Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens als Gesamtschuldner.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger sind äthiopische Staatsangehörige mit amharischer volks- und christlich-orthodoxer Religionszugehörigkeit. Die Klägerin zu 1) reiste nach eigenen Angaben am 10.07.2015 auf dem Luftweg aus Athen kommend nach Berlin in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am …2015 einen Asylantrag. Der Kläger zu 2), Sohn der Klägerin zu 1) und des syrischen Staatsangehörigen … (Az.: ...), wurde am 21.12.2015 in … geboren. Aufgrund der Antragsfiktion des § 14 a Abs. 2 AsylG wurde mit Eingang des Schreibens der Zentralen Ausländerbehörde … vom 02.02.2016 bei der Beklagten am 04.02.2016 ein Asylantrag des Klägers zu 2) als gestellt erachtet.

Bei der persönlichen Anhörung der Klägerin zu 1) beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am …2017 - bei der auch der Asylantrag des Klägers zu 2) begründet wurde - führte die Klägerin zu 1) im Wesentlichen aus, sie habe nach dem Tod ihrer Mutter zunächst - zusammen mit ihrem Bruder - bei ihrem Vater gelebt. Ein Geschäftspartner ihres Vaters habe sie dann im Alter von 12 Jahren vergewaltigt. Der Geschäftspartner des Vaters habe ihren Bruder über einen Zeitraum von 1 ½ Jahren ebenfalls vergewaltigt. In einem Kloster habe sie eine Freundin ihrer verstorbenen Mutter getroffen, der sie alles erzählt habe. Die Frau habe dann ihren Bruder und sie zu sich nach Hause genommen und Anzeige gegen ihren Vater und seinen Geschäftspartner erstattet. Der Geschäftspartner wurde angeklagt und inhaftiert, sei aber auf Kaution wieder freigekommen. Wegen der Anzeige sei sie von den Söhnen des Geschäftspartners ihres Vaters angegriffen und verletzt worden. Aufgrund des Überfalls sei sie im Krankenhaus im Koma gelegen und habe viel Blut verloren. Ihr Vater habe den Vergewaltiger unterstützt, in dem er für ihn und gegen sie ausgesagt habe. Eine Tochter der Freundin ihrer verstorbenen Mutter im Libanon habe ihr es dann ermöglicht, einen Arbeitsvertrag im Libanon zu erhalten. Daher habe sie Äthiopien am …2008 verlassen, um im Libanon zu arbeiten.

Im Libanon habe sie für ca. zwei Jahre und sechs Monate als Hausmädchen für eine Privatfamilie gearbeitet. Als ihr Arbeitsvertrag abgelaufen sei, habe die Familie verlangt, dass sie nach Äthiopien zurückgehe. Sie habe aber nicht nach Äthiopien gewollt, da sie dort niemanden mehr gehabt habe. Zu ihrem Vater habe sie keinen Kontakt mehr, ihre Mutter sei verstorben. Deswegen habe sie sich abgesetzt und sei über die Türkei nach Griechenland gegangen. In Griechenland sei sie fast vier Jahre geblieben, bevor sie im Juli 2015 von Griechenland aus nach Deutschland eingereist sei.

Bei einer Rückkehr nach Äthiopien befürchte sie immer noch eine Gefahr von der Familie des Geschäftspartners ihres Vaters, weil diese sich rächen wollten.

Für den Kläger zu 2) wurden dieselben Asylgründe geltend gemacht.

Mit Bescheid vom 04.04.2017, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 07.04.2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) und die Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigte (Ziffer 2) ab. Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziffer 3). Die Beklagte stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4). Den Klägern wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziffer 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, die Kläger seien keine Flüchtlinge im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG. Staatlich zu verantwortende Verfolgungsmaßnahmen seien nicht vorgetragen worden. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb Äthiopiens aufhalten oder bei Rückkehr dorthin mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssten. Soweit sich die Klägerin darauf beziehe, dass sie im Jahr 2008 von den Söhnen des Geschäftsmanns ihres Vaters angegriffen worden sei, sei dieser Sachvortrag nicht geeignet, eine asyl- bzw. flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung anzunehmen. Denn selbst bei Wahrunterstellung des behaupteten Angriffs ergebe sich aus dem Vorbringen der Klägerin zu 1) kein Anknüpfungspunkt an ein asyl- bzw. flüchtlingsschutzrelevantes Merkmal. Darüber hinaus entspreche der geschilderte Sachverhalt weder in seiner Art noch in seiner Intensität eine Verfolgung im Sinne des § 3a AsylG. Im Übrigen fehle es auch am kausalen Zusammenhang zwischen der behaupteten Verfolgung und der Ausreise aus Äthiopien. Die Klägerin zu 1) habe nach eigenen Angaben Äthiopien im Jahr 2008 deswegen verlassen, weil sie in Libanon eine Arbeit bei einer Familie als Hausmädchen gefunden habe. Somit sei die vermeintliche Verfolgung nicht ursächlich für die Ausreise und diese damit nicht nachvollziehbar.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG seien ebenfalls nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des § 3 AsylG eröffnet sei.

Den Klägern sei auch kein subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Es lägen keine Hinweise vor, dass den Klägern bei Rückkehr bzw. Ersteinreise nach Äthiopien die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe drohe (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG). Gefahren im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG seien auch nicht ersichtlich. Eine Schutzfeststellung nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG scheide ebenfalls aus. Im Herkunftsland der Kläger bestehe kein derartiger Konflikt. Ferner könne es den Klägern zugemutet werden, sich in einem sicheren Landesteil Äthiopiens aufzuhalten (§ 3 e AsylG).

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG kämen ebenfalls nicht in Betracht. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung der Kläger eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien selbst unter Berücksichtigung der individuellen Umstände der Kläger nicht erfüllt. Die Klägerin zu 1) sei zwar eine Frau, habe aber allerdings keine glaubhaften Angaben zu einer konkreten und individuellen Gefahrenlage gemacht. Es drohe den Klägern auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Es liege nahe, dass die Klägerin zu 1) bei einer Rückkehr nach Äthiopien wieder einer Tätigkeit nachgehen könne, um eine existenzsichernde Lebensgrundlage zu schaffen.

Mit Schriftsatz vom 25.04.2017, eingegangen bei Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, erhob der Bevollmächtigte der Kläger Klage und beantragt,

  • 1.Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 04.04.2017, zugestellt am 07.04.2017, wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

  • 3.Die Beklagte wird verurteilt, die Kläger als asylberechtigt anzuerkennen.

Hilfsweise wird beantragt, wie folgt:

„1. Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.

2. Es wird festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.“

Ferner wurde beantragt,

den Klägern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Zur Begründung der Klage führte der Bevollmächtigte der Kläger im Wesentlichen aus, zum Zeitpunkt der Zustellung des Bescheids am 07.04.2017 seien die Kläger nicht in der zugewiesenen Unterkunft in … gewesen, sondern besuchsweise bei den Großeltern des Klägers zu 2) in … Die Klägerin zu 1) habe mit dem Kläger zu 2) am 05.04.2017 die Reise angetreten und sei erst am Freitag, 21.04.2017 zurückgekommen. Die Poststelle sei am Freitag bereits geschlossen gewesen. Die Klägerin zu 1) habe daher den förmlich zugestellten Bescheid erst am 24.04.2017 (Montag) in Empfang nehmen können. Daraufhin habe die Klägerin zu 1) unverzüglich gehandelt und einen Termin mit der Kanzlei des Unterzeichners vereinbart. Die Kläger seien daher ohne Verschulden verhindert gewesen, die Klagefrist zu wahren.

Der Klageerhebung wurde ferner eine eidesstattliche Versicherung der Klägerin zu 1) vom 25.04.2017 beigefügt, wonach die Kläger am 05.04.2017 eine Reise nach … angetreten hätten und erst am 21.04.2017 zurückgekommen seien. Zur weiteren Glaubhaftmachung der Angaben der Klägerin zu 1) wurden mit Schriftsatz vom 26.04.2017 zudem die Fahrkarten nach … und zurück vorgelegt.

Mit Schriftsatz vom 04.05.2017 führte der Bevollmächtigte der Kläger zur Klagebegründung ergänzend aus, die von der Klägerin zu 1) geschilderten Umstände der Verfolgung belegten, dass die Flüchtlingseigenschaft unter Beachtung der Prinzipien der Rechtsprechung zuzuerkennen sei. Auch dem Antrag auf Asylanerkennung sei stattzugeben. Dies gelte auch für den in der Bundesrepublik Deutschland geborenen Kläger zu 2).

Mit Schriftsatz vom 04.05.2017 beantragt die Beklagte,

die verfristete Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Aufgrund einer gerichtlichen Anfrage teilte die Ausländerbehörde des Kreises … mit Schriftsatz vom 19.02.2018 mit, dass die räumliche Beschränkung der Aufenthaltsgestattung für die Klägerin zu 1) bereits im Februar 2016 gemäß § 59 a Abs. 1 erloschen sei und es für den vorübergehenden Aufenthalt in … keiner Erlaubnis bedurft habe.

Mit Beschluss der Kammer vom 21.06.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 30.07.2018 erklärten sich die Kläger mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Ergänzend wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte der Kläger verwiesen. Die Asylakte des Lebenspartners der Klägerin zu 1) und des Vaters des Klägers zu 2), Herrn … (Az.: ...), wird beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Gründe

I.

Über die Klage konnte das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden (Schriftsatz vom 30.07.2017 bzw. Generalerklärung der Beklagten vom 27.06.2017).

II.

Die am 25.04.2017 beim Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangene Klage hat keinen Erfolg.

1. Die Klage ist verfristet und damit bereits unzulässig.

Gemäß § 74 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG muss die Klage gegen Entscheidungen nach dem AsylG - abgesehen von den Sonderfällen des § 74 Abs. 1 Halbs. 2 AsylG - innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung erhoben werden. Der streitgegenständliche Bescheid vom 04.04.2017 wurde - mit zutreffender Rechtsbehelfsbelehrung:- ausweislich der Postzustellungsurkunde, der Beweiskraft zukommt (§§ 181 Abs. 1 Satz 2, 418 ZPO), am 07.04.2017 ordnungsgemäß im Wege der Ersatzzustellung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 VwZG i.V.m. § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zugestellt. Somit begann die Klagefrist am Tag nach der Zustellung, also am 08.04.2017 zu laufen und endete mit Ablauf des 21.04.2017 (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB). Die Klage ging jedoch erst am 25.04.2017 bei Gericht ein.

Den Klägern ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO zu gewähren. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nur dann erfolgreich, wenn die Kläger glaubhaft machen können, dass sie ohne Verschulden daran gehindert gewesen waren, die Klage rechtzeitig zu erheben. Ein Verschulden ist dabei immer anzunehmen, wenn dem Säumigen zum Vorwurf gemacht werden kann, dass er die Frist ungenutzt hat verstreichen lassen. Derjenige, der ein Verwaltungsverfahren betreibt, muss nämlich die Sorgfalt walten lassen, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Kläger geboten und nach den gesamten Umständen zumutbar ist. Das Maß an Achtsamkeit und Vorsorge, das die Einhaltung der der Rechtssicherheit dienenden Fristvorschriften erfordert, bestimmt sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls. Vorliegend trifft die Kläger ein solches Verschulden an der Fristversäumung. Die Kläger haben nach eigenen Angaben im Klageverfahren die ihnen zugewiesene Gemeinschaftsunterkunft am 05.04.2017 verlassen und sind erst am 21.04.2017 zurückgekehrt. Infolge des Wochenendes wurde die in diesem Zeitraum eingehende Post erst am Montag, den 24.04.2017 von der Klägerin zu 1) abgeholt und geöffnet. Während des Urlaubsaufenthaltes in … haben die Kläger nicht ausreichend Sorge dafür getragen, dass sich jemand um eingehende Post kümmert und sie über Posteingänge informiert. Zwar kann im Einzelfall ein Verschulden im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO bei Zustellung eines behördlichen Bescheides während der Urlaubsabwesenheit der Kläger entfallen (vgl. Schmidt in Eyermann VwGO, 14. Auflage 2014, § 60 Rn. 11 m.w.N.). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Betroffene wegen gesonderter gesetzlicher Bestimmungen vorzusorgen hat, dass ihn Schriftverkehr stets erreichen kann (vgl. VG Trier, U.v. 19.1.2012 - 2 K 1144/11.TR - juris; VG Bayreuth, B.v. 6.4.2017 - B 4 S 17.31002 - juris) oder wenn der Betroffene wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls mit dem Zugang eines Bescheids während seiner Abwesenheit rechnen musste (vgl. BVerwG, U.v. 8.7.1981 - 6 C 174/80 - juris). Nach einer erfolgten Anhörung im Asylverfahren muss stets mit einer zeitnahen Entscheidung und Zustellung des Bescheides gerechnet werden. Insbesondere können sich die Kläger nicht mit der Einlassung exkulpieren, die Anhörung sei erst am 14.03.2017 erfolgt, so dass während des Urlaubsaufenthaltes im April 2017 noch nicht mit einem Bescheid gerechnet werden konnte. Der Zeitpunkt des Bescheidserlasses im Asylverfahren hängt nach den Erfahrungen des Gerichts im Wesentlichen vom Verlauf der Anhörung, der Schwierigkeit des Falles und der Auslastung der entscheidenden Einheit des Bundesamts ab. Es ist insbesondere nicht ungewöhnlich oder gar ausgeschlossen, dass Ablehnungsbescheide bereits einige Tage nach der Anhörung ergehen. In Anbetracht dessen besteht gemäß § 10 Abs. 1 AsylG die Verpflichtung der Kläger, während der Dauer des Asylverfahrens dafür Vorsorge zu tragen, dass sie Mitteilungen des Bundesamts stets erreichen können (VG Trier, U.v. 19.1.2012 - 2 K 1144/11.TR - juris; VG Bayreuth, B.v. 6.4.2017 - B 4 S 17.31002 - juris). Die Pflicht des Asylbewerbers, Vorkehrungen zu treffen, damit ihn Mitteilungen des Bundesamts jederzeit erreichen können, ist umfassend. Hierunter fallen auch das Einrichten eines Nachsendeantrags oder die Sicherstellung der Benachrichtigung und Weitergabe der Post bei Posteingang (Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 10 AsylG, Rn. 6 und 7). Es wäre den Klägern daher - in Anbetracht des ausstehenden Bescheids des Bundesamts - ohne weiteres möglich gewesen, jemanden mit der Abholung und Sichtung der Post und einer ggf. notwenigen Weiterleitung an die Kläger bzw. zumindest mit einer entsprechenden Information der Kläger zu beauftragen, zumal sich die Kläger rund 15 Tagen ununterbrochen außerhalb der zugewiesenen Unterkunft aufgehalten haben. Solche (zumutbaren) Maßnahmen haben die Kläger aber offensichtlich nicht ergriffen, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet sind, sich zum Empfang von Erklärungen oder Entscheidungen bereitzuhalten. Sie wurden vom Bundesamt auf diese Verpflichtung auch ausdrücklich in der Landessprache hingewiesen (vgl. Bl. 4-10 der Bundesamtsakte). Da die Kläger schuldhaft der Verpflichtung aus § 10 Abs. 1 AsylG nicht nachgekommen sind, scheidet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Die Klagefrist endete daher mit Ablauf des 21.04.2017, so dass die am 25.04.2017 erhobene Klage verspätet ist.

2. Im Übrigen ist die Klage auch unbegründet.

Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG. Subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG ist ebenfalls nicht zu gewähren. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Das Gericht nimmt insoweit vollumfänglich Bezug auf den angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AslyG).

Ergänzend ist auszuführen, dass der Vortrag der Klägerin zu 1) zum Fluchtgeschehen dem Gericht zudem unglaubwürdig erscheint. Es ist nicht nachvollziehbar, warum es der Vater der Klägerin zu 1), der angeblich den Vergewaltiger unterstützt hat, zugelassen hat, dass sich die seinerzeit minderjährige Klägerin zu 1) und ihr Bruder in die Obhut einer Freundin der Mutter begeben haben bzw. dort verbleiben durften, obwohl die Freundin der Mutter den Vater und den Vergewaltigter angezeigt und damit den Geschäftspartner des Vaters ins Gefängnis gebracht hat.

Die Klägerin zu 1) erklärte zudem gegenüber dem Bundesamt, der Vater des am 21.12.2015 in Deutschland geborenen Klägers zu 2) sei der syrische Staatsangehörige …, den sie offensichtlich in Griechenland kennengelernt hat. Dieser hat zwar die Vaterschaft des Klägers zu 2) anerkannt. Der syrische Staatsangehörige Mohamad Kadib-Alban reiste aber ausweislich der eindeutigen Feststellungen in dessen Asylverfahren (Az. ...) bereits am 06.08.2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Anhaltspunkte dafür, dass er nach seiner Einreise die Bundesrepublik Deutschland - kurzzeitig - wieder in Richtung Griechenland verlassen hat, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin zu 1) erklärte hingegen bei ihrer Anhörung am 14.03.2017 beim Bundesamt, sie sei erst Anfang Juli 2015 schwanger nach Deutschland eingereist. Zu dieser Zeit sei der Vater des Kindes, der zunächst versucht habe, die Kläger im Rahmen des Familiennachzugs nachzuholen, bereits in Deutschland gewesen. In Anbetracht dieser zeitlichen Gegebenheiten ist es für das Gericht nicht nachvollziehbar, wie der bereits seit August 2014 in der Bundesrepublik Deutschland verweilende … der Vater des Klägers zu 2) sein kann. Der Kläger zu 2) wurde am 21.12.2015 geboren. Demnach muss die Zeugung des Klägers zu 2) um den 29.03.2015 erfolgt seien (vgl. www.zeugungstermin-zeugungsdatum.de). Zu diesem Zeitpunkt war aber der angebliche Vater schon rund neun Monate in Deutschland. Die Klägerin zu 1) war hingegen noch bis Juli 2015 in Griechenland. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass mit der angeblichen Vaterschaft des als subsidiär schutzberechtigt anerkannten Syrers bessere Erfolgsaussichten im Asylverfahren der Kläger angestrebt werden.

Da die Kläger - begründet mit der weiten Anreise - nach Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichteten, konnte insoweit auch keine weitere Sachaufklärung erfolgen. Es wäre den Klägern ohne weiteres zumutbar gewesen, zur mündlichen Verhandlung vor dem örtlich zuständigen Verwaltungsgericht Bayreuth zu erscheinen. Dass die Kläger diese Gelegenheit nicht wahrnehmen, zeugt wiederum davon, dass offensichtlich kein gesteigertes Interesse an einem ergänzenden Sachvortrag bzw. am Ausgang des Asylverfahrens besteht.

Für den Kläger zu 2) wurden keine weitergehenden Asyl- bzw. Fluchtgründe vorgebracht. Da der Kläger zu 2 niemals in Äthiopien gelebt hat, scheidet eine Vorverfolgung bereits denknotwendig aus. Nachfluchtgründe sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid und den ergänzenden Ausführungen des Gerichts ist auch kein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes oder auf Feststellung von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten ersichtlich. Insbesondere ist eine existenzsichernde Unterstützung der Kläger - sollte tatsächlich eine Abschiebung nach Äthiopien erfolgen - jedenfalls durch den Vater des Klägers zu 2), der in Deutschland Schutz genießt und einer Erwerbstätigkeit nachgehen bzw. entsprechende Sozialleistungen beziehen kann, im absolut notwendigen Umfang möglich. Die Abschiebungsandrohung und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sind ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 06. Aug. 2018 - B 7 K 17.31482

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 06. Aug. 2018 - B 7 K 17.31482

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 06. Aug. 2018 - B 7 K 17.31482 zitiert 24 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3a Verfolgungshandlungen


(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen n

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 60


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Vers

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz


(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb

Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 57


(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung. (2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 22

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 10 Zustellungsvorschriften


(1) Der Ausländer hat während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes, der zuständigen Ausländerbehörde und der angerufenen Gerichte stets erreichen können; insbesondere hat er jeden Wechsel seiner Anschrift de

Zivilprozessordnung - ZPO | § 178 Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen und Einrichtungen


(1) Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden1.in der Wohnung einem erwachsenen Familienang

Verwaltungszustellungsgesetz - VwZG 2005 | § 3 Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde


(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde. (2) Für di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 181 Ersatzzustellung durch Niederlegung


(1) Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 oder § 180 nicht ausführbar, kann das zuzustellende Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden. Wird die Post mit der Ausfüh

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 06. Aug. 2018 - B 7 K 17.31482 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 06. Aug. 2018 - B 7 K 17.31482 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 06. Apr. 2017 - B 4 S 17.31002

bei uns veröffentlicht am 06.04.2017

Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung der Klage Az. B 4 K 17.31003 gegen die mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10.03.2017 verfügte Abschiebungsandrohung wird angeordnet. 2. Die Antragsgegnerin trägt die

Verwaltungsgericht Trier Urteil, 19. Jan. 2012 - 2 K 1144/11.TR

bei uns veröffentlicht am 19.01.2012

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand 1 Die am ... 1983 geborene Klägerin ist iranische Staatsangehör

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 oder § 180 nicht ausführbar, kann das zuzustellende Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden. Wird die Post mit der Ausführung der Zustellung beauftragt, ist das zuzustellende Schriftstück am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle niederzulegen. Über die Niederlegung ist eine schriftliche Mitteilung auf dem vorgesehenen Formular unter der Anschrift der Person, der zugestellt werden soll, in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben oder, wenn das nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung anzuheften. Das Schriftstück gilt mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

(2) Das niedergelegte Schriftstück ist drei Monate zur Abholung bereitzuhalten. Nicht abgeholte Schriftstücke sind danach an den Absender zurückzusenden.

(1) Soll durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden, übergibt die Behörde der Post den Zustellungsauftrag, das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde.

(2) Für die Ausführung der Zustellung gelten die §§ 177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend. Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das zuzustellende Dokument bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden oder bei der Behörde, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn sie ihren Sitz an einem der vorbezeichneten Orte hat. Für die Zustellungsurkunde, den Zustellungsauftrag, den verschlossenen Umschlag nach Absatz 1 und die schriftliche Mitteilung nach § 181 Abs. 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung sind die Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung zu verwenden.

(1) Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden

1.
in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner,
2.
in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,
3.
in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.

(2) Die Zustellung an eine der in Absatz 1 bezeichneten Personen ist unwirksam, wenn diese an dem Rechtsstreit als Gegner der Person, der zugestellt werden soll, beteiligt ist.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung, des Antrags auf Zulassung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Beschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die am ... 1983 geborene Klägerin ist iranische Staatsangehörige persischer Volkszugehörigkeit. Sie flog eigenen Angaben zufolge am 01. April 2010 legal unter Verwendung ihres eigenen Passes vom Flughafen Imam Khomeini in Teheran nach Istanbul. Dort habe ein Schlepper ihr einen Pass besorgt, mit dem sie am 17. April 2010 von Istanbul nach Frankfurt am Main geflogen sei. Ihren Pass habe der Schlepper in der Türkei zerrissen. Den gefälschten Ausweis, mit dem sie nach Deutschland eigereist sei, habe sie ebenso wie die Flugunterlagen dem Schlepper am Flughafen Frankfurt zurückgeben müssen.

2

Am ... Mai 2010 stellte sie in Lebach einen Asylantrag.

3

Zur Begründung des Asylantrages gab sie in einer persönlichen Stellungnahme und im Rahmen ihrer Anhörung am ... Juni 2010 im Wesentlichen an, sie stamme aus einer sehr religiösen Familie. Ihr Vater habe eine Heirat mit ihrem Freund nicht zugelassen, sondern einen anderen Mann für sie ausgesucht, der ebenfalls aus einer sehr religiösen Familie stammte und den sie nicht habe heiraten wollen. Sie sei mit diesem Mann verlobt worden und sollte ihn im Sommer 2010 heiraten. Da sie diese Ehe nicht gewollt habe, habe sie einen Selbstmordversuch unternommen. Ihr Bruder habe ihr daraufhin geholfen, mittels eines Schlepper in die Türkei auszureisen und von dort aus zu ihrem Onkel nach Deutschland zu kommen.

4

Mit Schreiben vom 02. November 2010 bestellte sich Herr Rechtsanwalt ... aus Frankfurt für die Klägerin. In der vorgelegten Vollmacht ist unter anderem ausgeführt: "Diese Vollmacht erstreckt sich, insbesondere auf folgende Befugnisse: ... 12. Entgegennahme und Bewirkung von Zustellungen und sonstigen Mitteilungen".

5

Mit Bescheid vom 13. Juli 2011 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag der Klägerin ab und stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen des § 60 AufenthG nicht vorliegen. Es forderte die Klägerin zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung auf und drohte ihr im Fall der Nichteinhaltung die Abschiebung in den Iran an. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Vortrag der Klägerin nicht glaubhaft sei, da die von ihr angegeben Asylgründe nicht plausibel und nachvollziehbar seien.

6

Der Bescheid wurde ausweislich eines Aktenvermerks am 14. Juli 2011 als Einschreiben zur Post gegeben.

7

Am 12. August 2011 hat die Klägerin bei dem Verwaltungsgericht Wiesbaden durch ihren damaligen Prozessbevollmächtigten die vorliegende Klage erhoben.

8

Sie trägt zur Begründung ihrer Klage vor, dass ihre Klage zulässig sei, da ihr früherer Prozessbevollmächtigter den Bescheid vom 13. Juli 2011 erst in der ersten Augustwoche bei der Post abgeholt habe. Seine Kanzlei sei urlaubsbedingt vom 13. Juli 2011 bis 01. August 2011 geschlossen gewesen. Er habe - wie auch in den vergangenen Jahren - keinen Vertreter für seine Postsachen bestellt gehabt. Im Übrigen werde die Kanzlei ohne weitere Mitarbeiter geführt. Der Lauf der Klagefrist habe daher erst mit Kenntnisnahme des Bescheides Anfang August 2011 begonnen, sodass die am 12. August 2011 erhobene Klage noch rechtzeitig gewesen sei. Die Klage sei auch begründet, da ihr Vorbringen vor dem Bundesamt - entgegen der Auffassung der Beklagten - sowohl schlüssig als auch glaubhaft sei.

9

In der mündlichen Verhandlung beantragt die Klägerin,

10

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 13. Juli 2011 zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und Abschiebungsverbote festzustellen.

11

Die in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertretene Beklagte begehrt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig, da sie verspätet erhoben worden sei. Der Bescheid gelte nach dem 3. Tag der Aufgabe zur Post als zugestellt, sodass die Klagefrist am 18. Juli 2011 zu laufen begonnen habe um am 01. August 2011 abgelaufen sei.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen der Beteiligten, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die in der Gerichtsakte aufgelisteten Unterlagen zur Lage im Iran Bezug genommen, die insgesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist nicht zulässig.

16

Dabei ist das Gericht durch das Ausbleiben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht gehindert, diese Entscheidung zu treffen, denn die Beklagte wurde zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen und mit der Ladung nach § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne.

17

Die Klage ist wegen der Versäumung der Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz - AsylVfG - unzulässig. Nach dieser Vorschrift ist eine Klage innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung der Entscheidung zu erheben.

18

Vorliegend ist der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2011 am 14. Juli 2011 als Einschreiben zur Post gegeben worden. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG - gilt ein Dokument, das durch die Post mittels Einschreiben zugestellt wird, am 3. Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Nach dieser Regelung würde der Bescheid am 17. Juli 2011 als zugestellt gelten, sodass die Klagefrist am Montag, den 01. August 2011 ablief. Die am 12. August 2011 erhobene Klage wäre damit verspätet. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin, an den die Zustellung gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG zu Recht erfolge, hat jedoch angegeben, dass er den Bescheid erst in der ersten Augustwoche 2011 nach seiner Rückkehr aus seinem Urlaub bei der Post abgeholt habe, sodass er ihm auch erst zu diesem Zeitpunkt zugegangen sei. Grundsätzlich ist es zutreffend, dass ein Bescheid, der als sogenanntes Übergabeeinschreiben zur Post gegeben wird, erst mit der Übergabe an den Empfänger als zugestellt gilt. Allerdings kann ein Bescheid oder eine andere empfangsbedürftige Willenserklärung, die nicht oder verspätet in den Empfangsbereich des Adressaten gelangt, im Falle einer schuldhaften Vereitelung des Zuganges durch den Erklärungsempfänger oder den vom ihm Bevollmächtigten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausnahmsweise als zugegangen angesehen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.1990 - 8 C 22/89; Bayrische Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 06.12.2011 - 19 ZB 11.742 beide in juris, Sadler, VwVG, VwZG, Kommentar 7. Auflage VwZG § 2 Rdn. 40 m.w.N.). Ein solcher Verstoß gegen Treu und Glauben liegt insbesondere dann vor, wenn der Empfänger der Sendung aufgrund besonderer gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen gegenüber dem Erklärenden verpflichtet ist, sich zum Empfang von Erklärungen oder Entscheidungen bereit zu halten. Vorliegend ergibt sich die Verpflichtung der Klägerin während der Dauer des Asylverfahrens dafür Vorsorge zu tragen, dass sie Mitteilungen des Bundesamtes stets erreichen können aus § 10 Abs. 1 AsylVfG. Diese Verpflichtung gilt auch für einen von ihr beauftragten Prozessbevollmächtigten. Darüber hinaus muss ein Rechtsanwalt gemäß § 53 BRAO für seine Vertretung sorgen, wenn er sich länger als eine Woche von seiner Kanzlei entfernen will. Unterlässt ein Rechtsanwalt entgegen dieser gesetzlichen Verpflichtung die Bestellung eines Vertreters und ist über 3 Wochen nicht erreichbar, so ist nach Auffassung der erkennenden Kammer davon auszugehen, dass dem Bevollmächtigten ein Bescheid nicht zugestellt werden kann, da er eine zeitnahe Zustellung treuwidrig vereitelt hat. Legt ein Rechtsanwalt bei dem Bundesamt eine schriftliche Vollmacht vor, durch die er ausdrücklich für die Zustellung von Schriftstücken ermächtigt wird, so durfte die Beklagte davon ausgehen, dass bei einer Zustellung ein Bescheid unter Beachtung des § 53 BRAO spätestens nach einer Woche in den Empfangsbereich des Rechtsanwaltes oder seines Vertreters gelangt und damit zugestellt ist. Hinzu kommt vorliegend, dass der Bescheid nicht - wie sonst üblich -, wenn er nicht innerhalb von 7 Werktagen abgeholt wird, als unzustellbar zurückgesandt wurde, da der ehemalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin - wie er in seinem Schreiben vom 10. Januar 2012 mitgeteilt hat - einen Postlagerauftrag eingerichtet hatte, über den ihn die Benachrichtigung, dass ein Einschreiben vorliegt, erst nach seiner 3-wöchigen Abwesenheit erreichte und das Schriftstück nicht als unzustellbar zurückgesandt wurde.

19

Bleibt ein Rechtsanwalt jedoch, ohne einen Vertreter bestellt zu haben und ohne dem Bundesamt von seiner Abwesenheit Kenntnis zu geben und zumindest für den Zeitraum seiner Abwesenheit einer persönliche Zustellung an den Asylbewerber zuzustimmen, drei Wochen abwesend, so muss ein solches, sowohl gegen § 53 BRAO als auch gegen § 10 Abs. 1 AsylVfG verstoßendes Verhalten unter Berücksichtigung von Treu und Glauben dazu führen, dass der Asylbewerber und sein Prozessbevollmächtigter sich die Zustellung eines Bescheides nach den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 VwZG am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post anrechnen lassen müssen.

20

Der Bescheid gilt daher spätestens am 17. Juli 2011 als zugestellt, sodass die am 12. August 2011 erhobene Klage verspätet ist.

21

Die Klage war daher mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.

22

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § § 167 VwGO i.V.m. §§ 708,711 ZPO.

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage Az. B 4 K 17.31003 gegen die mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10.03.2017 verfügte Abschiebungsandrohung wird angeordnet.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begeht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die ihm gegenüber erlassene Abschiebungsandrohung nach Mali.

Der ledige Antragsteller ist Staatsangehöriger der Republik Mali, bekennt sich zum Islam und gehört zum Volk der Sarahule. Nach eigenen Angaben reiste er mit einem Visum der Türkischen Botschaft in Bamako Ende 2012 in die Türkei ein und gelangte nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in der Türkei über die „Balkanroute“ nach Österreich. Von dort reiste er im Februar 2015 ohne Pass und Ausweispapiere ins Bundesgebiet ein. Am 05.10.2015 stellte er in München einen Asylantrag und gab dabei als Erstsprache Soninke und als Zweitsprache Französisch an.

Nach seiner Erstbefragung am 05.10.2015, die in Soninke durchgeführt wurde, händigte ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) eine Belehrung für Erstantragsteller über Mitwirkungspflichten und Allgemeine Verfahrenshinweise in deutscher und in französischer Sprache aus.

Nachdem der Antragsteller ab 26.03.2015 zunächst der Dezentralen Unterkunft für Asylbewerber in P (Landkreis B) zugewiesen. war, hat er seit 13.12.2016 seinen Wohnsitz in der Staatliche Gemeinschaftsunterkunft I in K.

Mit Schreiben vom 02.02.2017 lud das Bundesamt - Außenstelle München den Antragsteller auf den 16.02.2017 zur persönlichen Anhörung in München. Als Adresse des im behördlichen Verfahren anwaltlich nicht vertretenen Antragstellers ist die Staatliche Gemeinschaftsunterkunft I in K angegeben. In dem in deutscher Sprache verfassten Schreiben, dem keine französische Übersetzung beigefügt ist, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 1 AsylG in der seit 17.03.2016 geltenden Fassung der Antrag als zurückgenommen gilt, wenn der Antragsteller zu diesem Termin nicht erscheint. Eine Empfangsbestätigung betr. dieses Hinweises findet sich nicht bei den Akten.

Auf der vom 08.02.2017 datierenden Postzustellungsurkunde vermerkte der Postbedienstete, er habe das Schriftstück im verschlossenen Umschlag zu übergeben versucht. Weil die Ersatzzustellung in der Gemeinschaftsunterkunft nicht möglich gewesen sei, werde das Schriftstück im Postbank Center K niedergelegt. Die schriftliche Mitteilung der Niederlegung habe er in den Briefkasten der Gemeinschaftsunterkunft eingelegt.

An der persönlichen Anhörung am 16.02.2017 nahm der Antragsteller nicht teil.

Mit Schreiben vom 22.02.2017, eingegangen am 23.02.2017, teilte der Antragsteller dem Bundesamt - Außenstelle München mit, er habe erst am 20.02.2017 die Benachrichtigung an der Zimmertür vorgefunden, dass für ihn ein Brief bei der Post niedergelegt sei. Er arbeite täglich von 07.00 Uhr früh bis 16.45 Uhr am Nachmittag. Vielleicht habe der Hausmeister der Unterkunft ihn deshalb erst so spät benachrichtigt. Er bitte, ihm einen neuen Anhörungstermin zu geben.

Mit Bescheid vom 10.03.2017 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist (Ziffer 1). Weiter stellte die Behörde fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2). Sie forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen und drohte ihm widrigenfalls die Abschiebung nach Mali an (Ziffer 3). Schließlich befristete sie das gesetzliche Einreise.- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. (Ziffer 4).

Zur Begründung führt die Behörde aus, der Antragsteller sei ohne genügende Entschuldigung zu seiner auf 16.02.2017 terminierten Anhörung nicht erschienen. Deshalb werde vermutet, dass er das Verfahren nicht betreibe.

Mit Schriftsatz vom 23.03.2017,eingegangen am 24.03.2017, haben die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10.03.2017 aufzuheben, hilfsweise die Antragsgegnerin zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides das Asylverfahren fortzuführen, hilfsweise unter Aufhebung des Bescheides den Antragsteller als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise die Voraussetzungen von § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Zugleich haben die Prozessbevollmächtigten ebenfalls am 23.03.2017 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wird ausgeführt, der Bescheid sei rechtswidrig, weil der Asylantrag nicht wegen Nichtbetreibens des Verfahrens als zurückgenommen gelten könne. Die Vermutung, der Antragsteller habe das Verfahren nicht betrieben, weil er der Aufforderung zur Anhörung nicht nachgekommen sei, gelte nicht. Das Versäumnis beruhe darauf, dass ihm die Ladung nicht zugestellt worden sei, also auf Umständen, auf die er keinen Einfluss hatte.

Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 03.04.2017, eingegangen am 05.04.2017, beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung beruft sie sich auf die Begründung des angegriffenen Bescheides.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, der als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in Ziffer 3 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 10.03.2017 verfügten Abschiebungsandrohung auszulegen ist, ist zulässig und begründet.

a) Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist er statthaft.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage durch Bundesgesetz entfallen ist. Klagen gegen Entscheidungen nach dem AsylG haben nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 und der §§ 73, 73 b und 73 c aufschiebende Wirkung (§ 75 Abs. 1 AsylG). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil die Antragsgegnerin das Asylverfahren gestützt auf §§ 32 Satz 1, § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. AsylG eingestellt hat, so dass sich die Ausreisefrist nicht aus § 38 Abs. 1, sondern aus § 38 Abs. 2 AsylG ergibt.

b) Der Antrag ist auch begründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht auf Antrag im Rahmen einer eigenen Ermessensentscheidung die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzbarkeit des Verwaltungsaktes überwiegt. Die Interessenabwägung geht hier zu Gunsten des Antragstellers aus, weil die Abschiebungsandrohung bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.

Rechtsgrundlage für die Abschiebungsandrohung ist § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach erlässt das Bundesamt gemäß §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt wird, ihm kein subsidiärer Schutz gewährt wird, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen und der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt. Scheitert die Gewährung von Asyl, Flüchtlings - und subsidiärem Schutz daran, dass der Antrag als zurückgenommen gilt, ist außerdem zu prüfen, ob der Ausländer gemäß § 33 Abs. 1 AsylG das Verfahren nicht betreibt. Ein Nichtbetreiben wird u.a. dann vermutet, wenn der Ausländer einer Aufforderung gemäß § 25 AsylG zur persönlichen Anhörung nicht nachgekommen ist (§ 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. AsylG) und nicht unverzüglich nachweist, dass das Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte (§ 33 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. AsylG). Gemäß § 33 Abs. 4 AsylG ist der Ausländer auf die sich aus Abs. 1 ergebende Rechtsfolge schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen.

Legt man diese Voraussetzungen zugrunde, hat die Antragsgegnerin die Abschiebungsandrohung nach Mali zu Unrecht erlassen. Denn die Behörde durfte nicht davon ausgehen, dass dem Antragsteller weder Asylnoch Flüchtlings- oder subsidiärer Schutz zu gewähren ist und dass keine Abschiebungsverbote vorliegen, weil die Antragsgegnerin nicht von einer fiktiven Antragsrücknahme aufgrund Nichtbetreibens gemäß § 33 Abs. 1 AsylG ausgehen durfte.

aa) Zwar spricht viel dafür, dass der Antragsteller, der an der Anhörung nicht teilnahm, nicht nachgewiesen hat, dass er die persönliche Anhörung, zu der er mit dem ihm am 08.02.2017 zugestellten Schreiben vom 02.02.2017 aufgefordert wurde, aus Umständen versäumt hat, auf die er keinen Einfluss hatte.

aaa) Das Ladungsschreiben vom 02.02.2017 wurde dem Antragsteller am 08.02.2017 zugestellt.

Die Zustellung des Schreibens erfolgte gemäß Art. 3 BayVwZVG durch die Post mit Zustellungsurkunde. Die Ausführung der Zustellung richtet sich deshalb gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG nach §§ 177 bis 182 ZPO. Da das Schriftstück dem Antragsteller, der am 08.02.2017 nicht in der Gemeinschaftsunterkunft, sondern aushäusig bei der Arbeit war, nicht gemäß § 177 ZPO übergeben werden konnte, musste eine Ersatzzustellung erfolgen, die auch Asylbewerbern gegenüber zulässig ist (§ 10 Abs. 5 AsylG). Gemäß § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann dann, wenn die Person, der zugestellt werden soll, in der Gemeinschaftsunterkunft, in der sie wohnt, nicht angetroffen wird, das Schriftstück dem Leiter der Gemeinschaftsunterkunft oder einen bevollmächtigten Vertreter durch Übergabe zugestellt werden. Seit der Neuregelung der Ersatzzustellung in Einrichtungen durch § 178 ZPO in der seit 01.01.2002 gültigen Fassung ist es dazu nicht mehr erforderlich, dass der Postzusteller zuvor den Adressaten in seinem Zimmer aufsucht, sondern es reicht aus, dass der Postzusteller den Asylbewerber im allgemein zugänglichen Teil der Gemeinschaftsunterkunft nicht antrifft (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Dezember 2016, § 10 AsylG Rn.65; anders noch VGH BW, B. v. 05.02.1999 - A 9 S 8/99 - NVwZ Beilage 1999, 42, 42f. zu § 181 II ZPO a. F.). Ist eine Ersatzzustellung an den Leiter der Einrichtung oder einen bevollmächtigten Vertreter nicht ausführbar, kann gemäß § 181 Abs. 1 ZPO, Art. 3 Abs. 2 Satz 2 BayVwZVG das Schriftstück bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung niedergelegt werden. Diesen Weg der Ersatzzustellung hat der Postzusteller gewählt und das Postbank Center K für die Niederlegung bestimmt. Außerdem hat er gemäß § 181 Abs. 1 Satz 3 ZPO eine Mitteilung über die Niederlegung in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abgegeben, indem er sie in den Briefkasten der Gemeinschaftsunterkunft eingelegt hat. Dies hatte zur Folge, dass das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung am 08.02.2017 als zugestellt gilt (§ 181 Abs. 1 Satz 4 ZPO).

bbb) Der Antragsteller hat sich pflichtwidrig keine rechtzeitige Kenntnis vom Ladungsschreiben verschafft.

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG hat der Ausländer während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes stets erreichen können. Deshalb trifft ihn auch die Pflicht, beim Heimleiter und anderen Empfangsberechtigten nachzufragen, ob Post für ihn gekommen ist (Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 10 AsylG Nr. 6). Dies gilt umso mehr dann, wenn es der Gepflogenheit in der Gemeinschaftsunterkunft entspricht, dass der Hausmeister die Post, wie hier die Mitteilung über das niedergelegte Ladungsschreiben nicht von sich aus verteilt, sondern von den Bewohnern verlangt, dass sie regelmäßig nach eingegangener Post nachfragen. Dem kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe während der Sprechstunden des Hausmeisters außerhalb gearbeitet. Denn der Sinn seines Aufenthaltsrechts während des Asylverfahrens liegt allein in der Klärung seiner Asylberechtigung bzw. der sonst von ihm geltend gemachten Schutzrechten. Andere berechtigte oder unberechtigte Interessen haben dahinter zurückzutreten (vgl. Bergmann in Bergmann/Dienelt, a.a.O. § 74 AsylG Rn. 21). Dementsprechend ist er verpflichtet, mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, dass er trotz seiner Berufstätigkeit rechtzeitig erfährt, wann fristgebundene asylrechtliche Verfahrenshandlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorzunehmen sind.

Da der Antragsteller deshalb aus Umständen. auf die er Einfluss hatte, die persönliche Anhörung versäumt hat, greift zu seinen Lasten die Vermutung ein, dass er das Verfahren nicht betrieben hat.

bb) Die Antragsgegnerin durfte den Asylantrag dennoch nicht als zurückgenommen behandeln, weil der Antragsteller nicht in einer den rechtlichen Erfordernissen entsprechenden Art und Weise auf die Rücknahmefiktion hingewiesen worden war.

Gemäß § 33 Abs. 4 AsylG ist der Ausländer auf die nach Absatz 1 eintretende Rechtsfolge schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen.

Diese Hinweispflicht hat das Bundesamt nicht mit der Aushändigung der Belehrung für Erstantragsteller über Mitwirkungspflichten in deutscher und französischer Sprache am 05.10.2015 erfüllt. Denn damals konnte das Bundesamt noch nicht auf die für die Ladung vom 02.02.2017 maßgeblichen Regelungen des § 33 AsylG in der seit 17.03.2016 geltenden Fassung hinweisen (vgl. VG Arnsberg, B. v. 16.02.2017 - 2 L 134/17 A - juris Rn. 15f.).

Die Ladung zur persönlichen Anhörung vom 02.02.2017 enthielt zwar einen inhaltlich nicht zu beanstandenden Hinweis auf die sich für den Antragsteller ergebenden Rechtsfolgen bei Nichterscheinen auf der Grundlage des nunmehr geltenden § 33 AsylG.

Die Antragsgegnerin hat allein damit allerdings auch damit die Erfordernisse nicht erfüllt, weil der Hinweis nicht auch in französischer Sprache erging, obwohl die Behörde nicht davon ausgehen durfte, dass der Antragsteller ausreichend Deutsch versteht.

Zwar schreibt § 33 Abs. 4 AsylG nicht ausdrücklich vor, dass ein Hinweis in deutscher Sprache nicht ausreicht. Gemäß Art. 12 Abs. 1 a Satz 1 und 2 Richtlinie 2013/32/EU v. 26.06.2013 (Verfahrensrichtlinie), ABl EU L180/60, werden die Antragsteller jedoch in einer Sprache, die sie verstehen u.a. über ihre Rechte und Pflichten während des Verfahrens und über die Folgen einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Rücknahme des Antrags informiert. Dementsprechend regelt § 24 Abs. 1 Satz 2 AsylG, dass das Bundesamt nach der Asylantragstellung den Ausländer in einer Sprache, deren Kenntnis deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann u.a. über seine Pflichten im Verfahren unterrichtet. Im Hinblick auf die weitreichenden Folgen, die mit dem Eintritt der Rücknahmefiktion verbunden sind, gebieten es diese Vorschriften und der Grundsatz eines fairen Verfahrens, dass der Hinweis gemäß § 33 Abs. 4 AsylG insbesondere dann, wenn der Antragsteller nicht anwaltlich vertreten ist, (auch) in einer dem Antragsteller verständlichen Sprache ergeht (so zu § 33 AsylG a.F. unter Verweis auf § 24 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG BVerwG, U. v. 05.09.2013 - 10 C 1/13 - BVerwGE 147,329/342 = NVwZ 2014, 158/161 jew. Rn. 31; zu § 33 AsylG n.F. VG Arnsberg, B. v. 16.02.2017 - 2 L 134/17.A - juris Rn. 17 - 23; VG Düsseldorf, B. v. 16.02.2017 - 2 L 108/17.A - juris Rn. 16f.; VG Minden, B. v. 28.02.2017 - 10 L 162/17.A, juris Rn. 40f.; a. A. VG Augsburg, U. v. 13.03.2017 - Au 3 K 16.32293 - juris Rn. 20f.).

Darüber hinaus liegt auch keine Empfangsbestätigung des Antragstellers oder eines Dritten vor, d.h. eine Erklärung, dass der Hinweis vom Antragsteller oder einem Dritten persönlich entgegengenommen wurde (vgl. VG Kassel, B. v. 06.03.2017 - 6 L 437/17. KS.A - juris Rn.15).

Da die formellen Voraussetzungen für die Belehrung über die Rücknahmefiktion damit nicht eingehalten wurden, ist die Rücknahmefiktion nicht eingetreten, so dass die Abschiebungsandrohung mit einer Ausreisefrist von einer Woche aller Voraussicht nach rechtswidrig ist. Damit ist die aufschiebende Wirkung der Klage, soweit sie sich gegen die Abschiebungsandrohung richtet, anzuordnen.

2. Als unterliegender Teil trägt die Antragsgegnerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG).

Hinweis:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) Der Ausländer hat während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes, der zuständigen Ausländerbehörde und der angerufenen Gerichte stets erreichen können; insbesondere hat er jeden Wechsel seiner Anschrift den genannten Stellen unverzüglich anzuzeigen.

(2) Der Ausländer muss Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der letzten Anschrift, die der jeweiligen Stelle auf Grund seines Asylantrags oder seiner Mitteilung bekannt ist, gegen sich gelten lassen, wenn er für das Verfahren weder einen Bevollmächtigten bestellt noch einen Empfangsberechtigten benannt hat oder diesen nicht zugestellt werden kann. Das Gleiche gilt, wenn die letzte bekannte Anschrift, unter der der Ausländer wohnt oder zu wohnen verpflichtet ist, durch eine öffentliche Stelle mitgeteilt worden ist. Der Ausländer muss Zustellungen und formlose Mitteilungen anderer als der in Absatz 1 bezeichneten öffentlichen Stellen unter der Anschrift gegen sich gelten lassen, unter der er nach den Sätzen 1 und 2 Zustellungen und formlose Mitteilungen des Bundesamtes gegen sich gelten lassen muss. Kann die Sendung dem Ausländer nicht zugestellt werden, so gilt die Zustellung mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt.

(3) Betreiben Familienangehörige im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 ein gemeinsames Asylverfahren und ist nach Absatz 2 für alle Familienangehörigen dieselbe Anschrift maßgebend, können für sie bestimmte Entscheidungen und Mitteilungen in einem Bescheid oder einer Mitteilung zusammengefasst und einem Familienangehörigen zugestellt werden, sofern er volljährig ist. In der Anschrift sind alle volljährigen Familienangehörigen zu nennen, für die die Entscheidung oder Mitteilung bestimmt ist. In der Entscheidung oder Mitteilung ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, gegenüber welchen Familienangehörigen sie gilt.

(4) In einer Aufnahmeeinrichtung hat diese Zustellungen und formlose Mitteilungen an die Ausländer, die nach Maßgabe des Absatzes 2 Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der Anschrift der Aufnahmeeinrichtung gegen sich gelten lassen müssen, vorzunehmen. Postausgabe- und Postverteilungszeiten sind für jeden Werktag durch Aushang bekannt zu machen. Der Ausländer hat sicherzustellen, dass ihm Posteingänge während der Postausgabe- und Postverteilungszeiten in der Aufnahmeeinrichtung ausgehändigt werden können. Zustellungen und formlose Mitteilungen sind mit der Aushändigung an den Ausländer bewirkt; im Übrigen gelten sie am dritten Tag nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt.

(5) Die Vorschriften über die Ersatzzustellung bleiben unberührt.

(6) Müsste eine Zustellung außerhalb des Bundesgebiets erfolgen, so ist durch öffentliche Bekanntmachung zuzustellen. Die Vorschriften des § 10 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes finden Anwendung.

(7) Der Ausländer ist bei der Antragstellung schriftlich und gegen Empfangsbestätigung auf diese Zustellungsvorschriften hinzuweisen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die am ... 1983 geborene Klägerin ist iranische Staatsangehörige persischer Volkszugehörigkeit. Sie flog eigenen Angaben zufolge am 01. April 2010 legal unter Verwendung ihres eigenen Passes vom Flughafen Imam Khomeini in Teheran nach Istanbul. Dort habe ein Schlepper ihr einen Pass besorgt, mit dem sie am 17. April 2010 von Istanbul nach Frankfurt am Main geflogen sei. Ihren Pass habe der Schlepper in der Türkei zerrissen. Den gefälschten Ausweis, mit dem sie nach Deutschland eigereist sei, habe sie ebenso wie die Flugunterlagen dem Schlepper am Flughafen Frankfurt zurückgeben müssen.

2

Am ... Mai 2010 stellte sie in Lebach einen Asylantrag.

3

Zur Begründung des Asylantrages gab sie in einer persönlichen Stellungnahme und im Rahmen ihrer Anhörung am ... Juni 2010 im Wesentlichen an, sie stamme aus einer sehr religiösen Familie. Ihr Vater habe eine Heirat mit ihrem Freund nicht zugelassen, sondern einen anderen Mann für sie ausgesucht, der ebenfalls aus einer sehr religiösen Familie stammte und den sie nicht habe heiraten wollen. Sie sei mit diesem Mann verlobt worden und sollte ihn im Sommer 2010 heiraten. Da sie diese Ehe nicht gewollt habe, habe sie einen Selbstmordversuch unternommen. Ihr Bruder habe ihr daraufhin geholfen, mittels eines Schlepper in die Türkei auszureisen und von dort aus zu ihrem Onkel nach Deutschland zu kommen.

4

Mit Schreiben vom 02. November 2010 bestellte sich Herr Rechtsanwalt ... aus Frankfurt für die Klägerin. In der vorgelegten Vollmacht ist unter anderem ausgeführt: "Diese Vollmacht erstreckt sich, insbesondere auf folgende Befugnisse: ... 12. Entgegennahme und Bewirkung von Zustellungen und sonstigen Mitteilungen".

5

Mit Bescheid vom 13. Juli 2011 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag der Klägerin ab und stellte zugleich fest, dass die Voraussetzungen des § 60 AufenthG nicht vorliegen. Es forderte die Klägerin zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung auf und drohte ihr im Fall der Nichteinhaltung die Abschiebung in den Iran an. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Vortrag der Klägerin nicht glaubhaft sei, da die von ihr angegeben Asylgründe nicht plausibel und nachvollziehbar seien.

6

Der Bescheid wurde ausweislich eines Aktenvermerks am 14. Juli 2011 als Einschreiben zur Post gegeben.

7

Am 12. August 2011 hat die Klägerin bei dem Verwaltungsgericht Wiesbaden durch ihren damaligen Prozessbevollmächtigten die vorliegende Klage erhoben.

8

Sie trägt zur Begründung ihrer Klage vor, dass ihre Klage zulässig sei, da ihr früherer Prozessbevollmächtigter den Bescheid vom 13. Juli 2011 erst in der ersten Augustwoche bei der Post abgeholt habe. Seine Kanzlei sei urlaubsbedingt vom 13. Juli 2011 bis 01. August 2011 geschlossen gewesen. Er habe - wie auch in den vergangenen Jahren - keinen Vertreter für seine Postsachen bestellt gehabt. Im Übrigen werde die Kanzlei ohne weitere Mitarbeiter geführt. Der Lauf der Klagefrist habe daher erst mit Kenntnisnahme des Bescheides Anfang August 2011 begonnen, sodass die am 12. August 2011 erhobene Klage noch rechtzeitig gewesen sei. Die Klage sei auch begründet, da ihr Vorbringen vor dem Bundesamt - entgegen der Auffassung der Beklagten - sowohl schlüssig als auch glaubhaft sei.

9

In der mündlichen Verhandlung beantragt die Klägerin,

10

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 13. Juli 2011 zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und Abschiebungsverbote festzustellen.

11

Die in der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertretene Beklagte begehrt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig, da sie verspätet erhoben worden sei. Der Bescheid gelte nach dem 3. Tag der Aufgabe zur Post als zugestellt, sodass die Klagefrist am 18. Juli 2011 zu laufen begonnen habe um am 01. August 2011 abgelaufen sei.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen der Beteiligten, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die in der Gerichtsakte aufgelisteten Unterlagen zur Lage im Iran Bezug genommen, die insgesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist nicht zulässig.

16

Dabei ist das Gericht durch das Ausbleiben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht gehindert, diese Entscheidung zu treffen, denn die Beklagte wurde zur mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen und mit der Ladung nach § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden könne.

17

Die Klage ist wegen der Versäumung der Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz - AsylVfG - unzulässig. Nach dieser Vorschrift ist eine Klage innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung der Entscheidung zu erheben.

18

Vorliegend ist der Bescheid der Beklagten vom 13. Juli 2011 am 14. Juli 2011 als Einschreiben zur Post gegeben worden. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG - gilt ein Dokument, das durch die Post mittels Einschreiben zugestellt wird, am 3. Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Nach dieser Regelung würde der Bescheid am 17. Juli 2011 als zugestellt gelten, sodass die Klagefrist am Montag, den 01. August 2011 ablief. Die am 12. August 2011 erhobene Klage wäre damit verspätet. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin, an den die Zustellung gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG zu Recht erfolge, hat jedoch angegeben, dass er den Bescheid erst in der ersten Augustwoche 2011 nach seiner Rückkehr aus seinem Urlaub bei der Post abgeholt habe, sodass er ihm auch erst zu diesem Zeitpunkt zugegangen sei. Grundsätzlich ist es zutreffend, dass ein Bescheid, der als sogenanntes Übergabeeinschreiben zur Post gegeben wird, erst mit der Übergabe an den Empfänger als zugestellt gilt. Allerdings kann ein Bescheid oder eine andere empfangsbedürftige Willenserklärung, die nicht oder verspätet in den Empfangsbereich des Adressaten gelangt, im Falle einer schuldhaften Vereitelung des Zuganges durch den Erklärungsempfänger oder den vom ihm Bevollmächtigten nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausnahmsweise als zugegangen angesehen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.1990 - 8 C 22/89; Bayrische Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 06.12.2011 - 19 ZB 11.742 beide in juris, Sadler, VwVG, VwZG, Kommentar 7. Auflage VwZG § 2 Rdn. 40 m.w.N.). Ein solcher Verstoß gegen Treu und Glauben liegt insbesondere dann vor, wenn der Empfänger der Sendung aufgrund besonderer gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen gegenüber dem Erklärenden verpflichtet ist, sich zum Empfang von Erklärungen oder Entscheidungen bereit zu halten. Vorliegend ergibt sich die Verpflichtung der Klägerin während der Dauer des Asylverfahrens dafür Vorsorge zu tragen, dass sie Mitteilungen des Bundesamtes stets erreichen können aus § 10 Abs. 1 AsylVfG. Diese Verpflichtung gilt auch für einen von ihr beauftragten Prozessbevollmächtigten. Darüber hinaus muss ein Rechtsanwalt gemäß § 53 BRAO für seine Vertretung sorgen, wenn er sich länger als eine Woche von seiner Kanzlei entfernen will. Unterlässt ein Rechtsanwalt entgegen dieser gesetzlichen Verpflichtung die Bestellung eines Vertreters und ist über 3 Wochen nicht erreichbar, so ist nach Auffassung der erkennenden Kammer davon auszugehen, dass dem Bevollmächtigten ein Bescheid nicht zugestellt werden kann, da er eine zeitnahe Zustellung treuwidrig vereitelt hat. Legt ein Rechtsanwalt bei dem Bundesamt eine schriftliche Vollmacht vor, durch die er ausdrücklich für die Zustellung von Schriftstücken ermächtigt wird, so durfte die Beklagte davon ausgehen, dass bei einer Zustellung ein Bescheid unter Beachtung des § 53 BRAO spätestens nach einer Woche in den Empfangsbereich des Rechtsanwaltes oder seines Vertreters gelangt und damit zugestellt ist. Hinzu kommt vorliegend, dass der Bescheid nicht - wie sonst üblich -, wenn er nicht innerhalb von 7 Werktagen abgeholt wird, als unzustellbar zurückgesandt wurde, da der ehemalige Prozessbevollmächtigte der Klägerin - wie er in seinem Schreiben vom 10. Januar 2012 mitgeteilt hat - einen Postlagerauftrag eingerichtet hatte, über den ihn die Benachrichtigung, dass ein Einschreiben vorliegt, erst nach seiner 3-wöchigen Abwesenheit erreichte und das Schriftstück nicht als unzustellbar zurückgesandt wurde.

19

Bleibt ein Rechtsanwalt jedoch, ohne einen Vertreter bestellt zu haben und ohne dem Bundesamt von seiner Abwesenheit Kenntnis zu geben und zumindest für den Zeitraum seiner Abwesenheit einer persönliche Zustellung an den Asylbewerber zuzustimmen, drei Wochen abwesend, so muss ein solches, sowohl gegen § 53 BRAO als auch gegen § 10 Abs. 1 AsylVfG verstoßendes Verhalten unter Berücksichtigung von Treu und Glauben dazu führen, dass der Asylbewerber und sein Prozessbevollmächtigter sich die Zustellung eines Bescheides nach den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 VwZG am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post anrechnen lassen müssen.

20

Der Bescheid gilt daher spätestens am 17. Juli 2011 als zugestellt, sodass die am 12. August 2011 erhobene Klage verspätet ist.

21

Die Klage war daher mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.

22

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet ihre Rechtsgrundlage in § § 167 VwGO i.V.m. §§ 708,711 ZPO.

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage Az. B 4 K 17.31003 gegen die mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10.03.2017 verfügte Abschiebungsandrohung wird angeordnet.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begeht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die ihm gegenüber erlassene Abschiebungsandrohung nach Mali.

Der ledige Antragsteller ist Staatsangehöriger der Republik Mali, bekennt sich zum Islam und gehört zum Volk der Sarahule. Nach eigenen Angaben reiste er mit einem Visum der Türkischen Botschaft in Bamako Ende 2012 in die Türkei ein und gelangte nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in der Türkei über die „Balkanroute“ nach Österreich. Von dort reiste er im Februar 2015 ohne Pass und Ausweispapiere ins Bundesgebiet ein. Am 05.10.2015 stellte er in München einen Asylantrag und gab dabei als Erstsprache Soninke und als Zweitsprache Französisch an.

Nach seiner Erstbefragung am 05.10.2015, die in Soninke durchgeführt wurde, händigte ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) eine Belehrung für Erstantragsteller über Mitwirkungspflichten und Allgemeine Verfahrenshinweise in deutscher und in französischer Sprache aus.

Nachdem der Antragsteller ab 26.03.2015 zunächst der Dezentralen Unterkunft für Asylbewerber in P (Landkreis B) zugewiesen. war, hat er seit 13.12.2016 seinen Wohnsitz in der Staatliche Gemeinschaftsunterkunft I in K.

Mit Schreiben vom 02.02.2017 lud das Bundesamt - Außenstelle München den Antragsteller auf den 16.02.2017 zur persönlichen Anhörung in München. Als Adresse des im behördlichen Verfahren anwaltlich nicht vertretenen Antragstellers ist die Staatliche Gemeinschaftsunterkunft I in K angegeben. In dem in deutscher Sprache verfassten Schreiben, dem keine französische Übersetzung beigefügt ist, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 1 AsylG in der seit 17.03.2016 geltenden Fassung der Antrag als zurückgenommen gilt, wenn der Antragsteller zu diesem Termin nicht erscheint. Eine Empfangsbestätigung betr. dieses Hinweises findet sich nicht bei den Akten.

Auf der vom 08.02.2017 datierenden Postzustellungsurkunde vermerkte der Postbedienstete, er habe das Schriftstück im verschlossenen Umschlag zu übergeben versucht. Weil die Ersatzzustellung in der Gemeinschaftsunterkunft nicht möglich gewesen sei, werde das Schriftstück im Postbank Center K niedergelegt. Die schriftliche Mitteilung der Niederlegung habe er in den Briefkasten der Gemeinschaftsunterkunft eingelegt.

An der persönlichen Anhörung am 16.02.2017 nahm der Antragsteller nicht teil.

Mit Schreiben vom 22.02.2017, eingegangen am 23.02.2017, teilte der Antragsteller dem Bundesamt - Außenstelle München mit, er habe erst am 20.02.2017 die Benachrichtigung an der Zimmertür vorgefunden, dass für ihn ein Brief bei der Post niedergelegt sei. Er arbeite täglich von 07.00 Uhr früh bis 16.45 Uhr am Nachmittag. Vielleicht habe der Hausmeister der Unterkunft ihn deshalb erst so spät benachrichtigt. Er bitte, ihm einen neuen Anhörungstermin zu geben.

Mit Bescheid vom 10.03.2017 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist (Ziffer 1). Weiter stellte die Behörde fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2). Sie forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen und drohte ihm widrigenfalls die Abschiebung nach Mali an (Ziffer 3). Schließlich befristete sie das gesetzliche Einreise.- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. (Ziffer 4).

Zur Begründung führt die Behörde aus, der Antragsteller sei ohne genügende Entschuldigung zu seiner auf 16.02.2017 terminierten Anhörung nicht erschienen. Deshalb werde vermutet, dass er das Verfahren nicht betreibe.

Mit Schriftsatz vom 23.03.2017,eingegangen am 24.03.2017, haben die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10.03.2017 aufzuheben, hilfsweise die Antragsgegnerin zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheides das Asylverfahren fortzuführen, hilfsweise unter Aufhebung des Bescheides den Antragsteller als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG, hilfsweise die Voraussetzungen von § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Zugleich haben die Prozessbevollmächtigten ebenfalls am 23.03.2017 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wird ausgeführt, der Bescheid sei rechtswidrig, weil der Asylantrag nicht wegen Nichtbetreibens des Verfahrens als zurückgenommen gelten könne. Die Vermutung, der Antragsteller habe das Verfahren nicht betrieben, weil er der Aufforderung zur Anhörung nicht nachgekommen sei, gelte nicht. Das Versäumnis beruhe darauf, dass ihm die Ladung nicht zugestellt worden sei, also auf Umständen, auf die er keinen Einfluss hatte.

Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 03.04.2017, eingegangen am 05.04.2017, beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung beruft sie sich auf die Begründung des angegriffenen Bescheides.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, der als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in Ziffer 3 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 10.03.2017 verfügten Abschiebungsandrohung auszulegen ist, ist zulässig und begründet.

a) Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist er statthaft.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage durch Bundesgesetz entfallen ist. Klagen gegen Entscheidungen nach dem AsylG haben nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 und der §§ 73, 73 b und 73 c aufschiebende Wirkung (§ 75 Abs. 1 AsylG). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil die Antragsgegnerin das Asylverfahren gestützt auf §§ 32 Satz 1, § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. AsylG eingestellt hat, so dass sich die Ausreisefrist nicht aus § 38 Abs. 1, sondern aus § 38 Abs. 2 AsylG ergibt.

b) Der Antrag ist auch begründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht auf Antrag im Rahmen einer eigenen Ermessensentscheidung die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzbarkeit des Verwaltungsaktes überwiegt. Die Interessenabwägung geht hier zu Gunsten des Antragstellers aus, weil die Abschiebungsandrohung bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.

Rechtsgrundlage für die Abschiebungsandrohung ist § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach erlässt das Bundesamt gemäß §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt wird, ihm kein subsidiärer Schutz gewährt wird, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen und der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt. Scheitert die Gewährung von Asyl, Flüchtlings - und subsidiärem Schutz daran, dass der Antrag als zurückgenommen gilt, ist außerdem zu prüfen, ob der Ausländer gemäß § 33 Abs. 1 AsylG das Verfahren nicht betreibt. Ein Nichtbetreiben wird u.a. dann vermutet, wenn der Ausländer einer Aufforderung gemäß § 25 AsylG zur persönlichen Anhörung nicht nachgekommen ist (§ 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. AsylG) und nicht unverzüglich nachweist, dass das Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte (§ 33 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. AsylG). Gemäß § 33 Abs. 4 AsylG ist der Ausländer auf die sich aus Abs. 1 ergebende Rechtsfolge schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen.

Legt man diese Voraussetzungen zugrunde, hat die Antragsgegnerin die Abschiebungsandrohung nach Mali zu Unrecht erlassen. Denn die Behörde durfte nicht davon ausgehen, dass dem Antragsteller weder Asylnoch Flüchtlings- oder subsidiärer Schutz zu gewähren ist und dass keine Abschiebungsverbote vorliegen, weil die Antragsgegnerin nicht von einer fiktiven Antragsrücknahme aufgrund Nichtbetreibens gemäß § 33 Abs. 1 AsylG ausgehen durfte.

aa) Zwar spricht viel dafür, dass der Antragsteller, der an der Anhörung nicht teilnahm, nicht nachgewiesen hat, dass er die persönliche Anhörung, zu der er mit dem ihm am 08.02.2017 zugestellten Schreiben vom 02.02.2017 aufgefordert wurde, aus Umständen versäumt hat, auf die er keinen Einfluss hatte.

aaa) Das Ladungsschreiben vom 02.02.2017 wurde dem Antragsteller am 08.02.2017 zugestellt.

Die Zustellung des Schreibens erfolgte gemäß Art. 3 BayVwZVG durch die Post mit Zustellungsurkunde. Die Ausführung der Zustellung richtet sich deshalb gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG nach §§ 177 bis 182 ZPO. Da das Schriftstück dem Antragsteller, der am 08.02.2017 nicht in der Gemeinschaftsunterkunft, sondern aushäusig bei der Arbeit war, nicht gemäß § 177 ZPO übergeben werden konnte, musste eine Ersatzzustellung erfolgen, die auch Asylbewerbern gegenüber zulässig ist (§ 10 Abs. 5 AsylG). Gemäß § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann dann, wenn die Person, der zugestellt werden soll, in der Gemeinschaftsunterkunft, in der sie wohnt, nicht angetroffen wird, das Schriftstück dem Leiter der Gemeinschaftsunterkunft oder einen bevollmächtigten Vertreter durch Übergabe zugestellt werden. Seit der Neuregelung der Ersatzzustellung in Einrichtungen durch § 178 ZPO in der seit 01.01.2002 gültigen Fassung ist es dazu nicht mehr erforderlich, dass der Postzusteller zuvor den Adressaten in seinem Zimmer aufsucht, sondern es reicht aus, dass der Postzusteller den Asylbewerber im allgemein zugänglichen Teil der Gemeinschaftsunterkunft nicht antrifft (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Dezember 2016, § 10 AsylG Rn.65; anders noch VGH BW, B. v. 05.02.1999 - A 9 S 8/99 - NVwZ Beilage 1999, 42, 42f. zu § 181 II ZPO a. F.). Ist eine Ersatzzustellung an den Leiter der Einrichtung oder einen bevollmächtigten Vertreter nicht ausführbar, kann gemäß § 181 Abs. 1 ZPO, Art. 3 Abs. 2 Satz 2 BayVwZVG das Schriftstück bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle am Ort der Zustellung niedergelegt werden. Diesen Weg der Ersatzzustellung hat der Postzusteller gewählt und das Postbank Center K für die Niederlegung bestimmt. Außerdem hat er gemäß § 181 Abs. 1 Satz 3 ZPO eine Mitteilung über die Niederlegung in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abgegeben, indem er sie in den Briefkasten der Gemeinschaftsunterkunft eingelegt hat. Dies hatte zur Folge, dass das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung am 08.02.2017 als zugestellt gilt (§ 181 Abs. 1 Satz 4 ZPO).

bbb) Der Antragsteller hat sich pflichtwidrig keine rechtzeitige Kenntnis vom Ladungsschreiben verschafft.

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG hat der Ausländer während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes stets erreichen können. Deshalb trifft ihn auch die Pflicht, beim Heimleiter und anderen Empfangsberechtigten nachzufragen, ob Post für ihn gekommen ist (Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl. 2016, § 10 AsylG Nr. 6). Dies gilt umso mehr dann, wenn es der Gepflogenheit in der Gemeinschaftsunterkunft entspricht, dass der Hausmeister die Post, wie hier die Mitteilung über das niedergelegte Ladungsschreiben nicht von sich aus verteilt, sondern von den Bewohnern verlangt, dass sie regelmäßig nach eingegangener Post nachfragen. Dem kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, er habe während der Sprechstunden des Hausmeisters außerhalb gearbeitet. Denn der Sinn seines Aufenthaltsrechts während des Asylverfahrens liegt allein in der Klärung seiner Asylberechtigung bzw. der sonst von ihm geltend gemachten Schutzrechten. Andere berechtigte oder unberechtigte Interessen haben dahinter zurückzutreten (vgl. Bergmann in Bergmann/Dienelt, a.a.O. § 74 AsylG Rn. 21). Dementsprechend ist er verpflichtet, mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, dass er trotz seiner Berufstätigkeit rechtzeitig erfährt, wann fristgebundene asylrechtliche Verfahrenshandlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorzunehmen sind.

Da der Antragsteller deshalb aus Umständen. auf die er Einfluss hatte, die persönliche Anhörung versäumt hat, greift zu seinen Lasten die Vermutung ein, dass er das Verfahren nicht betrieben hat.

bb) Die Antragsgegnerin durfte den Asylantrag dennoch nicht als zurückgenommen behandeln, weil der Antragsteller nicht in einer den rechtlichen Erfordernissen entsprechenden Art und Weise auf die Rücknahmefiktion hingewiesen worden war.

Gemäß § 33 Abs. 4 AsylG ist der Ausländer auf die nach Absatz 1 eintretende Rechtsfolge schriftlich und gegen Empfangsbestätigung hinzuweisen.

Diese Hinweispflicht hat das Bundesamt nicht mit der Aushändigung der Belehrung für Erstantragsteller über Mitwirkungspflichten in deutscher und französischer Sprache am 05.10.2015 erfüllt. Denn damals konnte das Bundesamt noch nicht auf die für die Ladung vom 02.02.2017 maßgeblichen Regelungen des § 33 AsylG in der seit 17.03.2016 geltenden Fassung hinweisen (vgl. VG Arnsberg, B. v. 16.02.2017 - 2 L 134/17 A - juris Rn. 15f.).

Die Ladung zur persönlichen Anhörung vom 02.02.2017 enthielt zwar einen inhaltlich nicht zu beanstandenden Hinweis auf die sich für den Antragsteller ergebenden Rechtsfolgen bei Nichterscheinen auf der Grundlage des nunmehr geltenden § 33 AsylG.

Die Antragsgegnerin hat allein damit allerdings auch damit die Erfordernisse nicht erfüllt, weil der Hinweis nicht auch in französischer Sprache erging, obwohl die Behörde nicht davon ausgehen durfte, dass der Antragsteller ausreichend Deutsch versteht.

Zwar schreibt § 33 Abs. 4 AsylG nicht ausdrücklich vor, dass ein Hinweis in deutscher Sprache nicht ausreicht. Gemäß Art. 12 Abs. 1 a Satz 1 und 2 Richtlinie 2013/32/EU v. 26.06.2013 (Verfahrensrichtlinie), ABl EU L180/60, werden die Antragsteller jedoch in einer Sprache, die sie verstehen u.a. über ihre Rechte und Pflichten während des Verfahrens und über die Folgen einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Rücknahme des Antrags informiert. Dementsprechend regelt § 24 Abs. 1 Satz 2 AsylG, dass das Bundesamt nach der Asylantragstellung den Ausländer in einer Sprache, deren Kenntnis deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann u.a. über seine Pflichten im Verfahren unterrichtet. Im Hinblick auf die weitreichenden Folgen, die mit dem Eintritt der Rücknahmefiktion verbunden sind, gebieten es diese Vorschriften und der Grundsatz eines fairen Verfahrens, dass der Hinweis gemäß § 33 Abs. 4 AsylG insbesondere dann, wenn der Antragsteller nicht anwaltlich vertreten ist, (auch) in einer dem Antragsteller verständlichen Sprache ergeht (so zu § 33 AsylG a.F. unter Verweis auf § 24 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG BVerwG, U. v. 05.09.2013 - 10 C 1/13 - BVerwGE 147,329/342 = NVwZ 2014, 158/161 jew. Rn. 31; zu § 33 AsylG n.F. VG Arnsberg, B. v. 16.02.2017 - 2 L 134/17.A - juris Rn. 17 - 23; VG Düsseldorf, B. v. 16.02.2017 - 2 L 108/17.A - juris Rn. 16f.; VG Minden, B. v. 28.02.2017 - 10 L 162/17.A, juris Rn. 40f.; a. A. VG Augsburg, U. v. 13.03.2017 - Au 3 K 16.32293 - juris Rn. 20f.).

Darüber hinaus liegt auch keine Empfangsbestätigung des Antragstellers oder eines Dritten vor, d.h. eine Erklärung, dass der Hinweis vom Antragsteller oder einem Dritten persönlich entgegengenommen wurde (vgl. VG Kassel, B. v. 06.03.2017 - 6 L 437/17. KS.A - juris Rn.15).

Da die formellen Voraussetzungen für die Belehrung über die Rücknahmefiktion damit nicht eingehalten wurden, ist die Rücknahmefiktion nicht eingetreten, so dass die Abschiebungsandrohung mit einer Ausreisefrist von einer Woche aller Voraussicht nach rechtswidrig ist. Damit ist die aufschiebende Wirkung der Klage, soweit sie sich gegen die Abschiebungsandrohung richtet, anzuordnen.

2. Als unterliegender Teil trägt die Antragsgegnerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG).

Hinweis:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) Der Ausländer hat während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes, der zuständigen Ausländerbehörde und der angerufenen Gerichte stets erreichen können; insbesondere hat er jeden Wechsel seiner Anschrift den genannten Stellen unverzüglich anzuzeigen.

(2) Der Ausländer muss Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der letzten Anschrift, die der jeweiligen Stelle auf Grund seines Asylantrags oder seiner Mitteilung bekannt ist, gegen sich gelten lassen, wenn er für das Verfahren weder einen Bevollmächtigten bestellt noch einen Empfangsberechtigten benannt hat oder diesen nicht zugestellt werden kann. Das Gleiche gilt, wenn die letzte bekannte Anschrift, unter der der Ausländer wohnt oder zu wohnen verpflichtet ist, durch eine öffentliche Stelle mitgeteilt worden ist. Der Ausländer muss Zustellungen und formlose Mitteilungen anderer als der in Absatz 1 bezeichneten öffentlichen Stellen unter der Anschrift gegen sich gelten lassen, unter der er nach den Sätzen 1 und 2 Zustellungen und formlose Mitteilungen des Bundesamtes gegen sich gelten lassen muss. Kann die Sendung dem Ausländer nicht zugestellt werden, so gilt die Zustellung mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt.

(3) Betreiben Familienangehörige im Sinne des § 26 Absatz 1 bis 3 ein gemeinsames Asylverfahren und ist nach Absatz 2 für alle Familienangehörigen dieselbe Anschrift maßgebend, können für sie bestimmte Entscheidungen und Mitteilungen in einem Bescheid oder einer Mitteilung zusammengefasst und einem Familienangehörigen zugestellt werden, sofern er volljährig ist. In der Anschrift sind alle volljährigen Familienangehörigen zu nennen, für die die Entscheidung oder Mitteilung bestimmt ist. In der Entscheidung oder Mitteilung ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, gegenüber welchen Familienangehörigen sie gilt.

(4) In einer Aufnahmeeinrichtung hat diese Zustellungen und formlose Mitteilungen an die Ausländer, die nach Maßgabe des Absatzes 2 Zustellungen und formlose Mitteilungen unter der Anschrift der Aufnahmeeinrichtung gegen sich gelten lassen müssen, vorzunehmen. Postausgabe- und Postverteilungszeiten sind für jeden Werktag durch Aushang bekannt zu machen. Der Ausländer hat sicherzustellen, dass ihm Posteingänge während der Postausgabe- und Postverteilungszeiten in der Aufnahmeeinrichtung ausgehändigt werden können. Zustellungen und formlose Mitteilungen sind mit der Aushändigung an den Ausländer bewirkt; im Übrigen gelten sie am dritten Tag nach Übergabe an die Aufnahmeeinrichtung als bewirkt.

(5) Die Vorschriften über die Ersatzzustellung bleiben unberührt.

(6) Müsste eine Zustellung außerhalb des Bundesgebiets erfolgen, so ist durch öffentliche Bekanntmachung zuzustellen. Die Vorschriften des § 10 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes finden Anwendung.

(7) Der Ausländer ist bei der Antragstellung schriftlich und gegen Empfangsbestätigung auf diese Zustellungsvorschriften hinzuweisen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.