Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 12. Okt. 2016 - 4 K 3011/16

bei uns veröffentlicht am12.10.2016

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.500 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz wegen eines Bescheids der Antragsgegnerin, mit dem diese ihm als Nießbrauchberechtigtem und als Geschäftsführer der ... GmbH, welche das baurechtlich als „Piano-Bar“ genehmigte "...“ betreibt, die Nutzung der Grundstücke Flst-Nr. 1366 (... Straße … / ...) und 1365 (...) „zum Zweck der Ausübung einer Vergnügungsstätte insbesondere in Form einer Diskothek bzw. in Form von Tanzveranstaltungen mit Live-Musik und/oder Disc-Jockeys“ und die Überlassung der Grundstücke zu diesem Zweck an Dritte untersagt sowie ein Zwangsgeld in Höhe von 1000 Euro angedroht hat (die Untersagung umfasst nicht die bisher wöchentlich stattfindenden Jazz-Konzerte).
II.
Auch die Kammer geht davon aus, dass sich der Antrag nach seinem Wortlaut und auch sachdienlich auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Nutzungsuntersagung in Nr. 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 15.08.2016 beschränkt.
Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung unterliegt in formeller Hinsicht keinen Bedenken; insbesondere hat die Antragsgegnerin das aus ihrer Sicht gegebene besondere Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagung hinreichend gemäß § 80 Abs. 3 VwGO begründet.
Auch überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagung das private Interesse des Antragstellers, hiervon vorerst, bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über seinen Widerspruch, verschont zu bleiben.
Dafür ist zunächst maßgeblich, dass durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Nutzungsuntersagung voraussichtlich nicht bestehen.
Die Nutzungsuntersagung dürfte hinreichend bestimmt sein (§ 37 Abs. 1 LVwVfG). Das Bestimmtheitsgebot verlangt, dass der Adressat eines Verwaltungsakts in der Lage sein muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist. Zum anderen muss der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und dem mit ihm verfolgten Zweck (BVerwG, Beschl. v. 13.10.2010 - 7 B 50.10 - juris Rn. 8 und Urt. v. 02.07.2008 - 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 m.w.N.). Dabei muss sich die „Regelung“ (§ 35 Satz 1 LVwVfG) nicht unmittelbar und allein aus dem Entscheidungssatz ergeben. Es reicht aus, wenn sie sich aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen, unzweifelhaft erkennen lässt (BVerwG, Urt. v. 25.04.2001 - 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160 m.w.N.; vgl., zu einer Nutzungsuntersagung, auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 13.04.2011 - 8 S 668/11 - juris).
Mit dem Bescheid untersagt wird eine Nutzung „zum Zweck der Ausübung einer Vergnügungsstätte insbesondere in Form einer Diskothek bzw. in Form von Tanzveranstaltungen mit Live-Musik und/oder Disc-Jockeys“. Die Kammer versteht dies dahin, dass mit der Nutzungsuntersagung nicht jegliche Tanzveranstaltungen mit Live-Musik und/oder Disc-Jockeys im „...“ verboten werden. Verboten wird mit der Verfügung allein, dass solche Veranstaltungen nach ihrer Art und vor allem nach ihrem Umfang bei der Nutzung des „...“ überwiegen und ihm damit und auch sonst das Gepräge einer Vergnügungsstätte geben (wie dies nach der - wie noch auszuführen ist - voraussichtlich zutreffenden Auffassung der Antragsgegnerin bis zuletzt der Fall war). Denn wenn die Antragsgegnerin jegliche diskothekenähnliche Musik- und Tanzveranstaltungen im „...“ hätte verbieten wollen, hätte es des Vorspanns „zum Zweck der Ausübung einer Vergnügungsstätte in der Form …“ nicht bedurft. Letztlich enthält die Nutzungsuntersagung damit nur die Feststellung, dass das „...“ mit dem zuletzt gebotenen (und angekündigten weiteren) DJ-Musikprogramm eine Vergnügungsstätte war, sowie ein Verbot, es „so nicht“ weiterzuführen. Deutlich wird dies auch aus der Begründung der angefochtenen Verfügung, in der der Begriff der Vergnügungsstätte erläutert wird, so wie in der Antwort der Antragsgegnerin vom 01.09.2016 auf die Rückfrage der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 25.08.2016; denn in dieser heißt es, dass die vom Antragsteller angekündigten Veranstaltungen mit DJ-Musik in den Monaten September bis Dezember 2016 nur auf eine geringfügige Reduzierung hinausliefen und sich dadurch an der Einstufung als Vergnügungsstätte nichts ändere. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Antragsgegnerin vom Nutzungsverbot ausdrücklich die bisher wöchentlichen, jeweils am Donnerstag stattfindenden, Jazz-Konzerte ausgenommen hat; dies heißt nicht etwa im Umkehrschluss, dass DJ-Musik-Veranstaltungen vollständig untersagt sind. Auch der Wortlaut der Zwangsgeldandrohung legt dies nicht nahe.
Mit diesem Inhalt ist die Verfügung voraussichtlich nicht unbestimmt.
10 
Der Begriff der Vergnügungsstätte (vgl. u.a. § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO), der in der Baunutzungsverordnung 1962 wie auch in späteren Fassungen der Baunutzungsverordnung nicht näher umschrieben wird, hat in der Rechtsprechung eine nähere Eingrenzung, auch in Abgrenzung zum Begriff der Schank- und Speisewirtschaft einerseits bzw. den Anlagen für kulturelle und/oder sportliche Zwecke andererseits, erfahren. Es handelt sich um eine besondere Nutzungsart, bei der die kommerzielle Unterhaltung der Besucher durch entsprechende Dienstleistungen des Betreibers im Vordergrund steht (vgl., auch zum Folgenden, OVG NRW, Beschl. v. 15.04.2011 - 7 B 1263.10 - juris, zur Einstufung einer Veranstaltungshalle als Vergnügungsstätte; BVerwG, Beschl. v. 09.10.1990 - 4 B 120.90 -, BRS 50 Nr. 60; Dolde/Schlarmann, Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in beplanten Gebieten, BauR 1984, 121. Wesentlich ist dabei insbesondere, dass nach der Systematik der Baunutzungsverordnung eine Vergnügungsstätte nach Vorstellung des Gesetzgebers regelmäßig mit städtebaulich nachteiligen Auswirkungen verbunden ist, die unterschiedlicher Art sein können. Maßgeblich sind deshalb nicht die Definitionen des Vergnügungssteuerrechts, sondern typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen. Hierzu zählt insbesondere der Lärm, der von der Nutzung der betroffenen Gebäude selbst ausgeht - wie Musikdarbietungen oder die Geräusche von feiernden Teilnehmern -, sowie derjenige, der im zeitlichen Zusammenhang mit der An- und Abfahrt der Besucher oder Teilnehmer entsteht - wie Motorengeräusch, Türenschlagen, Gespräche bei der Verabschiedung etc. (vgl. OVG NRW, Urt. v. 27.04.2006 - 7 A 1620/05 -, BRS 70 Nr. 70; VG Karlsruhe, Urt. v. 11.08.2010 - 5 K 3274/09 - juris). Die Antragsgegnerin hat insoweit auch zahlreiche Abgrenzungskriterien zur näheren Bestimmung des Begriffs der Vergnügungsstätte im angefochtenen Bescheids unter Bezugnahme auf Literatur und Rechtsprechung ausgeführt: So sind Vergnügungsstätten durch kommerzielle Freizeitgestaltung und Amüsierbetriebe gekennzeichnet. Eine Schank- und Speisewirtschaft verliert ihren planungsrechtlichen Charakter nicht dadurch, dass gelegentlich in ihr Tanzveranstaltungen durchgeführt werden oder Unterhaltungsmusik geboten wird. U.a. wesentlich für die Abgrenzung ist, ob die Nutzung zu einer gesteigerten Geräuschentwicklung führt, die über den Geräuschpegel einer herkömmlichen Gaststätte mit Musikaufführungen weit hinausgeht. Betriebstypisch, wenn auch nicht allein maßgeblich für eine diskothekenartige Vergnügungsstätte, ist etwa, dass ihre Betriebszeiten deutlich über 22 Uhr hinausgehen oder gar dann erst beginnen.
11 
Dem entspricht es, dass in der Rechtsprechung bei der Einordnung von Gaststätten mit Musikdarbietungen als Kennzeichen einer Schankwirtschaft genannt wird, dass dort allenfalls gelegentlich, nicht aber regelmäßig Musikaufführungen stattfänden während bei Vergnügungsstätten die Darbietung von Musikveranstaltungen im Vordergrund der Betriebstätigkeit stünden (VG Trier, Urt. v. 05.08.2015 - 5 K 1031/15.TR - juris; VG München, Urt. v. 28.03.2012 - M 9 K 11.539 - juris). Dabei wird eine Schank- und Speisegaststätte in der Regel nicht dadurch zu einer Vergnügungsstätte, dass an Wochenenden gelegentlich Tanzveranstaltungen in zeitlich begrenztem Umfang durchgeführt werden (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.08.1990 - 8 S 1458/90 - juris).
12 
Letztlich entscheidend ist aber immer, ob die Einrichtung von ihrem Erscheinungsbild und ihrer Angebotspalette her bei einer wertenden Gesamtbetrachtung den Charakter einer Vergnügungsstätte hat (Hess. VGH, Beschl. v. 22.02.2012 - 3 A 1112/11.Z - juris). Dabei ist auch unerheblich, ob der zuletzt ausgeübte Betrieb im „...“ als Diskothek bezeichnet werden kann. Unerheblich ist deshalb auch, ob die Tanzfläche im kleineren Nebenraum dem größeren Barraum deutlich untergeordnet ist, ob es dort eine professionelle Lichtanlage und eine professionelle Musikanlage gibt; denn eine Diskothek ist nur ein Typ einer Vergnügungsstätte; auch ein diskothekenähnlicher Betrieb kann Vergnügungsstätte sein.
13 
Dass die Antragsgegnerin es dem Antragsteller mit der Untersagung der Nutzung des „...“ als diskothekenähnliche Vergnügungsstätte letztlich selbst überlässt, sein Betriebskonzept danach einzurichten, dass er die Schwelle zur Vergnügungsstätte nicht überschreitet (was ihm ohnehin zur Vermeidung eines Bußgeldverfahrens stets obliegt), macht die Verfügung nicht unbestimmt, sondern liegt in der Natur der Sache. Denn eine solche Abgrenzung könnte eine Nutzungsuntersagung jedenfalls nicht vollständig leisten, weil die denkbaren Angebote zu vielfältig sind und auch einem ständigen Wandel unterliegen. Es dürfte vielmehr Sache eines Betreibers sein, ein entsprechendes Betriebskonzept zur (Bau-)Genehmigung zu stellen und sich im Übrigen regelmäßig zu vergewissern, dass er mit seinem Nutzungsprogramm die Grenze zur nicht genehmigten Vergnügungsstätte nicht überschreitet. Dazu gehört ggf. nicht nur, dass er die Zahl und auch den zeitlichen Umfang von DJ-Musikveranstaltungen beschränkt, sondern auch, dass die Nutzung als Schank- und Speisegaststätte ein wesentliches Übergewicht hat. Unerheblich ist deshalb, dass der angefochtene Bescheid nicht erkennen lässt, "wie viele Tanzveranstaltungen … letzten Endes stattfinden dürfen“, damit der Betrieb noch nicht als Vergnügungsstätte gilt.
14 
Der Kammer erscheint es nicht als zweifelhaft, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Nutzungsuntersagung gemäß § 65 Satz 2 LBO vorliegen.
15 
Dass die Baugenehmigung vom 02.07.1998 als "Piano-Bar“ mit der nicht näher bezeichneten Baugenehmigung vom 18.07.2006 für eine Gaststättenerweiterung nicht den zuletzt ausgeübten Betrieb mit ein bis zwei DJ-Musikveranstaltungen wohl an der Mehrzahl der Wochenenden im Jahr umfasst, liegt auf der Hand. Denn eine „Piano-Bar“ lässt sich - entgegen der Auffassung des Antragstellers - schon dem Wortsinn nach nicht als Vergnügungsstätte im oben ausgeführten Sinn verstehen. Für sie ist kennzeichnend, dass die dort regelmäßig gespielte Musik im Hintergrund bleibt.
16 
An dieser Beurteilung ändert nichts, dass es nach dem Inhalt der Akten nahe liegt, dass schon vor und bei der Genehmigung der baulichen Nutzung als „Piano-Bar“ im Jahr 1998 dort Veranstaltungen stattfanden, die typisch für eine Vergnügungsstätte sind. Nahe liegt auch, dass dies der Antragsgegnerin nicht entgangen war. Dennoch hatte der Antragsteller damals, wie sich aus Bauvorlagen ergibt und aus welchen Gründen auch immer, gerade nicht die Genehmigung eines solchen Betriebs beantragt (zu einem ähnlichen Fall im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin vgl. 4 K 495/14). Dass die gaststättenrechtliche Erlaubnis als "Schank- und Speisewirtschaft mit Live-Musik und Kleinkunstdarbietungen“ vom 30.06.1999 dem wahren Nutzungszweck näher kommt, ist für die Auslegung der Baugenehmigung unerheblich; im Übrigen sind mit dieser Bezeichnung auch noch keine Veranstaltungen mit DJ-Musik und der Gelegenheit zum Tanzen angedeutet.
17 
Damit ist die abweichend vom Inhalt der Baugenehmigung verwirklichte Nutzung als Vergnügungsstätte auch nicht genehmigungsfrei; denn bereits aus dem anderen Nutzungstyp - Vergnügungsstätte statt Schank-und Speisewirtschaft als „Piano-Bar“ - folgt, dass für diese Nutzung andere und auch weitergehende Anforderungen gelten (§ 50 Abs. 2 Nr. 1 LBO).
18 
Die Kammer hat weiter keinen Zweifel daran, dass die Nutzung als Vergnügungsstätte dem Bebauungsplan "..." vom 19.12.2000 widerspricht. Die Bedenken des Antragstellers an der Bestimmtheit des Ausschlusses von Nutzungsarten in Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen des Plans (betreffend das Teilgebiet MK 1, in dem das Vorhaben des Antragstellers liegt) teilt die Kammer nicht. Diese Bedenken wenden sich im Wesentlichen gegen Formulierungen des Absatzes 1 der Festsetzung, der den Ausschluss von Bordellen und ähnlichen Einrichtungen und von Einzelhandelsnutzungen mit sexbezogenen Sortimenten detailliert regelt. Diesen Einwänden braucht die Kammer jedoch nicht nachzugehen, weil unabhängig hiervon in Absatz 2 der Festsetzung Vergnügungsstätten allgemein ausgeschlossen sind. Dass eine etwaige (teilweise oder vollständige) Unbestimmtheit von Absatz 1 der Festsetzung auch den Ausschluss in Absatz 2 erfassen würde, liegt fern.
19 
Auch Ermessensfehler (§ 40 LVwVfG) sind nicht ersichtlich. Voraussichtlich zu Recht hat die Antragsgegnerin, wie ausgeführt, die Nutzungsuntersagung auf die fehlende Genehmigung als diskothekenartige Vergnügungsstätte und auf die fehlende Genehmigungsfähigkeit gestützt. Zu dem Umstand, dass der Antragsteller die Nutzung schon seit längerer Zeit verwirklicht, hat sie voraussichtlich zutreffend ausgeführt, es sei nicht erkennbar, unter welchen Aspekten sie davon absehen sollte, einzuschreiten; denn auf materiellen Bestandsschutz könne sich der Antragsteller nicht berufen, weil keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Nutzung als Vergnügungsstätte bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans am 26.01.2001 aufgenommen worden sei; auch die Entwicklung der Beschwerdelage deute auf eine Nutzungsintensivierung in Richtung einer Vergnügungsstätte erst nach Inkrafttreten des Bebauungsplans hin.
20 
Bei dieser Sachlage überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagung das private Interesse des Antragstellers, hiervon vorerst, bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über seinen rechtzeitig eingelegten Widerspruch, verschont zu bleiben. Denn der Widerspruch wird - wie dargelegt - aller Voraussicht nach erfolglos bleiben und es besteht auch kein besonderes, geschütztes Interesse des Antragstellers, die in formeller und materieller Hinsicht voraussichtlich rechtswidrige, gegen den maßgeblichen Bebauungsplan verstoßende Nutzung bis auf Weiteres fortsetzen zu können.
21 
Dem steht nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin erst jetzt bauordnungsrechtlich gegen die Nutzungsänderung zur Vergnügungsstätte eingeschritten ist.
22 
Aus den Akten und aus dem Vorbringen des Antragstellers ergibt sich nicht etwa, dass die Antragsgegnerin - als untere Baurechtsbehörde - bei ihm ein schutzwürdiges Vertrauen begründet hätte, gegen eine Änderung der Nutzung nicht einschreiten zu werden. Vielmehr hat die Antragsgegnerin, die als Gaststätten- und als allgemeine Polizeibehörde schon seit Eröffnung des „...“ immer wieder mit Anwohnerbeschwerden befasst war und auch auf Lärmminderungsmaßnahmen gedrungen hat, welche der Antragsteller auch ergriffen hat, eine umfassende baurechtliche Überprüfung offensichtlich erst im Jahr 2015 eingeleitet.
23 
Soweit die Antragsgegnerin zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung betont hat, die baurechtswidrige Nutzung sei nicht schützenswert, da der Antragsteller die Ordnungsfunktion des Genehmigungsverfahrens missachtet habe und er daraus nicht weiterhin - während eines sich womöglich hinziehenden Rechtsbehelfsverfahrens - ungerechtfertigte Vorteile solle ziehen können, erscheint dieser Gesichtspunkt der Kammer allerdings nicht tragend. Denn die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin hat nicht zum Ziel, eine genehmigungsbedürftige bauliche Nutzung vorerst - bis zur Klärung in einem vom Antragsteller zu beantragenden Genehmigungsverfahren - zu untersagen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 01.02.2007 - 8 S 2606/06 - VBlBW 2007, 226). Es geht hier also nicht darum, dass dem Antragsteller ungerechtfertigte Vorteile (auch gegenüber Konkurrenten) genommen werden sollen, die er daraus erzielt, dass er die Nutzung ohne Genehmigung aufgenommen hat. Vielmehr hat die angefochtene Verfügung zum Ziel, eine offensichtlich unter keinen Umständen genehmigungsfähige Nutzung (als Diskothek bzw. diskothekenähnlicher Betrieb) zu untersagen. Nicht zum Inhalt hat die Verfügung - wie ausgeführt - das Verbot eines Nutzungskonzepts, das neben den Angeboten einer Schank- und Speisewirtschaft auch Musikveranstaltungen (ausgenommen sind ausdrücklich die wöchentlichen Jazzkonzerte) und gelegentliche Tanzveranstaltungen umfasst. So bringt die Verfügung damit nichts weiter zum Ausdruck als das aus dem maßgeblichen Bebauungsplan ersichtliche Verbot von Vergnügungsstätten und die Feststellung, dass das „...“ mit seinem aktuellen Nutzungskonzept eine solche ausgeschlossene Vergnügungsstätte und im Übrigen auch nicht von der erteilten Baugenehmigung als „Piano-Bar“ gedeckt ist.
24 
Bei diesem Verständnis der angefochtenen Nutzungsuntersagung sieht die Kammer ohne Weiteres ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit; denn dem Antragsteller wird nur aufgegeben, an was er sich ohnehin halten muss. Auch hat er kein schützenswertes Interesse daran, eine offensichtlich nicht genehmigte und offensichtlich nicht genehmigungsfähige Nutzung ausüben zu können. Unzumutbar ist dem Antragsteller die Anordnung der sofortigen Vollziehung insbesondere nicht deshalb, weil die Fortsetzung des Betriebes im bisherigen Umfang für ihn von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung wäre und er, was er allerdings nicht dargelegt hat, bei bereits gebuchten Veranstaltungen Haftungsansprüchen ausgesetzt wäre. Denn dem Antragsteller war bereits seit einer ersten Anhörung im Juni 2015 bekannt, dass die Antragsgegnerin, veranlasst durch zunehmende Beschwerden von Anwohnern, die baurechtliche Zulässigkeit seines Vorhabens überprüfen würde. Spätestens von diesem Zeitpunkt an hätte für ihn Veranlassung bestanden, sich auf eine kommende Nutzungsuntersagung einzustellen.
25 
Die vom Antragsteller in diesem Zusammenhang angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass gegen ein Eilbedürfnis sprechen kann, wenn die zuständige Behörde in Kenntnis der Sachlage jahrelang untätig geblieben ist, betrifft andere Sachverhalte, nämlich solche, in denen eine Behörde durch eine belastende Verfügung (dort eine Ausweisung) die Rechtslage zum Nachteil des Betroffenen verändert (ähnlich etwa bei einer Untersagung eines erlaubnisfreien Gewerbes); hier hingegen untersagt die Antragsgegnerin nur eine Nutzung, die ohnehin offensichtlich nicht genehmigt und auch, da der Bebauungsplan Vergnügungsstätten ohne weitere Differenzierung ausschließt, offensichtlich nicht genehmigungsfähig ist (auch nicht im Wege einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB).
26 
Mithin kommt es nicht darauf an, ob sich ein besonderes öffentliches Vollziehungsinteresse auch daraus ergibt, das eine unveränderte Fortsetzung des Betriebs des „...“ mit erheblichen Lärmbeeinträchtigungen von Anwohnern verbunden wäre, was der Antragsteller unter Hinweis auf zahlreiche andere nächtliche Lärmquellen in der näheren Umgebung und auf eigene Bemühungen, den vom „...“ ausgehenden Lärm zu mindern, bestreitet.
27 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

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1.
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2.
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3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Februar 2011 - 6 K 91/11 - , soweit er den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ablehnt, geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die baurechtliche Entscheidung der Antragsgegnerin vom 2. Dezember 2010 wird auch insoweit wiederhergestellt, als dem Antragsteller mit Nr. 1 dieser Entscheidung die Nutzung seines Grundstückes Flst.-Nr. .../... in ...-... als Holzlagerplatz untersagt wird.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO) und begründet. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die baurechtliche Entscheidung der Antragsgegnerin vom 02.12.2010 ist auch insoweit wiederherzustellen, als ihm die Nutzung seines Grundstückes ...-... .../... in ...-... als Holzlagerplatz „mit sofortiger Wirkung“ untersagt wurde (Nr. 1 der angefochtenen baurechtlichen Entscheidung).
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes diesbezüglich mit der Begründung abgelehnt, Rechtsgrundlage der Nutzungsuntersagung sei § 65 Satz 2 LBO. Danach könne die Baurechtsbehörde die Nutzung einer baulichen Anlage untersagen, wenn sie im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werde. Ein solcher Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften setze mit Rücksicht auf den durch Art. 14 GG gewährleisteten Bestandsschutz voraus, dass die Nutzung nicht durch eine erforderliche Baugenehmigung gedeckt sei und seit ihrem Beginn fortlaufend gegen materielles Baurecht verstoße. Ob eine Nutzungsuntersagung erlassen werde, stehe demnach im Ermessen der Baurechtsbehörde. Es bestünden Zweifel, ob eine Baugenehmigung erforderlich sei. Der Lagerplatz gelte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 LBO als bauliche Anlage. Die Änderung der Nutzung des Grundstücks des Antragstellers als Lagerplatz sei dann nicht genehmigungspflichtig, wenn der Lagerplatz zu den im Anhang zur LBO aufgeführten verfahrensfreien Vorhaben gehöre. Das sei dann der Fall, wenn es sich dabei um einen Lagerplatz im Innenbereich bis 100 m² Nutzfläche (Nr. 11 h des Anhangs zur LBO) handele. Diese Frage bedürfe im vorliegenden Eilverfahren keiner Klärung. Denn die Nutzung des Grundstücks des Antragstellers als Lagerplatz sei jedenfalls materiell baurechtswidrig. Ihr stünden bauplanungsrechtliche Vorschriften entgegen. Der Lagerplatz liege im Bereich des qualifizierten Bebauungsplans „Kistelberg“. Die ausgeübte Nutzung widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans, der für das Grundstück eine Festsetzung als Kleingarten enthalte. Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Festsetzung der als Kleingärten ausgewiesenen Fläche funktionslos geworden sei. Bei einer am 25.11.2010 durchgeführten Bauüberwachung sei festgestellt worden, dass auf dem Grundstück mehrere Holzlegen in verschiedenen Größen errichtet worden seien. Anhand der erstellten Fotos werde deutlich, dass der Antragsteller in erheblichem Umfang Holzlagerung auf seinem Grundstück betreibe. Eine derart weitgehende Nutzung des Grundstücks als Lagerplatz sei nicht mehr mit dem Charakter eines Kleingartengebiets vereinbar. Eine Kleingartenanlage sei kein Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung, sondern ein Unterfall der Grünflächennutzung. Sie werde im Bundeskleingartengesetz näher geregelt. Die im Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB (= § 9 Abs. 1 Nr. 8 BBauG von 1960) festsetzbaren Flächen für Dauerkleingärten bezögen sich inhaltlich auf das Kleingartenrecht. Wesensmerkmal des Kleingartens sei die Nutzung fremden Landes, das heiße der Begriff sei durch Pachtverhältnisse oder ähnliche obligatorische Verhältnisse gekennzeichnet. Als Nutzung stehe nicht die bauliche Nutzung, sondern die Gartennutzung im Vordergrund, welche notwendigerweise die Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf beinhalte. Diese Ausführungen halten der Überprüfung im Beschwerdeverfahren nicht stand.
Der Antragsteller macht geltend, die baurechtliche Entscheidung sei - wie bereits in der Antragsschrift vom 10.01.2011 ausgeführt worden sei - gemäß § 44 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG nichtig, weil sie aus tatsächlichen Gründen von niemandem ausgeführt werden könne. Die Antragsgegnerin habe die Nutzung des Grundstückes als Holzlagerplatz „mit sofortiger Wirkung“ untersagt und damit keinerlei Reaktionsmöglichkeit zur Befolgung der Anordnung gegeben. Es sei nicht möglich, „innerhalb einer logischen Sekunde“ nach Zugang der Anordnung die Nutzung aufzugeben, da es naturgemäß einige Zeit benötige, um das Holz von dem Grundstück wegzubringen. Mit dieser Erwägung habe sich allerdings das Verwaltungsgericht an keiner Stelle seiner Entscheidung auseinandergesetzt.
Ob bereits dieser Einwand des Antragstellers zutrifft, kann offen bleiben. Nach § 44 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG ist ein Verwaltungsakt ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 LVwVfG nichtig, den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann, der also jemanden zu einer objektiv unmöglichen Leistung verpflichtet. An diesem Mangel könnte die „mit sofortiger Wirkung“ ausgesprochene Untersagung, das Grundstück als Holzlagerplatz zu nutzen, leiden. Dem Antragsteller ist darin zuzustimmen, dass ihm objektiv Unmögliches abverlangt würde, wenn er „sofort“ nach Bekanntgabe und damit dem Wirksamwerden der baurechtlichen Entscheidung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG) das auf dem Grundstück gelagerte Holz von dort entfernt haben müsste. So ließe sich die baurechtliche Entscheidung nach dem für die Auslegung von Verwaltungsakten maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 20.04.2005 - 9 C 4.04 - BVerwGE 123, 292 = NVwZ 2005, 1070 <1071>) unter Umständen auch verstehen. Die Nutzungsuntersagung mag - jedenfalls in erster Linie - auf ein Unterlassen abzielen, das dem Antragsteller ohne Befolgungsfrist möglich ist und wofür auch der Gesetzgeber im Vollstreckungsrecht keine Fristsetzung vorschreibt (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG). Gleichzeitig legt der Wortlaut der getroffenen Anordnung es jedoch nahe, dass neben der Anordnung, neue Holzlagerungen zu unterlassen, eine Beseitigungsverfügung hinsichtlich des bereits gelagerten Holzes mit umfasst sein sollte. Bei diesem Verständnis der „Nutzungsuntersagung“ kann eine objektive Möglichkeit der Ausführung wohl nur angenommen werden, wenn man die Befolgungsfrist allein dem Vollstreckungsrecht zuordnet (siehe allgemein zur Bestimmung der vollstreckungsrechtlichen Erfüllungsfrist im Grundverwaltungsakt Sadler, VwVG, 7. Aufl., § 13 Rn. 71) und damit die „sofortige Wirkung“ (zum Begriff „sofort“ siehe ebenfalls Sadler a.a.O. § 13 Rn. 41) von der „Nutzungsuntersagung“ als solcher löst. Dies erscheint aber fraglich.
Unabhängig davon muss die Beschwerde Erfolg haben, weil die „Nutzungsuntersagung“ jedenfalls den gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen nicht genügt. Der Prüfungsmaßstab des Senats beschränkt sich nach der ausdrücklichen normativen Anordnung in § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die vom Beschwerdeführer dargelegten Gründe. Unter solchen sind im Blick auf § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO grundsätzlich nur diejenigen Gründe zu verstehen, die der Beschwerdeführer innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorgebracht hat (vgl. hierzu und zu Ausnahmen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.01.2008 - 3 S 2016/07 - VBlBW 2008, 223 sowie Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 146 Rn. 42 f.). Auf die Vorschrift des § 37 LVwVfG zur Bestimmtheit von Verwaltungsakten nimmt die Beschwerdebegründung zwar nicht ausdrücklich Bezug. Dem Vorbringen des Antragstellers ist indes zu entnehmen, dass er die Anordnung der Antragsgegnerin für widersinnig, weil nicht ausführbar hält. Daraus wird noch hinreichend deutlich, dass er sich auch gegen deren inhaltliche Bestimmtheit wendet. Damit dringt der Antragsteller durch.
Das Verwaltungsgericht hätte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers auch im Hinblick auf die Untersagung der Holzlagerung wiederherstellen müssen, weil die baurechtliche Entscheidung insoweit zu unbestimmt ist. Ein Verwaltungsakt muss nach § 37 Abs. 1 LVwVfG inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das Bestimmtheitsgebot verlangt, dass der Adressat eines Verwaltungsakts in der Lage sein muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist. Zum Anderen muss der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und dem mit ihm verfolgten Zweck (BVerwG, Beschluss vom 13.10.2010 - 7 B 50.10 - juris Rn. 8 und Urteil vom 02.07.2008 - 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 m.w.N.). Dabei muss sich die „Regelung“ (§ 35 Satz 1 LVwVfG) nicht unmittelbar und allein aus dem Entscheidungssatz ergeben. Es reicht aus, wenn sie sich aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen, unzweifelhaft erkennen lässt (BVerwG, Urteil vom 25.04.2001 - 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die baurechtliche Entscheidung vom 02.12.2010 versetzt den Antragsteller nicht in die Lage zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Gemäß dem Entscheidungssatz wird dem Antragsteller die Nutzung seines Grundstückes als Holzlagerplatz mit sofortiger Wirkung untersagt. Als Rechtsgrundlage wird im Vorspann auf Seite 1 der Entscheidung § 47 in Verbindung mit § 65 LBO genannt. In der Begründung wird die Untersagung unter § 65 LBO gefasst, wobei inhaltlich auf § 65 Satz 2 LBO (Untersagung der Nutzung einer baulichen Anlage) Bezug genommen wird. Allerdings wird nichts weiter dazu ausgeführt, welche „bauliche Anlage“ gemeint ist; vielmehr ist allein davon die Rede, dass die Nutzung „des Grundstückes“ zur Holzablagerung baurechtswidrig sei. Es findet sich an keiner Stelle eine genauere Umschreibung dessen, was vom Antragsteller verlangt wird. Unter diesen Umständen erschließt sich nicht, welche Anforderungen die baurechtliche Entscheidung stellt. Das Verwaltungsgericht hat in konsequenter Anknüpfung an § 65 Satz 2 LBO angenommen, die Nutzung der baulichen Anlage „Lagerplatz“ (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 LBO) werde untersagt. Hierfür lässt sich anführen, dass die Antragsgegnerin ihre Entscheidung offensichtlich auf § 65 Satz 2 LBO stützen wollte. Zudem ergäbe es wenig Sinn, mehr als eine Unterlassung, namentlich auch eine Räumung des Grundstückes „mit sofortiger Wirkung“ zu verlangen. Gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung spricht jedoch der Wortlaut des Entscheidungssatzes, wonach die Nutzung „des Grundstückes“ als Holzlagerplatz untersagt wird. Auch dürfte die Entscheidung nach ihrem Zweck - im Sinne einer auf § 65 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 12 Nr. 2 LBO zu stützenden Beseitigungsanordnung - darauf abzielen, die Holzbestände vom Grundstück zu entfernen. Insgesamt bleibt unter diesen widersprüchlichen Umständen der Inhalt der Entscheidung unklar. Die Unklarheit der getroffenen Regelung wird im Übrigen durch die - für die Auslegung der Entscheidung indes nicht berücksichtigungsfähige - Beschwerdeerwiderung der Antragsgegnerin noch bestätigt. Danach „soll durch die Verfügung erreicht werden, dass der Beschwerdeführer ab sofort keine weiteren rechtswidrigen Holzlegen mehr auf dem Grundstück errichtet. Mit anderen Worten hat die Verfügung die Funktion, den Beschwerdeführer von weiterem baurechtswidrigem Tun abzuhalten. Was die bereits bestehenden Holzlegen anbelangt, kann mit dem Beschwerdeführer noch vereinbart werden, bis wann diese spätestens zu beseitigen sind. Insoweit ist jedenfalls derzeit nicht beabsichtigt, vom Verwaltungszwang Gebrauch zu machen.“ Damit lässt die Antragsgegnerin eine Beschränkung des Entscheidungsinhalts auf die Errichtung neuer Holzlegen erkennen; zugleich zeigt sie selbst auf, dass auch die Beseitigung des vorhandenen Holzbestandes im Raum steht.
Darauf, ob auch das weitere Vorbringen des Antragstellers - namentlich zur etwaigen Funktionslosigkeit des Bebauungsplans, zur behaupteten materiellen Baurechtmäßigkeit der Holzlagerung und zur Ermessensausübung der Antragsgegnerin - geeignet wäre, die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung in Frage zu stellen, kommt es nicht an.
II.
Die im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde für beide Instanzen unter Berücksichtigung der hälftigen Kostenteilung in erster Instanz insgesamt neu zu fassende Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG (Hälfte des Streitwerts erster Instanz).
10 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die im Rahmen eines Nachbarwiderspruchsverfahrens erfolgte Aufhebung seiner Baugenehmigung für die Umnutzung eine Halle.
Der Kläger stellte am 24.09.2007 bei der Beklagten für die Grundstücke Flst.Nrn. ... in ... den Bauantrag „Ausbau und Umnutzung der Hallengebäude zu Veranstaltungsstätten. Herstellung von Stellplätzen“. In der Baubeschreibung vom 20.09.2007 heißt es „Umnutzung der Halle ... als gewerbliche Versammlungsstätte mit Halle und Cafeteria“ und „Nutzung für Messeveranstaltungen/Ausstellungen /Seminare/Vortragsveranstaltungen/Gastgewerbe“, „Zielgruppen: Großunternehmen, Vereine, Gesellschaften, private Veranstaltungen.“ Die Fläche des Versammlungsraums wurde mit 789 qm, die Gesamtzahl der möglichen Besucher mit 965 und die Zahl der erforderlichen Stellplätze mit 160 angegeben. Aus der Flächenberechnung nach Din 277 ergibt sich als Nutzfläche im Erdgeschoß eine Fläche von 1421,83 m 2 und im Obergeschoss von weiteren 246,02 m 2, somit insgesamt 1667,85 m 2 .
Die Grundstücke des Klägers und das nördlich angrenzende Grundstück der Beigeladenen (Flst.Nr. ..., ...) liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“ .... Änderung der Beklagten vom 10.11.1999. Dessen schriftliche planungsrechtliche Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung ein Gewerbegebiet vor. Weiter heißt es dort unter A Nr.1.1 des schriftlichen Teils der planungsrechtlichen Festsetzungen: „Ausnahmen sind nach § 8 Abs.3 Ziff.1 BauNVO gemäß § 1 Abs.6 BauNVO allgemein zulässig. Ausnahmen nach § 8 Abs.3 Ziff.2 u. 3 BauNVO sind gemäß § 1 Abs.6 BauNVO nicht zulässig.“
Der Kläger legte auf Anforderung durch die Beklagte ein schalltechnisches Gutachten 08.091 des Ingenieurbüros für Bauphysik vom 16.09.2008, Mannheim über die Untersuchung und Berechnung der Geräuschimmissionen einer geplanten Veranstaltungshalle und Beurteilung der Geräuscheinwirkung auf die bestehende Wohnbebauung in der Nachbarschaft vor. In dem schalltechnischen Gutachten wird ausgeführt, dass die bestehende Halle bisher von einem Reifenhandel genutzt worden sei und die Halle umgebaut und vor allem an Freitagen und Samstagen von großen Gesellschaften (Hochzeiten) als Veranstaltungsraum mit mehrstündigen Musikdarbietungen (Halleninnenpegel 90 dB(A)) genutzt werden solle. Unter der Woche seien keine bzw. nur kleinere Veranstaltungen geplant.
Am 03.11.2008 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Baugenehmigung unter Gewährung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes „...“ .... Änderungen bezüglich geringfügiger Überschreitung der mit Pflanzgebot belegten Fläche zur Nutzungsänderung des Hallengebäudes in eine Veranstaltungsstätte sowie zur Herstellung von Stellplätzen und einer Schallschutzwand. Unter "Besondere Hinweise, Auflagen und Bedingungen“ heißt es: Nr.2 "Die Baugenehmigung wird unter der Bedingung erteilt, dass die im Schallschutzgutachten des Ingenieurbüros zur Bauphysik vom 16.09.2008 formulierten Anforderungen bezüglich der Immissionsminderung entsprechend umgesetzt werden. So ist unter anderem die geforderte hochabsorbierend gestaltete Lärmschutzwand zu errichten“. Nr.3 "Die zulässigen Lärmwerte im Gewerbegebiet sind einzuhalten". Nr. 4 "Die Forderung nach ergänzenden baulichen Schallschutzmaßnahmen oder organisatorischen Beschränkungen bleibt vorbehalten, wenn die Werte im Betrieb nicht eingehalten werden." Nr 5 "Der Betrieb darf erst nach Umsetzung aller im Schallschutzgutachten des Ingenieurbüros zur Bauphysik vom 16.09.2008 formulierten Schallschutzmaßnahmen aufgenommen werden“. Nicht genehmigt wurde die Anbringung einer Reklamefläche mit der Aufschrift „Veranstaltungszentrum W.“. Am 26.02.2009 wurde dem Kläger eine Teilbaufreigabe zur Ausführung der neuen Stahlbeton-Mauerwerkswände und einer neuen Massivdecke erteilt.
Mit Schreiben vom 20.05.2009 legte die Beigeladene, die Betreiberin der „...“ und Miteigentümerin des Grundstücks Flst.Nr. ..., die von dem Vorhaben nicht benachrichtigt worden war, Widerspruch ein und machte geltend: Sie sei seit dem November 2007 Miteigentümerin des Grundstücks Flst.Nr. ..., ..., und rüge, wegen der Nutzungsänderung nicht angehört worden zu sein. Die vorgesehene Nutzung werde wegen der Lärmbelästigung und wegen einer zu erwartenden Belästigung ihrer Kundinnen zu einer Beeinträchtigung ihres Gewerbebetriebs führen. Es müssten verschiedene bauliche Maßnahmen ergriffen werden, damit gewährleistet sei, dass kein Einblick in den Außen-/Ruhebereich ihres Grundstückes genommen werden könne. Die Erwerbsvormerkung für die Beigeladene und einen weiteren Miteigentümer war am 05.12.2006 im Grundbuch von Wiesloch eingetragen worden und der zuständige Notar hatte die Auflassung zum 28.02.2008 erklärt und am 25.03.2008 im Grundbuch vollzogen. Seit dem 25.03.2008 ist die Beigeladene als Miteigentümerin des Grundstücks Flst.Nr. ... im Grundbuch eingetragen.
Nachdem bei einer Ortsbesichtigung am 13.05.2009 die Beklagte festgestellt hatte, dass mit der Bauausführung von der erteilten Baugenehmigung abgewichen worden war, beantragte der Kläger am 26.06.2009 eine Abänderung der erteilten Baugenehmigung bezüglich des Grundrisses und des Anbaus eines Technikraums. In den dem Bauantrag beigefügten Plänen heißt es zum Bauvorhaben: „Nutzungsänderung des Hallengebäudes in eine Veranstaltungsgaststätte“.
Das bereits von der Beklagten entworfene Änderungsgenehmigungsschreiben mit Datum vom 13.10.2009 wurde dem Kläger nicht zugestellt, weil das Regierungspräsidium Karlsruhe der Beklagten mit Schreiben vom 07.10.2009 mitteilte, dass das Vorhaben gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans verstoße, wonach Vergnügungsstätten auch nicht ausnahmsweise zulässig seien. Aus dem schalltechnischen Gutachten sei zu entnehmen, dass das Gebäude unter anderem für Hochzeitsveranstaltungen, im vorliegenden Fall für türkisch-kurdische Hochzeitsveranstaltungen, genutzt werden solle. Hierfür seien 160 Pkw-Stellplätze nachgewiesen. Dem schalltechnischen Gutachten seien maximal 1000 Gäste bzw. durchschnittlich 700 Gäste zugrunde gelegt worden. Da erfahrungsgemäß die Kraftfahrzeuge voll ausgelastet seien, sei mit dieser Anzahl von Besuchern zu rechnen.
Mit Verfügung vom 06.11.2009 hob die Beklagte auf Anweisung des Regierungspräsidiums Karlsruhe die erteilte Baugenehmigung auf und half damit dem Widerspruch der Beigeladenen ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Kläger wolle vorrangig in der Halle Hochzeiten, an denen ein sehr großer Personenkreis teilnehme, veranstalten. Die Rechtsprechung ordne diese Veranstaltungen den Vergnügungsstätten zu, da von diesen vergleichbare Auswirkungen auf die Umgebung ausgingen. Unerheblich sei hierbei, dass diese (Hochzeits-) Veranstaltungen nicht öffentlich seien. Vergnügungsstätten seien jedoch im Bebauungsplan ausgeschlossen. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung gemäß § 31 Abs.2 BauGB lägen nicht vor, da hier die Grundzüge der Planung berührt würden. Der für Bausachen zuständige gemeinderätliche Ausschuss habe sich in seiner Sitzung am 04.11.2009 mit der Bausache befasst und sich gegen eine Befreiung oder Änderung des Bebauungsplans ausgesprochen. Die Verfügung wurde dem Kläger am 10.11.2009 zugestellt.
10 
Der Kläger hat am 20.11.2009 Klage erhoben. Er beantragt,
11 
den Abhilfebescheid der Beklagten vom 06.11.2009 aufzuheben.
12 
Zur Begründung wurde ausgeführt: Maßgeblich sei die vom Architekten im Zusammenhang mit dem Bauantrag vorgelegte "Neuberechnung nach Flächenverkleinerung" vom 20.09.2007 angegebene Nutzung. Auf dieser Basis sei die Baugenehmigung erteilt worden. Dies bestimme Inhalt und Umfang der Baugenehmigung. Das Ergebnis des auf Veranlassung der Beklagten in Auftrag gegebenen Schallschutzgutachtens sei als einzuhaltende Nebenbestimmung (u.a. Ziff. 3-5) Teil der Baugenehmigung vom 03.11.2008. Er habe nicht vor, nur die in dem Sachverständigengutachten angeführten Veranstaltungen durchzuführen, sondern wolle die Halle auch für Messeveranstaltungen (z.B. Hausmessen für örtliche Handwerker), Ausstellungen, Seminare und Vortragsveranstaltung zu nutzen. Daneben sollten jedoch die Räumlichkeiten auch für Hochzeitsveranstaltungen zur Verfügung stehen, selbstverständlich nicht nur für "türkisch-kurdische", sondern auch für andere Hochzeitsveranstaltungen. Diese Nutzungen seien alle gewerbegebietsverträglich. Die Beklagte habe völlig korrekt geprüft, welche Lärmauswirkungen durch den Kfz-Verkehr zu befürchten seien und habe entsprechende Schutzauflagen in der Baugenehmigung vorgesehen. Zwar würde die Nutzung für Hochzeiten am Wochenende nur den kleineren Teil der Nutzungsart darstellen, diese Nutzungsmöglichkeit sei jedoch die für ihn wirtschaftlich wichtigere, weil hierfür die größere Marktnachfrage bestehe. Eine Nutzung unter Ausschluss der Möglichkeit, die Räumlichkeiten für Hochzeiten und private Feierlichkeiten zur Verfügung zu stellen, wäre wirtschaftlich vermutlich nicht tragfähig. Eine Teilaufhebung des Rücknahmebescheids mit dem Inhalt, dass er die Räumlichkeiten nicht für Hochzeiten nutzen könne und dürfe, wäre daher für ihn nicht ausreichend. Bei einer Nutzung auch für türkische Hochzeiten handele es sich um einen Gewerbebetrieb aller Art und gerade nicht um eine vergnügungsstättentypische Nutzung. Gegenteiliges ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen und dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts. Zum einen werde die Rechtsansicht des OVG Nordrhein-Westfalen nicht geteilt. Und zum anderen liege der vom OVG entschiedene Fall auch anders als der hiesige. Das Bundesverwaltungsgericht beschäftige sich nur mit einem kleinen Ausschnitt aus der Problematik. Zwar sei es zutreffend, dass es sich bei Vergnügungsstätten um eine besondere Nutzungsart handele, bei der die kommerzielle Unterhaltung der Besucher durch die entsprechende Dienstleistung des Betreibers im Vordergrund stehe. Das OVG habe jedoch einige Gesichtspunkte nicht bedacht, die eine gegenteilige rechtliche Einschätzung nahelegten. Typische Vergnügungsstätten seien Nachtlokale aller Art, deren Zweck auf Darstellung mit sexuellem Charakter ausgerichtet sei sowie Diskotheken und Spiel- und Automatenhallen. Sie seien das Vorbild der Vergnügungsstätten und gesetzgeberischer Anlass für eine eigenständige Regelung in der Baunutzungsverordnung. Türkische Hochzeiten entfernten sich jedoch von diesem Vorbild in einem starken Maße. Zum zweiten sei vor allem Vergnügungsstätten eigen, dass der Betreiber das Programm bestimme. Bei türkischen Hochzeiten dagegen bestimme das Brautpaar bzw. deren Eltern oder Hochzeitsplaner, was auf dem Programm stehe. Hochzeiten seien daher eher mit den sonstigen von ihm beabsichtigten Nutzungen vergleichbar. Vergnügungsstätten bedienten das Bedürfnis der Gäste nach Unterhaltung und Amüsement, die kommerzielle Unterhaltung stehe im Vordergrund. Bei Hochzeiten gehe es um die Feier einer Eheschließung und es finde häufig auch ein Familientreffen statt. Dieses grundrechtlich deutlich erhöhte Schutzniveau sei auch bauplanungsrechtlich beachtlich, da bei Auslegung und Abgrenzung der einzelnen Nutzungsarten auch Gesichtspunkte der sozialen Akzeptanz bzw. sozialen Adäquanz eine Rolle spiele. Mit Vergnügungsstätten gehe häufig ein sog. Trading-Down-Effekt einher. Dies sei bei einer Hochzeit und einem Familientreffen nicht zu erwarten. Dass bei Hochzeiten auch Musik gespielt und getanzt werde, könne die Veranstaltung allein nicht zur Vergnügungsstätte gemacht werden. Ansonsten müsse auch das Fitnessstudio der Beigeladenen eine Vergnügungsstätte sein. Das Bundesverwaltungsgericht habe lediglich entschieden, dass einer Einordnung als Vergnügungsstätte nicht entgegen stehe, dass die Nutzung lediglich einem geschlossenen Benutzerkreis offen stehe. Das VG Düsseldorf habe in seiner Entscheidung vom 14.04.2005 ausgeführt, dass Vergnügungsstätten eine besondere Art von Gewerbebetrieb seien, bei denen die kommerzielle Unterhaltung der Besucher bzw. Kunden im Vordergrund stehe. Sie seien durch eine bestimmte gewinnbringende „Freizeit“-Gestaltung gekennzeichnet. Das bloße Ermöglichen von Geselligkeit, etwa bei Familientreffen, Vereinsfeiern, Hochzeiten und Schützenveranstaltungen sei dagegen nicht ausreichend. In dem Fall, der der Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen zugrunde gelegen habe, sei die Genehmigung einer Festhalle beantragt worden, es sei also schwerpunktmäßig um die Nutzung für Musik- und Tanzzwecken gegangen. Dort habe es auch baulich gesonderte Flächen für die Musikkapelle sowie zum Tanzen gegeben. Er habe dagegen ein weites Nutzungsspektrum.
13 
Am 22.05.2010 ordnete die Beklagte bezüglich der Aufhebung der Baugenehmigung vom 06.11.2009 die sofortige Vollziehbarkeit gemäß § 80 Abs.2 Nr.4 VwGO an.
14 
Der Kläger hat am 12.05.2010 Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gestellt (5 K 1129/10). Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung ihrer Abhilfeentscheidung,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, im Übrigen auf die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Akten zum Bebauungsplan „...“ verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Klage ist zulässig.
18 
Die Anfechtungsklage ist auch ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Gemäß § 68 Abs.1 Satz 1 Nr.2 VwGO bedarf es keiner Überprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren, wenn der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält. Bei der Verfügung der Beklagten vom 06.11.2009 handelt es sich um einen Abhilfebescheid, der erstmalig eine Beschwer enthält. Zwar hatte die Ausgangsbehörde den Widerspruch bereits an die Widerspruchsbehörde weitergeleitet. Dies steht jedoch einer Abhilfeentscheidung durch die Ausgangsbehörde nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.09.1989, NVwZ 1990, 651). Denn die Widerspruchsbehörde kann als Aufsichtsbehörde die Ausgangsbehörde um den Erlass eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO ersuchen. Die Beklagte wurde auch zum Erlass einer Abhilfeentscheidung und nicht etwa zum Erlass eines Rücknahmebescheids angewiesen. Der Abhilfebescheid enthält auch eine erstmalige rechtliche Beschwer, weil er die Baugenehmigung insgesamt aufhebt.
19 
Die damit zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der Abhilfebescheid der Beklagten vom 06.11.2009 ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO).
20 
Die Beklagte durfte eine Abhilfeentscheidung treffen, weil ihr ein Nachbarwiderspruch zur Entscheidung vorlag. Gegenstand der Abhilfeentscheidung ist allein die Baugenehmigung vom 03.11.2008, da die Änderungsbaugenehmigung vom 13.10.2009 betreffend die Innenausgestaltung der Halle mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden ist.
21 
Wendet sich der Inhaber einer Baugenehmigung gegen eine teilweise oder vollständige Aufhebung der Baugenehmigung im Wege eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO, ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung, soweit sie aufgehoben wurde, nur im Hinblick auf die nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu überprüfen (VG Braunschweig, Urt. v. 09.10.2002 - 2 A 317/01 -, juris).
22 
Dem Erlass der Abhilfeentscheidung stand nicht schon eine Präklusion der Beigeladenen im Sinne des § 55 Abs.2 LBO a.F. entgegen, da diese bereits nicht die für eine Präklusion erforderliche Angrenzerbenachrichtigung erhalten hatte. Die Genehmigung der Umnutzung der Halle verletzt die deshalb zu überprüfenden Rechte der Beigeladenen als Nachbarin.
23 
Die Rechtmäßigkeit der beantragten und genehmigten Umnutzung von Wohnräumen im Wohngebäude des Beigeladenen beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der Bau-nutzungsverordnung 1990 - BauNVO - (§ 25c Satz 1 BauNVO). Die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“. Dessen schriftliche planungsrechtliche Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung für die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen ein Gewerbegebiet GE (§ 8 BauNVO) vor, in dem Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke sowie Vergnügungsstätten auch nicht ausnahmsweise zulässig sind. Denn es heißt es dort unter A Nr.1.1 des schriftlichen Teils der planungsrechtlichen Festsetzungen: „Ausnahmen sind nach § 8 Abs.3 Ziff.1 BauNVO gemäß § 1 Abs.6 BauNVO allgemein zulässig. Ausnahmen nach § 8 Abs.3 Ziff.2 u. 3 BauNVO sind gemäß § 1 Abs.6 BauNVO nicht zulässig.“ Die hier strittige Festsetzung trat erstmals am 14.01.97 mit der 2. Änderung des Bebauungsplans in Kraft. Sie wurde durch die am 22.11.1999 in Kraft getretenen 3. Änderung des Bebauungsplans, die vor allem die Zulassung von innenstadtunschädlichen Einzelhandelsbetrieben zum Gegenstand hatte (vgl. S. 2 der Begründung der Änderung), nicht abgeändert.
24 
Der Plangeber hat mit der getroffenen Festsetzung von der Ermächtigung des § 1 Abs. 6 Nr.1 BauNVO 1990 Gebrauch gemacht, wonach im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass Ausnahmen, die in den einzelnen Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind, ganz oder teilweise nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden, und in zulässiger Weise unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietes die Möglichkeit genutzt, den Baugebietskatalog zu variieren (vgl. Fickert/Fieseler,11. Aufl., § 1 Rdnr. 104 ff.). Durch den vorgenommenen Ausschluss von Ausnahmen wurde in zulässiger Weise sichergestellt, dass der Schwerpunkt der Nutzung des Gebiets in der Unterbringung nicht erheblich belästigender Gewerbebetriebe liegt und nur Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind, allgemein zulässig sind.
25 
Die Festsetzung eines Gewerbegebiets und der dort auch nicht ausnahmsweise zulässigen Vorhaben hat nachbarschützende Wirkung (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 8 Rdnr. 3). Der Nachbar hat ein subjektiv öffentliches Recht auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart, so dass sich die Klägerin als Nachbarin (im Gewerbegebiet) auf einen Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans berufen kann.
26 
Die Beigeladene hat keinen Anspruch auf Wahrung der Gebietsart, soweit Ausnahmen für Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke nicht zugelassen sind, da der Kläger keine Anlage für kulturelle und soziale Einrichtungenbetrieben zur Genehmigung gestellt hat. Denn hierbei handelt sich um Anlagen des Gemeinbedarfs (Kirchen, Gemeindehäuser, Schulen, Stadtbüchereien usw.) bzw. der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt. Sie kann sich jedoch auf die Wahrung der Gebietsart eines Gewerbegebiets ohne Vergnügungsstätte berufen, da dem Kläger eine Baugenehmigung für den Betrieb einer Vergnügungsstätte erteilt wurde.
27 
Maßgeblich für die planungsrechtliche Bewertung der erlaubten Nutzung der Halle ist, was die angefochtene Genehmigung an Nutzung hergibt, d.h. die genehmigte maximale Ausnutzung der Halle (OVG Schleswig-Holstein, B. v. 05.10.2009 - 1 MB 16/09 -, juris). Der Regelungsgehalt der dem Kläger erteilten Baugenehmigung bestimmt sich nach dem Wortlaut der Baugenehmigung, nach den Bauvorlagen, dem geschilderten Betriebsablauf und den genehmigten Bauplänen. Danach wurde als maximale zulässige Nutzung der Halle der Betrieb einer Vergnügungsstätte genehmigt.
28 
Nach dem Wortlaut der Baugenehmigung wurde dem Kläger eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des Hallengebäudes in eine Veranstaltungsstätte sowie zur Herstellung von Stellplätzen und einer Schallschutzwand erteilt. Die Bauvorlage vom 20.09.2007 enthält die Angaben: „Umnutzung der Halle in ... als gewerbliche Versammlungsstätte mit Halle und Cafeteria“ und „Nutzung für Messeveranstaltungen/Ausstellungen /Seminare/Vortragsveranstaltungen/Gastgewerbe. Zielgruppen: Großunternehmen, Vereine, Gesellschaften, private Veranstaltungen.“ Die genehmigten Baupläne enthalten die Aufschrift “Ausbau und Umnutzung der Hallengebäude als Veranstaltungsstätte“ und haben eine Halle mit Podium, eine Cafeteria mit Sitzplätzen, eine Küche und im Obergeschoß einen Aufenthaltsraum zum Gegenstand. Die Fläche des Versammlungsraums wurde in der Bauvorlage vom 20.09.2007 mit 789 qm, die Gesamtzahl der Besucher mit 965 und die Zahl der erforderlichen Stellplätze mit 160 angegeben. Maßgeblich für die Beurteilung des Umfangs der genehmigten Nutzung sind weiter die Angaben des Klägers zum Betriebsablauf, die der Gutachter seinem schalltechnischen Gutachten zugrunde gelegt hat, da dieses Eingang in die Nebenbestimmungen der Baugenehmigung gefunden hat und daher Teil der Baugenehmigung geworden ist. Nach diesen Angaben soll die Halle vor allem an Freitagen und Samstagen von großen Gesellschaften (Hochzeiten) als Veranstaltungsraum genutzt werden. Die Anfahrt der Gäste erfolgt ab 16.00 Uhr. Bis 20.00 Uhr wird lautere Musik gespielt, dann nochmal von 20.30 Uhr bis 22.00 Uhr. Ab 23.00 Uhr ist die Musik wesentlich leiser als zu Beginn der Feierlichkeiten. Zu diesem Zeitpunkt verlassen auch die ersten Gäste die Feier. Um 0.30 Uhr ist die Feier beendet. Im Gutachten wurde im Nahbereich von 2 m der Lautsprecher während der Musikdarbietung ein Schalldruckpegel von 90 dB(A) angenommen und das Frequenzspektrum von basslastiger Musik zugrundegelegt. Der Summenpegel (Halleninnenpegel) wurde unter der Annahme des Einsatzes von 6 Lautsprechern mit 90,4 dB(A) berechnet. In der mündlichen Verhandlung bestätigte der Kläger im wesentlichen den im Gutachten geschilderten Ablauf der Veranstaltungen und ergänzte, in der Halle sollten jeden Samstag oder Sonntag türkische Hochzeiten ab 17.00 Uhr mit maximal 700 Gästen stattfinden. Wegen der erforderlichen Tische und Stühle könnten nicht mehr Gäste kommen. Er vermiete die Halle zu diesem Zweck oder organisiere die türkischen Hochzeiten selbst.
29 
Die aufgrund dieser Bauvorlagen, der Betriebsschilderung und den Bauplänen genehmigte Nutzung umfasst die Möglichkeit der Nutzung der Halle als Vergnügungsstätte.
30 
Der Begriff Vergnügungsstätten wird in der Baunutzungsverordnung nicht definiert, so dass er nach Systematik und Sinn und Zweck der in der Baunutzungsverordnung getroffenen Regelungen zu bestimmen ist. Der Verordnungsgeber hat die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten mit der Vierten Verordnung zur Änderung der BauNVO neu (BVerwG, B. v. 20.11.2006 - 4 B 56/06 -, juris) und für jedes Baugebiet einzeln geregelt. Vergnügungsstätten sind seit der Neureglung nicht zulässig in reinen und allgemeinen Wohngebieten, in Kleinsiedlungsgebieten und in Industriegebieten, uneingeschränkt zulässig in Kerngebieten und ausnahmsweise in Gewerbegebieten. In Mischgebieten sind sie zulässig, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind (sonstige Vergnügungsstätten), in besonderen Wohngebieten und in Dorfgebieten sind sie unter dieser Voraussetzung ausnahmsweise zulässig. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke sind schon deshalb keine Vergnügungsstätten, da sie jeweils gesondert erwähnt werden. Die Neuregelung erfolgte, um die städtebaulich nachteiligen Auswirkungen, die von Vergnügungsstätten ausgehen, zu erfassen und die Wohnbevölkerung und andere sensible Nutzungen vor den von Vergnügungsstätten ausgehenden nachteiligen Wirkungen zu schützen (BVerwG, B. v. 20.11.2006 - 4 B 56/06 -, juris).
31 
Gemeinsames Merkmal aller Vergnügungsstätten sind daher ihre in städtebaulicher Hinsicht nachteiligen Auswirkungen, wobei diese unterschiedlicher Art sein können. Maßgeblich sind deshalb nicht die Definitionen des Vergnügungssteuerrechts, sondern typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen, wie Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch Verschlechterung der Gebietsqualität (sog. trading-down Effekt; vgl. hierzu etwa Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 4a RdNr. 22.1 m.w.N.), wobei bezüglich der Intensität dieser Auswirkungen zwischen den auf Kerngebiete beschränkten (kerngebietstypischen) und den sonstigen Vergnügungsstätten unterschieden wird (VGH Bad.Württ., B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris).
32 
Zu Anlagen mit städtebaulich relevanten Folgewirkungen, die als Vergnügungsstätten bewertet wurden, wird ausgeführt: Vergnügungsstätten werden gekennzeichnet als gewerbliche Einrichtungen (Gewerbebetriebe besonderer Art), die dem „Amusement“, der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Sie werden auch umschrieben als gewerbliche Nutzungsarten, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (etwa Diskotheken, Spielhallen oder Amüsierbetriebe) unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen (VGH Bad.Württ., B. v. 28.11.2006, a.a.O., juris, OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.04.2006 -7 A 1620/05 -, juris)). Auch Kinopaläste werden neuerdings als Vergnügungsstätten eingeordnet.
33 
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 20.11.2006, a.a.O.) hat in einer Entscheidung, der das Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 27.04.2006 zu einer Genehmigung der Umnutzung einer Halle zu einer Festhalle mit Bühne und Tanzfläche und 85 Stellplätzen, in der Veranstaltungen mit 500 Teilnehmern vorgesehen sind, zugrundelag, zu den negativen städtebaulichen Auswirkungen einer solchen Festhalle ausgeführt: „Zu diesen Auswirkungen gehört insbesondere der Lärm, der von der Nutzung der betroffenen Gebäude selbst ausgeht - wie Musikdarbietungen oder die Geräusche von feiernden Teilnehmern - sowie derjenige, der im zeitlichen Zusammenhang mit Anfahrt und Abfahrt der Besucher oder Teilnehmer entsteht - wie Motorengeräusch, Türenschlagen, Gespräche bei der Verabschiedung etc.“. Das Bundesverwaltungsgericht hatte allerdings nicht abschließend zu beurteilen, ob eine entsprechende Festhalle eine Vergnügungsstätte ist. Wenn die Auswirkungen einer Festhalle, die der Betreiber nur für eine geschlossene Veranstaltung zur Verfügung stellt, denen einer Vergnügungsstätte, die der Allgemeinheit zur Verfügung steht, vergleichbar sind, ist es nach dem Bundesverwaltungsgericht ohne Belang, ob sie der Allgemeinheit zur Verfügung steht oder nicht. Aus diesen Ausführungen kann aber geschlossen werden, dass das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich Festhallen als Vergnügungsstätte beurteilt, wenn ihre Nutzung die von ihm aufgezeigten negativen städtebaulichen Auswirkungen hat. Da der Bewertung als Vergnügungsstätte nicht entgegensteht, dass ein Betreiber eine Festhalle nur für geschlossene Veranstaltungen zur Verfügung stellt und dass Besucher einer persönlichen Einladung Folge leisten, bedeutet dies, dass der konkrete Anlass für die Nutzung einer Halle und die Art und Weise der Nutzung bzw. Vergnügung in seiner Bedeutung zurücktreten, es sei denn, die Art und Weise der Nutzung hat, wie z.B. die Nutzung durch Swingerclubs, selbst städtebaulich negative Auswirkungen, wie z. B. die Verschlechterung der Gebietsqualität. Nichts anderes gilt für die Frage, ob der Betreiber der Halle den Gewinn dadurch erzielt, dass er den Ablauf der Veranstaltung selbst bestimmt oder die Halle nur vermietet. Im Vordergrund der Bewertung stehen die städtebaulich relevanten Folgen des genehmigten Betriebs der Halle auf seine Umgebung.
34 
Die vom Bundesverwaltungsgericht genannten Störungsmerkmale sind für die Bewertung des Vorhabens des Klägers als Vergnügungsstätte ausschlaggebend. Dabei steht die Tatsache, dass die negativen Auswirkungen wie zum Beispiel Lärm durch Nebenbestimmungen verringert werden können, einer Bewertung des Betriebs der Halle als Vergnügungsstätte nicht entgegen. Vielmehr ist die Tatsache, dass entsprechende Nebenbestimmungen erforderlich sind, gerade Anhaltspunkt dafür, dass eine Vergnügungsstätte vorliegen kann.
35 
Für die Einordnung einer Veranstaltungshalle als Vergnügungsstätte und die Beurteilung der städtebauliche Erheblichkeit einer Störung ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Entscheidend ist, ob die Nutzung ihrer Art nach geeignet ist, wesentlich zu stören, oder ob dies regelmäßig (typischerweise) nicht der Fall ist. Es kommt für die Einordnung als Vergnügungsstätte deshalb weder darauf an, inwieweit die (maximalen) Öffnungszeiten tatsächlich ausgenutzt werden, noch darauf, welche Störwirkungen durch den Einzugsbereich bzw. das Kommen und Gehen von Besuchern der Gaststätte konkret entstehen (OVG Schleswig-Holstein, B. v. 05.10.2009 - 1 MB 16/09 -, juris). Unerheblich ist deshalb im vorliegenden Fall, dass die Festveranstaltungen mit bis zu 700 Teilnehmern nur einmal in der Woche am Wochenende stattfinden sollen. Die zeitliche Intensität verändert regelmäßig - und so auch hier - nicht die genehmigte Nutzungsweise. Wird die Zulässigkeit eines Vorhabens bejaht, ist es baurechtlich unerheblich, ob der Antragsteller die zugelassene Nutzung täglich oder nur jeweils einmal wöchentlich ausübt (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.04.2006 -7 A 1620/05 -, juris).
36 
Für die planungsrechtliche Beurteilung der genehmigten Nutzung der Halle des Klägers als (kerngebietstypische) Vergnügungsstätte ist nach allem von zentraler Bedeutung, ob die genehmigten Veranstaltungen unter dem Aspekt des Immissionsschutzes erheblich sind und damit städtebaulich negative Auswirkungen haben. Feste und geselliges Feiern (Familienfeste, z.B. Hochzeiten) mit einem Teilnehmerkreis von 700 Personen, die mit erheblichem An - und Abfahrtsverkehr und mit einem Unterhaltungsprogramm bzw. Unterhaltungsangebot mit mehrstündigen Musikdarbietungen bis in die Nachtstunden hinein mit einer Lautstärke von 90 dB und mehr einhergehen, und die regelmäßig jedes Wochenende stattfinden, sind grundsätzlich lärmintensiv. Die vom Kläger geplanten Veranstaltungen in der Halle haben damit städtebaulich negative Auswirkungen. Die Veranstaltungen finden regelmäßig einmal in der Woche, in der Regel am Wochenende statt. Die Teilnehmer der Veranstaltungen kommen nicht nur aus W. und der Umgebung, sondern aus verschiedenen Teilen der Bundesrepublik. Da die Genehmigung von 160 Stellplätzen beantragt wurde, ist davon auszugehen, dass die bis zu 700 Teilnehmer überwiegend mit ihren PKWs anreisen. Während der Anreisezeit von etwa zwei Stunden ist von einer erheblichen Lärmbelastung durch das Anfahren der Fahrzeuge und von dem Türenschlagen usw. zu rechnen. Von einer erheblichen Lärmbelastung ist beim Abfahren der Festteilnehmer in der Zeit zwischen 22.00 Uhr bis 0.30 Uhr auszugehen. Eine erhebliche Lärmbelastung ist auch durch die elektronisch verstärkten Musikdarbietungen zu erwarten, die ab 16.00/17.00 Uhr mit einer erheblichen Lautstärke (90 dB(A)) und daher vergleichbar mit der Lautstärke von Musikdarbietungen in einer Diskothek (90-115 dB(A)) stattfinden. Dass die zu erwartende Lärmbelastung von erheblicher Bedeutung sein wird, zeigt sich im Übrigen schon schon daran, dass die Errichtung einer 45 m langen und 3 m hohen Lärmschutzwand genehmigt wurde, die hochabsorbierend zu gestalten ist, und die Baugenehmigung unter der Voraussetzung erteilt wurde, dass die im Schallschutzgutachten des Ingenieurbüros zur Bauphysik vom 16.09.2008 formulierten Anforderungen bezüglich der Immissionsminderung entsprechend umgesetzt werden“.
37 
Zusammenfassend ist daher festzustellen: Eine (kerngebietstypische) Vergnügungsstätte betreibt, wer wie der Kläger eine ca. 800 qm große Halle mit Platz für 985 Personen mit einer angeschlossenen Cafeteria und mit 160 Stellplätzen, die gewerblich in der Regel jeden Samstag oder Sonntag, an Feiertagen auch freitags zum Zwecke der Veranstaltung von Festen für ein größeres Publikum mit bis zu 700 Gästen aus einem überörtlichem Einzugsbereich mit einem Unterhaltungsprogramm bzw. Unterhaltungsangebot, zu dem das mehrstündige Abspielen von Musik in einer erheblichen Lautstärke (90 dB) durch eine Musikanlage auch in den Abendstunden gehört, vermietet oder in ihr gewerblich entsprechende Veranstaltungen organisiert, und wenn die Anfahrt der Gäste am Nachmittag in einem Zeitraum von etwa zwei Stunden und die Abfahrt nachts zwischen 22.00 Uhr und 24.30 Uhr erfolgt.
38 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme oder einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans liegen nicht vor, so dass schon deshalb die Frage einer Einschränkung des Ermessens auf 0 insoweit nicht zu prüfen war. Nach § 31 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans eine Ausnahme gemacht oder eine Befreiung erteilt werden. Gem. § 31 Abs. 1 BauGB können von den Festsetzungen des Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. Der hier maßgebliche Bebauungsplan sieht dies jedoch nicht vor. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Im vorliegenden Fall wäre eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans schon deshalb unzulässig, weil durch sie die Grundzüge der Planung berühren würden. Die Grundzüge der Planung i.S.d. § 31 Abs. 2 BauGB sind nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung die konkrete Planungskonzeption des Bebauungsplans im Wesentlichen unangetastet lässt, d.h., sie darf eine getroffene Planentscheidung bzw. das planerische Leitbild der Gemeinde nicht aus den Angeln heben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2000, NVwZ-RR 2000, 759, Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35/04 -, juris; VG Hamburg, Beschl. v. 10.05.2006 - 6 E 1150/06 -, juris). Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht.
39 
Die Erteilung einer Befreiung für die Vergnügungsstätte tastet das planerische Leitbild der Gemeinde an. Denn indem die Gemeinde ausdrücklich die Frage, in welchen Fällen keine Ausnahme nach § 8 Abs. 3 BauNVO zugelassen werden darf, geregelt und im Bebauungsplan auch keine Ausnahmen hiervon vorgesehen hat, hat sie klar das Plankonzept zum Ausdruck gebracht, dass in dem Gewerbegebiet, in dem sich die oben näher bezeichneten Grundstücke der Kläger und des Beigeladenen befinden, generell Vergnügungsstätten gleich welcher Art nicht zulässig sein sollen.
40 
Eine nur teilweise Aufhebung der Baugenehmigung ist vom Kläger nicht beantragt. Sie kann auch nicht erfolgen. Die Baugenehmigung ist aufgrund der Bauvorlagen und Baupläne mit ihren Hinweisen und Nebenbestimmungen entscheidend auf die geplante Nutzung der Halle für Großveranstaltungen an Wochenenden mit lauten Musikdarbietungen bis in Nacht hinein ausgelegt und deshalb unteilbar. Eine nur teilweise Aufhebung der Baugenehmigung mit der Einschränkung der beantragten Nutzung auf weniger außenwirksame Veranstaltungen, etwa Messe-/Seminarveranstaltungen usw. würde zum Leerlaufen mehrerer Nebenbestimmungen und damit zu einer in sich nicht mehr stimmigen Baugenehmigung führen.
41 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs.1, 162 Abs. 3 VwGO. Der Kläger hat auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. Denn es entspricht der Billigkeit, dem unterlegenen Bauherrn die dem notwendig beigeladenen Nachbarn entstandenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.7.1996 - 3 S 2895/95 -, VBlBW 1996, 437).
42 
Das Gericht sieht keinen Anlass, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO analog).
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 75.000,-- festgesetzt. Der Streitwert orientiert sich an der Nr. 9.1.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, wonach für „ sonstige Anlagen je nach Einzelfall ein Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten“ als Streitwert festzusetzen ist. Die Rohbaukosten sind mit EUR 150.000,-- angegeben. Der Bruchteil von 1/2 wurde unter Berücksichtigung der genehmigten Nutzungsänderung zu einer Veranstaltungshalle gewählt. Bei einer Nutzfläche von 800 m 2 beträgt der Nutzwert der lediglich berücksichtigten Veranstaltungshalle ca. 93 EUR/ m 2 (vgl. auch die Nrn 9.1.4 und 9.1.5 des Streitwertkatalogs).
45 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

Gründe

 
17 
Die Klage ist zulässig.
18 
Die Anfechtungsklage ist auch ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässig. Gemäß § 68 Abs.1 Satz 1 Nr.2 VwGO bedarf es keiner Überprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren, wenn der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält. Bei der Verfügung der Beklagten vom 06.11.2009 handelt es sich um einen Abhilfebescheid, der erstmalig eine Beschwer enthält. Zwar hatte die Ausgangsbehörde den Widerspruch bereits an die Widerspruchsbehörde weitergeleitet. Dies steht jedoch einer Abhilfeentscheidung durch die Ausgangsbehörde nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.09.1989, NVwZ 1990, 651). Denn die Widerspruchsbehörde kann als Aufsichtsbehörde die Ausgangsbehörde um den Erlass eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO ersuchen. Die Beklagte wurde auch zum Erlass einer Abhilfeentscheidung und nicht etwa zum Erlass eines Rücknahmebescheids angewiesen. Der Abhilfebescheid enthält auch eine erstmalige rechtliche Beschwer, weil er die Baugenehmigung insgesamt aufhebt.
19 
Die damit zulässige Klage ist jedoch unbegründet. Der Abhilfebescheid der Beklagten vom 06.11.2009 ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 Satz 1 VwGO).
20 
Die Beklagte durfte eine Abhilfeentscheidung treffen, weil ihr ein Nachbarwiderspruch zur Entscheidung vorlag. Gegenstand der Abhilfeentscheidung ist allein die Baugenehmigung vom 03.11.2008, da die Änderungsbaugenehmigung vom 13.10.2009 betreffend die Innenausgestaltung der Halle mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden ist.
21 
Wendet sich der Inhaber einer Baugenehmigung gegen eine teilweise oder vollständige Aufhebung der Baugenehmigung im Wege eines Abhilfebescheids gemäß § 72 VwGO, ist die Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung, soweit sie aufgehoben wurde, nur im Hinblick auf die nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Baurechts zu überprüfen (VG Braunschweig, Urt. v. 09.10.2002 - 2 A 317/01 -, juris).
22 
Dem Erlass der Abhilfeentscheidung stand nicht schon eine Präklusion der Beigeladenen im Sinne des § 55 Abs.2 LBO a.F. entgegen, da diese bereits nicht die für eine Präklusion erforderliche Angrenzerbenachrichtigung erhalten hatte. Die Genehmigung der Umnutzung der Halle verletzt die deshalb zu überprüfenden Rechte der Beigeladenen als Nachbarin.
23 
Die Rechtmäßigkeit der beantragten und genehmigten Umnutzung von Wohnräumen im Wohngebäude des Beigeladenen beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der Bau-nutzungsverordnung 1990 - BauNVO - (§ 25c Satz 1 BauNVO). Die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „...“. Dessen schriftliche planungsrechtliche Festsetzungen sehen als bauliche Nutzung für die Grundstücke des Klägers und der Beigeladenen ein Gewerbegebiet GE (§ 8 BauNVO) vor, in dem Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke sowie Vergnügungsstätten auch nicht ausnahmsweise zulässig sind. Denn es heißt es dort unter A Nr.1.1 des schriftlichen Teils der planungsrechtlichen Festsetzungen: „Ausnahmen sind nach § 8 Abs.3 Ziff.1 BauNVO gemäß § 1 Abs.6 BauNVO allgemein zulässig. Ausnahmen nach § 8 Abs.3 Ziff.2 u. 3 BauNVO sind gemäß § 1 Abs.6 BauNVO nicht zulässig.“ Die hier strittige Festsetzung trat erstmals am 14.01.97 mit der 2. Änderung des Bebauungsplans in Kraft. Sie wurde durch die am 22.11.1999 in Kraft getretenen 3. Änderung des Bebauungsplans, die vor allem die Zulassung von innenstadtunschädlichen Einzelhandelsbetrieben zum Gegenstand hatte (vgl. S. 2 der Begründung der Änderung), nicht abgeändert.
24 
Der Plangeber hat mit der getroffenen Festsetzung von der Ermächtigung des § 1 Abs. 6 Nr.1 BauNVO 1990 Gebrauch gemacht, wonach im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, dass Ausnahmen, die in den einzelnen Baugebieten nach §§ 2 bis 9 BauNVO vorgesehen sind, ganz oder teilweise nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden, und in zulässiger Weise unter Wahrung der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebietes die Möglichkeit genutzt, den Baugebietskatalog zu variieren (vgl. Fickert/Fieseler,11. Aufl., § 1 Rdnr. 104 ff.). Durch den vorgenommenen Ausschluss von Ausnahmen wurde in zulässiger Weise sichergestellt, dass der Schwerpunkt der Nutzung des Gebiets in der Unterbringung nicht erheblich belästigender Gewerbebetriebe liegt und nur Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind, allgemein zulässig sind.
25 
Die Festsetzung eines Gewerbegebiets und der dort auch nicht ausnahmsweise zulässigen Vorhaben hat nachbarschützende Wirkung (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O., § 8 Rdnr. 3). Der Nachbar hat ein subjektiv öffentliches Recht auf Bewahrung der festgesetzten Gebietsart, so dass sich die Klägerin als Nachbarin (im Gewerbegebiet) auf einen Verstoß gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans berufen kann.
26 
Die Beigeladene hat keinen Anspruch auf Wahrung der Gebietsart, soweit Ausnahmen für Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke nicht zugelassen sind, da der Kläger keine Anlage für kulturelle und soziale Einrichtungenbetrieben zur Genehmigung gestellt hat. Denn hierbei handelt sich um Anlagen des Gemeinbedarfs (Kirchen, Gemeindehäuser, Schulen, Stadtbüchereien usw.) bzw. der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt. Sie kann sich jedoch auf die Wahrung der Gebietsart eines Gewerbegebiets ohne Vergnügungsstätte berufen, da dem Kläger eine Baugenehmigung für den Betrieb einer Vergnügungsstätte erteilt wurde.
27 
Maßgeblich für die planungsrechtliche Bewertung der erlaubten Nutzung der Halle ist, was die angefochtene Genehmigung an Nutzung hergibt, d.h. die genehmigte maximale Ausnutzung der Halle (OVG Schleswig-Holstein, B. v. 05.10.2009 - 1 MB 16/09 -, juris). Der Regelungsgehalt der dem Kläger erteilten Baugenehmigung bestimmt sich nach dem Wortlaut der Baugenehmigung, nach den Bauvorlagen, dem geschilderten Betriebsablauf und den genehmigten Bauplänen. Danach wurde als maximale zulässige Nutzung der Halle der Betrieb einer Vergnügungsstätte genehmigt.
28 
Nach dem Wortlaut der Baugenehmigung wurde dem Kläger eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des Hallengebäudes in eine Veranstaltungsstätte sowie zur Herstellung von Stellplätzen und einer Schallschutzwand erteilt. Die Bauvorlage vom 20.09.2007 enthält die Angaben: „Umnutzung der Halle in ... als gewerbliche Versammlungsstätte mit Halle und Cafeteria“ und „Nutzung für Messeveranstaltungen/Ausstellungen /Seminare/Vortragsveranstaltungen/Gastgewerbe. Zielgruppen: Großunternehmen, Vereine, Gesellschaften, private Veranstaltungen.“ Die genehmigten Baupläne enthalten die Aufschrift “Ausbau und Umnutzung der Hallengebäude als Veranstaltungsstätte“ und haben eine Halle mit Podium, eine Cafeteria mit Sitzplätzen, eine Küche und im Obergeschoß einen Aufenthaltsraum zum Gegenstand. Die Fläche des Versammlungsraums wurde in der Bauvorlage vom 20.09.2007 mit 789 qm, die Gesamtzahl der Besucher mit 965 und die Zahl der erforderlichen Stellplätze mit 160 angegeben. Maßgeblich für die Beurteilung des Umfangs der genehmigten Nutzung sind weiter die Angaben des Klägers zum Betriebsablauf, die der Gutachter seinem schalltechnischen Gutachten zugrunde gelegt hat, da dieses Eingang in die Nebenbestimmungen der Baugenehmigung gefunden hat und daher Teil der Baugenehmigung geworden ist. Nach diesen Angaben soll die Halle vor allem an Freitagen und Samstagen von großen Gesellschaften (Hochzeiten) als Veranstaltungsraum genutzt werden. Die Anfahrt der Gäste erfolgt ab 16.00 Uhr. Bis 20.00 Uhr wird lautere Musik gespielt, dann nochmal von 20.30 Uhr bis 22.00 Uhr. Ab 23.00 Uhr ist die Musik wesentlich leiser als zu Beginn der Feierlichkeiten. Zu diesem Zeitpunkt verlassen auch die ersten Gäste die Feier. Um 0.30 Uhr ist die Feier beendet. Im Gutachten wurde im Nahbereich von 2 m der Lautsprecher während der Musikdarbietung ein Schalldruckpegel von 90 dB(A) angenommen und das Frequenzspektrum von basslastiger Musik zugrundegelegt. Der Summenpegel (Halleninnenpegel) wurde unter der Annahme des Einsatzes von 6 Lautsprechern mit 90,4 dB(A) berechnet. In der mündlichen Verhandlung bestätigte der Kläger im wesentlichen den im Gutachten geschilderten Ablauf der Veranstaltungen und ergänzte, in der Halle sollten jeden Samstag oder Sonntag türkische Hochzeiten ab 17.00 Uhr mit maximal 700 Gästen stattfinden. Wegen der erforderlichen Tische und Stühle könnten nicht mehr Gäste kommen. Er vermiete die Halle zu diesem Zweck oder organisiere die türkischen Hochzeiten selbst.
29 
Die aufgrund dieser Bauvorlagen, der Betriebsschilderung und den Bauplänen genehmigte Nutzung umfasst die Möglichkeit der Nutzung der Halle als Vergnügungsstätte.
30 
Der Begriff Vergnügungsstätten wird in der Baunutzungsverordnung nicht definiert, so dass er nach Systematik und Sinn und Zweck der in der Baunutzungsverordnung getroffenen Regelungen zu bestimmen ist. Der Verordnungsgeber hat die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten mit der Vierten Verordnung zur Änderung der BauNVO neu (BVerwG, B. v. 20.11.2006 - 4 B 56/06 -, juris) und für jedes Baugebiet einzeln geregelt. Vergnügungsstätten sind seit der Neureglung nicht zulässig in reinen und allgemeinen Wohngebieten, in Kleinsiedlungsgebieten und in Industriegebieten, uneingeschränkt zulässig in Kerngebieten und ausnahmsweise in Gewerbegebieten. In Mischgebieten sind sie zulässig, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind (sonstige Vergnügungsstätten), in besonderen Wohngebieten und in Dorfgebieten sind sie unter dieser Voraussetzung ausnahmsweise zulässig. Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke sind schon deshalb keine Vergnügungsstätten, da sie jeweils gesondert erwähnt werden. Die Neuregelung erfolgte, um die städtebaulich nachteiligen Auswirkungen, die von Vergnügungsstätten ausgehen, zu erfassen und die Wohnbevölkerung und andere sensible Nutzungen vor den von Vergnügungsstätten ausgehenden nachteiligen Wirkungen zu schützen (BVerwG, B. v. 20.11.2006 - 4 B 56/06 -, juris).
31 
Gemeinsames Merkmal aller Vergnügungsstätten sind daher ihre in städtebaulicher Hinsicht nachteiligen Auswirkungen, wobei diese unterschiedlicher Art sein können. Maßgeblich sind deshalb nicht die Definitionen des Vergnügungssteuerrechts, sondern typische städtebaulich relevante (negative) Folgewirkungen, wie Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes und des Gebietscharakters, aber auch Verschlechterung der Gebietsqualität (sog. trading-down Effekt; vgl. hierzu etwa Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 4a RdNr. 22.1 m.w.N.), wobei bezüglich der Intensität dieser Auswirkungen zwischen den auf Kerngebiete beschränkten (kerngebietstypischen) und den sonstigen Vergnügungsstätten unterschieden wird (VGH Bad.Württ., B. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, juris).
32 
Zu Anlagen mit städtebaulich relevanten Folgewirkungen, die als Vergnügungsstätten bewertet wurden, wird ausgeführt: Vergnügungsstätten werden gekennzeichnet als gewerbliche Einrichtungen (Gewerbebetriebe besonderer Art), die dem „Amusement“, der kommerziellen Freizeitgestaltung, Zerstreuung und Entspannung, dem geselligen Beisammensein, der Bedienung der Spielleidenschaft oder der Bedienung der erotisch/sexuellen Interessen des Menschen dienen. Sie werden auch umschrieben als gewerbliche Nutzungsarten, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (etwa Diskotheken, Spielhallen oder Amüsierbetriebe) unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder des Sexualtriebs einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung widmen (VGH Bad.Württ., B. v. 28.11.2006, a.a.O., juris, OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.04.2006 -7 A 1620/05 -, juris)). Auch Kinopaläste werden neuerdings als Vergnügungsstätten eingeordnet.
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Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, B. v. 20.11.2006, a.a.O.) hat in einer Entscheidung, der das Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 27.04.2006 zu einer Genehmigung der Umnutzung einer Halle zu einer Festhalle mit Bühne und Tanzfläche und 85 Stellplätzen, in der Veranstaltungen mit 500 Teilnehmern vorgesehen sind, zugrundelag, zu den negativen städtebaulichen Auswirkungen einer solchen Festhalle ausgeführt: „Zu diesen Auswirkungen gehört insbesondere der Lärm, der von der Nutzung der betroffenen Gebäude selbst ausgeht - wie Musikdarbietungen oder die Geräusche von feiernden Teilnehmern - sowie derjenige, der im zeitlichen Zusammenhang mit Anfahrt und Abfahrt der Besucher oder Teilnehmer entsteht - wie Motorengeräusch, Türenschlagen, Gespräche bei der Verabschiedung etc.“. Das Bundesverwaltungsgericht hatte allerdings nicht abschließend zu beurteilen, ob eine entsprechende Festhalle eine Vergnügungsstätte ist. Wenn die Auswirkungen einer Festhalle, die der Betreiber nur für eine geschlossene Veranstaltung zur Verfügung stellt, denen einer Vergnügungsstätte, die der Allgemeinheit zur Verfügung steht, vergleichbar sind, ist es nach dem Bundesverwaltungsgericht ohne Belang, ob sie der Allgemeinheit zur Verfügung steht oder nicht. Aus diesen Ausführungen kann aber geschlossen werden, dass das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich Festhallen als Vergnügungsstätte beurteilt, wenn ihre Nutzung die von ihm aufgezeigten negativen städtebaulichen Auswirkungen hat. Da der Bewertung als Vergnügungsstätte nicht entgegensteht, dass ein Betreiber eine Festhalle nur für geschlossene Veranstaltungen zur Verfügung stellt und dass Besucher einer persönlichen Einladung Folge leisten, bedeutet dies, dass der konkrete Anlass für die Nutzung einer Halle und die Art und Weise der Nutzung bzw. Vergnügung in seiner Bedeutung zurücktreten, es sei denn, die Art und Weise der Nutzung hat, wie z.B. die Nutzung durch Swingerclubs, selbst städtebaulich negative Auswirkungen, wie z. B. die Verschlechterung der Gebietsqualität. Nichts anderes gilt für die Frage, ob der Betreiber der Halle den Gewinn dadurch erzielt, dass er den Ablauf der Veranstaltung selbst bestimmt oder die Halle nur vermietet. Im Vordergrund der Bewertung stehen die städtebaulich relevanten Folgen des genehmigten Betriebs der Halle auf seine Umgebung.
34 
Die vom Bundesverwaltungsgericht genannten Störungsmerkmale sind für die Bewertung des Vorhabens des Klägers als Vergnügungsstätte ausschlaggebend. Dabei steht die Tatsache, dass die negativen Auswirkungen wie zum Beispiel Lärm durch Nebenbestimmungen verringert werden können, einer Bewertung des Betriebs der Halle als Vergnügungsstätte nicht entgegen. Vielmehr ist die Tatsache, dass entsprechende Nebenbestimmungen erforderlich sind, gerade Anhaltspunkt dafür, dass eine Vergnügungsstätte vorliegen kann.
35 
Für die Einordnung einer Veranstaltungshalle als Vergnügungsstätte und die Beurteilung der städtebauliche Erheblichkeit einer Störung ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Entscheidend ist, ob die Nutzung ihrer Art nach geeignet ist, wesentlich zu stören, oder ob dies regelmäßig (typischerweise) nicht der Fall ist. Es kommt für die Einordnung als Vergnügungsstätte deshalb weder darauf an, inwieweit die (maximalen) Öffnungszeiten tatsächlich ausgenutzt werden, noch darauf, welche Störwirkungen durch den Einzugsbereich bzw. das Kommen und Gehen von Besuchern der Gaststätte konkret entstehen (OVG Schleswig-Holstein, B. v. 05.10.2009 - 1 MB 16/09 -, juris). Unerheblich ist deshalb im vorliegenden Fall, dass die Festveranstaltungen mit bis zu 700 Teilnehmern nur einmal in der Woche am Wochenende stattfinden sollen. Die zeitliche Intensität verändert regelmäßig - und so auch hier - nicht die genehmigte Nutzungsweise. Wird die Zulässigkeit eines Vorhabens bejaht, ist es baurechtlich unerheblich, ob der Antragsteller die zugelassene Nutzung täglich oder nur jeweils einmal wöchentlich ausübt (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 27.04.2006 -7 A 1620/05 -, juris).
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Für die planungsrechtliche Beurteilung der genehmigten Nutzung der Halle des Klägers als (kerngebietstypische) Vergnügungsstätte ist nach allem von zentraler Bedeutung, ob die genehmigten Veranstaltungen unter dem Aspekt des Immissionsschutzes erheblich sind und damit städtebaulich negative Auswirkungen haben. Feste und geselliges Feiern (Familienfeste, z.B. Hochzeiten) mit einem Teilnehmerkreis von 700 Personen, die mit erheblichem An - und Abfahrtsverkehr und mit einem Unterhaltungsprogramm bzw. Unterhaltungsangebot mit mehrstündigen Musikdarbietungen bis in die Nachtstunden hinein mit einer Lautstärke von 90 dB und mehr einhergehen, und die regelmäßig jedes Wochenende stattfinden, sind grundsätzlich lärmintensiv. Die vom Kläger geplanten Veranstaltungen in der Halle haben damit städtebaulich negative Auswirkungen. Die Veranstaltungen finden regelmäßig einmal in der Woche, in der Regel am Wochenende statt. Die Teilnehmer der Veranstaltungen kommen nicht nur aus W. und der Umgebung, sondern aus verschiedenen Teilen der Bundesrepublik. Da die Genehmigung von 160 Stellplätzen beantragt wurde, ist davon auszugehen, dass die bis zu 700 Teilnehmer überwiegend mit ihren PKWs anreisen. Während der Anreisezeit von etwa zwei Stunden ist von einer erheblichen Lärmbelastung durch das Anfahren der Fahrzeuge und von dem Türenschlagen usw. zu rechnen. Von einer erheblichen Lärmbelastung ist beim Abfahren der Festteilnehmer in der Zeit zwischen 22.00 Uhr bis 0.30 Uhr auszugehen. Eine erhebliche Lärmbelastung ist auch durch die elektronisch verstärkten Musikdarbietungen zu erwarten, die ab 16.00/17.00 Uhr mit einer erheblichen Lautstärke (90 dB(A)) und daher vergleichbar mit der Lautstärke von Musikdarbietungen in einer Diskothek (90-115 dB(A)) stattfinden. Dass die zu erwartende Lärmbelastung von erheblicher Bedeutung sein wird, zeigt sich im Übrigen schon schon daran, dass die Errichtung einer 45 m langen und 3 m hohen Lärmschutzwand genehmigt wurde, die hochabsorbierend zu gestalten ist, und die Baugenehmigung unter der Voraussetzung erteilt wurde, dass die im Schallschutzgutachten des Ingenieurbüros zur Bauphysik vom 16.09.2008 formulierten Anforderungen bezüglich der Immissionsminderung entsprechend umgesetzt werden“.
37 
Zusammenfassend ist daher festzustellen: Eine (kerngebietstypische) Vergnügungsstätte betreibt, wer wie der Kläger eine ca. 800 qm große Halle mit Platz für 985 Personen mit einer angeschlossenen Cafeteria und mit 160 Stellplätzen, die gewerblich in der Regel jeden Samstag oder Sonntag, an Feiertagen auch freitags zum Zwecke der Veranstaltung von Festen für ein größeres Publikum mit bis zu 700 Gästen aus einem überörtlichem Einzugsbereich mit einem Unterhaltungsprogramm bzw. Unterhaltungsangebot, zu dem das mehrstündige Abspielen von Musik in einer erheblichen Lautstärke (90 dB) durch eine Musikanlage auch in den Abendstunden gehört, vermietet oder in ihr gewerblich entsprechende Veranstaltungen organisiert, und wenn die Anfahrt der Gäste am Nachmittag in einem Zeitraum von etwa zwei Stunden und die Abfahrt nachts zwischen 22.00 Uhr und 24.30 Uhr erfolgt.
38 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme oder einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans liegen nicht vor, so dass schon deshalb die Frage einer Einschränkung des Ermessens auf 0 insoweit nicht zu prüfen war. Nach § 31 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans eine Ausnahme gemacht oder eine Befreiung erteilt werden. Gem. § 31 Abs. 1 BauGB können von den Festsetzungen des Bebauungsplans solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. Der hier maßgebliche Bebauungsplan sieht dies jedoch nicht vor. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern (Nr. 1) oder die Abweichung städtebaulich vertretbar ist (Nr. 2) oder die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Im vorliegenden Fall wäre eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans schon deshalb unzulässig, weil durch sie die Grundzüge der Planung berühren würden. Die Grundzüge der Planung i.S.d. § 31 Abs. 2 BauGB sind nur dann nicht berührt, wenn die Abweichung die konkrete Planungskonzeption des Bebauungsplans im Wesentlichen unangetastet lässt, d.h., sie darf eine getroffene Planentscheidung bzw. das planerische Leitbild der Gemeinde nicht aus den Angeln heben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.03.2000, NVwZ-RR 2000, 759, Beschl. v. 19.05.2004 - 4 B 35/04 -, juris; VG Hamburg, Beschl. v. 10.05.2006 - 6 E 1150/06 -, juris). Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplans unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht.
39 
Die Erteilung einer Befreiung für die Vergnügungsstätte tastet das planerische Leitbild der Gemeinde an. Denn indem die Gemeinde ausdrücklich die Frage, in welchen Fällen keine Ausnahme nach § 8 Abs. 3 BauNVO zugelassen werden darf, geregelt und im Bebauungsplan auch keine Ausnahmen hiervon vorgesehen hat, hat sie klar das Plankonzept zum Ausdruck gebracht, dass in dem Gewerbegebiet, in dem sich die oben näher bezeichneten Grundstücke der Kläger und des Beigeladenen befinden, generell Vergnügungsstätten gleich welcher Art nicht zulässig sein sollen.
40 
Eine nur teilweise Aufhebung der Baugenehmigung ist vom Kläger nicht beantragt. Sie kann auch nicht erfolgen. Die Baugenehmigung ist aufgrund der Bauvorlagen und Baupläne mit ihren Hinweisen und Nebenbestimmungen entscheidend auf die geplante Nutzung der Halle für Großveranstaltungen an Wochenenden mit lauten Musikdarbietungen bis in Nacht hinein ausgelegt und deshalb unteilbar. Eine nur teilweise Aufhebung der Baugenehmigung mit der Einschränkung der beantragten Nutzung auf weniger außenwirksame Veranstaltungen, etwa Messe-/Seminarveranstaltungen usw. würde zum Leerlaufen mehrerer Nebenbestimmungen und damit zu einer in sich nicht mehr stimmigen Baugenehmigung führen.
41 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs.1, 162 Abs. 3 VwGO. Der Kläger hat auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. Denn es entspricht der Billigkeit, dem unterlegenen Bauherrn die dem notwendig beigeladenen Nachbarn entstandenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.7.1996 - 3 S 2895/95 -, VBlBW 1996, 437).
42 
Das Gericht sieht keinen Anlass, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO analog).
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf EUR 75.000,-- festgesetzt. Der Streitwert orientiert sich an der Nr. 9.1.9 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, wonach für „ sonstige Anlagen je nach Einzelfall ein Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten“ als Streitwert festzusetzen ist. Die Rohbaukosten sind mit EUR 150.000,-- angegeben. Der Bruchteil von 1/2 wurde unter Berücksichtigung der genehmigten Nutzungsänderung zu einer Veranstaltungshalle gewählt. Bei einer Nutzfläche von 800 m 2 beträgt der Nutzwert der lediglich berücksichtigten Veranstaltungshalle ca. 93 EUR/ m 2 (vgl. auch die Nrn 9.1.4 und 9.1.5 des Streitwertkatalogs).
45 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine bauaufsichtliche Nutzungsuntersagungsverfügung der Beklagten. Sie betreibt aufgrund eines Gewerberaummietvertrages mit der Hausverwaltung A... GmbH in einem Gewölbekeller – einem Kulturdenkmal – in der B..., Gemarkung C..., Flur ..., Flurstück ..., den D..., welcher unter der Woche und an den Wochenenden ab den Abendstunden geöffnet hat. Dort wird Musik abgespielt und es werden Getränke und nicht selbst hergestellte Speisen ausgegeben. Ferner finden Musikveranstaltungen statt, wobei letzteres aus Sicht der Klägerin bloß gelegentlich erfolgt.

2

Mit Bauschein Nr. ... vom 29. Oktober 1986 genehmigte die Beklagte der Voreigentümerin E... Wohnungsbaugesellschaft mbH & Co. KG u.a. den Einbau einer Gaststätte im Kellergeschoss des streitgegenständlichen Anwesens. Vorgesehen war laut dem zum Bauschein dazugehörigen „Nachweis der Einstellplätze“ die Errichtung einer Gaststätte mit 59 Sitzplätzen. Von dieser Baugenehmigung machte die Voreigentümerin keinen Gebrauch. Mit Nachtragsgenehmigung Nr. ... vom 24. Juni 1988 genehmigte die Beklagte der Voreigentümerin die Unterbringung einer Arztpraxis in zwei Dachgeschossebenen. In einem zu dieser Nachtragsgenehmigung gehörenden Beiblatt 1 heißt es unter Ziffer 3: „Aus der Baugenehmigung Nr. ... vom 29. Oktober 1986 ist der Einbau einer Gaststätte im Kellergeschoss nicht ausgeführt und daher entfallen. Die nach Baugenehmigung hierfür erforderlichen 8 Einstellplätze im Kellergeschoss (...) sind wieder frei zu Verfügung.“ Unter Ziffer 4 heißt es weiter: „Die Stellplatzforderung für das Haus B... beläuft sich auf (…); hinzu [kommen] für den späteren Ausbau des Kellergeschosses als Lokal mit ca. 50 Sitzplätzen: 10 = 5 Stellplätze.“. Unter Ziffer 6 heißt es weiter: „Die vorstehende Bedingung Ziffer 4 steht unter dem Vorbehalt einer späteren Regulierung der Stellplatzanforderungszahl, wenn sich ergeben sollte – insbesondere für den Ausbau des Kellergeschosses zu einer Gaststätte –, dass dort mehr als 50 Sitzplätze eingerichtet werden. Falls dies geschehen sollte, muss die Stellplatzforderung erhöht werden.“.

3

Mit Bauschein Nr. ... vom 5. Dezember 1988 wurde der Voreigentümerin eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Gaststätte im Untergeschoss des vorgenannten Anwesens erteilt; unter Ziffer ... (Besondere Auflagen und Bedingungen) wird darauf hingewiesen, dass die in grüner Farbe in die Zeichnungen, Berechnungen und sonstigen Unterlagen des Bauantrages eingetragenen Änderungen und Ergänzungen bei der Bauausführung zu beachten seien. Im zum Bauschein gehörenden Beiblatt 1 heißt es: „Nach der jetzt vorgesehenen Möblierung der Gaststätte kommen nur 40 Sitzplätze zur Ausführung, so dass die Stellplatzveranlagung auf vier Stellplätze reduziert werden kann.“. Mittels Grüneintragung wurde u.a. „40 Plätze“ in die von der Voreigentümerin vorgelegte Bauzeichnung vermerkt. Zum vorgenannten Bauschein Nr. ... wurde das „Beiblatt 1 zur Nachtragsgenehmigung ...“ genommen. Die Angaben unter Ziffer 4 des Beiblattes 1 wurden z.T. durchgestrichen, nunmehr heißt es darin: „Die Stellplatzforderung für das Haus B... beläuft sich auf (…); hinzu [kommen] für den späteren Ausbau des Kellergeschosses als Lokal 40 Sitzplätze [die zunächst eingetragene Zahl 37 wurde wieder durchgestrichen]: 10 = 4 Stellplätze; insgesamt 11 Stellplätze.“.

4

Der der vorgenannten Baugenehmigung zu Grunde liegende Antrag der E... Wohnungsbaugesellschaft mbH & Co. KG vom 17. Oktober 1988, welcher laut Grüneintrag geprüft und zur vorgenannten Baugenehmigung genommen wurde, nannte als Zweckbestimmung “Errichtung einer Gaststätte“.

5

Laut Fertigstellungsbescheinigung vom 1. Februar 1989 wurde das genehmigte Bauvorhaben ausgeführt und in Gebrauch genommen.

6

Mit Baugenehmigung vom 23. September 2010 genehmigte die Beklagte der Klägerin auf deren Antrag vom 24. Mai 2010, bei der Beklagten eingegangen am 22. Juni 2010, den Umbau und die Instandsetzung einer bestehenden gastronomischen Einrichtung in der B... in C... Laut den dem Antrag beigefügten Plänen war lediglich eine Änderung der Möblierung vorgesehen; unter Ziffer 4 des Antrages hieß es zudem, dass der Stellplatzbedarf dem Bestand entspreche. Im erteilten Bauschein heißt es unter „Allgemeine bauordnungsrechtliche Auflagen“, Ziffer 2: “Gemäß Baugenehmigung vom 5. Dezember 1988 und der jetzigen Änderungen sind insgesamt sieben Stellplätze nachzuweisen. Von diesen sind vier Stellplätze auf dem Grundstück Bismarckstraße 2 durch Eintragung einer Baulast nachgewiesen. Die restlichen drei Stellplätze sind in der bestehenden Tiefgarage auf dem Baugrundstück nachgewiesen.“ Ziffer 3 der Auflagen lautet: „Die Nutzung einer Küche ist nicht mehr vorgesehen. Sofern Speisen verabreicht werden, sind die einschlägigen Vorschriften des Lebensmittelrechts zu beachten (…)“.

7

Unter dem 5. April 2011 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis nach § 2 Gaststättengesetz – GastG -. Darin heißt es unter 2.1: „Die Gaststätte soll als Schankwirtschaft mit Ausschank von sämtlichen alkoholischen und alkoholfreien Getränken geführt werden.“ Unter 2.2 heißt es: „Die Gaststätte bietet regelmäßig Tanz und Discjockey und eine Mikrofonanlage.“ Unter 2.3 (Betriebsart) ist „Diskothek“ und „Gaststätte mit Musikdarbietung“ angegeben. Unter 2.5.6 (Kfz Einstellplätze) heißt es weiter: „Siehe Bauantrag, Genehmigung erteilt durch Bauaufsicht, Herr F...“. Mit Bescheid vom 30. Mai 2011 erteilte das Ordnungsamt der Beklagten der Klägerin eine gaststättenrechtliche Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft mit regelmäßigen Musikaufführungen.

8

Nach Beschwerden eines Bürgers, wonach sich im D... bis zu 300 Menschen aufhielten, teilte die Beklagte dem Geschäftsführer der Klägerin am 23. April 2014 telefonisch mit, dass die zulässige Personenanzahl auf 50 reduziert werden müsse, bis die Baugenehmigung aus dem Jahre 2010 ggf. ergänzt würde. Der Geschäftsführer der Klägerin erwiderte, dass sich höchstens zwischen 180 und 200 Personen im D... aufhielten und er der Aufforderung zur Reduzierung der Personenzahl nicht folgen werde.

9

Mit Bescheid vom 23. April 2014 erließ die Beklagte sodann gegenüber der Klägerin eine bauaufsichtliche Anordnung, mit der ihr aufgegeben wurde, die Personenzahl im D... mit sofortiger Wirkung auf max. 50 Personen zu begrenzen. Zur Begründung wurde auf die Baugenehmigung vom 5. Dezember 1988, nach der lediglich 40 Personen zuzüglich des Bedienungspersonals die Räumlichkeiten nutzen dürften, sowie die Änderungsgenehmigung vom 23. September 2010 verwiesen. Der zuletzt genannten Genehmigung sei lediglich zu entnehmen, dass eine Veränderung der Möblierung vorgesehen und beantragt worden sei. Eine Nutzungsänderung sei nicht beantragt und beschieden worden. Ebenso wenig sei eine Erhöhung der möglichen Besucherzahl der Gaststätte beantragt worden. Der kommunale Vollzugsdienst der Beklagten habe im Rahmen einer Kontrolle am 17. April 2014 festgestellt, dass sich dort extrem viele Personen (weitaus mehr als genehmigt) aufgehalten hätten und kaum noch Platz für Bewegung gewesen sei. Weiterhin habe ein Besucher mitgeteilt, dass an Donnerstagen und Freitagen bis zu 300 Personen in den Räumlichkeiten anwesend seien. Dies würde durch die im Internet veröffentlichten Fotos bestätigt und stehe in starker Diskrepanz zur gastronomischen Nutzung mit 40 erlaubten Besuchern. Aufgrund der großen Personenzahl könne eine Gefahr für Leib und Leben nicht ausgeschlossen werden. Ferner wurde auf die Voraussetzungen des § 59 der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz - LBauO - verwiesen. Als Betreiber sei die Klägerin die korrekte Adressatin der Anordnung, da ihr die Verfügungsgewalt über das Objekt obliege und sie in der Lage sei, der Personenbegrenzung nachzukommen. Anschließend wurde die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet und dies mit Gefahren für Leib und Leben für den nicht ortskundigen Besucherkreis, der sich vornehmlich zur Nachtzeit in den Räumlichkeiten aufhalte, im Brandfalle und einer Paniksituation näher begründet.

10

Mit Verfügung vom 24. April 2014 ordnete die Beklagte ergänzend an, dass sich im D... max. 50 Personen zeitgleich aufhalten dürften und die Anzahl durch Zählung zu überwachen sei. Im Übrigen wurde auf die Ausführungen und Begründung in der Verfügung vom Vortag verwiesen.

11

Gegen die vorgenannten Verfügungen legte die Klägerin noch am Tage der Zustellung, dem 24. April 2014, Widerspruch ein.

12

Mit Schriftsatz vom 24. April 2014 stellte die Klägerin zudem einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, der unter dem Az. 5 L 766/14.TR beim erkennenden Gericht geführt wurde. Sie trug vor, dass ihre privaten Interessen an der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegen würden, weil aufgrund der Baugenehmigungen von 1988 und 2010 keine ausdrückliche Beschränkung der Personenanzahl für den D... bestehe. In der Baugenehmigung vom 5. Dezember 1988 heiße es unter Ziffer 1 lediglich, dass nach der jetzt vorgesehenen Möblierung der Gaststätte nur 40 Sitzplätze zur Ausführung kämen. Die Angabe, dass im Bereich der genehmigten Gaststätte 40 Sitzplätze zulässig seien, rechtfertige jedoch nicht, dass sich tatsächlich nicht mehr Personen in den Räumlichkeiten aufhalten dürften. Eine illegale Nutzungsänderung habe nicht stattgefunden. Aufgrund der zusätzlichen Musikaufführungen liege bloß eine Nutzungsintensivierung vor. Außerdem habe der Gaststättenerlaubnis vom 30. Mai 2011 ein Antrag vom April 2011 zu Grunde gelegen, wonach ein Diskothekenbetrieb/Tanzlokal betrieben werden solle.

13

Die Beklagte ist dem unter Bezugnahme auf die Gründe der angegriffenen Bescheide entgegengetreten. Ergänzend führte sie aus, dass es keine Rolle spiele, ob es sich bei den Gästen um Stammkunden handele, da auch ein solcher Personenkreis im Panikfalle nicht in der Lage sei, die Räumlichkeiten kontrolliert zu verlassen.

14

Mit Beschluss der erkennenden Kammer vom 5. Mai 2014 – 5 L 766/14.TR – wurde der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Dies wurde damit begründet, dass das öffentliche Interesse an der Verhinderung des Eintritts von Gefahren für die Besucher des D... das private Geschäftsinteresse der Klägerin überwiege. Nach der baurechtlichen Sach- und Rechtslage sei die Anzahl der Gaststättenbesucher auf 40 Gäste plus Bedienungspersonal begrenzt. Dies würden die Grüneintragungen zur Baugenehmigung vom 5. Dezember 1988 und die Anlagen zu diesem Bauschein deutlich machen. Eine Änderung sei auch nicht durch die am 23. September 2010 erteilte Baugenehmigung zum Umbau und zur Instandsetzung der bestehenden gastronomischen Einrichtungen des Kellers erfolgt. Den diesem Bauschein zu Grunde liegenden Bauakten lasse sich allenfalls die Veränderung des inneren Mobiliars entnehmen. Der seinerzeit für die Genehmigung von 1988 ermittelte Stellplatzbedarf anhand der genehmigten 40 Sitzplätze habe unverändert am vorhandenen Bestand orientiert bleiben sollen, wie der Bauantrag vom 24. Mai 2010 unter Ziffer 4 zeige. Die Nutzung, wie sie zumindest zeitweise angetroffen worden sei, sei zu keiner Zeit legalisiert worden. Die erfolgte Beschränkung in der angefochtenen Verfügung sei jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft. Auf welche Rechtsgrundlage sie wirklich gestützt werden müsse (§§ 59, 81 oder 85 LBauO), bedürfe der Klärung im Hauptsacheverfahren. Ebenso müsse dann geprüft werden, ob die Nutzung des Kellers als Diskothek oder Vergnügungsstätte eigener Art nicht ausdrücklich baurechtlich beantragt und genehmigt werden müsse. Die insoweit ausgesprochene gaststättenrechtliche Zulassung ersetze nicht die baurechtliche Überprüfung, wobei hier vornehmlich die bauordnungsrechtliche Seite problematisch sei. Diese technische Prüfung müsse im Rahmen des Hauptsacheverfahrens nachgeholt werden; zudem müsse die Frage geklärt werden, ob eine gastronomische Nutzung des Gewölbekellers im Hinblick auf Brandschutz, Rettungsweg und Belüftung in der von der Klägerin angestrebten Größenordnung (bis zu etwa 300 Personen) genehmigungsfähig und zulässig sei. Ohne eine insoweit positive Begutachtung überwiege das öffentliche Interesse an der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit bzw. der Verhinderung eines Schadenfalles in Form der Gefährdung von Leib und Leben der Besucher die finanziell bestimmten Privatinteressen der Klägerin.

15

Am 17. Juni 2014 ging bei der Beklagten ein Antrag der Klägerin auf Genehmigung einer Nutzungsänderung der Räumlichkeiten in der B... in C... von einem Gaststättenbetrieb zu einem Diskothekenbetrieb ein. Gleichzeitig stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis zum Betrieb einer Diskothek. Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2014 forderte die Beklagte bei der Klägerin unter anderem eine Stellplatzberechnung und eine Betriebsbeschreibung an, aus der sich Angaben über die geplanten Besucherzahlen ergeben. Auf weiteren Antrag der Klägerin wird als neuer Bauherr die „D... UG“ geführt. Ende Oktober 2014 gingen beim Bauamt der Beklagten weitere Zeichnungen betreffend die Betriebsräume ein. Ferner teilte die Bauherrin im Dezember 2014 mit, dass sie eine Besucherzahl von unter 199 Personen anstrebe und aus ihrer Sicht insgesamt 14 Stellplätze nachzuweisen seien. Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2014 teilte die Beklagte der Bauherrin mit, dass noch weitere Unterlagen bezüglich der Eintragung einer Baulast zwecks Stellplatznachweis fehlen würden.

16

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2015 wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten den Widerspruch gegen die Verfügungen vom 23. und 24. April 2014 zurück. In den Gründen des Widerspruchsbescheids ist ausgeführt, dass die angefochtenen Bescheide ihre Rechtsgrundlage zwar nicht in § 59 LBauO fänden, dafür aber in § 81 LBauO. Die Klägerin habe eine Nutzungsänderung vorgenommen von einem Gaststättenbetrieb in eine Diskothek oder in eine Vergnügungsstätte eigener Art. Hierbei handle es sich sowohl in bauplanungsrechtlicher als auch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht um eine Nutzungsänderung. Dies ergebe sich aus einem Vergleich der bisherigen, genehmigten Nutzung des Gewölbekellers mit der tatsächlich ausgeübten Nutzung. Bei der Änderung einer Gastwirtschaft mit Tanzmöglichkeit in einen diskothekenähnlichen Betrieb sei eine Nutzungsänderung im bodenrechtlichen Sinn gegeben, da für die Nutzung andere öffentlich rechtliche Anforderungen Anwendung fänden. Die neue Nutzung bringe wegen ihres gesamten Zuschnitts, Änderungen des Nutzerkreises, der Betriebszeiten, lauterer Musik und größerem An- und Abfahrtsverkehr eine erhöhte Immissionsbelastung der Nachbarschaft mit sich. Soweit aber erhöhte Belastungen für die Nachbarschaft gegeben seien, sei von einer Änderung der Nutzungsweise auszugehen. Auch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht sei eine Nutzungsänderung gegeben, da insbesondere wegen der wesentlich höheren Besucherzahl andere Anforderungen im Hinblick auf Fluchtwege, Brandschutz und Belüftung zu stellen seien. Dazu liege aber keine Baugenehmigung vor und eine Genehmigung einer solchen Nutzungsänderung sei auch nicht beantragt worden. Die neue Nutzung als Diskothek oder Tanzkeller mit Livemusik und besonderen Veranstaltungen für ein junges Publikum mit um die 300 Besucher sei deshalb formell illegal. Die Beklagte habe zur Einhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung die Besucherzahl angemessen beschränken können. Es habe Anlass zur Sorge bestanden, dass es durch Überfüllung des Gewölbekellers zu Gefahren für Leib und Leben der Clubbesucher kommen könne. Die Aufforderung, einen Bauantrag zu stellen, diene der Legalisierung der Nutzungsänderung. Ein milderes Mittel zur Gefahrenabwehr als die teilweise Nutzungsuntersagung habe nicht vorgelegen. Wirtschaftliche Konsequenzen seien aufgrund der Grundstücksbezogenheit des öffentlichen Baurechts dabei nicht in die Erwägungen einzustellen. Die Beklagte habe ihre Befugnis zur Nutzungsbeschränkung nicht deshalb verwirkt, weil sie längere Zeit nicht gegen die Nutzung eingeschritten sei. Allein die längere Duldung eines illegalen baurechtlichen Zustandes begründe keinen Vertrauenstatbestandes zu Gunsten des Betroffenen. Die Beklagte habe über die bloße Untätigkeit hinaus nicht durch besonderes Verhalten Anlass zu der Annahme gegeben, dass sie von der Beseitigung der illegalen Nutzung absehen würde, und die Klägerin habe daraufhin auch keine Vermögensdispositionen getroffen.

17

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids am 5. März 2015 hat die Klägerin am 1. April 2015 Klage erhoben.

18

Sie ist der Auffassung, dass die angefochtenen Bescheide und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid der Beklagten rechtswidrig seien. Aus der Baugenehmigung von 1988 folge eine formelle und materielle Legalisierungswirkung. Diese Baugenehmigung sowie der Nachtrag aus dem Jahre 2010 stünden einer nachträglich angeordneten Einschränkung der genehmigten Nutzung entgegen, denn in ihr seien weder Nebenbestimmungen noch sonstige normierte Regelungen des Inhalts, dass eine kapazitative Beschränkung auf eine bestimmte Personenzahl für die Räumlichkeiten des heutigen D... bestünde, enthalten. Auch lägen die Voraussetzungen für eine nachträgliche Anordnung nach § 85 LBauO erkennbar nicht vor. In Ziffer 1, Beiblatt 1 zur Baugenehmigung vom 5. Dezember 1988 sei lediglich ein Hinweis zur ursprünglich vorgesehenen Möblierung der Gaststätte vorhanden. Daraus könne aber nicht abgeleitet werden, dass sich bei einer Modernisierung der Gaststätte und der damit verbundenen möglichen Änderungen der Sitzplatzanzahl auch gleichzeitig eine andere Nutzung ergebe. Dies wäre vollkommen widersinnig. Genehmigt worden sei eine Gaststätte ohne besondere Beschränkung der Personenanzahl. Die Angaben in der Baugenehmigung von 40 Sitzplätzen seien damals nur getätigt worden, damit die Stellplatzanzahl habe reduziert werden können. Dies könne ein ehemaliger Sachbearbeiter der Beklagten, Herr H... F..., bezeugen. Auch seien der Gaststättenerlaubnis vom 30. Mai 2011 keine Auflagen bzw. Hinweise zur Beschränkung der Personenanzahl zu entnehmen. In diesem Zusammenhang seien sämtliche brandschutztechnischen Aspekte und Bedenken bei den Fachämtern abgefragt worden. Dies spiegele sich in den in der Genehmigung aufgelisteten Auflagen nieder. Den Auflagen lasse sich zudem entnehmen, dass sämtlichen Sachbearbeitern der Beklagten klar gewesen sei, dass letztendlich eine Diskothek bzw. ein discothekenähnlicher Betrieb geplant gewesen sei. Eine Beschränkung der Personenanzahl auf 40 Personen wäre daher völlig widersinnig gewesen, da bei einer solchen Anzahl von Personen ein Diskothekenbetrieb nie funktioniert hätte. Die Beklagte hätte daher zwingend darauf hinweisen müssen, dass ein Diskothekenbetrieb mit Gefahren für die öffentliche Sicherheit verbunden sei. Weder dies noch eine Beschränkung der Personenzahl sei erfolgt. Insofern verhalte die Beklagte sich widersprüchlich, wenn sie nun eine Reduzierung der Personenanzahl fordere. In den 1980er Jahren sei in den Räumlichkeiten zudem ein Tanzlokal mit Livemusik („G...“) betrieben worden, eine Personenanzahl von über 50 bei den damaligen entsprechenden Veranstaltungen sei dennoch nie beanstandet worden. Auch wenn die Baugenehmigung und die Gaststättenerlaubnis voneinander zu unterscheiden seien, so seien dennoch dieselben Sachbearbeiter der Beklagten im Rahmen der Erteilung der Genehmigung tätig gewesen. Insofern müsse die Beklagte sich widersprüchliches Verhalten vorwerfen lassen, welches auch dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung offensichtlich widerspreche. Eine illegale Nutzungsänderung von einem Gaststätten- hin zu einem Diskothekenbetrieb habe nicht stattgefunden. Auch wenn keine klassische Speisegaststätte mehr betrieben werde, so stehe noch immer die Ausgabe von Getränken und Snacks im Vordergrund. Eine hier vorliegende Nutzungsintensivierung halte sich im Rahmen der bestandskräftigen Baugenehmigung. Von einer Nutzungsänderung könne erst ausgegangen werden, wenn die beabsichtigte Nutzung einem anderen Tatbestandsmerkmal der Vorschriften über die Art der baulichen Nutzung oder der gewerblichen Nutzung zuzuordnen sei als die bisherige. Ein solcher Fall sei hier nicht gegeben. Es gebe immer noch einen Gaststättenbetrieb, allerdings zusätzlich mit Musikdarbietung für die Besucher. Die Klägerin habe mittlerweile zwar einen Bauantrag gerichtet auf Nutzungsänderung einer Gaststätte in einen Diskothekenbetrieb eingereicht, dies hänge aber damit zusammen, dass sie sich davon eine schnellere Wiederinbetriebnahme des D... versprochen habe, wobei diese Erwartung sich mangels einer Bescheidung des Antrages nicht erfüllt habe. Dies solle aber nicht als Eingeständnis aufgefasst werden, dass eine genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung gegeben sei. Der weitere Betrieb des D... stelle keine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Insbesondere entspreche er brandschutzrechtlichen Anforderungen. Es seien zwei Fluchtwege vorhanden, wovon sich die Feuerwehr C... im März 2015 habe überzeugen können. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Beklagte davon ausgehe, dass es sich beim Besucherkreis des D... um nicht ortskundige Personen handle. Das Publikum bestehe weitestgehend aus Stammkunden (Studenten), die sich in der Örtlichkeit gut auskennen würden. Zudem seien die Angaben im Bescheid vom 23. April 2014 insofern unzutreffend, als danach am Gründonnerstag „extrem viele Personen“ im D... anwesend gewesen sein sollen. Aus dem Bericht des kommunalen Vollzugsdienstes vom 22. April 2014 gehe aber vielmehr hervor, dass der Betrieb um 22:45 Uhr eher mäßig besucht gewesen sei. Es gebe keine Anhaltspunkte für Gefahren für Leib und Leben wegen Überfüllung.

19

Die Klägerin beantragt,

20

den Bescheid der Beklagten vom 23. April 2014 in der Gestalt der Ergänzung vom 24. April 2014 sowie den hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2015 aufzuheben.

21

Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

23

Sie verweist zur Begründung auf die Gründe der angegriffenen Bescheide und des Widerspruchsbescheides. Ergänzend führt sie aus, dass nach § 62 Abs. 2 Nr. 5 LBauO Nutzungsänderungen dann einer Baugenehmigung bedürften, wenn für die neue Nutzung andere öffentlich-rechtliche Anforderungen als für die bisherige Nutzung gelten würden. Vorliegend sei die Art der Veranstaltung und die Personenanzahl geändert worden. Aus bauordnungsrechtlicher Sicht betreffe dies insbesondere die Rettungswege, die brandschutztechnische Abtrennung von Räumlichkeiten, die Lüftungsanlage und die Stellplatzanzahl. Es seien bauliche und organisatorische Mängel vorhanden, die aus Sicht der Brandschutzdienststelle zu einer Gefährdung der Besucher und Mitarbeiter führe. Der zweite Rettungsweg sei für die anwesende Personenanzahl mit einem lichten Maß von weniger als 0,90 m an der engsten Stelle zu schmal. In dessen Verlauf seien zudem hohe Brandlasten vorhanden. Im Bereich der Gaststätte gebe es elektronische Verbraucher, in der Tiefgarage Müllbehälter, die nicht brandschutztechnisch abgetrennt seien. Die Kennzeichnung der Notausgänge sei unzureichend und deren Verlauf durch be- oder hinterleuchtete Sicherheitszeichen nicht erkennbar. Eine Sicherheitsbeleuchtung in der Gaststätte fehle. Flüchtende Personen würden die Tiefgaragen im Brandfall nur durch ein Sektionaltor (ohne Türen) verlassen können. Die vorhandene Lüftungsanlage entspreche nicht dem Baurecht, im Lüftungskanal seien keine Brandschutzklappen verbaut, im Falle eines Brandereignisses in Dachbereich könne Brandrauch ungehindert in die Kellerräume dringen. Es fehle auch eine brandschutztechnische Abtrennung der Gaststätte zum notwendigen Treppenraum. Die Verfügung werde zudem nicht auf § 85 LBauO, sondern auf § 59 LBauO zur Wahrung der Anforderungen aus der Baugenehmigung herangezogen. Um nachträgliche Anforderungen gehe es nicht.

24

Im zurzeit parallel laufenden Verwaltungsverfahren auf Erteilung der Baugenehmigung teilte der von der D... UG beauftragte Entwurfsverfasser, der Architekt H..., im März 2015 mit, dass ein Stellplatznachweis im Wege der Eintragung einer Baulast nicht erbracht werden könne. Mit Schriftsatz vom 12. März 2015 teilte die Beklagte unter Verweis auf § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG - mit, dass dem Antrag der Bauherrin auf Erteilung einer Baugenehmigung nach § 61 LBauO voraussichtlich nicht stattgegeben werden könne. Dies wurde damit begründet, dass bei einer Nutzungsänderung von Gastronomie zur Diskothek hier unter Berücksichtigung der bereits vorhandenen Stellplätze noch zusätzlich zehn Stellplätze nachgewiesen werden müssten, dies nach Mitteilung des Herrn H... aber nicht möglich sei. Die Beklagte wies die Bauherrin ferner auf die Möglichkeit hin, gemäß § 47 Abs. 4 LBauO eine Stellplatzablösung zu zahlen. Die Beklagte teilte weiter mit, dass im Falle des Nachweises der erforderlichen Stellplätze eine Baugenehmigung mit Bedingungen und Auflagen erteilt werden könne. Diese würden sich insbesondere auf brandschutztechnische Anforderungen an die Bauteile, Sicherheitseinrichtungen, die Ausführung der Lüftungsanlage und der Leitungsanlagen beziehen. Hierauf erwiderte der Architekt H..., dass der Stellplatznachweis durch eine nutzungsgebundene, d.h. für die Dauer des Betriebs des B... gültige Baulasteintragung auf einem Grundstück der Beklagten in der I... erfolgen könne. Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2015 wies das Bauamt der Beklagten den Vorschlag u.a. mit der Begründung zurück, dass die Stadt C... keine Bindungen bezüglich der Grundstücksnutzung für die Zukunft eingehen könne, denn hierdurch würde die Option einer weiteren städtebaulichen Entwicklung des I... deutlich erschwert werden, zudem widerspreche dies dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Erneut wurde auf die Möglichkeit der Zahlung einer Stellplatzablösung verwiesen. Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2015 teilte die Beklagte der Bauherrin unter Setzung einer Stellungnahmefrist erneut mit, dass dem Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung voraussichtlich nicht stattgegeben werde. Sodann stellte die Bauherrin den Antrag, das Baugenehmigungsverfahren bis zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits zum Ruhen zu bringen.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungs- und Widerspruchsvorgänge, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Ferner wird auf die Sitzungsniederschrift vom 5. August 2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO -) ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

27

Rechtsgrundlage für die von der Beklagten in den Bescheiden vom 23. April 2014 und vom 24. April 2014 ausgesprochene Nutzungsuntersagungsverfügung ist § 81 S. 1 Alt. 2 LBauO, die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid zutreffend als gegenüber der Generalklausel des § 59 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 LBauO speziellere Vorschrift herangezogen worden ist. Hiernach kann die Bauaufsichtsbehörde, wenn bauliche Anlagen gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften unter anderem über die Nutzungsänderung dieser Anlagen verstoßen, deren Benutzung untersagen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

28

Die der Klägerin mit Bescheid vom 24. April 2014 aufgegebene Handlung, die Anzahl der sich zeitgleich im D... aufhaltenden Personen durch Zählung zu überwachen, stellt dabei eine bloße Konkretisierung der am Vortag ergangenen Nutzungsuntersagung dar, die keinen eigenen, weiteren Regelungsgehalt hat und welche damit ebenfalls von § 81 S. 1 Hs. 2 LBauO erfasst wird (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 5. Juli 2006 – 8 B 10574/06.OVG – sowie vom 18. Juli 2003 – 8 B 10891/03.OVG –).

29

Eine Nutzungsuntersagung kann bereits dann ausgesprochen werden, wenn eine bauliche Anlage formell illegal - also ohne die erforderliche Genehmigung - genutzt wird. Da die Nutzungsuntersagung in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt und somit nicht genehmigungsfähig ist.

30

Allerdings wird dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in diesem Fall nach § 81 S. 1 LBauO dadurch Rechnung getragen, dass eine Benutzungsuntersagung nur ergehen darf, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Eine entsprechende Anordnung ist demnach nur dann möglich, wenn nicht offensichtlich eine beantragte Nutzungsänderungsgenehmigung erteilt werden muss (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. April 2011 – 8 B 10278/11.OVG – und Urteil vom 22. Mai 1996 – 8 A 11880/85.OVG –, juris).

31

Die Nutzung des Kellergeschosses in dem Anwesen B... durch die Klägerin, wie sie sich vor Erlass der Untersagungsverfügung darstellte und nach dem Willen der Klägerin in entsprechender Form zukünftig wieder aufgenommen werden soll, stellt eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar, die nicht genehmigt wurde und damit formell illegal ist. Da wegen der laufenden Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung bzw. einer Gaststättenerlaubnis Grund zur Annahme besteht, dass diese Nutzung erneut aufgenommen werden wird, besteht auch im hier für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung maßgeblichen Zeitpunkt, dem Schluss der mündlichen Verhandlung, Anlass zum Erlass und damit zur Aufrechterhaltung der Nutzungsuntersagungsverfügung (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Februar 2007 – 8 B 10019/07.OVG –, ESOVGRP).

32

Als Nutzungsänderung im bauordnungsrechtlichen Sinne ist jede Änderung der ursprünglich genehmigten Nutzung anzusehen, die sich ihrerseits aus der erteilten Baugenehmigung ergibt (vgl. Jeromin, LBauO, 2. Auflage 2008, § 3 Rn. 16). Nach § 61 LBauO bedarf die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung, soweit in den §§ 62, 67 und 84 LBauO nichts anderes bestimmt ist. § 62 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a) LBauO sieht von der Genehmigungspflicht eine Ausnahme bei Gebäuden und Räumen vor, die nicht im Außenbereich liegen, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen als für die bisherige Nutzung gelten.

33

Die Baugenehmigung vom 5. Dezember 1988, welche der Rechtsvorgängerin der klägerischen Vermieterin erteilt wurde, benennt als Nutzungsform des Gewölbekellers die Errichtung einer Gaststätte. Dies entspricht dem dazugehörigen baupolizeilich geprüften und genehmigten Bauantrag vom 17. Oktober 1988 und ist in der Terminologie der Baunutzungsverordnung der Nutzungsart „Schank- und Speisewirtschaft“ zuzuordnen. Nach dem zur Baugenehmigung gehörenden Beiblatt I sollten nur 40 Sitzplätze zur Ausführung kommen, was ebenfalls für den Betrieb einer Gaststätte spricht. Laut dem Grüneintrag in den mit eingereichten Bauplänen, die den Inhalt und den Umfang der Baugenehmigung mitbestimmen (vgl. Ziffer II 1. des Bauscheins – Besondere Auflagen und Bedingungen -), waren ebenfalls 40 Sitzplätze genehmigt. Ferner ist das Beiblatt I zur Nachtragsgenehmigung vom 24. Juni 1988 Bestandteil der Genehmigung vom 5. Dezember 1988 geworden. Die darin enthaltenen Streichungen bezüglich der Sitzplatzanzahl zeigen, dass diese Frage eine zentrale Rolle gespielt hat. Dies wird bestätigt durch die in Ziffer 6 enthaltene Regelung, laut der die Stellplatzanforderungszahl angepasst werden müsse, wenn sich ergeben sollte, dass im Kellergeschoss nach dem Ausbau zu einer Gaststätte mehr als 50 Sitzplätze eingerichtet würden. Es ist grundsätzlich nicht unmöglich, diese Beschränkungen im Falle des Betriebs einer Gaststätte in einem Gewölbekeller, in dem insbesondere wegen des Brandschutzes stets mit solchen gerechnet werden muss, einzuhalten, sodass sich keine Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit dieser Einschränkung ergeben.

34

Eine Vernehmung des seitens der Klägerin benannten Zeugen F..., eines ehemaligen Sachbearbeiters der Beklagten, zur Frage des Hintergrundes der Genehmigung von 40 Sitzplätzen ist entbehrlich. Abgesehen davon, dass eine solche Vernehmung auf Ausforschung gerichtet und damit unzulässig wäre, sind interne, ggf. unzulässige Absprachen zwischen von der Klägerin nicht näher benannten Personen wohl auf Antragstellerseite und einem Mitarbeiter der Beklagten irrelevant. Der Baugenehmigung aus dem Jahre 1988, die hinreichend bestimmt gefasst ist, lässt sich eindeutig die genehmigte Nutzungsform entnehmen, so dass mangels bestehender Unklarheiten gar kein Raum für eine Ermittlung des angeblich abweichenden, wahren Inhalts der Genehmigung ist. Selbst wenn eine Genehmigung von 40 Sitzplätzen vormals tatsächlich nur deswegen hingenommen wurde, um weitergehenden Stellplatznachweispflichten aus dem Weg zu gehen, so ist die Klägerin unabhängig von etwaigen Umgehungsabsichten der Rechtsvorgängerin ihrer Vermieterin dieser Art dennoch an den Inhalt der Genehmigung gebunden.

35

Die der Klägerin erteilte Genehmigung vom 23. September 2010 deckt eine Nutzungsänderung ebenfalls nicht ab, denn davon erfasst waren nur der Umbau und die Instandsetzung einer bestehenden gastronomischen Einrichtung. Die Klägerin gab dabei im dazugehörigen Bauantrag selbst an, dass der Stellplatzbedarf – der ursprünglich anhand der genehmigten 40 Sitzplätze ermittelt wurde – dem Bestand entspreche. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte die Nutzung der Räumlichkeiten als Diskothek genehmigt hätte.

36

Auch die gaststättenrechtliche Genehmigung vom 30. Mai 2011 ermöglicht keine andere, der Klägerin günstige Beurteilung. Insbesondere kann sie weder die erforderliche baurechtliche Genehmigung ersetzen noch kann sie zur Auslegung des Inhalts der bereits zuvor erlassenen Baugenehmigungen herangezogen werden. Zwar bedarf es im Interesse der Widerspruchsfreiheit und Verlässlichkeit der Rechtsordnung der Abstimmung beider Entscheidungen, soweit sich die im baurechtlichen Verfahren einerseits und im gaststättenrechtlichen Verfahren andererseits, das eine raumgebundene Personalkonzession zum Gegenstand hat, zu behandelnden Fragen inhaltlich überschneiden. Hier wurden aber bereits im Antrag auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis vom 5. April 2011 zumindest missverständliche Angaben gemacht. Laut der Angabe im Zusammenhang mit den Kfz-Einstellplätzen soll bereits eine von Herrn F... erteilte bauaufsichtliche Genehmigung vorliegen. Dies kann den Eindruck erwecken, dass bauaufsichtlich bereits eine Diskothek bzw. Gaststätte mit Musikdarbietung genehmigt worden ist. Die sodann erteilte Erlaubnis vom 30. Mai 2011 bezog sich dementsprechend auf eine Schankwirtschaft mit regelmäßigen Musikausführungen. Die Klägerin kann aus der gaststättenrechtlichen Genehmigung im vorliegenden Verfahren aber bereits aus dem Grunde nichts für sich herleiten, da die Kammer Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit und damit an der Wirksamkeit dieser Genehmigung hat, da unklar ist, für welche Betriebsart sie überhaupt erteilt worden ist. Das Kennzeichen einer Schankwirtschaft ist nämlich, dass dort allenfalls gelegentlich, nicht aber regelmäßig Musikaufführungen stattfinden, wie unten noch näher ausgeführt werden wird (vgl. VG München, Urteil vom 28. März 2012 – M 9 K 11.539 –, juris und der dort problematisierten Verwendung des Begriffs „Musikcafé“ bzw. „Musikkneipe“ in einer Baugenehmigung). Jedenfalls ist eine solche gaststättenrechtliche Genehmigung weder dafür geeignet, Schlüsse auf den Inhalt einer bereits zuvor erteilten Baugenehmigung zu ziehen noch dafür, die Beklagte zur Erteilung der gewünschten Baugenehmigung zu verpflichten. Auch in diesem Zusammenhang bedurfte es nicht der Vernehmung des Zeugen F... Der in der mündlichen Verhandlung insoweit gestellte Beweisantrag war abzulehnen, denn es kann mangels rechtlicher Relevanz sowohl als wahr unterstellt werden, dass im Rahmen einer Ortsbegehung vor Erteilung der gaststättenrechtlichen Erlaubnis der Zeuge F... die Bauakten hinzugezogen hatte als auch, dass aus dessen Sicht keine Bedenken im Hinblick auf die Baugenehmigung vom 5. Dezember 1988 bestanden. Die Klägerin behauptet nämlich nicht, dass der Zeuge F... im Rahmen eines Ortstermins erklärt habe, dass baurechtlich im Jahre 1988 bereits der Betrieb einer Diskothek mit mehr als 40 (Sitz-)Plätzen gestattet worden sei bzw. er eine solche Genehmigung erteilen wolle – abgesehen davon, dass eine wirksame Zusicherung gemäß § 38 Abs. 1 S. 1 VwVfG der schriftlichen Form bedarf. Die Behauptung, dass aus Sicht des Zeugen F... keine Bedenken im Hinblick auf die Baugenehmigung aus dem Jahre 1988 bestanden hätten, ist im Übrigen derart pauschal gefasst, dass eine hierauf gestützte Beweisaufnahme auf Ausforschung gerichtet und mithin ohnehin unzulässig ist.

37

Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang weiterhin, welche Veranstaltungen in den 1980er Jahren in dem damals sog. G... stattgefunden haben, da tatsächlich durchgeführte, aber nicht genehmigte Nutzungen eine Baugenehmigung nicht abzuändern vermögen.

38

Die im Untergeschoss der streitgegenständlichen Räume tatsächlich ausgeübte Nutzung hält den durch die Baugenehmigung gesteckten Rahmen nicht ein und stellt damit eine Nutzungsänderung im bauordnungsrechtlichen Sinne dar. Zur Überzeugung der Kammer wurde darin eine Diskothek, die eine Ausprägung der Vergnügungsstätte ist, betrieben. Eine solche Nutzung ist ausweislich des eingereichten Antrages vom 17. Juni 2014 auf Genehmigung einer Nutzungsänderung auch zukünftig geplant.

39

Kennzeichen einer Vergnügungsstätte ist, dass sie als besondere Art von Gewerbebetrieben durch die kommerzielle Unterhaltung der Besucher geprägt wird und dabei in unterschiedlicher Ausprägung den Sexual-, Spiel- oder Geselligkeitstrieb anspricht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. April 2011, – 8 B 10278/11.OVG –). Solche Gewerbebetriebe dienen dem „Amüsement“ und sind durch kommerzielle Freizeitgestaltung gekennzeichnet. Sie widmen sich in unterschiedlicher Ausprägung (etwa als Diskotheken, Spielhallen, Tanzbars und Nachtlokale) unter Ansprache der vorgenannten Bedürfnisse einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung. Diskotheken sind im Allgemeinen durch eine großdimensionierte Musikanlage oder eine Plattentheke, eine Tanzfläche, eine mit der Musikanlage gekoppelte Lichtorgel, das Auftreten eines Diskjockeys und durch überdurchschnittlich laute Musikbeschallung gekennzeichnet (Hess. VGH, Urteil vom 2. Juli 1991, - 14 TH 3563/90 - , GewA 1992, 32; VG Neustadt a. d. Weinstraße, Beschluss vom 11. März 2010 – 4 L 224/10.NW -).

40

Der klägerische Betrieb „D...“ erfüllt die vorgenannten Voraussetzungen, ist mithin eine Diskothek. Bereits die Bezeichnung „Club“, unter der sich bei verständiger Auslegung, auch aus der Sicht eines durchschnittlichen „Clubbesuchers“, eine Diskothek verbirgt, spricht dafür. Zudem fanden in dem Betrieb der Klägerin regelmäßig und nicht bloß gelegentlich Musikveranstaltungen statt, die insbesondere auf der D... Facebookseite https... (Stand Schluss der mündlichen Verhandlung: 2.682 mal „gefällt mir“ Klicks und 1020 Besucher der Seite) beworben wurden und auf der die Klägerin sich selbst als „Nachtclub“ bezeichnet. Der Umfang der Veranstaltungen lässt keinen Zweifel daran, dass die Darbietung von Musikveranstaltungen im Vordergrund der klägerischen Betriebstätigkeit steht. Laut einem Eintrag auf Facebook vom 10. April 2014 wurde die Veranstaltung „Campus Club“ mit dem Text „Die Vorbereitungen laufen und wir freuen uns jetzt schon auf eine weitere unvergessliche Nacht! Ab 22h gehts los! Eintritt bis 23h frei und BIER und SHOTS nur 1€!!“ beworben. Zuvor hieß es unter dem 3. April 2014, dass der D... ein neues Licht- und Soundsystem „mit netten Lichteffekten“ habe. Auf dem dazugehörigen Bild sind eine Lichtanlage sowie ein Diskjockey-Pult zu sehen. Für Samstag, den 19. April 2014, war die „Rock Bar“ – offensichtlich eine Veranstaltung mit Rockmusik – angekündigt, für Samstag, den 26. April 2014 „Retro – 70er bis 90er“ und für Samstag, den 3. Mai 2014 „Club“. Mit Eintrag vom 29. April 2014 wurden weitere kommende Veranstaltungen mit dem Spruch „Es geht endlich wieder rund und wir erwarten FULL-HOUSE!! Hier unser Programm fürs die kommenden Tage: (Mittwoch, ab 22 Uhr „Hallo C...“, Donnerstag, ab 22 Uhr „Club“ und Freitag, ab 22 Uhr „ Club“)“ beworben. Im Juli 2014 legte ferner „Dr.“, ein deutscher Techno-Diskjockey, im D... auf. Bei den vorstehend genannten Einträgen handelt es sich mit um die jüngsten; ähnliche Hinweise auf regelmäßig stattfindende Veranstaltungen reichen aber bis Mai 2011 zurück. Einer der ersten lautete: „OK, wir sind vielleicht nicht der größte Club in C..., und wir sind vielleicht nicht der durchgestylteste Club in C... ABER wir sind mit Sicherheit DER heißeste Club in C...!!! Aber wir geben weiter Gas und die neue Lüftung ist bald installiert...DANKE an ... für diese geile Nacht...“.

41

Der gesamte Internetauftritt – auch unter Berücksichtigung der eingestellten Lichtbilder, die typische Szenen eines Diskothekenbesuches zeigen - lässt nur den Schluss zu, dass es sich bei dem Lokal der Klägerin um eine Diskothek handelt, die dem „Amüsement“ dienen soll, und das durch kommerzielle Freizeitgestaltung gekennzeichnet ist. Die regelmäßig veranstalteten Unterhaltungsprogramme („...“) geben dem Betrieb sein Gepräge und machen ihn zur Vergnügungsstätte.

42

Der Umstand, dass die Klägerin auch Speisen und Getränke ausgibt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der D... wird nicht dadurch zur Schank- und Speisewirtschaft, dass in ihm auch Speisen und Getränke verabreicht werden. Schank- und Speisewirtschaften sind gewerbliche Betriebe, in denen Getränke aller Art allein oder zusammen mit Speisen an Gäste zum Zwecke des Verzehrs in den Wirtschaftsräumen verabreicht werden. Hierzu gehören etwa Restaurants, Cafés, Wein- oder Bierstuben, Eisdielen und Trinkhallen. Dabei verliert eine Schank- und Speisewirtschaft nicht dadurch ihren planungsrechtlichen Charakter, dass gelegentlich in ihr Tanzveranstaltungen durchgeführt werden oder Unterhaltungsmusik geboten wird. Eine Schank- und Speisewirtschaft mit regelmäßigen Musikdarbietungen ist hingegen eine Vergnügungsstätte (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. März 2007, - 8 A 10066/07.OVG -). Von gelegentlichen Tanzveranstaltungen kann aufgrund des oben beschriebenen Konzepts der Klägerin keinesfalls ausgegangen werden; die Ausgabe von Speisen und Getränken steht zudem nicht im Vordergrund. Letzteres spiegelt sich in den Auflagen der Baugenehmigung vom 23. September 2010 wieder, wonach die Inbetriebnahme einer Küche nicht mehr vorgesehen ist. Die Entgegennahme von Eintrittspreisen, wie dies bei der Klägerin im D... der Fall ist, ist des Weiteren völlig untypisch und unbekannt beim Betrieb einer Gaststätte, stellt aber – zumindest ab einer bestimmten Nachtzeit – den Regelfall beim Betrieb einer Diskothek dar.

43

Damit liegt eine Nutzungsänderung im Sinne des § 62 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a) LBauO vor, für die auch nicht die in dieser Norm vorgesehene Ausnahme von der Genehmigungspflicht greift. Hinsichtlich der neuen Nutzung des Untergeschosses in der B... als eine Vergnügungsstätte kann nämlich nicht festgestellt werden, dass für diese keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen gelten als für die bisherige Nutzung. Vielmehr ist von der Möglichkeit auszugehen, dass eine solche Nutzung gegenüber dem Betrieb einer Gaststätte in bauplanungsrechtlicher Hinsicht geänderten Anforderungen unterliegt und dass damit eine bauplanungsrechtliche Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB vorliegt.

44

Eine derartige Nutzungsänderung setzt eine Änderung der Nutzungsweise voraus, die insoweit bodenrechtlich relevant ist, als sie die in § 1 Abs. 6 des Baugesetzbuches - BauGB - genannten Belange berühren kann, womit die Genehmigungsfrage (erneut) aufgeworfen wird. Der Tatbestand einer Nutzungsänderung im Sinne von § 29 BauGB wird von solchen Veränderungen erfüllt, die außerhalb der jeder einzelnen Art von Nutzung eigenen Variationsbreite liegen. Dies kann sowohl dann der Fall sein, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die alte, als auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach derselben Vorschrift bestimmt, hiernach aber anders zu beurteilen ist als die bisherige Nutzung (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Februar 1977 - IV C 8.75 -, NJW 1977, 1932 sowie vom 27. August 1998 - 4 C 5/98 -, NVwZ 1999, 523; BVerwG, Beschluss vom 7. November 2002 - 4 B 64/02 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. April 2011, a.a.O., juris).

45

Die vorgenannten Voraussetzungen einer Nutzungsänderung mit bodenrechtlicher Relevanz sind hier erfüllt.

46

Für die hier genehmigte Nutzung der Räume als Gaststätte („Schank- und Speisewirtschaft“) einerseits und die bislang ausgeübte Nutzung als Diskothek („Vergnügungsstätte“) andererseits gelten bereits andere bauplanungsrechtliche Vorschriften (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 3 der BaunutzungsverordnungBauNVO - und §§ 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Vergnügungsstätten sind kernbereichstypisch und anders als Schank- und Speisewirtschaften – jedenfalls bei der Ausrichtung auf einen größeren Einzugsbereich, wie es hier bei einer Bewerbung auf Facebook mit über 1000 Besuchern der Seite und der Einladung deutschlandweit bekannter Discjockeys der Fall ist – nur im Kerngebiet zulässig (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. März 2007 – 8 A 10066/07.OVG –).

47

Eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung kann sich ferner insbesondere daraus ergeben, dass Unterschiede hinsichtlich der von der geänderten Nutzung ausgehenden Störungen oder Auswirkungen auf die Umgebung bestehen, die geeignet sind, die Genehmigungsfrage neu aufzuwerfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. März 1989 - 4 B 24.89 -, NVwZ 1989, 666). Dies ist hier der Fall. Anders als Gaststätten sind Vergnügungsstätten typischerweise mit negativen Folgewirkungen, wie zum Beispiel Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes oder Verschlechterungen der Gebietsqualität, verbunden. Dies hängt u.a. damit zusammen, dass bei einer Diskothek häufig – auch durch die Bewerbung bei Facebook und durch die Einladung deutschlandweit bekannten Diskjockeys – ein erheblich größerer Interessentenkreis angesprochen wird als bei einer Gaststätte.

48

Ob die vorgenannten typischen Unterschiede hier tatsächlich gegeben sind, braucht nicht ermittelt zu werden. Für die Annahme einer bodenrechtlichen Relevanz des Nutzungswechsels kann nämlich nicht gefordert werden, dass Beeinträchtigungen tatsächlich nachzuweisen sind. Vielmehr ist entscheidend, dass entsprechende Beeinträchtigungen auftreten können. Ob sie tatsächlich in relevanter Weise vorliegen, muss im Genehmigungsverfahren selbst geprüft werden. Die Annahme einer Nutzungsänderung im bauplanungsrechtlichen Sinne kann nicht auf die Frage verengt werden, ob sich das Vorhaben in materiell-rechtlicher Hinsicht als unzulässig erweist. Vielmehr ist der Begriff in einer die behördliche Kontrollaufgabe berücksichtigenden Weise weit zu fassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1988 - 4 C 50/87 -, juris). Hinzu kommt, dass § 62 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a) LBauO, der eine Ausnahme von der ansonsten bestehenden Genehmigungspflicht in bauordnungsrechtlicher Hinsicht normiert, eng auszulegen ist. Eine Genehmigungsfreiheit besteht lediglich dann, wenn feststeht, dass für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen gelten. Dies ist hier gerade nicht der Fall, vielmehr sind eine Gaststätte und eine Diskothek bauplanungsrechtlich unterschiedlich zu behandeln. Es besteht das Erfordernis, ein erneutes Genehmigungsverfahren durchzuführen, was hier bislang nicht abschließend geschehen ist.

49

Die im Hinblick auf die formelle Illegalität der Nutzungsänderung hiernach gerechtfertigte Nutzungsuntersagung erweist sich auch nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil der Klägerin eine entsprechende Genehmigung offensichtlich erteilt werden müsste.

50

Dabei kann dahinstehen, ob das Vorhaben bereits bauplanungsrechtlich unzulässig ist. Dies wäre zum einen der Fall, wenn das Anwesen B... in C... nicht innerhalb des Kerngebietes belegen wäre, denn nur in diesem Gebiet sind Vergnügungsstätten, die auf ein größeres Einzugsgebiet ausgerichtet sind, nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 2 BauNVO allgemein zulässig. Zum anderen wäre dies der Fall, wenn die nähere Umgebung des Betriebes als Mischgebiet (§ 6 BauNVO) zu charakterisieren wäre, es sich beim D... aber um einen für Kerngebiete typischen Betrieb der Vergnügungsstätte handeln würde (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 8, § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO). All dies kann hier offen bleiben.

51

Die Nutzungsänderung in eine Diskothek ist jedenfalls nicht offensichtlich genehmigungsfähig; vielmehr ist letzteres in bauordnungsrechtlicher Hinsicht nicht abschließend geklärt und damit zweifelhaft. Dies ist dann der Fall, wenn sich die materielle Zulässigkeit des Vorhabens geradezu aufdrängt, was wiederum voraussetzt, dass bereits der entsprechende Bauantrag gestellt wurde, dieser nach Auffassung der Baugenehmigungsbehörde der Beklagten genehmigungsfähig ist und der Baugenehmigung keine sonstigen Hindernisse entgegenstehen (vgl. VG Minden, Urteil vom 20. März 2014 – 9 K 3521/12 -). Vorliegend ist bei Berücksichtigung des Antrages der D... UG, die denselben Geschäftsführer aufweist wie die Klägerin, vom 17. Juni 2014 auf Genehmigung der Nutzungsänderung allenfalls die erste Voraussetzung erfüllt, wobei es keine Rolle spielt, aus welchem Grund dieser Antrag eingereicht worden ist und ob damit kein „Schuldeingeständnis“ verbunden sein sollte. Die Beklagte beabsichtigt laut den Schriftsätzen an die D... UG vom 12. März 2015 und vom 18. Juni 2015, dem Antrag nicht stattzugeben, ohne dass die darin jeweils genannte Begründung zur Stellplatzproblematik offensichtlich rechtswidrig und unhaltbar wäre. Die D... UG ist (derzeit) unstreitig nicht in der Lage, die erforderliche Stellplatzanzahl nachzuweisen, und ist des Weiteren offenbar nicht bereit, eine Stellplatzablösung nach § 47 Abs. 4 LBauO zu zahlen. Ferner hat die Beklagte zuletzt im vorliegenden Klageverfahren u.a. Probleme hinsichtlich des Brandschutzes aufgezeigt, ohne dass die Klägerin dem hinreichend substantiiert entgegengetreten ist. Diese Fragestellungen sind im Genehmigungsverfahren zu klären. In materieller Hinsicht stehen der Erteilung der Baugenehmigung daher derzeit Hindernisse entgegen.

52

Die angegriffene Untersagungsverfügung leidet auch nicht an Ermessensmängeln. Die Beklagte und insbesondere die Widerspruchsbehörde haben dargelegt, weshalb der Einhaltung des Baurechts Vorrang vor den Interessen der Klägerin gebührt. Die insoweit vorgenommene Gewichtung ist vom Gericht nicht zu beanstanden. Die Kammer macht sich die Ausführungen im Widerspruchsbescheid hierzu sowie zur Frage der Verwirkung von Eingriffsbefugnissen und zur Störerauswahl, die ebenfalls nicht zu beanstanden ist, gemäß § 117 Abs. 5 VwGO zu eigen. Die Beschränkung der Besucherzahl auf 50 Personen stellt dabei bereits das mildere Mittel gegenüber einer vollständigen Nutzungsuntersagung des ungenehmigten Betriebs einer Diskothek dar. Schließlich hätte die Beklagte bis auf den Betrieb einer Gaststätte in der genehmigten Form ggf. den Betrieb der Diskothek insgesamt untersagen können. Insofern teilt die Kammer die Auffassung der Klägerin nicht, wonach die hier fehlende zeitliche Befristung der Anordnung einen Ermessensfehler begründet, denn es ist bereits nicht erkennbar, inwiefern hier die Voraussetzungen für den Erlass der Nutzungsuntersagung durch Zeitablauf hätten entfallen können.

53

Die (strengeren) Voraussetzungen des § 85 S. 1 LBauO, insbesondere konkrete erhebliche Gefahren für die Gesundheit und das Leben der Besucher des D..., müssen hingegen nicht erfüllt sein, denn hier liegt kein von dieser Vorschrift erfasster Fall vor. Wie bereits ausgeführt, war der Betrieb der Klägerin gerade nicht von einer Baugenehmigung gedeckt und auch nicht genehmigungsfrei, so dass es nicht um nachträgliche Anforderungen in Sinne der vorgenannten Norm geht. Auf das weitere klägerische Vorbringen zur Frage der konkreten Gefahren für Leib und Leben der D... Besucher kommt es somit nicht an.

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Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der ZivilprozessordnungZPO –.

56

Gründe, nach § 124a Abs. 1 VwGO die Berufung zuzulassen, sind nicht gegeben, denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO noch liegt eine Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vor.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 20. Oktober 2006 - 9 K 790/06 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässigen Beschwerden haben keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, auf Antrag der Antragsteller die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die baurechtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 20.02.2006 wiederherzustellen, mit der ihnen unter Anordnung des Sofortvollzugs die Nutzung der gemieteten Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Gebäudes ... als Wettbüro untersagt wird. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die eingehende und überzeugende Begründung des angefochtenen Beschlusses verwiesen, die sich der Senat zu Eigen macht (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die von den Antragstellern mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben keinen Anlass zur Änderung des angefochtenen Beschlusses.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Nutzugsuntersagung aller Voraussicht nach rechtmäßig, weil das Wettbüro als Vergnügungsstätte betrieben werde, obwohl der Bebauungsplan „Marktplatz/Innenstadt II“ vom 15.12.2005 eine solche ausschließe. Wettbüros seien im Allgemeinen nicht nur darauf ausgerichtet, dass die Wette eingereicht und ein eventueller Gewinn kassiert werde, wie das etwa bei Toto-Lotto-Annahmestellen in Ladengeschäften der Fall sei. Vielmehr würden Wettbüros gerade auch dazu aufgesucht, um sich dort bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses laufender Wetten zu unterhalten und die Zeit auf angenehme Weise zu verbringen. Sie lockten damit - ähnlich wie Spielhallen - ein auf Unterhaltung und Zeitvertreib ausgerichtetes Publikum an. Dass auch das Wettbüro der Antragsteller diesen „Vergnügungscharakter“ aufweise, zeigten die Fotos der Räumlichkeiten in der Bauakte, die Aufschluss über deren Ausstattung gäben. Danach sei ein großer Bildschirm vorhanden, auf dem etwa Fußballspiele oder Pferderennen verfolgt werden könnten, sowie mindestens ein Spielgerät. Außerdem gebe es verschiedene Tische und Stühle und einen Tresen.
Die Antragsteller greifen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht an, wonach Wettbüros dann Vergnügungsstätten sind, wenn sie nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen, sondern zu einem wesentlichen Teil auch zur Unterhaltung und zum Spiel in der Zeit bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses aktueller Wetten bieten (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, m.w.N. [juris]; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.1994 - 11 A 3309/92 -, BRS 56 Nr. 137; VG Minden, Beschluss vom 10.02.2006 - 1 L 69/06 - [juris]). Sie stellen auch nicht die Feststellung des Verwaltungsgerichts in Abrede, dass es sich bei ihrem Wettbüro mit der sich aus den Fotos in der Bauakte ergebenden Ausstattung um eine solche - den bauplanerischen Festsetzungen widersprechende - Vergnügungsstätte handle. Mit der Beschwerde machen sie vielmehr geltend, diese Ausstattung sei inzwischen so verändert worden, dass das Wettbüro einer Toto-Lotto-Annahmestelle ohne Unterhaltungscharakter vergleichbar sei. Tische und Stühle sowie der Bildschirm seien entfernt worden. Es gebe lediglich noch vier hohe Tische im Raum, die Besuchern als Schreibunterlagen dienten. Der Verkauf von Erfrischungsgetränken sei eingestellt worden. Der noch verbliebene Tresen diene nur dazu, die Wetten entgegen zu nehmen. Auf die Erwiderung der Antragsgegnerin, bei einem Ortstermin am 30.11.2006 sei festgestellt worden, dass zwar der große Flachbildschirm entfernt worden sei, jedoch nach wie vor zwei Bildschirme vorhanden seien, auf denen sich das aktuelle Wettgeschehen (aktuelle Gewinnquoten der laufenden Wetten) verfolgen lasse, und dass ferner Gewinnspielautomaten, ein Getränkeautomat und eine Kaffeemaschine installiert seien, erklärten die Antragsteller mit Schriftsatz vom 20.12.2006, dass ein Getränkeausschank nicht mehr stattfinde und der auf der Theke befindliche Bildschirm nur noch die Ergebnisse von Hunderennen - ohne Übertragung des Rennens selbst - zeige. Daneben seien nur noch drei PC’s für die Internetnutzung sowie drei Spielautomaten vorhanden, die nur der Unterhaltung dienten, aber keine Glücksspiele zuließen. Mit Ausnahme der Stühle zur Internet- und Automatenbenutzung seien keine weiteren Stühle mehr vorhanden; die Kunden, die eine Sportwette abgeben wollten, könnten die Wettscheine an den Stehtischen ausfüllen.
Dieses Vorbringen gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Einschätzung des Charakters des Wettbüros als Vergnügungsstätte. Dies gilt auch dann, wenn davon abgesehen wird, die Antragsteller hinsichtlich der erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorgebrachten neuen Tatsachen zu einer - nochmaligen - Veränderung der Ausstattung des Wettbüros auf einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO zu verweisen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 8.6.2006 - 11 S 2135/05 -, NVwZ-RR 2006, 849). Denn es ist nicht erkennbar, dass das Wettbüro infolge dieser Veränderungen bei der Ausstattung seinen Unterhaltungscharakter verloren hat. Während das Verwaltungsgericht nur von (mindestens) einem Spielgerät ausgegangen ist, sind nunmehr nach Angaben der Antragsteller selbst drei Spielgeräte vorhanden. Diese dienen der Befriedigung der Spielleidenschaft auch dann, wenn sie keine Gewinnmöglichkeiten bieten. Hinzu kommt, dass auch die drei PC´s zu Spielzwecken genutzt werden können (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 09.03.2005  - 6 C 11.04 -, DVBl. 2005, 1256: Internet-Café als Spielhalle); die Antragsteller haben nicht dargetan, welche Funktion diese Geräte sonst haben sollten. Ihr Wettbüro ist mithin nach wie vor wesentlich darauf ausgerichtet, dem „Wettpublikum“ Gelegenheit zu Spiel und Unterhaltung zu geben. Nach dem Maßstab, den das Verwaltungsgericht zur Einordnung von Wettbüros als Vergnügungsstätten angewandt und den die Antragsteller nicht mit der Beschwerde angegriffen haben, sprechen allein die zwischenzeitlich vorgenommenen Veränderungen bei der Ausstattung nicht dagegen, das Wettbüro der Antragsteller nach wie vor als Vergnügungsstätte zu qualifizieren.
Unabhängig davon ist die Nutzungsuntersagung hier aller Voraussicht nach (auch) deshalb rechtmäßig, weil die Antragsteller noch keine konkrete Beschreibung der geplanten Nutzung vorgelegt und deren Genehmigung beantragt haben. Eine genehmigungsbedürftige bauliche Nutzung, deren Genehmigungsfähigkeit nicht ohne weiteres, sondern erst aufgrund weiterer Ermittlungen festgestellt werden kann, darf gemäß § 65 Satz 2 LBO wegen formeller Baurechtswidrigkeit vorläufig bis zur endgültigen Klärung der Zulässigkeit der Nutzung im Baugenehmigungsverfahren untersagt werden. Mit dieser Zielrichtung erfüllt die vorläufige Nutzungsuntersagung dieselben Aufgaben, wie sie der Baueinstellung zukommt. Sie verschafft der gesetzlich vorgeschriebenen Präventivkontrolle Geltung und verhindert, dass der rechtsuntreue Bürger Nutzungsvorteile gegenüber den Bürgern erhält, die das Genehmigungsverfahren betreiben. Diese öffentlichen Belange überwiegen das private Nutzungsinteresse, weil im Unterschied zur endgültigen Nutzungsuntersagung keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.07.1991 - 3 S 1777/91 -, VGH BW-Ls, Beilage 10, B 3 und Urteil vom 22.09.1989 - 5 S 3086/88 -, NVwZ 1990, 480; Sauter, LBO, 3. Aufl., § 65 RdNr. 100 ff.; vgl. auch Beschluss des Senats vom 22.01.1996 - 8 S 2964/95 -, VBlBW 1996, 300 und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.07.2002 - 5 S 149/01 -, ESVGH 53, 30 zur Voraussetzung materieller Illegalität bei endgültiger Nutzungsuntersagung). Eine solche vorläufige Nutzungsuntersagung ist zur Sicherung der oben genannten öffentlichen Belange auch in aller Regel für sofort vollziehbar zu erklären (vgl. Beschl. des Senats vom 10.02.2005 - 8 S 2834/04 -, VBlBW 2005, 238 zum Sofortvollzug von Baueinstellungen).
Diesen Anforderungen dürfte die Nutzungsuntersagung hier genügen. Es spricht alles dafür, dass die vorgesehene Nutzung der Räume im Erdgeschoss des Gebäudes ... als Wettbüro eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstellt. Sie ist nicht von der Baugenehmigung vom 14.02.1979 gedeckt, welche die Nutzung der Räumlichkeiten als Ladengeschäft (Bäckerei) zulässt. Die Annahme von Sportwetten und das vorgesehene Unterhaltungs- und Spielangebot überschreitet die Variationsbreite eines typischen Ladengeschäfts. Für diese andersartige Nutzung gelten weitergehende oder jedenfalls andere baurechtliche Anforderungen als für ein Bäckereigeschäft (§ 50 Abs. 2 Nr. 1 LBO). Sie wirft etwa die Frage der notwendigen Stellplätze im Sinne des § 37 Abs. 2 LBO neu auf (vgl. VV-Stellplätze, B, Ziffern 3.1 und 6.3: Spielhallen lösen einen höheren Stellplatzbedarf aus als Verkaufsstätten bis 700 m²). Außerdem zielt das Wettbüro der Antragsteller auf ein anderes Publikum als ein Ladengeschäft, in dem Lebensmittel verkauft werden. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht angenommen, dass eine Nutzung, die - wie hier - allein der Befriedigung der Spiel- und Wettleidenschaft dient, geeignet ist, bodenrechtliche Spannungen mit Blick auf eine Verschlechterung der Gebietsqualität („Trading-down-Effekt“) auszulösen. Die Nutzungsänderung ist folglich genehmigungspflichtig. Ihre Genehmigungsfähigkeit kann auch nicht ohne weitere Ermittlungen bejaht werden, so dass eine Präventivkontrolle nicht verzichtbar ist. Die Zulässigkeit des Wettbüros kann hier schon deshalb nicht abschließend beurteilt werden, weil sie wesentlich von der konkreten Ausgestaltung der Räumlichkeiten abhängt und die Antragsteller der Baurechtsbehörde bislang - trotz Aufforderung - keine detaillierte Beschreibung ihres Vorhabens vorgelegt haben. Wie das Beschwerdeverfahren gezeigt hat, kann die Ausstattung des Wettbüros jederzeit ohne größeren Aufwand verändert werden. Der verbindlichen Klärung der baurechtlichen Situation im Baugenehmigungsverfahren auf der Grundlage konkreter Angaben zur beabsichtigten Nutzung kommt hier also besondere Bedeutung zu. Schließlich hat die Antragsgegnerin die Nutzungsuntersagung auch ausdrücklich darauf gestützt, dass die Antragsteller noch keine konkrete Beschreibung der geplanten Nutzung zur Prüfung vorgelegt hätten. Es handelt sich somit nicht um eine endgültige, sondern um eine vorläufige, an die Klärung der Zulässigkeit der Nutzung in einem Baugenehmigungsverfahren gekoppelte Nutzungsuntersagung. Die Antragsteller können sich demgegenüber nicht auf ein überwiegendes Nutzungsinteresse berufen. Sie haben hier nicht nur ohne die erforderliche Genehmigung eine Nutzung aufgenommen, deren Zulässigkeit nur auf der Grundlage weiterer Ermittlungen beurteilt und festgestellt werden kann, sondern eine solche Prüfung von vornherein dadurch verhindert, dass sie der Baurechtsbehörde keine prüffähige Beschreibung ihres Vorhabens vorlegen. Das Angebot der Antragsteller gegenüber der Baurechtsbehörde, eine Baulast zu übernehmen, um die rechtmäßige Nutzung sicherzustellen, ist schon deshalb untauglich, weil sie nicht Grundstückseigentümer sind (vgl. § 71 Abs. 1 LBO).
Der am 02.02.2007 per Fax eingegangene Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 29.01.2007 gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Einschätzung der Sach- und Rechtslage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 63 Abs. 3, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.