Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 13. März 2015 - 2 K 7605/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00. Januar 1951 geborene Kläger wurde mit Wirkung vom 24. August 1985 zum Studienrat für die Sekundarstufe II ernannt. Er unterrichtete am O. -Kolleg, Staatliches Weiterbildungskolleg, die Fächer katholische Religion und Deutsch. Nachdem er am 14. Mai 1996 zum Oberstudienrat ernannt worden war, erfolgte am 22. September 1997 seine Beförderung zum Studiendirektor als Fachleiter an Studienseminaren.
3Mit Wirkung vom 1. August 1997 hatte die Bezirksregierung E. dem Kläger die Fachleitung für das Fach Deutsch am Studienseminar für das Lehramt für die Sekundarstufe II in L. übertragen. Sie beauftragte ihn darüber hinaus mit Wirkung vom 1. Februar 1998 mit der Leitung des Fachseminars für das Fach Deutsch am Studienseminar für das Lehramt für die Sekundarstufe II in P. . Mit Schreiben vom 16. Dezember 1998 übertrug sie ihm mit sofortiger Wirkung die Leitung des Fachseminars katholische Religionslehre am letztgenannten Studienseminar. Dafür gab der Kläger die Leitung des Fachseminars für das Fach Deutsch an diesem Studienseminar auf.
4Nachdem der Kläger seit Februar 2011 krankheitsbedingt keinen Dienst mehr verrichtet hatte, versetzte ihn die Bezirksregierung E. mit bestandskräftigem Bescheid vom 4. September 2012 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand.
5Das Studienseminar für Lehrämter an Schulen P. (im Folgenden: Studienseminar) hatte der Bezirksregierung E. unter dem 29. August 2010 und 18. Februar 2011 folgende Übersichten zur „Freistellung von der Unterrichtsverpflichtung für Fachleitungstätigkeiten“ für den Zeitraum vom 1. August 2010 bis zum 31. Januar 2011
6Grundermäßigung im Fach: Deutsch |
2 |
Std. |
Anzahl der Lehramtsanwärter/-innen im o.g. Fach 13 x Faktor 0,9 |
11,7 |
Std. |
Grundermäßigung im Fach: Hauptseminar |
2 |
Std. |
Anzahl der Lehramtsanwärter/-innen im o.g. HS 26 x Faktor 0,7 |
18,2 |
Std. |
Summe |
34* |
Std. |
Überhang aus dem letzten Halbjahr |
18 |
Std. |
Gesamtsumme |
52 |
Std. |
Der Schule gemeldet |
19 |
Std. |
Zur späteren Verrechnung |
33 |
Std. |
und für den Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Juli 2011
8Grundermäßigung im Fach: Deutsch |
2 |
Std. |
Anzahl der Lehramtsanwärter/-innen im o.g. Fach 7 x Faktor 0,9 |
6,3 |
Std. |
Grundermäßigung im Fach: Hauptseminar |
2 |
Std. |
Anzahl der Lehramtsanwärter/-innen im o.g. HS 23 x Faktor 0,7 |
16,1 |
Std. |
Summe |
26,4 |
Std. |
Überhang aus dem letzten Halbjahr |
33 |
Std. |
Gesamtsumme |
59,5* |
Std. |
Der Schule gemeldet |
19 |
Std. |
Zur späteren Verrechnung |
40,5 |
Std. |
*gerundet auf halbe bzw. ganze Stunden
10übersandt.
11Mit Schreiben vom 6. August 2012 beantragte der Kläger, ihm die „vom Studienseminar P. zur späteren Verrechnung an die Schule gemeldeten Freistellungsstunden (…) als Mehrarbeitsstunden zu vergüten“, da ein Ausgleich durch Dienstbefreiung mit Blick auf seine Versetzung in den Ruhestand nicht mehr möglich sei. Der Kläger führte mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 ergänzend aus, bei den vom Studienseminar „zur späteren Verrechnung“ gemeldeten 33 Freistellungsstunden habe es sich um Zeiten gehandelt, die er für zusätzliche Seminare, die Ausbildungsarbeit der Referendare (Unterrichtsbesuche an den Schulen) sowie für die Betreuung und Korrektur von Examensarbeiten aufgewendet habe. Bei diesen „Stellenstunden“ handele es sich um Semesterwochenstunden. Jede der angegebenen Stunden sei daher entsprechend zu multiplizieren. Nach seiner Auffassung müssten für den Zeitraum vom 1. August 2010 bis zum 31. Januar 2011 danach insgesamt 792 Stunden erstattet werden (= 33 Semesterwochenstunden x 4 Wochen x 6 Monate).
12Mit Bescheid vom 21. August 2013 lehnte die Bezirksregierung E. den Antrag des Klägers auf finanzielle Abgeltung der geltend gemachten Zuvielarbeit ab. Zur Begründung führte sie aus, bei Fachleitern könne die tatsächlich geleistete Arbeit lediglich mit Blick auf die an der Schule zu leistenden Pflichtstunden und die verbindlich durchzuführenden Seminarveranstaltungen zeitlich genau bemessen werden. Der Zeitaufwand für die übrigen Aufgaben (wie etwa Einsehen von Unterrichtsstunden, häusliche Vor- und Nacharbeit, Korrektur von Hausarbeiten) lasse sich kaum nachvollziehen. Aufgrund individueller Herangehensweisen und persönlicher Ansprüche an die Aufgabenerledigung gäbe es Unterschiede, die zeitlich nicht messbar seien. Die Entlastungsmeldungen der Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (früher Studienseminare) seien nicht als Arbeitszeitdokumentation gedacht. Die dort dargestellten Überhänge würden keinen Aufschluss darüber geben, wie viel Arbeitszeit der Kläger für seine Fachleiteraufgaben tatsächlich aufgewendet habe. So gehe etwa eine höhere Anzahl zu betreuender Studienreferendare nicht zwingend mit einer im gleichen Verhältnis höheren Gesamtarbeitszeit einher.
13Der Kläger hat am 27. September 2013 Klage erhoben.
14Er macht geltend, er habe aufgrund seiner Unterrichtstätigkeit am O. -Kolleg einerseits und seiner Tätigkeit als Fachleiter an den Studienseminaren andererseits über sein Pflichtstundendeputat hinaus Dienst verrichtet. Diese Zuvielarbeit könnte infolge seiner Versetzung in den Ruhestand nicht mehr durch Dienstbefreiung ausgeglichen werden und sei daher finanziell abzugelten. Zur Begründung führt er im Einzelnen an: Nach § 2 Abs. 1 Nr. 9c der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz (im Folgenden: VO zu § 93 Abs. 2 SchulG) betrage die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden von Lehrern an Kollegs 22 Stunden. Dieses Pflichtstundendeputat werde gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1a VO zu § 93 Abs. 2 SchulG aus Altersgründen vom Beginn des Schuljahres an, das auf die Vollendung des 55. Lebensjahres folge, um eine Stunde ermäßigt. Danach hätte er im hier maßgeblichen Zeitraum lediglich 21 Pflichtwochenstunden unterrichten müssen. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang weiter, dass nach dem Runderlass des Kultusministeriums vom 31. Oktober 1985 über die „Pflichtstunden der Lehrkräfte als Fachleiterin oder Fachleiter an Studienseminaren“ (weitere) Ermäßigungsstunden für die Leitung des Fach- und Hauptseminars in Ansatz zu bringen seien. Die danach vorgesehene Entlastung der Fachleiter im Rahmen ihres schulischen Einsatzes hätte indes nicht stets erreicht werden können, unter anderem weil die Anzahl der Ausbilder der Lehramtsanwärter in der Vergangenheit dem gestiegenen Bedarf nicht angepasst worden sei. In der Folge hätten sich - wie in seinem Falle - „Überhänge“ ergeben, die das Studienseminar der Bezirksregierung E. monatlich gemeldet hätte (sogenannte Verrechnungsstunden). Ein Freizeitausgleich dieser Überhänge sei infolge seiner Zurruhesetzung nicht mehr möglich gewesen, sodass nunmehr eine finanzielle Abgeltung zu erfolgen habe.
15Der Kläger beantragt sinngemäß,
16das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung E. vom 21. August 2013 zu verpflichten, auf seinen Antrag vom 6. August 2012 beziehungsweise 20. Dezember 2012 die im Zeitraum vom 1. August 2010 bis zum 31. Januar 2011 zuviel geleisteten Semesterwochenstunden finanziell abzugelten,
17die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
18Das beklagte Land beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung verweist die Bezirksregierung E. auf die Gründe ihres angefochtenen Bescheides vom 21. August 2013 und wiederholt, dass die Entlastungsmeldungen der Studienseminare für die Bezifferung etwaig geleisteter Zuvielarbeit untauglich seien, weil sie keine tatsächlichen Arbeitszeiten auswiesen. Ob der Kläger seine Gesamtarbeitszeit überschritten habe, lasse sich nicht ohne Weiteres bestimmen, insbesondere weil es sich bei den Fachleitungstätigkeiten überwiegend um Aufgaben handele, deren Erledigung in zeitlicher Hinsicht in der Eigenverantwortung des Klägers gelegen habe. Hinzu komme, dass der Kläger die nunmehr geltend gemachte Überlastung durch Zuvielarbeit während seiner aktiven Dienstzeit nicht geltend gemacht habe, sodass die Bezirksregierung außerstande gewesen sei, hier rechtzeitig Abhilfe zu schaffen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Die Kammer entscheidet gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch den Einzelrichter, weil sie ihm den Rechtsstreit mit Beschluss vom 13. Februar 2015 zur Entscheidung übertragen hat.
24Der Klageantrag ist auslegungsbedürftig. Die Auslegung richtet sich nach § 88 VwGO. Danach darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Es hat vielmehr das tatsächliche Rechtsschutzbegehren zu ermitteln. Maßgebend für den Umfang des Klagebegehrens ist das aus dem gesamten Parteivorbringen, insbesondere der Klagebegründung, zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel. Insoweit sind die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze anzuwenden (§§ 133, 157 BGB). Wesentlich ist der geäußerte Parteiwille, wie er sich aus der prozessualen Erklärung und sonstigen Umständen ergibt; der Wortlaut der Erklärung tritt hinter deren Sinn und Zweck zurück. Die Auslegung darf selbst dann vom Antragswortlaut abweichen, wenn sich der Kläger bei der Fassung seines Klageantrages wie hier anwaltlich hat vertreten lassen. Lassen die beigefügten Bescheide oder sonstige Umstände eindeutig erkennen, dass das wirkliche Klageziel von der Antragsfassung abweicht, so bleibt ohne Auswirkung, dass einem anwaltlich formulierten Antrag gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zukommt.
25Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2012 - 9 B 7.12 -, juris, Rn. 5; OVG NRW, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 19 A 733/11 -, juris, Rn. 60.
26Nach diesem Maßstab ist das Begehren des Klägers im vorliegenden Fall von Anfang an auf die finanzielle Abgeltung der geltend gemachten Zuvielarbeit gerichtet. Dies folgt aus den im Klageantrag in Bezug genommenen Anträgen des Klägers vom 6. August 2012 und 20. Dezember 2012, die auf dieses Rechtsschutzziel gerichtet sind. Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass der Klageantrag seinem Wortlaut nach lediglich auf eine Neubescheidung gerichtet ist. Denn das für die Bestimmung des Streitgegenstandes maßgebliche Begehren des Klägers ist darauf gerichtet, dass der Beklagte die „Vergütung für die Dienstleistungen des Klägers nachträglich durchführt“ (vgl. Blatt 4 des Schriftsatzes des Klägers vom 11. November 2013) und die geleistete Zuvielarbeit abgegolten wird (vgl. Schriftsatz vom 23. Dezember 2014). Auch sonst spricht nichts dafür, dass der Kläger wegen Ermessensfehlerhaftigkeit des angegriffenen Bescheides lediglich eine Neubescheidung begehrt (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Denn dem Beklagten dürfte Ermessen bereits nicht eröffnet sein. Liegen die Voraussetzungen einer finanziell auszugleichenden Mehr- beziehungsweise Zuvielarbeit vor, ist die Abgeltung vielmehr im Sinne einer gebundenen Verwaltungsentscheidung vorzunehmen, ohne dass insoweit ein Ermessensspielraum verbleibt.
27Die so verstandene Klage ist unbegründet.
28Der geltend gemachte Anspruch lässt sich nicht aus § 61 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW herleiten. Nach dieser Vorschrift ist einem Beamten, der durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht wird, innerhalb eines Jahres für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Mehrarbeit entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, so kann unter den in § 61 Abs. 2 LBG NRW genannten Voraussetzungen Mehrarbeitsvergütung gewährt werden.
29Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Ungeachtet weiterer Rechtsfragen mangelt es an der erforderlichen dienstlichen Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit. Der Dienstherr entscheidet über die Anordnung von Mehrarbeit durch Verwaltungsakt. Dabei hat er unter Abwägung der im konkreten Zeitpunkt maßgebenden Umstände eine Ermessensentscheidung zu treffen und zu prüfen, ob nach den dienstlichen Notwendigkeiten überhaupt eine Mehrarbeit erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll. Die Entscheidung muss - anders ausgedrückt - also auf die Anordnung gerade von Mehrarbeit abzielen bzw. eine solche zum Gegenstand haben.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 -, juris, Rn. 13 bis 14; OVG NRW, Urteil vom 16. April 2008 - 6 A 502/05 -, juris, Rn. 28 bis 30.
31Eine derartige Entscheidung des beklagten Landes liegt hier nicht vor.
32Der Kläger hatte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9c der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 SchulG NRW in der hier maßgeblichen Fassung wöchentlich 22 Pflichtstunden an dem O. -Kolleg zu leisten. Dieses Pflichtstundendeputat hat sich aus Altersgründen um 1 Stunde auf 21 Pflichtwochenstunden ermäßigt (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1a der vorgenannten Verordnung). Tatsächlich hat der Kläger an dem O. -Kolleg (bereits seit dem 1. August 2008) lediglich 2 Wochenstunden unterrichtet. Eine Entscheidung des beklagten Landes dahingehend, dass der Kläger an den Studienseminaren über die verbleibenden 19 Pflichtwochenstunden hinaus Mehrarbeit zu erbringen hatte, liegt nicht vor.
33Als Schadensersatz steht dem Kläger die begehrte finanzielle Abgeltung ebenfalls nicht zu, weil er keinen materiellen Schaden erlitten hat. Mehrarbeit eines Beamten ist kein Schaden im Sinne des allgemeinen Schadensersatzrechts. Für beamtenrechtliche Schadensersatzansprüche ist der Schadensbegriff maßgebend, der auch den §§ 249 ff. BGB zugrunde liegt. Danach ist grundsätzlich - so auch hier - Geldersatz nur bei einem Vermögensschaden zu, nicht bei einem immateriellen Schaden (vgl. hierzu § 253 BGB) zu leisten.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2012 - 1 A 2075/12 -, juris, Rn. 11.
35Dem Kläger steht auch kein sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergebender Ausgleichsanspruch für „Zuvielarbeit“ zu, dessen Höhe sich nach den Regeln über den Ausgleich von Mehrarbeit bestimmt.
36Ein solcher Billigkeitsanspruch setzt zunächst voraus, dass der Beamte rechtswidrig zu viel gearbeitet hat. Hinzutreten müssen Billigkeitsgesichtspunkte, die einen angemessenen Ausgleich der Interessen der Beteiligten im Einzelfall gewährleisten sollen. Dementsprechend muss die Vorenthaltung eines Ausgleichs für die geleistete Zuvielarbeit angesichts der Gesamtumstände grob unbillig und für den Beamten nicht zumutbar sein.
37Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. April 2008 - 6 A 502/05 -, juris Rn. 40; VG Düsseldorf , Urteil vom 17. Dezember 2008 – 13 K 5885/07 –, juris Rn. 50.
38Überwiegendes spricht dafür, dass der Kläger in dem aus der Mitteilung des Studienseminars vom 29. August 2010 ersichtlichen Umfang in dem Zeitraum vom 1. August 2010 bis zum 31. Januar 2011 Zuvielarbeit geleistet hat. Der Einwand des Beklagten, die im Runderlass des Kultusministeriums vom 31. Oktober 1985 über die „Pflichtstunden der Lehrkräfte als Fachleiterin oder Fachleiter an Studienseminaren“ vorgesehenen Ermäßigungsstunden stellten keine „Arbeitszeitdokumentation“ dar und belegten nicht konkret, in welchem Umfang ein Fachleiter tatsächlich Dienst verrichtet habe, greift zu kurz. Denn den in dem Runderlass geregelten Ermäßigungsstunden liegt jedenfalls die Vermutung zu Grunde, dass für die Leitung eines Fach- oder Hauptseminars in Abhängigkeit zur Anzahl der Lehramtsanwärter grundsätzlich eine bestimmte Arbeitszeit aufgewendet werden muss. Andernfalls gäbe es keine sachliche Rechtfertigung für die in dem Erlass vorgesehene Ermäßigung der wöchentlichen Pflichtstunden.
39Vgl. hierzu im Ergebnis auch: OVG NRW, Urteil vom 11. Januar 2006 - 6 A 4767/03 -, juris.
40Es liegen auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger nicht im Umfang der im Streit stehenden „Überhänge“ Dienst verrichtet hat. Angesichts der in dem Runderlass zu den zu gewährenden Ermäßigungsstunden getroffenen Regelungen wäre es im Übrigen Sache des Dienstherrn darzulegen, dass ein Beamter tatsächlich keine Zuvielarbeit geleistet hat.
41Gleichwohl kann die von dem Kläger geleistete Zuvielarbeit allein den mit der Klage verfolgten Ausgleichsanspruch nicht rechtfertigen. Der geltend gemachte Billigkeitsanspruch scheitert im Streitfall jedenfalls daran, dass der Kläger die Mehrarbeit nicht zeitnah vor deren Erbringung, sondern erst mit Schreiben vom 6. August 2012, geltend gemacht hat. Ein auf Treu und Glauben gestützter Ausgleichsanspruch kommt aber nur für rechtswidrige Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet wurde.
42Vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Juli 2012 - 2 C 70.11 -, juris, Rn. 20, und vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 -, juris, Rn. 19.
43Die Kammer verkennt nicht, dass der Beklagte durch die Mitteilungen des Studienseminars über die „Freistellung von der Unterrichtsverpflichtung für Fachleitungstätigkeiten“ Kenntnis jedenfalls von dem Umfang der Ermäßigungsstunden des Klägers hatte. Der Anspruch auf zeitlichen beziehungsweise finanziellen Ausgleich für Zuvielarbeit muss gleichwohl von dem Beamten gegenüber seinem Dienstherrn ausdrücklich geltend gemacht werden. Ein Ausgleich kommt nur für Zuvielarbeit in Betracht, die der Beamte nach Antragstellung leisten muss. Ein Ausgleich der vorher erbrachten Zuvielarbeit ist unabhängig davon, ob der Anspruch verjährt ist oder nicht, nicht angemessen und würde dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen. Dies folgt aus der sich aus dem Beamtenverhältnis ergebenden Pflicht, auch im Rahmen eines Ausgleichs für rechtswidriges Verhalten auf die Belange des Dienstherrn Rücksicht zu nehmen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich auf die gegen ihn erhobenen Ansprüche einzustellen. Der Dienstherr hat ein berechtigtes Interesse daran, nicht - wie hier - nachträglich mit hohen Ausgleichsforderungen belastet zu werden. Auch der Zweck des Anspruchs, vorrangig durch Freizeitausgleich die besonderen gesundheitlichen Belastungen der Zuvielarbeit auszugleichen, spricht für das Erfordernis einer Geltendmachung im zeitlichen Zusammenhang mit der Belastung. Hiervon unabhängig ist es dem Beamten in dem von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägten Verhältnis zu seinem Dienstherrn zuzumuten, seinem Begehren auf Gewährung von zeitlichem Ausgleich frühzeitig Ausdruck zu verleihen, zumal an einen solchen Antrag keine hohen Anforderungen zu stellen sind. Ohne einen derartigen Antrag muss der Dienstherr nicht davon ausgehen, jeder Beamte werde die Überschreitung des Pflichtstundendeputats auch beanstanden.
44Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 70.11 -, juris, Rn. 19.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Bereits in Ermangelung eines Kostenerstattungsanspruchs zu Gunsten des Klägers scheidet der von ihm begehrte Ausspruch zur Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren aus (vgl. § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO).
46Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
47Beschluss:
48Der Streitwert wird auf 20.507,52 Euro festgesetzt.
49Gründe:
50Bei der Bemessung des Streitwertes orientiert sich die Kammer in Verfahren, die auf die Gewährung eines finanziellen Ausgleichs für geleistete Zuvielarbeit gerichtet sind, an der bei Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit pro Stunde zu zahlenden Mehrarbeitsvergütung (§ 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 MVergV in der im streitgegenständlichen Zeitraum jeweils gültigen Fassung).
51Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Dezember 2014 – 6 A 1499/13 -, juris, Rn. 24, und vom 13. Mai 2013 – 6 E 11/13 -, juris, Rn. 2.
52Diese betrug bis zum 31. Dezember 2010 für Beamte der Besoldungsgruppe A 15 BBesO, der der Kläger angehörte, 23,88 Euro, und für die Zeit vom 1. bis zum 31. Januar 2011 24,02 Euro. Für den Zeitraum vom 1. August 2010 bis zum 31. Dezember 2010 ergibt sich unter Berücksichtigung von 726 auszugleichenden Stunden (= rd. 22 Kalenderwochen x 33 Stunden) ein Betrag in Höhe von 17.336,88 Euro (=726 Stunden x 23,88 Euro). Für den Zeitraum vom 1. bis zum 31. Januar 2011 ergeben sich 132 auszugleichende Stunden (=rd. 4 Kalenderwochen x 33 Stunden), mithin ein Betrag in Höhe von 3.170,64 Euro (=132 Stunden x 24,02 Euro). Danach war der Streitwert auf insgesamt 20.507,52 Euro festzusetzen.
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 13. März 2015 - 2 K 7605/13 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Klage ist innerhalb von zwei Monaten zu erheben.
(2) Die Frist beginnt, sofern die Entschädigung für eine Besitzeinweisung den Gegenstand der Klage bildet, erst mit dem Ende des Tages, an dem der Besitzeinweisungsbeschluß mit einer Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht nicht mehr angefochten werden kann oder an dem über die erhobene Anfechtungsklage rechtskräftig entschieden ist. In anderen Fällen beginnt die Frist mit dem Tag, an dem die Mitteilung über die Unanfechtbarkeit des Teils A des Enteignungsbeschlusses den Beteiligten zugestellt ist.
(3) Die Frist ist eine Notfrist im Sinne der Zivilprozeßordnung.
(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.
(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 8.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO fristgerecht dargelegt ist und vorliegt. Das ist nicht der Fall.
41. Aus den im Zulassungsverfahren vorgetragenen Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
5Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, der Kläger könne einen finanziellen Ausgleich für die Zuvielarbeit, die er in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Mai 2005 über die zulässige Wochenarbeitszeit von 48 Stunden hinaus geleistet habe, nicht verlangen. Ob und in welchem Umfang ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch bzw. ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch entstanden sei, bedürfe keiner abschließenden Klärung. Etwaige Ansprüche seien spätestens mit Ablauf des Jahres 2008 verjährt. Die beiden genannten Ansprüche unterlägen den allgemeinen Verjährungsregeln des nationalen Rechts und damit nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren. Vorher entstandene Ansprüche hätten der 30-jährigen Verjährungsfrist unterlegen, die aber nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB auf die ab dem 1. Januar 2002 gemäß § 195 BGB geltende und an diesem Tage beginnende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren verkürzt worden sei. Bei den monatsweise entstandenen Ausgleichsansprüchen beginne die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des jeweiligen Jahres (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Lauf der Verjährungsfrist werde durch Klageerhebung oder durch den nach § 126 Abs. 3 BRRG im Beamtenrecht vorgeschalteten Widerspruch gemäß § 210 BGB a.F. unterbrochen sowie seit dem 1. Januar 2002 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt. Der Kläger habe erst am 6. Juli 2010 Widerspruch erhoben, so dass der Lauf der Verjährungsfrist nicht gehemmt worden sei. Dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein die Zuvielarbeit betreffendes Verwaltungsverfahren einschließlich eines erhobenen Rechtsbehelfs stattgefunden habe, sei nicht erkennbar. Die Geltendmachung der Verjährungseinrede sei nicht treuwidrig. Es fehle bereits an einem Umstandsmoment. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt erklärt, dass sie auf die Einrede der Verjährung verzichten werde.
7Diese Erwägungen werden mit dem Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Frage gestellt.
8Fehl geht die Annahme des Klägers, bezüglich des beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruchs sei nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB eine Hemmung der Verjährung durch einen, wie er behauptet, bereits im Jahr 2001 gestellten Antrag eingetreten.
9Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB wird die Verjährung gehemmt durch die Einreichung eines Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung der Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird. Der Lauf der Verjährungsfrist wird allerdings nur durch den nach § 126 Abs. 3 BRRG bzw. § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG im Beamtenrecht vorgeschalteten Widerspruch gehemmt, nicht aber durch den (bloßen) Antrag des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn. Verjährungshemmende Wirkung hat nur das auf eine unmittelbar der Klage vorgeschaltete Entscheidung gerichtete Gesuch des Beamten. Dieses muss den eindeutigen Willen zur gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs gegenüber der Behörde erkennen lassen. Es muss auf eine nochmalige Überprüfung der Rechtslage gerichtet sein, um - auch im Interesse der Entlastung der Gerichte - zu vermeiden, dass die Behörde in unnötige Rechtsstreitigkeiten verwickelt wird. Diesem Zweck dient die erstmalige Geltendmachung eines Anspruchs (noch) nicht. Der Antrag des Beamten ist zunächst auf die Konkretisierung des sich aus dem Gesetz nur ergebenden abstrakten Anspruchs und damit auf eine Verwaltungsmaßnahme gerichtet, die sodann erst in dem der Entlastung der Gerichte dienenden förmlichen Vorverfahren nochmals zu überprüfen ist.
10Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2011 - 2 B 27.10 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Oktober 2013 - 4 B 51.09 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30. September 2014 - 4 S 1918/13 -, juris.
11Dem Zulassungsvorbringen sind auch keine tragfähigen Gründe dafür zu entnehmen, dass, wie der Kläger meint, die Berufung der Beklagten auf die Verjährung der in Rede stehenden Ansprüche treuwidrig ist.
12Der Dienstherr ist nicht nur berechtigt, sondern nach dem Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung regelmäßig auch verpflichtet, gegen Besoldungs- und Versorgungsansprüche die Einrede der Verjährung geltend zu machen. Die Geltendmachung der Einrede kann jedoch unter besonderen Umständen des einzelnen Falles als Verstoß gegen Treu und Glauben zu werten und damit unzulässig sein. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erfordert ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn, das nicht notwendig schuldhaft zu sein braucht, das aber angesichts der Umstände des Einzelfalls die Einrede der Verjährung deshalb als treuwidrig erscheinen lässt, weil der Beamte veranlasst worden ist, verjährungsunterbrechende oder ‑ nunmehr - verjährungshemmende Schritte zu unterlassen.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2014 - 2 B 6.14 -, juris, und Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 -, ZBR 2006, 347; OVG NRW, Beschlüsse vom 30. April 2014 - 1 A 21/14 -, juris, und vom 18. März 2014 - 6 A 1234/13 -, juris.
14Solche besonderen Umstände zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Der Kläger ist durch das Verhalten der Beklagten nicht treuwidrig davon abgehalten worden, die streitgegenständlichen Ansprüche rechtzeitig - vor Ablauf der Verjährungsfrist - durch Widerspruch oder (Untätigkeits-)Klage geltend zu machen.
15Fehl geht der Einwand des Klägers, er habe aufgrund des Schreibens des seinerzeit amtierenden Stadtdirektors Kirchhoff vom 29. Dezember 2005 die begründete Erwartung haben dürfen, die Beklagte werde sich nicht auf die Verjährung berufen.
16In diesem an den Personalrat gerichteten Schreiben ist u.a. Folgendes ausgeführt:
17„Hinsichtlich Ihres Wunsches auf Verzicht der Einrede der Verjährung werde ich mich an den zu erwartenden Regelungen des Landesgesetzgebers und der zitierten Entscheidung des OVG orientieren müssen.
18Sollte der Gesetzgeber eine entsprechende Möglichkeit für die Vergangenheit einräumen, wird die Stadt C. auf die Einrede der Verjährung verzichten.“
19Der Empfänger dieses Schreibens - also der Personalrat, aber auch die von diesem über den Inhalt des Schreibens informierten Feuerwehrbeamten - hatte bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände keine Veranlassung zu der Annahme, es beinhalte einen Verzicht auf die Einrede der Verjährung. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht vielmehr festgestellt, dass die Beklagte hierdurch gerade keinen Verzicht auf die Einrede der Verjährung kundgetan habe, sondern diesen von weiteren in der Zukunft liegenden Umständen habe abhängig machen wollen.
202. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ergibt sich aus der Begründung des Zulassungsantrags ebenfalls nicht.
21Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Auch diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Die aufgeworfene Frage,
22„ob der den beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben auslösende Antrag die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Ziffer 12 BGB hemmt“,
23ist nicht klärungsbedürftig. Sie lässt sich auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts sowie der bereits vorliegenden Rechtsprechung ohne Weiteres im oben dargestellten Sinn beantworten.
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
25Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG. Der Senat orientiert sich bei der Streitwertfestsetzung an der bei Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit pro Stunde zu zahlenden Mehrarbeitsvergütung (vgl. § 4 Abs. 1 MVergV in der im streitgegenständlichen Zeitraum jeweils gültigen Fassung).
26Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Februar 2013 - 6 A 1122/09 -, juris, und Beschluss vom 1. März 2012- 6 A 3123/08 -, juris, mit weiteren Nachweisen.
27Diese betrug für Beamte der Besoldungsgruppe A 8 BBesO, der der Kläger in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Mai 2005 angehörte, in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. März 2004 11,27 Euro und in der Zeit vom 1. April 2004 bis 31. Mai 2005 11,77 Euro. Soweit der Kläger den Umfang des begehrten Freizeitausgleichs nicht bestimmt hat, richtet sich der Senat nach dem Umfang der im relevanten Zeitraum geleisteten Zuvielarbeit.
28Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).