Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 26. Okt. 2015 - B 3 K 15.216
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht Bayreuth
Aktenzeichen: B 3 K 15.216
Im Namen des Volkes
Urteil
vom
rechtskräftig: Nein
3. Kammer
Sachgebiets-Nr. 1523
Hauptpunkte:
- pauschale Betriebskosten für Kita Besuch;
- konkret-individuelle Leistung;
- Finanzierungskosten für Kindertagesstätten;
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
Stadt Gera vertreten durch die Oberbürgermeisterin Kornmarkt 12, 07545 Gera
- Klägerin -
gegen
Stadt Hof vertreten durch den Oberbürgermeister Klosterstr. 1, 95028 Hof
- Beklagte -
wegen Kinder-, Jugendhilfe- und Jugendförderungsrecht (Kostenerstattung)
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth, 3. Kammer,
durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ... und die ehrenamtliche Richterin ... ohne mündliche Verhandlung am 26.Oktober 2015 folgendes Urteil:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von pauschalen Betriebskosten für den Aufenthalt des Kindes G. F. in einer Kindertagesstätte in ihrem Zuständigkeitsbereich.
Die Beklagte gewährte dem Kind G. F., geboren am ... 2011, ab dem 15.09.2014 Hilfe zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII in Form von Heimunterbringung in einer Einrichtung im Stadtgebiet der Klägerin, nachdem die Eltern des Kindes sich nicht adäquat um die Versorgung und Betreuung des Kindes kümmern konnten. Nachdem der alleinsorgeberechtigten Kindsmutter die elterliche Sorge entzogen wurde, wurde das Stadtjugendamt der Beklagten zum Vormund bestimmt.
Die Beklagte gewährte seit Mitte Oktober 2014 auch Kindergartenkosten in Höhe von 130,00 EUR für den Besuch des Kindergartens ... in Gera, da in der Heimeinrichtung eine Betreuung zwischen 08:00 Uhr und 13:30 Uhr nicht enthalten war (vgl. Blatt 7 der Beklagtenakte).
Mit Schriftsatz vom 03.11.2014 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf § 89 c Abs. 1, § 89 f SGB VIII und auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG,
Die Beklagte bat das Landesjugendamt Bayern um Stellungnahme zur Forderung der Klägerin. Mit Schriftsatz vom
Unter Bezugnahme auf das Schreiben des Landesjugendamtes lehnte die Beklagte die Kostenerstattung mit Schriftsatz vom
Im Schreiben vom
Mit Schriftsatz vom
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Kindertagesbetreuung des Kindes G. F., geb. ... 2011, für die Zeit seit dem
Anspruchsgrundlage sei § 89 e SGB VIII. Die Klägerin sei gemäß §§ 22, 26 SGB VIII, § 2 Abs. 3 ThürKitaG als örtlicher Jugendhilfeträger zuständig für die Gewährleistung des Rechtsanspruchs auf einen Kindertagesstättenplatz für die in ihrem Gebiet sich gewöhnlich aufhaltenden Kinder. Die Kosten dieser Betreuung habe sie als Gemeinde gemäß § 18 Abs. 4 ThürKitaG zu tragen, soweit sie nicht durch Elternbeiträge oder Eigenmittel des Trägers gedeckt seien. Diese Kosten seien durch den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in Gera entstanden, der in einer Einrichtung, die der Erziehung, Pflege und Betreuung diene, begründet worden sei. Damit entstehe ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 89 e SGB VIII gegen den örtlichen Träger, in dessen Bereich das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in die Einrichtung hatte. Der Umfang des Kostenerstattungsanspruchs richte sich nach § 89 f SGB VIII, bestehe also für alle Leistungen nach dem SGB VIII, somit auch der Betreuung in einer Tageseinrichtung gemäß § 22 SGB VIII. Für die Höhe des Erstattungsanspruchs sei die Rechtslage am Ort des Erstattungsberechtigten maßgeblich. Somit werde die vom (damaligen) Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kunst ermittelte Pauschale (70% der ermittelten durchschnittlichen Betriebskosten eines Kindertagesstättenplatzes), derzeit 411,00 EUR monatlich, der klägerischen Forderung zugrunde gelegt. Es werde explizit darauf hingewiesen, dass entsprechende Erstattungsansprüche auch für die Zeit ab dem 01.04.2015 bis zur Beendigung des Besuchs der Kindertagesstätte auf dem Gebiet der Klägerin künftig geltend gemacht werden.
Mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezog sie sich auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Münster
Die Klägerin erwiderte mit Schriftsatz vom
Mit Schriftsätzen vom
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Über die Klage konnte wegen des übereinstimmenden Verzichts der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Leistungsklage ist zulässig aber unbegründet.
1.
Für die von der Klägerin erhobene Forderung der Zahlung von pauschalierten Betriebskosten für den Besuch des Kindes G. F. der Kindertagesstätte ist eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich.
Die Klägerin stützt ihr Begehren auf die Vorschrift des § 89 e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Diese bestimmt: Richtet sich die Zuständigkeit nach den gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern, eines Elternteils, des Kindes oder des Jugendlichen und ist dieser in einer Einrichtung, einer anderen Familie oder sonstigen Wohnform begründet worden, die der Erziehung, Pflege, Betreuung, Behandlung oder dem Strafvollzug dient, so ist der örtliche Träger zur Erstattung der Kosten verpflichtet, in dessen Bereich die Person vor der Aufnahme in eine Einrichtung, eine andere Familie oder sonstige Wohnform den gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Ein Leistungsanspruch erwächst der Klägerin nach dieser Vorschrift nicht.
Zunächst sind hier zwei Betrachtungsmöglichkeiten gegeben. Stellt man hinsichtlich der Leistung auf die Gewährung der Hilfe zur Erziehung nach § 34 SGB VIII ab und sieht die Übernahme der Kosten für den Kindergartenbesuch in Höhe von 130,00 EUR im Monat als Annexleistung hierzu an, scheitert ein Anspruch nach § 89 e SGB VIII daran, dass sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern richtet. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Beklagte für die Gewährung der Hilfe nach § 34 SGB VIII gemäß § 86 Abs. 1 SGB VIII zuständig ist. Die Kindergartenkosten in Höhe von 130,00 EUR hat sie dabei als Annexleistung zu den Heimkosten übernommen. Die Zuständigkeit für diese Leistung knüpfte an den gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern im Zuständigkeitsbereich der Beklagten an. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 89 e SGB VIII käme es also nur dann zu einer Kostenerstattung, wenn die maßgebliche Person - hier also die Eltern - sich in einer Einrichtung im Sinne des § 89 e SGB VIII im Zuständigkeitsbereich der Klägerin befinden würden. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Nimmt man die Argumentation der Klägerin in Bezug, wonach sie als Jugendhilfeträgerin zuständig ist für die Gewährleistung des Rechtsanspruches auf einen Kindertagesstättenplatz nach §§ 22, 26 SGB VIII, § 2 Abs. 3 ThürKitaG, scheidet eine Erstattung der pauschalen Betriebskosten über § 89 e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ebenfalls aus. Zwar ist die Klägerin gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 ThürKitaG zuständig für die Erfüllung des Anspruches auf die Betreuung in der Kindertagesstätte, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Zuständigkeitsbereich hat. Es fehlt aber hier an einer konkret individualisierten Jugendhilfeleistung der Klägerin. Die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (§§ 22 ff. SGB VIII) stellt eine Leistung der Jugendhilfe im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII dar. Auch wenn das Sozialgesetzbuch Achtes Buch ausdrücklich zwischen „Angeboten“ und „Hilfen“ (vgl. § 2 Abs. 2 SGB VIII) differenziert, fallen beide Kategorien unter den gemeinsamen Begriff der Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 1 und 2 SGB VIII. Diese Leistungen der Jugendhilfe sind lediglich von „anderen Aufgaben“ nach § 2 Abs. 3 SGB VIII abzugrenzen. Dementsprechend sind auch die Zuständigkeits- und Erstattungsregelungen nach § 86 ff. SGB VIII für diese Leistung dem Grunde nach anzuwenden (BVerwG, U. v. 14.11.2000 - 5 C 57/01- juris). Der Bedarf der Leistungen im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII ist nicht auf den Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Jugendhilfeträgers beschränkt, da für die Jugendhilfe bundesrechtlich kein „Territorialitätsprinzip“ in dem Sinne gilt, dass eine Jugendhilfeleistung in einer Tageseinrichtung für Kinder ausgeschlossen wäre, die außerhalb des örtlichen Zuständigkeitsbereichs des jeweiligen Jugendhilfeträgers gelegen ist. Allerdings sieht die Rechtsprechung gerade für Leistungen nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII als Besonderheit vor, dass für die Gewährung einer solchen Leistung eine Konkretisierung durch ein positives Tun des Leistungsträgers vorausgesetzt wird. Das Vorhalten von Angeboten in Tageseinrichtungen für Kinder durch einen Jugendhilfeträger genügt dem nicht. Eine Konkretisierung kann dabei durch eine durch Verwaltungsakt vorzunehmende Leistungsbewilligung im konkreten Einzelfall oder durch eine anderweitige Entscheidung des Jugendhilfeträgers über die Inanspruchnahme eines geförderten Platzes gegenüber dem Kind erfolgen (BVerwG, U. v. 14.11.2002 - 5 C 57/01 Rn. 31; BayVGH, B. v. 14.10.2013 - 12 ZB 11.1417 - Rn. 15, beide juris). Die Beklagte hat hier Hilfe zur Erziehung nach § 34 SGB VIII gewährt und als Annexleistung den Kindergartenbeitrag übernommen. Dass die Klägerin darüber hinaus zusätzlich eine Jugendhilfemaßnahme im Zusammenhang mit der Kindertagesbetreuung erbracht hat, ist nicht erkennbar. Ein entsprechender Verwaltungsakt oder eine Entscheidung über die pädagogische Notwendigkeit der Betreuung des Kindes liegt nicht vor. Die Klägerin ist nicht eigenständig als Jugendhilfeträger neben der Beklagten in Erscheinung getreten. Das von der Klägerin im Schriftsatz vom 01.07.2015 geschilderte Aufnahmeverfahren in eine Kita in ihren Zuständigkeitsbereich (Beantragung einer Kita-Card) stellt lediglich das formelle Verfahren zur Anmeldung in einer Kita dar und entbehrt einer konkret - individuellen Entscheidung über die Gewährung einer Jugendhilfeleistung. Voraussetzung eines Erstattungsanspruchs, auf welcher Anspruchsgrundlage er auch immer gegründet worden sein mag, bildet die Gewährung von Jugendhilfe durch den Anspruchsberechtigten (BayVGH, B. v. 14.10.2013 - 12 ZB 11.1417 - Rn. 16, juris).
Auch über § 18 Abs. 6 ThürKitaG kann die Klägerin keine Kostenerstattung begründen. Die genannte Vorschrift regelt: „Besuchen Kinder infolge des Wunsch- und Wahlrechts nach § 4 eine Tageseinrichtung außerhalb der Wohnsitzgemeinde, hat diese abweichend von den Absätzen 2 und 3 der für die aufnehmende Einrichtung zuständigen Gemeinde einen durch das für Kindertageseinrichtungen zuständige Ministerium festgesetzten pauschalierten Anteil an den Betriebskosten zu zahlen. Diese Pauschale beträgt 70 von 100 der nach Absatz 10 ermittelten landesdurchschnittlichen Betriebskosten.“ Zum einen wurde die Kindertagesstätte im Zuständigkeitsbereich der Klägerin hier gerade nicht aufgrund des Wunsch- und Wahlrechts der Eltern gewählt. Das Kind hatte vielmehr bereits in der Einrichtung in ... seinen gewöhnlichen Aufenthalt, als die Entscheidung über den notwendigen Besuch der Kindertagesstätte getroffen wurde. Zum anderen verweist § 18 Abs. 6 ThürKitaG nicht auf die hier maßgebliche Vorschrift des § 18 Abs. 4 ThürKitaG, welche die Finanzierung der Kindertagesbetreuungsangebote für nicht-kommunale Träger regelt und auf welche sich die Klägerin bezieht, weil sie nicht selbst Trägerin der Kindertagesstätte ist. Die Klägerin hat hier vielmehr nach § 18 Abs. 4 Satz 1 ThürKitaG den durch die Elternbeiträge und den möglichen Eigenanteil des Trägers der Kita nicht gedeckten Anteil der erforderlichen Betriebskosten zu tragen.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass keine Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Forderung ersichtlich ist. Es ist insoweit nicht entscheidungserheblich, ob die geltend gemachten pauschalierten Betriebskosten überhaupt erstattungsfähige Kosten im Sinne des § 89 f SGB VIII sind. Insoweit wird lediglich ergänzend auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B. v. 14.10.2013 - 12 ZB 11.1417- juris) verwiesen, welche Sach- und Personalkosten, die ein öffentlicher Träger für die Finanzierung eigener Kinderbetreuungseinrichtungen erbringt, als Verwaltungskosten nach § 109 Satz 1 SGB X betrachtet werden, für die kein Erstattungsanspruch nach Jugendhilferecht gegeben ist. Im Übrigen wird lediglich ergänzend noch darauf hingewiesen, dass § 89 f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII Erstattungsansprüche auf die für eine Jugendhilfemaßnahme „aufgewendeten Kosten“ beschränkt. Er fordert damit das Vorliegen eindeutig abgrenzbarer und einer bestimmten Jugendhilfemaßnahme individuell konkret zurechenbare Ausgaben eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe (BVerwG, U. v. 22.10.2009 - 5 C 16.08 - juris). Solche konkret zurechenbaren Ausgaben für die Betreuung des Kindes G.F. in der Kita hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Sie verlangt vielmehr eine Pauschale in Höhe von 411,00 EUR monatlich, die das Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur als durchschnittliche Betriebskosten festgesetzt hat, welche die Wohnsitzgemeinde der Gemeinde der aufnehmenden Einrichtung (Gastkinder - § 18 Abs. 6 ThürKitaG) zu leisten hat. Insoweit hat die Klägerin schon nicht die konkret für den „Hilfefall“ entstandenen Kosten dargelegt. Nach ihren eigenen Ausführungen muss sie nämlich gemäß § 18 Abs. 4 ThürKitaG die Betriebskosten übernehmen, die durch die Elternbeiträge und den möglichen Eigenanteil des Trägers nicht gedeckt sind. Welche konkreten Kosten hier tatsächlich angefallen sind hat die Klägerin nicht aufgezeigt.
2.
Die Klägerin hat nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Verfahren ist nicht nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.
3.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO. Die Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der - wenn überhaupt anfallenden - dann allenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht, zumal diese auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eine andere Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach § 124 und § 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,
Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth oder
Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht erster Instanz. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4, 5 VwGO sowie in den §§ 3 und 5 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz bezeichneten Personen und Organisationen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München oder
Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung nur zuzulassen ist,
1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 2.466,00 EUR festgesetzt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes - GKG -.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Streitwertbeschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,
Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth, oder
Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Beschlusses eingelegt werden. Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
eingeht.
Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 26. Okt. 2015 - B 3 K 15.216
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 26. Okt. 2015 - B 3 K 15.216 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden. Kindertagespflege wird von einer geeigneten Kindertagespflegeperson in ihrem Haushalt, im Haushalt des Erziehungsberechtigten oder in anderen geeigneten Räumen geleistet. Nutzen mehrere Kindertagespflegepersonen Räumlichkeiten gemeinsam, ist die vertragliche und pädagogische Zuordnung jedes einzelnen Kindes zu einer bestimmten Kindertagespflegeperson zu gewährleisten. Eine gegenseitige kurzzeitige Vertretung der Kindertagespflegepersonen aus einem gewichtigen Grund steht dem nicht entgegen. Das Nähere über die Abgrenzung von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege regelt das Landesrecht.
(2) Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen
- 1.
die Entwicklung des Kindes zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern, - 2.
die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen, - 3.
den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit, Kindererziehung und familiäre Pflege besser miteinander vereinbaren zu können.
(3) Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen.
(4) Für die Erfüllung des Förderungsauftrags nach Absatz 3 sollen geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung der Qualität der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege weiterentwickelt werden. Das Nähere regelt das Landesrecht.
Das Nähere über Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungen regelt das Landesrecht. Am 31. Dezember 1990 geltende landesrechtliche Regelungen, die das Kindergartenwesen dem Bildungsbereich zuweisen, bleiben unberührt.
(1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden. Kindertagespflege wird von einer geeigneten Kindertagespflegeperson in ihrem Haushalt, im Haushalt des Erziehungsberechtigten oder in anderen geeigneten Räumen geleistet. Nutzen mehrere Kindertagespflegepersonen Räumlichkeiten gemeinsam, ist die vertragliche und pädagogische Zuordnung jedes einzelnen Kindes zu einer bestimmten Kindertagespflegeperson zu gewährleisten. Eine gegenseitige kurzzeitige Vertretung der Kindertagespflegepersonen aus einem gewichtigen Grund steht dem nicht entgegen. Das Nähere über die Abgrenzung von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege regelt das Landesrecht.
(2) Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen
- 1.
die Entwicklung des Kindes zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern, - 2.
die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen, - 3.
den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit, Kindererziehung und familiäre Pflege besser miteinander vereinbaren zu können.
(3) Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen.
(4) Für die Erfüllung des Förderungsauftrags nach Absatz 3 sollen geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung der Qualität der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege weiterentwickelt werden. Das Nähere regelt das Landesrecht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung der ihr für das Kind Q. durch die Betreuung in einer Kindertagesstätte entstandenen platzbezogenen Restbetriebskosten für den Zeitraum von September 2012 bis Juli 2014.
3E. und T. meldeten ihre am 00.00.0000 in N. geborene Tochter Q. zum 1. August 2011 bei dem Kindergarten T1. in N. an. Dabei stand ihnen das Sorgerecht für ihre Tochter gemeinsam zu. Für die Betreuung von zunächst 35 Stunden wöchentlich setzte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Juni 2011 die Zahlung eines Elternbeitrages in Höhe von monatlich 217 € fest. Zum 1. März 2012 wechselte die Betreuungsform für Q. in eine Über-Mittag-Betreuung (45 Stunden). Hierfür setzte die Beklagte mit Bescheid vom 8. März 2012 einen Elternbeitrag in Höhe von monatlich 338 € fest. Mit Bescheid vom 11. Juli 2012 änderte die Beklagte den Elternbeitrag auf monatlich 217 €, da Q. ab dem 1. August 2012 35 Stunden betreut wurde.
4Aufgrund der Trennung der Eltern meldete die Mutter Q. am 2. Juli zum 31. August 2012 aus der Einrichtung in N. ab. Die tatsächliche Betreuung endete am 24. August 2012. Zum 28. August 2012 verzog die Mutter zusammen mit ihrer Tochter aus N. nach I. , während der Vater weiterhin in N. wohnen blieb. Beiden Eltern stand weiterhin das Sorgerecht zu.
5Seit dem 1. September 2012 besuchte Q. in I. die Kindertagesstätte N1. mit einer ¾-Betreuung. Die Betreuung ist bis zum 31. Juli 2014 befristet. Hierbei entstanden folgende platzbezogene Restbetriebskosten (in Euro), die sich wie folgt zusammensetzen:
6Ab 1.09.2012 |
Ab 1.01.2013 |
Ab 1.08.2013 |
|
Betreuungsform |
Kindergarten 6 Std. |
Kindergarten 6 Std. |
Kindergarten 6 Std. |
Teiler |
20 |
20 |
20 |
|
|||
Spielmaterial |
2,26 |
2,26 |
2,26 |
Elternarbeit |
0,08 |
0,08 |
0,08 |
Betreuung |
1,41 |
1,41 |
1,41 |
Essen |
18,07 |
19,92 |
19,92 |
Sonstige Kosten |
3,05 |
3,05 |
3,05 |
Verwaltung, Sonstiges |
21,71 |
21,71 |
21,71 |
gesamt |
46,58 |
48,43 |
48,43 |
|
|||
Ersatzkraft |
42.057,87 |
45.481,49 |
46.013,50 |
Zweitkraft |
32.205,39 |
34.826,96 |
35.234,28 |
gesamt |
74.263,27 |
80.308,45 |
81.247,78 |
Küche/Reinigung |
10.928,40 |
10.990,56 |
10.990,56 |
gesamt |
85.191,67 |
91.299,01 |
92.238,34 |
Dividiert durch Teiler und 12 Monate |
354,97 |
380,41 |
384,33 |
zzgl. Sachkosten |
46,58 |
48,43 |
48,43 |
gesamt |
401,55 |
428,84 |
432,76 |
abzügl. Landesförderung |
59,07 |
62,80 |
63,71 |
abzügl. Elternbeitrag |
112,00 |
91,00 |
150,00 |
Je Kind und Monat |
230,48 |
275,04 |
219,05 |
Am 11. September 2012 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Kostenerstattung für die Betreuung Q. 's und begründete dies damit, dass die Eltern erst nach Hilfebeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet hätten und die Beklagte aus diesem Grund nach § 86 Abs. 5 SGB VIII weiterhin für die Hilfegewährung zuständig sei.
8Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 24. September 2012 ab, da Q. und ihre Mutter bereits am 28. August 2012 und damit vor Beginn der Leistung, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in I. genommen hätten. Dass auch der in N. lebende Vater das Sorgerecht besitze, sei unerheblich.
9Die Klägerin wies mit Schreiben vom 4. Oktober 2012 darauf hin, dass die Beklagte bereits bis zum 31. August 2012 Jugendhilfe geleistet habe. Eine Unterbrechung der Hilfegewährung sei durch den Umzug nicht erfolgt, vielmehr handele es sich um eine durchgehende einheitliche Leistung.
10Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 25. Oktober 2012: Das Sozialgesetz-buch Achtes Buch (SGB VIII) unterscheide zwischen Leistungen und anderen Aufgaben der Jugendämter. Zu den Leistungen zählten Angebote wie die Förderung in Tageseinrichtungen. § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII sehe aber nicht die tatsächliche Tagesbetreuung, sondern lediglich die Schaffung von Angeboten zur Förderung und deren Vermittlung vor. Die Beklagte könne auch tatsächlich keine Einrichtungen in I. anbieten und sei demnach nicht zur Erstattung verpflichtet.
11Mit weiterem Schreiben wies die Klägerin auf Folgendes hin: Die Zuständigkeit für die Erfüllung des Rechtsanspruchs nach § 24 SGB VIII unterscheide sich von der Zuständigkeit für die Leistung nach § 22 SGB VIII. Der Klägerin stehe die Geltendmachung der platzbezogenen Restbetriebskosten zu, da die Zuständigkeit für die Leistung nach § 86 Abs. 5 SGB VIII bei der Beklagten liege. Sie sei demgegenüber allein für den Anspruch nach § 24 SGB VIII zuständig.
12Die Klägerin hat am 21. Februar 2013 Klage erhoben.
13Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Die Eltern von Q. hätten nach Leistungsbeginn verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründet, so dass die Beklagte gemäߠ§ 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII für die Leistungsgewährung zuständig bleibe. Da die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen als Leistung der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII gelte, seien die Zuständigkeitsregelungen der §§ 86 ff. SGB VIII und die Kostenerstattungs-normen nach §§ 89 ff. SGB VIII einschlägig. Die kurze Unterbrechung der Hilfe sei durch den Umzug von N. nach I. bedingt und könne nicht als Unterbrechung der Hilfe gewertet werden. Als zeitliche Grenze für eine unbeachtliche Dauer der Unterbrechung könne ein Zeitraum von zwei bis drei Monaten angesehen werden. Aus der systematischen Auslegung des Begriffs der „Leistung“ aus § 2 Abs. 2 SGB VIII komme es auf Art und Form der Hilfeleistung nicht an, sondern nur auf die jeweils in § 2 Abs. 2 SGB VIII bezeichnete Rechtsgrundlage. Die Zuständigkeit richte sich nach § 86 SGB VIII, da eine spezielle Norm der Zuständigkeit für die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen im siebten Kapitel des Sozialgesetzbuches Achtes Buch nicht geregelt sei. Als Beginn der Leistung sei auf den 1. August 2011 abzustellen, da ab diesem Zeitpunkt die Hilfeleistung konkret erbracht worden sei.
14Die Klägerin beantragt,
15- 16
1. die Beklagte zu verurteilen, ihr die aufgewendeten Jugendhilfekosten im Zeitraum ab 1. September 2012 bis 31. Dezember 2012 in Höhe von monatlich 230,48 Euro, ab dem 1. Januar 2013 bis zum 31. Juli 2013 in Höhe von monatlich 275,04 Euro und ab dem 1. August 2013 bis zum 31. Juli 2014 in Höhe von monatlich 219,05 Euro zzgl. Zinsen ab Rechtshängigkeit in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basis-zinssatz zu erstatten.
- 17
2. die Beklagte zu verurteilen, den Jugendhilfefall in ihre eigene Zuständigkeit zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung wiederholt und vertieft die Beklagte ihr bisheriges Vorbringen und trägt zudem vor: Sie schulde nicht die tatsächliche Tagesbetreuung und sei dazu tatsächlich auch nicht in der Lage. Sie habe allein ein Angebot vorzuhalten, so dass sich auch nicht ihre Zuständigkeit für die Betreuung des Kindes in I. ergeben könne. Zudem sei nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, dass das Jugendamt an einem früheren Wohnsitz eines Kindes weiterhin für die Kosten einer Tagesbetreuung aufkommen solle. Das örtliche Jugendamt könne am effektivsten Hilfe leisten und habe dann auch die Kostenlast zu tragen. Der von der Klägerin begehrte Anspruch hätte erhebliche wechselseitige Erstattungsverfahren zur Folge, die unnötige Verfahrenskosten verursachen würden. Es sei nur vernünftig, wenn jede Kommune sich um die Tagesbetreuung der Kinder kümmere, die in ihrem Gebiet wohnen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht weder ein Erstattungsanspruch für die aufgewendeten Kosten von September 2012 bis Juli 2014 noch ein Anspruch auf Übernahme des Jugendhilfefalls in die Zuständigkeit der Beklagten zu.
24Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin folgt nicht aus § 89 c Abs. 1 Satz 2 SGB VIII. Danach sind Kosten, die ein örtlicher Träger im Rahmen seiner Verpflichtung nach § 86 d SGB VIII aufgewendet hat, von dem örtlichen Träger zu erstatten, dessen Zuständigkeit durch den gewöhnlichen Aufenthalt nach §§ 86, 86 a und 86 b SGB VIII begründet wird.
25Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es ist bereits zweifelhaft, ob § 89 c Abs. 1 Satz 2 SGB VIII im konkreten Fall Anwendung findet.
26Sinn und Zweck der Vorschriften über die Kostenerstattung nach §§ 89 ff. SGB VIII ist es, aufgrund der Regelungen über die örtliche Zuständigkeit nach §§ 86 ff. SGB VIII entstandene ungleichmäßige, unter Umständen zufällige oder auch unbillige Kostenbelastungen der einzelnen kommunalen Gebietskörperschaften als Träger der Jugendhilfe auszugleichen,
27vgl. Wiesner, in: ders., SGB VIII, 4. Aufl. 2011, vor § 89 Rn. 1; Stähr, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, 48. Lfg. XI/11, §§ 89 bis 89 h Rn. 1; Kunkel/Pattar, in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 5. Auflage 2011, § 89 Rn. 1.
28Dies zeigt insbesondere die Vorschrift des § 89 e SGB VIII über den „Schutz der Einrichtungsorte“, wonach bei einer übermäßigen Belastung von kommunalen Gebietskörperschaften, in deren Bereich Einrichtungen mit überörtlichem Einzugsbereich liegen, der Kostenausgleich im Wege der Kostenerstattung durch den örtlichen Träger der Jugendhilfe erfolgt, in dessen Bereich die betreffende Person vor der Aufnahme in die Einrichtung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dieser Zweck des Ausgleichs unangemessener Kostenbelastungen dürfte jedoch hinsichtlich der hier in Rede stehenden Kosten von Leistungen nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII, also der Förderung eines Kindes in einer Kindertageseinrichtung, ins Leere greifen. Das Vorhalten eines Angebots an Kindertageseinrichtungen dürfte nicht zu einer unangemessenen Kostenbelastung führen, weil alle örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gesetzlich verpflichtet sind, in ihrem jeweiligen Bereich ein entsprechendes Angebot von Plätzen vorzuhalten. Diese Verpflichtung etwa der Klägerin ergibt sich aus § 24 Abs. 6 SGB VIII i.V.m. § 12 Abs. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG) in der Fassung vom 7. Februar 2002 (Nds. GVBl. 2002, 57). Danach ist der Anspruch auf einen Platz im Kindergarten nach Maßgabe von § 24 SGB VIII gegenüber dem örtlichen Träger geltend zu machen, in dessen Gebiet sich das Kind nach Maßgabe des § 86 SGB VIII gewöhnlich aufhält. Er ist dabei möglichst ortsnah zu erfüllen. Dabei dürften unangemessene Kostenbelastungen einzelner Jugendhilfeträger im oben genannten Sinn von vornherein ausscheiden.
29Der Anwendbarkeit von § 89 c Abs. 1 Satz 2 SGB VIII dürfte auch entgegenstehen, dass es bei der vorliegend fraglichen Leistung, einem Angebot zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII, an einer konkret individualisierten Jugendhilfeleistung der Klägerin fehlt.
30Die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (§§ 22 ff. SGB VIII) stellt eine Leistung der Jugendhilfe im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII dar. Auch wenn das Sozialgesetzbuch Achtes Buch ausdrücklich zwischen „Angeboten“ und „Hilfen“ (vgl. § 2 Abs. 2 SGB VIII) differenziert, fallen beide Kategorien unter den gemeinsamen Begriff der „Leistungen“ der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 1 und 2 SGB VIII. Diese Leistungen der Jugendhilfe sind lediglich von „anderen Aufgaben“ nach § 2 Abs. 3 SGB VIII abzugrenzen. Dementsprechend sind auch die Zuständigkeits- und Erstattungsregelungen nach §§ 86 ff. SGB VIII für diese Leistung dem Grunde nach anzuwenden.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. November 2002 - 5 C 57/01 -, BVerwGE 117, 184 ff., juris Rn. 12 ff. So auch Wiesner, in: ders., SGB VIII, 4. Aufl. 2011, vor § 86 Rn. 2, § 86 Rn. 1; Reisch, in: Jans/Happe/Saurbier/Maas, Jugendhilferecht, 3. Aufl., 45. Lfg., 1/2010, § 86 Rn. 9 a.
32Der Bedarf der Leistungen im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII ist nämlich nicht auf den Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Jugendhilfeträgers beschränkt, da für die Jugendhilfe bundesrechtlich kein „Territorialitätsprinzip“ in dem Sinne gilt, dass eine Jugendhilfeleistung in einer Tageseinrichtung für Kinder ausgeschlossen wäre, die außerhalb des örtlichen Zuständigkeitsbereiches des jeweiligen Jugendhilfeträgers gelegen ist,
33BVerwG, Urteil vom 14. November 2002 - 5 C 57/01 -, juris Rn. 12 ff.
34Allerdings sieht die Rechtsprechung gerade für Leistungen nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII als Besonderheit vor, dass für die Gewährung einer solchen Leistung eine Konkretisierung durch ein positives Tun des Leistungsträgers vorausgesetzt wird. Das Vorhalten von Angeboten in Tageseinrichtungen für Kinder durch einen Jugendhilfeträger genügt dem nicht. Eine Konkretisierung kann dabei durch eine durch Verwaltungsakt vorzunehmende Leistungs-bewilligung im konkreten Einzelfall,
35BVerwG, Urteil vom 14. November 2002 - 5 C 57/01 -, juris Rn. 31,
36oder durch eine anderweitige „Entscheidung“ des Jugendhilfeträgers über die Inanspruchnahme eines geförderten Platzes gegenüber dem Kind erfolgen,
37so Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 7. Februar 2006 - 4 LA 466/03 -. Vgl. auch Bayerischer VGH, Beschluss vom 14. Oktober 2013 - 12 ZB 11.1417 -, juris Rn. 15.
38Eine solche Leistungsbewilligung durch Verwaltungsakt oder eine anderweitige „Entscheidung“ hat die Klägerin nicht getroffen. Es fehlt dementsprechend an einer individualisierten Jugendhilfeleistung gegenüber Q. oder deren Personensorgeberechtigten. Neben der Erhebung von Elternbeiträgen gegenüber den Eltern von Q. hat die Klägerin allein ein Angebot auf Förderung in Kindertagesstätten vorgehalten. Dies genügt den genannten Anforderungen an eine Jugendhilfeleistung allerdings nicht. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang Q. ein Angebot auf einen Kindertagesplatz wahrnimmt, haben allein die Personensorgeberechtigten, nicht aber die Klägerin getroffen.
39Unabhängig von diesem Erfordernis einer Jugendhilfeleistung dürfte einer Anwendbarkeit von § 89 c Abs. 1 Satz 2 SGB VIII weiterhin entgegenstehen, dass sich ein Anspruch auf Erstattung platzbezogener Restbetriebskosten allenfalls aus Landesrecht, nicht aber nach den bundesgesetzlichen Erstattungsvorschriften des Sozialgesetzbuches Achtes Buch ergeben kann.
40Gemäß § 74 a Satz 1 SGB VIII regelt nämlich das Landesrecht die Finanzierung von Tageseinrichtungen. Ausgenommen sind nach § 74 a Satz 3 SGB VIII allein die Erhebung von Teilnahmebeiträgen nach § 90 SGB VIII, die weiterhin dem Bundesrecht unterfällt. Die Regelung des § 74 a Satz 1 SGB VIII trägt dabei den unterschiedlichen Finanzierungsmodalitäten der Länder Rechnung,
41Nonninger, in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 74 a Rn. 1.
42Dem kann entnommen werden, dass bei der Geltendmachung von Kosten, die allein der Finanzierung der Tageseinrichtung dienen, die bundesgesetzlichen Erstattungsregelungen des Sozialgesetzbuches Achtes Buch nicht eröffnet sind, da § 74 a SGB VIII einen Rückgriff auf jugendhilferechtliche Erstattungsansprüche ausschließt. Ein Erstattungsanspruch im Hinblick auf die Finanzierung von Kinderbetreuungseinrichtungen kann dann allenfalls landesrechtlich geregelt sein. Andernfalls muss der örtliche Träger ein etwaiges Defizit, das ihm nach Erhebung von Kostenbeiträgen und der Landesförderung verbleibt, selbst tragen.
43So Bayerischer VGH, Beschluss vom 14. Oktober 2013 - 12 ZB 11.1417 -, juris Rn. 18 ff.; VG Ansbach, Urteil vom 7. April 2011 - AN 14 K 10.01524, juris.
44Auch steht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2002, das die Anwendbarkeit von Erstattungsansprüchen des Sozialgesetzbuches Achtes Buch annimmt,
45BVerwG, Urteil vom 14. November 2002 - 5 C 57/01 -, juris,
46dem nicht entgegen, da § 74 a SGB VIII erst zum 1. Januar 2005 und damit nach der genannten Entscheidung geschaffen worden ist.
47Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 14. Oktober 2013 - 12 ZB 11.1417 -, juris Rn. 21. Zur Entstehungsgeschichte der Norm s. Wiesner, in: ders., SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 74 a Rn. 2, Einl. Rn. 33.
48Vorliegend handelt es sich bei den geltend gemachten Kosten um solche, die der allgemeinen Finanzierung von Kindertagesstätten dienen. Dies ergibt sich aus der vorgelegten Kostenaufstellung der Klägerin. Danach entstehen für die betroffene Kindertagesstätte für jeden Platz neben Sachkosten für Spielmaterial, Essen, Betreuung und sonstigen Verwaltungskosten weitere Personalkosten, von denen die Landesförderung und der Elternbeitrag abgezogen werden. Diesen Kosten ist gemeinsam, dass sie in der Kindertagesstätte – unabhängig von einem konkreten Bedarf eines Kindes – anfallen. Zudem sieht das Niedersächsische Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder (KiTaG) keinen Erstattungsanspruch im Hinblick auf Restbetriebskosten vor, auf den sich die Klägerin stützen könnte.
49Vgl. zu landesrechtlichen Erstattungsvorschriften VG Ansbach, Urteil vom 7. April 2011 - AN 14 K 10.01524, juris.
50Letztlich braucht die Frage der Anwendbarkeit der Erstattungsvorschriften hier nicht abschließend beantwortet zu werden. Denn jedenfalls liegen die Voraussetzungen von § 89 c Abs. 1 Satz 2 SGB VIII nicht vor. Die Klägerin hat keine Kosten im Rahmen ihrer Verpflichtung nach § 86 d SGB VIII aufgewendet. Nach dieser Vorschrift ist der örtliche Träger vorläufig zum Tätigwerden verpflichtet, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält, wenn die örtliche Zuständigkeit nicht feststeht oder der zuständige örtliche Träger nicht tätig wird.
51Es ist schon nicht ersichtlich, dass die Klägerin „vorläufig“ zum Tätigwerden im Sinne von § 86 d SGB VIII verpflichtet gewesen ist. Die von der Klägerin erbrachte Leistung bestand – wie bereits festgestellt – einzig im Vorhalten eines Angebotes an Kindertageseinrichtungen. Dieses Angebot, das Q. bzw. ihre Personensorgeberechtigten angenommen haben, kann jedoch nicht als eine vorläufige Leistung angesehen werden. Weder aus der Sichtweise der Klägerin noch aus der von Q. bzw. ihrer Eltern ist ein vorläufiger Charakter der Leistung erkennbar. Auch ist eine Vorläufigkeit nicht nach außen dokumentiert worden.
52Vgl. zur „Vorläufigkeit“ im Sinne von § 86 d SGB VIII bei Angeboten zur Förderung von Kindertageseinrichtungen VG Ansbach, Urteil vom 7. April 2011 - AN 14 K 10.01524, juris.
53Zudem ist die Klägerin seit September 2012 selbst für die Jugendhilfe-maßnahme örtlich zuständig und kann sich demnach nicht auf § 86 d SGB VIII berufen.
54Die Zuständigkeit der Klägerin folgt aus § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII. Nach dieser Vorschrift richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wenn den Eltern die Personensorge gemeinsam zusteht, sie aber verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben. Diese Regelung betrifft im Unterschied zu § 86 Abs. 5 SGB VIII den Fall einer zuständigkeitsrechtlich neuen Leistung. § 86 Abs. 5 SGB VIII hingegen regelt die Zuständigkeit, wenn die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnlicher Aufenthalte begründen.
55Für den Begriff der Leistung im Sinne der Zuständigkeitsregelungen der §§ 86 ff. SGB VIII ist unabhängig von Hilfeart und Hilfeform eine Gesamtbetrachtung der verschiedenen Maßnahmen und Hilfen zu Grunde zu legen, die zur Deckung eines qualitativ unveränderten jugendhilferechtlichen Bedarfs erforderlich sind. Dies gilt auch dann, wenn bei dem vielfach auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfeprozess sich die Schwerpunkte innerhalb des Hilfebedarfes verschieben und für die Ausgestaltung der Hilfe Modifikationen, Änderungen oder Ergänzungen bis hin zu einem Wechsel der Hilfeart erforderlich werden. Im Vordergrund der Gesetzesauslegung steht die Kontinuität einer bedarfsgerechten Hilfegewährung im Rahmen einer in aller Regel auf einen längeren Zeitraum angelegten Hilfegewährung,
56BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 9/03 -, BVerwGE 120, 116, juris Rn. 18. Siehe auch BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 5 C 14/09 -, BVerwGE 137, 368, juris, m. w. N.
57Eine Leistung ist dabei einheitlich, wenn sich die Hilfegewährung ungeachtet aller Modifikationen und Änderungen noch als Fortsetzung der ursprünglichen Hilfemaßnahme darstellt und nicht der Deckung eines andersartigen, neu entstandenen Bedarfes dient,
58BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2004 - 5 C 9/03 -, juris Rn. 27.
59Dies ist der Fall, wenn Maßnahmen im Einzelfall nahtlos aneinander anschließen, also ohne beachtliche zeitliche Unterbrechung gewährt werden,
60BVerwG, Urteil vom 19. August 2010 - 5 C 14/09 -, juris Rn. 20.
61Demgegenüber endet die Zuständigkeit eines Jugendhilfeträgers, wenn die Leistung eingestellt oder eine zuständigkeitsrechtlich neue Leistung gewährt wird,
62vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - 5 C 25/10 -, BVerwGE 141, 77, juris Rn. 37.
63Nach dieser Maßgabe stellt das von der Klägerin vorgehaltene Angebot der Betreuung von Q. in der Kindertagesstätte in I. gegenüber dem Betreuungsangebot in N. zuständigkeitsrechtlich eine neue Leistung dar.
64Dies folgt vor allem aus der Natur der in Rede stehenden Leistung, die sich von anderen Jugendhilfeleistungen wesentlich abgrenzt. Die Beteiligten halten in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsgebiet allein ein Angebot zur Förderung von Kindertageseinrichtungen vor, zu dem sie im Rahmen ihrer Gesamtverantwortung im Sinne von § 79 SGB VIII nach den §§ 22 ff. SGB VIII verpflichtet sind. Dabei haben sie freie Träger nach § 74 SGB VIII zu fördern sowie im Rahmen ihrer Planungsverantwortung rechtzeitig und ausreichend Vorsorge für die Erfüllung des Bedarfs zu treffen, indem eigene Einrichtungen oder solche anderer Träger bereitgestellt werden und gegebenenfalls Vereinbarungen mit Trägern der freien Jugendhilfe geschlossen werden, um dieser Gewährleistungsverantwortung nachzukommen.
65Vgl. allgemein Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 24 Rn. 33; Kunkel/Kepert, in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 2 Rn. 6, § 79 Rn. 6; Mayer, VerwArch 2013, S. 344, 349 ff.
66Im Unterschied zu anderen Jugendhilfeleistungen ist dieses Angebot im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII von der Entscheidung der Personensorgeberechtigten geprägt und abhängig. Die Personensorgeberechtigten bestimmen, ob, wo und in welchem Maße eine Betreuung ihres Kindes erfolgen soll, suchen in der Regel selbst einen Betreuungsplatz und schließen mit dem Einrichtungsträger einen Betreuungsvertrag, ohne dass der Jugendhilfeträger an diesem Verfahren bzw. Entscheidungsprozess beteiligt ist. Auch steht die Kontinuität der Maßnahme im Gegensatz etwa zu einer Hilfe zur Erziehung, die auf einen Hilfeplan gestützt und auf längere Zeit angelegt ist, nicht im Vordergrund. Voraussetzung für ein Angebot nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII ist zudem nicht der konkrete Bedarf eines jungen Menschen. „Bedarf“ im Sinne von § 24 SGB VIII bezieht sich nämlich nicht auf die faktische Nachfrage, sondern ist normativ im Sinne der Erfüllung der leistungsspezifischen wie der allgemeinen Bestimmungen zu verstehen. Der Jugendhilfeträger hat für die in § 24 SGB VIII genannten Zielgruppen einen Bedarf an Plätzen und deren bedarfsgerechter Ausgestaltung vorauszusetzen und ein entsprechendes Angebot vorzuhalten.
67Vgl. Kaiser, in: Kunkel, LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 8.
68Aufgrund der in dem hier zu entscheidenden Einzelfall fehlenden Konkretisierung der Leistungsbewilligung der Klägerin durch einen Ver-waltungsakt oder eine andere Entscheidung gegenüber den Eltern oder Q. selbst, stellt die Abmeldung von Q. durch ihre Mutter die Beendigung der Leistung im Zuständigkeitsbereich der Beklagten dar. Mit der weiteren Entscheidung, dass Q. ab September 2012 in I. in einer Kindertagesstätte betreut werden soll, hat demgegenüber eine neue Leistung begonnen, der die autonome Entscheidung der Personensorgeberechtigten zugrunde liegt, ohne dass die Klägerin hieran mitgewirkt hat.
69Weiterhin fällt besonders ins Gewicht, dass es sich bei einem Umzug in eine andere Stadt, die in wesentlicher Entfernung zu dem bisherigen Wohnort liegt, um eine gravierende Veränderung der Lebensumstände handelt. Dies erfordert in der Regel auch eine neue Entscheidung der Personensorgeberechtigten über die Aufnahme in eine Kindertagesstätte und den Umfang der Betreuung, die regelmäßig als Neubeginn einer Leistung zu würdigen ist. Dieser Umstand der Veränderung der Lebensumstände wird hier dadurch verstärkt, dass dem Umzug die Trennung der Eltern von Q. zugrunde liegt.
70Zu diesem Gesichtspunkt vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 27. Mai 2010 - 15 A 120/09 -, juris. Dem folgend Bayerischer VGH, Beschluss vom 23. April 2014 - 12 ZB 14/26 -, juris.
71Vor diesem Hintergrund ist nicht von Relevanz, dass in zeitlicher Hinsicht nur wenige Tage zwischen dem Einrichtungswechsel liegen. Auch wenn die Betreuung von Q. in N. am 24. August 2012 endete und der Besuch der neuen Einrichtung im Bereich der Klägerin bereits ab dem 1. September 2012 begonnen hat, war eine Entscheidung der Personensorgeberechtigten erforderlich und allein diese ausschlaggebend.
72Vgl. zu diesem zeitlichen Aspekt Bayerischer VGH, Beschluss vom 23. April 2014 - 12 ZB 14/26 -, und VG Würzburg, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - W 3 E 12.877 -, juris, die offen lassen, ob eine einheitliche Leistung im Falle einer zeitlich unmittelbar anschließenden Unterbringung vorliegt.
73Auch steht dieser Wertung nicht entgegen, dass die Mutter sich im Vorhinein um einen neuen Betreuungsplatz für Q. in I. bemüht hat. Dies verdeutlicht zwar, dass die Mutter auch nach dem Umzug eine weitere Betreuung von Q. wünschte, jedoch stellt dies nicht in Frage, dass eine neue Entscheidung aufgrund der Änderung der Lebensumstände erforderlich war.
74Aufgrund dieser neuen Leistung ab September 2012 ist nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII wegen der verschiedenen gewöhnlichen Aufenthalte der Eltern von Q. bei einer gemeinsam bestehenden Personensorgeberechtigung auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils abzustellen, bei dem das Kind vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Hierfür ist ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass der Betreffende sich an dem Ort oder in dem Gebiet „bis auf Weiteres“, also im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 2. April 2009 - 5 C 2.08 -, BVerwGE 133, 320.
76Unter der oben aufgestellten Voraussetzung einer neuen Leistung nach dem Umzug nach I. , ist auf den Zeitpunkt vor Beginn dieser Leistung abzustellen. Mit dem Umzug am 28. August 2012 hat die Mutter in I. einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Vor dem Beginn der Leistung ab dem 1. September 2012 hatte Q. demnach zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt in I. , so dass nach § 86 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII die Zuständigkeit der Klägerin gegeben ist. Dass die Begründung des neuen gewöhnlichen Aufenthaltes in I. nur kurz vor dem Beginn der Betreuung in I. erfolgte, führt zuständigkeitsrechtlich zu keiner Änderung, da nicht ersichtlich ist, dass die Mutter von Q. ihren Lebensmittelpunkt nicht dauerhaft verlagern und in I. ihren gewöhnlichen Aufenthalt nehmen wollte.
77Dieser Wertung steht auch § 86 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII nicht entgegen. Danach wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorge-berechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte begründen (Satz 1 1. HS). Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen (Satz 2). Diese Vorschrift betrifft die Konstellation, dass die Eltern im Rahmen einer einheitlichen Leistung nach deren Beginn verschiedene Aufenthalte begründen. Dies ist hier nicht gegeben, weil es sich schon nicht um eine einheitliche Leistung handelt, die im Bereich der Klägerin fortgesetzt worden ist.
78Vgl. auch die Abgrenzung der Zuständigkeitsvorschriften in VG Hannover, Urteil vom 17. Juli 2013 - 3 A 4722/10 -, juris. Kritisch zur Frage einer generellen Fortsetzungs-fähigkeit einer Betreuung in Kindertageseinrichtungen, die allgemein auf die Rechtsprechung des Bundes-verwaltungsgerichts (Urteil vom 14. November 2002 - 5 C 57/01 -, a. a. O.) gestützt wird, u. a. Bayerischer VGH, Beschluss vom 23. April 2014 - 12 ZB 14/26 -.
79Da die Anspruchsvoraussetzungen von § 89 c Abs. 1 Satz 2 SGB VIII dem-zufolge nicht vorliegen, kann dahinstehen, ob die geltend gemachten platzbezogenen Restbetriebskosten überhaupt erstattungsfähig im Sinne von § 89 f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind. Danach sind die aufgewendeten Kosten zu erstatten, soweit die Erfüllung der Aufgaben den Vorschriften dieses Buches entspricht. Es spricht allerdings einiges dafür, die Kosten, die allein der allgemeinen Aufbringung von Personal und Sachmitteln dienen und nicht eindeutig abgrenzbar einer bestimmten Jugendhilfemaßnahme individuell konkret zugeordnet werden können,
80vgl. zu den Anforderungen BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2009 - 5 C 16/08 -, BVerwGE 135, 150, juris,
81als nicht erstattungsfähige Verwaltungskosten im Sinne § 109 Satz 1 SGB X einzustufen,
82vgl. im Einzelnen Bayerischer VGH, Beschluss vom 14. Oktober 2013 - 12 ZB 11.1417 -, juris Rn. 23 ff.
83Ferner ergibt sich ein Erstattungsanspruch nicht aus § 105 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist der zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen.
84Ein solcher Anspruch scheitert bereits daran, dass die Klägerin für die in Frage stehende Leistung aufgrund der oben getroffenen Wertungen selbst zuständig ist und daher keine Erstattung von Kosten verlangen kann.
85Im Übrigen ist wegen der Natur des Angebots der Förderung von Kindertageseinrichtungen durchaus fraglich, ob diese Leistung überhaupt als „Sozialleistung“ im Sinne von § 105 SGB X angesehen werden kann. Wie bereits oben im Zusammenhang mit § 89 c SGB VIII angesprochen, fehlt es bei den Angeboten nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII in der Regel an einem konkreten Tätigwerden oder einer Entscheidung des Jugendhilfeträgers gegenüber einem Kind oder deren Eltern.
86Hierzu auch VG Hannover, Urteil vom 17. Juli 2013 - 3 A 4722/10 -, juris Rn. 25 ff. m. w. N.
87Außerdem wäre ein Erstattungsanspruch – das Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale vorausgesetzt – aufgrund von § 109 Satz 1 SGB X ausgeschlossen. Die begehrten Kosten dürften nämlich – wie bereits oben erwähnt – nicht erstattungsfähige Verwaltungskosten im Sinne der Norm darstellen,
88vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 14. Oktober 2013 - 12 ZB 11.1417 -, juris Rn. 23 ff.
89Die Klage ist auch hinsichtlich des Antrags zu 2. unbegründet. Die von der Klägerin begehrte Fallübernahme in die Zuständigkeit der Beklagten scheidet aufgrund der oben festgestellten Zuständigkeit der Klägerin seit September 2012 ebenfalls aus.
90Die Klägerin hat nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO nicht gerichtskostenfrei.
91Die Berufung war gemäß § 124 a Abs. 1 S. 1 VwGO aus dem in § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO genannten Grund zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die sich im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit der Zuständigkeits- und Kostenerstattungsvorschriften bei Angeboten zur Förderung von Kindertageseinrichtungen im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII stellenden Rechtsfragen sind bisher in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt.
(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.
(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:
- 1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14), - 2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21), - 3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25), - 4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40), - 5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40), - 6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).
(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind
- 1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42), - 2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a), - 3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44), - 4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a), - 5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a), - 6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50), - 7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51), - 8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52), - 9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a), - 10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54), - 11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57), - 12.
Beurkundung (§ 59), - 13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
(1) Für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. An die Stelle der Eltern tritt die Mutter, wenn und solange die Vaterschaft nicht anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Lebt nur ein Elternteil, so ist dessen gewöhnlicher Aufenthalt maßgebend.
(2) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Steht die Personensorge im Fall des Satzes 1 den Eltern gemeinsam zu, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 zuletzt bei beiden Elternteilen seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Elternteils, bei dem das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen tatsächlichen Aufenthalt hatte. Hatte das Kind oder der Jugendliche im Fall des Satzes 2 während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung bei keinem Elternteil einen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung.
(3) Haben die Elternteile verschiedene gewöhnliche Aufenthalte und steht die Personensorge keinem Elternteil zu, so gilt Absatz 2 Satz 2 und 4 entsprechend.
(4) Haben die Eltern oder der nach den Absätzen 1 bis 3 maßgebliche Elternteil im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, oder ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht feststellbar, oder sind sie verstorben, so richtet sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen vor Beginn der Leistung. Hatte das Kind oder der Jugendliche während der letzten sechs Monate vor Beginn der Leistung keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält.
(5) Begründen die Elternteile nach Beginn der Leistung verschiedene gewöhnliche Aufenthalte, so wird der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich der personensorgeberechtigte Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; dies gilt auch dann, wenn ihm einzelne Angelegenheiten der Personensorge entzogen sind. Solange in diesen Fällen die Personensorge beiden Elternteilen gemeinsam oder keinem Elternteil zusteht, bleibt die bisherige Zuständigkeit bestehen. Absatz 4 gilt entsprechend.
(6) Lebt ein Kind oder ein Jugendlicher zwei Jahre bei einer Pflegeperson und ist sein Verbleib bei dieser Pflegeperson auf Dauer zu erwarten, so ist oder wird abweichend von den Absätzen 1 bis 5 der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Pflegeperson ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er hat die Eltern und, falls den Eltern die Personensorge nicht oder nur teilweise zusteht, den Personensorgeberechtigten über den Wechsel der Zuständigkeit zu unterrichten. Endet der Aufenthalt bei der Pflegeperson, so endet die Zuständigkeit nach Satz 1.
(7) Für Leistungen an Kinder oder Jugendliche, die um Asyl nachsuchen oder einen Asylantrag gestellt haben, ist der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich sich die Person vor Beginn der Leistung tatsächlich aufhält; geht der Leistungsgewährung eine Inobhutnahme voraus, so bleibt die nach § 87 begründete Zuständigkeit bestehen. Unterliegt die Person einem Verteilungsverfahren, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde; bis zur Zuweisungsentscheidung gilt Satz 1 entsprechend. Die nach Satz 1 oder 2 begründete örtliche Zuständigkeit bleibt auch nach Abschluss des Asylverfahrens so lange bestehen, bis die für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgebliche Person einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich eines anderen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe begründet. Eine Unterbrechung der Leistung von bis zu drei Monaten bleibt außer Betracht.
(1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden. Kindertagespflege wird von einer geeigneten Kindertagespflegeperson in ihrem Haushalt, im Haushalt des Erziehungsberechtigten oder in anderen geeigneten Räumen geleistet. Nutzen mehrere Kindertagespflegepersonen Räumlichkeiten gemeinsam, ist die vertragliche und pädagogische Zuordnung jedes einzelnen Kindes zu einer bestimmten Kindertagespflegeperson zu gewährleisten. Eine gegenseitige kurzzeitige Vertretung der Kindertagespflegepersonen aus einem gewichtigen Grund steht dem nicht entgegen. Das Nähere über die Abgrenzung von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege regelt das Landesrecht.
(2) Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen
- 1.
die Entwicklung des Kindes zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern, - 2.
die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen, - 3.
den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit, Kindererziehung und familiäre Pflege besser miteinander vereinbaren zu können.
(3) Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen.
(4) Für die Erfüllung des Förderungsauftrags nach Absatz 3 sollen geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung der Qualität der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege weiterentwickelt werden. Das Nähere regelt das Landesrecht.
Das Nähere über Inhalt und Umfang der in diesem Abschnitt geregelten Aufgaben und Leistungen regelt das Landesrecht. Am 31. Dezember 1990 geltende landesrechtliche Regelungen, die das Kindergartenwesen dem Bildungsbereich zuweisen, bleiben unberührt.
(1) Die Jugendhilfe umfasst Leistungen und andere Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien.
(2) Leistungen der Jugendhilfe sind:
- 1.
Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, der Schulsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14), - 2.
Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21), - 3.
Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (§§ 22 bis 25), - 4.
Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40), - 5.
Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40), - 6.
Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (den §§ 41 und 41a).
(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe sind
- 1.
die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42), - 2.
die vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a), - 3.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis (§§ 43, 44), - 4.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben (§§ 45 bis 47, 48a), - 5.
die Tätigkeitsuntersagung (§§ 48, 48a), - 6.
die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50), - 7.
die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind (§ 51), - 8.
die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 52), - 9.
die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern (§§ 52a, 53a), - 10.
die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Anerkennung als Vormundschaftsverein (§ 54), - 11.
Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft des Jugendamts (§§ 55 bis 57), - 12.
Beurkundung (§ 59), - 13.
die Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden (§ 60).
Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie
- 1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder - 2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder - 3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
Verwaltungskosten sind nicht zu erstatten. Auslagen sind auf Anforderung zu erstatten, wenn sie im Einzelfall 200 Euro übersteigen. Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den in Satz 2 genannten Betrag entsprechend der jährlichen Steigerung der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches anheben und dabei auf zehn Euro nach unten oder oben runden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.