Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 22. Aug. 2016 - 12 K 1786/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung I. alte, Flur 00, Flurstück 000, in N. (postalisch: U. Weg 00).
4Die Beklagte zog den Kläger mit Erschließungsbeitragsbescheid vom 21. November 2005 zur Zahlung eines Erschließungsbeitrags für die endgültige Herstellung der Immissionsschutzanlage im Bereich I. entlang der BAB A 00 in Höhe von 2.811,60 Euro heran. Die Beklagte wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2007 zurück. Im Klageverfahren erhöhte sie mit Erklärung vom 14. Januar 2009 den festgesetzten Erschließungsbeitrag auf 2.987,84 Euro. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hob mit Urteil vom 27. Januar 2011 die Bescheide in der Fassung dieser Erklärung auf, soweit ein Erschließungsbeitrag von mehr als 2.768,82 Euro festgesetzt wurde, und wies die Klage im Übrigen ab (12 K 2788/07). Das Urteil ist seit dem 11. Juni 2011 rechtskräftig.
5Zwei Nachbarn des Klägers legten in gleich gelagerten Verfahren hingegen Rechtsmittel gegen die entsprechenden Urteile des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zum Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) ein und hatten dort mit ihrer Berufung Erfolg (Beschlüsse vom 28. November 2013 – 15 A 1036/11 – und - 15 A 1114/11 -). Das OVG NRW hob die entsprechenden Erschließungsbeitragsbescheide auf. Es führte zur Begründung aus, die Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht seien nicht erfüllt. Es fehle am erschließungsrechtlichen Planerfordernis (§ 125 Abs. 1 BauGB); eine Abwägungsentscheidung im Sinne des § 125 Abs. 2 BauGB liege ebenfalls nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Beschlüssen vom 3. Juli 2014 die Beschwerden der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision zurück (- 9 B 11/14 – und – 9 B 12/14 -).
6Der Kläger stellte am 13. Januar 2015 bei der Beklagten einen Antrag auf Rückzahlung bereits gezahlter Erschließungsbeiträge.
7Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 3. Februar 2015 ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Ein Anspruch auf Erstattung bereits gezahlter Beiträge nach § 37 Abs. 2 Satz 2 AO bestehe nicht. Der Ausgang der beiden Parallelverfahren begründe keinen Anspruch auf Rücknahme der Erschließungsbeitragsbescheide und Rückzahlung der Erschließungsbeiträge für die übrigen Eigentümer. Die Rechtssicherheit fordere die grundsätzliche Rechtsbeständigkeit rechtskräftiger bzw. bestandskräftiger Entscheidungen. Die materielle Gerechtigkeit sei in dem gesetzlich zugelassenen Rechtsmittelverfahren zu verwirklichen. Sei dieses beendet bzw. sei die Rechtsmittelfrist mangels Einlegung eines Rechtsmittels abgelaufen, schließe der Grundsatz der Rechtssicherheit einen Rechtsanspruch auf Beseitigung einer unanfechtbaren behördlichen Entscheidung grundsätzlich aus. Nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b KAG NRW i.V.m. § 130 Abs. 1 AO könne ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Das OVG NRW habe die Erschließungsbeitragsbescheide für die Immissionsschutzanlage U1. aufgehoben, weil die sachliche Beitragspflicht aufgrund des unwirksamen Bebauungsplans bzw. der nicht ausreichenden Abwägung i.S.d. § 1 Abs. 7 BauGB (noch) nicht entstanden sei. Es gebe aber bereits den Vorentwurf der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 232/II. Nach Erlass dieses Bebauungsplans wäre ein neues Beitragsverfahren durchzuführen.
8Der Kläger hat am 5. März 2015 die vorliegende Klage erhoben. Er vertritt die Ansicht, der angefochtene Bescheid leide an Ermessensfehlern.
9Der Kläger beantragt,
10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. Februar 2015 zu verpflichten, seinen Antrag vom 13. Januar 2015 auf Rücknahme des Erschließungsbeitragsbescheides vom 21. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2007 in der Fassung der Erklärung vom 14. Januar 2009 sowie des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 27. Januar 2011 im Verfahren 12 K 2788/07 über die Abrechnung von Erschließungsbeiträgen für die endgültige Herstellung der Immissionsschutzanlage im Bereich I. entlang der BAB A 00 betreffend das Grundstück Gemarkung I. alte, Flur 00, Flurstück 000 in Höhe von 2.768,82 Euro unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
11Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid,
12die Klage abzuweisen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten ergänzend Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Das Gericht kann durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das Verfahren durch Beschluss der Kammer vom 28. April 2016 zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 6 Abs. 1 VwGO).
16Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
17Der Bescheid vom 3. Februar 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Rücknahme des bestandskräftigen Erschließungsbeitragsbescheides und auf Erstattung gezahlter Erschließungsbeiträge ermessensfehlerfrei abgelehnt (§ 114 Satz 1 VwGO).
18Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet sich die Abwicklung der dem Erschließungsbeitragsrecht zuzurechnenden Ansprüche nach den einschlägigen Vorschriften der Länder.
19BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 1993 – 8 B 87/93 –, juris, Rn. 2; Urteil vom 28. Oktober 1981 – 8 C 8/81 –, juris, Rn. 10.
20Nach § 1 Abs. 3, § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b KAG NRW i.V.m. § 130 Abs. 1 AO kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
21Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Der an den Kläger gerichtete Erschließungsbeitragsbescheid vom 21. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2007 in der Fassung der Erklärung vom 14. Januar 2009 sowie des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 27. Januar 2011 im Verfahren 12 K 2788/07 über die Abrechnung von Erschließungsbeiträgen für die endgültige Herstellung der Immissionsschutzanlage im Bereich I. entlang der BAB A 00 betreffend das Grundstück Gemarkung I. alte, Flur 00, Flurstück 000 ist rechtswidrig. Denn die sachliche Beitragspflicht ist (noch) nicht entstanden.
22Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. November 2013 – 15 A 1036/11 – und - 15 A 1114/11 -, juris.
23Der Bescheid ist seit Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 27. Januar 2011 bestandskräftig und damit unanfechtbar.
24Die Rechtsfolge dessen – die Rücknahme eines solchen rechtswidrigen (belastenden) Verwaltungsaktes – ist durch das Gesetz in das Ermessen der Behörde gestellt. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob die Behörde rechtsfehlerhaft gehandelt, insbesondere von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 Satz 1 VwGO). Die Ermessensentscheidung der Beklagten, den Bescheid nicht zurückzunehmen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es liegen keine Ermessensfehler vor. Im Einzelnen:
25Ein Ermessensnichtgebrauch liegt nicht vor. Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen erkannt und ausgeübt. Sie ist zutreffend von der Ermessen eröffnenden Norm des § 130 Abs. 1 AO ausgegangen und hat unter Darlegung und Abwägung der aus ihrer Sicht betroffenen gegenläufigen Belange im Einzelnen begründet, aus welchem Grund sie eine Rücknahme des bestandskräftigen Erschließungsbeitragsbescheides ablehnt.
26Eine Ermessensüberschreitung ist nicht erkennbar und wird auch vom Kläger selbst nicht vorgebracht.
27Ein Ermessensfehlgebrauch (Abwägungsfehleinschätzung) ist ebenfalls nicht gegeben. Es liegen keine Anhaltspunkte für sachwidrige Erwägungen oder für eine Nichtbeachtung maßgeblicher Zielvorstellungen des ermächtigenden Gesetzes vor. Die Beklagte hat die wesentlichen Interessen zutreffend erkannt und mit dem ihnen jeweils zukommenden objektiven Gewicht in die Abwägung eingestellt. Sie hat darauf abgestellt, dass bei der Ausübung des Rücknahmeermessens im Rahmen der Prüfung der Rücknahme eines bestandskräftigen belastenden Verwaltungsaktes in Rechnung zu stellen ist, dass dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit prinzipiell kein größeres Gewicht zukommt als dem Grundsatz der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Das der materiellen Einzelfallgerechtigkeit gegenläufige Gebot der Rechtssicherheit ist ein wesentliches Element der Rechtsstaatlichkeit und damit eines Konstitutionsprinzips des Grundgesetzes. Aus ihm folgt die grundsätzliche Rechtsbeständigkeit unanfechtbarer Verwaltungsakte. Gibt die Rechtsordnung der Verwaltungsbehörde die Möglichkeit, durch Hoheitsakt für ihren Bereich das im Einzelfall rechtlich Verbindliche festzustellen, zu begründen oder zu verändern, so besteht auch ein verfassungsrechtliches Interesse daran, die Bestandskraft des Hoheitsaktes herbeizuführen. Die mit dem Verstreichen der Frist zur Anfechtung eines Verwaltungsaktes regelmäßig einhergehende Bestandskraft ist ein Instrument der Gewährleistung von Rechtssicherheit. Tritt der Grundsatz der Rechtssicherheit mit dem Gebot der Gerechtigkeit im Einzelfall in Widerstreit, so ist es Sache des Gesetzgebers und der Rechtsprechung, das Gewicht, das ihnen in dem zu regelnden Fall zukommt, abzuwägen und zu entscheiden, welchem der beiden Prinzipien der Vorrang gegeben werden soll.
28Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2004 – 6 C 24/03 –, juris, Rn. 15 m.w.N.; Urteil vom 17. Januar 2007 – 6 C 32/06 -, juris, Rn. 13 ff.
29Die Beklagte hat ihr Ermessen hiernach rechtsfehlerfrei dahingehend ausgeübt, dass sie die beantragte Rücknahme des Erschließungsbeitragsbescheides und die Erstattung des Erschließungsbeitrags abgelehnt hat. Sie hat zum einen darauf hingewiesen, dass nach Inkrafttreten des bereits im Entwurf vorliegenden Bebauungsplanes die sachliche Beitragspflicht entstehe und dann ein neues Beitragsverfahren durchzuführen wäre. Zum anderen hat sie – dargestellt im oberen Teil des Bescheides im Zusammenhang mit den Ausführungen über einen Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftigen Bescheides – darauf abgestellt, dass die Rücknahme eines Beitragsbescheides und Erstattung eines Beitrags in einem Parallelverfahren keinen Anspruch auf Rücknahme der an die übrigen Eigentümer gerichteten bestandskräftigen Bescheide und Erstattung der Beiträge begründe. Die Rechtssicherheit, die ebenso wie die materielle Gerechtigkeit zu den Leitideen des Grundgesetzes gehöre, fordere die grundsätzliche Rechtsbeständigkeit rechtskräftiger Entscheidungen. Die materielle Gerechtigkeit sei in dem gesetzlich zugelassenen Rechtsmittelverfahren zu verwirklichen. Dies ist nicht zu beanstanden.
30Eine Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor. Zwar besteht mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ ist. Ob sich die Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes als schlechthin unerträglich erweist, hängt aber von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist dann schlechthin unerträglich, wenn die Behörde gegen den allgemeinen Gleichheitssatz dadurch verstößt, dass sie in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen in der Regel von ihrer Befugnis zur Rücknahme Gebrauch macht, hiervon jedoch in anderen Fällen ohne rechtfertigenden Grund absieht. Genauso liegt es, wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich.
31BVerwG, Beschluss vom 22. Oktober 1984 – 8 B 56/84 –, juris, Rn. 3; OVG NRW, Beschluss vom 13. April 2004 – 15 A 1113/04 –, juris; Urteil vom 22. Mai 1980 – 3 A 2378/79 -, juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 15. Juli 2010 – 6 BV 08.1087 -, juris, Rn. 24 ff.; OVG Niedersachsen, Urteil vom 18. Mai 1972 – I A 162/71-, OVGE MüLü 28, 465; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, § 25, Rn. 7 ff.
32Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Entgegen der Ansicht des Klägers liegt insbesondere kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die Beklagte hat sämtliche Anträge auf Rücknahme der bestandskräftigen Erschließungsbeitragsbescheide und auf Erstattung gezahlter Erschließungsbeiträge für die Immissionsschutzanlage im Bereich I. entlang der BAB A 00 mit gleichlautenden Bescheiden abgelehnt. Dies ist dem erkennenden Gericht aus anderen Klageverfahren bekannt. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt nicht darin begründet, dass die Beklagte eine Gleichbehandlung mit den seinerzeit erfolgreichen Klägern gegen die Erschließungsbeitragsbescheide abgelehnt hat. Diese Kläger haben - anders als der Kläger des hiesigen Verfahrens - das Risiko und die Kosten eines Rechtsmittels auf sich genommen.
33Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass die Beklagte bei ihrer Entscheidung sonstige Ermessensgrenzen, insbesondere verfassungsrechtliche Vorgaben wie die Grundrechte oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, aber auch Normen des einfachen Rechts, missachtet haben könnte.
34Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
35Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit und der Abwendungsbefugnis beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Satz 1 ZPO.
36Beschluss:
37Der Streitwert wird auf 2.768,82 Euro festgesetzt.
38Gründe:
39Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 GKG erfolgt.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 22. Aug. 2016 - 12 K 1786/15
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 22. Aug. 2016 - 12 K 1786/15
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 22. Aug. 2016 - 12 K 1786/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
Tenor
Das angegriffene Urteil wird geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 21. November 2005 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2007 und der Änderung vom 14. Januar 2009 wird insgesamt aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 52.398,08 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Klägerin zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung eines Lärmschutzwalls.
4Der Bebauungsplan Nr. 232/II (I. -Gebiet zwischen U. Straße, Bundesautobahn [A 52] und O.-------straße ) vom 15. März 1995 der Beklagten weist den südlichen Bereich des Gebiets als allgemeines Wohngebiet aus. Nach Norden und nach Osten hin schließt sich ein Streifen mit der Festsetzung Mischgebiet an. Unter Nr. 4 der textlichen Festsetzungen heißt es hierzu: „In den Mischgebieten sind gem. § 1 (4) BauNVO im Bereich der mit I* gekennzeichneten überbaubaren Flächen Wohngebäude nicht zulässig“, wobei die so gekennzeichneten Flächen innerhalb der Mischgebietsfestsetzungen deutlich mehr als 50 % ausmachen. Im nördlichen Planungsgebiet ist ein Gewerbegebiet festgesetzt. Sodann sieht der Bebauungsplan die Errichtung eines Lärmschutzwalls entlang der Bundesautobahn A 52 vor. Im Jahr 2002 wurde der Wall als Wallkonstruktion mit aufstehender Lärmschutzwand (3 m hoher Erdwall mit aufgesetzter 3 m hoher Wandkonstruktion) endgültig technisch fertiggestellt. Nachdem die Beklagte am 19. Dezember 2002 die Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Immissionsschutzanlage im Bereich des Bebauungsplans Nr. 232/II (Einzelsatzung) erlassen hatte, zog sie die Klägerin als Eigentümerin des 32.822,40 qm großen gewerblich genutzten Grundstücks U1. 19 in N. (Gemarkung I. alte, Flur 1, Flurstück 221) mit Bescheid vom 21. November 2005 zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 53.207,74 Euro für die endgültige Herstellung der Immissionsschutzanlage entlang der Bundesautobahn heran. Neben der Klägerin wurden zahlreiche weitere Grundeigentümer im Bereich zwischen O.-------straße im Osten, U. Straße im Süden, U1. im Westen und Bundesautobahn A 52 im Norden zu Erschließungsbeiträgen herangezogen. Die bauliche Nutzung der Grundstücke im Verteilungsgebiet ist tatsächlich im Wesentlichen wie folgt geprägt: Während im südlichen Bereich, d.h. zwischen U. Straße und U. Weg, vornehmlich Wohnbebauung vorherrschend ist, befinden sich im nördlichen Bereich bis hin zur Autobahn sehr große unbebaute Flächen. Vereinzelt sind in diesem Teilbereich gewerbliche Nutzungen vorzufinden.
5Den gegen den Beitragsbescheid eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2007 als unbegründet zurück. Während des anschließenden Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht änderte die Beklagte unter dem 14. Januar 2009 die Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwands mit der Folge, dass sie den von der Klägerin zu zahlenden Erschließungsbeitrag auf 56.542,89 Euro erhöhte.
6Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit ein Erschließungsbeitrag von mehr als 52.398,08 Euro festgesetzt worden ist; zur Begründung hat es ausgeführt, dass noch weitere Grundstücke als durch die Erschließungsanlage erschlossen anzusehen seien, weshalb sich der Beitragssatz reduziere. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen: Zwar sei der Bebauungsplan Nr. 232/II unwirksam, die Anlage genüge aber den Anforderungen des § 125 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 4 – 7 BauGB. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen.
7Mit der vom Senat durch Beschluss vom 28. Oktober 2011 zugelassenen und rechtzeitig begründeten Berufung trägt die Klägerin u.a. vor, ihr Grundstück liege im Außenbereich und die Voraussetzungen des § 125 Abs. 2 BauGB seien nicht gegeben. Insbesondere habe die Beklagte gegen das Abwägungsgebot des § 125 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 7 BauGB verstoßen, denn eine fehlerfreie Abwägung wäre niemals zu dem Ergebnis gekommen, den von Bebauung freizuhaltenden Außenbereich mit einem Lärmschutzwall gegen Geräuschimmissionen zu schützen.
8Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
9das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 21. November 2005 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2007 und der Änderung vom 14. Januar 2009 insgesamt aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Zur Begründung führt sie aus, der Bebauungsplan Nr. 232/II sei wirksam. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts treffe es nicht zu, dass laut Bauleitplanung im Mischgebiet auf deutlich mehr als 50 % der überbaubaren Flächen Wohngebäude für unzulässig erklärt würden. Vielmehr ergebe sich ein Gleichgewicht der gegliederten Flächen mit ihren Nutzungsarten (gewerbliche Nutzung und Wohnnutzung). Außerdem führe dieser Aspekt allenfalls zur Teilnichtigkeit des Bebauungsplans, nicht jedoch zur Gesamtunwirksamkeit.
13Im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 232/II sei das Grundstück der Klägerin nicht dem Außenbereich, sondern dem Innenbereich zuzuordnen. Der südliche Bereich des Verteilgebiets sei nahezu geschlossen bebaut. Im mittleren und vor allem nördlichen Bereich seien zwar größere Teile noch unbebaut. Es bestehe aber dennoch der Eindruck der Geschlossenheit. Denn es sei zu berücksichtigen, dass gerade im Gewerbegebiet größere Grundstücke auch zu größeren Baulücken führten, die nicht den Bebauungszusammenhang unterbrächen. Die hier im nördlichen Bereich vorzufindende aufgelockerte Bebauungsstruktur entspreche der für gewerbliche Flächen im Stadtgebiet typischen Bebauungsstruktur, die von größeren Baulücken geprägt sei. Dementsprechend seien vorliegend alle Baugenehmigungen in dem Gebiet auf der Basis von § 34 BauGB erteilt worden.
14Es liege auch eine den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB entsprechende Abwägung vor. Der Lärmschutzwall sei zu einem Zeitpunkt realisiert worden, als die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 232/II nicht in Frage gestanden habe. In dem diesem Bebauungsplan zugrunde liegenden Aufstellungsverfahren seien die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 – 7 BauGB abgearbeitet worden. Die Herstellung der Erschließungsanlage habe der Baureifmachung der Grundstücke für die Ansiedlung von Wohnen und Gewerbe in dem hier in Rede stehenden Gebiet gedient. Die von ihr – der Beklagten – gewollte weitere Zulassung von Wohn- und gewerblicher Nutzung sei gepaart gewesen mit der Erkenntnis, dass hierfür wegen des von der Bundesautobahn ausgehenden Lärms eine Lärmschutzmaßnahme in Gestalt der nachfolgend errichteten Lärmschutzanlage dringend geboten sei. Die Einstufung des Bebauungsplans Nr. 232/II führe nicht dazu, auch die zugrunde liegende städtebauliche Zielsetzungsentscheidung der Gemeinde und die zu Gunsten der Errichtung einer Lärmschutzanlage getroffene Abwägungsentscheidung als allein auf diesen Plan bezogen und durch dessen Unwirksamkeit obsolet geworden anzusehen. Die Entscheidung zur Errichtung des Lärmschutzwalls sei vielmehr auf die grundsätzliche städtebauliche Entscheidung bezogen gewesen, in diesem Gebiet weitere Wohn- und Gewerbenutzung zuzulassen. Ein Mangel im Abwägungsvorgang führe auch im Fall des § 125 Abs. 2 BauGB entsprechend § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB nur dann zur Rechtswidrigkeit der Herstellung der Erschließungsanlage, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die Planungsentscheidung ohne den Mangel im Ergebnis anders ausgefallen wäre. Hier könne man nicht darauf abstellen, dass den Ratsmitgliedern bei Beschlussfassung die Kenntnis gefehlt habe, mit der Lärmschutzanlage den Außenbereich zu schützen. Außerdem handele es sich bei der gemäß § 125 Abs. 2 BauGB zu treffenden Entscheidung, ob die Erschließungsanlage den in § 1 Abs. 4 – 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entspreche, vorliegend um ein Geschäft der laufenden Verwaltung im Sinne von § 41 Abs. 3 GO NRW.
15Soweit etwaig zu berücksichtigender überlagernder Lärm der U. Straße zu berücksichtigen sei, werde darauf hingewiesen, dass die Grundstücke südlich der U. Straße nicht zu Erschließungsbeiträgen herangezogen worden seien. Im Übrigen sei entscheidend, an welcher Stelle die Verbesserung, d.h. eine Lärmminderung von mehr als 3 dB(A), auf dem Grundstück erreicht werden müsse. In der Einzelsatzung werde die äußerste Ecke des Grundstücks zugrunde gelegt. Dies führe besonders bei den unmittelbar an der U. Straße angrenzenden Grundstücken, die teilweise bis zu 100 m tief seien, zur Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen, obwohl die Wohnbebauung direkt an der U. Straße liege und hier durch die Lärmbelastung dieser Straße keine spürbare Verbesserung erfahre. Würde nicht der äußerste der Erschließungsanlage zugewandte Grundstücksteil als Maßstab zugrunde gelegt werden, sondern die Wohnbebauung aus Sicht der U. Straße betrachtet werden, würde die Bebauung an dieser Straße fast komplett aus der Beitragspflicht herausfallen.
16Der Berichterstatter des Senats hat die Sache am 18. Oktober 2013 mit den Beteiligten erörtert. Insoweit wird auf das Protokoll des Erörterungstermins vom selben Tage Bezug genommen.
17Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
18II.
19Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130a VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung der Klägerin einstimmig für begründet hält. Nachdem die Beteiligten im Erörterungstermin am 18. Oktober 2013 umfassend und ausführlich zur Sache vortragen konnten, hält der Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – auch unter Würdigung des Schriftsatzes der Beklagten vom 4. November 2013 – nicht für erforderlich.
20Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klage ist begründet. Der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 21. November 2005 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2007 und der Änderung vom 14. Januar 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21Zwar kann es sich bei einem Lärmschutzwall um eine beitragsfähige Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB handeln. Vorliegend sind aber die Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht nicht erfüllt. Es fehlt am erschließungsrechtlichen Planerfordernis (§ 125 Abs. 1 BauGB); eine Abwägungsentscheidung im Sinne des § 125 Abs. 2 BauGB liegt ebenfalls nicht vor (1.). Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, welche Konsequenzen sich aus der Nichtberücksichtigung möglicherweise überlagernden Lärms der U. Straße bei der Ermittlung der Lärmminderung ergeben (2.).
221. Gemäß § 125 Abs. 1 BauGB setzt die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 BauGB einen Bebauungsplan voraus. Diesem Erfordernis wird hier nicht Genüge getan, weil der Bebauungsplan Nr. 232/II der Beklagten unwirksam ist. Durch den – weit überwiegenden – Ausschluss von Wohnnutzung (vgl. Nr. 4 der textlichen Festsetzungen) wird die allgemeine Zweckbestimmung des Mischgebiets nicht gewahrt. Gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO kann zwar im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 und 13 BauNVO allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Letzteres ist hier aber nicht der Fall. § 6 BauNVO bestimmt den Gebietscharakter des Mischgebiets durch die beiden Hauptfunktionen Wohnen und Gewerbe ohne Festlegung einer bestimmten Relation oder eines Vorrangs der einen gegenüber der anderen Nutzung. Kennzeichnend sind im Mischgebiet, das die bauplanungsrechtlichen Grundlagen für die beiden Nutzungsarten enthält, somit die Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht wesentlich störendem Gewerbe. Das damit im Mischgebiet mögliche Nebeneinander der beiden Hauptnutzungsarten hat berechtigende und verpflichtende Funktionen: Das Mischgebiet muss als Baugebiet beiden Hauptnutzungsarten bauplanungsrechtlich verfügbar sein; dies hat zur Folge, dass keine der beiden Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die jeweils andere gewinnen darf. Dies bedeutet eine quantitative und qualitative Durchmischung des Mischgebiets mit Wohn- und Gewerbenutzung. Dies schließt in quantitativer Hinsicht nicht nur aus, dass eine der beiden Hauptnutzungsarten in dem Mischgebiet völlig verdrängt wird, sondern auch, dass eine der beiden Hauptnutzungsarten in dem Gebiet nach Anzahl oder Umfang beherrschend und damit „übergewichtig“ in Erscheinung tritt. Die beiden Hauptnutzungsarten müssen sowohl quantitativ als auch qualitativ durchmischt gegeben sein.
23Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz-berger, BauGB, Stand: April 2013, § 6 BauNVO Rn. 10 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung.
24Vorliegend wird gemäß Nr. 4 der textlichen Festsetzungen in der ausgewiesenen Mischgebietsfläche die Wohnnutzung größtenteils, jedenfalls auf weitaus mehr als 50 % der ausgewiesenen Flächen ausgeschlossen. Im Wesentlichen sind lediglich im südöstlichen Bereich der Mischgebietsfläche beide Nutzungsarten zulässig. Damit ist die erforderliche quantitative Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit der ein Mischgebiet prägenden Nutzungsarten nicht mehr gegeben. Die hier festgesetzten Mischgebietsflächen sind somit aufgrund des überwiegenden Ausschlusses der Wohnnutzung in der Sache Gewerbegebiete. Hierbei handelt es sich um einen Festsetzungsmangel mit der Folge, dass für eine etwaige Heilung des Bebauungsplans nach den Vorschriften der §§ 214 f. BauGB kein Raum ist. Vor dem Hintergrund dieses aufgrund der Festsetzungen des Bebauungsplans eindeutig zutage tretenden krassen Missverhältnisses zwischen Wohnen und Gewerbe innerhalb des Mischgebiets ist der Vortrag der Beklagten, wonach keine Rede davon sein könne, dass in weit mehr als 50 % der Fläche Wohnen unzulässig sei (Seite 4 ihres Schriftsatzes vom 4. November 2013), in keiner Weise nachvollziehbar.
25Dieser festgestellte Mangel wirkt sich auf den gesamten Bebauungsplan Nr. 232/II aus; die Unwirksamkeit erfasst den Plan in seiner Gesamtheit. Denn Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen nur dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen – für sich betrachtet – noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte.
26Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 6. April 1993 - 4 NB 43.92 -, ZfBR 1993, 238 (239), und vom 29. März 1993 - 4 NB 10.91 -, DVBl. 1993, 661 (662).
27Davon ist hier nicht auszugehen. Ausweislich der Planbegründung verfolgte der Rat der Beklagten im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses erkennbar das Ziel, die Mischgebiete „als Puffer zwischen allgemeinem Wohngebiet und Gewerbegebiet“ festzusetzen, da sie als weniger lärmempfindlich im Vergleich zum Wohngebiet gelten (Nr. 6.3 der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 232/II). Diese – an sich sinnvolle – Pufferfunktion zwischen diesen Nutzungsarten ist zentraler Bestandteil der Planung. Sie stellt somit einen untrennbaren Teil des Regelungsgefüges des Bebauungsplans dar. Ohne diese Festsetzung hätte der Rat den Plan im Zweifel so nicht beschlossen, weil dann ein wesentliches Planungsziel verfehlt worden wäre.
28Zur weiteren Begründung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 232/II wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteils Bezug genommen, welches seinerseits das Urteil des VG Düsseldorf vom 19. April 2007 – 9 K 3163/06 – aufgreift, in dem die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 232/II der Beklagten bereits inzident geprüft wurde. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass übrigens auch die Beklagte selber von der Gesamtunwirksamkeit des genannten Bebauungsplans ausgeht. Unter Nr. 4 der Begründung zur aktuell in der Aufstellung befindlichen 1. Änderung dieses Plans heißt es: „In den [...] als Mischgebiet (MI) festgesetzten Baugebieten besteht ein Missverhältnis zwischen den Hauptnutzungen Wohnen und Gewerbe, da Wohnen auf über 50 % der Fläche ausgeschlossen ist. Die Festsetzung von Mischgebieten ist zentraler Bestandteil des planerischen Konzepts des BP Nr. 232/II im Übergang von dem nördlich gelegenen Gewerbegebiet (GE) nach § 8 BauNVO zu den südlich befindlichen Allgemeinen Wohngebieten (WA).“ Zudem räumt sie selber ein, dass der bestehende Plan ihrem aktiven Verwaltungshandeln nicht mehr zugrunde gelegt werden dürfe (Nr. 1.3 der Begründung zur Bebauungsplanänderung).
29Liegt kein wirksamer Bebauungsplan vor, so dürfen beitragsfähige Erschließungsanlagen in unbeplanten Gebieten gemäß § 125 Abs. 2 BauGB nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Abs. 4 – 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entsprechen. Die Gemeinde hat somit im Rahmen des § 125 Abs. 2 BauGB u.a. eine den Anforderungen des § 1 Abs. 7 BauGB genügende Abwägung der öffentlichen und privaten Belange vorzunehmen. Daran fehlt es vorliegend.
30Es mag zwar grundsätzlich möglich sein, dass die erforderliche Abwägung im Einzelfall bei Erlass des (unwirksamen) Bebauungsplans vorgenommen worden ist. Vorliegend genügt die bei Erlass des Bebauungsplans Nr. 232/II zum Ausdruck gekommene Abwägung aber nicht den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 7 BauGB.
31Das hierin enthaltene Abwägungsgebot erfordert bei der Beschlussfassung über einen Bebauungsplan die Prüfung des Abwägungsmaterials durch das für die Abwägung zuständige Gemeindeorgan. Wird ihm das Abwägungsmaterial vorenthalten oder wird das Material aus anderen Gründen nicht in die Abwägung eingestellt, liegt ein Fehler im Vorgang der planerischen Abwägung vor. Daher sind bei der Beschlussfassung über einen Bebauungsplan die Ratsmitglieder zur Vorbereitung der ihnen obliegenden Abwägung auf die hierfür relevanten Umstände konkret hinzuweisen und sie müssen bei ihrer Abwägungsentscheidung Zugriff auf die entsprechenden Unterlagen haben.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1999 - 4 CN 12.98 -, BVerwGE 110, 118 (125 f.); OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Januar 2008 - 7 B 1743/07.NE -, NWVBl. 2008, 349 (351), und vom 28. Mai 2010 ‑ 15 A 3231/07 -, OVGE MüLü 53, 73 (77).
33Nichts anderes gilt im Rahmen der nach § 125 Abs. 2 BauGB vorzunehmenden Abwägung. Der Gemeinderat (bzw. bei entsprechender Aufgabenübertragung ein Ausschuss oder der Bürgermeister) ist auf die für die Abwägung relevanten Umstände konkret hinzuweisen, und er muss bei seiner Entscheidung Zugriff auf das Abwägungsmaterial haben. Damit ist nichts anderes als die Selbstverständlichkeit ausgesagt, dass derjenige, der eine Abwägungsentscheidung trifft, auch über die zu berücksichtigenden Umstände informiert sein muss.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2010 - 15 A 3231/07 -, OVGE MüLü 53, 73 (77 f.).
35Diesen Anforderungen wird die im Rahmen der Aufstellung und des Erlasses des Bebauungsplans Nr. 232/II getroffene Abwägung nicht gerecht. Ohne diesen Bebauungsplan ist der nördliche Bereich des Verteilgebiets dem Außenbereich nach § 35 BauGB zuzuordnen (dazu siehe sogleich) und einer Bebauung grundsätzlich nicht zugänglich. Die Errichtung einer Lärmschutzanlage zum Schutz des Außenbereichs ist jedoch unangemessen und deshalb abwägungsfehlerhaft. Unabhängig davon war den Ratsmitgliedern nicht bewusst, dass der Bebauungsplan wegen rechtlicher Mängel nicht wirksam ins Werk gesetzt werden konnte und dass es sich in dem Bereich unmittelbar südlich der Autobahn um Außenbereichsgelände handelt. Ihnen war somit auch nicht bewusst, dass sie mit einem (teuren) Lärmschutzwall tatsächlich Außenbereichsgrundstücke vor Lärm schützen. Nichts anderes gilt übrigens für den Fall, dass nach den Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 4. November 2013 der Gemeinderat hierfür gar nicht zuständig gewesen sein sollte: Eine den dargelegten Anforderungen genügende Abwägungsentscheidung eines anderen Gemeindeorgans ist ebenfalls nicht ersichtlich.
36Dieser erhebliche Abwägungsmangel ist offensichtlich und auf das Ergebnis der Abwägung von Einfluss gewesen, denn es ist nicht denkbar, dass die Beklagte einen teuren Lärmschutzwall zum Schutz von Außenbereichsgrundstücken hätte errichten wollen. Der Mangel ist auch nicht wegen Zeitablaufs gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich geworden. Diese Vorschrift ist ersichtlich auf Flächennutzungspläne und Satzungen des Städtebaurechts, insbesondere Bebauungspläne, zugeschnitten und daher im Rahmen des § 125 Abs. 2 BauGB nicht anwendbar.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2010 - 15 A 3231/07 -, OVGE MüLü 53, 73 (79); Driehaus, Erschließungs-und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 7 Rn. 27.
38An der Einordnung des hier in Rede stehenden Teilgebiets zum Außenbereich hat der Senat nach dem vorliegenden Kartenmaterial und Luftbild keinen Zweifel. Die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich lässt sich nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht unter Anwendung von geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen. Es bedarf vielmehr einer Beurteilung aufgrund einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts. Bei der anzustellenden wertenden und bewertenden Beurteilung sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen sowie außerdem auch andere topographische Verhältnisse wie etwa Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse und dergleichen) in den Blick zu nehmen. Die Berücksichtigung solcher äußerlich erkennbarer Umstände kann dazu führen, dass der Bebauungszusammenhang im Einzelfall abweichend von der Regel nicht am letzten Baukörper endet, sondern noch ein oder mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze mit einschließt, wobei auch Straßen und Wege in dieser Hinsicht von Bedeutung sein können. Ob ein unbebautes Grundstück, das sich einem Bebauungszusammenhang anschließt, diesen Zusammenhang fortsetzt oder ihn unterbricht, hängt davon ab, inwieweit nach der maßgeblichen Betrachtungsweise der „Verkehrsauffassung“ die aufeinanderfolgende Bebauung trotz der vorhandenen Baulücke den Eindruck der Geschlossenheit oder der Zusammengehörigkeit vermittelt. Dabei lässt sich nichts Allgemeingültiges darüber sagen, wie sich namentlich die Größe eines solchen unbebauten Grundstücks auf die Anwendbarkeit des § 34 BauGB auswirkt. Zwar findet die Möglichkeit, eine den Bebauungszusammenhang wahrende Baulücke anzunehmen, auch in dessen Größe eine obere Grenze, jedoch lässt sich eine absolute Zahl als Grenzwert insoweit nicht angeben.
39BVerwG, Urteile vom 14. November 1991 ‑ 4 C 1.91 ‑, BRS 52 Nr. 146, und vom 12. Dezember 1990 ‑ 4 C 40.87 ‑, BRS 50 Nr. 72, Beschlüsse vom 1. April 1997 - 4 B 11.97 -, BRS 59 Nr. 75, vom 4. Januar 1995 - 4 B 273.94 -, BRS 57 Nr. 93, und vom 17. Februar 1994 - 4 B 29.94 -, juris Rn. 5, jeweils m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 14. Juni 2010 ‑ 7 A 2549/08 -, n.v.
40Unter Anwendung dieser Maßstäbe beginnt hier der Innenbereich nach § 34 BauGB im Wesentlichen erst südlich des U. Wegs bzw. – im östlichen Bereich des Verteilgebiets – südlich der U1. . Die nördlich vereinzelt vorzufindende Bebauung erweckt nicht den Eindruck der Geschlossenheit. Weite Teile des Areals sind unbebaut. Nach der Verkehrsauffassung vermitteln diese Freiflächen angesichts ihrer immensen Ausdehnung von z.T. mehreren hundert Metern nicht den Eindruck einer Baulücke, z.B. zwischen den Gebäuden U1. 31 (Flurstück 245) bis zu dem an der Ecke O.-------straße / U1. gelegenen Gebäude (Flurstücke 225, 226); das Flurstück 332 war zum Abrechnungszeitpunkt noch nicht bebaut. Von der Autobahn bis zum Aldi-Markt an der Ecke U. Feld / U. Weg sind es über 160 m (alle Angaben abgegriffen nach dem Abrechnungsgebietsplan der Beklagten vom 20. Oktober 2005). Den wenigen vorhandenen Bauten kommt keine prägende Wirkung im Hinblick auf eine etwaige Umgebungsbebauung zu. Sie befinden sich vielmehr vereinzelt innerhalb weiter Flur. Somit lässt sich der für die Annahme eines Innenbereichs erforderliche Bebauungszusammenhang hier auch nicht unter Berücksichtigung des Umstands feststellen, dass eine gewerbliche Nutzung häufig auf größeren Grundstücken stattfindet und dementsprechend auch mit größeren Freiflächen einhergeht.
41Für die Beurteilung, ob der nördliche Teil des Verteilgebiets dem Innen- oder Außenbereich angehört, bedurfte es keiner Durchführung eines Ortstermins. Umfang und Art der Tatsachenermittlung bestimmt das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO). Die in den Akten befindlichen Karten und das Luftbild (sowie im Internet frei verfügbare Informationen zur örtlichen Situation) sind hinreichend aussagekräftig. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass ein in Baustreitigkeiten erfahrenes Tatsachengericht – worunter auch die mit Erschließungsbeitragsrecht befassten Spruchkörper zählen – die örtlichen Gegebenheiten allein mit Hilfe von Karten- und Bildmaterial beurteilen kann.
42Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 1992 - 4 B 30.92 -, juris, und Urteil vom 14. November 1991 - 4 C 1.91 -, BRS 52 Nr. 146.
43Der Einstufung als Außenbereich steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Beklagte nach ihren Angaben den vereinzelt angesiedelten Gewerbebetrieben Baugenehmigungen auf der Grundlage von § 34 BauGB erteilt hat.
44Im Übrigen ist die Beklagte intern zutreffend selbst davon ausgegangen, dass es sich vorliegend um Außenbereich handelt. Dies ergibt sich aus einer E-Mail vom 25. Januar 2008 (Beiakte 14).
45Es kann dahingestellt bleiben, ob der frühere Bebauungsplan Nr. 233 angesichts der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 232/II wieder auflebt. Dagegen könnte sprechen, dass die Beklagte ausweislich ihrer Begründung zum Bebauungsplan Nr. 232/II nicht mehr am alten Plan festhalten wollte (vgl. Nr. 1 und 3.1 der Begründung). Dies bedarf jedoch keiner Vertiefung. Denn selbst wenn man ein Wiederaufleben des Plans Nr. 233 annähme, läge auch insoweit keine den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB genügende Abwägungsentscheidung vor. Dies ergibt sich aus Folgendem: Die Beklagte wollte den Lärmschutzwall im Zusammenhang mit der konkreten Planung, wie sie im Bebauungsplan Nr. 232/II Niederschlag gefunden hat, errichten. Unter Nr. 5.1 der Bebauungsplanbegründung sind die Abstände der einzelnen – im Bebauungsplan festgesetzten – Gebietsarten zur Autobahn A 52 aufgelistet. Diese Ermittlung war Ausgangspunkt der weiter angestellten Überlegungen, wie der Lärmschutzwall im Einzelnen zu gestalten war, um effektiv, d.h. lärmmindernd zu wirken, insbesondere im Hinblick darauf, die Orientierungswerte gemäß DIN 18005 einzuhalten. Des Weiteren heißt es dort: „In Verbindung mit der geplanten Bebauung der Gewerbegebiete bzw. Mischgebiete, die als weiterer aktiver Schallschutz gewertet werden kann, ist die Maßnahme als ausreichender Schutz für die Baugebiete entsprechend der DIN 18005 zu betrachten.“ Daran wird deutlich, dass der in Rede stehende Lärmschutzwall gerade im Hinblick auf diese Planung konzipiert wurde.
46Die Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 232/II hat im Falle des Nichtwiederauflebens des Bebauungsplans Nr. 233 im Übrigen zur Folge, dass das Grundstück der Klägerin zudem bereits aufgrund seiner Lage im Außenbereich nicht zu Erschließungsbeiträgen herangezogen werden kann.
472. Unabhängig vom Vorstehenden begegnet die von der Beklagten vorgenommene Beitragserhebung auch aus einem weiteren Grund erheblichen Bedenken. Für die Frage, ob ein Grundstück von der abzurechnenden Lärmschutzanlage erschlossen wird, sind auch weitere Schallquellen – hier etwa der von der U. Straße ausgehende Straßenverkehrslärm – zu berücksichtigen. Das ist vorliegend – soweit ersichtlich – nicht geschehen. Zu den insoweit zu berücksichtigenden Anforderungen hat der Senat bereits im Einzelnen ausgeführt:
48Ein Grundstück wird von einer Lärmschutzanlage nur dann im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB erschlossen, wenn es infolge dieser Lärmschutzanlage im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten eine Lärmpegelminderung von mindestens 3 dB(A) erfährt. Ausgangspunkt dieser Betrachtung ist somit nicht die Lärmquelle, vor deren Emissionen die Lärmschutzanlage schützen soll. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob – stichtagsbezogen – ein entsprechender Schallschutz bei dem betreffenden Grundstück auch tatsächlich ankommt. Bei dieser stichtags- und grundstücksbezogenen Betrachtungsweise können andere geräuschemittierende Quellen als die, derentwegen die Lärmschutzanlage errichtet worden ist, nicht unberücksichtigt bleiben. Die von ihnen ausgehenden Geräuschemissionen können im Extremfall diejenigen Emissionen vollständig überdecken, vor denen die Lärmschutzanlage schützen soll. In diesem Fall bewirkt die Lärmschutzanlage keine bei dem betreffenden Grundstück tatsächlich zu verzeichnende Lärmpegelminderung. Ebenso ist denkbar, dass die von der Lärmschutzanlage bewirkte Lärmpegelminderung für einzelne Grundstücke infolge des Hinzutretens weiterer Lärmquellen geringer ausfällt, was sich auf den Umfang des Erschlossen-seins und damit auf die hieran anknüpfende Beitragsbelastung auswirken kann. Soweit sich die Berücksichtigung weiterer Lärmquellen von der immissionsschutzrechtlichen Betrachtung unterscheiden sollte, hat dies seine Ursache darin, dass das Erschließungsbeitragsrecht das Erschlossensein eines Grundstücks an einen diesem konkret zukommenden Erschließungsvorteil (hier: einer Lärmpegelminderung) knüpft. Aus diesem Grunde ist es nicht möglich, die weiteren Lärmquellen hinweg zu denken, wie dies etwa bei der Erschließung eines Grundstücks durch mehrere Anbaustraßen geschieht. In diesen Fällen ist das Hinwegdenken weiterer Anbaustraßen deshalb gerechtfertigt, weil das betreffende Grundstück gerade (auch) wegen der abzurechnenden Anbaustraße den maßgeblichen Erschließungsvorteil erhält, nämlich bebaut bzw. gewerblich genutzt werden zu können. Der durch eine Lärmschutzanlage vermittelte Erschließungsvorteil ist jedoch anderer Art; er knüpft nicht an die Bebaubarkeit oder gewerbliche Nutzbarkeit eines Grundstücks oder gar eines Baugebiets, sondern an eine grundstücksbezogene Lärmpegelminderung an, die ein bestimmtes Mindestmaß erreicht haben muss. Deshalb kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass u. U. das von einem Bebauungsplan erfasste Gebiet nur deshalb zur baulichen Nutzung freigegeben werden konnte, weil infolge der Lärmschutzanlage die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) sichergestellt werden konnten. Im Übrigen ist die Berücksichtigung weiterer Lärmquellen für die Gemeinde in der Regel aufkommensneutral, weil sie nur zu einer anderen Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwandes führt. Soweit es für die verbleibenden Grundstücke zu einer extrem hohen Beitragsbelastung kommt, mag allerdings die Anwendung der Härtefallregelung des § 135 Abs. 5 Satz 1 BauGB in Betracht zu ziehen sein. Darüber hinaus ist es theoretisch möglich, dass der von weiteren Lärmquellen ausgehende Lärm eine andere geräuschemittierende Quelle derart überdeckt, dass sich eine mit Blick auf diese Quelle errichtete Lärmschutzanlage bei keinem Grundstück mit einer Lärmpegelminderung von mindestens 3 dB(A) auswirkt, so dass Erschließungsbeiträge für diese Lärmschutzanlage nicht erhoben werden können. Das wäre aber eine (ausnahmsweise) hinzunehmende Folge des als merkbare Lärmpegelminderung verstandenen grundstücksbezogenen Erschließungsvorteils, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Dezember 2009 - 15 A 4116/06 -, abgedruckt in: Stelkens/Roeder, Rechtsprechungssammlung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen im Erschließungs- und Erschließungsbeitragsrecht, Stand: April 2013, § 127 BauGB Lärmschutzanlage 1/2009.
49Aus der schalltechnischen Untersuchung zu den Veränderungen der Lärmimmissionen durch eine Lärmschutzwand entlang der A 52 vom 30. Juni 2005 geht nicht hervor, dass der von der U. Straße ausgehende Verkehrslärm berücksichtigt worden wäre. Es wird vielmehr nur der von der Autobahn ausgehende Lärm in den Blick genommen. Angesichts des Umstands, dass es sich bei der U. Straße um eine Landesstraße mit entsprechendem Verkehrsaufkommen handelt (L 371), erscheint ihre Berücksichtigung umso gebotener. Denn es kann ohne entsprechende Untersuchung für einige Grundstücke nicht ausgeschlossen werden, dass der von dieser Straße ausgehende Lärm gegebenenfalls die Emissionen der Autobahn, vor denen der Lärmschutzwall schützen soll, (vollständig) überdeckt, oder dass die durch den Lärmschutzwall bewirkte Lärmminderung geringer ausfällt als angenommen. Dies könnte insbesondere auf die nördlich der U. Straße angrenzenden Grundstücke zutreffen. Diese sind keinesfalls sämtlich bis zu 100 m tief, sondern weisen teilweise eine deutlich geringere Tiefe auf, mit der Folge, dass sich vor allem bei ihnen die Problematik des möglicherweise überlagernden Lärms stellt. Letztlich hängt hiervon die Verteilung des Erschließungsaufwands im gesamten Gebiet ab.
50Welche Konsequenzen dies für die etwaige Beitragspflicht der Klägerin hat, kann hier angesichts des Verstoßes gegen § 125 BauGB dahinstehen.
51Auch auf die übrigen von den Beteiligten im Verfahren angesprochenen Aspekte, insbesondere Altbaubestand und Prioritätsgrundsatz, Erforderlichkeit der Erschließungsanlage, kommt es hiernach nicht mehr an.
52Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
53Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
54Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
55Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG.
Tenor
Das angegriffene Urteil wird geändert.
Die Bescheide der Beklagten vom 21. November 2005 in der Fassung ihrer Widerspruchsbescheide vom 30. Mai 2007 und der Änderungen vom 14. Januar 2009 werden insgesamt aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 58.974,01 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Klägerin zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung eines Lärmschutzwalls.
4Der Bebauungsplan Nr. X (I. -Gebiet zwischen U. Straße, Bundesautobahn [A 52] und O.-------straße) vom 15. März 1995 der Beklagten weist den südlichen Bereich des Gebiets als allgemeines Wohngebiet aus. Nach Norden und nach Osten hin schließt sich ein Streifen mit der Festsetzung Mischgebiet an. Unter Nr. 4 der textlichen Festsetzungen heißt es hierzu: „In den Mischgebieten sind gem. § 1 (4) BauNVO im Bereich der mit I* gekennzeichneten überbaubaren Flächen Wohngebäude nicht zulässig“, wobei die so gekennzeichneten Flächen innerhalb der Mischgebietsfestsetzungen deutlich mehr als 50 % ausmachen. Im nördlichen Planungsgebiet ist ein Gewerbegebiet festgesetzt. Sodann sieht der Bebauungsplan die Errichtung eines Lärmschutzwalls entlang der Bundesautobahn A 52 vor. Im Jahr 2002 wurde der Wall als Wallkonstruktion mit aufstehender Lärmschutzwand (3 m hoher Erdwall mit aufgesetzter 3 m hoher Wandkonstruktion) endgültig technisch fertiggestellt. Nachdem die Beklagte am 19. Dezember 2002 die Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Immissionsschutzanlage im Bereich des Bebauungsplans Nr. X (Einzelsatzung) erlassen hatte, zog sie die Klägerin als Eigentümerin mehrerer Grundstücke in N. (Gemarkung I. alte, Flur 1, Flurstücke 243, 281, 295, 275, 40 und 404) mit Bescheiden vom 21. November 2005 zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von insgesamt 65.110,36 Euro für die endgültige Herstellung der Immissionsschutzanlage entlang der Bundesautobahn heran. Neben der Klägerin wurden zahlreiche weitere Grundeigentümer im Bereich zwischen O.-------straße im Osten, U. Straße im Süden, U1. im Westen und Bundesautobahn A 52 im Norden zu Erschließungsbeiträgen herangezogen. Die bauliche Nutzung der Grundstücke im Verteilungsgebiet ist tatsächlich im Wesentlichen wie folgt geprägt: Während im südlichen Bereich, d.h. zwischen U. Straße und U. Weg, vornehmlich Wohnbebauung vorherrschend ist, befinden sich im nördlichen Bereich bis hin zur Autobahn sehr große unbebaute Flächen. Vereinzelt sind in diesem Teilbereich gewerbliche Nutzungen vorzufinden.
5Die gegen die Beitragsbescheide eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 30. Mai 2007 als unbegründet zurück. Während des anschließenden Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht änderte die Beklagte unter dem 14. Januar 2009 die Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwands mit der Folge, dass sie den von der Klägerin zu zahlenden Erschließungsbeitrag auf 63.639,- Euro ermäßigte. Soweit der Betrag herabgesetzt wurde, haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
6Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit ein Erschließungsbeitrag von insgesamt mehr als 58.974,01 Euro festgesetzt worden ist; zur Begründung hat es ausgeführt, dass noch weitere Grundstücke als durch die Erschließungsanlage erschlossen anzusehen seien, weshalb sich der Beitragssatz reduziere. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen: Zwar sei der Bebauungsplan Nr. X unwirksam, die Anlage genüge aber den Anforderungen des § 125 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 4 – 7 BauGB. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen.
7Mit der vom Senat durch Beschluss vom 28. Oktober 2011 zugelassenen und rechtzeitig begründeten Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen u.a. vor, einige ihrer Grundstücke lägen außerhalb des Bebauungsplangebiets. Zudem sei die Bebauung auf ihren Grundstücken älter als die Bundesautobahn A 52 und der Bebauungsplan Nr. X. Die Lärmschutzanlage unterliege nicht der Erschließungslast der Beklagten. Des Weiteren sei dem Planungserfordernis des § 125 BauGB nicht Rechnung getragen worden. Der aktuelle Bebauungsplan Nr. X sei unwirksam; eine den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB genügende Abwägungsentscheidung liege nicht vor. Es liege ein Abwägungsmangel vor, weil sich die Kosten für die Herstellung des Lärmschutzwalls gegenüber der ursprünglichen Annahme verzwangzigfacht hätten und die Höhe der Kosten bei den Beratungen über die Errichtung des Lärmschutzwalls keine Rolle gespielt hätte. Darüber hinaus seien die der schalltechnischen Untersuchung zu den Veränderungen der Lärmimmissionen durch eine Lärmschutzwand entlang der A 52 zugrunde gelegten Erhebungen einige Zeit vor Entstehen der sachlichen Beitragspflicht durchgeführt worden und gäben somit nicht die diesbezüglichen Verhältnisse exakt wieder. Jedenfalls könne nicht ausgeschlossen werden, dass es innerhalb des Zeitraums bis zum maßgeblichen Stichtag für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen durch neu hinzutretende Bauvorhaben zu Veränderungen im Abrechnungsgebiet gekommen sei. Schließlich sei die Eingrenzung des Erschließungsgebiets willkürlich und nicht sachgerecht erfolgt.
8Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
9das angefochtene Urteil zu ändern und die Bescheide der Beklagten vom 21. November 2005 in der Fassung ihrer Widerspruchsbescheide vom 30. Mai 2007 und der Änderungen vom 14. Januar 2009 insgesamt aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Zur Begründung führt sie u.a. aus, die Beitragspflicht für die Altanlieger sei entstanden, da sich die Beitragspflicht allein danach bemesse, ob die entsprechenden Grundstücke einen Sondervorteil erführen. Dieser Vorteil ergebe sich für die Grundstücke durch die entsprechenden Lärmminderungen.
13Der Bebauungsplan Nr. X sei wirksam. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts treffe es nicht zu, dass laut Bauleitplanung im Mischgebiet auf deutlich mehr als 50 % der überbaubaren Flächen Wohngebäude für unzulässig erklärt würden. Vielmehr ergebe sich ein Gleichgewicht der gegliederten Flächen mit ihren Nutzungsarten (gewerbliche Nutzung und Wohnnutzung). Außerdem führe dieser Aspekt allenfalls zur Teilnichtigkeit des Bebauungsplans, nicht jedoch zur Gesamtunwirksamkeit.
14Im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. X seien die Grundstücke im nördlichen Bereich des Abrechnungsgebiets nicht dem Außenbereich, sondern dem Innenbereich zuzuordnen. Der südliche Bereich des Verteilgebiets sei nahezu geschlossen bebaut. Im mittleren und vor allem nördlichen Bereich seien zwar größere Teile noch unbebaut. Es bestehe aber dennoch der Eindruck der Geschlossenheit. Denn es sei zu berücksichtigen, dass gerade im Gewerbegebiet größere Grundstücke auch zu größeren Baulücken führten, die nicht den Bebauungszusammenhang unterbrächen. Die hier im nördlichen Bereich vorzufindende aufgelockerte Bebauungsstruktur entspreche der für gewerbliche Flächen im Stadtgebiet typischen Bebauungsstruktur, die von größeren Baulücken geprägt sei. Dementsprechend seien vorliegend alle Baugenehmigungen in dem Gebiet auf der Basis von § 34 BauGB erteilt worden.
15Es liege auch eine den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB entsprechende Abwägung vor. Der Lärmschutzwall sei zu einem Zeitpunkt realisiert worden, als die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. X nicht in Frage gestanden habe. In dem diesem Bebauungsplan zugrunde liegenden Aufstellungsverfahren seien die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 – 7 BauGB abgearbeitet worden. Die Herstellung der Erschließungsanlage habe der Baureifmachung der Grundstücke für die Ansiedlung von Wohnen und Gewerbe in dem hier in Rede stehenden Gebiet gedient. Die von ihr – der Beklagten – gewollte weitere Zulassung von Wohn- und gewerblicher Nutzung sei gepaart gewesen mit der Erkenntnis, dass hierfür wegen des von der Bundesautobahn ausgehenden Lärms eine Lärmschutzmaßnahme in Gestalt der nachfolgend errichteten Lärmschutzanlage dringend geboten sei. Die Einstufung des Bebauungsplans Nr. X führe nicht dazu, auch die zugrunde liegende städtebauliche Zielsetzungsentscheidung der Gemeinde und die zu Gunsten der Errichtung einer Lärmschutzanlage getroffene Abwägungsentscheidung als allein auf diesen Plan bezogen und durch dessen Unwirksamkeit obsolet geworden anzusehen. Die Entscheidung zur Errichtung des Lärmschutzwalls sei vielmehr auf die grundsätzliche städtebauliche Entscheidung bezogen gewesen, in diesem Gebiet weitere Wohn- und Gewerbenutzung zuzulassen. Ein Mangel im Abwägungsvorgang führe auch im Fall des § 125 Abs. 2 BauGB entsprechend § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB nur dann zur Rechtswidrigkeit der Herstellung der Erschließungsanlage, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die Planungsentscheidung ohne den Mangel im Ergebnis anders ausgefallen wäre. Hier könne man nicht darauf abstellen, dass den Ratsmitgliedern bei Beschlussfassung die Kenntnis gefehlt habe, mit der Lärmschutzanlage den Außenbereich zu schützen. Außerdem handele es sich bei der gemäß § 125 Abs. 2 BauGB zu treffenden Entscheidung, ob die Erschließungsanlage den in § 1 Abs. 4 – 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entspreche, vorliegend um ein Geschäft der laufenden Verwaltung im Sinne von § 41 Abs. 3 GO NRW.
16Soweit etwaig zu berücksichtigender überlagernder Lärm der U. Straße zu berücksichtigen sei, werde darauf hingewiesen, dass die Grundstücke südlich der U. Straße nicht zu Erschließungsbeiträgen herangezogen worden seien. Im Übrigen sei entscheidend, an welcher Stelle die Verbesserung, d.h. eine Lärmminderung von mehr als 3 dB(A), auf dem Grundstück erreicht werden müsse. In der Einzelsatzung werde die äußerste Ecke des Grundstücks zugrunde gelegt. Dies führe besonders bei den unmittelbar an der U. Straße angrenzenden Grundstücken, die teilweise bis zu 100 m tief seien, zur Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen, obwohl die Wohnbebauung direkt an der U. Straße liege und hier durch die Lärmbelastung dieser Straße keine spürbare Verbesserung erfahre. Würde nicht der äußerste der Erschließungsanlage zugewandte Grundstücksteil als Maßstab zugrunde gelegt werden, sondern die Wohnbebauung aus Sicht der U. Straße betrachtet werden, würde die Bebauung an dieser Straße fast komplett aus der Beitragspflicht herausfallen.
17Der Berichterstatter des Senats hat die Sache am 18. Oktober 2013 mit den Beteiligten erörtert. Insoweit wird auf das Protokoll des Erörterungstermins vom selben Tage Bezug genommen.
18Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
19II.
20Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130a VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung der Klägerin einstimmig für begründet hält. Nachdem die Beteiligten im Erörterungstermin am 18. Oktober 2013 umfassend und ausführlich zur Sache vortragen konnten, hält der Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – auch unter Würdigung des Schriftsatzes der Beklagten vom 4. November 2013 – nicht für erforderlich.
21Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheide der Beklagten vom 21. November 2005 in der Fassung ihrer Widerspruchsbescheide vom 30. Mai 2007 und den Änderungen vom 14. Januar 2009 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22Zwar kann es sich bei einem Lärmschutzwall um eine beitragsfähige Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB handeln. Vorliegend sind aber die Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht nicht erfüllt. Es fehlt am erschließungsrechtlichen Planerfordernis (§ 125 Abs. 1 BauGB); eine Abwägungsentscheidung im Sinne des § 125 Abs. 2 BauGB liegt ebenfalls nicht vor (1.). Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, welche Konsequenzen sich aus der Nichtberücksichtigung möglicherweise überlagernden Lärms der U. Straße bei der Ermittlung der Lärmminderung ergeben (2.).
231. Gemäß § 125 Abs. 1 BauGB setzt die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 BauGB einen Bebauungsplan voraus. Diesem Erfordernis wird hier nicht Genüge getan, weil der Bebauungsplan Nr. X der Beklagten unwirksam ist. Durch den – weit überwiegenden – Ausschluss von Wohnnutzung (vgl. Nr. 4 der textlichen Festsetzungen) wird die allgemeine Zweckbestimmung des Mischgebiets nicht gewahrt. Gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO kann zwar im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 und 13 BauNVO allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Letzteres ist hier aber nicht der Fall. § 6 BauNVO bestimmt den Gebietscharakter des Mischgebiets durch die beiden Hauptfunktionen Wohnen und Gewerbe ohne Festlegung einer bestimmten Relation oder eines Vorrangs der einen gegenüber der anderen Nutzung. Kennzeichnend sind im Mischgebiet, das die bauplanungsrechtlichen Grundlagen für die beiden Nutzungsarten enthält, somit die Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht wesentlich störendem Gewerbe. Das damit im Mischgebiet mögliche Nebeneinander der beiden Hauptnutzungsarten hat berechtigende und verpflichtende Funktionen: Das Mischgebiet muss als Baugebiet beiden Hauptnutzungsarten bauplanungsrechtlich verfügbar sein; dies hat zur Folge, dass keine der beiden Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die jeweils andere gewinnen darf. Dies bedeutet eine quantitative und qualitative Durchmischung des Mischgebiets mit Wohn- und Gewerbenutzung. Dies schließt in quantitativer Hinsicht nicht nur aus, dass eine der beiden Hauptnutzungsarten in dem Mischgebiet völlig verdrängt wird, sondern auch, dass eine der beiden Hauptnutzungsarten in dem Gebiet nach Anzahl oder Umfang beherrschend und damit „übergewichtig“ in Erscheinung tritt. Die beiden Hauptnutzungsarten müssen sowohl quantitativ als auch qualitativ durchmischt gegeben sein.
24Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand: April 2013, § 6 BauNVO Rn. 10 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung.
25Vorliegend wird gemäß Nr. 4 der textlichen Festsetzungen in der ausgewiesenen Mischgebietsfläche die Wohnnutzung größtenteils, jedenfalls auf weitaus mehr als 50 % der ausgewiesenen Flächen ausgeschlossen. Im Wesentlichen sind lediglich im südöstlichen Bereich der Mischgebietsfläche beide Nutzungsarten zulässig. Damit ist die erforderliche quantitative Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit der ein Mischgebiet prägenden Nutzungsarten nicht mehr gegeben. Die hier festgesetzten Mischgebietsflächen sind somit aufgrund des überwiegenden Ausschlusses der Wohnnutzung in der Sache Gewerbegebiete. Hierbei handelt es sich um einen Festsetzungsmangel mit der Folge, dass für eine etwaige Heilung des Bebauungsplans nach den Vorschriften der §§ 214 f. BauGB kein Raum ist. Vor dem Hintergrund dieses aufgrund der Festsetzungen des Bebauungsplans eindeutig zutage tretenden krassen Missverhältnisses zwischen Wohnen und Gewerbe innerhalb des Mischgebiets ist der Vortrag der Beklagten, wonach keine Rede davon sein könne, dass in weit mehr als 50 % der Fläche Wohnen unzulässig sei (Seite 4 ihres Schriftsatzes vom 4. November 2013), in keiner Weise nachvollziehbar.
26Dieser festgestellte Mangel wirkt sich auf den gesamten Bebauungsplan Nr. X aus; die Unwirksamkeit erfasst den Plan in seiner Gesamtheit. Denn Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen nur dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen – für sich betrachtet – noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte.
27Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 6. April 1993 - 4 NB 43.92 -, ZfBR 1993, 238 (239), und vom 29. März 1993 - 4 NB 10.91 -, DVBl. 1993, 661 (662).
28Davon ist hier nicht auszugehen. Ausweislich der Planbegründung verfolgte der Rat der Beklagten im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses erkennbar das Ziel, die Mischgebiete „als Puffer zwischen allgemeinem Wohngebiet und Gewerbegebiet“ festzusetzen, da sie als weniger lärmempfindlich im Vergleich zum Wohngebiet gelten (Nr. 6.3 der Begründung zum Bebauungsplan Nr. X). Diese – an sich sinnvolle – Pufferfunktion zwischen diesen Nutzungsarten ist zentraler Bestandteil der Planung. Sie stellt somit einen untrennbaren Teil des Regelungsgefüges des Bebauungsplans dar. Ohne diese Festsetzung hätte der Rat den Plan im Zweifel so nicht beschlossen, weil dann ein wesentliches Planungsziel verfehlt worden wäre.
29Zur weiteren Begründung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. X wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteils Bezug genommen, welches seinerseits das Urteil des VG Düsseldorf vom 19. April 2007 – 9 K 3163/06 – aufgreift, in dem die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. X der Beklagten bereits inzident geprüft wurde. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass übrigens auch die Beklagte selber von der Gesamtunwirksamkeit des genannten Bebauungsplans ausgeht. Unter Nr. 4 der Begründung zur aktuell in der Aufstellung befindlichen 1. Änderung dieses Plans heißt es: „In den [...] als Mischgebiet (MI) festgesetzten Baugebieten besteht ein Missverhältnis zwischen den Hauptnutzungen Wohnen und Gewerbe, da Wohnen auf über 50 % der Fläche ausgeschlossen ist. Die Festsetzung von Mischgebieten ist zentraler Bestandteil des planerischen Konzepts des BP Nr. X im Übergang von dem nördlich gelegenen Gewerbegebiet (GE) nach § 8 BauNVO zu den südlich befindlichen Allgemeinen Wohngebieten (WA).“ Zudem räumt sie selber ein, dass der bestehende Plan ihrem aktiven Verwaltungshandeln nicht mehr zugrunde gelegt werden dürfe (Nr. 1.3 der Begründung zur Bebauungsplanänderung).
30Liegt kein wirksamer Bebauungsplan vor, so dürfen beitragsfähige Erschließungsanlagen in unbeplanten Gebieten gemäß § 125 Abs. 2 BauGB nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Abs. 4 – 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entsprechen. Die Gemeinde hat somit im Rahmen des § 125 Abs. 2 BauGB u.a. eine den Anforderungen des § 1 Abs. 7 BauGB genügende Abwägung der öffentlichen und privaten Belange vorzunehmen. Daran fehlt es vorliegend.
31Es mag zwar grundsätzlich möglich sein, dass die erforderliche Abwägung im Einzelfall bei Erlass des (unwirksamen) Bebauungsplans vorgenommen worden ist. Vorliegend genügt die bei Erlass des Bebauungsplans Nr. X zum Ausdruck gekommene Abwägung aber nicht den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 7 BauGB.
32Das hierin enthaltene Abwägungsgebot erfordert bei der Beschlussfassung über einen Bebauungsplan die Prüfung des Abwägungsmaterials durch das für die Abwägung zuständige Gemeindeorgan. Wird ihm das Abwägungsmaterial vorenthalten oder wird das Material aus anderen Gründen nicht in die Abwägung eingestellt, liegt ein Fehler im Vorgang der planerischen Abwägung vor. Daher sind bei der Beschlussfassung über einen Bebauungsplan die Ratsmitglieder zur Vorbereitung der ihnen obliegenden Abwägung auf die hierfür relevanten Umstände konkret hinzuweisen und sie müssen bei ihrer Abwägungsentscheidung Zugriff auf die entsprechenden Unterlagen haben.
33Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1999 - 4 CN 12.98 -, BVerwGE 110, 118 (125 f.); OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Januar 2008 - 7 B 1743/07.NE -, NWVBl. 2008, 349 (351), und vom 28. Mai 2010 ‑ 15 A 3231/07 -, OVGE MüLü 53, 73 (77).
34Nichts anderes gilt im Rahmen der nach § 125 Abs. 2 BauGB vorzunehmenden Abwägung. Der Gemeinderat (bzw. bei entsprechender Aufgabenübertragung ein Ausschuss oder der Bürgermeister) ist auf die für die Abwägung relevanten Umstände konkret hinzuweisen, und er muss bei seiner Entscheidung Zugriff auf das Abwägungsmaterial haben. Damit ist nichts anderes als die Selbstverständlichkeit ausgesagt, dass derjenige, der eine Abwägungsentscheidung trifft, auch über die zu berücksichtigenden Umstände informiert sein muss.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2010 - 15 A 3231/07 -, OVGE MüLü 53, 73 (77 f.).
36Diesen Anforderungen wird die im Rahmen der Aufstellung und des Erlasses des Bebauungsplans Nr. X getroffene Abwägung nicht gerecht. Ohne diesen Bebauungsplan ist der nördliche Bereich des Verteilgebiets dem Außenbereich nach § 35 BauGB zuzuordnen (dazu siehe sogleich) und einer Bebauung grundsätzlich nicht zugänglich. Die Errichtung einer Lärmschutzanlage zum Schutz des Außenbereichs ist jedoch unangemessen und deshalb abwägungsfehlerhaft. Unabhängig davon war den Ratsmitgliedern nicht bewusst, dass der Bebauungsplan wegen rechtlicher Mängel nicht wirksam ins Werk gesetzt werden konnte und dass es sich in dem Bereich unmittelbar südlich der Autobahn um Außenbereichsgelände handelt. Ihnen war somit auch nicht bewusst, dass sie mit einem (teuren) Lärmschutzwall tatsächlich Außenbereichsgrundstücke vor Lärm schützen. Nichts anderes gilt übrigens für den Fall, dass nach den Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 4. November 2013 der Gemeinderat hierfür gar nicht zuständig gewesen sein sollte: Eine den dargelegten Anforderungen genügende Abwägungsentscheidung eines anderen Gemeindeorgans ist ebenfalls nicht ersichtlich.
37Dieser erhebliche Abwägungsmangel ist offensichtlich und auf das Ergebnis der Abwägung von Einfluss gewesen, denn es ist nicht denkbar, dass die Beklagte einen teuren Lärmschutzwall zum Schutz von Außenbereichsgrundstücken hätte errichten wollen. Der Mangel ist auch nicht wegen Zeitablaufs gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich geworden. Diese Vorschrift ist ersichtlich auf Flächennutzungspläne und Satzungen des Städtebaurechts, insbesondere Bebauungspläne, zugeschnitten und daher im Rahmen des § 125 Abs. 2 BauGB nicht anwendbar.
38Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2010 - 15 A 3231/07 -, OVGE MüLü 53, 73 (79); Driehaus, Erschließungs-und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 7 Rn. 27.
39An der Einordnung des hier in Rede stehenden Teilgebiets zum Außenbereich hat der Senat nach dem vorliegenden Kartenmaterial und Luftbild keinen Zweifel, wobei für die Entscheidung dieses Rechtsstreits unerheblich ist, ob die Grundstücke der Klägerin dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sind. Die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich lässt sich nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht unter Anwendung von geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen. Es bedarf vielmehr einer Beurteilung aufgrund einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts. Bei der anzustellenden wertenden und bewertenden Beurteilung sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen sowie außerdem auch andere topographische Verhältnisse wie etwa Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse und dergleichen) in den Blick zu nehmen. Die Berücksichtigung solcher äußerlich erkennbarer Umstände kann dazu führen, dass der Bebauungszusammenhang im Einzelfall abweichend von der Regel nicht am letzten Baukörper endet, sondern noch ein oder mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze mit einschließt, wobei auch Straßen und Wege in dieser Hinsicht von Bedeutung sein können. Ob ein unbebautes Grundstück, das sich einem Bebauungszusammenhang anschließt, diesen Zusammenhang fortsetzt oder ihn unterbricht, hängt davon ab, inwieweit nach der maßgeblichen Betrachtungsweise der „Verkehrsauffassung“ die aufeinanderfolgende Bebauung trotz der vorhandenen Baulücke den Eindruck der Geschlossenheit oder der Zusammengehörigkeit vermittelt. Dabei lässt sich nichts Allgemeingültiges darüber sagen, wie sich namentlich die Größe eines solchen unbebauten Grundstücks auf die Anwendbarkeit des § 34 BauGB auswirkt. Zwar findet die Möglichkeit, eine den Bebauungszusammenhang wahrende Baulücke anzunehmen, auch in dessen Größe eine obere Grenze, jedoch lässt sich eine absolute Zahl als Grenzwert insoweit nicht angeben.
40BVerwG, Urteile vom 14. November 1991 ‑ 4 C 1.91 ‑, BRS 52 Nr. 146, und vom 12. Dezember 1990 ‑ 4 C 40.87 ‑, BRS 50 Nr. 72, Beschlüsse vom 1. April 1997 - 4 B 11.97 -, BRS 59 Nr. 75, vom 4. Januar 1995 - 4 B 273.94 -, BRS 57 Nr. 93, und vom 17. Februar 1994 - 4 B 29.94 -, juris Rn. 5, jeweils m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 14. Juni 2010 ‑ 7 A 2549/08 -, n.v.
41Unter Anwendung dieser Maßstäbe beginnt hier der Innenbereich nach § 34 BauGB im Wesentlichen erst südlich des U. Wegs bzw. – im östlichen Bereich des Verteilgebiets – südlich der U1. . Die nördlich vereinzelt vorzufindende Bebauung erweckt nicht den Eindruck der Geschlossenheit. Weite Teile des Areals sind unbebaut. Nach der Verkehrsauffassung vermitteln diese Freiflächen angesichts ihrer immensen Ausdehnung von z.T. mehreren hundert Metern nicht den Eindruck einer Baulücke, z.B. zwischen den Gebäuden U1. 31 (Flurstück 245) bis zu dem an der Ecke O.-------straße / U1. gelegenen Gebäude (Flurstücke 225, 226); das Flurstück 332 war zum Abrechnungszeitpunkt noch nicht bebaut. Von der Autobahn bis zum Aldi-Markt an der Ecke U. Feld / U. Weg sind es über 160 m (alle Angaben abgegriffen nach dem Abrechnungsgebietsplan der Beklagten vom 20. Oktober 2005). Den wenigen vorhandenen Bauten kommt keine prägende Wirkung im Hinblick auf eine etwaige Umgebungsbebauung zu. Sie befinden sich vielmehr vereinzelt innerhalb weiter Flur. Somit lässt sich der für die Annahme eines Innenbereichs erforderliche Bebauungszusammenhang hier auch nicht unter Berücksichtigung des Umstands feststellen, dass eine gewerbliche Nutzung häufig auf größeren Grundstücken stattfindet und dementsprechend auch mit größeren Freiflächen einhergeht.
42Für die Beurteilung, ob der nördliche Teil des Verteilgebiets dem Innen- oder Außenbereich angehört, bedurfte es keiner Durchführung eines Ortstermins. Umfang und Art der Tatsachenermittlung bestimmt das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO). Die in den Akten befindlichen Karten und das Luftbild (sowie im Internet frei verfügbare Informationen zur örtlichen Situation) sind hinreichend aussagekräftig. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass ein in Baustreitigkeiten erfahrenes Tatsachengericht – worunter auch die mit Erschließungsbeitragsrecht befassten Spruchkörper zählen – die örtlichen Gegebenheiten allein mit Hilfe von Karten- und Bildmaterial beurteilen kann.
43Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 1992 - 4 B 30.92 -, juris, und Urteil vom 14. November 1991 - 4 C 1.91 -, BRS 52 Nr. 146.
44Der Einstufung als Außenbereich steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Beklagte nach ihren Angaben den vereinzelt angesiedelten Gewerbebetrieben Baugenehmigungen auf der Grundlage von § 34 BauGB erteilt hat.
45Im Übrigen ist die Beklagte intern zutreffend selbst davon ausgegangen, dass es sich vorliegend um Außenbereich handelt. Dies ergibt sich aus einer E-Mail vom 25. Januar 2008 (Beiakte 14).
46Es kann dahingestellt bleiben, ob der frühere Bebauungsplan Nr. Y angesichts der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. X wieder auflebt. Dagegen könnte sprechen, dass die Beklagte ausweislich ihrer Begründung zum Bebauungsplan Nr. X nicht mehr am alten Plan festhalten wollte (vgl. Nr. 1 und 3.1 der Begründung). Dies bedarf jedoch keiner Vertiefung. Denn selbst wenn man ein Wiederaufleben des Plans Nr. Y annähme, läge auch insoweit keine den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB genügende Abwägungsentscheidung vor. Dies ergibt sich aus Folgendem: Die Beklagte wollte den Lärmschutzwall im Zusammenhang mit der konkreten Planung, wie sie im Bebauungsplan Nr. X Niederschlag gefunden hat, errichten. Unter Nr. 5.1 der Bebauungsplanbegründung sind die Abstände der einzelnen – im Bebauungsplan festgesetzten – Gebietsarten zur Autobahn A 52 aufgelistet. Diese Ermittlung war Ausgangspunkt der weiter angestellten Überlegungen, wie der Lärmschutzwall im Einzelnen zu gestalten war, um effektiv, d.h. lärmmindernd zu wirken, insbesondere im Hinblick darauf, die Orientierungswerte gemäß DIN 18005 einzuhalten. Des Weiteren heißt es dort: „In Verbindung mit der geplanten Bebauung der Gewerbegebiete bzw. Mischgebiete, die als weiterer aktiver Schallschutz gewertet werden kann, ist die Maßnahme als ausreichender Schutz für die Baugebiete entsprechend der DIN 18005 zu betrachten.“ Daran wird deutlich, dass der in Rede stehende Lärmschutzwall gerade im Hinblick auf diese Planung konzipiert wurde.
472. Unabhängig vom Vorstehenden begegnet die von der Beklagten vorgenommene Beitragserhebung auch aus einem weiteren Grund erheblichen Bedenken. Für die Frage, ob ein Grundstück von der abzurechnenden Lärmschutzanlage erschlossen wird, sind auch weitere Schallquellen – hier etwa der von der U. Straße ausgehende Straßenverkehrslärm – zu berücksichtigen. Das ist vorliegend – soweit ersichtlich – nicht geschehen. Zu den insoweit zu berücksichtigenden Anforderungen hat der Senat bereits im Einzelnen ausgeführt:
48Ein Grundstück wird von einer Lärmschutzanlage nur dann im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB erschlossen, wenn es infolge dieser Lärmschutzanlage im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten eine Lärmpegelminderung von mindestens 3 dB(A) erfährt. Ausgangspunkt dieser Betrachtung ist somit nicht die Lärmquelle, vor deren Emissionen die Lärmschutzanlage schützen soll. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob – stichtagsbezogen – ein entsprechender Schallschutz bei dem betreffenden Grundstück auch tatsächlich ankommt. Bei dieser stichtags- und grundstücksbezogenen Betrachtungsweise können andere geräuschemittierende Quellen als die, derentwegen die Lärmschutzanlage errichtet worden ist, nicht unberücksichtigt bleiben. Die von ihnen ausgehenden Geräuschemissionen können im Extremfall diejenigen Emissionen vollständig überdecken, vor denen die Lärmschutzanlage schützen soll. In diesem Fall bewirkt die Lärmschutzanlage keine bei dem betreffenden Grundstück tatsächlich zu verzeichnende Lärmpegelminderung. Ebenso ist denkbar, dass die von der Lärmschutzanlage bewirkte Lärmpegelminderung für einzelne Grundstücke infolge des Hinzutretens weiterer Lärmquellen geringer ausfällt, was sich auf den Umfang des Erschlossen-seins und damit auf die hieran anknüpfende Beitragsbelastung auswirken kann. Soweit sich die Berücksichtigung weiterer Lärmquellen von der immissionsschutzrechtlichen Betrachtung unterscheiden sollte, hat dies seine Ursache darin, dass das Erschließungsbeitragsrecht das Erschlossensein eines Grundstücks an einen diesem konkret zukommenden Erschließungsvorteil (hier: einer Lärmpegelminderung) knüpft. Aus diesem Grunde ist es nicht möglich, die weiteren Lärmquellen hinweg zu denken, wie dies etwa bei der Erschließung eines Grundstücks durch mehrere Anbaustraßen geschieht. In diesen Fällen ist das Hinwegdenken weiterer Anbaustraßen deshalb gerechtfertigt, weil das betreffende Grundstück gerade (auch) wegen der abzurechnenden Anbaustraße den maßgeblichen Erschließungsvorteil erhält, nämlich bebaut bzw. gewerblich genutzt werden zu können. Der durch eine Lärmschutzanlage vermittelte Erschließungsvorteil ist jedoch anderer Art; er knüpft nicht an die Bebaubarkeit oder gewerbliche Nutzbarkeit eines Grundstücks oder gar eines Baugebiets, sondern an eine grundstücksbezogene Lärmpegelminderung an, die ein bestimmtes Mindestmaß erreicht haben muss. Deshalb kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass u. U. das von einem Bebauungsplan erfasste Gebiet nur deshalb zur baulichen Nutzung freigegeben werden konnte, weil infolge der Lärmschutzanlage die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) sichergestellt werden konnten. Im Übrigen ist die Berücksichtigung weiterer Lärmquellen für die Gemeinde in der Regel aufkommensneutral, weil sie nur zu einer anderen Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwandes führt. Soweit es für die verbleibenden Grundstücke zu einer extrem hohen Beitragsbelastung kommt, mag allerdings die Anwendung der Härtefallregelung des § 135 Abs. 5 Satz 1 BauGB in Betracht zu ziehen sein. Darüber hinaus ist es theoretisch möglich, dass der von weiteren Lärmquellen ausgehende Lärm eine andere geräuschemittierende Quelle derart überdeckt, dass sich eine mit Blick auf diese Quelle errichtete Lärmschutzanlage bei keinem Grundstück mit einer Lärmpegelminderung von mindestens 3 dB(A) auswirkt, so dass Erschließungsbeiträge für diese Lärmschutzanlage nicht erhoben werden können. Das wäre aber eine (ausnahmsweise) hinzunehmende Folge des als merkbare Lärmpegelminderung verstandenen grundstücksbezogenen Erschließungsvorteils, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Dezember 2009 - 15 A 4116/06 -, abgedruckt in: Stelkens/Roeder, Rechtsprechungssammlung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen im Erschließungs- und Erschließungsbeitragsrecht, Stand: April 2013, § 127 BauGB Lärmschutzanlage 1/2009.
49Aus der schalltechnischen Untersuchung zu den Veränderungen der Lärmimmissionen durch eine Lärmschutzwand entlang der A 52 vom 30. Juni 2005 geht nicht hervor, dass der von der U. Straße ausgehende Verkehrslärm berücksichtigt worden wäre. Es wird vielmehr nur der von der Autobahn ausgehende Lärm in den Blick genommen. Angesichts des Umstands, dass es sich bei der U. Straße um eine Landesstraße mit entsprechendem Verkehrsaufkommen handelt (L 371), erscheint ihre Berücksichtigung umso gebotener. Denn es kann ohne entsprechende Untersuchung für einige Grundstücke nicht ausgeschlossen werden, dass der von dieser Straße ausgehende Lärm gegebenenfalls die Emissionen der Autobahn, vor denen der Lärmschutzwall schützen soll, (vollständig) überdeckt, oder dass die durch den Lärmschutzwall bewirkte Lärmminderung geringer ausfällt als angenommen. Dies könnte insbesondere auf die nördlich der U. Straße angrenzenden Grundstücke zutreffen. Diese sind keinesfalls sämtlich bis zu 100 m tief, sondern weisen teilweise eine deutlich geringere Tiefe auf, mit der Folge, dass sich vor allem bei ihnen die Problematik des möglicherweise überlagernden Lärms stellt. Letztlich hängt hiervon die Verteilung des Erschließungsaufwands im gesamten Gebiet ab.
50Welche Konsequenzen dies für die etwaige Beitragspflicht der Klägerin hat, kann hier angesichts des Verstoßes gegen § 125 BauGB dahinstehen.
51Auch auf die übrigen von den Beteiligten im Verfahren angesprochenen Aspekte (insbesondere Altbaubestand und Prioritätsgrundsatz) kommt es hiernach nicht mehr an.
52Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
53Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
54Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
55Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG.
(1) Die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Absatz 2 setzt einen Bebauungsplan voraus.
(2) Liegt ein Bebauungsplan nicht vor, so dürfen diese Anlagen nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Absatz 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen.
(3) Die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen wird durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und
(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.
(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn
- 1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist, - 2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist, - 3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, - 4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.
(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.
(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn
- 1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist, - 2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist, - 3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, - 4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.
(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.
(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.
Tenor
Das angegriffene Urteil wird geändert.
Der Bescheid der Beklagten vom 21. November 2005 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2007 und der Änderung vom 14. Januar 2009 wird insgesamt aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 52.398,08 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Klägerin zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung eines Lärmschutzwalls.
4Der Bebauungsplan Nr. 232/II (I. -Gebiet zwischen U. Straße, Bundesautobahn [A 52] und O.-------straße ) vom 15. März 1995 der Beklagten weist den südlichen Bereich des Gebiets als allgemeines Wohngebiet aus. Nach Norden und nach Osten hin schließt sich ein Streifen mit der Festsetzung Mischgebiet an. Unter Nr. 4 der textlichen Festsetzungen heißt es hierzu: „In den Mischgebieten sind gem. § 1 (4) BauNVO im Bereich der mit I* gekennzeichneten überbaubaren Flächen Wohngebäude nicht zulässig“, wobei die so gekennzeichneten Flächen innerhalb der Mischgebietsfestsetzungen deutlich mehr als 50 % ausmachen. Im nördlichen Planungsgebiet ist ein Gewerbegebiet festgesetzt. Sodann sieht der Bebauungsplan die Errichtung eines Lärmschutzwalls entlang der Bundesautobahn A 52 vor. Im Jahr 2002 wurde der Wall als Wallkonstruktion mit aufstehender Lärmschutzwand (3 m hoher Erdwall mit aufgesetzter 3 m hoher Wandkonstruktion) endgültig technisch fertiggestellt. Nachdem die Beklagte am 19. Dezember 2002 die Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Immissionsschutzanlage im Bereich des Bebauungsplans Nr. 232/II (Einzelsatzung) erlassen hatte, zog sie die Klägerin als Eigentümerin des 32.822,40 qm großen gewerblich genutzten Grundstücks U1. 19 in N. (Gemarkung I. alte, Flur 1, Flurstück 221) mit Bescheid vom 21. November 2005 zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 53.207,74 Euro für die endgültige Herstellung der Immissionsschutzanlage entlang der Bundesautobahn heran. Neben der Klägerin wurden zahlreiche weitere Grundeigentümer im Bereich zwischen O.-------straße im Osten, U. Straße im Süden, U1. im Westen und Bundesautobahn A 52 im Norden zu Erschließungsbeiträgen herangezogen. Die bauliche Nutzung der Grundstücke im Verteilungsgebiet ist tatsächlich im Wesentlichen wie folgt geprägt: Während im südlichen Bereich, d.h. zwischen U. Straße und U. Weg, vornehmlich Wohnbebauung vorherrschend ist, befinden sich im nördlichen Bereich bis hin zur Autobahn sehr große unbebaute Flächen. Vereinzelt sind in diesem Teilbereich gewerbliche Nutzungen vorzufinden.
5Den gegen den Beitragsbescheid eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2007 als unbegründet zurück. Während des anschließenden Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht änderte die Beklagte unter dem 14. Januar 2009 die Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwands mit der Folge, dass sie den von der Klägerin zu zahlenden Erschließungsbeitrag auf 56.542,89 Euro erhöhte.
6Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit ein Erschließungsbeitrag von mehr als 52.398,08 Euro festgesetzt worden ist; zur Begründung hat es ausgeführt, dass noch weitere Grundstücke als durch die Erschließungsanlage erschlossen anzusehen seien, weshalb sich der Beitragssatz reduziere. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen: Zwar sei der Bebauungsplan Nr. 232/II unwirksam, die Anlage genüge aber den Anforderungen des § 125 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 4 – 7 BauGB. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen.
7Mit der vom Senat durch Beschluss vom 28. Oktober 2011 zugelassenen und rechtzeitig begründeten Berufung trägt die Klägerin u.a. vor, ihr Grundstück liege im Außenbereich und die Voraussetzungen des § 125 Abs. 2 BauGB seien nicht gegeben. Insbesondere habe die Beklagte gegen das Abwägungsgebot des § 125 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 7 BauGB verstoßen, denn eine fehlerfreie Abwägung wäre niemals zu dem Ergebnis gekommen, den von Bebauung freizuhaltenden Außenbereich mit einem Lärmschutzwall gegen Geräuschimmissionen zu schützen.
8Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
9das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 21. November 2005 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2007 und der Änderung vom 14. Januar 2009 insgesamt aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Zur Begründung führt sie aus, der Bebauungsplan Nr. 232/II sei wirksam. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts treffe es nicht zu, dass laut Bauleitplanung im Mischgebiet auf deutlich mehr als 50 % der überbaubaren Flächen Wohngebäude für unzulässig erklärt würden. Vielmehr ergebe sich ein Gleichgewicht der gegliederten Flächen mit ihren Nutzungsarten (gewerbliche Nutzung und Wohnnutzung). Außerdem führe dieser Aspekt allenfalls zur Teilnichtigkeit des Bebauungsplans, nicht jedoch zur Gesamtunwirksamkeit.
13Im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 232/II sei das Grundstück der Klägerin nicht dem Außenbereich, sondern dem Innenbereich zuzuordnen. Der südliche Bereich des Verteilgebiets sei nahezu geschlossen bebaut. Im mittleren und vor allem nördlichen Bereich seien zwar größere Teile noch unbebaut. Es bestehe aber dennoch der Eindruck der Geschlossenheit. Denn es sei zu berücksichtigen, dass gerade im Gewerbegebiet größere Grundstücke auch zu größeren Baulücken führten, die nicht den Bebauungszusammenhang unterbrächen. Die hier im nördlichen Bereich vorzufindende aufgelockerte Bebauungsstruktur entspreche der für gewerbliche Flächen im Stadtgebiet typischen Bebauungsstruktur, die von größeren Baulücken geprägt sei. Dementsprechend seien vorliegend alle Baugenehmigungen in dem Gebiet auf der Basis von § 34 BauGB erteilt worden.
14Es liege auch eine den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB entsprechende Abwägung vor. Der Lärmschutzwall sei zu einem Zeitpunkt realisiert worden, als die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 232/II nicht in Frage gestanden habe. In dem diesem Bebauungsplan zugrunde liegenden Aufstellungsverfahren seien die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 – 7 BauGB abgearbeitet worden. Die Herstellung der Erschließungsanlage habe der Baureifmachung der Grundstücke für die Ansiedlung von Wohnen und Gewerbe in dem hier in Rede stehenden Gebiet gedient. Die von ihr – der Beklagten – gewollte weitere Zulassung von Wohn- und gewerblicher Nutzung sei gepaart gewesen mit der Erkenntnis, dass hierfür wegen des von der Bundesautobahn ausgehenden Lärms eine Lärmschutzmaßnahme in Gestalt der nachfolgend errichteten Lärmschutzanlage dringend geboten sei. Die Einstufung des Bebauungsplans Nr. 232/II führe nicht dazu, auch die zugrunde liegende städtebauliche Zielsetzungsentscheidung der Gemeinde und die zu Gunsten der Errichtung einer Lärmschutzanlage getroffene Abwägungsentscheidung als allein auf diesen Plan bezogen und durch dessen Unwirksamkeit obsolet geworden anzusehen. Die Entscheidung zur Errichtung des Lärmschutzwalls sei vielmehr auf die grundsätzliche städtebauliche Entscheidung bezogen gewesen, in diesem Gebiet weitere Wohn- und Gewerbenutzung zuzulassen. Ein Mangel im Abwägungsvorgang führe auch im Fall des § 125 Abs. 2 BauGB entsprechend § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB nur dann zur Rechtswidrigkeit der Herstellung der Erschließungsanlage, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die Planungsentscheidung ohne den Mangel im Ergebnis anders ausgefallen wäre. Hier könne man nicht darauf abstellen, dass den Ratsmitgliedern bei Beschlussfassung die Kenntnis gefehlt habe, mit der Lärmschutzanlage den Außenbereich zu schützen. Außerdem handele es sich bei der gemäß § 125 Abs. 2 BauGB zu treffenden Entscheidung, ob die Erschließungsanlage den in § 1 Abs. 4 – 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entspreche, vorliegend um ein Geschäft der laufenden Verwaltung im Sinne von § 41 Abs. 3 GO NRW.
15Soweit etwaig zu berücksichtigender überlagernder Lärm der U. Straße zu berücksichtigen sei, werde darauf hingewiesen, dass die Grundstücke südlich der U. Straße nicht zu Erschließungsbeiträgen herangezogen worden seien. Im Übrigen sei entscheidend, an welcher Stelle die Verbesserung, d.h. eine Lärmminderung von mehr als 3 dB(A), auf dem Grundstück erreicht werden müsse. In der Einzelsatzung werde die äußerste Ecke des Grundstücks zugrunde gelegt. Dies führe besonders bei den unmittelbar an der U. Straße angrenzenden Grundstücken, die teilweise bis zu 100 m tief seien, zur Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen, obwohl die Wohnbebauung direkt an der U. Straße liege und hier durch die Lärmbelastung dieser Straße keine spürbare Verbesserung erfahre. Würde nicht der äußerste der Erschließungsanlage zugewandte Grundstücksteil als Maßstab zugrunde gelegt werden, sondern die Wohnbebauung aus Sicht der U. Straße betrachtet werden, würde die Bebauung an dieser Straße fast komplett aus der Beitragspflicht herausfallen.
16Der Berichterstatter des Senats hat die Sache am 18. Oktober 2013 mit den Beteiligten erörtert. Insoweit wird auf das Protokoll des Erörterungstermins vom selben Tage Bezug genommen.
17Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
18II.
19Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130a VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung der Klägerin einstimmig für begründet hält. Nachdem die Beteiligten im Erörterungstermin am 18. Oktober 2013 umfassend und ausführlich zur Sache vortragen konnten, hält der Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – auch unter Würdigung des Schriftsatzes der Beklagten vom 4. November 2013 – nicht für erforderlich.
20Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klage ist begründet. Der angefochtene Erschließungsbeitragsbescheid der Beklagten vom 21. November 2005 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2007 und der Änderung vom 14. Januar 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21Zwar kann es sich bei einem Lärmschutzwall um eine beitragsfähige Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB handeln. Vorliegend sind aber die Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht nicht erfüllt. Es fehlt am erschließungsrechtlichen Planerfordernis (§ 125 Abs. 1 BauGB); eine Abwägungsentscheidung im Sinne des § 125 Abs. 2 BauGB liegt ebenfalls nicht vor (1.). Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, welche Konsequenzen sich aus der Nichtberücksichtigung möglicherweise überlagernden Lärms der U. Straße bei der Ermittlung der Lärmminderung ergeben (2.).
221. Gemäß § 125 Abs. 1 BauGB setzt die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 BauGB einen Bebauungsplan voraus. Diesem Erfordernis wird hier nicht Genüge getan, weil der Bebauungsplan Nr. 232/II der Beklagten unwirksam ist. Durch den – weit überwiegenden – Ausschluss von Wohnnutzung (vgl. Nr. 4 der textlichen Festsetzungen) wird die allgemeine Zweckbestimmung des Mischgebiets nicht gewahrt. Gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO kann zwar im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 und 13 BauNVO allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Letzteres ist hier aber nicht der Fall. § 6 BauNVO bestimmt den Gebietscharakter des Mischgebiets durch die beiden Hauptfunktionen Wohnen und Gewerbe ohne Festlegung einer bestimmten Relation oder eines Vorrangs der einen gegenüber der anderen Nutzung. Kennzeichnend sind im Mischgebiet, das die bauplanungsrechtlichen Grundlagen für die beiden Nutzungsarten enthält, somit die Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht wesentlich störendem Gewerbe. Das damit im Mischgebiet mögliche Nebeneinander der beiden Hauptnutzungsarten hat berechtigende und verpflichtende Funktionen: Das Mischgebiet muss als Baugebiet beiden Hauptnutzungsarten bauplanungsrechtlich verfügbar sein; dies hat zur Folge, dass keine der beiden Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die jeweils andere gewinnen darf. Dies bedeutet eine quantitative und qualitative Durchmischung des Mischgebiets mit Wohn- und Gewerbenutzung. Dies schließt in quantitativer Hinsicht nicht nur aus, dass eine der beiden Hauptnutzungsarten in dem Mischgebiet völlig verdrängt wird, sondern auch, dass eine der beiden Hauptnutzungsarten in dem Gebiet nach Anzahl oder Umfang beherrschend und damit „übergewichtig“ in Erscheinung tritt. Die beiden Hauptnutzungsarten müssen sowohl quantitativ als auch qualitativ durchmischt gegeben sein.
23Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz-berger, BauGB, Stand: April 2013, § 6 BauNVO Rn. 10 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung.
24Vorliegend wird gemäß Nr. 4 der textlichen Festsetzungen in der ausgewiesenen Mischgebietsfläche die Wohnnutzung größtenteils, jedenfalls auf weitaus mehr als 50 % der ausgewiesenen Flächen ausgeschlossen. Im Wesentlichen sind lediglich im südöstlichen Bereich der Mischgebietsfläche beide Nutzungsarten zulässig. Damit ist die erforderliche quantitative Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit der ein Mischgebiet prägenden Nutzungsarten nicht mehr gegeben. Die hier festgesetzten Mischgebietsflächen sind somit aufgrund des überwiegenden Ausschlusses der Wohnnutzung in der Sache Gewerbegebiete. Hierbei handelt es sich um einen Festsetzungsmangel mit der Folge, dass für eine etwaige Heilung des Bebauungsplans nach den Vorschriften der §§ 214 f. BauGB kein Raum ist. Vor dem Hintergrund dieses aufgrund der Festsetzungen des Bebauungsplans eindeutig zutage tretenden krassen Missverhältnisses zwischen Wohnen und Gewerbe innerhalb des Mischgebiets ist der Vortrag der Beklagten, wonach keine Rede davon sein könne, dass in weit mehr als 50 % der Fläche Wohnen unzulässig sei (Seite 4 ihres Schriftsatzes vom 4. November 2013), in keiner Weise nachvollziehbar.
25Dieser festgestellte Mangel wirkt sich auf den gesamten Bebauungsplan Nr. 232/II aus; die Unwirksamkeit erfasst den Plan in seiner Gesamtheit. Denn Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen nur dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen – für sich betrachtet – noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte.
26Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 6. April 1993 - 4 NB 43.92 -, ZfBR 1993, 238 (239), und vom 29. März 1993 - 4 NB 10.91 -, DVBl. 1993, 661 (662).
27Davon ist hier nicht auszugehen. Ausweislich der Planbegründung verfolgte der Rat der Beklagten im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses erkennbar das Ziel, die Mischgebiete „als Puffer zwischen allgemeinem Wohngebiet und Gewerbegebiet“ festzusetzen, da sie als weniger lärmempfindlich im Vergleich zum Wohngebiet gelten (Nr. 6.3 der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 232/II). Diese – an sich sinnvolle – Pufferfunktion zwischen diesen Nutzungsarten ist zentraler Bestandteil der Planung. Sie stellt somit einen untrennbaren Teil des Regelungsgefüges des Bebauungsplans dar. Ohne diese Festsetzung hätte der Rat den Plan im Zweifel so nicht beschlossen, weil dann ein wesentliches Planungsziel verfehlt worden wäre.
28Zur weiteren Begründung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 232/II wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteils Bezug genommen, welches seinerseits das Urteil des VG Düsseldorf vom 19. April 2007 – 9 K 3163/06 – aufgreift, in dem die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 232/II der Beklagten bereits inzident geprüft wurde. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass übrigens auch die Beklagte selber von der Gesamtunwirksamkeit des genannten Bebauungsplans ausgeht. Unter Nr. 4 der Begründung zur aktuell in der Aufstellung befindlichen 1. Änderung dieses Plans heißt es: „In den [...] als Mischgebiet (MI) festgesetzten Baugebieten besteht ein Missverhältnis zwischen den Hauptnutzungen Wohnen und Gewerbe, da Wohnen auf über 50 % der Fläche ausgeschlossen ist. Die Festsetzung von Mischgebieten ist zentraler Bestandteil des planerischen Konzepts des BP Nr. 232/II im Übergang von dem nördlich gelegenen Gewerbegebiet (GE) nach § 8 BauNVO zu den südlich befindlichen Allgemeinen Wohngebieten (WA).“ Zudem räumt sie selber ein, dass der bestehende Plan ihrem aktiven Verwaltungshandeln nicht mehr zugrunde gelegt werden dürfe (Nr. 1.3 der Begründung zur Bebauungsplanänderung).
29Liegt kein wirksamer Bebauungsplan vor, so dürfen beitragsfähige Erschließungsanlagen in unbeplanten Gebieten gemäß § 125 Abs. 2 BauGB nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Abs. 4 – 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entsprechen. Die Gemeinde hat somit im Rahmen des § 125 Abs. 2 BauGB u.a. eine den Anforderungen des § 1 Abs. 7 BauGB genügende Abwägung der öffentlichen und privaten Belange vorzunehmen. Daran fehlt es vorliegend.
30Es mag zwar grundsätzlich möglich sein, dass die erforderliche Abwägung im Einzelfall bei Erlass des (unwirksamen) Bebauungsplans vorgenommen worden ist. Vorliegend genügt die bei Erlass des Bebauungsplans Nr. 232/II zum Ausdruck gekommene Abwägung aber nicht den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 7 BauGB.
31Das hierin enthaltene Abwägungsgebot erfordert bei der Beschlussfassung über einen Bebauungsplan die Prüfung des Abwägungsmaterials durch das für die Abwägung zuständige Gemeindeorgan. Wird ihm das Abwägungsmaterial vorenthalten oder wird das Material aus anderen Gründen nicht in die Abwägung eingestellt, liegt ein Fehler im Vorgang der planerischen Abwägung vor. Daher sind bei der Beschlussfassung über einen Bebauungsplan die Ratsmitglieder zur Vorbereitung der ihnen obliegenden Abwägung auf die hierfür relevanten Umstände konkret hinzuweisen und sie müssen bei ihrer Abwägungsentscheidung Zugriff auf die entsprechenden Unterlagen haben.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1999 - 4 CN 12.98 -, BVerwGE 110, 118 (125 f.); OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Januar 2008 - 7 B 1743/07.NE -, NWVBl. 2008, 349 (351), und vom 28. Mai 2010 ‑ 15 A 3231/07 -, OVGE MüLü 53, 73 (77).
33Nichts anderes gilt im Rahmen der nach § 125 Abs. 2 BauGB vorzunehmenden Abwägung. Der Gemeinderat (bzw. bei entsprechender Aufgabenübertragung ein Ausschuss oder der Bürgermeister) ist auf die für die Abwägung relevanten Umstände konkret hinzuweisen, und er muss bei seiner Entscheidung Zugriff auf das Abwägungsmaterial haben. Damit ist nichts anderes als die Selbstverständlichkeit ausgesagt, dass derjenige, der eine Abwägungsentscheidung trifft, auch über die zu berücksichtigenden Umstände informiert sein muss.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2010 - 15 A 3231/07 -, OVGE MüLü 53, 73 (77 f.).
35Diesen Anforderungen wird die im Rahmen der Aufstellung und des Erlasses des Bebauungsplans Nr. 232/II getroffene Abwägung nicht gerecht. Ohne diesen Bebauungsplan ist der nördliche Bereich des Verteilgebiets dem Außenbereich nach § 35 BauGB zuzuordnen (dazu siehe sogleich) und einer Bebauung grundsätzlich nicht zugänglich. Die Errichtung einer Lärmschutzanlage zum Schutz des Außenbereichs ist jedoch unangemessen und deshalb abwägungsfehlerhaft. Unabhängig davon war den Ratsmitgliedern nicht bewusst, dass der Bebauungsplan wegen rechtlicher Mängel nicht wirksam ins Werk gesetzt werden konnte und dass es sich in dem Bereich unmittelbar südlich der Autobahn um Außenbereichsgelände handelt. Ihnen war somit auch nicht bewusst, dass sie mit einem (teuren) Lärmschutzwall tatsächlich Außenbereichsgrundstücke vor Lärm schützen. Nichts anderes gilt übrigens für den Fall, dass nach den Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 4. November 2013 der Gemeinderat hierfür gar nicht zuständig gewesen sein sollte: Eine den dargelegten Anforderungen genügende Abwägungsentscheidung eines anderen Gemeindeorgans ist ebenfalls nicht ersichtlich.
36Dieser erhebliche Abwägungsmangel ist offensichtlich und auf das Ergebnis der Abwägung von Einfluss gewesen, denn es ist nicht denkbar, dass die Beklagte einen teuren Lärmschutzwall zum Schutz von Außenbereichsgrundstücken hätte errichten wollen. Der Mangel ist auch nicht wegen Zeitablaufs gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich geworden. Diese Vorschrift ist ersichtlich auf Flächennutzungspläne und Satzungen des Städtebaurechts, insbesondere Bebauungspläne, zugeschnitten und daher im Rahmen des § 125 Abs. 2 BauGB nicht anwendbar.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2010 - 15 A 3231/07 -, OVGE MüLü 53, 73 (79); Driehaus, Erschließungs-und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 7 Rn. 27.
38An der Einordnung des hier in Rede stehenden Teilgebiets zum Außenbereich hat der Senat nach dem vorliegenden Kartenmaterial und Luftbild keinen Zweifel. Die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich lässt sich nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht unter Anwendung von geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen. Es bedarf vielmehr einer Beurteilung aufgrund einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts. Bei der anzustellenden wertenden und bewertenden Beurteilung sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen sowie außerdem auch andere topographische Verhältnisse wie etwa Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse und dergleichen) in den Blick zu nehmen. Die Berücksichtigung solcher äußerlich erkennbarer Umstände kann dazu führen, dass der Bebauungszusammenhang im Einzelfall abweichend von der Regel nicht am letzten Baukörper endet, sondern noch ein oder mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze mit einschließt, wobei auch Straßen und Wege in dieser Hinsicht von Bedeutung sein können. Ob ein unbebautes Grundstück, das sich einem Bebauungszusammenhang anschließt, diesen Zusammenhang fortsetzt oder ihn unterbricht, hängt davon ab, inwieweit nach der maßgeblichen Betrachtungsweise der „Verkehrsauffassung“ die aufeinanderfolgende Bebauung trotz der vorhandenen Baulücke den Eindruck der Geschlossenheit oder der Zusammengehörigkeit vermittelt. Dabei lässt sich nichts Allgemeingültiges darüber sagen, wie sich namentlich die Größe eines solchen unbebauten Grundstücks auf die Anwendbarkeit des § 34 BauGB auswirkt. Zwar findet die Möglichkeit, eine den Bebauungszusammenhang wahrende Baulücke anzunehmen, auch in dessen Größe eine obere Grenze, jedoch lässt sich eine absolute Zahl als Grenzwert insoweit nicht angeben.
39BVerwG, Urteile vom 14. November 1991 ‑ 4 C 1.91 ‑, BRS 52 Nr. 146, und vom 12. Dezember 1990 ‑ 4 C 40.87 ‑, BRS 50 Nr. 72, Beschlüsse vom 1. April 1997 - 4 B 11.97 -, BRS 59 Nr. 75, vom 4. Januar 1995 - 4 B 273.94 -, BRS 57 Nr. 93, und vom 17. Februar 1994 - 4 B 29.94 -, juris Rn. 5, jeweils m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 14. Juni 2010 ‑ 7 A 2549/08 -, n.v.
40Unter Anwendung dieser Maßstäbe beginnt hier der Innenbereich nach § 34 BauGB im Wesentlichen erst südlich des U. Wegs bzw. – im östlichen Bereich des Verteilgebiets – südlich der U1. . Die nördlich vereinzelt vorzufindende Bebauung erweckt nicht den Eindruck der Geschlossenheit. Weite Teile des Areals sind unbebaut. Nach der Verkehrsauffassung vermitteln diese Freiflächen angesichts ihrer immensen Ausdehnung von z.T. mehreren hundert Metern nicht den Eindruck einer Baulücke, z.B. zwischen den Gebäuden U1. 31 (Flurstück 245) bis zu dem an der Ecke O.-------straße / U1. gelegenen Gebäude (Flurstücke 225, 226); das Flurstück 332 war zum Abrechnungszeitpunkt noch nicht bebaut. Von der Autobahn bis zum Aldi-Markt an der Ecke U. Feld / U. Weg sind es über 160 m (alle Angaben abgegriffen nach dem Abrechnungsgebietsplan der Beklagten vom 20. Oktober 2005). Den wenigen vorhandenen Bauten kommt keine prägende Wirkung im Hinblick auf eine etwaige Umgebungsbebauung zu. Sie befinden sich vielmehr vereinzelt innerhalb weiter Flur. Somit lässt sich der für die Annahme eines Innenbereichs erforderliche Bebauungszusammenhang hier auch nicht unter Berücksichtigung des Umstands feststellen, dass eine gewerbliche Nutzung häufig auf größeren Grundstücken stattfindet und dementsprechend auch mit größeren Freiflächen einhergeht.
41Für die Beurteilung, ob der nördliche Teil des Verteilgebiets dem Innen- oder Außenbereich angehört, bedurfte es keiner Durchführung eines Ortstermins. Umfang und Art der Tatsachenermittlung bestimmt das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO). Die in den Akten befindlichen Karten und das Luftbild (sowie im Internet frei verfügbare Informationen zur örtlichen Situation) sind hinreichend aussagekräftig. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass ein in Baustreitigkeiten erfahrenes Tatsachengericht – worunter auch die mit Erschließungsbeitragsrecht befassten Spruchkörper zählen – die örtlichen Gegebenheiten allein mit Hilfe von Karten- und Bildmaterial beurteilen kann.
42Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 1992 - 4 B 30.92 -, juris, und Urteil vom 14. November 1991 - 4 C 1.91 -, BRS 52 Nr. 146.
43Der Einstufung als Außenbereich steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Beklagte nach ihren Angaben den vereinzelt angesiedelten Gewerbebetrieben Baugenehmigungen auf der Grundlage von § 34 BauGB erteilt hat.
44Im Übrigen ist die Beklagte intern zutreffend selbst davon ausgegangen, dass es sich vorliegend um Außenbereich handelt. Dies ergibt sich aus einer E-Mail vom 25. Januar 2008 (Beiakte 14).
45Es kann dahingestellt bleiben, ob der frühere Bebauungsplan Nr. 233 angesichts der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 232/II wieder auflebt. Dagegen könnte sprechen, dass die Beklagte ausweislich ihrer Begründung zum Bebauungsplan Nr. 232/II nicht mehr am alten Plan festhalten wollte (vgl. Nr. 1 und 3.1 der Begründung). Dies bedarf jedoch keiner Vertiefung. Denn selbst wenn man ein Wiederaufleben des Plans Nr. 233 annähme, läge auch insoweit keine den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB genügende Abwägungsentscheidung vor. Dies ergibt sich aus Folgendem: Die Beklagte wollte den Lärmschutzwall im Zusammenhang mit der konkreten Planung, wie sie im Bebauungsplan Nr. 232/II Niederschlag gefunden hat, errichten. Unter Nr. 5.1 der Bebauungsplanbegründung sind die Abstände der einzelnen – im Bebauungsplan festgesetzten – Gebietsarten zur Autobahn A 52 aufgelistet. Diese Ermittlung war Ausgangspunkt der weiter angestellten Überlegungen, wie der Lärmschutzwall im Einzelnen zu gestalten war, um effektiv, d.h. lärmmindernd zu wirken, insbesondere im Hinblick darauf, die Orientierungswerte gemäß DIN 18005 einzuhalten. Des Weiteren heißt es dort: „In Verbindung mit der geplanten Bebauung der Gewerbegebiete bzw. Mischgebiete, die als weiterer aktiver Schallschutz gewertet werden kann, ist die Maßnahme als ausreichender Schutz für die Baugebiete entsprechend der DIN 18005 zu betrachten.“ Daran wird deutlich, dass der in Rede stehende Lärmschutzwall gerade im Hinblick auf diese Planung konzipiert wurde.
46Die Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 232/II hat im Falle des Nichtwiederauflebens des Bebauungsplans Nr. 233 im Übrigen zur Folge, dass das Grundstück der Klägerin zudem bereits aufgrund seiner Lage im Außenbereich nicht zu Erschließungsbeiträgen herangezogen werden kann.
472. Unabhängig vom Vorstehenden begegnet die von der Beklagten vorgenommene Beitragserhebung auch aus einem weiteren Grund erheblichen Bedenken. Für die Frage, ob ein Grundstück von der abzurechnenden Lärmschutzanlage erschlossen wird, sind auch weitere Schallquellen – hier etwa der von der U. Straße ausgehende Straßenverkehrslärm – zu berücksichtigen. Das ist vorliegend – soweit ersichtlich – nicht geschehen. Zu den insoweit zu berücksichtigenden Anforderungen hat der Senat bereits im Einzelnen ausgeführt:
48Ein Grundstück wird von einer Lärmschutzanlage nur dann im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB erschlossen, wenn es infolge dieser Lärmschutzanlage im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten eine Lärmpegelminderung von mindestens 3 dB(A) erfährt. Ausgangspunkt dieser Betrachtung ist somit nicht die Lärmquelle, vor deren Emissionen die Lärmschutzanlage schützen soll. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob – stichtagsbezogen – ein entsprechender Schallschutz bei dem betreffenden Grundstück auch tatsächlich ankommt. Bei dieser stichtags- und grundstücksbezogenen Betrachtungsweise können andere geräuschemittierende Quellen als die, derentwegen die Lärmschutzanlage errichtet worden ist, nicht unberücksichtigt bleiben. Die von ihnen ausgehenden Geräuschemissionen können im Extremfall diejenigen Emissionen vollständig überdecken, vor denen die Lärmschutzanlage schützen soll. In diesem Fall bewirkt die Lärmschutzanlage keine bei dem betreffenden Grundstück tatsächlich zu verzeichnende Lärmpegelminderung. Ebenso ist denkbar, dass die von der Lärmschutzanlage bewirkte Lärmpegelminderung für einzelne Grundstücke infolge des Hinzutretens weiterer Lärmquellen geringer ausfällt, was sich auf den Umfang des Erschlossen-seins und damit auf die hieran anknüpfende Beitragsbelastung auswirken kann. Soweit sich die Berücksichtigung weiterer Lärmquellen von der immissionsschutzrechtlichen Betrachtung unterscheiden sollte, hat dies seine Ursache darin, dass das Erschließungsbeitragsrecht das Erschlossensein eines Grundstücks an einen diesem konkret zukommenden Erschließungsvorteil (hier: einer Lärmpegelminderung) knüpft. Aus diesem Grunde ist es nicht möglich, die weiteren Lärmquellen hinweg zu denken, wie dies etwa bei der Erschließung eines Grundstücks durch mehrere Anbaustraßen geschieht. In diesen Fällen ist das Hinwegdenken weiterer Anbaustraßen deshalb gerechtfertigt, weil das betreffende Grundstück gerade (auch) wegen der abzurechnenden Anbaustraße den maßgeblichen Erschließungsvorteil erhält, nämlich bebaut bzw. gewerblich genutzt werden zu können. Der durch eine Lärmschutzanlage vermittelte Erschließungsvorteil ist jedoch anderer Art; er knüpft nicht an die Bebaubarkeit oder gewerbliche Nutzbarkeit eines Grundstücks oder gar eines Baugebiets, sondern an eine grundstücksbezogene Lärmpegelminderung an, die ein bestimmtes Mindestmaß erreicht haben muss. Deshalb kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass u. U. das von einem Bebauungsplan erfasste Gebiet nur deshalb zur baulichen Nutzung freigegeben werden konnte, weil infolge der Lärmschutzanlage die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) sichergestellt werden konnten. Im Übrigen ist die Berücksichtigung weiterer Lärmquellen für die Gemeinde in der Regel aufkommensneutral, weil sie nur zu einer anderen Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwandes führt. Soweit es für die verbleibenden Grundstücke zu einer extrem hohen Beitragsbelastung kommt, mag allerdings die Anwendung der Härtefallregelung des § 135 Abs. 5 Satz 1 BauGB in Betracht zu ziehen sein. Darüber hinaus ist es theoretisch möglich, dass der von weiteren Lärmquellen ausgehende Lärm eine andere geräuschemittierende Quelle derart überdeckt, dass sich eine mit Blick auf diese Quelle errichtete Lärmschutzanlage bei keinem Grundstück mit einer Lärmpegelminderung von mindestens 3 dB(A) auswirkt, so dass Erschließungsbeiträge für diese Lärmschutzanlage nicht erhoben werden können. Das wäre aber eine (ausnahmsweise) hinzunehmende Folge des als merkbare Lärmpegelminderung verstandenen grundstücksbezogenen Erschließungsvorteils, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Dezember 2009 - 15 A 4116/06 -, abgedruckt in: Stelkens/Roeder, Rechtsprechungssammlung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen im Erschließungs- und Erschließungsbeitragsrecht, Stand: April 2013, § 127 BauGB Lärmschutzanlage 1/2009.
49Aus der schalltechnischen Untersuchung zu den Veränderungen der Lärmimmissionen durch eine Lärmschutzwand entlang der A 52 vom 30. Juni 2005 geht nicht hervor, dass der von der U. Straße ausgehende Verkehrslärm berücksichtigt worden wäre. Es wird vielmehr nur der von der Autobahn ausgehende Lärm in den Blick genommen. Angesichts des Umstands, dass es sich bei der U. Straße um eine Landesstraße mit entsprechendem Verkehrsaufkommen handelt (L 371), erscheint ihre Berücksichtigung umso gebotener. Denn es kann ohne entsprechende Untersuchung für einige Grundstücke nicht ausgeschlossen werden, dass der von dieser Straße ausgehende Lärm gegebenenfalls die Emissionen der Autobahn, vor denen der Lärmschutzwall schützen soll, (vollständig) überdeckt, oder dass die durch den Lärmschutzwall bewirkte Lärmminderung geringer ausfällt als angenommen. Dies könnte insbesondere auf die nördlich der U. Straße angrenzenden Grundstücke zutreffen. Diese sind keinesfalls sämtlich bis zu 100 m tief, sondern weisen teilweise eine deutlich geringere Tiefe auf, mit der Folge, dass sich vor allem bei ihnen die Problematik des möglicherweise überlagernden Lärms stellt. Letztlich hängt hiervon die Verteilung des Erschließungsaufwands im gesamten Gebiet ab.
50Welche Konsequenzen dies für die etwaige Beitragspflicht der Klägerin hat, kann hier angesichts des Verstoßes gegen § 125 BauGB dahinstehen.
51Auch auf die übrigen von den Beteiligten im Verfahren angesprochenen Aspekte, insbesondere Altbaubestand und Prioritätsgrundsatz, Erforderlichkeit der Erschließungsanlage, kommt es hiernach nicht mehr an.
52Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
53Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
54Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
55Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG.
Tenor
Das angegriffene Urteil wird geändert.
Die Bescheide der Beklagten vom 21. November 2005 in der Fassung ihrer Widerspruchsbescheide vom 30. Mai 2007 und der Änderungen vom 14. Januar 2009 werden insgesamt aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 58.974,01 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Klägerin zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung eines Lärmschutzwalls.
4Der Bebauungsplan Nr. X (I. -Gebiet zwischen U. Straße, Bundesautobahn [A 52] und O.-------straße) vom 15. März 1995 der Beklagten weist den südlichen Bereich des Gebiets als allgemeines Wohngebiet aus. Nach Norden und nach Osten hin schließt sich ein Streifen mit der Festsetzung Mischgebiet an. Unter Nr. 4 der textlichen Festsetzungen heißt es hierzu: „In den Mischgebieten sind gem. § 1 (4) BauNVO im Bereich der mit I* gekennzeichneten überbaubaren Flächen Wohngebäude nicht zulässig“, wobei die so gekennzeichneten Flächen innerhalb der Mischgebietsfestsetzungen deutlich mehr als 50 % ausmachen. Im nördlichen Planungsgebiet ist ein Gewerbegebiet festgesetzt. Sodann sieht der Bebauungsplan die Errichtung eines Lärmschutzwalls entlang der Bundesautobahn A 52 vor. Im Jahr 2002 wurde der Wall als Wallkonstruktion mit aufstehender Lärmschutzwand (3 m hoher Erdwall mit aufgesetzter 3 m hoher Wandkonstruktion) endgültig technisch fertiggestellt. Nachdem die Beklagte am 19. Dezember 2002 die Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen für die Immissionsschutzanlage im Bereich des Bebauungsplans Nr. X (Einzelsatzung) erlassen hatte, zog sie die Klägerin als Eigentümerin mehrerer Grundstücke in N. (Gemarkung I. alte, Flur 1, Flurstücke 243, 281, 295, 275, 40 und 404) mit Bescheiden vom 21. November 2005 zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von insgesamt 65.110,36 Euro für die endgültige Herstellung der Immissionsschutzanlage entlang der Bundesautobahn heran. Neben der Klägerin wurden zahlreiche weitere Grundeigentümer im Bereich zwischen O.-------straße im Osten, U. Straße im Süden, U1. im Westen und Bundesautobahn A 52 im Norden zu Erschließungsbeiträgen herangezogen. Die bauliche Nutzung der Grundstücke im Verteilungsgebiet ist tatsächlich im Wesentlichen wie folgt geprägt: Während im südlichen Bereich, d.h. zwischen U. Straße und U. Weg, vornehmlich Wohnbebauung vorherrschend ist, befinden sich im nördlichen Bereich bis hin zur Autobahn sehr große unbebaute Flächen. Vereinzelt sind in diesem Teilbereich gewerbliche Nutzungen vorzufinden.
5Die gegen die Beitragsbescheide eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 30. Mai 2007 als unbegründet zurück. Während des anschließenden Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht änderte die Beklagte unter dem 14. Januar 2009 die Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwands mit der Folge, dass sie den von der Klägerin zu zahlenden Erschließungsbeitrag auf 63.639,- Euro ermäßigte. Soweit der Betrag herabgesetzt wurde, haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
6Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit ein Erschließungsbeitrag von insgesamt mehr als 58.974,01 Euro festgesetzt worden ist; zur Begründung hat es ausgeführt, dass noch weitere Grundstücke als durch die Erschließungsanlage erschlossen anzusehen seien, weshalb sich der Beitragssatz reduziere. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen: Zwar sei der Bebauungsplan Nr. X unwirksam, die Anlage genüge aber den Anforderungen des § 125 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 4 – 7 BauGB. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen.
7Mit der vom Senat durch Beschluss vom 28. Oktober 2011 zugelassenen und rechtzeitig begründeten Berufung trägt die Klägerin im Wesentlichen u.a. vor, einige ihrer Grundstücke lägen außerhalb des Bebauungsplangebiets. Zudem sei die Bebauung auf ihren Grundstücken älter als die Bundesautobahn A 52 und der Bebauungsplan Nr. X. Die Lärmschutzanlage unterliege nicht der Erschließungslast der Beklagten. Des Weiteren sei dem Planungserfordernis des § 125 BauGB nicht Rechnung getragen worden. Der aktuelle Bebauungsplan Nr. X sei unwirksam; eine den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB genügende Abwägungsentscheidung liege nicht vor. Es liege ein Abwägungsmangel vor, weil sich die Kosten für die Herstellung des Lärmschutzwalls gegenüber der ursprünglichen Annahme verzwangzigfacht hätten und die Höhe der Kosten bei den Beratungen über die Errichtung des Lärmschutzwalls keine Rolle gespielt hätte. Darüber hinaus seien die der schalltechnischen Untersuchung zu den Veränderungen der Lärmimmissionen durch eine Lärmschutzwand entlang der A 52 zugrunde gelegten Erhebungen einige Zeit vor Entstehen der sachlichen Beitragspflicht durchgeführt worden und gäben somit nicht die diesbezüglichen Verhältnisse exakt wieder. Jedenfalls könne nicht ausgeschlossen werden, dass es innerhalb des Zeitraums bis zum maßgeblichen Stichtag für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen durch neu hinzutretende Bauvorhaben zu Veränderungen im Abrechnungsgebiet gekommen sei. Schließlich sei die Eingrenzung des Erschließungsgebiets willkürlich und nicht sachgerecht erfolgt.
8Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
9das angefochtene Urteil zu ändern und die Bescheide der Beklagten vom 21. November 2005 in der Fassung ihrer Widerspruchsbescheide vom 30. Mai 2007 und der Änderungen vom 14. Januar 2009 insgesamt aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Zur Begründung führt sie u.a. aus, die Beitragspflicht für die Altanlieger sei entstanden, da sich die Beitragspflicht allein danach bemesse, ob die entsprechenden Grundstücke einen Sondervorteil erführen. Dieser Vorteil ergebe sich für die Grundstücke durch die entsprechenden Lärmminderungen.
13Der Bebauungsplan Nr. X sei wirksam. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts treffe es nicht zu, dass laut Bauleitplanung im Mischgebiet auf deutlich mehr als 50 % der überbaubaren Flächen Wohngebäude für unzulässig erklärt würden. Vielmehr ergebe sich ein Gleichgewicht der gegliederten Flächen mit ihren Nutzungsarten (gewerbliche Nutzung und Wohnnutzung). Außerdem führe dieser Aspekt allenfalls zur Teilnichtigkeit des Bebauungsplans, nicht jedoch zur Gesamtunwirksamkeit.
14Im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. X seien die Grundstücke im nördlichen Bereich des Abrechnungsgebiets nicht dem Außenbereich, sondern dem Innenbereich zuzuordnen. Der südliche Bereich des Verteilgebiets sei nahezu geschlossen bebaut. Im mittleren und vor allem nördlichen Bereich seien zwar größere Teile noch unbebaut. Es bestehe aber dennoch der Eindruck der Geschlossenheit. Denn es sei zu berücksichtigen, dass gerade im Gewerbegebiet größere Grundstücke auch zu größeren Baulücken führten, die nicht den Bebauungszusammenhang unterbrächen. Die hier im nördlichen Bereich vorzufindende aufgelockerte Bebauungsstruktur entspreche der für gewerbliche Flächen im Stadtgebiet typischen Bebauungsstruktur, die von größeren Baulücken geprägt sei. Dementsprechend seien vorliegend alle Baugenehmigungen in dem Gebiet auf der Basis von § 34 BauGB erteilt worden.
15Es liege auch eine den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB entsprechende Abwägung vor. Der Lärmschutzwall sei zu einem Zeitpunkt realisiert worden, als die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. X nicht in Frage gestanden habe. In dem diesem Bebauungsplan zugrunde liegenden Aufstellungsverfahren seien die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 – 7 BauGB abgearbeitet worden. Die Herstellung der Erschließungsanlage habe der Baureifmachung der Grundstücke für die Ansiedlung von Wohnen und Gewerbe in dem hier in Rede stehenden Gebiet gedient. Die von ihr – der Beklagten – gewollte weitere Zulassung von Wohn- und gewerblicher Nutzung sei gepaart gewesen mit der Erkenntnis, dass hierfür wegen des von der Bundesautobahn ausgehenden Lärms eine Lärmschutzmaßnahme in Gestalt der nachfolgend errichteten Lärmschutzanlage dringend geboten sei. Die Einstufung des Bebauungsplans Nr. X führe nicht dazu, auch die zugrunde liegende städtebauliche Zielsetzungsentscheidung der Gemeinde und die zu Gunsten der Errichtung einer Lärmschutzanlage getroffene Abwägungsentscheidung als allein auf diesen Plan bezogen und durch dessen Unwirksamkeit obsolet geworden anzusehen. Die Entscheidung zur Errichtung des Lärmschutzwalls sei vielmehr auf die grundsätzliche städtebauliche Entscheidung bezogen gewesen, in diesem Gebiet weitere Wohn- und Gewerbenutzung zuzulassen. Ein Mangel im Abwägungsvorgang führe auch im Fall des § 125 Abs. 2 BauGB entsprechend § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB nur dann zur Rechtswidrigkeit der Herstellung der Erschließungsanlage, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die Planungsentscheidung ohne den Mangel im Ergebnis anders ausgefallen wäre. Hier könne man nicht darauf abstellen, dass den Ratsmitgliedern bei Beschlussfassung die Kenntnis gefehlt habe, mit der Lärmschutzanlage den Außenbereich zu schützen. Außerdem handele es sich bei der gemäß § 125 Abs. 2 BauGB zu treffenden Entscheidung, ob die Erschließungsanlage den in § 1 Abs. 4 – 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entspreche, vorliegend um ein Geschäft der laufenden Verwaltung im Sinne von § 41 Abs. 3 GO NRW.
16Soweit etwaig zu berücksichtigender überlagernder Lärm der U. Straße zu berücksichtigen sei, werde darauf hingewiesen, dass die Grundstücke südlich der U. Straße nicht zu Erschließungsbeiträgen herangezogen worden seien. Im Übrigen sei entscheidend, an welcher Stelle die Verbesserung, d.h. eine Lärmminderung von mehr als 3 dB(A), auf dem Grundstück erreicht werden müsse. In der Einzelsatzung werde die äußerste Ecke des Grundstücks zugrunde gelegt. Dies führe besonders bei den unmittelbar an der U. Straße angrenzenden Grundstücken, die teilweise bis zu 100 m tief seien, zur Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen, obwohl die Wohnbebauung direkt an der U. Straße liege und hier durch die Lärmbelastung dieser Straße keine spürbare Verbesserung erfahre. Würde nicht der äußerste der Erschließungsanlage zugewandte Grundstücksteil als Maßstab zugrunde gelegt werden, sondern die Wohnbebauung aus Sicht der U. Straße betrachtet werden, würde die Bebauung an dieser Straße fast komplett aus der Beitragspflicht herausfallen.
17Der Berichterstatter des Senats hat die Sache am 18. Oktober 2013 mit den Beteiligten erörtert. Insoweit wird auf das Protokoll des Erörterungstermins vom selben Tage Bezug genommen.
18Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
19II.
20Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 130a VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung der Klägerin einstimmig für begründet hält. Nachdem die Beteiligten im Erörterungstermin am 18. Oktober 2013 umfassend und ausführlich zur Sache vortragen konnten, hält der Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung – auch unter Würdigung des Schriftsatzes der Beklagten vom 4. November 2013 – nicht für erforderlich.
21Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheide der Beklagten vom 21. November 2005 in der Fassung ihrer Widerspruchsbescheide vom 30. Mai 2007 und den Änderungen vom 14. Januar 2009 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22Zwar kann es sich bei einem Lärmschutzwall um eine beitragsfähige Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 5 BauGB handeln. Vorliegend sind aber die Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht nicht erfüllt. Es fehlt am erschließungsrechtlichen Planerfordernis (§ 125 Abs. 1 BauGB); eine Abwägungsentscheidung im Sinne des § 125 Abs. 2 BauGB liegt ebenfalls nicht vor (1.). Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, welche Konsequenzen sich aus der Nichtberücksichtigung möglicherweise überlagernden Lärms der U. Straße bei der Ermittlung der Lärmminderung ergeben (2.).
231. Gemäß § 125 Abs. 1 BauGB setzt die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 BauGB einen Bebauungsplan voraus. Diesem Erfordernis wird hier nicht Genüge getan, weil der Bebauungsplan Nr. X der Beklagten unwirksam ist. Durch den – weit überwiegenden – Ausschluss von Wohnnutzung (vgl. Nr. 4 der textlichen Festsetzungen) wird die allgemeine Zweckbestimmung des Mischgebiets nicht gewahrt. Gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO kann zwar im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 und 13 BauNVO allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt. Letzteres ist hier aber nicht der Fall. § 6 BauNVO bestimmt den Gebietscharakter des Mischgebiets durch die beiden Hauptfunktionen Wohnen und Gewerbe ohne Festlegung einer bestimmten Relation oder eines Vorrangs der einen gegenüber der anderen Nutzung. Kennzeichnend sind im Mischgebiet, das die bauplanungsrechtlichen Grundlagen für die beiden Nutzungsarten enthält, somit die Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht wesentlich störendem Gewerbe. Das damit im Mischgebiet mögliche Nebeneinander der beiden Hauptnutzungsarten hat berechtigende und verpflichtende Funktionen: Das Mischgebiet muss als Baugebiet beiden Hauptnutzungsarten bauplanungsrechtlich verfügbar sein; dies hat zur Folge, dass keine der beiden Nutzungsarten ein deutliches Übergewicht über die jeweils andere gewinnen darf. Dies bedeutet eine quantitative und qualitative Durchmischung des Mischgebiets mit Wohn- und Gewerbenutzung. Dies schließt in quantitativer Hinsicht nicht nur aus, dass eine der beiden Hauptnutzungsarten in dem Mischgebiet völlig verdrängt wird, sondern auch, dass eine der beiden Hauptnutzungsarten in dem Gebiet nach Anzahl oder Umfang beherrschend und damit „übergewichtig“ in Erscheinung tritt. Die beiden Hauptnutzungsarten müssen sowohl quantitativ als auch qualitativ durchmischt gegeben sein.
24Vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Stand: April 2013, § 6 BauNVO Rn. 10 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung.
25Vorliegend wird gemäß Nr. 4 der textlichen Festsetzungen in der ausgewiesenen Mischgebietsfläche die Wohnnutzung größtenteils, jedenfalls auf weitaus mehr als 50 % der ausgewiesenen Flächen ausgeschlossen. Im Wesentlichen sind lediglich im südöstlichen Bereich der Mischgebietsfläche beide Nutzungsarten zulässig. Damit ist die erforderliche quantitative Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit der ein Mischgebiet prägenden Nutzungsarten nicht mehr gegeben. Die hier festgesetzten Mischgebietsflächen sind somit aufgrund des überwiegenden Ausschlusses der Wohnnutzung in der Sache Gewerbegebiete. Hierbei handelt es sich um einen Festsetzungsmangel mit der Folge, dass für eine etwaige Heilung des Bebauungsplans nach den Vorschriften der §§ 214 f. BauGB kein Raum ist. Vor dem Hintergrund dieses aufgrund der Festsetzungen des Bebauungsplans eindeutig zutage tretenden krassen Missverhältnisses zwischen Wohnen und Gewerbe innerhalb des Mischgebiets ist der Vortrag der Beklagten, wonach keine Rede davon sein könne, dass in weit mehr als 50 % der Fläche Wohnen unzulässig sei (Seite 4 ihres Schriftsatzes vom 4. November 2013), in keiner Weise nachvollziehbar.
26Dieser festgestellte Mangel wirkt sich auf den gesamten Bebauungsplan Nr. X aus; die Unwirksamkeit erfasst den Plan in seiner Gesamtheit. Denn Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen nur dann nicht zu dessen Unwirksamkeit, wenn die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen – für sich betrachtet – noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und wenn die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gelangten Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte.
27Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 6. April 1993 - 4 NB 43.92 -, ZfBR 1993, 238 (239), und vom 29. März 1993 - 4 NB 10.91 -, DVBl. 1993, 661 (662).
28Davon ist hier nicht auszugehen. Ausweislich der Planbegründung verfolgte der Rat der Beklagten im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses erkennbar das Ziel, die Mischgebiete „als Puffer zwischen allgemeinem Wohngebiet und Gewerbegebiet“ festzusetzen, da sie als weniger lärmempfindlich im Vergleich zum Wohngebiet gelten (Nr. 6.3 der Begründung zum Bebauungsplan Nr. X). Diese – an sich sinnvolle – Pufferfunktion zwischen diesen Nutzungsarten ist zentraler Bestandteil der Planung. Sie stellt somit einen untrennbaren Teil des Regelungsgefüges des Bebauungsplans dar. Ohne diese Festsetzung hätte der Rat den Plan im Zweifel so nicht beschlossen, weil dann ein wesentliches Planungsziel verfehlt worden wäre.
29Zur weiteren Begründung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. X wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteils Bezug genommen, welches seinerseits das Urteil des VG Düsseldorf vom 19. April 2007 – 9 K 3163/06 – aufgreift, in dem die Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. X der Beklagten bereits inzident geprüft wurde. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass übrigens auch die Beklagte selber von der Gesamtunwirksamkeit des genannten Bebauungsplans ausgeht. Unter Nr. 4 der Begründung zur aktuell in der Aufstellung befindlichen 1. Änderung dieses Plans heißt es: „In den [...] als Mischgebiet (MI) festgesetzten Baugebieten besteht ein Missverhältnis zwischen den Hauptnutzungen Wohnen und Gewerbe, da Wohnen auf über 50 % der Fläche ausgeschlossen ist. Die Festsetzung von Mischgebieten ist zentraler Bestandteil des planerischen Konzepts des BP Nr. X im Übergang von dem nördlich gelegenen Gewerbegebiet (GE) nach § 8 BauNVO zu den südlich befindlichen Allgemeinen Wohngebieten (WA).“ Zudem räumt sie selber ein, dass der bestehende Plan ihrem aktiven Verwaltungshandeln nicht mehr zugrunde gelegt werden dürfe (Nr. 1.3 der Begründung zur Bebauungsplanänderung).
30Liegt kein wirksamer Bebauungsplan vor, so dürfen beitragsfähige Erschließungsanlagen in unbeplanten Gebieten gemäß § 125 Abs. 2 BauGB nur hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Abs. 4 – 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entsprechen. Die Gemeinde hat somit im Rahmen des § 125 Abs. 2 BauGB u.a. eine den Anforderungen des § 1 Abs. 7 BauGB genügende Abwägung der öffentlichen und privaten Belange vorzunehmen. Daran fehlt es vorliegend.
31Es mag zwar grundsätzlich möglich sein, dass die erforderliche Abwägung im Einzelfall bei Erlass des (unwirksamen) Bebauungsplans vorgenommen worden ist. Vorliegend genügt die bei Erlass des Bebauungsplans Nr. X zum Ausdruck gekommene Abwägung aber nicht den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 1 Abs. 7 BauGB.
32Das hierin enthaltene Abwägungsgebot erfordert bei der Beschlussfassung über einen Bebauungsplan die Prüfung des Abwägungsmaterials durch das für die Abwägung zuständige Gemeindeorgan. Wird ihm das Abwägungsmaterial vorenthalten oder wird das Material aus anderen Gründen nicht in die Abwägung eingestellt, liegt ein Fehler im Vorgang der planerischen Abwägung vor. Daher sind bei der Beschlussfassung über einen Bebauungsplan die Ratsmitglieder zur Vorbereitung der ihnen obliegenden Abwägung auf die hierfür relevanten Umstände konkret hinzuweisen und sie müssen bei ihrer Abwägungsentscheidung Zugriff auf die entsprechenden Unterlagen haben.
33Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1999 - 4 CN 12.98 -, BVerwGE 110, 118 (125 f.); OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Januar 2008 - 7 B 1743/07.NE -, NWVBl. 2008, 349 (351), und vom 28. Mai 2010 ‑ 15 A 3231/07 -, OVGE MüLü 53, 73 (77).
34Nichts anderes gilt im Rahmen der nach § 125 Abs. 2 BauGB vorzunehmenden Abwägung. Der Gemeinderat (bzw. bei entsprechender Aufgabenübertragung ein Ausschuss oder der Bürgermeister) ist auf die für die Abwägung relevanten Umstände konkret hinzuweisen, und er muss bei seiner Entscheidung Zugriff auf das Abwägungsmaterial haben. Damit ist nichts anderes als die Selbstverständlichkeit ausgesagt, dass derjenige, der eine Abwägungsentscheidung trifft, auch über die zu berücksichtigenden Umstände informiert sein muss.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2010 - 15 A 3231/07 -, OVGE MüLü 53, 73 (77 f.).
36Diesen Anforderungen wird die im Rahmen der Aufstellung und des Erlasses des Bebauungsplans Nr. X getroffene Abwägung nicht gerecht. Ohne diesen Bebauungsplan ist der nördliche Bereich des Verteilgebiets dem Außenbereich nach § 35 BauGB zuzuordnen (dazu siehe sogleich) und einer Bebauung grundsätzlich nicht zugänglich. Die Errichtung einer Lärmschutzanlage zum Schutz des Außenbereichs ist jedoch unangemessen und deshalb abwägungsfehlerhaft. Unabhängig davon war den Ratsmitgliedern nicht bewusst, dass der Bebauungsplan wegen rechtlicher Mängel nicht wirksam ins Werk gesetzt werden konnte und dass es sich in dem Bereich unmittelbar südlich der Autobahn um Außenbereichsgelände handelt. Ihnen war somit auch nicht bewusst, dass sie mit einem (teuren) Lärmschutzwall tatsächlich Außenbereichsgrundstücke vor Lärm schützen. Nichts anderes gilt übrigens für den Fall, dass nach den Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 4. November 2013 der Gemeinderat hierfür gar nicht zuständig gewesen sein sollte: Eine den dargelegten Anforderungen genügende Abwägungsentscheidung eines anderen Gemeindeorgans ist ebenfalls nicht ersichtlich.
37Dieser erhebliche Abwägungsmangel ist offensichtlich und auf das Ergebnis der Abwägung von Einfluss gewesen, denn es ist nicht denkbar, dass die Beklagte einen teuren Lärmschutzwall zum Schutz von Außenbereichsgrundstücken hätte errichten wollen. Der Mangel ist auch nicht wegen Zeitablaufs gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich geworden. Diese Vorschrift ist ersichtlich auf Flächennutzungspläne und Satzungen des Städtebaurechts, insbesondere Bebauungspläne, zugeschnitten und daher im Rahmen des § 125 Abs. 2 BauGB nicht anwendbar.
38Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Mai 2010 - 15 A 3231/07 -, OVGE MüLü 53, 73 (79); Driehaus, Erschließungs-und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 7 Rn. 27.
39An der Einordnung des hier in Rede stehenden Teilgebiets zum Außenbereich hat der Senat nach dem vorliegenden Kartenmaterial und Luftbild keinen Zweifel, wobei für die Entscheidung dieses Rechtsstreits unerheblich ist, ob die Grundstücke der Klägerin dem Innen- oder Außenbereich zuzuordnen sind. Die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich lässt sich nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht unter Anwendung von geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen. Es bedarf vielmehr einer Beurteilung aufgrund einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts. Bei der anzustellenden wertenden und bewertenden Beurteilung sind die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten, also insbesondere die vorhandenen baulichen Anlagen sowie außerdem auch andere topographische Verhältnisse wie etwa Geländehindernisse, Erhebungen oder Einschnitte (Dämme, Böschungen, Gräben, Flüsse und dergleichen) in den Blick zu nehmen. Die Berücksichtigung solcher äußerlich erkennbarer Umstände kann dazu führen, dass der Bebauungszusammenhang im Einzelfall abweichend von der Regel nicht am letzten Baukörper endet, sondern noch ein oder mehrere unbebaute Grundstücke bis zu einer sich aus der örtlichen Situation ergebenden natürlichen Grenze mit einschließt, wobei auch Straßen und Wege in dieser Hinsicht von Bedeutung sein können. Ob ein unbebautes Grundstück, das sich einem Bebauungszusammenhang anschließt, diesen Zusammenhang fortsetzt oder ihn unterbricht, hängt davon ab, inwieweit nach der maßgeblichen Betrachtungsweise der „Verkehrsauffassung“ die aufeinanderfolgende Bebauung trotz der vorhandenen Baulücke den Eindruck der Geschlossenheit oder der Zusammengehörigkeit vermittelt. Dabei lässt sich nichts Allgemeingültiges darüber sagen, wie sich namentlich die Größe eines solchen unbebauten Grundstücks auf die Anwendbarkeit des § 34 BauGB auswirkt. Zwar findet die Möglichkeit, eine den Bebauungszusammenhang wahrende Baulücke anzunehmen, auch in dessen Größe eine obere Grenze, jedoch lässt sich eine absolute Zahl als Grenzwert insoweit nicht angeben.
40BVerwG, Urteile vom 14. November 1991 ‑ 4 C 1.91 ‑, BRS 52 Nr. 146, und vom 12. Dezember 1990 ‑ 4 C 40.87 ‑, BRS 50 Nr. 72, Beschlüsse vom 1. April 1997 - 4 B 11.97 -, BRS 59 Nr. 75, vom 4. Januar 1995 - 4 B 273.94 -, BRS 57 Nr. 93, und vom 17. Februar 1994 - 4 B 29.94 -, juris Rn. 5, jeweils m.w.N.; OVG NRW, Urteil vom 14. Juni 2010 ‑ 7 A 2549/08 -, n.v.
41Unter Anwendung dieser Maßstäbe beginnt hier der Innenbereich nach § 34 BauGB im Wesentlichen erst südlich des U. Wegs bzw. – im östlichen Bereich des Verteilgebiets – südlich der U1. . Die nördlich vereinzelt vorzufindende Bebauung erweckt nicht den Eindruck der Geschlossenheit. Weite Teile des Areals sind unbebaut. Nach der Verkehrsauffassung vermitteln diese Freiflächen angesichts ihrer immensen Ausdehnung von z.T. mehreren hundert Metern nicht den Eindruck einer Baulücke, z.B. zwischen den Gebäuden U1. 31 (Flurstück 245) bis zu dem an der Ecke O.-------straße / U1. gelegenen Gebäude (Flurstücke 225, 226); das Flurstück 332 war zum Abrechnungszeitpunkt noch nicht bebaut. Von der Autobahn bis zum Aldi-Markt an der Ecke U. Feld / U. Weg sind es über 160 m (alle Angaben abgegriffen nach dem Abrechnungsgebietsplan der Beklagten vom 20. Oktober 2005). Den wenigen vorhandenen Bauten kommt keine prägende Wirkung im Hinblick auf eine etwaige Umgebungsbebauung zu. Sie befinden sich vielmehr vereinzelt innerhalb weiter Flur. Somit lässt sich der für die Annahme eines Innenbereichs erforderliche Bebauungszusammenhang hier auch nicht unter Berücksichtigung des Umstands feststellen, dass eine gewerbliche Nutzung häufig auf größeren Grundstücken stattfindet und dementsprechend auch mit größeren Freiflächen einhergeht.
42Für die Beurteilung, ob der nördliche Teil des Verteilgebiets dem Innen- oder Außenbereich angehört, bedurfte es keiner Durchführung eines Ortstermins. Umfang und Art der Tatsachenermittlung bestimmt das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO). Die in den Akten befindlichen Karten und das Luftbild (sowie im Internet frei verfügbare Informationen zur örtlichen Situation) sind hinreichend aussagekräftig. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass ein in Baustreitigkeiten erfahrenes Tatsachengericht – worunter auch die mit Erschließungsbeitragsrecht befassten Spruchkörper zählen – die örtlichen Gegebenheiten allein mit Hilfe von Karten- und Bildmaterial beurteilen kann.
43Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 1992 - 4 B 30.92 -, juris, und Urteil vom 14. November 1991 - 4 C 1.91 -, BRS 52 Nr. 146.
44Der Einstufung als Außenbereich steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Beklagte nach ihren Angaben den vereinzelt angesiedelten Gewerbebetrieben Baugenehmigungen auf der Grundlage von § 34 BauGB erteilt hat.
45Im Übrigen ist die Beklagte intern zutreffend selbst davon ausgegangen, dass es sich vorliegend um Außenbereich handelt. Dies ergibt sich aus einer E-Mail vom 25. Januar 2008 (Beiakte 14).
46Es kann dahingestellt bleiben, ob der frühere Bebauungsplan Nr. Y angesichts der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. X wieder auflebt. Dagegen könnte sprechen, dass die Beklagte ausweislich ihrer Begründung zum Bebauungsplan Nr. X nicht mehr am alten Plan festhalten wollte (vgl. Nr. 1 und 3.1 der Begründung). Dies bedarf jedoch keiner Vertiefung. Denn selbst wenn man ein Wiederaufleben des Plans Nr. Y annähme, läge auch insoweit keine den Anforderungen des § 125 Abs. 2 BauGB genügende Abwägungsentscheidung vor. Dies ergibt sich aus Folgendem: Die Beklagte wollte den Lärmschutzwall im Zusammenhang mit der konkreten Planung, wie sie im Bebauungsplan Nr. X Niederschlag gefunden hat, errichten. Unter Nr. 5.1 der Bebauungsplanbegründung sind die Abstände der einzelnen – im Bebauungsplan festgesetzten – Gebietsarten zur Autobahn A 52 aufgelistet. Diese Ermittlung war Ausgangspunkt der weiter angestellten Überlegungen, wie der Lärmschutzwall im Einzelnen zu gestalten war, um effektiv, d.h. lärmmindernd zu wirken, insbesondere im Hinblick darauf, die Orientierungswerte gemäß DIN 18005 einzuhalten. Des Weiteren heißt es dort: „In Verbindung mit der geplanten Bebauung der Gewerbegebiete bzw. Mischgebiete, die als weiterer aktiver Schallschutz gewertet werden kann, ist die Maßnahme als ausreichender Schutz für die Baugebiete entsprechend der DIN 18005 zu betrachten.“ Daran wird deutlich, dass der in Rede stehende Lärmschutzwall gerade im Hinblick auf diese Planung konzipiert wurde.
472. Unabhängig vom Vorstehenden begegnet die von der Beklagten vorgenommene Beitragserhebung auch aus einem weiteren Grund erheblichen Bedenken. Für die Frage, ob ein Grundstück von der abzurechnenden Lärmschutzanlage erschlossen wird, sind auch weitere Schallquellen – hier etwa der von der U. Straße ausgehende Straßenverkehrslärm – zu berücksichtigen. Das ist vorliegend – soweit ersichtlich – nicht geschehen. Zu den insoweit zu berücksichtigenden Anforderungen hat der Senat bereits im Einzelnen ausgeführt:
48Ein Grundstück wird von einer Lärmschutzanlage nur dann im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB erschlossen, wenn es infolge dieser Lärmschutzanlage im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten eine Lärmpegelminderung von mindestens 3 dB(A) erfährt. Ausgangspunkt dieser Betrachtung ist somit nicht die Lärmquelle, vor deren Emissionen die Lärmschutzanlage schützen soll. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob – stichtagsbezogen – ein entsprechender Schallschutz bei dem betreffenden Grundstück auch tatsächlich ankommt. Bei dieser stichtags- und grundstücksbezogenen Betrachtungsweise können andere geräuschemittierende Quellen als die, derentwegen die Lärmschutzanlage errichtet worden ist, nicht unberücksichtigt bleiben. Die von ihnen ausgehenden Geräuschemissionen können im Extremfall diejenigen Emissionen vollständig überdecken, vor denen die Lärmschutzanlage schützen soll. In diesem Fall bewirkt die Lärmschutzanlage keine bei dem betreffenden Grundstück tatsächlich zu verzeichnende Lärmpegelminderung. Ebenso ist denkbar, dass die von der Lärmschutzanlage bewirkte Lärmpegelminderung für einzelne Grundstücke infolge des Hinzutretens weiterer Lärmquellen geringer ausfällt, was sich auf den Umfang des Erschlossen-seins und damit auf die hieran anknüpfende Beitragsbelastung auswirken kann. Soweit sich die Berücksichtigung weiterer Lärmquellen von der immissionsschutzrechtlichen Betrachtung unterscheiden sollte, hat dies seine Ursache darin, dass das Erschließungsbeitragsrecht das Erschlossensein eines Grundstücks an einen diesem konkret zukommenden Erschließungsvorteil (hier: einer Lärmpegelminderung) knüpft. Aus diesem Grunde ist es nicht möglich, die weiteren Lärmquellen hinweg zu denken, wie dies etwa bei der Erschließung eines Grundstücks durch mehrere Anbaustraßen geschieht. In diesen Fällen ist das Hinwegdenken weiterer Anbaustraßen deshalb gerechtfertigt, weil das betreffende Grundstück gerade (auch) wegen der abzurechnenden Anbaustraße den maßgeblichen Erschließungsvorteil erhält, nämlich bebaut bzw. gewerblich genutzt werden zu können. Der durch eine Lärmschutzanlage vermittelte Erschließungsvorteil ist jedoch anderer Art; er knüpft nicht an die Bebaubarkeit oder gewerbliche Nutzbarkeit eines Grundstücks oder gar eines Baugebiets, sondern an eine grundstücksbezogene Lärmpegelminderung an, die ein bestimmtes Mindestmaß erreicht haben muss. Deshalb kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass u. U. das von einem Bebauungsplan erfasste Gebiet nur deshalb zur baulichen Nutzung freigegeben werden konnte, weil infolge der Lärmschutzanlage die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB) sichergestellt werden konnten. Im Übrigen ist die Berücksichtigung weiterer Lärmquellen für die Gemeinde in der Regel aufkommensneutral, weil sie nur zu einer anderen Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwandes führt. Soweit es für die verbleibenden Grundstücke zu einer extrem hohen Beitragsbelastung kommt, mag allerdings die Anwendung der Härtefallregelung des § 135 Abs. 5 Satz 1 BauGB in Betracht zu ziehen sein. Darüber hinaus ist es theoretisch möglich, dass der von weiteren Lärmquellen ausgehende Lärm eine andere geräuschemittierende Quelle derart überdeckt, dass sich eine mit Blick auf diese Quelle errichtete Lärmschutzanlage bei keinem Grundstück mit einer Lärmpegelminderung von mindestens 3 dB(A) auswirkt, so dass Erschließungsbeiträge für diese Lärmschutzanlage nicht erhoben werden können. Das wäre aber eine (ausnahmsweise) hinzunehmende Folge des als merkbare Lärmpegelminderung verstandenen grundstücksbezogenen Erschließungsvorteils, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Dezember 2009 - 15 A 4116/06 -, abgedruckt in: Stelkens/Roeder, Rechtsprechungssammlung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen im Erschließungs- und Erschließungsbeitragsrecht, Stand: April 2013, § 127 BauGB Lärmschutzanlage 1/2009.
49Aus der schalltechnischen Untersuchung zu den Veränderungen der Lärmimmissionen durch eine Lärmschutzwand entlang der A 52 vom 30. Juni 2005 geht nicht hervor, dass der von der U. Straße ausgehende Verkehrslärm berücksichtigt worden wäre. Es wird vielmehr nur der von der Autobahn ausgehende Lärm in den Blick genommen. Angesichts des Umstands, dass es sich bei der U. Straße um eine Landesstraße mit entsprechendem Verkehrsaufkommen handelt (L 371), erscheint ihre Berücksichtigung umso gebotener. Denn es kann ohne entsprechende Untersuchung für einige Grundstücke nicht ausgeschlossen werden, dass der von dieser Straße ausgehende Lärm gegebenenfalls die Emissionen der Autobahn, vor denen der Lärmschutzwall schützen soll, (vollständig) überdeckt, oder dass die durch den Lärmschutzwall bewirkte Lärmminderung geringer ausfällt als angenommen. Dies könnte insbesondere auf die nördlich der U. Straße angrenzenden Grundstücke zutreffen. Diese sind keinesfalls sämtlich bis zu 100 m tief, sondern weisen teilweise eine deutlich geringere Tiefe auf, mit der Folge, dass sich vor allem bei ihnen die Problematik des möglicherweise überlagernden Lärms stellt. Letztlich hängt hiervon die Verteilung des Erschließungsaufwands im gesamten Gebiet ab.
50Welche Konsequenzen dies für die etwaige Beitragspflicht der Klägerin hat, kann hier angesichts des Verstoßes gegen § 125 BauGB dahinstehen.
51Auch auf die übrigen von den Beteiligten im Verfahren angesprochenen Aspekte (insbesondere Altbaubestand und Prioritätsgrundsatz) kommt es hiernach nicht mehr an.
52Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
53Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
54Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
55Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn
- 1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist, - 2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist, - 3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, - 4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.
(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.
(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.