreifen, wenn ein solches außerschulisches Verhalten in den Schulbetrieb hineinwirkt und die Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrages der Schule behindert. Dies war hier anzunehmen, denn der betroffene Sechstklässler war während seiner Schulzeit für das gemeinschaftliche Kochen seiner Klasse im Auftrag seines Lehrers einkaufen. Nach der Rückkehr in die Schule musste er zum Arzt gebracht werden.

39

bb. Der Vorfall vom 25. September 2015 rechtfertigte aber nicht die im Rahmen des § 49 Abs. 9 HmbSG erforderliche Annahme einer Gefahr für ein geordnetes Schulleben, der nicht auf andere Weise als durch eine vorläufige Beurlaubung des Klägers zu 1. begegnet werden konnte.

40

Während in § 49 Abs. 4 HmbSG ein nach dem Schweregrad des Fehlverhaltens abgestufter Maßnahmenkatalog vorgesehen ist und die Maßnahmen aus § 49 Abs. 4 Nr. 5 und Nr. 6 HmbSG ausdrücklich nur bei einem schweren Fehlverhalten in Betracht kommen, setzt § 49 Abs. 9 HmbSG nach seinem Wortlaut lediglich voraus, dass das geordnete Schulleben auf andere Weise als durch die Beurlaubung nicht aufrecht erhalten werden könnte. Der Regelung ist nicht zu entnehmen, dass die Anordnung einer Beurlaubung zwingend auf einzelne, besonders schwere Regelverstöße beschränkt ist. Ihr Sinn und Zweck ist darin zu sehen, einen störungsfreien Unterrichtsablauf und das gemeinsame Lernen unter Beachtung bestimmter Verhaltensregeln sicherzustellen (vgl. VG Hamburg, Beschl. v. 2.3.2011, 2 E 414/11).Bei der vorläufigen Beurlaubung vom Schulbesuch nach § 49 Abs. 9 HmbSG handelt es sich um eine Maßnahme der Gefahrenabwehr, für die es darauf ankommt, ob die Schulleitung zum Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen durfte, dass eine Gefährdung des geordneten Schullebens – zu dem nach § 49 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 HmbSG die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule wie auch der Schutz beteiligter Personen gehört – anzunehmen war (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 11.2.2014, 2 K 1672/12).Dabei setzt § 49 Abs. 9 Satz 1 HmbSG eine drohende erhebliche Beeinträchtigung des Schullebens voraus, denn nicht bloß das geordnete Schulleben soll gewährleistet werden, sondern dessen Aufrechterhaltung. Die Ordnungsmaßnahme nach § 49 Abs. 9 HmbSG darf nicht als Sanktion verstanden werden, denn sie dient allein dem Schutz der Ordnung des Schullebens und nicht der Bestrafung eines Schülers (vgl. VG Hamburg, Beschl. v. 14.6.2012, 15 E 1459/12).

41

Der Umstand, dass ein Verhalten, das ggf. Anknüpfungspunkt für eine Ordnungsmaßnahme gemäß § 49 Abs. 4 HmbSG sein könnte, noch nicht vollständig aufgeklärt werden konnte – dahingehend lautete nach den unbestritten gebliebenen Angaben des Klägers zu 3. in der mündlichen Verhandlung die zunächst am 25. September 2015 mündlich gegebene Begründung der Beurlaubung –, berechtigt die Schulleitung vor diesem Hintergrund nicht für sich genommen dazu, eine Anordnung gemäß § 49 Abs. 9 HmbSG zu treffen.

42

Da das hier betroffene „Schulleben“ die geordnete Durchführung der Klassenreise war, ist die streitbefangene Maßnahme vielmehr daran zu messen, ob es dringenden Anlass für die Schule gab, davon auszugehen, dass der Kläger zu 1. die Klassenreise in einer Weise stören werde, die ihrem geordneten Ablauf entgegensteht.Dies war nicht der Fall. Im Einzelnen:

43

Bei Erlass der Maßnahme dürfte zwar – zumal auf nicht vollständiger Tatsachengrundla-ge – nicht auszuschließen gewesen sein, dass sich der außerhalb des Schulgeländes begonnene körperliche Konflikt zwischen dem Kläger zu 1. und dem Sechstklässler am nächsten Schultag aufgrund eines möglichen räumlichen Aufeinandertreffens fortsetzt oder sogar eskaliert. Für das Schulleben auf der Klassenreise drohte insoweit aber keine Beeinträchtigung, denn der betroffene Sechstklässler hat an dieser Fahrt gar nicht teilgenommen. Dem Schulleben auf dem Schulgelände drohte für den Zeitraum der Beurlaubung deshalb im Übrigen auch keine Beeinträchtigung, weil das geschilderte Risiko eines Aufeinandertreffens beider Beteiligter gerade nicht bestand. Es sind ferner keine Gründe ersichtlich (zu denken wäre etwa an ältere Geschwister oder sich mit diesem solidarisierende Freunde des Sechstklässlers), aus denen Mitgliedern des Klassen- bzw. Jahrgangsstufenverbundes des Klägers zu 1. im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 25. September 2015 das Risiko einer Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens auf der Klassenreise drohte. Der Schulleiter durfte bei Erlass der Maßnahme auch nicht davon ausgehen, dass Mitschüler auf der Schulfahrt – unabhängig von dem Konflikt des Klägers zu 1. mit dem Sechstklässler – in besonderer Weise gefährdet gewesen wären, von dem Kläger zu 1. bedroht oder sogar körperlich angegriffen zu werden.Zwar hat die Schulleitung das Verhalten des Klägers zu 1. gegenüber dem Sechstklässler in ihrer „Niederschrift einer ersten Einschätzung und Bewertung dieser Gesamtsituation aus Schulleitungssicht“ vom 25. September 2015 zu Recht als „nicht angemessen“ bezeichnet und spricht insoweit gegen den Kläger zu 1., dass er eine ihm zuvor nicht bekannte Person, die ihm körperlich unterlegen gewesen sein dürfte, angegriffen hat. Da aber ansonsten keine relevanten Auffälligkeiten im Schülerbogen des Klägers zu 1. dokumentiert oder sonst bekannt geworden sind, ist von einer singulären Entgleisung auszugehen und nicht ohne weiteres anzunehmen, dass von ihm die Gefahr ausging, dass er sich auch gegenüber seinen gleichaltrigen Mitschülern auf der Klassenreise in ähnlicher Weise verhält.

44

Im Übrigen hat die Schule zur Begründung, warum die Maßnahme zur Aufrechterhaltung des Schullebens erforderlich ist, auch nicht vorgebracht, dass von dem Kläger zu 1. auf der Klassenreise Gewalt droht, sondern darauf abgestellt, dass die Klassenlehrerin sich in besonderer Weise auf ihn verlassen können müsste. Zudem erscheine der Vorfall vor dem Hintergrund der noch nicht abgeschlossenen Aufarbeitung einer anderen Ordnungsmaßnahme (schriftlicher Verweis gemäß § 49 Abs. 4 Nr. 1 HmbSG), die der Kläger zu 1. als Klassensprecher erhalten habe, als besonders schwerwiegend.

45

Der Hinweis auf den schriftlichen Verweis, den der Kläger zu 1. am 17. September 2015 wegen eines Vorfalls am 10. Juli 2015 – der Sachbeschädigung eines Sofas – erhalten hat, verfängt nicht. Die Gesamtschau aus einer Sachbeschädigung und einem körperlichen Übergriff im Abstand von mehreren Monaten ergibt noch keine drohende erhebliche Beeinträchtigung der Schulfahrt. Inwieweit die Aufarbeitung des Vorfalls vom 10. Juli 2015 am 29. September 2015 noch nicht abgeschlossen gewesen ist, erschließt sich dem Gericht im Übrigen nicht. Der Verweis ist – wie sich aus der Sachakte ergibt – nach eingehender Sachverhaltsermittlung erteilt und vom dem Kläger zu 1. in der Folge nicht angegriffen worden. Dass die mit dem Verweis einhergehenden Erziehungsmaßnahmen in Form des Abtransports und der Neubeschaffung eines Sofas und der Unterstützung einer 5. Klasse bei einer Lesepatenschaft noch nicht abgeschlossen waren, wiegt nicht schwer. Letztere Maßnahme konnte noch gar nicht abgeschlossen sein, da sie sich bis zu den Weihnachtsferien hinziehen sollte; erstere hat der Kläger zu 1. nach Angaben seines Vaters in der mündlichen Verhandlung bei Erlass des Bescheides vom 29. September 2015 bereits erledigt gehabt.

46

Auch die Rolle des Klägers zu 1. als Klassensprecher ändert nichts an der Einschätzung, dass nicht anzunehmen war, dass er die Klassenreise in einer Weise stören werde, die ihrem geordneten Ablauf entgegensteht. Gewisse Zweifel an der Fähigkeit des Klägers zu 1., seiner gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 HmbSG auch im Hinblick auf Konflikte in der Klasse auszuübenden Vertreterrolle gerecht zu werden, mögen zwar angesichts des Übergriffs auf den Sechstklässler angebracht sein. Die Situation des Zusammenstoßes mit einem Schüler einer anderen Klasse ist jedoch hinreichend verschieden von etwaigen Konflikten innerhalb des eigenen Klassenverbundes. Hierbei ist nicht zuletzt eine gewisse Anerkennung durch eine Mehrheit der Mitschüler des Klägers zu 1. zu berücksichtigen, da er von diesen in geheimer Wahl gewählt wurde (§ 63 Abs. 1 Satz 1 HmbSG).

47

Dass die Durchführung einer Auslandsklassenreise eine organisatorische und logistische Herausforderung insbesondere für die Lehrkräfte ist, die die Reise als Betreuungspersonen begleiten, und dass diese hierbei auf die Kooperation und Mitarbeit der Schüler angewiesen sind und von diesen in besonderem Maße ein regelkonformes Verhalten einfordern dürfen, ist nicht in Abrede zu stellen. Inwieweit sich die Klassenlehrerin aber in besonderer Weise auf den Kläger zu 1. als Klassensprecher hätte verlassen können müssen, „um vertrauensvoll die Auslandsklassenreise durchführen zu können“, hat die Beklagte nicht dargetan. So ist etwa nicht ersichtlich, dass dem Kläger zu 1. besondere Aufgaben übertragen worden wären, die ein solches besonderes Vertrauensverhältnis zu der Klassenlehrerin erfordert hätten.

48

Auch wenn aus Sicht der Schulleitung natürlich nicht sicher ausgeschlossen werden konnte, dass es auf der Schulfahrt zu Schwierigkeiten mit dem Kläger zu 1. kommt, so war die von ihm ausgehende etwaige Gefahr unter Zugrundelegung des dargestellten Maßstabes doch insgesamt als so gering zu bewerten, dass es nicht geboten war, ihn von der Schulfahrt auszuschließen. Allein die entfernte Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger zu 1. nicht das gebotene Verhalten zeigen würde, rechtfertigte seine Suspendierung nicht.

49

cc. Die Schulleitung ist nach alledem auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein „dringender“ Fall i.S.d. § 49 Abs. 9 HmbSG vorlag. Eine solche Dringlichkeit ist zu bejahen, wenn anzunehmen ist, dass ein weiteres Zuwarten – insbesondere zur Aufklärung der Vorwürfe und zur Vorbereitung einer Entscheidung über eine Ordnungsmaßnahme nach § 49 Abs. 3 und Abs. 4 HmbSG – zu einem Schaden an dem geschützten Rechtsgut führen würde (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 11.2.2014, 2 K 1672/12). Hier stand zwar die Schulfahrt der Klasse unmittelbar bevor. Ein Schaden drohte durch die Teilnahme des Klägers zu 1. an der Fahrt nach den vorstehenden Ausführungen aber nicht.

50

dd. Ob die Schule das ihr auf Rechtsfolgenseite zustehende Ermessen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit beanstandungsfrei ausgeübt hat – die vorläufige Beurlaubung darf nur als ultima ratio ausgesprochen werden, wenn die Aufrechterhaltung eines geordneten Schullebens nicht auf andere Weise gewährleistet werden kann (vgl. auch VG Hamburg, Beschl. v. 23.9.2011, 15 E 2229/11 zur Berücksichtigung der besonderen Bedeutung von Klassenreisen für den Schüler im Rahmen einer Anordnung gemäß § 49 Abs. 9 HmbSG) –, kann dahinstehen, da es schon an der tatbestandlich erforderlichen relevanten Gefahr fehlt.

51

2. Die Klage hat auch hinsichtlich des Antrags auf Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des Betrags in Höhe von 170,00 Euro zuzüglich Zinsen seit Rechtshängigkeit Erfolg.

52

a. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist für den Rückzahlungsantrag der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, weil die mit einer Schulfahrt verbundenen Zahlungspflichten am öffentlich-rechtlichen Charakter des Schulverhältnisses (vgl. § 28 Abs. 1 HmbSG) teilnehmen (s. nur VG Berlin, Urt. v. 13.3.2012, 3 K 316.11, juris Rn. 17 m.w.N.).

53

b. Die als allgemeine Leistungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet.

54

Der Rückzahlungsanspruch folgt aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, der sich aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ergibt, ist als eigenständiges Rechtsinstitut des Verwaltungsrechts anerkannt und darauf gerichtet, eine ohne Rechtsgrund erbrachte Leistung oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebung auszugleichen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.9.2007, 2 C 14/06, juris Rn. 15 m.w.N.). Er soll eine dem materiellen Recht nicht entsprechende Vermögensverschiebung korrigieren (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2004, 5 C 71/03, juris Rn. 16). Die Anspruchsvoraussetzungen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs sind anhand des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchsgemäß §§ 812 ff. BGB entwickelt worden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.1.2011, 3 C 7/00, juris Rn. 16). Voraussetzung ist danach eine Vermögensverschiebung zwischen zwei Rechtssubjekten aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung, die ohne Rechtsgrund erfolgte oder deren Rechtsgrund später weggefallen ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.

55

aa. Durch die Zahlung des Betrags in Höhe von 170,00 Euro an die Klassenlehrerin haben die Kläger zu 2. und 3. gegenüber der Beklagten als Schulträgerin eine Leistung erbracht, sodass es zu einer Vermögensverschiebung zu Gunsten der Beklagten gekommen ist.Die Lehrer einer öffentlichen Schule vereinnahmen Kostenbeiträge der Eltern zu Schulfahrten regelmäßig – und so auch hier – als Stellvertreter des Schulträgers für den Schulträger (vgl. § 85 Abs. 1 Satz 1 HmbSG), nicht etwa für sich selbst als natürliche Personen oder für die Schulen, bei denen es sich gemäß § 111 Abs. 2 Satz 1 HmbSG um nichtrechtsfähige Anstalten handelt (vgl. auch VG Dresden, Urt. v. 27.10.2016, 5 K 1130/13, juris Rn. 20 ff.). Dies ergibt sich auch aus Ziffer 8.2 der hier maßgeblichen Richtlinien für Schulfahrten vom 4. Oktober 2006 (MBlSchul Nr. 11 v. 15.12.2006, S. 125 ff.), wonach die zuständige Behörde für die von der Lehrkraft eingegangenen Verpflichtungen finanziell eintritt.

56

bb. Das Rechtsverhältnis, in dem die Vermögensverschiebung stattgefunden hat, ist aufgrund des öffentlich-rechtlichen Charakters des Schulverhältnisses dem öffentlichen Recht zuzuordnen.

57

cc. Der Rechtsgrund für diese Vermögensverschiebung ist nachträglich entfallen. Gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB besteht die Verpflichtung, etwas ohne rechtlichen Grund Erlangtes herauszugeben auch dann, wenn der rechtliche Grund hierfür später wegfällt (sog. condictio ob causam finitam). Bei der condictio ob causam finitam war zum Zeitpunkt der Leistung ein rechtlicher Grund gegeben, dieser fiel aber zu einem späteren Zeitpunkt wieder endgültig Weg (BeckOK BGB, Bamberger/Roth/Hau/Poseck, 43. Edition, Stand: 15.6.2017, § 812 Rn. 78 f.). Ein Mangel des rechtlichen Grundes ist bei § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB also anzunehmen, wenn für den Empfänger ein Recht auf die Leistung nicht mehr besteht. Von einem nachträglichen Wegfall des rechtlichen Grundes ist danach jedenfalls dann auszugehen, wenn das der Leistung zugrundeliegende Kausalverhältnis zu einem Zeitpunkt nach Bewirkung der Leistung mit Wirkung ex nunc beendet bzw. so umgestaltet wird, dass es nicht mehr geeignet ist, den Rechtsgrund für die Leistung zu bilden. Dies war hier der Fall.

58

Dabei kann dahinstehen, ob als Rechtsgrundlage für die Zahlung der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gemäß § 54 ff. HmbVwVfG von vornherein nicht in Betracht kam.Gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG sind die Regelungen über öffentlich-rechtliche Verträge im Rahmen der Tätigkeit der Schulen nicht anwendbar. Soweit teilweise eine teleologische Reduktion dieser Norm in Fällen, in denen es um die Durchführung von Schulfahrten geht, für die keine Teilnahmeverpflichtung besteht, für geboten gehalten wird, um verbindliche Abreden zwischen Schüler bzw. Eltern auf der einen und der Schule bzw. dem Schulträger auf der anderen Seite zu ermöglichen und insoweit für Rechtssicherheit zu sorgen (so für das dort maßgebliche Landesrecht VG Berlin, Urt. v. 13.3.2012, 3 K 316/11, juris Rn. 22; VG Saarland, Urt. v. 18.7.2005, 1 K 78/02, juris Rn. 14 f.), lässt sich dieser Ansatz auf das Hamburgische Schulrecht nicht übertragen. In Hamburg sind Schülerinnen und Schüler schon von Rechts wegen gemäß § 28 Abs. 2 HmbSG grundsätzlich verpflichtet, an den pflichtgemäßen Schulveranstaltungen – also auch an Exkursionen und Klassenfahrten – teilzunehmen (vgl. VG Hamburg, Beschl. v. 24.5.2017, 2 E 5613/17, juris Rn. 26 ff.). Will eine Schülerin oder ein Schüler nicht an einer Klassenfahrt teilnehmen, ist hierfür eine Befreiung gemäß § 28 Abs. 3 HmbSG erforderlich. Die Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Hamburgischen Verwaltungsverfahrensgesetzes in § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG dürften aber lediglich für das Verwaltungshandeln der Schulen in inneren, also in pädagogischen Schulangelegenheiten gelten, nicht aber auch, soweit die Schule – wie hier – in Vertretung für den Schulträger den äußeren organisatorischen Rahmen für eine Schulfahrt herstellt. Insofern liegt rechtlich eine Tätigkeit des Schulträgers und nicht der Schule vor (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 20.11.2015, 19 A 1585/13, juris Rn. 16 ff.; VG Gelsenkirchen, Gerichtsbescheid v. 2.4.2007, 4 K 3929/04, juris Rn. 19, 28; a.A. VG Münster, Urt. v. 27.6.2003, 1 K 3065/12, juris Rn. 15 ff.).

59

Es kann auch offen bleiben, ob die Beteiligten Erklärungen gemäß § 62 Satz 2 HmbVwVfG i.V.m. §§ 145 ff. BGB abgegeben haben, die auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gemäß §§ 54 ff. HmbVwVfG gerichtet waren und ob sie dem Schriftformerfordernis des § 57 HmbVwVfG Genüge getan haben. Aus dem Verwaltungsvorgang geht lediglich hervor, dass die Klassenlehrerin die Eltern der Schüler der Klasse 10d mit undatiertem Schreiben um die Überweisung des Betrages in Höhe von 170,00 Euro „bis zum Ende des Monats April (2015)“ gebeten hat. Daraufhin überwiesen die Kläger zu 2. und 3. den Betrag am 7. April 2015. Ob sich die Schule an die Vorgaben gehalten hat, die sich aus den Richtlinien für Schulfahrten für die Vorbereitung der Schulfahrten ergeben, erscheint fraglich. Gemäß Ziffer 5.1 der Richtlinien holt die Lehrkraft bei minderjährigen Schülerinnen und Schülern frühzeitig das schriftliche Einverständnis der Erziehungsberechtigten zur Zahlung der durch einen Kostenplan ausgewiesenen – voraussichtlichen – Kosten für die Schulfahrt ein (sog. Zahlungsversprechen). Das Zahlungsversprechen der Erziehungsberechtigten soll auch die Kosten einer notwendigen vorzeitigen Heimreise der Schülerin oder des Schülers einschließen. Gemäß Ziffer 7.1 der Richtlinien ist das Zahlungsversprechen rechtzeitig vor dem Abschluss vertraglicher Verpflichtungen einzuholen. Gemäß Ziffer 8.1 der Richtlinien geht die Lehrkraft endgültige Verpflichtungen erst ein, wenn u.a. die Einverständniserklärungen gemäß Abschnitt 5 vorliegen. Eine derartige Erklärung haben die Kläger zu 2. und 3. nach eigenen Angaben nicht abgegeben. Die Vertreterin der Beklagten erklärte in der mündlichen Verhandlung, keine Angaben dazu machen zu können, ob die Klassenlehrerin eine solche Erklärung von den Klägern zu 2. und 3. eingeholt hat.

60

Handelte es sich bei der streitgegenständlichen Klassenreise um eine von der Schulleitung genehmigte und im Sinne der Schulpflicht für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtende Schulfahrt, waren die Kläger zu 2. und 3. aber jedenfalls auch ohne Abschluss einer konkreten diesbezüglichen vertraglichen Abrede verpflichtet, die in diesem Zusammenhang entstehenden tatsächlichen Aufwendungen für den Kläger zu 1. zu tragen. Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 HmbSG sind die Erziehungsberechtigten dafür verantwortlich, dass die Schulpflichtigen am Unterricht und an den Unterrichtsveranstaltungen der Schule, wozu auch Klassenreisen zählen (vgl. VG Hamburg, Beschl. v. 24.5.2017, 2 E 5613/17, juris Rn. 25 ff.), regelmäßig teilnehmen. Wegen dieser Pflichtenstellung haben die Eltern auch die damit verbundenen Kosten im Rahmen ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht zu tragen (vgl. auch VG Hannover, Beschl. v. 11.8.2004, 6 B 2803/04, juris – grundsätzlich zur Tragungspflicht der mit dem Schulbesuch schulpflichtiger Kinder verbundenen Kosten). Dem steht die in § 29 HmbSG geregelte Gebührenfreiheit des Schulbesuchs nicht entgegen.Die Norm umfasst nach ihrem Wortlaut die in Rede stehenden Kosten schon deshalb nicht, weil es sich dabei nicht um Gebühren handelt (vgl. auch VG Hamburg, Urt. v. 30.5.2007, 15 K 1154/07, juris Rn. 28 ff.). Sie regelt auch nicht, dass sämtliche schulischen Pflichtveranstaltungen kostenfrei zu sein hätten. Vom Gewährleistungsbereich kostenfreien Unterrichts sind nicht die Kosten der Unterbringung und Verpflegung eines Schülers sowie die Kosten seiner Anreise aus Anlass seiner Unterrichtung umfasst (vgl. VG Dresden, Urt. v. 27.10.2016, 5 K 1130/13, juris Rn. 35, 38). Hierbei handelt es sich nicht um Kosten des Unterrichts als solchem, sondern vielmehr um Aufwendungen, die den Schüler – sei es auch im Rahmen einer Klassenfahrt – in die Lage versetzen, am dort stattfindenden Unterricht teilzunehmen. In der Anlage zu den Richtlinien für Schulfahrten sind Höchstkosten für sämtliche Fahrten in einer Stufe von 300,00 Euro in den Klassen 7 bis 10 vorgesehen. Damit keine Schülerin und kein Schüler aus finanziellen Gründen zurück bleiben muss, werden gemäß Ziffer 7.3 der Richtlinien im Rahmen der vorhandenen Haushaltsmittel bedürftigen Schülerinnen und Schülern Zuschüsse gewährt. Bei den tatsächlichen Aufwendungen für Klassenfahrten handelt es sich zudem um Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft, die bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II neben dem Regelbedarf gesondert berücksichtigt und anerkannt werden.

61

Entfällt vor Beginn der Schulfahrt aufgrund einer Beurlaubung gemäß § 49 Abs. 9 HmbSG die Verpflichtung des Schülers an dieser teilzunehmen, entfällt damit auch der Rechtsgrund für die bereits vorgenommene Zahlung. So liegt der Fall hier. Der Schulleiter hat den Kläger zu 1. am 25. September 2015 mündlich von der Teilnahme an der Schulfahrt ausgeschlossen, die am 28. September 2015 begann. Ob der Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB – etwa nach dem Grundsatz von Treu und Glauben – nicht besteht, wenn der Schüler aufgrund einer rechtmäßigen Maßnahme gemäß § 49 Abs. 9 HmbSG nicht an der Schulfahrt teilnehmen durfte, weil er den Ausschluss insoweit zurechenbar verursacht hat, kann hier dahinstehen, denn die vorläufige Suspendierung des Klägers zu 1. war – wie dargestellt – rechtswidrig.

62

dd. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, dass die Schule im Zeitpunkt des Ausschlusses des Klägers zu 1. von der Klassenreise den bezahlten Betrag bereits für die Vorbereitung der Fahrt, u.a. für die Busfahrt, die Unterbringung und die Verpflegung, ausgegeben hatte, steht dies dem Erstattungsanspruch nicht entgegen, da es der öffentlichen Hand verwehrt ist, sich auf den Einwand der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB zu berufen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.3.1985, 7 C 48/82, juris Rn. 13 ff.). Aufgrund des für sie geltenden Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung muss ihr Interesse darauf gerichtet sein, eine ohne Rechtsgrund eingetretene Vermögensverschiebung zu beseitigen und den rechtmäßigen Zustand wiederherzustellen.

63

ee. Die Beklagte hat die Rückerstattungsforderung der Kläger unter entsprechender Anwendung von § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB mit einem Zinssatz in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen. Während Verzugszinsen für öffentlich-rechtliche Ansprüche nur bei einer entsprechenden ausdrücklichen gesetzlichen Regelung gewährt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1977, III C 72/76, juris Rn. 21 m.w.N.), können Prozesszinsen für öffentlich-rechtliche Geldforderungen grundsätzlich verlangt werden, wenn das jeweils einschlägige Fachrecht keine gegenteilige Regelung trifft (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.2.2001, 5 C 34/00, juris Rn. 6 m.w.N.) Eine solche ist vorliegend nicht ersichtlich.

64

Der Zinsanspruch entsteht analog § 187 Abs. 1 BGB ab dem Folgetag der Rechtshängigkeit, die mit Eingang der Klage bei Gericht beginnt, §§ 90 Abs. 1, 81 Abs. 1 VwGO, also ab dem 17. August 2016.

IV.

65

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO.

66

Die Kostenquote wurde unter Annahme der Gleichwertigkeit der Streitwerte für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beurlaubung und die Entfernung der Unterlagen aus dem Schülerbogen gebildet.

67

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO und § 167 Abs. 2 VwGO analog.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 40


(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 87a


(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,1.über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2.bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 81


(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden. (2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 S

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 90


Durch Erhebung der Klage wird die Streitsache rechtshängig. In Verfahren nach dem Siebzehnten Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens wird die Streitsache erst mit Zustellung der Klage rechtshängig.

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Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 24. Mai 2017 - 2 E 5613/17

bei uns veröffentlicht am 24.05.2017

Tenor Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers wird hinsichtlich der unter Ziffer 3 des Bescheides vom 27. April 2017 vorgenommenen Zwangsgeldfestsetzung angeordnet, soweit sich diese auf die in diesem Bescheid unter Ziffe

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 20. Nov. 2015 - 19 A 1585/13

bei uns veröffentlicht am 20.11.2015

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 118,40 Euro festgesetzt. 1Gründe: 2Der Berufungszulassungsantrag ist unbegründet. Der Beklagte stützt ihn a

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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers wird hinsichtlich der unter Ziffer 3 des Bescheides vom 27. April 2017 vorgenommenen Zwangsgeldfestsetzung angeordnet, soweit sich diese auf die in diesem Bescheid unter Ziffer 2 getroffene Anordnung erstreckt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen eine zwangsmittelbewehrte Anordnung der Antragsgegnerin, für die Teilnahme seiner Tochter an einer Klassenreise zu sorgen.

2

Die im April 2005 geborene Tochter des Antragstellers besucht die sechste Klasse einer Stadtteilschule in Hamburg. Für den Zeitraum vom 29. Mai bis zum 2. Juni 2017 ist eine Klassenreise nach Teterow in Mecklenburg-Vorpommern geplant.

3

Nachdem an der Stadtteilschule pädagogische und normverdeutlichende Gespräche mit der Tochter des Antragstellers, dem Antragsteller und seiner Ehefrau geführt worden waren, beantragte der Schulleiter der Stadtteilschule bei der Antragsgegnerin die Einleitung eines Bußgeldverfahrens wegen der drohenden Nichtteilnahme der Antragstellerin an der geplanten Klassenfahrt.

4

Mit dem an den Antragsteller gerichteten Bescheid vom 27. April 2017 wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass die Tochter des Antragstellers verpflichtet sei, regelmäßig am Unterricht und an den pflichtmäßigen Schulveranstaltungen der Schule teilzunehmen, insbesondere an der Klassenreise. Sie verfügte:

5

„1. Ihnen wird aufgegeben, dafür zu sorgen, dass Ihr Kind an der Klassenreise der Klasse 6a der o.g. Bildungseinrichtung vom 29.5.207 bis 2.6.2017 (nach Teterow) teilnimmt.

6

2. Sollte Ihr Kind wegen Krankheit daran gehindert sein, an der o.g. Klassenreise teilzunehmen, wird ihnen auferlegt, die Krankheit umgehend durch Vorlage eines schulärztlichen Attests nachzuweisen. Zuständig für die Erteilung dieser Atteste ist das Gesundheitsamt Bezirksamt … – schulärztlicher Dienst, … Hamburg.

7

3. Für den Fall, dass Sie dieser Anordnung nicht nachkommen, wird hiermit gem. §§ 11,14 des Hamburgischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vom 04.12.2012 (Hamburgisches Gesetz- u. Verordnungsblatt S. 510 – HmbVwVG in der jeweils geltenden Fassung) ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro gegen Sie festgesetzt.“

8

4. Die sofortige Vollziehung zu Ziffer 1 dieses Bescheides wird angeordnet.“

9

Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, der Antragsteller sei als Sorgeberechtigter nach § 41 Abs. 1 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) dafür verantwortlich, dass die Schulpflichtige am Unterricht und an den Unterrichtsveranstaltungen (Klassenreise) der Schule regelmäßig teilnehme. Darüber hinaus begründete sie die Erforderlichkeit der Festsetzung eines Zwangsgeldes damit, dass der Antragsteller zuvor seiner Tochter verboten habe, an der Fahrt teilzunehmen. Hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung betonte die Antragsgegnerin das gewichtige öffentliche Interesse an der Erfüllung der Schulpflicht. Auf den weiteren Inhalt des Bescheides wird Bezug genommen.

10

Der Antragsteller legte persönlich am 22. April 2017 bei der Antragsgegnerin Widerspruch gegen diesen Bescheid ein und gab an, seine Tochter habe Angst, an der bevorstehenden Reise teilzunehmen. Denn ihr sei bereits im vergangenen Jahr vor einer anderen Reise von einem Mitschüler angedroht worden, sie während der Reise zu vergewaltigen. Die Angst sei nun so stark, dass der Reiseantritt nicht erfolgen werde. Ausweislich eines Gesprächsvermerks eines Mitarbeiters der Antragsgegnerin gab die Tochter des Antragstellers darüber hinaus an, dass Taschenmesser auf die Reise mitgenommen werden dürften, um Flöße zu bauen. Vor diesem Hintergrund befürchte sie erst recht, dass der Mitschüler seine Drohung tatsächlich wahr mache und das Messer zu Hilfe nehme. Selbst wenn der Mitschüler nicht mitreisen würde, habe sie Angst, beim Bau der Flöße ins Wasser zu fallen und zu ertrinken.

11

Am selben Tag hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Hamburg - ausdrücklich handelnd in Vollmacht für seine Frau wiederum für die gemeinsame Tochter - einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs bis zur rechtskräftigen Entscheidung gestellt. Zur Begründung nimmt er auf seinem Widerspruch Bezug. Er erklärt ferner, dass der Antrag ausschließlich als für seine Person gestellt anzusehen sei, wenn sich der Bescheid nur gegen ihn richte.

12

Die Antragsgegnerin hat telefonisch angegeben, dass ausweislich der Schülerakten der Antragstellerin und des benannten Mitschülers keine Hinweise auf eine Bedrohungssituation ersichtlich seien.

II.

13

Der Antrag wird zunächst gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO dahingehend ausgelegt, dass der Antragsteller selbst für sich und nicht in Vollmacht für seine Tochter tätig werden möchte. Denn der angegriffene Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. April 2017 ist ausdrücklich an den Antragsteller als Inhaltsadressaten gerichtet und er allein hat Widerspruch eingelegt.

14

Darüber hinaus wird der Antrag dahingehend verstanden, dass der Antragsteller insoweit die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs begehrt, wie diese von der Antragsgegnerin durch eine Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausgeschlossen worden ist - nämlich hinsichtlich der Ziffer 1 des ergangenen Bescheides vom 27. April 2017. Hinsichtlich der Ziffer 2 des angegriffenen Bescheides ist dagegen kein einstweiliger Rechtsschutz erforderlich, weil die Antragsgegnerin insoweit ausweislich des Tenors die sofortige Vollziehung nicht angeordnet hat und der Widerspruch des Antragstellers insoweit aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO besitzt. Zwar hat sich die Antragsgegnerin in der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung auch auf Ziffer 2 des Bescheides bezogen, jedoch - zusätzlich zum klar gefassten Tenor - auch in einem weiteren Hinweis auf Seite 2 des Bescheides klargestellt, dass ein Widerspruch nur hinsichtlich der Ziffer 1 des Bescheides und der Zwangsgeldfestsetzung keine aufschiebende Wirkung besitzt.

15

Vor dem Hintergrund, dass hinsichtlich der unter Ziffer 3 verfügten Zwangsgeldfestsetzung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs von Gesetzes wegen gemäß § 29 HmbVwVG ausgeschlossen ist, entspricht es dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers, dass er auch insoweit einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Da hier ein gesetzlicher Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO vorliegt, ist sein Antrag bezogen auf die Zwangsgeldfestsetzung dahingehend zu verstehen, dass er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs begehrt.

III.

16

Der so verstandene Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, aber nur teilweise begründet. Sofern Widerspruch und Anfechtungsklage aufgrund gesetzlicher Anordnung des Sofortvollzugs (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 - 3 VwGO) keine aufschiebende Wirkung haben, unterscheidet sich die gerichtliche Interessenabwägung bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Entscheidung über die Aussetzung des Sofortvollzugs von der Abwägung, wie sie in den Fällen einer behördlichen Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO stattfindet. So ist im Anwendungsbereich dieser Bestimmung bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) von besonderer Bedeutung, während in den Fällen der gesetzlichen Anordnung des Sofortvollzugs zu berücksichtigen ist, dass - umgekehrt - der Gesetzgeber den grundsätzlichen Vorrang des öffentlichen Interesses am Vollzug des Bescheides ungeachtet eines noch schwebenden Widerspruchs- oder Klageverfahrens angeordnet hat. Im Hinblick auf unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe ist somit zwischen dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (1.) und dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (2.) zu differenzieren.

17

1. Soweit der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die unter Ziffer 1 erlassene Verfügung, dafür zu sorgen, dass sein Kind an der Klassenreise teilnehme, begehrt, ist der Antrag unbegründet.

18

a. Die Antragsgegnerin hat im Bescheid vom 27. April 2017 ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der in der Ziffer 1 des Bescheidtenors getroffenen Entscheidung angenommen und dieses besondere Interesse in einer den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechenden Weise begründet. Bei der Prüfung dieser Vorschrift kommt es nicht darauf an, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Erwägungen in der Sache zutreffend sind. Erforderlich ist vielmehr, dass die Anordnung überhaupt mit einer auf die Umstände des Einzelfalles bezogenen Begründung versehen ist (OVG Hamburg, Beschl. v. 20.2.2012, 2 Bs 14/12, juris Rn. 10). Diesen Anforderungen genügt die knappe Begründung, mit der die Antragsgegnerin die öffentlichen Interessen an der Erfüllung der Schulpflicht und der Teilnahme der Schülerin an der Klassenreise betont und gegenüber den persönlichen Belangen als vorrangig angesehen hat.

19

b. Die vom Gericht gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung bezieht sich hinsichtlich des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung allein auf das private Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehbarkeit der Ziffer 1 des Bescheides vom 27. April 2017 verschont zu bleiben. Die Abwägung dieses Interesses und dem öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug der Ziffer 1 dieser Verfügung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Die Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung erweist sich nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein vorzunehmenden summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig (aa.) und es besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnung (bb.).

20

aa. Der Widerspruch des Antragstellers dürfte gegenüber der Ziffer 1 des Bescheides vom 27. April 2017 erfolglos bleiben.

21

(1) Die konkretisierende Verfügung der Antragstellerin findet ihre Rechtsgrundlage in § 41 Abs. 1 Satz 1 HmbSG. Danach sind die Sorgeberechtigten dafür verantwortlich, dass die Schulpflichtigen am Unterricht und an den Unterrichtsveranstaltungen der Schule regelmäßig teilnehmen. Die Rechtsnorm des § 41 Abs. 1 Satz 1 HmbSG stellt eine taugliche Ermächtigungsgrundlage (Befugnisnorm) für den Erlass eines Verwaltungsakts dar, obwohl die Befugnis, einen Verwaltungsakt in Gestalt eines normkonkretisierenden Bescheides zu erlassen, dort nicht ausdrücklich geregelt ist. Vielmehr regelt diese Norm nur die Verantwortung der Sorgeberechtigten für die Einhaltung der Schulpflicht. In der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, der die Kammer folgt (vgl. Beschl. der Kammer v. 23.5.2017, 2 E 4284/17 zu § 13 MZG und v. 5.5.2015, 2 E 2501/15 zu § 34 HmbSG), ist jedoch anerkannt, dass die Befugnis der Verwaltung, sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben des Mittels des Verwaltungsakts zu bedienen (sog. Verwaltungsaktsbefugnis) nicht ausdrücklich in der gesetzlichen Grundlage erwähnt sein muss, die in materieller Hinsicht zu einem Eingriff ermächtigt. Denn als Handlungsform, in der die Verwaltung Privatpersonen in der Regel gegenübertritt, ist der Verwaltungsakt allseits bekannt. Es reicht deshalb für die Qualität einer Ermächtigungsgrundlage im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes aus, wenn sich die Verwaltungsaktbefugnis dem Gesetz im Wege der Auslegung entnehmen lässt (BVerwG, Urt. v. 10.12.2014, 1 C 11/14, juris Rn. 13; Urt. v. 7.12.2011, 6 C 39/10, BVerwGE 141, 243, juris Rn. 14; ebenso VG Leipzig, Beschl. v. 22.9.2016, 4 L 585/16, juris Rn. 15). Dies ist vorliegend der Fall.

22

Zwar gibt der Wortlaut keinen ausdrücklichen Hinweis darauf. Demgegenüber zeigt die Systematik des Hamburgischen Schulgesetzes, dass gesetzestechnisch grundsätzlich keine gesonderten Befugnisnormen vorgesehen sind, um normierte Pflichten der Sorgeberechtigten durch einen Verwaltungsakt umzusetzen. Ebenso wie bei § 41 Abs. 1 HmbSG verhält es sich nämlich mit der in § 34 Abs. 2 HmbSG enthaltene Verpflichtung, Angaben für schulärztliche, schulpsychologische und sonderpädagogische Untersuchungen zu machen. Auch hier sieht das Hamburgische Schulgesetz keine gesonderte Befugnisnorm vor, um eine Regelung im Einzelfall zu erlassen (vgl. dazu Beschl. der Kammer v. 5.5.2015, a.a.O.). Dasselbe gilt für die Verpflichtung der Sorgeberechtigten nach § 42 Abs. 1 Satz 1 HmbSG, die Kinder vor der Einschulung an einer regional zuständigen Grundschule vorzustellen, wo eine Überprüfung des Entwicklungsstandes stattfinden soll, und für die Verpflichtung der Sorgeberechtigten nach § 42 Abs. 2 HmbSG, das jeweilige Kind nach öffentlicher Bekanntmachung rechtzeitig vor Beginn der Schulpflicht an einer regional zuständigen Grundschule anzumelden. Insofern liegt hier keine Situation vor, in der hinsichtlich einzelner Pflichten gesonderte Befugnisnormen bestehen, hinsichtlich anderer jedoch nicht (vgl. dazu VG Leipzig, Beschl. v. 22.9.2016, a.a.O., juris Rn. 16).

23

Diese Auslegung entspricht auch dem Verständnis des Gesetzgebers, der z.B. auch anlässlich der zum 18. Mai 2005 vorgenommenen Einfügung des § 41a HmbSG zum Schulzwang keine gesonderten Befugnisnormen für die verschiedenen Verpflichtungen der Sorgeberechtigten in das Hamburgische Schulgesetz aufgenommen hat. Vielmehr ging der Gesetzgeber davon aus, dass nach bisher geltendem Recht Anordnungen zur Durchsetzung von Schulpflicht und Vorstellung getroffen und mit Zwangsmitteln versehen werden können (vgl. Bü.-Drs. 18/1962 v. 15.3.2005, S. 2 und 4), dass diese Maßnahmen jedoch ohne den einzuführenden Schulzwang nicht ausreichen würden. Der Schulzwang sei erst als „ultima ratio“ einzusetzen.

24

Auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wurde in der Vergangenheit fast durchgängig die Norm des § 41 Abs. 1 HmbSG - allerdings ohne ausdrückliche Infragestellung - als ausreichende Befugnisnorm angesehen, um eine gegen die Sorgeberechtigten gerichtete Maßnahme anzuordnen, mit der diese zur Einhaltung der Schulpflicht einer Schülerin oder eines Schülers verpflichtet wurden - und nicht etwa die polizeiliche Generalklausel des § 3 Abs. 1 HmbSOG (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 20.7.2006, 1 So 105/06; Beschl. v. 24.4.2006, 1 So 56/06; st. Rspr. der Kammer 15 des VG Hamburg, vgl. z.B. Beschl. v. 20.4.2012, 15 E 1056/12, juris; a.A.: VG Hamburg, Beschl. v. 6.2.2015, 2 E 651/15, n.v., S. 4 BA).

25

(2) Die Anwendung der Befugnisnorm des § 41 Abs. 1 HmbSG ist vorliegend nicht zu beanstanden; die Tochter des Antragstellers ist hinsichtlich der Klassenfahrt schulpflichtig und der Antragsteller kann zur Einhaltung dieser Schulpflicht herangezogen werden.

26

Die in Hamburg wohnhafte zwölfjährige Tochter des Antragstellers ist schulpflichtig gemäß § 28 Abs. 2 i.V.m. §§ 37 Abs. 1 und 3, 38 Abs. 1 HmbSG. Gemäß § 28 Abs. 2 HmbSG sind Schülerinnen und Schüler verpflichtet, regelmäßig am Unterricht und an den pflichtgemäßen Schulveranstaltungen teilzunehmen. Schülerinnen und Schüler müssen daher auch an den Exkursionen und Klassenfahrten teilnehmen, welche von der Schule organisiert und durchgeführt werden, sofern sie zu dem Teilnehmerkreis dieser Veranstaltungen gehören (vgl. z.B. Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, S. 77 Rn. 276). Dass die Tochter des Antragstellers zum allgemeinen Teilnehmerkreis der Klassenreise gehört, wurde vom Antragsteller nicht bestritten.

27

Entgegen der Auffassung des Antragstellers besitzt die Tochter des Antragstellers keinen Anspruch auf Befreiung von einer bestimmten Unterrichtsveranstaltung nach § 28 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 HmbSG. Danach kann die Schule auf Antrag Schülerinnen und Schüler aus wichtigem Grund von der Teilnahme an einzelnen Unterrichtsveranstaltungen befreien, ohne dass das Schulverhältnis unterbrochen wird. Ob die Tochter des Antragstellers den hierfür erforderlichen Antrag ausdrücklich oder konkludent und zudem wirksam vertreten gestellt hat, kann dahinstehen. Denn ein wichtiger Grund im Sinne der oben genannten Vorschrift ist von dem insoweit darlegungspflichtigen Antragsteller nicht glaubhaft gemacht worden.

28

Die vom staatlichen Erziehungsauftrag umfasste Schulpflicht in der Gestalt der Teilnahmepflicht an einer Klassenfahrt hat eine ganz besondere pädagogische Bedeutung. Die Klassenfahrt ist, anders als der herkömmliche Schulunterricht, nicht auf die Vermittlung von schulischem Wissen, sondern auf die Einübung sozialer Verhaltensweisen im Klassenverband und die Verfestigung der Klassengemeinschaft gerichtet. Insofern ist die Klassenreise eine pädagogische Veranstaltung, in welcher der Staat seinen in Art. 7 Abs. 1 GG verankerten Anspruch, auch an der Formung des Persönlichkeitsbildes der ihm anvertrauten Schüler mitzuwirken, konkretisiert. Die vorstehend skizzierten Hauptfunktionen einer mehrtägigen Klassenreise sind an dem Menschenbild des Grundgesetzes, nämlich der eigenverantwortlich handelnden, der sozialen Gemeinschaft verpflichteten und auf Toleranz und Respekt gerichteten Persönlichkeit, orientiert (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 7.4.2009, 15 K 3337/08, juris Rn. 27). Bei der Durchsetzung der Schulpflicht muss der Staat generell und auch bezogen auf besondere Veranstaltungen wie eine Klassenfahrt seinen in Art. 7 Abs. 1 GG verankerten Erziehungsauftrag unter Beachtung dieser prinzipiell gleichrangigen Grundrechte der Eltern und Schüler konkretisieren und dabei einen schonenden Ausgleich im Sinne „praktischer Konkordanz“ beider Rechtspositionen herstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.8.1993, 6 C 8/91, BVerwGE 94, 82 ff., juris Rn. 14, 18; VG Hamburg, Urt. v. 7.4.2009, 15 K 3337/08, juris Rn. 25; Beschl. v. 20.4.2012, 15 E 1056/12, juris Rn. 13). Dabei sind die im Einzelfall vom staatlichen Erziehungsauftrag umfassten Belange und die betroffenen Rechtspositionen der Eltern und Schüler konkret zu gewichten und einander gegenüberzustellen.

29

Im vorliegenden Verfahren macht der Antragsteller sinngemäß geltend, seine Tochter fürchte Gefahren für ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit sowie auf sexuelle Selbstbestimmung, da ein Mitschüler sie bedrohe. Um gegenüber dem staatlichen Erziehungsauftrag und der oben geschilderten Bedeutung von Klassenfahrten das erforderliche berücksichtigungsfähige Gewicht zu erreichen, müssen die entgegenstehenden persönlichen Belange jedoch hinreichend substantiiert dargelegt werden. Denn allein der Umstand, dass eine zwölfjährige Schülerin auf einer Klassenfahrt in einer gemeinsamen Unterkunft mit weiteren Mitschülerinnen und Mitschülern übernachten wird, begründet die konkrete Gefahr eines Übergriffs nicht. Es ist darzulegen, aufgrund welcher konkreten Anhaltspunkte die geltend gemachte Gefahr zu befürchten ist, sowie, weshalb die mitreisenden Lehrer und gegebenenfalls weitere Aufsichtspersonen nicht in der Lage seien, die Schülerin vor den beschriebenen Gefahren zu schützen. Anderenfalls kann nicht von einer hinreichend wahrscheinlichen Gefährdung der schulpflichtigen Schülerin ausgegangen werden, die einen Befreiungsanspruch rechtfertigen würde.

30

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Antragstellers im vorliegenden Fall nicht. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die vorgetragene Bedrohung durch den Mitschüler das maßgebliche Motiv für die vorgetragene Weigerung seiner Tochter darstellt, mitzureisen. Denn die Tochter des Antragstellers hat gegenüber der Antragsgegnerin auch angegeben, nicht am Bau von Flößen teilnehmen zu wollen, weil sie Angst habe, zu ertrinken. Darüber hinaus steht im Raum, dass der Antragsteller selbst gegenüber seiner Tochter ein Verbot ausgesprochen habe, mitzureisen. Doch selbst wenn nur auf die geltend gemachte Bedrohung abzustellen wäre, würde der Vortrag mangels hinreichender Substantiierung nicht ausreichen. Der Antragsteller hat sich allein darauf bezogen, dass seiner Tochter vor etwa einem Jahr - zu einem nicht näher konkretisierten Zeitpunkt - von einem Mitschüler gedroht worden sei, er werde sie (auf einer anderen Klassenfahrt) vergewaltigen. Dieser Mitschüler belästige sie weiterhin. Der Vortrag des Antragstellers ist bereits hinsichtlich einer gegenwärtigen, konkreten Bedrohungssituation, die zumindest durch die Angabe von Daten und Fakten hätte substantiiert werden müssen, nicht ausreichend. Auch benennt der Antragsteller nicht, wann und bei wem konkret seine Tochter um Hilfe nachgesucht hat, in welchem Umfang er sich als Sorgeberechtigte eingeschaltet hat, welche Maßnahmen von Seiten der Schule ergriffen worden seien etc. Er macht auch keine Angaben dazu, weshalb seine Tochter trotz der üblichen Unterbringung mit mehreren Mitschülerinnen in Gruppenzimmern und der Anwesenheit von Aufsichtspersonal einen Übergriff fürchtet. Ausweislich der Angaben der Antragsgegnerin sind in den Schulakten der Tochter des Antragstellers und des benannten Schülers, von dem die Bedrohung ausgehen soll, zudem keine dementsprechenden Hinweise zu finden. Die Angst, beim Bau von Flößen in tiefes Wasser zu fallen, stellt keinen hinreichen Grund für eine Befreiung dar, denn es ist weder glaubhaft gemacht worden noch ernstlich zu befürchten, dass mitreisende Lehrkräfte die Tochter des Antragstellers veranlassen würden, ohne hinreichende Sicherung ein Floß zu betreten, wenn sie ihnen gegenüber zu erkennen gibt, dass sich nicht schwimmen kann.

31

Der Antragsteller durfte auch als Adressat der erlassenen Verfügung zu Ziffer 1 in Anspruch genommen werden. Denn er ist Sorgeberechtigter seiner schulpflichtigen Tochter.

32

Soweit die Antragsgegnerin auf der Grundlage des § 41 Abs. 1 HmbSG berechtigt ist, eine konkretisierende Verfügung hinsichtlich der Pflicht der Sorgeberechtigten zur Einhaltung der Schulpflicht zu erlassen, hat sie jedenfalls ein Entschließungsermessen auszuüben und ihr Auswahlermessen hinsichtlich des oder der in Anspruch genommenen Sorgeberechtigten rechtmäßig zu betätigen. Ausweislich des vorliegenden Bescheides vom 27. April 2017 bestehen keine Zweifel daran, dass sich die Antragsgegnerin dieses Ermessens bewusst war. Sie hat nicht nur abgewogen, ob die entsprechende Verfügung zu erlassen ist, sondern hat sich auch bewusst an den Antragsteller als einen von zwei Sorgeberechtigten gewandt, da er sich zuvor gegen eine Teilnahme seiner Tochter an der Klassenfahrt ausdrücklich ausgesprochen und ihr diese verboten hat. Dieser Feststellung ist der Antragsteller nicht entgegen getreten. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anordnung der Teilnahme an der Klassenfahrt nicht verhältnismäßig sei. Sie dient - wie oben ausgeführt - dem legitimen Ziel der Durchsetzung der Schulpflicht und ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich.

33

Unschädlich ist für die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung, dass die Antragsgegnerin lediglich einen von beiden Sorgeberechtigten, und nicht auch die Mutter des schulpflichtigen Mädchens in Anspruch genommen hat. Denn dass ein weiterer Sorgeberechtigter existiert, berührt nicht die Rechtmäßigkeit der Verfügung etwa im Rahmen der Störerauswahl, sondern wirkt sich allenfalls auf der Ebene der Vollstreckung aus.

34

bb. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen und der Eilbedürftigkeit der Entscheidung ist auch ein besonderes Vollzugsinteresse, das im Rahmen der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erforderlich ist, vorliegend zu bejahen. Denn über den eingelegten Widerspruch bzw. über eine gegebenenfalls noch zu erhebende Klage wäre in keinem Fall vor dem Beginn der am 29. Mai 2017 beginnenden streitigen Klassenfahrt entschieden worden. Ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung hätte die Antragsgegnerin die Schulpflicht der Tochter des Antragstellers nicht effektiv durchsetzen können.

35

2. Soweit der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die in Ziffer 3 der Verfügung vorgenommene Zwangsgeldfestsetzung begehrt, hat sein Antrag teilweise Erfolg.

36

Die in der Verfügung vom 27. April 2017 unter Ziffer 3 vorgenommene Zwangsgeldfestsetzung bezieht sich ihrem Wortlaut laut nach auf „diese Anordnung“ und differenziert nicht nach der unter Ziffer 1 vorgenommen Verpflichtung, seine Tochter zur Einhaltung der Schulpflicht anzuhalten, und der unter Ziffer 2 verfügten Auflage, im Krankheitsfall der Tochter einen Schularzt aufzusuchen. Der Adressat kann die Zwangsgeldfestsetzung daher nur umfassend dahingehend verstehen, dass jeder Verstoß gegen eine der beiden Teilanordnungen dazu führen würde, dass das Zwangsgeld verwirkt ist.

37

Soweit sich die Zwangsgeldfestsetzung auf Ziffer 1 des Bescheides vom 27. April 2017 bezieht, ist sie nicht zu beanstanden. Sie stützt sich auf § 14 HmbVwVG. Nach § 14 Abs. 2 HmbVwVG kann das Zwangsgeld zugleich mit dem durchzusetzenden Verwaltungsakt festgesetzt werden. Es wird in diesem Fall wirksam, wenn die pflichtige Person die ihr obliegende Handlung nicht fristgemäß vorgenommen hat oder gegen eine Duldungs- oder Unterlassungspflicht verstößt und die Voraussetzungen des § 8 HmbVwVG vorliegen. Darüber hinaus muss ein zu vollstreckender Titel im Sinne des § 3 HmbVwVG vorliegen. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Zwangsgeldfestsetzung zu Ziffer 1 des Bescheides erfüllt. Insbesondere handelt es sich bei dieser Verfügung um einen vollstreckbaren Verwaltungsakt im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVG, da die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung dieses Verwaltungsakts angeordnet und die Kammer die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht wiederhergestellt hat.

38

Die Zwangsgeldfestsetzung ist hinsichtlich der Ziffer 1 des Bescheides auch nicht deshalb rechtswidrig, weil der sorgeberechtigten Ehefrau keine ausdrückliche Verpflichtung auferlegt wurde, die Veranlassung ihres Ehemanns zur Einhaltung der Schulpflicht der gemeinsamen Tochter zu dulden und dadurch ein Vollstreckungshindernis bestehen könnte. Denn eine Duldungsverfügung darf nicht rein vorsorglich ausgesprochen werden; ein Bedarf dafür besteht nur, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Duldungsverfügung der gegen den Vollzug aus „eigenem“ Recht Einwände erheben oder sich widersetzen wird (OVG Schleswig, Beschl. v. 17.11.2015, 1 MB 25715, juris Rn. 22 m.w.N.). Hierfür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.

39

Soweit die Zwangsgeldfestsetzung sich jedoch auf Ziffer 2 des Bescheides vom 27. April 2017 bezieht, liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVG nicht vor: wie bereits oben ausgeführt, hat die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung dieser Regelung nicht angeordnet.

IV.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Dem Antragsteller waren die Kosten des Verfahrens ganz aufzuerlegen, da die Antragsgegnerin nur zu einem sehr geringen Teil - hinsichtlich eines Teils der Zwangsgeldandrohung - unterlegen war.

41

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Die Kammer legt in der Hauptsache für den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs den Auffangstreitwert zugrunde, der in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 (NordÖR 2014, 14 ff.) im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zur Hälfte in Ansatz gebracht wird. Nach Ziffer 1.7.2 des Streitwertkatalogs 2013 erhöht der zugleich verfolgte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs den Streitwert nicht, da die Höhe des festgesetzten Zwangsgelds geringer ist.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 118,40 Euro festgesetzt.


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Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers wird hinsichtlich der unter Ziffer 3 des Bescheides vom 27. April 2017 vorgenommenen Zwangsgeldfestsetzung angeordnet, soweit sich diese auf die in diesem Bescheid unter Ziffer 2 getroffene Anordnung erstreckt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen eine zwangsmittelbewehrte Anordnung der Antragsgegnerin, für die Teilnahme seiner Tochter an einer Klassenreise zu sorgen.

2

Die im April 2005 geborene Tochter des Antragstellers besucht die sechste Klasse einer Stadtteilschule in Hamburg. Für den Zeitraum vom 29. Mai bis zum 2. Juni 2017 ist eine Klassenreise nach Teterow in Mecklenburg-Vorpommern geplant.

3

Nachdem an der Stadtteilschule pädagogische und normverdeutlichende Gespräche mit der Tochter des Antragstellers, dem Antragsteller und seiner Ehefrau geführt worden waren, beantragte der Schulleiter der Stadtteilschule bei der Antragsgegnerin die Einleitung eines Bußgeldverfahrens wegen der drohenden Nichtteilnahme der Antragstellerin an der geplanten Klassenfahrt.

4

Mit dem an den Antragsteller gerichteten Bescheid vom 27. April 2017 wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass die Tochter des Antragstellers verpflichtet sei, regelmäßig am Unterricht und an den pflichtmäßigen Schulveranstaltungen der Schule teilzunehmen, insbesondere an der Klassenreise. Sie verfügte:

5

„1. Ihnen wird aufgegeben, dafür zu sorgen, dass Ihr Kind an der Klassenreise der Klasse 6a der o.g. Bildungseinrichtung vom 29.5.207 bis 2.6.2017 (nach Teterow) teilnimmt.

6

2. Sollte Ihr Kind wegen Krankheit daran gehindert sein, an der o.g. Klassenreise teilzunehmen, wird ihnen auferlegt, die Krankheit umgehend durch Vorlage eines schulärztlichen Attests nachzuweisen. Zuständig für die Erteilung dieser Atteste ist das Gesundheitsamt Bezirksamt … – schulärztlicher Dienst, … Hamburg.

7

3. Für den Fall, dass Sie dieser Anordnung nicht nachkommen, wird hiermit gem. §§ 11,14 des Hamburgischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vom 04.12.2012 (Hamburgisches Gesetz- u. Verordnungsblatt S. 510 – HmbVwVG in der jeweils geltenden Fassung) ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro gegen Sie festgesetzt.“

8

4. Die sofortige Vollziehung zu Ziffer 1 dieses Bescheides wird angeordnet.“

9

Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, der Antragsteller sei als Sorgeberechtigter nach § 41 Abs. 1 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG) dafür verantwortlich, dass die Schulpflichtige am Unterricht und an den Unterrichtsveranstaltungen (Klassenreise) der Schule regelmäßig teilnehme. Darüber hinaus begründete sie die Erforderlichkeit der Festsetzung eines Zwangsgeldes damit, dass der Antragsteller zuvor seiner Tochter verboten habe, an der Fahrt teilzunehmen. Hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung betonte die Antragsgegnerin das gewichtige öffentliche Interesse an der Erfüllung der Schulpflicht. Auf den weiteren Inhalt des Bescheides wird Bezug genommen.

10

Der Antragsteller legte persönlich am 22. April 2017 bei der Antragsgegnerin Widerspruch gegen diesen Bescheid ein und gab an, seine Tochter habe Angst, an der bevorstehenden Reise teilzunehmen. Denn ihr sei bereits im vergangenen Jahr vor einer anderen Reise von einem Mitschüler angedroht worden, sie während der Reise zu vergewaltigen. Die Angst sei nun so stark, dass der Reiseantritt nicht erfolgen werde. Ausweislich eines Gesprächsvermerks eines Mitarbeiters der Antragsgegnerin gab die Tochter des Antragstellers darüber hinaus an, dass Taschenmesser auf die Reise mitgenommen werden dürften, um Flöße zu bauen. Vor diesem Hintergrund befürchte sie erst recht, dass der Mitschüler seine Drohung tatsächlich wahr mache und das Messer zu Hilfe nehme. Selbst wenn der Mitschüler nicht mitreisen würde, habe sie Angst, beim Bau der Flöße ins Wasser zu fallen und zu ertrinken.

11

Am selben Tag hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Hamburg - ausdrücklich handelnd in Vollmacht für seine Frau wiederum für die gemeinsame Tochter - einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs bis zur rechtskräftigen Entscheidung gestellt. Zur Begründung nimmt er auf seinem Widerspruch Bezug. Er erklärt ferner, dass der Antrag ausschließlich als für seine Person gestellt anzusehen sei, wenn sich der Bescheid nur gegen ihn richte.

12

Die Antragsgegnerin hat telefonisch angegeben, dass ausweislich der Schülerakten der Antragstellerin und des benannten Mitschülers keine Hinweise auf eine Bedrohungssituation ersichtlich seien.

II.

13

Der Antrag wird zunächst gemäß §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO dahingehend ausgelegt, dass der Antragsteller selbst für sich und nicht in Vollmacht für seine Tochter tätig werden möchte. Denn der angegriffene Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. April 2017 ist ausdrücklich an den Antragsteller als Inhaltsadressaten gerichtet und er allein hat Widerspruch eingelegt.

14

Darüber hinaus wird der Antrag dahingehend verstanden, dass der Antragsteller insoweit die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs begehrt, wie diese von der Antragsgegnerin durch eine Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausgeschlossen worden ist - nämlich hinsichtlich der Ziffer 1 des ergangenen Bescheides vom 27. April 2017. Hinsichtlich der Ziffer 2 des angegriffenen Bescheides ist dagegen kein einstweiliger Rechtsschutz erforderlich, weil die Antragsgegnerin insoweit ausweislich des Tenors die sofortige Vollziehung nicht angeordnet hat und der Widerspruch des Antragstellers insoweit aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO besitzt. Zwar hat sich die Antragsgegnerin in der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung auch auf Ziffer 2 des Bescheides bezogen, jedoch - zusätzlich zum klar gefassten Tenor - auch in einem weiteren Hinweis auf Seite 2 des Bescheides klargestellt, dass ein Widerspruch nur hinsichtlich der Ziffer 1 des Bescheides und der Zwangsgeldfestsetzung keine aufschiebende Wirkung besitzt.

15

Vor dem Hintergrund, dass hinsichtlich der unter Ziffer 3 verfügten Zwangsgeldfestsetzung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs von Gesetzes wegen gemäß § 29 HmbVwVG ausgeschlossen ist, entspricht es dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers, dass er auch insoweit einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Da hier ein gesetzlicher Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO vorliegt, ist sein Antrag bezogen auf die Zwangsgeldfestsetzung dahingehend zu verstehen, dass er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs begehrt.

III.

16

Der so verstandene Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, aber nur teilweise begründet. Sofern Widerspruch und Anfechtungsklage aufgrund gesetzlicher Anordnung des Sofortvollzugs (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 - 3 VwGO) keine aufschiebende Wirkung haben, unterscheidet sich die gerichtliche Interessenabwägung bei der im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Entscheidung über die Aussetzung des Sofortvollzugs von der Abwägung, wie sie in den Fällen einer behördlichen Anordnung des Sofortvollzugs nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO stattfindet. So ist im Anwendungsbereich dieser Bestimmung bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) von besonderer Bedeutung, während in den Fällen der gesetzlichen Anordnung des Sofortvollzugs zu berücksichtigen ist, dass - umgekehrt - der Gesetzgeber den grundsätzlichen Vorrang des öffentlichen Interesses am Vollzug des Bescheides ungeachtet eines noch schwebenden Widerspruchs- oder Klageverfahrens angeordnet hat. Im Hinblick auf unterschiedliche Prüfungsmaßstäbe ist somit zwischen dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (1.) und dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (2.) zu differenzieren.

17

1. Soweit der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die unter Ziffer 1 erlassene Verfügung, dafür zu sorgen, dass sein Kind an der Klassenreise teilnehme, begehrt, ist der Antrag unbegründet.

18

a. Die Antragsgegnerin hat im Bescheid vom 27. April 2017 ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der in der Ziffer 1 des Bescheidtenors getroffenen Entscheidung angenommen und dieses besondere Interesse in einer den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechenden Weise begründet. Bei der Prüfung dieser Vorschrift kommt es nicht darauf an, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Erwägungen in der Sache zutreffend sind. Erforderlich ist vielmehr, dass die Anordnung überhaupt mit einer auf die Umstände des Einzelfalles bezogenen Begründung versehen ist (OVG Hamburg, Beschl. v. 20.2.2012, 2 Bs 14/12, juris Rn. 10). Diesen Anforderungen genügt die knappe Begründung, mit der die Antragsgegnerin die öffentlichen Interessen an der Erfüllung der Schulpflicht und der Teilnahme der Schülerin an der Klassenreise betont und gegenüber den persönlichen Belangen als vorrangig angesehen hat.

19

b. Die vom Gericht gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung bezieht sich hinsichtlich des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung allein auf das private Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehbarkeit der Ziffer 1 des Bescheides vom 27. April 2017 verschont zu bleiben. Die Abwägung dieses Interesses und dem öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug der Ziffer 1 dieser Verfügung fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Die Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung erweist sich nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein vorzunehmenden summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig (aa.) und es besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnung (bb.).

20

aa. Der Widerspruch des Antragstellers dürfte gegenüber der Ziffer 1 des Bescheides vom 27. April 2017 erfolglos bleiben.

21

(1) Die konkretisierende Verfügung der Antragstellerin findet ihre Rechtsgrundlage in § 41 Abs. 1 Satz 1 HmbSG. Danach sind die Sorgeberechtigten dafür verantwortlich, dass die Schulpflichtigen am Unterricht und an den Unterrichtsveranstaltungen der Schule regelmäßig teilnehmen. Die Rechtsnorm des § 41 Abs. 1 Satz 1 HmbSG stellt eine taugliche Ermächtigungsgrundlage (Befugnisnorm) für den Erlass eines Verwaltungsakts dar, obwohl die Befugnis, einen Verwaltungsakt in Gestalt eines normkonkretisierenden Bescheides zu erlassen, dort nicht ausdrücklich geregelt ist. Vielmehr regelt diese Norm nur die Verantwortung der Sorgeberechtigten für die Einhaltung der Schulpflicht. In der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, der die Kammer folgt (vgl. Beschl. der Kammer v. 23.5.2017, 2 E 4284/17 zu § 13 MZG und v. 5.5.2015, 2 E 2501/15 zu § 34 HmbSG), ist jedoch anerkannt, dass die Befugnis der Verwaltung, sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben des Mittels des Verwaltungsakts zu bedienen (sog. Verwaltungsaktsbefugnis) nicht ausdrücklich in der gesetzlichen Grundlage erwähnt sein muss, die in materieller Hinsicht zu einem Eingriff ermächtigt. Denn als Handlungsform, in der die Verwaltung Privatpersonen in der Regel gegenübertritt, ist der Verwaltungsakt allseits bekannt. Es reicht deshalb für die Qualität einer Ermächtigungsgrundlage im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes aus, wenn sich die Verwaltungsaktbefugnis dem Gesetz im Wege der Auslegung entnehmen lässt (BVerwG, Urt. v. 10.12.2014, 1 C 11/14, juris Rn. 13; Urt. v. 7.12.2011, 6 C 39/10, BVerwGE 141, 243, juris Rn. 14; ebenso VG Leipzig, Beschl. v. 22.9.2016, 4 L 585/16, juris Rn. 15). Dies ist vorliegend der Fall.

22

Zwar gibt der Wortlaut keinen ausdrücklichen Hinweis darauf. Demgegenüber zeigt die Systematik des Hamburgischen Schulgesetzes, dass gesetzestechnisch grundsätzlich keine gesonderten Befugnisnormen vorgesehen sind, um normierte Pflichten der Sorgeberechtigten durch einen Verwaltungsakt umzusetzen. Ebenso wie bei § 41 Abs. 1 HmbSG verhält es sich nämlich mit der in § 34 Abs. 2 HmbSG enthaltene Verpflichtung, Angaben für schulärztliche, schulpsychologische und sonderpädagogische Untersuchungen zu machen. Auch hier sieht das Hamburgische Schulgesetz keine gesonderte Befugnisnorm vor, um eine Regelung im Einzelfall zu erlassen (vgl. dazu Beschl. der Kammer v. 5.5.2015, a.a.O.). Dasselbe gilt für die Verpflichtung der Sorgeberechtigten nach § 42 Abs. 1 Satz 1 HmbSG, die Kinder vor der Einschulung an einer regional zuständigen Grundschule vorzustellen, wo eine Überprüfung des Entwicklungsstandes stattfinden soll, und für die Verpflichtung der Sorgeberechtigten nach § 42 Abs. 2 HmbSG, das jeweilige Kind nach öffentlicher Bekanntmachung rechtzeitig vor Beginn der Schulpflicht an einer regional zuständigen Grundschule anzumelden. Insofern liegt hier keine Situation vor, in der hinsichtlich einzelner Pflichten gesonderte Befugnisnormen bestehen, hinsichtlich anderer jedoch nicht (vgl. dazu VG Leipzig, Beschl. v. 22.9.2016, a.a.O., juris Rn. 16).

23

Diese Auslegung entspricht auch dem Verständnis des Gesetzgebers, der z.B. auch anlässlich der zum 18. Mai 2005 vorgenommenen Einfügung des § 41a HmbSG zum Schulzwang keine gesonderten Befugnisnormen für die verschiedenen Verpflichtungen der Sorgeberechtigten in das Hamburgische Schulgesetz aufgenommen hat. Vielmehr ging der Gesetzgeber davon aus, dass nach bisher geltendem Recht Anordnungen zur Durchsetzung von Schulpflicht und Vorstellung getroffen und mit Zwangsmitteln versehen werden können (vgl. Bü.-Drs. 18/1962 v. 15.3.2005, S. 2 und 4), dass diese Maßnahmen jedoch ohne den einzuführenden Schulzwang nicht ausreichen würden. Der Schulzwang sei erst als „ultima ratio“ einzusetzen.

24

Auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wurde in der Vergangenheit fast durchgängig die Norm des § 41 Abs. 1 HmbSG - allerdings ohne ausdrückliche Infragestellung - als ausreichende Befugnisnorm angesehen, um eine gegen die Sorgeberechtigten gerichtete Maßnahme anzuordnen, mit der diese zur Einhaltung der Schulpflicht einer Schülerin oder eines Schülers verpflichtet wurden - und nicht etwa die polizeiliche Generalklausel des § 3 Abs. 1 HmbSOG (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 20.7.2006, 1 So 105/06; Beschl. v. 24.4.2006, 1 So 56/06; st. Rspr. der Kammer 15 des VG Hamburg, vgl. z.B. Beschl. v. 20.4.2012, 15 E 1056/12, juris; a.A.: VG Hamburg, Beschl. v. 6.2.2015, 2 E 651/15, n.v., S. 4 BA).

25

(2) Die Anwendung der Befugnisnorm des § 41 Abs. 1 HmbSG ist vorliegend nicht zu beanstanden; die Tochter des Antragstellers ist hinsichtlich der Klassenfahrt schulpflichtig und der Antragsteller kann zur Einhaltung dieser Schulpflicht herangezogen werden.

26

Die in Hamburg wohnhafte zwölfjährige Tochter des Antragstellers ist schulpflichtig gemäß § 28 Abs. 2 i.V.m. §§ 37 Abs. 1 und 3, 38 Abs. 1 HmbSG. Gemäß § 28 Abs. 2 HmbSG sind Schülerinnen und Schüler verpflichtet, regelmäßig am Unterricht und an den pflichtgemäßen Schulveranstaltungen teilzunehmen. Schülerinnen und Schüler müssen daher auch an den Exkursionen und Klassenfahrten teilnehmen, welche von der Schule organisiert und durchgeführt werden, sofern sie zu dem Teilnehmerkreis dieser Veranstaltungen gehören (vgl. z.B. Rux/Niehues, Schulrecht, 5. Aufl. 2013, S. 77 Rn. 276). Dass die Tochter des Antragstellers zum allgemeinen Teilnehmerkreis der Klassenreise gehört, wurde vom Antragsteller nicht bestritten.

27

Entgegen der Auffassung des Antragstellers besitzt die Tochter des Antragstellers keinen Anspruch auf Befreiung von einer bestimmten Unterrichtsveranstaltung nach § 28 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 HmbSG. Danach kann die Schule auf Antrag Schülerinnen und Schüler aus wichtigem Grund von der Teilnahme an einzelnen Unterrichtsveranstaltungen befreien, ohne dass das Schulverhältnis unterbrochen wird. Ob die Tochter des Antragstellers den hierfür erforderlichen Antrag ausdrücklich oder konkludent und zudem wirksam vertreten gestellt hat, kann dahinstehen. Denn ein wichtiger Grund im Sinne der oben genannten Vorschrift ist von dem insoweit darlegungspflichtigen Antragsteller nicht glaubhaft gemacht worden.

28

Die vom staatlichen Erziehungsauftrag umfasste Schulpflicht in der Gestalt der Teilnahmepflicht an einer Klassenfahrt hat eine ganz besondere pädagogische Bedeutung. Die Klassenfahrt ist, anders als der herkömmliche Schulunterricht, nicht auf die Vermittlung von schulischem Wissen, sondern auf die Einübung sozialer Verhaltensweisen im Klassenverband und die Verfestigung der Klassengemeinschaft gerichtet. Insofern ist die Klassenreise eine pädagogische Veranstaltung, in welcher der Staat seinen in Art. 7 Abs. 1 GG verankerten Anspruch, auch an der Formung des Persönlichkeitsbildes der ihm anvertrauten Schüler mitzuwirken, konkretisiert. Die vorstehend skizzierten Hauptfunktionen einer mehrtägigen Klassenreise sind an dem Menschenbild des Grundgesetzes, nämlich der eigenverantwortlich handelnden, der sozialen Gemeinschaft verpflichteten und auf Toleranz und Respekt gerichteten Persönlichkeit, orientiert (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 7.4.2009, 15 K 3337/08, juris Rn. 27). Bei der Durchsetzung der Schulpflicht muss der Staat generell und auch bezogen auf besondere Veranstaltungen wie eine Klassenfahrt seinen in Art. 7 Abs. 1 GG verankerten Erziehungsauftrag unter Beachtung dieser prinzipiell gleichrangigen Grundrechte der Eltern und Schüler konkretisieren und dabei einen schonenden Ausgleich im Sinne „praktischer Konkordanz“ beider Rechtspositionen herstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.8.1993, 6 C 8/91, BVerwGE 94, 82 ff., juris Rn. 14, 18; VG Hamburg, Urt. v. 7.4.2009, 15 K 3337/08, juris Rn. 25; Beschl. v. 20.4.2012, 15 E 1056/12, juris Rn. 13). Dabei sind die im Einzelfall vom staatlichen Erziehungsauftrag umfassten Belange und die betroffenen Rechtspositionen der Eltern und Schüler konkret zu gewichten und einander gegenüberzustellen.

29

Im vorliegenden Verfahren macht der Antragsteller sinngemäß geltend, seine Tochter fürchte Gefahren für ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit sowie auf sexuelle Selbstbestimmung, da ein Mitschüler sie bedrohe. Um gegenüber dem staatlichen Erziehungsauftrag und der oben geschilderten Bedeutung von Klassenfahrten das erforderliche berücksichtigungsfähige Gewicht zu erreichen, müssen die entgegenstehenden persönlichen Belange jedoch hinreichend substantiiert dargelegt werden. Denn allein der Umstand, dass eine zwölfjährige Schülerin auf einer Klassenfahrt in einer gemeinsamen Unterkunft mit weiteren Mitschülerinnen und Mitschülern übernachten wird, begründet die konkrete Gefahr eines Übergriffs nicht. Es ist darzulegen, aufgrund welcher konkreten Anhaltspunkte die geltend gemachte Gefahr zu befürchten ist, sowie, weshalb die mitreisenden Lehrer und gegebenenfalls weitere Aufsichtspersonen nicht in der Lage seien, die Schülerin vor den beschriebenen Gefahren zu schützen. Anderenfalls kann nicht von einer hinreichend wahrscheinlichen Gefährdung der schulpflichtigen Schülerin ausgegangen werden, die einen Befreiungsanspruch rechtfertigen würde.

30

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Antragstellers im vorliegenden Fall nicht. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die vorgetragene Bedrohung durch den Mitschüler das maßgebliche Motiv für die vorgetragene Weigerung seiner Tochter darstellt, mitzureisen. Denn die Tochter des Antragstellers hat gegenüber der Antragsgegnerin auch angegeben, nicht am Bau von Flößen teilnehmen zu wollen, weil sie Angst habe, zu ertrinken. Darüber hinaus steht im Raum, dass der Antragsteller selbst gegenüber seiner Tochter ein Verbot ausgesprochen habe, mitzureisen. Doch selbst wenn nur auf die geltend gemachte Bedrohung abzustellen wäre, würde der Vortrag mangels hinreichender Substantiierung nicht ausreichen. Der Antragsteller hat sich allein darauf bezogen, dass seiner Tochter vor etwa einem Jahr - zu einem nicht näher konkretisierten Zeitpunkt - von einem Mitschüler gedroht worden sei, er werde sie (auf einer anderen Klassenfahrt) vergewaltigen. Dieser Mitschüler belästige sie weiterhin. Der Vortrag des Antragstellers ist bereits hinsichtlich einer gegenwärtigen, konkreten Bedrohungssituation, die zumindest durch die Angabe von Daten und Fakten hätte substantiiert werden müssen, nicht ausreichend. Auch benennt der Antragsteller nicht, wann und bei wem konkret seine Tochter um Hilfe nachgesucht hat, in welchem Umfang er sich als Sorgeberechtigte eingeschaltet hat, welche Maßnahmen von Seiten der Schule ergriffen worden seien etc. Er macht auch keine Angaben dazu, weshalb seine Tochter trotz der üblichen Unterbringung mit mehreren Mitschülerinnen in Gruppenzimmern und der Anwesenheit von Aufsichtspersonal einen Übergriff fürchtet. Ausweislich der Angaben der Antragsgegnerin sind in den Schulakten der Tochter des Antragstellers und des benannten Schülers, von dem die Bedrohung ausgehen soll, zudem keine dementsprechenden Hinweise zu finden. Die Angst, beim Bau von Flößen in tiefes Wasser zu fallen, stellt keinen hinreichen Grund für eine Befreiung dar, denn es ist weder glaubhaft gemacht worden noch ernstlich zu befürchten, dass mitreisende Lehrkräfte die Tochter des Antragstellers veranlassen würden, ohne hinreichende Sicherung ein Floß zu betreten, wenn sie ihnen gegenüber zu erkennen gibt, dass sich nicht schwimmen kann.

31

Der Antragsteller durfte auch als Adressat der erlassenen Verfügung zu Ziffer 1 in Anspruch genommen werden. Denn er ist Sorgeberechtigter seiner schulpflichtigen Tochter.

32

Soweit die Antragsgegnerin auf der Grundlage des § 41 Abs. 1 HmbSG berechtigt ist, eine konkretisierende Verfügung hinsichtlich der Pflicht der Sorgeberechtigten zur Einhaltung der Schulpflicht zu erlassen, hat sie jedenfalls ein Entschließungsermessen auszuüben und ihr Auswahlermessen hinsichtlich des oder der in Anspruch genommenen Sorgeberechtigten rechtmäßig zu betätigen. Ausweislich des vorliegenden Bescheides vom 27. April 2017 bestehen keine Zweifel daran, dass sich die Antragsgegnerin dieses Ermessens bewusst war. Sie hat nicht nur abgewogen, ob die entsprechende Verfügung zu erlassen ist, sondern hat sich auch bewusst an den Antragsteller als einen von zwei Sorgeberechtigten gewandt, da er sich zuvor gegen eine Teilnahme seiner Tochter an der Klassenfahrt ausdrücklich ausgesprochen und ihr diese verboten hat. Dieser Feststellung ist der Antragsteller nicht entgegen getreten. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anordnung der Teilnahme an der Klassenfahrt nicht verhältnismäßig sei. Sie dient - wie oben ausgeführt - dem legitimen Ziel der Durchsetzung der Schulpflicht und ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich.

33

Unschädlich ist für die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung, dass die Antragsgegnerin lediglich einen von beiden Sorgeberechtigten, und nicht auch die Mutter des schulpflichtigen Mädchens in Anspruch genommen hat. Denn dass ein weiterer Sorgeberechtigter existiert, berührt nicht die Rechtmäßigkeit der Verfügung etwa im Rahmen der Störerauswahl, sondern wirkt sich allenfalls auf der Ebene der Vollstreckung aus.

34

bb. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen und der Eilbedürftigkeit der Entscheidung ist auch ein besonderes Vollzugsinteresse, das im Rahmen der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erforderlich ist, vorliegend zu bejahen. Denn über den eingelegten Widerspruch bzw. über eine gegebenenfalls noch zu erhebende Klage wäre in keinem Fall vor dem Beginn der am 29. Mai 2017 beginnenden streitigen Klassenfahrt entschieden worden. Ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung hätte die Antragsgegnerin die Schulpflicht der Tochter des Antragstellers nicht effektiv durchsetzen können.

35

2. Soweit der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die in Ziffer 3 der Verfügung vorgenommene Zwangsgeldfestsetzung begehrt, hat sein Antrag teilweise Erfolg.

36

Die in der Verfügung vom 27. April 2017 unter Ziffer 3 vorgenommene Zwangsgeldfestsetzung bezieht sich ihrem Wortlaut laut nach auf „diese Anordnung“ und differenziert nicht nach der unter Ziffer 1 vorgenommen Verpflichtung, seine Tochter zur Einhaltung der Schulpflicht anzuhalten, und der unter Ziffer 2 verfügten Auflage, im Krankheitsfall der Tochter einen Schularzt aufzusuchen. Der Adressat kann die Zwangsgeldfestsetzung daher nur umfassend dahingehend verstehen, dass jeder Verstoß gegen eine der beiden Teilanordnungen dazu führen würde, dass das Zwangsgeld verwirkt ist.

37

Soweit sich die Zwangsgeldfestsetzung auf Ziffer 1 des Bescheides vom 27. April 2017 bezieht, ist sie nicht zu beanstanden. Sie stützt sich auf § 14 HmbVwVG. Nach § 14 Abs. 2 HmbVwVG kann das Zwangsgeld zugleich mit dem durchzusetzenden Verwaltungsakt festgesetzt werden. Es wird in diesem Fall wirksam, wenn die pflichtige Person die ihr obliegende Handlung nicht fristgemäß vorgenommen hat oder gegen eine Duldungs- oder Unterlassungspflicht verstößt und die Voraussetzungen des § 8 HmbVwVG vorliegen. Darüber hinaus muss ein zu vollstreckender Titel im Sinne des § 3 HmbVwVG vorliegen. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Zwangsgeldfestsetzung zu Ziffer 1 des Bescheides erfüllt. Insbesondere handelt es sich bei dieser Verfügung um einen vollstreckbaren Verwaltungsakt im Sinne des § 3 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVG, da die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung dieses Verwaltungsakts angeordnet und die Kammer die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht wiederhergestellt hat.

38

Die Zwangsgeldfestsetzung ist hinsichtlich der Ziffer 1 des Bescheides auch nicht deshalb rechtswidrig, weil der sorgeberechtigten Ehefrau keine ausdrückliche Verpflichtung auferlegt wurde, die Veranlassung ihres Ehemanns zur Einhaltung der Schulpflicht der gemeinsamen Tochter zu dulden und dadurch ein Vollstreckungshindernis bestehen könnte. Denn eine Duldungsverfügung darf nicht rein vorsorglich ausgesprochen werden; ein Bedarf dafür besteht nur, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Duldungsverfügung der gegen den Vollzug aus „eigenem“ Recht Einwände erheben oder sich widersetzen wird (OVG Schleswig, Beschl. v. 17.11.2015, 1 MB 25715, juris Rn. 22 m.w.N.). Hierfür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.

39

Soweit die Zwangsgeldfestsetzung sich jedoch auf Ziffer 2 des Bescheides vom 27. April 2017 bezieht, liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVG nicht vor: wie bereits oben ausgeführt, hat die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung dieser Regelung nicht angeordnet.

IV.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Dem Antragsteller waren die Kosten des Verfahrens ganz aufzuerlegen, da die Antragsgegnerin nur zu einem sehr geringen Teil - hinsichtlich eines Teils der Zwangsgeldandrohung - unterlegen war.

41

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Die Kammer legt in der Hauptsache für den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs den Auffangstreitwert zugrunde, der in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 (NordÖR 2014, 14 ff.) im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zur Hälfte in Ansatz gebracht wird. Nach Ziffer 1.7.2 des Streitwertkatalogs 2013 erhöht der zugleich verfolgte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs den Streitwert nicht, da die Höhe des festgesetzten Zwangsgelds geringer ist.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

Durch Erhebung der Klage wird die Streitsache rechtshängig. In Verfahren nach dem Siebzehnten Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens wird die Streitsache erst mit Zustellung der Klage rechtshängig.

(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden.

(2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 Satz 3 Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.