Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 23. Jan. 2019 - 2 L 2661/18
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller eine Wiederholungsprüfung im Teilmodul „Berufspraktisches Training (BPT 5), 12-Minuten-Lauf“ einzuräumen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der am 6. September 2018 bei Gericht sinngemäß eingegangene Antrag,
3den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller eine Wiederholungsprüfung im Teilmodul „Berufspraktisches Training (BPT 5), 12-Minuten-Lauf“ einzuräumen,
4hat Erfolg.
5Der zulässige Antrag ist begründet.
6Nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 ZPO die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
7Der Antragsteller erstrebt mit seinem Antrag eine Vorwegnahme der Hauptsache, weil eine einstweilige Anordnung, mit welcher der Antragsgegner verpflichtet wird, dem Antragsteller eine Wiederholungsprüfung im Teilmodul „Berufspraktisches Training (BPT 5), 12-Minuten-Lauf“ einzuräumen, bereits – wenn auch zeitlich begrenzt bis zur Entscheidung in der Hauptsache – genau die Rechtsposition vermitteln würde, die er in der Hauptsache erreichen könnte. Eine Anordnung solchen Inhalts würde aber grundsätzlich eine mit dem Sinn und Zweck einer einstweiligen Anordnung regelmäßig nicht zu vereinbarende und somit unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache beinhalten. Im Hinblick auf die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG ist eine Vorwegnahme der grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren (Klageverfahren) vorbehaltenen Entscheidung allerdings dann ausnahmsweise zulässig, wenn wirksamer Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen ist, dem Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohen und er im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen wird.
8Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2008 – 6 B 971/08 –, juris, Rn. 2 f. m.w.N.
9Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
10I. Der Antragsteller wird im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen.
11Ein Anspruch auf Einräumung eines Wiederholungsversuchs ergibt sich aufgrund eines wirksamen Prüfungsrücktritts mit Blick auf die Wiederholungsprüfung vom 30. August 2018 aus § 19 Abs. 2 Satz 2 Teil A der Studienordnung der Bachelorstudiengänge an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW (im Folgenden StudO-BA Teil A) i.V.m. § 13 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 StudO-BA Teil A und § 4 Abs. 2 der Regelungen für den Studiengang Polizeivollzugsdienst B.A. Ergänzende Regelungen ab EJ 2016 (im Folgenden StudO-BA Teil B).
121. Der unter dem 29. August 2018 erklärte Rücktritt von der auf den 30. August 2018 anberaumten Wiederholungsprüfung ist wirksam.
13Ein wirksamer Prüfungsrücktritt setzt nach § 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 StudO-BA Teil A voraus, dass ein triftiger Grund dem Prüfungsamt unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht wird, wobei § 19 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 StudO-BA Teil A die nähere Regelung dem Prüfungsausschuss vorbehält, der dementsprechend sog. Hinweise zum Rücktritt aus triftigem Grund veröffentlicht hat. Dort wird unter Gliederungspunkt b. die Prüfungsunfähigkeit als Sonderfall des Rücktritts aus triftigem Grund bezeichnet und insoweit konkretisiert, als dass die Leistungsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen erheblich beeinträchtigt sein muss.
14Dies zugrunde gelegt, hat der Antragsteller einen triftigen Grund für den Rücktritt geltend gemacht. Er hat angegeben, an einer akuten spastischen Bronchitis gelitten zu haben, die ihm im Wege der Einengung seiner Atemwege die erfolgreiche Absolvierung der Laufprüfung unmöglich gemacht habe.
15Diesen triftigen Grund hat der Antragsteller dem Prüfungsamt auch unverzüglich schriftlich angezeigt. Er hat am 29. August 2018, also am Tag vor der anberaumten Prüfung, eineE-Mail an das Prüfungsamt gerichtet und jedenfalls mit der postalischen Nachsendung der Originaldokumente auch dem Schriftformerfordernis entsprochen.
16Durch die Einreichung eines ausgefüllten von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW zur Verfügung gestellten Vordrucks („Formular für den Nachweis der Prüfungsunfähigkeit“) und eines ärztlichen Attests hat der Antragsteller den triftigen Grund auch glaubhaft gemacht. Zur Glaubhaftmachung enthält Gliederungspunkt b. der Hinweise zum Rücktritt aus triftigem Grund folgende Passage: „Hinweis: Da die Entscheidung über die Prüfungsfähigkeit eine Rechtsfrage ist, die der Prüfungsausschuss zu beurteilen hat, bedarf es im Attest genauerer Angaben zu den Krankheitssymptomen sowie deren Auswirkungen auf das Leistungsvermögen. Hilfreich kann die genaue Bezeichnung der Erkrankung sein. Der nicht näher ausgeführte Hinweis, die/der Studierende sei prüfungsunfähig, genügt den Anforderungen an einer [sic, Anmerkung der Kammer] Glaubhaftmachung der Prüfungsunfähigkeit nicht.“ [Hervorhebungen im Original, Anmerkung der Kammer]. Die eingereichten Unterlagen stellen sowohl die konkrete Diagnose (akute spastische Bronchitis) als auch die mit Blick auf eine Laufprüfung beeinträchtigenden Symptome schlüssig dar (Einengung der Atemwege).
172. Dem Anordnungsanspruch steht das zwischenzeitliche Ende des zweiten Studienjahrs mit Ablauf des 31. August 2018 nicht entgegen. Zwar regelt § 12 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 i.V.m. Satz 1 der Verordnung über die Ausbildung und die II. Fachprüfung für den Laufbahnabschnitt II (Bachelor) der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden VAPPol II), dass die Bachelorprüfung endgültig nicht bestanden ist, wenn der Nachweis der körperlichen Leistungsfähigkeit gemäß Studienordnung nicht bis zum Ende des zweiten Studienjahres erbracht worden ist. Auch normiert § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B, dass die Fortsetzung des Studiums ausgeschlossen ist (Satz 2) und eine weitere Nachholung oder Wiederholung ausscheidet, wenn die Leistungsnachweise „12-Minuten-Lauf“, „Hindernisparcours“ und „Rettungsschwimmübungen 1 und 2“ (Leistungsschein Körperliche Leistungsfähigkeit Sport/Rettungsschwimmen) nicht bis zum Ende des zweiten Studienjahres erbracht sind (Satz 1). Allerdings ergibt die Auslegung des aus der VAPPol II, der StudO-BA Teil A und der StudO-BA Teil B bestehenden normativen Gesamtgefüges, dass die soeben zitierten Regelungen und ihre Rechtsfolgen denjenigen eines wirksamen Rücktritts nachgehen.
18Ausgangspunkt ist dabei § 19 Abs. 2 Satz 2 StudO-BA Teil A, der vorgibt, dass die versäumte Prüfung bei Glaubhaftmachung der Hinderungsgründe bei der nächsten angebotenen Wiederholungsmöglichkeit nachzuholenist. Insofern sieht er als zwingende Rechtsfolge eines wirksamen Rücktritts die Nachholung der versäumten Prüfung vor.
19Damit setzt er sich bei genauer Betrachtung auch nicht in Widerspruch zur höherrangigen VAPPol II. Der oben zitierte § 12 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 VAPPol II erwähnt die Studienordnung ausdrücklich und ordnet die Rechtsfolge des endgültigen Nichtbestehens nur für den Fall an, dass der Nachweis gemäß Studienordnung nicht bis zum Ende des zweiten Studienjahres erbracht worden ist. Damit nimmt er nicht nur § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B, sondern die gesamte Studienordnung, mithin auch § 19 Abs. 2 Satz 2 StudO-BA Teil A in Bezug. Dafür, dass die VAPPol II das Verhältnis zwischen der Zweijahresfrist von § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B und § 19 Abs. 2 Satz 2 StudO-BA Teil A gar nicht regeln will, spricht weiterhin, dass sie die Regelungen zu den Folgen der Nichterbringung von Prüfungsleistungen und des Rücktritts von einer Prüfung in ihrem § 17a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 explizit der Studienordnung vorbehält. Selbst wollte man dies anders sehen und dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 VAPPol II auch für den Fall des krankheitsbedingten Rücktritts die Rechtsfolge des endgültigen Nichtbestehens entnehmen, so würde dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Die Norm wäre dann aus den noch unten auseinandergesetzten Gründen mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG jedenfalls verfassungskonform auszulegen.
20§ 19 Abs. 2 Satz 2 StudO-BA Teil A und § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B hingegen stehen sich als Bestandteile einer einheitlichen Prüfungsordnung im Ansatz gleichrangig gegenüber. Letztere Vorschrift geht ersterer auch nicht nach dem lex-specialis-Grundsatz vor. Eine spezielle Regelung für den 12-Minuten-Lauf will sie zwar gegenüber § 13 Abs. 2 Sätze 2 und 3 StudO-BA Teil A insofern treffen, als dass neben den Nichtbestehensgrund der erfolglosen Wiederholungsprüfung der Nichtbestehensgrund des nachweislosen Ablaufs des zweiten Studienjahrs treten soll. Dass demgegenüber durch ihren Inhalt auch das Verhältnis zum Prüfungsrücktritt spezifisch und in Abweichung von der StudO-BA Teil A geregelt werden soll, ist nicht ersichtlich.
21Für dieses Ergebnis streiten zum einen systematische Erwägungen. Die StudO-BA Teil A enthält an mehreren Stellen Vorbehalte zu Gunsten studiengangspezifischer Regelungen – solche enthält die StudO-BA Teil B – (siehe nur § 12 Abs. 1 lit. f, Abs. 2 Satz 3, § 13 Abs. 6 Sätze 2 und 3 StudO-BA Teil A). Gerade eine solche „Öffnungsklausel“ fehlt aber bei § 19 StudO-BA Teil A. Umgekehrt beinhaltet § 4 StudO-BA Teil B zahlreiche Hinweise auf durch ihn unberührte, aber auch verdrängte Normen der StudO-BA Teil A, wobei § 19 StudO-BA Teil A gerade keine Erwähnung findet. Nach Auffassung der Kammer folgt hieraus, dass § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B einem Prüfungsrücktritt nach § 19 StudO-BA Teil A – auch nach Ablauf der Zweijahresfrist – nicht entgegensteht.
22Zum anderen stützen teleologische Erwägungen dieses Ergebnis. Wäre die Studienordnung des streitgegenständlichen Bachelorstudiengangs in dem Sinne auszulegen, dass § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B einem wirksamen Prüfungsrücktritt vorginge, so würde dies Art. 12 Abs. 1 GG verletzen.
23Beim streitgegenständlichen Bachelorstudiengang handelt es sich um eine berufsqualifizierende Prüfung, weshalb den Prüfungsanspruch beschränkende Regelungen wie die streitbefangene Zweijahresfrist des § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B als Eingriffe in die Berufswahlfreiheit im Sinne von subjektiven Zulassungsschranken an Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG zu messen sind. Weil es sich bei entsprechenden Prüfungsvorschriften um subjektive Zulassungsschranken handelt,
24BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 6 B 43/14 –, juris, Rn. 16; BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2015 – 1 BvR 2218/13 –, juris, Rn. 25,
25müssen sie – um verfassungsrechtlich gerechtfertigt zu sein – dem Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts dienen. Angesichts der Tatsache, dass Prüflinge des streitgegenständlichen Bachelorstudiengangs besoldete Beamte auf Widerruf sind (§ 5 VAPPol II) kommt als wichtiges Gemeinschaftsgut ohne weiteres der Schutz der Staatsfinanzen in Betracht. Letzteren drohen finanzielle Belastungen, wenn Prüflinge länger als zur Feststellung ihrer definitiven Nichteignung erforderlich im streitgegenständlichen Bachelorstudiengang beziehungsweise im damit einhergehenden Beamtenverhältnis auf Widerruf belassen werden. Daraus folgt, dass die Zweijahresfrist des § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B grundsätzlich wegen des durch sie eingeräumten großzügigen Zeitraums zur Ablegung der Prüfung unbedenklich sein mag:
26So VG Köln, Beschluss vom 18. November 2015 – 19 L 2634/15 –, juris, Rn. 6 und VG Arnsberg, Beschluss vom 14. Juli 2017 – 2 L 1221/17 –, juris, Rn. 18. OVG NRW, Beschluss vom 18. August 2017 – 6 B 918/17 –, juris, lässt die Frage hingegen unbeantwortet.
27Demgegenüber rechtfertigen die bezeichneten Erwägungen nicht eine derart starre Handhabung der Zweijahresfrist, wie sie der Antragsgegner durchführt, wenn er sie sogar einem wirksamen Prüfungsrücktritt vorgehen lassen will.
28Zunächst sind in Ansehung eines krankheitsbedingten Prüfungsrücktritts die den Staatsfinanzen drohenden finanziellen Nachteile von der Intensität her geringfügig. Es ist nicht erkennbar, dass die ernsthafte Möglichkeit bestünde, dass ein in Wahrheit ungeeigneter Prüfling sein Studium und die damit einhergehende Stellung als Widerrufsbeamter durch Prüfungsrücktritte in relevantem Umfang in ungerechtfertigter Weise verlängern könnte.
29Dafür sorgt zum einen § 19 Abs. 2 Satz 2 StudO-BA Teil A selbst, indem er den zurückgetretenen Prüfling zur Nachholung bei der nächsten angebotenen Wiederholungsmöglichkeit verpflichtet. Damit legt er den Umfang der Zeitspanne zwischen Rücktritt und Nachholung in den Einflussbereich der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW, welche es jederzeit in der Hand hat, das Wiederholungsangebot – etwa wenige Tage nach Gesundung des Prüflings – zu schaffen. Die Kammer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch im konkreten Fall eine Nachholung sehr zeitnah hätte erfolgen können. Die Gruppe B des Einstellungsjahrgangs 2016 hat gemäß „Übergangs-Studienverlaufsplan Fachbereich Polizei EJ 2016“ im direkten Anschluss an den Ablauf der Zweijahresfrist mit Ende des 31. August 2018 das Training des Moduls HS 2.6 absolviert, sodass sich ohnehin Studierende beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten Nordrhein-Westfalen befunden haben, bei dem die sachlichen Mittel zur Durchführung einer Laufbahnprüfung auch vorhanden sind. Der sonstige Aufwand der Durchführung einer Laufprüfung ist ohnehin sehr gering.
30Zum anderen verfügt die Prüfungsbehörde mit den Hinweisen zum Rücktritt aus triftigem Grund über eine ausreichende Handhabe, um Missbrauch in Form etwaiger „Kettenrücktritte“ zu begegnen. So behält sich der Prüfungsausschuss unter Gliederungspunkt b. vor, für die Glaubhaftmachung einer Prüfungsunfähigkeit ein amts- oder polizeiärztliches Attest zu verlangen. Zudem können längerfristige oder chronische Erkrankungen nicht zu einer nicht hinnehmbaren Verlängerung des Studiums respektive des Widerrufsbeamtenverhältnisses führen. Die Hinweise zum Rücktritt aus triftigem Grund bezeichnen sog. Dauerleiden unter Gliederungspunkt b. zurecht nicht als triftigen Grund im Sinne einer Prüfungsunfähigkeit.
31Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Zweijahresfrist letztlich nicht auf zwingenden fachlichen Erwägungen basiert. Mit anderen Worten ist die erfolgreiche Absolvierung des streitgegenständlichen Leistungsnachweises bis zum Ende des zweiten Studienjahres für die weitere Absolvierung des insgesamt dreijährigen Studiums irrelevant. Das weitere Studium baut nicht etwa auf den für die Erbringung des Leistungsnachweises notwendigen Fähigkeiten auf. Vielmehr fußt die Einziehung der Zweijahresgrenze auf der generalisierten Erfahrung, dass ein Prüfling, dem es über zwei Jahre hinweg nicht gelungen ist, seine körperliche Eignung nachzuweisen, in aller Regel auch zukünftig eine hinreichende physische Leistungsfähigkeit nicht wird erlangen können. Eine solche Einschätzungsprärogative mag dem Normgeber grundsätzlich zuzubilligen sein, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass der Prüfling nach § 4 Abs. 4 Satz 2 StudO-BA Teil B über die beiden (offiziellen) Prüfungsversuche hinaus an weiteren Leistungsabnahmen teilnehmen kann. Der Charakter der Zweijahresfrist als bloß abstrakte Prognoseentscheidung gebietet aber mit Blick auf einen Prüfungsrücktritt eine Relativierung der Zweijahresfrist. Dies deshalb, weil der in der Zweijahresfrist verkörperte Erfahrungswert nur zum Tragen kommen kann, wenn dem Prüfling auch wirklich der entsprechende Zeitraum zur Vorbereitung auf die Prüfung zur Verfügung gestanden hat. Wenn man aber dem Prüfling das Risiko einer krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit aufbürden würde, zwänge ihn dies faktisch zu einer deutlichen Vorverlagerung seiner Prüfung und würde ihm mithin die vollumfängliche Ausnutzung der Zweijahresspanne gerade verwehren. Es führt auch nicht weiter, darauf abzustellen, dass eine Erkrankung in der Sphäre des Studierenden anzusiedeln ist. Dies trifft zwar im Ausgangspunkt zu. Nach allgemeinen Grundsätzen des Prüfungs- und Beamtenrechts kommt es darauf aber nicht an, weil es nicht etwa – wie im Zivilrecht – um die billige Abgrenzung von Risiko- oder Haftungsbereichen, sondern um die Verwirklichung des bei entsprechender Befähigung und Eignung bestehenden grundrechtlichen Anspruchs auf freie Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) respektive auf Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 33 Abs. 2 GG) geht. Auch mit Blick auf den in Art. 3 Abs. 1 GG wurzelnden Grundsatz der Chancengleichheit aller Prüflinge und die vom Kläger mit Recht angeführte Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist in diesen Rechtsgebieten vielmehr maßgeblich, ob den Prüfling beziehungsweise den Beamten ein Verschulden trifft. Dies ist bei einer Erkrankung aber in aller Regel und auch in Ansehung des streitgegenständlichen Sachverhalts nicht der Fall.
32II. Dem Antragsteller drohen ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile.
33Bei Verweisung des Antragstellers auf die Hauptsacheentscheidung droht diesem mit Blick auf seine berufsqualifizierende Ausbildung ein erheblicher und unwiederbringlicher Zeitverlust. Darüber hinaus läuft er Gefahr, die bislang im Rahmen des streitgegenständlichen Bachelorstudiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vergessen beziehungsweise zu verlernen, obgleich die weitere Bachelorprüfung teilweise auf diesen Inhalten aufbaut. Damit ist letztlich sein grundrechtlich abgesichertes Recht auf freie Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG von einer erheblichen Verletzung bedroht.
34Der hiesige Fall unterscheidet sich dabei – wie der Antragsteller zurecht anführt – in entscheidender Weise von der bereits vielfach entschiedenen Konstellation, die den vom Antragsteller zitierten Entscheidungen
35vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. Februar 2018 – 6 B 53/18 –, juris, Rnrn. 2 ff. und Kammerbeschluss vom 20. Dezember 2017 – 2 L 5140/17 –, juris, Rnrn. 7 ff., 14.
36zugrunde liegt.
37Dort ergaben sich das endgültige Nichtbestehen und in der Konsequenz das Ende des Beamtenverhältnisses auf Widerruf aus einer für den Antragsteller negativen Prüfungsentscheidung hinsichtlich des letztmöglichen Prüfungsversuchs (§ 22 Abs. 4 Hs. 1 BeamtStG i.V.m. § 12 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 lit. b Var. 1 VAPPol II). Insoweit kann gegen die Beachtlichkeit des durch eine rechtswidrige Prüfungsentscheidung entstehenden Zeitverlustes mit Recht ins Feld geführt werden, dass es sich um eine regelmäßige und von den zitierten Regelungen in Kauf genommene Folge handelt. Denn nach diesen Regelungen endet das Beamtenverhältnis auf Widerruf – unabhängig von der Rechtmäßigkeit und dem Bestand der Prüfungsentscheidung – kraft Gesetzes an dem Tag, an dem das Prüfungsergebnis bekanntgegeben wird. Durch die Anknüpfung an dieses eindeutig fixierbare Ereignis schaffen die zitierten Normen entsprechend ihrem Sinn und Zweck sofort von einem Streit um die Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung unabhängige Verhältnisse und damit in Bezug auf den beamtenrechtlichen Status unmittelbar Rechtsklarheit. Der tragende Grund dafür, das antragstellerseitige Interesse an möglichst nahtloser Fortführung seines Studiums zurücktreten zu lassen, ist mithin, die mitunter schwierige Frage nach der inhaltlichen Richtigkeit einer Prüfungsentscheidung außerhalb des mit voller Alimentation verbundenen Widerrufsbeamtenverhältnisses zu klären.
38Anders liegt es in Fällen der vorliegenden Art, in denen der Antragsgegner unter Verweigerung einer Entscheidung über die Wirksamkeit des krankheitsbedingten Prüfungsrücktritts das endgültige Nichtbestehen nicht auf ein Scheitern im letztmöglichen Prüfungsversuch, sondern auf das bloße Verstreichen der Zweijahresfrist aus § 4 Abs. 5 StudO-BA Teil B stützt. Unter Beachtung dieser Umstände kann der für den bereits entschiedenen Lebenssachverhalt tragende Grund – die Verhinderung einer langwierigen inhaltlichen Überprüfung im mit Besoldung einhergehenden Widerrufsbeamtenverhältnis – für den vorliegenden Fall nicht zum Zuge kommen. Eine aufwändige inhaltliche Kontrolle einer Prüfungsentscheidung droht in Ermangelung einer solchen überhaupt nicht. Vielmehr hätte sich der Antragsgegner lediglich mit der Frage der Wirksamkeit eines krankheitsbedingten Rücktritts auseinanderzusetzen gehabt. Davon abgesehen, fehlt es in der hiesigen Konstellation an einem klaren Anknüpfungspunkt für den Eintritt des endgültigen Nichtbestehens und die Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Widerruf. Zum einen kommt das Ende des zweiten Studienjahres nach dem zum Anordnungsanspruch Ausgeführten insoweit nicht in Betracht, weil der wirksame krankheitsbedingte Rücktritt dem Fristablauf vorgeht, respektive die Zweijahresfrist im Einklang mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG nur so ausgelegt werden darf, dass sie vor Absolvierung eines rücktrittsbedingten Wiederholungsversuchs nicht auslaufen kann. Zum anderen kann nicht auf die gegenüber dem Antragsteller ergangene Mitteilung vom 31. August 2018 abgestellt werden, weil diese – mag sie auch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sein – allenfalls einen formellen Verwaltungsakt darstellt. Ihr Regelungsgehalt kann demgegenüber richtigerweise allenfalls kraft Gesetzes nach § 12 Abs. 2 Satz 2 Var. 2, Abs. 3 Satz 1 lit. b Var. 2 VAPPol II eintreten.
39Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 GKG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG. Von einer Halbierung des Auffangwertes sieht die Kammer ab, weil das Antragsbegehren des vorläufigen Rechtsschutzes hier auf eine weitgehende Vorwegnahme der Hauptsache im Klageverfahren gerichtet ist (vgl. Ziff. 1.5 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
40Rechtsmittelbelehrung:
41(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.
42Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden.
43Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.
44Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
45Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –).
46Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
47(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.
48Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
49Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
50Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
51Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
52War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 23. Jan. 2019 - 2 L 2661/18
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 23. Jan. 2019 - 2 L 2661/18
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 23. Jan. 2019 - 2 L 2661/18 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
Gründe
- 1
-
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers kann keinen Erfolg haben. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und des Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen nicht vor.
- 2
-
Der Kläger, der seit 2003 studierte, nahm im Wintersemester 2008/2009 das Studium im neu eingeführten Studiengang „Bachelor of Arts“ mit Hauptfach Germanistik und Ergänzungsfach Philosophie auf. Die Fächer dieses Studiengangs sind inhaltlich aus Modulen zusammengesetzt, die eine Lern- und Prüfungseinheit bilden. Deren Inhalte und Qualifikationsziele sowie Zulassung, Stoff, Art und Gewicht der Prüfungen ergeben sich aus der Modulbeschreibung des Modulkatalogs (modularer Studienaufbau).
- 3
-
Für die vom Kläger am Ende des Semesters abzulegende Modulprüfung im Ergänzungsfach Philosophie wurde die neue Prüfungsordnung der Philosophischen Fakultät für den Studiengang „Bachelor of Arts“ angewandt, obwohl sie bei Beginn der Prüfungen noch nicht als Satzungsrecht in Kraft getreten war. Zwar hatte der Fakultätsrat die Prüfungsordnung am 27. Mai 2008 beschlossen; der Senat der Beklagten hatte am 15. Juli 2008 zugestimmt. Das Verfahren wurde jedoch erst nach der Akkreditierung des Studiengangs Ende 2008 abgeschlossen: Der Rektor der Beklagten erteilte die erforderliche Genehmigung am 5. Januar 2009; die Beklagte setzte die Prüfungsordnung am 2. März 2009 durch Veröffentlichung in ihrem Verkündungsblatt rückwirkend zum 1. Oktober 2008 in Kraft.
- 4
-
Der Kläger hatte im Wintersemester 2008/2009 keine Lehrveranstaltung belegt. Im Februar 2009 nahm er erfolglos an der Prüfung im Pflichtmodul „Einführung in die Philosophie“ teil; zu der Wiederholungsprüfung im März 2009 erschien er nicht. Daraufhin stellte der Vorsitzende des Prüfungsausschusses fest, dass der Kläger die Modulprüfung endgültig nicht bestanden habe. Seine nach erfolglosem Widerspruch erhobene, erstinstanzlich erfolgreiche Klage hat das Oberverwaltungsgericht aus im Wesentlichen folgenden Gründen abgewiesen:
- 5
-
Die Beklagte habe die neue Prüfungsordnung vor ihrem Inkrafttreten als Satzung anwenden dürfen. Sie sei gesetzlich verpflichtet gewesen, die neuen modular aufgebauten Studiengänge mit Modulprüfungen am Ende des Semesters ab dem Wintersemester 2008/2009 anzubieten. Jedoch sei der vom Kläger belegte Studiengang noch nicht akkreditiert gewesen. In dieser Übergangssituation habe sich die Beklagte dafür entscheiden dürfen, die bereits beschlossene neue Prüfungsordnung für den Studiengang erst nach der Akkreditierung in Kraft zu setzen, sie jedoch für die anstehenden Modulprüfungen vorzeitig anzuwenden. Den Studierenden habe eine Verschiebung der Prüfungen nicht zugemutet werden können. Sie hätten sich ohne weiteres über den Inhalt der neuen Prüfungsordnung informieren können. Daher sei die Beklagte auch berechtigt gewesen, die Prüfungsordnung im März 2009 rückwirkend zum Beginn des Wintersemesters 2008/2009 in Kraft zu setzen.
- 6
-
Die Beklagte habe den Modulkatalog für das Ergänzungsfach Philosophie nicht in die Prüfungsordnung aufnehmen müssen. Auch insoweit habe sie das Erforderliche getan, um die Studierenden zu informieren. Die Beklagte habe sich durchgehend bemüht, den Kläger über die Studieninhalte und Prüfungen in Kenntnis zu setzen. Dessen behauptete Unkenntnis sei gegebenenfalls auf eigene Versäumnisse zurückzuführen.
- 7
-
1. Der Kläger hält die Fragen für rechtsgrundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, ob
-
- eine Prüfungsordnung vor Abschluss des Normsetzungsverfahrens angewandt werden darf;
-
- eine vorzeitige Anwendung möglich ist, wenn die Hochschule die Normsetzung verzögert hat;
-
- die Anwendung einer noch nicht in Kraft getretenen Prüfungsordnung zum Untergang des Prüfungsanspruchs führen kann;
-
- eine Prüfungsordnung rückwirkend zum Beginn eines Studiensemesters in Kraft gesetzt werden kann;
-
- eine Rückwirkung zulässig ist, wenn der Modulkatalog nicht Bestandteil der Prüfungsordnung ist.
- 8
-
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4).
- 9
-
Die von dem Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen, auf deren Prüfung der Senat nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Sie können entweder aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beantwortet werden oder sind nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreits.
- 10
-
In der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass es unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar ist, Regelungen, die einem bereichsspezifischen Gesetzesvorbehalt nicht genügen oder mangels rechtswirksamer Bekanntmachung nicht in Kraft getreten sind, für einen Übergangszeitraum anzuwenden. Dies ist der Fall, wenn und soweit die Anwendung unerlässlich ist, um grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu wahren oder die Funktionsfähigkeit der staatlichen Verwaltung sicherzustellen. Die vorübergehende Fortgeltung der Regelungen wird dann trotz ihrer Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht in Kauf genommen, um noch verfassungsfernere Zustände zu vermeiden (BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 1976 - 1 BvR 2325/73 - BVerfGE 41, 251 <266 f.>; BVerwG, Urteile vom 13. Januar 1982 - 7 C 95.80 - BVerwGE 64, 308 <317 f.> und vom 1. Juni 1995 - 2 C 16.94 - BVerwGE 98, 324 <327 f.>; Beschluss vom 2. August 1988 - 7 B 90.88 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 254 S. 62).
- 11
-
Die in der Rechtsprechung hierfür entwickelten Voraussetzungen lassen darauf schließen, dass der Rechtsgrundsatz der übergangsweisen Anwendung unwirksamer Regelungen nicht nur die bereits entschiedenen Fallgestaltungen, nämlich das Fehlen der erforderlichen Rechtsnormqualität und die unwirksame Bekanntmachung der Regelungen, erfasst. Vielmehr beansprucht er immer dann Geltung, wenn und soweit ein wirkungsvoller Grundrechtsschutz oder die Funktionsfähigkeit der staatlichen Verwaltung für einen Übergangszeitraum nicht anders als durch die Anwendung der Regelungen gewährleistet werden kann. Unter diesen Voraussetzungen kommt die vorzeitige Anwendung von noch nicht in Kraft gesetzten Regelungen jedenfalls dann für eine Übergangszeit in Betracht, wenn sie der zuständige Normgeber bereits beschlossen hat, und sich die Betroffenen ohne weiteres Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können.
- 12
-
Das Oberverwaltungsgericht hat auf der Grundlage seiner nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden, weil nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen und seiner nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO bindenden Auslegung des irrevisiblen Thüringer Hochschulgesetzes - ThürHG - vom 21. Dezember 2006 (GVBl. S. 601) zu Recht angenommen, dass die dargestellten Voraussetzungen für die vorzeitige Anwendung der neuen Prüfungsordnung der Philosophischen Fakultät - PO - vom 5. Januar 2009 für die Modulprüfungen am Ende des Wintersemesters 2008/2009 vorgelegen haben.
- 13
-
Das Oberverwaltungsgericht hat dem Thüringer Hochschulgesetz die Verpflichtung der Beklagten entnommen, spätestens im Wintersemester 2008/2009 die neuen modularen Bachelor- und Masterstudiengänge einzuführen. Da diese Studiengänge nach dem Grundsatz der Lern- und Prüfungseinheit aufgebaut sind, musste die Beklagte am Ende des ersten Studiensemesters Prüfungen in den Modulen durchführen, die für dieses Semester vorgesehen waren (vgl. § 45 Abs. 1 ThürHG, § 4 Abs. 1 PO). Dies wiederum machte es unumgänglich, neue, auf den modularen Studienaufbau bezogene Prüfungsordnungen zu erlassen.
- 14
-
Der zuständige Fakultätsrat hatte die neue Prüfungsordnung für den Studiengang „Bachelor of Arts“ rechtzeitig vor Beginn des Wintersemesters 2008/2009 beschlossen; der Senat der Beklagten hatte rechtzeitig zugestimmt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hatte sich die Beklagte jedoch entschlossen, die Prüfungsordnung erst in Kraft zu setzen, nachdem die gesetzlich vorgeschriebene qualitative Bewertung (Akkreditierung) des Studiengangs abgeschlossen war. Dies erscheint nachvollziehbar, weil nicht auszuschließen war, dass das Ergebnis der Akkreditierung eine erneute Beschlussfassung über die Prüfungsordnung notwendig machen würde.
- 15
-
Der vom Kläger belegte Studiengang wurde erst Ende 2008, d.h. während des ersten Studiensemesters, akkreditiert. Unmittelbar danach setzte die Beklagte das Normsetzungsverfahren fort: Der Rektor genehmigte die Prüfungsordnung am 5. Januar 2009; die Beklagte setzte sie - nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts inhaltlich unverändert - durch Veröffentlichung in ihrem Verkündungsblatt am 2. März 2009, d.h. rechtzeitig zum folgenden Studiensemester, in Kraft.
- 16
-
Ungeachtet möglicher Versäumnisse der Organe der Beklagten bestand ein durch Art. 12 Abs. 1 GG geschütztes Interesse der Studierenden, am Ende des Wintersemesters 2008/2009 die vorgesehenen Modulprüfungen ablegen zu können. Die Prüfungen stellten subjektive Voraussetzungen für den Berufszugang dar, weil ihr Bestehen Voraussetzung für die Fortsetzung des Studiums und damit einer beruflichen Ausbildung war, dessen erfolgreicher Abschluss die Ausübung des Ausbildungsberufs ermöglicht oder zumindest erleichtert (stRspr; vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 und 213/83 - BVerfGE 84, 34 <50 f.>).
- 17
-
Ohne die vorzeitige Anwendung der noch nicht als Satzungsrecht in Kraft getretenen neuen Prüfungsordnung hätten die im Wintersemester 2008/2009 anstehenden Prüfungen nicht stattfinden können; sie hätten in einem folgenden Semester nachgeholt werden müssen. Die Studierenden hätten ihre aktuellen, durch die Lehrveranstaltung vermittelten Kenntnisse nicht unmittelbar im Anschluss daran verwenden, sondern sie später erneut durch Prüfungsvorbereitungen ohne zeitlichen Bezug zur Lehrveranstaltung aktualisieren müssen.
- 18
-
War die vorzeitige Anwendung der Prüfungsordnung notwendig, um den Studierenden die reibungslose Fortführung des Studiums zu ermöglichen, müssen dies auch Studierende, die wie der Kläger Prüfungen im Wintersemester 2008/2009 nicht bestanden, aus Gründen der Chancengleichheit gegen sich gelten lassen. Damit steht fest, dass das endgültige Nichtbestehen einer solchen Prüfung das Erlöschen des Prüfungsanspruchs nach sich zieht.
- 19
-
Aufgrund der Berechtigung der Beklagten, die noch nicht in Kraft getretene Prüfungsordnung für die Modulprüfungen im Wintersemester 2008/2009 anzuwenden, steht fest, dass der Kläger mit der weiteren Frage nach der Zulässigkeit ihres rückwirkenden Inkraftsetzens zum 1. Oktober 2008 die Zulassung der Revision nicht erreichen kann. Es kommt nicht entscheidungserheblich darauf an, wie diese Frage beantwortet wird, weil das Berufungsurteil jedenfalls mit der selbständig tragenden Erwägung der vorzeitigen Anwendbarkeit der Prüfungsordnung Bestand hat (stRspr; vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328).
- 20
-
Dies gilt ungeachtet des vom Kläger hervorgehobenen Umstands, dass der Modulkatalog für das Prüfungsfach „Einführung in die Philosophie“ nicht Bestandteil der neuen Prüfungsordnung war. Für dessen Anwendung vor der vorschriftsmäßigen Bekanntmachung gelten die Ausführungen zur vorzeitigen Anwendung der Prüfungsordnung entsprechend.
- 21
-
2. Der Kläger hat nicht nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, dass das Berufungsurteil auf einem Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruht. Aus seinem Beschwerdevortrag ergibt sich nicht, dass das Oberverwaltungsgericht in Bezug auf einen entscheidungserheblichen materiell-rechtlichen Gesichtspunkt das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, den Überzeugungsgrundsatz nach
- 22
-
§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder das Gebot der umfassenden Sachaufklärung nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt hat.
- 23
-
a) Das Recht der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet das Gericht, bei seiner Entscheidung nur solche Teile des Prozessstoffes zu berücksichtigen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Dies setzt deren Kenntnis vom gesamten Prozessstoff in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht voraus (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 765, 766/89 - BVerfGE 89, 381<392> und vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106 <129>).
- 24
-
Aufgrund des Äußerungsrechts der Beteiligten darf das Gericht seine Entscheidung nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützen, mit dem auch ein sorgfältiger Beteiligter nicht hat rechnen können (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190> und vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.>). Die Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO konkretisiert den Gehörsanspruch, um Überraschungsentscheidungen zu vermeiden. Allerdings ist das Gericht nicht verpflichtet, die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen und offenzulegen, wie es seine Entscheidung im Einzelnen zu begründen beabsichtigt. Denn die tatsächliche und rechtliche Würdigung bleibt der abschließenden Beratung im Anschluss an die mündliche Verhandlung vorbehalten (stRspr; vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2011 - 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 8).
- 25
-
Weiterhin verpflichtet das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, das Gericht, das Vorbringen jedes Beteiligten bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es das gesamte Vorbringen in den Urteilsgründen behandeln muss. Vielmehr sind in dem Urteil nur diejenigen tatsächlichen und rechtlichen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht einen Aspekt des Vorbringens eines Beteiligten in den Urteilsgründen nicht erwähnt hat, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht in Erwägung gezogen, wenn er nach dem materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 -BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <209 f.>).
- 26
-
Davon ausgehend haben die Gehörsrügen des Klägers keinen Erfolg:
- 27
-
- Auf den Gesichtspunkt, ob der zuständige Prüfungsausschuss einen Beschluss über den Widerspruch des Klägers fasste, hat das Oberverwaltungsgericht in den Urteilsgründen nicht gesondert eingehen müssen. Nach dem Protokoll der Ausschusssitzung vom 24. November 2009 kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Ausschuss beschlossen hatte, den Widerspruch zurückzuweisen. In dem Protokoll heißt es einleitend nach Feststellung der Beschlussfähigkeit: „Alle Beschlüsse - mit Ausnahme von Matrikel 79008 - wurden einstimmig gefasst“. Im Folgenden schließt das Protokoll in allen Tagesordnungspunkten, in denen Entscheidungen zu treffen waren, mit der Darstellung der Beschlussvorlage ab. Dies lässt nur den Schluss zu, dass der Ausschuss entsprechend der jeweiligen Vorlage entschied. Zum Widerspruch des Klägers - Matrikel 72812 - heißt es: „Bescheid über das endgültige Nichtbestehen EF Philosophie; Beschlussvorlage: Dem Widerspruch wird nicht stattgegeben; Begründung per Mail zur Kenntnisnahme verschickt“.
- 28
-
- Das Oberverwaltungsgericht hat den Kläger nicht darauf hinweisen müssen, dass es von der Einrichtung einer Studienberatung der Beklagten auch zum Inhalt der Module des neuen modularen Studiengangs „Bachelor of Arts“ ausgehen würde. Diese Annahme trägt das Berufungsurteil nicht. Vielmehr hat das Oberverwaltungsgericht auf die selbständig tragende Erwägung abgestellt, die Beklagte habe im Wintersemester 2008/2009 das ihr Mögliche getan, um den Kläger über den Inhalt des Studiengangs und des Moduls „Einführung in die Philosophie“ zu informieren.
- 29
-
- Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe auch diese Feststellung nicht ohne vorherigen Hinweis treffen dürfen, ist nicht begründet. Der Kläger hat damit rechnen müssen, dass das Gericht für die Übergangszeit des Wintersemesters 2008/2009 dem Umstand Bedeutung beimessen würde, ob sich der Kläger über den Inhalt der in diesem Semester zu absolvierenden Module ohne weiteres Kenntnis verschaffen konnte. Es liegt auf der Hand, dass das Oberverwaltungsgericht den Inhalt des in den Verwaltungsakten dokumentierten Schriftverkehrs auswerten würde. Darüber hinaus ist der Kläger der Würdigung, er habe sich nicht um die erforderlichen Kenntnisse bemüht, nicht entgegen getreten. Er legt nicht dar, welche Schritte er unternahm, um in Erfahrung zu bringen, welche Module mit welchem Inhalt er im Wintersemester 2008/2009 absolvieren musste.
- 30
-
- Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe sich nicht mit dem Fehlen der Genehmigung und der vorschriftsmäßigen Bekanntmachung des Modulkatalogs für das Ergänzungsfach „Philosophie“ befasst, ist nicht geeignet, eine Verletzung des Gehörsanspruchs des Klägers darzulegen. Der Kläger legt in der Beschwerdebegründung nicht dar, dass er sich in den Tatsacheninstanzen zu diesem Gesichtspunkt geäußert hat. Vielmehr verweist er lediglich auf den entsprechenden Vortrag der Beklagten in deren Schriftsatz vom 9. Juli 2010. Der Gehörsanspruch vermittelt kein Recht auf umfassende materiell-rechtliche Behandlung des Klagebegehrens durch das Tatsachengericht.
- 31
-
- Das Oberverwaltungsgericht hat nicht darauf hinweisen müssen, dass es Prof. Dr. K. als Modulverantwortlichen und damit als Prüfer für die Modulprüfung „Einführung in die Philosophie“ ansehen würde. Diese Feststellung hat den Kläger nicht überraschen können, weil sie sich bereits in den Gründen des Widerspruchsbescheids vom 26. November 2009 findet. Dort heißt es zur ersten Teilnahme des Klägers an dieser Modulprüfung am 13. Februar 2009: „Die Klausur wurde vom Modulverantwortlichen und Prüfer, Herrn Prof. Dr. K., mit der Note 5,0 als 'nicht bestanden' bewertet“.
- 32
-
- Das Oberverwaltungsgericht hat nicht auf seine Annahme hinweisen müssen, die Beklagte habe Härtefallanträge auf Zulassung zu einer zweiten Wiederholungsprüfung in der Übergangszeit großzügig behandelt. Dieser Gesichtspunkt trägt das Berufungsurteil nicht. Vielmehr hat das Oberverwaltungsgericht darauf abgestellt, der Kläger habe einen derartigen Antrag nicht gestellt, obwohl ihn die Beklagte in dem Prüfungsbescheid vom 18. März 2009 auf diese Möglichkeit hingewiesen hatte. Dieser Feststellung ist der Kläger in der Beschwerdebegründung nicht entgegen getreten.
- 33
-
- Das Oberverwaltungsgericht hat nicht darauf hinweisen müssen, die Beklagte habe die im Wintersemester 2008/2009 vorzeitig angewandte Prüfungsordnung für den Studiengang „Bachelor of Arts“ am 2. März 2009 inhaltlich unverändert bekannt gemacht. Dieser Umstand hat sich dem Kläger aufdrängen müssen, weil der Rat der Philosophischen Fakultät nach der Akkreditierung des Studiengangs keinen erneuten Satzungsbeschluss gefasst hatte. Vielmehr genehmigte der Rektor der Beklagten die bereits beschlossene Prüfungsordnung unmittelbar nach der Akkreditierung. Darüber hinaus hat der Kläger keine mögliche inhaltliche Abweichung benannt; insoweit ist sein Vorbringen völlig pauschal gehalten.
- 34
-
- Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe nicht ohne Hinweis davon ausgehen dürfen, die Beklagte habe ihre Informationspflicht in Bezug auf den Inhalt der vorzeitig angewandten Prüfungsordnung erfüllt, kann eine Gehörsverletzung des Klägers nicht begründen. Wie dargelegt, beruht das Berufungsurteil auf der selbständig tragenden Erwägung, die Beklagte habe das in ihrer Macht Stehende unternommen, um dem Kläger Kenntnis zu verschaffen.
- 35
-
- Das Oberverwaltungsgericht hat nicht auf seine rechtliche Würdigung hinweisen müssen, die vorzeitige Anwendung der Prüfungsordnung sei gerechtfertigt gewesen, um den Studierenden die reibungslose Weiterführung des Studiums zu ermöglichen. Dieser Gesichtspunkt hat in beiden Tatsacheninstanzen im Mittelpunkt des Klageverfahrens gestanden. Die Formulierung „Weiterführung des Studiums“ zielt ersichtlich darauf ab, die Bedeutung der Durchführung der Modulprüfungen unmittelbar im Anschluss an die Lehrveranstaltung für die Studierenden herauszustellen.
- 36
-
b) Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht über das Rechtsschutzbegehren nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt die Verpflichtung, den im Verfahren festgestellten Sachverhalt der Überzeugungsbildung vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht einzelne entscheidungserhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse bei der Würdigung des Sachverhalts außer Acht lassen. Insbesondere darf es festgestellte Umstände nicht übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Überzeugungsbildung (stRspr; vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1984 - 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339>; Beschluss vom 18. November 2008 - 2 B 63.08 - NVwZ 2009, 399 Rn. 27).
- 37
-
Der Kläger legt nicht dar, dass das Oberverwaltungsgericht bei seiner rechtlichen Würdigung den festgestellten Sachverhalt in Bezug auf die vom Kläger dargelegten Gesichtspunkte übergangen hat:
- 38
-
Wie unter 2. a) dargestellt ist es nach der Sachlage zu Recht davon ausgegangen, dass
-
- der Prüfungsausschuss einen Beschluss über die Zurückweisung des Widerspruchs des Klägers gefasst hatte;
-
- Prof. Dr. K. die Verantwortung für das Modul „Einführung in die Philosophie“ übertragen war;
-
- die Beklagte den Kläger über den Inhalt der im Wintersemester 2008/2009 zu absolvierenden Module zu informieren suchte;
-
- der Kläger trotz entsprechenden Hinweises keinen Härtefallantrag auf Zulassung zu einer zweiten Wiederholungsprüfung im Modul „Einführung in die Philosophie“ gestellt hatte.
- 39
-
Wie auf Seite 11 dargelegt, haben dem Oberverwaltungsgericht auch keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass die am 2. März 2009 bekannt gemachte von der im Wintersemester 2008/2009 vorzeitig angewandten Prüfungsordnung inhaltlich abweicht. Hat es die Beklagte zutreffend als berechtigt angesehen, die Prüfungsordnung wegen der verspäteten Akkreditierung des Studiengangs „Bachelor of Arts“ im Wintersemester 2008/2009 vor ihrer vorschriftsmäßigen Bekanntmachung anzuwenden, gilt dies auch für die Anwendung des Modulkatalogs dieses Studiengangs.
- 40
-
c) Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforscht das Tatsachengericht den Sachverhalt von Amts wegen. Es ist verpflichtet, alle vernünftigerweise zu Gebote stehenden Aufklärungsmöglichkeiten bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu nutzen. Das Gericht muss alle Aufklärungsbemühungen unternehmen, die sich unabhängig vom Vortrag der Beteiligten, insbesondere von deren Beweisangeboten, nach Lage der Dinge aufdrängen. Die Sachaufklärungspflicht ist verletzt, wenn die getroffenen tatsächlichen Feststellungen erkennbar nicht ausreichen, um eine Entscheidung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Rechtsstandpunkts des Tatsachengerichts zu tragen und auf der Hand liegt, welches zumutbare Mittel zur weiteren Sachaufklärung zur Verfügung steht (stRspr; vgl. nur BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 28.10 - BVerwGE 140, 199 Rn. 24 f.).
- 41
-
Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Aufklärungsrügen des Klägers nicht gegeben:
- 42
-
Es sind Anhaltspunkte weder vom Kläger dargelegt worden noch ersichtlich, die dem Oberverwaltungsgericht hätten Anlass geben müssen, daran zu zweifeln, dass im Wintersemester 2008/2009 ein vom Fakultätsrat beschlossener Modulkatalog für das Ergänzungsfach Philosophie vorlag. Auch kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Durchführung der Modulprüfungen in diesem Semester Bedeutung für die Einhaltung der Regelstudienzeit zukam. Bis zum Ende der Regelstudienzeit soll ein berufsqualifizierender Abschluss erworben, d.h. das Studium abgeschlossen werden (§ 46 Abs. 1 Satz 1 ThürHG). Dies setzt voraus, dass in dieser Zeit die erforderlichen Prüfungen erfolgreich abgelegt werden. Die Ablegung der Modulprüfung unmittelbar im Anschluss an die Lehrveranstaltung des Moduls ergibt sich aus der Struktur der modularen Studiengänge (Lern- und Prüfungseinheit).
- 43
-
d) Nach alledem ist das Oberverwaltungsgericht nicht verpflichtet gewesen, die Wiedereröffnung der mündlichen Berufungsverhandlung zu beschließen (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Auch hat der Kläger keinen darauf gerichteten Antrag gestellt.
- 44
-
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf die Wertstufe bis 4.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
3den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 VwGO zu verpflichten, ihn – den Antragsteller – weiterhin als Beamten auf Widerruf an der Ausbildung zum gehobenen Polizeivollzugsdienst im dritten Ausbildungsjahr teilhaben zu lassen, bis über die Beendigung der Ausbildung des Antragstellers durch die Prüfung vom 28. 09. 2015 rechtskräftig entschieden worden ist,
4hat keinen Erfolg.
5Eine einstweilige Anordnung des vorliegend begehrten Inhalts kann gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO nur ergehen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf eine bestimmte Leistung zusteht (Anordnungsanspruch), dieser Anspruch gefährdet ist und durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
6Der Antragsteller hat bereits einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Er hat keinen Anspruch darauf, dass ihn der Antragsgegner in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf weiter beschäftigt. Das Widerrufsbeamtenverhältnis des Antragstellers hat gem. § 22 Abs. 4 BeamtStG i.V.m. § 13 Abs. 1 c) der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Laufbahnabschnitt II Bachelor (VAPPol II BA) Ende September 2015 mit dem Nichtbestehen der Prüfung „Berufspraktisches Training (BPT), Teilmodul 7 - Körperliche Leistungsfähigkeit“ kraft Gesetzes geendet.
7Das Beamtenverhältnis auf Widerruf endet gem. § 22 Abs. 4 BeamtStG mit Ablauf des Tages der Ablegung oder dem endgültigen Nichtbestehen der für die Laufbahn vorgeschriebenen Prüfung, sofern durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist. Ein endgültiges Nichtbestehen der Bachelorprüfung liegt vor, denn das Modul „Berufspraktisches Training (BPT), Teilmodul 7 - Körperliche Leistungsfähigkeit“ wurde endgültig nicht bestanden. Der laut maßgeblicher Studienordnung insoweit erforderliche Nachweis eines zwölfminütigen Laufes, bei dem 2600 m zurückzulegen sind, hat der Antragsteller auch im achten Versuch am 28. 09. 2015 nicht erbringen können. Da die Leistung gemäߠ § 13 Abs. 1 c) VAPPol II BA innerhalb einer Frist von zwei Jahren und vier Wochen nach Beginn der Ausbildung - im Fall des Antragstellers damit nach dem 02. 09. 2013 - zu erbringen ist und diese Frist nunmehr verstrichen ist, gilt die Modulprüfung als endgültig nicht bestanden. Rechtmäßigkeitsbedenken hinsichtlich der Fristenregelung in § 13 Abs. 1 c) VAPPol II BA bestehen nicht. Der zeitliche Rahmen für die Ablegung der Prüfung ist großzügig bemessen und es ist - auch aus Fürsorgegründen - sachgerecht, einen Anwärter für den Polizeivollzugsdienst von der weiteren Ausbildung auszuschließen, wenn er die körperliche Leistungsfähigkeit für den Polizeivollzugsdienst über einen Zeitraum von zwei Jahren nicht nachweisen kann.
8Die Rechtsfolge der Beendigung des Widerrufsbeamtenverhältnisses tritt bereits mit dem Ablauf der Frist des § 13 Abs. 1 c) VAPPol II BA nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses ein. Sie hängt nicht von der Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung oder der Rechtmäßigkeit der Ablehnung einer Wiederholungsprüfung ab. Erweist sich die negative Prüfungsentscheidung oder die Ablehnung einer Wiederholungsprüfung in einem gegen sie beschrittenen Rechtsmittelverfahren als fehlerhaft, so muss die erneut durchzuführende Prüfung nicht notwendig in einem fortbestehenden Beamtenverhältnis auf Widerruf geschehen. Das Widerrufsbeamtenverhältnis ist als „Bewährungsdienstverhältnis“ auf die Prüfung ausgerichtet, die dem Widerrufsbeamten den Zugang zu dem Beruf eröffnet, für den er ausgebildet wurde. Hat der Widerrufsbeamte – wie hier – die Laufbahnprüfung endgültig nicht bestanden, ist der Zweck des Widerrufsbeamtenverhältnisses erreicht. Das Widerrufsbeamtenverhältnis soll es einem Widerrufsbeamten dagegen nicht ermöglichen, auf Kosten der Allgemeinheit und zum Nachteil nachrückender Bewerber im Vorbereitungsdienst zu verweilen, bis über die Rechtmäßigkeit der negativen Prüfungsentscheidung endgültig entschieden ist,
9vgl. OVG NRW Beschluss vom 04.08.2009 – 6 B 948/09 -, juris.
10Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 Ziffer 2 GKG. Der sich danach ergebende Betrag ist im Hinblick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrenes um die Hälfte und damit auf ein Viertel der für das Jahr zu zahlenden Anwärterbezüge zu reduzieren.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.
(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.
(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.
(4) Sichere Übermittlungswege sind
- 1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt, - 2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.
(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.
(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) Das Verwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten und aus den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl.
(2) Bei dem Verwaltungsgericht werden Kammern gebildet.
(3) Die Kammer des Verwaltungsgerichts entscheidet in der Besetzung von drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern, soweit nicht ein Einzelrichter entscheidet. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden (§ 84) wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.
(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.
(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.
(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.
(4) Sichere Übermittlungswege sind
- 1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt, - 2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.
(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.
(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.
(1) Anträge und Erklärungen, deren Abgabe vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zulässig ist, können vor der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts zu Protokoll abgegeben werden.
(2) Die Geschäftsstelle hat das Protokoll unverzüglich an das Gericht zu übermitteln, an das der Antrag oder die Erklärung gerichtet ist. Die Wirkung einer Prozesshandlung tritt frühestens ein, wenn das Protokoll dort eingeht. Die Übermittlung des Protokolls kann demjenigen, der den Antrag oder die Erklärung zu Protokoll abgegeben hat, mit seiner Zustimmung überlassen werden.