Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.02.2015 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums … vom 18.08.2015 wird wiederhergestellt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 500 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässig und begründet. Das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage - 4 K 2178/15 - gegen die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.02.2015 verfügte (und im Widerspruchsbescheid bestätigte) Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs (Fahrtenbuchauflage) überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dieser Verfügung. Dies ergibt sich daraus, dass sich die angegriffene Verfügung der Antragsgegnerin bei der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich als rechtswidrig erweist.
Die dem Antragsteller auferlegte Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuchs beruht auf § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Danach kann die Verwaltungsbehörde gegenüber einem Fahrzeughalter die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
Unmöglich im Sinne von § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist die Feststellung des Fahrzeugführers, wenn die Behörde nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Aufklärungsmaßnahmen kommt es im Wesentlichen darauf an, ob die Bußgeldbehörde und die Polizei in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen haben, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Dabei können sich Art und Umfang der Ermittlungstätigkeit an der Erklärung des betreffenden Fahrzeughalters ausrichten (BVerwG, Urteil vom 17.02.1982, Buchholz 442.16, § 31a StVZO Nr. 12, sowie Beschlüsse vom 09.12.1993 - 11 B 113.93 -, juris, und vom 21.10.1987, NJW 1988, 1104; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 08.09.2015 - 10 S 1540/15 -, juris, und vom 04.08.2009, NJW 2009, 3802; VG Freiburg, Urteil vom 10.04.2014 - 4 K 2141/13 -). Hier kann bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht festgestellt werden, dass die Feststellung des Fahrzeugführers seitens des Regierungspräsidiums ... (Bußgeldstelle) mit den möglichen und angemessener Maßnahmen versucht worden ist.
Der Antragsteller ist vom Regierungspräsidium ... mit Schreiben vom 30.10.2014 im Ordnungswidrigkeitenverfahren ausschließlich als Betroffener und nicht wegen seiner Eigenschaft als Halter des Kraftfahrzeugs auch als Zeuge angehört worden. Dies ergibt sich aus den verwendeten Formulierungen „Ihnen wird zur Last gelegt ... folgende Ordnungswidrigkeit begangen zu haben“ oder „Sie hielten … den erforderlichen Abstand nicht ein ...“ sowie aus dem Verweis auf § 55 OWiG in den formularmäßigen Hinweisen des vom Regierungspräsidium verwendeten Vordrucks. Für den Betroffenen besteht aber auch im Verfahren wegen der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit keine Verpflichtung, zur Sache auszusagen. Der vom Regierungspräsidium versandte Vordruck enthält auch den Hinweis auf dieses Aussageverweigerungsrecht des Betroffenen. Ferner ist den Hinweisen des Vordrucks zu entnehmen, dass der Betroffene, sofern er die Ordnungswidrigkeit nicht begangen hat, auch Angaben zu den Personalien des Verantwortlichen machen kann, hierzu aber nicht verpflichtet ist.
Zur Erfüllung der aus § 31a StVZO folgenden Verpflichtung, zur Ermittlung des Täters einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften sämtliche möglichen, aber auch angemessenen und zumutbaren Schritte zu unternehmen, hätte der Antragsteller aber zum Zwecke der Klärung der Täterschaft des Verkehrsverstoßes vom 10.10.2014 nicht (nur) als Betroffener, sondern (auch) als Zeuge angeschrieben und zur Aussage aufgefordert werden müssen. Denn als Zeuge wäre der Antragsteller grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet gewesen (siehe zum Vorstehenden VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 04.08.2009, a.a.O.).
Aufgrund des hinreichend deutlichen Beweisfotos vom 10.10.2014, auf dem erkennbar ein deutlich jüngerer Mann als der im Jahr 1957 geborene Antragsteller als Fahrer abgebildet und damit als Täter der Ordnungswidrigkeit ausgewiesen ist, sprach von Beginn des Ermittlungsverfahrens an ganz Überwiegendes dafür, dass der Antragsteller als Täter des ihm im Anhörungsschreiben vom 30.10.2014 zur Last gelegten Verkehrsverstoßes ausschied. Auch die Bußgeldstelle war bereits sehr früh der Meinung, dass der Antragsteller wohl nicht der verantwortliche Fahrzeugführer sein könne, wie sie in ihrem Ermittlungsersuchen an das Polizeipräsidium Freiburg vom 13.11.2014 mit dem Hinweis „Fahrer erscheint jünger“, ausdrücklich zum Ausdruck brachte. Spätestens nachdem die Bußgeldstelle am 24.11.2014 und damit deutlich vor Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist im Besitz von Lichtbildern des Antragstellers und seiner beiden Söhne, F. und S., war, verdichtete es sich zur Gewissheit, dass der Antragsteller als Fahrzeugführer ausschied und einer der beiden Söhne der verantwortliche Fahrzeugführer sein musste (u. a. auch insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem durch den VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.07.2014 - 10 S 1256/13 -, entschiedenen Fall, in dem der Halter durchaus als Fahrzeugführer in Betracht kam; vgl. hierzu auch VG Aachen, Urteil vom 13.07.2010 - 2 K 971/09 -, juris).
Damit kam der Antragsteller bereits deutlich vor Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist lediglich noch als Zeuge in Betracht. Es war auch nicht gänzlich auszuschließen, dass der Antragsteller als Zeuge Angaben zum verantwortlichen Fahrer machen würde. Denn auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren besteht für einen Zeugen anders als für einen Betroffenen (Beschuldigten) grundsätzlich die Pflicht, bei der Behörde auf eine entsprechende Ladung hin zu erscheinen und zur Sache auszusagen. Zwar erfährt diese Pflicht zur Aussage durch Zeugnisverweigerungsrechte (nach den §§ 46 Abs. 1 OWiG und 52 StPO) zugunsten von Angehörigen Einschränkungen. Aus dem - seine Aussage rechtmäßig verweigernden - Verhalten des Antragstellers im Rahmen seiner förmlichen Anhörung als Betroffener kann aber nicht ohne Weiteres und gleichsam von vornherein geschlossen werden, er hätte im Ordnungswidrigkeitenverfahren, entgegen der ihm dann obliegenden grundsätzlichen Auskunftspflicht, auch als Zeuge keine Aussage zur Sache gemacht, sich vielmehr auf sein Zeugnisverweigerungsrecht gegenüber seinen Söhnen (nach § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO) berufen und deshalb in keinem Fall zur Klärung der Täterschaft beigetragen (wie hier VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 04.08.2009, a.a.O.; ebenso Nieders. OVG, Beschluss vom 24.04.2012 - 12 ME 33/12 - juris; vgl. hierzu auch den der Antragsgegnerin bekannten Beschluss der Kammer vom 15.11.2013 - 4 K 1970/13 -).
Ein solcher Schluss kann auch nicht mit der erforderlichen Gewissheit aus dem im vorliegenden Verfahren konkret an den Tag gelegten Verhalten des Antragstellers gezogen werden. Denn sein Verhalten bestand lediglich darin, dass er auf seine Anhörung als Betroffener nicht bzw. nur insoweit reagiert hatte, als er über seine Prozessbevollmächtigte Akteneinsicht beantragt hatte (die er bis zum Abschluss des Ordnungswidrigkeitenverfahrens nicht erhielt). Er hat damit (anders als in dem Fall, der dem Beschluss der Kammer vom 15.11.2013, a.a.O., zugrunde lag) nicht auch zum Ausdruck gebracht, dass er sich auch als Zeuge so verhalten und unter keinen Umständen zur Klärung der Täterschaft und hier damit u. a. auch zur Entlastung eines seiner beiden als Täter in Betracht kommenden Söhne beitragen werde. Dieser Beurteilung stehen auch nicht die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 21.07.2014 (a.a.O.) und vom 04.12.2013 (VBlBW 2015, 128) entgegen, aus deren Gründen sich ergibt, dass die betreffenden Fahrzeugführer dort (anders als der Antragsteller im vorliegenden Fall) trotz ihrer Einbeziehung im Ordnungswidrigkeitenverfahren als Zeugen keine Angaben zum Fahrzeugführer gemacht haben.
Hiernach kann voraussichtlich nicht angenommen werden, dass die Feststellung eines Fahrzeugführers nach der mit dem Pkw des Antragstellers begangenen Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften mit den der Bußgeldbehörde möglichen, angemessenen und zumutbaren Mitteln unmöglich war.
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
11 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2014 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (siehe dort die Nrn. 1.5 und 46.11), wonach im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes 200 EUR je Monat der Geltung der Fahrtenbuchauflage als Streitwert anzusetzen ist. Dabei war im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass hier nur die Zeit ab Stellung des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage am 19.11.2015 bis zum Ablauf des Jahres, für das die Antragsgegnerin die Führung des Fahrtenbuchs angeordnet hat, also bis zum 02.02.2016, von Bedeutung sein kann.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 07. Dez. 2015 - 4 K 2707/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 07. Dez. 2015 - 4 K 2707/15

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 07. Dez. 2015 - 4 K 2707/15 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 46 Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren


(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsge

Strafprozeßordnung - StPO | § 52 Zeugnisverweigerungsrecht der Angehörigen des Beschuldigten


(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt 1. der Verlobte des Beschuldigten;2. der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;2a. der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteh

Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung - StVZO 2012 | § 31a Fahrtenbuch


(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach ein

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten - OWiG 1968 | § 55 Anhörung des Betroffenen


(1) § 163a Abs. 1 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß es genügt, wenn dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, sich zu der Beschuldigung zu äußern. (2) Der Betroffene braucht nicht darauf hingewiesen zu werden, daß er a

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 07. Dez. 2015 - 4 K 2707/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 07. Dez. 2015 - 4 K 2707/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Sept. 2015 - 10 S 1540/15

bei uns veröffentlicht am 08.09.2015

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 6. Juli 2015 - 3 K 2693/15 - wird zurückgewiesen, soweit darin die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt wurde.Die Antragstellerin trägt die
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 07. Dez. 2015 - 4 K 2707/15.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 14. Sept. 2016 - 3 M 166/16

bei uns veröffentlicht am 14.09.2016

Gründe 1 1. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 1. Kammer - vom 1. August 2016, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, hat in

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.

(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt

1.
vor deren Beginn
a)
Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers,
b)
amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs,
c)
Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
2.
nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.

(3) Der Fahrzeughalter hat

a)
der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder
b)
sonst zuständigen Personen
das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen und es sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, aufzubewahren.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 6. Juli 2015 - 3 K 2693/15 - wird zurückgewiesen, soweit darin die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt wurde.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 9.600,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragstellerin ist nach den §§ 146, 147 VwGO zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe. Auf dieser Grundlage hat die Beschwerde keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe führen nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 zweite Alternative VwGO vorzunehmende Abwägung zu Gunsten des Interesses der Antragstellerin ausfällt, vom Vollzug der Verfügung der Antragsgegnerin vom 23.04.2015 bis zu einer endgültigen Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben.
Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO setzt eine Fahrtenbuchauflage voraus, dass die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Entgegen dem Beschwerdevorbringen waren die damaligen Bemühungen der zuständigen Behörde, um den Fahrzeugführer, der den Rotlichtverstoß begangen hat, zu ermitteln, ausreichend.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist es hier im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO unmöglich gewesen, den verantwortlichen Fahrzeugführer festzustellen. Unmöglichkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats dann anzunehmen, wenn die Bußgeldbehörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 10.08.2015 - 10 S 278/15 - juris m.w.N.). Für die Beurteilung der Angemessenheit der polizeilichen Aufklärungsmaßnahmen kommt es dabei wesentlich darauf an, ob die Polizei bzw. die Bußgeldbehörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg versprechen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1982 - 7 C 3.80 - Buchholz 442.16 § 31a StVZO Nr. 12 m.w.N.). Dabei können sich Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer nach einem Verkehrsverstoß zu ermitteln, an der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab, so ist es der Polizei regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 01.03.1994 - 11 B 130.93 - VRS 88, 158). Daher darf die Bußgeldbehörde dann, wenn der betreffende Fahrzeughalter im Ordnungswidrigkeitsverfahren einen ihm übersandten Anhörungsbogen unausgefüllt oder kommentarlos zurückschickt oder auch schon überhaupt nicht reagiert, grundsätzlich aus diesem Verhalten den Schluss ziehen und davon ausgehen, dass der Halter nicht willens ist, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Darin liegt die konkludente Erklärung, sich zur Sache nicht äußern zu wollen. Bei einer derartigen Sachlage ist die zuständige Behörde grundsätzlich dann auch nicht mehr gehalten, weitere aufwendige und zeitraubende Ermittlungsmaßnahmen einzuleiten und durchzuführen (vgl. Senatsbeschluss vom 10.08.2015 - 10 S 278/15 - a.a.O. m.w.N).
Die im vorliegenden Fall entfalteten behördlichen Ermittlungsbemühungen genügen diesen Anforderungen. Es sind die bei verständiger Beurteilung nötigen, aber auch angemessenen und zumutbaren Schritte zur Ermittlung des Fahrzeugführers unternommen worden, jedoch bis zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der nach § 26 Abs. 3 StVG dreimonatigen Verfolgungsverjährung ergebnislos geblieben (zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts vgl. Senatsbeschluss vom 30.11.2010 - 10 S 1860/10 -, NJW 2011, 628). Dies hat das Verwaltungsgericht überzeugend unter Berücksichtigung der einschlägigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung im Einzelnen dargelegt. Die dagegen von der Antragstellerin erhobenen Einwände erweisen sich als nicht stichhaltig. Die Antragstellerin hat den ihr mit Schreiben der Bußgeldbehörde vom 24.10.2014 übermittelten Anhörungsbogen nicht zurückgesandt. Als ihr von der Bußgeldbehörde mit Schreiben vom 24.11.2014 eine Kopie des Lichtbilds zugesandt wurde, das am 09.10.2014 in Weinheim in Höhe F... Schule ... ... von dem KFZ mit dem Kennzeichen ... gemacht wurde, hat sie erneut nicht reagiert, obwohl sie in dem Schreiben ausdrücklich darum gebeten wurde, die Adresse und die vollständigen Personalien des Fahrers innerhalb einer Woche mitzuteilen. In diesem Verhalten der Antragstellerin ist - wie oben dargelegt - eine jedenfalls konkludente Mitwirkungsverweigerung in Bezug auf die Aufklärung des Sachverhalts zu sehen, weil sie in offener Verjährungsfrist in der Sache nichts zur Fahrerermittlung beigetragen hat.
Der Umstand, dass die Bevollmächtigte der Antragstellerin vom Betreuungsgericht im Juli 2014 zu deren Betreuerin bestellt wurde u. a. mit dem Aufgabenkreis „Verkehr mit Behörden“, nötigt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Zum einen kommt es für die Beurteilung, welche Schritte nach der konkreten Sachlage für die Ermittlung des Fahrzeugführers nötig und möglich, aber auch angemessen und zumutbar sind, entscheidend auf die damalige Sicht der Bußgeldbehörde an (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30.11.2010 - 10 S 1860/10 - a.a.O.; vom 15.04.2009 - 10 S 584/09 - VBlBW 2009, 356; vom 29.01.2008 - 10 S 129/08 - DAR 2008, 278; vom 30.11.1999 - 10 S 2436/99 - VBlBW 2000, 201). Die Bußgeldbehörde wusste aber von der Betreuung nichts und sie hätte hiervon auch nichts wissen können oder müssen. Zum anderen ist für den Senat derzeit nicht erkennbar, weshalb die Antragstellerin damals nicht in der Lage war, auf die o. g. Schreiben der Bußgeldbehörde zu reagieren oder diese zumindest ihrer Betreuerin zur Kenntnis zu geben; immerhin ließ sie gegen die hier streitige und gleichfalls an sie adressierte Fahrtenbuchauflage alsbald Widerspruch einlegen. Die Vertretungsbefugnis des Betreuers (§ 1902 BGB) stellt keine verdrängende Stellvertretung dar und schränkt folglich die Befugnis des Betreuten zu eigenem Handeln nicht ein (vgl. Bienwald in: Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, Betreuungsrecht, 5. Aufl., BGB § 1902 RN 5). Für das Vorliegen eines Einwilligungsvorbehalts (§ 1903 BGB; § 290 Satz 2 Nr. 4 FamFG) oder einer Geschäftsunfähigkeit (§ 104 Nr. 2 BGB) ist hier nichts ersichtlich. Im Übrigen widerspräche es der präventivpolizeilichen Funktion einer Fahrtenbuchauflage, würde man die Nichtmitwirkung des Fahrzeughalters bei der Fahrerermittlung nur dann zu Lasten des Fahrzeughalters berücksichtigen, wenn diesem diese Nichtmitwirkung uneingeschränkt subjektiv vorgeworfen werden kann. Mit einer Fahrtenbuchauflage soll in Ergänzung der Kennzeichnungspflicht dafür Sorge getragen werden, dass anders als in dem Fall, der Anlass zur Auferlegung eines Fahrtenbuches gegeben hat, künftig die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten möglich ist. Die Anordnung zum Führen des Fahrtenbuchs richtet sich an den Fahrzeughalter, weil dieser die Verfügungsbefugnis und die Möglichkeit der Kontrolle über sein Fahrzeug besitzt. Gefährdet er die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs dadurch, dass er unter Vernachlässigung seiner Aufsichtsmöglichkeiten nicht dartun kann oder will, wer im Zusammenhang mit einer Verkehrszuwiderhandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt sein Fahrzeug gefahren hat, darf er durch das Führen eines Fahrtenbuches zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung angehalten werden (vgl. nur Senatsbeschluss vom 30.11.2010 - 10 S 1860/10 - a.a.O.). Ansonsten würde eine theoretisch unbegrenzte Zahl von nicht zu ahndenden Verkehrsverstößen ermöglicht, wenn der Fahrzeughalter sich unter Hinweis auf seine - der zuständigen Behörde unbekannt gebliebene - Betreuung von seiner Verantwortung befreien könnte.
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht weiter ausgeführt, dass angesichts der schlechten Qualität des Beweisfotos und des Umstands, dass die gesamte Mundpartie durch die Hand der Fahrerin vollständig verdeckt ist, auch ein Abgleich dieses Beweisfotos mit dem Lichtbild von der Antragstellerin, das die Bußgeldbehörde von der Personalausweisbehörde der Wohnsitzgemeinde angefordert hatte, nicht zu einer hinreichend sicheren Identifizierung des für den Rotlichtverstoß verantwortlichen Fahrers hat führen können. Angesichts dieses konkreten Beweisfotos und der aus Sicht der Bußgeldbehörde mangelnden Mitwirkungsbereitschaft der Antragstellerin durfte die Bußgeldbehörde davon ausgehen, dass der Täter des Rotlichtverstoßes nicht mit der für den Erlass eines Bußgeldbescheids erforderlichen Gewissheit festgestellt werden konnte. Soweit die Bußgeldbehörde darüber hinaus von sich aus auch noch die Ordnungsbehörde der Wohnsitzgemeinde der Antragstellerin mit Schreiben vom 08.12.2014 und 19.01.2015 um weitere Ermittlungen vor Ort gebeten hat, so war dies rechtlich bereits nicht mehr geboten und im Übrigen wohl auch nicht erfolgversprechend. Dass die Ordnungsbehörde auf diese Schreiben nicht reagiert hat, ist daher unschädlich und vermag kein zu Gunsten der Antragstellerin zu berücksichtigendes Ermittlungsdefizit aufzuzeigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2, § 47 und § 53 Abs. 2 Nr. 2 sowie § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. der Empfehlung Nr. 46.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Sonderbeilage zu VBlBW Heft 1 Januar 2014). Eine Halbierung des Streitwerts in der Hauptsache von 9.600,-- EUR kommt nach der Rechtsprechung des Senats wegen der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache hier nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 15.04.2009 - 10 S 584/09 - VBlBW 2009, 356).
10 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) § 163a Abs. 1 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß es genügt, wenn dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, sich zu der Beschuldigung zu äußern.

(2) Der Betroffene braucht nicht darauf hingewiesen zu werden, daß er auch schon vor seiner Vernehmung einen von ihm zu wählenden Verteidiger befragen kann. § 136 Absatz 1 Satz 3 bis 5 der Strafprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.

(2) Der Fahrzeughalter oder sein Beauftragter hat in dem Fahrtenbuch für ein bestimmtes Fahrzeug und für jede einzelne Fahrt

1.
vor deren Beginn
a)
Name, Vorname und Anschrift des Fahrzeugführers,
b)
amtliches Kennzeichen des Fahrzeugs,
c)
Datum und Uhrzeit des Beginns der Fahrt und
2.
nach deren Beendigung unverzüglich Datum und Uhrzeit mit Unterschrift einzutragen.

(3) Der Fahrzeughalter hat

a)
der das Fahrtenbuch anordnenden oder der von ihr bestimmten Stelle oder
b)
sonst zuständigen Personen
das Fahrtenbuch auf Verlangen jederzeit an dem von der anordnenden Stelle festgelegten Ort zur Prüfung auszuhändigen und es sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, aufzubewahren.

(1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes.

(2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten.

(3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und vorläufige Festnahme, Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. § 160 Abs. 3 Satz 2 der Strafprozeßordnung über die Gerichtshilfe ist nicht anzuwenden. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. Die Vorschriften über die Beteiligung des Verletzten am Verfahren und über das länderübergreifende staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister sind nicht anzuwenden; dies gilt nicht für § 406e der Strafprozeßordnung.

(4) § 81a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von § 81a Absatz 2 Satz 1 der Strafprozessordnung keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen worden ist

1.
nach den §§ 24a und 24c des Straßenverkehrsgesetzes oder
2.
nach § 7 Absatz 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes in Verbindung mit einer Vorschrift einer auf Grund des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes erlassenen Rechtsverordnung, sofern diese Vorschrift das Verhalten im Verkehr im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes regelt.
In einem Strafverfahren entnommene Blutproben und sonstige Körperzellen, deren Entnahme im Bußgeldverfahren nach Satz 1 zulässig gewesen wäre, dürfen verwendet werden. Die Verwendung von Blutproben und sonstigen Körperzellen zur Durchführung einer Untersuchung im Sinne des § 81e der Strafprozeßordnung ist unzulässig.

(4a) § 100j Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Strafprozessordnung, auch in Verbindung mit § 100j Absatz 2 der Strafprozessordnung, ist mit der Einschränkung anzuwenden, dass die Erhebung von Bestandsdaten nur zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zulässig ist, die gegenüber natürlichen Personen mit Geldbußen im Höchstmaß von mehr als fünfzehntausend Euro bedroht sind.

(5) Die Anordnung der Vorführung des Betroffenen und der Zeugen, die einer Ladung nicht nachkommen, bleibt dem Richter vorbehalten. Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozessordnung) darf sechs Wochen nicht überschreiten.

(6) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist.

(7) Im gerichtlichen Verfahren entscheiden beim Amtsgericht Abteilungen für Bußgeldsachen, beim Landgericht Kammern für Bußgeldsachen und beim Oberlandesgericht sowie beim Bundesgerichtshof Senate für Bußgeldsachen.

(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Absatz 1 Satz 1 bis 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen.

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt

1.
der Verlobte des Beschuldigten;
2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht;
3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.

(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.

(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.