Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 18. Juni 2018 - B 7 K 16.31771

bei uns veröffentlicht am18.06.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit amharischer Volks- und christlich-orthodoxer Religionszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 21.10.2013 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 25.10.2013 einen Asylantrag.

Bei der persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 29.12.2015 gab der Kläger im Wesentlichen an, er stamme aus Addis Abeba, Stadtteil … In seiner Heimat habe er sich politisch engagiert. Im Jahr 1992 des äthiopischen Kalenders sei Wahlzeit gewesen. In dieser Zeit habe er Werbung für die EDP gemacht und Plakate von den Kandidaten aufgehängt. Deswegen sei er im Jahr 1993 des äthiopischen Kalenders für drei Monate und 15 Tage ins Gefängnis gekommen. Nachdem seine Eltern Bestechungsgelder gezahlt hätten, sei er freigekommen.

Während der Wahlzeit im Jahr 1997 des äthiopischen Kalenders sei er erneut in Haft gekommen, obwohl er sich nach der ersten Haft nicht mehr politisch betätigt habe. Man habe vermeiden wollen, dass er sich politisch engagiere. Deswegen sei er in ein Gefängnis in … gebracht und erst nach der Wahl wieder freigelassen worden. Er habe sich aber jeden Tag melden müssen. Weil es nach seiner Freilassung eine sehr unruhige Zeit gewesen sei, habe er sich in verschiedenen Provinzen aufgehalten. Er habe sich aber immer umgehört, wie die Situation in der Stadt sei. Als er gehört habe, dass nach ihm gesucht werde, habe er am 14.12.1998 des äthiopischen Kalenders (20.08.2006 des europäischen Kalenders) Äthiopien verlassen und sei in den Sudan geflüchtet. Im Sudan habe er vom UNHCR Flüchtlingsstatus erhalten. Weil es für Christen jedoch im Sudan sehr schwer sei, sei er zunächst nach Libyen gereist. Auch dort sei das Leben sehr schwer gewesen. Deshalb sei er über das Mittelmeer in Richtung Europa ausgereist.

In Äthiopien sei er kein Mitglied einer Partei, sondern nur Unterstützer der Kinijit, die mit der EDP koaliere, gewesen. In Deutschland habe er vereinzelt an Demonstrationen von Ginbot 7, EPPF und EPCO teilgenommen. Bestätigungen hierfür könne er aber nicht vorlegen.

Mit Bescheid vom 01.12.2016, zugestellt am 05.12.2016, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) und den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter (Ziffer 2) ab. Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziffer 3). Die Beklagte stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziffer 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG. Er habe seine begründete Furcht vor Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden nicht glaubhaft gemacht. Generell sei der Sachvortrag viel zu unsubstantiiert und stütze sich in wesentlichen Punkten auf schwammige Aussagen, die zu keiner Schutzgewährung führen könnten. Obwohl die Ereignisse im Zeitpunkt der Anhörung bereits einige Jahre zurücklägen, sei zu erwarten, dass sich der Kläger an derartige Situationen eindringlicher erinnere. Die auch ansonsten weitgehend knappe Darstellung zeuge davon, dass der Kläger nicht von Ereignissen erzähle, die sich tatsächlich so zugetragen hätten. Insbesondere erstreckten sich die Schilderungen des politischen Engagements trotz mehrmaliger Nachfragen nur auf wenige Sätze. Ferner sei unklar geblieben, wie und von wem der Kläger erfahren haben will, dass im Jahr 2005 des europäischen Kalenders erneut nach ihm gesucht worden sei. Selbst bei Wahrunterstellung des Sachvortrags sei nicht mit hinreichend beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dem Kläger im Falle einer Rückkehr Verfolgung aufgrund seiner damaligen Betätigung für die Kinijit drohe. Derzeit werde von einem repressiven Vorgehen gegen die Kinijit nicht mehr berichtet. Die Kinijit seien nach internen Spaltungen erheblich geschwächt und werde von der äthiopischen Regierung längst nicht mehr als Gefahr für die bestehenden Machtstrukturen gewertet. Zudem habe die Partei den „code of conduct“ unterzeichnet. Parteien, die diesen zwischen der EPRDF und einigen Oppositionsparteien ausgehandelten Verhaltenskodex zugestimmt hätten, unterlägen keinen Restriktionen. Somit sei festzustellen, dass dem Kläger, der lediglich einfaches Mitglied der Kinijit gewesen sei, bei einer Rückkehr keine staatliche Verfolgungsmaßnahme drohe. Auch die exilpolitische Tätigkeit für die Ginbot 7, EPPF und EPCO führe nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Kläger habe lediglich vorgetragen, vereinzelt an Demonstrationen teilgenommen zu haben. Belege hierfür seien nicht vorgelegt worden. Die Tatsache, dass es einer Vielzahl anderer äthiopischer Asylbewerber problemlos möglich sei, eine Fülle an Bestätigungsschreiben vorzulegen, beweise, dass der Kläger versuche mit einer fadenscheinigen Begründung (Tod des Vorsitzenden der EPCOU) das fehlende Vorhandensein solcher Bestätigungen zu rechtfertigen.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gem. Art. 16a Abs. 1 GG seien ebenfalls nicht erfüllt, da nicht einmal die weitergehenden Voraussetzungen des Art. 3 AsylG einschlägig seien.

Dem Kläger sei auch kein subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Ihm drohe in seinem Herkunftsland nicht die Vollstreckung oder Verhängung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG). Es seien zudem keine Anhaltspunkte für eine dem Kläger in seinem Heimatland drohende Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung ersichtlich (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Eine Schutzfeststellung nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG scheide ebenfalls aus. Im Herkunftsland des Klägers bestehe kein derartiger innerstaatlicher Konflikt.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG kämen ebenfalls nicht in Betracht. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG. i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien selbst unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers nicht erfüllt. Dem Kläger sei es auch vor seiner Ausreise gelungen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Es sei nicht ersichtlich, warum dies bei einer Rückkehr nicht wieder der Fall sein sollte. Im Übrigen könne der Kläger auf familiäre Netzwerke in Äthiopien zurückgreifen.

Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG seien weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom 07.12.2016 erhob die Bevollmächtigte des Klägers Klage. Sie beantragt mit Schriftsatz vom 07.12.2016 i.d.F. vom 14.12.2016:

Die beklagte Bundesrepublik Deutschland wird unter Aufhebung des Bescheids des Bundeamts für Migration und Flüchtlinge vom 01.12.2016, zugestellt am 05.12.2016, verpflichtet, festzustellen, dass der Kläger Asylberechtigter ist und die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen (§ 3 Abs. 4 Halbsatz 1 AsylG);

hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutz (§ 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG) zuzuerkennen;

hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Hinblick auf Äthiopien bestehen.

Zur Begründung der Klage führte die Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 05.01.2017 im Wesentlichen aus, der Kläger habe vor seiner Ausreise eine individuelle politische Verfolgung in Anknüpfung an seine politische Überzeugung erlitten. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe der Kläger in seiner Anhörung am 29.12.2015 das Verfolgungsgeschehen und dessen Hintergrund detailliert und anschaulich geschildert. Insbesondere habe er sich zu den Umständen seiner Festnahme, den Verhören und den Misshandlungen sowie der Flucht aus Äthiopien eingelassen. Dem Kläger sei aufgrund seiner Vorverfolgung zudem bereits im Sudan durch den UNHCR Flüchtlingsschutz zuerkannt worden. In Äthiopien sei er Mitglied der EDP, die später mit der Kinijit fusioniert habe, gewesen. Er habe dort Wahlplakate aufgehangen und Jugendliche über die Partei aufgeklärt. Seine Freilassung aus dem Gefängnis sei nur durch Geld erkauft worden. Zudem sei der Kläger ein weiteres Mal inhaftiert worden. Während dieser Zeit sei er geschlagen, misshandelt und gefoltert worden. Die ihm zugefügte Freiheitsentziehung und Misshandlung sei damit eine schwerwiegende, den Betroffenen aus der staatlichen Friedensordnung ausgrenzende, Verfolgung. Da der Kläger vorverfolgt aus Äthiopien ausgereist sei, sei ein ernsthafter Hinweis darauf gegeben, dass dem Kläger bei einer Rückkehr erneut Verfolgung drohe. Die Verfolgungsgefahr sei auch deswegen begründet, da Handlungen der äthiopischen Regierung darauf abzielten, möglichst umfassend alle im Ausland lebenden Äthiopier namentlich zu erfassen und zu registrieren. Nach der Auskunftslage bespitzle die äthiopische Regierung ihre Bürger. Der Kläger könne auch nicht auf internen Schutz gem. § 3e AsylG verwiesen werden, da es keine hinreichende Sicherheit vor dem Zugriff der äthiopischen Sicherheitskräfte gebe.

Mit Schriftsatz vom 14.12.2016 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss der Kammer vom 15.05.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 13.06.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 13.06.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG scheidet ebenfalls aus. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt Folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst vollumfänglich den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

Selbst unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers im Klageverfahren besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

a) Der Kläger hat sein Herkunftsland nicht vorverfolgt verlassen.

Die Ausführungen des Klägers sind in den entscheidenden Punkten vage, detailarm und darüber hinaus sogar widersprüchlich. Das Gericht schenkt daher der Fluchtgeschichte des Klägers keinen Glauben.

aa) Allgemein ist festzustellen, dass es dem Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen ist, einen schlüssigen, zusammenhängenden und nachvollziehbaren Sachvortrag abzuliefern. An den entscheidenden Punkten musste das Gericht mehrmals nachfragen. Die Antworten kamen - außerhalb des vom Kläger offensichtlich auswendig Einstudierten - nur äußerst zögerlich und regelmäßig nur auf (teils wiederholter) Nachfrage des Gerichts.

bb) Daneben sind die Ausführungen des Klägers zu den Geschehnissen bzw. seinen Tätigkeiten zwischen seiner Freilassung nach der ersten Verhaftung im Jahr 1993 des äthiopischen Kalenders und seiner zweiten Verhaftung im Jahr 1996/1997 des äthiopischen Kalenders von massiven Widersprüchen geprägt.

Der Kläger erklärte gegenüber dem Gericht in der mündlichen Verhandlung, nach seiner ersten Freilassung sei ihm nichts Konkretes passiert, er habe aber einmal wöchentlich bei den Behörden vorsprechen und dort erklären müssen, dass er nicht mehr politisch aktiv sei. Von einer derartigen behördlichen Kontrolle im Zeitraum zwischen der ersten Freilassung des Klägers und seiner zweiten Inhaftierung war jedoch beim Bundesamt keine Rede. Der Kläger gab bei der Anhörung am 29.02.2015 beim Bundesamt lediglich an, dass er sich nach seiner zweiten Freilassung im Jahr 1997 des äthiopischen Kalenders regelmäßig bei den Behörden hat melden müssen. In diesem Zusammenhang war zudem nicht die Rede von einer wöchentlichen Vorsprache, sondern von einer täglichen Meldepflicht, wobei eine tägliche Meldepflicht nach der Freilassung aus dem Gefängnis dem Gericht schon wenig glaubhaft erscheint.

Höchstwidersprüchlich und unglaubwürdig sind die klägerischen Aussagen zu seiner politischen Aktivität im Zeitraum nach der ersten Freilassung bis zu seiner erneuten Festnahme. Gegenüber dem Bundesamt erklärte der Kläger, er habe sich nach der ersten Haft nicht mehr politisch betätigt. Dem Gericht erklärte der Kläger hingegen zunächst, er sei in diesem Zeitraum zwar nicht offiziell politisch tätig gewesen, habe aber im Versteckten politisch agiert. Auf Vorhalt des Gerichts suchte der Kläger lediglich Ausflüchte und Rechtfertigungsgründe, die das Gericht nicht überzeugen. Der Kläger erklärte beispielsweise, er sei beim Bundesamt bezüglich einer politischen Betätigung nach der ersten Haft gar nicht gefragt worden, sodass seine Aussagen auch nicht widersprüchlich sein könnten. Ausweislich des Anhörungsprotokolls (Bl. 44 der Bundesamtsakte) wurde der Kläger gleichwohl beim Bundesamt mit dieser Fragestellung konfrontiert.

cc) Von Widersprüchlichkeiten sind ferner die klägerischen Angaben zur zweiten Verhaftung geprägt. Bei der Anhörung beim Bundesamt hat der Kläger noch angegeben, er sei im Jahr 1997 des äthiopischen Kalenders erneut in Haft gekommen und erst nach der Wahl wieder freigelassen worden. Dem Gericht erklärte er in der mündlichen Verhandlung, er sei „ca. im Jahr 1996 des äthiopischen Kalenders“ ein zweites Mal verhaftet worden. Auf Vorhalt des Gerichts zu den zeitlichen Widersprüchen erklärte der Kläger lediglich, im Jahr 1997 sei Wahl gewesen. Kurz vor der Wahl sei er erneut ins Gefängnis gekommen. Dies könne Ende 1996 bzw. Anfang 1997 gewesen sein. Selbst wenn die zweite Inhaftierung tatsächlich um die Jahreswende 1996/1997 gewesen sein sollte, ändert dies nichts an der Unglaubwürdigkeit des klägerischen Vortrages hinsichtlich seiner zweiten Inhaftierung. Der Kläger führte aus, er sei gewissermaßen präventiv in Haft genommen worden, damit er kein weiteres Mal vor einer Wahl politisch agiere. Andererseits konnte der Kläger dem Gericht nicht einmal ungefähr sagen, wann im Jahr 1997 die Wahl gewesen ist. Im Übrigen war es dem Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht einmal möglich, die ungefähre Dauer seiner zweiten Verhaftung zu nennen. Trotz mehrmaliger Nachfragen erklärte der Kläger, er wisse nicht, wie lange er eingesperrt gewesen sei. Letztlich erklärte er lediglich, seine zweite Haft habe jedenfalls kein Jahr gedauert. In Anbetracht dieser vagen und völlig unsubstantiierten Angabe der Haftdauer schenkt das Gericht den klägerischen Ausführungen zur zweiten Inhaftierung schon im Ansatz keinen Glauben. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger die Dauer der ersten - und viel länger zurückliegenden - Haft im Jahr 1993 taggenau angeben konnte, während er zu den näheren Umständen seiner zweiten Inhaftierung keinerlei Angaben machen konnte, insbesondere nicht einmal ungefähr angeben konnte, wie lange er eingesperrt gewesen sein soll. Dieser Eindruck des Gerichts deckt sich auch mit den Erkenntnissen des Gerichts aus der Anhörung beim Bundesamt. Auch dort hat der Kläger keinerlei detaillierte Angaben zu seiner (zweiten) Inhaftierung machen können.

dd) Von unauflösbaren Widersprüchen sind ferner die klägerischen Ausführungen zum letztendlich maßgeblichen Fluchtgrund geprägt. Beim Bundesamt gab der Kläger an, nach seiner zweiten Freilassung gehört zu haben, dass nach ihm gesucht werde. Deswegen habe er alles liegen lassen und sei in den Sudan geflüchtet. Dem Gericht erklärte der Kläger hingegen in der mündlichen Verhandlung zunächst, nach seiner zweiten Freilassung eine sehr unruhige Zeit gewesen. Die Leute seien mit dem Wahlergebnis unzufrieden gewesen. Deswegen habe er Angst um sein Leben gehabt und sei geflohen. Auch bei einer weiteren Nachfrage des Gerichts nach einem konkreten Fluchtgrund blieben die klägerischen Ausführungen vage und unsubstantiiert. Er erklärte lediglich, er sei bereits zweimal im Gefängnis gewesen und habe dort viel erlebt. Deswegen sei er nach der zweiten Haft geflohen. Selbst nach weiterem Vorhalt des Gerichts, konnte der Kläger diesem keinen konkreten Fluchtgrund nennen. Er berief sich lediglich auf Freunde und Bekannte, die ins Gefängnis gekommen seien, weswegen er Angst gehabt habe, ebenfalls verhaftet zu werden. Im Übrigen hat er dem Gericht keinerlei detaillierte Informationen geben können, von wem er gehört haben will, dass nach ihm gesucht wird. Im Gegenteil, nach entsprechendem Vorhalt des Gerichts relativierte der Kläger wiederum seinen Vortrag und erklärte, er sei nicht direkt gesucht worden, sondern habe Angst gehabt, festgenommen zu werden, da andere Personen, die politisch tätig gewesen seien, ebenfalls ins Gefängnis gekommen seien. Die Befürchtung, wegen seiner politischen Tätigkeit erneut ins Gefängnis zu kommen, steht allerdings wiederum im Widerspruch zu den weiteren Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach er nach der zweiten Inhaftierung keinen politischen Aktivitäten mehr nachgegangen sei. Wiederum konfrontiert durch das Gericht mit seinen früheren Aussagen erklärte der Kläger nunmehr, er habe Angst vor einer Verhaftung wegen seiner früheren politischen Tätigkeit gehabt. Diesen Zusammenhang konnte der Kläger jedoch nicht detailliert und plausibel darlegen, warum er nunmehr wegen seiner früheren politischen Tätigkeit Probleme bekommen solle, da er bereits im Gefängnis gesessen war und problemlos nach der Wahl wieder freigelassen wurde. Verstärkt werden die ohnehin schon massiven und nicht zu rechtfertigenden Widersprüche im Zusammenhang mit einem konkreten Fluchtgrund letztlich bei den Fragen des Gerichts zu einem politischen Engagement nach der zweiten Haftentlassung. Der Kläger erklärte einerseits, nach der zweiten Haftentlassung habe er sich nicht mehr politisch betätigt, insbesondere die Kinijit nicht mehr unterstützt. Im weiteren Verlauf der Verhandlung erklärte er hingegen, er habe die Kinijit von 1993 bis zu seiner Ausreise aktiv unterstützt. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts hin suchte der Kläger wiederum nur Ausflüchte und erklärte, er habe nach seiner zweiten Inhaftierung Kinijit zwar unterstützen wollen, habe es aber tatsächlich nicht gemacht. Dieser Versuch einer Rechtfertigung ist - in Anbetracht der in anderem Zusammenhang eindeutig anders getätigten Aussagen - eine reine Schutzbehauptung, die sich in das Gesamtbild des von Widersprüchlichkeiten, Unstimmigkeiten und Steigerungen des klägerischen Vortrages einfügt.

ee) Neben der Tatsache, dass das Fluchtgeschehen schon völlig unglaubwürdig geschildert wurde, vermag das Gericht im Zeitpunkt der Ausreise auch keine konkret individuelle Verfolgungshandlung gegenüber dem Kläger im Sinne des § 3 a AsylG in Anknüpfung an einen Verfolgungsgrund des § 3 b AsylG erkennen. Selbst wenn der Kläger im Jahr 1993 des äthiopischen Kalenders tatsächlich in Haft gewesen sein sollte - wofür das beim Bundesamt vorgelegte und vom Kläger als „Haftentlassungsbescheinigung“ bezeichnete Schriftstück (Bl. 50 der Bundesamtsakte) sprechen könnte - fehlt des jedenfalls am zeitlichen Kausalzusammenhang zwischen der (ersten) Haft und der Ausreise des Klägers Ende 1998 des äthiopischen Kalenders. Eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung ist nach Auffassung des Gerichts - jedenfalls nach der Haftentlassung im Jahr 1993 - nicht (mehr) gegeben. Eine konkrete Verfolgungshandlung nach der Haftentlassung 1993 bis zur Ausreise hat der Kläger - wie bereits ausgeführt - schon im Ansatz nicht glaubwürdig darlegen können.

ff) Der Überzeugung des Gerichts vom Fehlen einer individuellen Verfolgungshandlung gegenüber dem Kläger im Zeitpunkt der Ausreise steht auch nicht entgegen, dass dem Kläger - nach eigenen Angaben - vom UNHCR im Sudan Flüchtlingsschutz zuerkannt worden ist. Aus einem „UNHCR Refugee Certificate“ (UNHCR Flüchtlingsausweis) kann der Kläger - unabhängig von der Frage, ob es sich bei den Unterlagen auf Bl. 51 der Behördenakte überhaupt um einen solchen Ausweis für den Kläger handelt - jedenfalls keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG ableiten. Selbst eine Registrierung des Klägers als Flüchtling durch den UNHCR führt nicht dazu, dass dieser außerhalb des Bundesgebietes als ausländischer Flüchtling nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt worden ist. Die bloße Registrierung des Klägers durch den UNHCR beinhaltet nicht die von Art. 28 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.7.1951 i. V. m. dem Protokoll vom 31.1.1967 für die Wirksamkeit der Anerkennung erforderliche staatliche Entscheidung (VG Bayreuth, U.v. 2.5.2016 - B 3 K 15.30486 - juris; SächsOVG, U.v. 8.7.2010 - A 3 A 503/07 - juris; OVG Lüneburg, U.v. 7.12.2005 - 11 LB 193/04 - juris; OVG Münster, B.v. 27.9.2006 - 8 A 1363/05.A - juris). Der UNHCR-Flüchtlingsausweis dokumentiert lediglich die Anerkennung als Mandatsflüchtling, d.h. dass die Flüchtlinge unter dem Schutz des UNHCR stehen, und zwar ungeachtet dessen, ob sie sich in einem Land befinden, das Vertragspartei des Abkommens von 1951 und/oder des Protokolls von 1967 war und ungeachtet der Tatsache, ob sie von ihrem Gastland als Flüchtling im Sinne eines dieser Vertragswerke anerkannt worden sind. Es kann mithin eine Person gleichzeitig ein Mandatsflüchtling und auch ein Flüchtling im Sinne des Abkommens von 1951 oder des Protokolls von 1967 sein. Ebenso gut kann ein Flüchtling aber auch nur ein Mandatsflüchtling und nicht auch zugleich ein Flüchtling im Sinne des Abkommens von 1951/des Protokolls von 1967 sein. Schon aus der im UNHCR-Handbuch enthaltenen Definition des „Mandatsflüchtlings“ ergibt sich mithin, dass die bloße Registrierung als Mandats-Flüchtling nicht auch zwangsläufig die Rechtsstellung als Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention beinhaltet. Die UNHCR-Mandats-Anerkennung beinhaltet damit keine Bindungswirkung für ein im Bundesgebiet betriebenes Asylverfahren, ihr kommt jedoch eine starke Indizwirkung zu (VG Bayreuth, U.v. 2.5.2016 - B 3 K 15.30486 - juris; SächsOVG, U.v. 8.7.2010 - A 3 A 503/07 - juris; OVG Lüneburg, U.v. 7.12.2005 - 11 LB 193/04 - juris; vgl. auch BVerwG, B.v. 26.10.2010 - 10 B 28.10 - juris und BVerwG, B.v. 3.11.2006 - 1 B 30.06 - juris).

Trotz der Indizwirkung des UNHCR-Flüchtlingsausweises liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG in der Bundesrepublik Deutschland nicht vor. Der Kläger hat eine konkrete Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft machen können, insbesondere leidet der klägerische Vortrag unter massiven Widersprüchen, sodass die durch den Flüchtlingsausweis geschaffenen Indizien nicht ausreichend und geeignet sind, das Gericht von einer konkret individuell erlittenen Vorverfolgung bzw. von der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung bei Rückkehr nach Äthiopien zu überzeugen.

gg) Lediglich ergänzend - und ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt - ist noch auszuführen, dass § 3 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AsylG ebenfalls nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führt. In den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 3 AsylG fallen nur Flüchtlinge, die den Schutz von UNRWA genießen, nicht jedoch Mandatsflüchtlinge mit UNHCR-Flüchtlingsausweis (Marx, AsylG, 9. Auflage 2017, § 3, Rn. 67 und 69; Keßler in Hofmann, Ausländerecht, 2. Aufl. 2016, § 3 AsylVfG, Rn. 16 m.w.N.). Im Übrigen wäre weder dargetan noch anderweitig ersichtlich, dass der Schutz des Klägers im Sudan nicht länger gewährleistet gewesen ist (vgl. OVG Saarland, U.v. 16.5.2018 - 1 A 679.17 - juris). Der Kläger hat den Sudan offensichtlich nur wegen besserer Bedingungen in Europa verlassen. Begründet hat er die Ausreise aus dem Sudan lediglich mit der Aussage, dass es für Christen im Sudan nicht einfach sei, zu leben.

b) Auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignisse beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen exilpolitischer Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zweifelsohne zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Aufgrund der Auskunftslage, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016, den Ausnahmezustand 2016 und die aktuelle politischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 berücksichtigt, geht das Gericht jedoch weiterhin nicht davon aus, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt es - auch nach der aktuellen Lage - für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 22.2.2018 - 1 K 302/17.KS.A - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017- 1 K 2320/17.KS.A - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 22.3.2018 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich ist danach vielmehr der konkrete Einzelfall, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt - soweit bekannt - ohne Konsequenzen (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris). Der Lagebericht vom 22.3.2018 geht insbesondere auch auf die innenpolitischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 und auf den am 16.2.2018 ausgerufen (neuerlichen) Ausnahmezustand ein (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 6). Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen hält das Auswärtige Amt hinsichtlich der Gefährdungseinschätzung bei Rückkehr von im Ausland exilpolitisch tätigen Äthiopiern an den Ausführungen im Lagebericht vom 6.3.2017 fest (vgl. AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, S. 16; AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18).*Im Übrigen wurde der im Februar 2018 für sechs Monate anberaumte Ausnahmezustand am 5.6.2018 wegen der „relativen Stabilität und Ruhe im Land“ vorzeitig wiederaufgehoben (vgl. http://www.sueddeutsche.de/politik/aethiopien-ausnahmezustand-beendet-1.4002896 und http://www.spiegel.de/politik/ausland/aethiopien-will-grenzstreit-mit-eritrea-beenden-a-1211409.html).

Die Auskunft des Leibniz-Instituts (GIGA an VG Gießen vom 30.1.2017 in der Sache 6 K 4787/15.GI.A) - zum Fall einer exilpolitischen Tätigkeit für die EPPFG - stellt ebenfalls nur fest, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr nicht ausgeschlossen werden könne. Diese Feststellung erreicht aber schon nicht den Maßstab der notwenigen beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit (VG Regensburg, U.v. 8.3.2018 - RO 2 K 16.30643 - juris).

G. S. geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung - verbunden mit intensiver Befragung - auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie S. trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von G. S. im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit - zumindest teilweise - gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme S.s nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora - auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass S. zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.2.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich: VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris).

Auch die Stellungnahme G. S.s vom 18.2.2018 in der Streitsache W 3 K 16.30383 an das VG Würzburg überzeugt das Gericht nicht von einer beachtlichen Verfolgungsgefahr für Rückkehrer alleine wegen jeder - wie auch immer gearteter - Form der exilpolitischen Betätigung. Zwar kommt G. S. zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass unter dem wiedereingeführten Ausnahmezustand exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt seien, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden (Rn. 83 der Stellungnahme vom 18.2.2018), während in der Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen noch ausgeführt wurde, angesichts der Willkürlichkeit im Handeln der Sicherheitsorgane und der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien lasse sich im Einzelnen nicht vorhersagen, was Rückkehrer zu befürchten hätten. Eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumanen Haftbedingungen sei jedoch als Minimum anzunehmen (Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017; dieser Passus befindet sich im Übrigen auch noch unter Rn. 82 der Stellungnahme vom 18.2.2018). Anderseits führt S. in Rn. 17 der Stellungnahme vom 18.2.2018 aus, aufgrund es neuerlichen Ausnahmezustandes vom 16.2.2018 scheinen die gleichen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 zu gelten. Für das Gericht ist daher weder nachvollziehbar noch plausibel dargelegt, warum nunmehr (allein) aufgrund des Ausnahmezustand 2018 exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sein sollen, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden, wenn keine anderen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 gelten. Weiterhin wurde - wie bereits ausgeführt - der Ausnahmezustand am 5.6.2018 vorzeitig beendet.

Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher auch weiterhin nicht an, dass äthiopischen Asylbewerbern, die sich zu einer Exilorganisation bekennen und für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018- RO 2 K 16.30643 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017- B 2 K 16.31139 - juris; VG Gießen, U.v. 25.4.2018 - 6 K 116/17.GI.A - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.Gl.A - juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017- W 3 K 17.31180 - juris). Vielmehr müssen nach Überzeugung des Gerichts bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 - 21 B 15.30119 - juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 - 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 - juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann - wie bereits ausgeführt - auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Die Kammer und der erkennende Einzelrichter gehen daher weiterhin davon aus, dass Asylbewerber, die sich vor allem im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dem steht auch nicht der Beweisbeschluss des BayVGH vom 26.03.2018 zu den Folgen der exilpolitischen Tätigkeit in Deutschland entgegen, insbesondere war dem BayVGH zum Zeitpunkt des Beschlusses der aktuelle Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 22.03.2018 noch nicht bekannt. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten.

Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Im Hinblick auf die nach der Auskunftslage intensive Überwachung der äthiopischen exilpolitischen Szene im Bundesgebiet durch den äthiopischen Staat, führte das Gericht bereits mit Urteil vom 26.8.2013 (B 3 K 12.30096 - juris) aus, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, „dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden, inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten […] im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt.“ Diese Ausführungen gelten gegenwärtig (erst recht) uneingeschränkt fort.

Unter Heranziehung der vorstehenden Maßstäbe des Gerichts gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle der Abschiebung wegen exilpolitischer Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von den äthiopischen Behörden in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Das Vorbringen des Klägers zu seiner exilpolitischen Betätigung in Deutschland ist derart verworren und widersprüchlich, dass das Gericht dem klägerischen Vortrag insoweit schon keinen Glauben schenkt. Bei der Anhörung beim Bundesamt am 29.12.2015 gab der Kläger an, er habe vereinzelt an Demonstrationen von Ginbot 7, EPPF und der EPCO teilgenommen. Er sei aber mehr an sozialen Arbeiten interessiert. Bescheinigungen für die exilpolitische Tätigkeit hat der Kläger schon beim Bundesamt nicht vorlegen können, da angeblich der Vorsitzende der EPCO verstorben sei. Dem Gericht erklärte er in der mündlichen Verhandlung, er sei in Deutschland seit 2015 Mitglied der Ginbot 7 und gegenwärtig bei dieser Gruppierung immer noch aktiv. Die letzte Veranstaltung der Ginbot 7 - eine Demonstration in Berlin - habe er am 22.02.2018 besucht. Ferner gab der Kläger gegenüber dem Gericht an, er sei in Deutschland bei keiner anderen Vereinigung aktiv gewesen, sondern nur bei der Ginbot 7. Auf Vorhalt des Gerichts, wonach er beim Bundesamt angegeben hat, auch für die EPPF tätig gewesen zu sein, erklärte der Kläger äußerst vage, er sei in Deutschland am Anfang bei einer anderen Vereinigung gewesen, wisse aber nicht, wie diese heiße. Seit 2015 sei er aber ausschließlich bei der Ginbot 7 als einfaches Mitglied tätig. Diese Einlassung ist verwunderlich und darüber hinaus mehr als widersprüchlich, da der Kläger dem Gericht in der mündlichen Verhandlung sodann eine - äußert schlecht kopierte bzw. eingescannte - Bestätigung der EPPF vorgelegt hat, wonach er seit 01.11.2015 Mitglied der EPPF in Deutschland ist, obwohl - mehr oder weniger im gleichen Atemzug - ausgeführt wurde, er sei bislang kein Mitglied in einer anderen Vereinigung gewesen und seit 2015 ausschließlich Mitglied bei der Ginbot 7. Konfrontiert mit den Unstimmigkeiten vermochte der Kläger dem Gericht keine plausible Erklärung zu liefern. Das Gericht hat vielmehr den Eindruck gewonnen, dass der Kläger von der exilpolitischen Tätigkeit und insbesondere von den Zielen bzw. Unterschieden der einzelnen Gruppierungen keinerlei Ahnung hat. Dieser Eindruck wird verfestigt durch einen weiteren Widerspruch, indem der Kläger nämlich dem Gericht erklärte, er habe am 22.02.2018 seine letzte Veranstaltung für die Ginbot 7 in Berlin besucht, er gleichzeitig aber dem Gericht eine Bescheinigung über die Teilnahme an einer Demonstration am 22.02.2018 vorlegt, die von der Ethiopian Democratic Forces Movement Support in Germany ausgestellt worden ist. Konfrontiert mit diesem eklatanten Widerspruch erklärte der Kläger wiederum nur, er sei bei der Ethiopian Democratic Forces Movement Support in Germany kein Mitglied. Die Vereinigung habe ihn aber auf der Demonstration in Berlin diese Bescheinigung ausgestellt. Hinsichtlich der Ginbot 7, für welche er nach anderweitiger Aussage seit 2015 ausschließlich tätig ist, konnte der Kläger hingegen weder eine Mitgliedsbescheinigung noch Bescheinigungen über Teilnahmen an exilpolitischen Veranstaltungen vorlegen. Darüber hinaus erklärte der Kläger selbst, er sei lediglich einfaches Mitglied bei der Ginbot 7 und habe keine besondere Funktion. Letztlich hatte der Kläger - befragt zur Ginbot 7 - auch keinerlei Ahnung über die Größe und den Aufbau der Gruppierung in Deutschland. Der Kläger konnte das Gericht daher weder davon überzeugen, dass er (einfaches) Mitglied der Ginbot 7 ist noch dass er - nennenswert und ernsthaft - exilpolitisch tätig ist. Das Gericht ist daher der Auffassung, dass der Kläger lediglich aus asyltaktischen Gründen die exilpolitische Tätigkeit ins Feld führt.

Im Übrigen - und ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt - weist das Gericht auf Folgendes hin: Selbst wenn der Kläger tatsächlich Mitglied der EPPF und/oder der Ginbot 7 sein sollte bzw. er am 22.02.2018 eine Demonstration in Berlin besucht haben sollte, wäre der Kläger als bloßer Mitläufer zu qualifizierten. Er hat sich weder quantitativ noch qualitativ in einer Art und Weise exilpolitisch betätigt, die die äthiopischen Behörden auch nur annähernd dazu verlassen könnte, den Kläger als ernsthaften Oppositionellen einzustufen. Es ist für das Gericht schon im Ansatz nicht ersichtlich ist, dass der Kläger zum gefährdeten Personenkreis gehört, der im Falle der Abschiebung wegen exilpolitischer Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von den äthiopischen Behörden in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise verfolgt zu werden.

c) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG, da nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen des § 3 AsylG einschlägig sind.

3. Dem Kläger steht kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 - B 7 K 17.32889 - juris).

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Der Kläger hat zudem die Schule in Äthiopien besucht und besitzt handwerkliche Fähigkeiten. Ihm ist es sogar gelungen, im Sudan (illegal) mehrere Jahre als selbständiger Schuhmacher zu arbeiten und damit seine Existenzgrundlage zu sichern. Darüber hinaus verfügt der Kläger über familiären Rückhalt in Äthiopien, sodass bei einer Rückkehr in Notsituationen von einer Unterstützung im Rahmen des Familienverbundes auszugehen ist. Die hohen Voraussetzungen für die Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind daher schon im Ansatz nicht erfüllt.

b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer erheblichen konkreten Gefahr aus gesundheitlichen Gründen sind nicht gegeben. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Kläger an einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung leidet, die sich durch die Abschiebung alsbald wesentlich verschlechtern würde (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufentG). Der Kläger erklärte in der mündlichen Verhandlung lediglich, er habe einen Unfall am Rücken gehabt und deswegen gesundheitliche Probleme. Ein weiterer substantiierter Vortrag ist nicht erfolgt, insbesondere hat der Kläger keinerlei ärztliche Bescheinigungen über gesundheitliche Probleme vorlegen können (vgl. auch § 60a Abs. 2c AufenthG).

5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling bzw. Asylberechtigter anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3e Interner Schutz


(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er 1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und2. sicher und legal in diesen Landesteil r

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3c Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann


Die Verfolgung kann ausgehen von 1. dem Staat,2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließl

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 30 Gegenstandswert in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz


(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselb

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3d Akteure, die Schutz bieten können


(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden 1. vom Staat oder2. von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,sofern sie willens und in d

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 28 Nachfluchttatbestände


(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 77


(1) Alle bundesrechtlichen Vorschriften in anderen Gesetzen über Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren sind durch die Vorschriften dieses Abschnitts ersetzt. (2) Das gleiche gilt für landesrechtliche Vorschriften über Einspruchs- oder Beschwerdeve

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Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 18. Juni 2018 - B 7 K 16.31771 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 18. Juni 2018 - B 7 K 16.31771 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 06. März 2018 - B 7 K 17.32889

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 19. Sept. 2017 - AN 3 K 16.30505

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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Die nach eigenen Angaben 1993 geborene Klägerin ist äthiopische Sta

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 15. Sept. 2017 - W 3 K 17.31180

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Tenor I. Die Beklagte wird unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10. März 2017 verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. II. Die Kosten des Verfahren

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 14. Feb. 2018 - AN 3 K 16.31836

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Tenor 1. Die Klagen werden abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Die Kläger sind äthiopische Staatsangehörige mit oromischer Volks

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 24. Jan. 2018 - RO 2 K 16.32411

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreck

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 08. März 2018 - RO 2 K 16.30643

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sic

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 02. Mai 2016 - B 3 K 15.30486

bei uns veröffentlicht am 02.05.2016

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger, geb. ..., iranischer Sta

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 20. Nov. 2017 - B 2 K 16.31139

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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Die Kläger sind äthiopische S

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, geb. ..., iranischer Staatsangehöriger mit kurdischer Volks- und islamischer Glaubenszugehörigkeit, reiste eigenen Angaben zufolge am 02.11.2011 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 25.11.2011 einen Asylantrag.

Er gab am 31.01.2012 an, er sei mit seiner Familie in …/Irak aufgewachsen. Als seine Familie 2006 nach dem Tod seines Vaters in den Iran zurückgekehrt sei, sei er mit einem Bruder und zwei Onkeln im Irak geblieben. Er habe sich 2009 der Demokratischen Partei von Iranisch Kurdistan (Democratic Party of Iranian Kurdistan, DPIK), der bereits sein Vater angehört habe, angeschlossen, Zeitungen und Zeitschriften unter kurdischen Flüchtlingen verteilt sowie bei Versammlungen zur Aufklärung kurdischer Jugendlicher und deren sozialer Betreuung mitgearbeitet. Der iranische Geheimdienst habe davon gewusst und seine Familie im Iran befragt und unter Druck gesetzt. Er selbst sei jedoch weder von iranischen noch von irakischen staatlichen Stellen bedroht oder angegriffen worden. Er habe den Irak 2011 verlassen, weil er Furcht vor dem iranischen Geheimdienst gehabt habe. In den Iran könne er nicht einreisen, weil die DPIK dort verboten sei und er deswegen seine Hinrichtung befürchten müsse.

Er legte einen Ausweis zur Identifizierung der iranischen Flüchtlinge im Al-Anbar Gouverneursamt („Iranian Refugees Identification in Al-anbar Governorate“), ausgestellt von „Republic of Iraq, Ministry of Internal Affairs, Directorate Of Internal Affairs, Al-Tash Camp Administration“ auf den Namen „... vom 25.01.2005 (Bl. 95-98 Beiakte), sowie einen UNHCR Flüchtlingsausweis („UNHCR Refugee Certificate“) vom 10.06.2011 (Bl. 64 Beiakte) vor. Darin ist an erster Stelle sein Bruder …, ..., geb. ..., mit Bild und als Anlage der Kläger, ..., geb. ..., mit Bild aufgeführt. In den Akten befindet sich auch ein Ausweis zur Identifizierung der iranischen Flüchtlinge im Al-Anbar Gouverneursamt („Iranian Refugees Identification in Al-anbar Governorate“), ausgestellt von „Republic of Iraq, Ministry of Internal Affairs, Directorate Of Internal Affairs, Al-Tash Camp Administration“, ausgestellt auf den Vater des Klägers, vom 25.01.2005 (Bl. 138-139 Beiakte).

In den Akten befinden sich auch ein Attest des Klinikums … - ... - vom 24.02.2012 (Bl. 68 Beiakte), wonach sich der Kläger vom 06.12. - 13.02.2012 wegen einer Gastroenteritis in stationärer Behandlung befunden hat, ein vorläufiger Arztbrief der … vom 29.03.2013, wonach er sich vom 21.03.2013 bis 30.04.2013 wegen einer „schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome“ in stationärer Behandlung befunden hat, und ein Arztbrief des Facharztzentrums ... vom 03.03.2015, wonach sich der Kläger nach der ersten Praxisvorstellung am 19.03.2013 ein weiteres Mal wegen „Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik (F43.2) und Spannungskopfschmerz (G44.2)“ aufgrund von Problemen am Arbeits-/Ausbildungsplatz vorgestellt habe; eine andauernde Arbeitsunfähigkeit wurde festgestellt.

Mit Bescheid vom 09.07.2015 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag ab und forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen, widrigenfalls werde er on den Iran abgeschoben.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger lediglich untergeordnete exilpolitische Tätigkeiten ausgeübt habe, die ihn nicht als ernsthaften und gefährlichen Regimegegner erscheinen ließen. Deshalb sei er für die iranischen Behörden von geringerem Interesse.

Ein Zustellungsnachweis befindet sich nicht in den Akten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 07.09.2015, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht am 08.09.2015, Klage. Er beantragt:

1.Der Bescheid der Beklagten vom 09.07.2015 mit Ausnahme der Ziffer 2 wird aufgehoben.

2.Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG, der subsidiäre Schutz nach § 3 AsylG und die nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wird im Schriftsatz vom 02.03.2016 im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger in der DKIP für die Jugendarbeit zuständig gewesen sei und direkt mit dem Chef des Stabes, Herrn ..., zusammengearbeitet habe. Er habe im Irak die Flüchtlingsanerkennung durch den UNHCR erhalten. Dieser komme besonderes Gewicht zu. Trotz seines Schutzes als UNHCR-Flüchtling habe der Kläger als iranischer Kurde sowohl im Iran als auch dem Irak Probleme gehabt. Die Behörden hätten durch Spitzel von seinem politischen Engagement erfahren, bei seiner Mutter nach ihm gefragt und eine Liste mit Namen und Bildern gezeigt. Der Iran gehe gegen Kurden, die sich in irgendeiner Weise politisch engagierten, radikal vor.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 14.09.2015,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss vom 02.03.2016 übertrug das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth der Berichterstatterin den Rechtsstreit zur Entscheidung als Einzelrichterin.

In der mündlichen Verhandlung stellte der Kläger folgenden bedingten Beweisantrag:

Zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger bereits vom UNHCR im Irak als Flüchtling anerkannt wurde (siehe Anlage vom UNHCR vom 11.06.2011), beantrage ich die Einholung einer Auskunft über den UNHCR, Frankenstraße 210, in 90461 Nürnberg.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

1. Der Bescheid der Beklagten vom 09.07.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Er hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG und auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1.1. Nach § 3 Abs.1 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II Seite 559), wenn er sich

- aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe

- außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,

- dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder

- wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Verfolgung in diesem Sinne kann zum einen vom Staat ausgehen, zum anderen von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staates beherrschen. Sie kann aber auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder die genannten Gruppierungen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, es sei denn, es besteht eine inländische Fluchtalternative (§ 3c AsylG).

Zwischen den in § 3 Abs. 1 Nummer 1 AsylG genannten asylrelevanten Merkmalen, den in § 3a AsylG genannten Verfolgungshandlungen und den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründe muss eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG, vgl. dazu BVerfG vom 10.07.1989 BVerfGE 80, 315/334 f.).

Wegen der teilweisen parallelen Voraussetzungen von Art. 16a Abs. 1 GG und § 3 Abs. 1 und 2 AsylG i. V. m. § 60 AufenthG kann Abschiebungsschutz nur erhalten, wer als politisch Verfolgter ausgereist ist bzw. bei dem die politische Verfolgung unmittelbar bevorstand (Vorverfolgter), sowie derjenige, der zwar unverfolgt ausgereist ist, sich aber auf Nachfluchtgründe berufen kann. Das Schutzbegehren eines Vorverfolgten darf nur abgewiesen werden, wenn sich eine erneute Verfolgung ohne ernsthafte Zweifel an dessen Sicherheit im Falle der Rückkehr in die Heimat ausschließen lässt. Wer unverfolgt ausgereist ist, hat hingegen glaubhaft zu machen, dass bei einer Rückkehr in sein Heimatland die Gefahr politischer Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (BVerwG vom 25.09.1984 BVerwGE 70, 169/171).

Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befindet, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung. Dies bedeutet, dass das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen darf, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen muss, die auch nicht völlig auszuschließende Zweifel mit umfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.1977, Buchholz 402.24, § 28 AuslG Nr. 11; Urteile vom 16.04., 01.10. und 12.11.1985, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nrn. 32, 37 und 41).

Dabei ist der Beweiswert der Aussage des Asylbewerbers im Rahmen des Möglichen wohlwollend zu beurteilen. Er muss jedoch andererseits von sich aus unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen, widerspruchsfreien Sachverhalt schildern. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann ihm nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (vgl. z. B. BVerwG, Urteil vom 20.10.1987, Buchholz 310, § 86 Abs. 3 VwGO, Nr. 37; Beschluss vom 21.07.1989, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG, Nr. 113).

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.11.1990, lnfAusIR 1991, 94, 95; BVerwG, Urteil vom 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; Beschluss vom 21.07.1989, Buchholz a. a. O., Nr. 113).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes nach § 3 AsylG. Das Gericht verweist zunächst auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides und sieht insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

Auch in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nicht glaubhaft machen können, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG trotz des vorgelegten „UNHCR Refugee Certificate“ vom 10.06.2011 gegeben sind.

1.1.1. Aus dem vorgelegten „UNHCR Refugee Certificate“ vom 10.06.2011 kann der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ableiten.

Zum einen ist darin lediglich eine UNHCR Registrierungsnummer an seinen jüngeren Bruder (Geburtsdatum ...) vergeben und der ältere Kläger (Geburtsdatum ...) ist in dem als Anlage bezeichneten Dokumententeil nur nachrichtlich mit aufgeführt. Es ist deshalb nicht eindeutig ersichtlich, ob darin ein Nachweis einer Flüchtlingsanerkennung für den Kläger erblickt werden kann; erschwerend kommt hinzu, dass das dort genannte Geburtsdatum des Klägers nicht mit dem in der Bundesrepublik Deutschland genannten übereinstimmt.

Unabhängig davon würde die Registrierung des Klägers als Flüchtling durch den UNHCR nicht die - von Art. 28 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.07.1951 (GFK) i. V. m. dem Protokoll vom 31.01.1967 - für die Wirksamkeit der Anerkennung erforderliche staatliche Entscheidung beinhalten und deshalb keine Bindungswirkung entfalten. Das Gericht nimmt diesbezüglich Bezug auf die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 07.12.2005, Az. 11 LB 193/04, in juris, und schließt sich diesen Ausführungen umfänglich an. Diesem Urteil ist zu entnehmen, dass der UNHCR in einer Stellungnahme vom 27.12.2004 auf Nachfrage erklärt habe, dass „diejenigen Personen, die nach der Satzung des UNHCR die völkerrechtlichen Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft erfüllten, … den Ausweis erhalten ungeachtet dessen, dass der Irak weder Vertragspartei des Abkommens von 1951 noch des Protokolls von 1967 sei. Der Flüchtlingsausweis dokumentiere die Anerkennung als Mandatsflüchtling. Grundlage dieser Mandatsanerkennung sei die Satzung des UNHCR. Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Mandatsflüchtling entsprächen im Wesentlichen dem Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention. Die Mandatsanerkennung durch den UNHCR habe zur Folge, dass der Flüchtling internationalen Rechtsschutz genieße und der UNHCR sich gegenüber Regierungen und nichtstaatlichen Organisationen dafür einsetze, dass dem Mandatsflüchtling wirksamer Rechtsschutz gewährt werde. Zwar entfalte die UNHCR-Mandatsanerkennung keine Bindungswirkung für ein in der Bundesrepublik Deutschland betriebenes Asylverfahren, ihr komme jedoch eine starke Indizwirkung zu.“ Die Entscheidung des UNHCR ist damit nicht bindend (vgl. dazu auch NdsOVG 08.07.2010, Az. A 3 A 503/07 mit weiteren Nachweisen und BVerwG vom 26.10.2010, Az. 10 B 28.10, sowie vom 03.11.2006, Az. 1 B 30.06, alle in juris).

Aufgrund dieser Ausführungen des UNHCR ist der beantragten Beweiserhebung nicht nachzukommen; die Frage, ob der Kläger durch den UNHCR als Flüchtling anerkannt wurde, ist nicht entscheidungserheblich. Denn selbst wenn er durch den UNHCR als Flüchtling registriert gewesen sein sollte, so käme dieser Entscheidung aufgrund der obigen Ausführungen für den vorliegenden Fall über eine gewisse Indizwirkung hinaus keine Bindungswirkung zu.

Trotz dieser Indizwirkung überwiegen die substantiellen Zweifel angesichts der folgenden Ausführungen (siehe dazu unten Nr. 1.1.2.; vgl. UK Supreme Court, U. vom 29.01.2014 (2014) in https://www.supremecourt.uk/cases/docs/uksc-2012-0157-press-summary.pdf).

Der vorgelegte Ausweis zur Identifizierung der iranischen Flüchtlinge im Al-Anbar Gouverneursamt vom 25.01.2005, ausgestellt auf eine Person mit dem Namen …, geb. …, in …, lässt schon aufgrund des Namens nicht erkennen, ob es sich um den Kläger, der den Namen … trägt (vgl. Übersetzung Bl. 96 Beiakte), handelt. Darüber hinaus lässt sich diesem Identitätsausweis insbesondere keine Bindungswirkung hinsichtlich einer Flüchtlingsanerkennung entnehmen.

1.1.2. Die deshalb zu prüfenden Voraussetzungen des § 3 AsylG liegen nicht vor.

1.1.2.1. Der Kläger konnte in der mündlichen Verhandlung nicht glaubhaft darlegen, dass eine asylrelevante Verfolgungssituation Auslöser für seine Flucht in die Bundesrepublik Deutschland war. Sein diesbezügliches Vorbringen ist nicht glaubhaft, so dass ihm insoweit auch keine Beweiserleichterung nach § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i. V. m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG zugutekommt.

Das Gericht ist aufgrund der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger den Irak unverfolgt verlassen hat. Er gab weder beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge noch in der mündlichen Verhandlung eine Verfolgungssituation oder -handlungen an. Vielmehr erklärte er lediglich pauschal, wegen des iranischen Geheimdienstes Angst gehabt zu haben, sowohl Angst um seine Familie im Iran als auch um seine Person im Irak, da der iranische Geheimdienst auch im Irak tätig sei. Da er allerdings gleichzeitig erklärte, dass sein Chef …, sich nicht verfolgt gefühlt habe, weil dessen Familie in Barika im Irak gelebt habe, lässt sich die Angst um seine eigene Person damit nicht in Übereinstimmung bringen. Wenn sich schon sein Chef im Irak, seinen Angaben zufolge der Leiter der Jugendorganisation, nicht von dem iranischen Geheimdienst verfolgt gefühlt hat (auch unter Berücksichtigung der Formulierungsdefizite der Dolmetscherin waren seine auch auf Nachfragen des Gerichts bestätigten Angaben in der mündlichen Verhandlung insoweit deutlich verständlich und zweifelsfrei), dann ist seine Angst vor diesem erst recht nicht plausibel. Eine politische Verfolgung ist damit gerade nicht dargelegt, auch wenn in der Auskunft des Europäischen Zentrums für kurdische Studien vom 20.11.2007 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe mitgeteilt wird (S. 18), dass Repräsentanten der KDPI (hier DPIK) die Gefahr von iranischer Seite durchaus ernst nahmen: sie hätten sich rund um die Uhr von bewaffneten Peschmerga schützen lassen und ihr Büro habe sich an einem versteckten Ort befunden. Offenbar jedoch zählte nicht einmal der Chef des Klägers zu diesem Personenkreis.

Darüber hinaus ist seine Darlegung in der mündlichen Verhandlung, er habe befürchtet, sein Aufenthalt im Irak könnte über die Sterbeurkunde seines Vaters dem iranischen Geheimdienst bekannt werden, nicht plausibel. Denn aus dem Umstand, dass neben der irakischen auch ein Sterbeurkunde, ausgestellt im Iran, in den Akten zu finden ist, lässt sich entnehmen, dass der iranische Staat sehr wohl, ohne jemanden zu fragen, von dem früheren Aufenthaltsort des Vaters und damit dessen Familie informiert gewesen ist. Eine Verfolgung oder eine unmittelbar drohende Verfolgung des Klägers im Irak, ist damit nicht glaubhaft.

1.1.2.2. Der Kläger hat nicht glaubhaft machen können, dass ihm wegen exilpolitischer Tätigkeit bei der DPIK im Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr politischer Verfolgung im Falle einer Einreise oder Überführung in den Iran droht.

Die aktuelle politische Situation im Iran stellt sich nach den zugrunde gelegten Unterlagen wie folgt dar:

Eine organisierte politische Opposition gibt es nicht. Die Führer der Oppositionsbewegung, die sich 2009 nach der Wiederwahl Ahmadinejads gebildet hat, Mehdi Karroubi und Mir Hossein Moussavi sowie dessen Ehefrau befinden sind seit dem 14.02.2011 unter Hausarrest. Viele Anhänger der Oppositionsbewegung wurden verhaftet, haben den Iran verlassen bzw. sind nicht mehr politisch aktiv. Ohne entsprechende Führung und angesichts umfassender Überwachung der Kommunikationskanäle spielen die verbleibenden Oppositionellen kaum eine Rolle (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage der Islamischen Republik Iran, Stand November 2015, - Lagebericht - S. 11).

Angehörige von Minderheiten machen insgesamt die Hälfte der iranischen Bevölkerung aus. Kurden, Gilaki und Mazandarani, Turkomanen, Luren, Belutschen, Zaza sowie Armenier, Assyrer und Georgier bilden ca. 27% der Bevölkerung (Lagebericht S. 13). Die an der Grenze zum Irak und zur Türkei lebenden Kurden bilden etwa 8% der gesamtiranischen Bevölkerung (nach Angabe der kurdischen NGO Kurdish Human Rights Projekt). Sie sind hinsichtlich ihrer kulturellen Eigenständigkeit und der Meinungs- und Versammlungsfreiheit staatlicher Diskriminierung ausgesetzt. Zwar werden Kurden in größerer Zahl in hohe Ämter der Provinzverwaltungen berufen, gleichzeitig bleiben aber Regierungsversprechen, etwa Unterricht in kurdischer Sprache an Schulen und Universitäten einzurichten, unerfüllt. In vielen Fällen werden kurdischen Aktivisten von der Zentralregierung separatistische Tendenzen vorgeworfen und diese entsprechend geahndet. Der Vorwurf wird dabei in den letzten Jahren zunehmend umfassender ausgelegt. So wurden kurdisch-sprachige Zeitschriften verboten und politisch aktive Studenten in Kurdistan aufgrund ihrer Tätigkeit exmatrikuliert. Verhafteten Kurden wurde zumeist „Kampf gegen Gott“ oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Dies gilt insbesondere für Mitglieder der PJAK, die als iranischer Ableger der türkischen PKK gilt. Neben der PJAK stehen weitere kurdische Gruppierungen, denen die Regierung separatistische Tendenzen unterstellt, im Zentrum der Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte. Hierzu zählen insbesondere die marxistische Komalah-Partei und die DPIK. Letztere wird von der Regierung als konterrevolutionäre und terroristische Gruppe betrachtet, die vom Irak aus das Regime bekämpft. Berichten zufolge wurde der Kurde Mansour Arvand am 14.06.2015 erhängt, nachdem er wegen angeblicher Zusammenarbeit mit der DPIK unter dem Vorwurf „Kampf gegen Gott“ verurteilt wurde (vgl. Lagebericht S. 14).

Nach den Ausführungen von „Immigration and Refugee Board of Canada“ vom 20.01.2014 (Az. IRN104730.E) ist die Behandlung von Aktivisten, die in den Iran zurückkehren, nach den Ausführungen mehrerer verwerteter Quellen vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Ein Professor der Politikwissenschaften habe dargelegt, dass Menschen, deren regierungsfeindliche Aktivitäten außerhalb Irans bekannt seien, grob behandelt würden. Ein Direktor eines kleinen Senders habe sich ähnlich geäußert und erklärt, dass ein dem Staat bekannter Aktivist sehr wahrscheinlich beobachtet würde und eine Strafverfolgung zu befürchten hätte. IHRDC habe festgestellt, dass es einige Berichte über die Verhaftung von zurückgekehrten Iranern gebe. So sei ein Student aus Belgien verhaftet, der Spionage sowie des Kontaktes mit Staatsfeinden bezichtigt und zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Risiko einer Verfolgung nach einer Rückkehr in den Iran hänge davon ab, in welcher Weise der Betreffende nach außen erkennbar tätig geworden ist. Falls der Betreffende nicht außenwirksam tätig gewesen sei, gehe er möglicherweise kein Risiko ein. Trotzdem sei ein gewisses Risiko nie auszuschließen, weil die Staatsmacht ziemlich willkürlich vorgehe. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EHCR, S.F. und andere gegen Schweden, vom 15.08.2012) habe festgestellt, dass zurückkehrende Iraner, vor allem Kurden iranischer Abstammung, die kulturell aktiv und hoch gebildet seien, bei ihrer Ankunft überprüft würden. Ein Professor habe erklärt, wenn jemand als Mitglied einer bewaffneten oder militärischen Opposition erkannt werde, werde er wahrscheinlich befragt und inhaftiert.

Austrian Red Cross, Accord, (Iran: Political Opposition Groups, Sucurity Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law vom Juli 2015, S. 43 f.), berichtet von UNHCR Aussagen, wonach Mitglieder der KDPI (hier DKIP) zwischen zwei und zehn Jahren Gefängnis drohten. Falls jemand, der aktiv die Partei unterstütze, inhaftiert werde, müsse er mit ernsthaften Schwierigkeiten rechnen. Auch weniger wichtige Tätigkeiten für die KDPI (hier DKIP) würden zu einer mehrtägigen Inhaftierung führen. Manchmal würde während der Befragung zur Erhaltung eines Geständnisses auch Folter angewendet. Später vor Gericht würden die Personen angehalten eine Erklärung zu unterzeichnen, sich in Zukunft keiner politischen Partei anzuschließen.

Es ist weiter davon auszugehen, dass iranische Stellen die im Ausland tätigen Oppositionsgruppen genau beobachten (vgl. Lagebericht S. 24). Einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran setzen sich daher solche führenden Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen aus, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten und zum Sturz des Regimes aufrufen (so auch Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran: Illegale Ausreise /Situation von Mitgliedern der PDKI/Politische Aktivitäten im Exil, vom 16.11.2010, Nr. 3 mit weiteren Nachweisen). Im Ausland lebende prominente Vertreter von im Iran verbotenen Oppositionsgruppen haben im Fall einer Rückführung mit sofortiger Inhaftierung zu rechnen. Ab Herbst 2009 gab es verstärkt Hinweise auf gezielte Einschüchterungsmaßnahmen von Oppositionellen im Ausland seitens iranischer Sicherheitsbehörden (z. B. in Deutschland und Großbritannien mittels anrufen und Droh-E-Mails, in der Türkei auch durch physische Angriffe).

Ähnliches ist auch den Ausführungen von „Immigration and Refugee Board of Canada“ vom 20.01.2014 (Az. IRN104730.E) zu entnehmen, wenn darin von Mitteilungen eines Geschichtsprofessors berichtet wird, wonach die iranische Regierung sich meist auf die Überwachung von Aktivitäten der Personen konzentriert, von denen sie annehmen, dass sie das Regime stürzen wollten. Dazu zählten jedoch nicht nur Personen, die militärisch vorgehen wollen, sondern auch jede reale oder als solche wahrgenommene Oppositionsorganisation.

Der Kläger gibt an, Mitglied der DPIK zu sein.

Ausweislich der Auskunft des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien vom 20.11.2007 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat sich die Demokratische Partei Kurdistan Iran im Jahr 1993 in Koysandjak in der Provinz Suleymania, Irak, niedergelassen, nachdem ihre Peschmerga respektive ihre Führungskräfte immer wieder Zuflucht vor dem Zugriff des iranischen Regimes in den kurdischen Gebieten des Irak gesucht und teilweise gefunden hatten. Etwa in diesem Zeitraum erfolgte die Einstellung bewaffneter Auseinandersetzungen. Seit 2006 gibt es einen Flügel der Partei, der sich als Demokratische Partei Iranisch-Kurdistan bezeichnet und vom bereits zuvor amtierenden Mustafa Hicri geführt wird. Der andere Flügel bezeichnet sich als Demokratische Partei Kurdistan Iran und steht unter dem Vorsitz von Abdullah Hassanzade. Beide Gruppierungen stehen für die Erlangung nationaler Rechte der Kurden in einem demokratisch föderalen Iran. Ohnehin betrachtet die iranische Seite kritisch, dass die irakischen Kurden diversen oppositionellen Parteien wie z. B. der PDKI, der iranischen Arbeiterpartei oder der Kommunistischen Partei Asyl auf ihrem Territorium gewährt und sogar militärische Trainingscamps zulassen.

Nach den Ausführungen von Austrian Red Cross, Accord, (Iran: Political Opposition Groups, Sucurity Forces, Selected Human Rights Issues, Rule of Law vom Juli 2015, S. 43 f.), ist das höchste Entscheidungsgremium der „Democratic Party of Iranian Kurdistan“ der Kongress, der alle vier Jahre tagt. In der Zwischenzeit ist das Zentralkomitee, das vom Kongress gewählt wird und aus 25 ständigen Mitgliedern und 10 Vertretungspersonen besteht, das höchste Entscheidungsorgan und führt die Geschäfte. Das Zentralkomitee wählt wiederum sieben seiner Mitglieder in das Politikbüro („Political Bureau“), wozu auch der Generalsekretär zählt. Die Vorsitzenden der der DPIK angegliederten Organisationen, wie die „Democratic Women‘s Union of Iranian Kurdistan“, die „Democratic Youth Union of Kurdistan“ und die „Democratic Students Union of Kurdistan“ sind automatisch Mitglieder des Zentralkomitees.

Eine Gefährdung des Klägers mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit besteht nach Überzeugung des Gerichts im Falle einer Rückkehr in den Iran wegen der angegebenen Mitgliedschaft in der DPIK allerdings nicht.

Der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG; Urteil vom 20.02.2013, Az. 10 C 22/12). Im vorliegenden Fall kommt es für die Prognoseentscheidung, ob dem Kläger eine Verletzungshandlung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie droht, darauf an, ob er berechtigterweise befürchten muss, dass ihm im Fall einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine schwere Rechtsgutverletzung droht, insbesondere die Gefahr, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden.

So ist einerseits bereits eine Mitgliedschaft in der Partei selbst nicht glaubhaft gemacht (vgl. unten Buchstabe a). Aber selbst wenn eine Mitgliedschaft in der Democratic Youth Union of Kurdistan unterstellt würde, so wären seine dargestellten Tätigkeit derart unauffällig und von untergeordneter Bedeutung (vgl. unten Buchstabe b), dass eine konkrete Verfolgungsgefahr jedenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlich bestünde. Insoweit wird auch auf die zutreffenden Angaben im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).

a. Der Kläger konnte schon nicht glaubhaft machen, dass er tatsächlich Mitglied der Partei DPIK ist. Er legte zwar einen - nicht fälschungssicheren - Ausweis der Democratic Youth Union of Iranian Kurdistan vor; aber nach den Ausführungen des Berichts des „Danish Refugee Council, Iranian Kurds“, vom September 2013 (S. 28) ist die Mitgliedschaft in der Jugendorganisation nicht gleichbedeutend mit der Mitgliedschaft in der Partei selbst. Nach dem genannten Bericht existiert im Iran eine entsprechende Jugendorganisation. Sie stelle eine Art „NGO“ dar. Deren Mitglieder sind zwischen 13 und 30 Jahre alt. Die Organisation verfügt im Iran über ein eigenes Magazin „Lawan“, eine eigene Webseite, einen Radiosender und ein Satellitenprogramm. Sie führt z. B. Kampagnen gegen Drogen und zu anderen sozialen Themen durch, mit denen die kurdischen Jugendlichen konfrontiert sind.

Es ist davon auszugehen, dass auch im Irak eine entsprechende Jugendorganisation neben der Partei DKIP besteht. Es ist aber in gleicher Weise davon auszugehen, dass eine dortige Mitgliedschaft genauso wenig automatisch mit einer Mitgliedschaft der Partei gleichzusetzen ist. Lediglich die Vorsitzenden dieser Jugendorganisation nehmen bei Bedarf an Sitzungen der Partei teil und stellen so den Kontakt mit der Partei her (vgl. Austrian Red Cross, Accord, Iran: Political Opposition Groups etc. (vom Juli 2015, S. 41 ff.).

Weiterhin wusste der Kläger in der mündlichen Verhandlung - wie auch beim Bundesamt - nur sehr wenig über die Partei. Er konnte keine Angaben zum Aufbau, bzw. der Parteistruktur der DPIK (vgl. dazu Austrian Red Cross, Accord, Iran: Political Opposition Groups etc. vom Juli 2015, S. 41 ff.) geben. Die Aufnahmevoraussetzungen, wie sie von der Danish Refugee Council unter der Ziffer 2.1.3. „Recruitment to and membership of KDPI“ (hier DKIP) auf S. 32 dargestellt werden, sind dem Kläger offenbar völlig unbekannt.

Er nannte außer dem Namen des Parteivorsitzenden Mustafa Hicri (oder Hajri) nur noch zwei weitere Namen, über die Entscheidungsgremien der Partei war er in keiner Weise informiert, sondern erklärte vielmehr, dass der Vorsitzende Mustafa Hicri in eigener Entscheidung Personen absetzen und Neuwahlen ansetzen könne. Ihm war zwar noch bekannt, dass die DPIK in zwei unterschiedliche Lager aufgespalten ist, und ihm war der Name des Vorsitzenden der abgespaltenen Organisation bekannt, doch wiegen diese Einzelkenntnisse die mangelnde Kenntnis über grundsätzliche organisatorische Abläufe und Entscheidungsgremien der Partei, der er angehören will, nicht auf. Zudem sind seine Angaben in der mündlichen Verhandlung, dass Wahlen alle vier, aber auch alle zwei Jahre stattfänden, oder dass der Vorsitzende Mustafa Hicri gewählte Personen, die keine gute Arbeit leisteten, einfach absetzen und Neuwahlen ansetzen könne, wenig plausibel.

Auch die Nennung der Ziele der Organisation (Frieden und Freiheit, Gleichberechtigung, kein Morden) blieb schlagwortartig, farblos und pauschal; er legte zwar noch Wert auf die Feststellung, dass die Durchsetzung der Ziele durch Reden und vor allem nicht durch Gewalt beabsichtigt ist, eine persönliche Identifikation mit diesen Zielen war für das Gericht allerdings nicht zu erkennen.

Auch war eine nur rudimentäre Kenntnis der Youth Union, der er angehört haben will, festzustellen. So nannte der Kläger als Grund für seinen Eintritt 2009 gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dass Personen erst ab einem Alter von 18 Jahren, aufgenommen würden. Dies trifft zwar durchaus auf die Mitgliedschaft in der Partei zu (vgl. Auskunft des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien vom 20.11.2007 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe, S. 4, Fußnote 5), gilt jedoch grundsätzlich nicht für die Jugendorganisation im Iran. Nach den Ausführungen der Danish Refugee Council vom September 2013 (S. 28) gilt dort ein Mitgliedsalter von 13 bis 30 Jahre. Es erscheint unwahrscheinlich, dass im Irak gerade bei einer Jugendorganisation eine grundsätzlich andere Regelung gilt.

Dem Kläger war zwar noch der Name Foad Xaki Bagi - laut Danisch Refugee Council vom September 2013 (S. 28) Generalsekretär der Youth Union der KDPI (hier DPIK) - bekannt, nicht jedoch dessen konkrete Funktion. Vielmehr erklärte er dessen Funktion als eine Art Vizechef der DPIK. Wenn der Kläger allerdings selbst Mitglied dieser Jugendorganisation mit gewissen Aufgaben gewesen sein will, so wäre zu erwarten gewesen, dass er zumindest Namen und Funktion miteinander verknüpfen kann.

Auch wenn die Übersetzung nicht flüssig erfolgte, hat das Gericht doch keinerlei Anhaltspunkte, dass die Übersetzung in den wesentlichen Punkten unzutreffend gewesen wäre.

b. Selbst wenn man zugunsten des Klägers eine Mitgliedschaft in der Youth Union unterstellen würde, wären seine geschilderten Tätigkeiten, die er für die Partei bzw. die Jugendorganisation erbracht haben will, sehr untergeordneter Natur gewesen und der Kläger hätte sich schon eigenen Angaben zufolge gerade nicht in einer herausgehobenen Position befunden. Deshalb wäre auch nicht dargelegt, dass es sich bei ihm um einen engagierten, bei Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gefährdeten Anhänger der DPIK handelt.

Eine exilpolitische Betätigung ist im Hinblick auf den Iran nur dann geeignet, eine Verfolgungswahrscheinlichkeit zu begründen, wenn diese sich aus der Masse dieser Betätigungen abhebt und eine exponierte Stellung einnimmt. Dies ergibt sich aus den oben genannten Unterlagen. Der Kläger erfüllt diese Kriterien nicht. Er hätte nicht zu den führenden Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen gehört, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten und zum Sturz des Regimes aufrufen (vgl. Lagebericht S. 24 und Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran: Illegale Ausreise /Situation von Mitgliedern der PDKI/Politische Aktivitäten im Exil, vom 16.11.2010, Nr. 3 mit weiteren Nachweisen; vgl. VG Augsburg vom 12.11.2012 Az. Au 7 K 12.30225, VG Würzburg vom 04.01.2012 Az. W 6 K 10.30331; VG Regensburg vom 21.08.2012 Az. RO 4 K 12.30081; SächsOVG vom 11.11.2011 Az. A 2 A 855/10; HessVGH vom 21.09.2011 Az. 6 A 1005/10.A; OVG NRW vom 06.08.2010 Az. 13 A 829/09.A, alle in juris). Zur Beurteilung ist u. a. auf Art, Dauer und Intensität der exilpolitischen Betätigung abzustellen.

Allein das Austragen von Einladungen, Zeitungen und Broschüren in Barika im Irak stellt jedenfalls keine derart herausgehobene Tätigkeit dar, die den Kläger öffentlichkeitswirksam aus der Masse anderer Mitglieder hervorheben könnte. Diese Tätigkeit beschränkte sich seinen eigenen Angaben zufolge auf den Ort Barika, im Wesentlichen ein Flüchtlingscamp für Kurden, so dass nicht von einer öffentlichkeitswirksamen Außenwirkung, d. h. Erkennbarkeit der Tätigkeit für Außenstehende, ausgegangen werden könnte. Gleiches gälte hinsichtlich einer mündlichen Einladung. Dabei wäre darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die Versammlungen in größeren Orten wie Koya oder in Baktiari abgehalten worden sein sollen; deshalb hätte es denknotwendig mehrere Personen auch in anderen Ortschaften geben müssen, die eingeladen haben. Auch deshalb könnte nicht von einer herausgehobenen Tätigkeit ausgegangen werden.

Auch eine besondere Funktion innerhalb der Partei, ob DPIK oder der Youth Union, hätte der Kläger eigenen Angaben zufolge nicht innegehabt. Soweit er angab, Versammlungen „geleitet“ zu haben, schränkte er auf Nachfrage ein, dass er nie allein tätig gewesen sei, sondern sein Chef bei den Versammlungen immer anwesend gewesen sei. Dies würde keinesfalls eine herausgehobene Stellung darstellen.

Seine Angaben hierzu ließen zudem nicht den Eindruck entstehen, dass der Kläger diese Versammlungen selbst erlebt hat. Auch unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten der Übersetzung, waren die Angaben des Klägers aber insoweit durch etliche Nachfragen und Verständnisfragen zweifelsfrei erkennbar.

Zwar lässt sich den Erkenntnisunterlagen entnehmen, dass eine Verfolgung von bloßen Mitläufern der DPIK wegen der Willkür der Staatsapparates nicht ausgeschlossen werden kann; der Grad der beachtlichen Wahrscheinlichkeit wird damit jedoch nicht erreicht.

c. Da die Asylantragstellung in der Bundesrepublik Deutschland keine staatlichen Repressionen bei einer Einreise in den Iran auslöst (vgl. Lagebericht S. 30), führt auch dieser Umstand nicht zur Flüchtlingsanerkennung.

1.2. Die Klage ist weiterhin unbegründet, soweit der Kläger subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG begehrt. Das Gericht verweist auf die zutreffenden Ausführungen hierzu im Bescheid der Beklagten vom 09.07.2015 (§ 77 Abs. 2 AsylG).

1.3. Gründe für die Feststellung von (nationalen) Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG sind nicht vorhanden.

Den vorgelegten Attesten lässt sich kein Abschiebungshindernis entnehmen. Die Gastroenteritis ist offenbar ausgeheilt, die depressive Symptomatik und der Kopfschmerz werden mit Medikamenten behandelt und können entsprechend auch im Iran, der über ein staatliches Versicherungswesen verfügt, das prinzipiell auch die Deckung von Krankheitskosten umfasst (vgl. Lagebericht S. 30, medizinische Versorgung), weiter behandelt werden.

Die Grundversorgung der Bevölkerung im Iran ist gewährleistet, so dass die Abschiebung des Klägers keine Gefährdung von Leib und Leben befürchten lässt. Zwar hält sich seine Familie eigenen Angaben zufolge seit Februar 2016 ebenfalls in der Bundesrepublik Deutschland auf und kann ihn deshalb nicht unterstützen, doch existieren wohltätige Organisationen, die eine Grundversorgung bereitstellen (Lagebericht S. 30, Grundversorgung).

1.4. Der Bescheid der Beklagten gibt auch hinsichtlich seiner Ziffer 5, wonach der Kläger unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise aufgefordert worden ist, keinerlei Anlass zu Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich, denn er ist, wie oben ausgeführt, weder als Flüchtling anzuerkennen noch stehen ihm subsidiärer Schutz oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG zu; er besitzt auch keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 AsylG).

1.5. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit des von der Beklagten festgesetzten gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben. Die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. Satz 1 findet insbesondere keine Anwendung, wenn der Ausländer sich auf Grund seines Alters und Entwicklungsstandes im Herkunftsland noch keine feste Überzeugung bilden konnte.

(1a) Die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 zu erleiden, kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist.

(2) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Asylantrags erneut einen Asylantrag und stützt diesen auf Umstände, die er nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Antrags selbst geschaffen hat, kann in einem Folgeverfahren in der Regel die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, äthiopischer Staatsangehöriger vom Volke der Oromo, geb. nach eigenen Angaben am ...1989 bzw. ...1989, begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Der Kläger reiste nach eigenen Angaben über Italien auf dem Landweg am 18.5.2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dort stellte er am 1.7.2014 einen Asylantrag.

Am 26.5.2014 wurde der Kläger von der Hessischen Aufnahmeeinrichtung in Gießen befragt und gab hierbei an, am 20.5.2014 mit „dem Auto von Italien nach Unbekannt“ gereist zu sein. Einen Pass habe er nie besessen.

Am 16.6.2014 erfolgte die Befragung zur Identitätsklärung an der Außenstelle der Regierung von Mittelfranken Zirndorf. Hierbei gab der Kläger an, dass er vor ca. 3 Jahren einen Personalausweis von der Stadt W... D... ausgestellt bekommen habe. Am 10.4.2014 sei ihr Haus abgebrannt und der Personalausweis habe sich im Haus befunden. Er besitze keine Dokumente mehr. Er sei in W... D... in der K... Wa... in der Zone S... aufgewachsen und habe bis zuletzt dort gewohnt. Sein Vater sei verstorben, seine Mutter lebe noch. Er habe im Heimatland zwei Brüder, eine Schwester, eine Tante und einen Onkel. Er sei von der 1. bis zu 6. Klasse in Wa... in die Schule gegangen, von der 7. bis 8. Klasse in der „G...“ Schule in M... und in der 9. Klasse in der „O...“ in M... Seine Schulzeugnisse habe er nicht von der Schule abgeholt. Er sei Bauer gewesen.

Am 6.9.2016 erfolgte die Anhörung gem. § 25 AsylG vor dem Bundesamt. Bei dieser gab der Kläger im Wesentlichen an, dass er keine Personaldokumente habe. Er habe einen K...-Ausweis besessen. Den habe er in Äthiopien verbrannt. Er habe sich zuletzt im Dorf Wa... aufgehalten. Eine K... oder Hausnummer gäbe es nicht. Es sei ein kleines Dorf zwischen B...Z... und M... Er habe seine Heimat am 10.8.2006 (EC) verlassen und sei am 18.5.2014 in Deutschland eingereist. Er habe die Schule bis zur 10. Klasse besucht und sei Bauer gewesen. Man müsse nach der 10. Klasse eine Prüfung machen. Er habe nicht Mitglied der TPLF werden wollen und habe daher die Prüfung nicht machen dürfen. Er habe dann 4 Jahre als Bauer gearbeitet. Die Regierung habe dann alle Bauern versammelt und gesagt, dass sie das Land an Investoren aus Israel verkaufe. Sie sollten ihr Land verlassen. Alle Leute, die dagegen waren, seien festgenommen worden. Auch er sei 2003 (EC) von der Polizei in das Gefängnis in Z... gekommen und dort 3 Jahre gewesen. 2006 (EC) sei er aus dem Gefängnis geflohen und nach Mo... gefahren. An das genaue Datum der Verhaftung könne er sich nicht erinnern. Ca. ein Monat nach seiner Flucht aus dem Gefängnis sei er wieder an seinen Geburtsort zurückgekehrt und nach fünf Tagen wieder verhaftet worden. Er sei zehn Tage im Gefängnis gewesen. Das Gefängnis habe eine Farm gehabt, auf der ein Bekannter von ihm gearbeitet habe. Er habe seine Uniform angezogen und fast acht Stunden auf der Farm gearbeitet. Auf dem LKW, der die Tomaten abgeholt habe, sei er geflüchtet. Er habe dann von seinem Onkel Geld abgeholt und von seinem Onkel erfahren, dass sein Vater tot sei. Er sei dann zusammen mit seinem Onkel nach Addis Abeba gereist. Er sei dann über Mekele, Shere und Humera in den Sudan. Sein Vater sei Unterstützer der OLF gewesen und gegen den Verkauf des Landes an die Investoren. Darum habe die Polizei ihn umgebracht. Der Kläger sei Unterstützer der OLF gewesen. Er sei ein Oromo. Auch in Deutschland sei er als Mitglied der TBOJ exilpolitisch tätig. Kontakt in die Heimat habe er nicht mehr. Dem Bundesamt wurde eine Bestätigung der TBOJ / UOSG übergeben, wonach der Kläger seit 22.11.2014 Mitglied sei und an 17 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe.

Mit Bescheid vom 12.9.2016 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen und drohte andernfalls dem Kläger die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen rücknahmebereiten oder zur Rücknahme verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6). Die vom Kläger geltend gemachten Vorfluchtgründe seien nicht glaubhaft. Das Vorbringen des Klägers sei zu pauschal und oberflächlich. Auch bei unterstellter Wahrheit würden die geschilderten Umstände keinen Flüchtlingsschutz begründen. Die vom Antragsteller behauptete Zugehörigkeit zur OLF führe für sich noch nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Der Kläger habe kein aktives Tätigwerden für die OLF glaubhaft gemacht. Auch die behauptete exilpolitische Betätigung in der TBOJ führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger hebe sich nicht erkennbar aus dem Kreis der Mitläufer hervor. Im Übrigen wird auf den Bescheid vom 12.9.2016 verwiesen.

Am 26.9.2016 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben.

Der Kläger verweist hierbei im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Rahmen der Vorprüfung. Der Kläger habe sein Heimatland aus Furcht vor Verfolgung verlassen. Die Androhung der Abschiebung sei ungeachtet vom Ausgang des Asylverfahrens wegen Verstoßes gegen Art. 1 und 2 GG sowie Art. 3 EMRK unzulässig. Mit Schriftsatz vom 12.1.2018 brachte die Klägerseite ergänzend vor, der Kläger sei in Äthiopien bereits auf Grund der Weigerung, Land aufzugeben, verhaftet worden. Nach Auffassung des äthiopischen Regimes seien oromische Volkszugehörige, die sich gegen die Durchführung des „Masterplanes“ aussprächen etc., verdächtig, die OLF zu unterstützen. Verhaftungen wie im vorliegenden Fall knüpften daher zumindest an eine unterstellte politische Überzeugung an. Die im Bescheid gerügte angeblich nicht detailliert genug beschriebene Haftzeit etc. werde der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals darlegen. Der Kläger sei vorverfolgt ausgereist. Jedenfalls drohe dem Kläger auf Grund seiner exilpolitischen Aktivitäten eine Verfolgung in seinem Heimatland. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wurde eine Bescheinigung der TBOJ/UOSG vom 10.1.2018 vorgelegt. In dieser wird bestätigt, dass der Kläger seit 2.9.2016 an weiteren 7 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe. Ferner wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23.11.2017 vorgelegt und die dort benannten Erkenntnismaterialien und Auskünfte zum Bestandteil des Vorbringens gemacht. Wie im Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg ausgeführt, habe sich durch die Aufhebung des Ausnahmezustandes zum 4.8.2017 keine Änderung an der Verfolgungssituation ergeben.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.9.2016 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen;

weiter hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 12.12.2017 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seines Rechtsanwalts bewilligt.

Mit der Ladung vom 14.12.2017 wurde die Auskunftsliste „Äthiopien“ vom Stand 12.12.2017 übersandt.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.1.2018 hat das Gericht den Kläger nochmals zu den Ereignissen in Äthiopien und seiner exilpolitischen Betätigung befragt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Der Klägervertreter stellt den im Schriftsatz vom 12.1.2018 angekündigten bedingten Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 es unverändert dabei verbleibt, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung droht, die Einholung einer Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt einzuholen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten und auf die Sitzungsniederschrift vom 24.1.2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Entscheidung des Bundesamts, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zuzuerkennen sowie das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu verneinen und dem Kläger unter Androhung seiner Abschiebung nach Äthiopien zur Ausreise aufzufordern, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die vom Bundesamt gemäß den §§ 31 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AsylG, 75 Nr. 12, 11 Abs. 2 AufenthG getroffene Entscheidung ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids, den Antrag des Klägers im Hinblick auf die Anerkennung als Asylberechtigter abzulehnen, ist bestandskräftig geworden. Der Kläger hat diese Entscheidung mit seiner Klage nicht angegriffen (vgl. VGH BW U.v. 26.10.2016 – A 9 S 908/13 – juris). Ohnehin könnte er sich nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen, da er nach eigenen Angaben auf dem Landweg über Italien nach Deutschland eingereist ist.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.

Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – Flüchtling, wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris). Von einer Verfolgung kann nur dann ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die wegen ihrer Intensität den Betroffenen dazu zwingen, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es aber regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolution und Kriegen (vgl. OVG NRW, U.v. 28.3.2014 – 13 A 1305/13.A – juris). Eine Verfolgung i.S. d. § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (vgl. auch VG Augsburg, U.v. 11.8.2016 - Au 1 K 16.30744 – juris). Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist es nach § 3b Abs. 2 AsylG auch unerheblich, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist, weil er tatsächlich die Merkmale besitzt, die zu seiner Verfolgung führen, sofern der Verfolger dem Betroffenen diese Merkmale tatsächlich zuschreibt.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22). Eine Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt aber durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011, ABl. L 337 vom 20.12.2011 S. 9 ff.). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind danach ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen (vgl. auch OVG NRW, U.v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A – juris).

Der Kläger macht geltend, dass er in Äthiopien bereits inhaftiert gewesen sei, da er sein Land nicht an Investoren verkaufen habe wollen. Er habe gegen den Landverkauf demonstriert und er und seine Familie hätten die OLF allgemein unterstützt.

Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üblichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der Tatrichter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 – juris; BVerwG, U.v. 11.11.1986 - 9 C 316.85 - juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.10.2016 – AN 3 K 16.30452 – juris mit weiteren Nachweisen).

Die Angaben, die der Kläger im Verlauf seines Asylverfahrens zu den Geschehnissen in Äthiopien gemacht hat, sind nicht glaubhaft. Zwar ergänzte der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung seine Angaben und berichtete insbesondere konkreter von der Verhaftung und Haft. Es ist jedoch bereits nicht nachvollziehbar, dass der Kläger im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt, in der er aufgefordert wurde, alle Ereignisse zu schildern, die nach seiner Auffassung die Vorflucht begründen, weder Details zur Verhaftung und Haftzeit schilderte, noch die Demonstrationen und seine Unterstützungstätigkeiten für die OLF vortrug. Es wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger insbesondere die einschneidenden Erlebnisse, wie zum Beispiel die Verhaftung und die Gräueltaten und die Angst im Gefängnis vor diesen von sich aus vor dem Bundesamt berichtet. Bereits dies erweckt den Anschein, dass es sich nicht um selbst Erlebtes handelt, sondern der Vortrag im gerichtlichen Verfahren entsprechend zu den Ablehnungsgründen im Bescheid vom 12.9.2016 asyltaktisch ergänzt wurde. Zudem steigerte der Kläger hiermit sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens, was ebenfalls gegen die Glaubhaftigkeit spricht. Gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht ferner, dass der Kläger auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf konkrete Fragen des Gerichts zunächst mit allgemeinen Ausführungen antwortete. So antwortete der Kläger im Rahmen mehrfacher Nachfragen zu den konkreten Unterstützungstätigkeiten auf die Frage nach dem konkreten Text auf den Plakaten, die der Kläger an Strommasten plakatiert haben will, dass er die meisten Schriftstücke selbst verfasst habe und er anfangs klargestellt habe, dass „wir Oromo keine Demokratie in unseren Gebieten haben und keine gleichwertige Schulbildung“. Einen konkreten Text benannte er nicht, obwohl gerade bei Plakaten, die sich gewöhnlich durch kurze plakative Aussagen auszeichnen, dies gut möglich sein müsste. Ebenfalls gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht, dass der Kläger vor dem Bundesamt im Hinblick auf die Verhaftung und die Flucht nur jeweils das Jahr angab. Erst in der mündlichen Verhandlung ergänzte er auf entsprechenden Vorhalt die Monate. Hierbei mutet bereits seltsam an, dass der Kläger z.B. im Rahmen der Befragung in Zirndorf am 16.6.2014 im Rahmen seiner Fluchtgeschichte tagesgenau Daten zu verschiedenen Stationen auf der Flucht und auch bezüglich des Brandes des Heimathauses angab, so einschneidende Ereignisse wie seine Verhaftung und seine Flucht aus dem Gefängnis zunächst aber nur im Hinblick auf das Jahr eingrenzen konnte und erst vor Gericht noch den Monat benennen konnte. Soweit der Kläger vor Gericht angab, dass er beim Bundesamt genauere Angaben gemacht habe, diese aber nicht aufgenommen worden seien, hält das Gericht dies für eine Schutzbehauptung. Hiergegen spricht zum einen, dass der Kläger ausweislich der Niederschrift über die Anhörung bestätigte, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Hinzu kommt, dass der Kläger auch noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angab, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Hätte der Kläger damals wirklich versucht, nach der Rückübersetzung eine Ergänzung der Daten zu erreichen, stünde seine Einlassung am Beginn der informatorischen Befragung dazu im völligen Widerspruch.

Gegen die Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrags zu den Geschehnissen in seinem Heimatland sprechen insbesondere jedoch zahlreiche Widersprüchlichkeiten und Unstimmigkeiten, die sich im Laufe des Vortrags im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergaben und die nicht zur Überzeugung des Gerichts aufgelöst werden konnten. So gab der Kläger vor dem Bundesamt an, dass die Regierung alle Bauern versammelt hätte und erklärt habe, dass sie das Land an Investoren in Israel verkaufe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung betonte der Kläger aber, dass er mit der Haft gezwungen werden sollte, sein Land an die Investoren zu verkaufen. Vor allem aber widerspricht sich der Kläger im Hinblick auf die Anzahl der Verhaftungen und Fluchten aus dem Gefängnis. Vor dem Bundesamt gab der Kläger an, zweimal in Haft gewesen zu sein; zunächst einmal für 3 Jahre und dann nach seiner Flucht und Heimkehr in sein Heimatdorf noch einmal für ca. 10 Tage. Dann habe er von der Farm des Gefängnisses mit der Uniform eines Bekannten auf einem Tomaten-Transporter fliehen können. Vor Gericht gab er jedoch an, dass er nur einmal in Haft gewesen sei. Soweit der Kläger, als er hierauf hingewiesen wurde, dass er vor dem Bundesamt von einer zweiten Verhaftung und einem zweiten Gefängnisaufenthalt berichtet habe, äußerte, dies nicht gesagt zu haben, überzeugt dies nicht. Es erscheint völlig lebensfremd, dass der Dolmetscher vor dem Bundesamt einen ganzen zusätzlichen Ereigniskomplex mit Zeitangaben zur Haftdauer und eigener Fluchtgeschichte ohne die entsprechende Aussage des Klägers in das Protokoll einfügt und dies auch noch bei der Rückübersetzung unerkannt bleibt. Auch soweit die Klägerseite diesen Widerspruch damit zu entkräften versucht, dass der damalige Dolmetscher wegen Qualitätsmängeln nicht mehr beim Bundesamt eingesetzt werde, überzeugt dies nicht. Zum einen hat der Kläger vor dem Bundesamt auf dem Kontrollbogen bestätigt, dass das rückübersetzte Protokoll den heute gemachten Angaben des Klägers entsprochen habe. Zum anderen hat der Kläger auch im Rahmen der Anhörung ausweislich der Niederschrift erklärt, dass er sich gut mit dem Sprachmittler verständigen könne. Überdies hat der Kläger noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angegeben, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Im Übrigen fällt auf, dass eine angebliche Falschübersetzung oder die schlechte Qualität der Übersetzung mittlerweile zum Standardvorbringen bei Widersprüchlichkeiten gehört. Ebenfalls widersprüchlich ist, dass der Kläger vor dem Bundesamt angab, bei seiner Rückkehr in sein Heimatdorf nach der Flucht aus dem Gefängnis sei die Wohnung noch da gewesen. Vor Gericht erklärte er aber, dass das Haus bei seiner Rückkehr bereits abgebrannt gewesen sei. Bereits die massiven Widersprüchlichkeiten führen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vortags.

Hinzu kommt, dass das Vorbringen des Klägers in wesentlichen Punkten zudem lebensfremd ist. So ist es nicht vorstellbar, dass der Kläger während einer dreijährigen Haft im Gefängnis immer seinen Ausweis bei sich haben durfte und er ihn daher auch bei seiner Flucht griffbereit hatte. Dies widerspricht im Übrigen auch den Angaben des Klägers bei seiner Befragung in Zirndorf am 16.6.2014, wonach sein Personalausweis am 10.4.2014 beim Brand des Hauses verbrannt sei. Des Weiteren mutet die Fluchtgeschichte des Klägers aus dem Gefängnis, die er vor Gericht erzählte, ebenfalls lebensfremd an. Es ist nicht nachvollziehbar, dass im Rahmen des Dienstes auf der Farm beim Tomatenverkauf zwischen dem Kläger und einem Händler so enge Bande geknüpft werden konnten, dass der Händler sein Leben riskierte, um dem Kläger zur Flucht zu verhelfen. Dem Händler musste klar sein, dass er in der Situation, in der nur ein Lkw Tomaten abholte und ausgerechnet der Gefangene, der die Tomaten verkauft, anschließend fehlt, er ein extrem hohes Entdeckungsrisiko einging. Ihm musste klar sein, dass sein Handeln für ihn ernsthafte Konsequenzen bis hin zum eigenen Tod haben könnte. Das Eingehen dieses Risikos erscheint nicht realistisch. Im Übrigen fällt auf, dass diese Fluchtgeschichte gewisse Ähnlichkeiten zur Fluchtgeschichte aufweist, die der Kläger vor dem Bundesamt im Zusammenhang mit seiner zweiten Verhaftung erzählte. Sie ist jedoch nicht so identisch, dass man von einer missverständlichen Zuordnung zur ausgehen könnte.

Im Übrigen kommen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vorbringens noch erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers. Diese Zweifel werden dadurch begründet, dass der Kläger keinerlei Personaldokumente vorlegen kann und er sich auch im Hinblick auf die Personaldokumente in Widersprüchlichkeiten verwickelt. So gab er zunächst an, dass sie verbrannt seien, als das Haus am 10.4.2014 brannte. Später gab er an, dass er sie selber in Äthiopien verbrannt habe. Auf Vorhalt im Rahmen der mündlichen Verhandlung versuchte er dies damit zu erklären, dass er bei seiner Befragung in Zirndorf nicht nach dem K...-Ausweis gefragt worden sei, sondern nach Identitätspapieren. Unter diesen habe er seine Besitzkarte für die Grundstücke und seine Zeugnisse bis zu 4. Klasse gemeint, nicht aber den K...-Ausweis. Hiergegen spricht jedoch, dass der Kläger auf die Frage nach den Personalpapieren ausweislich der Niederschrift ausdrücklich antwortete, dass er einen Personalausweis besessen habe, den er vor ca. 3 Jahren in der Stadt M..., K... Wa..., W... D... ausgestellt bekommen habe. Auf die Frage nach weiteren Dokumenten gab er damals an, keine mehr zu besitzen und im Hinblick auf die Schulzeugnisse erklärte er damals, dass er diese nicht von der Schule abgeholt habe. Diese Widersprüchlichkeiten sprechen dafür, dass der Kläger durch Verschleierung seiner wahren Identität die Überprüfbarkeit seiner Angaben erschweren bzw. unmöglich machen will. Soweit die Klägerseite vorbringt, dass die Anhörung in Zirndorf nicht in Oromo, sondern in Amharisch erfolgt sei, erklärt bzw. beseitigt dies die Widersprüchlichkeiten nicht. Denn die genauen Angaben des Klägers in der Niederschrift erwecken nicht den Eindruck, dass sich der Kläger in Amharisch nicht habe ausdrücken können. Auch lässt sich das Missverständnis im Hinblick auf die Papiere nicht nachvollziehbar mit einem Übersetzungsfehler erklären. Zudem erklärte der Kläger ausweislich der Niederschrift ausdrücklich, dass er zusätzlich zu seiner Muttersprache auch Amharisch spreche.

Insgesamt geht das Gericht daher davon aus, dass das Vorgetragene so nicht geschehen ist und der Kläger Äthiopien nicht vorverfolgt verlassen hat.

Auch wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo droht dem Kläger keine landesweite Verfolgung in Form der Gruppenverfolgung. Das Gericht teilt die Einschätzung des Bundesamtes insoweit. Auf die Ausführungen im Bescheid vom 12.9.2016 wird verwiesen.

Nachdem der Kläger nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereist ist, steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht nur auf Ereignissen beruht, die eingetreten sind, nachdem ein Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat (sog. Nachfluchttatbestände). Im Gegensatz zu Vorfluchtgründen, die lediglich glaubhaft zu machen sind, bedürfen Nachfluchtgründe, die auf Ereignissen innerhalb des Gastlandes beruhen, des vollen Nachweises, wobei insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Insofern ist den Versuchen einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Asylrechtsschutzes im Bereich der Sachverhaltsermittlung zu begegnen (BVerwG, U.v.21.10.1986 - 9 C 28.85 - BVerwGE 75, 99; BVerwG, U.v. 8.11.1983 - 9 C 93.83 - BVerwGE 68, 171).

Nach Ansicht des Gerichts ist es auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr ins Heimatland eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

Dass ein Ausländer in seinem Heimatstaat politisch verfolgt wird, weil er in der Bundesrepublik Deutschland gegen seinen Staat politische Aktivitäten entfaltet hat, kann nur angenommen werden, wenn sowohl für das Bekanntwerden der Tätigkeit im Heimatstaat als auch für dessen im Sinne des Asylrechts politisch motivierte Reaktion hinreichend gewichtige Anhaltspunkte bestehen (BVerwG, U.v. 29.11.1977 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82). In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Das Gericht nimmt auch unter Zugrundelegung der gegenwärtig dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016 und des mittlerweile wieder aufgehobenen Ausnahmezustandes berücksichtigen, weiterhin nicht an, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Das Gericht geht nach wie vor davon aus, dass es für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf ankommt, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KSA mit weiteren Nachweisen; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6.3.2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, II. 1.9., S. 16). Soweit hiergegen angeführt wird, dass das Auswärtige Amt in seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Gießen vom 9.12.2016 zur Betätigung für die EPPFG geäußert habe, dass eine Verfolgung im Falle einer Rückkehr wahrscheinlich sei, so wurden diese Aussage im aktuelleren Lagebericht vom 6.3.2017 nicht mehr wiederholt. In diesem kehrte das Auswärtige Amt wieder zu seiner Formulierung zurück, die sich bereits in seinen Lageberichten vom 24.5.2016; 4.3.2015 und 8.4.2014 findet. Soweit im Hinblick auf die Formulierung „Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, d.h. z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche Art exilpolitischer Aktivität es sich handelt (.z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position Organisation gewaltsamer Aktionen)“ angenommen wird, dass das „oder“ zum zwingenden Schluss führen würde, dass bereits die Beteiligung an einer exilpolitischen Organisation, die von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuft würde, alleine ausreichend für eine beachtliche Verfolgungsgefahr sei, lässt dies nach Einschätzung des Gericht die übergeordnete Betonung des Einzelfalls außer Betracht. Vielmehr deutet die Formulierung darauf hin, dass zwar im Einzelfall die Beteiligung bei einer Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit auslösen kann, aber nicht bereits jede Beteiligung bei jeder Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, zwingend die Gefahr einer beachtlichen Verfolgung auslöst. Hierfür spricht auch, dass von Bedeutung auch sei, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige.

Das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) führt in seiner Stellungnahme vom 30.1.2017 aus, dass es aufgrund der Verhängung des Ausnahmezustandes zu einer weiteren Einschränkung der Bürgerrechte seit dem Erlass der Anti-Terror-Gesetze im Jahr 2009 gekommen sei. In diesem Zusammenhang verweist das Institut auf die Verhaftung des Vorsitzenden der legalen Oppositionspartei Oromo Federalist Congress im Dezember 2016, der sich mit dem Vorsitzenden von Ginbot 7 getroffen habe, einer Gruppierung, die die Regierung eindeutig als „terroristisch“ ansehe. Die Stellungnahme des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) spricht im Zuge einer Auskunft für das Verwaltungsgericht Gießen im Zusammenhang mit einer Betätigung für die EPPFG davon, dass eine Verfolgung „keinesfalls ausgeschlossen werden könne“. Aus dieser Formulierung kann jedoch nicht eine beachtliche Verfolgungsgefahr abgeleitet werden.

Der Gutachter Günter Schröder geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie er trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Günter Schröder, Stellungnahme vom 15.2.2017, Rn 214). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen kam. So sollen nach dem Gutachten von Günter Schröder im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit zumindest teilweise gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Schröders nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien auch die äthiopische Diaspora – auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass der Gutachter zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet (Rn 232); häufige Verhaftungen (Rn. 214); längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen (Rn. 237), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen.

Bei Würdigung der vorgenannten Auskunftslage in einer Gesamtschau, insbesondere aufgrund der aktuellen Auskunft des Auswärtigen Amtes und des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) nimmt das Gericht nicht an, dass äthiopische Asylbewerber sofern sie sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KS.A; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GlA – juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180). Das Gericht geht weiterhin davon aus, dass bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (vgl. BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 21 B 15.30119 –juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann – wie bereits ausgeführt – auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Das Gericht geht daher weiterhin davon aus, dass sich Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens abzielend einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Mit dem Verwaltungsgericht Bayreuth geht das Gericht davon aus, dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt (VG Bayreuth, B.v. 26.8.2013 - B 3 K 12.30096 – juris; so im Ergebnis auch VG Ansbach, U.v. 21.2.2017 - AN 3 K 16.30481 - juris, VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30562 – juris; VG Ansbach, U.v. 27.08.2012 - AN 12.30258 - juris; VG München, U.v.31.5.2016 - M 12 K 16.30593 - juris; VG Kassel, U.v. 21.7.2016 - 1 K 1953/15.KS.A - juris).

Nach diesen Maßstäben gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle seiner Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger ist ausweislich der Bescheinigungen des TBOJ/UOSG seit dem 22.11.2014 aktives Mitglied und hat seither an 24 Veranstaltungen der TBOJ/UOSG teilgenommen. Mit der bloßen Teilnahme an Veranstaltungen der TBOJ/UOSG – auch wenn diese kontinuierlich erfolgten - hebt sich der Kläger jedoch in keiner Weise aus der Masse der exilpolitisch Tätigen ab. Auch erweckte der Kläger weder durch seine Aussagen zu seiner exilpolitischen Betätigung vor dem Bundesamt noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck einer politisch engagierten Person. Die Tätigkeiten des Klägers führen nach Überzeugung des Gerichts nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen habe.

Der bedingt gestellte Beweisantrag musste das Gericht nicht veranlassen, entsprechenden Beweis zu erheben. Er ist darauf gerichtet, die Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt zum Beweis dafür einzuholen, dass es auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 unverändert dabei verblieben sei, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung drohe. Das Gericht ging in ständiger Rechtsprechung auch im Hinblick auf die Auskunftslage während des Ausnahmezustandes entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180 - juris) davon aus, dass nicht jede exilpolitische Betätigung im Falle der Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit führt. Die von Klägerseite angeregte Einholung einer Auskunft, um darzulegen, dass auch nach Aufhebung des Ausnahmezustandes eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung weiter drohe, führt daher mangels Entscheidungserheblichkeit (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht zum Ziel. Denn der Antrag geht von einer Einschätzung der vorhandenen Auskunftslage aus, die das Gericht so nicht teilt und nicht geteilt hat. Soweit es um eine andere Würdigung der Auskunftslage geht, ist dies jedoch eine Frage der richterlichen Würdigung der Auskunftslage und einer Klärung durch Beweiserhebung nicht zugänglich. Der bedingt gestellte Beweisantrag war daher abzulehnen. Das Gericht hatte auf Grund des gestellten Antrags auch keinen Anlass, von Amts wegen Gutachten zur aktuellen Lage nach Aufhebung des Ausnahmezustandes einzuholen, da offensichtlich ist, dass sich die Lage in Äthiopien jedenfalls mit Aufhebung des Ausnahmezustandes für Rückkehrer nicht verschärft hat. Entsprechendes wird auch nicht von Klägerseite vorgetragen, die lediglich vorträgt, dass die Lage trotz Aufhebung des Ausnahmezustandes unverändert sei.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Ein derartiger Schaden droht dem Kläger nach den obigen Ausführungen nicht.

Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

Ebenso wenig besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebeschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung aber jedenfalls dann, wenn die oberste Landebehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage keinen generellen Abschiebestopp erlassen bzw. diesen nicht verlängert hat und ein vergleichbarer wirksamen Schutz den betroffenen Ausländern nicht vermittelt wird. Die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG gebieten danach die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn einer extremen Lebensgefahr oder einer extremen Gefahr der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit entgegen gewirkt werden muss, was dann der Fall ist, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert oder erheblichen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt sein würde (BVerwG, U.v. 17.10.1995 - BVerwGE 99, 324; BVerwG, U.v. 19.11.1996 - BVerwGE 102, 249, BVerwG, U.v. 12.7.2001 - BVerwGE 115, 1). Eine derartige Gefahrensituation kann sich auch aus den harten Existenzbedingungen und der Versorgungslage in Äthiopien ergeben.

Ob die Annahme einer extremen Gefahrenlage im Wege der verfassungskonformen Auslegung nunmehr ausscheidet, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.1.2013 (Az. 10 C 15/12 – juris) davon ausgeht, dass in begründeten Ausnahmefällen schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat (auch) ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen können, kann letztlich dahinstehen, da die anzuwendenden Gefahrenmaßstäbe weitgehend übereinstimmen.

Nach den dem Gericht vorliegenden und ins Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Versorgungssituation für den Kläger in Äthiopien jedoch nicht so schlecht, dass von einer Gefahr im beschriebenen Sinn auszugehen wäre. Obwohl Äthiopien zwischen den Jahren 2004 und 2014 ein konstantes wirtschaftliches Wachstum aufwies, zählt das Land immer noch zu den ärmsten Staaten der Welt. Auf dem Human Development Index des UNO-Entwicklungsprogramms belegt Äthiopien Platz 173 von 186. 77,6% der Bevölkerung lebt von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Das durchschnittliche Jahreseinkommen liegt bei 170 US-Dollar. 82% Prozent der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft (SFH, Äthiopien, Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, Rahel Zürrer, Bern 2014). Andererseits ist die Arbeitslosigkeit in den ländlichen Regionen niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft (IOM, Länderinformationsblatt Äthiopien, Juni 2014, VII. 8.2.1, S. 19). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert, weshalb große Teile der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2014 waren ca. 3,2 Millionen Äthiopier auf solche Hilfen angewiesen, wobei sich die Hilfen neben der reinen Nahrungsmittelhilfe auch auf Non Food Items (Hygiene und Gesundheit) bezogen. Zusätzlich wurden 7,8 Millionen Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigt hätten (AA, Lagebericht vom 24.5.2016, Stand: März 2016, IV. 1. 1.1. S. 20). Im jüngsten Lagebericht spricht das Auswärtige Amt davon, dass 7,9 Millionen Menschen auf das staatliche Sozialprogramm zur Ernährungssicherung angewiesen sind (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, IV 1.1, S. 20). Hier zeigt es sich, dass die Situation für große Teile der Bevölkerung schwierig ist. Gleichwohl bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten. Für Rückkehrer bieten sich im Übrigen schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung. Vor allem für Rückkehrer, die über Qualifikationen und Sprachkenntnisse verfügen, besteht die Möglichkeit, Arbeit zu finden (AA, Lagebericht Äthiopien vom 18.12.2012, Stand: Oktober 2012. IV.1.1, S. 23 f.).

Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Kläger sich bei einer Rückkehr, seine Existenz nicht mehr sichern können würde. Der Kläger ist ein junger erwachsener Mann. Es sind keine Gründe ersichtlich, dass er in Äthiopien keine existenzsichernden Tätigkeiten ausüben kann. Auch befindet sich noch Familie des Klägers in Äthiopien. Der Kläger selbst hat im Übrigen nicht substantiiert vorgetragen, befürchten zu müssen, dass es ihm in Äthiopien nicht möglich sein würde, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen.

Nach alledem ist es dem Kläger zuzumuten, in sein Heimatland zurückzukehren.

Die in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf den §§ 34 Abs. 1 Asyl, 59 AufenthG. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse – wie etwa Reiseunfähigkeit – sind vom Bundesamt im Asylverfahren nicht zu prüfen. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse sind auf Grund des Vorbringens des Klägers nicht ersichtlich.

Die in Ziffer 6 des angegriffenen Bescheids ausgesprochene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate ist bestandskräftig. Der Kläger hat die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Status, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG beantragt. Die entsprechenden Ablehnungen sind in den Ziffern 1 – 3 des streitgegenständlichen Bescheides geregelt. Ein Verpflichtungsantrag auf eine kürzere Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG mit entsprechendem Aufhebungsbegehren wurde nicht gestellt. Im Übrigen wäre die getroffene Regelung auch nicht zu beanstanden. Die Beklagte musste nach den §§ 11 Abs. 2 Sätze 1 und 4, 75 Nr. 12 AufenthG eine Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG treffen. Über die Länge der Frist wird gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen entschieden. Ermessensfehler sind hier nicht ersichtlich. Grundsätzlich darf die Frist gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nicht überschreiten. Hier hat das Bundesamt diese maximale Frist zur Hälfte ausgeschöpft, was nicht zu beanstanden ist. Das Vorliegen besonderer Umstände, die eine kürzere Frist gebieten würden, ist vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 12.9.2016 wird im Übrigen Bezug genommen, § 77 AsylG.

Die Klage war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO in den Haupt- und Hilfsanträgen abzuweisen. Gerichtskosten werden nach § 83b Asyl nicht erhoben.

Der Gegenstandswert folgt aus § 30 RVG.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am … 1990 geborene Kläger, äthiopischer Staatsangehörigkeit, wendet sich gegen einen ablehnenden Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) und begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter, hilfsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wiederum hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes und wiederum hilfsweise die Feststellung des Vorliegens von Abschiebeverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Der amharische Kläger reiste eigenen Angaben zufolge am 6. September 2013 auf dem Landweg in Begleitung seiner Frau (Klägerin im Verfahren mit dem Aktenzeichen RO 2 K 16.30644) in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 16. September 2013 einen Asylantrag. Am 16. September 2013 erfolgte eine erste Befragung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Am 23. September 2013 führte die Regierung von Mittelfranken eine Befragung durch. Die Anhörung gemäß § 25 Asylgesetz (AsylG) fand am 22. Juli 2014 statt.

Der Kläger gab in den ersten beiden Befragungen an, der amharischen Volksgruppe anzugehören und außer amharisch keine Sprache zu beherrschen. Er habe seine Dokumente Mitte 2011 in K. im Sudan verloren. Vor seiner Ausreise aus Äthiopien habe er im Dorf G. B. in der Nähe von A. gelebt. Zusammen mit seiner Ehefrau habe er am 25. April 2008 sein Heimatland in Richtung Sudan verlassen. Bis April oder Mai 2013 habe sich das Paar in K. aufgehalten. Am 6. August 2013 seien sie nach Libyen aufgebrochen. Von dort aus hätten sie per Schiff nach Italien übergesetzt und seien dort am 14. August 2013 angekommen. Anschließend seien sie mit dem Zug nach München gefahren. In K. lebe noch eine Tochter des Paares. Diese sei am 4. August 2009 geboren worden und befinde sich in der Obhut der Schwiegermutter des Klägers. Am 16. September 2013 gab er an, sein Vater sei verstorben und seine Mutter sei ca. 45 Jahre alt und lebe in A. Be. In Äthiopien lebten noch zwei jüngere Geschwister bei seiner Mutter. Bis zur achten Klasse sei er zur Schule gegangen. Am 23. September 2013 teilte er mit, dass seine Mutter 2003 verstorben und in der Stadt D. begraben sei. Dort lebten auch seine Stiefgeschwister. Die Grundschule habe er vier Jahre lang besucht.

In der Anhörung am 22. Juli 2014 gab er zu Beginn an, dass es bei seiner Erstbefragung ein paar Missverständnisse gegeben habe, welche er ausräumen möchte. Er habe unter der Flucht noch gelitten und deswegen falsche Daten genannt. Sein richtiger Name sei Ki. H. T. Er sei Sohn eines Imam und von Geburt an Moslem gewesen. Er sei zusammen mit seiner Frau fünf Jahre im Sudan gewesen, diese habe dort gearbeitet, er nicht. Er habe dort für die äthiopische Opposition Zeitschriften, Flugblätter und solche Sachen gemacht. Er sei dort Chefredakteur gewesen. Seine Frau habe ein kleines Café gehabt und traditionelles Essen gekocht. Seine Tochter habe er im Sudan gelassen, da er von einem Imam in Äthiopien verfolgt worden sei. Seine Familie habe ihn verfolgt. Sein Leben sei in Gefahr gewesen, die Tochter müsse weiterleben, sie solle nicht wegen seiner Schuld sterben. Die Mutter seiner Frau passe auf seine Tochter auf. Zur Schwiegermutter bestehe (damals) Kontakt. Aus dem Sudan sei er ausgereist, weil in der Moschee sein Todesurteil ausgesprochen worden sei. Wer ihn umbringe, komme ins Paradies. Gegen seinen Vater habe man sich verschworen, diesem sei gesagt worden, wie könne sein Wort Gewicht haben, wenn sein Sohn Christ geworden sei. Er habe von seinem Halbbruder, der gebildet sei und in der Stadt D. arbeite, am 27. August 2013 Informationen bekommen, dass nach ihm gesucht werde. Der Bruder habe ihm mitgeteilt, dass das Versteck bekannt geworden sei und er sein Leben retten solle.

In Äthiopien habe er seine Frau im Jahr 2000 (äthiopischer Kalender) kennengelernt und sich in sie verliebt. Sie sei in das Bekleidungsgeschäft seiner Familie gekommen. Sie hätten sich öfters gesehen. Seine Frau wollte keinen Moslem zum Mann, weil dieser bis zu vier Frauen haben dürfe. Deshalb sei er konvertiert. Aus Liebe zu ihr sei er Christ geworden. Seine Eltern, insbesondere sein Vater, hätten ihm gesagt, dass er die Familienehre verletzt habe. Bis dahin sei er praktizierender Moslem gewesen. Er habe die Wahrheit erkannt und sei deshalb Christ geworden. Eine Woche vor der Hochzeit habe er sich taufen lassen. Zuvor habe er Bibelunterricht erhalten. Er habe nicht geglaubt, wegen einer Taufe Probleme zu bekommen. Er habe nur seine Frau im Kopf gehabt und gedacht, seine Familie werde es schon akzeptieren. Mit Todesdrohungen habe er nicht gerechnet. Die Familie habe von der Heirat gewusst. Nach den Todesdrohungen sei er demotiviert gewesen. Sie seien dann zum Onkel der Frau gegangen und dort drei Monate bis zur Ausreise geblieben. Er könne nicht einmal in Deutschland seinen richtigen Namen nennen, da auch hier welche seien, die sehr extremistisch sind.

In Äthiopien sei er nicht politisch tätig gewesen. Im Sudan habe er sich für eine Gruppe namens Menschen für Menschen engagiert.

In Deutschland mache er ein paar Aufgaben für die EPRP, aber nicht viel. Er nehme an Veranstaltungen teil. Er sei Chefredakteur der Zeitschrift „Platform for Freedom of Expression“ (Netsebraq). Diese Zeitschrift gebe es seit (damals) vier Monaten. Es seien zwei Ausgaben erschienen, die Auflage betrage so 100 - 200 Stück. Als Chefredakteur schaue er alle Schreiben durch und wähle die Überschriften aus. Für die 36 Seiten dicke Zeitung seien drei Chefredakteure nötig, weil sie alles korrigieren müssen und alles bestimmen. Er sei hierfür qualifiziert, weil er bis zur zehnten Klasse zur Schule gegangen und nicht wie früher angegeben bis zur Achten oder Vierten.

Bei einer Rückkehr nach Äthiopien werde er von ungebildeten Extremisten umgebracht. Lieber werde er hier von einem gebildeten umgebracht. Die äthiopische Regierung gewähre ihm keinen Schutz.

Mit Bescheid vom 29. März 2016 lehnte die Beklagte die Begehren des Klägers ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen und drohte die Abschiebung nach Äthiopien an. Hiergegen ließ der Kläger am 16. April 2016 Klage erheben.

Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2016 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Ergänzungen vortragen. Er betonte nochmals, dass sein richtiger Name Ki. H. T. sei. Seine leibliche Mutter sei 2003 verstorben, diese habe in die Ehe bereits einen Sohn und eine Tochter mitgebracht. Der Vater habe nochmals geheiratet und weitere Kinder (Tochter und Sohn) bekommen. Der Vater sei doch nicht verstorben, sondern lebe noch. Der Kläger sei 10 Jahre in der Schule gewesen. Als Sohn eines Imams sei der Kläger nach religiösen Regeln aufgezogen worden. Im September 2007 habe er seine spätere Frau kenngelernt. Anfangs sei die Beziehung verheimlicht worden. Nach Bekanntgabe der geplanten Hochzeit habe der Vater gesagt, diese werde nicht stattfinden. Der Halbbruder des Klägers sei loyal zum Kläger geblieben. Am 1. Februar 2008 hätten er seine Frau dann kirchlich geheiratet. Daraufhin habe der Vater in der Moschee eine Fatwa gegen ihn ausgesprochen. Auch die Schwiegermutter des Klägers sei in die Verfolgung einbezogen worden, da man ihr unterstellte, zum Religionswechsel beigetragen zu haben. Ihr sei das Haus angezündet worden. Mit ihrem damals zwölfjährigen Sohn sei sie bei einer Freundin untergekommen. Der Sohn habe das Haus verlassen und sei drei Tage später verschwunden, man wisse nichts mehr über ihn. Daraufhin sei man in den Sudan geflohen. Dort habe man sich als Moslems ausgegeben. Ein Halbbruder des Klägers habe ab und an mit Geld ausgeholfen. Im Sudan sei am 4. August 2009 die Tochter F. geboren worden. Im August 2013 habe der Kläger von seinem Halbbruder die Nachricht erhalten, dass man ihm im Sudan auf die Spur gekommen sei. So habe man Schwiegermutter und Tochter im Sudan gelassen und sei über Libyen nach Italien und Deutschland geflohen. Hier sei man nun für die EPRP tätig und arbeite an der Zeitschrift Netsebraq mit. Diese Zeitschrift veröffentliche Beiträge und Gedichte, die sich gegen das äthiopische Regime wendeten. Zudem sei der Kläger Mitglied von EPCOU. Letztere sei eine parteiübergreifende Oppositionsorganisation. Der Kläger beteilige sich an Protest- und Informationsveranstaltungen der äthiopischen Exilopposition. Man habe etwa ein im äthiopischen Generalkonsulat Frankfurt am 9. April 2016 geplantes Treffen der in Deutschland lebenden Amharen verhindert, indem man vor dem Konsulat demonstriert habe.

Dem Kläger drohe Verfolgung durch seinen Vater. Die muslimische Gemeinde habe enge Netze. Auch in Ad. Ab. sei er deshalb nicht sicher. Ohne die Familie aber, könne der Kläger sich keine Existenz aufbauen. Wegen seines Engagements für die Exilorganisationen drohe ihm politische Verfolgung.

Mit weiterem Schreiben vom 27. Februar 2018 ergänzte der Klagebevollmächtigte die Klagebegründung. Der Kläger und seine Frau seien weiterhin exilpolitisch tätig. Nunmehr hätten sie sich der EDFM angeschlossen. Die EDFM (Ethiopian Democratic Forces Movement) vertrete die EPPF/Gunbot 7 Berhanu Negas in Deutschland. Man nehme an diversen Protest- und Infoveranstaltungen teil.

Auch veröffentliche er weiterhin Artikel in der Netsebraq. Im Oktober 2016 und im Januar 2018 seien Artikel von ihm erschienen. Diese finde man auch auf der Website: netsebraqm.wordpress.com. Im Januar 2018 habe er mit einem Artikel in dem Magazin den Leiter (Generaldirektor) der WHO (World Health Organisation) und früheren äthiopischen Außenminister Teerose Adhanom (gemeint ist wohl Tedros Adhanom) der Folterunterstützung bezichtigt.

Der Kläger trägt vor, die Lage in Äthiopien habe sich seit November 2015 drastisch verändert. Die Auskunftslage belege eine Verschärfung der innenpolitischen Situation. Die Eintrittsschwelle für eine politische Verfolgung sei sehr niedrig. Insbesondere richte sich die Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte auf die Exilpresse. Diese spiele angesichts der Ausschaltung der freien Presse im Land eine große Rolle. Jede Positionsnahme für eine Entmachtung der EPRDF werde als strafbar gewertet. Auf das Urteil des VG Würzburgs vom 24. Juli 2017 (W 3 K 16.20710) werden hingewiesen. Zu beachten sei auch, dass der Ausnahmezustand am 16. Februar 2018 erneut verhängt worden sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 29. März 2016, Aktenzeichen 5 669 714 - 225 vollumfänglich aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten gemäß Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz anzuerkennen,

hilfsweise,

ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wiederum hilfsweise, ihm subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) zu gewähren,

weiter hilfsweise,

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz festzustellen.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung des angegriffenen Bescheids,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2017 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde durch Beschluss vom 26. Januar 2018 abgelehnt.

Der Kläger wurde in der mündlichen Verhandlung vom 7. März 2018 informatorisch angehört. Hierbei wurde er insbesondere zu seinem vormaligen Glauben, seinem wahren Namen und seiner exilpolitischen Tätigkeiten befragt. Insoweit wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen. Der Klagebevollmächtigte stellte in der mündlichen Verhandlung 6 Beweisanträge, die sämtliche abgelehnt worden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten, auch des Verfahrens der Ehefrau und des Sohnes (RO 2 K 16.30644, RO 2 K 16.30645), sowie die jeweiligen Niederschrift auch in deren Verfahren der mündlichen Verhandlungen vom 7. März 2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet und bleibt ohne Erfolg.

Die Entscheidung des Bundesamts, dem Kläger die Anerkennung als Asylberechtigter, die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zuzuerkennen sowie das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu verneinen und den Kläger unter Androhung seiner Abschiebung nach Äthiopien zur Ausreise aufzufordern, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger damit auch nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 2 des gegenständlichen Bescheids ist rechtmäßig. Der Kläger kann sich, da er nach eigenen Angaben über Italien als einem EU Mitgliedstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, nicht auf Asyl nach Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) berufen, wie sich schon aus Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG ergibt.

Auch die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1) Die getroffene Entscheidung ist rechtmäßig, da er keinen Anspruch nach § 3 Abs. 4 Asylgesetz (AsylG) auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hat. Er ist kein Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG.

a) Ein Ausländer ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – Flüchtling, wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris). Von einer Verfolgung kann nur dann ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die wegen ihrer Intensität den Betroffenen dazu zwingen, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen.

An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es aber regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolution und Kriegen (vgl. OVG NRW, U.v. 28.3.2014 – 13 A 1305/13.A – juris).

Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist es nach § 3b Abs. 2 AsylG auch unerheblich, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist, weil er tatsächlich die Merkmale besitzt, die zu seiner Verfolgung führen, sofern der Verfolger dem Betroffenen diese Merkmale tatsächlich zuschreibt.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22). Eine Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt aber durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind danach ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen (vgl. auch OVG NRW, U.v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A – juris).

Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üblichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der entscheidende Richter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 – juris; BVerwG, U.v. 11.11.1986 - 9 C 316.85 - juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.10.2016 – AN 3 K 16.30452 – juris mit weiteren Nachweisen).

b) Die geltend gemachte Vorverfolgung führt schon ungeachtet der Frage der Glaubhaftigkeit der Schilderungen und der sich aus der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Richters ergebenden fehlenden Glaubwürdigkeit des Klägers aufgrund mehrfacher irreführender Behauptungen und falscher Angaben (s.u.) nicht zur beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung.

Zwar wäre eine Verfolgung infolge eines Religionswechsels ein tauglicher Verfolgungsgrund nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Jedoch ginge die geltend gemachte Verfolgung nicht von einem Akteur i.S.d. § 3c AsylG aus. Verfolger wäre nach Angaben des Klägers allenfalls sein Vater und dessen Familie. Diese sehe den Kläger infolge der Konversion zum Christentum als Apostaten an und soll in der Moschee eine Todesdrohung (Fatwa) gegen ihn ausgesprochen haben. Wobei schon fraglich ist - ohne das es hierauf ankommt -, ob im islamischen Recht jedem Dorfimam die entsprechende religiöse Autorität zukommt, Fatwas zu erlassen. Der Vater und dessen Familie sind aber weder der äthiopische Staat (§ 3c Nr. 1 AsylG), noch sind sie eine Organisation, die einen wesentlichen Teil Äthiopiens beherrscht (3c Nr. 2 AsylG), noch sind sie ein nichtstaatlicher Akteur nach § 3c Nr. 3 AsylG. Von letzterem kann entgegen der klägerischen Ausführungen nicht ausgegangen werden, da nicht ersichtlich ist, dass die äthiopische Regierung weder in der Lage noch willens wäre dem Kläger und seiner Frau Schutz vor Verfolgung zu geben. Die Behauptung des Klägers, dass ihn auch die muslimischen äthiopischen Polizisten in Folge der Fatwa umbringen würden, falls er dort Schutz suchen würde, steht in diametralem Gegensatz zur Auskunft des Auswärtigen Amts an das Bundesamt vom 15. Januar 2018. Hiernach kommt es zwar eventuell in streng religiösen Familien zu Problemen infolge von Glaubenswechseln. Jedoch herrscht in Äthiopien Glaubensfreiheit. Probleme staatlicher oder offizieller Art gibt es dort diesbezüglich nicht. Zudem gibt es in der Hauptstadt Unterstützungsgruppen für Religionswechsler.

Auch die Glaubhaftigkeit des Vortrags zur Fluchtgeschichte ist angesichts mehrerer Unstimmigkeiten oder Widersprüche in Zweifel zu ziehen. Das Gericht sieht es als zweifelhaft an, dass die vermeintlichen Verfolger über 4 Jahre nicht gewusst haben sollen, wo sich der Kläger und seine Familie aufhalten, dann aber im Sommer 2013 plötzlich den Aufenthaltsort wussten. Zudem hat der Kläger in der Befragung am 22. Juli 2014 angegeben, von seinem Bruder am 27. August 2013 über die drohende Entdeckung informiert worden zu sein. In der mündlichen Verhandlung hat er dann erklärt, schon am 27. Juli 2013 vom Bruder angerufen worden zu sein. Man sei dann am nächsten Tag nach Libyen geflohen. Bei der Regierung von Mittelfranken hatte er angegeben bis 6. August 2013 im Sudan gewesen zu sein. Auch erschließt sich dem Gericht nicht, dass Eltern ihre Tochter, die als Folge des Religionswechsels für die Verfolger sichtbares Zeichen der Apostasie sein muss, bei der Schwiegermutter lassen. Zwar ist nachvollziehbar, dass die Saharadurchquerung für ein kleines Kind nicht zu schaffen ist, umso mehr verwundert aber, dass man die Tochter dann bei der Schwiegermutter lässt, wo die Verfolger doch angeblich wissen, wo im Sudan man sich befindet, anstatt, bei ihr zu bleiben, um sie zu schützen. Die Behauptung des Klägers, man habe gehofft, dass die Verfolger glauben würden, die Tochter sei mit nach Libyen gegangen und würden sie deshalb nicht im Sudan suchen ist schlicht unglaubhaft. Zumal der Klägers im Schriftsatz vom 4. Mai 2016 (Seite 6) behauptet hat, dass die Netzwerke der äthiopischen Muslime weitreichend sind. Nimmt man nämlich an, dass die vermeintlichen Verfolger wissen, wo sich der Kläger befindet, dann ist es lebensfremd zu glauben, dass sie dann nicht herausbekommen würden, dass die Tochter vor Ort geblieben ist. Auch die Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung, man habe seit ca. 8 Monaten keinen Kontakt mehr zur Tochter, weil Schwiegermutter und Tochter krank seien und man aus Furcht vor schlechten Nachrichten lieber keine Nachrichten bekomme, verwundert sehr, widerspricht jeglicher Lebenserfahrung und trägt nicht zur Glaubhaftigkeit des Ganzen bei.

c) Eine Verfolgung durch den äthiopischen Staat aufgrund eines politischen Engagements vor Ort in Äthiopien wurde schon nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich.

d) Soweit der Kläger geltend macht, zunächst für die EPRP exilpolitisch tätig gewesen zu sein und nunmehr die EDFM zu unterstützen, sowie an der Zeitschrift NETSEBRAQ als einer von drei Chefredakteuren mitzuarbeiten, führt auch dies nicht zur Annahme der beachtlich wahrscheinlichen Gefahr einer politischen Verfolgung im Heimatland.

Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht nur auf Ereignissen beruht, die eingetreten sind, nachdem ein Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat (sog. Nachfluchttatbestände). Hierbei ist auch zu beachten, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1a AsylG im Gegensatz zu § 28 Abs. 2 AsylG auch möglich ist, wenn sämtliche Umstände erst nach der Flucht eingetreten sind. Im Gegensatz zu Vorfluchtgründen, die lediglich glaubhaft zu machen sind, bedürfen Nachfluchtgründe, die auf Ereignissen innerhalb des Gastlandes beruhen, des vollen Nachweises, wobei insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Insofern ist den Versuchen einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Asylrechtsschutzes im Bereich der Sachverhaltsermittlung zu begegnen (BVerwG, U.v.21.10.1986 - 9 C 28.85 - BVerwGE 75, 99; BVerwG, U.v. 8.11.1983 - 9 C 93.83 - BVerwGE 68, 171).

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist es auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde (vgl. VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris).

Dass ein Ausländer in seinem Heimatstaat politisch verfolgt wird, weil er in der Bundesrepublik Deutschland gegen seinen Staat politische Aktivitäten entfaltet hat, kann nur angenommen werden, wenn sowohl für das Bekanntwerden der Tätigkeit im Heimatstaat als auch für dessen im Sinne des Asylrechts politisch motivierte Reaktion hinreichend gewichtige Anhaltspunkte bestehen (BVerwG, U.v. 29.11.1977 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82). Gerade an letzterem fehlt es hier.

Es gibt zahlreiche äthiopische politische Exilgruppen mit sehr unterschiedlichen Hintergründen und Programmen. Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6. März 2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es nach dieser Auskunft auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, II. 1.9., S. 16). Bei Würdigung dieser Auskunftslage ist weiterhin davon auszugehen, dass die Toleranzschwelle des äthiopischen Staates gegenüber exilpolitischen Aktivitäten seiner Staatsangehörigen sehr gering ist, so dass nicht nur medienwirksam exponierte Führungspersönlichkeiten der als terroristisch angesehenen illegalen Opposition bedroht sind. Vielmehr ist anzunehmen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dagegen ist zur Überzeugung des Gerichts nach Auswertung der aktuellen Erkenntnisquellen eine Verfolgung von nicht herausgehoben politisch tätigen Personen zwar nicht ausgeschlossen, aber jedenfalls nicht beachtlich wahrscheinlich.

Die Kammer und der entscheidende Einzelrichter gehen weiterhin davon aus, dass Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber, die im Herkunftsland nicht politisch aufgefallen waren, nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet.

Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „verfolgungswürdig“ erachten. Damit ist eine politische Verfolgung im Heimatland nicht beachtlich wahrscheinlich. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Mit dem Verwaltungsgericht Bayreuth geht das Gericht weiterhin davon aus, dass die zu beobachtenden vielfältigen Vorstands- oder sonstigen Funktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und in der Bundesrepublik sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt (VG Bayreuth, B.v. 26.8.2013 - B 3 K 12.30096 – juris; so im Ergebnis auch VG Ansbach, U.v. 21.2.2017 - AN 3 K 16.30481 - juris, VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30562 – juris; VG Ansbach, U.v. 27.08.2012 - AN 12.30258 - juris; VG München, U.v.31.5.2016 - M 12 K 16.30593 - juris; VG Kassel, U.v. 21.7.2016 - 1 K 1953/15.KS.A - juris).

Die Kammer und der Einzelrichter folgen damit nicht der vom Klägerbevollmächtigten dargelegten Auffassung des Verwaltungsgerichts Würzburg, wonach einem exilpolitisch tätigem Asylbewerber in Äthiopien politische Verfolgung drohe. Das VG Würzburg hat in Urteilen vom 24. Juli 2017 und vom 23. November 2017 zu einer die EPPFG,EPCOU unterstützenden Amharin und einem die TBOJ unterstützenden Oromo ausgeführt, dass es aufgrund der ihm vorliegenden Erkenntnisse - die sich auf dieselben Erkenntnismittel wie hier stützen - davon ausgehe, dass staatliche äthiopische Stellen Kenntnis von den oppositionellen Tätigkeiten im Ausland lebender Äthiopier zu erlangen versuchen und diese Kenntnisse dazu nutzten, heimgekehrte, exilpolitisch tätige Asylbewerber zu verfolgen.

Hierzu ist festzustellen, dass sich die Aussage, wonach jede exilpolitische Betätigung, auch die eines reinen Mitläufers, zu einer beachtlich wahrscheinlichen Verfolgung führen werde, nach Ansicht des Gerichts den Erkenntnismitteln nicht entnehmen lässt. Zunächst ist festzuhalten, dass nach sämtlichen Gutachten kein belegbarer Fall bekannt ist, wonach ein rein exilpolitisch tätiger Asylbewerber im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien verfolgt worden wäre. Sämtliche Gutachten basieren damit hinsichtlich der Verfolgungswahrscheinlichkeit auf Vermutungen ohne Tatsachengrundlage der jeweiligen Gutachter.

Das Auswärtige Amt teilt mit, dass keine Erkenntnisse vorlägen, wonach allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland zu staatlichen Repressionen führe. Es seien auch keine Fälle bekannt, wonach zurückgekehrte Äthiopier Benachteiligungen oder gar einer Festnahme oder Misshandlung ausgesetzt worden wären (AA in seinem Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, Seite 16 und 21). Demgegenüber steht die Aussage des Auswärtigen Amtes, wonach eine Verfolgung wahrscheinlich sei, wenn Anhänger der EPPFG aus dem Ausland zurückkehrten (AA an VG Gießen vom 9.12.2016 - EPPFG). Diese Aussage wurde aber im aktuelleren Lagebericht des Auswärtigen Amts von 2017 nicht wiederholt und kann daher als überholt angesehen werden.

Die Auskunft des Leibniz-Instituts (GIGA an VG Gießen vom 30.1.2017 - EPPFG) betrifft die EPPFG. Zudem stellt diese Auskunft nur fest, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr nicht ausgeschlossen werden könne. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab erreicht aber schon nicht den Maßstab der nötigen beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit.

Die Auskünfte des Gutachters Günter Schröder aus dem Jahr 2009 (Auskunft an das VG Köln vom 11.5.2009 Oromo, TBOJ/UOSG, OLF) und jene aus dem Jahr 2017 vermögen ebenfalls nicht zur Feststellung führen, dass heimkehrenden, rein exilpolitisch tätigen Asylbewerbern eine flüchtlingsrelevante Verfolgung droht. Dieser Gutachter behauptet zwar, dass zwangsweise zurückgeführte Äthiopier häufig verhaftet würden (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 214). Dieser Behauptung steht zum einen die oben genannte Auskunft des Auswärtigen Amtes entgegen. Zum anderen gibt auch der Gutachter Schröder keinen nachweisbaren Beleg an, wonach ein rein exilpolitische tätiges Mitglied einer der zahlreichen Exilorganisationen bei der Rückkehr nach Äthiopien etwa verhaftet worden wäre. Die Aussage, Rückkehrer würden häufig verhaftet, steht leer im Raum. Die von ihm näher erwähnten Verhaftungen betreffen jeweils Fälle von in Äthiopien demonstrierenden Personen (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 123, 125). So seien im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden. Dabei war der Großteil der Verhafteten oromischer Volkszugehörigkeit, ihnen wurde jeweils vorgehalten, an gewalttätigen Aktionen im Auftrag der OLF beteiligt gewesen zu sein. Entscheidend für die Verhaftung war also nicht die Frage, ob sie zurückgekehrte exilpolitisch tätige Asylbewerber waren, sondern, dass sie tatsächlich vor Ort demonstriert hatten. Dies wiederum deckt sich mit der Auskunft des Auswärtigen Amts, wonach es im Hinblick auf eine Verfolgung auch darauf ankommt, wie sich ein Rückkehrer vor Ort verhält.

Der Gutachter Schröder führt weiter an, dass eine Unterscheidung in unbedeutende und herausgehobene Tätigkeiten für die Beurteilung einer Verfolgungswahrscheinlichkeit nicht relevant sei (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 228), da dem äthiopischen Staat ein hohes Maß an Willkür zuzurechnen sei. Abschließend stellt der Gutachter fest, dass sich im Einzelfall nicht vorhersagen lasse, mit welchen konkreten Verfolgungsmaßnahmen ein Rückkehrer zu rechnen habe (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 237 Satz 1). Als Minimum müsse man jedoch mit einer längeren Inhaftierung und intensiver Befragung rechnen (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 237 Satz 2). Auch hier steht diese Aussage leer im Raum und der Auskunft des Auswärtigen Amts entgegen. Ein nachweisbarer Einzelfall ist vom Gutachter ebenfalls nicht dargetan. Auch erscheint es widersprüchlich, zunächst festzustellen, dass man konkrete Verfolgungshandlungen nicht vorhersagen könne, dann jedoch festzuhalten, dass mindestens mit einer längeren Inhaftierung und intensiven Befragungen zu rechnen ist.

Auch soweit das VG Würzburg dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 6. März 2017 entnimmt, dass schon die Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuften Organisation für eine flüchtlingsrelevante Verfolgung ausreicht, folgt das Gericht dem nicht. Diese Wortlautauslegung einer amtlichen Auskunft legt zu viel Wert auf das Wort „oder“ und lässt den Sinnzusammenhang des Satzes im ganzen Absatz unberücksichtigt. Zunächst teilt das Auswärtige Amt nämlich mit, dass keine Erkenntnisse darüber vorlägen, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Es komme auf den Einzelfall an, d.h. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen werde oder um welche Art von exilpolitischer Tätigkeit es sich handle. Wenn man nun wie das VG Würzburg davon ausgeht, dass schon die einfache Mitgliedschaft eines Asylbewerbers bei einer exilpolitischen Organisation ausreicht, so betrachtet man nicht mehr den Einzelfall, sondern pauschaliert nahezu sämtliche äthiopischen Asylbewerber, da der Großteil hiervon Mitglied oder Unterstützer irgendeiner Exilorganisation ist. Man ginge dann entgegen der Auskunft des Auswärtigen Amts, wonach es eben auf den Einzelfall ankommt, von einer generellen Verfolgung aller Mitglieder von Exilorganisationen, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft werden, aus.

Das Gericht weist nochmals daraufhin, dass es seine Erkenntnisse aus denselben Mitteln zieht, wie das seitens des Klagebevollmächtigten erwähnte VG Würzburg. Es bestanden daher mangels Konkretisierung, was eine neue Auskunft anderes ergeben würde, keine Anhaltspunkte, dass eine weitere Auskunft bei einem der angebotenen Gutachter neue Erkenntnisse brächte. Vielmehr erfolgt durch die Gerichte derzeit eine divergierende Schlussfolgerung aus den gegebenen Erkenntnissen. Dies aber ist eben keine beweisbare Tatsache und daher nicht dem angebotenen Beweis (Antrag Nr. 5 und 6) zugänglich. Entgegen der Ansicht des Klagebevollmächtigten in seiner Gegendarstellung gegen die Ablehnung der entsprechenden Beweisanträge handelt es sich hierbei auch nicht um eine beweisbare Wertung eines Sachverständigen. Das Gericht hat eben sämtliche vorliegenden Gutachten auszuwerten und zu berücksichtigen und kann nicht blind einer Aussage folgen, sondern es muss aus divergierenden Bewertungen mehrerer Gutachter eigene Schlüsse ziehen, was durch eine weiteres Gutachten nicht anders wäre.

Soweit der Kläger angibt, Mitglied der EPRP gewesen und jetzt bei der EDFM Mitglied zu sein, ist die reine Mitgliedschaft in einer der genannten Organisationen schon keine herausgehobene Stellung. Auch die behauptete Teilnahme an Demonstrationen vermag den Kläger nicht aus der Masse der äthiopischen Asylbewerber herauszuheben. In nahezu sämtlichen Verfahren äthiopischer Asylbewerber werden Teilnahmebescheinigungen an diversen Demonstrationen vorgelegt, so dass dies keinen mehr herauszuheben vermag. Weshalb die Frage der Tätigkeiten in den genannten Gruppen insoweit schon nicht entscheidungserheblich war und damit der Grund für die Ablehnung des entsprechenden Beweisantrags war. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die in englischer Sprache erstellte und in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Mitgliedsbescheinigung der EDFM von „some of her current acivity“ spricht, also allenfalls Tätigkeiten einer Frau und nicht eines Mannes bescheinigt werden würden.

Soweit der Kläger angibt, er sei einer der drei Chefredakteure der Zeitschrift NETSEBRAQ und veröffentliche dort regierungskritische Artikel, die von der äthiopischen Regierung gesehen und ihm zugeordnet würden, vermag auch dies selbst bei Wahrunterstellung nicht zu einer herausgehobenen Stellung des Klägers zu führen, weshalb der entsprechende Beweisantrag abzulehnen war. Die Selbsttitulierung mit scheinbar bedeutenden Posten vermag nicht zu einer herausgehobenen Stellung zu führen Die behauptete Tätigkeit des Klägers führt hier mitnichten zu einer exponierten Stellung. Wie sich durch die Befragung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, hat der Kläger den zuletzt angegebenen Artikel aus der Januarausgabe 2018 seines Magazins schon nicht selbst verfasst. Eine Beweiserhebung darüber, dass die Artikel „unter seinem Namen“ stehen, ist unerheblich. Sie verhülfe dem Kläger nicht zum Erfolg, da es nach der Auffassung des Gerichts nicht darauf ankommt, ob irgendwelche Artikel räumlich in der Nähe seines Namens stehen oder was sonst mit dem Ausdruck „unter/mit seinem Namen“ gemeint sein soll, sondern ob er Urheber derselben ist. Letzteres ist er jedenfalls für den englischsprachigen Artikel aus der Januarausgabe 2018 seines Magazins nicht.

Dieser englische Artikel wurde bereits am 19. Mai 2017 auf folgender Website veröffentlicht: http://...org/torture-victims-reeyot-and-habtamu-oppose-dr-tedros-adhanoms-candidacy-for-director-general-of-who/ (zuletzt aufgerufen am 8. März 2018) und stammt damit nicht vom Kläger. Entgegen dem Vortrag in der ergänzenden Klagebegründung vom 27. Februar 2018 (Seite 3 unten) ist dies damit nicht „ein Artikel“ des Klägers. Zumal der Kläger auch kein Englisch kann. Auf den entsprechenden Vorhalt des Gerichts gab der Kläger zu, dass er den Artikel nur weiterleiten und verbreiten wollte. Die reine Weiterleitung regierungskritischer Artikel ist aber keinesfalls eine eigene schöpferische Leistung, die dem selbst erkorenen Titel eines Chefredakteurs entspräche.

Auch die Frau des Klägers hat entgegen ihrer Darstellung in der Klagebegründung vom 27. Februar 2018 keinen eigenen Artikel verfasst. Der unter ihrem Namen veröffentlichte Artikel stimmt im Wortlaut mit einem Artikel der BBC vom 17. Januar 2018 überein. Er ist auf folgender Website abrufbar: http://www...com/news/world-africa-42716864?intlink_from_url=http://www...com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia& link_location=live-reporting-story (zuletzt aufgerufen am 8. März 2018) und damit nicht von ihr. Auf die Bitte, ihren Artikel vorzulesen, teilte die Klägerin mit, dass sie kein Englisch könne und den Artikel auf Amharisch verfasst habe. Sodann sei er übersetzt worden.

Beide Artikel sind durch eine einfache Google-Suche auffindbar, es ist nicht ersichtlich, dass die äthiopische Regierung diese fehlende Urheberschaft nicht erkennen würde.

Des Weiteren fällt auf, dass die Zeitschrift im Jahr 2017 nach bisherigen Erkenntnissen nicht erschienen ist, jedenfalls war bei den in der mündlichen Verhandlung vorgezeigten Zeitungen keine entsprechend datierte Ausgabe enthalten. Die Frau des Klägers erklärte, die Redaktion sei zerstritten gewesen, weshalb man nichts veröffentlicht habe. Auch dies verwundert sehr, will man doch stark gegen die Regierung engagiert sein. Im Jahr 2017 ruhte also die exilpolitische Tätigkeit insoweit. Erst im Jahr 2018, nach der Terminierung der mündlichen Verhandlung wurde am 27. Februar 2018 eine auf den 1. Januar 2018 datierte Zeitung vorgelegt. Auf den Hinweis des Richters an die Frau des Klägers in deren Verhandlung, dass das Veröffentlichungsdatum nicht stimmen könne, da die Zeitung einen Artikel über die Freilassung M. Gu. am 17. Januar 2018 enthalte, antwortete diese, dass komme vor, weil man nicht rechtzeitig fertig geworden sei. Man setze dann einfach das geplante Datum auf.

Hinzukommt, dass beide Artikel entgegen der Angabe in der ergänzenden Klagebegründung vom 27. Februar 2018 auch nicht im Internet auf der angegebenen Website www.netsebraqm.wordpress.com veröffentlicht werden. Nach entsprechendem Vorhalt des Gerichts, dass dort nur Zeitschriften von Februar 2016 oder früher auffindbar seien, erklärte die Frau des Klägers, dass sie eben nicht mehr veröffentlicht werden. Der Kläger erklärte, es habe Uneinigkeit in der Redaktion gegeben, ob die Website kostenpflichtig sei oder nicht. Festzuhalten ist jedenfalls, dass die Website weiter online ist, aber eben nicht aktualisiert oder gepflegt wird, wie dies bei dem behaupteten exilpolitischen Engagement zu erwarten wäre. Jedenfalls ist hieraus zu schließen, dass der aktuelle Verbreitungsgrad der Zeitschrift, angesichts der geringen Auflage, äußerst gering ist.

Hingewiesen sei noch darauf, dass die anderen, amharischen Artikel des Klägers in früheren Zeitschriften entgegen zweimaliger Aufforderung unter Hinweis auf § 184 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) nicht übersetzt worden sind, so dass sie insoweit nicht verwertbar sind. Wobei angesichts der aufgedeckten Täuschung über die Urheberschaft der englischsprachigen Artikel zu befürchten stünde, dass auch diese Artikel nur kopiert sind.

Aus alledem ergibt sich, dass der Kläger kein Redakteur ist und ihm damit auch keinesfalls eine herausgehobene Stellung in der äthiopischen Exilszene zukommt. Die Weiterleitung englischsprachiger Artikel unter der Angabe, dass seien eigene Artikel des Klägers, ist zur Überzeugung des Einzelrichters schlicht eine Täuschung des Gerichts über die behauptete Art und Weise der Tätigkeit aus asyltaktischen Motiven. Zur Erlangung einer scheinbar herausgehobenen Stellung und um sich einen Schutzgrund zu kreieren, hat der Kläger mehrfach wahrheitswidrige oder unvollständige Angaben gemacht.

Dadurch ist die Glaubwürdigkeit des Klägers zutiefst erschüttert. Dieser hat gegenüber dem Gericht mehrfach falsche, unvollständige Angaben machen lassen. Falsch war die Angabe, der Artikel sei im Internet auf der Zeitschriftenwebsite veröffentlicht. Falsch war die Angabe, es sei sein Artikel, da er schlicht kopiert worden war. Unvollständig war zudem die Behauptung, der englische Artikel sei von ihm. Denn der Kläger kann kein Englisch. Deshalb wäre korrekterweise anzugeben gewesen, dass es ein von ihm in Amharisch verfasster und sodann übersetzter Artikel sein soll.

Angesichts der sich nach der mündlichen Verhandlung darstellenden Art und Weise der Tätigkeit scheidet eine herausgehobene, aus Sicht der äthiopischen Regierung verfolgungswürdige, Tätigkeit aus. Da die Tätigkeit auch nicht zu einer beachtlich wahrscheinlichen politischen Verfolgung führt, kam es auch nicht auf die unter Beweis gestellte Behauptung, die äthiopischen Sicherheitsdienste würden über die Aktivitäten des Klägers auch dann genauestens Bescheid wissen, wenn er unter Pseudonym tätig sei, an. Der ähnlich gelagerte Beweisantrag Nr. 3 war aber schon deshalb abzulehnen, weil nicht dargetan war, inwiefern die angebotenen Beweismittel eigenes Wissen darüber haben sollen, welche Tätigkeiten des Klägers den Sicherheitsdiensten bekannt sind.

3) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Ein derartiger Schaden droht dem Kläger nach den obigen Ausführungen nicht.

4) Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

Ebenso wenig besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebeschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung aber jedenfalls dann, wenn die oberste Landebehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage keinen generellen Abschiebestopp erlassen bzw. diesen nicht verlängert hat und ein vergleichbarer wirksamer Schutz den betroffenen Ausländern nicht vermittelt wird. Die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG gebieten danach die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn einer extremen Lebensgefahr oder einer extremen Gefahr der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit entgegen gewirkt werden muss. Dies ist der Fall, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert oder erheblichen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt wäre (BVerwG, U.v. 17.10.1995 - BVerwGE 99, 324; BVerwG, U.v. 19.11.1996 - BVerwGE 102, 249, BVerwG, U.v. 12.7.2001 - BVerwGE 115, 1). Eine derartige Gefahrensituation könnte sich auch aus den harten Existenzbedingungen und der Versorgungslage in Äthiopien ergeben.

Ob die Annahme einer extremen Gefahrenlage im Wege der verfassungskonformen Auslegung nunmehr ausscheidet, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.1.2013 (Az. 10 C 15/12 – juris) davon ausgeht, dass in begründeten Ausnahmefällen schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat (auch) ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen können, kann letztlich dahinstehen, da die anzuwendenden Gefahrenmaßstäbe weitgehend übereinstimmen.

Nach den dem Gericht vorliegenden und ins Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Versorgungssituation für den Kläger in Äthiopien jedoch nicht so schlecht, dass von einer Gefahr im beschriebenen Sinn auszugehen wäre. Obwohl Äthiopien zwischen den Jahren 2004 und 2014 ein konstantes wirtschaftliches Wachstum aufwies, zählt das Land immer noch zu den ärmsten Staaten der Welt. Auf dem Human Development Index des UNO-Entwicklungsprogramms belegt Ä. Platz 173 von 186. 77,6% der Bevölkerung leben von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Das durchschnittliche Jahreseinkommen liegt bei 170 US-Dollar. 82% Prozent der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft (SFH, Äthiopien, Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, Rahel Zürrer, Bern 2014). Andererseits ist die Arbeitslosigkeit in den ländlichen Regionen niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft (IOM, Länderinformationsblatt Äthiopien, Juni 2014, VII. 8.2.1, S. 19). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert, weshalb große Teile der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2014 waren ca. 3,2 Millionen Äthiopier auf solche Hilfen angewiesen, wobei sich die Hilfen neben der reinen Nahrungsmittelhilfe auch auf Non Food Items (Hygiene und Gesundheit) bezogen. Zusätzlich wurden 7,8 Millionen Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigt hätten (AA, Lagebericht vom 24.5.2016, Stand: März 2016, IV. 1. 1.1. S. 20).

Im jüngsten Lagebericht spricht das Auswärtige Amt davon, dass 7,9 Millionen Menschen auf das staatliche Sozialprogramm zur Ernährungssicherung angewiesen sind (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, IV 1.1, S. 20). Hier zeigt es sich, dass die Situation für große Teile der Bevölkerung schwierig ist. Gleichwohl bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten. Für Rückkehrer bieten sich im Übrigen schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung.

Hierbei berücksichtigt das Gericht auch, dass der Kläger - zumindest nach seinem Vortrag -nicht in den Schoß seiner Familie und die dortige soziale Sicherheit zurückkehren kann. Jedoch ist es nicht ersichtlich, dass der gesunde Kläger nicht in der Lage wäre, Arbeit in Äthiopien zu suchen und zu finden, um sich und seine Familie zu ernähren. Dabei ist davon auszugehen, dass der Kläger sich in einem gesunden Zustand befindet, er hat erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er auch nicht gesund sei, sondern der Stress seine Spuren hinterlassen habe. Hierzu wurden jedoch schon keinerlei Atteste vorgelegt, noch führt Stress alleine zur Annahme einer Krankheit.

Die Entscheidung zur Kostentragung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die Kläger sind äthiopische Staatsangehörige mit oromischer Volkszugehörigkeit. Der Kläger zu 2) ist der leibliche Sohn des Klägers zu 1) und im Jahr 2006 in Äthiopien geboren.

Die Kläger sind ohne Identitätsnachweise und reisten nach eigenen Angaben über den Sudan, Libyen, Italien und Frankreich am 27. Juli 2014 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Sie stellten am 22. September 2014 einen Asylantrag.

Der Kläger zu 1) erklärte, er habe am 15. November 2011 Äthiopien verlassen und sich bis zum 20. Januar 2012 im Sudan aufgehalten, wo er den Kläger zu 2) gemeinsam mit dessen Mutter getroffen habe. Er habe noch zwei weitere Söhne, die er jedoch nicht kenne. Seine Frau sei auf der Überfahrt über das Mittelmeer zu Tode gekommen. Seine beiden anderen Söhne lebten bei der Schwiegermutter. Er gab an, er habe sich vom 18. Januar 2008 bis 15. November 2011 in Haft befunden.

Er habe nie eine Schule besucht, sondern habe früh angefangen zu arbeiten. Sein Vater sei bei der OLF General gewesen und er habe Waffen liefern müssen.

Im Gefängnis seien die Zustände menschenunwürdig gewesen. Er habe sich ohne Gerichtsverfahren über drei Jahre in Haft befunden. Schließlich sei ihm mit einem Sprung aus dem Fenster die Flucht aus dem Gefängnis gelungen, da er auf einem Abfalltransporter das Gefängnisgelände versteckt habe verlassen können. Er sei danach zu seinem Onkel nach … gegangen. Dieser habe ihm geholfen, nach … (Grenzort zum Sudan) zu reisen. Auch weiterhin habe der Onkel ihn mit Geld unterstützt.

Zu der Verhaftung sei es gekommen, da er Waffen geliefert habe. Die übrigen Waffen seien bei ihm zuhause im Untergeschoss gewesen. Dort habe die Regierung die Waffen gefunden und mitgenommen. Auf Nachfrage, welche Waffen sich im Keller befunden hätten, gab der Kläger zu 1) an, dies seien verschiedene Waffen gewesen, er kenne nicht alle Marken, es seien Kalaschnikows, Maschinengewehre und automatische Waffen gewesen. Auch Bomben seien dabei gewesen. Er könne nicht sagen, wie viele Waffen das gewesen seien, da sie immer wieder ausgeliefert worden seien. Die Waffen seien aus Somalia gekommen. Über die Hintergründe dieser Lieferungen wisse er nichts. Er habe nur das gemacht, was sein Vater ihm beigebracht habe. Er sei Mitglied der OLF. In Deutschland sei er Mitglied der TBOJ/UOSG.

Hierzu legte der Kläger zu 1) eine Bescheinigung vom 26. August 2016 vor, wonach er ab dem 8. November 2014 an verschiedenen Veranstaltungen und Demonstrationen der TBOJ/UOSG teilgenommen habe. Die letzte Demonstration datiert vom 13. August 2016. In seiner Anhörung gab der Kläger zu 1) an, die letzte Demonstration habe am 2. September 2016 in Berlin stattgefunden. Hierzu legte er Fotos vor. Zu seinen Ausgaben innerhalb der UOSG gab der Kläger zu 1) an, er informiere andere über die Veranstaltungen, sei aber nicht in leitender Stellung tätig.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2016, der an den Bevollmächtigten der Kläger mit Einschreiben am 2. November 2016 versandt wurde, lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte die Anträge auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte ihn anderenfalls die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Rückübernahme bereiten oder verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wird ausgeführt, der Sachvortrag des Klägers zu 1) sei nicht schlüssig. Er habe mit seinen Einlassungen, im Fall einer Rückkehr Tod, Gefängnis oder Verbringung in geheime Gefängnisse ausgesetzt zu sein, nicht durchdringen können. Die Schilderungen seien zu oberflächlich, pauschal und widersprüchlich gewesen. Die behauptete Betätigung für die OLF führe für sich genommen noch nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Zwar stufe die äthiopische Regierung die OLF weiterhin als terroristische Organisation ein. Deswegen würden Personen, die der Mitgliedschaft oder der aktiven Unterstützung der OLF verdächtig seien, noch immer von den Sicherheitsbehörden des Landes verfolgt. Jedoch sei für die Annahme einer Verfolgungsgefahr erforderlich, dass der Betreffende glaubhaft mache, sich aktiv für die Ziele der OLF eingesetzt zu haben bzw. seine Sympathie auf andere Weise offenkundig geworden sei. Dies sei beim Kläger zu 1) nicht der Fall. Er habe nicht glaubhaft vortragen können, in Äthiopien die OLF unterstützt zu haben. Die Angaben zu seiner Tätigkeit als Waffenkurier seien nicht detailreich genug gewesen. Ihm könne auch die Naivität im Umgang mit den bei ihm eingelagerten Waffen nicht abgenommen werden, wenn er sich der Sache der OLF als Sohn eines ihrer Generäle verschrieben haben wolle. Auch habe er nicht von sich aus lebendig und spontan das Geschehen geschildert, soweit es um die Festnahme und auch um die Flucht aus dem Gefängnis gegangen sei. Seine Darstellung der Ereignisse sei weitgehend knapp gewesen.

Auch die behauptete exilpolitische Betätigung in der TBOJ/UOSG begründe keine andere Entscheidung. Er hebe sich nicht durch seine Aktivitäten derart hervor, um als ernstzunehmender Oppositioneller eingestuft zu werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des streitgegenständlichen Bescheides Bezug genommen.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten, das am 11. November 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließen die Kläger Klage gegen den Bescheid erheben, die mit Schriftsatz vom 30. Januar 2018 weiter begründet wurde. Dem Kläger zu 1) sei aufgrund des geschilderten Vorfluchtgeschehens die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Er sei aufgrund seiner Tätigkeit mit bzw. für die OLF im Heimatland verfolgt worden. Diese Tätigkeit knüpfe an eine zumindest unterstellte politische Überzeugung an. Jedenfalls drohe dem Kläger zu 1) aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten politische Verfolgung in Äthiopien. Er sei seit 8. November 2014 Mitglied der TBOJ/UOSG und für diese auf vielfältige Weise exilpolitisch aktiv. Hierzu nahm der Prozessbevollmächtigte Bezug u.a. auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23. November 2017 – W 3 K 17.32586 –, wonach einem äthiopischen Staatsangehörigen, der für eine Exilorganisation, die als terroristische Vereinigung eingestuft werde, tätig werde und hierbei ein Mindestmaß an exilpolitischen Tätigkeiten aufweise, asylrelevante Verfolgung drohe. Insbesondere sei zu beachten, dass infolge der Aufhebung des Ausnahmezustands am 4. August 2017 sich keine Veränderung der Verfolgungssituation für Unterstützer oder vermeintliche Unterstützer ergeben habe, sondern diesen weiterhin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung in Form von Haft oder Misshandlung drohe.

Hierzu wurde die Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes, GIGA oder von Günther Schröder angeregt.

Der Kläger zu 2) berufe sich auf § 26 AsylG.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 28. Oktober 2016 zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den Klägern den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und hilfsweise festzustellen, dass bei den Klägern Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Schreiben vom 22. November 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 13. November 2017 wurde die Verwaltungsstreitsache auf die Einzelrichterin übertragen.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2018 ließ der Kläger zu 1) weitere Bescheinigungen der TBOJ/UOSG vom 15. Januar 2018 und der OLF vom 16. Januar 2018 vorlegen. Der der Kläger zu 1) habe im Zeitraum 29. Januar 2016 bis 6. Januar 2018 an verschiedenen Veranstaltungen der TBOJ/UOSG im Bundesgebiet teilgenommen. Er sei aktiver Unterstützer der OLF und habe an verschiedenen Veranstaltungen teilgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die im Hauptantrag auf die Verpflichtung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) beschränkten Klagen sind zulässig, jedoch unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid vom 28. Oktober 2016 2016 ist im Umfange des Klagebegehrens rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Ihnen steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) (Hauptantrag) noch auf Zuerkennung des subsidiären Flüchtlingsstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge) zu.

Für die Beurteilung des Vorliegens von Gründen für die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes und des subsidiären Schutzes ist maßgeblich auf den Kläger zu 1) abzustellen. Der Kläger zu 2) hat erklärt, dass er keine eigenen flüchtlingsschutzrelevanten Gründe geltend macht und sich insoweit auf § 26 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 AsylG beruft.

1. Vorliegend ist kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Ergänzend hierzu bestimmt § 3a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3 AsylG die Verfolgungsgründe, § 3c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3e AsylG den internen Schutz.

§ 3a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüp-fung bestehen muss.

Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.

Unter Würdigung dieser Voraussetzungen steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Kläger zu 1) im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befin-det, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung. Dies bedeutet, dass das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen darf, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen muss, die auch nicht völlig auszuschließende Zweifel mit umfasst (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.1977, Buchholz 402.24, § 28 AuslG Nr. 11; U.v. 16.4., 1.10. und 12.11.1985, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nrn. 32, 37 und 41).

Dabei ist der Beweiswert der Aussage des Asylbewerbers im Rahmen des Möglichen wohlwollend zu beurteilen. Er muss jedoch andererseits von sich aus unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen, widerspruchsfreien Sachverhalt schildern. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann ihm nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 20.10.1987, Buchholz 310, § 86 Abs. 3 VwGO, Nr. 37; B.v. 21.07.1989, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG, Nr. 113).

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B.v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U.v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; B.v. 21.7.1989, Buchholz a.a.O., Nr. 113).

a. Gemessen an den dargestellten Grundsätzen konnte der Kläger zu 1) nicht glaubhaft darlegen, dass er unmittelbar vor seiner Ausreise Maßnahmen staatlicher Stellen in Anknüpfung an in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Gründen ausgesetzt war und dass er Opfer von Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a AsylG geworden ist.

Seine Schilderungen sind hinsichtlich der Tätigkeit für die OLF im Heimatland zwar als möglich denkbar. Insgesamt ließen sie aber auch in der mündlichen Verhandlung die notwendige Detailtiefe vermissen, um sie als tatsächlich erlebte Ereignisse bewerten zu können. Bei der Beschreibung seiner Verhaftung durch Soldaten, die für den Kläger zu 1) sehr traumatisch im persönlichen Erleben gewesen sein muss, blieb sein Vorbringen sehr vage und wenig anschaulich.

Erhebliche Bedenken an der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens bestehen hinsichtlich der Angaben zu seiner Flucht aus dem Krankenhaus. Dass der Kläger zu 1), an dem der Staat ein großes Verfolgungsinteresse hatte, da der Kläger drei Jahre lang in Haft behalten und noch kurz vor seiner Flucht gefoltert wurde, um an wertvolle Informationen zu gelangen, sich im Krankenhaus ohne Bewachung durch Sicherheitspersonal aufhalten und von dort mit einem Sprung aus dem Fenster fliehen konnte, erscheint lebensfremd.

Seine Angaben – insbesondere zu seiner Herkunft aus … – sind überdies, da er sich ohne Personaldokumente in Deutschland aufhält, auch nicht überprüfbar.

b. Dem demnach nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereisten Kläger zu 1) droht auch aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung für die TBOJ/UOSG und die OLF als einfaches Mitglied nicht für den Fall seiner Rückkehr ins Heimatland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung durch staatliche Stellen.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei der Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen als terroristisch angesehen und welche Art exilpolitischer Aktivität festgestellt wird (führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert politisch betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dagegen ist eine Verfolgung von nicht herausgehobenen exilpolitischen tätigen Personen nicht beachtlich wahrscheinlich. Zwar steht die exilpolitische Vereinigung der TBOJ/UOSG, der der Kläger an-gehört, der Oromo-Befreiungsfront (OLF) nahe und ist mit dieser politisch eng verbunden. Die Oromo-Organisationen bzw. die mit ihnen verbundenen Parteien werden von den Sicherheitskräften des äthiopischen Staates besonders aufmerksam beobachtet. Personen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert betätigen, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen, müssen bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit politisch motivierten Verfolgungshandlungen rechnen (OVG NRW, U.v. 17.8.2010 – 8 A 3806/05.A - juris; VGH München, B.v. 14.7.2015 – 21 ZB 15.30119 – juris; VGH München, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 – juris). Die OLF wird von der äthiopischen Regierung als terroristische politi-sche Gruppierung angesehen (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 6. März 2017, S. 9). Wer in führender oder verantwortlicher Stellung in einer solchen Organisation tätig war bzw. ist oder dessen verdächtigt wird, muss mit Strafverfolgung wegen terroristischer Aktivitäten rechnen (ebenda).

Nach eigenem Vortrag fällt der Kläger zu 1) nicht in den beschriebenen Personenkreis. Er gibt an, einfaches Mitglied der TBOJ/UOSG und der OLF zu sein, an Veranstaltungen teilzunehmen und die Ziele der Parteien finanziell zu unterstützen und finanzielle Unterstützung ins Heimatland (insbesondere an Flüchtlinge aus Somalia) zu schicken.

Das Gericht verkennt nicht, dass sich die politische Situation seit 2015 in Äthiopien noch einmal verschärft hat und dass wohl auch nach Aufhebung des Ausnahmezustands im August 2017 nicht von einer spürbaren innenpolitischen Entspannung im Umgang mit regierungskritischen Gruppierungen ausgegangen werden kann (Günter Schröder, Stellungnahme gegenüber RAin B., Frankfurt vom 20. November 2017).

Aus der auch den Entscheidungen des VG Würzburg vom 24. Juli 2017 (W 3 K 17.30710) und 23. November 2017 (W 3 K 17.32586) zugrundeliegenden Auskunftslage, wie sie sich aus der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen ergibt, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass jedwede exilpolitische Betätigung – auch von untergeordneter Bedeutung oder aus rein asyltaktischen Gründen – zur Zuerkennung internationalen Schutzes führen müsste, da die Schwelle der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ staatlicher Verfolgung auch aufgrund der neueren Entwicklungen in Äthiopien nicht angenommen werden kann. Dass politische Verfolgung nicht ausgeschlossen werden kann, genügt nicht den Anforderungen an die „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ im Einzelfall.

Ein besonnener Betrachter kann im Hinblick auf Art und Umfang der nach den vorliegenden Erkenntnissen stattgefundenen Vorkommnisse nicht den Schluss ziehen, dass allgemein Mitglieder der TBOJ/UOSG und der OLF einer im Rahmen des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG relevanten Verfolgung im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien ausgesetzt sein werden. Von einer Unzumutbarkeit der Rückkehr (so zum Maßstab der „Verfolgungsgefahr“ grundlegend BVerwG, U.v. 5.1.1991 - 9 C 118.90 -, juris sowie BVerwG, U.v. 20.3.2013 – 10 C 20.12 – juris; BVerwG, B.v. 15.8.2017 – 1 B 120.17 – juris) ist somit – so die Rechtsauffassung des Gerichts unter Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen – nicht auszugehen.

Dies steht auch in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und der im Beschluss vom 14. November 2017 – 21 B 17.31340 – zum Ausdruck kommenden möglichen Beibehaltung dieser Rechtsprechung.

In diesem Beschluss wird u.a. folgendes ausgeführt:

„Dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts liegt, die Beklagte zeigt das zutreffend auf, folgender Tatsachengrundsatz zugrunde: Bekennen sich äthiopische Asylbewerber zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht und weisen sie für diese Exilorganisation ein Mindestmaß an Aktivität vor, haben sie für den Fall ihrer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG zu erwarten. Das Urteil weicht damit von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes ab und beruht auf dieser Abweichung. Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Juli 2015 (21 B 15.30119 –juris) seine bisherige Rechtsprechung (vgl. U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 – juris) fortgeführt und bezüglich eines Mitglieds der UOSG (TBOJ) auf folgende engere tatsächliche Voraussetzungen für eine Rückkehrgefährdung bei exilpolitischer Betätigung äthiopischer Staatsangehöriger verwiesen: Bei einer Rückkehr nach Äthiopien müssen solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen.“

Gemessen an diesen Grundsätzen droht dem Kläger zu 1) nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung seitens des äthiopische Staates. Nach eigenem Vorbringen betätigt er sich nicht exponiert exilpolitisch, sondern ist einfaches Mitglied. Mit seinen Einlassungen zeigte der Kläger z 1) in der mündlichen Verhandlung keine politisch überzeugte Haltung. Sein Vortrag blieb auch diesbezüglich sehr vage und detailarm. Dass sein Engagement in Deutschland von einem ernsthaften politischen Willen getragen ist, war nicht erkennbar.

2. Dem Kläger zu 1) steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung ( § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). In diesem Rahmen sind gemäß § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend anzuwenden.

Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass dem Kläger zu 1) bei einer Rückkehr in sein Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht.

Auch aus den jüngsten Meldungen aus der Region Oromia (Auswärtiges Amt: Äthiopien: Reise- und Sicherheitshinweise vom 11. Oktober 2016; FAZ 1. September 2016 „Mit jedem Toten wächst der Zorn“ und aus den in der mündlichen Verhandlung zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen) ergibt sich nichts anderes.

3. Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.

a. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK - (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

b. Ebenso wenig besteht im Falle der Kläger ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Kläger verfügen noch über familiäre Kontakte ins Heimatland. So gab der Kläger zu 1) an, zwei Onkel lebten dort noch. Auch seine Schwiegermutter und zwei seiner Kinder halten sich noch im Heimatland auf. Diese familiären Kontakte werden den Klägern in der Anfangszeit helfen, sich in Äthiopien wieder eine Existenz aufzubauen.

Weitere Anhaltspunkte für das Bestehen eines Abschiebungsverbotes wurden von den Klägern nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.

4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreisesaufforderung unter Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor.

5. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das ihr im Rahmen des § 11 Abs. 1 und 3 AufenthG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, bestehen nicht und wurden von den Klägern auch nicht vorgetragen.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Die Klage war demnach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger sind äthiopische Staatsangehörige, muslimischen Glaubens und Volkszugehörige der Oromo. Sie reisten nach eigenen Angaben am 20.11.2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 11.12.2013 Asylanträge.

Mit Schreiben vom 19.10.2015 stellten die Bevollmächtigten der Kläger Untätigkeitsklage (B 2 K 15.30540), mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, über die Asylanträge der Kläger zu entscheiden. Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 16.11.2015 bis 20.05.2016 ausgesetzt.

Am 03.12.2015 wurden die Kläger beim Bundesamt für ... angehört. Zur Begründung ihres Asylantrags gaben sie an, der Kläger zu 1) sei Mitglied eines Diskussionsrings aus 10 Personen gewesen. Die Gruppe, der auch der Cousin des Klägers, …, angehörte, habe über die Probleme der Oromo diskutiert und auch Flugblätter erstellt. Diese hätte der Cousin verteilt, der Kläger zu 1) habe auch Papiere an Bäumen angeklebt. Eines Tages seien Sicherheitskräfte zu ihm nach Hause gekommen. Der Kläger zu 1) sei nicht zu Hause gewesen. Die Sicherheitskräfte hätten daraufhin die Klägerin zu 2) nach seinem Aufenthaltsort gefragt und sie mit einem Holzscheit aus dem Küchenfeuer geschlagen. Sie hätten eine Oromo-Flagge und Papiere, sowie eine Namensliste der 10 Gruppenteilnehmer gefunden und mitgenommen. Die Namen auf der Liste seien Decknamen gewesen. Der Kläger könne sich an diese jedoch nicht mehr erinnern. Gegen 19 Uhr sei der Kläger zu 1) nach Hause gekommen. Die Sicherheitskräfte seien dann wieder gekommen. Sie hätten den Kläger zu 1) mitgenommen und geschlagen und von ihm verlangt die Namen der andern Gruppenmitglieder zu nennen. Nach zwei Monaten und 25 Tagen Haft sei der Kläger gegen eine Kautionszahlung von 10.000 Birr freigelassen worden. Er habe innerhalb von 15 Tagen verraten sollen, wo die anderen Leute aus der Gruppe wohnten. Die meisten seien schon geflohen gewesen, weil sie erfahren hätten, was mit dem Kläger passiert sei. Dies wisse der Kläger von den Nachbarn. Man habe den Kläger zu 1) bedroht, wenn er die Namen der anderen nicht nenne, werde ihm das gleiche Schicksal blühen wie seinem Vater, der im Gefängnis gestorben sei. Von den Misshandlungen im Gefängnis habe der Kläger zu 1) immer noch Schmerzen. Die Kläger legten Schreiben und Fotos zum Nachweis vor, dass sie hier in Deutschland Mitglieder der TBOJ/UOSG seien und an Versammlungen und Demonstrationen teilnehmen würden.

Mit Bescheid vom 15.07.2016, den Bevollmächtigten der Kläger zugestellt mit Schreiben vom 02.08.2016, wurde der Asylantrag der Kläger abgelehnt. Die Flüchtlingseigenschaft und ein subsidiärer Schutzstatus wurden nicht zuerkannt. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG lägen nicht vor. Die Kläger wurden aufgefordert die Bundesrepublik binnen 30 Tagen zu verlassen und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung wird im Bescheid ausgeführt, der Sachvortrag der Kläger zu den fluchtauslösenden Ereignissen sei arm an Details, vage und oberflächlich geblieben. Die Angaben der Kläger seien nicht nachvollziehbar und nicht im Einklang mit den Verhältnissen in Herkunftsland. Hinsichtlich der einzelnen Ausführungen wird auf die Begründung des angegriffenen Bescheids Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 18.08.2017, bei Gericht eingegangen am selben Tag, beantragten die Kläger, das ausgesetzte Verfahren B 2 K 15.30540 fortzusetzen. Sie beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 1 und 3-6 des Bescheides des Bundesamts für ... vom 15.07.2016, zugestellt am 04.08.2016, zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, den Klägern den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,

weiterhin hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, für die Kläger festzustellen, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 bzw. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Der Vortrag der Kläger sei nicht hinreichend gewürdigt worden. Die Aussage des Klägers, er habe auch Plakate geklebt, um auf die Unterdrückung der Oromo aufmerksam zu machen, sei nicht berücksichtigt worden. Er habe dies detailliert geschildert. Auch hätte der Kläger nicht ausgesagt, die Nachbarn hätten gewusst, wo sich die anderen Gruppenteilnehmer aufhielten. Der Kläger habe von seiner Frau und den Nachbarn erfahren, dass sich nach seiner Verhaftung Leute an seinem Haus getroffen hätten, dieses aber zügig wieder verlassen hätten. Da es die Abmachung gegeben habe, dass bei der Verhaftung eines Mitglieds die anderen fliehen würden, sei der Kläger hiervon ausgegangen. Der Kläger habe sich nicht an die Nachbarn gewandt, sondern vielmehr befürchtet, von diesen bespitzelt zu werden. Die OLF bestehe aus Sicherheitsgründen darauf, dass Decknamen verwendet würden. Teilnehmerlisten und Auflistungen der gezahlten Beiträge seien jedoch aus organisatorischen Gründen notwendig. Der Kläger habe vor seiner Flucht Vieh verkaufen können, da er dies auch zuvor bereits beruflich getan hätte. Auch seine Motivation für sein politisches Engagement habe der Kläger umfassend geschildert.

Der Kläger sei bereits in Äthiopien für seine regierungskritische Haltung bekannt. Er habe geäußert, sich auch weiterhin gegen die Unterdrückung der Oromo engagieren zu wollen. Er müsse daher bei einer Rückkehr, auch aufgrund seines exilpolitischen Engagements mit Repressionen rechnen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage anzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf den angefochtenen Bescheid.

Ergänzend wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 der VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt folgendes: Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden; eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss, ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109/84 – NVwZ 1985, 658 ff.). Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbots führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985, a.a.O.). In der Regel kommt deshalb dem persönlichen Vorbringen des Klägers, seiner Persönlichkeit und Glaubwürdigkeit sowie der Art seiner Einlassung besondere Bedeutung zu (BayVGH, U.v. 26.1.2012 – 20 B 11.30468 – juris Rn. 19).

Gemessen an diesen Grundsätzen haben die Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes nach § 3 AsylG. Das Gericht verweist insofern zunächst auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids und sieht insofern zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Das Gericht konnte auch aufgrund der Anhörung der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht die notwendige Überzeugung gewinnen, dass sie ihr Land unter asylrelevantem staatlichem Verfolgungsdruck verlassen haben. Der Sachvortrag der Kläger blieb, auch auf mehrmaliges Nachfragen oberflächlich. Die Kläger, insbesondere der Kläger zu 1) schilderten keine Details, die den Eindruck eines selbst erlebten Geschehens stützen könnten. So konnte der Kläger auch auf mehrmalige Frage des Gerichtes nicht konkret schildern, wie ein Treffen der Gruppe abgelaufen ist. Er verwies stattdessen immer wieder auf die grundlegenden Ziele der Gruppe (die Probleme der Oromo zu bekämpfen). Auch auf Frage seines Rechtsanwalts hin, gab er zum Ablauf der nach seinen Schilderungen zwölf jeweils 3-4 stündigen Treffen nur an, einer habe geredet, und die anderen hätten dem zugestimmt. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung traten vermehr Ungereimtheiten und Widersprüche im Vortrag des Klägers zu 1) auf. So gab dieser beispielsweise trotz entsprechender Rückfrage des Gerichts zunächst an, auf der von der Polizei gefundenen Liste seien die echten Namen der Gruppenmitglieder verzeichnet gewesen. Auf Frage, warum die Polizei ihn dann nach diesen Namen gefragt habe, gab er an, es habe sich um Decknamen gehandelt. Auf weitere Frage, wie sein Deckname gewesen sei, führte der Kläger aus, er sei der einzige in der Gruppe gewesen, der keinen Decknamen gehabt habe. Auf Frage nach dem Decknamen seines Cousins antwortete er: … Auf Vorhalt, er habe dies als echten Namen des Cousins angegeben, führte der Kläger aus, der Cousin habe auch keinen Decknamen gehabt, die anderen hätten aber solche Namen gehabt. Ebenso führte er auf die Frage, warum die Polizei seinen Cousin nicht gefunden habe, wenn sie dessen echten Namen gehabt habe, aus, dieser sei untergetaucht, als er von der Verhaftung des Klägers erfahren habe. Auf Rückfrage, wie er hiervon erfahren habe, erklärte er zunächst: von den Nachbarn. Auf weitere Rückfragen gab er an, seine Verhaftung und die Beschlagnahme der Papiere sei auch im Radio verkündet worden.

Auch die Klägerin zu 2) konnte keine Details schildern, die die Glaubhaftigkeit der Geschichte stützen könnten. Zudem erscheint das Verhalten der Kläger, die nach der Heimkehr des Klägers zu 1) eine Stunde im Haus verbracht hätten, ohne an eine Flucht zu denken, obwohl die Sicherheitsbörden angekündigt hätten, sie würden wiederkommen, schwer nachvollziehbar, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger zu 1) angegeben hatte, auch sein Vater sei bereits früher willkürlich verhaftet worden und in der Haft verstorben. Auch die Auswahl des Hauses des Klägers als regelmäßiger Treffpunkt der 10-köpfigen geheimen Gruppe erscheint wenig glaubhaft, da der Kläger selbst angab, in seinem kleinen Dorf spreche sich alles herum. Dem Gericht erschließt sich auch nicht, warum ein Gruppenmitglied zum Haus des Klägers – ohne von dessen Verhaftung zu wissen – gekommen sein soll, um nach den Papieren und der Flagge zu suchen und dabei von dessen Verhaftung erst erfahren haben soll. Zumal der Kläger angab, die Verhaftung und die Beschlagnahme der Papiere und der Flagge seien im Radio verkündet worden, was zumindest sein Cousin gewusst habe.

Im Gesamtergebnis kann, aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks, der Vielzahl der Widersprüche und Ungereimtheiten im Vortrag der Kläger und aus den bereits im angefochtenen Bescheid angeführten Gründen der Vortrag zur Vorverfolgung nicht als glaubhaft beurteilt werden. Die Kläger haben ihr Heimatland daher unverfolgt verlassen.

Bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) steht zudem nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass den Klägern aufgrund ihrer exilpolitischen Aktivität im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Verschärfung der politischen Situation in Äthiopien seit 2015.

Übereinstimmend lässt sich den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Einige der Erkenntnisquellen (Stellungnahme des Günter Schröder an das VG Gießen vom 15.02.2017, Auskunft des GIGA, Institut für Afrika-Studien vom 30.01.2017) leiten hieraus ab, dass eine Verfolgung bei einer Rückkehr ins Herkunftsland wahrscheinlich bzw. jedenfalls nicht auszuschließen sei. Dies entspricht auch deren Einschätzung der Gefährdungslage in der Zeit vor den Unruhen/Protesten der letzten Jahre, wie sich aus früheren Auskünften dieser Stellen ergibt. Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führe. Grundsätzlich komme es auf den Einzelfall an, d. h. z. B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche Art exilpolitischer Aktivität es sich handele (z. B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung sei auch, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand: März 2017) vom 06.03.2017). Die Einschätzung des Auswärtigen Amtes hat sich demnach auch nach der Verschärfung der politischen Lage seit 2015 und der Ausrufung des (inzwischen wieder beendeten) Ausnahmezustandes nicht geändert. Im Ergebnis ist daher auch weiterhin – im Anschluss an die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs – davon auszugehen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert politisch betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben (vgl. BayVGH, U. v. 25.02.2008 – 21 B 05.31082). Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung von Personen, die nicht in dieser Weise herausgehoben exilpolitisch aktiv sind, sieht der BayVGH dagegen nicht generell (vgl. BayVGH, B.v. 20.05.2015 – 21 ZB 15.30119). Der BayVGH hat in seiner jüngsten gerichtsbekannten Entscheidung vom 23.10.2017 auch keinen Grund gesehen von dieser ständigen Rechtsprechung abzuweichen (BayVGH, B.v. 23.10.2017 – 21 ZB 16.30414).

Vorliegend ergibt die Prüfung des Einzelfalles der Kläger, dass diese nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Fall einer Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrelevanter Weise belangt zu werden, gehören. Die Kläger sind ausweislich der vorgelegten Unterlagen beide seit April 2014 Mitglieder der TBOJ/UOSG und nehmen an deren Versammlungen und Demonstrationen teil. Sie haben innerhalb der Organisation kein Amt inne und haben auch ansonsten keine exponierte Stellung. Zwar ist die TBOJ, nach eigenen Angaben, politisch eng mit der in Äthiopien als terroristisch eingestuften OLF verbunden, die Kläger heben sich jedoch durch ihr Engagement in der TBOJ ganz offenkundig nicht von dem Kreis der bloßen Mitläufer ab. Sie haben keine führende Position inne und gaben auch nicht an, an gewaltsamen Aktionen teilgenommen zu haben. Insofern kommen sie für den äthiopischen Staat nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit als mögliche ernsthafte Oppositionelle in Frage. In der Zusammenschau mit der nicht glaubhaften Fluchtgeschichte der Kläger ist das Gericht deshalb davon überzeugt, dass sie bei einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müssten, wegen ihrer exilpolitischen Aktivitäten von äthiopischen Behörden in asylrelevanter Weise belangt zu werden.

2. Den Klägern steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). Gemäß § 4 Abs. 3 AsylG sind die §§ 3 c bis 3 e AsylG entsprechend anzuwenden. Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass den Klägern bei einer Rückkehr in ihr Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht. Ergänzend wird hierzu auf die Begründung des angegriffenen Bescheids verwiesen.

3. Nationale Abschiebungsverbote sind vorliegend ebenfalls nicht gegeben. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II, S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

Diesbezügliche Anhaltspunkte sind vorliegend nicht gegeben. Auch insofern wird auf die Begründung des angefochtenen Bescheides ergänzend Bezug genommen.

Es besteht auch kein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Es erscheint nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine solche Gefahr ergibt sich insbesondere nicht aus den vorgelegten Attesten des Klägers zu 1), in denen die Diagnosen Gastroenteritis (2014) und Gastrointestinale Blutungen, Florides Ulkus im proximalen Bulbus duodeni (2015) gestellt wurden.

4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung unter Abschiebungsandrohung sowie das angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Hierzu wird gem. § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffende Begründung des angegriffenen Bescheides verwiesen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1, § 159 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Die Beklagte wird unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10. März 2017 verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Voll-streckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der zur Person nicht ausgewiesene Kläger, nach seinen eigenen Angaben ein am …1997 geborener äthiopischer Staatsangehöriger oromischer Volkszugehörigkeit und islamischen Glaubens, beantragte am 25. Juni 2015 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) die Gewährung politischen Asyls.

Im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt am 10. Februar 2017 gab er an, er habe sein Heimatland am 6. November 2014 verlassen und sei über den Sudan, Libyen, Italien und Österreich nach Deutschland gereist, wo er am 2. Mai 2015 angekommen sei. Er begehre deshalb die Gewährung politischen Asyls, weil er am 30. April 2014 in der Stadt Robe an einer Demonstration teilgenommen habe. Daraufhin sei er zusammen mit anderen Demonstranten festgenommen worden. Er sei zwei Monate lang festgehalten, misshandelt und verhört worden. Anschließend sei er in ein anderes Gefängnis verlegt worden. Nach vielen Verhören habe er entkommen können. Auf die weiteren Ausführungen im Rahmen der Anhörung wird Bezug genommen.

Der Kläger legte ein Schreiben der TBOJ/UOSG vom 31. Januar 2017 vor, in welchem bescheinigt wird, dass er seit dem 8. Oktober 2016 Mitglied dieser Organisation sei und an Versammlungen und Demonstrationen teilgenommen habe.

Mit Bescheid vom 10. März 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1.), den Antrag auf Asylanerkennung (Ziffer 2.) und den Antrag auf subsidiären Schutz (Ziffer 3.) ab. Zudem wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 4.). Der Kläger wurde unter Abschiebungsandrohung nach Äthiopien zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung aufgefordert (Ziffer 5.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6.). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Angaben des Klägers zu den fluchtauslösenden Ereignissen seien unglaubhaft.

II.

Am 15. März 2017 ließ der Kläger im vorliegenden Verfahren Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und beantragen,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 10. März 2017 zu verpflichten, dem Kläger internationalen Schutz in Form der Flüchtlingseigenschaft,

hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,

weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe sich in Äthiopien an Demonstrationen gegen den Master-Plan beteiligt. In Deutschland sei er politisch aktiv und Mitglied der TBOJ/UOSG.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen und bezog sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss vom 18. August 2017 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Mit Beschluss vom 23. August 2017 bewilligte das Gericht für das vorliegende Verfahren Prozesskostenhilfe und ordnete der Klagepartei ihren Bevollmächtigten bei. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 4. September 2017 wurde seitens des Klägers auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten des Bundesamtes, welche Gegenstand des Verfahrens waren und dem Gericht in elektronischer Form vorliegen, Bezug genommen.

Gründe

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das Begehren des Klägers, den Bescheid des Bundesamtes vom 10. März 2017 in seinen Ziffern 1, 3, 4, 5 und 6 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Klagepartei hat auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Das Bundesamt hat mit seiner allgemeinen Prozesserklärung vom 27. Juni 2017 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 10. März 2017 im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht (§ 77 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. AsylG) einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist, soweit er angegriffen worden ist, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Rechtsgrundlage für die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 des Asylgesetzes (AsylG) i.d.F. d. Bek. vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. April 2017 (BGBl I S. 872). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, gemäß § 3 Abs. 4 AsylG die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention – GK –), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung u.a. wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

Schutz nach § 3 Abs. 1 AsylG wird gewährt, wenn dem Schutzsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Merkmale Rechtsverletzungen aufgrund von Handlungen im Sinne von § 3a AsylG durch einen Akteur im Sinne von § 3c AsylG in seinem Herkunftsland drohen, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzen, so dass ihm nicht zuzumuten ist, in sein Herkunftsland zurückzukehren (BVerfG, B.v. 10.7.1989 – 2 BVR 502, 1000, 961/86 – NVwZ 1990, 151 f.; BVerwG, U.v. 29.11.1987 – 1 C 33.71 – BVerwGE 55, 82, 83 m.w.N.).

Die Voraussetzungen von § 3 Abs. 1 AsylG decken sich mit denen nach Art. 16a Abs. 1 GG hinsichtlich der geschützten Rechtsgüter und des politischen Charakters der Verfolgung, wobei § 3 Abs. 1 AsylG insofern einen weitergehenden Schutz bietet, als auch selbstgeschaffene subjektive Nachfluchtgründe die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründen können. Ein Kausalzusammenhang zwischen Verfolgung, Flucht und Asylantrag wird dabei nicht vorausgesetzt (vgl. BVerwG, B.v. 13.8.1990 – 9 B 100/90 – NVwZ-RR 1991, 215; BVerfG, B.v. 26.5.1993 – 2 BVR 20/93 – BayVBl 1993, 623).

Dies zugrunde gelegt sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG zur Überzeugung des Gerichts im Falle des Klägers erfüllt. Er muss bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit staatlichen Verfolgungshandlungen rechnen. Diese knüpfen an seine politische Überzeugung an und drohen ihm landesweit.

Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger vor seiner Ausreise bereits Verfolgungsmaßnahmen erlitten hat oder von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war. Denn ungeachtet des Vorfluchtgeschehens drohen dem Kläger die in § 3 Abs. 1 AsylG beschriebenen Gefahren jedenfalls aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.

Das Gericht geht auf der Grundlage der ihm vorliegenden Erkenntnismittel davon aus, dass staatliche äthiopische Stellen Kenntnis von den oppositionellen Tätigkeiten im Ausland lebender äthiopischer Staatsangehöriger zu erlangen suchen.

Die von der äthiopischen Regierung erstellte Direktive „Richtlinie für den Aufbau der Wählerschaft für den Rest des Jahres 2005/2006“ (vgl. amnesty international, Auskunft an das VG Köln vom 28.4.2008 mit einer auszugsweisen Übersetzung des Wortlauts der Direktive) zielt darauf, möglichst umfassend alle im Ausland lebenden Äthiopier namentlich zu erfassen und zu registrieren (vgl. im Einzelnen OVG NW, U.v. 17.8.2010 – 8 A 4063/06.A – juris Rn. 57). Die Informationsbeschaffung erfolgt u.a. durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Methoden, insbesondere mit Hilfe von Spitzeln. Dabei richtet sich das besondere Augenmerk auf die Aktivitäten der Auslands-CUD, deren Nachfolgeorganisation UDJ und Ginbot 7, der OLF, der ONLF und der EPRP (vgl. Günter Schröder, Auskunft vom 11.5.2009 an das VG Köln, S. 19). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die äthiopische Exilgemeinde in Deutschland so klein ist, dass auch Organisationen mit örtlich begrenztem Wirkungskreis einer Beobachtung durch staatliche äthiopische Stellen ausgesetzt sind. Dabei bezieht sich das Interesse des äthiopischen Staates nicht nur auf die Mitglieder der beobachteten Parteien, sondern auch auf deren Sympathisanten (BayVGH, Ue.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 – jeweils juris; OVG NW, a.a.O. – juris Rn. 64; GIGA, Auskunft vom 24.4.2008 an das VG Köln). Hierzu verfügt die äthiopische Regierung über die zur Überwachung von Festnetz, Internet und Radioprogrammen sowie zur Gesichtserkennung erforderliche Technologie (Günter Schröder, Stellungnahme an das VG Gießen vom 23.2.2017, Rn. 179).

Nach Ansicht von Günter Schröder (a.a.O., Rn. 196) ist eindeutig belegt, dass Botschaftsmitarbeiter oppositionelle Tätigkeiten im Ausland erfassen, weitergeben und geeignete Gegenmaßnahmen durchführen. Hierbei werden zunehmend auch Personen erfasst, die im Ausland nur periphär oder gänzlich zufällig mit oppositionellen Aktivitäten in Berührung gekommen sind (Günter Schröder, a.a.O., Rn. 200).

Auf dieser Grundlage geht das Gericht davon aus, dass der Kläger aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeit dem äthiopischen Geheimdienst bekannt ist.

Der Kläger ist wegen seines regierungskritischen politischen Engagements Gefahren im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG ausgesetzt.

Unter welchen Voraussetzungen ein exilpolitisches Engagement eine beachtliche Verfolgungsgefahr auslöst, insbesondere, ob schon die schlichte Mitgliedschaft in einer oder die einfache Tätigkeit für eine exilpolitische Organisation dazu ausreicht, wird in den vorliegenden Auskünften unterschiedlich eingeschätzt.

Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 6.3.2017, II., 1.9) liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich komme es auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen als terroristisch angesehen werde oder welche Art exilpolitischer Aktivität festgestellt werde (führende Opposition; Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung sei auch, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige.

Demgegenüber vertritt Günter Schröder (Auskunft vom 11.5.2009 an das VG Köln, Rn. 198 ff.) die Auffassung, dass im heutigen Äthiopien die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien. Eine qualifizierte Verfolgungsprognose könne in der Regel nur aufgrund einer Gesamtbetrachtung all der in der Person der Betroffenen vorhandenen Merkmale, die für sich genommen vielleicht noch keine Verfolgung begründeten, aber bei kumulativem Vorliegen durchaus geeignet seien, staatliche Zwangsmaßnahmen auszulösen, erfolgen. Den handelnden äthiopischen Sicherheitsbehörden sei ein hohes Maß an Beliebigkeit und Willkür eigen. Dies erlaube nicht, exakte Voraussagen über eine Verfolgungswahrscheinlichkeit zu treffen, die an den Umfang der politischen Aktivitäten von oppositionell eingestellten oder Oppositionsbewegungen angehörenden Personen und deren Funktionen in einer Organisation anknüpften. Eine Unterscheidung in unbedeutende oder herausgehobene Tätigkeiten sei für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr als nicht relevant zu sehen.

Das German Institute of Global and Area Studies (GIGA, Auskunft vom 24.4.2008 an das VG Köln) ist in einer sich speziell auf einen Unterstützer der OLF beziehenden Auskunft der Auffassung, es könne nicht sinnvoll differenziert werden, zu welchen Maßnahmen die bloße Mitgliedschaft, die Teilnahme an Demonstrationen oder die exponierte Mitgliedschaft in der UOSG führen werde; hier sei ein hohes Maß an Willkür der äthiopischen Behörden einzukalkulieren.

Zu berücksichtigen ist auch die oben genannte Direktive zum Aufbau einer Wählerschaft einschließlich eines Zusatzdokuments vom 31. Juli 2006. Hier heißt es, dass eine Namensliste der Oppositionsführer weitergeleitet werden soll, um das „radikale Oppositionslager zu schwächen“. Beabsichtigt ist insbesondere, Oppositionsführer mit Hilfe von Informanten öffentlich bloß zu stellen (Direktive III, 3.1.3 Hauptaufgaben, Unterpunkte 1 und 2). Gleiches legt das Zusatzpapier vom 31. Juli 2006 fest (vgl. einleitendes Anschreiben an die Botschaften, Konsulatgenerale und ständigen Vertretungen der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien, 1. Absatz). Zudem findet sich im Vorwort dieses Papiers die Bemerkung, es sei nicht genug getan worden, um die extremistischen Oppositionsgruppen politisch zu lähmen. Der Unterabschnitt „Fahrplan zum Aufbau einer Wählerschaft für das verbleibende Haushaltsjahr 1998“, Ziffer III 3.1.3, gibt die Anweisung, Namenslisten von Organisatoren extremistischer Oppositionsgruppen an die Zentrale zu schicken, um das Oppositionslager schwächen zu können.

Aus der Zusammenschau dieser Unterlagen ergibt sich, dass die Toleranzschwelle des äthiopischen Staates gegenüber exilpolitischen Aktivitäten seiner Staatsangehörigen sehr gering ist, so dass nicht nur medienwirksam exponierte Führungspersönlichkeiten der als terroristisch angesehenen illegalen Opposition bedroht sind. Die Gefahrenabschätzung, dass nur erheblich exponierte Mitglieder von als terroristisch angesehenen Parteien verfolgt würden, lässt sich nicht durch tatsächliche Erkenntnisse belegen, zumal es kaum zu Abschiebungen von äthiopischen Staatsangehörigen in ihr Heimatland kommt.

Aufgrund der oben dargestellten Erkenntnisse ist das Gericht bislang – im Anschluss an die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 05.31082 – juris) – davon ausgegangen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert politisch betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben, dies aufgrund der niedrigen Toleranzschwelle des äthiopischen Staates, so dass bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls von einer Verfolgungsgefahr bereits dann ausgegangen wurde, wenn sich der Asylsuchende aus dem Kreis der bloßen Mitläufer als ernsthafter Oppositioneller hervorhob (BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 – juris; OVG NW, U.v. 17.8.2010 – 8 A 4063/06.A – juris Rn. 94; VG Würzburg, U.v. 13.2.2012 – W 3 K 10.30350 – juris; VG Bayreuth, U.v. 18.1.2013 – B 3 K 11.30156 – juris; VG Ansbach, U.v. 29.8.2011 – AN 18 K 10.30507 – juris; VG München, U.v. 9.8.2012 – M 12 K 12.30434 – juris).

Nach der bisherigen Rechtsprechung galt dies jedoch nicht für bloße „Mitläufer“. In Zusammenhang mit der erwähnten Direktive einschließlich des Zusatzpapiers, die auf Oppositionsführer und Organisatoren abstellt, war das Gericht bislang in ständiger Rechtsprechung der Auffassung, dass ausschlaggebend nicht allein das Innehaben eines Amtes oder das Verfassen eines Zeitschriften-Artikels ist, sondern das tatsächliche politische Engagement, das den Asylsuchenden als eine von der Masse der äthiopischen Asylsuchenden abhebende Person darstellt (vgl. VG Würzburg, U.v. 17.3.2014 – W 3 K 14.30042 – juris; U.v. 31.7.2011 – W 3 K 11.30081 – juris).

Diese Rechtsprechung hält das Gericht so nicht mehr aufrecht, dies aufgrund der neuesten politischen Entwicklung in Äthiopien, welche auch zu Änderungen hinsichtlich der Gefahrenlage für exilpolitisch tätige Flüchtlinge führt (vgl. hierzu auch den Prozesskostenhilfebeschluss der Kammer vom 24.7.2017 im Verfahren W 3 K 17.31739 – juris; vgl. auch den Prozesskostenhilfebeschluss der Kammer vom 17.7.2017 im Verfahren W 3 K 16.30710 – juris; anders: VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A – juris).

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Nach den im Mai 2015 durchgeführten Wahlen, die zu einem vollständigen Sieg der EPRDF geführt hatten, begannen ohne erkennbaren Anlass im Herbst 2015 massive Proteste der Oromos gegen die angebliche Absicht der Regierung, Teile Oromias an Addis Abeba zu übertragen. Diese wurden gewaltsam niedergeschlagen. Anfang Dezember 2015 eskalierte in der Region Amhara ein langjähriger Konflikt um die lokale Kemant-Nationalität, der von der regionalen Polizei niedergeschlagen wurde. Im Juli 2016 kam es zu Unruhen in der Amhara-Region mit gewalttätigen Protesten, mit denen sich protestierende Oromos in Oromia solidarisch erklärten. Anlässlich des jährlichen Irreecha-Fests der Oromos im Bishoftu kam es am 2. Oktober 2016 erneut zu massiven Protesten mit mindestens 50 Toten, was zu weiteren gewalttätigen Massenprotesten in ganz Oromia führte. Daraufhin verhängte die Regierung am 9. Oktober 2016 den Ausnahmezustand, was zur Verhaftung von mehr als 10.000 Personen führte. Diese wurden teilweise wieder freigelassen, jedoch kam es seitdem zu verschärftem Vorgehen der äthiopischen Sicherheitskräfte gegen die Oromogemeinschaft und gegen vermutete Unterstützer und Mitglieder von von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuften Vereinigungen wie Ginbot 7. Es ist verboten, Fernsehsender aus der „Diaspora“ anzusehen, das Internet wurde zeitweilig blockiert, Verdächtige können ohne Verfahren festgehalten werden. Der Grad an Repression hat nach Verhängung des Ausnahmezustands nochmals stark zugenommen. Die Regierung versucht derzeit, die bestehenden Probleme nicht durch Dialog, sondern durch die Verbreitung eines Klimas der Angst zu lösen (vgl. Günter Schröder, Stellungnahme an das VG Gießen vom 23.2.2017, Rn. 93 ff.; AA, Lagebericht vom 6.3.2017, Ziffer I 1; FAZ vom 19.10.2016, Repression und noch mehr Repression; Entschließung des Europäischen Parlaments vom 21.1.2016 zur Lage in Äthiopien [2016/2520, {RSP}], Erwägungen A bis M und Ziffern 1 bis 4 und 6 bis 11; GIGA, Auskunft an das VG Gießen vom 30.1.2017; Dr. Reinhard Kees, Theologischer Referent für Afrika im Berliner Missionswerk der EKBO, Bericht vom März 2017 und Reisebericht vom Februar 2016; Missionswerk der EKBO, Offene Briefe an Frau Bundeskanzlerin Merkel vom 29.9.2016 und vom Januar 2017; SZ vom 5.7.2017, Reifeprüfung).

Nach einem Bericht über einen Besuch in Oromia ist es komplett verboten, über Politik zu sprechen. Soldaten dringen nachts in die Häuser ein. Jeder wird verdächtigt, der jung und männlich ist, gebildet oder sogar Student. Verhaftungen und Demütigungen sind an der Tagesordnung. Es gibt ein komplettes Versammlungs- und Demonstrationsverbot, ebenso ist das Tanzen und Singen auf der Straße verboten. Keiner weiß die Zahl derer, die im Gefängnis sind, jeder ahnt, wie unmenschlich sie behandelt werden. Immer wieder werden Menschen durch das Militär erschossen. Für das Zeigen der von F. L. beim Marathonlauf der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro verwendeten Geste gibt es fünf Jahre Gefängnis. Niemand weiß, „wer wen verpfeift“ (vgl. Bedrohte Völker, Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker, Heft Nr. 297, 6/2016, S. 79, Ein Besuch bei Freunden im Ausnahmezustand).

Zwar lief im Februar 2017 das Leben auf dem ersten Blick wieder normal, doch ist das Militär ständig präsent und beobachtet flächendeckend das alltägliche Geschehen (Dr. Reinhard Kees, Bericht vom März 2017).

Während dieser in Äthiopien stattfindenden Entwicklung schürte die externe Opposition massiv vom Ausland und mit Hilfe von Eritrea die Agitation gegen die EPRDF-Herrschaft (Günter Schröder, a.a.O., Rn. 129). Deshalb richten sich die Vorschriften zum Ausnahmezustand explizit auch gegen die vom Ausland her operierenden Oppositionen und Medien, die als terroristisch eingestuft werden (Günter Schröder, a.a.O., Rn. 122).

Diese politische Entwicklung führt zu einer neuen Einschätzung der Gefahrensituation für äthiopische Staatsbürger, die sich in der Bundesrepublik Deutschland exilpolitisch betätigen.

Nach der Einschätzung von G. S. (a.a.O., Rn. 200) kommen aufgrund der oben dargestellten Kenntnis des äthiopischen Sicherheitsdienstes hinsichtlich exilpolitischer Tätigkeiten von im Ausland lebenden Äthiopiern solche Personen „unter einen niemals abzuschüttelnden Generalverdacht politischer Unzuverlässigkeit, der ihnen künftig in jedem Kontakt mit äthiopischen Behörden anhängt und zur Gefährdung werden kann“.

Unter diesem Blickwinkel hält G. S. generell die Unterscheidung in unbedeutende und herausgehobene bzw. exponierte Tätigkeiten und Stellungen in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr. Es ist davon auszugehen, dass für die äthiopischen Sicherheitsorgane die Motivation für eine äthiopische Person, im Ausland als Unterstützung einer terroristischen Organisation auslegbare Handlungen zu begehen, unerheblich ist. Selbst wenn solche Handlungen nur aus opportunistischen Überlegungen zum Zwecke der Asylsicherung erfolgten, so stellten sie – so S. – in den Augen der äthiopischen Sicherheitsorgane dennoch objektiv eine Unterstützung terroristischer Organisationen dar und wären entsprechend zu ahnden (G. S., a.a.O., Rn. 228 und Rn. 232). Eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumanen Haftbedingungen sei jedoch gerade auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen.

Für das Auswärtige Amt (Auskunft vom 9.12.2016 an das VG Gießen) ist es wahrscheinlich, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung droht, da Bestandteil der Regelungen zum Ausnahmezustand auch ein Kommunikationsverbot mit Terrorgruppen ist.

Nach Ansicht des GIGA (Auskunft an das VG Gießen vom 30.1.2017) ist es keinesfalls auszuschließen, dass Äthiopiern, die sich zuvor im Ausland politisch betätigt bzw. regierungskritisch geäußert hatten, die Verhaftung für unbestimmte Zeit droht, selbst wenn sie keine führende Stellung in der EPPFG inne hatten. Die Messlatte für Verhaftungen liege – so das GIGA – derzeit sehr niedrig, es sei zu Verhaftungen schon aufgrund bloßer regierungskritischer Äußerungen im privaten Rahmen gekommen.

Auf der Grundlage dieser Auskünfte und mit Blick auf das verschärfte Vorgehen der äthiopischen Sicherheitskräfte gegen jegliche Art oppositioneller Tätigkeit in Äthiopien selbst sowie unter Berücksichtigung des von der äthiopischen Regierung verhängten strikten Kontaktverbots zu von ihr als terroristisch bewerteten Gruppen ist das Gericht der Auffassung, dass sich auch die Gefahrensituation für in Deutschland exilpolitisch tätige äthiopische Staatsangehörige verschärft hat. Dies gilt zumindest für Mitglieder und Anhänger von Organisationen, die vom äthiopischen Staat als terroristisch eingeordnet werden. Aus den dargestellten Auskünften wird deutlich, dass der äthiopische Sicherheitsdienst unterschiedslos jegliche von ihm beobachtete oppositionelle Tätigkeit im Ausland meldet; zudem wird deutlich, dass hierbei nicht (mehr) differenziert wird zwischen bloßen Mitläufern, die auf der Grundlage einer Risikoeinschätzung nicht zu einer realen Gefahr für das äthiopische Regime werden, und Personen, die sich aus den Kreis der bloßen Mitläufer herausheben und aufgrund ihres politischen Denkens und Handelns tatsächlich als Gefahr für das äthiopische Regime ernst zu nehmen sind. Damit besteht nunmehr auch für äthiopische Staatsangehörige, die sich zu Organisationen bekennen, die vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuft werden, und die ein Mindestmaß an Aktivität im Rahmen dieser Organisationen vorweisen können, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkrete Gefahr bei einer Rückführung nach Äthiopien. Dies ist auch unter dem Blickwinkel des § 3b Abs. 2 AsylG zu sehen, wonach es unerheblich ist, ob der Asylsuchende tatsächlich die politischen Merkmale aufweist, die zu seiner Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Dies gilt auch in Kenntnis des Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 11. Juli 2017 (6 K 4787/15.GI.A – juris) und der dort vorgenommenen Bewertung der genannten Unterlagen.

Die oben dargestellte Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Gießen vom 9. Dezember 2016 kann das Gericht nicht mit Blick auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6. März 2017 dahingehend interpretieren, der Lagebericht knüpfe die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung unter anderem an eine Leitungsfunktion, weshalb die Gefahr der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung nur bestehe, wenn sich der Betroffene aus dem Kreis der bloßen Mitläufer hervorhebe. Vielmehr hebt der Lagebericht unter Ziffer 1.9 darauf ab, dass es grundsätzlich auf den Einzelfall ankomme „d.h. z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird o d e r (Hervorhebung durch das Gericht) um welche Art exilpolitischer Aktivität es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen)“. Aus dem Wort „oder“ geht hervor, dass nach Ansicht des Auswärtigen Amtes allein die Tatsache, dass eine Person sich für eine von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehene Organisation betätigt, zu staatlichen Repressionen führt; alternativ führen auch bestimmte Arten exilpolitischer Tätigkeiten für jedwede oppositionelle Organisation (auch die nicht als terroristisch eingestufte) zu staatlichen Repressionen. Damit relativiert der Lagebericht vom 6. März 2017 die Auskunft vom 9. Dezember 2016 nicht, sondern bestätigt sie.

Die Auskunft von Günter Schröder vom 23. Februar 2017 an das Verwaltungsgericht Gießen bewertet das Gericht dahingehend, dass sie eine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Gefahr für äthiopische Staatsbürger belegt, die als Mitglied einer von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuften Organisation bloße „Mitläufer“ sind. Diesbezüglich ist es nicht erforderlich, dass Günter Schröder eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung seit Verhängung des Ausnahmezustandes im Jahr 2016 belegt. Denn Schröder vertritt bereits z.B. in seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Köln vom 11. Mai 2009 (vgl. Rn. 198 ff.) die oben im Einzelnen dargelegte Haltung, die allerdings bislang von der Mehrzahl der Verwaltungsgerichte – so auch vom Verwaltungsgericht Würzburg – unter Berücksichtigung anders lautender Auskünfte anderer Stellen nicht als ausschlaggebend angesehen wurde. Die Darlegung hinreichender Gründe für die Verschiebung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes kann von Schröder unter diesen Umständen nicht verlangt werden. Vielmehr ist es hinreichend, dass nunmehr eine stärkere inhaltliche Deckung zwischen den Auskünften einerseits beispielsweise des Auswärtigen Amtes und des GIGA und andererseits von Günter Schröder besteht, zumal auch Schröder in seiner Auskunft vom 23. Februar 2017 an das VG Gießen mehrfach (vgl. Rn. 228 und Rn. 237) ausdrücklich auf den Ausnahmezustand abhebt.

Damit bewertet das Gericht aufgrund einer Gesamtschau, insbesondere aufgrund der aktuellen Auskünfte des Auswärtigen Amtes, des GIGA, von Günter Schröder, der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 21. Januar 2016 und der Unterlagen der EKBO (Berliner Missionswerk) die Gefahrensituation für äthiopische Staatsbürger, die sich in der Bundesrepublik Deutschland exilpolitisch betätigen, wie oben dargestellt, neu.

Angesichts der Unberechenbarkeit der äthiopischen Sicherheitsbehörden haben solche Personen mit einer längeren Inhaftierung, verbunden mit intensiver Befragung und Misshandlung unter inhumanen Haftbedingungen zu rechnen (Günter Schröder, a.a.O., Rn. 237; AA, Auskunft an das VG Gießen v. 9.12.2016; GIGA, Auskunft an das VG Gießen v. 30.1.2017), dies nach Einschätzung des Gerichts mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.

Dies stellt eine Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 AsylG aufgrund einer politischen Überzeugung im Sinne des § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG dar. Eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylG ist für solche Personen angesichts der umfassenden Präsenz der äthiopischen Sicherheitsbehörden im ganzen Land nicht erkennbar.

An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts dadurch, dass der verhängte Ausnahmezustand nach Auskunft des Auswärtigen Amtes zum 4. August 2017 beendet wurde (vgl. Auswärtiges Amt, Äthiopien: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 5.9.2017; NZZ vom 5.8.2017, Äthiopien hebt Ausnahmezustand auf). Allein hieraus ergeben sich für das Gericht keine Anhaltspunkte dafür, dass die äthiopische Regierung auch ihre Einstellung gegenüber exilpolitisch tätigen Flüchtlingen für als terroristisch eingestufte Vereinigungen geändert hat.

Auf der Grundlage dieser Bewertung wird deutlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeiten eine Verfolgung durch staatliche Behörden konkret und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hätte.

Denn der Kläger hat mittels diverser Bescheinigungen und Lichtbilder glaubhaft dargelegt, dass er an vielen verschiedenen Versammlungen der TBOJ/UOSG und von dieser Gruppierung organisierten Demonstrationen teilgenommen hat.

Insbesondere hat er die genannte Bescheinigung der TBOJ/UOSG vom 31. Januar 2017 vorgelegt, zusätzlich im Klageverfahren Lichtbilder, die den Kläger an der Spitze eines entsprechenden Demonstrationszuges zeigen.

Die TBOJ/UOSG steht nach ihrer eigenen Auskunft der OLF nahe. Nach Auskunft des GIGA an das Verwaltungsgericht Köln vom 24. August 2008 handelt es sich bei der TBOJ/UOSG um eine der OLF eng verbundene Organisation. Sie kann hiernach als Massenorganisation der OLF gelten. Nach der Auskunft von amnesty international an das Verwaltungsgericht Köln vom 9. April 2008 vertritt die TBOJ/UOSG eine strikt oppositionelle Haltung gegenüber der Regierung und sie befürwortet die politischen Ziele der OLF. Mitglieder der TBOJ/UOSG werden daher als Unterstützer der OLF und damit als Oppositionelle eingestuft. Die OLF selbst wird von der äthiopischen Regierung als terroristische Vereinigung eingestuft (Auskunft des AA an das VG Ansbach vom 11.2.2016, vgl. zur OLF auch: OVG NRW, U.v. 17.8.2010 – 8 A 3806/05.A – juris, Rn. 63 ff. m.w.N.).

Wie oben ausgeführt, muss davon ausgegangen werden, dass diese exilpolitischen Tätigkeiten dem äthiopischen Geheimdienst bekannt geworden sind und dass sich hieraus eine konkrete Verfolgungsgefahr bei einer Rückführung des Klägers nach Äthiopien ergibt, die eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen würde.

All dies macht deutlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeiten eine Verfolgung durch staatliche Behörden konkret und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hätte. Dementsprechend war die Beklagte unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides vom 10. März 2017 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Damit bedurfte es einer Entscheidung über subsidiären Schutz nach § 4 AsylG und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG nicht mehr.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylG, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, äthiopischer Staatsangehöriger vom Volke der Oromo, geb. nach eigenen Angaben am ...1989 bzw. ...1989, begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Der Kläger reiste nach eigenen Angaben über Italien auf dem Landweg am 18.5.2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dort stellte er am 1.7.2014 einen Asylantrag.

Am 26.5.2014 wurde der Kläger von der Hessischen Aufnahmeeinrichtung in Gießen befragt und gab hierbei an, am 20.5.2014 mit „dem Auto von Italien nach Unbekannt“ gereist zu sein. Einen Pass habe er nie besessen.

Am 16.6.2014 erfolgte die Befragung zur Identitätsklärung an der Außenstelle der Regierung von Mittelfranken Zirndorf. Hierbei gab der Kläger an, dass er vor ca. 3 Jahren einen Personalausweis von der Stadt W... D... ausgestellt bekommen habe. Am 10.4.2014 sei ihr Haus abgebrannt und der Personalausweis habe sich im Haus befunden. Er besitze keine Dokumente mehr. Er sei in W... D... in der K... Wa... in der Zone S... aufgewachsen und habe bis zuletzt dort gewohnt. Sein Vater sei verstorben, seine Mutter lebe noch. Er habe im Heimatland zwei Brüder, eine Schwester, eine Tante und einen Onkel. Er sei von der 1. bis zu 6. Klasse in Wa... in die Schule gegangen, von der 7. bis 8. Klasse in der „G...“ Schule in M... und in der 9. Klasse in der „O...“ in M... Seine Schulzeugnisse habe er nicht von der Schule abgeholt. Er sei Bauer gewesen.

Am 6.9.2016 erfolgte die Anhörung gem. § 25 AsylG vor dem Bundesamt. Bei dieser gab der Kläger im Wesentlichen an, dass er keine Personaldokumente habe. Er habe einen K...-Ausweis besessen. Den habe er in Äthiopien verbrannt. Er habe sich zuletzt im Dorf Wa... aufgehalten. Eine K... oder Hausnummer gäbe es nicht. Es sei ein kleines Dorf zwischen B...Z... und M... Er habe seine Heimat am 10.8.2006 (EC) verlassen und sei am 18.5.2014 in Deutschland eingereist. Er habe die Schule bis zur 10. Klasse besucht und sei Bauer gewesen. Man müsse nach der 10. Klasse eine Prüfung machen. Er habe nicht Mitglied der TPLF werden wollen und habe daher die Prüfung nicht machen dürfen. Er habe dann 4 Jahre als Bauer gearbeitet. Die Regierung habe dann alle Bauern versammelt und gesagt, dass sie das Land an Investoren aus Israel verkaufe. Sie sollten ihr Land verlassen. Alle Leute, die dagegen waren, seien festgenommen worden. Auch er sei 2003 (EC) von der Polizei in das Gefängnis in Z... gekommen und dort 3 Jahre gewesen. 2006 (EC) sei er aus dem Gefängnis geflohen und nach Mo... gefahren. An das genaue Datum der Verhaftung könne er sich nicht erinnern. Ca. ein Monat nach seiner Flucht aus dem Gefängnis sei er wieder an seinen Geburtsort zurückgekehrt und nach fünf Tagen wieder verhaftet worden. Er sei zehn Tage im Gefängnis gewesen. Das Gefängnis habe eine Farm gehabt, auf der ein Bekannter von ihm gearbeitet habe. Er habe seine Uniform angezogen und fast acht Stunden auf der Farm gearbeitet. Auf dem LKW, der die Tomaten abgeholt habe, sei er geflüchtet. Er habe dann von seinem Onkel Geld abgeholt und von seinem Onkel erfahren, dass sein Vater tot sei. Er sei dann zusammen mit seinem Onkel nach Addis Abeba gereist. Er sei dann über Mekele, Shere und Humera in den Sudan. Sein Vater sei Unterstützer der OLF gewesen und gegen den Verkauf des Landes an die Investoren. Darum habe die Polizei ihn umgebracht. Der Kläger sei Unterstützer der OLF gewesen. Er sei ein Oromo. Auch in Deutschland sei er als Mitglied der TBOJ exilpolitisch tätig. Kontakt in die Heimat habe er nicht mehr. Dem Bundesamt wurde eine Bestätigung der TBOJ / UOSG übergeben, wonach der Kläger seit 22.11.2014 Mitglied sei und an 17 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe.

Mit Bescheid vom 12.9.2016 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen und drohte andernfalls dem Kläger die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen rücknahmebereiten oder zur Rücknahme verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6). Die vom Kläger geltend gemachten Vorfluchtgründe seien nicht glaubhaft. Das Vorbringen des Klägers sei zu pauschal und oberflächlich. Auch bei unterstellter Wahrheit würden die geschilderten Umstände keinen Flüchtlingsschutz begründen. Die vom Antragsteller behauptete Zugehörigkeit zur OLF führe für sich noch nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Der Kläger habe kein aktives Tätigwerden für die OLF glaubhaft gemacht. Auch die behauptete exilpolitische Betätigung in der TBOJ führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger hebe sich nicht erkennbar aus dem Kreis der Mitläufer hervor. Im Übrigen wird auf den Bescheid vom 12.9.2016 verwiesen.

Am 26.9.2016 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben.

Der Kläger verweist hierbei im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Rahmen der Vorprüfung. Der Kläger habe sein Heimatland aus Furcht vor Verfolgung verlassen. Die Androhung der Abschiebung sei ungeachtet vom Ausgang des Asylverfahrens wegen Verstoßes gegen Art. 1 und 2 GG sowie Art. 3 EMRK unzulässig. Mit Schriftsatz vom 12.1.2018 brachte die Klägerseite ergänzend vor, der Kläger sei in Äthiopien bereits auf Grund der Weigerung, Land aufzugeben, verhaftet worden. Nach Auffassung des äthiopischen Regimes seien oromische Volkszugehörige, die sich gegen die Durchführung des „Masterplanes“ aussprächen etc., verdächtig, die OLF zu unterstützen. Verhaftungen wie im vorliegenden Fall knüpften daher zumindest an eine unterstellte politische Überzeugung an. Die im Bescheid gerügte angeblich nicht detailliert genug beschriebene Haftzeit etc. werde der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals darlegen. Der Kläger sei vorverfolgt ausgereist. Jedenfalls drohe dem Kläger auf Grund seiner exilpolitischen Aktivitäten eine Verfolgung in seinem Heimatland. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wurde eine Bescheinigung der TBOJ/UOSG vom 10.1.2018 vorgelegt. In dieser wird bestätigt, dass der Kläger seit 2.9.2016 an weiteren 7 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe. Ferner wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23.11.2017 vorgelegt und die dort benannten Erkenntnismaterialien und Auskünfte zum Bestandteil des Vorbringens gemacht. Wie im Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg ausgeführt, habe sich durch die Aufhebung des Ausnahmezustandes zum 4.8.2017 keine Änderung an der Verfolgungssituation ergeben.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.9.2016 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen;

weiter hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 12.12.2017 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seines Rechtsanwalts bewilligt.

Mit der Ladung vom 14.12.2017 wurde die Auskunftsliste „Äthiopien“ vom Stand 12.12.2017 übersandt.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.1.2018 hat das Gericht den Kläger nochmals zu den Ereignissen in Äthiopien und seiner exilpolitischen Betätigung befragt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Der Klägervertreter stellt den im Schriftsatz vom 12.1.2018 angekündigten bedingten Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 es unverändert dabei verbleibt, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung droht, die Einholung einer Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt einzuholen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten und auf die Sitzungsniederschrift vom 24.1.2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Entscheidung des Bundesamts, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zuzuerkennen sowie das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu verneinen und dem Kläger unter Androhung seiner Abschiebung nach Äthiopien zur Ausreise aufzufordern, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die vom Bundesamt gemäß den §§ 31 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AsylG, 75 Nr. 12, 11 Abs. 2 AufenthG getroffene Entscheidung ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids, den Antrag des Klägers im Hinblick auf die Anerkennung als Asylberechtigter abzulehnen, ist bestandskräftig geworden. Der Kläger hat diese Entscheidung mit seiner Klage nicht angegriffen (vgl. VGH BW U.v. 26.10.2016 – A 9 S 908/13 – juris). Ohnehin könnte er sich nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen, da er nach eigenen Angaben auf dem Landweg über Italien nach Deutschland eingereist ist.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.

Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – Flüchtling, wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris). Von einer Verfolgung kann nur dann ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die wegen ihrer Intensität den Betroffenen dazu zwingen, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es aber regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolution und Kriegen (vgl. OVG NRW, U.v. 28.3.2014 – 13 A 1305/13.A – juris). Eine Verfolgung i.S. d. § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (vgl. auch VG Augsburg, U.v. 11.8.2016 - Au 1 K 16.30744 – juris). Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist es nach § 3b Abs. 2 AsylG auch unerheblich, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist, weil er tatsächlich die Merkmale besitzt, die zu seiner Verfolgung führen, sofern der Verfolger dem Betroffenen diese Merkmale tatsächlich zuschreibt.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22). Eine Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt aber durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011, ABl. L 337 vom 20.12.2011 S. 9 ff.). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind danach ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen (vgl. auch OVG NRW, U.v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A – juris).

Der Kläger macht geltend, dass er in Äthiopien bereits inhaftiert gewesen sei, da er sein Land nicht an Investoren verkaufen habe wollen. Er habe gegen den Landverkauf demonstriert und er und seine Familie hätten die OLF allgemein unterstützt.

Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üblichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der Tatrichter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 – juris; BVerwG, U.v. 11.11.1986 - 9 C 316.85 - juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.10.2016 – AN 3 K 16.30452 – juris mit weiteren Nachweisen).

Die Angaben, die der Kläger im Verlauf seines Asylverfahrens zu den Geschehnissen in Äthiopien gemacht hat, sind nicht glaubhaft. Zwar ergänzte der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung seine Angaben und berichtete insbesondere konkreter von der Verhaftung und Haft. Es ist jedoch bereits nicht nachvollziehbar, dass der Kläger im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt, in der er aufgefordert wurde, alle Ereignisse zu schildern, die nach seiner Auffassung die Vorflucht begründen, weder Details zur Verhaftung und Haftzeit schilderte, noch die Demonstrationen und seine Unterstützungstätigkeiten für die OLF vortrug. Es wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger insbesondere die einschneidenden Erlebnisse, wie zum Beispiel die Verhaftung und die Gräueltaten und die Angst im Gefängnis vor diesen von sich aus vor dem Bundesamt berichtet. Bereits dies erweckt den Anschein, dass es sich nicht um selbst Erlebtes handelt, sondern der Vortrag im gerichtlichen Verfahren entsprechend zu den Ablehnungsgründen im Bescheid vom 12.9.2016 asyltaktisch ergänzt wurde. Zudem steigerte der Kläger hiermit sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens, was ebenfalls gegen die Glaubhaftigkeit spricht. Gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht ferner, dass der Kläger auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf konkrete Fragen des Gerichts zunächst mit allgemeinen Ausführungen antwortete. So antwortete der Kläger im Rahmen mehrfacher Nachfragen zu den konkreten Unterstützungstätigkeiten auf die Frage nach dem konkreten Text auf den Plakaten, die der Kläger an Strommasten plakatiert haben will, dass er die meisten Schriftstücke selbst verfasst habe und er anfangs klargestellt habe, dass „wir Oromo keine Demokratie in unseren Gebieten haben und keine gleichwertige Schulbildung“. Einen konkreten Text benannte er nicht, obwohl gerade bei Plakaten, die sich gewöhnlich durch kurze plakative Aussagen auszeichnen, dies gut möglich sein müsste. Ebenfalls gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht, dass der Kläger vor dem Bundesamt im Hinblick auf die Verhaftung und die Flucht nur jeweils das Jahr angab. Erst in der mündlichen Verhandlung ergänzte er auf entsprechenden Vorhalt die Monate. Hierbei mutet bereits seltsam an, dass der Kläger z.B. im Rahmen der Befragung in Zirndorf am 16.6.2014 im Rahmen seiner Fluchtgeschichte tagesgenau Daten zu verschiedenen Stationen auf der Flucht und auch bezüglich des Brandes des Heimathauses angab, so einschneidende Ereignisse wie seine Verhaftung und seine Flucht aus dem Gefängnis zunächst aber nur im Hinblick auf das Jahr eingrenzen konnte und erst vor Gericht noch den Monat benennen konnte. Soweit der Kläger vor Gericht angab, dass er beim Bundesamt genauere Angaben gemacht habe, diese aber nicht aufgenommen worden seien, hält das Gericht dies für eine Schutzbehauptung. Hiergegen spricht zum einen, dass der Kläger ausweislich der Niederschrift über die Anhörung bestätigte, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Hinzu kommt, dass der Kläger auch noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angab, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Hätte der Kläger damals wirklich versucht, nach der Rückübersetzung eine Ergänzung der Daten zu erreichen, stünde seine Einlassung am Beginn der informatorischen Befragung dazu im völligen Widerspruch.

Gegen die Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrags zu den Geschehnissen in seinem Heimatland sprechen insbesondere jedoch zahlreiche Widersprüchlichkeiten und Unstimmigkeiten, die sich im Laufe des Vortrags im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergaben und die nicht zur Überzeugung des Gerichts aufgelöst werden konnten. So gab der Kläger vor dem Bundesamt an, dass die Regierung alle Bauern versammelt hätte und erklärt habe, dass sie das Land an Investoren in Israel verkaufe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung betonte der Kläger aber, dass er mit der Haft gezwungen werden sollte, sein Land an die Investoren zu verkaufen. Vor allem aber widerspricht sich der Kläger im Hinblick auf die Anzahl der Verhaftungen und Fluchten aus dem Gefängnis. Vor dem Bundesamt gab der Kläger an, zweimal in Haft gewesen zu sein; zunächst einmal für 3 Jahre und dann nach seiner Flucht und Heimkehr in sein Heimatdorf noch einmal für ca. 10 Tage. Dann habe er von der Farm des Gefängnisses mit der Uniform eines Bekannten auf einem Tomaten-Transporter fliehen können. Vor Gericht gab er jedoch an, dass er nur einmal in Haft gewesen sei. Soweit der Kläger, als er hierauf hingewiesen wurde, dass er vor dem Bundesamt von einer zweiten Verhaftung und einem zweiten Gefängnisaufenthalt berichtet habe, äußerte, dies nicht gesagt zu haben, überzeugt dies nicht. Es erscheint völlig lebensfremd, dass der Dolmetscher vor dem Bundesamt einen ganzen zusätzlichen Ereigniskomplex mit Zeitangaben zur Haftdauer und eigener Fluchtgeschichte ohne die entsprechende Aussage des Klägers in das Protokoll einfügt und dies auch noch bei der Rückübersetzung unerkannt bleibt. Auch soweit die Klägerseite diesen Widerspruch damit zu entkräften versucht, dass der damalige Dolmetscher wegen Qualitätsmängeln nicht mehr beim Bundesamt eingesetzt werde, überzeugt dies nicht. Zum einen hat der Kläger vor dem Bundesamt auf dem Kontrollbogen bestätigt, dass das rückübersetzte Protokoll den heute gemachten Angaben des Klägers entsprochen habe. Zum anderen hat der Kläger auch im Rahmen der Anhörung ausweislich der Niederschrift erklärt, dass er sich gut mit dem Sprachmittler verständigen könne. Überdies hat der Kläger noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angegeben, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Im Übrigen fällt auf, dass eine angebliche Falschübersetzung oder die schlechte Qualität der Übersetzung mittlerweile zum Standardvorbringen bei Widersprüchlichkeiten gehört. Ebenfalls widersprüchlich ist, dass der Kläger vor dem Bundesamt angab, bei seiner Rückkehr in sein Heimatdorf nach der Flucht aus dem Gefängnis sei die Wohnung noch da gewesen. Vor Gericht erklärte er aber, dass das Haus bei seiner Rückkehr bereits abgebrannt gewesen sei. Bereits die massiven Widersprüchlichkeiten führen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vortags.

Hinzu kommt, dass das Vorbringen des Klägers in wesentlichen Punkten zudem lebensfremd ist. So ist es nicht vorstellbar, dass der Kläger während einer dreijährigen Haft im Gefängnis immer seinen Ausweis bei sich haben durfte und er ihn daher auch bei seiner Flucht griffbereit hatte. Dies widerspricht im Übrigen auch den Angaben des Klägers bei seiner Befragung in Zirndorf am 16.6.2014, wonach sein Personalausweis am 10.4.2014 beim Brand des Hauses verbrannt sei. Des Weiteren mutet die Fluchtgeschichte des Klägers aus dem Gefängnis, die er vor Gericht erzählte, ebenfalls lebensfremd an. Es ist nicht nachvollziehbar, dass im Rahmen des Dienstes auf der Farm beim Tomatenverkauf zwischen dem Kläger und einem Händler so enge Bande geknüpft werden konnten, dass der Händler sein Leben riskierte, um dem Kläger zur Flucht zu verhelfen. Dem Händler musste klar sein, dass er in der Situation, in der nur ein Lkw Tomaten abholte und ausgerechnet der Gefangene, der die Tomaten verkauft, anschließend fehlt, er ein extrem hohes Entdeckungsrisiko einging. Ihm musste klar sein, dass sein Handeln für ihn ernsthafte Konsequenzen bis hin zum eigenen Tod haben könnte. Das Eingehen dieses Risikos erscheint nicht realistisch. Im Übrigen fällt auf, dass diese Fluchtgeschichte gewisse Ähnlichkeiten zur Fluchtgeschichte aufweist, die der Kläger vor dem Bundesamt im Zusammenhang mit seiner zweiten Verhaftung erzählte. Sie ist jedoch nicht so identisch, dass man von einer missverständlichen Zuordnung zur ausgehen könnte.

Im Übrigen kommen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vorbringens noch erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers. Diese Zweifel werden dadurch begründet, dass der Kläger keinerlei Personaldokumente vorlegen kann und er sich auch im Hinblick auf die Personaldokumente in Widersprüchlichkeiten verwickelt. So gab er zunächst an, dass sie verbrannt seien, als das Haus am 10.4.2014 brannte. Später gab er an, dass er sie selber in Äthiopien verbrannt habe. Auf Vorhalt im Rahmen der mündlichen Verhandlung versuchte er dies damit zu erklären, dass er bei seiner Befragung in Zirndorf nicht nach dem K...-Ausweis gefragt worden sei, sondern nach Identitätspapieren. Unter diesen habe er seine Besitzkarte für die Grundstücke und seine Zeugnisse bis zu 4. Klasse gemeint, nicht aber den K...-Ausweis. Hiergegen spricht jedoch, dass der Kläger auf die Frage nach den Personalpapieren ausweislich der Niederschrift ausdrücklich antwortete, dass er einen Personalausweis besessen habe, den er vor ca. 3 Jahren in der Stadt M..., K... Wa..., W... D... ausgestellt bekommen habe. Auf die Frage nach weiteren Dokumenten gab er damals an, keine mehr zu besitzen und im Hinblick auf die Schulzeugnisse erklärte er damals, dass er diese nicht von der Schule abgeholt habe. Diese Widersprüchlichkeiten sprechen dafür, dass der Kläger durch Verschleierung seiner wahren Identität die Überprüfbarkeit seiner Angaben erschweren bzw. unmöglich machen will. Soweit die Klägerseite vorbringt, dass die Anhörung in Zirndorf nicht in Oromo, sondern in Amharisch erfolgt sei, erklärt bzw. beseitigt dies die Widersprüchlichkeiten nicht. Denn die genauen Angaben des Klägers in der Niederschrift erwecken nicht den Eindruck, dass sich der Kläger in Amharisch nicht habe ausdrücken können. Auch lässt sich das Missverständnis im Hinblick auf die Papiere nicht nachvollziehbar mit einem Übersetzungsfehler erklären. Zudem erklärte der Kläger ausweislich der Niederschrift ausdrücklich, dass er zusätzlich zu seiner Muttersprache auch Amharisch spreche.

Insgesamt geht das Gericht daher davon aus, dass das Vorgetragene so nicht geschehen ist und der Kläger Äthiopien nicht vorverfolgt verlassen hat.

Auch wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo droht dem Kläger keine landesweite Verfolgung in Form der Gruppenverfolgung. Das Gericht teilt die Einschätzung des Bundesamtes insoweit. Auf die Ausführungen im Bescheid vom 12.9.2016 wird verwiesen.

Nachdem der Kläger nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereist ist, steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht nur auf Ereignissen beruht, die eingetreten sind, nachdem ein Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat (sog. Nachfluchttatbestände). Im Gegensatz zu Vorfluchtgründen, die lediglich glaubhaft zu machen sind, bedürfen Nachfluchtgründe, die auf Ereignissen innerhalb des Gastlandes beruhen, des vollen Nachweises, wobei insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Insofern ist den Versuchen einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Asylrechtsschutzes im Bereich der Sachverhaltsermittlung zu begegnen (BVerwG, U.v.21.10.1986 - 9 C 28.85 - BVerwGE 75, 99; BVerwG, U.v. 8.11.1983 - 9 C 93.83 - BVerwGE 68, 171).

Nach Ansicht des Gerichts ist es auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr ins Heimatland eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

Dass ein Ausländer in seinem Heimatstaat politisch verfolgt wird, weil er in der Bundesrepublik Deutschland gegen seinen Staat politische Aktivitäten entfaltet hat, kann nur angenommen werden, wenn sowohl für das Bekanntwerden der Tätigkeit im Heimatstaat als auch für dessen im Sinne des Asylrechts politisch motivierte Reaktion hinreichend gewichtige Anhaltspunkte bestehen (BVerwG, U.v. 29.11.1977 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82). In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Das Gericht nimmt auch unter Zugrundelegung der gegenwärtig dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016 und des mittlerweile wieder aufgehobenen Ausnahmezustandes berücksichtigen, weiterhin nicht an, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Das Gericht geht nach wie vor davon aus, dass es für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf ankommt, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KSA mit weiteren Nachweisen; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6.3.2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, II. 1.9., S. 16). Soweit hiergegen angeführt wird, dass das Auswärtige Amt in seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Gießen vom 9.12.2016 zur Betätigung für die EPPFG geäußert habe, dass eine Verfolgung im Falle einer Rückkehr wahrscheinlich sei, so wurden diese Aussage im aktuelleren Lagebericht vom 6.3.2017 nicht mehr wiederholt. In diesem kehrte das Auswärtige Amt wieder zu seiner Formulierung zurück, die sich bereits in seinen Lageberichten vom 24.5.2016; 4.3.2015 und 8.4.2014 findet. Soweit im Hinblick auf die Formulierung „Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, d.h. z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche Art exilpolitischer Aktivität es sich handelt (.z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position Organisation gewaltsamer Aktionen)“ angenommen wird, dass das „oder“ zum zwingenden Schluss führen würde, dass bereits die Beteiligung an einer exilpolitischen Organisation, die von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuft würde, alleine ausreichend für eine beachtliche Verfolgungsgefahr sei, lässt dies nach Einschätzung des Gericht die übergeordnete Betonung des Einzelfalls außer Betracht. Vielmehr deutet die Formulierung darauf hin, dass zwar im Einzelfall die Beteiligung bei einer Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit auslösen kann, aber nicht bereits jede Beteiligung bei jeder Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, zwingend die Gefahr einer beachtlichen Verfolgung auslöst. Hierfür spricht auch, dass von Bedeutung auch sei, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige.

Das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) führt in seiner Stellungnahme vom 30.1.2017 aus, dass es aufgrund der Verhängung des Ausnahmezustandes zu einer weiteren Einschränkung der Bürgerrechte seit dem Erlass der Anti-Terror-Gesetze im Jahr 2009 gekommen sei. In diesem Zusammenhang verweist das Institut auf die Verhaftung des Vorsitzenden der legalen Oppositionspartei Oromo Federalist Congress im Dezember 2016, der sich mit dem Vorsitzenden von Ginbot 7 getroffen habe, einer Gruppierung, die die Regierung eindeutig als „terroristisch“ ansehe. Die Stellungnahme des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) spricht im Zuge einer Auskunft für das Verwaltungsgericht Gießen im Zusammenhang mit einer Betätigung für die EPPFG davon, dass eine Verfolgung „keinesfalls ausgeschlossen werden könne“. Aus dieser Formulierung kann jedoch nicht eine beachtliche Verfolgungsgefahr abgeleitet werden.

Der Gutachter Günter Schröder geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie er trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Günter Schröder, Stellungnahme vom 15.2.2017, Rn 214). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen kam. So sollen nach dem Gutachten von Günter Schröder im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit zumindest teilweise gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Schröders nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien auch die äthiopische Diaspora – auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass der Gutachter zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet (Rn 232); häufige Verhaftungen (Rn. 214); längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen (Rn. 237), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen.

Bei Würdigung der vorgenannten Auskunftslage in einer Gesamtschau, insbesondere aufgrund der aktuellen Auskunft des Auswärtigen Amtes und des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) nimmt das Gericht nicht an, dass äthiopische Asylbewerber sofern sie sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KS.A; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GlA – juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180). Das Gericht geht weiterhin davon aus, dass bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (vgl. BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 21 B 15.30119 –juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann – wie bereits ausgeführt – auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Das Gericht geht daher weiterhin davon aus, dass sich Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens abzielend einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Mit dem Verwaltungsgericht Bayreuth geht das Gericht davon aus, dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt (VG Bayreuth, B.v. 26.8.2013 - B 3 K 12.30096 – juris; so im Ergebnis auch VG Ansbach, U.v. 21.2.2017 - AN 3 K 16.30481 - juris, VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30562 – juris; VG Ansbach, U.v. 27.08.2012 - AN 12.30258 - juris; VG München, U.v.31.5.2016 - M 12 K 16.30593 - juris; VG Kassel, U.v. 21.7.2016 - 1 K 1953/15.KS.A - juris).

Nach diesen Maßstäben gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle seiner Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger ist ausweislich der Bescheinigungen des TBOJ/UOSG seit dem 22.11.2014 aktives Mitglied und hat seither an 24 Veranstaltungen der TBOJ/UOSG teilgenommen. Mit der bloßen Teilnahme an Veranstaltungen der TBOJ/UOSG – auch wenn diese kontinuierlich erfolgten - hebt sich der Kläger jedoch in keiner Weise aus der Masse der exilpolitisch Tätigen ab. Auch erweckte der Kläger weder durch seine Aussagen zu seiner exilpolitischen Betätigung vor dem Bundesamt noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck einer politisch engagierten Person. Die Tätigkeiten des Klägers führen nach Überzeugung des Gerichts nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen habe.

Der bedingt gestellte Beweisantrag musste das Gericht nicht veranlassen, entsprechenden Beweis zu erheben. Er ist darauf gerichtet, die Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt zum Beweis dafür einzuholen, dass es auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 unverändert dabei verblieben sei, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung drohe. Das Gericht ging in ständiger Rechtsprechung auch im Hinblick auf die Auskunftslage während des Ausnahmezustandes entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180 - juris) davon aus, dass nicht jede exilpolitische Betätigung im Falle der Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit führt. Die von Klägerseite angeregte Einholung einer Auskunft, um darzulegen, dass auch nach Aufhebung des Ausnahmezustandes eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung weiter drohe, führt daher mangels Entscheidungserheblichkeit (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht zum Ziel. Denn der Antrag geht von einer Einschätzung der vorhandenen Auskunftslage aus, die das Gericht so nicht teilt und nicht geteilt hat. Soweit es um eine andere Würdigung der Auskunftslage geht, ist dies jedoch eine Frage der richterlichen Würdigung der Auskunftslage und einer Klärung durch Beweiserhebung nicht zugänglich. Der bedingt gestellte Beweisantrag war daher abzulehnen. Das Gericht hatte auf Grund des gestellten Antrags auch keinen Anlass, von Amts wegen Gutachten zur aktuellen Lage nach Aufhebung des Ausnahmezustandes einzuholen, da offensichtlich ist, dass sich die Lage in Äthiopien jedenfalls mit Aufhebung des Ausnahmezustandes für Rückkehrer nicht verschärft hat. Entsprechendes wird auch nicht von Klägerseite vorgetragen, die lediglich vorträgt, dass die Lage trotz Aufhebung des Ausnahmezustandes unverändert sei.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Ein derartiger Schaden droht dem Kläger nach den obigen Ausführungen nicht.

Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

Ebenso wenig besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebeschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung aber jedenfalls dann, wenn die oberste Landebehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage keinen generellen Abschiebestopp erlassen bzw. diesen nicht verlängert hat und ein vergleichbarer wirksamen Schutz den betroffenen Ausländern nicht vermittelt wird. Die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG gebieten danach die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn einer extremen Lebensgefahr oder einer extremen Gefahr der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit entgegen gewirkt werden muss, was dann der Fall ist, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert oder erheblichen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt sein würde (BVerwG, U.v. 17.10.1995 - BVerwGE 99, 324; BVerwG, U.v. 19.11.1996 - BVerwGE 102, 249, BVerwG, U.v. 12.7.2001 - BVerwGE 115, 1). Eine derartige Gefahrensituation kann sich auch aus den harten Existenzbedingungen und der Versorgungslage in Äthiopien ergeben.

Ob die Annahme einer extremen Gefahrenlage im Wege der verfassungskonformen Auslegung nunmehr ausscheidet, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.1.2013 (Az. 10 C 15/12 – juris) davon ausgeht, dass in begründeten Ausnahmefällen schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat (auch) ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen können, kann letztlich dahinstehen, da die anzuwendenden Gefahrenmaßstäbe weitgehend übereinstimmen.

Nach den dem Gericht vorliegenden und ins Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Versorgungssituation für den Kläger in Äthiopien jedoch nicht so schlecht, dass von einer Gefahr im beschriebenen Sinn auszugehen wäre. Obwohl Äthiopien zwischen den Jahren 2004 und 2014 ein konstantes wirtschaftliches Wachstum aufwies, zählt das Land immer noch zu den ärmsten Staaten der Welt. Auf dem Human Development Index des UNO-Entwicklungsprogramms belegt Äthiopien Platz 173 von 186. 77,6% der Bevölkerung lebt von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Das durchschnittliche Jahreseinkommen liegt bei 170 US-Dollar. 82% Prozent der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft (SFH, Äthiopien, Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, Rahel Zürrer, Bern 2014). Andererseits ist die Arbeitslosigkeit in den ländlichen Regionen niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft (IOM, Länderinformationsblatt Äthiopien, Juni 2014, VII. 8.2.1, S. 19). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert, weshalb große Teile der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2014 waren ca. 3,2 Millionen Äthiopier auf solche Hilfen angewiesen, wobei sich die Hilfen neben der reinen Nahrungsmittelhilfe auch auf Non Food Items (Hygiene und Gesundheit) bezogen. Zusätzlich wurden 7,8 Millionen Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigt hätten (AA, Lagebericht vom 24.5.2016, Stand: März 2016, IV. 1. 1.1. S. 20). Im jüngsten Lagebericht spricht das Auswärtige Amt davon, dass 7,9 Millionen Menschen auf das staatliche Sozialprogramm zur Ernährungssicherung angewiesen sind (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, IV 1.1, S. 20). Hier zeigt es sich, dass die Situation für große Teile der Bevölkerung schwierig ist. Gleichwohl bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten. Für Rückkehrer bieten sich im Übrigen schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung. Vor allem für Rückkehrer, die über Qualifikationen und Sprachkenntnisse verfügen, besteht die Möglichkeit, Arbeit zu finden (AA, Lagebericht Äthiopien vom 18.12.2012, Stand: Oktober 2012. IV.1.1, S. 23 f.).

Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Kläger sich bei einer Rückkehr, seine Existenz nicht mehr sichern können würde. Der Kläger ist ein junger erwachsener Mann. Es sind keine Gründe ersichtlich, dass er in Äthiopien keine existenzsichernden Tätigkeiten ausüben kann. Auch befindet sich noch Familie des Klägers in Äthiopien. Der Kläger selbst hat im Übrigen nicht substantiiert vorgetragen, befürchten zu müssen, dass es ihm in Äthiopien nicht möglich sein würde, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen.

Nach alledem ist es dem Kläger zuzumuten, in sein Heimatland zurückzukehren.

Die in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf den §§ 34 Abs. 1 Asyl, 59 AufenthG. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse – wie etwa Reiseunfähigkeit – sind vom Bundesamt im Asylverfahren nicht zu prüfen. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse sind auf Grund des Vorbringens des Klägers nicht ersichtlich.

Die in Ziffer 6 des angegriffenen Bescheids ausgesprochene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate ist bestandskräftig. Der Kläger hat die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Status, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG beantragt. Die entsprechenden Ablehnungen sind in den Ziffern 1 – 3 des streitgegenständlichen Bescheides geregelt. Ein Verpflichtungsantrag auf eine kürzere Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG mit entsprechendem Aufhebungsbegehren wurde nicht gestellt. Im Übrigen wäre die getroffene Regelung auch nicht zu beanstanden. Die Beklagte musste nach den §§ 11 Abs. 2 Sätze 1 und 4, 75 Nr. 12 AufenthG eine Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG treffen. Über die Länge der Frist wird gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen entschieden. Ermessensfehler sind hier nicht ersichtlich. Grundsätzlich darf die Frist gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nicht überschreiten. Hier hat das Bundesamt diese maximale Frist zur Hälfte ausgeschöpft, was nicht zu beanstanden ist. Das Vorliegen besonderer Umstände, die eine kürzere Frist gebieten würden, ist vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 12.9.2016 wird im Übrigen Bezug genommen, § 77 AsylG.

Die Klage war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO in den Haupt- und Hilfsanträgen abzuweisen. Gerichtskosten werden nach § 83b Asyl nicht erhoben.

Der Gegenstandswert folgt aus § 30 RVG.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am … 1990 geborene Kläger, äthiopischer Staatsangehörigkeit, wendet sich gegen einen ablehnenden Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) und begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter, hilfsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wiederum hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes und wiederum hilfsweise die Feststellung des Vorliegens von Abschiebeverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Der amharische Kläger reiste eigenen Angaben zufolge am 6. September 2013 auf dem Landweg in Begleitung seiner Frau (Klägerin im Verfahren mit dem Aktenzeichen RO 2 K 16.30644) in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 16. September 2013 einen Asylantrag. Am 16. September 2013 erfolgte eine erste Befragung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Am 23. September 2013 führte die Regierung von Mittelfranken eine Befragung durch. Die Anhörung gemäß § 25 Asylgesetz (AsylG) fand am 22. Juli 2014 statt.

Der Kläger gab in den ersten beiden Befragungen an, der amharischen Volksgruppe anzugehören und außer amharisch keine Sprache zu beherrschen. Er habe seine Dokumente Mitte 2011 in K. im Sudan verloren. Vor seiner Ausreise aus Äthiopien habe er im Dorf G. B. in der Nähe von A. gelebt. Zusammen mit seiner Ehefrau habe er am 25. April 2008 sein Heimatland in Richtung Sudan verlassen. Bis April oder Mai 2013 habe sich das Paar in K. aufgehalten. Am 6. August 2013 seien sie nach Libyen aufgebrochen. Von dort aus hätten sie per Schiff nach Italien übergesetzt und seien dort am 14. August 2013 angekommen. Anschließend seien sie mit dem Zug nach München gefahren. In K. lebe noch eine Tochter des Paares. Diese sei am 4. August 2009 geboren worden und befinde sich in der Obhut der Schwiegermutter des Klägers. Am 16. September 2013 gab er an, sein Vater sei verstorben und seine Mutter sei ca. 45 Jahre alt und lebe in A. Be. In Äthiopien lebten noch zwei jüngere Geschwister bei seiner Mutter. Bis zur achten Klasse sei er zur Schule gegangen. Am 23. September 2013 teilte er mit, dass seine Mutter 2003 verstorben und in der Stadt D. begraben sei. Dort lebten auch seine Stiefgeschwister. Die Grundschule habe er vier Jahre lang besucht.

In der Anhörung am 22. Juli 2014 gab er zu Beginn an, dass es bei seiner Erstbefragung ein paar Missverständnisse gegeben habe, welche er ausräumen möchte. Er habe unter der Flucht noch gelitten und deswegen falsche Daten genannt. Sein richtiger Name sei Ki. H. T. Er sei Sohn eines Imam und von Geburt an Moslem gewesen. Er sei zusammen mit seiner Frau fünf Jahre im Sudan gewesen, diese habe dort gearbeitet, er nicht. Er habe dort für die äthiopische Opposition Zeitschriften, Flugblätter und solche Sachen gemacht. Er sei dort Chefredakteur gewesen. Seine Frau habe ein kleines Café gehabt und traditionelles Essen gekocht. Seine Tochter habe er im Sudan gelassen, da er von einem Imam in Äthiopien verfolgt worden sei. Seine Familie habe ihn verfolgt. Sein Leben sei in Gefahr gewesen, die Tochter müsse weiterleben, sie solle nicht wegen seiner Schuld sterben. Die Mutter seiner Frau passe auf seine Tochter auf. Zur Schwiegermutter bestehe (damals) Kontakt. Aus dem Sudan sei er ausgereist, weil in der Moschee sein Todesurteil ausgesprochen worden sei. Wer ihn umbringe, komme ins Paradies. Gegen seinen Vater habe man sich verschworen, diesem sei gesagt worden, wie könne sein Wort Gewicht haben, wenn sein Sohn Christ geworden sei. Er habe von seinem Halbbruder, der gebildet sei und in der Stadt D. arbeite, am 27. August 2013 Informationen bekommen, dass nach ihm gesucht werde. Der Bruder habe ihm mitgeteilt, dass das Versteck bekannt geworden sei und er sein Leben retten solle.

In Äthiopien habe er seine Frau im Jahr 2000 (äthiopischer Kalender) kennengelernt und sich in sie verliebt. Sie sei in das Bekleidungsgeschäft seiner Familie gekommen. Sie hätten sich öfters gesehen. Seine Frau wollte keinen Moslem zum Mann, weil dieser bis zu vier Frauen haben dürfe. Deshalb sei er konvertiert. Aus Liebe zu ihr sei er Christ geworden. Seine Eltern, insbesondere sein Vater, hätten ihm gesagt, dass er die Familienehre verletzt habe. Bis dahin sei er praktizierender Moslem gewesen. Er habe die Wahrheit erkannt und sei deshalb Christ geworden. Eine Woche vor der Hochzeit habe er sich taufen lassen. Zuvor habe er Bibelunterricht erhalten. Er habe nicht geglaubt, wegen einer Taufe Probleme zu bekommen. Er habe nur seine Frau im Kopf gehabt und gedacht, seine Familie werde es schon akzeptieren. Mit Todesdrohungen habe er nicht gerechnet. Die Familie habe von der Heirat gewusst. Nach den Todesdrohungen sei er demotiviert gewesen. Sie seien dann zum Onkel der Frau gegangen und dort drei Monate bis zur Ausreise geblieben. Er könne nicht einmal in Deutschland seinen richtigen Namen nennen, da auch hier welche seien, die sehr extremistisch sind.

In Äthiopien sei er nicht politisch tätig gewesen. Im Sudan habe er sich für eine Gruppe namens Menschen für Menschen engagiert.

In Deutschland mache er ein paar Aufgaben für die EPRP, aber nicht viel. Er nehme an Veranstaltungen teil. Er sei Chefredakteur der Zeitschrift „Platform for Freedom of Expression“ (Netsebraq). Diese Zeitschrift gebe es seit (damals) vier Monaten. Es seien zwei Ausgaben erschienen, die Auflage betrage so 100 - 200 Stück. Als Chefredakteur schaue er alle Schreiben durch und wähle die Überschriften aus. Für die 36 Seiten dicke Zeitung seien drei Chefredakteure nötig, weil sie alles korrigieren müssen und alles bestimmen. Er sei hierfür qualifiziert, weil er bis zur zehnten Klasse zur Schule gegangen und nicht wie früher angegeben bis zur Achten oder Vierten.

Bei einer Rückkehr nach Äthiopien werde er von ungebildeten Extremisten umgebracht. Lieber werde er hier von einem gebildeten umgebracht. Die äthiopische Regierung gewähre ihm keinen Schutz.

Mit Bescheid vom 29. März 2016 lehnte die Beklagte die Begehren des Klägers ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen und drohte die Abschiebung nach Äthiopien an. Hiergegen ließ der Kläger am 16. April 2016 Klage erheben.

Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2016 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Ergänzungen vortragen. Er betonte nochmals, dass sein richtiger Name Ki. H. T. sei. Seine leibliche Mutter sei 2003 verstorben, diese habe in die Ehe bereits einen Sohn und eine Tochter mitgebracht. Der Vater habe nochmals geheiratet und weitere Kinder (Tochter und Sohn) bekommen. Der Vater sei doch nicht verstorben, sondern lebe noch. Der Kläger sei 10 Jahre in der Schule gewesen. Als Sohn eines Imams sei der Kläger nach religiösen Regeln aufgezogen worden. Im September 2007 habe er seine spätere Frau kenngelernt. Anfangs sei die Beziehung verheimlicht worden. Nach Bekanntgabe der geplanten Hochzeit habe der Vater gesagt, diese werde nicht stattfinden. Der Halbbruder des Klägers sei loyal zum Kläger geblieben. Am 1. Februar 2008 hätten er seine Frau dann kirchlich geheiratet. Daraufhin habe der Vater in der Moschee eine Fatwa gegen ihn ausgesprochen. Auch die Schwiegermutter des Klägers sei in die Verfolgung einbezogen worden, da man ihr unterstellte, zum Religionswechsel beigetragen zu haben. Ihr sei das Haus angezündet worden. Mit ihrem damals zwölfjährigen Sohn sei sie bei einer Freundin untergekommen. Der Sohn habe das Haus verlassen und sei drei Tage später verschwunden, man wisse nichts mehr über ihn. Daraufhin sei man in den Sudan geflohen. Dort habe man sich als Moslems ausgegeben. Ein Halbbruder des Klägers habe ab und an mit Geld ausgeholfen. Im Sudan sei am 4. August 2009 die Tochter F. geboren worden. Im August 2013 habe der Kläger von seinem Halbbruder die Nachricht erhalten, dass man ihm im Sudan auf die Spur gekommen sei. So habe man Schwiegermutter und Tochter im Sudan gelassen und sei über Libyen nach Italien und Deutschland geflohen. Hier sei man nun für die EPRP tätig und arbeite an der Zeitschrift Netsebraq mit. Diese Zeitschrift veröffentliche Beiträge und Gedichte, die sich gegen das äthiopische Regime wendeten. Zudem sei der Kläger Mitglied von EPCOU. Letztere sei eine parteiübergreifende Oppositionsorganisation. Der Kläger beteilige sich an Protest- und Informationsveranstaltungen der äthiopischen Exilopposition. Man habe etwa ein im äthiopischen Generalkonsulat Frankfurt am 9. April 2016 geplantes Treffen der in Deutschland lebenden Amharen verhindert, indem man vor dem Konsulat demonstriert habe.

Dem Kläger drohe Verfolgung durch seinen Vater. Die muslimische Gemeinde habe enge Netze. Auch in Ad. Ab. sei er deshalb nicht sicher. Ohne die Familie aber, könne der Kläger sich keine Existenz aufbauen. Wegen seines Engagements für die Exilorganisationen drohe ihm politische Verfolgung.

Mit weiterem Schreiben vom 27. Februar 2018 ergänzte der Klagebevollmächtigte die Klagebegründung. Der Kläger und seine Frau seien weiterhin exilpolitisch tätig. Nunmehr hätten sie sich der EDFM angeschlossen. Die EDFM (Ethiopian Democratic Forces Movement) vertrete die EPPF/Gunbot 7 Berhanu Negas in Deutschland. Man nehme an diversen Protest- und Infoveranstaltungen teil.

Auch veröffentliche er weiterhin Artikel in der Netsebraq. Im Oktober 2016 und im Januar 2018 seien Artikel von ihm erschienen. Diese finde man auch auf der Website: netsebraqm.wordpress.com. Im Januar 2018 habe er mit einem Artikel in dem Magazin den Leiter (Generaldirektor) der WHO (World Health Organisation) und früheren äthiopischen Außenminister Teerose Adhanom (gemeint ist wohl Tedros Adhanom) der Folterunterstützung bezichtigt.

Der Kläger trägt vor, die Lage in Äthiopien habe sich seit November 2015 drastisch verändert. Die Auskunftslage belege eine Verschärfung der innenpolitischen Situation. Die Eintrittsschwelle für eine politische Verfolgung sei sehr niedrig. Insbesondere richte sich die Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte auf die Exilpresse. Diese spiele angesichts der Ausschaltung der freien Presse im Land eine große Rolle. Jede Positionsnahme für eine Entmachtung der EPRDF werde als strafbar gewertet. Auf das Urteil des VG Würzburgs vom 24. Juli 2017 (W 3 K 16.20710) werden hingewiesen. Zu beachten sei auch, dass der Ausnahmezustand am 16. Februar 2018 erneut verhängt worden sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 29. März 2016, Aktenzeichen 5 669 714 - 225 vollumfänglich aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten gemäß Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz anzuerkennen,

hilfsweise,

ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wiederum hilfsweise, ihm subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) zu gewähren,

weiter hilfsweise,

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz festzustellen.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung des angegriffenen Bescheids,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2017 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde durch Beschluss vom 26. Januar 2018 abgelehnt.

Der Kläger wurde in der mündlichen Verhandlung vom 7. März 2018 informatorisch angehört. Hierbei wurde er insbesondere zu seinem vormaligen Glauben, seinem wahren Namen und seiner exilpolitischen Tätigkeiten befragt. Insoweit wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen. Der Klagebevollmächtigte stellte in der mündlichen Verhandlung 6 Beweisanträge, die sämtliche abgelehnt worden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten, auch des Verfahrens der Ehefrau und des Sohnes (RO 2 K 16.30644, RO 2 K 16.30645), sowie die jeweiligen Niederschrift auch in deren Verfahren der mündlichen Verhandlungen vom 7. März 2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet und bleibt ohne Erfolg.

Die Entscheidung des Bundesamts, dem Kläger die Anerkennung als Asylberechtigter, die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zuzuerkennen sowie das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu verneinen und den Kläger unter Androhung seiner Abschiebung nach Äthiopien zur Ausreise aufzufordern, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger damit auch nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 2 des gegenständlichen Bescheids ist rechtmäßig. Der Kläger kann sich, da er nach eigenen Angaben über Italien als einem EU Mitgliedstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, nicht auf Asyl nach Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) berufen, wie sich schon aus Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG ergibt.

Auch die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1) Die getroffene Entscheidung ist rechtmäßig, da er keinen Anspruch nach § 3 Abs. 4 Asylgesetz (AsylG) auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hat. Er ist kein Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG.

a) Ein Ausländer ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – Flüchtling, wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris). Von einer Verfolgung kann nur dann ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die wegen ihrer Intensität den Betroffenen dazu zwingen, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen.

An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es aber regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolution und Kriegen (vgl. OVG NRW, U.v. 28.3.2014 – 13 A 1305/13.A – juris).

Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist es nach § 3b Abs. 2 AsylG auch unerheblich, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist, weil er tatsächlich die Merkmale besitzt, die zu seiner Verfolgung führen, sofern der Verfolger dem Betroffenen diese Merkmale tatsächlich zuschreibt.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22). Eine Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt aber durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind danach ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen (vgl. auch OVG NRW, U.v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A – juris).

Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üblichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der entscheidende Richter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 – juris; BVerwG, U.v. 11.11.1986 - 9 C 316.85 - juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.10.2016 – AN 3 K 16.30452 – juris mit weiteren Nachweisen).

b) Die geltend gemachte Vorverfolgung führt schon ungeachtet der Frage der Glaubhaftigkeit der Schilderungen und der sich aus der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Richters ergebenden fehlenden Glaubwürdigkeit des Klägers aufgrund mehrfacher irreführender Behauptungen und falscher Angaben (s.u.) nicht zur beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung.

Zwar wäre eine Verfolgung infolge eines Religionswechsels ein tauglicher Verfolgungsgrund nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Jedoch ginge die geltend gemachte Verfolgung nicht von einem Akteur i.S.d. § 3c AsylG aus. Verfolger wäre nach Angaben des Klägers allenfalls sein Vater und dessen Familie. Diese sehe den Kläger infolge der Konversion zum Christentum als Apostaten an und soll in der Moschee eine Todesdrohung (Fatwa) gegen ihn ausgesprochen haben. Wobei schon fraglich ist - ohne das es hierauf ankommt -, ob im islamischen Recht jedem Dorfimam die entsprechende religiöse Autorität zukommt, Fatwas zu erlassen. Der Vater und dessen Familie sind aber weder der äthiopische Staat (§ 3c Nr. 1 AsylG), noch sind sie eine Organisation, die einen wesentlichen Teil Äthiopiens beherrscht (3c Nr. 2 AsylG), noch sind sie ein nichtstaatlicher Akteur nach § 3c Nr. 3 AsylG. Von letzterem kann entgegen der klägerischen Ausführungen nicht ausgegangen werden, da nicht ersichtlich ist, dass die äthiopische Regierung weder in der Lage noch willens wäre dem Kläger und seiner Frau Schutz vor Verfolgung zu geben. Die Behauptung des Klägers, dass ihn auch die muslimischen äthiopischen Polizisten in Folge der Fatwa umbringen würden, falls er dort Schutz suchen würde, steht in diametralem Gegensatz zur Auskunft des Auswärtigen Amts an das Bundesamt vom 15. Januar 2018. Hiernach kommt es zwar eventuell in streng religiösen Familien zu Problemen infolge von Glaubenswechseln. Jedoch herrscht in Äthiopien Glaubensfreiheit. Probleme staatlicher oder offizieller Art gibt es dort diesbezüglich nicht. Zudem gibt es in der Hauptstadt Unterstützungsgruppen für Religionswechsler.

Auch die Glaubhaftigkeit des Vortrags zur Fluchtgeschichte ist angesichts mehrerer Unstimmigkeiten oder Widersprüche in Zweifel zu ziehen. Das Gericht sieht es als zweifelhaft an, dass die vermeintlichen Verfolger über 4 Jahre nicht gewusst haben sollen, wo sich der Kläger und seine Familie aufhalten, dann aber im Sommer 2013 plötzlich den Aufenthaltsort wussten. Zudem hat der Kläger in der Befragung am 22. Juli 2014 angegeben, von seinem Bruder am 27. August 2013 über die drohende Entdeckung informiert worden zu sein. In der mündlichen Verhandlung hat er dann erklärt, schon am 27. Juli 2013 vom Bruder angerufen worden zu sein. Man sei dann am nächsten Tag nach Libyen geflohen. Bei der Regierung von Mittelfranken hatte er angegeben bis 6. August 2013 im Sudan gewesen zu sein. Auch erschließt sich dem Gericht nicht, dass Eltern ihre Tochter, die als Folge des Religionswechsels für die Verfolger sichtbares Zeichen der Apostasie sein muss, bei der Schwiegermutter lassen. Zwar ist nachvollziehbar, dass die Saharadurchquerung für ein kleines Kind nicht zu schaffen ist, umso mehr verwundert aber, dass man die Tochter dann bei der Schwiegermutter lässt, wo die Verfolger doch angeblich wissen, wo im Sudan man sich befindet, anstatt, bei ihr zu bleiben, um sie zu schützen. Die Behauptung des Klägers, man habe gehofft, dass die Verfolger glauben würden, die Tochter sei mit nach Libyen gegangen und würden sie deshalb nicht im Sudan suchen ist schlicht unglaubhaft. Zumal der Klägers im Schriftsatz vom 4. Mai 2016 (Seite 6) behauptet hat, dass die Netzwerke der äthiopischen Muslime weitreichend sind. Nimmt man nämlich an, dass die vermeintlichen Verfolger wissen, wo sich der Kläger befindet, dann ist es lebensfremd zu glauben, dass sie dann nicht herausbekommen würden, dass die Tochter vor Ort geblieben ist. Auch die Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung, man habe seit ca. 8 Monaten keinen Kontakt mehr zur Tochter, weil Schwiegermutter und Tochter krank seien und man aus Furcht vor schlechten Nachrichten lieber keine Nachrichten bekomme, verwundert sehr, widerspricht jeglicher Lebenserfahrung und trägt nicht zur Glaubhaftigkeit des Ganzen bei.

c) Eine Verfolgung durch den äthiopischen Staat aufgrund eines politischen Engagements vor Ort in Äthiopien wurde schon nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich.

d) Soweit der Kläger geltend macht, zunächst für die EPRP exilpolitisch tätig gewesen zu sein und nunmehr die EDFM zu unterstützen, sowie an der Zeitschrift NETSEBRAQ als einer von drei Chefredakteuren mitzuarbeiten, führt auch dies nicht zur Annahme der beachtlich wahrscheinlichen Gefahr einer politischen Verfolgung im Heimatland.

Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht nur auf Ereignissen beruht, die eingetreten sind, nachdem ein Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat (sog. Nachfluchttatbestände). Hierbei ist auch zu beachten, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1a AsylG im Gegensatz zu § 28 Abs. 2 AsylG auch möglich ist, wenn sämtliche Umstände erst nach der Flucht eingetreten sind. Im Gegensatz zu Vorfluchtgründen, die lediglich glaubhaft zu machen sind, bedürfen Nachfluchtgründe, die auf Ereignissen innerhalb des Gastlandes beruhen, des vollen Nachweises, wobei insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Insofern ist den Versuchen einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Asylrechtsschutzes im Bereich der Sachverhaltsermittlung zu begegnen (BVerwG, U.v.21.10.1986 - 9 C 28.85 - BVerwGE 75, 99; BVerwG, U.v. 8.11.1983 - 9 C 93.83 - BVerwGE 68, 171).

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist es auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde (vgl. VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris).

Dass ein Ausländer in seinem Heimatstaat politisch verfolgt wird, weil er in der Bundesrepublik Deutschland gegen seinen Staat politische Aktivitäten entfaltet hat, kann nur angenommen werden, wenn sowohl für das Bekanntwerden der Tätigkeit im Heimatstaat als auch für dessen im Sinne des Asylrechts politisch motivierte Reaktion hinreichend gewichtige Anhaltspunkte bestehen (BVerwG, U.v. 29.11.1977 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82). Gerade an letzterem fehlt es hier.

Es gibt zahlreiche äthiopische politische Exilgruppen mit sehr unterschiedlichen Hintergründen und Programmen. Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6. März 2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es nach dieser Auskunft auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, II. 1.9., S. 16). Bei Würdigung dieser Auskunftslage ist weiterhin davon auszugehen, dass die Toleranzschwelle des äthiopischen Staates gegenüber exilpolitischen Aktivitäten seiner Staatsangehörigen sehr gering ist, so dass nicht nur medienwirksam exponierte Führungspersönlichkeiten der als terroristisch angesehenen illegalen Opposition bedroht sind. Vielmehr ist anzunehmen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dagegen ist zur Überzeugung des Gerichts nach Auswertung der aktuellen Erkenntnisquellen eine Verfolgung von nicht herausgehoben politisch tätigen Personen zwar nicht ausgeschlossen, aber jedenfalls nicht beachtlich wahrscheinlich.

Die Kammer und der entscheidende Einzelrichter gehen weiterhin davon aus, dass Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber, die im Herkunftsland nicht politisch aufgefallen waren, nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet.

Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „verfolgungswürdig“ erachten. Damit ist eine politische Verfolgung im Heimatland nicht beachtlich wahrscheinlich. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Mit dem Verwaltungsgericht Bayreuth geht das Gericht weiterhin davon aus, dass die zu beobachtenden vielfältigen Vorstands- oder sonstigen Funktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und in der Bundesrepublik sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt (VG Bayreuth, B.v. 26.8.2013 - B 3 K 12.30096 – juris; so im Ergebnis auch VG Ansbach, U.v. 21.2.2017 - AN 3 K 16.30481 - juris, VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30562 – juris; VG Ansbach, U.v. 27.08.2012 - AN 12.30258 - juris; VG München, U.v.31.5.2016 - M 12 K 16.30593 - juris; VG Kassel, U.v. 21.7.2016 - 1 K 1953/15.KS.A - juris).

Die Kammer und der Einzelrichter folgen damit nicht der vom Klägerbevollmächtigten dargelegten Auffassung des Verwaltungsgerichts Würzburg, wonach einem exilpolitisch tätigem Asylbewerber in Äthiopien politische Verfolgung drohe. Das VG Würzburg hat in Urteilen vom 24. Juli 2017 und vom 23. November 2017 zu einer die EPPFG,EPCOU unterstützenden Amharin und einem die TBOJ unterstützenden Oromo ausgeführt, dass es aufgrund der ihm vorliegenden Erkenntnisse - die sich auf dieselben Erkenntnismittel wie hier stützen - davon ausgehe, dass staatliche äthiopische Stellen Kenntnis von den oppositionellen Tätigkeiten im Ausland lebender Äthiopier zu erlangen versuchen und diese Kenntnisse dazu nutzten, heimgekehrte, exilpolitisch tätige Asylbewerber zu verfolgen.

Hierzu ist festzustellen, dass sich die Aussage, wonach jede exilpolitische Betätigung, auch die eines reinen Mitläufers, zu einer beachtlich wahrscheinlichen Verfolgung führen werde, nach Ansicht des Gerichts den Erkenntnismitteln nicht entnehmen lässt. Zunächst ist festzuhalten, dass nach sämtlichen Gutachten kein belegbarer Fall bekannt ist, wonach ein rein exilpolitisch tätiger Asylbewerber im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien verfolgt worden wäre. Sämtliche Gutachten basieren damit hinsichtlich der Verfolgungswahrscheinlichkeit auf Vermutungen ohne Tatsachengrundlage der jeweiligen Gutachter.

Das Auswärtige Amt teilt mit, dass keine Erkenntnisse vorlägen, wonach allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland zu staatlichen Repressionen führe. Es seien auch keine Fälle bekannt, wonach zurückgekehrte Äthiopier Benachteiligungen oder gar einer Festnahme oder Misshandlung ausgesetzt worden wären (AA in seinem Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, Seite 16 und 21). Demgegenüber steht die Aussage des Auswärtigen Amtes, wonach eine Verfolgung wahrscheinlich sei, wenn Anhänger der EPPFG aus dem Ausland zurückkehrten (AA an VG Gießen vom 9.12.2016 - EPPFG). Diese Aussage wurde aber im aktuelleren Lagebericht des Auswärtigen Amts von 2017 nicht wiederholt und kann daher als überholt angesehen werden.

Die Auskunft des Leibniz-Instituts (GIGA an VG Gießen vom 30.1.2017 - EPPFG) betrifft die EPPFG. Zudem stellt diese Auskunft nur fest, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr nicht ausgeschlossen werden könne. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab erreicht aber schon nicht den Maßstab der nötigen beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit.

Die Auskünfte des Gutachters Günter Schröder aus dem Jahr 2009 (Auskunft an das VG Köln vom 11.5.2009 Oromo, TBOJ/UOSG, OLF) und jene aus dem Jahr 2017 vermögen ebenfalls nicht zur Feststellung führen, dass heimkehrenden, rein exilpolitisch tätigen Asylbewerbern eine flüchtlingsrelevante Verfolgung droht. Dieser Gutachter behauptet zwar, dass zwangsweise zurückgeführte Äthiopier häufig verhaftet würden (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 214). Dieser Behauptung steht zum einen die oben genannte Auskunft des Auswärtigen Amtes entgegen. Zum anderen gibt auch der Gutachter Schröder keinen nachweisbaren Beleg an, wonach ein rein exilpolitische tätiges Mitglied einer der zahlreichen Exilorganisationen bei der Rückkehr nach Äthiopien etwa verhaftet worden wäre. Die Aussage, Rückkehrer würden häufig verhaftet, steht leer im Raum. Die von ihm näher erwähnten Verhaftungen betreffen jeweils Fälle von in Äthiopien demonstrierenden Personen (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 123, 125). So seien im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden. Dabei war der Großteil der Verhafteten oromischer Volkszugehörigkeit, ihnen wurde jeweils vorgehalten, an gewalttätigen Aktionen im Auftrag der OLF beteiligt gewesen zu sein. Entscheidend für die Verhaftung war also nicht die Frage, ob sie zurückgekehrte exilpolitisch tätige Asylbewerber waren, sondern, dass sie tatsächlich vor Ort demonstriert hatten. Dies wiederum deckt sich mit der Auskunft des Auswärtigen Amts, wonach es im Hinblick auf eine Verfolgung auch darauf ankommt, wie sich ein Rückkehrer vor Ort verhält.

Der Gutachter Schröder führt weiter an, dass eine Unterscheidung in unbedeutende und herausgehobene Tätigkeiten für die Beurteilung einer Verfolgungswahrscheinlichkeit nicht relevant sei (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 228), da dem äthiopischen Staat ein hohes Maß an Willkür zuzurechnen sei. Abschließend stellt der Gutachter fest, dass sich im Einzelfall nicht vorhersagen lasse, mit welchen konkreten Verfolgungsmaßnahmen ein Rückkehrer zu rechnen habe (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 237 Satz 1). Als Minimum müsse man jedoch mit einer längeren Inhaftierung und intensiver Befragung rechnen (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 237 Satz 2). Auch hier steht diese Aussage leer im Raum und der Auskunft des Auswärtigen Amts entgegen. Ein nachweisbarer Einzelfall ist vom Gutachter ebenfalls nicht dargetan. Auch erscheint es widersprüchlich, zunächst festzustellen, dass man konkrete Verfolgungshandlungen nicht vorhersagen könne, dann jedoch festzuhalten, dass mindestens mit einer längeren Inhaftierung und intensiven Befragungen zu rechnen ist.

Auch soweit das VG Würzburg dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 6. März 2017 entnimmt, dass schon die Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuften Organisation für eine flüchtlingsrelevante Verfolgung ausreicht, folgt das Gericht dem nicht. Diese Wortlautauslegung einer amtlichen Auskunft legt zu viel Wert auf das Wort „oder“ und lässt den Sinnzusammenhang des Satzes im ganzen Absatz unberücksichtigt. Zunächst teilt das Auswärtige Amt nämlich mit, dass keine Erkenntnisse darüber vorlägen, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Es komme auf den Einzelfall an, d.h. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen werde oder um welche Art von exilpolitischer Tätigkeit es sich handle. Wenn man nun wie das VG Würzburg davon ausgeht, dass schon die einfache Mitgliedschaft eines Asylbewerbers bei einer exilpolitischen Organisation ausreicht, so betrachtet man nicht mehr den Einzelfall, sondern pauschaliert nahezu sämtliche äthiopischen Asylbewerber, da der Großteil hiervon Mitglied oder Unterstützer irgendeiner Exilorganisation ist. Man ginge dann entgegen der Auskunft des Auswärtigen Amts, wonach es eben auf den Einzelfall ankommt, von einer generellen Verfolgung aller Mitglieder von Exilorganisationen, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft werden, aus.

Das Gericht weist nochmals daraufhin, dass es seine Erkenntnisse aus denselben Mitteln zieht, wie das seitens des Klagebevollmächtigten erwähnte VG Würzburg. Es bestanden daher mangels Konkretisierung, was eine neue Auskunft anderes ergeben würde, keine Anhaltspunkte, dass eine weitere Auskunft bei einem der angebotenen Gutachter neue Erkenntnisse brächte. Vielmehr erfolgt durch die Gerichte derzeit eine divergierende Schlussfolgerung aus den gegebenen Erkenntnissen. Dies aber ist eben keine beweisbare Tatsache und daher nicht dem angebotenen Beweis (Antrag Nr. 5 und 6) zugänglich. Entgegen der Ansicht des Klagebevollmächtigten in seiner Gegendarstellung gegen die Ablehnung der entsprechenden Beweisanträge handelt es sich hierbei auch nicht um eine beweisbare Wertung eines Sachverständigen. Das Gericht hat eben sämtliche vorliegenden Gutachten auszuwerten und zu berücksichtigen und kann nicht blind einer Aussage folgen, sondern es muss aus divergierenden Bewertungen mehrerer Gutachter eigene Schlüsse ziehen, was durch eine weiteres Gutachten nicht anders wäre.

Soweit der Kläger angibt, Mitglied der EPRP gewesen und jetzt bei der EDFM Mitglied zu sein, ist die reine Mitgliedschaft in einer der genannten Organisationen schon keine herausgehobene Stellung. Auch die behauptete Teilnahme an Demonstrationen vermag den Kläger nicht aus der Masse der äthiopischen Asylbewerber herauszuheben. In nahezu sämtlichen Verfahren äthiopischer Asylbewerber werden Teilnahmebescheinigungen an diversen Demonstrationen vorgelegt, so dass dies keinen mehr herauszuheben vermag. Weshalb die Frage der Tätigkeiten in den genannten Gruppen insoweit schon nicht entscheidungserheblich war und damit der Grund für die Ablehnung des entsprechenden Beweisantrags war. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die in englischer Sprache erstellte und in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Mitgliedsbescheinigung der EDFM von „some of her current acivity“ spricht, also allenfalls Tätigkeiten einer Frau und nicht eines Mannes bescheinigt werden würden.

Soweit der Kläger angibt, er sei einer der drei Chefredakteure der Zeitschrift NETSEBRAQ und veröffentliche dort regierungskritische Artikel, die von der äthiopischen Regierung gesehen und ihm zugeordnet würden, vermag auch dies selbst bei Wahrunterstellung nicht zu einer herausgehobenen Stellung des Klägers zu führen, weshalb der entsprechende Beweisantrag abzulehnen war. Die Selbsttitulierung mit scheinbar bedeutenden Posten vermag nicht zu einer herausgehobenen Stellung zu führen Die behauptete Tätigkeit des Klägers führt hier mitnichten zu einer exponierten Stellung. Wie sich durch die Befragung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, hat der Kläger den zuletzt angegebenen Artikel aus der Januarausgabe 2018 seines Magazins schon nicht selbst verfasst. Eine Beweiserhebung darüber, dass die Artikel „unter seinem Namen“ stehen, ist unerheblich. Sie verhülfe dem Kläger nicht zum Erfolg, da es nach der Auffassung des Gerichts nicht darauf ankommt, ob irgendwelche Artikel räumlich in der Nähe seines Namens stehen oder was sonst mit dem Ausdruck „unter/mit seinem Namen“ gemeint sein soll, sondern ob er Urheber derselben ist. Letzteres ist er jedenfalls für den englischsprachigen Artikel aus der Januarausgabe 2018 seines Magazins nicht.

Dieser englische Artikel wurde bereits am 19. Mai 2017 auf folgender Website veröffentlicht: http://...org/torture-victims-reeyot-and-habtamu-oppose-dr-tedros-adhanoms-candidacy-for-director-general-of-who/ (zuletzt aufgerufen am 8. März 2018) und stammt damit nicht vom Kläger. Entgegen dem Vortrag in der ergänzenden Klagebegründung vom 27. Februar 2018 (Seite 3 unten) ist dies damit nicht „ein Artikel“ des Klägers. Zumal der Kläger auch kein Englisch kann. Auf den entsprechenden Vorhalt des Gerichts gab der Kläger zu, dass er den Artikel nur weiterleiten und verbreiten wollte. Die reine Weiterleitung regierungskritischer Artikel ist aber keinesfalls eine eigene schöpferische Leistung, die dem selbst erkorenen Titel eines Chefredakteurs entspräche.

Auch die Frau des Klägers hat entgegen ihrer Darstellung in der Klagebegründung vom 27. Februar 2018 keinen eigenen Artikel verfasst. Der unter ihrem Namen veröffentlichte Artikel stimmt im Wortlaut mit einem Artikel der BBC vom 17. Januar 2018 überein. Er ist auf folgender Website abrufbar: http://www...com/news/world-africa-42716864?intlink_from_url=http://www...com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia& link_location=live-reporting-story (zuletzt aufgerufen am 8. März 2018) und damit nicht von ihr. Auf die Bitte, ihren Artikel vorzulesen, teilte die Klägerin mit, dass sie kein Englisch könne und den Artikel auf Amharisch verfasst habe. Sodann sei er übersetzt worden.

Beide Artikel sind durch eine einfache Google-Suche auffindbar, es ist nicht ersichtlich, dass die äthiopische Regierung diese fehlende Urheberschaft nicht erkennen würde.

Des Weiteren fällt auf, dass die Zeitschrift im Jahr 2017 nach bisherigen Erkenntnissen nicht erschienen ist, jedenfalls war bei den in der mündlichen Verhandlung vorgezeigten Zeitungen keine entsprechend datierte Ausgabe enthalten. Die Frau des Klägers erklärte, die Redaktion sei zerstritten gewesen, weshalb man nichts veröffentlicht habe. Auch dies verwundert sehr, will man doch stark gegen die Regierung engagiert sein. Im Jahr 2017 ruhte also die exilpolitische Tätigkeit insoweit. Erst im Jahr 2018, nach der Terminierung der mündlichen Verhandlung wurde am 27. Februar 2018 eine auf den 1. Januar 2018 datierte Zeitung vorgelegt. Auf den Hinweis des Richters an die Frau des Klägers in deren Verhandlung, dass das Veröffentlichungsdatum nicht stimmen könne, da die Zeitung einen Artikel über die Freilassung M. Gu. am 17. Januar 2018 enthalte, antwortete diese, dass komme vor, weil man nicht rechtzeitig fertig geworden sei. Man setze dann einfach das geplante Datum auf.

Hinzukommt, dass beide Artikel entgegen der Angabe in der ergänzenden Klagebegründung vom 27. Februar 2018 auch nicht im Internet auf der angegebenen Website www.netsebraqm.wordpress.com veröffentlicht werden. Nach entsprechendem Vorhalt des Gerichts, dass dort nur Zeitschriften von Februar 2016 oder früher auffindbar seien, erklärte die Frau des Klägers, dass sie eben nicht mehr veröffentlicht werden. Der Kläger erklärte, es habe Uneinigkeit in der Redaktion gegeben, ob die Website kostenpflichtig sei oder nicht. Festzuhalten ist jedenfalls, dass die Website weiter online ist, aber eben nicht aktualisiert oder gepflegt wird, wie dies bei dem behaupteten exilpolitischen Engagement zu erwarten wäre. Jedenfalls ist hieraus zu schließen, dass der aktuelle Verbreitungsgrad der Zeitschrift, angesichts der geringen Auflage, äußerst gering ist.

Hingewiesen sei noch darauf, dass die anderen, amharischen Artikel des Klägers in früheren Zeitschriften entgegen zweimaliger Aufforderung unter Hinweis auf § 184 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) nicht übersetzt worden sind, so dass sie insoweit nicht verwertbar sind. Wobei angesichts der aufgedeckten Täuschung über die Urheberschaft der englischsprachigen Artikel zu befürchten stünde, dass auch diese Artikel nur kopiert sind.

Aus alledem ergibt sich, dass der Kläger kein Redakteur ist und ihm damit auch keinesfalls eine herausgehobene Stellung in der äthiopischen Exilszene zukommt. Die Weiterleitung englischsprachiger Artikel unter der Angabe, dass seien eigene Artikel des Klägers, ist zur Überzeugung des Einzelrichters schlicht eine Täuschung des Gerichts über die behauptete Art und Weise der Tätigkeit aus asyltaktischen Motiven. Zur Erlangung einer scheinbar herausgehobenen Stellung und um sich einen Schutzgrund zu kreieren, hat der Kläger mehrfach wahrheitswidrige oder unvollständige Angaben gemacht.

Dadurch ist die Glaubwürdigkeit des Klägers zutiefst erschüttert. Dieser hat gegenüber dem Gericht mehrfach falsche, unvollständige Angaben machen lassen. Falsch war die Angabe, der Artikel sei im Internet auf der Zeitschriftenwebsite veröffentlicht. Falsch war die Angabe, es sei sein Artikel, da er schlicht kopiert worden war. Unvollständig war zudem die Behauptung, der englische Artikel sei von ihm. Denn der Kläger kann kein Englisch. Deshalb wäre korrekterweise anzugeben gewesen, dass es ein von ihm in Amharisch verfasster und sodann übersetzter Artikel sein soll.

Angesichts der sich nach der mündlichen Verhandlung darstellenden Art und Weise der Tätigkeit scheidet eine herausgehobene, aus Sicht der äthiopischen Regierung verfolgungswürdige, Tätigkeit aus. Da die Tätigkeit auch nicht zu einer beachtlich wahrscheinlichen politischen Verfolgung führt, kam es auch nicht auf die unter Beweis gestellte Behauptung, die äthiopischen Sicherheitsdienste würden über die Aktivitäten des Klägers auch dann genauestens Bescheid wissen, wenn er unter Pseudonym tätig sei, an. Der ähnlich gelagerte Beweisantrag Nr. 3 war aber schon deshalb abzulehnen, weil nicht dargetan war, inwiefern die angebotenen Beweismittel eigenes Wissen darüber haben sollen, welche Tätigkeiten des Klägers den Sicherheitsdiensten bekannt sind.

3) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Ein derartiger Schaden droht dem Kläger nach den obigen Ausführungen nicht.

4) Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

Ebenso wenig besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebeschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung aber jedenfalls dann, wenn die oberste Landebehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage keinen generellen Abschiebestopp erlassen bzw. diesen nicht verlängert hat und ein vergleichbarer wirksamer Schutz den betroffenen Ausländern nicht vermittelt wird. Die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG gebieten danach die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn einer extremen Lebensgefahr oder einer extremen Gefahr der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit entgegen gewirkt werden muss. Dies ist der Fall, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert oder erheblichen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt wäre (BVerwG, U.v. 17.10.1995 - BVerwGE 99, 324; BVerwG, U.v. 19.11.1996 - BVerwGE 102, 249, BVerwG, U.v. 12.7.2001 - BVerwGE 115, 1). Eine derartige Gefahrensituation könnte sich auch aus den harten Existenzbedingungen und der Versorgungslage in Äthiopien ergeben.

Ob die Annahme einer extremen Gefahrenlage im Wege der verfassungskonformen Auslegung nunmehr ausscheidet, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.1.2013 (Az. 10 C 15/12 – juris) davon ausgeht, dass in begründeten Ausnahmefällen schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat (auch) ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen können, kann letztlich dahinstehen, da die anzuwendenden Gefahrenmaßstäbe weitgehend übereinstimmen.

Nach den dem Gericht vorliegenden und ins Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Versorgungssituation für den Kläger in Äthiopien jedoch nicht so schlecht, dass von einer Gefahr im beschriebenen Sinn auszugehen wäre. Obwohl Äthiopien zwischen den Jahren 2004 und 2014 ein konstantes wirtschaftliches Wachstum aufwies, zählt das Land immer noch zu den ärmsten Staaten der Welt. Auf dem Human Development Index des UNO-Entwicklungsprogramms belegt Ä. Platz 173 von 186. 77,6% der Bevölkerung leben von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Das durchschnittliche Jahreseinkommen liegt bei 170 US-Dollar. 82% Prozent der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft (SFH, Äthiopien, Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, Rahel Zürrer, Bern 2014). Andererseits ist die Arbeitslosigkeit in den ländlichen Regionen niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft (IOM, Länderinformationsblatt Äthiopien, Juni 2014, VII. 8.2.1, S. 19). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert, weshalb große Teile der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2014 waren ca. 3,2 Millionen Äthiopier auf solche Hilfen angewiesen, wobei sich die Hilfen neben der reinen Nahrungsmittelhilfe auch auf Non Food Items (Hygiene und Gesundheit) bezogen. Zusätzlich wurden 7,8 Millionen Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigt hätten (AA, Lagebericht vom 24.5.2016, Stand: März 2016, IV. 1. 1.1. S. 20).

Im jüngsten Lagebericht spricht das Auswärtige Amt davon, dass 7,9 Millionen Menschen auf das staatliche Sozialprogramm zur Ernährungssicherung angewiesen sind (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, IV 1.1, S. 20). Hier zeigt es sich, dass die Situation für große Teile der Bevölkerung schwierig ist. Gleichwohl bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten. Für Rückkehrer bieten sich im Übrigen schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung.

Hierbei berücksichtigt das Gericht auch, dass der Kläger - zumindest nach seinem Vortrag -nicht in den Schoß seiner Familie und die dortige soziale Sicherheit zurückkehren kann. Jedoch ist es nicht ersichtlich, dass der gesunde Kläger nicht in der Lage wäre, Arbeit in Äthiopien zu suchen und zu finden, um sich und seine Familie zu ernähren. Dabei ist davon auszugehen, dass der Kläger sich in einem gesunden Zustand befindet, er hat erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er auch nicht gesund sei, sondern der Stress seine Spuren hinterlassen habe. Hierzu wurden jedoch schon keinerlei Atteste vorgelegt, noch führt Stress alleine zur Annahme einer Krankheit.

Die Entscheidung zur Kostentragung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, äthiopischer Staatsangehöriger vom Volke der Oromo, geb. nach eigenen Angaben am ...1989 bzw. ...1989, begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Der Kläger reiste nach eigenen Angaben über Italien auf dem Landweg am 18.5.2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dort stellte er am 1.7.2014 einen Asylantrag.

Am 26.5.2014 wurde der Kläger von der Hessischen Aufnahmeeinrichtung in Gießen befragt und gab hierbei an, am 20.5.2014 mit „dem Auto von Italien nach Unbekannt“ gereist zu sein. Einen Pass habe er nie besessen.

Am 16.6.2014 erfolgte die Befragung zur Identitätsklärung an der Außenstelle der Regierung von Mittelfranken Zirndorf. Hierbei gab der Kläger an, dass er vor ca. 3 Jahren einen Personalausweis von der Stadt W... D... ausgestellt bekommen habe. Am 10.4.2014 sei ihr Haus abgebrannt und der Personalausweis habe sich im Haus befunden. Er besitze keine Dokumente mehr. Er sei in W... D... in der K... Wa... in der Zone S... aufgewachsen und habe bis zuletzt dort gewohnt. Sein Vater sei verstorben, seine Mutter lebe noch. Er habe im Heimatland zwei Brüder, eine Schwester, eine Tante und einen Onkel. Er sei von der 1. bis zu 6. Klasse in Wa... in die Schule gegangen, von der 7. bis 8. Klasse in der „G...“ Schule in M... und in der 9. Klasse in der „O...“ in M... Seine Schulzeugnisse habe er nicht von der Schule abgeholt. Er sei Bauer gewesen.

Am 6.9.2016 erfolgte die Anhörung gem. § 25 AsylG vor dem Bundesamt. Bei dieser gab der Kläger im Wesentlichen an, dass er keine Personaldokumente habe. Er habe einen K...-Ausweis besessen. Den habe er in Äthiopien verbrannt. Er habe sich zuletzt im Dorf Wa... aufgehalten. Eine K... oder Hausnummer gäbe es nicht. Es sei ein kleines Dorf zwischen B...Z... und M... Er habe seine Heimat am 10.8.2006 (EC) verlassen und sei am 18.5.2014 in Deutschland eingereist. Er habe die Schule bis zur 10. Klasse besucht und sei Bauer gewesen. Man müsse nach der 10. Klasse eine Prüfung machen. Er habe nicht Mitglied der TPLF werden wollen und habe daher die Prüfung nicht machen dürfen. Er habe dann 4 Jahre als Bauer gearbeitet. Die Regierung habe dann alle Bauern versammelt und gesagt, dass sie das Land an Investoren aus Israel verkaufe. Sie sollten ihr Land verlassen. Alle Leute, die dagegen waren, seien festgenommen worden. Auch er sei 2003 (EC) von der Polizei in das Gefängnis in Z... gekommen und dort 3 Jahre gewesen. 2006 (EC) sei er aus dem Gefängnis geflohen und nach Mo... gefahren. An das genaue Datum der Verhaftung könne er sich nicht erinnern. Ca. ein Monat nach seiner Flucht aus dem Gefängnis sei er wieder an seinen Geburtsort zurückgekehrt und nach fünf Tagen wieder verhaftet worden. Er sei zehn Tage im Gefängnis gewesen. Das Gefängnis habe eine Farm gehabt, auf der ein Bekannter von ihm gearbeitet habe. Er habe seine Uniform angezogen und fast acht Stunden auf der Farm gearbeitet. Auf dem LKW, der die Tomaten abgeholt habe, sei er geflüchtet. Er habe dann von seinem Onkel Geld abgeholt und von seinem Onkel erfahren, dass sein Vater tot sei. Er sei dann zusammen mit seinem Onkel nach Addis Abeba gereist. Er sei dann über Mekele, Shere und Humera in den Sudan. Sein Vater sei Unterstützer der OLF gewesen und gegen den Verkauf des Landes an die Investoren. Darum habe die Polizei ihn umgebracht. Der Kläger sei Unterstützer der OLF gewesen. Er sei ein Oromo. Auch in Deutschland sei er als Mitglied der TBOJ exilpolitisch tätig. Kontakt in die Heimat habe er nicht mehr. Dem Bundesamt wurde eine Bestätigung der TBOJ / UOSG übergeben, wonach der Kläger seit 22.11.2014 Mitglied sei und an 17 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe.

Mit Bescheid vom 12.9.2016 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen und drohte andernfalls dem Kläger die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen rücknahmebereiten oder zur Rücknahme verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6). Die vom Kläger geltend gemachten Vorfluchtgründe seien nicht glaubhaft. Das Vorbringen des Klägers sei zu pauschal und oberflächlich. Auch bei unterstellter Wahrheit würden die geschilderten Umstände keinen Flüchtlingsschutz begründen. Die vom Antragsteller behauptete Zugehörigkeit zur OLF führe für sich noch nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Der Kläger habe kein aktives Tätigwerden für die OLF glaubhaft gemacht. Auch die behauptete exilpolitische Betätigung in der TBOJ führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger hebe sich nicht erkennbar aus dem Kreis der Mitläufer hervor. Im Übrigen wird auf den Bescheid vom 12.9.2016 verwiesen.

Am 26.9.2016 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben.

Der Kläger verweist hierbei im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Rahmen der Vorprüfung. Der Kläger habe sein Heimatland aus Furcht vor Verfolgung verlassen. Die Androhung der Abschiebung sei ungeachtet vom Ausgang des Asylverfahrens wegen Verstoßes gegen Art. 1 und 2 GG sowie Art. 3 EMRK unzulässig. Mit Schriftsatz vom 12.1.2018 brachte die Klägerseite ergänzend vor, der Kläger sei in Äthiopien bereits auf Grund der Weigerung, Land aufzugeben, verhaftet worden. Nach Auffassung des äthiopischen Regimes seien oromische Volkszugehörige, die sich gegen die Durchführung des „Masterplanes“ aussprächen etc., verdächtig, die OLF zu unterstützen. Verhaftungen wie im vorliegenden Fall knüpften daher zumindest an eine unterstellte politische Überzeugung an. Die im Bescheid gerügte angeblich nicht detailliert genug beschriebene Haftzeit etc. werde der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals darlegen. Der Kläger sei vorverfolgt ausgereist. Jedenfalls drohe dem Kläger auf Grund seiner exilpolitischen Aktivitäten eine Verfolgung in seinem Heimatland. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wurde eine Bescheinigung der TBOJ/UOSG vom 10.1.2018 vorgelegt. In dieser wird bestätigt, dass der Kläger seit 2.9.2016 an weiteren 7 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe. Ferner wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23.11.2017 vorgelegt und die dort benannten Erkenntnismaterialien und Auskünfte zum Bestandteil des Vorbringens gemacht. Wie im Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg ausgeführt, habe sich durch die Aufhebung des Ausnahmezustandes zum 4.8.2017 keine Änderung an der Verfolgungssituation ergeben.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.9.2016 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen;

weiter hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 12.12.2017 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seines Rechtsanwalts bewilligt.

Mit der Ladung vom 14.12.2017 wurde die Auskunftsliste „Äthiopien“ vom Stand 12.12.2017 übersandt.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.1.2018 hat das Gericht den Kläger nochmals zu den Ereignissen in Äthiopien und seiner exilpolitischen Betätigung befragt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Der Klägervertreter stellt den im Schriftsatz vom 12.1.2018 angekündigten bedingten Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 es unverändert dabei verbleibt, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung droht, die Einholung einer Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt einzuholen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten und auf die Sitzungsniederschrift vom 24.1.2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Entscheidung des Bundesamts, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zuzuerkennen sowie das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu verneinen und dem Kläger unter Androhung seiner Abschiebung nach Äthiopien zur Ausreise aufzufordern, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die vom Bundesamt gemäß den §§ 31 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AsylG, 75 Nr. 12, 11 Abs. 2 AufenthG getroffene Entscheidung ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids, den Antrag des Klägers im Hinblick auf die Anerkennung als Asylberechtigter abzulehnen, ist bestandskräftig geworden. Der Kläger hat diese Entscheidung mit seiner Klage nicht angegriffen (vgl. VGH BW U.v. 26.10.2016 – A 9 S 908/13 – juris). Ohnehin könnte er sich nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen, da er nach eigenen Angaben auf dem Landweg über Italien nach Deutschland eingereist ist.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.

Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – Flüchtling, wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris). Von einer Verfolgung kann nur dann ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die wegen ihrer Intensität den Betroffenen dazu zwingen, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es aber regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolution und Kriegen (vgl. OVG NRW, U.v. 28.3.2014 – 13 A 1305/13.A – juris). Eine Verfolgung i.S. d. § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (vgl. auch VG Augsburg, U.v. 11.8.2016 - Au 1 K 16.30744 – juris). Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist es nach § 3b Abs. 2 AsylG auch unerheblich, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist, weil er tatsächlich die Merkmale besitzt, die zu seiner Verfolgung führen, sofern der Verfolger dem Betroffenen diese Merkmale tatsächlich zuschreibt.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22). Eine Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt aber durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011, ABl. L 337 vom 20.12.2011 S. 9 ff.). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind danach ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen (vgl. auch OVG NRW, U.v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A – juris).

Der Kläger macht geltend, dass er in Äthiopien bereits inhaftiert gewesen sei, da er sein Land nicht an Investoren verkaufen habe wollen. Er habe gegen den Landverkauf demonstriert und er und seine Familie hätten die OLF allgemein unterstützt.

Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üblichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der Tatrichter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 – juris; BVerwG, U.v. 11.11.1986 - 9 C 316.85 - juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.10.2016 – AN 3 K 16.30452 – juris mit weiteren Nachweisen).

Die Angaben, die der Kläger im Verlauf seines Asylverfahrens zu den Geschehnissen in Äthiopien gemacht hat, sind nicht glaubhaft. Zwar ergänzte der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung seine Angaben und berichtete insbesondere konkreter von der Verhaftung und Haft. Es ist jedoch bereits nicht nachvollziehbar, dass der Kläger im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt, in der er aufgefordert wurde, alle Ereignisse zu schildern, die nach seiner Auffassung die Vorflucht begründen, weder Details zur Verhaftung und Haftzeit schilderte, noch die Demonstrationen und seine Unterstützungstätigkeiten für die OLF vortrug. Es wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger insbesondere die einschneidenden Erlebnisse, wie zum Beispiel die Verhaftung und die Gräueltaten und die Angst im Gefängnis vor diesen von sich aus vor dem Bundesamt berichtet. Bereits dies erweckt den Anschein, dass es sich nicht um selbst Erlebtes handelt, sondern der Vortrag im gerichtlichen Verfahren entsprechend zu den Ablehnungsgründen im Bescheid vom 12.9.2016 asyltaktisch ergänzt wurde. Zudem steigerte der Kläger hiermit sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens, was ebenfalls gegen die Glaubhaftigkeit spricht. Gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht ferner, dass der Kläger auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf konkrete Fragen des Gerichts zunächst mit allgemeinen Ausführungen antwortete. So antwortete der Kläger im Rahmen mehrfacher Nachfragen zu den konkreten Unterstützungstätigkeiten auf die Frage nach dem konkreten Text auf den Plakaten, die der Kläger an Strommasten plakatiert haben will, dass er die meisten Schriftstücke selbst verfasst habe und er anfangs klargestellt habe, dass „wir Oromo keine Demokratie in unseren Gebieten haben und keine gleichwertige Schulbildung“. Einen konkreten Text benannte er nicht, obwohl gerade bei Plakaten, die sich gewöhnlich durch kurze plakative Aussagen auszeichnen, dies gut möglich sein müsste. Ebenfalls gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht, dass der Kläger vor dem Bundesamt im Hinblick auf die Verhaftung und die Flucht nur jeweils das Jahr angab. Erst in der mündlichen Verhandlung ergänzte er auf entsprechenden Vorhalt die Monate. Hierbei mutet bereits seltsam an, dass der Kläger z.B. im Rahmen der Befragung in Zirndorf am 16.6.2014 im Rahmen seiner Fluchtgeschichte tagesgenau Daten zu verschiedenen Stationen auf der Flucht und auch bezüglich des Brandes des Heimathauses angab, so einschneidende Ereignisse wie seine Verhaftung und seine Flucht aus dem Gefängnis zunächst aber nur im Hinblick auf das Jahr eingrenzen konnte und erst vor Gericht noch den Monat benennen konnte. Soweit der Kläger vor Gericht angab, dass er beim Bundesamt genauere Angaben gemacht habe, diese aber nicht aufgenommen worden seien, hält das Gericht dies für eine Schutzbehauptung. Hiergegen spricht zum einen, dass der Kläger ausweislich der Niederschrift über die Anhörung bestätigte, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Hinzu kommt, dass der Kläger auch noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angab, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Hätte der Kläger damals wirklich versucht, nach der Rückübersetzung eine Ergänzung der Daten zu erreichen, stünde seine Einlassung am Beginn der informatorischen Befragung dazu im völligen Widerspruch.

Gegen die Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrags zu den Geschehnissen in seinem Heimatland sprechen insbesondere jedoch zahlreiche Widersprüchlichkeiten und Unstimmigkeiten, die sich im Laufe des Vortrags im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergaben und die nicht zur Überzeugung des Gerichts aufgelöst werden konnten. So gab der Kläger vor dem Bundesamt an, dass die Regierung alle Bauern versammelt hätte und erklärt habe, dass sie das Land an Investoren in Israel verkaufe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung betonte der Kläger aber, dass er mit der Haft gezwungen werden sollte, sein Land an die Investoren zu verkaufen. Vor allem aber widerspricht sich der Kläger im Hinblick auf die Anzahl der Verhaftungen und Fluchten aus dem Gefängnis. Vor dem Bundesamt gab der Kläger an, zweimal in Haft gewesen zu sein; zunächst einmal für 3 Jahre und dann nach seiner Flucht und Heimkehr in sein Heimatdorf noch einmal für ca. 10 Tage. Dann habe er von der Farm des Gefängnisses mit der Uniform eines Bekannten auf einem Tomaten-Transporter fliehen können. Vor Gericht gab er jedoch an, dass er nur einmal in Haft gewesen sei. Soweit der Kläger, als er hierauf hingewiesen wurde, dass er vor dem Bundesamt von einer zweiten Verhaftung und einem zweiten Gefängnisaufenthalt berichtet habe, äußerte, dies nicht gesagt zu haben, überzeugt dies nicht. Es erscheint völlig lebensfremd, dass der Dolmetscher vor dem Bundesamt einen ganzen zusätzlichen Ereigniskomplex mit Zeitangaben zur Haftdauer und eigener Fluchtgeschichte ohne die entsprechende Aussage des Klägers in das Protokoll einfügt und dies auch noch bei der Rückübersetzung unerkannt bleibt. Auch soweit die Klägerseite diesen Widerspruch damit zu entkräften versucht, dass der damalige Dolmetscher wegen Qualitätsmängeln nicht mehr beim Bundesamt eingesetzt werde, überzeugt dies nicht. Zum einen hat der Kläger vor dem Bundesamt auf dem Kontrollbogen bestätigt, dass das rückübersetzte Protokoll den heute gemachten Angaben des Klägers entsprochen habe. Zum anderen hat der Kläger auch im Rahmen der Anhörung ausweislich der Niederschrift erklärt, dass er sich gut mit dem Sprachmittler verständigen könne. Überdies hat der Kläger noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angegeben, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Im Übrigen fällt auf, dass eine angebliche Falschübersetzung oder die schlechte Qualität der Übersetzung mittlerweile zum Standardvorbringen bei Widersprüchlichkeiten gehört. Ebenfalls widersprüchlich ist, dass der Kläger vor dem Bundesamt angab, bei seiner Rückkehr in sein Heimatdorf nach der Flucht aus dem Gefängnis sei die Wohnung noch da gewesen. Vor Gericht erklärte er aber, dass das Haus bei seiner Rückkehr bereits abgebrannt gewesen sei. Bereits die massiven Widersprüchlichkeiten führen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vortags.

Hinzu kommt, dass das Vorbringen des Klägers in wesentlichen Punkten zudem lebensfremd ist. So ist es nicht vorstellbar, dass der Kläger während einer dreijährigen Haft im Gefängnis immer seinen Ausweis bei sich haben durfte und er ihn daher auch bei seiner Flucht griffbereit hatte. Dies widerspricht im Übrigen auch den Angaben des Klägers bei seiner Befragung in Zirndorf am 16.6.2014, wonach sein Personalausweis am 10.4.2014 beim Brand des Hauses verbrannt sei. Des Weiteren mutet die Fluchtgeschichte des Klägers aus dem Gefängnis, die er vor Gericht erzählte, ebenfalls lebensfremd an. Es ist nicht nachvollziehbar, dass im Rahmen des Dienstes auf der Farm beim Tomatenverkauf zwischen dem Kläger und einem Händler so enge Bande geknüpft werden konnten, dass der Händler sein Leben riskierte, um dem Kläger zur Flucht zu verhelfen. Dem Händler musste klar sein, dass er in der Situation, in der nur ein Lkw Tomaten abholte und ausgerechnet der Gefangene, der die Tomaten verkauft, anschließend fehlt, er ein extrem hohes Entdeckungsrisiko einging. Ihm musste klar sein, dass sein Handeln für ihn ernsthafte Konsequenzen bis hin zum eigenen Tod haben könnte. Das Eingehen dieses Risikos erscheint nicht realistisch. Im Übrigen fällt auf, dass diese Fluchtgeschichte gewisse Ähnlichkeiten zur Fluchtgeschichte aufweist, die der Kläger vor dem Bundesamt im Zusammenhang mit seiner zweiten Verhaftung erzählte. Sie ist jedoch nicht so identisch, dass man von einer missverständlichen Zuordnung zur ausgehen könnte.

Im Übrigen kommen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vorbringens noch erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers. Diese Zweifel werden dadurch begründet, dass der Kläger keinerlei Personaldokumente vorlegen kann und er sich auch im Hinblick auf die Personaldokumente in Widersprüchlichkeiten verwickelt. So gab er zunächst an, dass sie verbrannt seien, als das Haus am 10.4.2014 brannte. Später gab er an, dass er sie selber in Äthiopien verbrannt habe. Auf Vorhalt im Rahmen der mündlichen Verhandlung versuchte er dies damit zu erklären, dass er bei seiner Befragung in Zirndorf nicht nach dem K...-Ausweis gefragt worden sei, sondern nach Identitätspapieren. Unter diesen habe er seine Besitzkarte für die Grundstücke und seine Zeugnisse bis zu 4. Klasse gemeint, nicht aber den K...-Ausweis. Hiergegen spricht jedoch, dass der Kläger auf die Frage nach den Personalpapieren ausweislich der Niederschrift ausdrücklich antwortete, dass er einen Personalausweis besessen habe, den er vor ca. 3 Jahren in der Stadt M..., K... Wa..., W... D... ausgestellt bekommen habe. Auf die Frage nach weiteren Dokumenten gab er damals an, keine mehr zu besitzen und im Hinblick auf die Schulzeugnisse erklärte er damals, dass er diese nicht von der Schule abgeholt habe. Diese Widersprüchlichkeiten sprechen dafür, dass der Kläger durch Verschleierung seiner wahren Identität die Überprüfbarkeit seiner Angaben erschweren bzw. unmöglich machen will. Soweit die Klägerseite vorbringt, dass die Anhörung in Zirndorf nicht in Oromo, sondern in Amharisch erfolgt sei, erklärt bzw. beseitigt dies die Widersprüchlichkeiten nicht. Denn die genauen Angaben des Klägers in der Niederschrift erwecken nicht den Eindruck, dass sich der Kläger in Amharisch nicht habe ausdrücken können. Auch lässt sich das Missverständnis im Hinblick auf die Papiere nicht nachvollziehbar mit einem Übersetzungsfehler erklären. Zudem erklärte der Kläger ausweislich der Niederschrift ausdrücklich, dass er zusätzlich zu seiner Muttersprache auch Amharisch spreche.

Insgesamt geht das Gericht daher davon aus, dass das Vorgetragene so nicht geschehen ist und der Kläger Äthiopien nicht vorverfolgt verlassen hat.

Auch wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo droht dem Kläger keine landesweite Verfolgung in Form der Gruppenverfolgung. Das Gericht teilt die Einschätzung des Bundesamtes insoweit. Auf die Ausführungen im Bescheid vom 12.9.2016 wird verwiesen.

Nachdem der Kläger nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereist ist, steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht nur auf Ereignissen beruht, die eingetreten sind, nachdem ein Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat (sog. Nachfluchttatbestände). Im Gegensatz zu Vorfluchtgründen, die lediglich glaubhaft zu machen sind, bedürfen Nachfluchtgründe, die auf Ereignissen innerhalb des Gastlandes beruhen, des vollen Nachweises, wobei insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Insofern ist den Versuchen einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Asylrechtsschutzes im Bereich der Sachverhaltsermittlung zu begegnen (BVerwG, U.v.21.10.1986 - 9 C 28.85 - BVerwGE 75, 99; BVerwG, U.v. 8.11.1983 - 9 C 93.83 - BVerwGE 68, 171).

Nach Ansicht des Gerichts ist es auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr ins Heimatland eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

Dass ein Ausländer in seinem Heimatstaat politisch verfolgt wird, weil er in der Bundesrepublik Deutschland gegen seinen Staat politische Aktivitäten entfaltet hat, kann nur angenommen werden, wenn sowohl für das Bekanntwerden der Tätigkeit im Heimatstaat als auch für dessen im Sinne des Asylrechts politisch motivierte Reaktion hinreichend gewichtige Anhaltspunkte bestehen (BVerwG, U.v. 29.11.1977 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82). In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Das Gericht nimmt auch unter Zugrundelegung der gegenwärtig dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016 und des mittlerweile wieder aufgehobenen Ausnahmezustandes berücksichtigen, weiterhin nicht an, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Das Gericht geht nach wie vor davon aus, dass es für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf ankommt, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KSA mit weiteren Nachweisen; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6.3.2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, II. 1.9., S. 16). Soweit hiergegen angeführt wird, dass das Auswärtige Amt in seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Gießen vom 9.12.2016 zur Betätigung für die EPPFG geäußert habe, dass eine Verfolgung im Falle einer Rückkehr wahrscheinlich sei, so wurden diese Aussage im aktuelleren Lagebericht vom 6.3.2017 nicht mehr wiederholt. In diesem kehrte das Auswärtige Amt wieder zu seiner Formulierung zurück, die sich bereits in seinen Lageberichten vom 24.5.2016; 4.3.2015 und 8.4.2014 findet. Soweit im Hinblick auf die Formulierung „Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, d.h. z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche Art exilpolitischer Aktivität es sich handelt (.z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position Organisation gewaltsamer Aktionen)“ angenommen wird, dass das „oder“ zum zwingenden Schluss führen würde, dass bereits die Beteiligung an einer exilpolitischen Organisation, die von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuft würde, alleine ausreichend für eine beachtliche Verfolgungsgefahr sei, lässt dies nach Einschätzung des Gericht die übergeordnete Betonung des Einzelfalls außer Betracht. Vielmehr deutet die Formulierung darauf hin, dass zwar im Einzelfall die Beteiligung bei einer Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit auslösen kann, aber nicht bereits jede Beteiligung bei jeder Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, zwingend die Gefahr einer beachtlichen Verfolgung auslöst. Hierfür spricht auch, dass von Bedeutung auch sei, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige.

Das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) führt in seiner Stellungnahme vom 30.1.2017 aus, dass es aufgrund der Verhängung des Ausnahmezustandes zu einer weiteren Einschränkung der Bürgerrechte seit dem Erlass der Anti-Terror-Gesetze im Jahr 2009 gekommen sei. In diesem Zusammenhang verweist das Institut auf die Verhaftung des Vorsitzenden der legalen Oppositionspartei Oromo Federalist Congress im Dezember 2016, der sich mit dem Vorsitzenden von Ginbot 7 getroffen habe, einer Gruppierung, die die Regierung eindeutig als „terroristisch“ ansehe. Die Stellungnahme des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) spricht im Zuge einer Auskunft für das Verwaltungsgericht Gießen im Zusammenhang mit einer Betätigung für die EPPFG davon, dass eine Verfolgung „keinesfalls ausgeschlossen werden könne“. Aus dieser Formulierung kann jedoch nicht eine beachtliche Verfolgungsgefahr abgeleitet werden.

Der Gutachter Günter Schröder geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie er trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Günter Schröder, Stellungnahme vom 15.2.2017, Rn 214). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen kam. So sollen nach dem Gutachten von Günter Schröder im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit zumindest teilweise gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Schröders nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien auch die äthiopische Diaspora – auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass der Gutachter zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet (Rn 232); häufige Verhaftungen (Rn. 214); längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen (Rn. 237), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen.

Bei Würdigung der vorgenannten Auskunftslage in einer Gesamtschau, insbesondere aufgrund der aktuellen Auskunft des Auswärtigen Amtes und des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) nimmt das Gericht nicht an, dass äthiopische Asylbewerber sofern sie sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KS.A; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GlA – juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180). Das Gericht geht weiterhin davon aus, dass bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (vgl. BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 21 B 15.30119 –juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann – wie bereits ausgeführt – auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Das Gericht geht daher weiterhin davon aus, dass sich Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens abzielend einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Mit dem Verwaltungsgericht Bayreuth geht das Gericht davon aus, dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt (VG Bayreuth, B.v. 26.8.2013 - B 3 K 12.30096 – juris; so im Ergebnis auch VG Ansbach, U.v. 21.2.2017 - AN 3 K 16.30481 - juris, VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30562 – juris; VG Ansbach, U.v. 27.08.2012 - AN 12.30258 - juris; VG München, U.v.31.5.2016 - M 12 K 16.30593 - juris; VG Kassel, U.v. 21.7.2016 - 1 K 1953/15.KS.A - juris).

Nach diesen Maßstäben gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle seiner Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger ist ausweislich der Bescheinigungen des TBOJ/UOSG seit dem 22.11.2014 aktives Mitglied und hat seither an 24 Veranstaltungen der TBOJ/UOSG teilgenommen. Mit der bloßen Teilnahme an Veranstaltungen der TBOJ/UOSG – auch wenn diese kontinuierlich erfolgten - hebt sich der Kläger jedoch in keiner Weise aus der Masse der exilpolitisch Tätigen ab. Auch erweckte der Kläger weder durch seine Aussagen zu seiner exilpolitischen Betätigung vor dem Bundesamt noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck einer politisch engagierten Person. Die Tätigkeiten des Klägers führen nach Überzeugung des Gerichts nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen habe.

Der bedingt gestellte Beweisantrag musste das Gericht nicht veranlassen, entsprechenden Beweis zu erheben. Er ist darauf gerichtet, die Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt zum Beweis dafür einzuholen, dass es auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 unverändert dabei verblieben sei, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung drohe. Das Gericht ging in ständiger Rechtsprechung auch im Hinblick auf die Auskunftslage während des Ausnahmezustandes entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180 - juris) davon aus, dass nicht jede exilpolitische Betätigung im Falle der Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit führt. Die von Klägerseite angeregte Einholung einer Auskunft, um darzulegen, dass auch nach Aufhebung des Ausnahmezustandes eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung weiter drohe, führt daher mangels Entscheidungserheblichkeit (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht zum Ziel. Denn der Antrag geht von einer Einschätzung der vorhandenen Auskunftslage aus, die das Gericht so nicht teilt und nicht geteilt hat. Soweit es um eine andere Würdigung der Auskunftslage geht, ist dies jedoch eine Frage der richterlichen Würdigung der Auskunftslage und einer Klärung durch Beweiserhebung nicht zugänglich. Der bedingt gestellte Beweisantrag war daher abzulehnen. Das Gericht hatte auf Grund des gestellten Antrags auch keinen Anlass, von Amts wegen Gutachten zur aktuellen Lage nach Aufhebung des Ausnahmezustandes einzuholen, da offensichtlich ist, dass sich die Lage in Äthiopien jedenfalls mit Aufhebung des Ausnahmezustandes für Rückkehrer nicht verschärft hat. Entsprechendes wird auch nicht von Klägerseite vorgetragen, die lediglich vorträgt, dass die Lage trotz Aufhebung des Ausnahmezustandes unverändert sei.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Ein derartiger Schaden droht dem Kläger nach den obigen Ausführungen nicht.

Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

Ebenso wenig besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebeschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung aber jedenfalls dann, wenn die oberste Landebehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage keinen generellen Abschiebestopp erlassen bzw. diesen nicht verlängert hat und ein vergleichbarer wirksamen Schutz den betroffenen Ausländern nicht vermittelt wird. Die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG gebieten danach die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn einer extremen Lebensgefahr oder einer extremen Gefahr der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit entgegen gewirkt werden muss, was dann der Fall ist, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert oder erheblichen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt sein würde (BVerwG, U.v. 17.10.1995 - BVerwGE 99, 324; BVerwG, U.v. 19.11.1996 - BVerwGE 102, 249, BVerwG, U.v. 12.7.2001 - BVerwGE 115, 1). Eine derartige Gefahrensituation kann sich auch aus den harten Existenzbedingungen und der Versorgungslage in Äthiopien ergeben.

Ob die Annahme einer extremen Gefahrenlage im Wege der verfassungskonformen Auslegung nunmehr ausscheidet, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.1.2013 (Az. 10 C 15/12 – juris) davon ausgeht, dass in begründeten Ausnahmefällen schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat (auch) ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen können, kann letztlich dahinstehen, da die anzuwendenden Gefahrenmaßstäbe weitgehend übereinstimmen.

Nach den dem Gericht vorliegenden und ins Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Versorgungssituation für den Kläger in Äthiopien jedoch nicht so schlecht, dass von einer Gefahr im beschriebenen Sinn auszugehen wäre. Obwohl Äthiopien zwischen den Jahren 2004 und 2014 ein konstantes wirtschaftliches Wachstum aufwies, zählt das Land immer noch zu den ärmsten Staaten der Welt. Auf dem Human Development Index des UNO-Entwicklungsprogramms belegt Äthiopien Platz 173 von 186. 77,6% der Bevölkerung lebt von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Das durchschnittliche Jahreseinkommen liegt bei 170 US-Dollar. 82% Prozent der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft (SFH, Äthiopien, Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, Rahel Zürrer, Bern 2014). Andererseits ist die Arbeitslosigkeit in den ländlichen Regionen niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft (IOM, Länderinformationsblatt Äthiopien, Juni 2014, VII. 8.2.1, S. 19). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert, weshalb große Teile der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2014 waren ca. 3,2 Millionen Äthiopier auf solche Hilfen angewiesen, wobei sich die Hilfen neben der reinen Nahrungsmittelhilfe auch auf Non Food Items (Hygiene und Gesundheit) bezogen. Zusätzlich wurden 7,8 Millionen Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigt hätten (AA, Lagebericht vom 24.5.2016, Stand: März 2016, IV. 1. 1.1. S. 20). Im jüngsten Lagebericht spricht das Auswärtige Amt davon, dass 7,9 Millionen Menschen auf das staatliche Sozialprogramm zur Ernährungssicherung angewiesen sind (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, IV 1.1, S. 20). Hier zeigt es sich, dass die Situation für große Teile der Bevölkerung schwierig ist. Gleichwohl bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten. Für Rückkehrer bieten sich im Übrigen schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung. Vor allem für Rückkehrer, die über Qualifikationen und Sprachkenntnisse verfügen, besteht die Möglichkeit, Arbeit zu finden (AA, Lagebericht Äthiopien vom 18.12.2012, Stand: Oktober 2012. IV.1.1, S. 23 f.).

Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Kläger sich bei einer Rückkehr, seine Existenz nicht mehr sichern können würde. Der Kläger ist ein junger erwachsener Mann. Es sind keine Gründe ersichtlich, dass er in Äthiopien keine existenzsichernden Tätigkeiten ausüben kann. Auch befindet sich noch Familie des Klägers in Äthiopien. Der Kläger selbst hat im Übrigen nicht substantiiert vorgetragen, befürchten zu müssen, dass es ihm in Äthiopien nicht möglich sein würde, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen.

Nach alledem ist es dem Kläger zuzumuten, in sein Heimatland zurückzukehren.

Die in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf den §§ 34 Abs. 1 Asyl, 59 AufenthG. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse – wie etwa Reiseunfähigkeit – sind vom Bundesamt im Asylverfahren nicht zu prüfen. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse sind auf Grund des Vorbringens des Klägers nicht ersichtlich.

Die in Ziffer 6 des angegriffenen Bescheids ausgesprochene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate ist bestandskräftig. Der Kläger hat die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Status, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG beantragt. Die entsprechenden Ablehnungen sind in den Ziffern 1 – 3 des streitgegenständlichen Bescheides geregelt. Ein Verpflichtungsantrag auf eine kürzere Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG mit entsprechendem Aufhebungsbegehren wurde nicht gestellt. Im Übrigen wäre die getroffene Regelung auch nicht zu beanstanden. Die Beklagte musste nach den §§ 11 Abs. 2 Sätze 1 und 4, 75 Nr. 12 AufenthG eine Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG treffen. Über die Länge der Frist wird gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen entschieden. Ermessensfehler sind hier nicht ersichtlich. Grundsätzlich darf die Frist gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nicht überschreiten. Hier hat das Bundesamt diese maximale Frist zur Hälfte ausgeschöpft, was nicht zu beanstanden ist. Das Vorliegen besonderer Umstände, die eine kürzere Frist gebieten würden, ist vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 12.9.2016 wird im Übrigen Bezug genommen, § 77 AsylG.

Die Klage war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO in den Haupt- und Hilfsanträgen abzuweisen. Gerichtskosten werden nach § 83b Asyl nicht erhoben.

Der Gegenstandswert folgt aus § 30 RVG.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, äthiopischer Staatsangehöriger vom Volke der Oromo, geb. nach eigenen Angaben am ...1989 bzw. ...1989, begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Der Kläger reiste nach eigenen Angaben über Italien auf dem Landweg am 18.5.2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dort stellte er am 1.7.2014 einen Asylantrag.

Am 26.5.2014 wurde der Kläger von der Hessischen Aufnahmeeinrichtung in Gießen befragt und gab hierbei an, am 20.5.2014 mit „dem Auto von Italien nach Unbekannt“ gereist zu sein. Einen Pass habe er nie besessen.

Am 16.6.2014 erfolgte die Befragung zur Identitätsklärung an der Außenstelle der Regierung von Mittelfranken Zirndorf. Hierbei gab der Kläger an, dass er vor ca. 3 Jahren einen Personalausweis von der Stadt W... D... ausgestellt bekommen habe. Am 10.4.2014 sei ihr Haus abgebrannt und der Personalausweis habe sich im Haus befunden. Er besitze keine Dokumente mehr. Er sei in W... D... in der K... Wa... in der Zone S... aufgewachsen und habe bis zuletzt dort gewohnt. Sein Vater sei verstorben, seine Mutter lebe noch. Er habe im Heimatland zwei Brüder, eine Schwester, eine Tante und einen Onkel. Er sei von der 1. bis zu 6. Klasse in Wa... in die Schule gegangen, von der 7. bis 8. Klasse in der „G...“ Schule in M... und in der 9. Klasse in der „O...“ in M... Seine Schulzeugnisse habe er nicht von der Schule abgeholt. Er sei Bauer gewesen.

Am 6.9.2016 erfolgte die Anhörung gem. § 25 AsylG vor dem Bundesamt. Bei dieser gab der Kläger im Wesentlichen an, dass er keine Personaldokumente habe. Er habe einen K...-Ausweis besessen. Den habe er in Äthiopien verbrannt. Er habe sich zuletzt im Dorf Wa... aufgehalten. Eine K... oder Hausnummer gäbe es nicht. Es sei ein kleines Dorf zwischen B...Z... und M... Er habe seine Heimat am 10.8.2006 (EC) verlassen und sei am 18.5.2014 in Deutschland eingereist. Er habe die Schule bis zur 10. Klasse besucht und sei Bauer gewesen. Man müsse nach der 10. Klasse eine Prüfung machen. Er habe nicht Mitglied der TPLF werden wollen und habe daher die Prüfung nicht machen dürfen. Er habe dann 4 Jahre als Bauer gearbeitet. Die Regierung habe dann alle Bauern versammelt und gesagt, dass sie das Land an Investoren aus Israel verkaufe. Sie sollten ihr Land verlassen. Alle Leute, die dagegen waren, seien festgenommen worden. Auch er sei 2003 (EC) von der Polizei in das Gefängnis in Z... gekommen und dort 3 Jahre gewesen. 2006 (EC) sei er aus dem Gefängnis geflohen und nach Mo... gefahren. An das genaue Datum der Verhaftung könne er sich nicht erinnern. Ca. ein Monat nach seiner Flucht aus dem Gefängnis sei er wieder an seinen Geburtsort zurückgekehrt und nach fünf Tagen wieder verhaftet worden. Er sei zehn Tage im Gefängnis gewesen. Das Gefängnis habe eine Farm gehabt, auf der ein Bekannter von ihm gearbeitet habe. Er habe seine Uniform angezogen und fast acht Stunden auf der Farm gearbeitet. Auf dem LKW, der die Tomaten abgeholt habe, sei er geflüchtet. Er habe dann von seinem Onkel Geld abgeholt und von seinem Onkel erfahren, dass sein Vater tot sei. Er sei dann zusammen mit seinem Onkel nach Addis Abeba gereist. Er sei dann über Mekele, Shere und Humera in den Sudan. Sein Vater sei Unterstützer der OLF gewesen und gegen den Verkauf des Landes an die Investoren. Darum habe die Polizei ihn umgebracht. Der Kläger sei Unterstützer der OLF gewesen. Er sei ein Oromo. Auch in Deutschland sei er als Mitglied der TBOJ exilpolitisch tätig. Kontakt in die Heimat habe er nicht mehr. Dem Bundesamt wurde eine Bestätigung der TBOJ / UOSG übergeben, wonach der Kläger seit 22.11.2014 Mitglied sei und an 17 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe.

Mit Bescheid vom 12.9.2016 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen und drohte andernfalls dem Kläger die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen rücknahmebereiten oder zur Rücknahme verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6). Die vom Kläger geltend gemachten Vorfluchtgründe seien nicht glaubhaft. Das Vorbringen des Klägers sei zu pauschal und oberflächlich. Auch bei unterstellter Wahrheit würden die geschilderten Umstände keinen Flüchtlingsschutz begründen. Die vom Antragsteller behauptete Zugehörigkeit zur OLF führe für sich noch nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Der Kläger habe kein aktives Tätigwerden für die OLF glaubhaft gemacht. Auch die behauptete exilpolitische Betätigung in der TBOJ führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger hebe sich nicht erkennbar aus dem Kreis der Mitläufer hervor. Im Übrigen wird auf den Bescheid vom 12.9.2016 verwiesen.

Am 26.9.2016 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben.

Der Kläger verweist hierbei im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Rahmen der Vorprüfung. Der Kläger habe sein Heimatland aus Furcht vor Verfolgung verlassen. Die Androhung der Abschiebung sei ungeachtet vom Ausgang des Asylverfahrens wegen Verstoßes gegen Art. 1 und 2 GG sowie Art. 3 EMRK unzulässig. Mit Schriftsatz vom 12.1.2018 brachte die Klägerseite ergänzend vor, der Kläger sei in Äthiopien bereits auf Grund der Weigerung, Land aufzugeben, verhaftet worden. Nach Auffassung des äthiopischen Regimes seien oromische Volkszugehörige, die sich gegen die Durchführung des „Masterplanes“ aussprächen etc., verdächtig, die OLF zu unterstützen. Verhaftungen wie im vorliegenden Fall knüpften daher zumindest an eine unterstellte politische Überzeugung an. Die im Bescheid gerügte angeblich nicht detailliert genug beschriebene Haftzeit etc. werde der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals darlegen. Der Kläger sei vorverfolgt ausgereist. Jedenfalls drohe dem Kläger auf Grund seiner exilpolitischen Aktivitäten eine Verfolgung in seinem Heimatland. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wurde eine Bescheinigung der TBOJ/UOSG vom 10.1.2018 vorgelegt. In dieser wird bestätigt, dass der Kläger seit 2.9.2016 an weiteren 7 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe. Ferner wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23.11.2017 vorgelegt und die dort benannten Erkenntnismaterialien und Auskünfte zum Bestandteil des Vorbringens gemacht. Wie im Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg ausgeführt, habe sich durch die Aufhebung des Ausnahmezustandes zum 4.8.2017 keine Änderung an der Verfolgungssituation ergeben.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.9.2016 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen;

weiter hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 12.12.2017 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seines Rechtsanwalts bewilligt.

Mit der Ladung vom 14.12.2017 wurde die Auskunftsliste „Äthiopien“ vom Stand 12.12.2017 übersandt.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.1.2018 hat das Gericht den Kläger nochmals zu den Ereignissen in Äthiopien und seiner exilpolitischen Betätigung befragt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Der Klägervertreter stellt den im Schriftsatz vom 12.1.2018 angekündigten bedingten Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 es unverändert dabei verbleibt, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung droht, die Einholung einer Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt einzuholen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten und auf die Sitzungsniederschrift vom 24.1.2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Entscheidung des Bundesamts, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zuzuerkennen sowie das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu verneinen und dem Kläger unter Androhung seiner Abschiebung nach Äthiopien zur Ausreise aufzufordern, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die vom Bundesamt gemäß den §§ 31 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AsylG, 75 Nr. 12, 11 Abs. 2 AufenthG getroffene Entscheidung ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids, den Antrag des Klägers im Hinblick auf die Anerkennung als Asylberechtigter abzulehnen, ist bestandskräftig geworden. Der Kläger hat diese Entscheidung mit seiner Klage nicht angegriffen (vgl. VGH BW U.v. 26.10.2016 – A 9 S 908/13 – juris). Ohnehin könnte er sich nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen, da er nach eigenen Angaben auf dem Landweg über Italien nach Deutschland eingereist ist.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.

Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – Flüchtling, wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris). Von einer Verfolgung kann nur dann ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die wegen ihrer Intensität den Betroffenen dazu zwingen, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es aber regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolution und Kriegen (vgl. OVG NRW, U.v. 28.3.2014 – 13 A 1305/13.A – juris). Eine Verfolgung i.S. d. § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (vgl. auch VG Augsburg, U.v. 11.8.2016 - Au 1 K 16.30744 – juris). Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist es nach § 3b Abs. 2 AsylG auch unerheblich, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist, weil er tatsächlich die Merkmale besitzt, die zu seiner Verfolgung führen, sofern der Verfolger dem Betroffenen diese Merkmale tatsächlich zuschreibt.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22). Eine Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt aber durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011, ABl. L 337 vom 20.12.2011 S. 9 ff.). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind danach ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen (vgl. auch OVG NRW, U.v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A – juris).

Der Kläger macht geltend, dass er in Äthiopien bereits inhaftiert gewesen sei, da er sein Land nicht an Investoren verkaufen habe wollen. Er habe gegen den Landverkauf demonstriert und er und seine Familie hätten die OLF allgemein unterstützt.

Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üblichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der Tatrichter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 – juris; BVerwG, U.v. 11.11.1986 - 9 C 316.85 - juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.10.2016 – AN 3 K 16.30452 – juris mit weiteren Nachweisen).

Die Angaben, die der Kläger im Verlauf seines Asylverfahrens zu den Geschehnissen in Äthiopien gemacht hat, sind nicht glaubhaft. Zwar ergänzte der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung seine Angaben und berichtete insbesondere konkreter von der Verhaftung und Haft. Es ist jedoch bereits nicht nachvollziehbar, dass der Kläger im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt, in der er aufgefordert wurde, alle Ereignisse zu schildern, die nach seiner Auffassung die Vorflucht begründen, weder Details zur Verhaftung und Haftzeit schilderte, noch die Demonstrationen und seine Unterstützungstätigkeiten für die OLF vortrug. Es wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger insbesondere die einschneidenden Erlebnisse, wie zum Beispiel die Verhaftung und die Gräueltaten und die Angst im Gefängnis vor diesen von sich aus vor dem Bundesamt berichtet. Bereits dies erweckt den Anschein, dass es sich nicht um selbst Erlebtes handelt, sondern der Vortrag im gerichtlichen Verfahren entsprechend zu den Ablehnungsgründen im Bescheid vom 12.9.2016 asyltaktisch ergänzt wurde. Zudem steigerte der Kläger hiermit sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens, was ebenfalls gegen die Glaubhaftigkeit spricht. Gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht ferner, dass der Kläger auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf konkrete Fragen des Gerichts zunächst mit allgemeinen Ausführungen antwortete. So antwortete der Kläger im Rahmen mehrfacher Nachfragen zu den konkreten Unterstützungstätigkeiten auf die Frage nach dem konkreten Text auf den Plakaten, die der Kläger an Strommasten plakatiert haben will, dass er die meisten Schriftstücke selbst verfasst habe und er anfangs klargestellt habe, dass „wir Oromo keine Demokratie in unseren Gebieten haben und keine gleichwertige Schulbildung“. Einen konkreten Text benannte er nicht, obwohl gerade bei Plakaten, die sich gewöhnlich durch kurze plakative Aussagen auszeichnen, dies gut möglich sein müsste. Ebenfalls gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht, dass der Kläger vor dem Bundesamt im Hinblick auf die Verhaftung und die Flucht nur jeweils das Jahr angab. Erst in der mündlichen Verhandlung ergänzte er auf entsprechenden Vorhalt die Monate. Hierbei mutet bereits seltsam an, dass der Kläger z.B. im Rahmen der Befragung in Zirndorf am 16.6.2014 im Rahmen seiner Fluchtgeschichte tagesgenau Daten zu verschiedenen Stationen auf der Flucht und auch bezüglich des Brandes des Heimathauses angab, so einschneidende Ereignisse wie seine Verhaftung und seine Flucht aus dem Gefängnis zunächst aber nur im Hinblick auf das Jahr eingrenzen konnte und erst vor Gericht noch den Monat benennen konnte. Soweit der Kläger vor Gericht angab, dass er beim Bundesamt genauere Angaben gemacht habe, diese aber nicht aufgenommen worden seien, hält das Gericht dies für eine Schutzbehauptung. Hiergegen spricht zum einen, dass der Kläger ausweislich der Niederschrift über die Anhörung bestätigte, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Hinzu kommt, dass der Kläger auch noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angab, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Hätte der Kläger damals wirklich versucht, nach der Rückübersetzung eine Ergänzung der Daten zu erreichen, stünde seine Einlassung am Beginn der informatorischen Befragung dazu im völligen Widerspruch.

Gegen die Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrags zu den Geschehnissen in seinem Heimatland sprechen insbesondere jedoch zahlreiche Widersprüchlichkeiten und Unstimmigkeiten, die sich im Laufe des Vortrags im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergaben und die nicht zur Überzeugung des Gerichts aufgelöst werden konnten. So gab der Kläger vor dem Bundesamt an, dass die Regierung alle Bauern versammelt hätte und erklärt habe, dass sie das Land an Investoren in Israel verkaufe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung betonte der Kläger aber, dass er mit der Haft gezwungen werden sollte, sein Land an die Investoren zu verkaufen. Vor allem aber widerspricht sich der Kläger im Hinblick auf die Anzahl der Verhaftungen und Fluchten aus dem Gefängnis. Vor dem Bundesamt gab der Kläger an, zweimal in Haft gewesen zu sein; zunächst einmal für 3 Jahre und dann nach seiner Flucht und Heimkehr in sein Heimatdorf noch einmal für ca. 10 Tage. Dann habe er von der Farm des Gefängnisses mit der Uniform eines Bekannten auf einem Tomaten-Transporter fliehen können. Vor Gericht gab er jedoch an, dass er nur einmal in Haft gewesen sei. Soweit der Kläger, als er hierauf hingewiesen wurde, dass er vor dem Bundesamt von einer zweiten Verhaftung und einem zweiten Gefängnisaufenthalt berichtet habe, äußerte, dies nicht gesagt zu haben, überzeugt dies nicht. Es erscheint völlig lebensfremd, dass der Dolmetscher vor dem Bundesamt einen ganzen zusätzlichen Ereigniskomplex mit Zeitangaben zur Haftdauer und eigener Fluchtgeschichte ohne die entsprechende Aussage des Klägers in das Protokoll einfügt und dies auch noch bei der Rückübersetzung unerkannt bleibt. Auch soweit die Klägerseite diesen Widerspruch damit zu entkräften versucht, dass der damalige Dolmetscher wegen Qualitätsmängeln nicht mehr beim Bundesamt eingesetzt werde, überzeugt dies nicht. Zum einen hat der Kläger vor dem Bundesamt auf dem Kontrollbogen bestätigt, dass das rückübersetzte Protokoll den heute gemachten Angaben des Klägers entsprochen habe. Zum anderen hat der Kläger auch im Rahmen der Anhörung ausweislich der Niederschrift erklärt, dass er sich gut mit dem Sprachmittler verständigen könne. Überdies hat der Kläger noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angegeben, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Im Übrigen fällt auf, dass eine angebliche Falschübersetzung oder die schlechte Qualität der Übersetzung mittlerweile zum Standardvorbringen bei Widersprüchlichkeiten gehört. Ebenfalls widersprüchlich ist, dass der Kläger vor dem Bundesamt angab, bei seiner Rückkehr in sein Heimatdorf nach der Flucht aus dem Gefängnis sei die Wohnung noch da gewesen. Vor Gericht erklärte er aber, dass das Haus bei seiner Rückkehr bereits abgebrannt gewesen sei. Bereits die massiven Widersprüchlichkeiten führen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vortags.

Hinzu kommt, dass das Vorbringen des Klägers in wesentlichen Punkten zudem lebensfremd ist. So ist es nicht vorstellbar, dass der Kläger während einer dreijährigen Haft im Gefängnis immer seinen Ausweis bei sich haben durfte und er ihn daher auch bei seiner Flucht griffbereit hatte. Dies widerspricht im Übrigen auch den Angaben des Klägers bei seiner Befragung in Zirndorf am 16.6.2014, wonach sein Personalausweis am 10.4.2014 beim Brand des Hauses verbrannt sei. Des Weiteren mutet die Fluchtgeschichte des Klägers aus dem Gefängnis, die er vor Gericht erzählte, ebenfalls lebensfremd an. Es ist nicht nachvollziehbar, dass im Rahmen des Dienstes auf der Farm beim Tomatenverkauf zwischen dem Kläger und einem Händler so enge Bande geknüpft werden konnten, dass der Händler sein Leben riskierte, um dem Kläger zur Flucht zu verhelfen. Dem Händler musste klar sein, dass er in der Situation, in der nur ein Lkw Tomaten abholte und ausgerechnet der Gefangene, der die Tomaten verkauft, anschließend fehlt, er ein extrem hohes Entdeckungsrisiko einging. Ihm musste klar sein, dass sein Handeln für ihn ernsthafte Konsequenzen bis hin zum eigenen Tod haben könnte. Das Eingehen dieses Risikos erscheint nicht realistisch. Im Übrigen fällt auf, dass diese Fluchtgeschichte gewisse Ähnlichkeiten zur Fluchtgeschichte aufweist, die der Kläger vor dem Bundesamt im Zusammenhang mit seiner zweiten Verhaftung erzählte. Sie ist jedoch nicht so identisch, dass man von einer missverständlichen Zuordnung zur ausgehen könnte.

Im Übrigen kommen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vorbringens noch erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers. Diese Zweifel werden dadurch begründet, dass der Kläger keinerlei Personaldokumente vorlegen kann und er sich auch im Hinblick auf die Personaldokumente in Widersprüchlichkeiten verwickelt. So gab er zunächst an, dass sie verbrannt seien, als das Haus am 10.4.2014 brannte. Später gab er an, dass er sie selber in Äthiopien verbrannt habe. Auf Vorhalt im Rahmen der mündlichen Verhandlung versuchte er dies damit zu erklären, dass er bei seiner Befragung in Zirndorf nicht nach dem K...-Ausweis gefragt worden sei, sondern nach Identitätspapieren. Unter diesen habe er seine Besitzkarte für die Grundstücke und seine Zeugnisse bis zu 4. Klasse gemeint, nicht aber den K...-Ausweis. Hiergegen spricht jedoch, dass der Kläger auf die Frage nach den Personalpapieren ausweislich der Niederschrift ausdrücklich antwortete, dass er einen Personalausweis besessen habe, den er vor ca. 3 Jahren in der Stadt M..., K... Wa..., W... D... ausgestellt bekommen habe. Auf die Frage nach weiteren Dokumenten gab er damals an, keine mehr zu besitzen und im Hinblick auf die Schulzeugnisse erklärte er damals, dass er diese nicht von der Schule abgeholt habe. Diese Widersprüchlichkeiten sprechen dafür, dass der Kläger durch Verschleierung seiner wahren Identität die Überprüfbarkeit seiner Angaben erschweren bzw. unmöglich machen will. Soweit die Klägerseite vorbringt, dass die Anhörung in Zirndorf nicht in Oromo, sondern in Amharisch erfolgt sei, erklärt bzw. beseitigt dies die Widersprüchlichkeiten nicht. Denn die genauen Angaben des Klägers in der Niederschrift erwecken nicht den Eindruck, dass sich der Kläger in Amharisch nicht habe ausdrücken können. Auch lässt sich das Missverständnis im Hinblick auf die Papiere nicht nachvollziehbar mit einem Übersetzungsfehler erklären. Zudem erklärte der Kläger ausweislich der Niederschrift ausdrücklich, dass er zusätzlich zu seiner Muttersprache auch Amharisch spreche.

Insgesamt geht das Gericht daher davon aus, dass das Vorgetragene so nicht geschehen ist und der Kläger Äthiopien nicht vorverfolgt verlassen hat.

Auch wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo droht dem Kläger keine landesweite Verfolgung in Form der Gruppenverfolgung. Das Gericht teilt die Einschätzung des Bundesamtes insoweit. Auf die Ausführungen im Bescheid vom 12.9.2016 wird verwiesen.

Nachdem der Kläger nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereist ist, steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht nur auf Ereignissen beruht, die eingetreten sind, nachdem ein Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat (sog. Nachfluchttatbestände). Im Gegensatz zu Vorfluchtgründen, die lediglich glaubhaft zu machen sind, bedürfen Nachfluchtgründe, die auf Ereignissen innerhalb des Gastlandes beruhen, des vollen Nachweises, wobei insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Insofern ist den Versuchen einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Asylrechtsschutzes im Bereich der Sachverhaltsermittlung zu begegnen (BVerwG, U.v.21.10.1986 - 9 C 28.85 - BVerwGE 75, 99; BVerwG, U.v. 8.11.1983 - 9 C 93.83 - BVerwGE 68, 171).

Nach Ansicht des Gerichts ist es auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr ins Heimatland eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

Dass ein Ausländer in seinem Heimatstaat politisch verfolgt wird, weil er in der Bundesrepublik Deutschland gegen seinen Staat politische Aktivitäten entfaltet hat, kann nur angenommen werden, wenn sowohl für das Bekanntwerden der Tätigkeit im Heimatstaat als auch für dessen im Sinne des Asylrechts politisch motivierte Reaktion hinreichend gewichtige Anhaltspunkte bestehen (BVerwG, U.v. 29.11.1977 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82). In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Das Gericht nimmt auch unter Zugrundelegung der gegenwärtig dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016 und des mittlerweile wieder aufgehobenen Ausnahmezustandes berücksichtigen, weiterhin nicht an, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Das Gericht geht nach wie vor davon aus, dass es für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf ankommt, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KSA mit weiteren Nachweisen; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6.3.2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, II. 1.9., S. 16). Soweit hiergegen angeführt wird, dass das Auswärtige Amt in seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Gießen vom 9.12.2016 zur Betätigung für die EPPFG geäußert habe, dass eine Verfolgung im Falle einer Rückkehr wahrscheinlich sei, so wurden diese Aussage im aktuelleren Lagebericht vom 6.3.2017 nicht mehr wiederholt. In diesem kehrte das Auswärtige Amt wieder zu seiner Formulierung zurück, die sich bereits in seinen Lageberichten vom 24.5.2016; 4.3.2015 und 8.4.2014 findet. Soweit im Hinblick auf die Formulierung „Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, d.h. z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche Art exilpolitischer Aktivität es sich handelt (.z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position Organisation gewaltsamer Aktionen)“ angenommen wird, dass das „oder“ zum zwingenden Schluss führen würde, dass bereits die Beteiligung an einer exilpolitischen Organisation, die von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuft würde, alleine ausreichend für eine beachtliche Verfolgungsgefahr sei, lässt dies nach Einschätzung des Gericht die übergeordnete Betonung des Einzelfalls außer Betracht. Vielmehr deutet die Formulierung darauf hin, dass zwar im Einzelfall die Beteiligung bei einer Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit auslösen kann, aber nicht bereits jede Beteiligung bei jeder Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, zwingend die Gefahr einer beachtlichen Verfolgung auslöst. Hierfür spricht auch, dass von Bedeutung auch sei, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige.

Das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) führt in seiner Stellungnahme vom 30.1.2017 aus, dass es aufgrund der Verhängung des Ausnahmezustandes zu einer weiteren Einschränkung der Bürgerrechte seit dem Erlass der Anti-Terror-Gesetze im Jahr 2009 gekommen sei. In diesem Zusammenhang verweist das Institut auf die Verhaftung des Vorsitzenden der legalen Oppositionspartei Oromo Federalist Congress im Dezember 2016, der sich mit dem Vorsitzenden von Ginbot 7 getroffen habe, einer Gruppierung, die die Regierung eindeutig als „terroristisch“ ansehe. Die Stellungnahme des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) spricht im Zuge einer Auskunft für das Verwaltungsgericht Gießen im Zusammenhang mit einer Betätigung für die EPPFG davon, dass eine Verfolgung „keinesfalls ausgeschlossen werden könne“. Aus dieser Formulierung kann jedoch nicht eine beachtliche Verfolgungsgefahr abgeleitet werden.

Der Gutachter Günter Schröder geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie er trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Günter Schröder, Stellungnahme vom 15.2.2017, Rn 214). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen kam. So sollen nach dem Gutachten von Günter Schröder im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit zumindest teilweise gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Schröders nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien auch die äthiopische Diaspora – auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass der Gutachter zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet (Rn 232); häufige Verhaftungen (Rn. 214); längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen (Rn. 237), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen.

Bei Würdigung der vorgenannten Auskunftslage in einer Gesamtschau, insbesondere aufgrund der aktuellen Auskunft des Auswärtigen Amtes und des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) nimmt das Gericht nicht an, dass äthiopische Asylbewerber sofern sie sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KS.A; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GlA – juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180). Das Gericht geht weiterhin davon aus, dass bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (vgl. BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 21 B 15.30119 –juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann – wie bereits ausgeführt – auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Das Gericht geht daher weiterhin davon aus, dass sich Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens abzielend einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Mit dem Verwaltungsgericht Bayreuth geht das Gericht davon aus, dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt (VG Bayreuth, B.v. 26.8.2013 - B 3 K 12.30096 – juris; so im Ergebnis auch VG Ansbach, U.v. 21.2.2017 - AN 3 K 16.30481 - juris, VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30562 – juris; VG Ansbach, U.v. 27.08.2012 - AN 12.30258 - juris; VG München, U.v.31.5.2016 - M 12 K 16.30593 - juris; VG Kassel, U.v. 21.7.2016 - 1 K 1953/15.KS.A - juris).

Nach diesen Maßstäben gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle seiner Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger ist ausweislich der Bescheinigungen des TBOJ/UOSG seit dem 22.11.2014 aktives Mitglied und hat seither an 24 Veranstaltungen der TBOJ/UOSG teilgenommen. Mit der bloßen Teilnahme an Veranstaltungen der TBOJ/UOSG – auch wenn diese kontinuierlich erfolgten - hebt sich der Kläger jedoch in keiner Weise aus der Masse der exilpolitisch Tätigen ab. Auch erweckte der Kläger weder durch seine Aussagen zu seiner exilpolitischen Betätigung vor dem Bundesamt noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck einer politisch engagierten Person. Die Tätigkeiten des Klägers führen nach Überzeugung des Gerichts nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen habe.

Der bedingt gestellte Beweisantrag musste das Gericht nicht veranlassen, entsprechenden Beweis zu erheben. Er ist darauf gerichtet, die Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt zum Beweis dafür einzuholen, dass es auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 unverändert dabei verblieben sei, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung drohe. Das Gericht ging in ständiger Rechtsprechung auch im Hinblick auf die Auskunftslage während des Ausnahmezustandes entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180 - juris) davon aus, dass nicht jede exilpolitische Betätigung im Falle der Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit führt. Die von Klägerseite angeregte Einholung einer Auskunft, um darzulegen, dass auch nach Aufhebung des Ausnahmezustandes eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung weiter drohe, führt daher mangels Entscheidungserheblichkeit (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht zum Ziel. Denn der Antrag geht von einer Einschätzung der vorhandenen Auskunftslage aus, die das Gericht so nicht teilt und nicht geteilt hat. Soweit es um eine andere Würdigung der Auskunftslage geht, ist dies jedoch eine Frage der richterlichen Würdigung der Auskunftslage und einer Klärung durch Beweiserhebung nicht zugänglich. Der bedingt gestellte Beweisantrag war daher abzulehnen. Das Gericht hatte auf Grund des gestellten Antrags auch keinen Anlass, von Amts wegen Gutachten zur aktuellen Lage nach Aufhebung des Ausnahmezustandes einzuholen, da offensichtlich ist, dass sich die Lage in Äthiopien jedenfalls mit Aufhebung des Ausnahmezustandes für Rückkehrer nicht verschärft hat. Entsprechendes wird auch nicht von Klägerseite vorgetragen, die lediglich vorträgt, dass die Lage trotz Aufhebung des Ausnahmezustandes unverändert sei.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Ein derartiger Schaden droht dem Kläger nach den obigen Ausführungen nicht.

Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

Ebenso wenig besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebeschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung aber jedenfalls dann, wenn die oberste Landebehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage keinen generellen Abschiebestopp erlassen bzw. diesen nicht verlängert hat und ein vergleichbarer wirksamen Schutz den betroffenen Ausländern nicht vermittelt wird. Die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG gebieten danach die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn einer extremen Lebensgefahr oder einer extremen Gefahr der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit entgegen gewirkt werden muss, was dann der Fall ist, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert oder erheblichen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt sein würde (BVerwG, U.v. 17.10.1995 - BVerwGE 99, 324; BVerwG, U.v. 19.11.1996 - BVerwGE 102, 249, BVerwG, U.v. 12.7.2001 - BVerwGE 115, 1). Eine derartige Gefahrensituation kann sich auch aus den harten Existenzbedingungen und der Versorgungslage in Äthiopien ergeben.

Ob die Annahme einer extremen Gefahrenlage im Wege der verfassungskonformen Auslegung nunmehr ausscheidet, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.1.2013 (Az. 10 C 15/12 – juris) davon ausgeht, dass in begründeten Ausnahmefällen schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat (auch) ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen können, kann letztlich dahinstehen, da die anzuwendenden Gefahrenmaßstäbe weitgehend übereinstimmen.

Nach den dem Gericht vorliegenden und ins Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Versorgungssituation für den Kläger in Äthiopien jedoch nicht so schlecht, dass von einer Gefahr im beschriebenen Sinn auszugehen wäre. Obwohl Äthiopien zwischen den Jahren 2004 und 2014 ein konstantes wirtschaftliches Wachstum aufwies, zählt das Land immer noch zu den ärmsten Staaten der Welt. Auf dem Human Development Index des UNO-Entwicklungsprogramms belegt Äthiopien Platz 173 von 186. 77,6% der Bevölkerung lebt von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Das durchschnittliche Jahreseinkommen liegt bei 170 US-Dollar. 82% Prozent der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft (SFH, Äthiopien, Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, Rahel Zürrer, Bern 2014). Andererseits ist die Arbeitslosigkeit in den ländlichen Regionen niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft (IOM, Länderinformationsblatt Äthiopien, Juni 2014, VII. 8.2.1, S. 19). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert, weshalb große Teile der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2014 waren ca. 3,2 Millionen Äthiopier auf solche Hilfen angewiesen, wobei sich die Hilfen neben der reinen Nahrungsmittelhilfe auch auf Non Food Items (Hygiene und Gesundheit) bezogen. Zusätzlich wurden 7,8 Millionen Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigt hätten (AA, Lagebericht vom 24.5.2016, Stand: März 2016, IV. 1. 1.1. S. 20). Im jüngsten Lagebericht spricht das Auswärtige Amt davon, dass 7,9 Millionen Menschen auf das staatliche Sozialprogramm zur Ernährungssicherung angewiesen sind (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, IV 1.1, S. 20). Hier zeigt es sich, dass die Situation für große Teile der Bevölkerung schwierig ist. Gleichwohl bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten. Für Rückkehrer bieten sich im Übrigen schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung. Vor allem für Rückkehrer, die über Qualifikationen und Sprachkenntnisse verfügen, besteht die Möglichkeit, Arbeit zu finden (AA, Lagebericht Äthiopien vom 18.12.2012, Stand: Oktober 2012. IV.1.1, S. 23 f.).

Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Kläger sich bei einer Rückkehr, seine Existenz nicht mehr sichern können würde. Der Kläger ist ein junger erwachsener Mann. Es sind keine Gründe ersichtlich, dass er in Äthiopien keine existenzsichernden Tätigkeiten ausüben kann. Auch befindet sich noch Familie des Klägers in Äthiopien. Der Kläger selbst hat im Übrigen nicht substantiiert vorgetragen, befürchten zu müssen, dass es ihm in Äthiopien nicht möglich sein würde, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen.

Nach alledem ist es dem Kläger zuzumuten, in sein Heimatland zurückzukehren.

Die in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf den §§ 34 Abs. 1 Asyl, 59 AufenthG. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse – wie etwa Reiseunfähigkeit – sind vom Bundesamt im Asylverfahren nicht zu prüfen. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse sind auf Grund des Vorbringens des Klägers nicht ersichtlich.

Die in Ziffer 6 des angegriffenen Bescheids ausgesprochene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate ist bestandskräftig. Der Kläger hat die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Status, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG beantragt. Die entsprechenden Ablehnungen sind in den Ziffern 1 – 3 des streitgegenständlichen Bescheides geregelt. Ein Verpflichtungsantrag auf eine kürzere Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG mit entsprechendem Aufhebungsbegehren wurde nicht gestellt. Im Übrigen wäre die getroffene Regelung auch nicht zu beanstanden. Die Beklagte musste nach den §§ 11 Abs. 2 Sätze 1 und 4, 75 Nr. 12 AufenthG eine Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG treffen. Über die Länge der Frist wird gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen entschieden. Ermessensfehler sind hier nicht ersichtlich. Grundsätzlich darf die Frist gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nicht überschreiten. Hier hat das Bundesamt diese maximale Frist zur Hälfte ausgeschöpft, was nicht zu beanstanden ist. Das Vorliegen besonderer Umstände, die eine kürzere Frist gebieten würden, ist vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 12.9.2016 wird im Übrigen Bezug genommen, § 77 AsylG.

Die Klage war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO in den Haupt- und Hilfsanträgen abzuweisen. Gerichtskosten werden nach § 83b Asyl nicht erhoben.

Der Gegenstandswert folgt aus § 30 RVG.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am … 1990 geborene Kläger, äthiopischer Staatsangehörigkeit, wendet sich gegen einen ablehnenden Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) und begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter, hilfsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wiederum hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes und wiederum hilfsweise die Feststellung des Vorliegens von Abschiebeverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Der amharische Kläger reiste eigenen Angaben zufolge am 6. September 2013 auf dem Landweg in Begleitung seiner Frau (Klägerin im Verfahren mit dem Aktenzeichen RO 2 K 16.30644) in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 16. September 2013 einen Asylantrag. Am 16. September 2013 erfolgte eine erste Befragung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Am 23. September 2013 führte die Regierung von Mittelfranken eine Befragung durch. Die Anhörung gemäß § 25 Asylgesetz (AsylG) fand am 22. Juli 2014 statt.

Der Kläger gab in den ersten beiden Befragungen an, der amharischen Volksgruppe anzugehören und außer amharisch keine Sprache zu beherrschen. Er habe seine Dokumente Mitte 2011 in K. im Sudan verloren. Vor seiner Ausreise aus Äthiopien habe er im Dorf G. B. in der Nähe von A. gelebt. Zusammen mit seiner Ehefrau habe er am 25. April 2008 sein Heimatland in Richtung Sudan verlassen. Bis April oder Mai 2013 habe sich das Paar in K. aufgehalten. Am 6. August 2013 seien sie nach Libyen aufgebrochen. Von dort aus hätten sie per Schiff nach Italien übergesetzt und seien dort am 14. August 2013 angekommen. Anschließend seien sie mit dem Zug nach München gefahren. In K. lebe noch eine Tochter des Paares. Diese sei am 4. August 2009 geboren worden und befinde sich in der Obhut der Schwiegermutter des Klägers. Am 16. September 2013 gab er an, sein Vater sei verstorben und seine Mutter sei ca. 45 Jahre alt und lebe in A. Be. In Äthiopien lebten noch zwei jüngere Geschwister bei seiner Mutter. Bis zur achten Klasse sei er zur Schule gegangen. Am 23. September 2013 teilte er mit, dass seine Mutter 2003 verstorben und in der Stadt D. begraben sei. Dort lebten auch seine Stiefgeschwister. Die Grundschule habe er vier Jahre lang besucht.

In der Anhörung am 22. Juli 2014 gab er zu Beginn an, dass es bei seiner Erstbefragung ein paar Missverständnisse gegeben habe, welche er ausräumen möchte. Er habe unter der Flucht noch gelitten und deswegen falsche Daten genannt. Sein richtiger Name sei Ki. H. T. Er sei Sohn eines Imam und von Geburt an Moslem gewesen. Er sei zusammen mit seiner Frau fünf Jahre im Sudan gewesen, diese habe dort gearbeitet, er nicht. Er habe dort für die äthiopische Opposition Zeitschriften, Flugblätter und solche Sachen gemacht. Er sei dort Chefredakteur gewesen. Seine Frau habe ein kleines Café gehabt und traditionelles Essen gekocht. Seine Tochter habe er im Sudan gelassen, da er von einem Imam in Äthiopien verfolgt worden sei. Seine Familie habe ihn verfolgt. Sein Leben sei in Gefahr gewesen, die Tochter müsse weiterleben, sie solle nicht wegen seiner Schuld sterben. Die Mutter seiner Frau passe auf seine Tochter auf. Zur Schwiegermutter bestehe (damals) Kontakt. Aus dem Sudan sei er ausgereist, weil in der Moschee sein Todesurteil ausgesprochen worden sei. Wer ihn umbringe, komme ins Paradies. Gegen seinen Vater habe man sich verschworen, diesem sei gesagt worden, wie könne sein Wort Gewicht haben, wenn sein Sohn Christ geworden sei. Er habe von seinem Halbbruder, der gebildet sei und in der Stadt D. arbeite, am 27. August 2013 Informationen bekommen, dass nach ihm gesucht werde. Der Bruder habe ihm mitgeteilt, dass das Versteck bekannt geworden sei und er sein Leben retten solle.

In Äthiopien habe er seine Frau im Jahr 2000 (äthiopischer Kalender) kennengelernt und sich in sie verliebt. Sie sei in das Bekleidungsgeschäft seiner Familie gekommen. Sie hätten sich öfters gesehen. Seine Frau wollte keinen Moslem zum Mann, weil dieser bis zu vier Frauen haben dürfe. Deshalb sei er konvertiert. Aus Liebe zu ihr sei er Christ geworden. Seine Eltern, insbesondere sein Vater, hätten ihm gesagt, dass er die Familienehre verletzt habe. Bis dahin sei er praktizierender Moslem gewesen. Er habe die Wahrheit erkannt und sei deshalb Christ geworden. Eine Woche vor der Hochzeit habe er sich taufen lassen. Zuvor habe er Bibelunterricht erhalten. Er habe nicht geglaubt, wegen einer Taufe Probleme zu bekommen. Er habe nur seine Frau im Kopf gehabt und gedacht, seine Familie werde es schon akzeptieren. Mit Todesdrohungen habe er nicht gerechnet. Die Familie habe von der Heirat gewusst. Nach den Todesdrohungen sei er demotiviert gewesen. Sie seien dann zum Onkel der Frau gegangen und dort drei Monate bis zur Ausreise geblieben. Er könne nicht einmal in Deutschland seinen richtigen Namen nennen, da auch hier welche seien, die sehr extremistisch sind.

In Äthiopien sei er nicht politisch tätig gewesen. Im Sudan habe er sich für eine Gruppe namens Menschen für Menschen engagiert.

In Deutschland mache er ein paar Aufgaben für die EPRP, aber nicht viel. Er nehme an Veranstaltungen teil. Er sei Chefredakteur der Zeitschrift „Platform for Freedom of Expression“ (Netsebraq). Diese Zeitschrift gebe es seit (damals) vier Monaten. Es seien zwei Ausgaben erschienen, die Auflage betrage so 100 - 200 Stück. Als Chefredakteur schaue er alle Schreiben durch und wähle die Überschriften aus. Für die 36 Seiten dicke Zeitung seien drei Chefredakteure nötig, weil sie alles korrigieren müssen und alles bestimmen. Er sei hierfür qualifiziert, weil er bis zur zehnten Klasse zur Schule gegangen und nicht wie früher angegeben bis zur Achten oder Vierten.

Bei einer Rückkehr nach Äthiopien werde er von ungebildeten Extremisten umgebracht. Lieber werde er hier von einem gebildeten umgebracht. Die äthiopische Regierung gewähre ihm keinen Schutz.

Mit Bescheid vom 29. März 2016 lehnte die Beklagte die Begehren des Klägers ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlägen und drohte die Abschiebung nach Äthiopien an. Hiergegen ließ der Kläger am 16. April 2016 Klage erheben.

Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2016 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Ergänzungen vortragen. Er betonte nochmals, dass sein richtiger Name Ki. H. T. sei. Seine leibliche Mutter sei 2003 verstorben, diese habe in die Ehe bereits einen Sohn und eine Tochter mitgebracht. Der Vater habe nochmals geheiratet und weitere Kinder (Tochter und Sohn) bekommen. Der Vater sei doch nicht verstorben, sondern lebe noch. Der Kläger sei 10 Jahre in der Schule gewesen. Als Sohn eines Imams sei der Kläger nach religiösen Regeln aufgezogen worden. Im September 2007 habe er seine spätere Frau kenngelernt. Anfangs sei die Beziehung verheimlicht worden. Nach Bekanntgabe der geplanten Hochzeit habe der Vater gesagt, diese werde nicht stattfinden. Der Halbbruder des Klägers sei loyal zum Kläger geblieben. Am 1. Februar 2008 hätten er seine Frau dann kirchlich geheiratet. Daraufhin habe der Vater in der Moschee eine Fatwa gegen ihn ausgesprochen. Auch die Schwiegermutter des Klägers sei in die Verfolgung einbezogen worden, da man ihr unterstellte, zum Religionswechsel beigetragen zu haben. Ihr sei das Haus angezündet worden. Mit ihrem damals zwölfjährigen Sohn sei sie bei einer Freundin untergekommen. Der Sohn habe das Haus verlassen und sei drei Tage später verschwunden, man wisse nichts mehr über ihn. Daraufhin sei man in den Sudan geflohen. Dort habe man sich als Moslems ausgegeben. Ein Halbbruder des Klägers habe ab und an mit Geld ausgeholfen. Im Sudan sei am 4. August 2009 die Tochter F. geboren worden. Im August 2013 habe der Kläger von seinem Halbbruder die Nachricht erhalten, dass man ihm im Sudan auf die Spur gekommen sei. So habe man Schwiegermutter und Tochter im Sudan gelassen und sei über Libyen nach Italien und Deutschland geflohen. Hier sei man nun für die EPRP tätig und arbeite an der Zeitschrift Netsebraq mit. Diese Zeitschrift veröffentliche Beiträge und Gedichte, die sich gegen das äthiopische Regime wendeten. Zudem sei der Kläger Mitglied von EPCOU. Letztere sei eine parteiübergreifende Oppositionsorganisation. Der Kläger beteilige sich an Protest- und Informationsveranstaltungen der äthiopischen Exilopposition. Man habe etwa ein im äthiopischen Generalkonsulat Frankfurt am 9. April 2016 geplantes Treffen der in Deutschland lebenden Amharen verhindert, indem man vor dem Konsulat demonstriert habe.

Dem Kläger drohe Verfolgung durch seinen Vater. Die muslimische Gemeinde habe enge Netze. Auch in Ad. Ab. sei er deshalb nicht sicher. Ohne die Familie aber, könne der Kläger sich keine Existenz aufbauen. Wegen seines Engagements für die Exilorganisationen drohe ihm politische Verfolgung.

Mit weiterem Schreiben vom 27. Februar 2018 ergänzte der Klagebevollmächtigte die Klagebegründung. Der Kläger und seine Frau seien weiterhin exilpolitisch tätig. Nunmehr hätten sie sich der EDFM angeschlossen. Die EDFM (Ethiopian Democratic Forces Movement) vertrete die EPPF/Gunbot 7 Berhanu Negas in Deutschland. Man nehme an diversen Protest- und Infoveranstaltungen teil.

Auch veröffentliche er weiterhin Artikel in der Netsebraq. Im Oktober 2016 und im Januar 2018 seien Artikel von ihm erschienen. Diese finde man auch auf der Website: netsebraqm.wordpress.com. Im Januar 2018 habe er mit einem Artikel in dem Magazin den Leiter (Generaldirektor) der WHO (World Health Organisation) und früheren äthiopischen Außenminister Teerose Adhanom (gemeint ist wohl Tedros Adhanom) der Folterunterstützung bezichtigt.

Der Kläger trägt vor, die Lage in Äthiopien habe sich seit November 2015 drastisch verändert. Die Auskunftslage belege eine Verschärfung der innenpolitischen Situation. Die Eintrittsschwelle für eine politische Verfolgung sei sehr niedrig. Insbesondere richte sich die Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte auf die Exilpresse. Diese spiele angesichts der Ausschaltung der freien Presse im Land eine große Rolle. Jede Positionsnahme für eine Entmachtung der EPRDF werde als strafbar gewertet. Auf das Urteil des VG Würzburgs vom 24. Juli 2017 (W 3 K 16.20710) werden hingewiesen. Zu beachten sei auch, dass der Ausnahmezustand am 16. Februar 2018 erneut verhängt worden sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 29. März 2016, Aktenzeichen 5 669 714 - 225 vollumfänglich aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten gemäß Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz anzuerkennen,

hilfsweise,

ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wiederum hilfsweise, ihm subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) zu gewähren,

weiter hilfsweise,

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz festzustellen.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung des angegriffenen Bescheids,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2017 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde durch Beschluss vom 26. Januar 2018 abgelehnt.

Der Kläger wurde in der mündlichen Verhandlung vom 7. März 2018 informatorisch angehört. Hierbei wurde er insbesondere zu seinem vormaligen Glauben, seinem wahren Namen und seiner exilpolitischen Tätigkeiten befragt. Insoweit wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen. Der Klagebevollmächtigte stellte in der mündlichen Verhandlung 6 Beweisanträge, die sämtliche abgelehnt worden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten, auch des Verfahrens der Ehefrau und des Sohnes (RO 2 K 16.30644, RO 2 K 16.30645), sowie die jeweiligen Niederschrift auch in deren Verfahren der mündlichen Verhandlungen vom 7. März 2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet und bleibt ohne Erfolg.

Die Entscheidung des Bundesamts, dem Kläger die Anerkennung als Asylberechtigter, die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zuzuerkennen sowie das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu verneinen und den Kläger unter Androhung seiner Abschiebung nach Äthiopien zur Ausreise aufzufordern, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger damit auch nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 2 des gegenständlichen Bescheids ist rechtmäßig. Der Kläger kann sich, da er nach eigenen Angaben über Italien als einem EU Mitgliedstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, nicht auf Asyl nach Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) berufen, wie sich schon aus Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG ergibt.

Auch die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1) Die getroffene Entscheidung ist rechtmäßig, da er keinen Anspruch nach § 3 Abs. 4 Asylgesetz (AsylG) auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hat. Er ist kein Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG.

a) Ein Ausländer ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – Flüchtling, wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris). Von einer Verfolgung kann nur dann ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die wegen ihrer Intensität den Betroffenen dazu zwingen, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen.

An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es aber regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolution und Kriegen (vgl. OVG NRW, U.v. 28.3.2014 – 13 A 1305/13.A – juris).

Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist es nach § 3b Abs. 2 AsylG auch unerheblich, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist, weil er tatsächlich die Merkmale besitzt, die zu seiner Verfolgung führen, sofern der Verfolger dem Betroffenen diese Merkmale tatsächlich zuschreibt.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22). Eine Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt aber durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind danach ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen (vgl. auch OVG NRW, U.v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A – juris).

Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üblichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der entscheidende Richter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 – juris; BVerwG, U.v. 11.11.1986 - 9 C 316.85 - juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.10.2016 – AN 3 K 16.30452 – juris mit weiteren Nachweisen).

b) Die geltend gemachte Vorverfolgung führt schon ungeachtet der Frage der Glaubhaftigkeit der Schilderungen und der sich aus der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Richters ergebenden fehlenden Glaubwürdigkeit des Klägers aufgrund mehrfacher irreführender Behauptungen und falscher Angaben (s.u.) nicht zur beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung.

Zwar wäre eine Verfolgung infolge eines Religionswechsels ein tauglicher Verfolgungsgrund nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Jedoch ginge die geltend gemachte Verfolgung nicht von einem Akteur i.S.d. § 3c AsylG aus. Verfolger wäre nach Angaben des Klägers allenfalls sein Vater und dessen Familie. Diese sehe den Kläger infolge der Konversion zum Christentum als Apostaten an und soll in der Moschee eine Todesdrohung (Fatwa) gegen ihn ausgesprochen haben. Wobei schon fraglich ist - ohne das es hierauf ankommt -, ob im islamischen Recht jedem Dorfimam die entsprechende religiöse Autorität zukommt, Fatwas zu erlassen. Der Vater und dessen Familie sind aber weder der äthiopische Staat (§ 3c Nr. 1 AsylG), noch sind sie eine Organisation, die einen wesentlichen Teil Äthiopiens beherrscht (3c Nr. 2 AsylG), noch sind sie ein nichtstaatlicher Akteur nach § 3c Nr. 3 AsylG. Von letzterem kann entgegen der klägerischen Ausführungen nicht ausgegangen werden, da nicht ersichtlich ist, dass die äthiopische Regierung weder in der Lage noch willens wäre dem Kläger und seiner Frau Schutz vor Verfolgung zu geben. Die Behauptung des Klägers, dass ihn auch die muslimischen äthiopischen Polizisten in Folge der Fatwa umbringen würden, falls er dort Schutz suchen würde, steht in diametralem Gegensatz zur Auskunft des Auswärtigen Amts an das Bundesamt vom 15. Januar 2018. Hiernach kommt es zwar eventuell in streng religiösen Familien zu Problemen infolge von Glaubenswechseln. Jedoch herrscht in Äthiopien Glaubensfreiheit. Probleme staatlicher oder offizieller Art gibt es dort diesbezüglich nicht. Zudem gibt es in der Hauptstadt Unterstützungsgruppen für Religionswechsler.

Auch die Glaubhaftigkeit des Vortrags zur Fluchtgeschichte ist angesichts mehrerer Unstimmigkeiten oder Widersprüche in Zweifel zu ziehen. Das Gericht sieht es als zweifelhaft an, dass die vermeintlichen Verfolger über 4 Jahre nicht gewusst haben sollen, wo sich der Kläger und seine Familie aufhalten, dann aber im Sommer 2013 plötzlich den Aufenthaltsort wussten. Zudem hat der Kläger in der Befragung am 22. Juli 2014 angegeben, von seinem Bruder am 27. August 2013 über die drohende Entdeckung informiert worden zu sein. In der mündlichen Verhandlung hat er dann erklärt, schon am 27. Juli 2013 vom Bruder angerufen worden zu sein. Man sei dann am nächsten Tag nach Libyen geflohen. Bei der Regierung von Mittelfranken hatte er angegeben bis 6. August 2013 im Sudan gewesen zu sein. Auch erschließt sich dem Gericht nicht, dass Eltern ihre Tochter, die als Folge des Religionswechsels für die Verfolger sichtbares Zeichen der Apostasie sein muss, bei der Schwiegermutter lassen. Zwar ist nachvollziehbar, dass die Saharadurchquerung für ein kleines Kind nicht zu schaffen ist, umso mehr verwundert aber, dass man die Tochter dann bei der Schwiegermutter lässt, wo die Verfolger doch angeblich wissen, wo im Sudan man sich befindet, anstatt, bei ihr zu bleiben, um sie zu schützen. Die Behauptung des Klägers, man habe gehofft, dass die Verfolger glauben würden, die Tochter sei mit nach Libyen gegangen und würden sie deshalb nicht im Sudan suchen ist schlicht unglaubhaft. Zumal der Klägers im Schriftsatz vom 4. Mai 2016 (Seite 6) behauptet hat, dass die Netzwerke der äthiopischen Muslime weitreichend sind. Nimmt man nämlich an, dass die vermeintlichen Verfolger wissen, wo sich der Kläger befindet, dann ist es lebensfremd zu glauben, dass sie dann nicht herausbekommen würden, dass die Tochter vor Ort geblieben ist. Auch die Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung, man habe seit ca. 8 Monaten keinen Kontakt mehr zur Tochter, weil Schwiegermutter und Tochter krank seien und man aus Furcht vor schlechten Nachrichten lieber keine Nachrichten bekomme, verwundert sehr, widerspricht jeglicher Lebenserfahrung und trägt nicht zur Glaubhaftigkeit des Ganzen bei.

c) Eine Verfolgung durch den äthiopischen Staat aufgrund eines politischen Engagements vor Ort in Äthiopien wurde schon nicht geltend gemacht und ist auch sonst nicht ersichtlich.

d) Soweit der Kläger geltend macht, zunächst für die EPRP exilpolitisch tätig gewesen zu sein und nunmehr die EDFM zu unterstützen, sowie an der Zeitschrift NETSEBRAQ als einer von drei Chefredakteuren mitzuarbeiten, führt auch dies nicht zur Annahme der beachtlich wahrscheinlichen Gefahr einer politischen Verfolgung im Heimatland.

Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht nur auf Ereignissen beruht, die eingetreten sind, nachdem ein Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat (sog. Nachfluchttatbestände). Hierbei ist auch zu beachten, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1a AsylG im Gegensatz zu § 28 Abs. 2 AsylG auch möglich ist, wenn sämtliche Umstände erst nach der Flucht eingetreten sind. Im Gegensatz zu Vorfluchtgründen, die lediglich glaubhaft zu machen sind, bedürfen Nachfluchtgründe, die auf Ereignissen innerhalb des Gastlandes beruhen, des vollen Nachweises, wobei insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Insofern ist den Versuchen einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Asylrechtsschutzes im Bereich der Sachverhaltsermittlung zu begegnen (BVerwG, U.v.21.10.1986 - 9 C 28.85 - BVerwGE 75, 99; BVerwG, U.v. 8.11.1983 - 9 C 93.83 - BVerwGE 68, 171).

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist es auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde (vgl. VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris).

Dass ein Ausländer in seinem Heimatstaat politisch verfolgt wird, weil er in der Bundesrepublik Deutschland gegen seinen Staat politische Aktivitäten entfaltet hat, kann nur angenommen werden, wenn sowohl für das Bekanntwerden der Tätigkeit im Heimatstaat als auch für dessen im Sinne des Asylrechts politisch motivierte Reaktion hinreichend gewichtige Anhaltspunkte bestehen (BVerwG, U.v. 29.11.1977 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82). Gerade an letzterem fehlt es hier.

Es gibt zahlreiche äthiopische politische Exilgruppen mit sehr unterschiedlichen Hintergründen und Programmen. Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6. März 2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es nach dieser Auskunft auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, II. 1.9., S. 16). Bei Würdigung dieser Auskunftslage ist weiterhin davon auszugehen, dass die Toleranzschwelle des äthiopischen Staates gegenüber exilpolitischen Aktivitäten seiner Staatsangehörigen sehr gering ist, so dass nicht nur medienwirksam exponierte Führungspersönlichkeiten der als terroristisch angesehenen illegalen Opposition bedroht sind. Vielmehr ist anzunehmen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dagegen ist zur Überzeugung des Gerichts nach Auswertung der aktuellen Erkenntnisquellen eine Verfolgung von nicht herausgehoben politisch tätigen Personen zwar nicht ausgeschlossen, aber jedenfalls nicht beachtlich wahrscheinlich.

Die Kammer und der entscheidende Einzelrichter gehen weiterhin davon aus, dass Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber, die im Herkunftsland nicht politisch aufgefallen waren, nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet.

Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „verfolgungswürdig“ erachten. Damit ist eine politische Verfolgung im Heimatland nicht beachtlich wahrscheinlich. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Mit dem Verwaltungsgericht Bayreuth geht das Gericht weiterhin davon aus, dass die zu beobachtenden vielfältigen Vorstands- oder sonstigen Funktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und in der Bundesrepublik sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt (VG Bayreuth, B.v. 26.8.2013 - B 3 K 12.30096 – juris; so im Ergebnis auch VG Ansbach, U.v. 21.2.2017 - AN 3 K 16.30481 - juris, VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30562 – juris; VG Ansbach, U.v. 27.08.2012 - AN 12.30258 - juris; VG München, U.v.31.5.2016 - M 12 K 16.30593 - juris; VG Kassel, U.v. 21.7.2016 - 1 K 1953/15.KS.A - juris).

Die Kammer und der Einzelrichter folgen damit nicht der vom Klägerbevollmächtigten dargelegten Auffassung des Verwaltungsgerichts Würzburg, wonach einem exilpolitisch tätigem Asylbewerber in Äthiopien politische Verfolgung drohe. Das VG Würzburg hat in Urteilen vom 24. Juli 2017 und vom 23. November 2017 zu einer die EPPFG,EPCOU unterstützenden Amharin und einem die TBOJ unterstützenden Oromo ausgeführt, dass es aufgrund der ihm vorliegenden Erkenntnisse - die sich auf dieselben Erkenntnismittel wie hier stützen - davon ausgehe, dass staatliche äthiopische Stellen Kenntnis von den oppositionellen Tätigkeiten im Ausland lebender Äthiopier zu erlangen versuchen und diese Kenntnisse dazu nutzten, heimgekehrte, exilpolitisch tätige Asylbewerber zu verfolgen.

Hierzu ist festzustellen, dass sich die Aussage, wonach jede exilpolitische Betätigung, auch die eines reinen Mitläufers, zu einer beachtlich wahrscheinlichen Verfolgung führen werde, nach Ansicht des Gerichts den Erkenntnismitteln nicht entnehmen lässt. Zunächst ist festzuhalten, dass nach sämtlichen Gutachten kein belegbarer Fall bekannt ist, wonach ein rein exilpolitisch tätiger Asylbewerber im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien verfolgt worden wäre. Sämtliche Gutachten basieren damit hinsichtlich der Verfolgungswahrscheinlichkeit auf Vermutungen ohne Tatsachengrundlage der jeweiligen Gutachter.

Das Auswärtige Amt teilt mit, dass keine Erkenntnisse vorlägen, wonach allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland zu staatlichen Repressionen führe. Es seien auch keine Fälle bekannt, wonach zurückgekehrte Äthiopier Benachteiligungen oder gar einer Festnahme oder Misshandlung ausgesetzt worden wären (AA in seinem Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, Seite 16 und 21). Demgegenüber steht die Aussage des Auswärtigen Amtes, wonach eine Verfolgung wahrscheinlich sei, wenn Anhänger der EPPFG aus dem Ausland zurückkehrten (AA an VG Gießen vom 9.12.2016 - EPPFG). Diese Aussage wurde aber im aktuelleren Lagebericht des Auswärtigen Amts von 2017 nicht wiederholt und kann daher als überholt angesehen werden.

Die Auskunft des Leibniz-Instituts (GIGA an VG Gießen vom 30.1.2017 - EPPFG) betrifft die EPPFG. Zudem stellt diese Auskunft nur fest, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr nicht ausgeschlossen werden könne. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab erreicht aber schon nicht den Maßstab der nötigen beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit.

Die Auskünfte des Gutachters Günter Schröder aus dem Jahr 2009 (Auskunft an das VG Köln vom 11.5.2009 Oromo, TBOJ/UOSG, OLF) und jene aus dem Jahr 2017 vermögen ebenfalls nicht zur Feststellung führen, dass heimkehrenden, rein exilpolitisch tätigen Asylbewerbern eine flüchtlingsrelevante Verfolgung droht. Dieser Gutachter behauptet zwar, dass zwangsweise zurückgeführte Äthiopier häufig verhaftet würden (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 214). Dieser Behauptung steht zum einen die oben genannte Auskunft des Auswärtigen Amtes entgegen. Zum anderen gibt auch der Gutachter Schröder keinen nachweisbaren Beleg an, wonach ein rein exilpolitische tätiges Mitglied einer der zahlreichen Exilorganisationen bei der Rückkehr nach Äthiopien etwa verhaftet worden wäre. Die Aussage, Rückkehrer würden häufig verhaftet, steht leer im Raum. Die von ihm näher erwähnten Verhaftungen betreffen jeweils Fälle von in Äthiopien demonstrierenden Personen (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 123, 125). So seien im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden. Dabei war der Großteil der Verhafteten oromischer Volkszugehörigkeit, ihnen wurde jeweils vorgehalten, an gewalttätigen Aktionen im Auftrag der OLF beteiligt gewesen zu sein. Entscheidend für die Verhaftung war also nicht die Frage, ob sie zurückgekehrte exilpolitisch tätige Asylbewerber waren, sondern, dass sie tatsächlich vor Ort demonstriert hatten. Dies wiederum deckt sich mit der Auskunft des Auswärtigen Amts, wonach es im Hinblick auf eine Verfolgung auch darauf ankommt, wie sich ein Rückkehrer vor Ort verhält.

Der Gutachter Schröder führt weiter an, dass eine Unterscheidung in unbedeutende und herausgehobene Tätigkeiten für die Beurteilung einer Verfolgungswahrscheinlichkeit nicht relevant sei (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 228), da dem äthiopischen Staat ein hohes Maß an Willkür zuzurechnen sei. Abschließend stellt der Gutachter fest, dass sich im Einzelfall nicht vorhersagen lasse, mit welchen konkreten Verfolgungsmaßnahmen ein Rückkehrer zu rechnen habe (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 237 Satz 1). Als Minimum müsse man jedoch mit einer längeren Inhaftierung und intensiver Befragung rechnen (Günter Schröder, Stellungnahme für das VG Gießen vom 15.2.2017 Rn. 237 Satz 2). Auch hier steht diese Aussage leer im Raum und der Auskunft des Auswärtigen Amts entgegen. Ein nachweisbarer Einzelfall ist vom Gutachter ebenfalls nicht dargetan. Auch erscheint es widersprüchlich, zunächst festzustellen, dass man konkrete Verfolgungshandlungen nicht vorhersagen könne, dann jedoch festzuhalten, dass mindestens mit einer längeren Inhaftierung und intensiven Befragungen zu rechnen ist.

Auch soweit das VG Würzburg dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 6. März 2017 entnimmt, dass schon die Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuften Organisation für eine flüchtlingsrelevante Verfolgung ausreicht, folgt das Gericht dem nicht. Diese Wortlautauslegung einer amtlichen Auskunft legt zu viel Wert auf das Wort „oder“ und lässt den Sinnzusammenhang des Satzes im ganzen Absatz unberücksichtigt. Zunächst teilt das Auswärtige Amt nämlich mit, dass keine Erkenntnisse darüber vorlägen, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Es komme auf den Einzelfall an, d.h. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen werde oder um welche Art von exilpolitischer Tätigkeit es sich handle. Wenn man nun wie das VG Würzburg davon ausgeht, dass schon die einfache Mitgliedschaft eines Asylbewerbers bei einer exilpolitischen Organisation ausreicht, so betrachtet man nicht mehr den Einzelfall, sondern pauschaliert nahezu sämtliche äthiopischen Asylbewerber, da der Großteil hiervon Mitglied oder Unterstützer irgendeiner Exilorganisation ist. Man ginge dann entgegen der Auskunft des Auswärtigen Amts, wonach es eben auf den Einzelfall ankommt, von einer generellen Verfolgung aller Mitglieder von Exilorganisationen, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft werden, aus.

Das Gericht weist nochmals daraufhin, dass es seine Erkenntnisse aus denselben Mitteln zieht, wie das seitens des Klagebevollmächtigten erwähnte VG Würzburg. Es bestanden daher mangels Konkretisierung, was eine neue Auskunft anderes ergeben würde, keine Anhaltspunkte, dass eine weitere Auskunft bei einem der angebotenen Gutachter neue Erkenntnisse brächte. Vielmehr erfolgt durch die Gerichte derzeit eine divergierende Schlussfolgerung aus den gegebenen Erkenntnissen. Dies aber ist eben keine beweisbare Tatsache und daher nicht dem angebotenen Beweis (Antrag Nr. 5 und 6) zugänglich. Entgegen der Ansicht des Klagebevollmächtigten in seiner Gegendarstellung gegen die Ablehnung der entsprechenden Beweisanträge handelt es sich hierbei auch nicht um eine beweisbare Wertung eines Sachverständigen. Das Gericht hat eben sämtliche vorliegenden Gutachten auszuwerten und zu berücksichtigen und kann nicht blind einer Aussage folgen, sondern es muss aus divergierenden Bewertungen mehrerer Gutachter eigene Schlüsse ziehen, was durch eine weiteres Gutachten nicht anders wäre.

Soweit der Kläger angibt, Mitglied der EPRP gewesen und jetzt bei der EDFM Mitglied zu sein, ist die reine Mitgliedschaft in einer der genannten Organisationen schon keine herausgehobene Stellung. Auch die behauptete Teilnahme an Demonstrationen vermag den Kläger nicht aus der Masse der äthiopischen Asylbewerber herauszuheben. In nahezu sämtlichen Verfahren äthiopischer Asylbewerber werden Teilnahmebescheinigungen an diversen Demonstrationen vorgelegt, so dass dies keinen mehr herauszuheben vermag. Weshalb die Frage der Tätigkeiten in den genannten Gruppen insoweit schon nicht entscheidungserheblich war und damit der Grund für die Ablehnung des entsprechenden Beweisantrags war. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die in englischer Sprache erstellte und in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Mitgliedsbescheinigung der EDFM von „some of her current acivity“ spricht, also allenfalls Tätigkeiten einer Frau und nicht eines Mannes bescheinigt werden würden.

Soweit der Kläger angibt, er sei einer der drei Chefredakteure der Zeitschrift NETSEBRAQ und veröffentliche dort regierungskritische Artikel, die von der äthiopischen Regierung gesehen und ihm zugeordnet würden, vermag auch dies selbst bei Wahrunterstellung nicht zu einer herausgehobenen Stellung des Klägers zu führen, weshalb der entsprechende Beweisantrag abzulehnen war. Die Selbsttitulierung mit scheinbar bedeutenden Posten vermag nicht zu einer herausgehobenen Stellung zu führen Die behauptete Tätigkeit des Klägers führt hier mitnichten zu einer exponierten Stellung. Wie sich durch die Befragung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, hat der Kläger den zuletzt angegebenen Artikel aus der Januarausgabe 2018 seines Magazins schon nicht selbst verfasst. Eine Beweiserhebung darüber, dass die Artikel „unter seinem Namen“ stehen, ist unerheblich. Sie verhülfe dem Kläger nicht zum Erfolg, da es nach der Auffassung des Gerichts nicht darauf ankommt, ob irgendwelche Artikel räumlich in der Nähe seines Namens stehen oder was sonst mit dem Ausdruck „unter/mit seinem Namen“ gemeint sein soll, sondern ob er Urheber derselben ist. Letzteres ist er jedenfalls für den englischsprachigen Artikel aus der Januarausgabe 2018 seines Magazins nicht.

Dieser englische Artikel wurde bereits am 19. Mai 2017 auf folgender Website veröffentlicht: http://...org/torture-victims-reeyot-and-habtamu-oppose-dr-tedros-adhanoms-candidacy-for-director-general-of-who/ (zuletzt aufgerufen am 8. März 2018) und stammt damit nicht vom Kläger. Entgegen dem Vortrag in der ergänzenden Klagebegründung vom 27. Februar 2018 (Seite 3 unten) ist dies damit nicht „ein Artikel“ des Klägers. Zumal der Kläger auch kein Englisch kann. Auf den entsprechenden Vorhalt des Gerichts gab der Kläger zu, dass er den Artikel nur weiterleiten und verbreiten wollte. Die reine Weiterleitung regierungskritischer Artikel ist aber keinesfalls eine eigene schöpferische Leistung, die dem selbst erkorenen Titel eines Chefredakteurs entspräche.

Auch die Frau des Klägers hat entgegen ihrer Darstellung in der Klagebegründung vom 27. Februar 2018 keinen eigenen Artikel verfasst. Der unter ihrem Namen veröffentlichte Artikel stimmt im Wortlaut mit einem Artikel der BBC vom 17. Januar 2018 überein. Er ist auf folgender Website abrufbar: http://www...com/news/world-africa-42716864?intlink_from_url=http://www...com/news/topics/cwlw3xz047jt/ethiopia& link_location=live-reporting-story (zuletzt aufgerufen am 8. März 2018) und damit nicht von ihr. Auf die Bitte, ihren Artikel vorzulesen, teilte die Klägerin mit, dass sie kein Englisch könne und den Artikel auf Amharisch verfasst habe. Sodann sei er übersetzt worden.

Beide Artikel sind durch eine einfache Google-Suche auffindbar, es ist nicht ersichtlich, dass die äthiopische Regierung diese fehlende Urheberschaft nicht erkennen würde.

Des Weiteren fällt auf, dass die Zeitschrift im Jahr 2017 nach bisherigen Erkenntnissen nicht erschienen ist, jedenfalls war bei den in der mündlichen Verhandlung vorgezeigten Zeitungen keine entsprechend datierte Ausgabe enthalten. Die Frau des Klägers erklärte, die Redaktion sei zerstritten gewesen, weshalb man nichts veröffentlicht habe. Auch dies verwundert sehr, will man doch stark gegen die Regierung engagiert sein. Im Jahr 2017 ruhte also die exilpolitische Tätigkeit insoweit. Erst im Jahr 2018, nach der Terminierung der mündlichen Verhandlung wurde am 27. Februar 2018 eine auf den 1. Januar 2018 datierte Zeitung vorgelegt. Auf den Hinweis des Richters an die Frau des Klägers in deren Verhandlung, dass das Veröffentlichungsdatum nicht stimmen könne, da die Zeitung einen Artikel über die Freilassung M. Gu. am 17. Januar 2018 enthalte, antwortete diese, dass komme vor, weil man nicht rechtzeitig fertig geworden sei. Man setze dann einfach das geplante Datum auf.

Hinzukommt, dass beide Artikel entgegen der Angabe in der ergänzenden Klagebegründung vom 27. Februar 2018 auch nicht im Internet auf der angegebenen Website www.netsebraqm.wordpress.com veröffentlicht werden. Nach entsprechendem Vorhalt des Gerichts, dass dort nur Zeitschriften von Februar 2016 oder früher auffindbar seien, erklärte die Frau des Klägers, dass sie eben nicht mehr veröffentlicht werden. Der Kläger erklärte, es habe Uneinigkeit in der Redaktion gegeben, ob die Website kostenpflichtig sei oder nicht. Festzuhalten ist jedenfalls, dass die Website weiter online ist, aber eben nicht aktualisiert oder gepflegt wird, wie dies bei dem behaupteten exilpolitischen Engagement zu erwarten wäre. Jedenfalls ist hieraus zu schließen, dass der aktuelle Verbreitungsgrad der Zeitschrift, angesichts der geringen Auflage, äußerst gering ist.

Hingewiesen sei noch darauf, dass die anderen, amharischen Artikel des Klägers in früheren Zeitschriften entgegen zweimaliger Aufforderung unter Hinweis auf § 184 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) nicht übersetzt worden sind, so dass sie insoweit nicht verwertbar sind. Wobei angesichts der aufgedeckten Täuschung über die Urheberschaft der englischsprachigen Artikel zu befürchten stünde, dass auch diese Artikel nur kopiert sind.

Aus alledem ergibt sich, dass der Kläger kein Redakteur ist und ihm damit auch keinesfalls eine herausgehobene Stellung in der äthiopischen Exilszene zukommt. Die Weiterleitung englischsprachiger Artikel unter der Angabe, dass seien eigene Artikel des Klägers, ist zur Überzeugung des Einzelrichters schlicht eine Täuschung des Gerichts über die behauptete Art und Weise der Tätigkeit aus asyltaktischen Motiven. Zur Erlangung einer scheinbar herausgehobenen Stellung und um sich einen Schutzgrund zu kreieren, hat der Kläger mehrfach wahrheitswidrige oder unvollständige Angaben gemacht.

Dadurch ist die Glaubwürdigkeit des Klägers zutiefst erschüttert. Dieser hat gegenüber dem Gericht mehrfach falsche, unvollständige Angaben machen lassen. Falsch war die Angabe, der Artikel sei im Internet auf der Zeitschriftenwebsite veröffentlicht. Falsch war die Angabe, es sei sein Artikel, da er schlicht kopiert worden war. Unvollständig war zudem die Behauptung, der englische Artikel sei von ihm. Denn der Kläger kann kein Englisch. Deshalb wäre korrekterweise anzugeben gewesen, dass es ein von ihm in Amharisch verfasster und sodann übersetzter Artikel sein soll.

Angesichts der sich nach der mündlichen Verhandlung darstellenden Art und Weise der Tätigkeit scheidet eine herausgehobene, aus Sicht der äthiopischen Regierung verfolgungswürdige, Tätigkeit aus. Da die Tätigkeit auch nicht zu einer beachtlich wahrscheinlichen politischen Verfolgung führt, kam es auch nicht auf die unter Beweis gestellte Behauptung, die äthiopischen Sicherheitsdienste würden über die Aktivitäten des Klägers auch dann genauestens Bescheid wissen, wenn er unter Pseudonym tätig sei, an. Der ähnlich gelagerte Beweisantrag Nr. 3 war aber schon deshalb abzulehnen, weil nicht dargetan war, inwiefern die angebotenen Beweismittel eigenes Wissen darüber haben sollen, welche Tätigkeiten des Klägers den Sicherheitsdiensten bekannt sind.

3) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Ein derartiger Schaden droht dem Kläger nach den obigen Ausführungen nicht.

4) Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

Ebenso wenig besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebeschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung aber jedenfalls dann, wenn die oberste Landebehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage keinen generellen Abschiebestopp erlassen bzw. diesen nicht verlängert hat und ein vergleichbarer wirksamer Schutz den betroffenen Ausländern nicht vermittelt wird. Die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG gebieten danach die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn einer extremen Lebensgefahr oder einer extremen Gefahr der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit entgegen gewirkt werden muss. Dies ist der Fall, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert oder erheblichen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt wäre (BVerwG, U.v. 17.10.1995 - BVerwGE 99, 324; BVerwG, U.v. 19.11.1996 - BVerwGE 102, 249, BVerwG, U.v. 12.7.2001 - BVerwGE 115, 1). Eine derartige Gefahrensituation könnte sich auch aus den harten Existenzbedingungen und der Versorgungslage in Äthiopien ergeben.

Ob die Annahme einer extremen Gefahrenlage im Wege der verfassungskonformen Auslegung nunmehr ausscheidet, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.1.2013 (Az. 10 C 15/12 – juris) davon ausgeht, dass in begründeten Ausnahmefällen schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat (auch) ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen können, kann letztlich dahinstehen, da die anzuwendenden Gefahrenmaßstäbe weitgehend übereinstimmen.

Nach den dem Gericht vorliegenden und ins Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Versorgungssituation für den Kläger in Äthiopien jedoch nicht so schlecht, dass von einer Gefahr im beschriebenen Sinn auszugehen wäre. Obwohl Äthiopien zwischen den Jahren 2004 und 2014 ein konstantes wirtschaftliches Wachstum aufwies, zählt das Land immer noch zu den ärmsten Staaten der Welt. Auf dem Human Development Index des UNO-Entwicklungsprogramms belegt Ä. Platz 173 von 186. 77,6% der Bevölkerung leben von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Das durchschnittliche Jahreseinkommen liegt bei 170 US-Dollar. 82% Prozent der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft (SFH, Äthiopien, Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, Rahel Zürrer, Bern 2014). Andererseits ist die Arbeitslosigkeit in den ländlichen Regionen niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft (IOM, Länderinformationsblatt Äthiopien, Juni 2014, VII. 8.2.1, S. 19). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert, weshalb große Teile der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2014 waren ca. 3,2 Millionen Äthiopier auf solche Hilfen angewiesen, wobei sich die Hilfen neben der reinen Nahrungsmittelhilfe auch auf Non Food Items (Hygiene und Gesundheit) bezogen. Zusätzlich wurden 7,8 Millionen Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigt hätten (AA, Lagebericht vom 24.5.2016, Stand: März 2016, IV. 1. 1.1. S. 20).

Im jüngsten Lagebericht spricht das Auswärtige Amt davon, dass 7,9 Millionen Menschen auf das staatliche Sozialprogramm zur Ernährungssicherung angewiesen sind (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, IV 1.1, S. 20). Hier zeigt es sich, dass die Situation für große Teile der Bevölkerung schwierig ist. Gleichwohl bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten. Für Rückkehrer bieten sich im Übrigen schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung.

Hierbei berücksichtigt das Gericht auch, dass der Kläger - zumindest nach seinem Vortrag -nicht in den Schoß seiner Familie und die dortige soziale Sicherheit zurückkehren kann. Jedoch ist es nicht ersichtlich, dass der gesunde Kläger nicht in der Lage wäre, Arbeit in Äthiopien zu suchen und zu finden, um sich und seine Familie zu ernähren. Dabei ist davon auszugehen, dass der Kläger sich in einem gesunden Zustand befindet, er hat erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er auch nicht gesund sei, sondern der Stress seine Spuren hinterlassen habe. Hierzu wurden jedoch schon keinerlei Atteste vorgelegt, noch führt Stress alleine zur Annahme einer Krankheit.

Die Entscheidung zur Kostentragung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die Kläger sind äthiopische Staatsangehörige mit oromischer Volkszugehörigkeit. Der Kläger zu 2) ist der leibliche Sohn des Klägers zu 1) und im Jahr 2006 in Äthiopien geboren.

Die Kläger sind ohne Identitätsnachweise und reisten nach eigenen Angaben über den Sudan, Libyen, Italien und Frankreich am 27. Juli 2014 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Sie stellten am 22. September 2014 einen Asylantrag.

Der Kläger zu 1) erklärte, er habe am 15. November 2011 Äthiopien verlassen und sich bis zum 20. Januar 2012 im Sudan aufgehalten, wo er den Kläger zu 2) gemeinsam mit dessen Mutter getroffen habe. Er habe noch zwei weitere Söhne, die er jedoch nicht kenne. Seine Frau sei auf der Überfahrt über das Mittelmeer zu Tode gekommen. Seine beiden anderen Söhne lebten bei der Schwiegermutter. Er gab an, er habe sich vom 18. Januar 2008 bis 15. November 2011 in Haft befunden.

Er habe nie eine Schule besucht, sondern habe früh angefangen zu arbeiten. Sein Vater sei bei der OLF General gewesen und er habe Waffen liefern müssen.

Im Gefängnis seien die Zustände menschenunwürdig gewesen. Er habe sich ohne Gerichtsverfahren über drei Jahre in Haft befunden. Schließlich sei ihm mit einem Sprung aus dem Fenster die Flucht aus dem Gefängnis gelungen, da er auf einem Abfalltransporter das Gefängnisgelände versteckt habe verlassen können. Er sei danach zu seinem Onkel nach … gegangen. Dieser habe ihm geholfen, nach … (Grenzort zum Sudan) zu reisen. Auch weiterhin habe der Onkel ihn mit Geld unterstützt.

Zu der Verhaftung sei es gekommen, da er Waffen geliefert habe. Die übrigen Waffen seien bei ihm zuhause im Untergeschoss gewesen. Dort habe die Regierung die Waffen gefunden und mitgenommen. Auf Nachfrage, welche Waffen sich im Keller befunden hätten, gab der Kläger zu 1) an, dies seien verschiedene Waffen gewesen, er kenne nicht alle Marken, es seien Kalaschnikows, Maschinengewehre und automatische Waffen gewesen. Auch Bomben seien dabei gewesen. Er könne nicht sagen, wie viele Waffen das gewesen seien, da sie immer wieder ausgeliefert worden seien. Die Waffen seien aus Somalia gekommen. Über die Hintergründe dieser Lieferungen wisse er nichts. Er habe nur das gemacht, was sein Vater ihm beigebracht habe. Er sei Mitglied der OLF. In Deutschland sei er Mitglied der TBOJ/UOSG.

Hierzu legte der Kläger zu 1) eine Bescheinigung vom 26. August 2016 vor, wonach er ab dem 8. November 2014 an verschiedenen Veranstaltungen und Demonstrationen der TBOJ/UOSG teilgenommen habe. Die letzte Demonstration datiert vom 13. August 2016. In seiner Anhörung gab der Kläger zu 1) an, die letzte Demonstration habe am 2. September 2016 in Berlin stattgefunden. Hierzu legte er Fotos vor. Zu seinen Ausgaben innerhalb der UOSG gab der Kläger zu 1) an, er informiere andere über die Veranstaltungen, sei aber nicht in leitender Stellung tätig.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2016, der an den Bevollmächtigten der Kläger mit Einschreiben am 2. November 2016 versandt wurde, lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte die Anträge auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte ihn anderenfalls die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Rückübernahme bereiten oder verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wird ausgeführt, der Sachvortrag des Klägers zu 1) sei nicht schlüssig. Er habe mit seinen Einlassungen, im Fall einer Rückkehr Tod, Gefängnis oder Verbringung in geheime Gefängnisse ausgesetzt zu sein, nicht durchdringen können. Die Schilderungen seien zu oberflächlich, pauschal und widersprüchlich gewesen. Die behauptete Betätigung für die OLF führe für sich genommen noch nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Zwar stufe die äthiopische Regierung die OLF weiterhin als terroristische Organisation ein. Deswegen würden Personen, die der Mitgliedschaft oder der aktiven Unterstützung der OLF verdächtig seien, noch immer von den Sicherheitsbehörden des Landes verfolgt. Jedoch sei für die Annahme einer Verfolgungsgefahr erforderlich, dass der Betreffende glaubhaft mache, sich aktiv für die Ziele der OLF eingesetzt zu haben bzw. seine Sympathie auf andere Weise offenkundig geworden sei. Dies sei beim Kläger zu 1) nicht der Fall. Er habe nicht glaubhaft vortragen können, in Äthiopien die OLF unterstützt zu haben. Die Angaben zu seiner Tätigkeit als Waffenkurier seien nicht detailreich genug gewesen. Ihm könne auch die Naivität im Umgang mit den bei ihm eingelagerten Waffen nicht abgenommen werden, wenn er sich der Sache der OLF als Sohn eines ihrer Generäle verschrieben haben wolle. Auch habe er nicht von sich aus lebendig und spontan das Geschehen geschildert, soweit es um die Festnahme und auch um die Flucht aus dem Gefängnis gegangen sei. Seine Darstellung der Ereignisse sei weitgehend knapp gewesen.

Auch die behauptete exilpolitische Betätigung in der TBOJ/UOSG begründe keine andere Entscheidung. Er hebe sich nicht durch seine Aktivitäten derart hervor, um als ernstzunehmender Oppositioneller eingestuft zu werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des streitgegenständlichen Bescheides Bezug genommen.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten, das am 11. November 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließen die Kläger Klage gegen den Bescheid erheben, die mit Schriftsatz vom 30. Januar 2018 weiter begründet wurde. Dem Kläger zu 1) sei aufgrund des geschilderten Vorfluchtgeschehens die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Er sei aufgrund seiner Tätigkeit mit bzw. für die OLF im Heimatland verfolgt worden. Diese Tätigkeit knüpfe an eine zumindest unterstellte politische Überzeugung an. Jedenfalls drohe dem Kläger zu 1) aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten politische Verfolgung in Äthiopien. Er sei seit 8. November 2014 Mitglied der TBOJ/UOSG und für diese auf vielfältige Weise exilpolitisch aktiv. Hierzu nahm der Prozessbevollmächtigte Bezug u.a. auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23. November 2017 – W 3 K 17.32586 –, wonach einem äthiopischen Staatsangehörigen, der für eine Exilorganisation, die als terroristische Vereinigung eingestuft werde, tätig werde und hierbei ein Mindestmaß an exilpolitischen Tätigkeiten aufweise, asylrelevante Verfolgung drohe. Insbesondere sei zu beachten, dass infolge der Aufhebung des Ausnahmezustands am 4. August 2017 sich keine Veränderung der Verfolgungssituation für Unterstützer oder vermeintliche Unterstützer ergeben habe, sondern diesen weiterhin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung in Form von Haft oder Misshandlung drohe.

Hierzu wurde die Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes, GIGA oder von Günther Schröder angeregt.

Der Kläger zu 2) berufe sich auf § 26 AsylG.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 28. Oktober 2016 zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den Klägern den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und hilfsweise festzustellen, dass bei den Klägern Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Schreiben vom 22. November 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 13. November 2017 wurde die Verwaltungsstreitsache auf die Einzelrichterin übertragen.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2018 ließ der Kläger zu 1) weitere Bescheinigungen der TBOJ/UOSG vom 15. Januar 2018 und der OLF vom 16. Januar 2018 vorlegen. Der der Kläger zu 1) habe im Zeitraum 29. Januar 2016 bis 6. Januar 2018 an verschiedenen Veranstaltungen der TBOJ/UOSG im Bundesgebiet teilgenommen. Er sei aktiver Unterstützer der OLF und habe an verschiedenen Veranstaltungen teilgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die im Hauptantrag auf die Verpflichtung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) beschränkten Klagen sind zulässig, jedoch unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid vom 28. Oktober 2016 2016 ist im Umfange des Klagebegehrens rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Ihnen steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) (Hauptantrag) noch auf Zuerkennung des subsidiären Flüchtlingsstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge) zu.

Für die Beurteilung des Vorliegens von Gründen für die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes und des subsidiären Schutzes ist maßgeblich auf den Kläger zu 1) abzustellen. Der Kläger zu 2) hat erklärt, dass er keine eigenen flüchtlingsschutzrelevanten Gründe geltend macht und sich insoweit auf § 26 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 AsylG beruft.

1. Vorliegend ist kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Ergänzend hierzu bestimmt § 3a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3 AsylG die Verfolgungsgründe, § 3c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3e AsylG den internen Schutz.

§ 3a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüp-fung bestehen muss.

Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.

Unter Würdigung dieser Voraussetzungen steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Kläger zu 1) im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befin-det, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung. Dies bedeutet, dass das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen darf, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen muss, die auch nicht völlig auszuschließende Zweifel mit umfasst (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.1977, Buchholz 402.24, § 28 AuslG Nr. 11; U.v. 16.4., 1.10. und 12.11.1985, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nrn. 32, 37 und 41).

Dabei ist der Beweiswert der Aussage des Asylbewerbers im Rahmen des Möglichen wohlwollend zu beurteilen. Er muss jedoch andererseits von sich aus unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen, widerspruchsfreien Sachverhalt schildern. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann ihm nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 20.10.1987, Buchholz 310, § 86 Abs. 3 VwGO, Nr. 37; B.v. 21.07.1989, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG, Nr. 113).

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B.v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U.v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; B.v. 21.7.1989, Buchholz a.a.O., Nr. 113).

a. Gemessen an den dargestellten Grundsätzen konnte der Kläger zu 1) nicht glaubhaft darlegen, dass er unmittelbar vor seiner Ausreise Maßnahmen staatlicher Stellen in Anknüpfung an in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Gründen ausgesetzt war und dass er Opfer von Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a AsylG geworden ist.

Seine Schilderungen sind hinsichtlich der Tätigkeit für die OLF im Heimatland zwar als möglich denkbar. Insgesamt ließen sie aber auch in der mündlichen Verhandlung die notwendige Detailtiefe vermissen, um sie als tatsächlich erlebte Ereignisse bewerten zu können. Bei der Beschreibung seiner Verhaftung durch Soldaten, die für den Kläger zu 1) sehr traumatisch im persönlichen Erleben gewesen sein muss, blieb sein Vorbringen sehr vage und wenig anschaulich.

Erhebliche Bedenken an der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens bestehen hinsichtlich der Angaben zu seiner Flucht aus dem Krankenhaus. Dass der Kläger zu 1), an dem der Staat ein großes Verfolgungsinteresse hatte, da der Kläger drei Jahre lang in Haft behalten und noch kurz vor seiner Flucht gefoltert wurde, um an wertvolle Informationen zu gelangen, sich im Krankenhaus ohne Bewachung durch Sicherheitspersonal aufhalten und von dort mit einem Sprung aus dem Fenster fliehen konnte, erscheint lebensfremd.

Seine Angaben – insbesondere zu seiner Herkunft aus … – sind überdies, da er sich ohne Personaldokumente in Deutschland aufhält, auch nicht überprüfbar.

b. Dem demnach nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereisten Kläger zu 1) droht auch aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung für die TBOJ/UOSG und die OLF als einfaches Mitglied nicht für den Fall seiner Rückkehr ins Heimatland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung durch staatliche Stellen.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei der Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen als terroristisch angesehen und welche Art exilpolitischer Aktivität festgestellt wird (führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert politisch betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dagegen ist eine Verfolgung von nicht herausgehobenen exilpolitischen tätigen Personen nicht beachtlich wahrscheinlich. Zwar steht die exilpolitische Vereinigung der TBOJ/UOSG, der der Kläger an-gehört, der Oromo-Befreiungsfront (OLF) nahe und ist mit dieser politisch eng verbunden. Die Oromo-Organisationen bzw. die mit ihnen verbundenen Parteien werden von den Sicherheitskräften des äthiopischen Staates besonders aufmerksam beobachtet. Personen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert betätigen, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen, müssen bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit politisch motivierten Verfolgungshandlungen rechnen (OVG NRW, U.v. 17.8.2010 – 8 A 3806/05.A - juris; VGH München, B.v. 14.7.2015 – 21 ZB 15.30119 – juris; VGH München, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 – juris). Die OLF wird von der äthiopischen Regierung als terroristische politi-sche Gruppierung angesehen (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 6. März 2017, S. 9). Wer in führender oder verantwortlicher Stellung in einer solchen Organisation tätig war bzw. ist oder dessen verdächtigt wird, muss mit Strafverfolgung wegen terroristischer Aktivitäten rechnen (ebenda).

Nach eigenem Vortrag fällt der Kläger zu 1) nicht in den beschriebenen Personenkreis. Er gibt an, einfaches Mitglied der TBOJ/UOSG und der OLF zu sein, an Veranstaltungen teilzunehmen und die Ziele der Parteien finanziell zu unterstützen und finanzielle Unterstützung ins Heimatland (insbesondere an Flüchtlinge aus Somalia) zu schicken.

Das Gericht verkennt nicht, dass sich die politische Situation seit 2015 in Äthiopien noch einmal verschärft hat und dass wohl auch nach Aufhebung des Ausnahmezustands im August 2017 nicht von einer spürbaren innenpolitischen Entspannung im Umgang mit regierungskritischen Gruppierungen ausgegangen werden kann (Günter Schröder, Stellungnahme gegenüber RAin B., Frankfurt vom 20. November 2017).

Aus der auch den Entscheidungen des VG Würzburg vom 24. Juli 2017 (W 3 K 17.30710) und 23. November 2017 (W 3 K 17.32586) zugrundeliegenden Auskunftslage, wie sie sich aus der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen ergibt, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass jedwede exilpolitische Betätigung – auch von untergeordneter Bedeutung oder aus rein asyltaktischen Gründen – zur Zuerkennung internationalen Schutzes führen müsste, da die Schwelle der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ staatlicher Verfolgung auch aufgrund der neueren Entwicklungen in Äthiopien nicht angenommen werden kann. Dass politische Verfolgung nicht ausgeschlossen werden kann, genügt nicht den Anforderungen an die „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ im Einzelfall.

Ein besonnener Betrachter kann im Hinblick auf Art und Umfang der nach den vorliegenden Erkenntnissen stattgefundenen Vorkommnisse nicht den Schluss ziehen, dass allgemein Mitglieder der TBOJ/UOSG und der OLF einer im Rahmen des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG relevanten Verfolgung im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien ausgesetzt sein werden. Von einer Unzumutbarkeit der Rückkehr (so zum Maßstab der „Verfolgungsgefahr“ grundlegend BVerwG, U.v. 5.1.1991 - 9 C 118.90 -, juris sowie BVerwG, U.v. 20.3.2013 – 10 C 20.12 – juris; BVerwG, B.v. 15.8.2017 – 1 B 120.17 – juris) ist somit – so die Rechtsauffassung des Gerichts unter Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen – nicht auszugehen.

Dies steht auch in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und der im Beschluss vom 14. November 2017 – 21 B 17.31340 – zum Ausdruck kommenden möglichen Beibehaltung dieser Rechtsprechung.

In diesem Beschluss wird u.a. folgendes ausgeführt:

„Dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts liegt, die Beklagte zeigt das zutreffend auf, folgender Tatsachengrundsatz zugrunde: Bekennen sich äthiopische Asylbewerber zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht und weisen sie für diese Exilorganisation ein Mindestmaß an Aktivität vor, haben sie für den Fall ihrer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG zu erwarten. Das Urteil weicht damit von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes ab und beruht auf dieser Abweichung. Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Juli 2015 (21 B 15.30119 –juris) seine bisherige Rechtsprechung (vgl. U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 – juris) fortgeführt und bezüglich eines Mitglieds der UOSG (TBOJ) auf folgende engere tatsächliche Voraussetzungen für eine Rückkehrgefährdung bei exilpolitischer Betätigung äthiopischer Staatsangehöriger verwiesen: Bei einer Rückkehr nach Äthiopien müssen solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen.“

Gemessen an diesen Grundsätzen droht dem Kläger zu 1) nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung seitens des äthiopische Staates. Nach eigenem Vorbringen betätigt er sich nicht exponiert exilpolitisch, sondern ist einfaches Mitglied. Mit seinen Einlassungen zeigte der Kläger z 1) in der mündlichen Verhandlung keine politisch überzeugte Haltung. Sein Vortrag blieb auch diesbezüglich sehr vage und detailarm. Dass sein Engagement in Deutschland von einem ernsthaften politischen Willen getragen ist, war nicht erkennbar.

2. Dem Kläger zu 1) steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung ( § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). In diesem Rahmen sind gemäß § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend anzuwenden.

Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass dem Kläger zu 1) bei einer Rückkehr in sein Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht.

Auch aus den jüngsten Meldungen aus der Region Oromia (Auswärtiges Amt: Äthiopien: Reise- und Sicherheitshinweise vom 11. Oktober 2016; FAZ 1. September 2016 „Mit jedem Toten wächst der Zorn“ und aus den in der mündlichen Verhandlung zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen) ergibt sich nichts anderes.

3. Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.

a. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK - (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

b. Ebenso wenig besteht im Falle der Kläger ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Kläger verfügen noch über familiäre Kontakte ins Heimatland. So gab der Kläger zu 1) an, zwei Onkel lebten dort noch. Auch seine Schwiegermutter und zwei seiner Kinder halten sich noch im Heimatland auf. Diese familiären Kontakte werden den Klägern in der Anfangszeit helfen, sich in Äthiopien wieder eine Existenz aufzubauen.

Weitere Anhaltspunkte für das Bestehen eines Abschiebungsverbotes wurden von den Klägern nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.

4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreisesaufforderung unter Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor.

5. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das ihr im Rahmen des § 11 Abs. 1 und 3 AufenthG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, bestehen nicht und wurden von den Klägern auch nicht vorgetragen.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Die Klage war demnach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit oromischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Er reiste am 21.07.2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 17.08.2016 einen Asylantrag.

Bei seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 05.07.2017 gab der Kläger im Wesentlichen an, er stamme aus …, Bundesstaat Oromia.

Im Frühjahr 2013 habe er im Auftrag seiner Schule - zusammen mit anderen Schülern - Spendengelder zur Unterstützung hilfsbedürftiger Schüler gesammelt. Deswegen sei er am 18.03.2013 von der Ortspolizei verhaftet und zu einer Polizeistation gebracht worden. Er sei als Gegner der Regierung verdächtigt worden, weil er Oromo sei. Von der Polizei sei er geschlagen und misshandelt worden, damit er den Organisator der Sammlung und die Liste der Spender preisgebe. Wegen seiner Verletzungen sei er in ein Krankenhaus verlegt worden und dort für 29 Tage gewesen. Da die Aktion allerdings vom damaligen Direktor genehmigt worden sei, sei er wieder freigelassen worden. Er habe sich aber durch Unterschrift verpflichten müssen, keine politischen Tätigkeiten mehr auszuüben. Nach dem Vorfall sei er weiter zur Schule gegangen. Anschließend habe er ein Geschäft für Mobiltelefone eröffnet.

Sein Heimatland habe er Ende 2015 wegen einer Grundstücksstreitigkeit verlassen. Er sei Eigentümer eines Grundstücks im Nachbarort …gewesen, auf dem er begonnen habe, ein Haus zu bauen. Ohne sein Wissen sei das Grundstück an einen Investor verkauft worden. Die Behörden hätten ihm über die Hintergründe des Verkaufs keine Auskunft geben können. Er habe dann den Zaun des Investors eingerissen und weiter an seinem Haus gebaut. Kurze Zeit später sei die Polizei gekommen. Als er die Polizei gesehen habe, sei er geflohen und am 26.11.2015 nach …, wo er sich versteckt habe, gegangen. Mit Hilfe eines Onkels habe er seine Ausreise organisiert und am 02.12.2015 sein Heimatland verlassen.

Mit Bescheid vom …2017, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am …2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziff. 2). Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziff. 3). Die Beklagte stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG. Der Sachvortrag des Klägers genüge nicht den Kriterien einer glaubhaften Darstellung eines Verfolgungsschicksals. Die Angaben zu den fluchtauslösenden Ereignissen seien arm an Details, vage und oberflächlich geblieben. Die Angaben des Klägers, wonach er nichts über den angeblichen Verkauf seines Grundstücks wisse und die Behörden ihm nicht hätten weiterhelfen können, seien nicht nachvollziehbar und widersprächen jeglicher Lebenserfahrung. Selbst bei unterstellter Glaubhaftigkeit könne dem Kläger nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden. Die vom Kläger vorgetragenen Fluchtgründe reichten hinsichtlich ihrer Intensität nicht aus, um von Verfolgungshandlungen nach § 3a AsylG, die an Verfolgungsgründe des § 3b Abs. 1 AsylG anknüpfen, auszugehen. Im Zusammenhang mit der Grundstücksangelegenheit habe der Kläger keine konkreten Verfolgungshandlungen vorgetragen, die ihn selbst betreffen würden. Die Angst vor Verfolgung stelle insofern lediglich eine Vermutung dar. Im Rahmen des Streites um die Grundstücksbesitzverhältnisse sei der Kläger an die örtlichen Gerichte zu verweisen. Die beschriebene Inhaftierung im Jahr 2013 führe ebenfalls nicht zu einer Flüchtlingszuerkennung. Der Kläger habe selbst angegeben, dass die Situation aufgeklärt und er entlassen worden sei. Dem Kläger drohe damit keine weitere Sanktion bei der Rückkehr nach Äthiopien. Im Übrigen ergebe sich auch keine allgemeine Verfolgung durch die Zugehörigkeit des Klägers zum Volk der Oromo.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gemäß Art. 16a Abs. 1 GG seien nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des Art. 3 AsylG einschlägig sei.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Im Hinblick auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz sei nicht davon auszugehen, dass dem Kläger Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung bei einer Rückkehr nach Äthiopien drohe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) liege ebenfalls nicht vor.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG kämen nicht in Betracht. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien selbst unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers nicht erfüllt. Es sei zu erwarten, dass der Kläger mit zwölfjähriger Schulausbildung als gesunder, arbeitsfähiger und junger Mann seine Existenz sichern könne. Er habe zuletzt ein eigenes Geschäft in seinem Heimatland geführt. Außerdem verfüge der Kläger noch über Eltern, Geschwister und eine Großfamilie im Herkunftsland, so dass anzunehmen sei, dass er auch insoweit Unterstützung erhalten werde.

Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG seien weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom …2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am …2017, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragt,

  • 1.Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom …2017, Gz.: …, wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen; den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen; hilfsweise dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen; hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 AufenthG vorliegen, insbesondere betreffend Äthiopien; hilfsweise die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verkürzen.

Zur Begründung der Klage wird auf die Anhörung des Klägers beim Bundesamt am 05.07.2017 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 30.08.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss der Kammer vom 18.01.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG sind ebenfalls nicht gegeben. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Selbst unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018 besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

a) Unabhängig von der Tatsache, dass der Kläger den Zeitpunkt seiner Verhaftung wegen der Spendengeldsammlung beim Bundesamt auf den 18.03.2013 datiert hat, während er in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht angab, „dies könne ungefähr im Mai 2013“ gewesen sein, stellt die Maßnahme im Frühjahr 2013 jedenfalls keine Verfolgungshandlung mit der notwendigen flüchtlingsrechtlichen Relevanz im Sinne des § 3 AsylG dar. Es besteht daher keine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger insoweit bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland einer Verfolgung ausgesetzt sein wird. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten nur Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen oder Handlungen in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in einer ähnlichen Weise wie in der in § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG beschriebenen Weise betroffen ist.

Der Kläger ist nach eigenen Angaben lediglich einen Tag von der Polizei gefangen gehalten worden. Selbst wenn er dabei tatsächlich körperlich misshandelt worden sein sollte und in ein Krankenhaus eingeliefert worden ist, erreicht die vorgetragene Handlung im Zusammenhang mit der Sammelaktion im Jahr 2013 nicht die erforderliche Intensität für eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung. Bereits während des Krankenhausaufenthalts des Klägers konnte der Sachverhalt aufgeklärt werden, indem der damalige Schuldirektor gegenüber der Polizei angegeben hat, dass er eine Erlaubnis für die Sammlung erteilt habe. Im Anschluss daran durfte der Kläger unverzüglich das Krankenhaus verlassen. Im Übrigen erklärte der Kläger dem Gericht, dass er wegen der Spendensammlung im Jahr 2013 bis zu seiner Ausreise Ende 2015 keinerlei Probleme mit den Behörden mehr hatte, so dass es schon am (zeitlichen) Kausalzusammenhang zwischen der Verhaftung im Frühjahr 2013 und der Ausreise im Dezember 2015 fehlt.

b) Auch die geschilderten Probleme mit der Polizei im Zusammenhang mit dem Betrieb seines Handyladens führen nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Ungeachtet der Tatsache, wonach der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, nach dem Vorfall anlässlich der Spendensammlung im Jahr 2013 die Schule abgebrochen und einen Handyladen eröffnet zu haben, während er beim Bundesamt noch angegeben hat, nach der Freilassung im Jahr 2013 weiter zur Schule gegangen zu sein (Blatt 97 der Bundesamtsakte), stellen die vorgetragenen Bedrohungen durch die Polizei ebenfalls keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung im obigen Sinne dar. Nach Angaben des Klägers sei die Polizei gelegentlich vorbeigekommen und habe ihm vorgeworfen, dass er zu laut Musik mit politischem Inhalt spiele. Einmal sei die Lautsprecheranlage zerstört worden, ein anderes Mal habe die Polizei die Anlage mitgenommen.

Zum einen konnte der Kläger gegenüber dem Gericht nicht genauer darlegen, wie oft diese Vorfälle mit der Polizei überhaupt gewesen sind. Zum anderen erklärt der Kläger selbst gegenüber dem Gericht, dass ihm weiter wegen dieser Angelegenheit nichts passiert sei. Die geschilderten Maßnahmen der Polizei im Zusammenhang mit dem Betrieb des Handyladens stellen damit schon im Ansatz keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung dar, insbesondere da die Polizei offensichtlich wegen der Lautstärke und den „verbotenen“ Inhalten gegen den Kläger vorgegangen ist.

c) Gleiches gilt für den vom Kläger vorgetragenen Grundstückskonflikt. Nach Angaben beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger im Nachbarort ein Baugrundstück besessen, auf dem er ein Haus bauen wollte. Nachdem er bereits Baumaterialien hat anliefern lassen, hat die Regierung das Grundstück gegen seinen Willen an einen Investor verkauft. Eine Entschädigung für den Verlust seines Grundstücks hat der Kläger nicht erhalten.

Die staatliche Enteignung des klägerischen Grundeigentums stellt nach Auffassung des Gerichts keine konkret individuelle Verfolgungshandlung mit flüchtlingsrechtlicher Relevanz dar. Zum einen hat der Kläger selbst angegeben, dass in dieser Zeit die Regierung viele Grundstücke der Oromo enteignet und an Investoren verkauft habe. Zum anderen stellt die Enteignung - selbst wenn diese entschädigungslos ist - keine Handlung dar, die aufgrund ihrer Art so gravierend ist, dass sie eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte darstellt. Auch andere Rechtsordnungen sehen das Institut der Enteignung vor. Allein die Tatsache, dass die „Verfahrensvorschriften“ nicht eingehalten worden sind bzw. dass der Kläger für den Landentzug keine Entschädigungsleistung erhalten hat, stellt keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG dar. Vielmehr handelt es sich - soweit dem Kläger hierfür eine Entschädigung zugestanden hätte - lediglich um staatliches Unrecht außerhalb der flüchtlingsrechtlichen Relevanz. Dies gilt vorliegend umso mehr, da dem Kläger nicht seine komplette Existenz entzogen wurde, insbesondere er nicht aus seinem Wohnhaus vertrieben worden ist, sondern lediglich ein unbebautes Grundstück, auf dem der Kläger erst mit der Errichtung eines Bauwerks beginnen wollte, entzogen wurde. Die entschädigungslose Enteignung eines Grundstücks stellt damit keinen Verfolgungsgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. des § 3 Abs. 1 AsylG dar (vgl. Unabhängiger Bundesasylsenat der Republik Österreich [UBAS], Entscheidung vom 22.07.1998 - 203.929/0-VIII/22/98).

d) Selbst der klägerische Hinweis auf die allgemeine und insbesondere auf die wirtschaftliche Diskriminierung der Oromo in Äthiopien reicht für die Annahme einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungshandlung nicht aus. Volkszugehörige der Oromo unterliegen - auch nach der gegenwärtigen Auskunftslage - im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keiner sogenannten Gruppenverfolgung.

Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (sog. Gefahr der Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Volkszugehörigkeit anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte „Verfolgungsdichte“ voraus, welche die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines der in § 3b AsylG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. zum Ganzen: BVerwG. U.v. 5.7.1994 - 9 C 158.94 - juris; VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris; VG Bayreuth, U.v. 7.3.2017 - B 3 K 16.31008 - juris). Zudem gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass diese mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur dann vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d.h. wenn auch keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss (VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris, VG Bayreuth, U.v. 7.3.2017 - B 3 K 16.31008 - juris; VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 - Au 5 K 16.31853 - juris).

Ob Verfolgungshandlungen das Kriterium der Verfolgungsdichte erfüllen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne von § 3c Nr. 1 und 2 AsylG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 3b AsylG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann. (vgl. zu alledem BVerwG, U.v. 21.4.2009 - 10 C 11.08 - juris; VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris).

Dies zugrunde gelegt, droht dem Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo nicht die Gefahr einer landesweiten Gruppenverfolgung. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass Volkszugehörige der Oromo verstärkt Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien ausgesetzt sind. Das Bundesamt hat jedoch im streitgegenständlichen Bescheid zu Recht ausgeführt, dass eine für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische landesweite Verfolgungsdichte von oromischen Volkszugehörigen nicht zu erkennen ist (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; vgl. auch Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 06.03.2017 - Gz. 508-516.80/3 - ETH). Auch der gegenwärtige „Ausnahmezustand“ in Äthiopien ändert nichts an der zutreffenden Einschätzung des Bundesamtes zu den fehlenden Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung der Oromo.

e) Soweit der Kläger - erstmals in der mündlichen Verhandlung - von der Teilnahme an einer Demonstration am 24.11.2015 für die Rechte der Oromo in seinem Heimatort berichtet, führt dieser Umstand ebenfalls nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach Angaben des Klägers haben an dieser Demonstration gegen die Enteignung der Oromo mehr als 300 Leute teilgenommen. Als die Demonstration von der Polizei aufgelöst worden ist, ist der Kläger zu seinem Laden gegangen und hat das TPLF-Schild entfernt. Deswegen soll die Regierung nach ihm gesucht haben.

Aufgrund der Demonstration war der Kläger damit schon keiner konkret individuellen Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG ausgesetzt. Soweit der Kläger nunmehr von einer „Verfolgung“ durch die Regierung wegen des entfernten Parteischildes vor seinem Handyladen berichtet, ist der Vortrag schon vage, detailarm und unsubstantiiert. Insbesondere ist für das Gericht nicht nachvollziehbar dargelegt, warum der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung auf das entsprechende Schild hingewiesen hat bzw. warum die aus der Entfernung resultierende „Verfolgung“ von flüchtlingsrechtlicher Intensität sein sollte.

f) Auch der Sachvortrag, der Kläger sei von der Polizei verfolgt worden, weil er illegal das „enteignete“ Grundstück betreten hat, stellt nach Auffassung des Gerichts keinen flüchtlingsrechtlich relevanten Belang dar. Zum einen ist der Vortrag insoweit vom Kläger schon in unglaubwürdiger Weise gesteigert worden, indem er im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstmals angibt, er habe in der Nacht zum 26.11.2015 mit 22 Leuten den Zaun des Investors an seinem Grundstück eingerissen. Bei der Anhörung beim Bundesamt am 05.07.2017 war hingegen lediglich die Rede davon, dass er den Zaun des Investors niedergerissen und an seinem Haus weitergebaut hat. Selbst auf Nachfrage des Gerichts konnte der Kläger nicht plausibel darlegen, warum er nunmehr mit 22 Leuten in der Nacht auf das Grundstück eingedrungen sein will. Es erscheint lebensfremd, wenn der Kläger nunmehr ausführt, er habe 22 Leute mitgebracht, um mit diesen - mitten in der Nacht - sein Haus zu bauen. Soweit der Kläger und seine Männer tatsächlich wegen des Eindringens auf das entzogene Grundstück von der Polizei vertrieben bzw. beschossen worden sein sollten, stellt dies jedenfalls keine Verfolgungshandlung im Sinne des Flüchtlingsrechts dar, da sich der Kläger offensichtlich illegal auf dem - wenn auch zu Unrecht enteignetem - Grundstück befunden hat.

g) Letztlich vermag das Gericht auch unter Berücksichtigung des Kumulationsansatzes (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG) keine flüchtlingsrechtlich relevante Vorverfolgung des Klägers erkennen. Die vorgetragenen Einzelereignisse sind nach der Überzeugung des Gerichts nicht insgesamt derart schwerwiegend, dass aufgrund der Vielzahl „diskriminierender Nadelstiche“ das Maß des allgemein hinnehmbaren überschritten wurde (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2009 - 10 C 52/07 - juris; Marx, AsylG, 9. Auflage 2017, § 3a Rn. 12 ff.).

h) Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignisse beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zweifelsohne zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Aufgrund der Auskunftslage, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016, den Ausnahmezustand 2016 und die aktuelle politischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 berücksichtigt, geht das Gericht jedoch weiterhin nicht davon aus, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt es - auch nach der aktuellen Lage - für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6.3.2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich ist danach vielmehr der konkrete Einzelfall an, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt - soweit bekannt - ohne Konsequenzen (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, S. 16; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris).

G. S. geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung - verbunden mit intensiver Befragung - auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie S. trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von G. S. im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit - zumindest teilweise - gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme S.s nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora - auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass S. zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.2.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich: VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris).

Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher auch weiterhin nicht an, dass äthiopische Asylbewerber, sofern sie sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.Gl.A - juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris). Vielmehr müssen nach Überzeugung des Gerichts bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 - 21 B 15.30119 - juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 - 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 - juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann - wie bereits ausgeführt - auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Die Kammer und der erkennende Einzelrichter gehen daher weiterhin davon aus, dass sich Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens abzielend einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten.

Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Im Hinblick auf die nach der Auskunftslage intensive Überwachung der äthiopischen exilpolitischen Szene im Bundesgebiet durch den äthiopischen Staat, führte das Gericht bereits mit Urteil vom 26.8.2013 (B 3 K 12.30096 - juris) aus, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, „dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden, inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten […] im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt.“ Diese Ausführungen gelten gegenwärtig (erst recht) uneingeschränkt fort.

Unter Heranziehung der vorstehenden Maßstäbe des Gerichts gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle seiner Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger ist ausweislich der Bescheinigung vom 16.02.2018 seit 06.01.2018 aktives Mitglied des TBOJ/UOSG. Seit seiner Mitgliedschaft bei der TBOJ/UOSG hat der Kläger am 06.01.2018 an einer exilpolitischen Veranstaltung in Regensburg teilgenommen. Nach Angaben in der mündlichen Verhandlung zwar der Kläger zuvor lediglich Unterstützer der Organisation. In dieser Eigenschaft hat er ausweislich der Bescheinigung vom 16.02.2018 und der Einlassung in der mündlichen Verhandlung an zwei Veranstaltungen (am 15.04.2017 in Fürth und am 15.12.2017 in Frankfurt am Main) teilgenommen. Neben der Tatsache, dass der Kläger erst seit 06.01.2018 Mitglied der TBOJ/UOSG ist und nur wenige exilpolitische Veranstaltungen besucht hat, hat sich der Kläger zudem in keiner Weise von der Masse der exilpolitisch tätigen Äthiopier abgehoben. Der Kläger hatte bzw. hat offensichtlich keine exponierte Stellung unter den Oppositionellen. Der Kläger erklärte zudem gegenüber dem Gericht, dass zu den Veranstaltungen jeweils sehr viele Leute gekommen seien und er sich nicht aus der „breiten Masse“ hervorgehoben hat.

Die Tätigkeiten des Klägers führen nach Überzeugung des Gerichts daher nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen hat.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, wonach die Regierungspartei Äthiopiens ab dem Jahr 2006 ein Positionspapier herausgegeben habe, welches die Unterdrückung und Beseitigung der Opposition sowie die Unterwanderung der Opposition im Ausland zum Gegenstand hat und im Zuge dieser Maßnahme Demonstranten bei Demonstrationen im Ausland fotografiert würden, mit dem Ziel, diese zu diskriminieren. Nach Erkenntnissen des Gerichts geht die Initiative zu Fotoaufnahmen vielmehr von den demonstrierenden Asylbewerbern selbst aus, um an einen Nachweis für die exilpolitische Tätigkeit zu gelangen. So werden regelmäßig dem Gericht Fotoaufnahmen vorgelegt, in dem sich die Asylbewerber bei Demonstrationen - teils mit vom äthiopischen Staat nicht akzeptierten Gegenständen und Symbolen - positionieren.

Weiterhin gibt es keinerlei Belege für die Behauptung des Klägerbevollmächtigten, wonach es ein Geheimabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland bzw. der EU und Äthiopien gebe, nachdem die Bundesrepublik Deutschland im Asylverfahren gewonnene Daten von oromischen Volkszugehörigen an den äthiopischen Geheimdienst - zum angeblichen Zweck der Identitätsklärung - weitergebe, um insgeheim die betroffenen Asylbewerber in ihrem Heimatland zu denunzieren. Der Klägerbevollmächtigte konnte diesbezüglich keine weiteren Angaben zur Herkunft dieser Behauptung machen. Soweit ausgeführt wird, er habe dies der „Zeit Online“ entnommen, wurde weder eine konkrete Fundstelle benannt, noch konnte das Gericht nach intensiver Recherche einen Artikel finden, der nur annährend in diese Richtung geht. Falls der Klägerbevollmächtigte insoweit auf das Ende Januar 2018 zwischen der EU und Äthiopien geschlossene Rückführungsabkommen betreffend abgelehnter Flüchtlinge anspielt, vermag das Gericht hieran nichts Verwerfliches zu erkennen, insbesondere ist es nicht unüblich, dass bei der Identitätsklärung auch auf Nachrichten- und Sicherheitsdienste des Herkunftslandes zurückgegriffen wird. Dass durch diesen Vorgang die Flüchtlinge gezielt diffamiert oder gar bewusst einer Verfolgungsgefahr im Heimatland unterworfen werden sollen, ist eine bloße Behauptung.

i) Im Übrigen macht das Gericht von seinem Ermessen Gebrauch und weist das Vorbringen hinsichtlich der exilpolitischen Tätigkeit des Klägers gem. § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO als präkludiert zurück.

Nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG hat der Kläger die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung anzugeben. Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der obigen Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und der Beteiligte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist. Der Kläger wurde sowohl von der Beklagten im Bescheid vom …2017 als auch vom Gericht in der Klageeingangsmitteilung darauf hingewiesen, dass die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids anzugeben sind. Die exilpolitische Tätigkeit des Klägers wurde aber erstmals in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018, obwohl der Kläger nach eigenen Angaben und ausweislich der Bescheinigung der TBOJ/UOSG bereits seit April 2017 an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, vorgetragen. Weiterhin wurde der Kläger auch mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung - unter Hinweis auf § 87b Abs. 3 VwGO - aufgefordert, bis zum 12.02.2018 evtl. Nachfluchtaktivitäten vorzutragen. Auch innerhalb dieser Frist erfolgte kein entsprechender Vortrag, obwohl der Kläger seit dem 06.01.2018 sogar aktives Mitglied der Vereinigung ist. Zwar ist die Bestätigung der TBOJ/UOSG auf den 16.02.2018 datiert und konnte daher - denknotwendigerweise - nicht innerhalb Monatsfrist des § 74 Abs. 2 AsylG bzw. bis zum 12.02.2018 vorgelegt werden, jedoch sind nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG bzw. § 87b Abs. 2 VwGO nicht nur Beweismittel, sondern auch die zur Klagebegründung dienenden Tatsachen und Erklärungen innerhalb der maßgeblichen Fristen vorzubringen. Es wäre dem anwaltlich vertretenen Kläger daher ohne weiteres zuzumuten gewesen, fristgerecht die exilpolitische Tätigkeit des Klägers vorzubringen. Entschuldigungsgründe sind weder dargetan noch anderweitig ersichtlich. Letztlich würde die Berücksichtigung des verspäteten Vortrags nach Überzeugung des Gerichts - wenn man der vorstehenden Auffassung des Gerichts nicht (mehr) folgt und ein „Mindestmaß an exilpolitischer Betätigung“ in der TBOJ/UOSG für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausreichen lassen würde (vgl. z.B. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris) - zur Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits führen, da in diesem Fall das Gericht weitere Ermittlungen zum Umfang der Tätigkeit des Klägers in der TBOJ/UOSG anstellen müsste.

j) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

2. Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter nach § 16a Abs. 1 GG sind nicht erfüllt, da nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen des § 3 AsylG einschlägig sind.

3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris).

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er hat bereits vor seiner Ausreise einen Handyladen in Äthiopien betrieben und konnte damit für sein Existenzminimum sorgen. Es ist nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland nicht an diese Verhältnisse anknüpfen könnte. Zudem verfügt der Kläger über familiären Rückhalt in seiner Heimat, so dass zumindest im Rahmen des Familienverbundes von einer Existenzsicherung auszugehen ist.

b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vor. Die vom Kläger vorgebrachte Verletzung am linken Unterarm stellt schon im Ansatz keine Erkrankung im vorstehenden Sinn dar. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kommt damit ebenfalls nicht in Betracht.

Im Übrigen sind nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung auf Grund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, weder als Flüchtling noch als Asylberechtigter anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger sind äthiopische Staatsangehörige, muslimischen Glaubens und Volkszugehörige der Oromo. Sie reisten nach eigenen Angaben am 20.11.2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 11.12.2013 Asylanträge.

Mit Schreiben vom 19.10.2015 stellten die Bevollmächtigten der Kläger Untätigkeitsklage (B 2 K 15.30540), mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, über die Asylanträge der Kläger zu entscheiden. Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 16.11.2015 bis 20.05.2016 ausgesetzt.

Am 03.12.2015 wurden die Kläger beim Bundesamt für ... angehört. Zur Begründung ihres Asylantrags gaben sie an, der Kläger zu 1) sei Mitglied eines Diskussionsrings aus 10 Personen gewesen. Die Gruppe, der auch der Cousin des Klägers, …, angehörte, habe über die Probleme der Oromo diskutiert und auch Flugblätter erstellt. Diese hätte der Cousin verteilt, der Kläger zu 1) habe auch Papiere an Bäumen angeklebt. Eines Tages seien Sicherheitskräfte zu ihm nach Hause gekommen. Der Kläger zu 1) sei nicht zu Hause gewesen. Die Sicherheitskräfte hätten daraufhin die Klägerin zu 2) nach seinem Aufenthaltsort gefragt und sie mit einem Holzscheit aus dem Küchenfeuer geschlagen. Sie hätten eine Oromo-Flagge und Papiere, sowie eine Namensliste der 10 Gruppenteilnehmer gefunden und mitgenommen. Die Namen auf der Liste seien Decknamen gewesen. Der Kläger könne sich an diese jedoch nicht mehr erinnern. Gegen 19 Uhr sei der Kläger zu 1) nach Hause gekommen. Die Sicherheitskräfte seien dann wieder gekommen. Sie hätten den Kläger zu 1) mitgenommen und geschlagen und von ihm verlangt die Namen der andern Gruppenmitglieder zu nennen. Nach zwei Monaten und 25 Tagen Haft sei der Kläger gegen eine Kautionszahlung von 10.000 Birr freigelassen worden. Er habe innerhalb von 15 Tagen verraten sollen, wo die anderen Leute aus der Gruppe wohnten. Die meisten seien schon geflohen gewesen, weil sie erfahren hätten, was mit dem Kläger passiert sei. Dies wisse der Kläger von den Nachbarn. Man habe den Kläger zu 1) bedroht, wenn er die Namen der anderen nicht nenne, werde ihm das gleiche Schicksal blühen wie seinem Vater, der im Gefängnis gestorben sei. Von den Misshandlungen im Gefängnis habe der Kläger zu 1) immer noch Schmerzen. Die Kläger legten Schreiben und Fotos zum Nachweis vor, dass sie hier in Deutschland Mitglieder der TBOJ/UOSG seien und an Versammlungen und Demonstrationen teilnehmen würden.

Mit Bescheid vom 15.07.2016, den Bevollmächtigten der Kläger zugestellt mit Schreiben vom 02.08.2016, wurde der Asylantrag der Kläger abgelehnt. Die Flüchtlingseigenschaft und ein subsidiärer Schutzstatus wurden nicht zuerkannt. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG lägen nicht vor. Die Kläger wurden aufgefordert die Bundesrepublik binnen 30 Tagen zu verlassen und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung wird im Bescheid ausgeführt, der Sachvortrag der Kläger zu den fluchtauslösenden Ereignissen sei arm an Details, vage und oberflächlich geblieben. Die Angaben der Kläger seien nicht nachvollziehbar und nicht im Einklang mit den Verhältnissen in Herkunftsland. Hinsichtlich der einzelnen Ausführungen wird auf die Begründung des angegriffenen Bescheids Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 18.08.2017, bei Gericht eingegangen am selben Tag, beantragten die Kläger, das ausgesetzte Verfahren B 2 K 15.30540 fortzusetzen. Sie beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 1 und 3-6 des Bescheides des Bundesamts für ... vom 15.07.2016, zugestellt am 04.08.2016, zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, den Klägern den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,

weiterhin hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, für die Kläger festzustellen, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 bzw. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Der Vortrag der Kläger sei nicht hinreichend gewürdigt worden. Die Aussage des Klägers, er habe auch Plakate geklebt, um auf die Unterdrückung der Oromo aufmerksam zu machen, sei nicht berücksichtigt worden. Er habe dies detailliert geschildert. Auch hätte der Kläger nicht ausgesagt, die Nachbarn hätten gewusst, wo sich die anderen Gruppenteilnehmer aufhielten. Der Kläger habe von seiner Frau und den Nachbarn erfahren, dass sich nach seiner Verhaftung Leute an seinem Haus getroffen hätten, dieses aber zügig wieder verlassen hätten. Da es die Abmachung gegeben habe, dass bei der Verhaftung eines Mitglieds die anderen fliehen würden, sei der Kläger hiervon ausgegangen. Der Kläger habe sich nicht an die Nachbarn gewandt, sondern vielmehr befürchtet, von diesen bespitzelt zu werden. Die OLF bestehe aus Sicherheitsgründen darauf, dass Decknamen verwendet würden. Teilnehmerlisten und Auflistungen der gezahlten Beiträge seien jedoch aus organisatorischen Gründen notwendig. Der Kläger habe vor seiner Flucht Vieh verkaufen können, da er dies auch zuvor bereits beruflich getan hätte. Auch seine Motivation für sein politisches Engagement habe der Kläger umfassend geschildert.

Der Kläger sei bereits in Äthiopien für seine regierungskritische Haltung bekannt. Er habe geäußert, sich auch weiterhin gegen die Unterdrückung der Oromo engagieren zu wollen. Er müsse daher bei einer Rückkehr, auch aufgrund seines exilpolitischen Engagements mit Repressionen rechnen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage anzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf den angefochtenen Bescheid.

Ergänzend wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 der VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt folgendes: Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden; eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss, ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109/84 – NVwZ 1985, 658 ff.). Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbots führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985, a.a.O.). In der Regel kommt deshalb dem persönlichen Vorbringen des Klägers, seiner Persönlichkeit und Glaubwürdigkeit sowie der Art seiner Einlassung besondere Bedeutung zu (BayVGH, U.v. 26.1.2012 – 20 B 11.30468 – juris Rn. 19).

Gemessen an diesen Grundsätzen haben die Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes nach § 3 AsylG. Das Gericht verweist insofern zunächst auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids und sieht insofern zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Das Gericht konnte auch aufgrund der Anhörung der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht die notwendige Überzeugung gewinnen, dass sie ihr Land unter asylrelevantem staatlichem Verfolgungsdruck verlassen haben. Der Sachvortrag der Kläger blieb, auch auf mehrmaliges Nachfragen oberflächlich. Die Kläger, insbesondere der Kläger zu 1) schilderten keine Details, die den Eindruck eines selbst erlebten Geschehens stützen könnten. So konnte der Kläger auch auf mehrmalige Frage des Gerichtes nicht konkret schildern, wie ein Treffen der Gruppe abgelaufen ist. Er verwies stattdessen immer wieder auf die grundlegenden Ziele der Gruppe (die Probleme der Oromo zu bekämpfen). Auch auf Frage seines Rechtsanwalts hin, gab er zum Ablauf der nach seinen Schilderungen zwölf jeweils 3-4 stündigen Treffen nur an, einer habe geredet, und die anderen hätten dem zugestimmt. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung traten vermehr Ungereimtheiten und Widersprüche im Vortrag des Klägers zu 1) auf. So gab dieser beispielsweise trotz entsprechender Rückfrage des Gerichts zunächst an, auf der von der Polizei gefundenen Liste seien die echten Namen der Gruppenmitglieder verzeichnet gewesen. Auf Frage, warum die Polizei ihn dann nach diesen Namen gefragt habe, gab er an, es habe sich um Decknamen gehandelt. Auf weitere Frage, wie sein Deckname gewesen sei, führte der Kläger aus, er sei der einzige in der Gruppe gewesen, der keinen Decknamen gehabt habe. Auf Frage nach dem Decknamen seines Cousins antwortete er: … Auf Vorhalt, er habe dies als echten Namen des Cousins angegeben, führte der Kläger aus, der Cousin habe auch keinen Decknamen gehabt, die anderen hätten aber solche Namen gehabt. Ebenso führte er auf die Frage, warum die Polizei seinen Cousin nicht gefunden habe, wenn sie dessen echten Namen gehabt habe, aus, dieser sei untergetaucht, als er von der Verhaftung des Klägers erfahren habe. Auf Rückfrage, wie er hiervon erfahren habe, erklärte er zunächst: von den Nachbarn. Auf weitere Rückfragen gab er an, seine Verhaftung und die Beschlagnahme der Papiere sei auch im Radio verkündet worden.

Auch die Klägerin zu 2) konnte keine Details schildern, die die Glaubhaftigkeit der Geschichte stützen könnten. Zudem erscheint das Verhalten der Kläger, die nach der Heimkehr des Klägers zu 1) eine Stunde im Haus verbracht hätten, ohne an eine Flucht zu denken, obwohl die Sicherheitsbörden angekündigt hätten, sie würden wiederkommen, schwer nachvollziehbar, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger zu 1) angegeben hatte, auch sein Vater sei bereits früher willkürlich verhaftet worden und in der Haft verstorben. Auch die Auswahl des Hauses des Klägers als regelmäßiger Treffpunkt der 10-köpfigen geheimen Gruppe erscheint wenig glaubhaft, da der Kläger selbst angab, in seinem kleinen Dorf spreche sich alles herum. Dem Gericht erschließt sich auch nicht, warum ein Gruppenmitglied zum Haus des Klägers – ohne von dessen Verhaftung zu wissen – gekommen sein soll, um nach den Papieren und der Flagge zu suchen und dabei von dessen Verhaftung erst erfahren haben soll. Zumal der Kläger angab, die Verhaftung und die Beschlagnahme der Papiere und der Flagge seien im Radio verkündet worden, was zumindest sein Cousin gewusst habe.

Im Gesamtergebnis kann, aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks, der Vielzahl der Widersprüche und Ungereimtheiten im Vortrag der Kläger und aus den bereits im angefochtenen Bescheid angeführten Gründen der Vortrag zur Vorverfolgung nicht als glaubhaft beurteilt werden. Die Kläger haben ihr Heimatland daher unverfolgt verlassen.

Bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) steht zudem nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass den Klägern aufgrund ihrer exilpolitischen Aktivität im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Verschärfung der politischen Situation in Äthiopien seit 2015.

Übereinstimmend lässt sich den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Einige der Erkenntnisquellen (Stellungnahme des Günter Schröder an das VG Gießen vom 15.02.2017, Auskunft des GIGA, Institut für Afrika-Studien vom 30.01.2017) leiten hieraus ab, dass eine Verfolgung bei einer Rückkehr ins Herkunftsland wahrscheinlich bzw. jedenfalls nicht auszuschließen sei. Dies entspricht auch deren Einschätzung der Gefährdungslage in der Zeit vor den Unruhen/Protesten der letzten Jahre, wie sich aus früheren Auskünften dieser Stellen ergibt. Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führe. Grundsätzlich komme es auf den Einzelfall an, d. h. z. B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche Art exilpolitischer Aktivität es sich handele (z. B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung sei auch, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien (Stand: März 2017) vom 06.03.2017). Die Einschätzung des Auswärtigen Amtes hat sich demnach auch nach der Verschärfung der politischen Lage seit 2015 und der Ausrufung des (inzwischen wieder beendeten) Ausnahmezustandes nicht geändert. Im Ergebnis ist daher auch weiterhin – im Anschluss an die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs – davon auszugehen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert politisch betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben (vgl. BayVGH, U. v. 25.02.2008 – 21 B 05.31082). Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung von Personen, die nicht in dieser Weise herausgehoben exilpolitisch aktiv sind, sieht der BayVGH dagegen nicht generell (vgl. BayVGH, B.v. 20.05.2015 – 21 ZB 15.30119). Der BayVGH hat in seiner jüngsten gerichtsbekannten Entscheidung vom 23.10.2017 auch keinen Grund gesehen von dieser ständigen Rechtsprechung abzuweichen (BayVGH, B.v. 23.10.2017 – 21 ZB 16.30414).

Vorliegend ergibt die Prüfung des Einzelfalles der Kläger, dass diese nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Fall einer Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrelevanter Weise belangt zu werden, gehören. Die Kläger sind ausweislich der vorgelegten Unterlagen beide seit April 2014 Mitglieder der TBOJ/UOSG und nehmen an deren Versammlungen und Demonstrationen teil. Sie haben innerhalb der Organisation kein Amt inne und haben auch ansonsten keine exponierte Stellung. Zwar ist die TBOJ, nach eigenen Angaben, politisch eng mit der in Äthiopien als terroristisch eingestuften OLF verbunden, die Kläger heben sich jedoch durch ihr Engagement in der TBOJ ganz offenkundig nicht von dem Kreis der bloßen Mitläufer ab. Sie haben keine führende Position inne und gaben auch nicht an, an gewaltsamen Aktionen teilgenommen zu haben. Insofern kommen sie für den äthiopischen Staat nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit als mögliche ernsthafte Oppositionelle in Frage. In der Zusammenschau mit der nicht glaubhaften Fluchtgeschichte der Kläger ist das Gericht deshalb davon überzeugt, dass sie bei einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müssten, wegen ihrer exilpolitischen Aktivitäten von äthiopischen Behörden in asylrelevanter Weise belangt zu werden.

2. Den Klägern steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). Gemäß § 4 Abs. 3 AsylG sind die §§ 3 c bis 3 e AsylG entsprechend anzuwenden. Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass den Klägern bei einer Rückkehr in ihr Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht. Ergänzend wird hierzu auf die Begründung des angegriffenen Bescheids verwiesen.

3. Nationale Abschiebungsverbote sind vorliegend ebenfalls nicht gegeben. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II, S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

Diesbezügliche Anhaltspunkte sind vorliegend nicht gegeben. Auch insofern wird auf die Begründung des angefochtenen Bescheides ergänzend Bezug genommen.

Es besteht auch kein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Es erscheint nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine solche Gefahr ergibt sich insbesondere nicht aus den vorgelegten Attesten des Klägers zu 1), in denen die Diagnosen Gastroenteritis (2014) und Gastrointestinale Blutungen, Florides Ulkus im proximalen Bulbus duodeni (2015) gestellt wurden.

4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung unter Abschiebungsandrohung sowie das angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Hierzu wird gem. § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffende Begründung des angegriffenen Bescheides verwiesen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1, § 159 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I. Die Beklagte wird unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10. März 2017 verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Voll-streckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der zur Person nicht ausgewiesene Kläger, nach seinen eigenen Angaben ein am …1997 geborener äthiopischer Staatsangehöriger oromischer Volkszugehörigkeit und islamischen Glaubens, beantragte am 25. Juni 2015 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) die Gewährung politischen Asyls.

Im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt am 10. Februar 2017 gab er an, er habe sein Heimatland am 6. November 2014 verlassen und sei über den Sudan, Libyen, Italien und Österreich nach Deutschland gereist, wo er am 2. Mai 2015 angekommen sei. Er begehre deshalb die Gewährung politischen Asyls, weil er am 30. April 2014 in der Stadt Robe an einer Demonstration teilgenommen habe. Daraufhin sei er zusammen mit anderen Demonstranten festgenommen worden. Er sei zwei Monate lang festgehalten, misshandelt und verhört worden. Anschließend sei er in ein anderes Gefängnis verlegt worden. Nach vielen Verhören habe er entkommen können. Auf die weiteren Ausführungen im Rahmen der Anhörung wird Bezug genommen.

Der Kläger legte ein Schreiben der TBOJ/UOSG vom 31. Januar 2017 vor, in welchem bescheinigt wird, dass er seit dem 8. Oktober 2016 Mitglied dieser Organisation sei und an Versammlungen und Demonstrationen teilgenommen habe.

Mit Bescheid vom 10. März 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1.), den Antrag auf Asylanerkennung (Ziffer 2.) und den Antrag auf subsidiären Schutz (Ziffer 3.) ab. Zudem wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 4.). Der Kläger wurde unter Abschiebungsandrohung nach Äthiopien zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung aufgefordert (Ziffer 5.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6.). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Angaben des Klägers zu den fluchtauslösenden Ereignissen seien unglaubhaft.

II.

Am 15. März 2017 ließ der Kläger im vorliegenden Verfahren Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und beantragen,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 10. März 2017 zu verpflichten, dem Kläger internationalen Schutz in Form der Flüchtlingseigenschaft,

hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen,

weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe sich in Äthiopien an Demonstrationen gegen den Master-Plan beteiligt. In Deutschland sei er politisch aktiv und Mitglied der TBOJ/UOSG.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen und bezog sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss vom 18. August 2017 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Mit Beschluss vom 23. August 2017 bewilligte das Gericht für das vorliegende Verfahren Prozesskostenhilfe und ordnete der Klagepartei ihren Bevollmächtigten bei. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 4. September 2017 wurde seitens des Klägers auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten des Bundesamtes, welche Gegenstand des Verfahrens waren und dem Gericht in elektronischer Form vorliegen, Bezug genommen.

Gründe

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist das Begehren des Klägers, den Bescheid des Bundesamtes vom 10. März 2017 in seinen Ziffern 1, 3, 4, 5 und 6 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Klagepartei hat auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Das Bundesamt hat mit seiner allgemeinen Prozesserklärung vom 27. Juni 2017 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 10. März 2017 im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung durch das Gericht (§ 77 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. AsylG) einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist, soweit er angegriffen worden ist, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Rechtsgrundlage für die begehrte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 des Asylgesetzes (AsylG) i.d.F. d. Bek. vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. April 2017 (BGBl I S. 872). Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, gemäß § 3 Abs. 4 AsylG die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention – GK –), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung u.a. wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.

Schutz nach § 3 Abs. 1 AsylG wird gewährt, wenn dem Schutzsuchenden bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Merkmale Rechtsverletzungen aufgrund von Handlungen im Sinne von § 3a AsylG durch einen Akteur im Sinne von § 3c AsylG in seinem Herkunftsland drohen, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung des Staates ausgrenzen, so dass ihm nicht zuzumuten ist, in sein Herkunftsland zurückzukehren (BVerfG, B.v. 10.7.1989 – 2 BVR 502, 1000, 961/86 – NVwZ 1990, 151 f.; BVerwG, U.v. 29.11.1987 – 1 C 33.71 – BVerwGE 55, 82, 83 m.w.N.).

Die Voraussetzungen von § 3 Abs. 1 AsylG decken sich mit denen nach Art. 16a Abs. 1 GG hinsichtlich der geschützten Rechtsgüter und des politischen Charakters der Verfolgung, wobei § 3 Abs. 1 AsylG insofern einen weitergehenden Schutz bietet, als auch selbstgeschaffene subjektive Nachfluchtgründe die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründen können. Ein Kausalzusammenhang zwischen Verfolgung, Flucht und Asylantrag wird dabei nicht vorausgesetzt (vgl. BVerwG, B.v. 13.8.1990 – 9 B 100/90 – NVwZ-RR 1991, 215; BVerfG, B.v. 26.5.1993 – 2 BVR 20/93 – BayVBl 1993, 623).

Dies zugrunde gelegt sind die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG zur Überzeugung des Gerichts im Falle des Klägers erfüllt. Er muss bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit staatlichen Verfolgungshandlungen rechnen. Diese knüpfen an seine politische Überzeugung an und drohen ihm landesweit.

Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger vor seiner Ausreise bereits Verfolgungsmaßnahmen erlitten hat oder von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war. Denn ungeachtet des Vorfluchtgeschehens drohen dem Kläger die in § 3 Abs. 1 AsylG beschriebenen Gefahren jedenfalls aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.

Das Gericht geht auf der Grundlage der ihm vorliegenden Erkenntnismittel davon aus, dass staatliche äthiopische Stellen Kenntnis von den oppositionellen Tätigkeiten im Ausland lebender äthiopischer Staatsangehöriger zu erlangen suchen.

Die von der äthiopischen Regierung erstellte Direktive „Richtlinie für den Aufbau der Wählerschaft für den Rest des Jahres 2005/2006“ (vgl. amnesty international, Auskunft an das VG Köln vom 28.4.2008 mit einer auszugsweisen Übersetzung des Wortlauts der Direktive) zielt darauf, möglichst umfassend alle im Ausland lebenden Äthiopier namentlich zu erfassen und zu registrieren (vgl. im Einzelnen OVG NW, U.v. 17.8.2010 – 8 A 4063/06.A – juris Rn. 57). Die Informationsbeschaffung erfolgt u.a. durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Methoden, insbesondere mit Hilfe von Spitzeln. Dabei richtet sich das besondere Augenmerk auf die Aktivitäten der Auslands-CUD, deren Nachfolgeorganisation UDJ und Ginbot 7, der OLF, der ONLF und der EPRP (vgl. Günter Schröder, Auskunft vom 11.5.2009 an das VG Köln, S. 19). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die äthiopische Exilgemeinde in Deutschland so klein ist, dass auch Organisationen mit örtlich begrenztem Wirkungskreis einer Beobachtung durch staatliche äthiopische Stellen ausgesetzt sind. Dabei bezieht sich das Interesse des äthiopischen Staates nicht nur auf die Mitglieder der beobachteten Parteien, sondern auch auf deren Sympathisanten (BayVGH, Ue.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 – jeweils juris; OVG NW, a.a.O. – juris Rn. 64; GIGA, Auskunft vom 24.4.2008 an das VG Köln). Hierzu verfügt die äthiopische Regierung über die zur Überwachung von Festnetz, Internet und Radioprogrammen sowie zur Gesichtserkennung erforderliche Technologie (Günter Schröder, Stellungnahme an das VG Gießen vom 23.2.2017, Rn. 179).

Nach Ansicht von Günter Schröder (a.a.O., Rn. 196) ist eindeutig belegt, dass Botschaftsmitarbeiter oppositionelle Tätigkeiten im Ausland erfassen, weitergeben und geeignete Gegenmaßnahmen durchführen. Hierbei werden zunehmend auch Personen erfasst, die im Ausland nur periphär oder gänzlich zufällig mit oppositionellen Aktivitäten in Berührung gekommen sind (Günter Schröder, a.a.O., Rn. 200).

Auf dieser Grundlage geht das Gericht davon aus, dass der Kläger aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeit dem äthiopischen Geheimdienst bekannt ist.

Der Kläger ist wegen seines regierungskritischen politischen Engagements Gefahren im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG ausgesetzt.

Unter welchen Voraussetzungen ein exilpolitisches Engagement eine beachtliche Verfolgungsgefahr auslöst, insbesondere, ob schon die schlichte Mitgliedschaft in einer oder die einfache Tätigkeit für eine exilpolitische Organisation dazu ausreicht, wird in den vorliegenden Auskünften unterschiedlich eingeschätzt.

Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 6.3.2017, II., 1.9) liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich komme es auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen als terroristisch angesehen werde oder welche Art exilpolitischer Aktivität festgestellt werde (führende Opposition; Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung sei auch, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige.

Demgegenüber vertritt Günter Schröder (Auskunft vom 11.5.2009 an das VG Köln, Rn. 198 ff.) die Auffassung, dass im heutigen Äthiopien die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien. Eine qualifizierte Verfolgungsprognose könne in der Regel nur aufgrund einer Gesamtbetrachtung all der in der Person der Betroffenen vorhandenen Merkmale, die für sich genommen vielleicht noch keine Verfolgung begründeten, aber bei kumulativem Vorliegen durchaus geeignet seien, staatliche Zwangsmaßnahmen auszulösen, erfolgen. Den handelnden äthiopischen Sicherheitsbehörden sei ein hohes Maß an Beliebigkeit und Willkür eigen. Dies erlaube nicht, exakte Voraussagen über eine Verfolgungswahrscheinlichkeit zu treffen, die an den Umfang der politischen Aktivitäten von oppositionell eingestellten oder Oppositionsbewegungen angehörenden Personen und deren Funktionen in einer Organisation anknüpften. Eine Unterscheidung in unbedeutende oder herausgehobene Tätigkeiten sei für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr als nicht relevant zu sehen.

Das German Institute of Global and Area Studies (GIGA, Auskunft vom 24.4.2008 an das VG Köln) ist in einer sich speziell auf einen Unterstützer der OLF beziehenden Auskunft der Auffassung, es könne nicht sinnvoll differenziert werden, zu welchen Maßnahmen die bloße Mitgliedschaft, die Teilnahme an Demonstrationen oder die exponierte Mitgliedschaft in der UOSG führen werde; hier sei ein hohes Maß an Willkür der äthiopischen Behörden einzukalkulieren.

Zu berücksichtigen ist auch die oben genannte Direktive zum Aufbau einer Wählerschaft einschließlich eines Zusatzdokuments vom 31. Juli 2006. Hier heißt es, dass eine Namensliste der Oppositionsführer weitergeleitet werden soll, um das „radikale Oppositionslager zu schwächen“. Beabsichtigt ist insbesondere, Oppositionsführer mit Hilfe von Informanten öffentlich bloß zu stellen (Direktive III, 3.1.3 Hauptaufgaben, Unterpunkte 1 und 2). Gleiches legt das Zusatzpapier vom 31. Juli 2006 fest (vgl. einleitendes Anschreiben an die Botschaften, Konsulatgenerale und ständigen Vertretungen der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien, 1. Absatz). Zudem findet sich im Vorwort dieses Papiers die Bemerkung, es sei nicht genug getan worden, um die extremistischen Oppositionsgruppen politisch zu lähmen. Der Unterabschnitt „Fahrplan zum Aufbau einer Wählerschaft für das verbleibende Haushaltsjahr 1998“, Ziffer III 3.1.3, gibt die Anweisung, Namenslisten von Organisatoren extremistischer Oppositionsgruppen an die Zentrale zu schicken, um das Oppositionslager schwächen zu können.

Aus der Zusammenschau dieser Unterlagen ergibt sich, dass die Toleranzschwelle des äthiopischen Staates gegenüber exilpolitischen Aktivitäten seiner Staatsangehörigen sehr gering ist, so dass nicht nur medienwirksam exponierte Führungspersönlichkeiten der als terroristisch angesehenen illegalen Opposition bedroht sind. Die Gefahrenabschätzung, dass nur erheblich exponierte Mitglieder von als terroristisch angesehenen Parteien verfolgt würden, lässt sich nicht durch tatsächliche Erkenntnisse belegen, zumal es kaum zu Abschiebungen von äthiopischen Staatsangehörigen in ihr Heimatland kommt.

Aufgrund der oben dargestellten Erkenntnisse ist das Gericht bislang – im Anschluss an die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 05.31082 – juris) – davon ausgegangen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert politisch betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben, dies aufgrund der niedrigen Toleranzschwelle des äthiopischen Staates, so dass bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls von einer Verfolgungsgefahr bereits dann ausgegangen wurde, wenn sich der Asylsuchende aus dem Kreis der bloßen Mitläufer als ernsthafter Oppositioneller hervorhob (BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 – juris; OVG NW, U.v. 17.8.2010 – 8 A 4063/06.A – juris Rn. 94; VG Würzburg, U.v. 13.2.2012 – W 3 K 10.30350 – juris; VG Bayreuth, U.v. 18.1.2013 – B 3 K 11.30156 – juris; VG Ansbach, U.v. 29.8.2011 – AN 18 K 10.30507 – juris; VG München, U.v. 9.8.2012 – M 12 K 12.30434 – juris).

Nach der bisherigen Rechtsprechung galt dies jedoch nicht für bloße „Mitläufer“. In Zusammenhang mit der erwähnten Direktive einschließlich des Zusatzpapiers, die auf Oppositionsführer und Organisatoren abstellt, war das Gericht bislang in ständiger Rechtsprechung der Auffassung, dass ausschlaggebend nicht allein das Innehaben eines Amtes oder das Verfassen eines Zeitschriften-Artikels ist, sondern das tatsächliche politische Engagement, das den Asylsuchenden als eine von der Masse der äthiopischen Asylsuchenden abhebende Person darstellt (vgl. VG Würzburg, U.v. 17.3.2014 – W 3 K 14.30042 – juris; U.v. 31.7.2011 – W 3 K 11.30081 – juris).

Diese Rechtsprechung hält das Gericht so nicht mehr aufrecht, dies aufgrund der neuesten politischen Entwicklung in Äthiopien, welche auch zu Änderungen hinsichtlich der Gefahrenlage für exilpolitisch tätige Flüchtlinge führt (vgl. hierzu auch den Prozesskostenhilfebeschluss der Kammer vom 24.7.2017 im Verfahren W 3 K 17.31739 – juris; vgl. auch den Prozesskostenhilfebeschluss der Kammer vom 17.7.2017 im Verfahren W 3 K 16.30710 – juris; anders: VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A – juris).

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Nach den im Mai 2015 durchgeführten Wahlen, die zu einem vollständigen Sieg der EPRDF geführt hatten, begannen ohne erkennbaren Anlass im Herbst 2015 massive Proteste der Oromos gegen die angebliche Absicht der Regierung, Teile Oromias an Addis Abeba zu übertragen. Diese wurden gewaltsam niedergeschlagen. Anfang Dezember 2015 eskalierte in der Region Amhara ein langjähriger Konflikt um die lokale Kemant-Nationalität, der von der regionalen Polizei niedergeschlagen wurde. Im Juli 2016 kam es zu Unruhen in der Amhara-Region mit gewalttätigen Protesten, mit denen sich protestierende Oromos in Oromia solidarisch erklärten. Anlässlich des jährlichen Irreecha-Fests der Oromos im Bishoftu kam es am 2. Oktober 2016 erneut zu massiven Protesten mit mindestens 50 Toten, was zu weiteren gewalttätigen Massenprotesten in ganz Oromia führte. Daraufhin verhängte die Regierung am 9. Oktober 2016 den Ausnahmezustand, was zur Verhaftung von mehr als 10.000 Personen führte. Diese wurden teilweise wieder freigelassen, jedoch kam es seitdem zu verschärftem Vorgehen der äthiopischen Sicherheitskräfte gegen die Oromogemeinschaft und gegen vermutete Unterstützer und Mitglieder von von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuften Vereinigungen wie Ginbot 7. Es ist verboten, Fernsehsender aus der „Diaspora“ anzusehen, das Internet wurde zeitweilig blockiert, Verdächtige können ohne Verfahren festgehalten werden. Der Grad an Repression hat nach Verhängung des Ausnahmezustands nochmals stark zugenommen. Die Regierung versucht derzeit, die bestehenden Probleme nicht durch Dialog, sondern durch die Verbreitung eines Klimas der Angst zu lösen (vgl. Günter Schröder, Stellungnahme an das VG Gießen vom 23.2.2017, Rn. 93 ff.; AA, Lagebericht vom 6.3.2017, Ziffer I 1; FAZ vom 19.10.2016, Repression und noch mehr Repression; Entschließung des Europäischen Parlaments vom 21.1.2016 zur Lage in Äthiopien [2016/2520, {RSP}], Erwägungen A bis M und Ziffern 1 bis 4 und 6 bis 11; GIGA, Auskunft an das VG Gießen vom 30.1.2017; Dr. Reinhard Kees, Theologischer Referent für Afrika im Berliner Missionswerk der EKBO, Bericht vom März 2017 und Reisebericht vom Februar 2016; Missionswerk der EKBO, Offene Briefe an Frau Bundeskanzlerin Merkel vom 29.9.2016 und vom Januar 2017; SZ vom 5.7.2017, Reifeprüfung).

Nach einem Bericht über einen Besuch in Oromia ist es komplett verboten, über Politik zu sprechen. Soldaten dringen nachts in die Häuser ein. Jeder wird verdächtigt, der jung und männlich ist, gebildet oder sogar Student. Verhaftungen und Demütigungen sind an der Tagesordnung. Es gibt ein komplettes Versammlungs- und Demonstrationsverbot, ebenso ist das Tanzen und Singen auf der Straße verboten. Keiner weiß die Zahl derer, die im Gefängnis sind, jeder ahnt, wie unmenschlich sie behandelt werden. Immer wieder werden Menschen durch das Militär erschossen. Für das Zeigen der von F. L. beim Marathonlauf der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro verwendeten Geste gibt es fünf Jahre Gefängnis. Niemand weiß, „wer wen verpfeift“ (vgl. Bedrohte Völker, Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker, Heft Nr. 297, 6/2016, S. 79, Ein Besuch bei Freunden im Ausnahmezustand).

Zwar lief im Februar 2017 das Leben auf dem ersten Blick wieder normal, doch ist das Militär ständig präsent und beobachtet flächendeckend das alltägliche Geschehen (Dr. Reinhard Kees, Bericht vom März 2017).

Während dieser in Äthiopien stattfindenden Entwicklung schürte die externe Opposition massiv vom Ausland und mit Hilfe von Eritrea die Agitation gegen die EPRDF-Herrschaft (Günter Schröder, a.a.O., Rn. 129). Deshalb richten sich die Vorschriften zum Ausnahmezustand explizit auch gegen die vom Ausland her operierenden Oppositionen und Medien, die als terroristisch eingestuft werden (Günter Schröder, a.a.O., Rn. 122).

Diese politische Entwicklung führt zu einer neuen Einschätzung der Gefahrensituation für äthiopische Staatsbürger, die sich in der Bundesrepublik Deutschland exilpolitisch betätigen.

Nach der Einschätzung von G. S. (a.a.O., Rn. 200) kommen aufgrund der oben dargestellten Kenntnis des äthiopischen Sicherheitsdienstes hinsichtlich exilpolitischer Tätigkeiten von im Ausland lebenden Äthiopiern solche Personen „unter einen niemals abzuschüttelnden Generalverdacht politischer Unzuverlässigkeit, der ihnen künftig in jedem Kontakt mit äthiopischen Behörden anhängt und zur Gefährdung werden kann“.

Unter diesem Blickwinkel hält G. S. generell die Unterscheidung in unbedeutende und herausgehobene bzw. exponierte Tätigkeiten und Stellungen in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr. Es ist davon auszugehen, dass für die äthiopischen Sicherheitsorgane die Motivation für eine äthiopische Person, im Ausland als Unterstützung einer terroristischen Organisation auslegbare Handlungen zu begehen, unerheblich ist. Selbst wenn solche Handlungen nur aus opportunistischen Überlegungen zum Zwecke der Asylsicherung erfolgten, so stellten sie – so S. – in den Augen der äthiopischen Sicherheitsorgane dennoch objektiv eine Unterstützung terroristischer Organisationen dar und wären entsprechend zu ahnden (G. S., a.a.O., Rn. 228 und Rn. 232). Eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumanen Haftbedingungen sei jedoch gerade auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen.

Für das Auswärtige Amt (Auskunft vom 9.12.2016 an das VG Gießen) ist es wahrscheinlich, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung droht, da Bestandteil der Regelungen zum Ausnahmezustand auch ein Kommunikationsverbot mit Terrorgruppen ist.

Nach Ansicht des GIGA (Auskunft an das VG Gießen vom 30.1.2017) ist es keinesfalls auszuschließen, dass Äthiopiern, die sich zuvor im Ausland politisch betätigt bzw. regierungskritisch geäußert hatten, die Verhaftung für unbestimmte Zeit droht, selbst wenn sie keine führende Stellung in der EPPFG inne hatten. Die Messlatte für Verhaftungen liege – so das GIGA – derzeit sehr niedrig, es sei zu Verhaftungen schon aufgrund bloßer regierungskritischer Äußerungen im privaten Rahmen gekommen.

Auf der Grundlage dieser Auskünfte und mit Blick auf das verschärfte Vorgehen der äthiopischen Sicherheitskräfte gegen jegliche Art oppositioneller Tätigkeit in Äthiopien selbst sowie unter Berücksichtigung des von der äthiopischen Regierung verhängten strikten Kontaktverbots zu von ihr als terroristisch bewerteten Gruppen ist das Gericht der Auffassung, dass sich auch die Gefahrensituation für in Deutschland exilpolitisch tätige äthiopische Staatsangehörige verschärft hat. Dies gilt zumindest für Mitglieder und Anhänger von Organisationen, die vom äthiopischen Staat als terroristisch eingeordnet werden. Aus den dargestellten Auskünften wird deutlich, dass der äthiopische Sicherheitsdienst unterschiedslos jegliche von ihm beobachtete oppositionelle Tätigkeit im Ausland meldet; zudem wird deutlich, dass hierbei nicht (mehr) differenziert wird zwischen bloßen Mitläufern, die auf der Grundlage einer Risikoeinschätzung nicht zu einer realen Gefahr für das äthiopische Regime werden, und Personen, die sich aus den Kreis der bloßen Mitläufer herausheben und aufgrund ihres politischen Denkens und Handelns tatsächlich als Gefahr für das äthiopische Regime ernst zu nehmen sind. Damit besteht nunmehr auch für äthiopische Staatsangehörige, die sich zu Organisationen bekennen, die vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuft werden, und die ein Mindestmaß an Aktivität im Rahmen dieser Organisationen vorweisen können, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkrete Gefahr bei einer Rückführung nach Äthiopien. Dies ist auch unter dem Blickwinkel des § 3b Abs. 2 AsylG zu sehen, wonach es unerheblich ist, ob der Asylsuchende tatsächlich die politischen Merkmale aufweist, die zu seiner Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Dies gilt auch in Kenntnis des Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 11. Juli 2017 (6 K 4787/15.GI.A – juris) und der dort vorgenommenen Bewertung der genannten Unterlagen.

Die oben dargestellte Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Gießen vom 9. Dezember 2016 kann das Gericht nicht mit Blick auf den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 6. März 2017 dahingehend interpretieren, der Lagebericht knüpfe die Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung unter anderem an eine Leitungsfunktion, weshalb die Gefahr der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung nur bestehe, wenn sich der Betroffene aus dem Kreis der bloßen Mitläufer hervorhebe. Vielmehr hebt der Lagebericht unter Ziffer 1.9 darauf ab, dass es grundsätzlich auf den Einzelfall ankomme „d.h. z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird o d e r (Hervorhebung durch das Gericht) um welche Art exilpolitischer Aktivität es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen)“. Aus dem Wort „oder“ geht hervor, dass nach Ansicht des Auswärtigen Amtes allein die Tatsache, dass eine Person sich für eine von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehene Organisation betätigt, zu staatlichen Repressionen führt; alternativ führen auch bestimmte Arten exilpolitischer Tätigkeiten für jedwede oppositionelle Organisation (auch die nicht als terroristisch eingestufte) zu staatlichen Repressionen. Damit relativiert der Lagebericht vom 6. März 2017 die Auskunft vom 9. Dezember 2016 nicht, sondern bestätigt sie.

Die Auskunft von Günter Schröder vom 23. Februar 2017 an das Verwaltungsgericht Gießen bewertet das Gericht dahingehend, dass sie eine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Gefahr für äthiopische Staatsbürger belegt, die als Mitglied einer von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuften Organisation bloße „Mitläufer“ sind. Diesbezüglich ist es nicht erforderlich, dass Günter Schröder eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung seit Verhängung des Ausnahmezustandes im Jahr 2016 belegt. Denn Schröder vertritt bereits z.B. in seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Köln vom 11. Mai 2009 (vgl. Rn. 198 ff.) die oben im Einzelnen dargelegte Haltung, die allerdings bislang von der Mehrzahl der Verwaltungsgerichte – so auch vom Verwaltungsgericht Würzburg – unter Berücksichtigung anders lautender Auskünfte anderer Stellen nicht als ausschlaggebend angesehen wurde. Die Darlegung hinreichender Gründe für die Verschiebung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes kann von Schröder unter diesen Umständen nicht verlangt werden. Vielmehr ist es hinreichend, dass nunmehr eine stärkere inhaltliche Deckung zwischen den Auskünften einerseits beispielsweise des Auswärtigen Amtes und des GIGA und andererseits von Günter Schröder besteht, zumal auch Schröder in seiner Auskunft vom 23. Februar 2017 an das VG Gießen mehrfach (vgl. Rn. 228 und Rn. 237) ausdrücklich auf den Ausnahmezustand abhebt.

Damit bewertet das Gericht aufgrund einer Gesamtschau, insbesondere aufgrund der aktuellen Auskünfte des Auswärtigen Amtes, des GIGA, von Günter Schröder, der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 21. Januar 2016 und der Unterlagen der EKBO (Berliner Missionswerk) die Gefahrensituation für äthiopische Staatsbürger, die sich in der Bundesrepublik Deutschland exilpolitisch betätigen, wie oben dargestellt, neu.

Angesichts der Unberechenbarkeit der äthiopischen Sicherheitsbehörden haben solche Personen mit einer längeren Inhaftierung, verbunden mit intensiver Befragung und Misshandlung unter inhumanen Haftbedingungen zu rechnen (Günter Schröder, a.a.O., Rn. 237; AA, Auskunft an das VG Gießen v. 9.12.2016; GIGA, Auskunft an das VG Gießen v. 30.1.2017), dies nach Einschätzung des Gerichts mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.

Dies stellt eine Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 AsylG aufgrund einer politischen Überzeugung im Sinne des § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG dar. Eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylG ist für solche Personen angesichts der umfassenden Präsenz der äthiopischen Sicherheitsbehörden im ganzen Land nicht erkennbar.

An dieser Einschätzung ändert sich auch nichts dadurch, dass der verhängte Ausnahmezustand nach Auskunft des Auswärtigen Amtes zum 4. August 2017 beendet wurde (vgl. Auswärtiges Amt, Äthiopien: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 5.9.2017; NZZ vom 5.8.2017, Äthiopien hebt Ausnahmezustand auf). Allein hieraus ergeben sich für das Gericht keine Anhaltspunkte dafür, dass die äthiopische Regierung auch ihre Einstellung gegenüber exilpolitisch tätigen Flüchtlingen für als terroristisch eingestufte Vereinigungen geändert hat.

Auf der Grundlage dieser Bewertung wird deutlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeiten eine Verfolgung durch staatliche Behörden konkret und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hätte.

Denn der Kläger hat mittels diverser Bescheinigungen und Lichtbilder glaubhaft dargelegt, dass er an vielen verschiedenen Versammlungen der TBOJ/UOSG und von dieser Gruppierung organisierten Demonstrationen teilgenommen hat.

Insbesondere hat er die genannte Bescheinigung der TBOJ/UOSG vom 31. Januar 2017 vorgelegt, zusätzlich im Klageverfahren Lichtbilder, die den Kläger an der Spitze eines entsprechenden Demonstrationszuges zeigen.

Die TBOJ/UOSG steht nach ihrer eigenen Auskunft der OLF nahe. Nach Auskunft des GIGA an das Verwaltungsgericht Köln vom 24. August 2008 handelt es sich bei der TBOJ/UOSG um eine der OLF eng verbundene Organisation. Sie kann hiernach als Massenorganisation der OLF gelten. Nach der Auskunft von amnesty international an das Verwaltungsgericht Köln vom 9. April 2008 vertritt die TBOJ/UOSG eine strikt oppositionelle Haltung gegenüber der Regierung und sie befürwortet die politischen Ziele der OLF. Mitglieder der TBOJ/UOSG werden daher als Unterstützer der OLF und damit als Oppositionelle eingestuft. Die OLF selbst wird von der äthiopischen Regierung als terroristische Vereinigung eingestuft (Auskunft des AA an das VG Ansbach vom 11.2.2016, vgl. zur OLF auch: OVG NRW, U.v. 17.8.2010 – 8 A 3806/05.A – juris, Rn. 63 ff. m.w.N.).

Wie oben ausgeführt, muss davon ausgegangen werden, dass diese exilpolitischen Tätigkeiten dem äthiopischen Geheimdienst bekannt geworden sind und dass sich hieraus eine konkrete Verfolgungsgefahr bei einer Rückführung des Klägers nach Äthiopien ergibt, die eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen würde.

All dies macht deutlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeiten eine Verfolgung durch staatliche Behörden konkret und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hätte. Dementsprechend war die Beklagte unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides vom 10. März 2017 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Damit bedurfte es einer Entscheidung über subsidiären Schutz nach § 4 AsylG und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG nicht mehr.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 83b AsylG, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, äthiopischer Staatsangehöriger vom Volke der Oromo, geb. nach eigenen Angaben am ...1989 bzw. ...1989, begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Der Kläger reiste nach eigenen Angaben über Italien auf dem Landweg am 18.5.2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dort stellte er am 1.7.2014 einen Asylantrag.

Am 26.5.2014 wurde der Kläger von der Hessischen Aufnahmeeinrichtung in Gießen befragt und gab hierbei an, am 20.5.2014 mit „dem Auto von Italien nach Unbekannt“ gereist zu sein. Einen Pass habe er nie besessen.

Am 16.6.2014 erfolgte die Befragung zur Identitätsklärung an der Außenstelle der Regierung von Mittelfranken Zirndorf. Hierbei gab der Kläger an, dass er vor ca. 3 Jahren einen Personalausweis von der Stadt W... D... ausgestellt bekommen habe. Am 10.4.2014 sei ihr Haus abgebrannt und der Personalausweis habe sich im Haus befunden. Er besitze keine Dokumente mehr. Er sei in W... D... in der K... Wa... in der Zone S... aufgewachsen und habe bis zuletzt dort gewohnt. Sein Vater sei verstorben, seine Mutter lebe noch. Er habe im Heimatland zwei Brüder, eine Schwester, eine Tante und einen Onkel. Er sei von der 1. bis zu 6. Klasse in Wa... in die Schule gegangen, von der 7. bis 8. Klasse in der „G...“ Schule in M... und in der 9. Klasse in der „O...“ in M... Seine Schulzeugnisse habe er nicht von der Schule abgeholt. Er sei Bauer gewesen.

Am 6.9.2016 erfolgte die Anhörung gem. § 25 AsylG vor dem Bundesamt. Bei dieser gab der Kläger im Wesentlichen an, dass er keine Personaldokumente habe. Er habe einen K...-Ausweis besessen. Den habe er in Äthiopien verbrannt. Er habe sich zuletzt im Dorf Wa... aufgehalten. Eine K... oder Hausnummer gäbe es nicht. Es sei ein kleines Dorf zwischen B...Z... und M... Er habe seine Heimat am 10.8.2006 (EC) verlassen und sei am 18.5.2014 in Deutschland eingereist. Er habe die Schule bis zur 10. Klasse besucht und sei Bauer gewesen. Man müsse nach der 10. Klasse eine Prüfung machen. Er habe nicht Mitglied der TPLF werden wollen und habe daher die Prüfung nicht machen dürfen. Er habe dann 4 Jahre als Bauer gearbeitet. Die Regierung habe dann alle Bauern versammelt und gesagt, dass sie das Land an Investoren aus Israel verkaufe. Sie sollten ihr Land verlassen. Alle Leute, die dagegen waren, seien festgenommen worden. Auch er sei 2003 (EC) von der Polizei in das Gefängnis in Z... gekommen und dort 3 Jahre gewesen. 2006 (EC) sei er aus dem Gefängnis geflohen und nach Mo... gefahren. An das genaue Datum der Verhaftung könne er sich nicht erinnern. Ca. ein Monat nach seiner Flucht aus dem Gefängnis sei er wieder an seinen Geburtsort zurückgekehrt und nach fünf Tagen wieder verhaftet worden. Er sei zehn Tage im Gefängnis gewesen. Das Gefängnis habe eine Farm gehabt, auf der ein Bekannter von ihm gearbeitet habe. Er habe seine Uniform angezogen und fast acht Stunden auf der Farm gearbeitet. Auf dem LKW, der die Tomaten abgeholt habe, sei er geflüchtet. Er habe dann von seinem Onkel Geld abgeholt und von seinem Onkel erfahren, dass sein Vater tot sei. Er sei dann zusammen mit seinem Onkel nach Addis Abeba gereist. Er sei dann über Mekele, Shere und Humera in den Sudan. Sein Vater sei Unterstützer der OLF gewesen und gegen den Verkauf des Landes an die Investoren. Darum habe die Polizei ihn umgebracht. Der Kläger sei Unterstützer der OLF gewesen. Er sei ein Oromo. Auch in Deutschland sei er als Mitglied der TBOJ exilpolitisch tätig. Kontakt in die Heimat habe er nicht mehr. Dem Bundesamt wurde eine Bestätigung der TBOJ / UOSG übergeben, wonach der Kläger seit 22.11.2014 Mitglied sei und an 17 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe.

Mit Bescheid vom 12.9.2016 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen und drohte andernfalls dem Kläger die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen rücknahmebereiten oder zur Rücknahme verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6). Die vom Kläger geltend gemachten Vorfluchtgründe seien nicht glaubhaft. Das Vorbringen des Klägers sei zu pauschal und oberflächlich. Auch bei unterstellter Wahrheit würden die geschilderten Umstände keinen Flüchtlingsschutz begründen. Die vom Antragsteller behauptete Zugehörigkeit zur OLF führe für sich noch nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Der Kläger habe kein aktives Tätigwerden für die OLF glaubhaft gemacht. Auch die behauptete exilpolitische Betätigung in der TBOJ führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Kläger hebe sich nicht erkennbar aus dem Kreis der Mitläufer hervor. Im Übrigen wird auf den Bescheid vom 12.9.2016 verwiesen.

Am 26.9.2016 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben.

Der Kläger verweist hierbei im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Rahmen der Vorprüfung. Der Kläger habe sein Heimatland aus Furcht vor Verfolgung verlassen. Die Androhung der Abschiebung sei ungeachtet vom Ausgang des Asylverfahrens wegen Verstoßes gegen Art. 1 und 2 GG sowie Art. 3 EMRK unzulässig. Mit Schriftsatz vom 12.1.2018 brachte die Klägerseite ergänzend vor, der Kläger sei in Äthiopien bereits auf Grund der Weigerung, Land aufzugeben, verhaftet worden. Nach Auffassung des äthiopischen Regimes seien oromische Volkszugehörige, die sich gegen die Durchführung des „Masterplanes“ aussprächen etc., verdächtig, die OLF zu unterstützen. Verhaftungen wie im vorliegenden Fall knüpften daher zumindest an eine unterstellte politische Überzeugung an. Die im Bescheid gerügte angeblich nicht detailliert genug beschriebene Haftzeit etc. werde der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals darlegen. Der Kläger sei vorverfolgt ausgereist. Jedenfalls drohe dem Kläger auf Grund seiner exilpolitischen Aktivitäten eine Verfolgung in seinem Heimatland. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wurde eine Bescheinigung der TBOJ/UOSG vom 10.1.2018 vorgelegt. In dieser wird bestätigt, dass der Kläger seit 2.9.2016 an weiteren 7 Veranstaltungen aktiv teilgenommen habe. Ferner wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23.11.2017 vorgelegt und die dort benannten Erkenntnismaterialien und Auskünfte zum Bestandteil des Vorbringens gemacht. Wie im Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg ausgeführt, habe sich durch die Aufhebung des Ausnahmezustandes zum 4.8.2017 keine Änderung an der Verfolgungssituation ergeben.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.9.2016 zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen;

weiter hilfsweise festzustellen, dass bei dem Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 12.12.2017 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seines Rechtsanwalts bewilligt.

Mit der Ladung vom 14.12.2017 wurde die Auskunftsliste „Äthiopien“ vom Stand 12.12.2017 übersandt.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.1.2018 hat das Gericht den Kläger nochmals zu den Ereignissen in Äthiopien und seiner exilpolitischen Betätigung befragt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Der Klägervertreter stellt den im Schriftsatz vom 12.1.2018 angekündigten bedingten Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 es unverändert dabei verbleibt, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung droht, die Einholung einer Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt einzuholen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten und auf die Sitzungsniederschrift vom 24.1.2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Entscheidung des Bundesamts, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft und den subsidiären Schutzstatus nicht zuzuerkennen sowie das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu verneinen und dem Kläger unter Androhung seiner Abschiebung nach Äthiopien zur Ausreise aufzufordern, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die vom Bundesamt gemäß den §§ 31 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 AsylG, 75 Nr. 12, 11 Abs. 2 AufenthG getroffene Entscheidung ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids, den Antrag des Klägers im Hinblick auf die Anerkennung als Asylberechtigter abzulehnen, ist bestandskräftig geworden. Der Kläger hat diese Entscheidung mit seiner Klage nicht angegriffen (vgl. VGH BW U.v. 26.10.2016 – A 9 S 908/13 – juris). Ohnehin könnte er sich nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen, da er nach eigenen Angaben auf dem Landweg über Italien nach Deutschland eingereist ist.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.

Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist – unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben – Flüchtling, wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris). Von einer Verfolgung kann nur dann ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die wegen ihrer Intensität den Betroffenen dazu zwingen, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es aber regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolution und Kriegen (vgl. OVG NRW, U.v. 28.3.2014 – 13 A 1305/13.A – juris). Eine Verfolgung i.S. d. § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (vgl. auch VG Augsburg, U.v. 11.8.2016 - Au 1 K 16.30744 – juris). Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist es nach § 3b Abs. 2 AsylG auch unerheblich, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist, weil er tatsächlich die Merkmale besitzt, die zu seiner Verfolgung führen, sofern der Verfolger dem Betroffenen diese Merkmale tatsächlich zuschreibt.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22). Eine Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt aber durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011, ABl. L 337 vom 20.12.2011 S. 9 ff.). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind danach ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen (vgl. auch OVG NRW, U.v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A – juris).

Der Kläger macht geltend, dass er in Äthiopien bereits inhaftiert gewesen sei, da er sein Land nicht an Investoren verkaufen habe wollen. Er habe gegen den Landverkauf demonstriert und er und seine Familie hätten die OLF allgemein unterstützt.

Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üblichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der Tatrichter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 – juris; BVerwG, U.v. 11.11.1986 - 9 C 316.85 - juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.10.2016 – AN 3 K 16.30452 – juris mit weiteren Nachweisen).

Die Angaben, die der Kläger im Verlauf seines Asylverfahrens zu den Geschehnissen in Äthiopien gemacht hat, sind nicht glaubhaft. Zwar ergänzte der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung seine Angaben und berichtete insbesondere konkreter von der Verhaftung und Haft. Es ist jedoch bereits nicht nachvollziehbar, dass der Kläger im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt, in der er aufgefordert wurde, alle Ereignisse zu schildern, die nach seiner Auffassung die Vorflucht begründen, weder Details zur Verhaftung und Haftzeit schilderte, noch die Demonstrationen und seine Unterstützungstätigkeiten für die OLF vortrug. Es wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger insbesondere die einschneidenden Erlebnisse, wie zum Beispiel die Verhaftung und die Gräueltaten und die Angst im Gefängnis vor diesen von sich aus vor dem Bundesamt berichtet. Bereits dies erweckt den Anschein, dass es sich nicht um selbst Erlebtes handelt, sondern der Vortrag im gerichtlichen Verfahren entsprechend zu den Ablehnungsgründen im Bescheid vom 12.9.2016 asyltaktisch ergänzt wurde. Zudem steigerte der Kläger hiermit sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens, was ebenfalls gegen die Glaubhaftigkeit spricht. Gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht ferner, dass der Kläger auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf konkrete Fragen des Gerichts zunächst mit allgemeinen Ausführungen antwortete. So antwortete der Kläger im Rahmen mehrfacher Nachfragen zu den konkreten Unterstützungstätigkeiten auf die Frage nach dem konkreten Text auf den Plakaten, die der Kläger an Strommasten plakatiert haben will, dass er die meisten Schriftstücke selbst verfasst habe und er anfangs klargestellt habe, dass „wir Oromo keine Demokratie in unseren Gebieten haben und keine gleichwertige Schulbildung“. Einen konkreten Text benannte er nicht, obwohl gerade bei Plakaten, die sich gewöhnlich durch kurze plakative Aussagen auszeichnen, dies gut möglich sein müsste. Ebenfalls gegen ein selbst erlebtes Geschehen spricht, dass der Kläger vor dem Bundesamt im Hinblick auf die Verhaftung und die Flucht nur jeweils das Jahr angab. Erst in der mündlichen Verhandlung ergänzte er auf entsprechenden Vorhalt die Monate. Hierbei mutet bereits seltsam an, dass der Kläger z.B. im Rahmen der Befragung in Zirndorf am 16.6.2014 im Rahmen seiner Fluchtgeschichte tagesgenau Daten zu verschiedenen Stationen auf der Flucht und auch bezüglich des Brandes des Heimathauses angab, so einschneidende Ereignisse wie seine Verhaftung und seine Flucht aus dem Gefängnis zunächst aber nur im Hinblick auf das Jahr eingrenzen konnte und erst vor Gericht noch den Monat benennen konnte. Soweit der Kläger vor Gericht angab, dass er beim Bundesamt genauere Angaben gemacht habe, diese aber nicht aufgenommen worden seien, hält das Gericht dies für eine Schutzbehauptung. Hiergegen spricht zum einen, dass der Kläger ausweislich der Niederschrift über die Anhörung bestätigte, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Hinzu kommt, dass der Kläger auch noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angab, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Hätte der Kläger damals wirklich versucht, nach der Rückübersetzung eine Ergänzung der Daten zu erreichen, stünde seine Einlassung am Beginn der informatorischen Befragung dazu im völligen Widerspruch.

Gegen die Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrags zu den Geschehnissen in seinem Heimatland sprechen insbesondere jedoch zahlreiche Widersprüchlichkeiten und Unstimmigkeiten, die sich im Laufe des Vortrags im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergaben und die nicht zur Überzeugung des Gerichts aufgelöst werden konnten. So gab der Kläger vor dem Bundesamt an, dass die Regierung alle Bauern versammelt hätte und erklärt habe, dass sie das Land an Investoren in Israel verkaufe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung betonte der Kläger aber, dass er mit der Haft gezwungen werden sollte, sein Land an die Investoren zu verkaufen. Vor allem aber widerspricht sich der Kläger im Hinblick auf die Anzahl der Verhaftungen und Fluchten aus dem Gefängnis. Vor dem Bundesamt gab der Kläger an, zweimal in Haft gewesen zu sein; zunächst einmal für 3 Jahre und dann nach seiner Flucht und Heimkehr in sein Heimatdorf noch einmal für ca. 10 Tage. Dann habe er von der Farm des Gefängnisses mit der Uniform eines Bekannten auf einem Tomaten-Transporter fliehen können. Vor Gericht gab er jedoch an, dass er nur einmal in Haft gewesen sei. Soweit der Kläger, als er hierauf hingewiesen wurde, dass er vor dem Bundesamt von einer zweiten Verhaftung und einem zweiten Gefängnisaufenthalt berichtet habe, äußerte, dies nicht gesagt zu haben, überzeugt dies nicht. Es erscheint völlig lebensfremd, dass der Dolmetscher vor dem Bundesamt einen ganzen zusätzlichen Ereigniskomplex mit Zeitangaben zur Haftdauer und eigener Fluchtgeschichte ohne die entsprechende Aussage des Klägers in das Protokoll einfügt und dies auch noch bei der Rückübersetzung unerkannt bleibt. Auch soweit die Klägerseite diesen Widerspruch damit zu entkräften versucht, dass der damalige Dolmetscher wegen Qualitätsmängeln nicht mehr beim Bundesamt eingesetzt werde, überzeugt dies nicht. Zum einen hat der Kläger vor dem Bundesamt auf dem Kontrollbogen bestätigt, dass das rückübersetzte Protokoll den heute gemachten Angaben des Klägers entsprochen habe. Zum anderen hat der Kläger auch im Rahmen der Anhörung ausweislich der Niederschrift erklärt, dass er sich gut mit dem Sprachmittler verständigen könne. Überdies hat der Kläger noch am Beginn der mündlichen Verhandlung angegeben, dass alles stimme, was im Protokoll des Bundesamtes stehe. Im Übrigen fällt auf, dass eine angebliche Falschübersetzung oder die schlechte Qualität der Übersetzung mittlerweile zum Standardvorbringen bei Widersprüchlichkeiten gehört. Ebenfalls widersprüchlich ist, dass der Kläger vor dem Bundesamt angab, bei seiner Rückkehr in sein Heimatdorf nach der Flucht aus dem Gefängnis sei die Wohnung noch da gewesen. Vor Gericht erklärte er aber, dass das Haus bei seiner Rückkehr bereits abgebrannt gewesen sei. Bereits die massiven Widersprüchlichkeiten führen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vortags.

Hinzu kommt, dass das Vorbringen des Klägers in wesentlichen Punkten zudem lebensfremd ist. So ist es nicht vorstellbar, dass der Kläger während einer dreijährigen Haft im Gefängnis immer seinen Ausweis bei sich haben durfte und er ihn daher auch bei seiner Flucht griffbereit hatte. Dies widerspricht im Übrigen auch den Angaben des Klägers bei seiner Befragung in Zirndorf am 16.6.2014, wonach sein Personalausweis am 10.4.2014 beim Brand des Hauses verbrannt sei. Des Weiteren mutet die Fluchtgeschichte des Klägers aus dem Gefängnis, die er vor Gericht erzählte, ebenfalls lebensfremd an. Es ist nicht nachvollziehbar, dass im Rahmen des Dienstes auf der Farm beim Tomatenverkauf zwischen dem Kläger und einem Händler so enge Bande geknüpft werden konnten, dass der Händler sein Leben riskierte, um dem Kläger zur Flucht zu verhelfen. Dem Händler musste klar sein, dass er in der Situation, in der nur ein Lkw Tomaten abholte und ausgerechnet der Gefangene, der die Tomaten verkauft, anschließend fehlt, er ein extrem hohes Entdeckungsrisiko einging. Ihm musste klar sein, dass sein Handeln für ihn ernsthafte Konsequenzen bis hin zum eigenen Tod haben könnte. Das Eingehen dieses Risikos erscheint nicht realistisch. Im Übrigen fällt auf, dass diese Fluchtgeschichte gewisse Ähnlichkeiten zur Fluchtgeschichte aufweist, die der Kläger vor dem Bundesamt im Zusammenhang mit seiner zweiten Verhaftung erzählte. Sie ist jedoch nicht so identisch, dass man von einer missverständlichen Zuordnung zur ausgehen könnte.

Im Übrigen kommen zur fehlenden Glaubhaftigkeit des Vorbringens noch erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Klägers. Diese Zweifel werden dadurch begründet, dass der Kläger keinerlei Personaldokumente vorlegen kann und er sich auch im Hinblick auf die Personaldokumente in Widersprüchlichkeiten verwickelt. So gab er zunächst an, dass sie verbrannt seien, als das Haus am 10.4.2014 brannte. Später gab er an, dass er sie selber in Äthiopien verbrannt habe. Auf Vorhalt im Rahmen der mündlichen Verhandlung versuchte er dies damit zu erklären, dass er bei seiner Befragung in Zirndorf nicht nach dem K...-Ausweis gefragt worden sei, sondern nach Identitätspapieren. Unter diesen habe er seine Besitzkarte für die Grundstücke und seine Zeugnisse bis zu 4. Klasse gemeint, nicht aber den K...-Ausweis. Hiergegen spricht jedoch, dass der Kläger auf die Frage nach den Personalpapieren ausweislich der Niederschrift ausdrücklich antwortete, dass er einen Personalausweis besessen habe, den er vor ca. 3 Jahren in der Stadt M..., K... Wa..., W... D... ausgestellt bekommen habe. Auf die Frage nach weiteren Dokumenten gab er damals an, keine mehr zu besitzen und im Hinblick auf die Schulzeugnisse erklärte er damals, dass er diese nicht von der Schule abgeholt habe. Diese Widersprüchlichkeiten sprechen dafür, dass der Kläger durch Verschleierung seiner wahren Identität die Überprüfbarkeit seiner Angaben erschweren bzw. unmöglich machen will. Soweit die Klägerseite vorbringt, dass die Anhörung in Zirndorf nicht in Oromo, sondern in Amharisch erfolgt sei, erklärt bzw. beseitigt dies die Widersprüchlichkeiten nicht. Denn die genauen Angaben des Klägers in der Niederschrift erwecken nicht den Eindruck, dass sich der Kläger in Amharisch nicht habe ausdrücken können. Auch lässt sich das Missverständnis im Hinblick auf die Papiere nicht nachvollziehbar mit einem Übersetzungsfehler erklären. Zudem erklärte der Kläger ausweislich der Niederschrift ausdrücklich, dass er zusätzlich zu seiner Muttersprache auch Amharisch spreche.

Insgesamt geht das Gericht daher davon aus, dass das Vorgetragene so nicht geschehen ist und der Kläger Äthiopien nicht vorverfolgt verlassen hat.

Auch wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo droht dem Kläger keine landesweite Verfolgung in Form der Gruppenverfolgung. Das Gericht teilt die Einschätzung des Bundesamtes insoweit. Auf die Ausführungen im Bescheid vom 12.9.2016 wird verwiesen.

Nachdem der Kläger nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereist ist, steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht nur auf Ereignissen beruht, die eingetreten sind, nachdem ein Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat (sog. Nachfluchttatbestände). Im Gegensatz zu Vorfluchtgründen, die lediglich glaubhaft zu machen sind, bedürfen Nachfluchtgründe, die auf Ereignissen innerhalb des Gastlandes beruhen, des vollen Nachweises, wobei insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besonders strenge Anforderungen zu stellen sind. Insofern ist den Versuchen einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Asylrechtsschutzes im Bereich der Sachverhaltsermittlung zu begegnen (BVerwG, U.v.21.10.1986 - 9 C 28.85 - BVerwGE 75, 99; BVerwG, U.v. 8.11.1983 - 9 C 93.83 - BVerwGE 68, 171).

Nach Ansicht des Gerichts ist es auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr ins Heimatland eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

Dass ein Ausländer in seinem Heimatstaat politisch verfolgt wird, weil er in der Bundesrepublik Deutschland gegen seinen Staat politische Aktivitäten entfaltet hat, kann nur angenommen werden, wenn sowohl für das Bekanntwerden der Tätigkeit im Heimatstaat als auch für dessen im Sinne des Asylrechts politisch motivierte Reaktion hinreichend gewichtige Anhaltspunkte bestehen (BVerwG, U.v. 29.11.1977 - 1 C 33.71 - BVerwGE 55, 82). In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Das Gericht nimmt auch unter Zugrundelegung der gegenwärtig dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016 und des mittlerweile wieder aufgehobenen Ausnahmezustandes berücksichtigen, weiterhin nicht an, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Das Gericht geht nach wie vor davon aus, dass es für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf ankommt, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KSA mit weiteren Nachweisen; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6.3.2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, also z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, II. 1.9., S. 16). Soweit hiergegen angeführt wird, dass das Auswärtige Amt in seiner Auskunft an das Verwaltungsgericht Gießen vom 9.12.2016 zur Betätigung für die EPPFG geäußert habe, dass eine Verfolgung im Falle einer Rückkehr wahrscheinlich sei, so wurden diese Aussage im aktuelleren Lagebericht vom 6.3.2017 nicht mehr wiederholt. In diesem kehrte das Auswärtige Amt wieder zu seiner Formulierung zurück, die sich bereits in seinen Lageberichten vom 24.5.2016; 4.3.2015 und 8.4.2014 findet. Soweit im Hinblick auf die Formulierung „Grundsätzlich kommt es auf den Einzelfall an, d.h. z.B. darauf, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche Art exilpolitischer Aktivität es sich handelt (.z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position Organisation gewaltsamer Aktionen)“ angenommen wird, dass das „oder“ zum zwingenden Schluss führen würde, dass bereits die Beteiligung an einer exilpolitischen Organisation, die von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuft würde, alleine ausreichend für eine beachtliche Verfolgungsgefahr sei, lässt dies nach Einschätzung des Gericht die übergeordnete Betonung des Einzelfalls außer Betracht. Vielmehr deutet die Formulierung darauf hin, dass zwar im Einzelfall die Beteiligung bei einer Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit auslösen kann, aber nicht bereits jede Beteiligung bei jeder Organisation, die von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingestuft wird, zwingend die Gefahr einer beachtlichen Verfolgung auslöst. Hierfür spricht auch, dass von Bedeutung auch sei, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätige.

Das Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) führt in seiner Stellungnahme vom 30.1.2017 aus, dass es aufgrund der Verhängung des Ausnahmezustandes zu einer weiteren Einschränkung der Bürgerrechte seit dem Erlass der Anti-Terror-Gesetze im Jahr 2009 gekommen sei. In diesem Zusammenhang verweist das Institut auf die Verhaftung des Vorsitzenden der legalen Oppositionspartei Oromo Federalist Congress im Dezember 2016, der sich mit dem Vorsitzenden von Ginbot 7 getroffen habe, einer Gruppierung, die die Regierung eindeutig als „terroristisch“ ansehe. Die Stellungnahme des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) spricht im Zuge einer Auskunft für das Verwaltungsgericht Gießen im Zusammenhang mit einer Betätigung für die EPPFG davon, dass eine Verfolgung „keinesfalls ausgeschlossen werden könne“. Aus dieser Formulierung kann jedoch nicht eine beachtliche Verfolgungsgefahr abgeleitet werden.

Der Gutachter Günter Schröder geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie er trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Günter Schröder, Stellungnahme vom 15.2.2017, Rn 214). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen kam. So sollen nach dem Gutachten von Günter Schröder im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit zumindest teilweise gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme Schröders nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien auch die äthiopische Diaspora – auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass der Gutachter zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet (Rn 232); häufige Verhaftungen (Rn. 214); längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen (Rn. 237), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen.

Bei Würdigung der vorgenannten Auskunftslage in einer Gesamtschau, insbesondere aufgrund der aktuellen Auskunft des Auswärtigen Amtes und des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Studien (GIGA) nimmt das Gericht nicht an, dass äthiopische Asylbewerber sofern sie sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KS.A; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GlA – juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180). Das Gericht geht weiterhin davon aus, dass bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (vgl. BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 21 B 15.30119 –juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann – wie bereits ausgeführt – auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Das Gericht geht daher weiterhin davon aus, dass sich Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens abzielend einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Mit dem Verwaltungsgericht Bayreuth geht das Gericht davon aus, dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt (VG Bayreuth, B.v. 26.8.2013 - B 3 K 12.30096 – juris; so im Ergebnis auch VG Ansbach, U.v. 21.2.2017 - AN 3 K 16.30481 - juris, VG Ansbach, U.v. 27.9.2016 - AN 3 K 16.30562 – juris; VG Ansbach, U.v. 27.08.2012 - AN 12.30258 - juris; VG München, U.v.31.5.2016 - M 12 K 16.30593 - juris; VG Kassel, U.v. 21.7.2016 - 1 K 1953/15.KS.A - juris).

Nach diesen Maßstäben gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle seiner Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger ist ausweislich der Bescheinigungen des TBOJ/UOSG seit dem 22.11.2014 aktives Mitglied und hat seither an 24 Veranstaltungen der TBOJ/UOSG teilgenommen. Mit der bloßen Teilnahme an Veranstaltungen der TBOJ/UOSG – auch wenn diese kontinuierlich erfolgten - hebt sich der Kläger jedoch in keiner Weise aus der Masse der exilpolitisch Tätigen ab. Auch erweckte der Kläger weder durch seine Aussagen zu seiner exilpolitischen Betätigung vor dem Bundesamt noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck einer politisch engagierten Person. Die Tätigkeiten des Klägers führen nach Überzeugung des Gerichts nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen habe.

Der bedingt gestellte Beweisantrag musste das Gericht nicht veranlassen, entsprechenden Beweis zu erheben. Er ist darauf gerichtet, die Auskunft einer sachverständigen Stelle, wie z.B. GIGA, Günter Schröder oder das Auswärtige Amt zum Beweis dafür einzuholen, dass es auch nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes in Äthiopien zum 4.8.2017 unverändert dabei verblieben sei, dass Personen, bei denen eine Mitgliedschaft in einer von der äthiopischen Regierung als terroristisch eingeschätzten Gruppe bzw. einer mit dieser Gruppe verbundenen Exilorganisation vermutet wird, bei einer Rückkehr nach Äthiopien Haft für unbestimmte Zeit oder Misshandlung drohe. Das Gericht ging in ständiger Rechtsprechung auch im Hinblick auf die Auskunftslage während des Ausnahmezustandes entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Würzburg (VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180 - juris) davon aus, dass nicht jede exilpolitische Betätigung im Falle der Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit führt. Die von Klägerseite angeregte Einholung einer Auskunft, um darzulegen, dass auch nach Aufhebung des Ausnahmezustandes eine beachtliche Wahrscheinlichkeit der Verfolgung weiter drohe, führt daher mangels Entscheidungserheblichkeit (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht zum Ziel. Denn der Antrag geht von einer Einschätzung der vorhandenen Auskunftslage aus, die das Gericht so nicht teilt und nicht geteilt hat. Soweit es um eine andere Würdigung der Auskunftslage geht, ist dies jedoch eine Frage der richterlichen Würdigung der Auskunftslage und einer Klärung durch Beweiserhebung nicht zugänglich. Der bedingt gestellte Beweisantrag war daher abzulehnen. Das Gericht hatte auf Grund des gestellten Antrags auch keinen Anlass, von Amts wegen Gutachten zur aktuellen Lage nach Aufhebung des Ausnahmezustandes einzuholen, da offensichtlich ist, dass sich die Lage in Äthiopien jedenfalls mit Aufhebung des Ausnahmezustandes für Rückkehrer nicht verschärft hat. Entsprechendes wird auch nicht von Klägerseite vorgetragen, die lediglich vorträgt, dass die Lage trotz Aufhebung des Ausnahmezustandes unverändert sei.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Ein derartiger Schaden droht dem Kläger nach den obigen Ausführungen nicht.

Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

Ebenso wenig besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebeschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung aber jedenfalls dann, wenn die oberste Landebehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage keinen generellen Abschiebestopp erlassen bzw. diesen nicht verlängert hat und ein vergleichbarer wirksamen Schutz den betroffenen Ausländern nicht vermittelt wird. Die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG gebieten danach die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn einer extremen Lebensgefahr oder einer extremen Gefahr der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit entgegen gewirkt werden muss, was dann der Fall ist, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert oder erheblichen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt sein würde (BVerwG, U.v. 17.10.1995 - BVerwGE 99, 324; BVerwG, U.v. 19.11.1996 - BVerwGE 102, 249, BVerwG, U.v. 12.7.2001 - BVerwGE 115, 1). Eine derartige Gefahrensituation kann sich auch aus den harten Existenzbedingungen und der Versorgungslage in Äthiopien ergeben.

Ob die Annahme einer extremen Gefahrenlage im Wege der verfassungskonformen Auslegung nunmehr ausscheidet, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.1.2013 (Az. 10 C 15/12 – juris) davon ausgeht, dass in begründeten Ausnahmefällen schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat (auch) ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen können, kann letztlich dahinstehen, da die anzuwendenden Gefahrenmaßstäbe weitgehend übereinstimmen.

Nach den dem Gericht vorliegenden und ins Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Versorgungssituation für den Kläger in Äthiopien jedoch nicht so schlecht, dass von einer Gefahr im beschriebenen Sinn auszugehen wäre. Obwohl Äthiopien zwischen den Jahren 2004 und 2014 ein konstantes wirtschaftliches Wachstum aufwies, zählt das Land immer noch zu den ärmsten Staaten der Welt. Auf dem Human Development Index des UNO-Entwicklungsprogramms belegt Äthiopien Platz 173 von 186. 77,6% der Bevölkerung lebt von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Das durchschnittliche Jahreseinkommen liegt bei 170 US-Dollar. 82% Prozent der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft (SFH, Äthiopien, Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, Rahel Zürrer, Bern 2014). Andererseits ist die Arbeitslosigkeit in den ländlichen Regionen niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft (IOM, Länderinformationsblatt Äthiopien, Juni 2014, VII. 8.2.1, S. 19). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert, weshalb große Teile der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2014 waren ca. 3,2 Millionen Äthiopier auf solche Hilfen angewiesen, wobei sich die Hilfen neben der reinen Nahrungsmittelhilfe auch auf Non Food Items (Hygiene und Gesundheit) bezogen. Zusätzlich wurden 7,8 Millionen Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigt hätten (AA, Lagebericht vom 24.5.2016, Stand: März 2016, IV. 1. 1.1. S. 20). Im jüngsten Lagebericht spricht das Auswärtige Amt davon, dass 7,9 Millionen Menschen auf das staatliche Sozialprogramm zur Ernährungssicherung angewiesen sind (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, Stand: März 2017, IV 1.1, S. 20). Hier zeigt es sich, dass die Situation für große Teile der Bevölkerung schwierig ist. Gleichwohl bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten. Für Rückkehrer bieten sich im Übrigen schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung. Vor allem für Rückkehrer, die über Qualifikationen und Sprachkenntnisse verfügen, besteht die Möglichkeit, Arbeit zu finden (AA, Lagebericht Äthiopien vom 18.12.2012, Stand: Oktober 2012. IV.1.1, S. 23 f.).

Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Kläger sich bei einer Rückkehr, seine Existenz nicht mehr sichern können würde. Der Kläger ist ein junger erwachsener Mann. Es sind keine Gründe ersichtlich, dass er in Äthiopien keine existenzsichernden Tätigkeiten ausüben kann. Auch befindet sich noch Familie des Klägers in Äthiopien. Der Kläger selbst hat im Übrigen nicht substantiiert vorgetragen, befürchten zu müssen, dass es ihm in Äthiopien nicht möglich sein würde, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen.

Nach alledem ist es dem Kläger zuzumuten, in sein Heimatland zurückzukehren.

Die in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf den §§ 34 Abs. 1 Asyl, 59 AufenthG. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse – wie etwa Reiseunfähigkeit – sind vom Bundesamt im Asylverfahren nicht zu prüfen. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse sind auf Grund des Vorbringens des Klägers nicht ersichtlich.

Die in Ziffer 6 des angegriffenen Bescheids ausgesprochene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate ist bestandskräftig. Der Kläger hat die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung subsidiären Status, weiter hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG beantragt. Die entsprechenden Ablehnungen sind in den Ziffern 1 – 3 des streitgegenständlichen Bescheides geregelt. Ein Verpflichtungsantrag auf eine kürzere Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG mit entsprechendem Aufhebungsbegehren wurde nicht gestellt. Im Übrigen wäre die getroffene Regelung auch nicht zu beanstanden. Die Beklagte musste nach den §§ 11 Abs. 2 Sätze 1 und 4, 75 Nr. 12 AufenthG eine Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG treffen. Über die Länge der Frist wird gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nach Ermessen entschieden. Ermessensfehler sind hier nicht ersichtlich. Grundsätzlich darf die Frist gemäß § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG fünf Jahre nicht überschreiten. Hier hat das Bundesamt diese maximale Frist zur Hälfte ausgeschöpft, was nicht zu beanstanden ist. Das Vorliegen besonderer Umstände, die eine kürzere Frist gebieten würden, ist vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 12.9.2016 wird im Übrigen Bezug genommen, § 77 AsylG.

Die Klage war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO in den Haupt- und Hilfsanträgen abzuweisen. Gerichtskosten werden nach § 83b Asyl nicht erhoben.

Der Gegenstandswert folgt aus § 30 RVG.

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die Kläger sind äthiopische Staatsangehörige mit oromischer Volkszugehörigkeit. Der Kläger zu 2) ist der leibliche Sohn des Klägers zu 1) und im Jahr 2006 in Äthiopien geboren.

Die Kläger sind ohne Identitätsnachweise und reisten nach eigenen Angaben über den Sudan, Libyen, Italien und Frankreich am 27. Juli 2014 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Sie stellten am 22. September 2014 einen Asylantrag.

Der Kläger zu 1) erklärte, er habe am 15. November 2011 Äthiopien verlassen und sich bis zum 20. Januar 2012 im Sudan aufgehalten, wo er den Kläger zu 2) gemeinsam mit dessen Mutter getroffen habe. Er habe noch zwei weitere Söhne, die er jedoch nicht kenne. Seine Frau sei auf der Überfahrt über das Mittelmeer zu Tode gekommen. Seine beiden anderen Söhne lebten bei der Schwiegermutter. Er gab an, er habe sich vom 18. Januar 2008 bis 15. November 2011 in Haft befunden.

Er habe nie eine Schule besucht, sondern habe früh angefangen zu arbeiten. Sein Vater sei bei der OLF General gewesen und er habe Waffen liefern müssen.

Im Gefängnis seien die Zustände menschenunwürdig gewesen. Er habe sich ohne Gerichtsverfahren über drei Jahre in Haft befunden. Schließlich sei ihm mit einem Sprung aus dem Fenster die Flucht aus dem Gefängnis gelungen, da er auf einem Abfalltransporter das Gefängnisgelände versteckt habe verlassen können. Er sei danach zu seinem Onkel nach … gegangen. Dieser habe ihm geholfen, nach … (Grenzort zum Sudan) zu reisen. Auch weiterhin habe der Onkel ihn mit Geld unterstützt.

Zu der Verhaftung sei es gekommen, da er Waffen geliefert habe. Die übrigen Waffen seien bei ihm zuhause im Untergeschoss gewesen. Dort habe die Regierung die Waffen gefunden und mitgenommen. Auf Nachfrage, welche Waffen sich im Keller befunden hätten, gab der Kläger zu 1) an, dies seien verschiedene Waffen gewesen, er kenne nicht alle Marken, es seien Kalaschnikows, Maschinengewehre und automatische Waffen gewesen. Auch Bomben seien dabei gewesen. Er könne nicht sagen, wie viele Waffen das gewesen seien, da sie immer wieder ausgeliefert worden seien. Die Waffen seien aus Somalia gekommen. Über die Hintergründe dieser Lieferungen wisse er nichts. Er habe nur das gemacht, was sein Vater ihm beigebracht habe. Er sei Mitglied der OLF. In Deutschland sei er Mitglied der TBOJ/UOSG.

Hierzu legte der Kläger zu 1) eine Bescheinigung vom 26. August 2016 vor, wonach er ab dem 8. November 2014 an verschiedenen Veranstaltungen und Demonstrationen der TBOJ/UOSG teilgenommen habe. Die letzte Demonstration datiert vom 13. August 2016. In seiner Anhörung gab der Kläger zu 1) an, die letzte Demonstration habe am 2. September 2016 in Berlin stattgefunden. Hierzu legte er Fotos vor. Zu seinen Ausgaben innerhalb der UOSG gab der Kläger zu 1) an, er informiere andere über die Veranstaltungen, sei aber nicht in leitender Stellung tätig.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2016, der an den Bevollmächtigten der Kläger mit Einschreiben am 2. November 2016 versandt wurde, lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte die Anträge auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte ihn anderenfalls die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Rückübernahme bereiten oder verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wird ausgeführt, der Sachvortrag des Klägers zu 1) sei nicht schlüssig. Er habe mit seinen Einlassungen, im Fall einer Rückkehr Tod, Gefängnis oder Verbringung in geheime Gefängnisse ausgesetzt zu sein, nicht durchdringen können. Die Schilderungen seien zu oberflächlich, pauschal und widersprüchlich gewesen. Die behauptete Betätigung für die OLF führe für sich genommen noch nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Zwar stufe die äthiopische Regierung die OLF weiterhin als terroristische Organisation ein. Deswegen würden Personen, die der Mitgliedschaft oder der aktiven Unterstützung der OLF verdächtig seien, noch immer von den Sicherheitsbehörden des Landes verfolgt. Jedoch sei für die Annahme einer Verfolgungsgefahr erforderlich, dass der Betreffende glaubhaft mache, sich aktiv für die Ziele der OLF eingesetzt zu haben bzw. seine Sympathie auf andere Weise offenkundig geworden sei. Dies sei beim Kläger zu 1) nicht der Fall. Er habe nicht glaubhaft vortragen können, in Äthiopien die OLF unterstützt zu haben. Die Angaben zu seiner Tätigkeit als Waffenkurier seien nicht detailreich genug gewesen. Ihm könne auch die Naivität im Umgang mit den bei ihm eingelagerten Waffen nicht abgenommen werden, wenn er sich der Sache der OLF als Sohn eines ihrer Generäle verschrieben haben wolle. Auch habe er nicht von sich aus lebendig und spontan das Geschehen geschildert, soweit es um die Festnahme und auch um die Flucht aus dem Gefängnis gegangen sei. Seine Darstellung der Ereignisse sei weitgehend knapp gewesen.

Auch die behauptete exilpolitische Betätigung in der TBOJ/UOSG begründe keine andere Entscheidung. Er hebe sich nicht durch seine Aktivitäten derart hervor, um als ernstzunehmender Oppositioneller eingestuft zu werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des streitgegenständlichen Bescheides Bezug genommen.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten, das am 11. November 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließen die Kläger Klage gegen den Bescheid erheben, die mit Schriftsatz vom 30. Januar 2018 weiter begründet wurde. Dem Kläger zu 1) sei aufgrund des geschilderten Vorfluchtgeschehens die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Er sei aufgrund seiner Tätigkeit mit bzw. für die OLF im Heimatland verfolgt worden. Diese Tätigkeit knüpfe an eine zumindest unterstellte politische Überzeugung an. Jedenfalls drohe dem Kläger zu 1) aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten politische Verfolgung in Äthiopien. Er sei seit 8. November 2014 Mitglied der TBOJ/UOSG und für diese auf vielfältige Weise exilpolitisch aktiv. Hierzu nahm der Prozessbevollmächtigte Bezug u.a. auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23. November 2017 – W 3 K 17.32586 –, wonach einem äthiopischen Staatsangehörigen, der für eine Exilorganisation, die als terroristische Vereinigung eingestuft werde, tätig werde und hierbei ein Mindestmaß an exilpolitischen Tätigkeiten aufweise, asylrelevante Verfolgung drohe. Insbesondere sei zu beachten, dass infolge der Aufhebung des Ausnahmezustands am 4. August 2017 sich keine Veränderung der Verfolgungssituation für Unterstützer oder vermeintliche Unterstützer ergeben habe, sondern diesen weiterhin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung in Form von Haft oder Misshandlung drohe.

Hierzu wurde die Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes, GIGA oder von Günther Schröder angeregt.

Der Kläger zu 2) berufe sich auf § 26 AsylG.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 28. Oktober 2016 zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den Klägern den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und hilfsweise festzustellen, dass bei den Klägern Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Schreiben vom 22. November 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 13. November 2017 wurde die Verwaltungsstreitsache auf die Einzelrichterin übertragen.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2018 ließ der Kläger zu 1) weitere Bescheinigungen der TBOJ/UOSG vom 15. Januar 2018 und der OLF vom 16. Januar 2018 vorlegen. Der der Kläger zu 1) habe im Zeitraum 29. Januar 2016 bis 6. Januar 2018 an verschiedenen Veranstaltungen der TBOJ/UOSG im Bundesgebiet teilgenommen. Er sei aktiver Unterstützer der OLF und habe an verschiedenen Veranstaltungen teilgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die im Hauptantrag auf die Verpflichtung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) beschränkten Klagen sind zulässig, jedoch unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid vom 28. Oktober 2016 2016 ist im Umfange des Klagebegehrens rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Ihnen steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) (Hauptantrag) noch auf Zuerkennung des subsidiären Flüchtlingsstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge) zu.

Für die Beurteilung des Vorliegens von Gründen für die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes und des subsidiären Schutzes ist maßgeblich auf den Kläger zu 1) abzustellen. Der Kläger zu 2) hat erklärt, dass er keine eigenen flüchtlingsschutzrelevanten Gründe geltend macht und sich insoweit auf § 26 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 AsylG beruft.

1. Vorliegend ist kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Ergänzend hierzu bestimmt § 3a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3 AsylG die Verfolgungsgründe, § 3c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3e AsylG den internen Schutz.

§ 3a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüp-fung bestehen muss.

Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.

Unter Würdigung dieser Voraussetzungen steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Kläger zu 1) im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befin-det, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung. Dies bedeutet, dass das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen darf, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen muss, die auch nicht völlig auszuschließende Zweifel mit umfasst (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.1977, Buchholz 402.24, § 28 AuslG Nr. 11; U.v. 16.4., 1.10. und 12.11.1985, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nrn. 32, 37 und 41).

Dabei ist der Beweiswert der Aussage des Asylbewerbers im Rahmen des Möglichen wohlwollend zu beurteilen. Er muss jedoch andererseits von sich aus unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen, widerspruchsfreien Sachverhalt schildern. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann ihm nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 20.10.1987, Buchholz 310, § 86 Abs. 3 VwGO, Nr. 37; B.v. 21.07.1989, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG, Nr. 113).

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B.v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U.v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; B.v. 21.7.1989, Buchholz a.a.O., Nr. 113).

a. Gemessen an den dargestellten Grundsätzen konnte der Kläger zu 1) nicht glaubhaft darlegen, dass er unmittelbar vor seiner Ausreise Maßnahmen staatlicher Stellen in Anknüpfung an in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Gründen ausgesetzt war und dass er Opfer von Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a AsylG geworden ist.

Seine Schilderungen sind hinsichtlich der Tätigkeit für die OLF im Heimatland zwar als möglich denkbar. Insgesamt ließen sie aber auch in der mündlichen Verhandlung die notwendige Detailtiefe vermissen, um sie als tatsächlich erlebte Ereignisse bewerten zu können. Bei der Beschreibung seiner Verhaftung durch Soldaten, die für den Kläger zu 1) sehr traumatisch im persönlichen Erleben gewesen sein muss, blieb sein Vorbringen sehr vage und wenig anschaulich.

Erhebliche Bedenken an der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens bestehen hinsichtlich der Angaben zu seiner Flucht aus dem Krankenhaus. Dass der Kläger zu 1), an dem der Staat ein großes Verfolgungsinteresse hatte, da der Kläger drei Jahre lang in Haft behalten und noch kurz vor seiner Flucht gefoltert wurde, um an wertvolle Informationen zu gelangen, sich im Krankenhaus ohne Bewachung durch Sicherheitspersonal aufhalten und von dort mit einem Sprung aus dem Fenster fliehen konnte, erscheint lebensfremd.

Seine Angaben – insbesondere zu seiner Herkunft aus … – sind überdies, da er sich ohne Personaldokumente in Deutschland aufhält, auch nicht überprüfbar.

b. Dem demnach nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereisten Kläger zu 1) droht auch aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung für die TBOJ/UOSG und die OLF als einfaches Mitglied nicht für den Fall seiner Rückkehr ins Heimatland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung durch staatliche Stellen.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei der Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen als terroristisch angesehen und welche Art exilpolitischer Aktivität festgestellt wird (führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert politisch betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dagegen ist eine Verfolgung von nicht herausgehobenen exilpolitischen tätigen Personen nicht beachtlich wahrscheinlich. Zwar steht die exilpolitische Vereinigung der TBOJ/UOSG, der der Kläger an-gehört, der Oromo-Befreiungsfront (OLF) nahe und ist mit dieser politisch eng verbunden. Die Oromo-Organisationen bzw. die mit ihnen verbundenen Parteien werden von den Sicherheitskräften des äthiopischen Staates besonders aufmerksam beobachtet. Personen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert betätigen, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen, müssen bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit politisch motivierten Verfolgungshandlungen rechnen (OVG NRW, U.v. 17.8.2010 – 8 A 3806/05.A - juris; VGH München, B.v. 14.7.2015 – 21 ZB 15.30119 – juris; VGH München, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 – juris). Die OLF wird von der äthiopischen Regierung als terroristische politi-sche Gruppierung angesehen (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 6. März 2017, S. 9). Wer in führender oder verantwortlicher Stellung in einer solchen Organisation tätig war bzw. ist oder dessen verdächtigt wird, muss mit Strafverfolgung wegen terroristischer Aktivitäten rechnen (ebenda).

Nach eigenem Vortrag fällt der Kläger zu 1) nicht in den beschriebenen Personenkreis. Er gibt an, einfaches Mitglied der TBOJ/UOSG und der OLF zu sein, an Veranstaltungen teilzunehmen und die Ziele der Parteien finanziell zu unterstützen und finanzielle Unterstützung ins Heimatland (insbesondere an Flüchtlinge aus Somalia) zu schicken.

Das Gericht verkennt nicht, dass sich die politische Situation seit 2015 in Äthiopien noch einmal verschärft hat und dass wohl auch nach Aufhebung des Ausnahmezustands im August 2017 nicht von einer spürbaren innenpolitischen Entspannung im Umgang mit regierungskritischen Gruppierungen ausgegangen werden kann (Günter Schröder, Stellungnahme gegenüber RAin B., Frankfurt vom 20. November 2017).

Aus der auch den Entscheidungen des VG Würzburg vom 24. Juli 2017 (W 3 K 17.30710) und 23. November 2017 (W 3 K 17.32586) zugrundeliegenden Auskunftslage, wie sie sich aus der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen ergibt, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass jedwede exilpolitische Betätigung – auch von untergeordneter Bedeutung oder aus rein asyltaktischen Gründen – zur Zuerkennung internationalen Schutzes führen müsste, da die Schwelle der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ staatlicher Verfolgung auch aufgrund der neueren Entwicklungen in Äthiopien nicht angenommen werden kann. Dass politische Verfolgung nicht ausgeschlossen werden kann, genügt nicht den Anforderungen an die „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ im Einzelfall.

Ein besonnener Betrachter kann im Hinblick auf Art und Umfang der nach den vorliegenden Erkenntnissen stattgefundenen Vorkommnisse nicht den Schluss ziehen, dass allgemein Mitglieder der TBOJ/UOSG und der OLF einer im Rahmen des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG relevanten Verfolgung im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien ausgesetzt sein werden. Von einer Unzumutbarkeit der Rückkehr (so zum Maßstab der „Verfolgungsgefahr“ grundlegend BVerwG, U.v. 5.1.1991 - 9 C 118.90 -, juris sowie BVerwG, U.v. 20.3.2013 – 10 C 20.12 – juris; BVerwG, B.v. 15.8.2017 – 1 B 120.17 – juris) ist somit – so die Rechtsauffassung des Gerichts unter Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen – nicht auszugehen.

Dies steht auch in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und der im Beschluss vom 14. November 2017 – 21 B 17.31340 – zum Ausdruck kommenden möglichen Beibehaltung dieser Rechtsprechung.

In diesem Beschluss wird u.a. folgendes ausgeführt:

„Dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts liegt, die Beklagte zeigt das zutreffend auf, folgender Tatsachengrundsatz zugrunde: Bekennen sich äthiopische Asylbewerber zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht und weisen sie für diese Exilorganisation ein Mindestmaß an Aktivität vor, haben sie für den Fall ihrer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG zu erwarten. Das Urteil weicht damit von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes ab und beruht auf dieser Abweichung. Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Juli 2015 (21 B 15.30119 –juris) seine bisherige Rechtsprechung (vgl. U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 – juris) fortgeführt und bezüglich eines Mitglieds der UOSG (TBOJ) auf folgende engere tatsächliche Voraussetzungen für eine Rückkehrgefährdung bei exilpolitischer Betätigung äthiopischer Staatsangehöriger verwiesen: Bei einer Rückkehr nach Äthiopien müssen solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen.“

Gemessen an diesen Grundsätzen droht dem Kläger zu 1) nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung seitens des äthiopische Staates. Nach eigenem Vorbringen betätigt er sich nicht exponiert exilpolitisch, sondern ist einfaches Mitglied. Mit seinen Einlassungen zeigte der Kläger z 1) in der mündlichen Verhandlung keine politisch überzeugte Haltung. Sein Vortrag blieb auch diesbezüglich sehr vage und detailarm. Dass sein Engagement in Deutschland von einem ernsthaften politischen Willen getragen ist, war nicht erkennbar.

2. Dem Kläger zu 1) steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung ( § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). In diesem Rahmen sind gemäß § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend anzuwenden.

Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass dem Kläger zu 1) bei einer Rückkehr in sein Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht.

Auch aus den jüngsten Meldungen aus der Region Oromia (Auswärtiges Amt: Äthiopien: Reise- und Sicherheitshinweise vom 11. Oktober 2016; FAZ 1. September 2016 „Mit jedem Toten wächst der Zorn“ und aus den in der mündlichen Verhandlung zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen) ergibt sich nichts anderes.

3. Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.

a. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK - (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

b. Ebenso wenig besteht im Falle der Kläger ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Kläger verfügen noch über familiäre Kontakte ins Heimatland. So gab der Kläger zu 1) an, zwei Onkel lebten dort noch. Auch seine Schwiegermutter und zwei seiner Kinder halten sich noch im Heimatland auf. Diese familiären Kontakte werden den Klägern in der Anfangszeit helfen, sich in Äthiopien wieder eine Existenz aufzubauen.

Weitere Anhaltspunkte für das Bestehen eines Abschiebungsverbotes wurden von den Klägern nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.

4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreisesaufforderung unter Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor.

5. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das ihr im Rahmen des § 11 Abs. 1 und 3 AufenthG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, bestehen nicht und wurden von den Klägern auch nicht vorgetragen.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Die Klage war demnach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit oromischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Er reiste am 21.07.2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 17.08.2016 einen Asylantrag.

Bei seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 05.07.2017 gab der Kläger im Wesentlichen an, er stamme aus …, Bundesstaat Oromia.

Im Frühjahr 2013 habe er im Auftrag seiner Schule - zusammen mit anderen Schülern - Spendengelder zur Unterstützung hilfsbedürftiger Schüler gesammelt. Deswegen sei er am 18.03.2013 von der Ortspolizei verhaftet und zu einer Polizeistation gebracht worden. Er sei als Gegner der Regierung verdächtigt worden, weil er Oromo sei. Von der Polizei sei er geschlagen und misshandelt worden, damit er den Organisator der Sammlung und die Liste der Spender preisgebe. Wegen seiner Verletzungen sei er in ein Krankenhaus verlegt worden und dort für 29 Tage gewesen. Da die Aktion allerdings vom damaligen Direktor genehmigt worden sei, sei er wieder freigelassen worden. Er habe sich aber durch Unterschrift verpflichten müssen, keine politischen Tätigkeiten mehr auszuüben. Nach dem Vorfall sei er weiter zur Schule gegangen. Anschließend habe er ein Geschäft für Mobiltelefone eröffnet.

Sein Heimatland habe er Ende 2015 wegen einer Grundstücksstreitigkeit verlassen. Er sei Eigentümer eines Grundstücks im Nachbarort …gewesen, auf dem er begonnen habe, ein Haus zu bauen. Ohne sein Wissen sei das Grundstück an einen Investor verkauft worden. Die Behörden hätten ihm über die Hintergründe des Verkaufs keine Auskunft geben können. Er habe dann den Zaun des Investors eingerissen und weiter an seinem Haus gebaut. Kurze Zeit später sei die Polizei gekommen. Als er die Polizei gesehen habe, sei er geflohen und am 26.11.2015 nach …, wo er sich versteckt habe, gegangen. Mit Hilfe eines Onkels habe er seine Ausreise organisiert und am 02.12.2015 sein Heimatland verlassen.

Mit Bescheid vom …2017, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am …2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziff. 2). Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziff. 3). Die Beklagte stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG. Der Sachvortrag des Klägers genüge nicht den Kriterien einer glaubhaften Darstellung eines Verfolgungsschicksals. Die Angaben zu den fluchtauslösenden Ereignissen seien arm an Details, vage und oberflächlich geblieben. Die Angaben des Klägers, wonach er nichts über den angeblichen Verkauf seines Grundstücks wisse und die Behörden ihm nicht hätten weiterhelfen können, seien nicht nachvollziehbar und widersprächen jeglicher Lebenserfahrung. Selbst bei unterstellter Glaubhaftigkeit könne dem Kläger nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden. Die vom Kläger vorgetragenen Fluchtgründe reichten hinsichtlich ihrer Intensität nicht aus, um von Verfolgungshandlungen nach § 3a AsylG, die an Verfolgungsgründe des § 3b Abs. 1 AsylG anknüpfen, auszugehen. Im Zusammenhang mit der Grundstücksangelegenheit habe der Kläger keine konkreten Verfolgungshandlungen vorgetragen, die ihn selbst betreffen würden. Die Angst vor Verfolgung stelle insofern lediglich eine Vermutung dar. Im Rahmen des Streites um die Grundstücksbesitzverhältnisse sei der Kläger an die örtlichen Gerichte zu verweisen. Die beschriebene Inhaftierung im Jahr 2013 führe ebenfalls nicht zu einer Flüchtlingszuerkennung. Der Kläger habe selbst angegeben, dass die Situation aufgeklärt und er entlassen worden sei. Dem Kläger drohe damit keine weitere Sanktion bei der Rückkehr nach Äthiopien. Im Übrigen ergebe sich auch keine allgemeine Verfolgung durch die Zugehörigkeit des Klägers zum Volk der Oromo.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gemäß Art. 16a Abs. 1 GG seien nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des Art. 3 AsylG einschlägig sei.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Im Hinblick auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz sei nicht davon auszugehen, dass dem Kläger Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung bei einer Rückkehr nach Äthiopien drohe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) liege ebenfalls nicht vor.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG kämen nicht in Betracht. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien selbst unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers nicht erfüllt. Es sei zu erwarten, dass der Kläger mit zwölfjähriger Schulausbildung als gesunder, arbeitsfähiger und junger Mann seine Existenz sichern könne. Er habe zuletzt ein eigenes Geschäft in seinem Heimatland geführt. Außerdem verfüge der Kläger noch über Eltern, Geschwister und eine Großfamilie im Herkunftsland, so dass anzunehmen sei, dass er auch insoweit Unterstützung erhalten werde.

Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG seien weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom …2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am …2017, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragt,

  • 1.Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom …2017, Gz.: …, wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen; den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen; hilfsweise dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen; hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 AufenthG vorliegen, insbesondere betreffend Äthiopien; hilfsweise die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verkürzen.

Zur Begründung der Klage wird auf die Anhörung des Klägers beim Bundesamt am 05.07.2017 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 30.08.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss der Kammer vom 18.01.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG sind ebenfalls nicht gegeben. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Selbst unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018 besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

a) Unabhängig von der Tatsache, dass der Kläger den Zeitpunkt seiner Verhaftung wegen der Spendengeldsammlung beim Bundesamt auf den 18.03.2013 datiert hat, während er in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht angab, „dies könne ungefähr im Mai 2013“ gewesen sein, stellt die Maßnahme im Frühjahr 2013 jedenfalls keine Verfolgungshandlung mit der notwendigen flüchtlingsrechtlichen Relevanz im Sinne des § 3 AsylG dar. Es besteht daher keine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger insoweit bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland einer Verfolgung ausgesetzt sein wird. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten nur Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen oder Handlungen in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in einer ähnlichen Weise wie in der in § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG beschriebenen Weise betroffen ist.

Der Kläger ist nach eigenen Angaben lediglich einen Tag von der Polizei gefangen gehalten worden. Selbst wenn er dabei tatsächlich körperlich misshandelt worden sein sollte und in ein Krankenhaus eingeliefert worden ist, erreicht die vorgetragene Handlung im Zusammenhang mit der Sammelaktion im Jahr 2013 nicht die erforderliche Intensität für eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung. Bereits während des Krankenhausaufenthalts des Klägers konnte der Sachverhalt aufgeklärt werden, indem der damalige Schuldirektor gegenüber der Polizei angegeben hat, dass er eine Erlaubnis für die Sammlung erteilt habe. Im Anschluss daran durfte der Kläger unverzüglich das Krankenhaus verlassen. Im Übrigen erklärte der Kläger dem Gericht, dass er wegen der Spendensammlung im Jahr 2013 bis zu seiner Ausreise Ende 2015 keinerlei Probleme mit den Behörden mehr hatte, so dass es schon am (zeitlichen) Kausalzusammenhang zwischen der Verhaftung im Frühjahr 2013 und der Ausreise im Dezember 2015 fehlt.

b) Auch die geschilderten Probleme mit der Polizei im Zusammenhang mit dem Betrieb seines Handyladens führen nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Ungeachtet der Tatsache, wonach der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, nach dem Vorfall anlässlich der Spendensammlung im Jahr 2013 die Schule abgebrochen und einen Handyladen eröffnet zu haben, während er beim Bundesamt noch angegeben hat, nach der Freilassung im Jahr 2013 weiter zur Schule gegangen zu sein (Blatt 97 der Bundesamtsakte), stellen die vorgetragenen Bedrohungen durch die Polizei ebenfalls keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung im obigen Sinne dar. Nach Angaben des Klägers sei die Polizei gelegentlich vorbeigekommen und habe ihm vorgeworfen, dass er zu laut Musik mit politischem Inhalt spiele. Einmal sei die Lautsprecheranlage zerstört worden, ein anderes Mal habe die Polizei die Anlage mitgenommen.

Zum einen konnte der Kläger gegenüber dem Gericht nicht genauer darlegen, wie oft diese Vorfälle mit der Polizei überhaupt gewesen sind. Zum anderen erklärt der Kläger selbst gegenüber dem Gericht, dass ihm weiter wegen dieser Angelegenheit nichts passiert sei. Die geschilderten Maßnahmen der Polizei im Zusammenhang mit dem Betrieb des Handyladens stellen damit schon im Ansatz keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung dar, insbesondere da die Polizei offensichtlich wegen der Lautstärke und den „verbotenen“ Inhalten gegen den Kläger vorgegangen ist.

c) Gleiches gilt für den vom Kläger vorgetragenen Grundstückskonflikt. Nach Angaben beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger im Nachbarort ein Baugrundstück besessen, auf dem er ein Haus bauen wollte. Nachdem er bereits Baumaterialien hat anliefern lassen, hat die Regierung das Grundstück gegen seinen Willen an einen Investor verkauft. Eine Entschädigung für den Verlust seines Grundstücks hat der Kläger nicht erhalten.

Die staatliche Enteignung des klägerischen Grundeigentums stellt nach Auffassung des Gerichts keine konkret individuelle Verfolgungshandlung mit flüchtlingsrechtlicher Relevanz dar. Zum einen hat der Kläger selbst angegeben, dass in dieser Zeit die Regierung viele Grundstücke der Oromo enteignet und an Investoren verkauft habe. Zum anderen stellt die Enteignung - selbst wenn diese entschädigungslos ist - keine Handlung dar, die aufgrund ihrer Art so gravierend ist, dass sie eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte darstellt. Auch andere Rechtsordnungen sehen das Institut der Enteignung vor. Allein die Tatsache, dass die „Verfahrensvorschriften“ nicht eingehalten worden sind bzw. dass der Kläger für den Landentzug keine Entschädigungsleistung erhalten hat, stellt keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG dar. Vielmehr handelt es sich - soweit dem Kläger hierfür eine Entschädigung zugestanden hätte - lediglich um staatliches Unrecht außerhalb der flüchtlingsrechtlichen Relevanz. Dies gilt vorliegend umso mehr, da dem Kläger nicht seine komplette Existenz entzogen wurde, insbesondere er nicht aus seinem Wohnhaus vertrieben worden ist, sondern lediglich ein unbebautes Grundstück, auf dem der Kläger erst mit der Errichtung eines Bauwerks beginnen wollte, entzogen wurde. Die entschädigungslose Enteignung eines Grundstücks stellt damit keinen Verfolgungsgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. des § 3 Abs. 1 AsylG dar (vgl. Unabhängiger Bundesasylsenat der Republik Österreich [UBAS], Entscheidung vom 22.07.1998 - 203.929/0-VIII/22/98).

d) Selbst der klägerische Hinweis auf die allgemeine und insbesondere auf die wirtschaftliche Diskriminierung der Oromo in Äthiopien reicht für die Annahme einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungshandlung nicht aus. Volkszugehörige der Oromo unterliegen - auch nach der gegenwärtigen Auskunftslage - im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keiner sogenannten Gruppenverfolgung.

Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (sog. Gefahr der Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Volkszugehörigkeit anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte „Verfolgungsdichte“ voraus, welche die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines der in § 3b AsylG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. zum Ganzen: BVerwG. U.v. 5.7.1994 - 9 C 158.94 - juris; VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris; VG Bayreuth, U.v. 7.3.2017 - B 3 K 16.31008 - juris). Zudem gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass diese mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur dann vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d.h. wenn auch keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss (VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris, VG Bayreuth, U.v. 7.3.2017 - B 3 K 16.31008 - juris; VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 - Au 5 K 16.31853 - juris).

Ob Verfolgungshandlungen das Kriterium der Verfolgungsdichte erfüllen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne von § 3c Nr. 1 und 2 AsylG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 3b AsylG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann. (vgl. zu alledem BVerwG, U.v. 21.4.2009 - 10 C 11.08 - juris; VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris).

Dies zugrunde gelegt, droht dem Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo nicht die Gefahr einer landesweiten Gruppenverfolgung. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass Volkszugehörige der Oromo verstärkt Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien ausgesetzt sind. Das Bundesamt hat jedoch im streitgegenständlichen Bescheid zu Recht ausgeführt, dass eine für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische landesweite Verfolgungsdichte von oromischen Volkszugehörigen nicht zu erkennen ist (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; vgl. auch Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 06.03.2017 - Gz. 508-516.80/3 - ETH). Auch der gegenwärtige „Ausnahmezustand“ in Äthiopien ändert nichts an der zutreffenden Einschätzung des Bundesamtes zu den fehlenden Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung der Oromo.

e) Soweit der Kläger - erstmals in der mündlichen Verhandlung - von der Teilnahme an einer Demonstration am 24.11.2015 für die Rechte der Oromo in seinem Heimatort berichtet, führt dieser Umstand ebenfalls nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach Angaben des Klägers haben an dieser Demonstration gegen die Enteignung der Oromo mehr als 300 Leute teilgenommen. Als die Demonstration von der Polizei aufgelöst worden ist, ist der Kläger zu seinem Laden gegangen und hat das TPLF-Schild entfernt. Deswegen soll die Regierung nach ihm gesucht haben.

Aufgrund der Demonstration war der Kläger damit schon keiner konkret individuellen Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG ausgesetzt. Soweit der Kläger nunmehr von einer „Verfolgung“ durch die Regierung wegen des entfernten Parteischildes vor seinem Handyladen berichtet, ist der Vortrag schon vage, detailarm und unsubstantiiert. Insbesondere ist für das Gericht nicht nachvollziehbar dargelegt, warum der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung auf das entsprechende Schild hingewiesen hat bzw. warum die aus der Entfernung resultierende „Verfolgung“ von flüchtlingsrechtlicher Intensität sein sollte.

f) Auch der Sachvortrag, der Kläger sei von der Polizei verfolgt worden, weil er illegal das „enteignete“ Grundstück betreten hat, stellt nach Auffassung des Gerichts keinen flüchtlingsrechtlich relevanten Belang dar. Zum einen ist der Vortrag insoweit vom Kläger schon in unglaubwürdiger Weise gesteigert worden, indem er im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstmals angibt, er habe in der Nacht zum 26.11.2015 mit 22 Leuten den Zaun des Investors an seinem Grundstück eingerissen. Bei der Anhörung beim Bundesamt am 05.07.2017 war hingegen lediglich die Rede davon, dass er den Zaun des Investors niedergerissen und an seinem Haus weitergebaut hat. Selbst auf Nachfrage des Gerichts konnte der Kläger nicht plausibel darlegen, warum er nunmehr mit 22 Leuten in der Nacht auf das Grundstück eingedrungen sein will. Es erscheint lebensfremd, wenn der Kläger nunmehr ausführt, er habe 22 Leute mitgebracht, um mit diesen - mitten in der Nacht - sein Haus zu bauen. Soweit der Kläger und seine Männer tatsächlich wegen des Eindringens auf das entzogene Grundstück von der Polizei vertrieben bzw. beschossen worden sein sollten, stellt dies jedenfalls keine Verfolgungshandlung im Sinne des Flüchtlingsrechts dar, da sich der Kläger offensichtlich illegal auf dem - wenn auch zu Unrecht enteignetem - Grundstück befunden hat.

g) Letztlich vermag das Gericht auch unter Berücksichtigung des Kumulationsansatzes (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG) keine flüchtlingsrechtlich relevante Vorverfolgung des Klägers erkennen. Die vorgetragenen Einzelereignisse sind nach der Überzeugung des Gerichts nicht insgesamt derart schwerwiegend, dass aufgrund der Vielzahl „diskriminierender Nadelstiche“ das Maß des allgemein hinnehmbaren überschritten wurde (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2009 - 10 C 52/07 - juris; Marx, AsylG, 9. Auflage 2017, § 3a Rn. 12 ff.).

h) Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignisse beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zweifelsohne zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Aufgrund der Auskunftslage, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016, den Ausnahmezustand 2016 und die aktuelle politischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 berücksichtigt, geht das Gericht jedoch weiterhin nicht davon aus, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt es - auch nach der aktuellen Lage - für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6.3.2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich ist danach vielmehr der konkrete Einzelfall an, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt - soweit bekannt - ohne Konsequenzen (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, S. 16; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris).

G. S. geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung - verbunden mit intensiver Befragung - auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie S. trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von G. S. im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit - zumindest teilweise - gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme S.s nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora - auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass S. zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.2.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich: VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris).

Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher auch weiterhin nicht an, dass äthiopische Asylbewerber, sofern sie sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.Gl.A - juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris). Vielmehr müssen nach Überzeugung des Gerichts bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 - 21 B 15.30119 - juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 - 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 - juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann - wie bereits ausgeführt - auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Die Kammer und der erkennende Einzelrichter gehen daher weiterhin davon aus, dass sich Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens abzielend einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten.

Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Im Hinblick auf die nach der Auskunftslage intensive Überwachung der äthiopischen exilpolitischen Szene im Bundesgebiet durch den äthiopischen Staat, führte das Gericht bereits mit Urteil vom 26.8.2013 (B 3 K 12.30096 - juris) aus, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, „dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden, inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten […] im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt.“ Diese Ausführungen gelten gegenwärtig (erst recht) uneingeschränkt fort.

Unter Heranziehung der vorstehenden Maßstäbe des Gerichts gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle seiner Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger ist ausweislich der Bescheinigung vom 16.02.2018 seit 06.01.2018 aktives Mitglied des TBOJ/UOSG. Seit seiner Mitgliedschaft bei der TBOJ/UOSG hat der Kläger am 06.01.2018 an einer exilpolitischen Veranstaltung in Regensburg teilgenommen. Nach Angaben in der mündlichen Verhandlung zwar der Kläger zuvor lediglich Unterstützer der Organisation. In dieser Eigenschaft hat er ausweislich der Bescheinigung vom 16.02.2018 und der Einlassung in der mündlichen Verhandlung an zwei Veranstaltungen (am 15.04.2017 in Fürth und am 15.12.2017 in Frankfurt am Main) teilgenommen. Neben der Tatsache, dass der Kläger erst seit 06.01.2018 Mitglied der TBOJ/UOSG ist und nur wenige exilpolitische Veranstaltungen besucht hat, hat sich der Kläger zudem in keiner Weise von der Masse der exilpolitisch tätigen Äthiopier abgehoben. Der Kläger hatte bzw. hat offensichtlich keine exponierte Stellung unter den Oppositionellen. Der Kläger erklärte zudem gegenüber dem Gericht, dass zu den Veranstaltungen jeweils sehr viele Leute gekommen seien und er sich nicht aus der „breiten Masse“ hervorgehoben hat.

Die Tätigkeiten des Klägers führen nach Überzeugung des Gerichts daher nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen hat.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, wonach die Regierungspartei Äthiopiens ab dem Jahr 2006 ein Positionspapier herausgegeben habe, welches die Unterdrückung und Beseitigung der Opposition sowie die Unterwanderung der Opposition im Ausland zum Gegenstand hat und im Zuge dieser Maßnahme Demonstranten bei Demonstrationen im Ausland fotografiert würden, mit dem Ziel, diese zu diskriminieren. Nach Erkenntnissen des Gerichts geht die Initiative zu Fotoaufnahmen vielmehr von den demonstrierenden Asylbewerbern selbst aus, um an einen Nachweis für die exilpolitische Tätigkeit zu gelangen. So werden regelmäßig dem Gericht Fotoaufnahmen vorgelegt, in dem sich die Asylbewerber bei Demonstrationen - teils mit vom äthiopischen Staat nicht akzeptierten Gegenständen und Symbolen - positionieren.

Weiterhin gibt es keinerlei Belege für die Behauptung des Klägerbevollmächtigten, wonach es ein Geheimabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland bzw. der EU und Äthiopien gebe, nachdem die Bundesrepublik Deutschland im Asylverfahren gewonnene Daten von oromischen Volkszugehörigen an den äthiopischen Geheimdienst - zum angeblichen Zweck der Identitätsklärung - weitergebe, um insgeheim die betroffenen Asylbewerber in ihrem Heimatland zu denunzieren. Der Klägerbevollmächtigte konnte diesbezüglich keine weiteren Angaben zur Herkunft dieser Behauptung machen. Soweit ausgeführt wird, er habe dies der „Zeit Online“ entnommen, wurde weder eine konkrete Fundstelle benannt, noch konnte das Gericht nach intensiver Recherche einen Artikel finden, der nur annährend in diese Richtung geht. Falls der Klägerbevollmächtigte insoweit auf das Ende Januar 2018 zwischen der EU und Äthiopien geschlossene Rückführungsabkommen betreffend abgelehnter Flüchtlinge anspielt, vermag das Gericht hieran nichts Verwerfliches zu erkennen, insbesondere ist es nicht unüblich, dass bei der Identitätsklärung auch auf Nachrichten- und Sicherheitsdienste des Herkunftslandes zurückgegriffen wird. Dass durch diesen Vorgang die Flüchtlinge gezielt diffamiert oder gar bewusst einer Verfolgungsgefahr im Heimatland unterworfen werden sollen, ist eine bloße Behauptung.

i) Im Übrigen macht das Gericht von seinem Ermessen Gebrauch und weist das Vorbringen hinsichtlich der exilpolitischen Tätigkeit des Klägers gem. § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO als präkludiert zurück.

Nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG hat der Kläger die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung anzugeben. Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der obigen Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und der Beteiligte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist. Der Kläger wurde sowohl von der Beklagten im Bescheid vom …2017 als auch vom Gericht in der Klageeingangsmitteilung darauf hingewiesen, dass die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids anzugeben sind. Die exilpolitische Tätigkeit des Klägers wurde aber erstmals in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018, obwohl der Kläger nach eigenen Angaben und ausweislich der Bescheinigung der TBOJ/UOSG bereits seit April 2017 an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, vorgetragen. Weiterhin wurde der Kläger auch mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung - unter Hinweis auf § 87b Abs. 3 VwGO - aufgefordert, bis zum 12.02.2018 evtl. Nachfluchtaktivitäten vorzutragen. Auch innerhalb dieser Frist erfolgte kein entsprechender Vortrag, obwohl der Kläger seit dem 06.01.2018 sogar aktives Mitglied der Vereinigung ist. Zwar ist die Bestätigung der TBOJ/UOSG auf den 16.02.2018 datiert und konnte daher - denknotwendigerweise - nicht innerhalb Monatsfrist des § 74 Abs. 2 AsylG bzw. bis zum 12.02.2018 vorgelegt werden, jedoch sind nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG bzw. § 87b Abs. 2 VwGO nicht nur Beweismittel, sondern auch die zur Klagebegründung dienenden Tatsachen und Erklärungen innerhalb der maßgeblichen Fristen vorzubringen. Es wäre dem anwaltlich vertretenen Kläger daher ohne weiteres zuzumuten gewesen, fristgerecht die exilpolitische Tätigkeit des Klägers vorzubringen. Entschuldigungsgründe sind weder dargetan noch anderweitig ersichtlich. Letztlich würde die Berücksichtigung des verspäteten Vortrags nach Überzeugung des Gerichts - wenn man der vorstehenden Auffassung des Gerichts nicht (mehr) folgt und ein „Mindestmaß an exilpolitischer Betätigung“ in der TBOJ/UOSG für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausreichen lassen würde (vgl. z.B. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris) - zur Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits führen, da in diesem Fall das Gericht weitere Ermittlungen zum Umfang der Tätigkeit des Klägers in der TBOJ/UOSG anstellen müsste.

j) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

2. Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter nach § 16a Abs. 1 GG sind nicht erfüllt, da nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen des § 3 AsylG einschlägig sind.

3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris).

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er hat bereits vor seiner Ausreise einen Handyladen in Äthiopien betrieben und konnte damit für sein Existenzminimum sorgen. Es ist nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland nicht an diese Verhältnisse anknüpfen könnte. Zudem verfügt der Kläger über familiären Rückhalt in seiner Heimat, so dass zumindest im Rahmen des Familienverbundes von einer Existenzsicherung auszugehen ist.

b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vor. Die vom Kläger vorgebrachte Verletzung am linken Unterarm stellt schon im Ansatz keine Erkrankung im vorstehenden Sinn dar. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kommt damit ebenfalls nicht in Betracht.

Im Übrigen sind nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung auf Grund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, weder als Flüchtling noch als Asylberechtigter anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die nach eigenen Angaben 1993 geborene Klägerin ist äthiopische Staatsangehörige und gehört der Volksgruppe der Oroma an. Sie spricht amharisch. Sie ist ohne Identitätsnachweis und gab an, sie sei am 10. Juni 2013 mit einem Schleuser zum Flughafen … in … gefahren. Mit … sei sie ohne Schleuser nach … geflogen, wo sie ein anderer Schleuser abgeholt und mit einem Auto nach … gefahren habe. Der Schleuser habe ihren Reisepass mitgenommen und sie habe sich in … als Asylsuchende gemeldet. Ihr Reisepass sei 2010 in … ausgestellt worden. Den habe der Schleuser einbehalten. In dem Pass habe sich ein Visum für Deutschland befunden. Eine unter den Angaben der Klägerin durchgeführte Visumsanfrage vom 20. Juni 2013 verlief negativ.

In der Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gemäß § 25 Asyl(Vf) G am 19. Juni 2013 erklärte die Klägerin, sie gehöre zur Volksgruppe der Oromo. Im Fragenkatalog zur Identitätsklärung erklärte sie am 13. Juni 2013, sie gehöre zur Volksgruppe der Amharen. Dort gab sie auch an, in der Stadt … geboren und dort bis zu ihrer Ausreise gelebt zu haben. Sie gab an, ihre Mutter und ihr damals 14 Jahre alter Bruder lebten weiterhin in Äthiopien in …, …, …

In der persönlichen Anhörung gemäß § 25 Asyl(Vf) G am 3. Juni 2014 erklärte die Klägerin, sie könne immer noch keine Personalunterlagen vorlegen. Das im Pass befindliche deutsche Visum sei von ihrem Schlepper beantragt und organisiert worden. Sie selbst habe damit nichts zu tun gehabt. Die Flugunterlagen habe der Schlepper behalten. An die Flugnummer könne sie sich nicht erinnern. Sie gab an, ihr Onkel habe die Ausreise bezahlt. Er habe ein eigenes Geschäft, einen Friseurladen und er habe zusätzlich noch Tierzüchtung im ländlichen Gebiet. Sie habe für den Onkel den Friseurladen geführt und dafür monatlich Lohn bekommen. Der Friseurladen sei in … gewesen, dies liege in der Nähe von … und sei eine sehr große Stadt. Es kämen viele Touristen dort hin. Ihre Mutter lebe von Mieteinnahmen. Sie habe zwei Zimmer, die sie vermiete.

Sie sei in Äthiopien politisch aktiv gewesen und habe mit ihrem Freund zusammengearbeitet. Sie habe Flugblätter verteilt. Sie sei hierbei nur Unterstützer gewesen. Dann habe sie von seiner Familie gehört, dass er verhaftet und geschlagen worden sei und habe dann Angst bekommen. Sie sei gerade in … unterwegs gewesen, als Federallpolizisten in ihren Laden gekommen seien und Mitarbeiterinnen nach ihr gefragt hätten. Dies hätten ihr die Mitarbeiterinnen erzählt. Sie habe dann die Familie des Freundes angerufen und von seiner Verhaftung erfahren. Dann habe sie das ihrem Onkel erzählt und er habe sich bemüht, Informationen zu beschaffen, wie es ihrem Freund in der Haft gehe und dass er alles tun werde, dass die Klägerin das Land verlassen könne. Bei der Durchsuchung hätten die Federallpolizisten zunächst ganz normal an die Tür geklopft. Danach seien sie reingegangen und hätten den Laden durchsucht und nach ihr geschaut und auch nach ihr gefragt. Ein Mitarbeiter hätte sie gleich nachdem die Federallpolizisten den Laden verlassen hätten, angerufen. Sie habe dann sofort den Onkel angerufen und der habe ihr gesagt, dass sie dort bleiben solle. Der Onkel sei sehr einflussreich und kenne viele Leute, die für die Regierung arbeiteten, aber auch viele Gegner der Regierung. Der Freund sei Anfang Mai 2013 verhaftet worden. Sie sei beunruhigt gewesen, da er auf ihre Anrufe und SMS nicht reagiert habe. Sie habe sich dann bis zu ihrer Ausreise bei einer Freundin an … aufgehalten. Der Onkel habe den Friseurladen geschlossen, nachdem er ihre Reise organisiert habe. Sie sei auch hier in Deutschland politisch bei der EPRP aktiv. Auf Frage, womit genau sie sich in dieser Organisation beschäftige, erklärte die Klägerin, alles, was diese Organisation gegen die Regierung veranstalte, da mache sie mit. Sie nehme an verschiedenen Demonstrationen und Veranstaltungen teil. Sie könne momentan keine Unterlagen hierzu vorlegen. Sie habe einen Unterstützungsbrief von EPRP beantragt und solle bald diesen Brief bekommen.

Mit Schreiben vom 18. August 2015 wurde die Klägerin zur Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG angehört.

Mit Bescheid vom 28. April 2016, der an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 29. April 2016 übersandt wurde, wurde die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1), der Antrag auf Asylerkennung wurde abgelehnt (Ziffer 2), der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Ziffer 3), es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), die Klägerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Anderenfalls wurde ihr die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Aufnahme bereiten oder verpflichteten Staat angedroht (Ziffer 5), und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6).

Das Vorbringen der Klägerin sei nicht glaubhaft. Erhebliche Zweifel bestünden bereits hinsichtlich ihrer Behauptung, die Ausreise aus Äthiopien und die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland seien auf dem Luftweg über den Flughafen … erfolgt, obwohl sie von den äthiopischen Behörden verfolgt worden sein wolle. Der Sicherheitsstandart in … gelte als unvergleichlich hoch. Pass- und die Visenkontrollen würden äußerst gewissenhaft durchgeführt. Daher sei kaum vorstellbar, dass eine Person, die von der Polizei oder anderen Behörden in Äthiopien gesucht werde, mit ihrem eigenen Pass ausreisen könne. Insgesamt sei der Sachvortrag der Klägerin viel zu unsubstantiiert und stütze sich in wesentlichen Punkten auf Hörensagen, so dass er keine Schutzgewährung herbeizuführen vermöge. Sie berufe sich stets auf Aussagen, die sie von ihrem Onkel, ihren Mitarbeitern oder aber den Eltern des Freundes erhalten haben wolle. Die Klägerin habe nicht lebendig und spontan das Geschehen geschildert, um ihre Furcht vor Verfolgung ausreichend zu untermauern. Da die Klägerin aufgrund der latenten Lebensgefahr ausgereist sein wolle, sei nicht ersichtlich, warum sie diese entscheidenden Verfolgungshandlungen nicht umfassender und von sich aus in ausreichender Weise geschildert habe. Ihre Darstellung sei äußerst knapp gewesen. Außerdem widerspreche sich die Klägerin sowohl inhaltlich als auch bezüglich der zeitlichen Abläufe. Hinsichtlich ihres exilpolitischen Engagements habe die Klägerin bis zum Datum der Bescheiderstellung keine Beweismittel oder Unterlagen vorgelegt. Es bestünden darüber hinaus keinerlei Hinweise darauf, dass die Klägerin exponiert in führender Funktion in der Exilorganisation der EPRP bzw. im Unterstützungskomitee tätig gewesen sei. Auch habe sie sich nicht in der Öffentlichkeit als Organisator von Versammlungen oder als Rednerin hervorgetan.

Zu den Abschiebungsverboten wurde ausgeführt, auch vor ihrer Ausreise aus Äthiopien sei es der Klägerin gelungen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Es sei nicht ersichtlich, warum dies nicht auch bei einer Rückkehr nach Äthiopien wieder der Fall sein sollte. Außerdem sei vom Vorhandensein gegenseitiger Hilfe durch Familie, Großfamilie, Clan oder andere sich unterstützende Netzwerke auszugehen. Gegenteilige Behauptungen widersprächen grundsätzlich sowohl den Erkenntnissen als auch der allgemeinen Lebenserfahrung. Die Klägerin habe angegeben, in Äthiopien lebten noch ein Onkel, ein Bruder und die Mutter. Auch führe allein die Tatsache, dass die Klägerin als Alleinstehend anzusehen sei, nicht zu der Annahme, dass sie in Äthiopien ihr Existenzminimum nicht absichern könne. Die Situation sei zwar schwierig, doch gebe es keine belastbaren Hinweise darauf, dass eine alleinstehende Frau in Äthiopien grundsätzlich nicht in menschenwürdiger Weise ihr Auskommen finden könne.

Im Übrigen wird auf die Gründe des Bescheides Bezug genommen.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten, das am 10. Mai 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließ die Klägerin Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 3. Juni 2016 vorgetragen, die Klägerin habe die politische Verfolgung aufgrund ihrer regierungsfeindlichen Aktivitäten im Rahmen der Anhörung glaubhaft gemacht. Die Anhörung sei jedoch nicht vom Entscheider durchgeführt worden. Der Entscheider könne die Glaubhaftigkeit der Klägerin nicht aus persönlicher Wahrnehmung einschätzen, da dieser die Klägerin zu keinem Zeitpunkt persönlich befragt habe. Da der Entscheider in dem Bescheid eine Wertung dahingehend treffe, ob der Vortrag der Klägerin in der Anhörung glaubhaft sei, sei es hier erforderlich gewesen, sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Die von ihr geschilderten Erlebnisse im Rahmen der Anhörung seien anschaulich und glaubhaft. Die Klägerin werde in ihrem Heimatland von den Sicherheitsbehörden gesucht und sei auch nachweislich exilpolitisch tätig.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. April 2016 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen,

hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen und höchst hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, bei der Klägerin das Vorliegen von Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 19. Mai 2016,

Klageabweisung.

Mit Beschluss der Kammer vom 2. Januar 2017 wurde das Verwaltungsstreitverfahren auf die Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid vom 28. April 2016 ist im Umfange des Klagebegehrens rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Ihr steht weder ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 AufenthG (Hauptantrag) zu noch auf Zuerkennung des subsidiären Flüchtlingsstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge) zu.

1. Vorliegend ist kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG und damit wegen der Identität der Schutzgüter auch kein Anspruch nach Art. 16 a GG gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Ver-folgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörig-keit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, des-sen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vor-herigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen die-ser Furcht nicht zurückkehren will.

Ergänzend hierzu bestimmt § 3 a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3 b AsylG die Ver-folgungsgründe, § 3 c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3 d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3 e AsylG den internen Schutz.

§ 3 a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. den in § 3 b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3 a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen muss.

Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.

Die Angaben der Klägerin sind weder zu den angeblich im Heimatland erlittenen Verfolgungsmaßnahmen staatlicher Stellen noch zu den Umständen ihrer Ausreise aus Äthiopien glaubhaft.

Die Klägerin konnte nicht erklären, weshalb sie trotz der Ausreise mit echten Papieren der Hilfe eines Schleusers bei dem Direktflug von … nach … bedurft haben soll. Dass die Klägerin nichts über die näheren Umstände der Reise und ihrer Organisation, insbesondere über die Funktion ihres Schleusers und die Gründe der Übergabe ihrer persönlichen Dokumente an ihn kurz nach der Einreise wissen will, ist vor allem angesichts des differenzierten Eindrucks, den sie in der mündlichen Verhandlung machte, nicht glaubhaft.

Hinsichtlich der Gründe, die zur Ausreise geführt haben sollen, ist nach den Einlassungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gesteigertes Vorbringen festzustellen, was die Glaubhaftigkeit ihrer Schilderungen insgesamt in Frage stellt (vgl. BVerfG, B. v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U. v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; B. v. 21.7.1989, Buchholz a.a.O., Nr. 113). Sie hat in ihrer Anhörung weder berichtet, dass sie an Universitäten und Hochschulen Flugblätter verteilt hat, noch hat sie geschildert, dass sie sich längere Zeit beobachtet fühlte und dass ihre eine Tasche mit Flugblättern darin gestohlen wurde. Die Erklärungen der Klägerin hierzu, sie habe zusätzlich zu der Verteilung im Frisörsalon außerhalb ihrer Berufstätigkeit an den Universitäten Flugblätter verteilt und habe in der Anhörung nicht alles vortragen können, erscheint wenig glaubhaft, zumal die Klägerin ausweislich der Niederschrift gefragt wurde, ob sie ihre Asylgründe ergänzen wolle. Einen so wesentlichen und einschneidenden Sachverhalt wie den Raub der Tasche hätte sie – wäre er denn tatsächlich passiert – bereits in ihrer Anhörung vor dem Bundesamt schildern können und müssen. Denn direkte Kontakte mit staatlichen Verfolgern hat die Klägerin bislang nicht vorgetragen.

Nachdem die Klägerin nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereist ist, steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ihr im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Insbesondere ist das erstmals in der mündlichen Verhandlung geschilderte exilpolitische Engagement nicht geeignet, eine derartige Gefahrenlage zu begründen.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslands-vertretungen beobachten lässt. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei der Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen als terroristisch angesehen und welche Art exilpoliti-scher Aktivität festgestellt wird (führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert politisch betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dagegen ist eine Verfolgung von nicht herausgehoben exilpolitischen tätigen Personen – wie der Klägerin - nicht beachtlich wahrscheinlich (VGH München, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 -, juris; VGH München, B.v. 14.7.2015 – 21 ZB 15.30119 -, juris, VG Ansbach, U.v. 21.2.2017 – AN 3 K 176.30481 -, juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A -, juris).

Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Würzburg, das in seiner Entscheidung vom 24. Juli 2017 (W 3 K 16.30710, juris) von der bisherigen Rechtsprechung – wie oben dargestellt – abweicht, ist die Rückkehrgefährdung der Klägerin nicht anders zu beurteilen.

Die Einzelrichterin verkennt nicht, dass sich die politische Situation seit 2015 in Äthiopien noch einmal verschärft hat (siehe auch VG Würzburg, U.v. 24.7.2017 – W 3 K 17.30710). Aus der diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Auskunftslage ist aber nicht der Schluss zu ziehen, dass jedwede exilpolitische Betätigung – auch von untergeordneter Bedeutung oder aus rein asyltaktischen Gründen – zur Zuerkennung internationalen Schutzes führen müsste, da die Schwelle der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ staatlicher Verfolgung auch aufgrund der neueren Entwicklungen in Äthiopien nicht allgemein angenommen werden kann. Dass politische Verfolgung nicht ausgeschlossen werden kann, genügt nicht den Anforderungen an die „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ im Einzelfall.

Letztlich kommt es hierauf aber für die vorliegende Entscheidung nicht an. Denn auch nach der vom VG Würzburg zugrunde gelegten Auskunftslage ist jedenfalls die Mitwirkung in einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Organisation für die Annahme einer relevanten Verfolgungsgefahr erforderlich. Die Klägerin gab nicht an, in einer solchen Organisation exilpolitisch tätig zu sein.

Vielmehr erklärte sie, sie sei in einer namentlich nicht benannten Organisation tätig und setze sich dort für die Zusammenarbeit der verschiedenen nach Volksgruppen getrennt in Deutschland arbeitenden Exilorganisationen ein. Sie spreche äthiopische Staatsangehörige in Deutschland an und lade sie zu den Treffen der Gruppe ein, wo gemeinsam gekocht und Reden bedeutender Exilpolitiker gehalten würden. Dass sie aufgrund der von ihr beschriebenen Tätigkeit in den Fokus der äthiopischen Sicherheitsorgane gerückt sein könnte, ist nicht ersichtlich, zumal sie nach eigenen Angaben mit regierungskritischer Arbeit noch nicht begonnen hat, sondern damit erst beginnen will, wenn sie genügend Mitstreiter gefunden hat, die sich über ihre Volksgruppenzugehörigkeit hinweg für eine Veränderung der politischen Verhältnisse in Äthiopien einsetzen wollen.

Das Engagement der Klägerin erreicht damit nicht die Schwelle, bei der staatliche Verfolgungshandlungen für den Fall einer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten wären.

2. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). In diesem Rahmen sind gemäß § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3 c bis 3 e AsylG entsprechend anzuwenden.

Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass der Klägerin bei einer Rückkehr in ihr Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht.

3. Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.

a. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK - (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Vorausset-zungen vorliegend nicht erfüllt sind.

b. Ebenso wenig besteht im Falle der Klägerin ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Insbesondere ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Klägerin für den Fall ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht. Denn sie ist nicht als alleinstehende Frau anzusehen, die ohne familiären Rückhalt mit einer existenzbedrohenden Situation rechnen müsste (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Äthiopien: Rückkehr einer jungen, alleinstehenden Frau, 13. Oktober 2009).

Zu den Familienverhältnissen befragt, gab die Klägerin an, sie habe zu niemandem mehr in Äthiopien Kontakt, auch nicht zu dem Onkel, der ihre Ausreise organisiert und finanziert habe. Nahezu alle Asylbewerberinnen äthiopischer Herkunft geben im Asylverfahren an, seit der Ausreise keinerlei Kontakt mehr zu ihrer Familie zu haben. Gründe für den Kontaktabbruch werden dabei nicht genannt. So ist es auch vorliegend nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin zu dem Onkel, der sie nach eigenem Vorbringen bei der Ausreise organisatorisch und finanziell unterstützt hat, keinerlei Kontakt mehr haben sollte. Nachdem sowohl an dem Vorbringen zu ihrer Ausreise als auch zu den Gründen ihrer Ausreise erhebliche Zweifel bestehen, ist es auch nicht glaubhaft, dass die Klägerin in Äthiopien nicht mit Unterstützungsleistungen jedenfalls ihrer Großfamilie für die Anfangszeit rechnen könnte, zumal der Onkel sich noch in … aufhalten dürfte. Da die Klägerin ortskundig, gesundheitlich in guter Verfassung ist und bis zu ihrer Ausreise als Frisörin tätig war, kann sie sich in Äthiopien eine bescheidene Existenz aufbauen.

4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreisesaufforderung unter Abschie-bungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor.

5. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das ihr im Rahmen des § 11 Abs. 1 und 3 AufenthG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, bestehen nicht und wurden von der Klägerin nicht vorgetragen.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Die Klage war demnach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Die Kläger sind äthiopische Staatsangehörige mit oromischer Volkszugehörigkeit. Der Kläger zu 2) ist der leibliche Sohn des Klägers zu 1) und im Jahr 2006 in Äthiopien geboren.

Die Kläger sind ohne Identitätsnachweise und reisten nach eigenen Angaben über den Sudan, Libyen, Italien und Frankreich am 27. Juli 2014 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Sie stellten am 22. September 2014 einen Asylantrag.

Der Kläger zu 1) erklärte, er habe am 15. November 2011 Äthiopien verlassen und sich bis zum 20. Januar 2012 im Sudan aufgehalten, wo er den Kläger zu 2) gemeinsam mit dessen Mutter getroffen habe. Er habe noch zwei weitere Söhne, die er jedoch nicht kenne. Seine Frau sei auf der Überfahrt über das Mittelmeer zu Tode gekommen. Seine beiden anderen Söhne lebten bei der Schwiegermutter. Er gab an, er habe sich vom 18. Januar 2008 bis 15. November 2011 in Haft befunden.

Er habe nie eine Schule besucht, sondern habe früh angefangen zu arbeiten. Sein Vater sei bei der OLF General gewesen und er habe Waffen liefern müssen.

Im Gefängnis seien die Zustände menschenunwürdig gewesen. Er habe sich ohne Gerichtsverfahren über drei Jahre in Haft befunden. Schließlich sei ihm mit einem Sprung aus dem Fenster die Flucht aus dem Gefängnis gelungen, da er auf einem Abfalltransporter das Gefängnisgelände versteckt habe verlassen können. Er sei danach zu seinem Onkel nach … gegangen. Dieser habe ihm geholfen, nach … (Grenzort zum Sudan) zu reisen. Auch weiterhin habe der Onkel ihn mit Geld unterstützt.

Zu der Verhaftung sei es gekommen, da er Waffen geliefert habe. Die übrigen Waffen seien bei ihm zuhause im Untergeschoss gewesen. Dort habe die Regierung die Waffen gefunden und mitgenommen. Auf Nachfrage, welche Waffen sich im Keller befunden hätten, gab der Kläger zu 1) an, dies seien verschiedene Waffen gewesen, er kenne nicht alle Marken, es seien Kalaschnikows, Maschinengewehre und automatische Waffen gewesen. Auch Bomben seien dabei gewesen. Er könne nicht sagen, wie viele Waffen das gewesen seien, da sie immer wieder ausgeliefert worden seien. Die Waffen seien aus Somalia gekommen. Über die Hintergründe dieser Lieferungen wisse er nichts. Er habe nur das gemacht, was sein Vater ihm beigebracht habe. Er sei Mitglied der OLF. In Deutschland sei er Mitglied der TBOJ/UOSG.

Hierzu legte der Kläger zu 1) eine Bescheinigung vom 26. August 2016 vor, wonach er ab dem 8. November 2014 an verschiedenen Veranstaltungen und Demonstrationen der TBOJ/UOSG teilgenommen habe. Die letzte Demonstration datiert vom 13. August 2016. In seiner Anhörung gab der Kläger zu 1) an, die letzte Demonstration habe am 2. September 2016 in Berlin stattgefunden. Hierzu legte er Fotos vor. Zu seinen Ausgaben innerhalb der UOSG gab der Kläger zu 1) an, er informiere andere über die Veranstaltungen, sei aber nicht in leitender Stellung tätig.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2016, der an den Bevollmächtigten der Kläger mit Einschreiben am 2. November 2016 versandt wurde, lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab (Ziffer 1), lehnte die Anträge auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2), erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Ziffer 3), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4), forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte ihn anderenfalls die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen zur Rückübernahme bereiten oder verpflichteten Staat an (Ziffer 5) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6).

Zur Begründung wird ausgeführt, der Sachvortrag des Klägers zu 1) sei nicht schlüssig. Er habe mit seinen Einlassungen, im Fall einer Rückkehr Tod, Gefängnis oder Verbringung in geheime Gefängnisse ausgesetzt zu sein, nicht durchdringen können. Die Schilderungen seien zu oberflächlich, pauschal und widersprüchlich gewesen. Die behauptete Betätigung für die OLF führe für sich genommen noch nicht zu einem Anspruch auf Flüchtlingsschutz oder Asyl. Zwar stufe die äthiopische Regierung die OLF weiterhin als terroristische Organisation ein. Deswegen würden Personen, die der Mitgliedschaft oder der aktiven Unterstützung der OLF verdächtig seien, noch immer von den Sicherheitsbehörden des Landes verfolgt. Jedoch sei für die Annahme einer Verfolgungsgefahr erforderlich, dass der Betreffende glaubhaft mache, sich aktiv für die Ziele der OLF eingesetzt zu haben bzw. seine Sympathie auf andere Weise offenkundig geworden sei. Dies sei beim Kläger zu 1) nicht der Fall. Er habe nicht glaubhaft vortragen können, in Äthiopien die OLF unterstützt zu haben. Die Angaben zu seiner Tätigkeit als Waffenkurier seien nicht detailreich genug gewesen. Ihm könne auch die Naivität im Umgang mit den bei ihm eingelagerten Waffen nicht abgenommen werden, wenn er sich der Sache der OLF als Sohn eines ihrer Generäle verschrieben haben wolle. Auch habe er nicht von sich aus lebendig und spontan das Geschehen geschildert, soweit es um die Festnahme und auch um die Flucht aus dem Gefängnis gegangen sei. Seine Darstellung der Ereignisse sei weitgehend knapp gewesen.

Auch die behauptete exilpolitische Betätigung in der TBOJ/UOSG begründe keine andere Entscheidung. Er hebe sich nicht durch seine Aktivitäten derart hervor, um als ernstzunehmender Oppositioneller eingestuft zu werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des streitgegenständlichen Bescheides Bezug genommen.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten, das am 11. November 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließen die Kläger Klage gegen den Bescheid erheben, die mit Schriftsatz vom 30. Januar 2018 weiter begründet wurde. Dem Kläger zu 1) sei aufgrund des geschilderten Vorfluchtgeschehens die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Er sei aufgrund seiner Tätigkeit mit bzw. für die OLF im Heimatland verfolgt worden. Diese Tätigkeit knüpfe an eine zumindest unterstellte politische Überzeugung an. Jedenfalls drohe dem Kläger zu 1) aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten politische Verfolgung in Äthiopien. Er sei seit 8. November 2014 Mitglied der TBOJ/UOSG und für diese auf vielfältige Weise exilpolitisch aktiv. Hierzu nahm der Prozessbevollmächtigte Bezug u.a. auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 23. November 2017 – W 3 K 17.32586 –, wonach einem äthiopischen Staatsangehörigen, der für eine Exilorganisation, die als terroristische Vereinigung eingestuft werde, tätig werde und hierbei ein Mindestmaß an exilpolitischen Tätigkeiten aufweise, asylrelevante Verfolgung drohe. Insbesondere sei zu beachten, dass infolge der Aufhebung des Ausnahmezustands am 4. August 2017 sich keine Veränderung der Verfolgungssituation für Unterstützer oder vermeintliche Unterstützer ergeben habe, sondern diesen weiterhin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung in Form von Haft oder Misshandlung drohe.

Hierzu wurde die Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes, GIGA oder von Günther Schröder angeregt.

Der Kläger zu 2) berufe sich auf § 26 AsylG.

Die Kläger beantragen,

die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 28. Oktober 2016 zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den Klägern den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und hilfsweise festzustellen, dass bei den Klägern Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Mit Schreiben vom 22. November 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 13. November 2017 wurde die Verwaltungsstreitsache auf die Einzelrichterin übertragen.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2018 ließ der Kläger zu 1) weitere Bescheinigungen der TBOJ/UOSG vom 15. Januar 2018 und der OLF vom 16. Januar 2018 vorlegen. Der der Kläger zu 1) habe im Zeitraum 29. Januar 2016 bis 6. Januar 2018 an verschiedenen Veranstaltungen der TBOJ/UOSG im Bundesgebiet teilgenommen. Er sei aktiver Unterstützer der OLF und habe an verschiedenen Veranstaltungen teilgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die im Hauptantrag auf die Verpflichtung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) beschränkten Klagen sind zulässig, jedoch unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid vom 28. Oktober 2016 2016 ist im Umfange des Klagebegehrens rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Ihnen steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) (Hauptantrag) noch auf Zuerkennung des subsidiären Flüchtlingsstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge) zu.

Für die Beurteilung des Vorliegens von Gründen für die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes und des subsidiären Schutzes ist maßgeblich auf den Kläger zu 1) abzustellen. Der Kläger zu 2) hat erklärt, dass er keine eigenen flüchtlingsschutzrelevanten Gründe geltend macht und sich insoweit auf § 26 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 AsylG beruft.

1. Vorliegend ist kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG gegeben.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Ergänzend hierzu bestimmt § 3a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3 AsylG die Verfolgungsgründe, § 3c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3e AsylG den internen Schutz.

§ 3a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüp-fung bestehen muss.

Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.

Unter Würdigung dieser Voraussetzungen steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass dem Kläger zu 1) im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.

Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befin-det, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung. Dies bedeutet, dass das Gericht keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen darf, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit begnügen muss, die auch nicht völlig auszuschließende Zweifel mit umfasst (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.1977, Buchholz 402.24, § 28 AuslG Nr. 11; U.v. 16.4., 1.10. und 12.11.1985, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nrn. 32, 37 und 41).

Dabei ist der Beweiswert der Aussage des Asylbewerbers im Rahmen des Möglichen wohlwollend zu beurteilen. Er muss jedoch andererseits von sich aus unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen, widerspruchsfreien Sachverhalt schildern. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann ihm nur bei einer überzeugenden Auflösung der Unstimmigkeiten geglaubt werden (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 20.10.1987, Buchholz 310, § 86 Abs. 3 VwGO, Nr. 37; B.v. 21.07.1989, Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG, Nr. 113).

An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, B.v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U.v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; B.v. 21.7.1989, Buchholz a.a.O., Nr. 113).

a. Gemessen an den dargestellten Grundsätzen konnte der Kläger zu 1) nicht glaubhaft darlegen, dass er unmittelbar vor seiner Ausreise Maßnahmen staatlicher Stellen in Anknüpfung an in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Gründen ausgesetzt war und dass er Opfer von Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a AsylG geworden ist.

Seine Schilderungen sind hinsichtlich der Tätigkeit für die OLF im Heimatland zwar als möglich denkbar. Insgesamt ließen sie aber auch in der mündlichen Verhandlung die notwendige Detailtiefe vermissen, um sie als tatsächlich erlebte Ereignisse bewerten zu können. Bei der Beschreibung seiner Verhaftung durch Soldaten, die für den Kläger zu 1) sehr traumatisch im persönlichen Erleben gewesen sein muss, blieb sein Vorbringen sehr vage und wenig anschaulich.

Erhebliche Bedenken an der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens bestehen hinsichtlich der Angaben zu seiner Flucht aus dem Krankenhaus. Dass der Kläger zu 1), an dem der Staat ein großes Verfolgungsinteresse hatte, da der Kläger drei Jahre lang in Haft behalten und noch kurz vor seiner Flucht gefoltert wurde, um an wertvolle Informationen zu gelangen, sich im Krankenhaus ohne Bewachung durch Sicherheitspersonal aufhalten und von dort mit einem Sprung aus dem Fenster fliehen konnte, erscheint lebensfremd.

Seine Angaben – insbesondere zu seiner Herkunft aus … – sind überdies, da er sich ohne Personaldokumente in Deutschland aufhält, auch nicht überprüfbar.

b. Dem demnach nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereisten Kläger zu 1) droht auch aufgrund seiner exilpolitischen Betätigung für die TBOJ/UOSG und die OLF als einfaches Mitglied nicht für den Fall seiner Rückkehr ins Heimatland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung durch staatliche Stellen.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei der Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen als terroristisch angesehen und welche Art exilpolitischer Aktivität festgestellt wird (führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse ist davon auszugehen, dass jedenfalls Personen, die sich exponiert politisch betätigt haben, mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dagegen ist eine Verfolgung von nicht herausgehobenen exilpolitischen tätigen Personen nicht beachtlich wahrscheinlich. Zwar steht die exilpolitische Vereinigung der TBOJ/UOSG, der der Kläger an-gehört, der Oromo-Befreiungsfront (OLF) nahe und ist mit dieser politisch eng verbunden. Die Oromo-Organisationen bzw. die mit ihnen verbundenen Parteien werden von den Sicherheitskräften des äthiopischen Staates besonders aufmerksam beobachtet. Personen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert betätigen, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen, müssen bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit politisch motivierten Verfolgungshandlungen rechnen (OVG NRW, U.v. 17.8.2010 – 8 A 3806/05.A - juris; VGH München, B.v. 14.7.2015 – 21 ZB 15.30119 – juris; VGH München, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 – juris). Die OLF wird von der äthiopischen Regierung als terroristische politi-sche Gruppierung angesehen (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 6. März 2017, S. 9). Wer in führender oder verantwortlicher Stellung in einer solchen Organisation tätig war bzw. ist oder dessen verdächtigt wird, muss mit Strafverfolgung wegen terroristischer Aktivitäten rechnen (ebenda).

Nach eigenem Vortrag fällt der Kläger zu 1) nicht in den beschriebenen Personenkreis. Er gibt an, einfaches Mitglied der TBOJ/UOSG und der OLF zu sein, an Veranstaltungen teilzunehmen und die Ziele der Parteien finanziell zu unterstützen und finanzielle Unterstützung ins Heimatland (insbesondere an Flüchtlinge aus Somalia) zu schicken.

Das Gericht verkennt nicht, dass sich die politische Situation seit 2015 in Äthiopien noch einmal verschärft hat und dass wohl auch nach Aufhebung des Ausnahmezustands im August 2017 nicht von einer spürbaren innenpolitischen Entspannung im Umgang mit regierungskritischen Gruppierungen ausgegangen werden kann (Günter Schröder, Stellungnahme gegenüber RAin B., Frankfurt vom 20. November 2017).

Aus der auch den Entscheidungen des VG Würzburg vom 24. Juli 2017 (W 3 K 17.30710) und 23. November 2017 (W 3 K 17.32586) zugrundeliegenden Auskunftslage, wie sie sich aus der zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen ergibt, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass jedwede exilpolitische Betätigung – auch von untergeordneter Bedeutung oder aus rein asyltaktischen Gründen – zur Zuerkennung internationalen Schutzes führen müsste, da die Schwelle der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ staatlicher Verfolgung auch aufgrund der neueren Entwicklungen in Äthiopien nicht angenommen werden kann. Dass politische Verfolgung nicht ausgeschlossen werden kann, genügt nicht den Anforderungen an die „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ im Einzelfall.

Ein besonnener Betrachter kann im Hinblick auf Art und Umfang der nach den vorliegenden Erkenntnissen stattgefundenen Vorkommnisse nicht den Schluss ziehen, dass allgemein Mitglieder der TBOJ/UOSG und der OLF einer im Rahmen des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG relevanten Verfolgung im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien ausgesetzt sein werden. Von einer Unzumutbarkeit der Rückkehr (so zum Maßstab der „Verfolgungsgefahr“ grundlegend BVerwG, U.v. 5.1.1991 - 9 C 118.90 -, juris sowie BVerwG, U.v. 20.3.2013 – 10 C 20.12 – juris; BVerwG, B.v. 15.8.2017 – 1 B 120.17 – juris) ist somit – so die Rechtsauffassung des Gerichts unter Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen – nicht auszugehen.

Dies steht auch in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und der im Beschluss vom 14. November 2017 – 21 B 17.31340 – zum Ausdruck kommenden möglichen Beibehaltung dieser Rechtsprechung.

In diesem Beschluss wird u.a. folgendes ausgeführt:

„Dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts liegt, die Beklagte zeigt das zutreffend auf, folgender Tatsachengrundsatz zugrunde: Bekennen sich äthiopische Asylbewerber zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht und weisen sie für diese Exilorganisation ein Mindestmaß an Aktivität vor, haben sie für den Fall ihrer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG zu erwarten. Das Urteil weicht damit von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes ab und beruht auf dieser Abweichung. Der Senat hat mit Beschluss vom 14. Juli 2015 (21 B 15.30119 –juris) seine bisherige Rechtsprechung (vgl. U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 – juris) fortgeführt und bezüglich eines Mitglieds der UOSG (TBOJ) auf folgende engere tatsächliche Voraussetzungen für eine Rückkehrgefährdung bei exilpolitischer Betätigung äthiopischer Staatsangehöriger verwiesen: Bei einer Rückkehr nach Äthiopien müssen solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen.“

Gemessen an diesen Grundsätzen droht dem Kläger zu 1) nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung seitens des äthiopische Staates. Nach eigenem Vorbringen betätigt er sich nicht exponiert exilpolitisch, sondern ist einfaches Mitglied. Mit seinen Einlassungen zeigte der Kläger z 1) in der mündlichen Verhandlung keine politisch überzeugte Haltung. Sein Vortrag blieb auch diesbezüglich sehr vage und detailarm. Dass sein Engagement in Deutschland von einem ernsthaften politischen Willen getragen ist, war nicht erkennbar.

2. Dem Kläger zu 1) steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung ( § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). In diesem Rahmen sind gemäß § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend anzuwenden.

Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass dem Kläger zu 1) bei einer Rückkehr in sein Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht.

Auch aus den jüngsten Meldungen aus der Region Oromia (Auswärtiges Amt: Äthiopien: Reise- und Sicherheitshinweise vom 11. Oktober 2016; FAZ 1. September 2016 „Mit jedem Toten wächst der Zorn“ und aus den in der mündlichen Verhandlung zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen) ergibt sich nichts anderes.

3. Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.

a. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK - (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

b. Ebenso wenig besteht im Falle der Kläger ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Kläger verfügen noch über familiäre Kontakte ins Heimatland. So gab der Kläger zu 1) an, zwei Onkel lebten dort noch. Auch seine Schwiegermutter und zwei seiner Kinder halten sich noch im Heimatland auf. Diese familiären Kontakte werden den Klägern in der Anfangszeit helfen, sich in Äthiopien wieder eine Existenz aufzubauen.

Weitere Anhaltspunkte für das Bestehen eines Abschiebungsverbotes wurden von den Klägern nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.

4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreisesaufforderung unter Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG liegen vor.

5. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das ihr im Rahmen des § 11 Abs. 1 und 3 AufenthG eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat, bestehen nicht und wurden von den Klägern auch nicht vorgetragen.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Die Klage war demnach abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit oromischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit. Er reiste am 21.07.2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 17.08.2016 einen Asylantrag.

Bei seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 05.07.2017 gab der Kläger im Wesentlichen an, er stamme aus …, Bundesstaat Oromia.

Im Frühjahr 2013 habe er im Auftrag seiner Schule - zusammen mit anderen Schülern - Spendengelder zur Unterstützung hilfsbedürftiger Schüler gesammelt. Deswegen sei er am 18.03.2013 von der Ortspolizei verhaftet und zu einer Polizeistation gebracht worden. Er sei als Gegner der Regierung verdächtigt worden, weil er Oromo sei. Von der Polizei sei er geschlagen und misshandelt worden, damit er den Organisator der Sammlung und die Liste der Spender preisgebe. Wegen seiner Verletzungen sei er in ein Krankenhaus verlegt worden und dort für 29 Tage gewesen. Da die Aktion allerdings vom damaligen Direktor genehmigt worden sei, sei er wieder freigelassen worden. Er habe sich aber durch Unterschrift verpflichten müssen, keine politischen Tätigkeiten mehr auszuüben. Nach dem Vorfall sei er weiter zur Schule gegangen. Anschließend habe er ein Geschäft für Mobiltelefone eröffnet.

Sein Heimatland habe er Ende 2015 wegen einer Grundstücksstreitigkeit verlassen. Er sei Eigentümer eines Grundstücks im Nachbarort …gewesen, auf dem er begonnen habe, ein Haus zu bauen. Ohne sein Wissen sei das Grundstück an einen Investor verkauft worden. Die Behörden hätten ihm über die Hintergründe des Verkaufs keine Auskunft geben können. Er habe dann den Zaun des Investors eingerissen und weiter an seinem Haus gebaut. Kurze Zeit später sei die Polizei gekommen. Als er die Polizei gesehen habe, sei er geflohen und am 26.11.2015 nach …, wo er sich versteckt habe, gegangen. Mit Hilfe eines Onkels habe er seine Ausreise organisiert und am 02.12.2015 sein Heimatland verlassen.

Mit Bescheid vom …2017, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am …2017, lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziff. 2). Der subsidiäre Schutzstatus wurde ebenfalls nicht zuerkannt (Ziff. 3). Die Beklagte stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Dem Kläger wurde die Abschiebung nach Äthiopien angedroht (Ziff. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6).

Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG. Der Sachvortrag des Klägers genüge nicht den Kriterien einer glaubhaften Darstellung eines Verfolgungsschicksals. Die Angaben zu den fluchtauslösenden Ereignissen seien arm an Details, vage und oberflächlich geblieben. Die Angaben des Klägers, wonach er nichts über den angeblichen Verkauf seines Grundstücks wisse und die Behörden ihm nicht hätten weiterhelfen können, seien nicht nachvollziehbar und widersprächen jeglicher Lebenserfahrung. Selbst bei unterstellter Glaubhaftigkeit könne dem Kläger nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden. Die vom Kläger vorgetragenen Fluchtgründe reichten hinsichtlich ihrer Intensität nicht aus, um von Verfolgungshandlungen nach § 3a AsylG, die an Verfolgungsgründe des § 3b Abs. 1 AsylG anknüpfen, auszugehen. Im Zusammenhang mit der Grundstücksangelegenheit habe der Kläger keine konkreten Verfolgungshandlungen vorgetragen, die ihn selbst betreffen würden. Die Angst vor Verfolgung stelle insofern lediglich eine Vermutung dar. Im Rahmen des Streites um die Grundstücksbesitzverhältnisse sei der Kläger an die örtlichen Gerichte zu verweisen. Die beschriebene Inhaftierung im Jahr 2013 führe ebenfalls nicht zu einer Flüchtlingszuerkennung. Der Kläger habe selbst angegeben, dass die Situation aufgeklärt und er entlassen worden sei. Dem Kläger drohe damit keine weitere Sanktion bei der Rückkehr nach Äthiopien. Im Übrigen ergebe sich auch keine allgemeine Verfolgung durch die Zugehörigkeit des Klägers zum Volk der Oromo.

Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gemäß Art. 16a Abs. 1 GG seien nicht gegeben, da nicht einmal der weitergefasste Schutzbereich des Art. 3 AsylG einschlägig sei.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus. Im Hinblick auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz sei nicht davon auszugehen, dass dem Kläger Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung bei einer Rückkehr nach Äthiopien drohe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) liege ebenfalls nicht vor.

Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG kämen nicht in Betracht. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien selbst unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers nicht erfüllt. Es sei zu erwarten, dass der Kläger mit zwölfjähriger Schulausbildung als gesunder, arbeitsfähiger und junger Mann seine Existenz sichern könne. Er habe zuletzt ein eigenes Geschäft in seinem Heimatland geführt. Außerdem verfüge der Kläger noch über Eltern, Geschwister und eine Großfamilie im Herkunftsland, so dass anzunehmen sei, dass er auch insoweit Unterstützung erhalten werde.

Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG seien weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

Mit Schriftsatz vom …2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am …2017, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragt,

  • 1.Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom …2017, Gz.: …, wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen; den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen; hilfsweise dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen; hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 AufenthG vorliegen, insbesondere betreffend Äthiopien; hilfsweise die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verkürzen.

Zur Begründung der Klage wird auf die Anhörung des Klägers beim Bundesamt am 05.07.2017 verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 30.08.2017 beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung.

Mit Beschluss der Kammer vom 18.01.2018 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Ergänzend wird auf die Behördenakte und die Gerichtsakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

I.

Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).

II.

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG sind ebenfalls nicht gegeben. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).

Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt folgendes:

Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23/12 - juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 - Au 5 K 16.30604 - juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).

Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Selbst unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018 besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

a) Unabhängig von der Tatsache, dass der Kläger den Zeitpunkt seiner Verhaftung wegen der Spendengeldsammlung beim Bundesamt auf den 18.03.2013 datiert hat, während er in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht angab, „dies könne ungefähr im Mai 2013“ gewesen sein, stellt die Maßnahme im Frühjahr 2013 jedenfalls keine Verfolgungshandlung mit der notwendigen flüchtlingsrechtlichen Relevanz im Sinne des § 3 AsylG dar. Es besteht daher keine beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger insoweit bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland einer Verfolgung ausgesetzt sein wird. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten nur Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen oder Handlungen in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in einer ähnlichen Weise wie in der in § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG beschriebenen Weise betroffen ist.

Der Kläger ist nach eigenen Angaben lediglich einen Tag von der Polizei gefangen gehalten worden. Selbst wenn er dabei tatsächlich körperlich misshandelt worden sein sollte und in ein Krankenhaus eingeliefert worden ist, erreicht die vorgetragene Handlung im Zusammenhang mit der Sammelaktion im Jahr 2013 nicht die erforderliche Intensität für eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung. Bereits während des Krankenhausaufenthalts des Klägers konnte der Sachverhalt aufgeklärt werden, indem der damalige Schuldirektor gegenüber der Polizei angegeben hat, dass er eine Erlaubnis für die Sammlung erteilt habe. Im Anschluss daran durfte der Kläger unverzüglich das Krankenhaus verlassen. Im Übrigen erklärte der Kläger dem Gericht, dass er wegen der Spendensammlung im Jahr 2013 bis zu seiner Ausreise Ende 2015 keinerlei Probleme mit den Behörden mehr hatte, so dass es schon am (zeitlichen) Kausalzusammenhang zwischen der Verhaftung im Frühjahr 2013 und der Ausreise im Dezember 2015 fehlt.

b) Auch die geschilderten Probleme mit der Polizei im Zusammenhang mit dem Betrieb seines Handyladens führen nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Ungeachtet der Tatsache, wonach der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, nach dem Vorfall anlässlich der Spendensammlung im Jahr 2013 die Schule abgebrochen und einen Handyladen eröffnet zu haben, während er beim Bundesamt noch angegeben hat, nach der Freilassung im Jahr 2013 weiter zur Schule gegangen zu sein (Blatt 97 der Bundesamtsakte), stellen die vorgetragenen Bedrohungen durch die Polizei ebenfalls keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung im obigen Sinne dar. Nach Angaben des Klägers sei die Polizei gelegentlich vorbeigekommen und habe ihm vorgeworfen, dass er zu laut Musik mit politischem Inhalt spiele. Einmal sei die Lautsprecheranlage zerstört worden, ein anderes Mal habe die Polizei die Anlage mitgenommen.

Zum einen konnte der Kläger gegenüber dem Gericht nicht genauer darlegen, wie oft diese Vorfälle mit der Polizei überhaupt gewesen sind. Zum anderen erklärt der Kläger selbst gegenüber dem Gericht, dass ihm weiter wegen dieser Angelegenheit nichts passiert sei. Die geschilderten Maßnahmen der Polizei im Zusammenhang mit dem Betrieb des Handyladens stellen damit schon im Ansatz keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung dar, insbesondere da die Polizei offensichtlich wegen der Lautstärke und den „verbotenen“ Inhalten gegen den Kläger vorgegangen ist.

c) Gleiches gilt für den vom Kläger vorgetragenen Grundstückskonflikt. Nach Angaben beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger im Nachbarort ein Baugrundstück besessen, auf dem er ein Haus bauen wollte. Nachdem er bereits Baumaterialien hat anliefern lassen, hat die Regierung das Grundstück gegen seinen Willen an einen Investor verkauft. Eine Entschädigung für den Verlust seines Grundstücks hat der Kläger nicht erhalten.

Die staatliche Enteignung des klägerischen Grundeigentums stellt nach Auffassung des Gerichts keine konkret individuelle Verfolgungshandlung mit flüchtlingsrechtlicher Relevanz dar. Zum einen hat der Kläger selbst angegeben, dass in dieser Zeit die Regierung viele Grundstücke der Oromo enteignet und an Investoren verkauft habe. Zum anderen stellt die Enteignung - selbst wenn diese entschädigungslos ist - keine Handlung dar, die aufgrund ihrer Art so gravierend ist, dass sie eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte darstellt. Auch andere Rechtsordnungen sehen das Institut der Enteignung vor. Allein die Tatsache, dass die „Verfahrensvorschriften“ nicht eingehalten worden sind bzw. dass der Kläger für den Landentzug keine Entschädigungsleistung erhalten hat, stellt keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG dar. Vielmehr handelt es sich - soweit dem Kläger hierfür eine Entschädigung zugestanden hätte - lediglich um staatliches Unrecht außerhalb der flüchtlingsrechtlichen Relevanz. Dies gilt vorliegend umso mehr, da dem Kläger nicht seine komplette Existenz entzogen wurde, insbesondere er nicht aus seinem Wohnhaus vertrieben worden ist, sondern lediglich ein unbebautes Grundstück, auf dem der Kläger erst mit der Errichtung eines Bauwerks beginnen wollte, entzogen wurde. Die entschädigungslose Enteignung eines Grundstücks stellt damit keinen Verfolgungsgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. des § 3 Abs. 1 AsylG dar (vgl. Unabhängiger Bundesasylsenat der Republik Österreich [UBAS], Entscheidung vom 22.07.1998 - 203.929/0-VIII/22/98).

d) Selbst der klägerische Hinweis auf die allgemeine und insbesondere auf die wirtschaftliche Diskriminierung der Oromo in Äthiopien reicht für die Annahme einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgungshandlung nicht aus. Volkszugehörige der Oromo unterliegen - auch nach der gegenwärtigen Auskunftslage - im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keiner sogenannten Gruppenverfolgung.

Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (sog. Gefahr der Gruppenverfolgung). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Volkszugehörigkeit anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte „Verfolgungsdichte“ voraus, welche die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines der in § 3b AsylG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. zum Ganzen: BVerwG. U.v. 5.7.1994 - 9 C 158.94 - juris; VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris; VG Bayreuth, U.v. 7.3.2017 - B 3 K 16.31008 - juris). Zudem gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass diese mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur dann vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d.h. wenn auch keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss (VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris, VG Bayreuth, U.v. 7.3.2017 - B 3 K 16.31008 - juris; VG Augsburg, U.v. 7.11.2016 - Au 5 K 16.31853 - juris).

Ob Verfolgungshandlungen das Kriterium der Verfolgungsdichte erfüllen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne von § 3c Nr. 1 und 2 AsylG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 3b AsylG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann. (vgl. zu alledem BVerwG, U.v. 21.4.2009 - 10 C 11.08 - juris; VGH Mannheim, U.v. 5.10.2016 - A 10 S 332/12 - juris).

Dies zugrunde gelegt, droht dem Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Oromo nicht die Gefahr einer landesweiten Gruppenverfolgung. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass Volkszugehörige der Oromo verstärkt Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien ausgesetzt sind. Das Bundesamt hat jedoch im streitgegenständlichen Bescheid zu Recht ausgeführt, dass eine für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische landesweite Verfolgungsdichte von oromischen Volkszugehörigen nicht zu erkennen ist (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; vgl. auch Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 06.03.2017 - Gz. 508-516.80/3 - ETH). Auch der gegenwärtige „Ausnahmezustand“ in Äthiopien ändert nichts an der zutreffenden Einschätzung des Bundesamtes zu den fehlenden Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung der Oromo.

e) Soweit der Kläger - erstmals in der mündlichen Verhandlung - von der Teilnahme an einer Demonstration am 24.11.2015 für die Rechte der Oromo in seinem Heimatort berichtet, führt dieser Umstand ebenfalls nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Nach Angaben des Klägers haben an dieser Demonstration gegen die Enteignung der Oromo mehr als 300 Leute teilgenommen. Als die Demonstration von der Polizei aufgelöst worden ist, ist der Kläger zu seinem Laden gegangen und hat das TPLF-Schild entfernt. Deswegen soll die Regierung nach ihm gesucht haben.

Aufgrund der Demonstration war der Kläger damit schon keiner konkret individuellen Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG ausgesetzt. Soweit der Kläger nunmehr von einer „Verfolgung“ durch die Regierung wegen des entfernten Parteischildes vor seinem Handyladen berichtet, ist der Vortrag schon vage, detailarm und unsubstantiiert. Insbesondere ist für das Gericht nicht nachvollziehbar dargelegt, warum der Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung auf das entsprechende Schild hingewiesen hat bzw. warum die aus der Entfernung resultierende „Verfolgung“ von flüchtlingsrechtlicher Intensität sein sollte.

f) Auch der Sachvortrag, der Kläger sei von der Polizei verfolgt worden, weil er illegal das „enteignete“ Grundstück betreten hat, stellt nach Auffassung des Gerichts keinen flüchtlingsrechtlich relevanten Belang dar. Zum einen ist der Vortrag insoweit vom Kläger schon in unglaubwürdiger Weise gesteigert worden, indem er im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstmals angibt, er habe in der Nacht zum 26.11.2015 mit 22 Leuten den Zaun des Investors an seinem Grundstück eingerissen. Bei der Anhörung beim Bundesamt am 05.07.2017 war hingegen lediglich die Rede davon, dass er den Zaun des Investors niedergerissen und an seinem Haus weitergebaut hat. Selbst auf Nachfrage des Gerichts konnte der Kläger nicht plausibel darlegen, warum er nunmehr mit 22 Leuten in der Nacht auf das Grundstück eingedrungen sein will. Es erscheint lebensfremd, wenn der Kläger nunmehr ausführt, er habe 22 Leute mitgebracht, um mit diesen - mitten in der Nacht - sein Haus zu bauen. Soweit der Kläger und seine Männer tatsächlich wegen des Eindringens auf das entzogene Grundstück von der Polizei vertrieben bzw. beschossen worden sein sollten, stellt dies jedenfalls keine Verfolgungshandlung im Sinne des Flüchtlingsrechts dar, da sich der Kläger offensichtlich illegal auf dem - wenn auch zu Unrecht enteignetem - Grundstück befunden hat.

g) Letztlich vermag das Gericht auch unter Berücksichtigung des Kumulationsansatzes (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG) keine flüchtlingsrechtlich relevante Vorverfolgung des Klägers erkennen. Die vorgetragenen Einzelereignisse sind nach der Überzeugung des Gerichts nicht insgesamt derart schwerwiegend, dass aufgrund der Vielzahl „diskriminierender Nadelstiche“ das Maß des allgemein hinnehmbaren überschritten wurde (vgl. BVerwG, U.v. 19.1.2009 - 10 C 52/07 - juris; Marx, AsylG, 9. Auflage 2017, § 3a Rn. 12 ff.).

h) Auch auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignisse beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei seiner Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.

In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zweifelsohne zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Aufgrund der Auskunftslage, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016, den Ausnahmezustand 2016 und die aktuelle politischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 berücksichtigt, geht das Gericht jedoch weiterhin nicht davon aus, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt es - auch nach der aktuellen Lage - für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris).

Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 6.3.2017 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich ist danach vielmehr der konkrete Einzelfall an, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt - soweit bekannt - ohne Konsequenzen (AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, S. 16; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris).

G. S. geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung - verbunden mit intensiver Befragung - auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie S. trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von G. S. im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit - zumindest teilweise - gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme S.s nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora - auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 - verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass S. zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.2.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich: VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.GI.A - juris).

Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher auch weiterhin nicht an, dass äthiopische Asylbewerber, sofern sie sich zu einer Exilorganisation (hier: TBOJ/UOSG), die einer vom äthiopischen Staat als terroristisch eingestuften Vereinigung nahesteht, bekennen und sie für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 - B 2 K 16.31139 - juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017 - 1 K 2320/17.KS.A - juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 - 6 K 4787/15.Gl.A - juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris). Vielmehr müssen nach Überzeugung des Gerichts bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 - RO 2 K 16.32411 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 - 21 B 15.30119 - juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 - 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 - juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann - wie bereits ausgeführt - auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Die Kammer und der erkennende Einzelrichter gehen daher weiterhin davon aus, dass sich Personen, die sich nur im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens abzielend einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten.

Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Im Hinblick auf die nach der Auskunftslage intensive Überwachung der äthiopischen exilpolitischen Szene im Bundesgebiet durch den äthiopischen Staat, führte das Gericht bereits mit Urteil vom 26.8.2013 (B 3 K 12.30096 - juris) aus, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, „dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden, inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten […] im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt.“ Diese Ausführungen gelten gegenwärtig (erst recht) uneingeschränkt fort.

Unter Heranziehung der vorstehenden Maßstäbe des Gerichts gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle seiner Abschiebung wegen seiner exilpolitischen Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von äthiopischen Behörden in asylrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Der Kläger ist ausweislich der Bescheinigung vom 16.02.2018 seit 06.01.2018 aktives Mitglied des TBOJ/UOSG. Seit seiner Mitgliedschaft bei der TBOJ/UOSG hat der Kläger am 06.01.2018 an einer exilpolitischen Veranstaltung in Regensburg teilgenommen. Nach Angaben in der mündlichen Verhandlung zwar der Kläger zuvor lediglich Unterstützer der Organisation. In dieser Eigenschaft hat er ausweislich der Bescheinigung vom 16.02.2018 und der Einlassung in der mündlichen Verhandlung an zwei Veranstaltungen (am 15.04.2017 in Fürth und am 15.12.2017 in Frankfurt am Main) teilgenommen. Neben der Tatsache, dass der Kläger erst seit 06.01.2018 Mitglied der TBOJ/UOSG ist und nur wenige exilpolitische Veranstaltungen besucht hat, hat sich der Kläger zudem in keiner Weise von der Masse der exilpolitisch tätigen Äthiopier abgehoben. Der Kläger hatte bzw. hat offensichtlich keine exponierte Stellung unter den Oppositionellen. Der Kläger erklärte zudem gegenüber dem Gericht, dass zu den Veranstaltungen jeweils sehr viele Leute gekommen seien und er sich nicht aus der „breiten Masse“ hervorgehoben hat.

Die Tätigkeiten des Klägers führen nach Überzeugung des Gerichts daher nicht dazu, dass er von den äthiopischen Behörden als „gefährlicher Oppositioneller“ angesehen wird, weshalb es nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass er allein aufgrund seiner Betätigung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen hat.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, wonach die Regierungspartei Äthiopiens ab dem Jahr 2006 ein Positionspapier herausgegeben habe, welches die Unterdrückung und Beseitigung der Opposition sowie die Unterwanderung der Opposition im Ausland zum Gegenstand hat und im Zuge dieser Maßnahme Demonstranten bei Demonstrationen im Ausland fotografiert würden, mit dem Ziel, diese zu diskriminieren. Nach Erkenntnissen des Gerichts geht die Initiative zu Fotoaufnahmen vielmehr von den demonstrierenden Asylbewerbern selbst aus, um an einen Nachweis für die exilpolitische Tätigkeit zu gelangen. So werden regelmäßig dem Gericht Fotoaufnahmen vorgelegt, in dem sich die Asylbewerber bei Demonstrationen - teils mit vom äthiopischen Staat nicht akzeptierten Gegenständen und Symbolen - positionieren.

Weiterhin gibt es keinerlei Belege für die Behauptung des Klägerbevollmächtigten, wonach es ein Geheimabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland bzw. der EU und Äthiopien gebe, nachdem die Bundesrepublik Deutschland im Asylverfahren gewonnene Daten von oromischen Volkszugehörigen an den äthiopischen Geheimdienst - zum angeblichen Zweck der Identitätsklärung - weitergebe, um insgeheim die betroffenen Asylbewerber in ihrem Heimatland zu denunzieren. Der Klägerbevollmächtigte konnte diesbezüglich keine weiteren Angaben zur Herkunft dieser Behauptung machen. Soweit ausgeführt wird, er habe dies der „Zeit Online“ entnommen, wurde weder eine konkrete Fundstelle benannt, noch konnte das Gericht nach intensiver Recherche einen Artikel finden, der nur annährend in diese Richtung geht. Falls der Klägerbevollmächtigte insoweit auf das Ende Januar 2018 zwischen der EU und Äthiopien geschlossene Rückführungsabkommen betreffend abgelehnter Flüchtlinge anspielt, vermag das Gericht hieran nichts Verwerfliches zu erkennen, insbesondere ist es nicht unüblich, dass bei der Identitätsklärung auch auf Nachrichten- und Sicherheitsdienste des Herkunftslandes zurückgegriffen wird. Dass durch diesen Vorgang die Flüchtlinge gezielt diffamiert oder gar bewusst einer Verfolgungsgefahr im Heimatland unterworfen werden sollen, ist eine bloße Behauptung.

i) Im Übrigen macht das Gericht von seinem Ermessen Gebrauch und weist das Vorbringen hinsichtlich der exilpolitischen Tätigkeit des Klägers gem. § 74 Abs. 2 Satz 2 AsylG i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO als präkludiert zurück.

Nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG hat der Kläger die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung anzugeben. Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der obigen Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde, der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und der Beteiligte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist. Der Kläger wurde sowohl von der Beklagten im Bescheid vom …2017 als auch vom Gericht in der Klageeingangsmitteilung darauf hingewiesen, dass die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids anzugeben sind. Die exilpolitische Tätigkeit des Klägers wurde aber erstmals in der mündlichen Verhandlung am 20.02.2018, obwohl der Kläger nach eigenen Angaben und ausweislich der Bescheinigung der TBOJ/UOSG bereits seit April 2017 an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, vorgetragen. Weiterhin wurde der Kläger auch mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung - unter Hinweis auf § 87b Abs. 3 VwGO - aufgefordert, bis zum 12.02.2018 evtl. Nachfluchtaktivitäten vorzutragen. Auch innerhalb dieser Frist erfolgte kein entsprechender Vortrag, obwohl der Kläger seit dem 06.01.2018 sogar aktives Mitglied der Vereinigung ist. Zwar ist die Bestätigung der TBOJ/UOSG auf den 16.02.2018 datiert und konnte daher - denknotwendigerweise - nicht innerhalb Monatsfrist des § 74 Abs. 2 AsylG bzw. bis zum 12.02.2018 vorgelegt werden, jedoch sind nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylG bzw. § 87b Abs. 2 VwGO nicht nur Beweismittel, sondern auch die zur Klagebegründung dienenden Tatsachen und Erklärungen innerhalb der maßgeblichen Fristen vorzubringen. Es wäre dem anwaltlich vertretenen Kläger daher ohne weiteres zuzumuten gewesen, fristgerecht die exilpolitische Tätigkeit des Klägers vorzubringen. Entschuldigungsgründe sind weder dargetan noch anderweitig ersichtlich. Letztlich würde die Berücksichtigung des verspäteten Vortrags nach Überzeugung des Gerichts - wenn man der vorstehenden Auffassung des Gerichts nicht (mehr) folgt und ein „Mindestmaß an exilpolitischer Betätigung“ in der TBOJ/UOSG für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausreichen lassen würde (vgl. z.B. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 - W 3 K 17.31180 - juris) - zur Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits führen, da in diesem Fall das Gericht weitere Ermittlungen zum Umfang der Tätigkeit des Klägers in der TBOJ/UOSG anstellen müsste.

j) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.

2. Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter nach § 16a Abs. 1 GG sind nicht erfüllt, da nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen des § 3 AsylG einschlägig sind.

3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen

a) Es gibt - insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz - keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.

b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 - C-465.7 - juris).

Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 - AN 3 K 16.30505 - juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 - AN 3 K 16.31836 - juris).

4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).

a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Er hat bereits vor seiner Ausreise einen Handyladen in Äthiopien betrieben und konnte damit für sein Existenzminimum sorgen. Es ist nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland nicht an diese Verhältnisse anknüpfen könnte. Zudem verfügt der Kläger über familiären Rückhalt in seiner Heimat, so dass zumindest im Rahmen des Familienverbundes von einer Existenzsicherung auszugehen ist.

b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vor. Die vom Kläger vorgebrachte Verletzung am linken Unterarm stellt schon im Ansatz keine Erkrankung im vorstehenden Sinn dar. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kommt damit ebenfalls nicht in Betracht.

Im Übrigen sind nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung auf Grund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage allgemein drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen.

5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, weder als Flüchtling noch als Asylberechtigter anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).

6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Alle bundesrechtlichen Vorschriften in anderen Gesetzen über Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren sind durch die Vorschriften dieses Abschnitts ersetzt.

(2) Das gleiche gilt für landesrechtliche Vorschriften über Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren als Voraussetzung der verwaltungsgerichtlichen Klage.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.