Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 28. Juli 2016 - 3 A 1364/14

bei uns veröffentlicht am28.07.2016

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 4. September 2014 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2014 wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Sie waren bis zum 17. November 2014 Eigentümer des im Gebiet der amtsangehörigen Gemeinde S. gelegenen Außenbereichsgrundstücks G1 in einer Größe von 39.553 m². Das Grundstück wird als Reiterhof genutzt, eine Teilfläche von 630 m² ist bebaut.

3

Das Grundstück grenzt östlich an die Verbindungsstraße, die auf einer Länge von ca. 3.050 m von der im Norden verlaufenden B 196 in südliche Richtung nach N. und S. führt. Etwa 390 m südlich der Einmündung in die B 196 mündet der Abzweig nach A. in die Verbindungsstraße ein. Der Abzweig weist bis zur Ortslage von A. eine Länge von ca. 660 m auf.

4

In dem Zeitraum seit dem Jahre 2000 ließ die Gemeinde S. die Verkehrsanlage in mehreren Etappen ausbauen.

5

Am 12. Dezember 2000 fasste die Gemeindevertretung von S. u.a. den Beschluss, die Verkehrsanlage im „Teilabschnitt B: Pension ‚...‘ bis Reiterhof N.“ (Asphaltfahrbahn ohne Gehweg) auszubauen. Zudem fasste sie den Beschluss, „die Teilabschnitte im Sinne des § 8 Abs. 6 KAG M-V in Einzelabschnitten abzurechnen“.

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Mit bestandskräftigem Bescheid vom 8. Januar 2003 zog der Beklagte die Kläger für das Grundstück G2 zu einer Vorausleistung auf den Straßenbaubeitrag für den Abschnitt „Durchgangsstraße N.“ in Höhe von 10.274,74 EUR heran. Eine endgültige Beitragserhebung ist bis heute nicht erfolgt, da die Verwendungsnachweisprüfung für die für diesen Abschnitt ausgereichten und den Beitragspflichtigen zugute kommenden Fördermittel noch nicht abgeschlossen ist.

7

Am 23. November 2010 fasste die Gemeindevertretung von S. Ausbaubeschlüsse für den „Verbindungsweg von der B 196 bis N.“ und für die „westliche Anbindung an A.“. Die Baumaßnahme war am 31. Januar 2012 (Eingang der letzten Unternehmerrechnung) abgeschlossen. Das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung für die für diese Baumaßnahme ausgereichten Fördermittel liegt der Gemeinde S. seit dem 19. März 2014 vor.

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Mit Bescheid vom 4. September 2014 zog der Beklagte die Kläger für die Baumaßnahme „Verbesserung der Fahrbahn in der Gemeinde Ostseebad S., Verbindungsstraße von B 196 – A. und N.“ zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 7.790,21 EUR heran. Bei der Bildung des Abrechnungsgebietes für die Verbindungsstraße wurden nur die östlich der Verkehrsanlage gelegenen Grundstücke berücksichtigt, weil die westlich der Straße gelegenen Grundstücke nicht mehr im Gebiet der Gemeinde S. liegen. Die Gemeindegrenze verläuft auf der westlichen Grenze des Straßengrundstücks. Den Widerspruch der Kläger vom 5. Oktober 2014 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2014 zurück.

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Am 30. Dezember 2014 haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Sie sind der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die der Beitragserhebung zugrunde liegende Satzung sei mangels ordnungsgemäßer Definition der Beitragspflichtigen unwirksam.

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Auch die Rechtsanwendung durch den Beklagten sei fehlerhaft. Bei den im Jahre 2003 und im Jahre 2010 ausgebauten Streckenabschnitten handele es sich nicht, wie vom Beklagten offenbar angenommen, um unterschiedliche Verkehrsanlagen, sondern um Teilstrecken einer einheitlichen Verkehrsanlage, die von der Einmündung in die B 196 bis nach Seedorf führe. Die vom Beklagten vorgenommene Aufteilung in zwei Anlagen führe zu einer Mehrbelastung der Kläger. Zudem sei es fehlerhaft, dass der Abzweig nach A. im Rahmen der Beitragsabrechnung berücksichtigt worden sei. Denn bei dem Abzweig handele es sich um eine eigenständige Verkehrsanlage.

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Die Kläger beantragen,

12

den Bescheid des Beklagten vom 4. September 2014 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2014 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er ist der Auffassung, die Heranziehung der Kläger sei frei von Fehlern. Der von den Klägern gerügte Satzungsfehler sei nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit ohne Bedeutung, weil es im Abrechnungsgebiet keine Anwendungsfälle gebe. Bei der Verbindungsstraße handele es sich um zwei rechtlich selbstständige Verkehrsanlagen im Sinne der sogenannten „natürlichen Betrachtungsweise“. Der Anlagenwechsel erfolge auf Höhe des klägerischen Grundstücks. Die im Bereich der Ortslage N. verlaufende Anlage weise eine durchgängige Straßenbeleuchtung, Betonhochborde und eine leitungsgebundene Straßenentwässerung auf. Diese Teileinrichtungen fehlten im Bereich der außerhalb der Ortslage von N. verlaufenden Anlage. Zudem bestehe innerhalb der Ortslage von N. eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h. Auch die Einbeziehung des Abzweigs nach A. in den Vorteilsausgleich für die Verbindungsstraße sei nicht zu beanstanden. Insoweit habe der Beklagte eine Abrechnungseinheit gebildet. Dies sei zulässig, weil der Abzweig in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Verbindungsstraße stehe. Eine andere vollwertige Verbindung zum öffentlichen Wegenetz bestehe nicht, weil die ebenfalls vorhandene nördliche Anbindung der Ortschaft A. an die B 196 Verkehrsbeschränkungen unterliege.

16

Mit Beschluss vom 14. April 2016 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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1. Dem Bescheid fehlt die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage, denn die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen in der Gemeinde Ostseebad S. (Straßenausbaubeitragssatzung – SABS) ist nichtig.

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Dies folgt zwar nicht aus der Bestimmung der Beitragspflichtigen in § 2 SABS. Soweit der dinglich Berechtigte in § 2 Satz 1 SABS zum Beitragspflichtigen bestimmt wird, ist dies zwar fehlerhaft. Der Fehler führt jedoch nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung (OVG Greifswald, Urt. vom 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris).

21

Die Regelung des § 2 Satz 3 SABS ist ebenfalls unwirksam. Sie bestimmt im Einklang mit § 8 Abs. 10 Satz 3 KAG 1993, dass auch der Eigentümer eines Gebäudes beitragspflichtig ist, wenn das Eigentum an einem Grundstück und an einem Gebäude infolge der Regelung des § 286 Zivilgesetzbuch vom 19. Juni 1975 (GBl. DDR I, S. 465) getrennt ist. Die in der Bestimmung enthaltene Konjunktion „auch“ ist seit dem Inkrafttreten der KAG-Novelle 2005 am 31.03.2005 nicht mehr zulässig, denn nunmehr bestimmt § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V, dass, wenn das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet ist, der Inhaber dieses Rechtesanstelle des Eigentümers beitragspflichtig ist. Der Beklagte kann daher den Grundeigentümer nicht mehr neben dem Gebäudeeigentümer heranziehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V Danach bleiben Satzungen, die aufgrund des Kommunalabgabengesetzes vom 1. Juni 1993 (GVOBl. M-V S. 522, 916), geändert durch Artikel 27 des Gesetzes vom 22. November 2001 (GVOBl. M-V S. 438) gültig erlassen worden sind, weiterhin in Kraft. Allerdings sind sie gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V bis zum 1. Januar 2007 dem geänderten Recht anzupassen. Anderenfalls werden die mit dem Kommunalabgabengesetz nicht mehr zu vereinbarenden satzungsrechtlichen Bestimmungen unwirksam. Die Bestimmung des § 2 Satz 3 ABS ist mit Ablauf der Anpassungsfrist unwirksam geworden, denn eine Anpassung ist nicht erfolgt. Eine geltungserhaltende Auslegung der Bestimmung scheidet ebenfalls aus (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 11.11.2011 – 3 A 189/09 –, juris Rn. 23).

22

Dennoch führt der Fehler nicht zur Nichtigkeit der Straßenausbaubeitragssatzung. Denn es ist im Straßenbaubeitragsrecht allgemein anerkannt und entspricht der Rechtsprechung der Kammer, dass eine fehlerhafte Verteilungsregelung der Beitragssatzung nur dann zur Rechtswidrigkeit des Heranziehungsbescheides führt, wenn sie im Abrechnungsgebiet auch tatsächlich zur Anwendung kommen muss. Die Verteilungsregelung einer Straßenbaubeitragssatzung ist regional teilbar. Der Grundsatz der regionalen Teilbarkeit ist dabei nicht nur auf Verteilungsregelungen beschränkt, sondern auch auf Entstehensregeln bzw. sonstige Regelungen der Straßenbaubeitragssatzung anwendbar, wenn dies denklogisch möglich und sinnvoll ist, d.h. wenn die Regelung auch ohne den unwirksamen Teil noch Bestand hat und der unwirksame Teil im Abrechnungsgebiet tatsächlich keine Anwendung findet. Eine unwirksame Regelung zur Heranziehung eines Gebäudeeigentümers (“isoliertes Gebäudeeigentum“) führt damit dann nicht zur Unwirksamkeit der Satzung, wenn es in dem Abrechnungsgebiet tatsächlich keine Gebäudeeigentümer gibt und die Regelung über die Heranziehung der Beitragsschuldner im Übrigen den Kreis der beitragspflichtigen im jeweiligen Abrechnungsgebiet richtig und vollständig umfasst (VG Greifswald, Urt. v. 15.03.2010 – 3 A 2032/08 –, n.v.).

23

Gemessen an diesen Kriterien ist die fehlerhafte Bestimmung mit Blick auf den Grundsatz der regionalen Teilbarkeit unschädlich. Denn es ist nicht ersichtlich – und wird von den Klägern auch nicht behauptet –, dass es im Abrechnungsgebiet der Verbindungsstraße Grundstücke gibt, an denen ein vom Grundeigentum getrenntes Gebäudeeigentum besteht. Weitere Ermittlungen zu dieser Frage sind auch mit Blick auf den verwaltungsprozessualen Untersuchungsgrundsatz (§ 86 VwGO) nicht geboten, denn dies liefe auf eine unzulässige Fehlersuche „ins Blaue“ hinaus.

24

Fehlerhaft mit der Folge der Gesamtnichtigkeit der Satzung ist allerdings die Regelung über den gewerblichen Artzuschlag in § 5 Abs. 5 Buchst. a SABS. Der Artzuschlag resultiert aus dem dem Vorteilsprinzip innewohnenden Differenzierungsgebot. Er trägt den Verschiedenheiten in der Art der baulichen oder sonst beitragserheblichen Nutzung Rechnung. Gewerbliche und dem Gewerbe vergleichbare Nutzungen schöpfen regelmäßig aufgrund des durch sie typischerweise verursachten verstärkten Ziel- und Quellverkehrs aus einer Straße einen größeren Vorteil als eine Wohnnutzung. § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V schreibt zwar nicht vor, in welcher Weise die unterschiedliche Nutzungsart im Vergleich zum Nutzungsmaß beitragsrechtlich zu bewerten ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Vorschrift dem Ortsgesetzgeber für die Berücksichtigung der Nutzungsart im Verteilungsmaßstab ein weitgehendes (Bewertungs-) Ermessen einräumt. Die Ausübung dieses Ermessens ist jedoch durch das Vorteilsprinzip eingeschränkt (VG Greifswald, Urt. v. 19.04.2012 – 3 A 356/10 –, juris Rn. 13).

25

Mit Blick auf das Vorteilsprinzip ist es zwar nicht zu beanstanden, dass in der Straßenbaubeitragssatzung sowohl ein nutzungsbezogener (§ 5 Abs. 5 Buchst. a SABS) als auch ein gebietsbezogener (§ 5 Abs. 5 Buchst. b SABS) Artzuschlag normiert ist. Ebenfalls unbedenklich ist, dass der gebietsbezogene Artzuschlag höher ist als der nutzungsbezogene. Dies beruht auf der Annahme, dass Grundstücken in den in § 5 Abs. 5 Buchst. b SBS genannten Gebietstypen der Baunutzungsverordnung (Gewerbegebiet – § 8 BauNVO, Industriegebiet – § 9 BauNVO, Kerngebiet – § 7 BauNVO und sonstiges Sondergebiet – § 11 BauNVO) durch eine beitragsfähige Straßenbaumaßnahme ein größerer Vorteil vermittelt wird, als Grundstücken, die – außerhalb der genannten Gebietstypen gelegen – lediglich überwiegend gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung ähnlichen Weise genutzt werden.

26

Fehlerhaft und weder mit dem Vorteilsprinzip des § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V noch dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) zu vereinbaren ist es jedoch, dass § 5 Abs. 5 Buchst. a SABS die Entstehung des nutzungsbezogenen Artzuschlags davon abhängig macht, dass die überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzten Grundstücke in einem der in der Vorschrift genannten festgesetzten oder faktischen Gebietstypen der Baunutzungsverordnung liegen. Dies schließt die Anwendbarkeit der Vorschrift auf überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzte Grundstücke im unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB und im Außenbereich (§ 35 BauGB) aus.

27

Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht erkennbar (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 28.08.2015 – 3 B 522/15 –, juris Rn. 15). Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung im unbeplanten Innenbereich im Regelfall oder auch nur überwiegend nach § 34 Abs. 2 BauGB richtet, mit der Folge, dass es für die Fälle des § 34 Abs. 1 BauGB keiner Regelung bedarf. Denn die Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB darf nicht dazu führen, dass eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in eine der Alternativen des Gebietskatalogs in § 1 Abs. 2 BauNVO gepresst wird, um dann in einer zweiten Stufe mehr oder weniger schematisch die Zulässigkeitsregeln der §§ 2 ff. BauNVO anzuwenden (BVerwG, Urt. v. 23.04.1969 – VI C 12/67 –, BVerwGE 32, 31 <37>). Weist die nähere Umgebung z.B. die Merkmale zweier Baugebiete i.S. der Baunutzungsverordnung auf, findet § 34 Abs. 2 BauGB keine Anwendung. Die Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich in diesem Fall ausschließlich nach § 34 Abs. 1 BauGB (Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, § 34 Rn. 60).

28

Da überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzte Außenbereichsgrundstücke (typischerweise) ebenfalls einen im Verhältnis zur Wohnnutzung verstärkten Ziel- und Quellverkehrs auslösen, ist ein sachlicher Grund für die Unanwendbarkeit des nutzungsbezogenen Artzuschlages bei diesen Grundstücke ebenfalls nicht erkennbar.

29

Dieser Fehler ist nicht nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit unbeachtlich. Denn zum Abrechnungsgebiet gehört auch das klägerische Grundstück Flurstück 29/1, das als Reiterhof genutzt wird. Das Grundstück liegt im Außenbereich (§ 35 BauGB). Da die Außenbereichslage des Grundstücks zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist, wird von weiteren Darlegungen abgesehen. Bei dem Reiterhof handelt es sich um eine gewerbliche Nutzung. Unter gewerblicher Nutzung im Sinne des Straßenbaubeitragsrechts wird zunächst die Nutzung eines Grundstücks als Betriebsstätte verstanden. Über die Nutzung im Sinne des Gewerberechts und Gewerbesteuerrechts hinaus werden auch solche Nutzungen erfasst, die der gewerblichen Nutzung im engeren Sinne durch Auslösung einer intensiveren Inanspruchnahme der Anbaustraße als bei reiner Wohnnutzung entsprechen. Anders als Grundstücke, die nur oder überwiegend der Wohnnutzung zu dienen bestimmt sind, sind Betriebsstätten typischerweise in besonderem Maße (gesteigert) abhängig von der qualifizierten Ausgestaltung der Straße, und zwar zum einen im Hinblick auf ihre Zugänglichkeit und zum anderen im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Straße wegen des typischerweise erhöhten Ziel- und Quellverkehrs (Kunden- und Lieferverkehr etc.) (VG Greifswald, Urt. v. 15.10.2015 – 3 A 409/13 –, juris Rn. ). Dies trifft auf einen Reiterhof zu, dessen Betrieb dadurch gekennzeichnet ist, dass er von Kunden aufgesucht wird, die dort Reitsport betreiben wollen. Zudem löst der Betrieb einen nicht unerheblichen Lieferverkehr (Futtermittel u. dgl.) aus.

30

2. Der Bescheid ist auch dann aufzuheben, wenn man den vorstehenden Ausführungen nicht folgt, und von einer Wirksamkeit der Straßenausbaubeitragssatzung ausgeht. Die Heranziehung der Kläger ist fehlerhaft, weil der die Beitragspflicht begründende Sondervorteil (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V) gegenwärtig nicht voll ausgeprägt ist. Daher konnte die sachliche Beitragspflicht und damit auch die persönliche Beitragspflicht der Kläger bisher nicht entstehen. Dies aus zwei unabhängig voneinander bestehenden Gründen:

31

a. Der vorliegende Fall ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass die Grenze der Gemeinde S. im Bereich nördlich der Ortslage von N. bis zur Einmündung in die B 196 auf der westlichen Grenze des Straßengrundstücks der Verbindungsstraße verläuft. Die westlich an die Verbindungsstraße angrenzenden bzw. von ihr erschlossenen Grundstücke liegen nicht mehr im Gebiet der Gemeinde S., sondern im Gebiet der Gemeinde Lancken-Granitz. Da der Geltungsbereich des Satzungsrechts der Gebietshoheit der Gemeinde S. entspricht, kann die Straßenausbaubeitragssatzung nicht ohne weiteres auf außerhalb ihres Gemeindegebiets gelegene Grundstücke angewandt werden. Damit scheidet nicht nur eine Beitragserhebung für die außerhalb des Gemeindegebiets gelegenen Grundstücke aus. Es ist ebenso unzulässig, den beitragsfähigen Aufwand nach der Verteilungsregel der Satzung auf gemeindegebietsfremde Grundstücke umzulegen, wenn die Gemeinde nicht zu einer solchen Erstreckung befugt ist (vgl. Erschließungsbeitragsrecht: BVerwG, Urt. v. 03.06.2010 – 9 C 3.09 –, juris Rn. 21 entgegen VGH Kassel, Urt. v. 26.11.2008 – 5 UE 291/07 –, juris Rn. 29).

32

Die auf das eigene Gemeindegebiet beschränkte Satzungs- und Abgabenhoheit steht damit in einem Spannungsverhältnis zu dem Umstand, dass auch die außerhalb des Gemeindegebiets gelegenen Grundstücke von der Baumaßnahme bevorteilt sind, wenn sie an die ausgebaute Anlage angrenzen oder von ihr erschlossen werden. Die nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V bestehende Beitragserhebungspflicht zwingt die Gemeinde, den umlagefähigen Anteil des Aufwandes auf alle bevorteilten Grundstücke umzulegen. Der ohnehin nur für das Erschließungsbeitragsrecht entwickelte „Halbteilungsgrundsatz“ findet in den Fällen einer gemeindegebietsübergreifenden Vorteilslage keine Anwendung (VGH Kassel a.a.O., Rn. 28; BVerwG a.a.O., Rn. 27). Eine über das Gemeindegebiet hinausgehende Beitragserhebung setzt voraus, den Geltungsbereich der Straßenausbaubeitragssatzung auf die gemeindegebietsfremden Grundstücke zu erstrecken, die durch die Baumaßnahme bevorteilt sind. Dies ist möglich. Zwar scheidet der vom Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang angesprochene Erlass einer Rechtsverordnung nach § 203 Abs. 1 BauGB (a.a.O., Rn. 24) als Instrument für eine solche Zuständigkeitserweiterung aus, weil der Anwendungsbereich der Vorschrift auf Aufgaben nach dem Baugesetzbuch beschränkt ist. Zulässig ist jedoch der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages i.S.d. § 165 Kommunalverfassung (KV M-V) (Aussprung in: ders./Siemers/Holz, KAG M-V, Stand 11/2015, § 2 Anm. 1.4). Nach Abs. 1 Satz 1 erste Var. dieser Vorschrift können u.a. die Gemeinden durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbaren, dass eine der beteiligten Körperschaften einzelne oder mehrere zusammenhängende Aufgaben der übrigen Beteiligten übernimmt. Nach § 166 Abs. 1 KV M-V kann der Körperschaft, welche die Aufgaben übernimmt, in der Vereinbarung die u.a. Befugnis übertragen werden, Satzungen anstelle der übrigen Beteiligten für deren Gebiet zu erlassen.

33

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ohne eine wirksame Erschließungsbeitragssatzung, die sich auf alle durch die Erschließungsanlage erschlossenen Grundstücke erstreckt und die im Falle gemeindegebietsüberschreitender Erschließung nur aufgrund einer wirksamen öffentlich-rechtlichen Vereinbarung erlassen werden kann, eine Erschließungsbeitragspflicht für keines der durch die Anlage erschlossenen Grundstücke entstehen, also auch nicht für die Grundstücke innerhalb der Gemarkung der Gemeinde, der der Erschließungsaufwand entstanden ist (vgl. BVerwG a.a.O., Rn. 30). Diese Erwägungen sind auf das landesrechtliche Straßenausbaubeitragsrecht übertragbar. Das Straßenausbaubeitragsrecht wird – ebenso wie das Erschließungsbeitragsrecht – von dem auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Grundgesetz – GG) zurückzuführenden Grundsatz der Belastungsgleichheit beherrscht. Mit diesem Grundsatz wäre eine Beitragsfreiheit der Eigentümer von bevorteilten aber gemeindegebietsfremden Grundstücke nicht zu vereinbaren. Vor diesem Hintergrund können die Eigentümer der innerhalb des Gemeindegebiets gelegenen und von der Baumaßnahme bevorteilten Grundstücke erwarten, dass sachliche Beitragspflichten nur entstehen, wenn sich der Anwendungsbereich der Straßenausbaubeitragssatzung – bezogen auf den Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage – auf alle von der Baumaßnahme bevorteilten Grundstücke erstreckt. Da dies vorliegend nicht der Fall ist, konnte die sachliche Beitragspflicht für die Verbindungsstraße bisher nicht entstehen.

34

b. Ungeachtet dessen ist die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht für die Verbindungsstraße ausgeschlossen, weil die Prüfung des Verwendungsnachweises für die innerhalb der Ortslage von N. verlaufende Teilstrecke der Verbindungsstraße gegenwärtig nicht abgeschlossen ist.

35

aa. Nach § 8 Abs. 5 erste Variante KAG M-V entsteht die sachliche Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung. Das Merkmal „endgültige Herstellung“ ist nicht in einem technischen, sondern im beitragsrechtlichen Sinne zu verstehen. Daher kommt es nicht nur auf den technischen Abschluss der Bauarbeiten (Abnahme) an. Vielmehr müssen auch die Kosten feststehen, denn nur dann kann der Beitragsanspruch beziffert werden. Vor diesem Hintergrund bestimmt § 9 Satz 1 SBS, dass die Beitragspflicht mit dem Abschluss der Baumaßnahme, sobald die Kosten feststehen und der erforderliche Grunderwerb durchgeführt ist entsteht. Für die Maßnahme sind Fördermittel ausgereicht worden, die auch den Beitragspflichtigen zugutekommen. Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt die in Ansehung der ausgereichten Fördermittel durchzuführende Verwendungsnachweisprüfung noch nicht abgeschlossen ist, steht die Höhe der Zuschüsse und damit auch die Höhe der umlagefähigen Kosten (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V) nicht fest. Damit kann der Beitragsanspruch nicht abschließend beziffert werden und die sachliche Beitragspflicht nicht entstehen.

36

Dies betrifft auch den vorliegend abgerechneten Streckenabschnitt. Denn bei der Verbindungsstraße handelt es sich – jedenfalls in dem Bereich der Ortslage von N. bis zur Einmündung in die B 196 – um eine einheitliche Anlage im Sinne der sogenannten natürlichen Betrachtungsweise. Der Anlagenbegriff des Straßenausbaubeitragsrechts ist identisch mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriff (OVG Greifswald, Beschl. v. 15.09.1998 – 1 M 54/98 –, VwRR MO 1999, 104). Ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht ist daher für die Beantwortung der Frage, was beitragsfähige Einrichtung (Anlage) i.S.d. § 1 Satz 1 SABS und § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V ist, darauf abzustellen, was sich bei natürlicher Betrachtungsweise als „gesamte Verkehrsanlage“ darstellt, wobei auf den Zustand nach Abschluss des Bauprogramms, d.h. auf das äußere Erscheinungsbild, das die Straße nach ihrem Ausbau erlangt hat, abzustellen ist (OVG Greifswald a.a.O.). Die Beurteilung richtet sich dabei nach dem Erscheinungsbild der Straße, wie es sich in seinem Gesamteindruck, geprägt durch die tatsächlichen Verhältnisse etwa in Gestalt von Straßenführung, -länge, -ausstattung, einem objektiven bzw. unbefangenen Beobachter vermittelt (OVG Greifswald, Beschl. v. 10.02.2009 – 1 M 117/08 –, juris Rn. 18). Bei einem einheitlichen Verlauf und Ausbauzustand ist grundsätzlich von einer einheitlichen Verkehrsanlage i.S.d. natürlichen Betrachtungsweise abzustellen.

37

Gemessen an diesen Kriterien kann nicht von einem Anlagenwechsel auf Höhe des klägerischen Grundstücks ausgegangen werden. In diesem Bereich verschwenkt sich die Anlage nur leicht. Einmündungen anderer Verkehrsanlagen, die zu einer unterschiedlichen Verkehrsfunktion der Teilstrecken der Verbindungsstraße führen und damit einen Anlagenwechsel indizieren könnten, sind in diesem Bereich nicht vorhanden. Weder verändert sich die Breite der Fahrbahn noch wechselt ihr Belag. Soweit der Beklagte meint, ein Anlagenwechsel liege deshalb vor, weil innerhalb der Ortslage von N. eine Straßenbeleuchtung, Hochborde und eine Straßenentwässerung vorhanden seien und diese Teileinrichtungen außerhalb der Ortslage von N. fehlten, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Hochborde und eine leitungsgebundene Straßenentwässerung sind wenig sinnfällig und können daher das Erscheinungsbild einer Straße nicht prägen. Das Vorhandensein einer Straßenbeleuchtung allein reicht für die Annahme eines Anlagenwechsels nicht aus. Auch der Umstand, dass innerhalb der Ortslage von N. eine Geschwindigkeitsbegrenzung (50 km/h) gilt, außerhalb der Ortslage dagegen nicht, ist das äußere Erscheinungsbild der Verkehrsanlage ohne Belang.

38

Dass auch der Beklagte jedenfalls vorgerichtlich von einer einheitlichen Anlage ausgegangen ist, folgt auch aus dem Umstand, dass die Gemeindevertretung am 12. Dezember 2000 einen Abschnittsbildungsbeschluss für den „Teilabschnitt B: Pension ‚...‘ bis Reiterhof N.“ gefasst hat. Die Abschnittsbildung wäre überflüssig, wenn im Bereich des Reiterhofs ein Anlagenwechsel vorläge.

39

Schließlich tritt der Gesichtspunkt der natürlichen Betrachtungsweise nicht deshalb zurück, weil ein Teil der Verbindungsstraße im Außenbereich und ein anderer Teil unbeplanten Innenbereich verläuft (eingehend VG Greifswald, Beschl. vom 20.08.2008 – 3 B 344/08 –, juris Rn. 9; OVG Greifswald, Beschl. v. 10.02.2009 – 1 M 117/08 –, juris Rn. 24).

40

bb. Damit hätte die sachliche Beitragspflicht für die vorliegend abgerechnete Teilstrecke nur bei einer wirksamen Abschnittsbildung entstehen können (vgl. 8 Abs. 5 zweite Var. i.V.m. Abs. 4 KAG M-V). Hieran fehlt es jedoch. Der am 12. Dezember 2000 gefasste Abschnittsbildungsbeschluss ist – jedenfalls in Ansehung hier in Rede stehenden der nördlichen Grenze des Abrechnungsabschnitts – nicht hinreichend bestimmt und damit unwirksam.

41

Nach § 8 Abs. 4 KAG M-V bzw. § 8 Abs. 6 KAG a.F. kann der Aufwand auch für Abschnitte einer Einrichtung oder Anlage ermittelt werden, wenn diese selbständig in Anspruch genommen werden können, was bei Straßenteilstücken im Unterschied zu Teilstücken leitungsgebundener Anlagen regelmäßig der Fall ist. Eine solche Abschnittsbildung ist vorliegend auf Grundlage des § 4 Abs. 2 SABS durch den Beschluss vom 12. Dezember 2000 erfolgt. Allerdings unterliegt die Abschnittsbildung dem Willkürverbot. Ausfluss des Willkürverbotes ist, dass dem abzurechnenden Teilstück eine gewisse selbständige Bedeutung zukommt, dass der Abschnitt eine optisch erkennbare Begrenzung erfährt und dass die berücksichtigungsfähigen Kosten nicht erheblich höher sind als die entsprechenden Kosten pro Quadratmeter Straßenfläche für die erstmalige Herstellung einer anderen Teilstrecke derselben Anlage (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 14 Rn. 25; Holz in: Aussprung/Siemers/ders., KAG M-V, Stand 11/2015, § 8 Anm. 1.1.3.3).

42

Vorliegend fehlt es jedenfalls am Erfordernis der optisch erkennbaren Begrenzung. Die im Abschnittsbildungsbeschluss enthaltene Wendung „bis Reiterhof N.“ ist nicht hinreichend bestimmt. Damit ist der Beschluss jedenfalls insoweit unwirksam. Selbst wenn man davon ausgeht, dass mit der Wendung die Grundstücksgrenze gemeint ist, ist der Bezugspunkt des Abrechnungsabschnitts unklar. Abgesehen davon, dass Grundstücksgrenzen als Bezugspunkte für eine Abschnittsbildung regelmäßig ausscheiden, weil Grundstückgrenzen in der Örtlichkeit in der Regel nicht – jedenfalls nicht ohne weiteres – optisch erkennbar sind, ist offen, ob die südliche oder die ebenfalls in Betracht kommende nördliche Grundstücksgrenze gemeint ist. Offenbar hat der Beklagte weder das eine noch das andere gemeint, denn die Berücksichtigung des klägerischen Grundstücks sowohl im Rahmen der Erhebung der Vorausleistung für den südlichen Streckenabschnitt der Verbindungsstraße als auch im Rahmen der vorliegend streitigen Erhebung des Straßenausbaubeitrags für den nördlichen Streckenabschnitt zeigt, dass der Abrechnungsabschnitt nach Auffassung des Beklagten zwischen der nördlichen und der südlichen Grenze des Grundstücks Flurstück 29/1 verläuft. An welchem optisch erkennbaren Kriterium er sich dabei letztlich orientiert, ist völlig offen.

43

3. Ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt, sei darauf hingewiesen, dass die Einbeziehung des Abzweigs nach A. in den Vorteilsausgleich für die Verbindungsstraße unzulässig ist. Bei dem Abzweig handelt es sich bereits wegen seiner Länge um eine eigenständige Anlage i.S.d. natürlichen Betrachtungsweise. Soweit der Beklagte meint, die Einbeziehung sei zulässig, weil eine Abrechnungseinheit mit der Verbindungsstraße bestehe, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen fehlt es bereits an einem entsprechenden Beschluss der Gemeindevertretung (Holz a.a.O., Anm. 1.1.3.4). Weiter dürfte es an der für die Bildung einer Abrechnungseinheit erforderlichen funktionellen Abhängigkeit der Anlagen fehlen. Eine funktionelle Abhängigkeit kann nur angenommen werden, wenn Verkehrsanlagen in einer derartigen Beziehung zueinander stehen, dass eine Anlage ihre Funktion lediglich im Zusammenwirken mit einer bestimmten anderen Anlage in vollem Umfang erfüllen kann, d.h. wenn ausschließlich die letzte Anlage der ersteren die Anbindung an das übrige Straßennetz vermittelt (VG Greifswald, Beschl. v. 10.11.2009 – 3 B 1405/09 –, juris Rn. 14 m.w.N.). Dies trifft vorliegend nicht zu, da – wie der Beklagte selbst vorträgt – eine zweite Zufahrtsmöglichkeit von S./Wasserwerk nach A. besteht. Die für diese Verbindung bestehenden Beschränkungen (Fahrzeuge mit einem zul. Gesamtgewicht bis max. 7 t), stehen dem Umstand nicht entgegen, dass auch diese Verkehrsanlage die Ortschaft A. an das öffentliche Wegenetz anbindet.

44

Ungeachtet dessen ist im Straßenausbaubeitragsrecht – anders als im Erschließungsbeitragsrecht – die Bildung von Abrechnungseinheiten unzulässig, weil das Kommunalabgabengesetz keine dem § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB entsprechende Bestimmung enthält (VG Greifswald, Beschl. v. 10.11.2009, a.a.O.).

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 709 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht erkennbar.

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Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 28. Juli 2016 - 3 A 1364/14 zitiert 18 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Baugesetzbuch - BBauG | § 35 Bauen im Außenbereich


(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es1.einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Bet

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 1 Allgemeine Vorschriften für Bauflächen und Baugebiete


(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als 1.Wohnbauflächen(W)2.gemischte Bauflächen(M)3.gewerbliche Bauflächen(G)4.Sonderbauflächen

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 8 Gewerbegebiete


(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. (2) Zulässig sind1.Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder W

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 11 Sonstige Sondergebiete


(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden. (2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzuste

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 7 Kerngebiete


(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur. (2) Zulässig sind 1. Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,2. Einzelhandelsbetriebe, Sch

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 9 Industriegebiete


(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind. (2) Zulässig sind1.Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung

Baugesetzbuch - BBauG | § 130 Art der Ermittlung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands


(1) Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann nach den tatsächlich entstandenen Kosten oder nach Einheitssätzen ermittelt werden. Die Einheitssätze sind nach den in der Gemeinde üblicherweise durchschnittlich aufzuwendenden Kosten vergleichbarer E

Baugesetzbuch - BBauG | § 203 Abweichende Zuständigkeitsregelung


(1) Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Behörde kann im Einvernehmen mit der Gemeinde durch Rechtsverordnung bestimmen, dass die nach diesem Gesetzbuch der Gemeinde obliegenden Aufgaben auf eine andere Gebietskörperschaft übertragen werden

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Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 28. Juli 2016 - 3 A 1364/14 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

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Tenor 1. Der Bescheid vom 16.11.2009 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 17.03.2010 wird insoweit aufgehoben, als die Festsetzung den Betrag von 4.271,85 Euro übersteigt. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferle

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 11. Nov. 2011 - 3 A 189/09

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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 14. Sept. 2010 - 4 K 12/07

bei uns veröffentlicht am 14.09.2010

Tenor Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 2

Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 10. Nov. 2009 - 3 B 1405/09

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Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Straßenbaubeitragsbescheide des Antragsgegners vom 17.08.2009 für die Grundstücke Flurstücke G1, G2, G3, G4, G5, G6 sowie Flurstück G7 wird angeordnet. 2. Der Antragsgegner trägt die

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 10. Feb. 2009 - 1 M 117/08

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Tenor Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 21. August 2008 - 3 B 344/08 - wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird a

Verwaltungsgericht Greifswald Beschluss, 20. Aug. 2008 - 3 B 344/08

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Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers gegen die Beitragsbescheide der Antragsgegnerin vom 19.11.2007 - Nr. ... und Nr. ... über die Festsetzung des Straßenbaubeitrages für den Ausbau der D.Straße in L., Ortsteil N

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 23. Dezember 2009 wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem eingeschossigen Wohnhaus bebauten Grundstücks A-Straße in A-Stadt (Gemarkung A-Stadt, Flur 1, Flurstück 48) mit einer Größe von 11.000 qm. Er ist für sein im Bereich des beklagten Verbandes liegendes Grundstück bisher nicht zu Anschlussbeiträgen herangezogen worden.

2

Die Verbandsversammlung des Antragsgegners beschloss am 4. Dezember 2006 die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz (TBS). Die Satzung wurde am 14. Dezember 2006 von der Verbandsvorsteherin ausgefertigt und am 6. Januar 2007 öffentlich bekanntgemacht. Am 5. November 2007 beschloss die Verbandsversammlung die Erste Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz. Diese Satzung wurde am 15. November 2007 ausgefertigt. Sie ändert die in § 4 d) TBS enthaltene Regelung über die Tiefenbegrenzung von im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich liegenden Grundstücken. Der dem Satzungsbeschluss zugrundeliegenden Vorlage (Nr. 09-1/2007) beigefügt war eine fünfseitige "Dokumentation der Ermessenserwägungen bezüglich Auswahl, Ermittlung und Festsetzung einer qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern". Mit der am 21. Dezember 2009 beschlossenen und am 23. Dezember 2009 ausgefertigten Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung wurde § 5 TBS dahingehend geändert, dass der Beitragssatz je Quadratmeter bevorteilter Grundstücksfläche nicht mehr wie zuvor 6,- Euro einschließlich Umsatzsteuer, sondern nunmehr 5,04 Euro zuzüglich gesetzlich geltender Umsatzsteuer beträgt.

3

Der Antragsteller hat am 15. Juni 2007 einen Normenkontrollantrag gegen die Schmutzwasserbeitrags- und die Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners gestellt (4 K 10/07). Mit Beschluss vom 10. Juli 2007 hat der Senat das Verfahren gegen die Trinkwasserbeitragssatzung abgetrennt und unter dem vorliegenden Aktenzeichen weitergeführt.

4

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor:

5

Die Kalkulation des in § 5 TBS bestimmten Beitragssatzes sei zu beanstanden. Der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes identisch. In der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über kostenlos übernommenes Vermögen. Nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Einrichtung zuzurechnen seien. Unterlagen hierzu seien den Beitragsunterlagen nicht zu entnehmen. Auch der Umfang der Gesamtinvestitionen von 18.081.197,- € sei nicht nachvollziehbar. Es sei unklar, inwieweit es sich um Nettobeträge handele. Der Anlagespiegel sei nicht nachvollziehbar. Es gebe begründete Anhaltspunkte dafür, dass Aufwand für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten in die Kalkulation einbezogen worden sei. Beispielhaft werde auf die Positionen 60721950022, 6072192002 und 0560110 hingewiesen. Fraglich sei, ob der Aufwand für früher hergestellte Hausanschlüsse zu Recht in die Beitragskalkulation eingestellt worden sei. Die zur Beschlussfassung vorgelegten Kalkulationsunterlagen enthielten unterschiedliche Aussagen zum Zeitraum der Globalkalkulation. Die korrekte Berechnung der beitragsfähigen Flächen werde bestritten. Den Vertretern in der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 4. Dezember 2006 die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll entnommen werden. Gleiches gelte für die Beschlussfassung über den geänderten Beitragssatz in der Verbandsversammlung vom 21. Dezember 2009. Der an diesem Tage beschlossenen Änderung (§ 5 TBS) hätte aufgrund verschiedener mittlerweile eingetretener Veränderungen auf der Flächenseite eine neue bzw. überarbeitete Kalkulation, die auch eine Überprüfung der Aufwandsseite erfordert hätte, zugrundegelegt werden müssen. Verschiedene Bestimmungen der Trinkwasserbeitragssatzung seien unwirksam. Den Kreis der Beitragsschuldner erstrecke § 6 Abs. 1 TBS im Widerspruch zu § 7 KAG auf "dinglich Berechtigte". Dies führe zur Unwirksamkeit der gesamten Beitragssatzung. Nach § 2 Abs. 1 TBS unterlägen auch Außenbereichsgrundstücke, die bebaut seien und nur angeschlossen werden könnten, ohne bereits angeschlossen zu sein, der Beitragspflicht. Im Außenbereich reiche aber die Bebauung des Grundstücks allein nicht aus, um die Beitragspflicht entstehen zu lassen. Die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Tiefenbegrenzung von 50 m sei methodisch fehlerhaft ermittelt worden. Die durchschnittliche Bebauungstiefe beruhe auf einer fehlerhaften arithmetischen Mittelung der tatsächlichen Bebauung. Die Tiefenbegrenzung entspreche außerdem nicht den örtlichen Gegebenheiten. § 4 Abs. 2 d) TBS leide außerdem darunter, dass danach im Falle einer Zuwegung zum Grundstück die Grundstücksfläche beginnend vom Ende der Zuwegung bis zu einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen zu messen sei und die Zuwegung somit flächenmäßig unberücksichtigt bliebe. Nach § 4 Abs. 2 b) TBS würden die Grundstücke, die im Plangebiet liegen und in den Außenbereich übergehen, gegenüber vollständig im Außenbereich liegenden Grundstücken ungerechtfertigt bessergestellt. Nach § 4 Abs. 2 g) TBS komme auf privaten Grünflächen und Parkplätzen trotz bauakzessorischer Nutzung eine Beitragserhebung nicht in Betracht. Dies sei nicht vorteilsgerecht. § 4 Abs. 5 TBS sei gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als gemäß der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Insbesondere Dachgeschosse von Neubauten mit Dachschrägen könnten baurechtlich ebenfalls zu Wohn- und gewerblichen Zwecken genutzt werden, ohne dass sie beitragsrechtlich als Vollgeschosse zu werten seien. Abweichend von anderen Beitragssatzungen enthalte § 4 Abs. 5 TBS keinerlei Einschränkungen bezüglich der Anrechenbarkeit bei Dachschrägen und einer geringeren Geschosshöhe des Obergeschosses gegenüber dem Untergeschoss, die eine Ungleichbehandlung relativieren bzw. sachlich legitimieren. Ein sachlicher Grund für diese weitgehende Regelung zum Vollgeschossmaßstab bestehe nicht.

6

Der Antragsteller beantragt,

7

die Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 23. Dezember 2009 für unwirksam zu erklären.

8

Der Antragsgegner beantragt,

9

den Antrag abzuweisen.

10

Er tritt den Einwänden des Antragstellers in allen Punkten entgegen. Insbesondere die in § 4 Abs. 2 d) TBS normierte Regelung über die Tiefenbegrenzung für sogenannte Übergangsgrundstücke sei nicht zu beanstanden. Die Festlegung der qualifizierten Tiefenbegrenzung von 50 Metern entspreche den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen im Verbandsgebiet.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 13 AGGerStrG statthafte Normenkontrollantrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).

13

I. Der Antrag ist fristgerecht nach § 47 Abs. 2 Satz 1, § 195 Abs. 7 VwGO binnen eines Jahres nach Bekanntmachung der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung bei Gericht eingegangen. Die Satzung ist in ihrer ursprünglichen Fassung am 6. Januar 2007 veröffentlicht worden. Der Normenkontrollantrag wurde am 15. Juni 2007 gestellt.

14

Änderungen oder Neuregelungen der angegriffenen Rechtsvorschrift setzen die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Lauf, wenn mit ihnen eine neue oder zusätzliche Beschwer verbunden ist. Ein erneuter Fristenlauf beginnt dann, wenn sich aus der Neuregelung eine neue belastende Wirkung ergibt, z. B. durch das Zusammenwirken mit geänderten anderen Bestimmungen (vgl. OVG Bautzen, 20.08.2008 - 5 D 24/06 -, juris). Die mit der Ersten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 15. November 2007 vorgenommene Änderung der Tiefenbegrenzungsregel nach § 4 Abs. 2 d) TBS hat im Wesentlichen der Klarstellung schon geltenden Satzungsrechts gedient, insbesondere verläuft die Tiefenbegrenzungslinie nach der neuen Regelung unverändert zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 Metern dazu verlaufenden Parallelen. Danach hat die Erste Satzungsänderung keinen neuen Fristlauf ausgelöst. Die geänderte Bestimmung ist vielmehr von dem gegen die im Januar 2007 veröffentlichte Ursprungssatzung gerichteten Normenkontrollantrag vom 15. Juni 2007 erfasst.

15

Soweit der Antrag nunmehr auch die Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 und damit § 5 TBS mit dem jetzt geltenden Beitragssatz in Höhe von 5,04 € erfasst, liegt hierin eine in entsprechender Anwendung von § 91 VwGO zulässige Antragsänderung, insbesondere war die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach Bekanntmachung der Satzungsänderung noch nicht abgelaufen.

16

Der Antragsteller ist schließlich als noch nicht zu Trinkwasseranschlussbeiträgen herangezogener Eigentümer eines im Verbandsgebiet liegenden Grundstückes antragsbefugt i. S. v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Er kann geltend machen, möglicherweise durch die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung in seinen Rechten verletzt zu werden, indem er auf ihrer Grundlage zu Beitragszahlungen durch - bei angenommener Unwirksamkeit der Satzung - rechtswidrige Beitragsbescheide verpflichtet wird.

17

Der Senat versteht den nicht ausdrücklich beschränkten Antrag des Antragstellers, die Trinkwasserbeitragssatzung für unwirksam zu erklären, in der Weise (§ 133 BGB), dass die Ordnungswidrigkeitenbestimmung des § 11 TBS nicht angegriffen ist. Regelungen des Ordnungswidrigkeitenrechtes unterfallen nicht dem Verwaltungsrechtsweg und können daher von vornherein nicht Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle sein (OVG Greifswald, 27.07.2005 - 4 K 4/03 -, KStZ 2006, 156, 157). Durch die Erklärung der Unwirksamkeit der übrigen Satzungsbestimmungen verliert auch die Regelung über die Ordnungswidrigkeiten ihren rechtlichen Gehalt.

18

II. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Zwar greifen die Einwendungen des Antragstellers ganz überwiegend nicht durch (nachfolgend 1.). Die angefochtene Trinkwasserbeitragssatzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt/Lübz vom 14. Dezember 2006 in der Fassung der Zweiten Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung vom 23. Dezember 2009 war aber nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO insgesamt für unwirksam zu erklären, weil die Tiefenbegrenzungsregelung des § 4 Abs. 2 d) TBS gegen die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes (KAG) und den aus dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) folgenden Grundsatz der Abgabengerechtigkeit verstößt, daher unwirksam ist und die daraus folgende Satzungslücke zur Ungültigkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung führt (nachfolgend 2.).

19

Die formelle Ordnungsgemäßheit der Trinkwasserbeitragssatzung hat der Antragsteller nicht in Zweifel gezogen. Dem Senat drängen sich entsprechende Mängel nicht auf (vgl. zum Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren OVG Greifswald, 02.06.2004 – 4 K 38/02 -, juris, Rn. 133 = DVBl. 2005, 64 [nur Leitsätze]).

20

1. Die gegen die Gültigkeit der angefochtenen Satzung erhobenen Einwände des Antragstellers treffen ganz überwiegend nicht zu. Dies gilt insbesondere für die auf die Kalkulation des Beitragssatzes zielenden Rügen (nachfolgend a. bis f.). Die gegen die Gültigkeit einzelner Satzungsbestimmungen gerichteten Angriffe führen ebenfalls überwiegend nicht zum Erfolg (g. bis l.).

21

a. Wenn der Antragsteller geltend macht, der der Beitragsbemessung zugrundeliegende Zeitraum der Globalkalkulation sei nicht mit dem Zeitraum des Trinkwasserversorgungskonzeptes des Antragsgegners identisch, ist dem nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass bei einer Globalkalkulation nach § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG der notwendige Aufwand für die Herstellung der gesamten öffentlichen Einrichtung auf der Grundlage der von dem Verband gewählten Wasserversorgungskonzeption zu ermitteln ist (vgl. Birk in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: März 2010, § 8 Rn. 678b). Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies hier nicht geschehen ist.

22

Die Kalkulation des Anschlussbeitrages Trinkwasser nennt einen Investitionszeitraum bis zum Jahre 2020 ("geplante Investitionen von 2006 bis 2020: 18.081.197,- €"). Das Trinkwasserversorgungskonzept des Wasser- und Abwasserzweckverbandes B-Stadt-Lübz ("Investitionen Rohrnetz [2006 bis 2020]") sieht Investitionen bis zum Jahr 2018 vor. Für die Jahre 2019 und 2020 ist für Investitionen jeweils der Betrag von 0,- € prognostiziert. Ein Widerspruch zwischen Kalkulation und Trinkwasserversorgungskonzept ist danach nicht zu erkennen. Der Antragsgegner hat zu diesem Einwand des Antragstellers ausgeführt, bei der Überarbeitung des Trinkwasserversorgungskonzeptes im Jahre 2006 habe sich bei der Spezifikation der einzelnen notwendigen Maßnahmen ergeben, dass bei günstigem zeitlichen Verlauf der Investitionen von einer Fertigstellung der Einrichtung bereits im Jahr 2018 auszugehen sei. Da zeitliche Verschiebungen nicht auszuschließen seien, sei auf eine Änderung des Zeitraumes für die Gültigkeit des Trinkwasserversorgungskonzeptes verzichtet worden. Die Kalkulation habe daher den nach dem Trinkwasserversorgungskonzept maßgeblichen Investitionszeitraum zutreffend berücksichtigt.

23

b. Auch der Einwand des Antragstellers führt nicht weiter, in der Kalkulation fänden sich unterschiedliche Abzugsbeträge über (von der Westmecklenburger Wasser GmbH) bei Errichtung des Verbandes kostenlos übernommenes Vermögen. Die Folge sei, dass möglicherweise nicht nur 14.267.518,75 €, sondern 16.283.771,09 € hätten in Abzug gebracht werden müssen. Es trifft zu, dass es nach der Auffassung des Senates dann, wenn eine Altanlage kostenlos übernommen wird, rechtlich nicht zulässig ist, für diese Altanlage einen Wert in die Kalkulation einzustellen. Denn bei dem Wert der Altanlage handelt es sich dann nicht um Kosten, die dem Zweckverband für die Herstellung der Anlage tatsächlich entstanden sind. Anderes gilt, wenn dabei Schulden übernommen werden. Diese können als eigener Aufwand in die Kalkulation eingestellt werden (vgl. OVG Greifswald, 15.11.2000 - 4 K 8/99 -, KStZ 2001, 174, 177). Wenn der Antragsgegner danach aus dem Wert des Anlagevermögens für den Bereich Trinkwasser das kostenlos von "WMW" übernommene Vermögen abzuziehen hatte, so ist das offenbar auch im gebotenen Umfang geschehen. Der Senat hat nach der im gerichtlichen Verfahren abgegebenen plausiblen Erläuterung des Antragsgegners zu dem tatsächlichen Hintergrund des auf Blatt 172 der Verwaltungsvorgänge dargestellten Wertes von 16.283.771,09 € jedenfalls keinen Anlass, an der Richtigkeit des in der Kalkulation abgesetzten Betrages von 14.267.518,75 € zu zweifeln. Nach den Ausführungen des Antragsgegners hat der Verband die Summe der kostenlos übernommenen Anlagegüter aus einer Addition der in den Abschreibungsbuchunterlagen enthaltenen Angaben gewonnen und so einen Wert von vor 1993 angeschafften Gütern von 14.267.518,75 € ermittelt. Diesen Wert hat er anhand einer Obergrenze einer Plausibilitätsüberprüfung unterzogen, indem er ihn einem in der Bilanz zum 31.12.1993 ausgewiesenen übertragenen Gesamtvermögen von 16.283.771,09 € gegenübergestellt hat. Anhand dieser Gegenüberstellung konnte er kontrollieren, ob der Gesamtwert aus den Einzelwerten der Anlagegüter nicht etwa oberhalb des übertragenen Gesamtvermögens lag. Das Gesamtvermögen soll nach der Stellungnahme des Antragsgegners zum einen nicht beitragsfähige Positionen enthalten und zum anderen auch Anlagegüter, die nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung geworden seien. So erkläre sich die Differenz zwischen den beiden Werten. Darin liegt eine nachvollziehbare Begründung für die in den Kalkulationsunterlagen enthaltenen, das übernommene Anlagevermögen betreffenden unterschiedlichen Werte, die an dieser Stelle eine weitere Sachaufklärung nicht erfordert. Ob schließlich der Antragsgegner den Wert von 14.267.518,75 € korrekt ermittelt hat, hatte der Senat mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nicht weiter zu prüfen.

24

c. Der Einwand des Antragstellers, es sei zu bezweifeln, dass die in der Kalkulation aufgeführten übernommenen Darlehen ("Darlehen Investitionen KfW" in Höhe von 588.088,43 €) in dem einbezogenen Umfang der jeweiligen Wasserversorgungseinrichtung zuzurechnen seien, trifft nicht zu. Der Antragsgegner hat im gerichtlichen Verfahren Kopien der Beschlüsse seiner Verbandsversammlung vorgelegt, die die Übertragung von vier "KfW-Krediten" für der Wasserversorgung dienende Bauvorhaben in Goldberg und B-Stadt von der Westmecklenburger Wasser GmbH E-Stadt auf den Antragsgegner belegen. Die Summe der dort aufgeführten und in Anspruch genommenen bzw. abgerufenen Kreditbeträge ergibt den in der Kalkulation ausgewiesenen Betrag.

25

d. Der Antragsgegner hat auf den Einwand des Antragstellers, er habe in den beitragsfähigen Aufwand auch Aufwendungen für Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten eingestellt, ausgeführt, solche Aufwendungen würden nicht aktiviert, sondern in die laufenden Kosten gebucht und über Gebühren finanziert. Weiteren Anlass zur Prüfung sieht der Senat danach an dieser Stelle ebenfalls nicht. Zu den von Antragstellerseite angesprochenen drei verschiedenen im Anlagespiegel enthaltenen Positionen hat der Antragsgegner erläutert, bei der Position 60721950022 ("Auswechslung Knotenpunkte") handele es sich um die planmäßige Umsetzung des im Trinkwasserversorgungskonzept bezüglich einer veralteten Altanlage vorgesehenen Standards und nicht um Instandhaltungs- oder Reparaturarbeiten. Gleiches gelte für eine unter der Position "05in60110" verzeichnete Baumaßnahme aus dem Jahr 2005 am Reinwasserbehälter im Wasserwerk Herzberg. Hier sei eine als Provisorium anzusehende veraltete Steuerungstechnik in einer seinerzeit kostenlos übernommenen Altanlage durch neue Steuerungstechnik ersetzt worden. Der im Anlagespiegel an der zugehörigen Stelle verwendete Begriff der Sanierung sei insoweit nicht zutreffend. Es handele sich nicht um eine Sanierung neu errichteter Anlagenteile, sondern um die erstmalige Verwirklichung des im Trinkwasserkonzept vorgesehenen Standards. Die Position 6072192002 sei schließlich in den Herstellungsaufwand nicht eingerechnet worden, weil sie zu dem vom Verband kostenlos übernommenen Vermögen gehöre. Danach war auch zu diesen Punkten keine vertiefte Überprüfung angezeigt.

26

Entgegen den Ausführungen des Antragstellers ergibt sich außerdem der Umfang der Gesamtinvestitionen aus dem Trinkwasserkonzept. Hier wird - entgegen dessen Auffassung - auch hinreichend deutlich, dass es sich um Nettoinvestitionen handeln soll.

27

e. Der Antragsteller rügt, den Vertretern der Verbandsversammlung hätten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vom 21. Dezember 2009 über die Änderung des Beitragssatzes in § 5 TBS (Zweite Satzung zur Änderung der Trinkwasserbeitragssatzung) die Kalkulationsunterlagen nicht zur Kenntnis vorgelegen. Gleiches gelte für die Beschlussfassung vom 4. Dezember 2006. Anderes könne weder der Ladung zur Verbandsversammlung noch den weiteren Unterlagen, insbesondere nicht dem Protokoll der Verbandsversammlung entnommen werden. Diese Rüge ist unzutreffend.

28

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senates (vgl. dazu die zahlreichen Nachweise bei Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG, Stand: Juni 2010, § 2 Anm. 8.3.1.2) muss der Verbandsversammlung - neben der Beschlussvorlage über die Satzung - eine (Global-) Kalkulation bei der Beschlussfassung über die Abgabensatzung vorliegen. Wird dem Rechtssetzungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Ungültigkeit des Abgabensatzes zur Folge, weil das Rechtssetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Abgabensätze eingeräumte Ermessen nicht fehlerfrei hat ausüben können.

29

Es unterliegt aus Sicht des Senates keinen Zweifeln, dass der Verbandsversammlung in ihrer Sitzung vom 4. Dezember 2006 ebenso wie in der Sitzung vom 21. Dezember 2009 die Kalkulationsunterlagen mit der Möglichkeit zur Kenntnisnahme vorgelegen haben. Das folgt für die Sitzung vom 4. Dezember 2006 aus der wohl nach späterem Abhören des Tonbandmitschnittes am 19. März 2008 gefertigten Ergänzung zum Protokoll der Verbandsversammlung Nr. 02/2006, wonach im Anschluss an den Tagesordnungspunkt 5 die Verbandsvorsteherin explizit darauf hingewiesen habe, dass zur Beratung alle Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme vorlagen. Diese in der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegte Protokollergänzung ist als öffentliche Urkunde nach §§ 98 VwGO, 418 ZPO anzusehen, die den vollen Beweis der darin (aufgrund eigener Wahrnehmung, § 418 Abs. 3 ZPO) bezeugten Tatsache begründet, mithin dass der Hinweis durch die Verbandsvorsteherin auf die ausliegenden Kalkulationsunterlagen ergangen ist (vgl. dazu MüKo ZPO, § 418, Rn. 4; Rudisile in: Schoch, VwGO § 98, Rn. 206;). Die Voraussetzungen des § 418 ZPO liegen vor. Die Verbandsversammlung (§§ 155, 156 KV) ist eine öffentliche Behörde i.S.d. Definition der öffentlichen Urkunde nach § 415 Abs. 1 ZPO. Als solche Behörden werden nicht nur Verwaltungsbehörden angesehen, sondern die in den allgemeinen Organismus der Behörden eingefügte Organe der Staatsgewalt, die dazu berufen sind, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder der von ihm geförderten Zwecke tätig zu sein, gleichviel ob das Organ unmittelbar vom Staate oder einer dem Staate untergeordneten Körperschaft zunächst für deren eigene Zwecke bestellt ist (BGH, 16.10.1963 - IV ZB 171/63 -, BGHZ 40, 225, 228; vgl. OVG Magdeburg, 10.12.1998 - C 2 S 477/96 -, juris: Protokoll über die Sitzung des Gemeinderats ist öffentliche Urkunde, die nach § 418 ZPO den vollen Beweis begründet). Die von Antragstellerseite geäußerte Einschätzung, es sei ungewöhnlich, dass die Protokollergänzung so spät gekommen sei, ist danach unbeachtlich.

30

Damit erweist sich die Rüge fehlender Kalkulationsunterlagen allein als offenbar ungeprüfte und unzutreffende Vermutung. Gleiches gilt für den inhaltlich gleichlautenden, die Sitzung vom 21. Dezember 2009 betreffenden Einwand. Hier ist schon der Sitzungsniederschrift (Verbandsversammlung 03/2009) selbst zu entnehmen, dass die Kalkulationsunterlagen zur Einsichtnahme im Präsidium ausgelegen haben. Im Übrigen besteht kein einziger Anhaltspunkt, dass ein Verbandsvertreter Bedarf an einer Einsichtnahme in die Unterlagen geäußert hätte und diese nicht möglich gewesen wäre.

31

f. Wenn weiter eingewandt wird, die dem Beschluss der Verbandsversammlung über die Änderung des Beitragssatzes vom 21. Dezember 2009 zugrundeliegende Kalkulation habe der Antragsgegner nicht ohne Prüfung der Aktualität von Aufwands- und Flächenseite verwenden dürfen, insbesondere seien seit dem Jahre 2006 im Verbandsgebiet verschiedene Flächennutzungs- und Bebauungspläne sowie Abrundungssatzungen in Kraft getreten, so führt auch das nicht zum Erfolg. Der Erlass oder die Änderung solcher Pläne und Satzungen sind mit Blick auf die zahlreichen Gemeinden des gesamten Verbandsgebietes ein permanent stattfindender Vorgang der bauplanungsrechtlichen Fortentwicklung, der zu einer Vergrößerung ebenso wie zu einer Verkleinerung der beitragsrelevanten Gesamtfläche führen kann. Damit zusammenhängende Ungenauigkeiten der Flächenberechnung müssen bei einer gesetzlich zulässigen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 KAG) Globalkalkulation ebenso wie andere mit einer mehrere Jahre in die Zukunft reichenden Investitionsprognose verbundene Schätzungen in Kauf genommen werden. Anderenfalls müsste eine Kalkulation bei jeder Änderung der bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten in einem Teil des Verbandsgebietes überarbeitet werden, um auch minimale Veränderungen der Aufwandsverteilung zu berücksichtigen. Dies ist aber angesichts der ohnehin nur scheinbar vorhandenen Präzision der Kalkulation (Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 3.4) nicht zu fordern. Vielmehr wird - ohne dass sich der Senat an dieser Stelle mangels Entscheidungserheblichkeit abschließend äußern muss - angesichts der Regelung in § 6 Abs. 2 d) KAG eine Beitragskalkulation grundsätzlich für den Zeitraum von fünf Jahren als hinreichend aktuell angesehen (Aussprung, a.a.O., § 9 Anm. 3.4; vgl. dazu auch OVG M-V, 15.11.2000, a.a.O., 177).

32

Damit reicht allein der Hinweis des Antragstellers auf eine Veränderung bzw. den Erlass von Bebauungsplänen und Abrundungssatzungen nicht aus, um die Aktualität der Globalkalkulation des Antragsgegners in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte dafür, dass dies ausnahmsweise anders gesehen werden müsste, etwa weil besonders intensive Flächenänderungen betroffen wären, die erhebliche Auswirkungen auf die Kalkulation hätten, fehlen im Vortrag des Antragstellers. Solche drängen sich bei der aus dem August 2006 stammenden Flächenkalkulation für den im Dezember 2009 getroffenen Beschluss über den Beitragssatz auch nicht auf.

33

g. § 2 TBS ist nicht im Hinblick auf eine etwaige Beitragspflicht noch nicht angeschlossener bebauter Außenbereichsgrundstücke zu beanstanden. Die Vorschrift lautet:

34

(1) Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die an die öffentliche Einrichtung zur zentralen Trinkwasserversorgung angeschlossen werden können und

35

(a) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung festgesetzt ist, sobald sie bebaut oder gewerblich genutzt werden können, oder

36

(b) für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung der Gemeinden zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen, oder

37

(c) wenn sie bebaut sind.

38

(2) Wird ein Grundstück an die Trinkwasserversorgung tatsächlich angeschlossen, so unterliegt es der Beitragspflicht auch dann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen.

(3).....................

39

§ 2 Abs. 1 c) TBS ist nicht so zu verstehen, dass bebaute Außenbereichsgrundstücke, die an die Einrichtung nur angeschlossen werden können, ohne schon angeschlossen zu sein, bereits der Beitragspflicht unterliegen sollen und dass die Bestimmung damit gegen das Vorteilsprinzip nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG verstieße. Mangels Baulandqualität solcher Grundstücke führt bei ihnen allein die Anschlussmöglichkeit noch nicht zu einer gesicherten Vorteilslage (vgl. Klausing in: Driehaus, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1032). Entgegen der Auffassung des Antragstellers zwingt der Wortlaut des § 2 Abs. 1 TBS nicht zu einer solchen Deutung der Norm, denn er ist nicht in diesem Sinne eindeutig und lässt Raum für eine Lesart, die zu einer Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht führt.

40

Sollten schon nichtangeschlossene und nur anschließbare bebaute Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterstellt werden, so müsste die Bestimmung folgendermaßen gelesen werden: "Der Beitragspflicht unterliegen Grundstücke, die ....angeschlossen werden können und wenn sie bebaut sind". Der Satz müsste dann aber richtigerweise lauten: "...angeschlossen werden können und bebaut sind". Wegen dieser grammatikalischen Ungenauigkeit lässt sich § 2 Abs. 1 TBS auch so verstehen, dass sich die Formulierung unter Buchstabe c) ("wenn sie bebaut sind") allein auf die unter den Buchstaben a) und b) geregelten Fälle festgesetzter oder nach der Verkehrsauffassung bestehender, aber noch nicht verwirklichter Bebaubarkeit bezieht (beplanter bzw. Innenbereich) und sie um die Fälle schon realisierter Bebauung solcher Grundstücke ergänzt. Der von dem Antragsteller angesprochene Fall des angeschlossenen und bebauten Außenbereichsgrundstückes unterfiele dann allein § 2 Abs. 2 TBS. Dass dieses nach dem Wortlaut mögliche Verständnis der Norm vorzugswürdig gegenüber einer Interpretation ist, die zur Unwirksamkeit der gesamten Satzung führt, versteht sich von selbst. Darüber hinaus fügt sich allein die so verstandene Bestimmung auch in das weitere Satzungsgefüge ein. Dies wäre nicht der Fall, wenn man § 2 Abs. 1 c) TBS entnehmen wollte, dass bereits bebaute und nur über eine Anschlussmöglichkeit verfügende Außenbereichsgrundstücke der Beitragspflicht unterfallen sollen. Für solche Grundstücke fehlte es dann nämlich an einem Beitragsmaßstab mit der Folge, dass sie zwar der Beitragspflicht unterstellt würden, letztendlich jedoch überhaupt nicht veranlagt werden könnten. Nach § 4 Abs. 1 TBS ("Beitragsmaßstab") wird der Anschlussbeitrag für die bevorteilte Grundstücksfläche unter Berücksichtigung der Art und des Maßes der Bebaubarkeit des Grundstückes berechnet. Ist eine Grundstücksfläche nicht bevorteilt, wird danach dafür auch kein Beitrag berechnet. Das trifft aber auf mit noch nicht angeschlossenen Baulichkeiten bebaute Außenbereichsgrundstücke mangels gesicherter Vorteilslage zu. Damit übereinstimmend regelt § 4 Abs. 2 i) TBS, dass bei bebauten Grundstücken im Außenbereich der mit 0,2 vervielfachte Teil der Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten als Grundstücksfläche gilt. Ohne bereits angeschlossene Baulichkeiten errechnet sich danach keine unter Geltung des Grundstücksflächenmaßstabes für die Beitragserhebung erforderliche Grundstücksfläche.

41

h. Der Antragsteller meint, § 4 Abs. 2 b) TBS ordne für Grundstücke, die im Bereich eines Bebauungsplanes liegen und über die Grenzen des Bebauungsplanes hinausreichen, für den Außenbereichsteil die Geltung der Grundstücksfläche im Umfang der Grundfläche der Baulichkeit an. § 4 Abs. 2 i) TBS bestimme hingegen für ganz im Außenbereich liegende bebaute Grundstücke die durch die GRZ 0,2 geteilte Grundfläche als beitragspflichtige Fläche. Hierin sei eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu erkennen. Das trifft nicht zu.

42

§ 4 Abs. 2 b) TBS enthält entgegen der von dem Antragsteller vertretenen Auffassung keine Regelung für Grundstücke, die teils im Gebiet eines Bebauungsplanes und teils im Außenbereich liegen. Die Bestimmung setzt nämlich voraus, dass die Fläche außerhalb des Plangebietes baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Die Möglichkeit einer baulichen Nutzung besteht jedoch für Außenbereichsflächen grundsätzlich nicht. Der Außenbereich ist nach § 35 Abs. 2 BauGB grundsätzlich unbebaubar (Battis/Krautzberger/Löhr, 11. Aufl., Vorb §§ 29-38, Rn. 5). Befindet sich ein Gebäude auf einer Außenbereichsfläche, so mag dieses Bestandsschutz genießen und als solches genutzt werden können. Damit ist jedoch nicht zugleich die Außenbereichsfläche selbst baulich nutzbar. Würde das Gebäude zerstört, dürfte es im Grundsatz wegen seiner Lage im Außenbereich nicht wieder aufgebaut werden (vgl. BVerwG, 20.09.1974 - IV C 70.72 -, DÖV 1975, 104, 105).

43

Damit ist § 4 Abs. 2 i) TBS alleinige Norm zur Berechnung der Grundstücksfläche bei bebauten und angeschlossenen Grundstücken im Außenbereich. Der von Antragstellerseite gerügte Konflikt mit § 4 Abs. 2 b) TBS besteht nicht.

44

Die von Antragstellerseite monierte Ungleichbehandlung führte aber auch nur dann zum Fehlen einer erforderlichen Maßstabsregelung, also einer Satzungslücke und somit zur Nichtigkeit der Satzung, wenn es im Verbandsbereich überhaupt vom Bebauungsplanbereich in den Außenbereich übergehende Grundstücke gäbe. Nur dann könnte sich eine nichtige Maßstabsregelung vor dem Hintergrund des im Recht der leitungsgebundenen Einrichtung geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit als rechtlich problematisch darstellen und ggf. zur Nichtigkeit der Satzung insgesamt führen (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004 - 4 K 34/02 -, juris, NordÖR 2004, 417[nur Leitsätze]). Der Antragsgegner hat jedoch unwidersprochen vorgetragen, es gebe in seinem Verbandsgebiet keine Veranlagungsfälle, bei denen einzelne Buchgrundstücke über die Bebauungsplangrenze hinausreichten, direkt in den Außenbereich übergingen und trotz vorhandener Baulichkeiten nicht dem unbeplanten Innenbereich zuzurechnen wären.

45

i. Die § 4 Abs. 2 d) Satz 2 TBS betreffende Rüge des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Der Antragsteller meint, dass danach bei von der Tiefenbegrenzungsregelung betroffenen sogenannten "Pfeifenstielgrundstücken" die Zuwegung zum Grundstück bei der Berechnung des Beitrages außer Betracht bleibe, was mit dem Gleichheitssatz unvereinbar sei. Wegeflächen auf Grundstücken müssten bei der Kalkulation in vollem Umfang berücksichtigt werden.

46

Die Vorschrift lautet:

47

"Als Grundstücksfläche gilt:

d) bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen."

48

Die Bedenken des Antragstellers sind bei richtigem Verständnis der Bestimmung unbegründet. Im Falle einer Grundstückszuwegung wird nicht der straßenseitige Anfang der zu berechnenden Fläche von der Straße weg bis zum Ende der Zuwegung und Anfang der eigentlichen Grundstücksfläche verlegt mit der Folge, dass die Fläche der Zuwegung nicht mitzählte, sondern nur der Verlauf der Tiefenlinie, indem insoweit der Abstand von 50 Metern erst ab dem Ende der Zuwegung gemessen wird. Maßgeblich ist grundsätzlich die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Bei "Pfeifenstiel-" bzw. "Zuwegungsgrundstücken" wird nur der Verlauf dieser Parallele verschoben, indem der 50 Meter betragende Abstand (zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und der Parallelen) erst von dem Ende der Zuwegung an gemessen wird. Die der Straße zugewandte Grundstücksseite wird nicht verschoben. Daher fällt die Zuwegung - anders als der Antragsteller meint - in die beitragspflichtige Fläche.

49

j. Die Rüge, § 4 Abs. 2 g) TBS sei nicht vorteilsgerecht, greift nicht durch. Die Bestimmung lautet:

50

"bei Grundstücken, für die im Bebauungsplan sonstige Nutzung ohne oder mit nur untergeordneter Bebauung festgesetzt ist oder die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) tatsächlich so genutzt werden (z.B. Schwimmbäder, Camping- und Sportplätze), die Grundfläche der an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten geteilt durch die Grundflächenzahl (GRZ) 0,2. Die unter Berücksichtigung des Maßes der Nutzung ermittelte Fläche wird den betreffenden Gebäuden so zugeordnet, dass ihre Grenzen jeweils im gleichen Abstand von den Außenwänden der Gebäude verlaufen. ..."

51

Nach Auffassung des Antragstellers blieben danach bauakzessorisch genutzte private Grünflächen oder private Parkplätze beitragsfrei, da sich auf diesen Flächen üblicherweise keine an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Baulichkeiten befänden. Gleiches gelte, wenn in einem Bebauungsplan für Teilflächen eines Buchgrundstückes sowohl eine sonstige Nutzung ohne Bebauung als auch eine andere Teilfläche "Bebauung" geplant sei. Bei konsequenter Anwendung der Vorschrift wäre die Folge, dass trotz der Bebaubarkeit nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nur die Grundfläche des an die Trinkwasserversorgung angeschlossenen Gebäudes geteilt durch die Grundflächenzahl 0,2 als Grundstücksfläche beitragsfähig wäre. Dies sei nicht vorteilsgerecht.

52

Dem ist nicht zu folgen.

53

Im Anschlussbeitragsrecht ist im Interesse von Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007 - 1 L 256/06 - (Volkswerft), NordÖR 2008, 40, 41; 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, DÖV 2004, 259, 260). Unter "Grundstück" ist danach derjenige katastermäßig abgegrenzte Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Diese vom Bundesverwaltungsgericht im Erschließungsbeitragsrecht vertretene Rechtsansicht (vgl. etwa BVerwG, 12.12.1986 - 8 C 9.86 -, NVwZ 1987, 420) gilt auch für das Recht der leitungsgebundenen Anlagen (vgl. OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Für die von dem Antragsteller aufgeworfene Frage der beitragsrechtlich maßgeblichen Ausnutzbarkeit des Grundstückes, insbesondere die Frage, ob das gesamte Grundstück oder nur Teile baulich nutzbar sind, muss ebenfalls grundsätzlich die (gesamte) Fläche des im Bereich eines Bebauungsplanes nach § 30 BauGB oder vollständig im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB liegenden Buchgrundstückes betrachtet werden. Eine Unterteilung des Grundstückes nach verschiedenen Nutzungsarten (Bauland, Parkplatz, Grünfläche etc.) scheidet - von Ausnahmen abgesehen - aus. Für die Frage der Baulandeigenschaft des Grundstückes ist dessen gesamte Fläche einheitlich und nicht nach Grundstücksteilen getrennt zu betrachten, obgleich so gut wie nie die gesamte Fläche der baulichen (oder sonstwie beitragsrechtlich relevanten) Nutzung zugeführt werden bzw. voll überbaut werden darf. Denn die Zulässigkeit einer Bebauung setzt zumeist die Freihaltung erheblicher Grundstücksteile voraus, für die Ausführbarkeit eines Bauvorhabens muss daher in der Regel mehr an Fläche zur Verfügung stehen, als für die bauliche Anlage als solche benötigt wird. Baulinien, Baugrenzen, Abstands- und Anbauverbotsvorschriften sind für den Umfang der zu berücksichtigenden Grundstücksfläche ebenso ohne Belang wie bauplanungsrechtliche Festsetzungen von Grundstücksteilen als private Grünfläche (BVerwG, 29.11.1994 - 8 B 171/94 -, NVwZ 1995, 1215, 1216; vgl. Klausing in: Driehaus, a.a.O., § 8, Rn. 1029). Anderes gilt nur, wenn ein Grundstücksteil einer privaten Nutzung durch den Eigentümer - wie etwa bei der Festsetzung als öffentliche Grünfläche - schlechthin entzogen ist (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 8).

54

Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass § 4 Abs. 2 g) TBS eine von diesen Maßstäben abweichende Regelung treffen will. Wird demnach ein im Gebiet eines qualifizierten Bebauungsplanes oder vollständig im Bereich nach § 34 BauGB liegendes baulich nutzbares Grundstück in Teilen auch "sonstig" i.S.v. § 4 Abs. 2 g) TBS genutzt, so bleibt es für die Frage der Baulandqualität bei der gesamten Grundstücksfläche. Nur wenn das Grundstück ausschließlich im in § 4 Abs. 2 g) TBS angesprochenen Sinne nutzbar ist oder im Bereich nach § 34 BauGB in dieser Weise genutzt wird, gilt der dort geregelte Maßstab für die "sonstige Nutzung". Ein Verstoß gegen das Vorteilsprinzip kann daher nicht gesehen werden.

55

k. § 4 Abs. 5 TBS ist nicht zu beanstanden. Die im Zusammenhang mit § 4 Abs. 3 und 4 TBS stehende Bestimmung lautet:

56

(Abs.3) Zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der Nutzung wird die Fläche nach Abs. 2 mit einem Vom-Hundert-Satz für jedes Vollgeschoss wie folgt bewertet:

a) für das erste Vollgeschoss 25 %,

b) für jedes weitere Vollgeschoss 20 % der Grundstücksfläche nach Absatz 2

57

(Abs. 4) Als Zahl der Vollgeschosse gilt:

a) soweit ein B-Plan besteht, die hier festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse,

b) soweit kein B-Plan besteht oder in einem B-Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist:

- bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse,

- bei genehmigten Vorhaben die Zahl der genehmigten Vollgeschosse,

- bei unbebauten Grundstücken die Zahl der in der näheren Umgebung überwiegend vorhandenen Vollgeschosse.

58

(Abs. 5) Als Vollgeschoss gelten alle Geschosse, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern Vollgeschosse sind. Bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, müssen die Mindesthöhen gemäß der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern nicht erreicht werden.

59

Der Antragsteller hält § 4 Abs. 5 TBS für gleichheitswidrig, weil danach für Bauten, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, keine konkrete Regelung zur Geschosshöhe bestehe. Die Vorschrift sei daher unbestimmt, und es bliebe letztlich der Entscheidung des rechtsanwendenden Sachbearbeiters überlassen, wie die zahlreich vor 1994 errichteten Gebäude zu veranlagen seien. Eine derartige Unterscheidung zwischen vor und nach dem 30. April 1994 errichteten Bauten sei auch nur dann zulässig, wenn Altbauten auch mit geringerer Deckenhöhe als der Vollgeschossregelung für Neubauten generell weitgehender nutzbar wären. Das sei aber nicht der Fall. Diesen Einwänden vermag der Senat nicht zu folgen.

60

§ 4 Abs. 5 TBS ist nicht unbestimmt. Einer Norm - auch einer Bestimmung in einer kommunalen Beitragssatzung - fehlt nicht deshalb die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit oder Klarheit, weil sie der Auslegung bedarf. Der Bestimmtheitsgrundsatz verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den rechtsstaatlichen Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Normen müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen können und die Gerichte in der Lage sind, die Anwendung der betreffenden Vorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Das Gebot der Bestimmtheit darf nicht übersteigert werden, weil die Normen sonst starr und kasuistisch würden und der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten. Es ist deshalb ausreichend, wenn der Norminhalt durch die anerkannten Auslegungsmethoden zweifelsfrei ermittelt werden kann. Dabei ist die Interpretation nicht durch den formalen Wortlaut der Norm begrenzt. Ausschlaggebend ist der objektive Wille des Gesetzgebers, soweit er wenigstens andeutungsweise im Gesetzestext einen Niederschlag gefunden hat (BayVerfGH, 22.06.2010 - Vf. 15-VII-09 -; juris; OVG Weimar, 18.12.2000 - 4 N 472/00 -, LKV 2001, 415ff; BVerwG, 14.12.1995 - 4 N 2/95 -, NVwZ-RR 1996, 429). Im Interesse der Normerhaltung kann eine Bestimmung nur dann für nichtig gehalten werden, wenn keine nach anerkannten Auslegungsregeln zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende, insbesondere den Gesamtzusammenhang der getroffenen Regelung mit berücksichtigende Auslegung möglich ist (BVerwG, 20.08.2003 - 6 CN 5/02 -, juris; 15.12.1993 - 6 C 20/92 -, BVerwGE 94, 352, 358).

61

Danach kann § 4 Abs. 5 TBS in einer Weise ausgelegt werden, die auch im Satzungstext hinreichend deutlich ihren Ausdruck findet. Die Vorschrift für unbestimmt zu halten oder anzunehmen, sie treffe für Bauwerke, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtet worden sind, im Hinblick auf die Anforderungen an deren Geschosshöhen überhaupt keine Regelung, sodass der Rechtsanwender nicht mehr in der Lage sei zu erkennen, was der Satzungsgeber für diese Fälle bestimmt habe, geht fehl.

62

Der Sinn der Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS, wonach bei Gebäuden, die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden, die Mindesthöhen nach der Landesbauordnung nicht eingehalten werden müssen, ist in ausreichend deutlicher Weise der Regelungssystematik des in § 4 Abs. 3 bis 5 TBS bestimmten Vollgeschossmaßstabes zu entnehmen. Zur Ermittlung der für den Anschlussbeitrag maßgeblichen Grundstücksfläche (§ 4 Abs. 1 TBS) ist die nach § 4 Abs. 2 TBS ermittelte Fläche nach § 4 Abs. 3 TBS für das erste Vollgeschoss mit 25% und für jedes weitere Vollgeschoss mit 20% zu bewerten. Nach § 4 Abs. 4 b) TBS gilt, soweit kein Bebauungsplan besteht oder in einem solchen Plan die Zahl der Vollgeschosse nicht bestimmt ist, bei bebauten Grundstücken die Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse. Absatz 5 des § 4 TBS schließlich regelt, dass als Vollgeschoss alle Geschosse gelten, die nach den Vorschriften der Landesbauordnung Vollgeschosse sind. Das sind nach § 2 Abs. 6 LBauO v. 26. April 1994 (GVOBl. 1994, 518) Geschosse, die über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder, wenn kein darunterliegendes Geschoss vorhanden ist, zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben. Ähnliches gilt nach § 87 Abs. 2 LBauO v. 18. April 2006 (GVOBl. 2006, 102), wonach die Geschosse über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m haben müssen, was auch schon nach § 2 Abs. 4 Gesetz über die Bauordnung v. 20. Juli 1990 (Gesetzblatt Teil I 1990, 929) geltendes Recht war (vgl. zur Legaldefinition des Vollgeschosses OVG Greifswald, 11.10.2007 - 3 M 169/07 -, LKV 2008, 421).

63

Wenn der Satzungsgeber vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen anordnet, dass für die Bewertung von Gebäuden, die vor Inkrafttreten der den Beurteilungsmaßstab für Vollgeschosse enthaltenden Rechtsvorschrift errichtet worden sind, die Anforderungen dieser Vorschrift nicht gelten sollen, so ist dem ohne Weiteres der Sinn zu entnehmen, dass für diese Gebäude - was die Mindesthöhe der Geschosse anbelangt - ein weniger strenger Begriff des Vollgeschosses gelten soll. Denn ordnete die Satzung auch für solche früher errichtete Gebäude den Vollgeschossmaßstab nach der Landesbauordnung an, so könnte der Fall eintreten, dass ein solches Gebäude allein deshalb, weil seine Geschosshöhen die an ein "Vollgeschoss" zu stellenden Voraussetzungen nicht erfüllen mussten und nicht erfüllten, obwohl es wie ein neueres Gebäude mit nach der Landesbauordnung vorgeschriebenen Geschosshöhen genutzt wird, vorteilswidrigerweise zu gering oder überhaupt nicht veranlagt wird, weil es keine Vollgeschosse i.S.d. Landesbauordnung, sondern nur niedrigere Geschosse aufwiese. Die Regelung will demnach verhindern, "Altbauten" wegen der Maßgeblichkeit der Anzahl der Vollgeschosse besser zu stellen, wenn sie die für Vollgeschosse geltenden Mindesthöhen der Landesbauordnung nicht erreichen. Da der vom Maß der Nutzung abhängige wirtschaftliche Vorteil bei Vollgeschossen einerseits und bei Geschossen unterhalb der Vollgeschossigkeit andererseits annähernd gleich ist (OVG NW, 29.08.2000 - 15 A 4178/00 -, juris, Rn. 4) verstieße das - wenn es denn solche Gebäude im Verbandsgebiet gäbe - gegen das nach § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG geltende Vorteilsprinzip, wonach die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen sind.

64

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS ist zu entnehmen, dass sich für früher errichtete Gebäude die Qualifizierung als für die Flächenberechnung (§ 4 Abs. 3 TBS) relevantes Geschoss nach den zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Anforderungen bestimmen soll. Dies findet in dem Satzteil "..., die vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet wurden,..." hinreichend Ausdruck. Eine andere sinnvolle Interpretation der Norm bietet sich nicht an. Insbesondere scheidet eine Deutung aus, die quasi am Buchstaben des § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS haftete. Bei einer solchen Interpretation müssten die Mindesthöhen der Landesbauordnung nur dann nicht eingehalten werden, wenn das Gebäude vor Inkrafttreten der Landesbauordnung entsprechend den Anforderungen des bisherigen Rechts errichtet worden ist. Das hieße, dass Gebäude, die unter Missachtung der seinerzeitigen rechtlichen Anforderungen errichtet worden sind, nicht unter die Freistellung von den Mindesthöhen nach der Landesbauordnung fielen mit der Folge, dass für sie der Vollgeschossbegriff der Landesbauordnung anzuwenden wäre. Dann könnten Grundstücke mit solchen "illegalen" Gebäuden mangels Erreichen der Mindestgeschosshöhe nicht in vorteilsgerechtem Maße oder sogar überhaupt nicht herangezogen werden. Dies widerspräche dem Willen des Satzungsgebers, möglichst vorteilsgerechte Ergebnisse auch bezüglich der "Altbauten" zu erzielen.

65

Die Bestimmung kann auch nicht - wie der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts E-Stadt vom 22. Januar 2010 (- 8 A 1364/09 -, Urteilsabdruck, S. 6) meint - deshalb beanstandet werden, weil danach satzungsrechtliche Einschränkungen für die Anrechenbarkeit von Dachräumen mit schrägen Wänden fehlten und Altbauten deshalb ohne hinreichenden sachlichen Grund in höherem Maße als Neubauten zur Berechnung des Vorteils herangezogen würden. Diese Erwägung ist nicht zwingend. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS befreit lediglich von der Geltung der für Vollgeschosse vorgesehenen Mindesthöhen. Das Kriterium nach den oben genannten Bestimmungen der verschiedenen Landesbauordnungen, wonach die Mindesthöhe auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses oder der eigenen Grundfläche des Geschosses (vgl. § 2 Abs. 6 LBauO 1994) vorliegen muss, wird von § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht berührt. Somit gilt auch für Dachgeschosse älterer Gebäude, dass die seinerzeitigen Anforderungen an die Mindesthöhe von Vollgeschossen bzw. von nach der beitragsrechtlich relevanten Nutzung her nicht anders zu behandelnden "Geschossen" gleichermaßen wie für Dachgeschosse von Neubauten auf zwei Dritteln der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses vorliegen müssen. Ein Dachraum in einem unter Geltung der Deutschen Bauordnung (DBO) vom 2. Oktober 1958 errichteten Gebäude muss danach eine lichte Höhe von 2,20 m (vgl. §§ 93c, 366 Abs. 2 DBO) über mindestens zwei Drittel der Grundfläche des darunterliegenden Geschosses haben, um als Vollgeschoss i.S.v. § 4 Abs. 3 bis 5 TBS zu zählen.

66

§ 4 Abs. 5 Satz 2 TBS verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Bestimmung schon vor Inkrafttreten der Landesbauordnung errichtete Gebäude von der Geltung der dort geregelten Mindesthöhen ausnimmt, obwohl auch nach dem zuvor geltenden Gesetz über die Bauordnung dieselbe Mindesthöhe einzuhalten war (so aber VG Greifswald, 28.04.2010 - 3 A 1398/07 -, Urteilsabdruck, S. 5 zu einer vergleichbaren Satzungsregelung). Wie oben ausgeführt ist nach § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS für ältere Gebäude hinsichtlich der Mindesthöhe der Räume das seinerzeitige Recht anzuwenden, sodass für unter Geltung des Gesetzes über die Bauordnung errichtete Gebäude ebenfalls die nach den späteren Fassungen der Landesbauordnung vorgesehene Mindesthöhe (2,30 m) zugrundezulegen ist. § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS bleibt insoweit ohne rechtliche Bedeutung.

67

Wenn § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS danach im Einzelfall eines älteren Gebäudes nicht einfache Fragen nach den früheren rechtlichen Anforderungen an die Errichtung baulicher Anlagen in Bezug auf die Mindesthöhe von Geschossen aufwerfen kann und sich sein Regelungsgehalt erst aufgrund einer Auslegung der Norm vollständig erschließt, so kann darunter womöglich eine reibungslose Anwendung der Bestimmung im Einzelfall leiden. Eine Unwirksamkeit der Norm und damit womöglich der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung lässt sich daraus aber nicht ableiten. Im Übrigen weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass die Regelung in § 4 Abs. 5 Satz 2 TBS nicht auf sämtliche vor 1994 errichtete Gebäude Anwendung findet, sondern sich ihre Geltung auf solche Gebäude beschränkt, deren Geschosse niedriger als 2,30 m sind.

68

l. § 6 Abs. 1 TBS verstößt zwar gegen § 7 Abs. 2 KAG, soweit neben dem Eigentümer des Grundstückes der zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigte als Beitragsschuldner bezeichnet wird. Dieser Fehler führt jedoch nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung. § 6 Abs. 1 TBS lautet:

69

"Beitragsschuldner ist, wer im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes oder zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigter ist. Bei einem erbbaubelasteten Grundstück ist der Erbbauberechtigte an Stelle des Eigentümers Beitragsschuldner. Ist das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet, so ist der Inhaber dieses Rechtes anstelle des Pflichtigen nach Satz 1 oder Satz 2 beitragspflichtig."

70

Damit bestimmt § 6 Abs. 1 TBS auch den zur Nutzung des Grundstückes dinglich Berechtigten zum Beitragspflichtigen, obwohl nach § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG, von dem Sonderfall des Inhabers eines Gewerbebetriebes im Zusammenhang mit § 8 Abs. 7 KAG abgesehen, allein der Eigentümer des bevorteilten Grundstückes Beitragspflichtiger ist. Dieser wird nach § 7 Abs. 2 Satz 3 KAG nur im Falle eines erbbaubelasteten Grundstückes durch den Erbbauberechtigten als Beitragspflichtigen ersetzt und nach Satz 4 dieser Bestimmung im Falle der Belastung des Grundstückes mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 EGBGB durch den Inhaber dieses Rechts. Weitere dinglich Berechtigte scheiden nach den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes daher, anders als noch nach § 8 Abs. 10 KAG in der Fassung vom 1. Juni 1993, als Beitragspflichtige aus. § 6 Abs. 1 TBS geht unzulässigerweise darüber hinaus.

71

Dieser Fehler führt nicht zur Gesamtnichtigkeit der angegriffenen Trinkwasserbeitragssatzung. Zwar gehört die Bestimmung des Kreises der Abgabenschuldner zu dem in § 2 Abs. 1 KAG geregelten notwendigen Umfang einer Abgabensatzung. Hier ist aber § 6 Abs. 1 TBS trotz des angesprochenen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 KAG nur teilnichtig, denn die Norm bleibt auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll, insbesondere umfasst der Restbestand der Bestimmung den von § 2 Abs. 1 KAG erforderten Mindestinhalt, und es ist anzunehmen, dass der Antragsgegner § 6 Abs. 1 TBS auch ohne den nichtigen Teil (Bestimmung des dinglich Berechtigten als Beitragspflichtigen) erlassen hätte (vgl. zu diesen Voraussetzungen BVerwG, 27.01.1978 - VII C 44.76 -, DVBl. 1978, 536, 537; Sauthoff in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8 Rn. 1714; OVG Greifswald, 29.11.2001 - 1 M 66/01 -, NordÖR 2002, 81, 82; 02.06.2004, a.a.O.). Die letztgenannte Annahme wird auch nicht dadurch widerlegt, dass der Antragsgegner die fragliche Satzungsbestimmung im Laufe des Prozesses verteidigt hat. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass er § 6 Abs. 1 TBS mit einem dem Kommunalabgabengesetz entsprechenden Regelungsgehalt nicht erlassen hätte. Diese Annahme wäre nicht nur deshalb fernliegend, weil der Antragsgegner als Körperschaft des öffentlichen Rechts per se um den Erlass gesetzeskonformer Satzungen bemüht sein muss, sondern auch deshalb, weil es nach der in der mündlichen Verhandlung gegebenen Auskunft des Antragsgegners aus seiner Sicht im Verbandsgebiet Anwendungsfälle des "dinglich Berechtigten" neben den in § 6 Abs. 1 TBS erfassten Fallgruppen (Erbbauberechtigter, Inhaber des Rechts nach Art. 233 § 4 EGBGB) nicht geben soll. Daher ist dem Antragsgegner an dieser Stelle auch kein Regelungsbedürfnis zu unterstellen, das der Annahme widersprechen könnte, er hätte die Satzungsbestimmung auch ohne den zu beanstandenden Teil erlassen.

72

2. § 4 Abs. 2 d) TBS verstößt gegen höherrangiges Recht, soweit die hier geregelte Tiefenbegrenzungslinie bei grundsätzlich 50 m gezogen wird (a.). Dieser Verstoß führt zur Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregel und damit zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung (b.).

73

§ 4 Abs. 2 d) lautet:

74

Als Grundstücksfläche gilt:

… bei Grundstücken, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksseite und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallelen. Dieser Abstand wird bei Grundstücken, die mit der Straße nur durch eine Zuwegung verbunden sind, vom Ende der Zuwegung an gemessen...

75

a. Die Bestimmung regelt eine sogenannte qualifizierte Tiefenbegrenzung, denn sie gilt ausschließlich für Grundstücke, die im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) zum Außenbereich liegen, nicht jedoch (auch) für vollständig im Innenbereich liegende Grundstücke (sogenannte schlichte Tiefenbegrenzung). Eine Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht nach der Rechtsprechung des Senates grundsätzlich zulässig (vgl. OVG Greifswald, 15.03.1995 - 4 K 22/94 -, KStZ 1996, 114, 118; 13.11.2001 - 4 K 16/00 -, NVwZ-RR 2002, 687ff; 02.06.2004, a.a.O.). Daran hat sich mit Einführung von § 9 Abs. 5 KAG durch die Novellierung des Kommunalabgabengesetzes im Jahre 2005 nichts geändert. Ziel der Einführung dieser Bestimmung war es nicht, ein in der Rechtsprechung allgemein anerkanntes Rechtsinstitut auf nunmehr besonders geregelte Fälle einzuschränken. Vielmehr sollte dem Satzungsgeber zusätzlich die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, für bebaute Grundstücke im baurechtlichen Innenbereich mit einem überdurchschnittlich großen nicht bebauten Grundstücksteil aus abgabenpolitischen Gründen eine Flächenbegrenzung vorzusehen (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung, LT-Drs. 4/1307, S. 49/50; dazu Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 10).

76

Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus. Eine Tiefenbegrenzung findet gerade im Anschlussbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, dass im Rahmen der Beitragskalkulation die Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist. Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung besondere Bedeutung. Ohne Tiefenbegrenzung müsste gegebenenfalls eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanten Grundstücke trotz verbleibender Unsicherheiten in der Abgrenzung des Innenbereichs angestellt werden. Die Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität stehen im Spannungsfeld mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG). Danach sind die Beiträge nach Vorteilen zu bemessen. Die Vorteile bestehen nach § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG in der Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung, für die die Beiträge erhoben werden (vgl. dazu eingehend OVG Greifswald, 10.10.2007, a.a.O.). Da eine exakte Bemessung der Vorteile in der Praxis mit einem nicht akzeptablen Aufwand verbunden wäre, sind Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe anerkannt, insbesondere ist es zulässig, Vorteile nach einem - wie in § 4 Abs. 1 TBS geregelten - kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab zu bemessen (vgl. BVerwG, 26.07.1993 - 8 B 85/93 -, juris, Rn. 3). Nach diesem Maßstab ist die Größe der bevorteilten Fläche des Grundstückes ein wesentlicher Faktor zur Errechnung des auf das Grundstück entfallenden Beitrages. Je größer die Fläche des Grundstückes bzw. bei Grundstücken im Übergangsbereich vom Innen- zum Außenbereich der im Innenbereich liegende (bebaubare) Teil des Grundstückes ist, desto größer ist im Prinzip der zu leistende Beitrag. Dieser Zusammenhang ist bei der Normierung einer Tiefenbegrenzung zu beachten. Denn läge bei exakter Betrachtung des einzelnen Grundstückes die Grenze des baurechtlichen Innenbereiches (§ 34 Abs. 1 BauGB) vor (straßenseits) der Tiefenbegrenzungslinie, so würde der Eigentümer des Grundstückes - aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität grundsätzlich zulässigerweise - höher belastet als es ohne eine Tiefenbegrenzungsregelung der Fall wäre. Gleichermaßen würde derjenige Grundstückseigentümer, dessen Grundstück ohne die Vermutung der Tiefenbegrenzung erst jenseits der Tiefenlinie in den Außenbereich überginge, besser gestellt als ohne Geltung der Tiefenbegrenzungslinie.

77

Die Bestimmung einer Tiefenbegrenzungslinie hat sich daher zur Einhaltung des Vorteilsprinzips und zur Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) an Kriterien für eine möglichst realitätsnahe Abgrenzung der Innen- von den Außenbereichsflächen im Geltungsbereich der Tiefenbegrenzung auszurichten. Ein sachgerechter Anhaltspunkt dafür, dass eine bauliche Nutzung über eine bestimmte Tiefe hinaus in der Regel nicht stattfindet, stellt - wenn eine solche ermittelbar ist - die ortsübliche Tiefe der baulichen Nutzung dar (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 39). Der Senat hat daher in seiner bisherigen Rechtsprechung durchweg darauf abgestellt, ob sich die gewählte Tiefenlinie als ortsangemessen darstellt bzw. den örtlichen Verhältnissen entspricht (15.11.2000, - 4 K 8/99 -, a.a.O.; 13.11.2001, - 4 K 16/00 -, a.a.O.; 02.06.2004, - 4 K 38/02 -, a.a.O.; vgl. auch OVG Greifswald, 29.11.2001, - 1 M 66/01 -,a.a.O.). Dies stimmt mit den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts im Erschließungsbeitragsrecht an die satzungsrechtliche Tiefenbegrenzung überein. Danach muss die gewählte Tiefenbegrenzung die typischen örtlichen Verhältnisse tatsächlich widerspiegeln und sich an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren (BVerwG, 01.09.2004 - 9 C 15/03 -, BVerwGE 121, 365, 369). Für die Festsetzung der an diesen Verhältnissen zu orientierenden Tiefenbegrenzung steht dem Ortsgesetzgeber ein normgeberisches Ermessen zu (BVerwG, 30.07.1976 - IV C 65.74 -, DÖV 1977, 247; OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 17, Rn. 43). Um dieses Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können, muss er vor Beschlussfassung über die Satzung und Festlegung der Tiefenbegrenzung die örtlichen Verhältnisse sorgfältig und willkürfrei in allen Bereichen des Verbandsgebietes ermitteln (OVG Greifswald, 15.03.1995, a.a.O.; 15.11.2000, a.a.O.; 13.11.2001, a.a.O.; 20.11.2003, a.a.O.; 27.08.2008 - 1 L 155/06 -, n.v.). Die Ergebnisse dieser Ermittlung sollen als Nachweis für die Kalkulation dokumentiert werden (vgl. Erläuterungen zu den Gemeinsamen Satzungsmustern des Städte- und Gemeindetages M-V e.V. und des Innenministeriums M-V über Beiträge und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung und die zentrale Niederschlagswasserbeseitigung, Anm. 10, abgedruckt bei Aussprung, a.a.O., KAG-Anhang 7.3). Das Normenkontrollgericht hat die Ermessensausübung durch den Satzungsgeber nur auf deren Übereinstimmung mit den gesetzlichen Erfordernissen zu überprüfen, darf jedoch keine eigene Entscheidung an die Stelle der zu überprüfenden Ermessensentscheidung setzen (OVG Weimar, 18.12.2000, a.a.O.).

78

Hier hat der Antragsgegner die Anforderungen an eine solche sorgfältige Ermittlung der örtlichen Verhältnisse im Verbandsgebiet grundsätzlich erfüllt. Der Senat hält insbesondere die von dem Antragsgegner angestellte Ermittlung der örtlichen Verhältnisse begrenzt auf repräsentativ ausgewählten Ortslagen für zulässig. Müsste der Ortsgesetzgeber die tatsächlichen Bebauungstiefen in allen Ortslagen des Verbandsgebietes untersuchen, verlöre die Tiefenbegrenzung als Instrument zur Verwaltungsvereinfachung ihre Berechtigung, denn dann würden die Grundstücksdaten, die aufgrund der Tiefenbegrenzungsregel nicht sollen erhoben werden müssen, schon für die Bildung der Regel benötigt (vgl. Bloemenkamp in: Driehaus, KAG, Stand: März 2010, § 8, Rn. 1464). Auf welche Weise der Satzungsgeber die ortsüblichen Verhältnisse zu ermitteln hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Auch dies liegt in seinem Ermessen. Dass er dabei von zutreffenden tatsächlichen Umständen wie etwa der richtigen Anzahl der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Ortslagen auszugehen hat, bedarf keiner näheren Ausführungen.

79

Der Antragsgegner hat sodann jedoch die Tiefenbegrenzung nicht nach diesen Ermittlungen bestimmt, sondern die gewonnenen Ergebnisse mit im vorliegenden Zusammenhang rechtlich nicht zutreffenden Erfordernissen des auch im Abgabenrecht geltenden Grundsatzes der Typengerechtigkeit kombiniert. Damit hat er sich von seinen Daten über die ortsübliche Bebauungstiefe der vom Innen- in den Außenbereich übergehenden Grundstücke aufgrund eines hier nicht maßgeblichen Kriteriums entfernt und insoweit die Tiefenbegrenzungslinie nicht nach dem Maßstab von § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG, Art. 3 Abs. 1 GG rechtsfehlerfrei festgesetzt.

80

Der Grundsatz der Typengerechtigkeit dient der Erhaltung der dem Normgeber im Abgabenrecht in Bezug auf das Gleichbehandlungsgebot eingeräumten Gestaltungsfreiheit. Danach ist es ihm gestattet, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Dabei stellt das Auftreten solcher abweichenden Einzelfälle die Entscheidung des Normgebers nicht in Frage, solange nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit bewahrt damit die im Interesse der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität getroffene Entscheidung des Normgebers für einen bestimmten "Regelungstypus" davor, durch das Auftreten von Einzelfällen, die der Regelung unterfallen, dem Typus aber widersprechen, in Frage gestellt zu werden (BVerwG, 30.04.2009 - 9 B 60/08 -, Buchholz 401.9, Nr. 57; 01.08.1986 - 8 C 112/84 -, NVwZ 1987, 231, 232; 19.09.1983 - 8 N 1/83 -, BVerwGE 68, 36, 41; vgl. zum Grundsatz der Typengerechtigkeit, Schoch, Der Gleichheitssatz, DVBl. 1988, 863, 879).

81

Der Antragsgegner hat nach dem Inhalt seiner der Beschlussvorlage Nr. 09-1/2007 beigefügten Dokumentation der Ermessenserwägungen zur Ermittlung der Tiefenbegrenzung und der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten, der Dokumentation seinerzeit ebenfalls beigefügten Excel-Tabelle festgestellt, dass 77% der in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke im Übergangsbereich vom Innen- in den Außenbereich kleiner oder gleich 40 Meter tief und 84% der Grundstücke kleiner oder gleich 45 Meter tief bebaut sind. Den weiteren Angaben ist zu entnehmen, dass danach nicht nur 7% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke eine Bebauungstiefe von 40 bis 45 Metern aufwiesen, sondern auch nur 9 % eine Tiefe von 45 bis 50 Metern und 7% eine über 50 Meter hinausreichende Bebauungstiefe. Die Tiefenbegrenzungslinie hat er daraufhin in einem Abstand von 50 Meter gezogen, da dies – wie er meinte - nur dann willkürfrei geschehen könne, wenn die ermittelten örtlichen Verhältnisse belegten, dass die Grundstücke im unbeplanten Übergangsbereich mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzungslinie die Ausnahme, d.h. weniger als 10% der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Grundstücke, darstellten. Nur dann stehe die Ungleichbehandlung in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Typisierung. Betrage die Anzahl der übertiefen Grundstücke mehr als 10%, so lasse sich die Einführung einer Tiefenbegrenzung nicht mehr auf den Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität stützen.

82

Diese Auffassung führt zu unzutreffenden Ergebnissen. Die Anwendung der Regel auf die Festlegung der Tiefenbegrenzungslinie, wonach nicht mehr als 10% der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen dürfen, bedingt bereits eine vorteils- und gleichheitswidrige Tiefenbegrenzungsregelung, wenn der Satzungsgeber allein die Grundstücke mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzung im Blick hat. Eine solche Vorgehensweise übersieht, dass nicht nur die bei exakter Einzelfallbetrachtung der örtlichen Grundstücksverhältnisse jenseits der Linie noch Baulandqualität aufweisenden Grundstücke "dem Typ" widersprechen. Auf die Grundstücke, deren Baulandeigenschaft bei genauer Betrachtung schon diesseits der Linie endet, trifft dies ebenso zu. Je weiter der Ortsgesetzgeber die Tiefenlinie in Richtung des Außenbereiches verlegt, desto geringer wird zwar die Anzahl der Grundstücke mit tieferer Bebaubarkeit, umso größer aber die Anzahl derer, deren Bebaubarkeit eigentlich schon eher (diesseits der Linie) endet. Auch diese Fälle widersprechen im Sinne des Grundsatzes der Typengerechtigkeit dem generalisierend normierten Regelfall. Die Zahl der von der Regel abweichenden Fälle kann durch ein Verschieben der Linie weg von den tatsächlich ermittelten Bebauungstiefeergebnissen daher nicht verringert werden. Geschieht dies - wie im vorliegenden Fall - dennoch, so geht dies zu Lasten der Eigentümer von Grundstücken mit geringerer Bebauungstiefe. Das im Übergangsbereich gelegene Grundstück, das bei exakter Betrachtung beispielsweise nur bis zur Tiefe von 35 Metern Baulandqualität hat, würde bei einer entsprechend einer ortsüblichen Bebauungstiefe im Verbandsgebiet von (angenommen) 40 Metern verlaufenden Tiefenbegrenzung - zulässigerweise pauschalierend - so behandelt, als wenn es fünf Meter tiefer Baulandqualität hätte. Bei einem Hinausschieben der Tiefenlinie auf 50 Meter verdreifachte sich aber bereits die beitragspflichtige Fläche, die bei genauer Grundstücksbetrachtung ohne Tiefenbegrenzungsregelung für die Bemessung des Beitrages überhaupt nicht angerechnet würde. Weicht der Satzungsgeber von dem aus Verwaltungsvereinfachungsgründen zulässigen Kriterium der ortsüblichen bzw. typischen Bebauungstiefe ab und gelangt so zu einem abweichenden Verlauf der Tiefenlinie, so entfernt er sich damit ohne vertretbaren Grund von dem wegen des Vorteilsprinzips (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KAG) und aus Gründen der Gleichbehandlung bestehenden Erfordernis einer realitätsnahen Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen.

83

Die Anwendung der als Begrenzung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit aufgestellten Quantifizierungsregel von höchstens 10% zulässiger Ausnahmefälle auf die Ermittlung der Tiefenbegrenzung erscheint aber auch grundsätzlich als unzutreffend. Die erforderliche Orientierung der Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung (BVerwG, 01.09.2004, a.a.O.) enthält bereits den entscheidenden Zulässigkeitsmaßstab der Pauschalierung und schließt die Anwendung der "10%-Regel" aus. Der Maßstab der ortsüblichen bzw. -angemessenen Bebauungstiefe greift weiter als das mit 90% und 10% quantifizierte Regel-Ausnahmeverhältnis. Ortsüblich ist die Bebauungstiefe, die im zu betrachtenden Gebiet üblich i.S.v. normal, geläufig, verbreitet oder in der Mehrzahl der ermittelten Fälle anzutreffen ist (vgl. Bloemenkamp, a.a.O., Rn. 1464). Dafür ist nicht erforderlich, dass sie in mindestens 90% der Fälle auftritt. Dies würde wegen der unterschiedlichen Verteilung der die einzelnen Grundstücke betreffenden Bebauungstiefen wohl auch zumeist zur Unanwendbarkeit der Tiefenbegrenzung führen. Denn schon sobald sich die Streubreite der tatsächlich anzutreffenden Bebauungstiefen ausgehend von der festgesetzten Tiefenbegrenzungslinie um mehr als 5% nach oben und unten erstreckte, wäre die Höchstgrenze von 10% überschritten. Es ist - wie zuvor ausgeführt - anerkannt, dass sich die Tiefenbegrenzung an der ortsüblichen baulichen Nutzung orientieren muss. Die Begriffe "ortsüblich" und "orientieren" bringen mit der ihnen inbegriffenen Unschärfe zum Ausdruck, dass es nicht um die Ermittlung einer exakt zu berechnenden Größe geht, von der nur zu bestimmten Prozentanteilen abgewichen werden darf. Das Erfordernis der Üblichkeit einer Bebauungstiefe setzt vielmehr schon voraus, dass es daneben eine nicht nur geringe Anzahl von Grundstücken mit im Gebiet nicht üblichen Bebauungstiefen geben muss, die nicht dem mit normal, geläufig oder verbreitet zu bezeichnenden Maß entsprechen muss. Aus all dem folgt, dass für die Annahme der Ortsüblichkeit ausreichend eine zahlenmäßig hinreichend große Gruppe von Grundstücken ist, die in etwa die gleichen Bebauungstiefen aufweisen, so dass von einer üblichen Tiefe gesprochen werden kann (vgl. dazu Bloemenkamp, a.a.O.). Der Senat hätte keine Bedenken, dies in dem vorliegenden Fall etwa für die Gruppe der bis zu 40 m tief bebauten Grundstücke anzunehmen, für die der Antragsgegner den Wert von immerhin 77% aller in die Betrachtung einbezogenen Grundstücke bei einer durchschnittlichen Bebauungstiefe aller Grundstücke von 34,85 m ermittelt hat.

84

Die bisherige Rechtsprechung des mit dem Abgabenrecht befassten 1. Senates steht dazu nicht im Widerspruch. Soweit er sich bislang zu Fragen der Tiefenbegrenzung in Verbindung mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit geäußert hat (04.12.2007 - 1 M 27/07 -, n.v.), ist das allein in dem Zusammenhang geschehen, dass eine im erstinstanzlichen Verfahren von dem Verwaltungsgericht festgestellte Kollision der festgesetzten Tiefenbegrenzung mit der "10%-Regel" nach Überarbeitung der Kalkulation durch den Zweckverband im Beschwerdeverfahren nicht mehr festgestellt werden konnte. Eine Aussage über die Anwendbarkeit dieser Quantifizierung im Zusammenhang mit der Tiefenbegrenzung ist damit entgegen anderslautender Einschätzung in der Kommentarliteratur (vgl. Aussprung, a.a.O., § 9, Anm. 4.3) nicht verbunden gewesen.

85

Der Senat hat dennoch erwogen, die vorliegend festgelegte Tiefenbegrenzungslinie von 50 Metern für ermessensgerecht zu erachten, weil bei Abgrenzung des Innen- vom Außenbereich zu berücksichtigen sein mag, dass der Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht unbedingt mit der Außenwand der letzten Baulichkeit enden muss, sondern je nach den örtlichen Gegebenheiten etwa noch einen Hausgarten einschließen kann (bauakzessorische Nutzung) und auch topographische Verhältnisse dabei eine prägende Rolle spielen können (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, § 34, Rn. 25f; Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 7. Aufl., § 34, Rn. 14). Der Senat sieht sich jedoch gehindert, die hier getroffene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung von 50 Metern aufgrund dieser Überlegungen für fehlerfrei zu halten. Der Antragsgegner hat ausweislich seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen diesen Gesichtspunkt bei der Festlegung der Tiefengrenze selbst nicht mit einbezogen, sondern allein die hintere Begrenzung des letzten nach seiner Einschätzung für einen Bebauungszusammenhang nach § 34 Abs. 1 BauGB relevanten Gebäudes ausschlaggebend sein lassen. Allein danach und nach der Eingruppierung in derart definierte Tiefengruppen („Grenzwerte“ von 40,45 und 50 Metern) hat er die ortsübliche Bebauungstiefe ermittelt. Der Senat müsste damit an die Stelle der ortsgesetzgeberischen Ermessensentscheidung des Antragsgegners eine eigene Entscheidung über die Tiefenbegrenzung setzen; dies ist ihm jedoch verwehrt. Außerdem erforderte eine Berücksichtigung dieser Umstände womöglich eine weitere Ermittlung der örtlichen Verhältnisse, weil das Ziehen der Grenze zwischen dem im Zusammenhang bebauten Ortsteil und dem Außenbereich grundsätzlich eine Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhaltes erfordert (BVerwG, 06.11.1968 – IV C 2.66 -, BVerwGE 31, 20, 21).

86

b. Der danach festzustellende Verstoß von § 4 Abs. 2 d) TBS gegen den Vorteilsgrundsatz (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG) und das Gleichbehandlungsprinzip führt zur Unwirksamkeit der gesamten Trinkwasserbeitragssatzung.

87

Die Normierung einer Tiefenbegrenzung ist im Anschlussbeitragsrecht zwar nicht vorgeschrieben. Ihre Anordnung steht vielmehr im Ermessen des Ortsgesetzgebers. Fehlt sie, sind in jedem Einzelfall die örtlichen Grundstücksverhältnisse zu betrachten und der Kalkulation des Beitragssatzes sowie der Heranziehung des einzelnen Grundstückseigentümers zugrundezulegen. Dies kann dazu führen, dass eine Kanalbaubeitragssatzung trotz festgestellter Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzung fortbesteht.

88

Hier ist eine Fortgeltung der Trinkwasserbeitragssatzung trotz Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregelung nach § 4 Abs. 2 d) TBS jedoch ausgeschlossen. Die Ungültigkeit eines Teils einer Satzungsbestimmung schlägt nur dann nicht auf die gesamte Regelung mit der Folge der Gesamtnichtigkeit durch, wenn die Restbestimmungen auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleiben und mit Sicherheit anzunehmen ist, daß sie auch ohne diesen erlassen worden wären (BVerwG, 27.01.1978, a.a.O.). Vorliegend sind beide Voraussetzungen nicht gegeben.

89

§ 4 Abs. 2 d) TBS könnte ohne die Regelung über die Tiefenbegrenzung nicht fortbestehen, weil dann bei Grundstücken im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich zum Außenbereich als Grundstücksfläche die Gesamtfläche des Grundstücks zählen würde. Dies wäre vorteilswidrig, weil dann auch die einer Bebauung entzogene Außenbereichsfläche mitgerechnet würde. Betrachtete man deshalb die gesamte Regelung unter § 4 Abs. 2 d) TBS als nichtig, so fehlte dem Beitragsmaßstab eine Regelung über die anrechenbare Grundstücksfläche von solchen Übergangsgrundstücken. Da im Verbandsgebiet zahlreiche Grundstücke dieser Art existieren, wäre die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG unabdingbare Bestimmung des Beitragsmaßstabes wegen des im Anschlussbeitragsrecht geltenden Grundsatzes der konkreten Vollständigkeit (vgl. OVG Greifswald, 30.06.2004, a.a.O., juris, Rn. 91) zu beanstanden. Darüber hinaus würde sich die Unwirksamkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS auf den Bestand weiterer Satzungsbestimmungen auswirken [(§ 4 Abs. 2 e) und f)], die auf diese Bestimmung Bezug nehmen.

90

Eine isolierte Nichtigkeit der Tiefenbegrenzungsregelung bei Fortbestand der weiteren Satzungsbestimmungen scheidet auch deshalb aus, weil sie nicht dem Willen des Satzungsgebers entspräche. Nach seiner Dokumentation der Ermessenserwägungen waren Vorstand und Verbandsvorsteher zu dem Ergebnis gekommen, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und Verwaltungspraktikabilität eine Vermutungsregel in Form einer Tiefenbegrenzung aufgestellt und keine konkreten Einzelabgrenzungen von Innen- und Außenbereichsflächen vorgenommen werden sollten. Denn eine ohne Tiefenbegrenzungsregel erforderliche einzelfallbezogene Abgrenzung von Innenbereichs- und Außenbereichsflächen wäre sehr zeit- und kostenaufwändig.

91

Danach würde dem Antragsgegner bei Annahme der alleinigen Nichtigkeit von § 4 Abs. 2 d) TBS eine Beitragssatzung aufgenötigt, die dieser ausdrücklich so nicht erlassen wollte. Somit musste der Senat die gesamte Trinkwasserbeitragssatzung des Antragsgegners für unwirksam erklären.

92

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

93

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Flurstück … (2.260 m²), … (1.679 m²) und … (110 m²), jeweils Flur 1, Gemarkung A-Stadt. Bei dem Grundstück Flurstück … handelt es sich um ein Wegegrundstück, das nördlich an die S.straße angrenzt. Die Grundstücke Flurstücke … und … grenzen östlich an das Grundstück Flurstück … an. Das Grundstück Flurstück … ist ebenfalls unbebaut. Auf dem Grundstück Flurstück … befindet sich der Mittelteil eines Wohnhauses, das sich auch auf die Flurstücke … und … erstreckt. Bei der S.straße handelt es sich um eine Gemeindestraße, die von der Einmündung in die Dorfstraße auf einer Länge von 870 m in südöstliche Richtung führt und an der Einmündung in die G.Straße endet.

3

Im Jahre 1994 ließ die Gemeinde A-Stadt die S.straße ausbauen. Am 06.10.1993 hatte die Gemeindevertretung dazu folgenden Beschluss gefasst: „Die Gemeindevertretung A-Stadt stimmt den Planunterlage A-Stadt zu. Die Finanzierung des Eigenanteils ist durch Haushaltsmittel oder Kreditaufnahme im Haushaltsplan 1994 zu sichern. Gesamtkosten der Baumaßnahme lt. Kostenschätzung 1.506.231,75 DM.“

4

Die S.straße erhielt ab der Einmündung in die Dorfstraße auf einer Länge von 125 m eine Fahrbahn (Asphalt) in einer Breite von 5,50 m sowie einen beiderseitigen Gehweg (Betonsteinpflaster). Im weiteren Verlauf erhielt sie einen Fahrbahn in einer Breite von 4,00 m und einen einseitigen, überfahrbaren Gehweg. Des Weiteren wurden straßenbegleitende Pkw-Stellplätze, eine Straßenbeleuchtung sowie eine Straßenentwässerung angelegt.

5

Die Unternehmerrechnungen für die Baumaßnahme sind im Wesentlichen im Jahre 1994 bei Beklagten eingegangen. Mit Bescheid vom 07.11.2002 setzte das Vermessungsbüro K. für die im Jahre 1999 in Auftrag gegebene Vermessung der Flurstücke … Gebühren i.H.v. 11.836,70 fest. Mit Bescheid vom 16.06.2003 - beim Beklagten eingegangen am 19.06.2003 - setzte der Landkreis Rügen - Kataster- und Vermessungsamt - Gebühren für die Fortführung des Liegenschaftskatasters (Vermessung langgestreckter Anlagen) i.H.v. 410,00 EUR fest.

6

Für das Vorhaben sind Fördermittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ausgereicht worden. Das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung liegt seit dem 12.12.1998 vor.

7

In der Sitzung der Gemeindevertretung der Gemeinde A-Stadt vom 01.11.2000 war die Frage des Zeitpunkts der Beitragserhebung für die Baumaßnahme in der S.straße Gegenstand von Anfragen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls wurde dargestellt, dass dafür ein langer Zeitraum bestehe und dass die Beitragserhebung spätestens nach der Neuvermessung der Straße erfolgen müsse. In der Sitzung vom 27.02.2002 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss über die Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung). Die rückwirkend zum 01.01.1998 in Kraft getretene Satzung wurde am 11.03.2002 von der Landrätin des Landkreises Rügen als Untere Rechtsaufsichtsbehörde genehmigt, am 04.04.2002 vom Bürgermeister der Gemeinde A-Stadt ausgefertigt und in der Zeit vom 08.04.2002 bis 25.04.2002 durch Aushang bekannt gemacht.

8

In der Sitzung vom 06.11.2002 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss, „auf die Beitragserhebung der Anlage ‚S.straße’ zu verzichten“. Unter dem 20.11.2002 legte der Bürgermeister der Gemeinde A-Stadt unter Hinweis auf die gesetzliche Beitragserhebungspflicht Widerspruch gegen den Beschluss vom 06.11.2002 ein. In der Sitzung vom 29.01.2003 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss, „dem Widerspruch des Bürgermeisters (…) vom 20.11.2002 stattzugeben“. In der Sitzung am 29.10.2003 lehnte die Gemeindevertretung die Beschlussvorlage „keinen Beitragsverzicht in der S.straße vorzunehmen“ ab. In der Sitzung vom 24.06.2003 fasste die Gemeindevertretung den Beschluss einer 1. Änderungssatzung. Danach sollte in § 3 Abs. 2 der Straßenausbaubeitragssatzung u.a. die Wendung gestrichen werden, wonach zum beitragsfähigen Aufwand die Kosten für den Erwerb der erforderlichen Grundflächen einschließlich der der beitragsfähigen Maßnahme zuzuordnenden Ausgleichs- und Ersatzflächen einschließlich der Nebenkosten gehören. Die Bestimmung über die Erhebung von Vorausleistungen wurden aufgehoben. Eine Ausfertigung der 1. Änderungssatzung ist ebenso wenig erfolgt, wie ihre öffentliche Bekanntmachung. Gleiches gilt für die am 09.09.2003 von der Gemeindevertretung beschlossene 2. Änderungssatzung, wonach die Ausbaubeitragssatzung aufgehoben werden sollte, und für die am 16.12.2003 beschlossene Neufassung der Straßenausbaubeitragssatzung.

9

Mit Bescheiden vom 23.11.2007 zog der Beklagte den Kläger für die genannten Grundstücke zu Straßenausbaubeiträgen in Höhe von 192,44 EUR, 142,98 EUR bzw. 234,17 EUR (zusammen 569,59 EUR) heran. Für die Beitragsberechnung wurde die S.straße als Innerortsstraße eingestuft. Die Fläche des Grundstücks Flurstück … wurde mit dem Faktor 1 multipliziert, die Flächen der beiden übrigen Grundstücke mit dem für Außenbereichsflächen geltenden Faktor 0,04. Den Widerspruch des Klägers vom 14.01.2008 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 04.02.2009 als zulässig aber unbegründet zurück.

10

Am 23.02.2009 hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben. Er ist der Auffassung, seine Heranziehung sei rechtswidrig. Die Bescheide seien unverständlich, da sie auf eine „Anlage D“ Bezug nähmen, die ihnen jedoch nicht beigefügt sei. Damit könne die Beitragsfestsetzung nicht nachvollzogen werden. Zudem seien die Grundstücke des Klägers nicht bevorteilt. Bei den Grundstücken Flurstücke … und … handele es sich um Hinterliegergrundstücke, denen die räumliche enge Beziehung zur S.straße fehle. Das Grundstück Flurstücke … sei der Weg zum Feuerlöschteich. Eine selbstständige Nutzung dieses Grundstücks sei ausgeschlossen.

11

Ungeachtet dessen seien die Beitragsansprüche infolge Festsetzungsverjährung erloschen. Die sachliche Beitragspflicht sei mit dem Inkrafttreten der Straßenausbaubeitragssatzung entstanden. Damit sei die Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.2002 abgelaufen. Die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht sei nicht dadurch hinausgezögert worden, dass der Grunderwerb an einzelnen Straßenflächen erst später durchgeführt worden sei, denn der Grunderwerb sei nicht erforderlich gewesen. Das Bauprogramm habe vorgesehen, dass die Baumaßnahme im Wesentlichen auf der alten Trassenführung erfolge. Zudem hätten die betroffenen Anwohner einer Inbesitznahme von Straßenflächen, die sich in ihrem Eigentum befunden hätten, schriftlich zugestimmt. Auch die Vermessungskosten seien beitragsrechtlich irrelevant. Die Vermessung sei erst nach Abschluss der Baumaßnahme in Auftrag gegeben worden. Sie sei aufgrund eines Bodenordnungsverfahrens notwendig geworden. Gehe man von einer Berücksichtigung der Kosten der Vermessung aus, sei gleichwohl Festsetzungsverjährung eingetreten, da die Festsetzungsfrist in diesem Fall mit Ablauf des 31.12.2006 abgelaufen wäre. Eine Verjährung liege nur dann nicht vor, wenn die Festsetzung der Katastergebühren zu berücksichtigen wäre. Dies sei nicht der Fall, da - wie bereits dargelegt - die Vermessungskosten nicht beitragsfähig seien. Im Übrigen stünden die Katastergebühren nicht erst mit dem Erlass des entsprechenden Gebührenbescheides fest. Maßgebend sei die im Jahre 1999 erfolgte Durchführung der Maßnahme. Hinsichtlich der Gebührenhöhe sei die Katastergebührenordnung maßgeblich. Ein Ermessen hinsichtlich der Gebührenhöhe bestehe nicht.

12

Zudem habe die Gemeinde ihr Recht zu Beitragserhebung verwirkt. Das Zeitmoment der Verwirkung liege vor. Die Baumaßnahme sei im Jahre 1994 beendet gewesen. Seit November 1994 hätten alle Unternehmerrechnungen vorgelegen. Dennoch seien die streitgegenständlichen Beitragsbescheide erst im Dezember 2007 erlassen worden. Auch das Umstandsmoment sei gegeben. Der Kläger genieße ein schutzwürdiges Vertrauen, nicht zu Straßenausbaubeiträgen für die S.straße herangezogen zu werden. Dieses Vertrauen sei durch die vielfältigen Beschlüsse der Gemeindevertretung, eine Beitragserhebung nicht durchzuführen, begründet worden.

13

Der Kläger beantragt,

14

die Bescheide des Beklagten vom 23.11.2007 in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 04.02.2009 aufzuheben.

15

Der Beklagte verteidigt die angegriffenen Bescheide und beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Mit Beschluss vom 11.11.2011 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

19

Der Rechtsstreit kann ohne mündlichen Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 26.03.2009 bzw. 28.05.2009 ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

II.

20

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

21

1. Sie finden ihre gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Ausbaubeitragssatzung - ABS) vom 04.04.2002.

22

a. Zwar ist die Regelung des § 2 Satz 3 ABS unwirksam mit der Folge, dass die Ausbaubeitragssatzung den Kreis der Abgabenschuldner nicht mehr vollständig angibt und damit nicht mehr den Mindestinhalt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) aufweist. Als Folge davon ist die Ausbaubeitragssatzung gegenwärtig insgesamt unwirksam. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: § 2 Satz 3 ABS bestimmt im Einklang mit § 8 Abs. 10 Satz 3 KAG 1993, dass auch der Eigentümer eines Gebäudes beitragspflichtig ist, wenn das Eigentum an einem Grundstück und an einem Gebäude infolge der Regelung des § 286 Zivilgesetzbuch vom 19. Juni 1975 (GBl. DDR I, S. 465) getrennt ist. Diese Bestimmung ist seit dem Inkrafttreten der KAG-Novelle 2005 am 31.03.2005 so nicht mehr zulässig, denn nunmehr bestimmt § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V, dass, wenn das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet ist, der Inhaber dieses Rechtesanstelle des Eigentümers beitragspflichtig ist. Der Beklagte kann daher den Grundeigentümer nicht mehr neben dem Gebäudeeigentümer heranziehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V. Danach bleiben Satzungen, die aufgrund des Kommunalabgabengesetzes vom 1. Juni 1993 (GVOBl. M-V S. 522, 916), geändert durch Artikel 27 des Gesetzes vom 22. November 2001 (GVOBl. M-V S. 438) gültig erlassen worden sind, weiterhin in Kraft. Allerdings sind sie gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V bis zum 1. Januar 2007 dem geänderten Recht anzupassen. Anderenfalls werden die mit dem Kommunalabgabengesetz nicht mehr zu vereinbarenden satzungsrechtlichen Bestimmungen unwirksam. Die Bestimmung des § 2 Satz 3 ABS ist mit Ablauf der Anpassungsfrist unwirksam geworden, denn eine Anpassung ist nicht erfolgt.

23

Eine geltungserhaltende Auslegung der Regelung des § 2 Satz 3 SBS ist nicht möglich. Hierfür lässt die Bestimmung keinen Raum. Insbesondere räumt sie dem Beklagten bei der Heranziehung des Beitragspflichtigen kein Ermessen ein, denn sie bestimmt, dass "... auch der Eigentümer eines Gebäudes“ … beitragspflichtig ist. Folglich schuldet der Gebäudeeigentümer im Falle der Trennung von Grundstücks- und Gebäudeeigentum den Beitrag neben dem Grundstückseigentümer. Beide haften in diesen Fällen als Gesamtschuldner.

24

b. Dieser Fehler berührt die Beitragserhebung in Ansehung der S.straße jedoch nicht. Denn die Versäumung der Anpassungsfrist des § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V führt dazu, dass die Unwirksamkeit der Satzung lediglich mit Wirkung für die Zukunft (ex-nunc) eintritt. Die Annahme einer Rückbewirkung der Nichtigkeitsfolge auf den Zeitpunkt des Satzungserlasses (ex-tunc) scheidet aus. Mit der Anpassungsfrist wird die Gültigkeitsdauer des an sich gegen die Maßgaben der KAG-Novelle 2005 verstoßenden Satzungsrechts verlängert. Daher ist die Annahme fern liegend, dass bei einer Versäumung der Anpassungsfrist die Unwirksamkeit der betreffenden Satzung rückwirkend eintritt. Folglich bleibt die Satzung auch bei einer Versäumung der Anpassungsfrist taugliche Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung, wenn die sachliche Beitragspflicht vor dem Ablauf der Anpassungsfrist entstanden ist. Dies trifft vorliegend zu, denn die sachliche Beitragspflicht ist - wie noch zu zeigen sein wird - mit dem Eingang des Gebührenbescheides des Landkreises Rügen - Kataster- und Vermessungsamt - vom 16.06.2003 beim Beklagten am 19.06.2003 und damit noch unter Geltung des KAG 1993 entstanden.

25

Die Frage, ob die Unwirksamkeit des § 2 Satz 3 ABS auch nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit unbeachtlich ist, weil im Abrechnungsgebiet der S.straße Fälle isolierten Gebäudeeigentums nicht auftreten (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 15.03.2010 - 3 A 2032/08, S. 5 ff. des Entscheidungsumdrucks), kann daher auf sich beruhen.

26

c. Andere zur Nichtigkeit der Satzung führende Fehler sind ebenfalls nicht erkennbar. Zwar verstößt die Bestimmung des § 5 Abs. 6 ABS (Eckgrundstücksvergünstigung) gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit (Art. 3 GG). Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete bzw. Mischgebiete i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 2 bis 6 und 10 BauNVO erfassen soll. Denn anders als in § 5 Abs. 5 ABS werden die tatsächlich bestehenden Gebietstypen (§ 34 Abs. 2 BauGB) nicht neben den in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietstypen erwähnt. Daraus folgt, dass diese Fallgruppe im Rahmen des § 5 Abs. 6 ABS keine Berücksichtigung finden soll. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich (st. Rspr., vgl. VG Greifswald, Urt. v. 07.09.2005 - 3 A 620/03; Urt. v. 03.03.2010 - 3 A 1281/07).

27

Die somit eintretende Nichtigkeitsfolge beschränkt sich allerdings auf die Bestimmung des § 5 Abs. 6 ABS (Teilnichtigkeit, vgl. § 139 BGB), denn Vergünstigungsregeln für mehrfach erschlossene Grundstücke gehören weder zum notwendigen Mindestinhalt einer Straßenbaubeitragssatzung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V) noch zwingt das Vorteilsprinzip zu ihrer Normierung. Auch der verfassungsrechtliche Grundsatz der Abgabengerechtigkeit gebietet es nicht, wegen der Nichtigkeit der Eckgrundstücksregelung die Nichtigkeit der Ausbaubeitragssatzung insgesamt anzunehmen. Denn die Regelung der Eckgrundstücksvergünstigung wirkt sich erst bei der Heranziehung der Beitragspflichtigen aus, da der sich nach § 5 - d.h. unter Anwendung der Maßstabsregelung - ergebende Beitrag nur zu zwei Dritteln erhoben wird. Den Ausfall trägt damit allein die Gemeinde A-Stadt. Im Rahmen der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes hat die Regelung nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut dagegen keine Bedeutung. Damit ist eine ungerechtfertigte Mehrbelastung der übrigen Beitragspflichtigen ausgeschlossen.

28

d. Die von der Gemeindevertretung A-Stadt beschlossene 1. und 2. Änderungssatzung wurden ebensowenig öffentlich bekannt gemacht wie die am 16.12.2003 beschlossene Neufassung der Straßenausbaubeitragssatzung. Sie konnten damit nicht wirksam werden. Die Frage ihrer Rechtmäßigkeit kann daher auf sich beruhen.

29

2. Die Rechtsanwendung durch den Beklagten begegnet keinen Bedenken.

30

a. Die angegriffenen Bescheide sind formell rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Klägers sind sie inhaltlich hinreichend bestimmt, weil sie die festgesetzte Abgabe nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Abgabe schuldet, § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. §§ 119 Abs. 1, 157 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung (AO). Zwar trifft es zu, dass die Bescheide auf eine „Anlage D“ Bezug nehmen, die ihnen jedoch nicht beigefügt ist. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Frage der inhaltlichen Bestimmtheit, sondern um eine Frage der ausreichenden Begründung der Bescheide. Bloße Begründungsmängel können jedoch nach § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 127 AO schon deshalb nicht zur Aufhebung der Bescheide führen, weil die Beitragserhebung - wie noch zu zeigen sein wird - rechtmäßig ist, so dass keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.

31

b. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist zunächst die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes nicht zu beanstanden. Dass es sich bei der abgerechneten Maßnahme um eine beitragsfähige Herstellung bzw. Verbesserung i.S.d. § 1 Satz 1 ABS handelt, wird vom Kläger nicht bezweifelt. Von weiteren Darlegungen wird daher abgesehen.

32

Entgegen seiner Auffassung gehören die Kosten des Grunderwerbs ebenso zum beitragsfähigen Aufwand, wie die im Zusammenhang mit dem Grunderwerb entstehenden Vermessungskosten. Hierzu bestimmt § 3 Abs. 2 erster Anstrich ABS, dass zum beitragsfähigen Aufwand ferner die Kosten für den Erwerb der erforderlichen Grundflächen (…) einschließlich der Nebenkosten gehören. Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten „Übersicht zur Eigentumsregelung der S.straße“ (Verwaltungsvorgang, Bl. 142 d.A.) sowie der Fortführungsmitteilungen der Kataster- und Vermessungsverwaltung (VV, Bl. 143 bis 177 d.A.) verlief die Trasse der S.straße vor der Durchführung der abgerechneten Maßnahme auf einer Vielzahl von Grundstücken im Eigentum Dritter. Bereits damit war der Erwerb der betreffenden Teilflächen erforderlich i.S. des § 3 Abs. 2 erster Anstrich ABS. Die Bestimmung zielt darauf ab, dass die Gemeinde A-Stadt Eigentümerin sämtlicher in ihrer Straßenbaulast befindlichen Straßenflächen wird, an denen eine beitragsfähige Maßnahme durchgeführt wurde. Um den Eigentumserwerb finanziell abzusichern, werden die Kosten des Grunderwerbs einschließlich der Nebenkosten als beitragsfähiger Aufwand definiert. Dies ist sachgerecht, weil das (gemeindliche) Eigentum an einer Gemeindestraße deren Verwaltung erheblich erleichtert. So kann eine straßenrechtliche Widmung ohne die ansonsten gemäß § 7 Abs. 3 Straßen- und Wegegesetz (StrWG M-V) erforderliche Zustimmung der privaten Grundeigentümer erfolgen. Für die Zulässigkeit einer Nutzung der öffentlichen Straße nach bürgerlichem Recht (vgl. § 30 StrWG M-V) kommt es allein auf die Gestattung durch die Gemeinde als Grundeigentümerin an.

33

Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass die Kosten für den Erwerb von solchen Grundstücken beitragsfähig sein können, die unmittelbar für die Durchführung einer bestimmten Baumaßnahme benötigt wurden, die Erwerbskosten dagegen nicht beitragsfähig sind, wenn anlässlich einer Verbesserungsmaßnahme an einer vorhandenen Straße das bisher im Privateigentum stehende Straßenland aufgekauft wird, ohne dass zusätzliche Flächen für die Straße gewonnen werden (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage 2007, § 33 Rn. 31 m.w.N.), ist dem für das Landesrecht von Mecklenburg-Vorpommern nicht zu folgen, da § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V für eine solche Differenzierung nichts hergibt (so auch für das dortige Landesrecht: OVG Koblenz, Urt. v. 07.12.2004 - 6 A 11406/04 - KStZ 2005, 217). Gleiches gilt für § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG 1993.

34

Unerheblich ist, dass die Eigentümer dieser Grundstücke der Gemeinde A-Stadt formularmäßig die „Erlaubnis zur Inbesitznahme für den Straßenbau“ erteilt haben. Denn die Inbesitznahme der für den Straßenbau erforderlichen Flächen ist nicht mit dem nach § 3 Abs. 2 erster Anstrich ABS erforderlichen Eigentumserwerb an diesen Flächen gleichzusetzen.

35

Ebenfalls unerheblich ist, dass das gemeindliche Bauprogramm für die S.straße einen Eigentumserwerb an den von der Baumaßnahme betroffenen Grundstücksflächen nicht vorsieht. Teilweise wird vertreten, dass eine ausdrückliche Aufnahme in das Bauprogramm nur erforderlich ist, wenn der Grunderwerb in der Vergangenheit weder aus Sicht der Gemeinde noch der Grundeigentümer für erforderlich gehalten worden war (OVG Koblenz Urt. v. 29.10.2002 - 6 A 10419/02 - juris Rn. 18 a.E.). Danach ist eine ausdrücklich Aufnahme des Grunderwerbs in das Bauprogramm nicht erforderlich gewesen, weil der Grunderwerb an den im Privateigentum stehenden Teilflächen der S.straße von der Gemeinde von Anfang an als erforderlich angesehen wurde. So ist bereits in dem Protokoll der Begehung der S.straße vom 02.06.1993 - an der die stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde A-Stadt und die Bauamtsleiterin des damaligen Amtes Südwest-Rügen teilgenommen haben - ausgeführt, dass zur Sicherung der Grundstücksfragen mit den Anliegern (Eigentümern) zu klären sei, dass eventuell benötigte Flächen zur Bebauung bereitgestellt würden und der Eigentümerwechsel nach der Schlussvermessung erfolge. Demgemäß verweisen die im März 1994 von den betroffenen Grundeigentümern unterzeichneten „Erlaubnisse zur Inbesitznahme für den Straßenbau“ auf eine freiwillige Veräußerung bzw. Enteignung der betreffenden Flächen.

36

Ungeachtet dessen ist es ausreichend, wenn der erforderliche Grunderwerb in der Ausbaubeitragssatzung zum Herstellungsmerkmal bestimmt wird (OVG Koblenz, Urt. v. 07.12.2004, a.a.O.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 12.11.2010 - 9 N 121.08 - juris Rn. 8). Hiergegen wird zwar eingewandt, dass die im Zusammenhang mit einer beitragsfähigen Maßnahme angefallenen Grunderwerbskosten nur insoweit beitragsfähig sind, als sie entstanden seien, bevor gerade diese Maßnahme beendet und damit in der Regel auch die sachliche Beitragspflicht für sie begründet sei. Wann eine beitragsfähige Maßnahme beendet sei, richte sich nach dem für sie aufgestellten Bauprogramm (Driehaus a.a.O., Rn. 32). Dieser Auffassung ist jedoch ebenfalls nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass die sachliche Beitragspflicht nicht entstehen kann, bevor eine Maßnahme den Maßgaben des Bauprogramms entsprechend abgeschlossen ist (vgl. § 9 Satz 1 ABS). Richtig ist auch, dass der Grunderwerb nicht schon kraft Gesetzes Voraussetzung für die Beendigung einer beitragsfähigen Maßnahme ist. Daraus folgt aber nicht, dass allein das Bauprogramm darüber entscheidet, wann die Maßnahme abgeschlossen ist. Denn es ist zulässig, die Herstellungsmerkmale nicht ausschließlich in dem jeweiligen (konkreten) Bauprogramm, sondern auch (generell-abstrakt) in der Straßenausbaubeitragssatzung zu definieren. Gerade beim Merkmal des Eigentumserwerbs bietet sich diese Verfahrensweise an, da sich diese Frage in einer Vielzahl von Fällen stellt. Nichts anderes ist vorliegend in § 9 Satz 1 ABS erfolgt.

37

Schließlich ist es unschädlich, dass der Eigentumserwerb an den Straßenflächen erst im Rahmen des Bodenordnungsverfahrens A-Stadt erfolgt ist. Denn maßgeblich ist, dass er - wie dargelegt - durch die abgerechnete Baumaßnahme verursacht worden ist. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Erwerb der erforderlichen Straßenflächen erst im Bodenordnungsverfahren durchaus im wohlverstandenen Interesse der Beitragspflichtigen erfolgt ist, da auf diese Weise ein die Kosten der Maßnahme erhöhender Flächenankauf vermieden werden konnte.

38

c. Gegen die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes ist ebenfalls nicht zu erinnern. Die Einstufung der S.straße als Innerortsstraße i.S.d. § 3 Abs. 5 Nr. 2 ABS unterliegt wegen ihrer Verbindungsfunktion für die Ortschaft Güttin keinen Bedenken.

39

Auch das für die Vorteilsverteilung innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen maßgebende Abrechnungsgebiet ist ordnungsgemäß gebildet worden. Die Bildung des Abrechnungsgebietes richtet sich vorliegend nach § 4 Abs. 1 ABS. Danach bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Dies trifft auch auf die Grundstücke des Klägers zu. Bei dem Anliegergrundstück Flurstück … mag es sich zwar ursprünglich um den Weg zu einem Feuerlöschteich gehandelt haben. Gegenwärtig kommt ihm diese Funktion offensichtlich aber nicht mehr zu. Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Lichtbilder handelt es sich jedenfalls bei der vorderen, straßennahen Teilfläche um eine Rasenfläche, die im Zusammenhang mit den östlich angrenzenden bebauten Flurstücken … bauakzessorisch genutzt wird. Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass im Straßenausbaubeitragsrecht die bauliche Nutzbarkeit eines Grundstücks nicht vorteilsbegründend ist, da der beitragrelevante Vorteil bereits in der Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs begründet wird. Daher ist eine private Wegefläche regelmäßig in den Vorteilsausgleich einzubeziehen. Erst wenn die Wegefläche straßenrechtlich gewidmet und damit gemeingebräuchlich ist (vgl. § 21 StrWG M-V), verbietet sich eine Einbeziehung, weil der Gemeingebrauch der Annahme eines privaten Sondervorteils entgegen steht.

40

Bei den Grundstücken Flurstücke … handelt es sich zwar um Hinterliegergrundstücke. Im Straßenbaubeitragsrecht kann jedoch auch so genannten Hinterliegergrundstücken eine vorteilsrelevante qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit vermittelt werden. Dies setzt voraus, dass der Eigentümer des Hinterliegergrundstücks von diesem Grundstück aus eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besitzt. Diese Möglichkeit ist im Falle einer Eigentümeridentität bei Vorder- und Hinterliegergrundstück jedenfalls dann gegeben, wenn die Grundstücke einheitlich genutzt werden und eine Zugangsmöglichkeit zu der abgerechneten Verkehrsanlage besteht (Driehaus, a.a.O., § 35 Rn. 19 m.w.N.). Dies trifft auf die Grundstücke Flurstücke … zu, weil sie an die ebenfalls im Eigentum des Klägers stehenden Grundstücke Flurstücke … (Anliegergrundstück) und … angrenzen. Letzteres grenzt an das ebenfalls dem Kläger gehörende Anliegergrundstück Flurstück … Wegen der Eigentümeridentität in Bezug auf die genannten Anlieger- und Hinterliegergrundstücke ist eine Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage S.straße auch von den Hinterliegergrundstücken aus dauerhaft gewährleistet.

41

Die Anwendung der satzungsrechtlichen Vervielfältiger für das Baugrundstück Flurstück … und die unbebauten Außenbereichsgrundstücke Flurstücke … und … entspricht den Maßgaben des § 5 Abs. 2 Nr. 4 ABS.

42

d. Schließlich ist auch die Heranziehung des Klägers nicht zu beanstanden.

43

aa. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschluss der Gemeindevertretung A-Stadt vom 06.10.1993, wonach die Finanzierung des Eigenanteils durch Haushaltsmittel oder Kreditaufnahme im Haushaltsplan 1994 zu sichern ist, der Beitragserhebung nicht entgegen steht. Dabei kann dahin stehen, ob der Beschluss so zu verstehen ist, dass die Gemeinde A-Stadt die Kosten der Baumaßnahme, die nicht durch Fördermittel abgedeckt sind, endgültig zu tragen hat. Zum einen kommt dem Beschluss keine Rechtnormqualität zu, so dass er weder vom Beklagten noch vom erkennenden Gericht zu beachten ist. Zum anderen ist er durch den Erlass der Ausbaubeitragssatzung (konkludent) abgeändert worden, da die Satzung eine Beitragserhebung und damit eine Kostenbeteiligung der Anlieger zwingend vorsieht.

44

bb. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Beitragsanspruch nicht gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 47 Abgabenordnung (AO) infolge Festsetzungsverjährung erloschen.

45

Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V beträgt die Festsetzungsfrist für alle kommunalen Abgaben und damit auch für Straßenausbaubeiträge vier Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt gemäß § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Abgabe entstanden ist. In Ansehung der S.straße ist die sachliche Beitragspflicht erst mit dem Eingang des Gebührenbescheides des Landkreises Rügen - Kataster- und Vermessungsamt - vom 16.06.2003 am 19.06.2003 entstanden. Demgemäß ist die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 2003 an- und mit Ablauf des Jahres 2007 abgelaufen. Die Heranziehung des Klägers im November 2007 erfolgte daher fristgemäß. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

46

Nach § 8 Abs. 7 Satz 1 KAG 1993 - nunmehr § 8 Abs. 5 erste Var. KAG M-V - entsteht die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung. Das Merkmal „Herstellung“ wird in § 9 Satz 1 ABS definiert. Danach entsteht die Beitragspflicht mit dem Abschluss der Baumaßnahme, sobald die Kosten feststehen und der erforderliche Grunderwerb grundbuchrechtlich durchgeführt ist. Dies ist nach Satz 2 l.cit. frühestens der Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung. Der Gebührenbescheid vom 16.06.2003 ist die letzte „Unternehmerrechnung“ i.S.d. § 9 Satz 2 ABS. Bei den darin festgesetzten Gebühren für die Fortsetzung des Liegenschaftskatasters handelt es sich - ebenso wie bei den Gebühren für die Vermessung der S.straße - um beitragsfähige Nebenkosten des Grundstückserwerbs i.S.d. § 3 Abs. 2 erster Anstrich ABS. Auch diese Kosten sind durch Erwerb der durch Zerlegung entstandenen Grundstücke verursacht worden. Ohne die Zerlegung hätte der Erwerb der Grundstücke, auf denen die Trasse der S.straße verläuft, nicht erfolgen können.

47

Der Einwand des Klägers, die Gebühren für die Fortführung des Liegenschaftskatasters hätten von Beklagten anhand der einschlägigen Tarifstellen der Vermessungsgebührenverordnung vom Beklagten selbst ermittelt werden können, greift nicht durch. Denn die Kosten stehen erst fest i.S.d. § 9 ABS, wenn sie vom (letzten) Gläubiger in einer bestimmten Höhe geltend gemacht worden sind. Folgte man der Auffassung des Klägers, so liefe dies auf eine mehr oder weniger genaue Kostenschätzung hinaus. Für die Entstehung der in ihrer Höhe unveränderbaren sachlichen Beitragspflicht müssen die umlagefähigen Kosten jedoch centgenau feststehen. Aus demselben Grund ist es auch unerheblich, dass mit dem Gebührenbescheid vom 16.03.2003 ein - gemessen am Gesamtvolumen der Baumaßnahme - geringfügiger Betrag von 410,00 EUR festgesetzt worden ist.

48

cc. Schließlich hat der Beklagte das Recht, den Beitragsanspruch gegenüber dem Kläger geltend zu machen, nicht verwirkt (vgl. § 242 BGB). Als ein im Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnder Vorgang der Rechtsvernichtung bedeutet Verwirkung, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand), und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung) (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 02.11.2005 - 1 L 105/05 - juris Rn. 81 m.w.N.).

49

Nach diesen Kriterien fehlt es bereits an der Vertrauensgrundlage. Zwar trifft es zu, dass die Gemeindevertretung von A-Stadt über lange Zeit mehr oder weniger trickreich versucht hat, eine Beitragserhebung für die S.straße zu verhindern. Entgegen der Auffassung des Klägers wurde durch das Verhalten der Gemeindevertretung jedoch kein schutzwürdiges Vertrauen dergestalt begründet, nicht zu einem Straßenausbaubeitrag für die S.straße herangezogen zu werden. Ein solches Vertrauen konnte bereits aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht entstehen. Denn nicht die Gemeindevertretung, sondern der Bürgermeister vertritt die Gemeinde im Außenverhältnis (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 1 Kommunalverfassung [KV M-V]). Nur dessen Erklärungen sind daher geeignet, die Gemeinde im Verhältnis zu Dritten - und damit auch im Verhältnis zum Kläger - zu binden. Dieser aber hatte dem Beschluss der Gemeindevertretung vom 06.11.2002, auf die Beitragserhebung für die S.straße zu verzichten, unter dem 20.11.2002 widersprochen. Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Gemeinde A-Stadt um eine amtsangehörige Gemeinde handelt, der eine eigene Zuständigkeit für die Abgabenerhebung fehlt. Denn die Veranlagung und Erhebung der Gemeindeabgaben für die amtsangehörige Gemeinde erfolgt gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1 KV M-V durch das Amt. Das sonach allein zuständige Amt West-Rügen hat jedoch ausweislich des dem Gericht vorliegenden umfangreichen Schriftwechsels mit der Gemeinde und der unteren Rechtsaufsichtsbehörde keinen Zweifel daran gelassen, dass Straßenausbaubeiträge für die S.straße erhoben werden.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

1. Der Bescheid vom 16.11.2009 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 17.03.2010 wird insoweit aufgehoben, als die Festsetzung den Betrag von 4.271,85 Euro übersteigt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu einem Straßenausbaubeitrag.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks G1 in einer Größe von 1.013 m². Das im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 65 „Grimmer Straße“ gelegene Grundstück ist als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. Des Weiteren weist der Bebauungsplan auf dem Grundstück eine 150 m² große Fläche aus, die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu Gunsten der Anlieger und Ver- und Entsorgungsträger zu belasten ist. Es grenzt an die Grimmer Straße und ist mit einem dreigeschossigen Hauptgebäude sowie einem eingeschossigen Nebengebäude nebst zweigeschossigem Anbau bebaut. Das Hauptgebäude wird zu Wohnzwecken genutzt. Das Nebengebäude sowie das Obergeschoss des Anbaus werden gewerblich genutzt. Im Erdgeschoss des Anbaus befinden sich der Sanitärbereich des Gewerbebetriebes sowie zwei Garagen und ein Lagerraum.

3

Mit Endbescheid 16.11.2009 zog der Beklagte den Kläger zu einem Straßenausbaubeitrag i.H.v. 6.485,45 EUR für die Straßenausbaumaßnahme Grimmer Straße in dem Abschnitt zwischen der Einmündung der Straße neben dem Gebäude Grimmer Straße 4-6 (Einkaufsmarkt) und der Einmündung der Straße Mühlenweg heran. Dabei zog er von der Grundstücksfläche die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zu belastenden Fläche ab, multiplizierte die Restfläche von 863 m² mit dem Faktor für eine dreigeschossige Bebauung (1,5) und dem Faktor für den gewerblichen Artzuschlag (1,5). Gegen die Berücksichtigung des zuletzt genannten Faktors wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 16.12.2009, der vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2010 als unbegründet zurückgewiesen worden ist.

4

Am 16.04.2010 hat der Kläger Anfechtungsklage erhoben. Er ist der Auffassung, die Berücksichtigung des gewerblichen Artzuschlages sei fehlerhaft. Das Grundstück weise eine Gesamtgeschossfläche von 684,51 m² auf. Davon werde eine Geschossfläche von 219,09 m² gewerblich genutzt. Der gewerblich genutzte Teil der Gesamtgeschossfläche erreiche die von der Rechtsprechung geforderte Grenze von einem Drittel nicht.

5

Der Kläger beantragt,

6

den Bescheid des Beklagten vom 16.11.2009 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 17.03.2010 insoweit aufzuheben, als die Festsetzung den Betrag von 4.271,85 EUR übersteigt.

7

Der Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Kammer haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Klage ist auch begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO), so dass er im Umfang der Anfechtung aufzuheben ist.

11

Ihm fehlt die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage, denn die Satzung der Hansestadt Greifswald über die Erhebung von Beiträgen für den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenausbaubeitragssatzung - SABS) vom 02.11.2000 i.d.F. der ersten Änderungssatzung vom 06.05.2009 ist nichtig. Die Maßstabsregelung über den gewerblichen Artzuschlag in § 5 Abs. 5 SABS verstößt gegen das Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V) und ist daher unwirksam. Dies hat die Gesamtnichtigkeit der Satzung zur Folge, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V. Soweit das Gericht in früheren Entscheidungen von der Wirksamkeit der Straßenausbaubeitragssatzung ausgegangen ist (zuletzt: Urt. v.09.02.2011 – 3 A 505/10), wird daran nicht mehr festgehalten.

12

§ 5 Abs. 5 SABS bestimmt, dass zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Art der Nutzung die nach Abs. 3 ermittelte Fläche mit 1,5 vervielfacht wird, wenn das Grundstück innerhalb eines tatsächlich bestehenden (§ 34 Abs. 2 BauGB) oder durch Bebauungsplan ausgewiesenen Wohngebiets (§§ 3, 4, 4a BaunutzungsverordnungBauNVO), Dorfgebietes (§ 5 BauNVO) oder Mischgebietes (§ 6 BauNVO) oder ohne entsprechende Gebietsfestsetzung innerhalb eines Bebauungsplanes gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung ähnlichen Weise (z.B. Verwaltungs-, Schul-, Post, Bahnhofsgebäude, Parkhaus, Praxen für freie Berufe, Museen) genutzt wird.

13

Der so genannte Artzuschlag resultiert aus dem dem Vorteilsprinzip innewohnenden Differenzierungsgebot. Er trägt den Verschiedenheiten in der Art der baulichen oder sonst beitragserheblichen Nutzung Rechnung. Gewerbliche und dem Gewerbe vergleichbare Nutzungen schöpfen regelmäßig aufgrund des durch sie typischerweise verursachten verstärkten Ziel- und Quellverkehrs aus einer Straße einen größeren Vorteil als eine Wohnnutzung. § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V schreibt zwar nicht vor, in welcher Weise die unterschiedliche Nutzungsart im Vergleich zum Nutzungsmaß beitragsrechtlich zu bewerten ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Vorschrift dem Ortsgesetzgeber für die Berücksichtigung der Nutzungsart im Verteilungsmaßstab ein weitgehendes (Bewertungs-) Ermessen einräumt. Die Ausübung dieses Ermessens ist jedoch durch das Vorteilsprinzip eingeschränkt (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: VGH München, Urt. v. 08.04.2008 – 6 B 05.1276 – juris Rn. 37).

14

Anknüpfungspunkt für den Artzuschlag ist der durch die gewerbliche Nutzung vermehrte Vorteil aufgrund der im Vergleich zur Wohnnutzung typischerweise deutlich intensiveren Inanspruchnahme einer Straße. Zwar ist nicht von Bedeutung, welchen Charakter das Gewerbe und welchen Umfang der von der Nutzung ausgelöste Verkehr im jeweiligen Einzelfall hat. Um den Typus Gewerbe von dem Typus Wohnen noch unterscheiden zu können, muss jedoch bei gemischt genutzten Grundstücken oder Gebäuden die gewerbliche Nutzung im Verhältnis zur Wohnnutzung ein gewisses Gewicht haben. Je geringer der gewerbliche Nutzungsanteil an einem Grundstück bzw. Gebäude ist, desto geringer wird erfahrungsgemäß der dadurch ausgelöste Verkehr und damit der Vorteil durch die Verkehrsanlage sein. Wenn der gewerbliche Nutzungsanteil nahezu gegen Null gehen kann, ist ein vermehrter Vorteil im Vergleich zur Wohnnutzung nicht mehr erkennbar, die Grenzen werden verwischt. Dass der Artzuschlag die Nutzungsfaktoren erhöht, Art und Maß der baulichen Nutzung also aneinander koppelt, verstärkt den Effekt (VGH München a.a.O.).

15

Den daraus folgenden Anforderungen wird § 5 Abs. 5 SABS nicht gerecht. Die Vorschrift normiert für den Artzuschlag keine Untergrenze für den gewerblichen Nutzungsanteil. Der Artzuschlag ist daher immer zu berücksichtigen, wenn das von der Vorschrift erfasste Grundstück gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung vergleichbaren Weise genutzt wird. Dies führt dazu, dass Grundstücke, die in geringstem Umfang gewerblich genutzt werden, mit Grundstücken gleichbehandelt werden, die von einer ausschließlichen gewerblichen Nutzung geprägt sind. Damit verstößt die Regelung jedenfalls dann gegen das Differenzierungsgebot, wenn der Zuschlag – wie hier – 50 v.H. beträgt. Daraus folgt zwar nicht, dass die Satzung bei gemischt genutzten Grundstücken erst bei einer überwiegenden gewerblichen Nutzung eine Belastung mit dem grundstücksbezogenen Artzuschlag vorsehen darf. Die entsprechende Grenze kann auch niedriger festgesetzt werden. So ist eine Regelung unbedenklich, nach der die Belastung mit einem Artzuschlag einsetzen soll, wenn mehr als ein Drittel der vorhandenen bzw. zulässigen Gebäudeflächen tatsächlich gewerblich genutzt werden (VGH München, Beschl. v. 08.02.2010 – 6 ZB 08.2719 – juris Rn. 6; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 18 Rn. 66 m.w.N.). Die Kammer lässt offen, ob die Grenze noch niedriger bestimmt werden kann. Maßgeblich ist allein, dass in der Satzung die Anwendung des gewerblichen Artzuschlages in den Fällen geringfügiger gewerblicher oder einer geringfügig der gewerblichen Nutzung vergleichbaren Nutzung ausschließt. Hieran fehlt es vorliegend jedoch.

16

Gegenteiliges folgt entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht aus dem Urteil des OVG Schleswig vom 11.02.1998 (- 2 L 79/96 – juris Rn. 47). Zwar hat das Gericht eine Bestimmung nicht beanstandet, wonach der Zuschlag bereits dann fällig ist, wenn ein Grundstück außerhalb von Gewerbe- und Industriegebieten liegt und nicht ausschließlich reinen Wohnzwecken dient. Dies führt dazu, dass der Zuschlag auch bereits bei einer ganz geringfügigen gewerblichen Nutzung eingreift. Nach Auffassung des OVG Schleswig dürfte dies aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität zulässig sein, solange ein Zuschlag von nicht mehr als 25 v.H. gewählt wird. Diese Erwägung trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu, da § 5 Abs. 5 SABS den Faktor 1,5 enthält und der Artzuschlag daher bei 50 v.H. liegt.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 23. Oktober 2012 – XXX – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 25. April 2013 wird insoweit aufgehoben, als die Festsetzung den Betrag von 4.219,55 EUR übersteigt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Flurstück G1, (38.385,00 m²), der in gleicher Flur und Gemarkung gelegenen Grundstücke Flurstück G2 (1.279,00 m²), Flurstück G3 (52,00 m²), Flurstück G4 (390,00 m²) und Flurstück G5 (504 m²), Flurstück G6 (1.097,00 m²), Flurstücke G7, G8 und G9 (1.099,00 m²) und Flurstücke G10, G11, G12 und G13 (1.793,00 m²) sowie des Grundstücks Flurstück G14 (8.333,00 m²).

3

Das bewaldete Grundstück Flurstück G1 liegt südlich der H.-Straße in K., die übrigen Grundstücke, die allesamt baulich genutzt werden, nördlich dieser Straße. Das Grundstück Flurstück G1, das mit einem Garagenkomplex bebaute Grundstück Flurstück G14, das Grundstück Flurstücke G7, G8 und G9 sowie das Grundstück Flurstück G2 grenzen unmittelbar an die H-Straße an. Das Grundstück Flurstück G6, das Grundstück Flurstücke G10, G11, G12, G13 und die Grundstücke Flurstück G3, G4 und G5 sind aus der Sicht der H-Straße Hinterliegergrundstücke. Sie sind mit der H-Straße über die im Eigentum des Klägers stehende Privatstraße (Stichweg mit Wendehammer) auf dem Flurstück G15 bzw. den ebenfalls im Eigentum des Klägers befindlichen Stichweg auf dem Flurstück G16 verbunden. Die nach dem zwischen dem Kläger und der Gemeinde K. geschlossenen Erschließungsvertrag vorgesehene Übereignung des Flurstücks G15 an die Gemeinde K. ist bisher noch nicht erfolgt. Mit Ausnahme der Grundstücke Flurstücke G1 und G14 liegen die genannten Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 15 „Strandblick“ der Gemeinde K., der für das Grundstück Flurstück G2 die Festsetzung „sonstiges Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Fremdenbeherbergung“ aufweist. Für die Grundstücke Flurstücke G4 und G5 weist er die Festsetzung „Sondergebiet Erholung mit der Zweckbestimmung Ferienhausgebiet“ und für die Grundstücke Flurstücke G7, G8 und G9 sowie G10, G11, G12 und G13 die Festsetzung „reines Wohngebiet“ auf. Entsprechend diesen Festsetzungen sind die Grundstücke bebaut: Auf dem Grundstück Flurstück G2 befindet sich ein Hotelkomplex, auf den Grundstücken Flurstücke G3, G4 und G5 wurden Ferienwohnungen und auf den Grundstücken Flurstücke G7, G8 und G9 sowie G10, G11, G12 und G13 Wohngebäude mit jeweils einer Ferienwohnung errichtet. Die Grundstücke Flurstücke G2, G4 und G5 grenzen östlich an den Weidenweg. Hierbei handelt es sich nicht um eine öffentliche Straße, sondern um eine Privatstraße.

4

Bei der H-Straße handelt es sich um eine Gemeindestraße, die von der Einmündung in die Straße der Freundschaft in östliche Richtung führt und östlich der Einmündung der Dünenstraße in einem Wendehammer mit Parkplätzen endet. Nördlich des Grundstücks Flurstück G14 verläuft der K.-Weg. Dieser mündet in den L.-Stieg, der wiederum in die H-Straße einmündet. Die Eigentümer der dort gelegenen Grundstücke nutzen auch die H-Straße. Das im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 18 der Gemeinde K. (Ostseepark Dünenland K.) gelegene Baugebiet ist durch die Fa. V. (im Folgenden: Erschließungsträger) auf Grundlage des mit der Gemeinde K. geschlossenen städtebaulichen Vertrages vom 1. Oktober 2009 erschlossen worden. In § 2 Abs. 4 des Vertrages verpflichtete sich der Erschließungsträger „zur Verbesserung der gemeindlichen Verkehrsinfrastruktur“ einen Betrag von 60.000,00 EUR bereitzustellen, der spätestens zum 31. Dezember 2010 fällig wurde.

5

Im Jahre 2010 ließ die Gemeinde K. die H-Straße in allen vorhandenen Teileinrichtungen ausbauen. Die letzte Unternehmerrechnung datiert vom 30. November 2010.

6

Mit Bescheiden vom 23. Oktober 2012 zog der Beklagte den Kläger für das Grundstück Flurstück G6 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 3.579,57 EUR, für das Grundstück Flurstück G1 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 6.262,61 EUR, für das Grundstück Flurstück G2 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 9.390,24 EUR, für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 6.019,35 EUR, für das Grundstück Flurstück G14 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 27.191,00 EUR und für die Grundstücke Flurstücke G7, G8 und G9 sowie G10, G11, G12 und G13 zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. 12.267,76 EUR heran. Im Rahmen der Beitragsberechnung berücksichtigte er für die Grundstücke Flurstück G2, Flurstück G3, Flurstück G4 und Flurstück G5 einen gewerblichen Artzuschlag. Das im Einmündungsbereich in die Straße der Freundschaft an die H-Straße angrenzende Grundstück Flurstück G17 wurde nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen. Die Widersprüche des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 23. bzw. 25. April 2013 – zugestellt am 30. April 2013 – zurück.

7

Am 30. Mai 2013 hat der Kläger zu den Aktenzeichen 3 A 409/13, 3 A 410/13, 3 A 411/13, 3 A 412/13, 3 A 41 G10 und 3 A 414/13 Anfechtungsklagen erhoben, die das Gericht mit Beschluss vom 4. Juni 2013 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des erstgenannten Aktenzeichens verbunden hat.

8

Der Kläger ist der Auffassung, seine Heranziehung sei der Höhe nach rechtswidrig. Die Aufwandsermittlung sei fehlerhaft, da der vom Erschließungsträger gezahlte Betrag nicht aufwandsmindernd berücksichtigt worden sei. Die Erträge aus der Bewirtschaftung der straßenbegleitenden Parkflächen hätten ebenfalls zur Finanzierung der Baumaßnahme verwendet werden müssen. Auch die Aufwandsverteilung sei fehlerhaft. Die vom K.-Weg erschlossenen Grundstücke seien zu Unrecht nicht in den Vorteilsausgleich für die H-Straße einbezogen worden, obwohl der K.-Weg seine ihm zugedachte Verkehrsfunktion nur in Verbindung mit der H-Straße erfüllen könne. Das Grundstück der Mietergenossenschaft (Flurstück G17) sei zu Unrecht nicht berücksichtigt worden, obwohl es an die H-Straße angrenze. Schließlich sei auch die Heranziehung des Klägers zu beanstanden. Der Kläger habe für die Pflasterung des hinteren Straßenteils einen Betrag von 3.500,00 EUR gezahlt. Dieser Betrag müsse von den Beitragsfestsetzungen abgezogen werden.

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Der Kläger beantragt,

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die Bescheide des Beklagten vom 23. Oktober 2012 – XXX – in der Gestalt seiner Widerspruchsbescheide vom 23. bzw. 25. April 2013 insoweit aufzuheben, als die Festsetzungen die Beträge von 2.505,70 EUR, 4.383,83 EUR, 6.573,17 EUR, 4.219,55 EUR, 19.033,70 EUR bzw. 8.587,27 EUR übersteigen.

11

Der Beklagte verteidigt die angegriffenen Bescheide und beantragt,

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die Klage abzuweisen.

13

Mit Beschluss vom 24. Februar 2015 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

14

Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 legte der Beklagte eine überarbeitete Beitragsberechnung vor, bei der das Grundstück Flurstück G 18 in den Vorteilsausgleich einbezogen wird und für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 der gewerbliche Artzuschlag entfällt. Danach ergibt sich für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 eine Beitragsminderung i.H.v. 108,09 EUR, 810,69 EUR bzw. 1.047,67 EUR (zusammen: 1.966,45 EUR). Für die übrigen Grundstücke ergibt sich eine geringfügige Mehrbelastung.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die beim Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist zum weit überwiegenden Teil unbegründet. Der Bescheid vom 23. Oktober 2012 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]), als die Festsetzung den Betrag von 4.052,90 EUR übersteigt. Er ist daher im Umfang des Klageantrags aufzuheben. Die übrigen Bescheide weisen hingegen keine Fehler zum Nachteil des Klägers auf.

17

1. Die Bescheide finden ihre gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Gemeinde K. über die Erhebung von Beiträgen für den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung – SBS) vom 25. September 2000 i.d.F. der ersten Änderung vom 25. September 2003. Die Satzung leidet nach gegenwärtiger Erkenntnis nicht an zu ihrer Unwirksamkeit führenden Fehlern.

18

Zwar bestehen bereits mit Blick auf das Alter der Satzung gewisse Zweifel daran, dass die der Festsetzung der Tiefenbegrenzung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 SBS zugrunde liegende Ermittlung der ortsüblichen Bebauungstiefe den Maßgaben der neueren Rechtsprechung des OVG Greifswald (vgl. Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 77) entspricht. Allerdings führt ein solcher – hier nur unterstellter – Fehler nicht zur Nichtigkeit der Straßenbaubeitragssatzung. Es ist im Straßenbaubeitragsrecht allgemein anerkannt, dass eine fehlerhafte Verteilungsregelung der Beitragssatzung nur dann zur Rechtswidrigkeit des Heranziehungsbescheides führt, wenn sie im Abrechnungsgebiet auch tatsächlich zur Anwendung kommen muss (Grundsatz der regionalen Teilbarkeit, vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 26.02.2004 – 1 M 242/03 –, juris Rn. 46). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Abrechnungsunterlagen hat die für Grundstücke im Übergangsbereich vom unbeplanten Innenbereich (§ 34 Abs. 1 BaugesetzbuchBauGB) zum Außenbereich (§ 35 BauGB) (sog. Randlagengrundstücke) geltende Bestimmung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 SBS bei der Abrechnung der H-Straße keine Anwendung gefunden. Anhaltspunkte dafür, dass sie hätte Anwendung finden müssen, bestehen ebenfalls nicht. Übertiefe Randlagengrundstücke i.S.d. § 5 Abs. 2 Nr. 3 SBS gehören nicht zum Abrechnungsgebiet. Damit greift der Grundsatz der regionalen Teilbarkeit.

19

Ebenfalls fehlerhaft ist die Bestimmung in § 2 Satz 3 SBS. Zwar geht sie im Einklang mit der nach dem Kommunalabgabengesetz 1993 geltenden Rechtslage davon aus, dass der Gebäudeeigentümer neben dem Grundeigentümer beitragspflichtig ist („auch“). Nach der im Rahmen der KAG-Novelle 2005 in das Kommunalabgabengesetz eingefügten Bestimmung des § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V ist allerdings der Gebäudeeigentümer anstelle des Grundstückseigentümers beitragspflichtig. Die für unzulässig gewordene Altregelungen geltende Anpassungsfrist des § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V ist lange abgelaufen. Auch dieser Fehler führt nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Denn er ist nicht auf (fehlerhafte) Verteilungsregelungen beschränkt, sondern auch auf Entstehensregeln bzw. sonstige Regelungen der Straßenbaubeitragssatzung anwendbar, wenn dies denklogisch möglich und sinnvoll ist, d.h. wenn die Regelung auch ohne den unwirksamen Teil noch Bestand hat und der unwirksame Teil im Abrechnungsgebiet tatsächlich keine Anwendung findet (VG Greifswald, Urt. v. 15.03.2010 – 3 A 2032/08 –, n.v.). Dies trifft vorliegend zu. Es ist nicht ersichtlich, dass es im Abrechnungsgebiet der H-Straße Grundstücke gibt, an denen isoliertes Gebäudeeigentum besteht. Dies wird vom der Kläger auch nicht behauptet.

20

Weiter ist die Bestimmung in § 2 Satz 1 zweite Var. SBS („dinglich Berechtigter“) unzulässig, weil nach § 7 Abs. 2 KAG M-V nur Eigentümer, Erbbauberechtigte oder die Inhaber dinglicher Nutzungsrechte i.S.d. Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) – die bereits angesprochenen Gebäudeeigentümer – beitragspflichtig sein können. Erbbauberechtigte oder die Inhaber dinglicher Nutzungsrechte i.S.d. Art. 233 Abs. 4 EGBGB sind mit dem Merkmal „dinglich Berechtigter“ offensichtlich nicht gemeint, denn sie werden in den spezielleren Vorschriften der Sätze 2 und 3 ausdrücklich genannt. Dieser Fehler führt aber ebenfalls nicht zur Gesamtnichtigkeit der Straßenbaubeitragssatzung. Vielmehr liegt nach der Rechtsprechung des OVG Greifswald lediglich ein Fall der Teilnichtigkeit vor (Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 71).

21

Fehlerhaft ist auch die Regelung über den gewerblichen Artzuschlag in § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS. Der Artzuschlag resultiert aus dem dem Vorteilsprinzip innewohnenden Differenzierungsgebot. Er trägt den Verschiedenheiten in der Art der baulichen oder sonst beitragserheblichen Nutzung Rechnung. Gewerbliche und dem Gewerbe vergleichbare Nutzungen schöpfen regelmäßig aufgrund des durch sie typischerweise verursachten verstärkten Ziel- und Quellverkehrs aus einer Straße einen größeren Vorteil als eine Wohnnutzung. § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V schreibt zwar nicht vor, in welcher Weise die unterschiedliche Nutzungsart im Vergleich zum Nutzungsmaß beitragsrechtlich zu bewerten ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Vorschrift dem Ortsgesetzgeber für die Berücksichtigung der Nutzungsart im Verteilungsmaßstab ein weitgehendes (Bewertungs-) Ermessen einräumt. Die Ausübung dieses Ermessens ist jedoch durch das Vorteilsprinzip eingeschränkt (VG Greifswald, Urt. v. 19.04.2012 – 3 A 356/10 –, juris Rn. 13).

22

Mit Blick auf das Vorteilsprinzip ist es zwar nicht zu beanstanden, dass in der Straßenbaubeitragssatzung sowohl ein nutzungsbezogener (§ 5 Abs. 5 Buchst. a SBS) als auch ein gebietsbezogener (§ 5 Abs. 5 Buchst. b SBS) Artzuschlag normiert ist. Ebenfalls unbedenklich ist, dass der gebietsbezogene Artzuschlag höher ist als der nutzungsbezogene. Dies beruht auf der Annahme, dass Grundstücken in den in § 5 Abs. 5 Buchst. b SBS genannten Gebietstypen der Baunutzungsverordnung (Gewerbegebiet – § 8 BauNVO, Industriegebiet – § 9 BauNVO, Kerngebiet – § 7 BauNVO und sonstiges Sondergebiet – § 11 BauNVO) durch eine beitragsfähige Straßenbaumaßnahme ein größerer Vorteil vermittelt wird, als Grundstücken, die – außerhalb der genannten Gebietstypen gelegen – lediglich überwiegend gewerblich oder in einer der gewerblichen Nutzung ähnlichen Weise genutzt werden.

23

Fehlerhaft und weder mit dem Vorteilsprinzip des § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V noch dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG) zu vereinbaren ist es jedoch, dass § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS die Entstehung des nutzungsbezogenen Artzuschlags davon abhängig macht, dass die überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzten Grundstücke in einem der in der Vorschrift genannten festgesetzten oder faktischen Gebietstypen der Baunutzungsverordnung liegen. Dies schließt die Anwendbarkeit der Vorschrift auf überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzte Grundstücke im unbeplanten Innenbereich i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB und im Außenbereich (§ 35 BauGB) aus.

24

Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht erkennbar (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 28.08.2015 – 3 B 522/15 –, juris Rn. 15). Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung im unbeplanten Innenbereich im Regelfall oder auch nur überwiegend nach § 34 Abs. 2 BauGB richtet, mit der Folge, dass es für die Fälle des § 34 Abs. 1 BauGB keiner Regelung bedarf. Denn die Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB darf nicht dazu führen, dass eine vorhandene Bebauung in Zielrichtung auf eine scharfe Trennung von Gebietscharakter und zulässiger Bebauung geradezu gewaltsam in eine der Alternativen des Gebietskatalogs in § 1 Abs. 2 BauNVO gepresst wird, um dann in einer zweiten Stufe mehr oder weniger schematisch die Zulässigkeitsregeln der §§ 2 ff. BauNVO anzuwenden (BVerwG, Urt. v. 23.04.1969 – VI C 12/67 –, BVerwGE 32, 31 <37>). Weist die nähere Umgebung z.B. die Merkmale zweier Baugebiete i.S. der Baunutzungsverordnung auf, findet § 34 Abs. 2 BauGB keine Anwendung. Die Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich in diesem Fall ausschließlich nach § 34 Abs. 1 BauGB (Mitschang/Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage 2014, § 34 Rn. 60).

25

Da überwiegend gewerblich oder gewerbeähnlich genutzte Außenbereichsgrundstücke (typischerweise) ebenfalls einen im Verhältnis zur Wohnnutzung verstärkten Ziel- und Quellverkehrs auslösen, ist ein sachlicher Grund für die Unanwendbarkeit des nutzungsbezogenen Artzuschlages bei diesen Grundstücke ebenfalls nicht erkennbar.

26

Einer weiteren Vertiefung bedarf es vorliegend nicht. Denn der dargestellte Fehler führt nach dem Grundsatz der regionalen Teilbarkeit ebenfalls nicht zur Gesamtnichtigkeit der Straßenbaubeitragssatzung. Denn die Bestimmung des § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS findet – wie noch zu zeigen sein wird – in Ansehung der Grundstücke des Klägers keine Anwendung. Anhaltspunkte dafür, dass die Berücksichtigung eines nutzungsbezogenen Artzuschlages für andere Grundstücke im Abrechnungsgebiet notwendig ist, bestehen ebenfalls nicht. Abweichendes wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Die Wirksamkeit der Regelung in § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS ist für die Vorteilsverteilung im Abrechnungsgebiet der H-Straße daher ohne Belang.

27

Auch die Regelung der sogenannten Eckgrundstücksvergünstigung in § 5 Abs. 6 SBS ist nichtig. Die Vorschrift verstößt gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit. Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB erfassen soll. Anders als in § 5 Abs. 5 SBS werden die tatsächlich bestehenden Gebietstypen (§ 34 Abs. 2 BauGB) nicht neben den in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietstypen erwähnt. Daraus folgt, dass mehrfach erschlossene Grundstücke in faktischen Wohngebieten nach dem Willen des Ortsgesetzgebers nicht in den Genuss der Vergünstigung kommen sollen. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich. Die Nichtigkeitsfolge beschränkt sich allerdings auf § 5 Abs. 6 SBS (Teilnichtigkeit), denn die Vergünstigungsregel für mehrfach erschlossene Grundstücke gehört weder zum Mindestinhalt der Abgabensatzung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V), noch ist sie durch das Vorteilsprinzip geboten (VG Greifswald, Urt. v. 03.03.2010 – 3 A 1281/07 –, juris).

28

2. Die Rechtsanwendung durch den Beklagten begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken.

29

a. Zwar ist die Zusammenfassung der aus den Flurstücken G7, G8, G9 sowie G10, G11, G12, G13 bestehenden zwei Grundstücken in einem Bescheid (Az. 634-01-05-09) ebenso fehlerhaft, wie die Zusammenfassung der jeweils selbstständigen Grundstücke G3, G4 und G5 (Az. 634-01-05-08-B). Bei den Flurstücken G7, G8 und G9 handelt es sich um ein Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, da die Flurstücke im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs unter derselben laufenden Nummer verzeichnet (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 53). Gleiches gilt für die Flurstücke G10, G11, G12 und G13. Bei den Flurstücken G3, G4 und G5 handelt es sich jeweils um Einzelgrundstücke, da die genannten Flurstücke im Bestandsverzeichnis des jeweiligen Grundbuchs unter unterschiedlichen laufenden Nummern verzeichnet sind.

30

Die Zusammenfassung selbstständiger Buchgrundstücke ist unzulässig, denn wegen des im Bereich des Straßenbaubeitragsrechts geltenden bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriffs muss für jedes Grundstück ein eigenständiger Beitragsbescheid erlassen werden (VG Greifswald, Urt. v. 07.07.2010 – 3 A 17/08 –, juris Rn. 14 ff.). Allerdings begründet dieser Fehler keinen Aufhebungsanspruch des Klägers. Denn nach § 127 Abgabenordnung (AO) – die Vorschrift findet gemäß § 12 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) auch auf Straßenbaubeiträge Anwendung – kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes der nicht nach § 125 AO nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Die Vorschrift schließt damit bei – wie hier – gebundenen Entscheidungen eine Aufhebung wegen bloß formeller Fehler aus, die nicht zur Nichtigkeit des Bescheides führen. Die Aufhebung kann daher nur beim Vorliegen und im Umfang eines materiellen Fehlers erfolgen. Danach ist eine Aufhebung ausgeschlossen: Nichtigkeitsgründe werden vom Kläger weder vorgetragen noch sind sie sonst erkennbar. Wie noch zu zeigen sein wird, ist der Kläger für alle Grundstücke beitragspflichtig. Bei den Grundstücken Flurstücke G7, G8, G9 sowie Flurstücke G10, G11, G12, G13 ist die Summe der zutreffend ermittelten Beiträge nicht niedriger als die Höhe der Festsetzung. Dies trifft in Ansehung der Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 zwar nicht zu. Mit Blick auf § 127 letzter Halbsatz AO ist insoweit jedoch nur eine Teilaufhebung möglich.

31

Zweifel über den Umfang der nach § 7 Abs. 6 KAG M-V auf den jeweiligen Einzelgrundstücken ruhenden öffentlichen Last (vgl. zu diesem Gesichtspunkt: VG Greifswald a.a.O., Rn. 18) können vorliegend ebenfalls nicht entstehen, weil die jeweiligen Grundstücksgrößen in den Bescheiden quadratmetergenau angegeben sind und für die zusammengefassten Grundstücke dieselben Berechnungsparameter zur Beitragsermittlung gelten. Daher ist die auf dem einzelnen Grundstück ruhende öffentliche Last anhand der in den Bescheiden enthaltenen Angaben hinreichend genau bestimmbar (VG Greifswald, Urt. v. 07.04.2010 – 3 A 3035/05 –, juris Rn. 15).

32

b. Abgesehen von dem die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 betreffenden Bescheid (dazu sogleich) leiden die streitgegenständlichen Bescheide in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht an Fehlern, die den Kläger benachteiligen.

33

aa. Dies betrifft zunächst die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes. Dass es sich bei den durchgeführten Maßnahmen um beitragsfähige Maßnahmen i.S.d. § 1 SBS handelt, wird vom Kläger nicht bezweifelt, so dass von Darlegungen abgesehen werden kann.

34

Zu Unrecht meint er, dass der vom Erschließungsträger gezahlte Betrag von 60.000,00 EUR aufwandsmindernd berücksichtigt werden müsse. Zwar bestimmt § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V, dass der Aufwand unter Berücksichtigung der Leistungen und Zuschüsse Dritter zu berücksichtigen ist. Dies setzt aber voraus, dass die Leistung bzw. der Zuschuss des Dritten gerade für die abgerechnete Maßnahme erbracht wurde. Dies wiederum hängt davon ab, ob eine entsprechende Zweckbestimmung vorliegt, was jedoch nicht der Fall ist. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass der Betrag allgemein „zur Verbesserung der gemeindlichen Verkehrsinfrastruktur“ eingesetzt werden sollte (und auch wurde). Dass er dazu dient, den umlagefähigen Aufwand für die Baumaßnahme in der H-Straße zu senken, klingt in der Vereinbarung nicht einmal an. Der weitere Einwand des Klägers, die Vereinbarung in § 2 Abs. 4 des Erschließungsvertrages vom 1. Oktober 2009 sei nichtig, kann auf sich beruhen. Denn bei einer Nichtigkeit der Bestimmung bestünde ein Rückzahlungsanspruch des Erschließungsträgers, was erst Recht eine aufwandsmindernde Berücksichtigung des Zahlbetrages ausschlösse.

35

Auch die an die Parkraumbewirtschaftung anknüpfenden Einwände des Klägers verfangen nicht. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Aufwand für den Wendehammer nebst Stellplätzen am östlichen Ende der H-Straße im Rahmen der Beitragsberechnung ebenso wenig berücksichtigt worden ist, wie der Aufwand für die straßenbegleitenden Parkplätze. Die vom Beklagten vorgelegte Kalkulationsübersicht weist keinen Aufwand für unselbstständige Park- und Abstellflächen i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 6 SBS auf. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, denn die straßenbegleitenden Parkflächen sind nicht durch bauliche Maßnahmen (Pflasterungen u.dgl.), sondern durch einfache farbliche Markierungen auf der Asphaltfahrbahn entstanden. Ungeachtet dessen ist darauf hinzuweisen, dass eine straßenverkehrsrechtlich begründete Parkgebühr mit dem Ziel der Parkraumbewirtschaftung die Beitragsfähigkeit der Anlage nicht infrage stellt (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: VGH München, Urt. v. 19.02.2002 – 6 B 99.94 –, juris Rn. 28 m.w.N.).

36

Die Erträge aus der Parkraumbewirtschaftung in der H-Straße sind entgegen der Auffassung des Klägers ebenfalls nicht aufwandsmindernd zu berücksichtigen. Insbesondere handelt es sich auch insoweit nicht um Leistungen Dritter i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V. Die entsprechenden Gebühren werden allein für die Nutzung der Parkplätze entrichtet. Eine darüber hinausgehende Zweckbestimmung besteht nicht. Über die Verwendung der Mittel kann die Gemeinde frei entscheiden.

37

bb. Bei der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes ist kein Fehler zum Nachteil des Klägers erkennbar. Dies betrifft zunächst das Verhältnis zwischen der Gemeinde und der Gesamtheit der Beitragspflichtigen. Die Einstufung der H-Straße als Innerortsstraße i.S.d. § 3 Abs. 5 Nr. 2 SBS wird vom Kläger nicht beanstandet, so dass sich Ausführungen zu ihrer Verkehrsfunktion erübrigen.

38

Auf Grundlage der vom Beklagten vorgelegten Neuberechnung ist auch die Vorteilsverteilung innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Abrechnungsgebiet ist nunmehr ordnungsgemäß gebildet. Nach § 5 Abs. 1 SBS bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Verkehrseinrichtung nach § 1 eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Verkehrseinrichtung geboten wird. Die Rechtfertigung, ein Grundstück zu einem Ausbaubeitrag zu veranlagen und es demgemäß bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes zu berücksichtigen, ergibt sich damit aus einer Sondervorteile vermittelnden, vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit. Vorteilsrelevant in diesem Sinne ist eine Inanspruchnahmemöglichkeit, die für bestimmte Grundstücke im Verhältnis zu allen anderen deshalb besonders vorteilhaft ist, weil aufgrund der räumlich engen Beziehung dieser Grundstücke zur ausgebauten Anlage erfahrungsgemäß angenommen werden kann, diese werde von ihnen aus in stärkerem Umfang in Anspruch genommen als von anderen Grundstücken, führe also für sie zu einer Steigerung ihres Gebrauchswerts, die für die anderen Grundstücke nicht in vergleichbarer Weise eintritt.

39

Dies trifft auf die vom Beklagten ursprünglich berücksichtigten Grundstücke und das nunmehr in den Vorteilsausgleich einbezogene Grundstück Flurstück G17 zu. Letzteres ist wie die übrigen Grundstücke in den Vorteilsausgleich einzubeziehen, da es unmittelbar an die H-Straße angrenzt und damit von der Baumaßnahme bevorteilt ist. Dem nur ca. 6 m tiefen Grünstreifen mit Containerstellplatz kommt keine trennende Wirkung zu. Da der Beklagte dies zwischenzeitlich selbst erkannt hat, kann von weiteren Darlegungen abgesehen werden. Auf die Beitragshöhe wirkt sich der Fehler nicht aus, da er durch die fehlerhafte Berücksichtigung des nutzungsbezogenen Artzuschlages für die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 (dazu sogleich) „überkompensiert“ wird.

40

Zu Recht werden die an das Straßengrundstück nördlich angrenzenden Grundstücke Flurstücke 21/1 und 21/48 nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen. Denn sie sind durch die auf dem Straßengrundstück angelegte Grünanlage von der H-Straße getrennt. Die Grünanlage hat eine Breite von ca. 45 m und eine Tiefe von ca. 23 m bis 32 m. Ihr kommt trotz ihrer Belegenheit auf dem Straßengrundstück die Funktion einer eigenständigen beitragsfähigen Erschließungsanlage i.S.d. § 127 Abs. 2 Nr. 4 BauGB zu, denn bei den genannten Abmessungen kann nicht mehr von einem bloßen Seitenstreifen i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 Straßen- und Wegegesetz (StrWG M-V) ausgegangen werden. Die Eigenständigkeit der Grünanlage unterbricht den Zurechnungszusammenhang zu der ausgebauten Anlage.

41

Entgegen der Auffassung des Klägers sind auch die von den Straßen „K.-Weg“ und „L.-Stieg“ erschlossenen Grundstücke nicht in den Vorteilsausgleich für die H-Straße einzubeziehen. Eine gemeinsame Abrechnung scheidet bereits deshalb aus, weil ihre Anlegung auf Grundlage eines sog. „echten“ Erschließungsvertrages i.S.d. § 124 BauGB a.F. erfolgte, so dass der Gemeinde K. insoweit kein beitragsfähiger Aufwand entstanden ist. Die Bildung einer Abrechnungseinheit hätte daher zur Folge, dass die Anlieger des „K.-Weges“ und des „L.-Stieges“ nicht nur mit den über den jeweiligen Kaufvertrag anteilig umgelegten Kosten „ihrer“ Erschließungsanlagen, sondern zusätzlich mit den anteiligen Kosten der H-Straße belastet würden, ohne dass dem eine anteilige Belastung der Anlieger der H-Straße mit den Kosten des K.-Weges und des L.-Stieges gegenüber stünde.

42

Ungeachtet dessen ist zu berücksichtigten, dass die Erhebung von Straßenbaubeiträgen anlagebezogen erfolgt (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V). Bei den genannten Straßen handelt es sich jeweils um eigenständige Erschließungsanlagen im Sinne der sog. natürlichen Betrachtungsweise, was eine gemeinsame Abrechnung mit der H-Straße ebenfalls ausschließt. Anders als im Erschließungsbeitragsrecht ist im Straßenbaubeitragsrecht die Bildung von Abrechnungseinheiten zudem unzulässig, denn das Kommunalabgabengesetz enthält keine dem § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB entsprechende Bestimmung (VG Greifswald, Beschl. v. 10.11.2009 – 3 B 1405/09 –, juris Rn. 14 m.w.N.).

43

Die Einbeziehung der klägerischen Grundstücke in den Vorteilsausgleich erfolgte ebenfalls zu Recht. Die Grundstücke Flurstück G1, Flurstück G14, Flurstücke G7, G8, G9 sowie das Grundstück Flurstück G2 grenzen unmittelbar an die ausgebaute Anlage an, so dass auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann. Bei den Grundstücken Flurstücke G10, G11, G12, G13, Flurstück G3, Flurstück G13 und Flurstück G4 handelt es sich aus Sicht der H-Straße um Hinterliegergrundstücke, deren Einbeziehung in den Vorteilsausgleich ebenfalls nicht zu beanstanden ist, weil auch sie dem Kläger als Eigentümer der Anliegergrundstücke gehören und unmittelbar bzw. mittelbar an diese angrenzen. Die Eigentümeridentität allein reicht vorliegend für die Einbeziehung aus, denn bei den genannten Grundstücken handelt es sich um sog. gefangene Hinterliegergrundstücke, die über keine weitere Anbindung an das öffentliche Wegenetz verfügen. Zwar grenzen die Grundstücke Flurstücke G2, G4 und G5 an den östlich von ihnen verlaufenden Weidenweg. Hierbei handelt es sich aber nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten um eine Privatstraße, was vorbehaltlich zivilrechtlicher Vereinbarungen eine Nutzung durch den Kläger ausschließt. Ungeachtet dessen ist davon auszugehen, dass es sich bei dem Bereich der des Hotels nebst Ferienhauskomplex und gemeinsamen Parkplatz um eine einheitliche wirtschaftliche Nutzung von Hinterlieger- und Anliegergrundstücken handelt, was auch eine Einbeziehung sog. nicht gefangener Hinterliegergrundstücke in den Vorteilsausgleich erlauben würde (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 05.11.2014 – 1 L 81/13 und 1 L 220/13 –, juris).

44

Die Berücksichtigung des nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages (§ 5 Abs. 5 Buchst. a SBS) für das Hotelgrundstück Flurstück G2 ist dagegen fehlerhaft. Zum einen ist die vom Beklagten hierfür herangezogene Bestimmung unwirksam (s.o.). Zum anderen wäre sie auch im Falle ihrer Wirksamkeit unanwendbar, denn für das Grundstück ist die speziellere Bestimmung des § § 5 Abs. 5 Buchst. b SBS maßgeblich. Hiernach wird die nach Absatz 3 ermittelte Fläche zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Art der Nutzung mit dem Faktor 2,0 vervielfacht, wenn das Grundstück innerhalb eines tatsächlich bestehenden (§ 34 Abs. 2 BauGB) oder durch Bebauungsplan ausgewiesenen Gewerbegebietes (§ 8 BauNVO), Industriegebietes (§ 9 BauNVO), Kerngebietes (§ 7 BauNVO) oder sonstigen Sondergebietes (§ 11 BauNVO) liegt. Letzteres trifft auf das Grundstück Flurstück G2 zu, denn es liegt im sog. Baufeld 3, dessen Ausweisung nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auf § 11 Abs. 2 BauNVO beruht. Damit hätte statt des nutzungsbezogenen Artzuschlages (Faktor 1,5) der gebietsbezogene Artzuschlag (Faktor 2,0) angewandt werden müssen. Der Fehler führt jedoch nicht zu einer Aufhebung des betreffenden Beitragsbescheides, denn der Kläger wird dadurch lediglich begünstigt.

45

Ebenfalls fehlerhaft ist die Berücksichtigung des nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages in Ansehung der Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5. Die Grundstücke sind mit Ferienwohnungen bebaut. Zwar hat das OVG Greifswald in dem Urteil vom 5. November 2014 (– 1 L 220/13 –) ausgeführt, dass bereits die Nutzung der Gebäude als Ferienwohnungen den Artzuschlag rechtfertigt (S. 14 des Entscheidungsumdrucks). Dieser Auffassung folgt das erkennende Gericht jedoch nicht (vgl. bereits VG Greifswald, Urt. v. 20.08.2015 – 3 A 1107/13 –, juris Rn. 29). Unter gewerblicher Nutzung im Sinne des Straßenbaubeitragsrechts wird zunächst die Nutzung eines Grundstücks als Betriebsstätte verstanden. Über die Nutzung im Sinne des Gewerberechts und Gewerbesteuerrechts hinaus werden auch solche Nutzungen erfasst, die der gewerblichen Nutzung im engeren Sinne durch Auslösung einer intensiveren Inanspruchnahme der Anbaustraße als bei reiner Wohnnutzung entsprechen. Anders als Grundstücke, die nur oder überwiegend der Wohnnutzung zu dienen bestimmt sind, sind Betriebsstätten typischerweise in besonderem Maße (gesteigert) abhängig von der qualifizierten Ausgestaltung der Straße, und zwar zum einen im Hinblick auf ihre Zugänglichkeit und zum anderen im Hinblick auf die Inanspruchnahme der Straße wegen des typischerweise erhöhten Ziel- und Quellverkehrs (Kunden- und Lieferverkehr etc.). All dies trifft auf eine als Ferienwohnung genutzte Wohnung nicht zu, und zwar unabhängig davon, ob sie vom Eigentümer für eigene Zwecke vorgehalten oder vom Eigentümer oder über einen gewerblichen Wohnungsvermittler (auch) an wechselnde Feriengäste vermietet wird. Die Nutzungsart bleibt Wohnnutzung. Die Betriebsstätte des gewerblichen Wohnungsvermittlers befindet sich regelmäßig an einem anderen Ort. Die Wohnungen sind lediglich Geschäftsobjekt. Der häufige Mieterwechsel führt regelmäßig zu keinem erhöhten Ziel- und Quellverkehr. Entsprechendes gilt auch für den Fall, dass vom Wohnungsvermittler oder von Drittfirmen Dienstleistungen erbracht werden. Auch der Dauermieter bzw. der selbstnutzende Eigentümer nimmt typischerweise Dienstleistung in Anspruch oder ist zur Daseinsversorgung und, soweit er keine Fremdleistungen in Anspruch nimmt, zur Materialbeschaffung auf die Inanspruchnahme der Anbaustraße angewiesen. Typische Unterschiede ergeben sich insoweit nicht. Zudem sind Leerstandzeiten bei Ferienwohnungen unvermeidbar. In diesen Zeiten ist der Ziel- und Quellverkehr deutlich geringer als bei einer Dauernutzung (VG Bayreuth, Urt. v. 14.05.2014 – B 4 K 13.371 –, juris Rn. 57 ff.; Urt. v. 16.04.2014 – B 4 K 13.293 –, juris Rn. 30 ff.; OVG Schleswig, Urt. v. 19.06.2012 – 4 LB 5/12 –, juris Rn. 38).

46

Handelt es sich bei der Nutzung als Ferienwohnung somit nicht um eine gewerbliche Nutzung, so scheidet die Berücksichtigung des Artzuschlages für die genannten Grundstücke unabhängig von der Frage der Wirksamkeit des § 5 Abs. 5 Buchst. a SBS aus. Der auf diese Grundstücke entfallende Beitrag ist damit nach der vom Beklagten mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 Neuberechnung – auf die zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen wird – um 1.966,45 EUR überhöht, so dass der die Grundstücke Flurstücke G3, G4 und G5 betreffende Bescheid im Umfang des Klageantrags aufzuheben ist.

47

cc. Schließlich ist auch die Heranziehung des Klägers nicht zu beanstanden. Mit den Eingang der letzten Unternehmerrechnung vom 30. November 2010 ist die sachliche Beitragspflicht (vgl. § 8 Abs. 5 KAG M-V) und – auf ihrer Grundlage – mit der Bekanntgabe der Beitragsbescheide die persönliche Beitragspflicht (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V) des Klägers entstanden.

48

Die Nichtberücksichtigung der sog. Eckgrundstücksvergünstigung nach § 5 Abs. 6 SBS begegnet keinen Bedenken, denn die Bestimmung ist – wie ausgeführt – unwirksam. Die Bestimmung findet aber auch dann keine Anwendung, wenn man dem nicht folgt und von ihrer Wirksamkeit ausgeht. Denn bei den Grundstücken des Klägers handelt es sich nicht um mehrfach erschlossene Grundstücke in diesem Sinne, obwohl jedenfalls die Grundstücke Flurstücke G2, G4 und G5 auch an den Weidenweg angrenzen. Bei dem Weidenweg handelt es sich – wie bereits dargelegt – um eine Privatstraße. Nach seinem Sinn und Zweck will § 5 Abs. 6 SBS lediglich die Beitragslast für Grundstücke reduzieren, die infolge einer Beitragserhebung für mehrere Straßen entsteht oder entstehen kann. Dies setzt aber voraus, dass die betreffenden Grundstücke an mehrere beitragsfähige Verkehrsanlagen angrenzen bzw. durch sie erschlossen werden. Beitragsfähig sind gemäß § 1 Satz 1 SBS jedoch nur öffentliche Straßen, Wege oder Plätze. In Ansehung einer Privatstraße kann daher eine Beitragserhebung nicht erfolgen. Scheidet damit eine Mehrbelastung der Grundstücke infolge einer Beitragserhebung für mehrere Verkehrsanlagen von vornherein aus, so besteht auch kein Grund für eine Beitragsreduzierung für den Ausbau der H-Straße (vgl. bereits VG Greifswald, Urt. v. 29.10.2008 – 3 A 593/07 –, n.v.).

49

Soweit der Kläger schließlich meint, der von ihm für die Pflasterung der Teilstrecke zwischen der Einmündung der Dünenstraße und dem Wendehammer an die bauausführende Firma gezahlte Betrag von 3.500,00 EUR sei auf die Beitragsfestsetzungen anzurechnen, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Es handelt sich insbesondere nicht um eine auf die Beitragsforderungen anzurechnende Eigenleistung des Klägers. Nach dem Vortrag des Beklagten, der sich mit den Angaben der Baubeschreibung deckt, war ursprünglich auch in diesem Bereich eine Fahrbahnbefestigung aus Asphalt vorgesehen. Die Gemeinde hat – dem Wunsch des Klägers entsprechend – einer Pflasterbauweise mit der Maßgabe zugestimmt, dass der Kläger die entstehenden Mehrkosten trägt. Aus diesem Grund ist die Zahlung erfolgt. Dementsprechend sind die Mehrkosten nicht im Rahmen der Beitragserhebung berücksichtigt worden.

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Berufung ist zuzulassen, weil die Entscheidung hinsichtlich der Frage, ob die Berücksichtigung eines nutzungsbezogenen gewerblichen Artzuschlages bei der Nutzung eines Gebäudes als Ferienwohnung zu erfolgen hat, von dem Urteil des OVG Greifswald vom 5. November 2014 (– 1 L 220/13 –) abweicht (§§ 124a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

(1) Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Behörde kann im Einvernehmen mit der Gemeinde durch Rechtsverordnung bestimmen, dass die nach diesem Gesetzbuch der Gemeinde obliegenden Aufgaben auf eine andere Gebietskörperschaft übertragen werden oder auf einen Verband, an dessen Willensbildung die Gemeinde mitwirkt.

(2) Durch Landesgesetz können Aufgaben der Gemeinden nach diesem Gesetzbuch auf Verbandsgemeinden, Verwaltungsgemeinschaften oder vergleichbare gesetzliche Zusammenschlüsse von Gemeinden, denen nach Landesrecht örtliche Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinde obliegen, übertragen werden. In dem Landesgesetz ist zu regeln, wie die Gemeinden an der Aufgabenerfüllung mitwirken.

(3) Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung die nach diesem Gesetzbuch der höheren Verwaltungsbehörde zugewiesenen Aufgaben auf andere staatliche Behörden, Landkreise oder kreisfreie Gemeinden übertragen.

(4) Unterliegen die Planungsbereiche gemeinsamer Flächennutzungspläne (§ 204) oder von Flächennutzungsplänen und Satzungen eines Planungsverbands (§ 205) der Zuständigkeit verschiedener höherer Verwaltungsbehörden, ist die Oberste Landesbehörde für die Entscheidung im Genehmigungs- und Zustimmungsverfahren zuständig. Liegen die Geltungsbereiche in verschiedenen Ländern, entscheiden die Obersten Landesbehörden im gegenseitigen Einvernehmen.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 21. August 2008 - 3 B 344/08 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.531,93 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit zweier Beitragsbescheide vom 19. November 2007 über die Festsetzung des Straßenbaubeitrages für den Ausbau der D...straße in L... - Ortsteil Ne... - in Höhe von 3.342,27 EUR und 6.785,45 EUR.

2

Der Antragsteller ist u.a. Eigentümer des Grundstücks/Flurstücks .../... der Flur ... und des Grundstücks/Flurstücks ... der Flur ..., jeweils belegen in der Gemarkung Ne... . Bei beiden Grundstücken handelt es sich um im Außenbereich belegenes Ackerland. Die D...straße verläuft im Umfang der Ausbaumaßnahme von insgesamt etwa gut 1.000 m beginnend im Westen zunächst im Innenbereich, um dann in östlicher Richtung im Bereich der Grundstücke des Antragstellers für etwa 150 m durch den Außenbereich und anschließend wieder durch eine Innenbereichslage zu führen.

3

Die Antragsgegnerin ging im Rahmen ihrer Beitragsfestsetzung davon aus, dass es sich bei der D...straße im ausgebauten Bereich nicht um eine einzige Anlage im straßenbaubeitragsrechtlichen Sinne handelt, sondern diese vielmehr in drei selbständig abzurechnende Anlagen zerfällt (Anlage 1 als Innenbereichsanlage, Anlage 2 als Außenbereichsanlage und Anlage drei als Innenbereichsanlage, wobei die Abgrenzung der beiden Innenbereichslagen nach Maßgabe der Grenzziehung der Klarstellungs- und Ergänzungssatzung der Gemeinde L... - Ortsteil Ne... - in zwei Teilbereichen bzw. der entsprechenden, bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen Karte <"Abgrenzung Innen- u. Außenbereich - Grundlage für Anlagenbestimmung"> erfolgte). An die Anlage 2 grenzen nördlich und südlich - ausschließlich - die beiden von der streitgegenständlichen Beitragserhebung betroffenen Grundstücke an; weitere Grundstücke anderer Anlieger sind in diesem Anlagenbereich nicht vorhanden.

4

Grundlage der Beitragserhebung war - neben den einschlägigen Bestimmungen des KAG M-V - die Satzung der Gemeinde L... über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung - nachfolgend: SBS) vom 20. Januar 2004 i.d.F. der 1.Änderungssatzung vom 06. Juli 2006. § 3 SBS (Beitragsfähiger Aufwand und Vorteilsregelung) enthält in seinem Absatz 2 insbesondere eine tabellarische Festlegung der Anteile der Beitragspflichtigen am beitragsfähigen Aufwand, insbesondere differenziert nach Anliegerstraße (z.B. für die Fahrbahn 75 %), Innerortsstraße (z.B. für die Fahrbahn 50 %) und Hauptverkehrsstraße (z.B. für die Fahrbahn 25 %); diese drei Straßenarten werden in § 3 Abs. 5 SBS näher definiert.

5

Die Bestimmung des § 3 Abs. 3 SBS lautet wie folgt:

6

Straßen und Wege, die nicht zum Anbau bestimmt sind (Außenbereichsstraßen),

7

a) die überwiegend der Bewirtschaftung von Feld- und Waldgrundstücken dienen und keine Gemeindeverbindungsfunktion haben (Wirtschaftswege), werden den Anliegerstraßen gleichgestellt,

8

b) die überwiegend der Verbindung von Ortsteilen und anderen Verkehrswegen innerhalb des Gemeindegebietes dienen (§ 3 Nr. 3 b zweite und dritte Alternative StrWG M-V), werden den Innerortsstraßen gleichgestellt,

9

c) die überwiegend dem nachbarlichen Verkehr der Gemeinden dienen (§ 3 Nr. 3 b erste Alternative StrWG M-V), werden den Hauptverkehrsstraßen gleichgestellt.

10

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 hat der Antragsteller gegen die beiden Beitragsbescheide vom 19. November 2007 Widerspruch eingelegt und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Jeweils mit Zwischenbescheid vom 11. Februar 2008 hat die Antragsgegnerin u.a. dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung "nicht zugestimmt".

11

Daraufhin hat der Antragsteller am 10. März 2008 beim Verwaltungsgericht Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.

12

Das Verwaltungsgericht hat diesem Antrag stattgegeben und zur Begründung mit ausführlicher Erläuterung ausgeführt, die Antragsgegnerin habe das Abrechnungsgebiet fehlerhaft gebildet, indem sie die D...straße in drei Anlagen aufgeteilt habe. Nach Maßgabe der natürlichen Betrachtungsweise handele es sich bei der D...straße in Ne... nach dem Prüfungsmaßstab des Eilverfahrens um eine einheitliche Anlage. Etwa anderes folge auch entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht aus der Identität des straßenbaubeitragsrechtlichen und des erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriffs.

II.

13

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den ihr am 02. September 2008 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts, die mit dem am 16. September 2008 eingegangenen Schriftsatz fristgemäß (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegt und mit dem am 02. Oktober 2008 eingegangenen Schriftsatz ebenso fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) begründet worden ist, hat keinen Erfolg.

14

In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt.

15

Das Beschwerdevorbringen vermag die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die beiden Beitragsbescheide vom 19. November 2007 (Nr. ..... und .....) anzuordnen, nicht in Frage zu stellen. Deren Rechtmäßigkeit erweist sich vielmehr aus den zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts dazu, dass es sich bei der D...straße in Ne... im Umfang ihres Ausbaus um eine einheitliche Anlage handele, nach dem Maßstab des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens als ernstlich zweifelhaft (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO); zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

16

Die Antragsgegnerin leitet aus der Identität des straßenbaubeitragsrechtlichen und des erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriffs zu Unrecht ab, dass es sich bei den drei in Rede stehenden Teilstrecken der ausgebauten D...straße beitragsrechtlich um drei Anlagen handele, und interpretiert die einschlägige Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern insoweit unzutreffend.

17

Wie auch das Verwaltungsgericht weist die Beschwerdeführerin zunächst richtigerweise darauf hin, dass der Begriff der Anlage im Sinne von § 8 Abs. 1 KAG M-V in Mecklenburg-Vorpommern grundsätzlich identisch ist mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriff. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern und insbesondere des Senats, an der festzuhalten ist (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 03.06.1996 - 6 M 20/95 -, DVBl. 1997, 501; Beschl. v. 15.09.1998 - 1 M 54/98 -, NVwZ-RR 1999, 397; Beschl. v. 18.10.2001 - 1 M 52/01 -, NVwZ-RR 2002, 304; Urt. v. 30.06.2004 - 1 L 189/01 -, LKV, 2005, 75 - jeweils zitiert nach juris; Beschl. v. 23.03.2007 - 1 M 157/06 -).

18

Daraus folgt nach Maßgabe dieser Rechtsprechung, dass ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht für die Beantwortung der Frage, was beitragsfähige Anlage im Sinne von § 8 Abs. 1 KAG M-V ist, grundsätzlich darauf abzustellen ist, was sich bei natürlicher Betrachtungsweise aus der Sicht eines objektiven Betrachters als "gesamte Verkehrsanlage" darstellt. Die Beurteilung richtet sich dabei nach dem Erscheinungsbild der Straße, wie es sich in seinem Gesamteindruck, geprägt durch die tatsächlichen Verhältnisse etwa in Gestalt von Straßenführung, -länge, -ausstattung, einem objektiven bzw. unbefangenen Beobachter vermittelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.3.1996 - 8 C 17.94 -, BVerwGE 101, 12, zitiert nach juris; OVG Greifswald, Urt. v. 30.06.2004 - 1 L 189/01 -, juris; Beschl. v. 23.03.2007 - 1 M 157/06 -; vgl. auch Holz, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2008, § 8 Anm. 1.1.3). Der Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise gilt jedoch in dem Sinne nicht ausnahmslos, dass unter verschiedenen rechtlichen Blickwinkeln, wie sie auch vom Verwaltungsgericht benannt worden sind, das Ergebnis der natürlichen Betrachtungsweise einer Korrektur, Einschränkung bzw. entsprechenden Anpassung bedarf.

19

Diese Maßgeblichkeit der natürlichen Betrachtungsweise stellt die wesentliche Schlussfolgerung aus der grundsätzlichen Identität des straßenbaubeitragsrechtlichen und des erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriffs dar. Mit anderen Worten: Die "Identität" besteht darin, dass grundsätzlich für beide Rechtsgebiete die natürliche Betrachtungsweise als maßgebliches rechtliche Kriterium zugrunde zu legen ist, um zu klären, was sich im Einzelfall als die "gesamte Verkehrsanlage" im Sinne des § 8 Abs. 1 KAG M-V darstellt.

20

Anders als die Antragsgegnerin meint, ist damit demgegenüber nicht gesagt, dass mit der Beantwortung der Frage, ob - in Betrachtung derselben Straße und unabhängig davon, ob überhaupt Erschließungsbeitragsrecht Anwendung findet - eine oder mehrere Anlagen im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts anzunehmen sind, zwingend zugleich die entsprechende straßenbaubeitragsrechtliche Problemstellung - parallel bzw. deckungsgleich - gelöst wäre. Eine derartige "Bindung des Straßenbaubeitragsrecht an das Erschließungsbeitragsrecht" im Sinne des Beschwerdevorbringens ist zu verneinen.

21

Im rechtlich "unkorrigierten" Ergebnis der parallelen Anwendung der natürlichen Betrachtungsweise gelangt man zwar zwangsläufig tatsächlich zu übereinstimmenden Antworten. Diese Antwort kann jedoch nach Maßgabe der für beide Rechtsgebiete bestehenden rechtlichen Besonderheiten im Einzelfall eine spezifische Anpassung mit der Folge erfordern, dass eine Anlage je nach dem, ob Erschließungs- oder Straßenbaubeitragsrecht Anwendung findet, in ihrer Ausdehnung unterschiedlich definiert sein kann. Dies hat der Senat auch in seinem Beschluss vom 13. November 2003 - 1 M 170/03 - (DÖV 2004, 709 - zitiert nach juris) unterstrichen und ausgeführt, dass das Abstellen auf die natürliche Betrachtungsweise lediglich die Regel darstellt und Raum für eine abweichende Beurteilung im Einzelfall bietet. Aus § 242 Abs. 9 BauGB folgt nichts anderes.

22

Im vorliegenden Zusammenhang ist insoweit die für eine Erschließungsanlage grundsätzlich begriffsnotwendige Anbaufunktion (vgl. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) von besonderem Interesse.

23

Abgesehen von dem Fall, dass eine beidseitig nicht zum Anbau bestimmte (mittlere) Teilstrecke den Eindruck der Unselbständigkeit vermittelt und im Verhältnis zu der Verkehrsanlage insgesamt von lediglich untergeordneter Bedeutung ist, verliert eine zum Anbau bestimmte Teilstrecke einer einheitlichen öffentlichen Verkehrsanlage vom Übergang in eine beidseitig nicht zum Anbau bestimmte Teilstrecke an ihre Qualität als erschließungsbeitragsfähige Anbaustraße. Erschließungsbeitragsrechtlich kann eine von der natürlichen Betrachtungsweise abweichende Beurteilung mit Rücksicht auf das Merkmal "zum Anbau bestimmt" geboten sein und dazu führen, dass eine bei natürlicher Betrachtungsweise einheitliche Straße in erschließungsbeitragsrechtlich unterschiedlich zu beurteilende Einzelanlagen zerfällt. Das ist etwa der Fall, wenn eine nach den tatsächlichen Verhältnissen einheitliche Straße zunächst im unbeplanten Innenbereich und sodann durch unbebaubares (bzw. nur nach Maßgabe des § 35 BauGB bebaubares) Gelände des Außenbereichs verläuft. Denn eine Straße ist nur "zum Anbau bestimmt" im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, wenn und soweit an sie angebaut werden darf, d.h. wenn und soweit sie die an sie angrenzenden Grundstücke nach Maßgabe der §§ 30 ff. BauGB bebaubar (oder sonstwie in nach §133 Abs. 1 BauGB beachtlicher Weise nutzbar) macht. Folglich endet die Anbaubestimmung einer Straße und damit ihre Eigenschaft als beitragsfähige Erschließungsanlage u.a., wenn sie nicht nur für eine unter dem Blickwinkel des Erschließungsbeitragsrechts nicht ins Gewicht fallende Teilstrecke in den Außenbereich einmündet; sie endet überdies dann, wenn sie mit einer solchen Teilstrecke durch ein aufgrund entsprechender Festsetzung beidseitig der Bebauung entzogenes Bebauungsplangebiet verläuft (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 06.12.1996 - 8 C 32.95 -, BVerwGE 102, 294 = NVwZ 1998, 69 - zitiert nach juris). Mit anderen Worten: Straßen im Außenbereich sind nicht zum Anbau bestimmt. Deshalb kann eine Straße im Außenbereich weder als solche noch als Verlängerung einer Straße, die bereits im Innenbereich liegt, eine zum Anbau bestimmte Erschließungsanlage im Sinne des §127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB sein. Das gilt auch für Straßen in bebauten Bereichen des Außenbereichs, für die eine Gemeinde eine Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB erlassen hat (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 13.11.2003 - 1 M 170/03 -, DÖV 2004, 709 - zitiert nach juris). Eine derartige Sachlage - ein Teil einer Verkehrsanlage war eine Anbaustraße, für die die Abrechnung nach Erschließungsbeitragsrecht in Betracht kam, ein anderer Teil verlief im Außenbereich und wäre dem Straßenbaubeitragsrecht unterfallen - war Gegenstand des vorgenannten Senatsbeschlusses.

24

Anders als im Erschließungsbeitragsrecht kann - worauf das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend hingewiesen hat - anknüpfend an den teilweise bzw. insbesondere insoweit abweichenden dort geltenden Vorteilsbegriff auch eine Außenbereichsstraße als Anlage nach Straßenbaubeitragsrecht abrechnungsfähig sein. Der straßenbaubeitragsrechtliche Vorteilsbegriff setzt keine Anbaufunktion der in den Blick zu nehmenden Anlage voraus; ausreichend ist vielmehr die einem Grundstück durch die Ausbaumaßnahme vermittelte verbesserte Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Anlage (vgl. Holz, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2008, § 8 Anm. 1.5.4.2). Hiervon ausgehend bezieht das Straßenbaubeitragsrecht jede rechtmäßige Grundstücksnutzung in den Vorteilsausgleich ein, also auch Außenbereichsnutzungen bzw. Außenbereichsgrundstücke werden erfasst bzw. bevorteilt (OVG Greifswald, Beschl. v. 12.11.1999 - 1 M 103/99 -, NordÖR 2000, 310; Beschl. v. 15.09.1998 - 1 M 54/98 -, NordÖR 1999, 299 - jeweils zitiert nach juris; vgl. Holz, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2008, § 8 Anm. 1.5.4.2; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 35 Rn. 16). Das Straßenbaubeitragsrecht differenziert anders als das Erschließungsbeitragsrecht für die Beteiligung eines Grundstücks an der Aufwandsverteilung vom Ansatz her nicht zwischen baulicher (und gewerblicher) Nutzbarkeit einerseits und landwirtschaftlicher (oder forstwirtschaftlicher) Nutzbarkeit andererseits (OVG Greifswald, Beschl. v. 12.11.1999 - 1 M 103/99 -, a.a.O.; Beschl. v. 15.09.1998 - 1 M 54/98 -, a.a.O.).

25

Insbesondere aus dieser unterschiedlichen Behandlung von Außenbereichsgrundstücken im Erschließungsbeitragsrecht einerseits und im Straßenbaubeitragsrecht andererseits folgt ohne Weiteres, dass mit der Beantwortung der Frage, ob - in Betrachtung derselben Straße und unabhängig davon, ob überhaupt Erschließungsbeitragsrecht Anwendung findet - eine oder mehrere Anlagen im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts anzunehmen sind, nicht zugleich zwingend die entsprechende straßenbaubeitragsrechtliche Problemstellung - parallel bzw. deckungsgleich - gelöst wäre. Ist es - wie dargestellt - im Erschließungsbeitragsrecht aus Rechtsgründen im Falle des Übergangs einer nach natürlicher Betrachtungsweise einheitlichen Anlage vom Innenbereich in den Außenbereich grundsätzlich notwendig, die abzurechnende Anlage an der Bereichsgrenze enden zu lassen, besteht eine solche Notwendigkeit im Straßenbaubeitragsrecht gerade nicht in gleicher Weise. Entsprechend hat der Senat in einem Fall, in dem Streitgegenstand ein Straßenbaubeitrag war, für den "gesamten Straßenzug", bestehend aus einer Innerortsstraße und einer Außenbereichsstraße, die Frage einer Abschnittsbildung erörtert, was denklogisch ausgeschlossen gewesen wäre, wenn dort automatisch schon der Übergang von der Innerorts- zur Außenbereichsstraße zur Annahme zweier selbständiger Anlagen geführt hätte (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 13.12.2004 - 1 M 277/04 -, juris; vgl. auch Beschl. v. 15.09.1998 - 1 M 54/98 -, NordÖR 1999, 299 - zitiert nach juris). Nichts anderes lässt sich hierzu dem Senatsbeschluss vom 13. November 2003 - 1 M 170/03 - (DÖV 2004, 709 - zitiert nach juris) entnehmen. Dieser betraf - wie gesagt - gerade den Fall, dass eine erschließungsbeitragsrechtlich zu behandelnde Anlage vom Innen- in den Außenbereich überging.

26

Neben den Unterschieden, die sich im Erschließungsbeitragsrecht einerseits und dem Straßenbaubeitragsrecht andererseits hinsichtlich der Ausdehnung der Anlage in der Behandlung von Außenbereichsstraßen ergeben, gibt es auch straßenbaubeitragsrechtliche Besonderheiten, die eine rechtliche Korrektur des Ergebnisses der natürlichen Betrachtungsweise erfordern, die wiederum erschließungsbeitragsrechtlich nicht notwendig wäre.

27

Eine solche Sachlage ist z. B. in der Regel gegeben, wenn eine "Hauptstraße" in Gestalt einer überwiegend dem überörtlichen Durchgangsverkehr dienenden Verkehrsanlage und eine hiervon abzweigende - nach natürlicher Betrachtungsweise - unselbständige Sackgasse wegen ihrer unterschiedlichen Verkehrsfunktionen verschiedenen Straßenarten mit in der Höhe differenzierten Gemeindeanteilen zuzuordnen sind. Während die Sackgasse erschließungsbeitragsrechtlich zusammen mit der Hauptstraße als eine Anlage zu betrachten ist, weil es im Erschließungsbeitragsrecht ohne rechtliche Relevanz ist, ob Hauptstraße und Sackgasse überwiegend dem Durchgangs- oder Anliegerverkehr dienen, muss straßenbaubeitragsrechtlich der mit einer unterschiedlichen Straßenfunktion verbundene unterschiedlich hohe Gemeindeanteil bei der Bestimmung der Anlage Berücksichtigung finden. Nur so kann gewährleistet werden, dass den Anliegern von Hauptstraße und Sackgasse nur die ihnen jeweils durch das Ortsrecht zugedachte Vorteilsquote zugerechnet werden kann. Hauptstraße und Sackgasse im vorstehenden Sinne bilden deshalb straßenbaubeitragsrechtlich grundsätzlich zwei selbständige Anlagen, selbst dann, wenn es sich bei natürlicher Betrachtungsweise um lediglich eine Anlage handeln würde.

28

Sieht das Ortsrecht auch einen bestimmten Gemeindeanteil für eine Außenbereichsstraße vor, kann sich daraus infolgedessen ergeben, dass eine nach natürlicher Betrachtungsweise einheitliche Anlage in Gestalt eine Straße, die vom Innen- in den Außenbereich übergeht, aus Rechtsgründen in zwei Anlagen unterfällt. Dies ist jedoch im konkreten Einzelfall dann nicht der Fall, wenn der Gemeindeanteil in beiden Bereichen gleich hoch ist.

29

Auch wenn - anders als das Verwaltungsgericht meint - § 3 Abs. 3 SBS insoweit den Typus der Außenbereichsstraßen dahingehend definiert, dass es sich um Straßen und Wege handelt, die nicht zum Anbau bestimmt sind, und hieran anknüpfend drei Kategorien derselben bildet, denen ihrerseits durch die Regelungstechnik der Gleichsetzung die unterschiedlichen Gemeindeanteile für Anlieger-, Innerorts- und Hauptverkehrsstraße gemäß § 3 Abs. 2 SBS zugeordnet werden, führt dies deshalb nicht zu der Schlussfolgerung, die Bewertung der D...straße als eine einheitliche Anlage durch das Verwaltungsgericht sei rechtsfehlerhaft. Denn wie sich insbesondere den Unterlagen zur "Ermittlung des umlagefähigen Aufwandes u. Verteilung auf die Grundstücke" (6.3 der Verwaltungsvorgänge) entnehmen lässt, hat die Antragsgegnerin für alle drei von ihr angenommenen Anlagen den gleichen kommunalen Anteil (Innerortsstraße bzw. dieser gleichgestellt) zugrundegelegt. In diesem Fall ist eine Abweichung vom Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise nicht geboten bzw. unzulässig.

30

Da im Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt ist, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt, erübrigen sich Ausführungen zu der vom Verwaltungsgericht - im Hinblick darauf, dass ein weiterer Ausbau der D...straße zur Insel G... offenbar gar nicht geplant ist, nicht ohne weiteres nachvollziehbar - aufgeworfenen Frage der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht. Wenn sich der technische Ausbau der Anlage nicht auf ihre gesamte Länge erstrecken soll, könnte sich bei fehlender Abschnittsbildung vielmehr die Frage stellen, ob der Ausbauaufwand auch auf sämtliche Anlieger der Gesamtanlage umgelegt worden ist.

31

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

32

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3, 47 GKG, wobei der streitige Abgabenbetrag nach ständiger Rechtsprechung des Senats im Eilverfahren zu vierteln ist.

33

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers gegen die Beitragsbescheide der Antragsgegnerin vom 19.11.2007 - Nr. ... und Nr. ... über die Festsetzung des Straßenbaubeitrages für den Ausbau der D.Straße in L., Ortsteil N., wird angeordnet.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

3. Der Streitwert beträgt 2.531,93 EUR.

Gründe

1

Der aus dem Tenor zu 1. ersichtliche Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die Zugangsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erfüllt, nachdem die Antragsgegnerin mit "Zwischenbescheiden" vom 11.02.2008 den Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hat.

2

Der Antrag ist auch begründet. Einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gewährt das Gericht entsprechend § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO unter anderem dann, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist hier der Fall.

3

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Straßenbaubeitragsbescheide bestehen im Hinblick auf die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes. Die Antragsgegnerin dürfte das Abrechnungsgebiet fehlerhaft gebildet haben, indem sie die D.Straße in N. für die Berechnung der Ausbaubeiträge in drei Anlagen aufgeteilt hat. Danach hat die Antragsgegnerin für die im Außenbereich verlaufende, ca. 150 m lange Teilstrecke der D.Straße - ohne förmliche Abschnittsbildung - ein eigenes Abrechnungsgebiet gebildet und den entsprechenden Aufwand allein auf die im Eigentum des Antragstellers stehenden und an diese Teilstrecke angrenzenden Grundstücke Gemarkung N., G 1, sowie G 2 verteilt. Dies ist unzulässig. Der Fehler wirkt sich zu Lasten des Antragstellers aus, weil - wie die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 25.07.2008 dargelegt hat - im Falle einer einheitlichen Abrechnung auf seine Grundstücke deutlich niedrigere Ausbaubeiträge entfallen würden.

4

Der straßenbaubeitragsrechtliche Anlagenbegriff ist identisch mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriff. Ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht ist daher für die Beantwortung der Frage, was beitragsfähige Einrichtung (Anlage) i.S.d. § 8 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) ist, darauf abzustellen, was sich bei natürlicher Betrachtungsweise als "gesamte Verkehrsanlage" darstellt, wobei auf den Zustand nach Abschluss des Bauprogramms und damit auf das äußere Erscheinungsbild abzustellen ist, dass die Straße nach ihrem Ausbau erlangt hat (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl., § 12 Rn. 11 m.w.N.).

5

Bei Anwendung dieser Kriterien ist nach dem Prüfungsmaßstab des Eilverfahrens davon auszugehen, dass es sich bei der D.Straße in N. um eine einheitliche Anlage handelt. Bei summarischer Prüfung lässt sich dem im Verwaltungsvorgang enthaltenen Luftbild entnehmen, dass die Anlage von der Einmündung in die K.Straße .. ostwärts in Richtung Insel G. verläuft und dabei unter anderem zwei Ortsteile von N. durchquert. Dabei bieten Straßenführung, Straßenbreite und Straßenausstattung ein im Wesentlichen einheitliches Erscheinungsbild. Dem dürfte nicht entgegenstehen, dass die Fahrbahn im Bereich der Anlage 2 (Außenbereichsstrecke) schmaler ausgebaut ist als auf der Reststrecke (3,50 m statt 5,00 m) und die Teileinrichtung Gehweg im Außenbereich fehlt. Letzteres ist für den Außenbereich typisch und ändert nichts an dem Gesamteindruck einer "durchlaufenden" Straße.

6

Zweifelhaft erscheint allenfalls, ob die Anlage bei natürlicher Betrachtungsweise an der östlichen Grenze des Geltungsbereichs der Klarstellungs- und Ergänzungssatzung endet, wie dies die Antragsgegnerin angenommen hat. Da die Straße zur Insel G. weiterführt, ist eine "natürliche Grenze" an dieser Stelle nicht ohne weiteres erkennbar. Die weitergehende Sachaufklärung dazu ist einem möglichen Hauptsacheverfahren vorbehalten. Da somit möglicherweise die Anlage nicht endgültig fertiggestellt ist, wäre in diesem Fall die sachliche Beitragspflicht noch nicht entstanden. Deshalb war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs insgesamt, nicht nur der Höhe nach anzuordnen.

7

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin tritt der Gesichtspunkt der natürlichen Betrachtungsweise nicht deshalb zurück, weil ein Teil der Anlage im Außenbereich und die anderen Teile im Innenbereich verlaufen. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise nicht ausnahmslos gilt, sondern gewissen Einschränkungen unterliegt. So zerfällt eine im Sinne der natürlichen Betrachtungsweise einheitliche Anlage zum Beispiel dann in mehrere rechtlich selbständig zu betrachtende Anlagen, wenn der Träger der Straßenbaulast oder das für die Refinanzierung maßgebliche Rechtsregime wechselt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn für einen Teil der Anlage die Abrechnung nach Straßenbaubeitragsrecht und für einen anderen Teil die Abrechnung nach Erschließungsbeitragsrecht (§§ 127 ff. BauGB) zu erfolgen hat, oder wenn für Anlagen im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet Ausgleichsbeträge gemäß § 154 BauGB erhoben werden, ferner dann, wenn eine Anlage oder Teile davon aufgrund eines "echten" Erschließungsvertrages (§ 124 BauGB) errichtet wurde und daher der Beitragserhebung entzogen ist. Auch bei "durchlaufenden" klassifizierten Straßen erfährt der Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise eine Ausnahme dergestalt, dass beitragsfähige Anlage (nur) die innerhalb der Ortsdurchfahrt gelegene Teileinrichtung ist (VG Greifswald, Urt. v. 12.06.2008, 3 A 1153/06, S. 8 des Umdrucks).

8

Weitergehende Einschränkungen der natürlichen Betrachtungsweise sieht das Gericht derzeit nicht, jedenfalls nicht deshalb, weil Teile der Anlage im Innenbereich und andere Teile im Außenbereich verlaufen.

9

Allerdings vertritt das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Auffassung, eine öffentliche Einrichtung ende bzw. beginne immer dort, wo sie in den Außenbereich eintritt bzw. zur Innerortsstraße wird (Beschl. v. 12.01.2006, 9 ME 245/05, NordÖR 2006, S. 262, 263; so auch Driehaus, a.a.O., § 31 Rn. 6). Dem vermag das Gericht jedenfalls für das Landesrecht in Mecklenburg-Vorpommern nicht zu folgen. Zunächst folgt diese Unterscheidung nicht aus dem Umstand, dass im Straßenbaubeitragsrecht der erschließungsbeitragsrechtliche (Anlagen-)Begriff der "natürlichen Betrachtungsweise" gilt. Denn die vom OVG Lüneburg getroffene Unterscheidung ist keine Ausprägung des Begriffs der "natürlichen Betrachtungsweise", sondern dessen Einschränkung. Solche Einschränkungen haben aber bereichsspezifisch mit Blick auf den in dem jeweiligen Abrechnungsregime geltenden Vorteilsbegriff zu erfolgen. So ist z.B. auch in der Rechtsprechung des OVG Lüneburg anerkannt, dass ein nach seinem Erscheinungsbild, also der "natürlichen Betrachtungsweise", als einzelne Einrichtung anzusehender Straßenzug gleichwohl als zwei selbständige Einrichtungen abzurechnen ist, wenn beiden Teilen unterschiedliche Verkehrsfunktionen zukommen, die zu unterschiedlichen Gemeindeanteilen führen (OVG Lüneburg, Beschl. v. 30.01.1998 - 9 M 2815/96, NdsVBl. 1998, 241). Umgekehrt führt der unterschiedliche Vorteilsbegriff im Erschließungs- und im Straßenbaubeitragsrecht dazu, dass die im Erschließungsbeitragsrecht gebotene Unterscheidung zwischen Straßenteilstrecken mit und ohne Anbaufunktion (vgl. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB) im Straßenbaubeitragsrecht unerheblich ist. Hier kommt es nicht darauf an, ob die ausgebaute Verkehrsanlage im unbeplanten Innenbereich oder im Außenbereich verläuft, denn im Straßenbaubeitragsrecht liegt der beitragsrelevante Vorteil nicht in der Schaffung oder Sicherung der Erschließung, sondern in der Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Ob der Verkehrsanlage eine Anbaufunktion zukommt, ist demgegenüber ohne Belang. Deshalb ist eine Unterscheidung zwischen innerörtlichen Straßen und Außenbereichsstraßen nicht geboten. Dem unterschiedlichen Maß des einem Außenbereichsgrundstück im Verhältnis zu einem Innenbereichsgrundstück gebotenen Vorteils ist allein durch die jeweiligen Nutzungsfaktoren der Beitragssatzung Rechnung zu tragen (VG Greifswald, Beschl. v. 22.08.2007, 3 B 1325/06, S. 11 des Umdrucks). Außerdem überzeugt das Argument des OVG Lüneburg, Innerortsstraße und Außenbereichsstraße seien verschiedene Straßentypen mit jeweils unterschiedlichen Anliegeranteilen, für das hiesige Landesrecht nicht. Nach § 3 Abs. 3 der Straßenbaubeitragssatzung der Gemeinde L. vom 20.01.2004 gibt es einen eigenständigen Straßentyp der Außenbereichsstraße nicht. Diese Straßen werden vielmehr den drei Straßenkategorien der Anliegerstraße, Innerortsstraße und Hauptverkehrsstraße gleichgestellt. Auch das Straßen- und Wegegesetz M-V kennt den Begriff der Außenbereichsstraße nicht.

10

Zu Unrecht beruft sich die Antragsgegnerin für ihre Rechtsauffassung auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern. Zwar hat dieses in seinem Beschluss vom 13.11.2003 (1 M 170/03, S. 10 des Umdrucks) folgendes ausgeführt:

11

"Bei einer derartigen Sachlage - ein Teil einer Verkehrsanlage ist eine Anbaustraße, ein anderer Teil verläuft im Außenbereich - kann es sich um zwei verschiedene öffentliche Verkehrsanlagen handeln. Der rechtliche Gesichtspunkt der natürlichen Betrachtungsweise kann in einem solchen Fall zurücktreten."

12

Diese Ausführungen dürfte die Antragsgegnerin jedoch fehlinterpretiert haben, sofern sie sie im Sinne eines allgemeinen Grundsatzes im Straßenbaubeitragsrecht versteht. Denn die zitierte Passage bezieht sich ersichtlich nur auf das Erschließungsbeitragsrecht, wie die ausführliche Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zeigt. Dies beruht darauf, dass in dem entschiedenen Fall gemäß § 242 Abs. 9 BauGB für eine Teilstrecke der Anlage eine Abrechnung nach Erschließungsbeitragsrecht in Betracht kam. Die Ausführungen erfolgten unter der Prämisse, "dass die Straße im Zeitpunkt der Wende noch nicht erstmalig hergestellt gewesen ist" (Seiten 10 und 13 des Umdrucks). Damit ist die Entscheidung auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

13

Da nach Auffassung des Gerichts keine atypische Grundstückssituation vorliegt, ist für eine Abrechnung nach einer Sondersatzung kein Raum.

14

Entscheidungserheblich kommt es auf den Einwand des Antragstellers nicht mehr an, seine Grundstücke hätten von der ausgebauten Straße keinen Vorteil, weil sie über eine anderweitige Erschließung verfügten. Für den Fall einer geänderten Aufwandsverteilung sei aber darauf hingewiesen, dass der Einwand unbegründet ist. Als Anliegergrundstücke der D.Straße in N. sind die Ackerflächen des Antragstellers in die Aufwandsverteilung einzubeziehen. Der beitragsrelevante Vorteil wird bereits durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme begründet. Eine anderweitige Erschließung bleibt dabei außer Betracht.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus §§ 52 Abs. 3, 53 Abs. 3 GKG, wobei der streitige Abgabenbetrag für das Eilverfahren zu vierteln war.

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Straßenbaubeitragsbescheide des Antragsgegners vom 17.08.2009 für die Grundstücke Flurstücke G1, G2, G3, G4, G5, G6 sowie Flurstück G7 wird angeordnet.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 668,98 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der im Tenor zu 1. ersichtliche Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die Zugangsvoraussetzung des § 80 Abs. 6 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gegeben, da der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung unter dem 01.10.2009 abgelehnt hat.

2

Der Antrag ist auch begründet. Vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gewährt das Gericht entsprechend § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO u.a. dann, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides bestehen. So ist es hier.

3

1. An der Wirksamkeit der den Bescheiden zu Grunde liegenden Satzung der Stadt Friedland über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 29.04.2002 (Straßenausbaubeitragssatzung - SBS) bestehen erhebliche Zweifel. Die Regelung des § 2 Satz 3 SBS dürfte unwirksam sein, mit der Folge, dass die Beitragssatzung den Kreis der Abgabenschuldner nicht mehr vollständig angibt und damit nicht mehr den Mindestinhalt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) aufweist. Zwar bestimmt § 2 Satz 3 SBS im Einklang mit § 8 Abs. 10 Satz 3 KAG a.F., dass im Veranlagungsverfahren der Eigentümer eines Gebäudes auch zum Beitragspflichtigen bestimmt werden kann, wenn das Eigentum an einem Grundstück und an einem Gebäude infolge der Regelung des § 286 Zivilgesetzbuch vom 19. Juni 1975 (GBl. DDR I, S. 465) getrennt ist. Allerdings ist diese Bestimmung so nicht mehr zulässig, denn nunmehr bestimmt § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V, dass, wenn das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Art. 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet ist, der Inhaber dieses Rechtesanstelle des Eigentümers beitragspflichtig ist. Der Antragsgegner kann daher den Grundeigentümer nicht mehr neben dem Gebäudeeigentümer heranziehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 22 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V. Die Regelung bestimmt, dass Satzungen, die aufgrund des Kommunalabgabengesetzes vom 1. Juni 1993 (GVOBl. M-V S. 522, 916), geändert durch Artikel 27 des Gesetzes vom 22. November 2001 (GVOBl. M-V S. 438) gültig erlassen worden sind, weiterhin in Kraft bleiben. Allerdings sind sie gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 KAG M-V bis zum 1. Januar 2007 dem geänderten Recht anzupassen. Anderenfalls werden die mit dem Kommunalabgabengesetz nicht mehr zu vereinbarenden satzungsrechtlichen Bestimmungen unwirksam. Die Bestimmung des § 2 Satz 3 SBS ist mit Ablauf der Anpassungsfrist unwirksam geworden; eine Anpassung ist nicht erfolgt. Eine geltungserhaltende Auslegung der Regelung des § 2 Satz 3 SBS ist nicht möglich. Insoweit lässt die Norm keinen Raum. Sie räumt dem Antragsgegner bei der Heranziehung des Beitragspflichtigen kein Ermessen ein. Nach der Norm ".. ist auch der Eigentümer eines Gebäudes, ..." beitragspflichtig, d.h. neben dem Grundstückseigentümer ist im Falle der Trennung von Grundstücks- und Gebäudeeigentum - stets - auch der Gebäudeeigentümer heranzuziehen. Der Grundstücks- und der Gebäudeeigentümer haften in diesen Fällen als Gesamtschuldner.

4

Die sachliche Beitragspflicht ist vorliegend auch nicht vor dem Ablauf der Anpassungsfrist des § 22 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V entstanden. Nach § 8 Abs. 5 KAG M-V entsteht die sachliche Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung. Das Merkmal "endgültige Herstellung" wird in § 9 Satz 1 SBS definiert; die Bestimmung stellt maßgebend auf den Zeitpunkt ab, an dem die Kosten feststehen. Dies ist nach § 9 Satz 2 SBS frühestens der Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung. Zwar lag diese bereits Ende Dezember 2005 und damit vor Ablauf der Anpassungsfrist des § 22 Abs. 2 Satz 1 KAG M-V vor. Gleichwohl konnte die sachliche Beitragspflicht zu diesem Zeitpunkt nicht entstehen, denn die Vorteilslage - der Zeitpunkt an dem die Kosten feststehen - ist vorliegend erst mit Abschluss der Verwendungsnachweisprüfung durch den Landrat des Landkreises Neustrelitz im Dezember 2007 und damit nach Ablauf der Anpassungsfrist eingetreten. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern (vgl. nur OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 15.10.2008 - 1 L 104/05, n.V.; Holz in: Aussprung/Siemers/Holz, Kommunalabgabenrecht, Stand Juli 2009, § 8 Anm. 1.7) gibt es über die in § 8 Abs. 7 KAG a.F. (jetzt § 8 Abs. 5 KAG M-V) unmittelbar bzw. ausdrücklich im Gesetz genannten Tatbestandsmerkmale hinausgehende - ungeschriebene - Tatbestandsmerkmale, die verwirklicht sein müssen, damit die sachliche Beitragspflicht entsteht. Bei der Gewährung von Zuwendungen, die - wie hier - auch den Beitragspflichtigen zu Gute kommen können, entsteht die sachliche Beitragspflicht erst, wenn der maßgebliche umlagefähige Aufwand bestimmt werden kann, also erst, wenn der Zuschussgeber mit dem Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung die endgültige Zuschusshöhe mitgeteilt hat, d.h. vorliegend mit der Mitteilung vom 03.12.2007. Diesen Umstand trägt § 9 Satz 2 SBS mit der Wendung Rechnung, dass die Beitragspflichtfrühestens mit dem Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung entsteht.

5

2. Darüber hinaus bestehen Bedenken gegen die Rechtsanwendung. Zweifelhaft ist, ob der Antragsgegner sowohl bei der Heranziehung des Antragstellers zum Straßenausbaubeitrag für die Ausbaumaßnahme "Be.-Straße bis zum Abzweig nach R., An der Kirche, F.-Weg bis zum Grundstück Nr. 7 in Friedland, OT B." als auch bei der Heranziehung für die Ausbaumaßnahme " G.-Weg" den Anlagenbegriff richtig angewendet und demgemäß auch die Abrechnungsgebiete ordnungsgemäß gebildet hat.

6

Nach § 4 Abs. 1 SBS bilden das Abrechnungsgebiet die Grundstücke, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Ebenso wie für die Aufwandsermittlung nach § 1 Satz 1 i.V.m. § 3 SBS ist für die Bildung des Abrechnungsgebietes der Anlagenbegriff maßgebend. Dieser ist identisch mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriff (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 15.09.1998 - 1 M 54/98, VwRR MO 1999, 104). Ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht ist daher für die Beantwortung der Frage, was beitragsfähige Einrichtung (Anlage) i.S.d. § 8 KAG M-V ist, darauf abzustellen, was sich bei natürlicher Betrachtungsweise als "gesamte Verkehrsanlage" darstellt, wobei auf den Zustand nach Abschluss des Bauprogramms, d.h. auf das äußere Erscheinungsbild, das die Straße nach ihrem Ausbau erlangt hat, abzustellen ist (OVG Mecklenburg-Vorpommern, a.a.O.).

7

Bereits die Aufwandsermittlung hat sich am Anlagenbegriff zu orientieren. Beitragsfähig kann nur der in Bezug auf die ausgebaute Anlage entstandene Aufwand sein. Damit beschränkt der Anlagenbegriff die Aufwandsermittlung in räumlicher Hinsicht. Nur so wird sichergestellt, dass der Beitragspflichtige ausschließlich an den Kosten "seiner" Verkehrsanlage beteiligt wird. Eine Beteiligung an den Kosten einer "fremden" Verkehrsanlage wäre vorteilswidrig und daher unzulässig. Bei der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes (Verteilungsphase) dient der Anlagenbegriff der vorteilsgerechten Lastenverteilung. Denn am umlagefähigen Aufwand müssen alle diejenigen - aber auch nur diejenigen - beteiligt werden, deren Grundstücken wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Anlage eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Anlage eröffnet wird.

8

Diese Maßgaben sind vom Antragsgegner für beide Abrechnungsgebiete nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung verkannt worden.

9

a. Ausweislich des vom Antragsgegner vorgelegten Übersichtsplanes wurden bei der Aufwandsermittlung der Ausbaumaßnahme " G.-Weg" der gesamte G.-Weg als eine Anlage zusammengefasst. Nach dem der Kammer vorliegenden Kartenmaterial und eines Luftbildes (über http://www.gaia-mv.de/gaia/gaia.php) ist zweifelhaft, ob die genannte Verkehrsanlage eine einheitliche Verkehrsanlage im Sinne der natürlichen Betrachtungsweise bildet.

10

Es ist zweifelhaft, ob es sich bei dem Abzweig vom G.-Weg in Höhe der Flurstücke G8 und G9, der Flur 1, Gemarkung B. in Richtung der Flurstücke G10 und G11, der Flur 3, Gemarkung B. um eine unselbständige Anlage - wie vom Antragsgegner angenommen - handelt. Die Abgrenzung einer unselbständigen von einer selbständigen Anlage richtet sich danach, ob die unselbständige Anlage als "Anhängsel" zu werten ist, dem lediglich die Funktion einer (verlängerten) Zufahrt zukommt. Demnach ist die Unselbständigkeit einer Anlage nur bei Sackgassen/Stichstraßen möglich. Die Unselbständigkeit einer Anlage - und damit ihr Charakter als Zufahrt bzw. Anhängsel - kommt in ihrer (geringen) Länge und in der (geringen ) Anzahl der durch sie erschlossenen Grundstücke zum Ausdruck. Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob eine Verkehrsanlage erschließungsbeitragsrechtlich selbständig oder unselbständig ist, ist dabei der Gesamteindruck, die die tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln, wobei besondere Bedeutung der Ausdehnung der Anlage, ihrer Beschaffenheit, der Zahl der durch sie erschlossenen Grundstücke und auch dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße, in die sie einmündet, zukommt (vgl. dazu Holz, a.a.O., § 8 Anm. 1.1.3.2. m.w.N). Vorliegend weist der Abzweig von der Gartenstraße bis zur letzten Bebauung eine Länge von ca. 125 bis 130 m auf. Grundsätzlich ist jedoch eine von einer Anbaustraße abzweigende befahrbare Sackgasse dann als selbständig zu qualifizieren, wenn sie länger als 100 m ist (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 16.09.1998 - 8 C 8/97, DVBl. 1999, 395). Allein deshalb ist zweifelhaft, ob es sich um eine unselbständige Anlage handelt. Da es jedoch grundsätzlich auf den Gesamteindruck der Anlage ankommt und für eine Unselbständigkeit der Anlage der Umstand sprechen könnte, dass die Straße nur wenige (Wohn-) Grundstücke erschließt, bleibt die Klärung der Frage, ob eine unselbständige Anlage vorliegt, dem Hauptsachverfahren vorbehalten. In diesem sollte auch geklärt werden, ob es sich - wie das Kartenmaterial vermuten lässt - bei dem Abzweig tatsächlich um eine Stichstraße/Sackgasse handelt.

11

Darüber hinaus kann die Kammer anhand der vorliegenden Unterlagen nicht abschließend feststellen, ob die Anlage " G.-Weg", beginnend von der Abzweigung Landesstraße MST 56 "B.er Allee", bei der Kreuzung G.-Weg/Weg zum Sportplatz endet oder - wie vom Antragsgegner angenommen - rechtwinklig abzweigt und bis zur Wiedereinmündung in die Landesstraße MST 56 führt. Dies bleibt der Klärung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

12

b. Erhebliche Bedenken bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Bildung des Abrechnungsgebietes "Be.-Straße bis zum Abzweig nach R., An der Kirche, F.-Weg bis zum Grundstück Nr. 7 in Friedland, OT B.".

13

Bei der Aufwandsermittlung wurden diese Straßen zu einer Abrechnungseinheit zusammengefasst. Nach Auffassung der Kammer spricht viel dafür, dass - wie auch von dem Antragsgegner erkannt - der F.-Weg und die Be.-Straße/An der Kirche keine einheitliche Verkehrsanlage bilden. Nach Ansicht der Kammer bilden jedoch die Straße "An der Kirche" und die "Be.-Straße" eine einheitliche Anlage im Sinne der natürlichen Betrachtungsweise. Eine Abschnittsbildung bzw. Teilung der Strecke "An der Kirche" und "Be.-Straße" in zwei Anlagen ist jedoch unschädlich.

14

Zweifelhaft ist jedoch, ob die genannten Anlagen zu einer Abrechnungseinheit zusammengefasst werden können. Nach § 4 Abs. 2 zweiter Hs. SBS können Verkehrsanlagen zu einer Abrechnungseinheit zusammengefasst werden und damit gemeinsam abgerechnet werden. Ein entsprechender Beschluss der Stadtvertretung Friedland liegt vor. Allerdings dürfte die Regelung des § 4 Abs. 2 zweiter Hs. SBS wegen einer fehlenden Rechtsgrundlage unwirksam sein (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 21.12.2006 - 5 TG 2329/06, KStZ 2007, 113; Urt. v. 10.10.1984 - V OE 101/82; a.A.: OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 23.04.1997 - 6 M 114/96, S. 3 des Entscheidungsumdrucks; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflg., § 30 Rn. 44 unter Hinweis auf OVG Lüneburg, Urt.v . 18.03.1986 - 9 A 237/82 - bzw. OVG Münster, Beschl. v. 04.02.1985 - 2 B 499/84). Das Kommunalabgabengesetz kennt zwar die Bildung von Abrechnungsabschnitten (vgl. § 8 Abs. 4 KAG M-V), nicht aber eine dem § 130 Abs. 2 Satz 3 Baugesetzbuch (BauGB) entsprechende Bestimmung zur Bildung von Abrechnungseinheiten. Nach Auffassung der Kammer spricht einiges dafür, dass es nicht nur in Ansehung der Bildung von Abrechnungsabschnitten, sondern auch in Ansehung der Bildung von Abrechnungseinheiten einer gesetzgeberischen Entscheidung bedarf. Denn die Bildung einer Abrechnungseinheit führt gegenüber der vom Kommunalabgabengesetz als Regelfall vorgesehenen Einzelabrechnung zu einer Verschiebung der Beitragslasten und ist daher "wesentlich" im Sinne der Wesentlichkeitstheorie. Zum einen können in Ansehung der zusammengefassten Verkehrsanlagen unterschiedliche Baukosten pro Quadratmeter Straßenfläche bestehen. Zum anderen ist zu klären, ob Grundstücke, die an mehrere der zusammengefassten Anlagen angrenzen, bei der Bildung einer Abrechnungseinheit trotz ihres Angrenzens an mehrere Verkehrsanlagen wie im Erschließungsbeitragsrecht (vgl. § 131 Abs. 1 Satz 2 BauGB) nur einmal berücksichtigt werden sollen. Dies wirkt sich auf die Ermittlung der Anzahl der auf die jeweiligen Grundstücke entfallenden Beitragseinheiten aus. Die Eigentümer der Grundstücke, die an mehrere der zusammengefassten Anlagen angrenzen, werden entlastet, die Eigentümer der übrigen in den Vorteilsausgleich einzubeziehenden Grundstücke werden dagegen belastet.

15

Hiergegen wird allerdings eingewendet, die oben zitierte Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern, wonach die Bildung von Abrechnungseinheiten auch ohne ausdrückliche landesgesetzgeberische Ermächtigung zulässig sei, weil § 8 KAG (a.F.) keine gegenteilige Regelung enthalte und im Übrigen der erschließungsbeitragsrechtliche Anlagenbegriff gelte, sei im Gesetzgebungsverfahren zur KAG-Novelle 2005 bekannt gewesen und daher vom Gesetzgeber in seinen Willen aufgenommen worden (Holz, a.a.O., § 8 Anm. 1.1.3.4). Dieser Einwand greift aber möglicherweise zu kurz, denn in der Entscheidung wird lediglich die Frage der Zulässigkeit der Zusammenfassung mehrerer selbständiger Anlagen unter dem Gesichtspunkt eines funktionalen Abhängigkeitsverhältnisses geklärt, während offen bleibt, ob die Bildung von Abrechnungseinheiten nur die Frage der Aufwandsermittlung betrifft oder ob sie sich auch auf die Aufwandsverteilung auswirkt. Damit ist auch offen, welchen Regelungsgehalt der Landesgesetzgeber im Rahmen der KAG-Novelle 2005 in seinen Willen aufgenommen hat. Besonders deutlich wird dieses Problem bei der bereits angesprochenen Frage der Behandlung von Grundstücken, die an mehrere der zusammengefassten Anlagen angrenzen. Die Regelung des § 131 Abs. 1 Satz 2 BauGB ist eine Reaktion des Bundesgesetzgebers auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 131 Abs. 1 BBauG (nunmehr § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB), wonach bei der Verteilung des beitragsfähigen Erschließungsaufwandes für zwei einzelne Anbaustraßen eine zweifache Berücksichtigung von so genannten Eckgrundstücken unabhängig davon geboten ist, ob die Gemeinde den Erschließungsaufwand gemäß § 130 Abs. 2 Satz 1 BBauG bzw. BauGB trennt oder gemäß § 130 Abs. 2 Satz 2 BBauG (nunmehr § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB) gemeinsam ermittelt (BVerwG, Urt. v. 09.12.1983 - 8 C 112/82, BVerwGE, 68, 249, <259 ff.>). Der Bundesgesetzgeber hat sich mit Regelung des § 131 Abs. 1 Satz 2 BauGB im Rahmen seiner Zuständigkeit für die zweite Alternative entschieden; eine ausdrückliche Entscheidung des Landesgesetzgebers hierzu liegt nicht vor.

16

Ungeachtet dessen fehlt es vorliegend an der für die Bildung einer Abrechnungseinheit erforderlichen funktionellen Abhängigkeit der selbständigen Erschließungsanlagen. Eine funktionelle Abhängigkeit kann nur angenommen werden, wenn Erschließungsanlagen in einer derartigen Beziehung zueinander stehen, dass eine Anlage ihre Funktion lediglich im Zusammenwirken mit einer bestimmten anderen Anlage in vollem Umfang erfüllen kann, d.h. wenn ausschließlich die letzte Anlage der ersteren die Anbindung an das übrige Straßennetz vermittelt. Dies ist nur denkbar für die Zusammenfassung einer (aufwendigeren) Hauptstraße mit einer (von ihr abzweigenden) selbständigen Sackgasse oder einer Straße mit einer von ihr abzweigenden und wieder einmündenden Ringstraße (vgl. dazu Holz, a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Sowohl bei der Be.-Straße als auch bei dem F.-Weg handelt es sich um weiterführende Straßen, wobei die Be.-Straße später in die Landesstraße 282 mündet und der F.-Weg nach R. führt. Dass eine der beiden Straßen ihre Funktion nur mit der jeweils anderen Anlage erfüllen kann, ist nicht erkennbar.

17

Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass an der Rechtmäßigkeit der Abschnittsbildung bzgl. des F.-Weges erhebliche Zweifel bestehen. Voraussetzung für eine Abschnittsbildung ist, dass die Abschnitte gemäß § 8 Abs. 4 KAG M-V selbständig in Anspruch genommen werden können. Eine Teillänge einer Anlage kann nur dann mit der geforderten Selbständigkeit in Anspruch genommen werden, wenn dieses Teilstück sich nach örtlich erkennbaren Merkmalen oder nach rechtlichen Gesichtspunkten abgrenzen lässt (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 28.02.2005 - 4 L 233/01). Als örtlich erkennbare Merkmale kommen z.B. Straßeneinmündungen, Plätze, Brücken, Wassereinläufe oder Gleisanlagen in Betracht. Der in dem Beschluss vom 27.05.2009 gebildete Abschnitt "F.-Weg bis zum Grundstück G12 (F.-Weg 7)" genügt diesen Anforderungen wohl nicht, da unklar bleibt, wo genau der Abschnitt endet. Das Flurstück G12 liegt an einer Straßengabelung und wird von zwei Wegen umschlossen. Das Ende des Abschnittes kann daher sowohl an der weiterführenden Straße Richtung R. als auch an der Straße in Richtung des Grundstückes Flurstücke G13 und G14 liegen. Für die Bildung des Abrechnungsgebietes kommt dem letztlich entscheidende Bedeutung zu.

18

c. Offen bleiben kann, ob der Antragsteller durch die Rechtsanwendungsfehler benachteiligt wird. Diese Frage, deren Beantwortung maßgebend davon abhängt, ob sich die Reduzierung des auf die "fremden" Anlagen entfallenden Aufwandes stärker auswirkt als der Wegfall der auf diese Anlagen entfallenden Beitragseinheiten, kann im Rahmen des Eilverfahrens nicht geklärt werden. Allerdings ist auf den summarischen Charakter des Verfahrens hinzuweisen. Es ist nicht die Aufgabe des Eilverfahrens, tatsächliche Fragen wie z.B. den Verlauf und die Abgrenzung unterschiedlicher Verkehrsanlagen abschließend zu klären. Eine gerichtliche Pflicht zur Spruchreifmachung (§§ 86 Abs. 1, 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.09.2008 - 9 B 2.08, zit. nach Juris) besteht im Eilverfahren nicht. Die Spruchreifmachung ist einem etwaigen Hauptsacheverfahren vorbehalten. Der Fehler bei der Bestimmung der beitragsfähigen Anlage bzw. des Abrechnungsgebietes reicht für die Annahme "ernstlicher Zweifel" aus (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 13.10.2006 - 3 B 1052/06).

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d. Auf die weiteren zwischen den Beteiligten umstrittenen Fragen kommt es im Rahmen dieses Eilverfahrens nicht mehr an. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass die Vorgehensweise des Antragsgegners hinsichtlich der Zustellung neuer Beitragsbescheide Bedenken unterliegt. Nach dem eigenen Vortrag des Antragsgegners werden neue Bescheide nur den Eigentümern zugestellt, die ihren zum ersten Bescheid eingelegten Widerspruch aufrecht erhalten oder den Beitrag noch nicht bezahlt haben. Bei den Beitragspflichtigen, die den ursprünglichen Straßenbaubeitragsbescheid haben bestandskräftig werden lassen und den Beitrag auch bezahlt haben, wird der Vorgang dagegen als abgeschlossen betrachtet, d.h. es erfolgt keine Heranziehung nach den neu errechneten Beiträgen. Sachliche Gründe für diese Ungleichbehandlung bei der Heranziehung sind derzeit nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Darüber hinaus steht die Entscheidung, wer nach der Neuberechnung des Straßenbaubeitrages heranzuziehen ist, nicht im Ermessen der Behörde. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer handelt es sich bei der Neuberechnung des Straßenbaubeitrages und der anschließenden (Neu-) Festsetzung des Beitrages um einen Fall der Nacherhebung, dem der Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung nicht entgegensteht (vgl. ausführlich dazu VG Greifswald, Beschl. v. 13.03.2009 - 3 B 1901/08, n.V.; offen gelassen vom OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 19.11.2007 - 1 L 1/07, S. 4 des Umdrucks). Insbesondere stehen der Nacherhebung die Vorschrift der §§ 172 ff. Abgabenordnung (AO) die über die Verweisung des § 12 Abs. 1 KAG M-V Anwendung finden, nicht entgegen, weil durch die Nacherhebung der (bestandskräftige) frühere Heranziehungsbescheid nicht im Sinne der genannten Vorschriften aufgehoben bzw. abgeändert, sondern lediglich der Beitragsanspruch voll ausgeschöpft wird (vgl. auch Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand 09/06, § 8 Rn. 26 bis 32 m.w.N.; so auch Dietzel, in: Driehaus, a.a.O., § 8 Rn. 511). Fraglich ist jedoch, welche Folgen sich daraus für das vorliegende Verfahren ergeben. Grundsätzlich wird im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eine Verböserung (reformatio in peius) als zulässig angesehen. Der Behörde soll damit die Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes ermöglicht werden. Macht die Behörde jedoch durch ihr Handeln - wie vorliegend der Fall - deutlich, dass die Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes offensichtlich nicht im Vordergrund steht, ist fraglich, ob nicht in diesem Einzelfall ausnahmsweise auch eine Verböserung im Widerspruchsverfahren als unzulässig angesehen werden muss. Letztlich bleibt die Klärung dieser Frage dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerte aus §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG), wobei die Höhe der streitigen Abgaben mit Blick auf den vorläufigen Charakter des Eilverfahrens zu vierteln war.

(1) Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann nach den tatsächlich entstandenen Kosten oder nach Einheitssätzen ermittelt werden. Die Einheitssätze sind nach den in der Gemeinde üblicherweise durchschnittlich aufzuwendenden Kosten vergleichbarer Erschließungsanlagen festzusetzen.

(2) Der beitragsfähige Erschließungsaufwand kann für die einzelne Erschließungsanlage oder für bestimmte Abschnitte einer Erschließungsanlage ermittelt werden. Abschnitte einer Erschließungsanlage können nach örtlich erkennbaren Merkmalen oder nach rechtlichen Gesichtspunkten (z. B. Grenzen von Bebauungsplangebieten, Umlegungsgebieten, förmlich festgelegten Sanierungsgebieten) gebildet werden. Für mehrere Anlagen, die für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden, kann der Erschließungsaufwand insgesamt ermittelt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.