Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 17. Mai 2019 - B 7 K 17.530

bei uns veröffentlicht am17.05.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

2. Ziffer 8.9 des Bescheids des Landratsamts … vom 08.06.2017 wird aufgehoben. Ziffer 8.7 des Bescheids vom 08.06.2017 wird insoweit aufgehoben, als darin das Aufstellen, Bereithalten oder die Duldung von technischen Geräten zur Bargeldabhebung, insbesondere EC- oder Kreditkartenautomaten, außerhalb des Gesamtgebäudekomplexes verboten wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 2/3, der Beklagte 1/3.

4. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Berufung wird zugelassen, soweit sich die Klage gegen die Ziffer 8.7 des Bescheids vom 08.06.2017 richtet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ziffern 6, 7 und 8 (8.1 bis 8.10) des Bescheids des Landratsamtes … vom 08.06.2017 (Az.: …*).

Mit dem die Spielhalle … betreffenden Bescheid vom 08.06.2017 erteilte der Beklagte dem Kläger eine glücksspielrechtliche Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle gem. § 24 des Glücksspielstaatsvertrags - GlüStV - i.V.m. Art. 9 und 11 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland - AGGlüStV -.

Diese Erlaubnis wurde jeweils u.a. mit folgenden Nebenbestimmungen versehen:

Gem. Ziff. 6 wurde der Kläger verpflichtet, die von ihm vorgelegten Konzepte bzw. die Unterlassungserklärung, die zum Bestandteil der Erlaubnis erklärt wird, vollumfänglich einzuhalten. Diese umfassen das Sozialkonzept, das Werbekonzept, die Unterlassungserklärung zum Internetverbot und das Anpassungskonzept in der Fassung vom 29.03.2017.

Ziff. 7 enthält eine auflösende Bedingung dahingehend, dass die Befreiungen vom Verbot mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund unter Ziff. 4 des Bescheids erlöschen, wenn der Kläger die Bestimmungen des Anpassungskonzepts in der Fassung vom 29.03.2017 innerhalb der Geltungsdauer der Befreiungen unter Ziff. 4 des Bescheids nicht einhält.

Des Weiteren wurden unter Ziff. 8 folgende Auflagen erteilt:

Gem. Ziff. 8.1 hat der Kläger die Einhaltung der Jugendschutzanforderungen gem. § 4 Abs. 3 GlüStV i.V.m. § 6 Abs. 2 JuSchG dauerhaft sicherzustellen.

Ziff. 8.2 verpflichtet den Kläger, die Anforderungen des Sozialkonzepts nach § 6 GlüStV i.V.m. den Vorgaben des Anhangs „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“ zum GlüStV (insbesondere regelmäßige Schulung des Personals, Dokumentation der Maßnahmen sowie Auslage der Informationen zur Spielsucht) dauerhaft sicherzustellen.

Gem. Ziff. 8.3 sind durch eine unabhängige Prüforganisation die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen, die Einhaltung des Sozialkonzepts und die Durchführung des Anpassungskonzeptes zu zertifizieren. Im 2-Jahres-Rhythmus ab Erteilung dieser Erlaubnis sind Zertifizierungsmaßnahmen der unabhängigen Prüforganisation in Form unangekündigter Audits und wiederkehrender Kontrollen durchzuführen. Der Bericht über die Zertifizierung ist der Erlaubnisbehörde innerhalb eines Jahres nach dem Stichtag der Zertifizierung vorzulegen.

Ziff. 8.4 normiert die Auflage, im 2-Jahres-Rhythmus ab Erteilung dieser Erlaubnis unaufgefordert unter Vorlage der Dokumentation zum Jugend- und Spielerschutz über die im Sozialkonzept beschriebenen getroffenen Maßnahmen an die Erlaubnisbehörde zu berichten.

Gem. Ziff. 8.5 hat der Kläger die Einhaltung der Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken gem. § 7 GlüStV dauerhaft durch gut sichtbaren Aushang in den Räumen der Spielhalle sicherzustellen. Ebenso sind die Informationen zum Spielerschutz gem. dem Sozialkonzept für jedermann zugänglich und gut sichtbar zur Verfügung zu stellen. Der Name und die Erreichbarkeit des Ansprechpartners für das Sozialkonzept und den Spielerschutz in der Spielstätte sowie die örtliche Suchtberatungsstelle und die zuständige Erlaubnisbehörde sind durch gut sichtbaren Aushang bekanntzugeben.

Ziff. 8.6 normiert die Auflage, Spielgäste mit „offensichtlich pathologischem“ oder „problematischem Spielverhalten“ anzusprechen und auf das örtliche Hilfesystem hinzuweisen. Diese Hinweise sowie die zum Schutz des Spielers getroffenen Maßnahmen sind zu dokumentieren.

Ziff. 8.7 verbietet das Aufstellen, Bereithalten oder die Duldung von technischen Geräten zur Bargeldabhebung, insbesondere EC- oder Kreditkartenautomaten, in der Spielhalle und im umliegenden Einflussbereich des Spielhallenbetreibers (z.B. Eingangsbereich, Nebenräume, Parkplatz).

Gem. Ziff. 8.8 dürfen in der laufenden Werbung keine spielanreizenden Bezeichnungen wie „Casino“ verwendet werden (§§ 5, 26 Abs. 1 GlüStV). Ebenso ist die Verwendung von Spielmarken (Jetons und Chips) und von zum Zweck des öffentlichen Glücksspiels ausschließlich in Spielbanken zugelassenen Spielgeräten (beispielsweise Roulettetisch) bei Werbemaßnahmen unzulässig. Auch eine Werbung mit Boni über SMS ist nicht erlaubt.

Gem. Ziff. 8.9 sind der Abdruck dieser glücksspielrechtlichen Erlaubnis, das Werbekonzept, das Sozialkonzept und das Anpassungskonzept sowie die dazugehörigen Dokumentationen zum Jugend- und Spielerschutz jederzeit zur Einsichtnahme durch das Landratsamt …bereitzuhalten.

Ziff. 8.10 normiert die Pflicht der Erlaubnisinhaberin bzw. des Erlaubnisinhabers, das in der Spielhalle beschäftigte Personal bei der Aufnahme des jeweiligen Arbeitsverhältnisses auf die für die Tätigkeit relevanten Bestimmungen des GlüStV und des AGGlüStV sowie die Auflagen dieser Erlaubnis hinzuweisen. Dies ist zu dokumentieren.

Zur Begründung wurde in dem Bescheid Folgendes ausgeführt:

Die Erlaubnis könne gem. § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV unter Nebenbestimmungen erteilt werden. Die Jugendschutzanforderungen, das Internetverbot, die Werbebeschränkungen, die Anforderungen an das Sozialkonzept und die Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken seien dauerhaft sicherzustellen. Die dauerhafte Erfüllung dieser Anforderungen diene den in § 1 GlüStV benannten Zielen.

Die auflösende Bedingung unter Ziff. 7 sei erforderlich, um die gesetzlichen Voraussetzungen des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV und die Umsetzung des Anpassungskonzepts sicherzustellen. Zur Beachtung des Anpassungskonzepts sei der Kläger bereits gesetzlich verpflichtet, sodass kein darüberhinausgehender Eingriff vorliege. Die unter Ziff. 8.1 bis 8.10 erlassenen Auflagen würden gewährleisten, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Erlaubnis eingehalten werden. Im Rahmen der Erteilung einer Befreiung vom Verbot mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund diene die Pflicht zur Zertifizierung durch eine unabhängige Prüforganisation der weiteren Kontrolle, ob der Gefährlichkeit, die von den weiterhin bestehenden Spielhallen im baulichen Verbund ausgehe, durch die Umsetzung des Sozialkonzepts, der gesetzlichen Vorschriften und des Anpassungskonzepts Rechnung getragen werde. Durch die Pflicht zur Zertifizierung werde der Kläger auch nicht mehr als erforderlich in seinen Rechten beeinträchtigt. Insofern sei auch hier zu beachten, dass ihm mit der Befreiung eine günstige Rechtsposition gewährt werde, auf die er keinen gesetzlichen Anspruch habe. Die Zertifizierung gebe dem Kläger die Möglichkeit, gegenüber der Erlaubnisbehörde die Einhaltung der Voraussetzungen der Befreiung darzulegen und so weiter von dieser zu profitieren. Die Berichtspflicht im 2-Jahres-Rhythmus ergebe sich aufgrund des Anhangs zum GlüStV (Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht). Zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV, insbesondere der Bekämpfung von Spielsucht, sollten die Spieler durch den Aushang bzw. das Auslegen von Informationen zum Spielerschutz ihre Gefährdungslage einschätzen und sich darüber informieren können, welche Ansprechpartner vorhanden seien. Das Aufstellen, Bereithalten oder die Duldung von technischen Geräten zur Bargeldabhebung stelle einen Widerspruch zu § 2 Abs. 3 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 GlüStV dar, der die Vermeidung von Glücksspielsucht zum Ziel habe. Die Möglichkeit, sich am Ort der Spielteilnahme mittels EC- und Kreditkarten Bargeld beschaffen zu können, erhöhe das Risiko eines suchtgefährdenden Spielverhaltens und einer Verschuldung. Die Bereithaltung eines Abdrucks dieser glücksspielrechtlichen Erlaubnis, des Werbekonzepts, des Sozialkonzepts sowie der dazugehörigen Dokumentation zur Einsichtnahme durch Kontrollorgane ermögliche es der Glücksspielaufsichtsbehörde, die Erfüllung der nach dem GlüStV bestehenden oder aufgrund des GlüStV begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und Werbung hierfür unterblieben. Die Hinweispflicht des Erlaubnisinhabers gegenüber dem Personal auf die einschlägigen Vorschriften des Glücksspielrechts sowie die Auflagen dieser Erlaubnis seien erforderlich gewesen, um insbesondere für die Jugendschutzanforderungen, das Internetverbot, die Werbebeschränkungen, die Anforderungen an das Sozialkonzept und die Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken zu sensibilisieren und so die Einhaltung dieser Anforderungen sicherzustellen.

Am 05.09.2017 erhob der Kläger Klage gegen die oben genannten Nebenbestimmungen der Bescheide. Zur Begründung trug er Folgendes vor:

Ziff. 6 der Bescheide sei ausweislich des Wortlauts („wird verpflichtet“) und der Begründung der Bescheide als Auflage gem. Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes - BayVwVfG - zu qualifizieren. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei § 24 Abs. 3 Satz 3 GlüStV mangels Außenverbindlichkeit und entsprechendem Anwendungsbefehls im AGGlüStV nicht anzuwenden. Dem Beklagten ermangele es schon an der Auflagenbefugnis. Art. 9 Abs. 1 Nr. 2 AGGlüStV stelle auf den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung ab, zu dem die Einhaltung der Anforderungen an den Jugendschutz, das Internetverbot, die Werbebeschränkungen, das Sozialkonzept und die Aufklärung über Suchtrisiken sichergestellt sein müsse. Das Sicherstellen sei bereits durch die Vorlage dieser Konzepte erfolgt. Für eine zusätzliche Vollstreckbarmachung dieser Unterlagen fehle es an einer gesetzlichen Grundlage und auch an jedwedem plausiblen Grund. Verstöße gegen die in Art. 9 AGGlüStV genannten Pflichten sei mit dem Gesetz im Wege der Aufsicht gem. Art. 10 GlüStV i.V.m. § 9 Abs. 1 und 2 GlüStV zu begegnen.

Die Auflage sei darüber hinaus aufgrund der Unbestimmtheit formell rechtswidrig, Art. 37 BayVwVfG. Dem Kläger sei nicht ersichtlich, was genau etwa aus dem Sozialkonzept, das ein umfassendes und umfangreiches Konzept darstelle und nicht nach Ge- und Verboten aufgebaut sei, für ihn verbindlich sein solle. Es sei nicht klar, was genau der umfassenden Konzepte zwangsweise durchgesetzt werden können solle. Darüber hinaus liege für die Regelung in Ziff. 6 keine Begründung gem. Art. 39 BayVwVfG vor.

Ferner sei die Auflage auch materiell rechtswidrig. Anwendung finde Art. 36 Abs. 1 Var. 2 BayVwVfG, sodass eine Auflage nur dann möglich sei, wenn sie sicherstellen solle, dass die Voraussetzungen der Erlaubnis erfüllt werden. Da die Voraussetzungen für die Erlaubniserteilung aber gegeben seien, sei diese ohne gegenständliche Auflage zu erteilen. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG ermächtige nicht dazu, sicherzustellen, dass die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt blieben.

Auch bzgl. Ziff. 7 sei Art. 36 BayVwVfG und nicht § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV einschlägig. Der Kläger sei gemäß der Gesetzesbegründung zu Art. 12 AGGlüStV gesetzlich gerade nicht zur Einhaltung des Anpassungskonzepts verpflichtet. Das Anpassungskonzept stelle einen Vorschlag des Betreibers an die Behörde dar, wie er zukünftig dem Spielerschutz gerecht werden könnte. Die Behörde habe jedoch zu entscheiden, welche Maßnahmen hiervon verbindlich sein sollen. Zudem widerspreche sich der Bescheid, da er unter Ziff. 6 lit. d die Einhaltung des Anpassungskonzepts als Auflage vorsehe und sodann unter Ziff. 7 als Bedingung ausgestalte.

Die Bestimmungen in Ziff. 8 des Bescheids seien als Auflagen definiert und auch als solche zu behandeln. Selbst wenn es sich nach Auffassung des Gerichts teilweise nicht um Auflagen, sondern um unverbindliche Hinweise auf die Rechtslage durch die Behörden handeln solle, bestehe ein Feststellungsinteresse hieran, da andernfalls der Kläger wegen der eindeutigen Auffassung des Beklagten, dass es sich um Auflagen handele, Gefahr laufe, Vollstreckungsmaßnahmen nach dem VwZVG ausgesetzt zu werden. Die Auflagen unter Ziff. 5 seien jeweils schon deshalb rechtswidrig, weil die Begründung des Bescheids nicht erläutere, inwiefern diese die Genehmigungsvoraussetzungen sicherstellen sollen, Art. 36 Abs. 1 Var. 2, Art. 39 BayVwVfG.

Zudem seien die Auflagen aus folgenden Gründen rechtswidrig:

Mit der Festschreibung der Einhaltung der Jugendschutzanforderungen gemäß der derzeitig gültigen Rechtslage in Ziff. 8.1 drohe eine Verfestigung der Rechtslage hinsichtlich dieser Anforderungen, wenn diese Bestimmung als verbindliche Regelung verstanden werde. Hierzu sei der Beklagte nicht befugt, eine Ermächtigungsgrundlage fehle.

Die als Auflage bezeichnete Ziff. 8.2 sei unbestimmt, Art. 37 BayVwVfG. Es werde nicht klargestellt, auf welche Weise ein Sicherstellen erfolgen solle. Auch sei, wie bereits ausgeführt, eine Auflage mit Genehmigungsvoraussetzungen für die Zukunft nicht zulässig.

Hinsichtlich der Auflagen in Ziff. 8.3 fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage für solche Regelungen, die darauf abzielten, dass die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen des Spielhallenbetriebs durch eine unabhängige Prüforganisation überprüft und zertifiziert werden solle. Die Aufsicht über den Betrieb der Spielhalle sei Sache der Aufsichtsbehörde gem. Art. 10 AGGlüStV i.V.m. § 9 Abs. 1 und 2 GlüStV. Eine Ermächtigungsgrundlage für die Beleihung einer dritten Prüforganisation sei nicht gegeben. Weiterhin sei die Regelung entgegen Art. 37 BayVwVfG unbestimmt. Es sei weder dargetan, was eine unabhängige Prüforganisation sein solle, also auch wann diese als solche vom wem anerkannt werde, noch wie häufig Kontrollen o.ä. stattfinden sollen oder wie und in welchem Umfang die Prüfung überhaupt vorgenommen werden solle. Letztlich sei auch zu bedenken, dass erhebliche finanzielle Aufwendungen für die Beauftragung zweifelhafter Prüforganisationen vorgenommen werden müssten, was zu Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Bei Ziff. 8.4 könne es sich um einen Hinweis auf Nr. 1 lit. b der „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“, Art. 9 Abs. 1 Nr. 2 lit. d AGGlüStV i.V.m. § 6 Satz 2 GlüStV handeln. Allerdings sei darin eine Dokumentation zum Jugend- und Spielerschutz nicht vorgesehen, sodass eine darüber hinausgehende Auflage vorliege. Diese sei mangels Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig und verletze den Kläger in eigenen Rechten.

Die Festlegungen in Ziff. 8.5 seien wiederum nicht hinreichend bestimmt. So bleibe offen, was auf dem Aushang nach Satz 1 der Auflage abzubilden sei. Auch Satz 2 der Auflage sei nicht hinreichend bestimmt. Warum Name und Erreichbarkeit des Ansprechpartners für das Sozialkonzept dem Spielerschutz dienen solle, erschließe sich nicht und werde nicht näher begründet. Dies sei ermessensfehlerhaft und widerspreche dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des jeweiligen Verantwortlichen.

Auch Ziff. 8.6 sei nicht hinreichend bestimmt. Es bleibe offen, was „offensichtlich pathologisches“ oder gar „problematisches Spielverhalten“ sein solle. Zudem könne ohne gesetzliche Grundlage ein Ansprechen Dritter (der Spielgäste) und eine Hinweispflicht diesen gegenüber samt einer entsprechenden Dokumentation hierüber nicht durch behördliche Anordnung aufoktroyiert werden, da dies das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Spielgäste verletze. Hinsichtlich der Dokumentationspflicht dürfte es sich lediglich um einen Hinweis auf Nr. 1 lit. b der „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“ handeln, deren Gültigkeit zweifelhaft sei. Da die Bestimmung dennoch als Auflage bezeichnet werde, sei sie aufzuheben.

Bzgl. der Auflage in Ziff. 8.7 fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage. Zudem sei das Nichtvorhandensein von Geldautomaten keine Genehmigungsvoraussetzung nach dem AGGlüStV i.V.m. dem GlüStV und dürfe daher nach Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG nicht verfügt werden. Hinzu komme, dass dem Spielhallenbetreiber etwas aufgegeben werde, was für ihn nicht erfüllbar sei. Er könne das Dulden des Aufstellens von Geldautomaten durch Dritte in seinem Nahbereich nicht unterlassen. Er sei vielmehr zur Duldung rechtlich verpflichtet.

Die Auflage Ziff. 8.8 sei aufgrund des Begriffs „spielanreizende Bezeichnungen“ unbestimmt. Hinsichtlich des Satzes 2 (Ausschluss von Jetons und Chips) ermangele es an einer Ermächtigungsgrundlage. Das angeführte Regelbeispiel des Roulettetisches sei sachlich falsch, da es ein zugelassenes Geldspielgerät gebe, das optisch einen solchen Roulettetisch darstelle. Satz 3 dürfte lediglich ein Hinweis auf § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV i.V.m. AGGlüStV sowie auf § 9 Abs. 2 SpielV sein. Die als solche bezeichnete Auflage sei daher aufzuheben.

Die Bestimmung in Ziff. 8.9 verstoße gegen Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG, da ein Bereithalten der Erlaubnis und Konzepte nicht Voraussetzung für die Genehmigungserteilung sei. Auch sei die Bestimmung sachwidrig und damit ermessensfehlerhaft, da das Landratsamt …jederzeit Zugriff auf seine eigenen Entscheidungen habe und nicht ersichtlich sei, wozu diese Bestimmung dienen solle. Ermessenerwägungen fänden sich hierzu nicht.

Die Auflage Ziff. 8.10 dürfte einen unverbindlichen Hinweis auf Nr. 1 lit. c der „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“ darstellen. Da die Behörde dennoch eine verbindliche Auflage anordnen möchte und es für diese an einer Ermächtigungsgrundlage fehle, sei die Bestimmung aufzuheben.

Der Kläger beantragt zuletzt,

Die Auflagen Ziff. 6 und 8 (8.1 bis 8.10) des Bescheids des Landratsamtes … vom 08.06.2017 werden aufgehoben, soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte stützt sich im Wesentlichen auf die Gründe der angefochtenen Bescheide. Ferner trägt er zur Begründung vor, dass der Kläger verkenne, dass es sich beim GlüStV um ein Gesetz handele und dieses in Bayern unmittelbar Anwendung finde. Am 30.06.2012 sei der Erste Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster GlüÄndStV) im Bayerischen Gesetz und Verordnungsblatt bekanntgemacht worden. Am 01.07.2012 sei der Erste GlüÄndStV in Kraft getreten. Es bedürfe deshalb auch keines Anwendungsbefehls im AGGlüStV. Rechtsgrundlage für den Erlass der Ziff. 4 und 5 sei nicht Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG, sondern die speziellere Regelung des § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV. Die glücksspielrechtliche Erlaubnis zur Errichtung und zum Betrieb einer Spielhalle könne mit Nebenbestimmungen versehen werden. Von diesem Ermessen habe der Beklagte Gebrauch gemacht. Soweit Ausführungen zu Konzepten jedenfalls nicht völlig bestimmt seien, könne dies freilich nicht zu Lasten des Klägers gehen. Die Rechtmäßigkeit der Nebenbestimmungen bleibe hiervon jedoch unberührt. Bezüglich des Sozialkonzepts sei die im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung genehmigte Fassung zugrunde zu legen.

Hinsichtlich der Nebenbestimmung in Ziff. 8.3 wird weiter begründet, dass neben Kontrollen durch eigenes Aufsichtspersonal auch die Zertifizierung durch eine unabhängige Prüforganisation erforderlich sei. Auch wenn im Genehmigungsverfahren anhand der Konzepte dargelegt worden sei, wie die von Spielhallen im Verbund ausgehende Gefährlichkeit gebannt werden könne, sei es allein durch eigene Kontrollen nicht möglich, die Einhaltung während des gesamten Genehmigungszeitraums immer wieder zu überprüfen. Diese Zertifizierung sei eine seit Jahren gängige Praxis.

Bzgl. Ziff. 8.7 des Bescheids wird weiter ausgeführt, dass auch der unmittelbare Freibereich um die Spielhalle vom Verbot erfasst sein müsse. Schon heute unterbrächen die Spieler ihre Tätigkeiten, um außerhalb der Räume, bestenfalls direkt am Eingang, rauchen zu können. Dadurch sei kein „Abkühlen“ der Spieler gegeben. Würde hier ein Geldausgabeautomat stehen, wirke dies nicht der Spielsucht entgegen. In dem streitgegenständlichen Spielhallenkomplex gebe es separate Eingänge und gerade keine Gemeinschaftsflächen. Es wird klargestellt, dass der im Bescheid benannte umliegende Einflussbereich im vorliegenden Kontext so zu verstehen sei, dass es auf den zivilrechtlichen Einfluss ankomme.

Betreffend Ziff. 8.8 wird ferner dargelegt, dass die Verwendung der Bezeichnung „Casino“ sowie die Werbung mit typischen Spielen, die als öffentliches Glücksspiel nur in Spielbanken angeboten werden dürfen, unzulässig sei, da beides dem Spieler die Möglichkeit hoher Einsätze und großer Gewinne suggeriere und damit anreizend wirke. In Spielhallen sei im Gegensatz zu Casinos/Spielbanken nur das Spiel mit geringen Beträgen möglich, ebenso seien aber auch keine hohen Gewinne zu erwarten. Die durch die Bezeichnungen und Abbildungen typischer Spielbankspiele implizierte Aussicht auf das „schnelle große Geld“ berge die erhebliche Gefahr, zum Entschluss des Spielens zu verleiten und vermittle falsche Informationen. Sie ziele darauf ab, die Attraktivität der Spielhalle zu steigern, setze durch die Vorstellung, Teil der „Welt der Reichen und Schönen“ zu sein, einen Anreiz zum Spielen und motiviere zu höheren Einsätzen. Die Werbemaßnahme bewege sich zudem nicht in § 5 GlüStV, da sie irreführend sei und insbesondere darauf abziele, unzutreffende Vorstellungen über die Gewinnchancen hervorzurufen.

Bzgl. Ziff. 5.9 wird ergänzt, dass zu gewährleisten sei, dass auch anderen Kontrollorganen die Unterlagen vor Ort bei Besichtigungen zur Einsicht vorlägen. Außerdem müssten die entsprechenden Unterlagen auch in den zur Spielhalle gehörenden Räumen vorgehalten werden, da ein Aufbewahren in den ggf. nicht am selben Ort befindlichen Büroräumen oder Hauptniederlassungen des Betreibers dem Kontrollauftrag zuwider laufen würde.

Bzgl. weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die zahlreichen angefochtenen Nebenbestimmungen übersteigen in ihrer Wertigkeit den vorläufig angesetzten Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR deutlich. Schon die in Ziffer 8.3 geforderten Zertifizierungsmaßnahmen durch eine unabhängige Prüforganisation stellen für den Kläger eine erhebliche Belastung dar. Auch weitere Streitgegenstände erscheinen von wesentlicher finanzieller Bedeutung für den Kläger. Eine besondere Relevanz kommt dabei der streitgegenständlich gewesenen auflösenden Bedingung zu, da diese mit einschneidenden Rechtsfolgen verbunden war. In Ermangelung konkreter Anhaltspunkte erscheint es angemessen, den Streitwert auf das Dreifache des Auffangstreitwerts nach § 52 Abs. 2 GKG festzusetzen (vgl. auch Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs 2013).

I.

In der mündlichen Verhandlung am 17.05.2019 hat das Landratsamt ****** den streitgegenständlichen Bescheid zum Teil abgeändert. Die Ziffern 6b), 6c) und 7 des Bescheids vom 08.06.2017 wurden aufgehoben, bzgl. Ziffer 8.4 der Satzteil „Jugend- und“, bzgl. Ziffer 8.5 der Satzteil „Der Name und“ ersatzlos gestrichen. Ziffer 8.6 erhielt folgende Neufassung: „Wird erkannt, dass Spielgäste ein pathologisches Spielverhalten an den Tag legen, sind sie anzusprechen und auf das örtliche Hilfesystem hinzuweisen. Dies sowie die zum Schutz des Spielers getroffenen Maßnahmen sind zu dokumentieren.“ Ziffer 8.8 erhielt folgende Neufassung: „Die Verwendung von Spielmarken (Jetons und Chips) und von zum Zweck des öffentlichen Glücksspiels ausschließlich in Spielbanken zugelassenen Spielgeräten ist bei Werbemaßnahmen unzulässig. Auch eine Werbung mit Boni über SMS ist nicht erlaubt.“ Ziffer 8.9 erhielt folgende Neufassung: „Der Abdruck dieser glücksspielrechtlichen Erlaubnis, das Werbekonzept, das Sozialkonzept und das Anpassungskonzept sowie die dazugehörigen Dokumentationen zum Spielerschutz sind jederzeit zur Einsichtnahme durch die Kontrollbehörden bereitzuhalten.“ Bezüglich der aufgehobenen bzw. geänderten Ziffern 6b), 6c), 7 und 8.4 wurde der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. 

Streitgegenständlich im zugrundeliegenden Klageverfahren sind somit die Ziffern 6a), 6d), 8.1, 8.2, 8.3, 8.5, 8.6, 8.7, 8.8, 8.9, 8.10, sowie die Ziffer 8.4, soweit diese nicht für erledigt erklärt wurde, in der jeweils aktuellen Fassung.

II.

Die Ziffern 8.7 und 8.9 des streitgegenständlichen Bescheids in der derzeitigen Fassung sind - jedenfalls zum Teil - rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Übrigen sind die verfügten, teilweise abgeänderten Bestimmungen rechtmäßig und die Klage unbegründet.

1. Die Ziffern 6a) und 6d) des streitgegenständlichen Bescheids sind rechtmäßig, die Klage ist insoweit unbegründet.

Rechtsgrundlage für den Erlass von Nebenbestimmungen zu einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis ist § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG. Gemäß Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG darf ein Verwaltungsakt mit Nebenbestimmungen versehen werden, wenn diese durch Rechtsvorschrift zugelassen sind oder wenn sie sicherstellen sollen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Solche Nebenbestimmungen sind bei glücksspielrechtlichen Erlaubnisbescheiden ausdrücklich erlaubt, § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV, sodass Art. 36 Abs. 1 Alt. 1 BayVwVfG einschlägig ist.

Unabhängig vom Rechtscharakter der streitgegenständlichen Nebenbestimmung ist jedenfalls keine Rechtsverletzung des Klägers ersichtlich. Das einzuhaltende Anpassungskonzept wurde vom Kläger selbst vorgegeben und dem Antrag auf Erlaubniserteilung bzw. Befreiung vom Verbundverbot beigefügt. Hinsichtlich des für die Erlaubniserteilung notwendigen Sozialkonzepts verwies der Kläger auf das Mustersozialkonzept des bayerischen Automatenverbands. Der Beklagte hat die Konzepte in der vorlegten Form akzeptiert und kein „Mehr“ verlangt. Der Kläger wird lediglich dazu verpflichtet, die Konzepte einzuhalten, die er ohnehin zum Bestandteil seines Genehmigungsantrages erklärt hat. Das Gericht versteht den Bescheid dahin, dass auf der Grundlage des vorliegenden Bescheids ausschließlich die dem damaligen Genehmigungsantrag beigefügte Fassung des Sozialkonzepts einzuhalten ist und es sich nicht um eine dynamische Verweisung handelt. Dies wird bereits anhand des Wortlauts des Bescheids „das [vorgelegte] Sozialkonzept“ deutlich. Soweit die Konzepte offene bzw. auslegungsfähige Formulierungen enthalten, gehen diese Aspekte bzw. Spielräume zulasten des Beklagten. Da der Beklagte das Konzept in der vorgelegten Form akzeptiert hat, sind „weiche“ Formulierungen zugunsten des Klägers auszulegen. Allerdings bleibt die Rechtmäßigkeit der Nebenbestimmungen hiervon unberührt. Anders als der Kläger vorträgt, erfolgt das Sicherstellen in § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Nr. 2 d) AGGlüStV gerade nicht schon durch die Vorlage der Konzepte. Die Regelung wäre sinnentleert, würde die bloße Vorlage des Sozialkonzepts bei Genehmigungserteilung den Anforderungen des Art. 9 Abs. 1 AGGlüStV genügen, und wäre der Kläger im Weiteren nicht verpflichtet, sich an diese Konzepte zu halten bzw. diese zu erfüllen. Zudem ist dem Wort „Sicherstellen“ schon eine Dauerhaftigkeit der Pflichtenerfüllung zu entnehmen. Auch § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 Satz 1 AGGlüStV, der nach dem Wortlaut das bloße „Vorlegen“ eines Konzepts zur weiteren Anpassung genügen lässt, ist dahingehend auszulegen, dass die Anforderungen an das Anpassungskonzept sicherzustellen sind. Die Regelung strebt einen Interessensausgleich zwischen den mit dem GlüStV verfolgten Allgemeinwohlzielen und dem Bestandsschutz im Einzelnen an, wobei die von §§ 24, 25 GlüStV verfolgten Allgemeinwohlziele nicht auf Dauer hintan gestellt werden sollen (LT-Drs. 16/11995, S. 32). Würde das bloße Vorlegen eines Anpassungskonzepts genügen, ginge die Interessensabwägung einseitig zu Lasten der Allgemeinwohlziele der §§ 24, 25 GlüStV. Folglich ist § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 Satz 1 Alt. 2 AGGlüStV teleologisch so auszulegen, dass die Anforderungen des Anpassungskonzepts nicht nur im Zeitpunkt der Erteilung der Befreiung, sondern dauerhaft während des Betriebs der Verbundspielhallen sicherzustellen sind. Für diese Auslegung spricht auch ein systematischer Vergleich mit § 25 Abs. 2 GlüStV. Das Verbundverbot verfolgt das Ziel der Spielsuchtbekämpfung durch eine Beschränkung des insgesamt verfügbaren Spielhallenangebots. Die Befreiung von der Erfüllung dieses Verbots stellt somit einen begünstigenden Verwaltungsakt dar, der die Rechtspositionen des Klägers entgegen der gesetzlich intendierten Grundkonstellation ausnahmsweise erweitert. Um den Ausnahmecharakter zu wahren, ist § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 AGGlüStV so auszulegen, dass die Anforderungen des Anpassungskonzepts auch während des Betriebs der Verbundspielhallen sicherzustellen sind. Überdies sind auch bei Erteilung einer Befreiung gem. § 24 Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 2 GlüStV die Ziele des § 1 GlüStV zu berücksichtigen, denen auch das Anpassungskonzept in der Fassung vom 29.03.2017 dient (VG Augsburg, U.v. 26.02.2019 - Au 8 K 17.1005, Au 8 K 17.1006 - juris).

2. Die Ziffer 8.7 des streitgegenständlichen Bescheids, die das Aufstellen, Bereithalten und die Duldung von technischen Geräten zur Bargeldabhebung, insb. EC- oder Kreditkartenautomaten, in der Spielhalle und im umliegenden Einflussbereich des Spielhallenbetreibers (zum Beispiel Eingangsbereich, Nebenräume, Parkplatz) verbietet, ist rechtswidrig, soweit sie sich auch auf den Bereich außerhalb des Gesamtgebäudekomplexes erstreckt und wird daher insoweit aufgehoben. Sie hält einer Verhältnismäßigkeitsprüfung insofern nicht Stand, als sich das Verbot auch auf die die Spielhalle umgebende Freifläche (wie z.B. Parkplatz) bezieht.

Die Rechtsgrundlage zum Erlass dieser Nebenbestimmung bildet § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 Alt. 1 BayVwVfG. Allerdings stellt das umfassende Verbot keine geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Regelung zum Schutz der Spieler dar. Die Möglichkeit, sich in einer Verlustphase schnell neue Barmittel zu beschaffen und am gleichen Geldspielgerät - in der Hoffnung bald Gewinn zu erzielen - weiter zu spielen, ist durchaus erheblich eingeschränkt, wenn man die Spielhalle erst verlassen und sich aus suchtpräventiven Erwägungen zu einem außerhalb des Gebäudes befindlichen Geldausgabeautomaten begeben muss. Hierdurch kann ein „Abkühlen“ erreicht werden. Dies gilt insbesondere für pathologische Spieler, von denen bekannt ist, dass sie erst aufhören zu spielen, wenn kein Geld mehr vorhanden ist. Das Verbot im Bescheid vom 08.06.2017 erfasst aber alle Geldautomaten und andere Vorrichtungen, die in räumlicher Verbindung zu einer Spielhalle und im umliegenden Einflussbereich des Spielhallenbetreibers aufgestellt werden. Diese Bezugnahme auf den räumlichen Machtbereich ist zwar eindeutig bestimmt und erstreckt sich auch auf nicht umschlossene Freiflächen vor dem Eingangsbereich der Spielhalle, die Außenwände der die Spielhalle aufnehmenden Baulichkeit oder gar diese umgebende Außenflächen (VG Saarlouis, U.v. 18.5.2016 - 1 K 1128/15 - juris). Vom Beklagten wurde während der mündlichen Verhandlung am 17.05.2019 klargestellt, dass sich das Verbot bezüglich des Aufstellens, Bereithaltens oder der Duldung von technischen Geräten zur Bargeldabhebung auch innerhalb der Spielhalle, des Foyers und der Nebenräume nur auf den zivilrechtlichen Einflussbereich des Klägers bezieht, sodass die Auflage nicht an einer möglichen „Unerfüllbarkeit“ scheitern kann. Allerdings geht diese Regelung zu weit. Immer, wenn die Spielhalle, das dazugehörige Foyer, sowie die Nebenräume zur Erlangung weiteren Geldes verlassen werden müssen, kann nach Ansicht des Gerichts von einem „Abkühlen“ und damit einhergehenden Spielerschutz gesprochen werden. Daher erscheint es unverhältnismäßig, das Verbot des Aufstellens, Bereithaltens oder die Duldung von technischen Geräten zur Bargeldabhebung auch auf umliegende Einflussbereiche des Spielhallenbetreibers, wie die Außenwände des Gebäudes und den Parkplatz, auszudehnen. In Bezug auf die zugrundeliegende Spielhalle ist zu beachten, dass die Halle über einen eigenen, vom restlichen Gebäude abgetrennten Eingang verfügt und es somit innerhalb des Gebäudes, in dem sich die Spielhalle befindet, keine Gemeinschaftsflächen gibt, die der Kläger mit anderen Ladeninhabern zusammen nutzt. Somit kann es vorliegend nicht zu der Situation kommen, dass innerhalb eines gemeinschaftlich genutzten Foyers oder Treppenhauses ein Geldautomat rechtmäßiger Weise stehen dürfte, da er sich dem zivilrechtlichen Einflussbereich des Klägers entzöge. Will sich ein Spieler neues Bargeld beschaffen, muss er sich folglich zwingend „an die frische Luft“ begeben. Der Parkplatz vor dem Gebäude stellt im Gegensatz hierzu jedoch eine Gemeinschaftsfläche dar. Wäre das von der Beklagten erlassene Verbot rechtmäßig, käme es beispielsweise zu der gleichsam kuriosen Situation, dass sich auf dem vom Kläger nicht gemieteten Teil des Parkplatzes ein Geldautomat rechtmäßiger Weise mangels zivilrechtlicher Einflussmöglichkeit des Klägers befinden dürfte, auf dem vom Kläger gemieteten Teil jedoch nicht. Nach Ansicht des Gerichts macht es für den Spielerschutz aber keinen Unterschied, auf welchem Teil des Parkplatzes, bzw. an welcher Außenwand des Gebäudes sich ein etwaiger Geldautomat befindet. Jedenfalls fehlt es für das verfügte umfassende Verbot an einer tragfähigen Ermessensbegründung. Das Landratsamt hat sich insbesondere auch nicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt, die beispielsweise nahelegen würden, dass ein hinreichendes „Abkühlen“ der Spieler nicht bereits bei einem Verlassen des Gebäudekomplexes anzunehmen wäre.

Was staatliche Spielbankenbetreiber angeht, so rechtfertigt es bereits die ihnen vom Gesetz zugesprochene bessere Eignung, die Bevölkerung vor den mit dem Spieltrieb verbundenen Gefahren zu schützen, ihnen nicht dieselben Beschränkungen aufzuerlegen wie privaten Betreibern (BayVGH, U.v. 25.5.2001 - 22 B 01.110 - juris).

3. Die Ziffer 8.9 ist rechtswidrig und wird daher aufgehoben. Das beim Erlass von Nebenbestimmungen bestehende Entschließungs- und Auswahlermessen muss sich insbesondere am Zweck der hierzu berechtigenden Ermächtigung und der vom Gesetzgeber gewollten Ordnung der Materie ausrichten. Deshalb dürfen Nebenbestimmungen nicht lediglich der Erleichterung der behördlichen Aufgabe oder irgendeinem legitimen Verwaltungszweck dienen (Stelkens in Bonk/Stelkens/Sachs, VwVfG, Stand 2018, § 36 Rn. 146; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, Stand 2018, § 36 Rn. 79).

Eine Rechtfertigung der Regelungen in Ziffer 8.9 des streitgegenständlichen Bescheids nach den Zwecken des § 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 GlüStV ist nicht erkennbar. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GlüStV i.V.m. Art. 10 Satz 2 AGGlüStV kann die Glücksspielaufsicht jederzeit Auskunft und Vorlage aller Unterlagen und Nachweise verlangen, die zur Überprüfung der Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen erforderlich sind. Das jederzeitige Bereithalten der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse, der Werbe- und Sozialkonzepte sowie der dazugehörigen Dokumentationen zum Jugend- und Spielerschutz in den Spielhallen dient lediglich der Beschleunigung der Vorlage der Dokumente, so dass die Ziffer 8.9 des streitgegenständlichen Bescheids primär dem Kontrollinteresse der Verwaltung dient (BayVGH, U.v. 12.10.1998 - 24 B 97.3617 - juris). Bezüge zu den Schutzzielen des § 1 GlüStV als gesetzliche Voraussetzungen i.S.d. § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG sind über dieses Kontrollinteresse hinaus nicht ersichtlich und in der Begründung der angefochtenen Bescheide auch nicht dargelegt (VG Augsburg, U.v. 26.2.2019 - Au 8 K 17.1005 / Au 8 K 17.1006 - juris). Das Landratsamt … hat den Bescheid erlassen und kann somit ohnehin jederzeit auf diesen, sowie auf die vorgelegten Konzepte zugreifen. Auch der Polizei wurde - wie sich aus der Behördenakte ergibt - ein Abdruck der glücksspielrechtlichen Erlaubnis zugeschickt. Externe Prüforganisationen können sich die relevanten Dokumente im Vorfeld zukommen lassen. Es fehlen weitere Ermessenerwägungen dahingehend, warum beispielsweise der Zoll Interesse an der Einsichtnahme in das Sozial- bzw. Anpassungskonzept haben könnte. Darüber hinaus ist zu beachten, dass gar kein Werbekonzept ersichtlich ist, sodass die Auflage in Bezug hierauf auch an einer Unerfüllbarkeit scheitern würde.

4. Im Übrigen ist der angefochtene Bescheid vom 08.06.2017 in der während der mündlichen Verhandlung abgeänderten Fassung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

a) Rechtsgrundlage für den Erlass von Nebenbestimmungen zu einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis ist § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 Alt. 1 BayVwVfG. Der GlüStV enthält selbst eine Ermächtigung zum Erlass von Nebenbestimmungen. Auch wenn diese Ermächtigung sehr weit gefasst ist, bestehen an deren Rechtsmäßigkeit keine Zweifel.

b) Die Ziffern 8.1, 8.2, 8.4 und 8.10 des streitgegenständlichen Bescheids in der aktuellen Fassung sind als gesetzeswiederholende Verfügungen rechtmäßig (BayVGH, B.v. 18.12.1998 - 7 ZS 98.1660). Diese haben einen eigenständigen Regelungsgehalt und stellen Auflagen dar, da im Folgenden aufgrund dieser Regelung bei Verstoß ein Zwangsgeld isoliert angedroht werden kann. Solche Verfügungen sind dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (BayVGH, B.v. 12.3.2010 - 10 CS 09.1734 - juris). Aufgrund der Gefahren, die von einer Spielhalle ausgehen, sowie aufgrund der Vielzahl der glücksspielrechtlichen Normen, besteht im Einzelfall Anlass dazu, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einzelner, außerordentlich wichtiger gesetzliche Bestimmung hinzuweisen. Aus einer Gesamtschau der Bescheide vom 08.06.2017 ergibt sich, dass die streitgegenständlichen Spielhallen „…“, „…“ und „…“ Spielhallen im baulichen Verbund darstellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass staatlichen Akteuren im Hinblick auf Spielhallen ein breiter Regelungs- und Gestaltungsspielraum zukommen soll, sodass die Anforderungen an die Herstellung eines konkreten Bezugs zu einem bestimmten Lebenssachverhalt nicht allzu streng sind. Zudem kann vom Beklagten nicht verlangt werden, bei jedem einzelnen Verstoß gegenüber dem Kläger immer wieder Unterlassungsbescheide hinsichtlich der jeweiligen konkreten Maßnahme zu erlassen. Auch dieser Gesichtspunkt führt dazu, dass im vorliegenden Fall die gesetzeswiederholenden Verfügungen als rechtmäßig anzusehen sind (BayVGH, B.v. 12.3.2010 - 10 CS 09.1734 - juris; VG Augsburg U.v. 26.2.2019 - Au 8 K 17.1005 / Au 8 K 17.1006 - juris).

aa) Soweit die Ziffern 8.1 und 8.2 verlangen, dass die darin enthalten Anforderungen „dauerhaft“ sichergestellt werden, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der jeweiligen Ziffern. Denn Rechtsnatur einer Auflage ist es gerade, ein in die Zukunft gerichtetes Ge- oder Verbot zu regeln (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 83a). Darüber hinaus hat das verwendete Wort „dauerhaft“ keinen eigenen zusätzlichen Regelungsgehalt. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich nicht um eigenständige Genehmigungsvoraussetzungen für die Zukunft. Wäre die Dauerhaftigkeit der Sicherstellung in den genannten Ziffern nicht aufgeführt, würde sich an dem Umstand, dass die jeweiligen Anforderungen auch in Zukunft zu beachten sind, nichts ändern (VG Augsburg U.v. 26.2.2019 - Au 8 K 17.1005 / Au 8 K 17.1006 - juris). Der Kläger ist insofern nicht in seinen Rechten verletzt. Er wird lediglich verpflichtet die gesetzlichen Anforderungen einzuhalten. Die dauerhafte Sicherstellung der Einhaltung der Jugendschutzanforderungen ist besonders elementar. Da allgemein auf den Jugendschutz verwiesen wird, ist diese Ziffer 8.1 dynamisch zu verstehen, sodass die jeweils geltenden Anforderungen einzuhalten sind. Hingegen stellt die Ziffer 8.2, die die dauerhafte Sicherstellung der Einhaltung des Sozialkonzepts nach § 6 GlüStV i.V.m. den Vorgaben des Anhangs „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“ zum Gegenstand hat, eine statische Auflage dar. Es ist allein das dem Genehmigungsantrag beigefügte Sozialkonzept einzuhalten. Ziffer 8.2 scheitert nicht an einer möglichen Unbestimmtheit, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Soweit das Sozialkonzept „weiche“, ggf. auch nicht vollstreckungsfähige Passagen enthält, sind diese - wie oben ausgeführt - zugunsten des Klägers auszulegen.

bb) Nach Streichung der Worte „Jugend- und“ wiederholt die Ziffer 8.4 die Nr. 1b) der „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“ und regelt darüber hinaus, dass auch die Dokumentation über die getroffenen Maßnahmen vorgelegt werden muss. Auch hier kann das Gericht keine Rechtsverletzung des Klägers erkennen. Letzterer muss ohnehin alle zwei Jahre den Glücksspielaufsichtsbehörden über den Erfolg der zum Spielerschutz getroffenen Maßnahmen berichten. Die Maßnahmen erfordern eine Dokumentation, um in der gebotenen Ausführlichkeit nach maximal zwei Jahren hierüber berichten zu können. Dass dies aufgrund der besonderen Bedeutung im Rahmen einer Auflage im Erlaubnisbescheid wiederholt wird, ist wie oben dargelegt rechtmäßig. Der Spielerschutz und die darauf basierenden Maßnahmen haben insbesondere aufgrund des Spielhallenverbunds einen besonderen Stellenwert.

cc) Die in Ziffer 8.10 normierte Pflicht, das Personal auf die für die Tätigkeit relevanten Bestimmungen des GlüStV und AGGlüStV sowie die Auflagen dieser Erlaubnis hinzuweisen und dies zu dokumentieren, findet sich zum Teil bereits in § 6 GlüStV und Nr. 1c) der „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“. Die wiederholende Verfügung ist zur Sensibilisierung bzgl. der Vorschriften erforderlich, sowie um die Einhaltung dieser Anforderungen sicherzustellen. Es ist von außerordentlicher Bedeutung, dass das in der Spielhalle beschäftigte Personal vom Inhalt der umzusetzenden Vorschriften bei Aufnahme der Tätigkeit Kenntnis nimmt.

c) Die Ziffer 8.3, die dem Kläger aufgibt, durch eine unabhängige Prüforganisation im Zwei-Jahres-Rhythmus Zertifizierungsmaßnahmen durchzuführen und hierüber innerhalb eines Jahres nach der Zertifizierung zu berichten, ist rechtmäßig. Die Auflage dient der weiteren Kontrolle, ob der von der Spielhalle ausgehenden Gefährlichkeit durch die Umsetzung der Konzepte Rechnung getragen wird. Mit der Zertifizierung dokumentiert der Kläger sein Verantwortungsbewusstsein hinsichtlich Suchtprävention, Jugend- und Spielerschutz. Zwar ist der Beklagte Rechtsträger der Aufsichtsbehörde gem. Art. 10 AGGlüStV i.V.m. § 9 Abs. 1 und 2 GlüStV dar, jedoch ist es ihm aufgrund der erforderlichen Tiefe der Prüfung nicht möglich, diese vollständig selbst durchzuführen. Es handelt sich bei der Auflage um keine Beleihung Dritter, sondern nur um die externe Prüfung der Einhaltung von Vorschriften, die dann durch den Beklagten bewertet werden. Insbesondere im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit aufgrund der Befreiungen vom Verbundverbot, ist es nicht unverhältnismäßig, eine zusätzliche Prüfpflicht durch eine unabhängige Prüforganisation zu normieren. Die Regelung scheitert auch nicht an einer möglichen Unbestimmtheit, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Zum einen richtet sie sich an den Kläger, der sich als Betreiber mehrerer Spielhallen in der Branche auskennt und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine unabhängige Prüforganisation ausfindig machen kann. Zum anderen gehen - wie oben dargelegt - unscharfe, nicht vollstreckungsfähige Formulierungen zu Lasten des Beklagten.

d) Die Ziffer 8.5 ist, jedenfalls nachdem der Satzteil „Der Name und“ gestrichen wurde, rechtmäßig. Der Aushang der Aufklärung über Suchtrisiken, sowie bezüglich eines Ansprechpartners für das Sozialkonzept und den Spielerschutz, die örtliche Suchtberatungsstelle und die zuständige Erlaubnisbehörde dient den Zielen des § 1 GlüStV, insbesondere das Entstehen von Glücksspielsucht zu verhindern und den Spielerschutz zu gewährleisten. Die Spieler sollen durch den Aushang ihre Gefährdungslage einschätzen können. Beispiele spielrelevanter Informationen, über die aufgeklärt werden muss, sind in § 7 GlüStV normiert, auf den die Ziffer 8.5 Bezug nimmt. Aus dem Wortlaut des Bescheids folgende Spielräume bzgl. der Ausführungsmodalitäten gehen - wie oben ausgeführt - zulasten des Beklagten, führen aber nicht zur Unbestimmtheit der Auflage. In welchen Rechten der Kläger hierdurch verletzt sein soll, vermag das Gericht nicht zu erkennen.

e) Die Ziffer 8.6 ist nach Abänderung in der mündlichen Verhandlung rechtmäßig. An der hinreichenden Bestimmtheit der neu formulierten Auflage bestehen keine Zweifel. Krankhaft erscheinendes Spielverhalten darf nicht sehenden Auges geduldet werden. Die Auflage beschränkt sich auf den Fall des positiven Erkennens pathologischen Spielverhaltens durch das Personal. Die Dokumentation daraufhin getroffener Maßnahmen verletzt den Kläger ebenso wenig in seinen Rechten, wie das Ansprechen von Spielern mit krankhaft erscheinendem Spielverhalten. Die Auflage dient dem Spielerschutz und somit den Zielen des § 1 GlüStV.

f) Die Ziffer 8.8 ist nach Streichung des ersten Satzes in der mündlichen Verhandlung rechtmäßig. Die Klage ist bereits unzulässig, soweit sie sich weiterhin auf Satz 1 der Ziffer 8.8 in der Fassung vom 08.06.2017, nämlich der Untersagung, in der laufenden Werbung spielanreizende Bezeichnungen wie „Casino“ zu verwenden, bezieht. Dieser Teil der Auflage wurde vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestrichen, sodass es an einer Klagebefugnis des Klägers hierfür fehlt. Im Übrigen ist die Klage bzgl. Ziffer 8.8 unbegründet. Das Verbot der Verwendung von Spielmarken (Jetons und Chips) sowie von zum Zweck des öffentlichen Glücksspiels ausschließlich in Spielbanken zugelassenen Spielgeräten bei Werbemaßnahmen ist rechtmäßig; ebenso das Verbot Werbung mit Boni über SMS zu verbreiten. Abbildungen von Spielelementen wie Spielmarken (Jetons und Chips), die in der Spielhalle nicht angeboten werden dürfen, sind irreführend. Werbung darf „die bereits zur Teilnahme am Glücksspiel Entschlossenen zum legalen Angebot hinlenken, aber nicht die noch Unentschlossenen zur Teilnahme motivieren“; sie darf nicht „zur aktiven Teilnahme am Spiel anregen“, sie darf aber „über die Existenz der Produkte informieren“ (BVerwG, U.v. 20.6.2013 - 8 C 17/12 - juris). Es ist naheliegend, dass die Werbung mit Boni per SMS einen zusätzlichen Anreiz für den Spielbetrieb schafft. Zudem ist derartige Werbung bereits gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV untersagt. Aufgrund der besonders hohen Anfälligkeit Unentschlossener aufgrund von Bonusprogrammen doch an Glücksspielen teilzunehmen, insbesondere wenn sie auf ihrem privaten Mobiltelefon darauf hingewiesen werden, darf das Werbeverbot mit Boni per SMS als gesetzeswiederholende Auflage normiert werden.

III.

Im Rahmen einer einheitlichen Kostenentscheidung hat der Kläger von den Kosten des Verfahrens 2/3 und der Beklagte 1/3 zu tragen. Soweit das Verfahren in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt worden ist, war gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu berücksichtigten, dass die Klage diesbezüglich anfänglich begründet erschien und das Landratsamt in der mündlichen Verhandlung sachgerechte Modifikationen der angegriffenen Auflagen vorgenommen hat. Im Übrigen richtet sich die Kostenentscheidung nach dem Ausmaß des Obsiegens bzw. Unterliegens, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch wenn die Ziffern 8.5, 8.6 und 8.8 des Bescheids ursprünglich zumindest Anlass zu rechtlichen Bedenken gaben, stellen sie sich aufgrund der Abänderung in der mündlichen Verhandlung nunmehr als rechtmäßig dar. Nachdem der Kläger die Hauptsache insoweit nicht für erledigt erklärt hat, fällt ihm auch diesbezüglich ein Kostenanteil zur Last.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 i.V.m. § 711 i.V.m. § 713 ZPO.

V.

Die Berufung wird gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO hinsichtlich Ziffer 8.7 des Bescheids vom 08.06.2017 zugelassen, da die Rechtssache im Hinblick auf diese Auflage grundsätzliche Bedeutung hat. Sie findet sich praktisch in allen, dem Gericht bisher bekannt gewordenen glücksspielrechtlichen Erlaubnisbescheiden und war in etlichen Verfahren der entscheidenden Kammer Gegenstand der Anfechtungsklage. Eine obergerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Rechtmäßigkeit der Auflage in der hier vorliegenden Konstellation ist bisher nicht ersichtlich.

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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 26. Feb. 2019 - Au 8 K 17.1005

bei uns veröffentlicht am 26.02.2019

Tenor I. Die Verfahren Au 8 K 17.1005 und Au 8 K 17.1006 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. II. Die Bescheide des Landratsamts ... jeweils vom 1. Juni 2017 werden in Ziffern 5, 7.1 Satz 2 bis 6 sowie 7.16 aufgehoben.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 20. Juni 2013 - 8 C 17/12

bei uns veröffentlicht am 20.06.2013

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung, mit der dem Kläger die Vermittlung von Sportwetten an private Wettanbieter untersagt

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(1) Die Anwesenheit in öffentlichen Spielhallen oder ähnlichen vorwiegend dem Spielbetrieb dienenden Räumen darf Kindern und Jugendlichen nicht gestattet werden.

(2) Die Teilnahme an Spielen mit Gewinnmöglichkeit in der Öffentlichkeit darf Kindern und Jugendlichen nur auf Volksfesten, Schützenfesten, Jahrmärkten, Spezialmärkten oder ähnlichen Veranstaltungen und nur unter der Voraussetzung gestattet werden, dass der Gewinn in Waren von geringem Wert besteht.

(1) Der Aufsteller eines Spielgerätes oder der Veranstalter eines anderen Spieles darf dem Spieler für weitere Spiele hinsichtlich der Höhe der Einsätze keine Vergünstigungen, insbesondere keine unentgeltlichen Spiele, Nachlässe des Einsatzes oder auf den Einsatz oder darüber hinausgehende sonstige finanzielle Vergünstigungen gewähren. Er darf als Warengewinn nur Gegenstände anbieten, deren Gestehungskosten den Wert von 60 Euro nicht überschreiten, und darf gewonnene Gegenstände nicht zurückkaufen.

(2) Der Aufsteller eines Spielgerätes oder der Veranstalter eines anderen Spieles darf dem Spieler neben der Ausgabe von Gewinnen über gemäß den §§ 33c und 33d der Gewerbeordnung zugelassene Spielgeräte oder andere Spiele keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht stellen und keine Zahlungen oder sonstige finanziellen Vergünstigungen gewähren.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Die Verfahren Au 8 K 17.1005 und Au 8 K 17.1006 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Die Bescheide des Landratsamts ... jeweils vom 1. Juni 2017 werden in Ziffern 5, 7.1 Satz 2 bis 6 sowie 7.16 aufgehoben.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.

IV. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen Nebenbestimmungen, die zu den glücksspielrechtlichen Erlaubnissen zum Betrieb zweier Spielhallen erteilt wurden.

Die Klägerin betreibt in einem Gebäude die zwei Spielhallen „...“ (Au 8 K 17.1005) und „...“ (Au 8 K 17.1006). Dafür wurde ihr vom Beklagten jeweils mit Bescheiden vom 7. Oktober 2008 die unbefristete Erlaubnis zum Betrieb der Spielhallen nach § 33i Abs. 1 der Gewerbeordnung erteilt. Am 13. März 2017 beantragte die Klägerin u.a. jeweils die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb der Spielhallen „...“ und „...“ sowie jeweils eine Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund.

Mit zwei Bescheiden vom 1. Juni 2017 erteilte der Beklagte der Klägerin die glücksspielrechtlichen Erlaubnisse zum Betrieb der Spielhallen „...“ und „...“ im Umfang der erteilten gewerberechtlichen Erlaubnisse (jeweils Nr. 1). Ebenso wurden der Klägerin in Bezug auf die Mehrfachspielhallen „...“ und „...“ bis zum 30. Juni 2021 befristete Befreiungen von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund erteilt (Nr. 3).

Darüber hinaus enthielten die Bescheide vom 1. Juni 2017 folgende Bestimmungen:

„5. [Die Klägerin] wird verpflichtet, die von ihr vorgelegten Konzepte bzw. die Unterlassungserklärung, die zum Bestandteil dieser Erlaubnis gemacht/erklärt werden, vollumfänglich einzuhalten; es sind dies:

a) die Unterlassungserklärung zum Internetverbot vom 13. März 2017

b) das Werbekonzept in der Fassung vom 13. März 2017, soweit es nicht im Folgenden abgelehnt wird

c) das Sozialkonzept in der Fassung vom 16. Februar 2015

d) das Anpassungskonzept in der Fassung vom 13. März 2017

6. Die Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund unter Nummer 3 dieses Bescheides ergeht unter der auflösenden Bedingung und erlischt, wenn [die Klägerin] die Bestimmungen des Anpassungskonzeptes in der Fassung vom 13. März 2017 für den Zeitraum der Geltungsdauer der Befreiung nicht einhält.“

7. Die Erlaubnis wird unter folgenden Auflagen erteilt:

7.1 Die Einhaltung der Jugendschutzanforderungen gemäß § 4 Abs. 3 GlüStV i.V.m. § 6 Abs. 2 JuSchG ist dauerhaft sicherzustellen. Die Spielteilnahme von Personen unter 18/21 Jahren ist unzulässig. Für die Einhaltung des Betretungsverbots und des Teilnahmeverbots von Personen unter 18/21 Jahren ist Sorge zu tragen. An jeder Zutrittsmöglichkeit zu der Spielhalle ist ein deutlich lesbares Schild mit dem Hinweis anzubringen, dass Personen unter 18/21 Jahren, mit Ausnahme verheirateter Jugendlicher, der Zutritt nicht gestattet ist. Wenn Zweifel hinsichtlich des Alters bestehen, ist die Vorlage eines amtlichen Ausweises zu verlangen. Kann dies nicht geklärt werden, ist der Zutritt zu verweigern. Falls Personen unter 18/21 Jahren die Spielstätte betreten, sind diese unverzüglich des Hauses zu verweisen.

7.2 Durch eine unabhängige Prüfungsorganisation ist die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen, die Einhaltung des Sozialkonzeptes und die Durchführung des Anpassungskonzeptes zu zertifizieren. Im Zwei-Jahresrhythmus ab Erteilung dieser Erlaubnis sind Zertifizierungsmaßnahmen der unabhängigen Prüforganisation in Form unangekündigter Audits und wiederkehrender Kontrollen durchzuführen. Der Bericht über die Zertifizierung ist der Erlaubnisbehörde innerhalb eines Jahres nach dem Stichtag der Zertifizierung vorzulegen.

7.3 Das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen im Internet ist gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV verboten.

7.4 Von der äußeren Gestaltung der Mehrfachspielhalle darf keine Werbung für den Spielbetrieb oder die in den Spielhallen angebotenen Spiele ausgehen oder durch eine besonders auffällige Gestaltung ein zusätzlicher Anreiz für den Spielbetrieb geschaffen werden (vgl. §§ 5, 26 Abs. 1 GlüStV).

7.5 Die Verwendung von Pylonen, Fahnen und/oder ähnlich besonders auffälligen Gestaltungen als Werbemittel ist nicht zulässig (vgl. auch vorgelegtes Werbekonzept und §§ 5, 26 Abs. 1 GlüStV).

7.6 Für die Benennung der Spielhallen und in der laufenden Werbung sind spielanreizende Bezeichnungen wie „Casino“ und/oder „Spielbank“ unzulässig (vgl. §§ 5, 26 Abs. 1 GlüStV).

7.7 Die Verwendung von Spielmarken (Jetons und Chips) und von zum Zweck des öffentlichen Glücksspiels ausschließlich in Spielbanken zugelassenen Spielgeräten (z. B. Roulettetisch) bei Werbemaßnahmen ist unzulässig. Auch eine Werbung mit Boni über SMS ist nicht erlaubt.

7.8 Werbung im Internet und Fernsehen sowie über Telekommunikationsanlagen (einschließlich E-Mail und SMS) ist gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV verboten.

7.9 Die Einhaltung der Anforderungen des Sozialkonzepts nach § 6 GlüStV i.V.m. den Vorgaben des Anhangs „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“ zum GlüStV (insbesondere regelmäßige Schulung des Personals, Dokumentation der Maßnahmen sowie Auslage der Informationen zur Spielsucht) sind dauerhaft sicherzustellen.

7.10 Im Zwei-Jahresrhythmus ab Erteilung dieser Erlaubnis ist unaufgefordert unter Vorlage der Dokumentation zum Jugend- und Spielerschutz über die im Sozialkonzept beschriebenen getroffenen Maßnahmen an die Erlaubnisbehörde zu berichten.

7.11 Die Einhaltung der Anforderungen an die Aufklärung über Sucht Risiken gemäß § 7 GlüStV ist dauerhaft durch gut sichtbaren Aushang in den Räumen der Spielhallen sicherzustellen. Ebenso sind die Informationen zum Spielerschutz gemäß dem Sozialkonzept für jedermann zugänglich und gut sichtbar zur Verfügung zu stellen. Der Name und die Erreichbarkeit des Ansprechpartners für das Sozialkonzept und den Spielerschutz in der Spielstätte sowie die örtliche Suchtberatungsstelle und die zuständige Erlaubnisbehörde sind durch gut sichtbaren Aushang bekannt zu geben.

7.12 Spielgäste mit offensichtlich pathologischem oder problematischem Spielverhalten sind anzusprechen und auf das örtliche Hilfesystem hinzuweisen. Dies sowie die zum Schutz des Spielers getroffenen Maßnahmen sind zu dokumentieren.

7.13 In der Spielhalle dürfen keine Sportwetten vermittelt werden (vgl. Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV, § 21 Abs. 2 GlüStV). Die in der Spielhalle/den Spielhallen befindlichen Einrichtungen mit Internetzugriff sind zudem so zu programmieren (z. B. Sperrsoftware), dass damit keine Sportwetten oder sonstige illegale Glücksspiele durchgeführt werden können.

7.14 Das Aufstellen, Bereithalten oder die Duldung von technischen Geräten zur Bargeldabhebung, insbesondere ECoder Kreditkartenautomaten, in der Mehrfachspielhalle und im umliegenden Einflussbereich des Spielhallenbetreibers (z. B. Eingangsbereich, Nebenräume, Parkplatz) ist unzulässig.

7.15 Den Spielern dürfen neben der Ausgabe von Gewinnen über gemäß § 33c GewO zugelassene Spielgeräte keine sonstigen Gewinnchancen in Aussicht gestellt und keine Zahlungen oder sonstige finanzielle Vergünstigungen gewährt werden, insbesondere keine kostenlosen Getränke oder Speisen.

7.16 Ein Abdruck dieser glücksspielrechtlichen Erlaubnis, das Werbekonzept und das Sozialkonzept sowie die dazugehörigen Dokumentationen zum Jugend- und Spielerschutz sind jederzeit zur Einsichtnahme durch [die Erlaubnisbehörde] in den Spielhallen bereitzuhalten.

7.17 Die Erlaubnisinhaberin muss das in der Mehrfachspielhalle beschäftigte Personal bei Aufnahme des jeweiligen Arbeitsverhältnisses auf die für die Tätigkeit relevanten Bestimmungen des GlüStV und des AGGlüStV sowie die Auflagen dieser Erlaubnis hinweisen. Dies ist zu dokumentieren.

Die Bescheide wurden im Einzelnen damit begründet, dass die erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnisse erteilt werden dürften, da die Errichtung und der Betrieb der Spielhallen nicht den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages zuwiderlaufen würden. Die auflösenden Bedingungen unter Ziffern 6. der Bescheide seien zulässig. Sie könnten auf § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV gestützt werden und seien erforderlich, um die gesetzlichen Voraussetzungen des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV sicherzustellen. Die unter Ziffern 7. erlassenen Auflagen würden sicherstellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Erlaubnisse erfüllt würden. Die Einhaltung der Schutzanforderungen, des Internetverbots, der Werbebeschränkungen, der Anforderungen an das Sozialkonzept und der Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken diene den in § 1 GlüStV benannten Zielen. Ziffern 7.2 des Bescheids dienten der weiteren Kontrolle, ob der Gefährlichkeit, die von den weiterhin bestehenden Spielhallen im baulichen Verbund ausgehe, durch die Umsetzung der Sozialkonzepte, der gesetzlichen Vorschriften und der Anpassungskonzepte Rechnung getragen werde. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit müsse beachtet werden, dass der Klägerin sie begünstigende Rechtspositionen gewährt würden, auf deren Erteilung sie keinen Anspruch habe. Zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV müssten die Spieler durch den Aushang bzw. das Auslegen von Informationen zum Spielerschutz in die Lage versetzt werden, ihre Gefährdungslage einzuschätzen und sich darüber informieren zu können, welche Ansprechpartner vorhanden seien. Die Möglichkeit, sich am Ort der Spielteilnahme mittels EC- und Kreditkarten Bargeld beschaffen zu können, erhöhe das Risiko eines suchtgefährdenden Spielverhaltens und einer Verschuldung. Die Bereithaltung der in Ziffern 7.16 genannten Dokumente ermögliche es, die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und Werbung hierfür unterblieben. Die Hinweispflichten der Klägerin gegenüber dem Personal auf die einschlägigen Vorschriften des Glücksspielrechts sowie die Auflagen dieser Erlaubnis seien erforderlich, um eine Einhaltung dieser Anforderungen sicherzustellen.

Auf die Bescheide im Übrigen wird verwiesen.

Mit Schriftsätzen vom 30. Juni 2017 ließ die Klägerin gegen die einzelnen Bescheide vom 1. Juni 2017 jeweils Klage erheben.

Zur Begründung wurde in den Schriftsätzen jeweils vom 8. Dezember 2017 im Einzelnen ausgeführt, dass die Klagen als Anfechtungsklagen statthaft seien. Hinsichtlich Ziffern 6. und 7. der Bescheide des Beklagten vom 1. Juni 2017 ergebe sich dies bereits daraus, dass Anfechtungsklagen gegen Nebenbestimmungen immer zulässig seien, solange isolierte Aufhebungen nicht offenkundig von vornherein ausscheiden würden. Hinsichtlich Ziffern 5. der Bescheide sei ebenso die Anfechtungsklage statthaft, da es sich bei Ziffern 5. um rein deklarative Inhaltsbestimmungen handeln würde. Ziffern 5. der Bescheide vom 1. Juni 2017 verstießen gegen das Bestimmtheitsgebot. Es werde aus den Klauseln nicht ersichtlich, ob der Erlaubnisgegenstand „Betrieb der Spielhalle“ an den rechtlichen (Fort-) Bestand der von der Klägerin vorgelegten Konzepte und Unterlassungserklärungen gebunden werde oder ob die Inhaltsbestimmung darüber hinausgehend an die stete und vollumfängliche Einhaltung der vorgelegten Konzepte und der Unterlassungserklärung geknüpft sei. Da Ziffern 5. nicht untrennbar mit den übrigen Erlaubnissen verbunden seien, müsse deren isolierte Aufhebung erfolgen. Rechtsgrundlage für Ziffern 6. stelle Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG dar. Die Beifügung der auflösenden Bedingungen sei zur Sicherung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Befreiungserteilungen nicht erforderlich, darüber hinaus ermessensfehlerhaft sowie unverhältnismäßig. Im Zeitpunkt der Entscheidung über die Befreiungserteilungen seien die Voraussetzungen für die Befreiungen gegeben gewesen, so dass die auflösenden Bedingungen in Ziffern 6. nicht erforderlich seien, um die gesetzlichen Voraussetzungen für die Befreiungserteilungen sicherzustellen. Die Klägerin habe zudem einen Anspruch auf Erteilung der Befreiungen, da das Befreiungsermessen zugunsten der Klägerin jeweils auf Null reduziert sei. Dadurch, dass den Befreiungen Nebenbestimmungen beigefügt worden seien, hätte die Behörde diese Ansprüche eingeschränkt und somit ermessensfehlerhaft gehandelt. Die Unverhältnismäßigkeit ergebe sich daraus, dass das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Anpassungskonzepte ebenso gut durch Auflagen gewährleistet werden könne. Die in Ziffern 7.2 enthaltenen Auflagen seien deswegen ermessensfehlerhaft, weil das Befreiungsermessen zugunsten der Klägerin auf Null reduziert sei und die Klägerin deshalb jeweils einen Anspruch auf Erteilung der Befreiung habe. Diese Ansprüche dürften durch die Behörde nicht mittels Nebenbestimmungen wieder eingeschränkt werden. Jedenfalls sei die Beifügung der Auflagen ermessensfehlerhaft, weil die Auflagen allein dem Zweck dienten, die behördlichen Kontrolltätigkeiten im Zusammenhang mit der jeweiligen Umsetzung des Sozial- und des Anpassungskonzeptes zu erleichtern. Die jeweilige Verwendung des Terminus „durch eine unabhängige Prüforganisation“ werde dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht gerecht. Rechtsgrundlage für Ziffern 7.1 sowie Ziffern 7.3 - 7.17 der Bescheide vom 1. Juni 2017 sei Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG, da auf die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse ein Anspruch bestehe. Ziffern 7.1 der Bescheide vom 1. Juni 2017 seien nicht hinreichend bestimmt. Aus den Formulierungen „Personen unter 18/21 Jahren“ ergebe sich nicht klar, auf welche Personen sich die auferlegten Pflichten beziehen würden. Zudem lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG nicht vor, da die Auflagen nicht erforderlich seien, um die Einhaltung der Voraussetzungen für die Erteilung der glückspielrechtlichen Erlaubnisse hinsichtlich des Jugendschutzes zu gewährleisten. Es sei in der Regel davon auszugehen, dass der Betrieb einer Spielhalle den Zielen des Jugendschutzes nicht zuwiderlaufe, wenn die speziellen Vorschriften zum Jugendschutz im Staatsvertrag und dem Jugendschutzgesetz eingehalten würden. Dem Verweis auf die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags käme nur noch eine Auffangfunktion zu, die sich auf die Verhinderung von konkreten Gefahren beschränken müsse. Zudem setze auch Art. 9 Abs. 1 Nr. 2 a) AGGlüStV nicht voraus, dass die Einhaltung der Jugendschutzanforderungen auf Dauer gesichert sein müsse. Vielmehr müsse die Behörde nachweisen, dass ohne die Nebenbestimmungen in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Versagungstatbestand eintreten würde. Die Klägerin erfülle auch ohne die Auflagen, die Einhaltung der Jugendschutzanforderungen dauerhaft sicherzustellen, die Voraussetzungen für die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse, da sich alle in den Auflagen genannten Pflichten schon aus den gesetzlichen Vorgaben der §§ 4 Abs. 3 GlüStV, 2, 3 Abs. 1, 6 JuSchG ergäben und keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass die Klägerin in überschaubarer Zukunft gegen diese Pflichten verstoßen werde. Jedenfalls seien Ziffern 7.1 der Bescheide vom 1. Juni 2017 gemäß Art. 36 Abs. 3 BayVwVfG ermessensfehlerhaft, da sie ohne konkreten Anlass auf Vorrat beigefügt worden seien. Außerdem habe die Behörde die Ausdehnung des Schutzes auf Personen unter 21 Jahren mit keinem Wort begründet. Es sei keine Rechtfertigung dafür ersichtlich, erwachsene Menschen zwischen 18 und 21 Jahren aus Spielhallen auszuschließen. Ziffern 7.3 wiederholten lediglich ein gesetzlich geregeltes Verbot, seien nicht vom Tatbestand des Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG gedeckt und verstießen gegen Art. 36 Abs. 3 BayVwVfG.

Aus denselben Gründen seien auch Ziffern 7.4 - 7.17 rechtswidrig. Insbesondere sei die Verwendung der Termini „zusätzlicher Anreiz für den Spielbetrieb“, „besonders auffällige Gestaltungen“ und „spielanreizende Bezeichnungen“ sowie „offensichtlich pathologischem oder problematischem Spielverhalten“ zu unbestimmt.

Auf die Klagebegründungen im Übrigen wird verwiesen.

Die Klägerin hat zuletzt jeweils beantragt,

Ziffern 5, 6 und 7 (7.1-7.17) der jeweiligen Bescheide des Beklagten vom 1. Juni 2017 aufzuheben.

Der Beklagte trat dem Klagebegehren jeweils mit Schriftsätzen vom 15. Mai 2018 entgegen und hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die angegriffenen Ziffern der Bescheide vom 1. Juni 2017 rechtmäßig seien. Ziffern 5 stützten sich auf Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG i.V.m. § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV und stellten sicher, dass die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 AGGlüStV eingehalten würden. Sie seien auch hinreichend bestimmt, da aus ihnen eindeutig hervorgehe, was verlangt werde. Die Klägerin müsse den Anforderungen der von ihr vorgelegten Konzepte bzw. Unterlassungserklärungen nachkommen. Hinsichtlich der jeweiligen Festsetzung der auflösenden Bedingung in Ziffern 6 der Bescheide stehe der Behörde jeweils ein Rechtsfolgeermessen zu. Zwar bleibe offen, ob ein zwingender Anspruch auf Erlaubniserteilung bestehe oder ob im Rahmen der Erlaubniserteilung noch Raum für die Ausübung von behördlichem Ermessen gegeben sei. Für Letzteres spreche jedoch, dass gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV die glücksspielerechtlichen Erlaubnisse sowohl bei deren Erteilung als auch nachträglich mit Nebenbestimmungen versehen werden „können“. Die Anpassungskonzepte seien Voraussetzung dafür, um entsprechende Befreiungen zu erhalten. Eine Nichteinhaltung nach Erteilung der Erlaubnisse würde den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags zuwiderlaufen. Verstöße gegen die Anpassungskonzepte könnten nicht als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. Bei den Formulierungen „18/21 Jahre“ in Ziffern 7.1 der Bescheide würde es sich um Schreibfehler handeln. Die Altersbegrenzungen hätten sich auf Personen unter 21 Jahren beziehen sollen. Dahingehend wären die Auflagen abzuändern, Art. 42 BayVwVfG. Die Altersbegrenzungen seien Bestandteil der von der Klägerin vorgelegten Anpassungskonzepte. Durch die Auflagen werde sichergestellt, dass die Klägerin diesbezüglich die Anpassungskonzepte einhalte. Hinsichtlich Ziffern 7.1 - 7.17 der Bescheide sei anzuführen, dass § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV die Behörde auch zum Erlass von Nebenbestimmungen bei der Erteilung der Erlaubnis ermächtige. Die genannten Nebenbestimmungen seien notwendig, um die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnisse sicherzustellen.

Auf die Klageerwiderungen im Übrigen wird verwiesen.

In der Sache wurde jeweils am 26. Februar 2019 mündlich vor Gericht verhandelt. Auf die Niederschrift über die öffentliche Sitzung wird im Einzelnen Bezug genommen, ebenso wegen der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakten und den von dem Beklagten vorgelegten Behördenakten.

Gründe

Die Klagen gegen die Bescheide des Beklagten vom 1. Juni 2017 sind zulässig, aber überwiegend unbegründet. Ziffern 5, 7.1. Satz 2 bis 6 und 7.16 der Bescheide sind jedoch rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen erweisen sich die verfügten Bestimmungen als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Die Klagen sind zulässig.

a) Die Klagen sind zulässig, soweit damit gesetzeswiederholende Verfügungen unter Ziffern 7. der Bescheide angegriffen werden. In dieser Hinsicht fehlt der Klägerin weder die Klagebefugnis noch das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. VG Hannover, U.v. 15.3.2017 – 10 A 12223/14 – juris Rn. 69 ff.), vielmehr ist eine Rechtsschutzmöglichkeit lediglich bei Hinweisen auf die bestehende Rechtslage ausgeschlossen (R.P. Schenke, in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 42 Rn. 23a). Die Bescheide vom 1. Juni 2017 differenzieren zwischen den am Ende der Bescheide enthaltenen Hinweisen und den in Ziffern 7. der Bescheide geregelten Auflagen. Da die angefochtenen gesetzeswiderholenden Verfügungen unter Ziffern 7. der Bescheide aufgeführt werden, muss sich der Beklagte an dieser klar gewählten Bezeichnung grundsätzlich festhalten lassen (Stelkens in Bonk/Stelkens/Sachs, 9, Aufl. 2018, VwVfG, § 36 Rn. 68). Die in Ziffern 7. und Ziffern 6. der streitgegenständlichen Bescheide geregelten Auflagen bzw. auflösenden Bedingungen sind isoliert anfechtbar (R.P. Schenke, in Kopp/Schenke, VwGO, § 42 Rn. 22).

b) Die Klagen sind auch in Bezug auf die isolierten Anfechtungen der in Ziffern 5. der Bescheide vom 1. Juni 2017 getroffenen Verfügungen zulässig. Bei den genannten Ziffern handelt es sich um Auflagen und nicht um Inhaltsbestimmungen. Da die Ziffern 5. in den Bescheiden vom 1. Juni 2017 nicht explizit als „Auflagen“ oder „Hinweise“ bezeichnet wurden, ist im Rahmen der Auslegung, welchen Inhalt und welche Bedeutung ein bestimmter Verwaltungsakt-Zusatz haben soll, der materielle Inhalt, wie er von dem Empfänger nach den Umständen des Einzelfalls bei verständiger Würdigung gedeutet werden konnte, maßgeblich (Stelkens in Bonk/Stelkens/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 69). Eine Auflage verpflichtet den Begünstigten zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen. Diese Verpflichtung steht neben der durch den Hauptverwaltungsakt ausgesprochenen Regelung, so dass die Auflage eine selbstständige hoheitliche Anordnung ist. Eine Auflage soll die Regelungen das Hauptverwaltungsakts ergänzen, ist jedoch ein eigenständiger Verwaltungsakt (Stelkens in Bonk/Stelkens/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 83). Eine Inhaltsbestimmung ist dagegen ein Element der Hauptregelung, die das genehmigte Tun oder Verhalten festlegt und konkretisiert, indem sie die genehmigte Handlung räumlich und inhaltlich bestimmt und die Genehmigung erst ausfüllt (Stelkens in Bonk/Stelkens/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 93). Aus den Begründungen des Bescheids sowie den Klageerwiderungen jeweils vom 15. Mai 2018 ist ersichtlich, dass die Ziffern 5. die Klägerin zur Einhaltung der von ihr im Erlaubnisverfahren vorgelegten Konzepte sowie der Unterlassungserklärung verpflichten sollen. Damit liegt nach den oben genannten Maßstäben eine Auflage vor, da die Ziffern 5. im Verhältnis zum Hauptinhalt der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse nicht zu einem „aliud“ führen.

2. In der Sache sind die Anfechtungsklagen nur zum Teil begründet. Ziffern 5., 7.1 Satz 2 bis 6 und 7.16 der Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Die in den Ziffern 5. der streitgegenständlichen Bescheide geregelten Auflagen (s. dazu oben) sind materiell rechtswidrig, da der Beklagte ermessensfehlerhaft handelte.

Rechtsgrundlage für den Erlass von Nebenbestimmungen zu einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis ist § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG.

Art. 36 BayVwVfG ist neben § 24 GlüStV anwendbar, da letzterer keinen abschließenden Charakter hat. Dies ergibt sich durch Auslegung des § 24 GlüStV. Da dieser weder auf bestimmte Arten von Nebenbestimmungen beschränkt noch nebenbestimmungsfeindlich ist, ist davon auszugehen, dass das Fachrecht keine abschließende Regelung enthält (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 36 Rn. 26). Da auf die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich garantierten Gewerbefreiheit ein Rechtsanspruch besteht (BVerwG, U.v. 5.4.2017 – 8 C 16/16 – juris Rn. 24 m.w.N.), darf die Nebenbestimmung der Erlaubnis nur beigefügt werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (§ 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG). Aus der Formulierung „darf“ ergibt sich, dass die Entscheidung, ob und welche Nebenbestimmung erlassen wird, im Ermessen der Behörde steht (Stelkens in Bonk/Stelkens/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 120, 143). Eine gerichtliche Kontrolle einer Ermessensausübung ist jedoch nur eingeschränkt möglich. Nach § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht nur, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Dem Gericht ist es versagt, die behördlichen Ermessenserwägungen durch eigene zu ersetzen; es darf die Entscheidung nur auf Ermessensfehler (Ermessensausfall, Ermessensdefizit, Ermessensfehlgebrauch) hin überprüfen. Wie sich aus der Systematik der streitgegenständlichen Bescheide ergibt (vgl. dazu oben), hat der Beklagte bei seinen Entscheidungen zum Erlass der Ziffern 5. nicht erkannt, dass er Auflagen erlässt. Dementsprechend hat er keinerlei Erwägungen dahingehend angestellt, wieso die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse unter Auflagen erfolgte, so dass ein Ermessensausfall vorliegt. Insofern ist auch eine Ergänzung der Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO nicht möglich. Im Anwendungsbereich des § 114 Satz 2 VwGO liegen nämlich die Fälle, in welchen bei einem Ermessensverwaltungsakt unvollständige Ermessenserwägungen ergänzt wurden, nicht hingegen solche, in denen es an Ermessenserwägungen bisher fehlte, das Ermessen also noch gar nicht ausgeübt wurde oder wesentliche Teile der Ermessenserwägungen ausgetauscht oder erst nachträglich nachgeschoben wurden (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, § 114 Rn. 50).

b) Die in den Ziffern 7.1 Satz 2 bis 6 der streitgegenständlichen Bescheide geregelten Auflagen sind materiell rechtswidrig, da es an den gesetzlichen Voraussetzungen für deren Erlass fehlt. Der Beklagte hat insoweit ausdrücklich klargestellt, dass sich die Altersbegrenzungen auf Personen unter 21 Jahren beziehen sollen.

Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden, also durch die Auflage ein Genehmigungshindernis für die beantragten glückspielrechtlichen Erlaubnisse dauerhaft beseitigt wird.

Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 GlüStV ist die Erlaubnis zu versagen, wenn die Errichtung und der Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen. Nach § 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 GlüStV gehört zu den Zielen des § 1 GlüStV der Jugendschutz. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) sind Jugendliche Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind. Der Jugendschutz endet somit mit Vollendung des 18. Lebensjahres, so dass Personen, die mindestens 18 Jahre, aber noch keine 21 Jahre alt sind, nicht mehr von dem Ziel des Jugendschutzes aus § 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 1 GlüStV erfasst werden. Auf die Frage, ob Ziffern 7.1 Satz 2 bis 6 der streitgegenständlichen Bescheide den Spielerschutz nach § 1 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 GlüStV i.V.m. den Wertungen des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) aus § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG für Heranwachsende i.S.d. § 1 Abs. 2 JGG sicherstellen, kommt es nicht an, da die Bescheide diesbezüglich keine Erwägungen enthalten.

c) Die in den Ziffern 7.16 der streitgegenständlichen Bescheide geregelten Auflagen sind materiell rechtswidrig, da es an den gesetzlichen Voraussetzungen für deren Erlass fehlt.

Das oben dargelegte Entschließungs- und Auswahlermessen beim Erlass von Nebenbestimmungen muss sich insbesondere am Zweck der hierzu berechtigenden Ermächtigung und der vom Gesetzgeber gewollten Ordnung der Materie ausrichten. Deshalb dürfen Nebenbestimmungen nicht lediglich der Erleichterung der behördlichen Aufgabe oder irgendeinem legitimen Verwaltungszweck dienen (Stelkens in Bonk/Stelkens/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 146; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rn. 79).

Eine Rechtfertigung der Regelungen in Ziffern 7.16 der streitgegenständlichen Bescheide nach den Zwecken des § 24 Abs. 2 Satz 1 GlüStV i.V.m. § 1 GlüStV ist nicht erkennbar. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GlüStV i.V.m. Art. 10 Satz 2 AGGlüStV kann die Glücksspielaufsicht jederzeit Auskunft und Vorlage aller Unterlagen und Nachweise verlangen, die zur Überprüfung der Erfüllung der nach diesem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen erforderlich sind. Das jederzeitige Bereithalten der glücksspielrechtlichen Erlaubnisse, der Werbe- und Sozialkonzepte sowie der dazugehörigen Dokumentationen zum Jugend- und Spielerschutz in den Spielhallen dient lediglich der Beschleunigung der Vorlage der Dokumente, so dass Ziffern 7.16 der streitgegenständlichen Bescheide primär dem Kontrollinteresse der Verwaltung dienen (vgl. BayVGH, U.v. 12.10.1998 – 24 B 97.3617 – juris Rn. 26 ff.). Bezüge zu den Schutzzielen des § 1 GlüStV als gesetzliche Voraussetzungen i.S.d. § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG sind über dieses Kontrollinteresse hinaus nicht ersichtlich und in der Begründung der angefochtenen Bescheide auch nicht dargelegt.

3. Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide vom 1. Juni 2017 rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

a) Ziffern 6. der streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig.

aa) Da die auflösenden Bedingungen in Ziffern 6. der Bescheide vom 1. Juni 2017 als Nebenbestimmungen zu den Befreiungen von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund erlassen wurden, ist nicht § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 36 BayVwVfG als Rechtsgrundlage heranzuziehen, da diese Vorschrift nach ihrem Wortlaut nur Nebenbestimmungen zur glücksspielrechtlichen Erlaubnis selbst erfasst.

Richtige Rechtsgrundlage ist demnach alleine Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG, da auf die Erteilung einer Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund kein Anspruch besteht. Gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4, 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 Satz 1 AGGlüStV können bzw. dürfen die zuständigen Behörden eine Befreiung zulassen, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind, so dass die Erteilung einer Befreiung im Ermessen der Behörde steht.

Eine Ermessensreduktion auf Null und daraus folgende Ansprüche der Klägerin auf die Erteilung der Befreiungen von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund liegen zur Überzeugung des Gerichts nicht vor. Selbst wenn gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 Hs. 1, Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 AGGlüStV eine unbillige Härte vorliegt, die Gesamtzahl der Geld- und Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit nicht 48 überschreitet und ein Konzept zur weiteren Anpassung vorgelegt wird, so sind gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 GlüStV immer noch die Ziele des § 1 GlüStV zu berücksichtigen, so dass die Behörde im Einzelfall keine Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund erteilen muss.

bb) Die gesetzlichen Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG sind erfüllt.

Gemäß Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen unbeschadet des Absatzes 1 mit einer der in Nrn. 1 bis 5 genannten Nebenbestimmungen erlassen bzw. verbunden werden.

Die Klausel „unbeschadet des Abs. 1“ stellt eine Rechtsgrundverweisung auf Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG dar. Diese Verweisung ist so zu lesen, dass für den Fall, in dem ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Erlass eines Verwaltungsakt besteht, dieser mit einer Nebenbestimmungen versehen werden darf, wenn die Nebenbestimmung sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden. Zweck des Art. 36 Abs. 1 Alternative 2 BayVwVfG ist es, rechts- und anspruchsbegründende Voraussetzungen, deren Fehlen zur Versagung des Verwaltungsakts führen muss, auszuräumen (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 121, 132). Eine Nebenbestimmung ist somit nur zulässig, wenn sie sicherstellen soll, dass die Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsakts erfüllt werden, nicht hingegen dann, wenn sie nur sicherstellen soll, dass die Voraussetzungen erfüllt bleiben. Das gilt jedenfalls für solche Nebenbestimmungen, die – wie auflösende Bedingung, Befristung oder Widerrufsvorbehalt – darauf zielen, die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts zu beseitigen (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2015 – 6 C 37/14 – juris Rn. 17, 20).

Entgegen der Ansicht der Klägerin stellen die in den Ziffern 6. der streitgegenständlichen Bescheide verfügten auflösenden Bedingungen sicher, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Befreiungen von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund erfüllt werden.

(1) Die Klägerin vertritt insoweit die Auffassung, dass sich den gesetzlichen Bestimmungen nur das Vorliegen einer unbilligen Härte, die Einhaltung der Gerätehöchstzahl sowie das Vorlegen eines geeigneten Anpassungskonzepts als Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund entnehmen lassen (§ 29 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1, Satz 5 GlüStV, Art. 12 AGGlüStV), so dass die weitere Erfüllung vor allem des Anpassungskonzepts im Laufe des Betriebs der Spielhallen nicht Gegenstand der auflösenden Bedingung sein kann.

Allerdings ist § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 AGGlüStV, der nach dem Wortlaut der zweiten Alternative seines ersten Satzes das bloße „Vorlegen“ eines Konzeptes zur weiteren Anpassung genügen lässt, dahingehend auszulegen, dass die Anforderungen des Anpassungskonzepts sicherzustellen sind.

§ 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 AGGlüStV strebt einen Interessenausgleich zwischen den mit dem Staatsvertrag verfolgten Allgemeinwohlzielen und dem Bestandsschutz im Einzelfall an, wodurch den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgebots Rechnung getragen werden soll (LT-Drs. 16/12192, S. 14). Auch § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV ist eine Kompromissregelung und bringt einerseits Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen der Spielhallenbetreiber mit den Allgemeinwohlzielen der §§ 24, 25 GlüStV andererseits in Einklang. Die von §§ 24, 25 GlüStV verfolgten Allgemeinwohlziele sollen jedoch auf Dauer nicht hintan gestellt werden (LT-Drs. 16/11995, S. 32). Vor dem Hintergrund dieses Interessenausgleichs zwischen Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen der Spielhallenbetreiber und den Allgemeinwohlzielen der §§ 24, 25 GlüStV würde ein Verständnis des § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 Satz 1 Alt. 2 AGGlüStV dahingehend, dass das bloße Vorlegen eines Anpassungskonzeptes genügt, einseitig zu Lasten der Allgemeinwohlziele der §§ 24, 25 GlüStV gehen. Diese stellen jedoch überragend wichtige Gemeinwohlziele dar, die selbst objektive Berufswahlbeschränkungen rechtfertigen können (BVerwG, U.v. 5.4.2017 – 8 C 16/16 – juris Rn. 34). Daher ist § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 Satz 1 Alt. 2 AGGlüStV teleologisch so auszulegen, dass die Anforderungen des Anpassungskonzepts nicht nur im Zeitpunkt der Erteilung der Befreiung, sondern dauerhaft während des Betriebs der Verbundspielhallen sicherzustellen sind.

Für dieses Ergebnis spricht auch ein systematischer Vergleich mit § 25 Abs. 2 GlüStV und § 24 Abs. 3 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGGlüStV.

Gemäß § 25 Abs. 2 GlüStV ist die Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht, insbesondere in einem gemeinsamen Gebäude oder Gebäudekomplex untergebracht ist, ausgeschlossen. Das Verbundverbot des § 25 Abs. 2 GlüStV verfolgt das Ziel der Spielsuchtbekämpfung durch eine Beschränkung des insgesamt verfügbaren Spielhallenangebots (LT-Drs. 16/11995, S. 31). Näher wird das Verbundverbot damit begründet, dass Mehrfachspielhallen aufgrund des gesteigerten Angebots an Geldspielgeräten in engem räumlichen Verbund ein wesentliches Element zur Steigerung der Spielsucht darstellten und durch sie ein "Las-Vegas-Effekt" eintrete, der erhebliche Anreize für ein nicht mehr bewusst gesteuertes Weiterspielen biete (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 16/4027, S. 11; Landtag des Saarlandes, Drs. 15/15, S. 71). Durch das Verbundverbot sollen das gewerbliche Spiel auf das Maß von Unterhaltungsspielen und damit auf ein harmloses Freizeitvergnügen zurückgeführt sowie die Entstehung spielbankähnlicher Großspielhallen verhindert werden (LT-Drs. 16/11995, S. 31). Das Verbundverbot soll zur Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht dadurch beitragen, dass ein Spieler auf dem Weg von einer Spielhalle zur nächsten "auf andere Gedanken" kommt (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 16/4027, S. 11). Der Spieler soll sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst haben, dass ein selbständiger, neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich ist (BVerfG, B.v. 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12, 1 BvR 11 BvR 1630/12 u.a. – juris Rn. 133 ff.; OVG Sachsen, B.v. 9.11.2017 – 3 B 240/17 – juris Rn. 16). Die Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund stellt somit einen begünstigenden Verwaltungsakt dar, der die Rechtspositionen der Klägerin entgegen der gesetzlich intendierten Grundkonstellation ausnahmsweise erweitert. Um diesen Ausnahmecharakter einer Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund zu wahren, ist § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 AGGlüStV so auszulegen, dass die Anforderungen des Anpassungskonzepts auch während des Betriebs der Verbundspielhallen sicherzustellen sind. 

Auch die Vorschrift des § 24 Abs. 3 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGGlüStV stützt dieses Ergebnis. Gemäß § 24 Abs. 3 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGGlüStV darf die Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV nur erteilt werden, wenn die Einhaltung der Jugendschutzanforderungen nach § 4 Abs. 3 GlüStV, des Internetverbots in § 4 Abs. 4 GlüStV, der Werbebeschränkungen nach § 5 GlüStV, der Anforderungen an das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV und der Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken nach § 7 GlüStV sichergestellt ist. Wenn aber schon bei der Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für eine Einzelspielhalle – wie es der gesetzlich vorhergesehen Regelfall ist (§ 25 Abs. 2 GlüStV) – die o.g. Voraussetzungen sichergestellt sein müssen, dann müssen erst Recht im Fall einer Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht und deshalb als besonders gefährlich eingeschätzt wird (s. dazu oben), die Anforderungen des § 29 Abs. 4 Satz 5 GlüStV i.V.m. Art. 12 Satz 1 Alt. 2 AGGlüStV sichergestellt sein, so dass das bloße Vorlegen eines Anpassungskonzepts für die Erteilung einer Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund nicht genügen kann. Vielmehr ist die dauerhafte Einhaltung des Anpassungskonzepts sicherzustellen.

Somit stellen die Ziffern 6. der streitgegenständlichen Bescheide sicher, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Befreiungen von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund erfüllt werden.

(2) Zudem übersieht die Klägerin, dass bei der Erteilung einer Befreiung von der Erfüllung des Verbotes mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 GlüStV zusätzlich zu den oben genannten Voraussetzungen die Ziele des § 1 GlüStV zu berücksichtigen sind. Diesen Zielen dienen jedoch die Anpassungskonzepte in den Fassungen vom 13. März 2017.

(3) Im Übrigen steht dem Beklagten ein breiter Regelungs- und Gestaltungsspielraum zu (s. dazu unten zu Ziffern 7.).

cc) Der Beklagte hat das ihm gemäß Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG jeweils eingeräumte pflichtgemäße Ermessen rechtmäßig ausgeübt, insbesondere sind keine Ermessensüberschreitungen ersichtlich. Der Erlass der auflösenden Bedingungen war verhältnismäßig. Mit der Sicherstellung der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen des § 29 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1, Satz 5 GlüStV, Art. 12 AGGlüStV verfolgt der Beklagte mit dem Erlass der auflösenden Bedingungen einen legitimen Zweck. Die auflösenden Bedingungen sind geeignet, die Erreichung dieses Zwecks zu fördern. Zudem sind sie auch erforderlich. Es sind keine zur Zweckerreichung gleichermaßen geeignete, aber weniger einschneidende Mittel ersichtlich. Insbesondere wären Auflagen, die der Klägerin die Einhaltung der von ihr vorgelegten Anpassungskonzepte vorschreiben, nicht gleichermaßen geeignet. Mit Auflagen könnte die zuständige Behörde auf eine Nichteinhaltung der Anpassungskonzepte nicht gleich effektiv reagieren. Der Erlass der auflösenden Bedingungen ist auch verhältnismäßig im engeren Sinn. Zur Erreichung des legitimen Zwecks wird nicht übermäßig in die Rechte der Klägerin eingegriffen. Grundsätzlich handelt es sich bei der Befreiung um einen Verwaltungsakt, der entgegen der gesetzlich intendierten Grundkonstellation ausnahmsweise die Rechtsposition der Klägerin erweitert. Zudem handelt es sich bei den Regelungen in Ziffern 6. der streitgegenständlichen Bescheide um Potestativbedingungen, deren Eintritt also ausschließlich in der Sphäre der Klägerin liegt. Einzig ihr obliegt es, die vorgelegten Anpassungskonzepte einzuhalten und den Bedingungseintritt somit zu vermeiden (VG Regensburg, U.v. 15.10.2018 – RN 5 K 17.1134, RN 5RN 5 K 17.1140, RN 5RN 5 K 17.1141, RN 5RN 5 K 17.1142 – juris Rn. 43). Zudem ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den auflösenden Bedingungen in Ziffern 6. der streitgegenständlichen Bescheide um Berufsausübungsregeln handelt, da Art und Weise der Berufstätigkeit bestimmt werden. Berufsausübungsregeln führen zur geringsten Beeinträchtigung der Berufsfreiheit und sind bereits zulässig, wenn sie auf Grund vernünftiger Allgemeinwohlerwägungen zweckmäßig erscheinen. Die Frage, ob die hier grundsätzlich gegebenen Berufsausübungsregeln ausnahmsweise wegen ihrer Auswirkungen im Einzelfall einem Eingriff in die Freiheit der Berufswahl nahe kommen und daher nur mit wichtigen Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden könnten (BVerfG, U.v. 3.11.1982 – 1 BvL 4/78 – juris Rn. 56 ff.; BVerfG, U.v. 4.3.1964 – 1 BvR 371/61, 1 BvR�1 BvR 373/61 – juris Rn. 16), kann dahinstehen, da jedenfalls derartige wichtige Gründe des Allgemeinwohls vorliegen. Der Glücksspielstaatsvertrag dient vorrangig dem Ziel, die Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendliche, vor den Gefahren der Glücksspielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität zu schützen (§ 1 GlüStV). Die Einhaltung dieser Ziele ist auch oberste Maxime bei der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis (§ 24 Abs. 2 GlüStV). Damit werden überragend wichtige Gemeinwohlziele verfolgt, die selbst objektive Berufswahlbeschränkungen zu rechtfertigen vermögen (BVerwG, U.v. 5.4.2017 – 8 C 16/16 – juris Rn. 34), da im Rahmen der Entscheidung nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV die Ziele des § 1 GlüStV zu berücksichtigen sind.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte in den Begründungen zu den Ziffern 6. seiner Bescheide vom 1. Juni 2017 – statt wie vorstehend zu Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG ausgeführt – von § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV und somit von einer falschen Rechtsgrundlage ausgeht. Art. 36 BayVwVfG enthält keine näheren Festlegungen oder Umschreibungen der Zwecke, zu deren Verwirklichung oder Wahrung Nebenbestimmungen zulässig sind, sondern begnügt sich mit der negativen Abgrenzung in Abs. 3, wonach dem Zweck des Verwaltungsakts zuwiderlaufende Nebenbestimmungen ausgeschlossen sind. Maßgeblich sind insoweit die allgemeinen Grundsätze für die Ermessensausübung gem. Art. 40 BayVwVfG in Verbindung mit dem im konkreten Fall anwendbaren Recht (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rn. 79). Insofern sind keine anderen Erwägungen zu treffen, da das zu berücksichtigende Fachrecht der Glücksspielstaatsvertrag ist, mit dessen Anforderungen sich der Beklagte – im Ergebnis zutreffend – auseinandergesetzt hat (s. dazu oben).

b) Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig, soweit sie nicht aufgehoben worden sind (im Einzelnen dazu oben).

aa) Rechtsgrundlage für den Erlass von Nebenbestimmungen zu einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis ist § 24 Abs. 2 Satz 3 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG.

bb) Für alle unter Ziffern 7. Geregelten Nebenbestimmungen ist – vor die Klammer gezogen – festzustellen, dass für die gesamten noch entscheidungserheblichen Ziffern 7. der Bescheide vom 1. Juni 2017 die Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG im Hinblick auf eine Gefahrenabwehr vorliegen.

Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG stellt klar, dass bei Bestehen eines Anspruchs auf den Hauptverwaltungsakt die Beifügung von Nebenbestimmungen grundsätzlich unzulässig ist. Nur dann, wenn durch die jeweilige Nebenbestimmung erst die Voraussetzung für den Anspruch auf den Hauptverwaltungsakt hergestellt werden, kann von dem Instrument der Nebenbestimmungen Gebrauch gemacht werden (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 36 Rn. 38). Zweck des Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG ist es, rechts- und anspruchsbegründende Voraussetzungen, deren Fehlen zur Versagung des Verwaltungsakts führen muss, auszuräumen. Soll eine Nebenbestimmung einen Versagungstatbestand bei einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausräumen, dient sie der Abwehr einer Gefahr. Die Klägerin führt somit zutreffend aus, dass ohne die Nebenbestimmung in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit der Versagungstatbestand eintreten würde (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 121).

Entgegen der Ansicht der Klägerin dienen die Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide – soweit sie nicht vom Gericht aufgehoben wurden – der Abwehr einer konkreten Gefahr und wurden nicht bloß auf Vorrat erlassen.

(1) Eine konkrete Gefahr besteht dann, wenn der zu befürchtende Schaden in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Beim Grad der Wahrscheinlichkeit ist jedoch zu differenzieren: die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts muss umso größer sein, je geringer der möglicherweise eintretende Schaden ist, und sie darf umso geringer sein, je schwerer der etwaige Schaden wiegt (BVerwG, U.v. 2.7.1991 – 1 C 4.90 – juris Rn. 16).

Soweit die Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide nicht vom Gericht aufgehoben wurden, werden mit diesen Nebenbestimmungen die wichtigen Gemeinwohlbelange des § 1 GlüStV verfolgt. Der Glücksspielstaatsvertrag dient vorrangig dem Ziel, die Bevölkerung, insbesondere Kinder und Jugendliche, vor den Gefahren der Glücksspielsucht und der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität zu schützen (§ 1 GlüStV). Die Einhaltung dieser Ziele ist auch oberste Maxime bei der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis (§ 24 Abs. 2 GlüStV). Damit werden überragend wichtige Gemeinwohlziele verfolgt, die selbst objektive Berufswahlbeschränkungen zu rechtfertigen vermögen (BVerwG, U.v. 5.4.2017 – 8 C 16/16 – juris Rn. 34). Die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts darf vorliegend somit geringer sein, da der etwaige Schaden aufgrund der genannten hochrangigen Rechtsgüter schwer wiegt.

Unabhängig von einem etwaigen Fehlverhalten des Spielhallenbetreibers ist eine Spielhalle gefährlich. Der Gesetzgeber selbst geht davon aus, dass das Suchtpotential bei Geldspielgeräten unter allen Glücksspielen am höchsten ist und eine Abhängigkeit bei den meisten pathologischen Glücksspielern aufgrund ihres Spiels am Geldspielautomaten in einer Spielhalle oder einer Gaststätte diagnostiziert wird (LT-Drs. 16/11995, S. 30). Auch in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Glücksspiele nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung in ein krankhaftes Suchtverhalten münden können, und die Spielsucht zu einer Verschuldung der Betroffenen sowie zu Folge- und Begleitkriminalität und damit zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Spieler selbst, sondern auch für ihre Familien und die Gemeinschaft führen kann (BVerwG, U.v. 5.4.2017 – 8 C 16/16 – juris Rn. 35).

Diese Gefahr ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch keine bloß abstrakte Gefahr, vielmehr geht sie konkret von jeder Spielhalle aus. In den vorliegend zu entscheidenden Sachverhalten sind als gefahrsteigernde konkrete Umstände noch zusätzlich zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Spielhallen „...“ und „...“ Spielhallen im baulichen Verbund darstellen und den gesetzlichen Mindestabstand (§ 25 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 Abs. AGGlüStV) zu zwei weiteren Spielhallen im baulichen Verbund „...“ und „...“ unterschreiten. Das Gericht ist daher überzeugt, dass es in Zukunft mit einer geringeren, aber ausreichenden Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die hochrangigen Allgemeinwohlziele des § 1 GlüStV kommen kann, so dass eine konkrete Gefahr gegeben ist.

(2) Zusätzlich ist in dieser Hinsicht zu berücksichtigen, dass es sich bei einem Spielhallenbetreiber um einen Beruf handelt, der seiner Art nach durch atypische Besonderheiten gekennzeichnet ist. Der Beruf des Spielhallenbetreibers weist Besonderheiten auf, die auch die Grundrechtsprüfung beeinflussen.

Das Bundesverfassungsgericht führt in seinem sog. „Spielbanken-Beschluss“ aus, dass der Betrieb einer Spielbank eine an sich unerwünschte Tätigkeit sei, die der Staat gleichwohl erlaube, um das illegale Glücksspiel einzudämmen, dem nicht zu unterdrückenden Spieltrieb des Menschen staatlich überwachte Betätigungsmöglichkeiten zu verschaffen und dadurch die natürliche Spielleidenschaft vor strafbarer Ausbeutung zu schützen (BVerfG, B.v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96 – juris Rn. 69). Mit der Schaffung des Ersten Glücksspielstaatsvertrags vom 25. Juni 2007 hat der Gesetzgeber Regelungen zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht, zur Kanalisierung und Begrenzung des Glücksspielangebots, zum Jugend- und zum Spielerschutz sowie zur Sicherstellung fairen Spiels und zum Schutz vor Kriminalität geschaffen (LT-Drs. 15/8486, S. 10). Auch wenn im Ersten Glücksspielstaatsvertrag keine Regelungen in Bezug auf Spielhallen enthalten waren, so hat der Gesetzgeber mit dem Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag vom 26. März 2012 darauf reagiert und die §§ 24 ff. GlüStV zur Regulierung von Spielhallen geschaffen (LT-Drs. 16/11995, S. 30 f.). Da jedoch explizit an den Kernzielen des Ersten Glücksspielstaatsvertrags vom 25. Juni 2007 festgehalten wurde (LT-Drs. 16/11995, S. 17) und der damals neu geschaffene § 24 Abs. 2 Satz 1 GlüStV explizit auf die Ziele des § 1 GlüStV verweist, sind zwischen Spielbanken und Spielhallen insoweit keine wesentlichen Unterschiede festzustellen, so dass die o.g. Erwägungen auch für Spielhallenbetreiber gelten. Um den Besonderheiten des Spielhallenmarktes gerecht zu werden, können staatliche Eingriffe nicht nur unter den strengen Voraussetzungen, dass dies zum Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter und zur Abwehr ihnen drohender schwerer Gefahren notwendig ist, erfolgen. Vielmehr soll staatlichen Akteuren ein breiter Regelungs- und Gestaltungsspielraum zukommen, dem dadurch Rechnung getragen wird, dass mit der im Einzelfall beabsichtigten Beschränkung wichtige Gemeinwohlbelange verfolgt und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet wird (vgl. BVerfG, B.v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96 – juris Rn. 70).

Soweit die Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide nicht vom Gericht aufgehoben wurden, verfolgen sie die wichtigen Gemeinwohlbelange des § 1 GlüStV und damit überragend wichtige Gemeinwohlziele (s. dazu bereits im Einzelnen oben zu 3. a) bb)).

Die einzelnen genannten Auflagen sind auch verhältnismäßig, insbesondere angemessen. Bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe ist festzustellen, dass es sich bei den noch entscheidungserheblichen Auflagen unter Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide um Berufsausübungsregelungen handelt, da die Art und Weise der Berufstätigkeit bestimmt wird. Berufsausübungsregeln führen zur geringsten Beeinträchtigung der Berufsfreiheit und sind bereits zulässig, wenn sie auf Grund vernünftiger Allgemeinwohlerwägungen zweckmäßig erscheinen (s. dazu oben). Hier verfolgen die Auflagen überragend wichtige Gemeinwohlziele, so dass das Gewicht der sie rechtfertigenden Gründe die als gering anzusehende Schwere des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG überwiegt.

cc) Auch im Übrigen sind die einzelnen Bestimmungen der Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide rechtmäßig.

(1) Die Ziffern 7.1 Satz 1 sind nach Aufhebung der Ziffern 7.1 Satz 2 bis 6 nicht gänzlich sinnentleert (vgl. VG Augsburg, U.v. 26.2.2015 – Au 5 K 14.988 – juris Rn. 21), so dass sie selbstständig rechtmäßigerweise fortbestehen können.

(2) Die Ziffern 7.2, 7.5, 7.6 und 7.12 sind entgegen der Auffassung der Klägerin hinreichend bestimmt und verstoßen nicht gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Die Anforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG sind gewahrt, wenn der Adressat in die Lage versetzt wird, zu erkennen, was jeweils von ihm gefordert wird und zugleich der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für die Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 41/87 – juris Rn. 29; BVerwG, U.v. 16.10.2013 – 8 C 21.12 – juris Rn. 13). Damit wird aber auch zum Ausdruck gebracht, dass jedenfalls Bestimmbarkeit als solche ausreichend ist (BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17).

Ziffern 7.2 genügen im Hinblick auf die Formulierungen „durch eine unabhängige Prüforganisation“ den soeben dargelegten Anforderungen. Die Klägerin kann erkennen, dass die Zertifizierung von einer Organisation erteilt werden muss, die „unabhängig“ ist, also weder im Lager der Klägerin noch in dem des Beklagten steht bzw. nicht von diesen beeinflusst werden kann. Die Tatsache, dass keine weitergehenden Qualitätsanforderungen aufgestellt werden, geht nicht zu Lasten der Behörde, vielmehr ermöglicht dies der Klägerin, auch eine andere unabhängige Prüforganisation außer des sich gedanklich sofort aufdrängenden TÜV zu beauftragen.

Der im Vergleich zur Konkretisierung eines Handelns oder Duldens als geringer anzusetzende Grad für die Konkretisierung eines Unterlassens (BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17) ist im Hinblick auf die Ziffern 7.5 und 7.6 gewahrt. Die Begriffe „besonders auffällige Gestaltungen“ der Ziffern 7.5 sind § 26 Abs. 1 Alt. 2 GlüStV entnommen und erfassen somit sämtliche Maßnahmen, Äußerungen und Elemente im Zusammenhang mit der äußeren Gestaltung der Spielhalle, die nicht Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele sind. Es darf somit durch eine besonders auffällige Gestaltung der Spielhalle kein zusätzlicher Anreiz für den Spielbetrieb geschaffen werden (vgl. Schmitt in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 26 Rn. 7). Zudem wird der Begriff „besonders auffällige Gestaltungen“ in der Begründung der Bescheide näher erläutert. Auch die Begriffe „spielanreizende Bezeichnungen“ der Ziffern 7.6 versetzen die Klägerin in die Lage zu erkennen, was damit im Einzelnen für sie verboten ist. Aufgrund der ausführlichen Begründungen der Bescheide muss der Klägerin klar werden, dass solche Bezeichnungen untersagt sind, die den Spielern die Möglichkeit hoher Einsätze und großer Gewinne suggeriert, obwohl in Spielhallen nur das Spiel mit geringeren Beträgen möglich ist.

Ziffern 7.12 genügen im Hinblick auf die Formulierungen „mit offensichtlich pathologischem oder problematischem Spielverhalten“ den Anforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Dies ergibt sich insbesondere unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts, hier des Glücksspielstaatsvertrags. Gemäß Nr. 1 Buchst. c der Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht, denen Gesetzesqualität zukommt (Dietlein in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 6 Rn. 7), schulen die Veranstalter das für die Veranstaltung, Durchführung und gewerbliche Vermittlung öffentlichen Glücksspiels eingesetzte Personal in der Früherkennung problematischen Spielverhaltens, zum Beispiel dem plötzlichen Anstieg des Entgelts oder der Spielfrequenz. Die Verpflichtung zur diesbezüglichen Schulung des Personals ergibt sich ebenso aus § 6 Satz 2 Var. 2 GlüStV. Was ein problematisches Spielverhalten ist, kann die Adressatin daher erkennen. Da ein „offensichtlich pathologisches Spielverhalten“ ein offensichtlich krankhaftes Spielverhalten darstellt, stellt diese Form auffälligen Spielerverhaltens sogar noch eine Steigerung zu problematischem Spielverhalten – das insofern im Vorfeld einer klinischen Diagnose von pathologischem Glücksspiel angesiedelt ist (Dietlein in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 6 Rn. 1) – dar, so dass der Adressat diesbezüglich erst recht in der Lage ist, zu erkennen, was von ihm verlangt wird. Zudem werden auf S. 6 des betrieblichen Sozialkonzepts des Bayerischen Automaten Verbands e.V. vom 16. Februar 2015 (Bl. 137 ff. der Behördenakten), das die Klägerin selbst als Bestandteil ihres Antrags vorgelegt hat, zehn diagnostische Kriterien zur Bestimmung pathologischen Spielens beschrieben.

(3) Auch soweit die unter Ziffern 7. der streitgegenständlichen Bescheide genannten Verfügungen Verpflichtungen wiederholen, die sich unmittelbar aus dem Glücksspielstaatsvertrag ergeben, ist dies nicht per se rechtswidrig (BayVGH, B.v. 18.12.1998 – 7 ZS 98.1660 – juris Rn. 46; BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17; a.A. VG Regensburg, U.v. 21.10.2010 – RO 5 K 10.31 – juris Rn. 54). Vielmehr sind solche Verfügungen dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17; VGH BW, U.v. 2.8.2012 – 1 S 618/12 – juris Rn. 46). Diesen Anforderungen werden die Nebenbestimmungen in den Ziffern 7.3, 7.4 und 7.13 Satz 1 gerecht. Aufgrund der Gefahren, die von einer Spielhalle ausgehen (s. dazu oben), besteht im Einzelfall Anlass dazu, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen. Es wurde auch ein gerade noch ausreichend konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt. Aus einer Gesamtschau der Bescheide vom 1. Juni 2017 ergibt sich, dass die streitgegenständlichen Spielhallen „...“ und „...“ Spielhallen im baulichen Verbund darstellen und den Mindestabstand zu zwei weiteren Spielhallen im baulichen Verbund „...“ und „...“ unterschreiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass staatlichen Akteuren im Hinblick auf Spielhallen ein breiter Regelungs- und Gestaltungsspielraum zukommen soll (s. dazu oben), so dass die Anforderungen an die Herstellung eines konkreten Bezugs zu einem bestimmten Lebenssachverhalt nicht allzu streng sind. Zudem kann vom Beklagten nicht verlangt werden, bei jedem einzelnen Verstoß der Klägerin immer wieder Unterlassungsbescheide hinsichtlich der jeweiligen konkreten Maßnahme zu erlassen. Auch dieser Gesichtspunkt führt dazu, dass im vorliegenden Fall die gesetzeswiederholenden Verfügungen als rechtmäßig anzusehen sind (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17).

(4) Aus denselben Gründen sind die Ziffern 7.5, 7.6, 7.8, 7.9, 7.15 als im Wesentlichen gesetzeswiederholende bzw. -konkretisierende Verfügungen (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17) nach den eben dargelegten Maßstäben rechtmäßig.

(5) Soweit die Ziffern 7.1 Satz 1, 7.9 und 7.11 Satz 1 verlangen, dass die darin enthalten Anforderungen „dauerhaft“ sichergestellt werden, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der jeweiligen Ziffern. Denn Rechtsnatur einer Auflage ist es gerade, ein in die Zukunft gerichtetes Ge- oder Verbot zu regeln (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 36 Rn. 83a). Darüber hinaus hat das verwendete Wort „dauerhaft“ keinen eigenen zusätzlichen Regelungsgehalt. Wäre es in den genannten Ziffern nicht aufgeführt, würde sich an dem Umstand, dass die jeweiligen Anforderungen auch in Zukunft zu beachten sind, nichts ändern.

(6) Ziffern 7.2 stellen keine Auflagen zu den Befreiungsentscheidungen, sondern Auflagen zu den glücksspielrechtlichen Erlaubnissen dar. Zwar führt die Begründung der Bescheide zu den genannten Ziffern aus, dass die Zertifizierung durch eine unabhängige Prüforganisation der weiteren Kontrolle „im Rahmen der Erteilung der Befreiung vom Verbot mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund“ (S. 6 a.E. des jeweiligen Bescheids) dient. Allerdings ist zu beachten, dass Ziffern 7.2 nach der Systematik der Bescheide explizit als Auflagen zu den glücksspielrechtlichen Erlaubnissen ergangen sind. Außerdem wurde mit der Formulierung „im Rahmen der Erteilung der Befreiung vom Verbot mehrerer Spielhallen im baulichen Verbund“ lediglich auf die erhöhte Gefahr, die von Spielhallen im baulichen Verbund ausgeht, verwiesen. Auch dienen Ziffern 7.2 nicht primär dem Kontrollinteresse der Verwaltung (s. dazu oben). Mit einer Zertifizierung dokumentieren Spielstätten ihr Verantwortungsbewusstsein hinsichtlich Suchtprävention, Spieler- und Jugendschutz. Zudem wird erkenntlich, dass der jeweilige Spielhallenbetreiber großen Wert auf Einhaltung rechtlicher Rahmenbedingungen sowie die Verankerung des Sozialkonzepts für Spielhallen legt. Damit geht es dem Beklagten vorliegend nicht (maßgeblich) darum nachzuprüfen, ob Auflagen oder gesetzliche Vorschriften eingehalten werden. Vielmehr liegt aufgrund der gerade genannten Ziele einer Zertifizierung ein ersichtlicher Bezug zu den Zielen des § 1 GlüStV als gesetzliche Voraussetzungen i.S.d. § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG vor.

(7) Der Beklagte hat das ihm gemäß Art. 36 Abs. 2 BayVwVfG eingeräumte pflichtgemäße Ermessen rechtmäßig ausgeübt (s. dazu im Einzelnen oben unter 3. a) cc)).

Nach all dem sind die Klagen gegen die Bescheide des Beklagten vom 1. Juni 2017 nur hinsichtlich Ziffern 5, 7.1 Satz 2 bis 6 und 7.16 begründet. Im Übrigen erweisen sich die verfügten Bestimmungen als rechtmäßig.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung, mit der dem Kläger die Vermittlung von Sportwetten an private Wettanbieter untersagt wurde.

2

Der Kläger ist seit vielen Jahren als Buchmacher zugelassen und unterhält unter anderem in B. mehrere Betriebsstätten. Seit 1999 vermittelte er auch Sportwetten an verschiedene im EU-Ausland ansässige private Wettveranstalter. Mit sofort vollziehbarer Ordnungsverfügung vom 20. Oktober 2006 untersagte die Beklagte dem Kläger die Vermittlung von Sportwetten, für die keine Erlaubnis des Landes Nordrhein-Westfalen vorlag, in den Betriebsstätten S...straße ..., H...straße ..., A... ..., A... ... sowie B... Straße ... und forderte ihn auf, die Vermittlung der Sportwetten in diesen Annahmestellen bis zum 28. Oktober 2006 einzustellen. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte sie ein Zwangsgeld in Höhe von 10 000 € an. Die Beklagte stützte die Untersagungsverfügung auf § 14 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG NW) und verwies unter anderem zusätzlich auf § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Lotteriestaatsvertrages (Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland vom 13. Februar 2004 - LoStV, GV NRW S. 315), dessen Regelungen in Nordrhein-Westfalen zum 1. Juli 2004 in Kraft getreten waren. Wegen des darin geregelten staatlichen Monopols sei eine Erlaubnis zum Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten in absehbarer Zeit nicht zu erlangen. Die öffentliche Sicherheit sei schon durch die Verwirklichung des objektiven Tatbestands des § 284 Abs. 1 StGB gefährdet.

3

Der Kläger machte mit seinem Widerspruch geltend, in drei betroffenen Betriebsstätten seien keine Sportwetten vermittelt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2007, zugestellt am 25. Juli 2007, wies die Bezirksregierung Arnsberg den Widerspruch zurück. Ein Eilantrag des Klägers blieb erfolglos.

4

Nachdem die Beklagte festgestellt hatte, dass der Kläger die Sportwettenvermittlung fortführte, setzte sie mit Bescheid vom 3. November 2006 das angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 10 000 € unter Androhung eines weiteren Zwangsgeldes in Höhe von 20 000 € fest. Mit weiteren Bescheiden vom 16. November, 24. November, 4. Dezember und 13. Dezember 2006 folgte die Festsetzung der jeweils im vorigen Bescheid angedrohten weiteren Zwangsgelder in Höhe von 20 000 €, 20 000 €, nochmals 20 000 € und 40 000 €; dabei machte sie jeweils Verwaltungsauslagen in Höhe von 5,07 € geltend. Der Kläger zahlte darauf 10 005,07 € am 9. November 2006, jeweils 20 005,07 € am 22. November, am 5. und am 11. Dezember 2006 sowie schließlich 40 005,07 € am 19. Dezember 2006. Mit Telefax vom 15. Dezember 2006 teilte er der Beklagten mit, dass er ab dem 18. Dezember 2006 keine Sportwetten mehr anbiete, um weitere Zwangsmaßnahmen zu vermeiden.

5

Mit Bescheid vom 3. Dezember 2010 setzte die Beklagte das im Bescheid vom 13. Dezember 2006 angedrohte weitere Zwangsgeld in Höhe von 50 000 € zuzüglich 3,65 € Auslagen fest, weil der Kläger im September, Oktober und November 2010 in drei verschiedenen Wettannahmestellen in B. Sportwetten vermittelt habe. Daraufhin zahlte der Kläger 25 000 € am 12. Dezember 2010, 12 500 € am 25. Februar 2011 sowie 12 503,65 € am 7. März 2011.

6

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat die am Montag, dem 27. August 2007 erhobene Anfechtungsklage des Klägers mit Urteil vom 17. September 2008 abgewiesen.

7

Im Berufungsverfahren hat der Kläger wegen der Vollstreckungsmaßnahmen zunächst Fortsetzungsfeststellungsanträge angekündigt. Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, es komme eine Anfechtung auch für die Vergangenheit (ex tunc) in Betracht, hat er sie nur hilfsweise zum Anfechtungsantrag gestellt.

8

Mit Urteil vom 21. Februar 2012 hat das Oberverwaltungsgericht das verwaltungsgerichtliche Urteil geändert und den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2007 aufgehoben. Die Anfechtung ex tunc sei zulässig, weil die Untersagungsverfügung sich wegen der Vollstreckung nicht für die Vergangenheit erledigt habe. Die Klage sei auch begründet, da die angegriffene Untersagungsverfügung seit ihrem Erlass rechtswidrig sei.

9

Im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung sei die Verfügung an § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zu messen, der seit Auslaufen des Glücksspielstaatsvertrages zum 31. Dezember 2011 als Landesrecht fortgelte. Seine Tatbestandsvoraussetzungen lägen vor. Die Untersagungsverfügung sei aber ermessensfehlerhaft. Die Beklagte habe zu Unrecht angenommen, die für die Vermittlung erforderliche Erlaubnis könne schon wegen des Sportwettenmonopols nicht erteilt werden. Die Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV sei unanwendbar, weil sie die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit verletze. Zwar verfolge sie mit der Suchtbekämpfung und dem Jugend- und Spielerschutz unionsrechtlich legitime Ziele. Sie sei aber unverhältnismäßig, weil sie inkohärent und daher ungeeignet sei, die Verwirklichung dieser Ziele zu gewährleisten. Das ergebe sich schon aus der unzulässigen Werbepraxis, die systematisch zum Wetten anreize und ermuntere. Aus unionsrechtlicher Sicht seien dabei auch die nordrhein-westfälische Lotto-Werbung und die im Deutschen Lotto- und Totoblock koordinierte Werbung anderer Monopolträger im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Systematisch unzulässige Werbung werde vor allem mit den Jackpot-Werbekampagnen betrieben. Auch die Hinweise auf eine gemeinnützige Verwendung eines Teils der Wetteinsätze ("Lotto-Hilft"-Kampagnen) gingen regelmäßig über eine zulässige Kanalisierung vorhandener Wettleidenschaften hinaus. Ebenso entfalteten Pressemitteilungen über glückliche Lottomillionäre, die Art und Weise der öffentlichen Ermittlung von Gewinnzahlen vor laufenden Fernsehkameras sowie die Präsentation der Lotto-Glücksspirale vor der Hauptausgabe der Tagesschau mit der Werbung für eine Sofortrente in Höhe von 7 500 € unzulässige Anreizwirkung. In der Vergangenheit hätten die Monopolanbieter solche Formen unzulässiger Werbung noch extensiver betrieben. Unabhängig davon führe auch die den Monopolzielen zuwiderlaufende Glücksspielpolitik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels zur Inkohärenz. Dieser Bereich sei der wirtschaftlich bedeutendste Glücksspielsektor und weise das höchste Suchtpotenzial auf. Dennoch werde dort seit der 5. Novellierung der Spielverordnung (Fünfte Verordnung zur Änderung der Spielverordnung vom 17. Dezember 2005, BGBl I S. 3495; vgl. die Bekanntmachung der seit dem 1. Januar 2006 geltenden Neufassung der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit vom 27. Januar 2006, BGBl I S. 280) eine den Zielen der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes widersprechende Expansionspolitik verfolgt. Die Neufassung der Spielverordnung und deren Umsetzung in der Praxis hätten zu einer erheblichen Ausweitung der Spielgelegenheiten, zu einer zunehmenden Anonymisierung und zur Senkung der Hemmschwellen geführt, ohne dass dies durch spielerschützende Maßnahmen ausreichend ausgeglichen worden wäre. Daraus habe sich ein beträchtliches Umsatzwachstum ergeben, das in erheblichem Maß zulasten der Suchtgefährdeten gehe. Präventive Bemühungen blieben weitgehend wirkungslos. Ob die Monopolregelung zumindest in ihrem Teilsegment und damit teilweise geeignet sei, die Monopolziele zu verwirklichen, könne dahinstehen. Bei einem so widersprüchlichen Schutzkonzept komme es darauf nicht an. Eine Folgenabschätzung im Sinne der Ermittlung von Abwanderungsbewegungen aus dem Monopolbereich in den Automatensektor sei ebenfalls entbehrlich. Selbst wenn sie erforderlich sein sollte, ließen die vorliegenden Untersuchungen zumindest erkennen, dass mögliche Folgewirkungen der Liberalisierung des gewerblichen Automatenspiels auch und gerade den Markt der Sportwetten beträfen und dass dessen Umsatzeinbuße hinsichtlich der problematischen Spielerklientel zulasten einer wachsenden Abwanderung in den "illegalen" Anbieterbereich und das zunehmend expandierende Segment der gewerblichen Geldspielautomaten gehe. Dies bestätige, dass sich Spielsucht nur als solche, also auf den gesamten Glücksspielmarkt bezogen, bekämpfen lasse. Verfassungsrecht stehe der nach dem Unionsrecht erforderlichen kompetenz- und länderübergreifenden Betrachtung nicht entgegen. Der Ermessensfehler der angegriffenen Untersagungsverfügung sei weder unbeachtlich, noch könne er im vorliegenden Verfahren geheilt werden. Der glücksspielrechtliche Erlaubnisvorbehalt sei zwar wirksam und anwendbar. Er rechtfertige eine vollständige Untersagung aber nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit. Die Erledigung der Untersagungsverfügung und das Verbot eines nachträglichen Austauschs der Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren nach § 114 Satz 2 VwGO schlössen eine Heilung des Ermessensfehlers aus.

10

Die Untersagungsverfügung sei auch in der Vergangenheit rechtswidrig gewesen. Bezüglich des Sportwettenmonopols unter dem Lotteriestaatsvertrag in der Zeit bis zum 31. Dezember 2007 folge das Oberverwaltungsgericht den Feststellungen und Bewertungen des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtslage nach dem Bayerischen Staatslotteriegesetz vom 29. April 1999. Diese seien auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen in allen wesentlichen Punkten übertragbar. Da die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts und des deutschen Verfassungsrechts parallel liefen, sei neben der Berufsfreiheit auch die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit verletzt gewesen. Das unionsrechtliche Defizit habe durch die verfassungsgerichtliche Übergangsanordnung nicht beseitigt werden können. Die Rechtswidrigkeit der Untersagung in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zur Berufungsentscheidung ergebe sich aus den Ausführungen zur gegenwärtigen Rechtslage.

11

Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, soweit die Untersagungsverfügung sich in der Vergangenheit - außerhalb ihrer Vollstreckung - fortlaufend erledigt habe, könne der Kläger sich nicht auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse berufen. Insbesondere ergebe sich aus § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW kein Präjudizinteresse. Er sehe keine Haftung für legislatives Unrecht vor. Außerdem fehle ein ersatzfähiger Schaden. Im Übrigen sei das Oberverwaltungsgericht aktenwidrig davon ausgegangen, dass der Kläger noch auf die Betriebsstätten H...straße und A... ... sowie ... zugreifen könne, obwohl er erstinstanzlich deren Schließung im Frühjahr 2006 vorgetragen habe. Die Untersagungsverfügung sei rechtmäßig gewesen. Das Sportwettenmonopol entspreche dem unionsrechtlichen Kohärenzerfordernis. Das gelte sowohl in Bezug auf die Werbung als auch hinsichtlich der Glücksspielpolitik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels. Das Berufungsurteil habe den Werbebegriff verkannt und die unionsrechtlichen Grenzen kanalisierender Werbung zu eng gezogen. Gegebenenfalls sei dazu eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union einzuholen. Für den Wortlaut der vorgeschlagenen Vorlagefragen wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 18. Juni 2013 verwiesen. Wegen des Bundesstaatsprinzips und der Gesetzgebungsautonomie der Länder, die unionsrechtlich nach Art. 4 Abs. 2 des Vertrages über die Europäische Union i.d.F. des Vertrages von Lissabon - EUV (ABl C 306, 1, ber. ABl 2008, C 111, 56) zu achten seien, komme es auch nur auf die Regelung und die Umsetzung des Monopols im jeweiligen Bundesland an. Strukturelle Vollzugsdefizite könnten nicht zur Unanwendbarkeit einer normativ nicht zu beanstandenden Regelung führen. Wegen des Rechtsstaatsgebots könne aus objektiven Umsetzungsdefiziten auch keine subjektiv-rechtliche Begünstigung der Betroffenen hergeleitet werden. In tatsächlicher Hinsicht habe das Berufungsgericht die Werbepraxis nicht genügend aufgeklärt und die herangezogenen Werbebeispiele mangels ausreichender Sachkunde unzutreffend gewürdigt. Insoweit sei auch der Überzeugungsgrundsatz verletzt. Darüber hinaus habe das Oberverwaltungsgericht das Recht der Beklagten auf rechtliches Gehör missachtet, weil es erst kurz vor der Berufungsverhandlung und überdies unvollständig auf die im Urteil zitierten Veröffentlichungen hingewiesen habe. Mit den Beteiligten habe es auch nicht erörtert, dass es von einem bundesweit unzulässigen Werbeverhalten, insbesondere durch die bisher allseits gebilligte Fernsehwerbung, ausgehe. Damit habe es der Beklagten die Möglichkeit genommen, dazu Stellung zu nehmen und vorzuschlagen, zur Beurteilung der Anreizwirkung ein Sachverständigengutachten einzuholen. Ferner gehe das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft davon aus, das gewerbliche Automatenspiel habe ein höheres Suchtpotenzial als die Sportwetten und sei von einer Expansionspolitik geprägt, die den Monopolzielen zuwiderlaufe. Selbst wenn seine Tatsachenfeststellungen zuträfen, folge daraus noch keine Inkohärenz des Monopols. Vielmehr sei eine Folgenbetrachtung erforderlich, die klären müsse, ob die Auswirkungen der gegenläufigen Glücksspielpolitik auf den Monopolbereich die Wirksamkeit und damit die Eignung des Monopols zur Zielverwirklichung aufhöben. Das sei nicht der Fall. Das Berufungsgericht habe den Schutz der mitgliedstaatlichen Verfassungsordnung nach Art. 4 Abs. 2 EUV und die Kompetenzgrenzen der Union nach Art. 5 EUV übergangen. Es habe die Monopolregelung nach dem Rechtsstaatsgebot auch nicht ohne eine konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 GG für obsolet halten dürfen. Ferner habe es zu Unrecht eine Ermessensreduzierung auf Null verneint und die Rechtsfigur des intendierten Ermessens verkannt. Jedenfalls sei die Untersagungsverfügung rechtmäßig, weil die Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts unionsrechtlich zulässig sei und die Erlaubnisvoraussetzungen zu keinem Zeitpunkt vorgelegen hätten. § 114 Satz 2 VwGO schließe ein Nachschieben von Ermessenserwägungen bei Dauerverwaltungsakten nicht aus. Das Oberverwaltungsgericht habe deshalb die im gerichtlichen Verfahren ergänzten Ermessenserwägungen bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen. Soweit es von der Rechtswidrigkeit der Untersagung in der Vergangenheit ausgehe, seien seine Erwägungen denkfehlerhaft. Kohärenzfragen in seinem Sinne seien erst seit den unionsgerichtlichen Entscheidungen vom 8. September 2010 erheblich.

12

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 hat der Senat das Verfahren, soweit es den Untersagungszeitraum seit dem 1. Dezember 2012 betrifft, unter dem Aktenzeichen - BVerwG 8 C 53.12 - abgetrennt.

13

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Februar 2012 hinsichtlich des Zeitraums bis zum 30. November 2012 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 17. September 2008 insoweit zurückzuweisen.

14

Der Kläger beantragt,

die Revision hinsichtlich des Zeitraums bis zum 30. November 2012 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 20. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Arnsberg vom 23. Juli 2007 in Ansehung seiner Vollstreckung aufgehoben und im Übrigen die Rechtswidrigkeit der Untersagung in der Zeit bis zum 30. November 2012 festgestellt wird.

15

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist bezüglich des hier verfahrensgegenständlichen Zeitraums bis zum 30. November 2012 zulässig, aber nicht begründet (§ 137 Abs. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage zu Recht für zulässig gehalten, auch wenn die Anfechtungsklage nur in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung statthaft und im Übrigen - zulässig - auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umzustellen war. Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat es ferner die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung im maßgeblichen Zeitraum damit begründet, dass diese maßgeblich auf das staatliche Sportwettenmonopol gestützt wurde, obwohl die Monopolregelung unionsrechtswidrig und damit unanwendbar war, weil sie dem unionsrechtlichen Kohärenzerfordernis schon wegen der systematisch zum Glücksspiel anreizenden Werbepraxis der Monopolträger nicht genügte. Soweit das Berufungsurteil eine Inkohärenz nicht nur wegen der Ausgestaltung des Monopolsektors, sondern unabhängig davon auch wegen einer der Suchtbekämpfung zuwiderlaufenden Glücksspielpolitik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels bejaht, wendet es das Kohärenzerfordernis zwar teilweise unzutreffend an. Es beruht aber nicht auf diesem Fehler, weil es unabhängig davon selbstständig von der zuvor dargestellten Hauptbegründung getragen wird.

17

1. Die Klage gegen die angegriffene Untersagungsverfügung ist bezüglich des gesamten hier verfahrensgegenständlichen Zeitraums von ihrem Erlass bis zum 30. November 2012 zulässig. Angefochten werden kann die Untersagungsverfügung allerdings nur in Ansehung ihrer Vollstreckung mittels der im November/Dezember 2006 und erneut im Dezember 2010 festgesetzten und anschließend eingezogenen Zwangsgelder. Im Übrigen hat sie sich fortlaufend erledigt, so dass insoweit die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft ist.

18

a) Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels Zwangsgeldes statthaft, weil - nur - insoweit noch eine Beschwer durch das Vermittlungsverbot bezüglich des bereits abgelaufenen Zeitraums vorliegt.

19

Glücksspielrechtliche Untersagungen erledigen sich als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet (Urteile vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 - juris Rn. 15 und vom 16. Mai 2013 - BVerwG 8 C 14.12 - juris Rn. 18, Beschluss vom 5. Januar 2012 - BVerwG 8 B 62.11 - NVwZ 2012, 510 Rn. 13). Das ist der Fall, wenn sie die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die Vollstreckung mittels Zwangsgeldes, weil sie bei Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden kann.

20

Die Rückzahlung eines gezahlten Zwangsgeldes kann nicht - ähnlich wie ein Schadensersatzverlangen - auf die Sekundärebene verschoben werden, sondern setzt die Beseitigung der Grundverfügung voraus, die der Vollstreckung zugrunde liegt (Titelfunktion des Verwaltungsakts). Allerdings bedarf es der Beseitigung der Grundverfügung auch nur, soweit sie Grundlage der Vollstreckung war und ist; eine darüber hinausgehende Anfechtung ist zu diesem Zweck weder erforderlich noch wäre sie zulässig. Das erlangt Bedeutung vor allem bei denjenigen Verwaltungsakten mit Dauerwirkung, die - wie die vorliegende Untersagungsverfügung - nur in bestimmten Abschnitten ihres Geltungszeitraums zwangsweise durchgesetzt wurden. In diesen Fällen genügt es zur Rückabwicklung der Vollstreckung, die Untersagungsverfügung in Ansehung des Zeitraums zu beseitigen, in welchem sie zwangsweise durchgesetzt wurde. Der Betroffene braucht demzufolge nur darzulegen, dass die Verfügung zu dieser Zeit rechtswidrig war. Ob sie darüber hinaus auch in anderen - ebenso vergangenen - Zeiträumen rechtswidrig war, ist hierfür unerheblich; auch hierzu vorzutragen, kann vom Betroffenen nicht verlangt werden. Will er die Verfügung hingegen auch in Ansehung dieser anderen - vollstreckungsfreien - Zeiträume der gerichtlichen Überprüfung zuführen, in denen sich der Verwaltungsakt wieder fortlaufend erledigt hat, so ist er insoweit auf die Fortsetzungsfeststellungsklage zu verweisen. Er muss dann darlegen, dass er an der gerichtlichen Überprüfung auch insoweit ein berechtigtes Interesse hat (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Dieses kann sich nicht aus einer Vollstreckung ergeben, die zu dieser Zeit bereits abgeschlossen oder noch nicht begonnen worden war.

21

Im vorliegenden Fall wurde die Untersagungsverfügung vom 20. Oktober 2006 mit mehreren Zwangsgeldfestsetzungen in Gesamthöhe von 110 000 € nebst Kosten durchgesetzt, bis der Kläger mitteilte, ab dem 18. Dezember 2006 keine Sportwetten mehr anbieten zu wollen. In Ansehung dieser Zwangsvollstreckung ist die Anfechtungsklage statthaft. Erst Jahre später - nach Ergehen der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010 - nahm der Kläger die Sportwettenvermittlung wieder auf. Deshalb vollstreckte die Beklagte die Untersagung im Dezember 2010 erneut mittels Zwangsgeldern in einer Gesamthöhe von 50 000 € nebst Kosten. Auch bezüglich dieser Zwangsvollstreckung kommt die Anfechtungsklage in Betracht.

22

b) Hinsichtlich der übrigen vergangenen Zeiträume ist hingegen die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft, weil die Untersagung für den bereits abgelaufenen Zeitraum sich insoweit - fortlaufend - erledigt hat.

23

aa) Der Kläger konnte seinen Anfechtungsantrag auch im Revisionsverfahren noch - teilweise - auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren umstellen. § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht dem nicht entgegen. Er verbietet nur eine Änderung des Streitgegenstandes. Sie liegt hier nicht vor, weil die Rechtmäßigkeit der Untersagung im zurückliegenden Zeitraum bereits Gegenstand der Berufungsentscheidung war.

24

bb) Eine endgültige Erledigung der Untersagung, die zur Unzulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage für den anschließenden Zeitraum führen würde, ist nicht vor dem 30. November 2012 eingetreten. Die vorgetragene Aufgabe der Sportwettenvermittlung in einigen der fünf Betriebsstätten reicht dazu nicht aus. Betriebsstättenbezogene Untersagungsverfügungen erledigen sich endgültig erst, wenn die Betriebsstätte endgültig aufgegeben wird (Urteil vom 15. November 1990 - BVerwG 3 C 49.87 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 224 = juris Rn. 22). Das hat das Oberverwaltungsgericht für keine der fünf Betriebsstätten festgestellt. Dass seine Annahme, der Kläger könne die Vermittlung auch in den Betriebsstätten A... ... und ... sowie H...straße wieder aufnehmen, aktenwidrig wäre, hat die Beklagte nicht dargelegt. Die Klagebegründung, aus der sie die Aktenkundigkeit des Gegenteils herleitet, teilt nur eine Einstellung der Sportwettenvermittlung dort ohne Abmeldung des Gewerbes mit. Das entspricht den Feststellungen der Vorinstanz und schließt eine erneute Aufnahme der Vermittlungstätigkeit in diesen Betriebsstätten nicht aus. Ohne einen Beweisantrag der bereits in der Vorinstanz anwaltlich vertretenen Beklagten bedurfte es danach auch keiner weiteren Aufklärung.

25

cc) Soweit die Untersagungsverfügung sich - außerhalb der Vollstreckungszeiträume - bis zum 30. November 2012 fortlaufend erledigt hat, kann der Kläger sich auf ein Präjudizinteresse berufen.

26

Ein Präjudizinteresse ist zu bejahen, wenn die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen im hier bereits anhängigen Zivilprozess nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Urteile vom 14. Januar 1980 - BVerwG 7 C 92.79 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVerwG 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 S. 90 und vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <92> = Buchholz 454.11 WEG Nr. 7). Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs genügt nicht.

27

Offenbleiben kann, ob ein - verschuldensabhängiger - Amtshaftungsanspruch nach Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch in Betracht kommt. Jedenfalls ist das Bestehen eines Haftungsanspruchs nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW nicht von vornherein offensichtlich ausgeschlossen. Dabei muss nicht geklärt werden, ob die Anwendung der im Zivilprozess revisiblen Vorschrift (§§ 545, 560 ZPO) auch im Verwaltungsprozess revisionsgerichtlich überprüft werden darf oder ob dies wegen § 137 Abs. 1 VwGO nicht in Betracht kommt (vgl. Beschlüsse vom 17. Oktober 2012 - BVerwG 8 B 47.12 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 22 und - BVerwG 8 B 62.12 - juris Rn. 17). Selbst wenn eine revisionsgerichtliche Überprüfung der Auslegung der Vorschrift zulässig sein sollte, wären deren Voraussetzungen hier nicht offensichtlich und ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung zu verneinen.

28

§ 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW begründet einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch für Schäden, die jemandem durch eine rechtswidrige Maßnahme der Ordnungsbehörden entstanden sind. Bei Erlass der Untersagungsverfügung handelte die Beklagte nach § 14 Abs. 1 OBG NW als Ordnungsbehörde.

29

Ob eine Haftung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ausgeschlossen ist, weil die Norm nur die Haftung für enteignungsgleiche Eingriffe regeln soll und damit keine Entschädigung für legislatives Unrecht einschließlich der Anwendung rechtswidriger Normen (sog. Beruhensfälle) gewährt, muss gegebenenfalls im zivilgerichtlichen Staatshaftungsprozess geklärt werden. Von einer solchen Anspruchsbegrenzung kann nicht mit der erforderlichen Offensichtlichkeit ausgegangen werden. Allerdings geben die Gesetzesmaterialien deutliche Hinweise für eine entsprechende Beschränkung. So wurde die vom Ausschuss für Innere Verwaltung vorgeschlagene Ausweitung der Haftung auf die Schädigung von Personen, die als Störer in Anspruch genommen wurden (Beschlussvorschlag des Ausschusses vom 11. Oktober 1955, LTDrucks 3/243), im Landtagsplenum dahin erläutert, dass in Anlehnung an das in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelte Institut des enteignungsgleichen Eingriffs eine Haftung auch für rechtswidrig-schuldlose Verwaltungsmaßnahmen eingeführt werden solle (vgl. das Protokoll der 2. Lesung des Entwurfs des Ordnungsbehördengesetzes, LT-Protokolle 3. Wahlperiode Bd. 1 S. 822 <825, 827 f. und 837 unter C und D>). Auch die Ablehnung eines Antrags der Fraktion des Zentrums, den Haftungsumfang auf entgangenen Gewinn zu erstrecken (LTDrucks 3/273 S. 3 zu § 48), und die Ablehnung einer Haftung für immaterielle Schäden wurden auf die richterrechtlich konkretisierten Anforderungen aus Art. 14 GG zurückgeführt (LT-Protokolle a.a.O. S. 827 f. und 837 unter C und D). Die Systematik des § 39 Abs. 1 OBG NW vollzieht ebenfalls den Erst-recht-Schluss von der Staatshaftung für rechtmäßige enteignende Eingriffe auf die Haftung für enteignungsgleiche Eingriffe nach (Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S. 664 f.). Allerdings hat der Bundesgerichtshof erst nach Erlass des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW entschieden, dass die Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff sich nicht auf legislatives Unrecht einschließlich der Beruhensfälle erstreckt (vgl. BGH, Urteile vom 12. März 1987 - III ZR 216/85 - BGHZ 100, 136 <145 ff.> und vom 27. Januar 1994 - III ZR 42/92 - BGHZ 125, 27 <38>). Dies ändert aber nichts daran, dass die Haftungsbegrenzung im Rechtsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs bereits angelegt war. Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch nicht evident, dass ein Beruhensfall - wie der Kläger meint - nur bei einer gebundenen Entscheidung vorliegen könnte. Angewendet wird die rechtswidrige Vorschrift auch, wenn sie Ermessen einräumt. Selbst wenn ein Beruhensfall eine gebundene Entscheidung voraussetzen sollte, könnte überdies genügen, dass die legislative Regelung das Ermessen der Behörde auf Null reduzierte. Die Frage, ob und inwieweit § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW eine Haftung für legislatives Unrecht und deshalb auch eine Haftung in Fällen wie dem vorliegenden ausschließt, ist in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung jedoch noch nicht geklärt. Bislang liegen nur einzelne Entscheidungen vor, die von einer Unanwendbarkeit der Haftungsnorm ausgehen (OLG Köln, Urteil vom 3. Mai 2012 - 7 U 194/11 - juris Rn. 30 f.; OLG Hamm, Urteil vom 3. Mai 2013 - I-11 U 88/11 - juris Rn. 95 ff.). Die neueste, zuletzt zitierte Entscheidung hat wegen dieser Frage die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, dem die höchstrichterliche Klärung überlassen bleibt.

30

Ein Ersatzanspruch nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ist auch nicht schon offensichtlich zu verneinen, weil die etwaige Rechtsverletzung nicht kausal für den geltend gemachten Schaden wäre. Die landesrechtliche Regelung verhält sich nicht zu den Anforderungen, die an die Schadensverursachung zu stellen sind. Auch insoweit fehlt eine gefestigte zivilgerichtliche Konkretisierung. Zwar mag naheliegen, die für revisible Haftungsnormen entwickelten Anforderungen an die Kausalität bei Ermessensakten auch auf die landesrechtliche Haftungsregelung des Polizei- und Ordnungsrechts zu übertragen und die Ursächlichkeit zu verneinen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre (BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vinke, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 12, 13. Aufl. 2005, § 839 Rn. 176, zur Unterscheidung von der Figur rechtmäßigen Alternativverhaltens vgl. ebd. Rn. 178). Offensichtlich ist eine solche Parallelität aber nicht. Insbesondere steht es dem Landesgesetzgeber frei, die Haftung großzügiger zu regeln. Ob dies hier geschehen ist, bedarf gegebenenfalls einer näheren Prüfung im anhängigen Staatshaftungsverfahren.

31

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein ersatzfähiger Schaden ebenfalls nicht offensichtlich zu verneinen. Auf die Frage, ob eigentumsfähige Positionen betroffen sind, kommt es nur bei einer entsprechenden, hier gerade nicht offensichtlichen Beschränkung der Haftung an. Ob Vermögenseinbußen wegen rechtlicher Missbilligung der untersagten Tätigkeit nicht ersatzfähig sind, lässt sich nur auf der Grundlage einer ins Einzelne gehenden verfassungs- und unionsrechtlichen Prüfung der die Tätigkeit beschränkenden oder missbilligenden Vorschriften beantworten, so dass auch insoweit keine Offensichtlichkeit vorliegt.

32

Mangels entsprechenden substantiierten Vorbringens der Beteiligten gibt es schließlich keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte seinerzeit durch eine kommunalaufsichtliche Weisung oder einen ministeriellen Erlass zum Erlass der hier angegriffenen Verfügung verpflichtet und ihre Passivlegitimation im Staatshaftungsprozess schon deshalb zu verneinen wäre (zu einer solchen Konstellation vgl. OLG Hamm, Urteil vom 3. Mai 2013 a.a.O. Rn. 121 ff.).

33

2. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die angegriffene Untersagungsverfügung sei seit ihrem Erlass rechtswidrig gewesen, hält für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum bis zum 30. November 2012 der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

34

Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist die glücksspielrechtliche Untersagung während ihres Wirkungszeitraums an der jeweils aktuellen Rechtslage zu messen. Da die vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Ermächtigungsgrundlagen des § 14 OBG NW und des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV (a.F.) nicht zum revisiblen Recht gehören (§ 137 Abs. 1 VwGO), hat das Revisionsgericht von der berufungsgerichtlichen Auslegung und Anwendung beider Vorschriften auszugehen und nach § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO nur zu prüfen, ob diese revisibles Recht verletzt.

35

Für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. November 2012 ist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nordrhein-westfälischen Umsetzungsgesetzes vom 30. Oktober 2007 als Ermächtigungsgrundlage für das Aufrechterhalten des Vermittlungsverbots heranzuziehen. Ausgelaufen ist die seit dem 1. Januar 2012 in Nordrhein-Westfalen landesrechtlich fortgeltende Monopolregelung dort erst mit Ablauf des 30. November 2012. Die Rechtslage änderte sich nicht schon mit dem Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages zum 1. Juli 2012, sondern gemäß Art. 4 des nach Art. 66 Satz 2 der Landesverfassung (Verf NW) erforderlichen landesrechtlichen Zustimmungsgesetzes (Gesetz zum Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 13. November 2012, GVBl S. 524) erst mit Inkrafttreten dieses Gesetzes zum 1. Dezember 2012. Das Zustimmungsgesetz ordnet auch keine Rückwirkung der neuen Vorschriften auf den 1. Juli 2012 an. Da es nicht Gegenstand der Berufungsentscheidung war, ist der Senat nicht gehindert, die einschlägigen Vorschriften selbst auszulegen. Art. 1 § 1 Satz 1 des Zustimmungsgesetzes ist keine Rückwirkungsanordnung zu entnehmen. Er ist entweder deklaratorisch als Hinweis auf das Inkrafttreten des Staatsvertrages und die damit verbundene Entstehung von Vertrags- und Umsetzungspflichten des Landes im Außenverhältnis zu den Vertragspartnern zum 1. Juli 2012 zu verstehen oder als ein Redaktionsversehen zu erklären, das sich aus der Verzögerung des Erlasses des Zustimmungsgesetzes wegen der Landtagswahl 2012 ergab. Systematisch spricht gegen die Annahme einer Rückwirkungsanordnung schon, dass das als Art. 2 des Zustimmungsgesetzes erlassene Ausführungsgesetz zur Änderung des Staatsvertrages nach § 24 Abs. 1 ebenfalls zum 1. Dezember 2012 in Kraft trat. Eine rückwirkende Umsetzung des Änderungsstaatsvertrages ohne gleichzeitiges rückwirkendes Inkrafttreten der Ausführungsbestimmungen ist nicht vorstellbar.

36

Nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen, die insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffen wurden, lagen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV vor. Weder der Kläger noch die Wettunternehmen, an die er Sportwetten vermittelte, verfügten über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis. Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung musste die Beklagte die den Wettunternehmen im EU-Ausland erteilte Konzession nicht als solche Erlaubnis anerkennen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 112). Das damit eröffnete Untersagungsermessen hat die Beklagte jedoch gemäß § 40 VwVfG NW fehlerhaft ausgeübt (a). Eine Ermessensausübung war nicht etwa entbehrlich, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert und diese zu einer Untersagung verpflichtet gewesen wäre (b). Die Beklagte hat die Defizite ihrer Ermessenserwägungen auch nicht nachträglich geheilt (c). Für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages gilt nichts anderes. Insoweit kann offenbleiben, ob die Tätigkeit des Klägers die öffentliche Sicherheit gemäß § 14 OBG NW gefährdete, weil sie den objektiven Tatbestand des § 284 Abs. 1 i.V.m. § 27 StGB erfüllte. Jedenfalls war die Ermessensentscheidung für den Erlass der Untersagung nach § 14 OBG NW ebenso fehlerhaft wie deren Aufrechterhalten unter der Geltung des Glücksspielstaatsvertrages (d).

37

a) Das Oberverwaltungsgericht hat den angegriffenen Bescheid revisionsrechtlich fehlerfrei dahin ausgelegt, dass die Ermessensentscheidung für die Untersagung maßgeblich mit der Erwägung begründet wurde, eine Erlaubnis könne wegen des staatlichen Sportwettenmonopols (vgl. § 5 Abs. 2 und 4 LoStV, § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) nicht erteilt werden. Diese Ermessensausübung war nach § 40 VwVfG NW rechtsfehlerhaft, weil sie zu Unrecht von der Anwendbarkeit der Monopolregelung ausging. Die Beklagte hätte diese Regelung nicht anwenden dürfen, weil sie die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig beschränkte. Wie das Oberverwaltungsgericht ausführt, ergab sich schon aus den systematischen Verstößen der Monopolträger gegen die Grenzen zulässiger Werbung, dass das staatliche Sportwettenmonopol nicht den unionsrechtlichen Kohärenzanforderungen genügte.

38

aa) Der persönliche Anwendungsbereich der Niederlassungs- wie der Dienstleistungsfreiheit ist eröffnet, da der Kläger Unionsbürger im Sinne des Art. 20 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist. Ob der sachliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1 AEUV einschlägig ist oder - sofern die Betriebsstätten des Klägers nicht als inländische Präsenz der Wettunternehmen anzusehen waren - subsidiär die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV eingreift, kann offenbleiben. Die Monopolregelung beschränkt beide Freiheiten. In ihrem räumlichen, inländischen Geltungsbereich schließt sie das Veranstalten von Wetten durch andere als den Monopolträger aus. Darüber hinaus lässt sie eine Wettvermittlung an andere Wettunternehmen als den Monopolanbieter nicht zu. Die unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung der Beschränkung sind ebenfalls für beide Grundfreiheiten deckungsgleich. Die Beschränkung muss das Diskriminierungsverbot beachten sowie nach Art. 51 f. i.V.m. Art. 62 AEUV oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten, unionsrechtlich legitimen Ziels zu gewährleisten. Außerdem darf sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 62).

39

Für die Rechtfertigung glücksspielrechtlicher Monopolregelungen stellt der Gerichtshof der Europäischen Union in ständiger Rechtsprechung auf die zwingenden Gründe des Allgemeininteresses ab, zu denen die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen gehören (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 45, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa de Futebol Profissional - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8149 Rn. 45). Dies schließt die in § 1 GlüStV genannten Ziele der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes ein (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 79).

40

Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs steht den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum ("ausreichendes Ermessen") zu. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen. Dabei ist jede beschränkende Regelung gesondert zu prüfen (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 a.a.O. Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N). Eine Monopolregelung, die auf die Bekämpfung der Spielsucht und den Spielerschutz als zwingende Gründe des Allgemeininteresses gestützt wird, ist nur verhältnismäßig, wenn sie ebenso wie ihre Anwendung in der Praxis geeignet ist, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt (vgl. Urteile vom 6. November 2003 a.a.O. Rn. 67, vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - Slg. 2010, I-4757 Rn. 21 sowie vom 8. September 2010 - Carmen Media - a.a.O. Rn. 64 und - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 98; BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 77 und vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 45).

41

Das Kohärenzgebot präzisiert die Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Regelung in zweifacher Hinsicht. Zum einen verlangt es, dass der Mitgliedstaat die unionsrechtlich legitimen Ziele im Anwendungsbereich der Monopolregelung tatsächlich verfolgt. Er darf nicht scheinheilig legitime Ziele vorgeben, in Wahrheit aber andere - namentlich fiskalische - Ziele anstreben, die die Beschränkung nicht legitimieren können (EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. November 2003 a.a.O. Rn. 67 ff. und vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 88 ff. sowie - Carmen Media - a.a.O. Rn. 55, 64 ff.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 45). Diese Anforderung bezieht sich allein auf den Monopolsektor und gebietet, die normative Ausgestaltung und die praktische Handhabung des Monopols konsequent an den unionsrechtlich legitimen Zielen auszurichten (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 83 und 98 f.). Sie lässt sich deshalb als Erfordernis der Binnenkohärenz umschreiben und trifft sich mit dem verfassungsrechtlichen Erfordernis einer normativen Ausgestaltung und Praxis, die konsequent an den überragend wichtigen Gemeinwohlzielen des Monopols ausgerichtet ist (dazu vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <309 ff.>; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 32).

42

Die zweite aus dem Kohärenzgebot abgeleitete Anforderung greift dagegen über den Monopolsektor hinaus und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Geeignetheit der Monopolregelung zur Verwirklichung eines mit ihr (tatsächlich) verfolgten, unionsrechtlich legitimen Ziels durch eine gegenläufige Glücksspielpolitik in anderen Glücksspielbereichen beeinträchtigt werden kann. Die Monopolregelung darf deshalb nicht durch die mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen konterkariert werden. Damit verlangt das Kohärenzgebot weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 95 f. und - Carmen Media - a.a.O. Rn. 62 f.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 45 m.w.N.). Das gewinnt Bedeutung namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Bund und mehrere Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Doch führt es zur Inkohärenz der Monopolregelung, wenn die zuständigen Behörden in einem anderen Glücksspielbereich eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Politik betreiben oder dulden und dies zur Folge hat, dass das der Errichtung des Monopols zugrunde liegende Ziel mit ihm nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 106 und - Carmen Media - a.a.O. Rn. 68 f.). Davon ist bei einem zur Spielsuchtbekämpfung geschaffenen Monopol auszugehen, wenn in anderen Glücksspielsektoren mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 f.) - Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 jeweils a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 82, vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 45 und vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 - juris Rn. 43).

43

bb) Das Oberverwaltungsgericht hat die erste, die Binnenkohärenz betreffende Anforderung des Kohärenzgebots in Bezug auf die Grenzen zulässiger Werbung für das Monopolangebot zutreffend konkretisiert und ist revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass die Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV (a.F.) wegen systematischer Missachtung dieser Grenzen durch die Monopolträger dem Kohärenzgebot nicht genügt.

44

(1) Dem unionsrechtlich legitimen Ziel der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes entspricht nur eine Werbung, die maßvoll und strikt auf das begrenzt bleibt, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum legalen Glücksspielangebot hinzulenken (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 103). Dies kann das Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen Werbeumfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken implizieren (vgl. EuGH, Urteil vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 55). Eine solche Werbung darf aber nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Image verliehen wird, das daran anknüpft, dass die Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verwendet werden. Unzulässig ist es auch, die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen. Die Finanzierung uneigennütziger oder im Allgemeininteresse liegender Aktivitäten darf nur eine erfreuliche Nebenfolge, aber nicht der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 104). Soweit die Behörden eines Mitgliedstaates den Verbrauchern Anreize geben und sie dazu ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, können sie sich zur Rechtfertigung beschränkender Maßnahmen nicht auf die öffentliche Sozialordnung und die aus ihr folgende Notwendigkeit berufen, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8149 Rn. 66).

45

Entgegen der Auffassung der Revision liegt in der Übernahme und Anwendung dieser Grundsätze durch das Berufungsurteil keine unzulässige Verengung des Werbebegriffs, wie er sich aus § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV oder anderen mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften ergibt. Die dargelegten Grundsätze schränken nicht den Begriff der Werbung ein, sondern nur den Rahmen, in dem Werbung für das Monopolangebot unionsrechtlich zulässig ist. Der Rahmen wird auch nicht so eng gezogen, dass die noch zulässigen Maßnahmen nicht mehr als Werbung im Wortsinne zu bezeichnen wären. Der Begriff wird durch jeden an das Publikum gerichteten Hinweis eines Anbieters auf ein eigenes entgeltliches Angebot erfüllt (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 50). Wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts lassen sich gegen dessen Werbebeschränkungen auch keine großzügigeren mitgliedstaatlichen Vorschriften anführen. Vielmehr ist § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, soweit er ausdrücklich den gezielten Anreiz zum Wetten verbietet, im Hinblick auf Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV unionsrechtskonform auszulegen. Verfassungsrechtliche Bedenken sind dagegen - auch unabhängig von der Reichweite des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts - nicht geltend zu machen. Vielmehr stimmen die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung, die sich aus Art. 12 GG i.V.m. dem Verhältnismäßigkeitsgebot ergeben und denen durch verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV Rechnung zu tragen ist, mit den unionsrechtlichen Anforderungen im Wesentlichen überein. Verfassungsrechtlich hat die Werbung für das Monopolangebot sich konsequent am Ziel der Begrenzung der Spielsucht auszurichten und auf eine sachliche Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum legalen Wetten zu beschränken. Sie darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <318>; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 34, 46 ff.). Entscheidend dafür ist nicht die Intention, sondern der nach dem Horizont des durchschnittlichen Empfängers zu bestimmende Aussagegehalt (Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 48 f.). Insbesondere darf die Teilnahme an Wetten nicht als sozialadäquate oder gar positiv bewertete Unterhaltung dargestellt werden. Das schließt auch eine Werbung mit dem Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung der Einnahmen aus (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 52).

46

Die Grenzen zulässiger Werbung müssen auch nicht wegen des unions- wie verfassungsrechtlich legitimen Ziels der Kanalisierung der Wettleidenschaft "dynamisiert" werden, um eine von der Beklagten geforderte "Waffengleichheit" mit solchen privaten Anbietern herzustellen, die geringeren Beschränkungen unterworfen sind als die Monopolträger oder sich geltenden Beschränkungen entziehen. Ebenso wenig ist es unionsrechtlich geboten oder auch nur zulässig, eine Werbung zu gestatten, die nicht nur die bereits zur Teilnahme am Glücksspiel Entschlossenen zum legalen Angebot hinlenkt, sondern auch die noch Unentschlossenen zur Teilnahme motiviert. Der dazu angeregten Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht. Diese Fragen sind in seiner bisherigen Rechtsprechung bereits eindeutig geklärt, so dass für vernünftige Zweifel kein Raum mehr bleibt. Entgegen der Annahme der Beklagten hält diese Rechtsprechung des Gerichtshofs sich auch innerhalb der ihm zugewiesen Kompetenz (Art. 276 AEUV). Sie entscheidet nicht über das Sicherheits- und Ordnungsrecht, sondern lediglich über die Reichweite der Grundfreiheiten, die die mitgliedstaatlichen Gerichte bei ihrer Prüfung sicherheits- und ordnungsrechtlicher Maßnahmen zu beachten haben.

47

Eine Politik der kontrollierten Expansion mit einem "gewissen Werbeumfang" hat der Gerichtshof in Bezug auf das Monopolangebot nur für zulässig erklärt, soweit dies erforderlich ist, um Spieler, die verbotenen geheimen Spiel- oder Wetttätigkeiten nachgehen, zum legalen Angebot hinzulenken (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 101 f.). Schon daraus ergibt sich unzweifelhaft, dass die Werbung nur die bereits zur Teilnahme am Glücksspiel Entschlossenen zum legalen Angebot hinlenken, aber nicht die noch Unentschlossenen zur Teilnahme motivieren darf. Die Kanalisierung der Spielleidenschaft durch Werbung darf sich nur darauf richten, die bereits vorhandene und bislang illegal gedeckte Nachfrage umzulenken und so den Marktanteil des legalen Anbieters zulasten des Marktanteils der illegalen Anbieter zu erhöhen. Der Gerichtshof unterscheidet deshalb zwischen einer - zulässigen - restriktiven Geschäftspolitik, die nur den vorhandenen Markt für den Monopolinhaber gewinnen oder die Kunden an ihn binden soll, und einer - unzulässigen - expansionistischen Geschäftspolitik, die auf das Wachstum des gesamten Marktes für Spieltätigkeiten abzielt (EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer - Slg. 2011, I-8185 Rn. 69). Gleichzeitig wird klargestellt, dass das Ziel der Lenkung der vorhandenen Nachfrage es nicht rechtfertigen kann, die Verbraucher zur Teilnahme am Glücksspiel anzureizen oder zu ermuntern. Nur vorbehaltlich der Erfordernisse, die sich aus dem Verbot solcher Maßnahmen ergäben, könne eine gewisse Werbung zur legitimen Lenkung beitragen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 102 mit Verweis auf Rn. 97 ff.). Die kanalisierende Werbung muss deshalb nicht nur streng auf das zur Lenkung der Verbraucher Erforderliche begrenzt bleiben. Auch eine solche, der Lenkung dienende Werbung darf nicht zur aktiven Teilnahme am Spiel anregen, sondern nur über die Existenz der Produkte informieren. Dabei muss sie die bereits im Einzelnen dargestellten Verbote beachten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 103 und vom 15. September 2011 a.a.O. juris Rn. 68). Eine Dynamisierung der Grenzen zulässiger Werbung ist damit nicht zu vereinbaren. "Waffengleichheit" mit privaten Anbietern können die staatlichen Monopolträger wegen ihrer Bindung an die Grundfreiheiten nicht verlangen. Nichts anderes ergibt sich aus verfassungsrechtlicher Sicht. Die Länder, die ein Monopol errichtet und ausgestaltet haben, sind nicht Grundrechtsträger, sondern Grundrechtsverpflichtete und unterliegen nach Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG einer Rechtsbindung, die nicht aus Zweckmäßigkeitserwägungen gelockert werden kann.

48

Der Einwand der Beklagten, unter diesen rechtlichen Voraussetzungen sei es den Monopolträgern unmöglich, die Glücksspielnachfrage entsprechend ihrem Auftrag zu lenken und zu kanalisieren, rechtfertigt keine andere Auslegung. Die Kanalisierung ist kein unionsrechtlicher Auftrag, sondern nur eine Rechtfertigung für gewisse Werbemaßnahmen in den dargelegten rechtlichen Grenzen. Mitgliedstaatlich-einfachrechtliche Aufgabenzuweisungen können die unionsrechtliche Eingriffsrechtfertigung nicht beeinflussen.

49

(2) Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung, ob die unionsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung im maßgeblichen Zeitraum beachtet wurden, nicht allein auf die Sportwetten-Werbung des nordrhein-westfälischen Monopolträgers abgestellt, sondern dessen Werbung für andere Monopolangebote wie Lotteriespiele in die Beurteilung mit einbezogen. Da es für die Verhältnismäßigkeitsprüfung auf die tatsächlichen Ziele der Monopolregelung ankommt, ist auf ihren gesamten Anwendungsbereich und damit auf alle monopolisierten Angebote abzustellen. Eine Inkohärenz ist schon anzunehmen, wenn der Inhaber des Sportwettenmonopols in Bezug auf die ebenfalls dem Monopol unterliegenden Lotteriespiele unionsrechtlich unzulässige, die Werbebeschränkungen missachtende Werbekampagnen durchführt (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Leitsatz 1 d) 1. Spiegelstrich Rn. 100, 103 f.; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 77). Die eindeutige unionsgerichtliche Anknüpfung an das gesamte Verhalten des Monopolträgers lässt in Verbindung mit den ebenfalls unmissverständlichen, strengen und nicht dynamisierbaren Grenzen zulässiger Werbung auch keine Differenzierung der Werbegrenzen nach dem Grad der Suchtgefährlichkeit des jeweils beworbenen Glücksspiels zu. Eine Vorlage an den Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist wegen der Unmissverständlichkeit seiner Rechtsprechung in dieser Frage nicht geboten.

50

Revisionsrechtlich ist auch nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht neben der Werbung des nordrhein-westfälischen Monopolträgers auch die im Deutschen Lotto- und Totoblock koordinierte Werbung anderer Monopolträger unter der gemeinsamen Dachmarke Lotto berücksichtigt hat. Der nordrhein-westfälische Monopolträger muss sich diese Werbemaßnahmen allerdings nicht schon zurechnen lassen, weil unionsrechtlich der Mitgliedstaat verpflichtet ist, die Grundfreiheiten zu wahren, und innerstaatliche Kompetenzregelungen keine Verletzung dieser Pflicht rechtfertigen können. Die Zurechnung wie eine eigene Werbemaßnahme ist vielmehr gerechtfertigt, weil die im Berufungsurteil gewürdigte Werbung der Monopolträger anderer Bundesländer nach den Feststellungen der Vorinstanz Ausdruck einer landesgrenzenübergreifend abgestimmten und umgesetzten Vertriebsstrategie aller Monopolträger ist. Das Oberverwaltungsgericht ist in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass die im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengeschlossenen Monopolträger ihre Angebote im Rahmen einer gemeinsamen, landesgrenzenübergreifenden Dachmarkenstrategie vertreiben. Damit hat es ein von allen Monopolträgern mitgetragenes, koordiniertes und planmäßiges Vorgehen für den Vertrieb der Angebote angenommen, das vertriebsfördernde Wirkungen der Werbung für ein Dachmarkenprodukt auch der Vermarktung anderer Produkte unter derselben Dachmarke zugute kommen lässt. Mit dem Erlass gemeinsamer Werberichtlinien setzte die ländergrenzenübergreifende Koordination sich sogar im Bereich der Aufsicht fort.

51

An die berufungsgerichtlichen Feststellungen ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil insoweit keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben wurden. Die gerügten Mängel betreffen die Beweiswürdigung einzelner Werbemaßnahmen, jedoch nicht die Feststellungen zur Dachmarkenstrategie selbst. Die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, die im Berufungsurteil verwerteten Werbemaßnahmen anderer Monopolträger seien nicht der gemeinsamen Dachmarkenstrategie zuzuordnen gewesen.

52

Ihr rechtlicher Einwand, die Einbeziehung der im Deutschen Lotto- und Totoblock koordinierten Werbung verletze das Bundesstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG), trifft nicht zu. Die vom Berufungsgericht vorgenommene faktische Zurechnung von Werbemaßnahmen im Rahmen der von den Monopolanbietern abgestimmten Dachmarkenwerbung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch das Bundesverfassungsgericht hat für die verfassungsrechtliche Beurteilung des bayerischen Sportwettenmonopols unter dem Lotteriestaatsvertrag unter anderem auf die seinerzeit bundesweit im Deutschen Lotto- und Totoblock koordinierte Werbung abgestellt (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <309 ff., 314>). Dies steht nicht im Widerspruch zur bundesstaatlichen Kompetenzverteilung und der Eigenstaatlichkeit der Länder, sondern zieht nur rechtliche Konsequenzen aus einer bestimmten Art und Weise des gemeinsam abgestimmten und verantworteten, koordinierten Gebrauchs der jeweiligen Kompetenz.

53

(3) Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von ihm angeführte Imagewerbung für das West-Lotto, die Präsentation der Glücksspirale vor der Hauptausgabe der Tagesschau und die Jackpot-Werbung die unionsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung missachten.

54

Den von West-Lotto verwendeten Werbeslogan "Glück ist, wenn man seinen Mitmenschen helfen kann" hat das Oberverwaltungsgericht revisionsrechtlich fehlerfrei dahin interpretiert, dass er die Teilnahme am Lotto zum sozialen Handeln in Form der Hilfeleistung aufwertet. Damit widerspricht der Slogan dem an den Monopolträger gerichteten Verbot, der Teilnahme am Glücksspiel ein positives Image zu verleihen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 103 f.). Das unzulässige moralische Aufwerten der Teilnahme am Glücksspiel kann auch durch suchtpräventive Hinweise nicht kompensiert werden (Urteile vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 51 f. und vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 - juris Rn. 32; zur parallelen verfassungsrechtlichen Wertung vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 39, 47, 57). Aufgrund des Vergleichs mit ähnlichen, im angegriffenen Urteil als "Lotto-Hilft"-Kampagnen bezeichneten Werbestrategien hat das Oberverwaltungsgericht die nordrhein-westfälische Werbung als Teil einer systematischen Missachtung des Verbots sozialer Aufwertung des Glücksspiels im Rahmen der Dachmarkenstrategie eingeordnet.

55

Wirksame Verfahrensrügen wurden dagegen nicht erhoben. Die Rüge der Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe den Überzeugungsgrundsatz und die gerichtliche Aufklärungspflicht durch planlose, stichprobenartige Ermittlung der in Betracht kommenden Werbebeispiele verletzt, greift nicht durch. Nach § 86 Abs. 1 VwGO war das Oberverwaltungsgericht zu weiteren Aufklärungsmaßnahmen ohne einen Beweisantrag der bereits in der Vorinstanz anwaltlich vertretenen Beklagten nicht verpflichtet. Solche Ermittlungen mussten sich ihm nicht aufdrängen, nachdem die Beteiligten eingehend zur Werbung vorgetragen hatten und sich schon aus den festgestellten Werbemaßnahmen nach der für die Prüfung von Verfahrensmängeln zugrunde zu legenden materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ergab, dass eine Inkohärenz des Monopols wegen systematischer Werbeverstöße vorlag. Zu welchem Ergebnis die geforderte weitere, umfassendere Ermittlung von Werbemaßnahmen geführt hätte und inwieweit sie zu einer anderen Beurteilung hätte führen können, hat die Beklagte nicht dargelegt. Der Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO ist ebenfalls nicht verletzt. Insbesondere hat die Beklagte keine selektive Verwertung und Würdigung des vorhandenen Prozessstoffs durch das Berufungsgericht dargetan.

56

Nicht zu beanstanden ist auch dessen Annahme, die Art und Weise der Ermittlung der Lottozahlen vor laufenden Fernsehkameras und die Präsentation der Lotto-Glücksspirale mit der Werbung für eine "Sofortrente" in Höhe von 7 500 € vor der Hauptausgabe der Tagesschau sei dem nordrhein-westfälischen Monopolträger als Teil der gemeinsamen Dachmarkenstrategie zuzurechnen und entfalte eine unzulässige Anreizwirkung. Die Ermittlung der Lottozahlen als Teil des Unterhaltungsprogramms präsentiert das Glücksspiel als sozial adäquate Beschäftigung. Die Platzierung in der Hauptsendezeit gewährleistet, dass ein möglichst breites Publikum erreicht wird. Dasselbe gilt für die Präsentation der Glücksspirale in unmittelbarer zeitlicher Verknüpfung mit der Hauptausgabe der Tagesschau. Sie bringt das Glücksspiel auch denen nahe, die bislang nicht daran interessiert sind. Die Werbung für eine "Sofortrente" in Höhe von 7 500 € widerspricht dem Verbot, die Anziehungskraft des Glücksspiels durch eine zugkräftige Werbebotschaft zu erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellt (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 103; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 78). Sie erfüllt die Voraussetzungen einer zugkräftigen Werbebotschaft, da sie dem durchschnittlichen Empfänger der Botschaft mit der weit über dem Durchschnittseinkommen liegenden "Sofortrente" eine in materieller Hinsicht dauerhaft sorgenfreie Zukunft in Aussicht stellt. Der monatliche Rentenbetrag addiert sich im Lauf der in Aussicht gestellten Rentenzahlung auf eine Summe, die als bedeutender Gewinn einzuordnen ist.

57

Die Aufklärungsrüge, mit der die Beklagte geltend macht, das Oberverwaltungsgericht habe die Anreizwirkung der Werbebotschaft nicht ohne Hinzuziehen eines Sachverständigen feststellen können, greift nicht durch. Ob eine Werbebotschaft zur Teilnahme am Glücksspiel anreizt oder ermuntert, ergibt sich aus ihrem Aussagegehalt, der wie bei anderen Erklärungen durch Auslegung zu ermitteln ist. Dabei kommt es darauf an, ob die Werbeaussage von einem noch nicht zur Teilnahme entschlossenen durchschnittlichen Empfänger als Anreiz zur Teilnahme zu verstehen ist oder nur als sachliche Information über die legale Möglichkeit, einen etwa vorhandenen Entschluss zur Teilnahme umzusetzen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 103 f.; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 48 f.). Die erforderliche Sachkunde, einen an das Publikum gerichteten Werbespot zu verstehen, durfte das Oberverwaltungsgericht sich zuerkennen. Insoweit ist auch der Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO nicht verletzt. Weshalb das Oberverwaltungsgericht im konkreten Fall sachverständiger Hilfe zur Auslegung der Werbebotschaft bedurft hätte, hat die Beklagte nicht prozessordnungsgemäß nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO dargelegt. Insbesondere hat sie nicht dargetan, welche Erkenntnisse die Hinzuziehung eines Sachverständigen erbracht hätte und inwieweit diese für die berufungsgerichtliche Beurteilung erheblich gewesen wären.

58

Die weiter gerügte Verletzung des Rechts der Beklagten auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor. Dazu genügt nicht, dass das Oberverwaltungsgericht ihr gegenüber nicht schon vor der Entscheidung offengelegt hat, dass es von einer bundesweit unzulässigen Werbung insbesondere durch die bisher allseits gebilligte Fernsehwerbung ausgehe. Die Gewährleistung des Rechts auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht nicht, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder seine Würdigung des Prozessstoffs hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Beurteilung regelmäßig erst aus dem Ergebnis der abschließenden Beratung ergibt. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung wegen des Unterbleibens eines solchen Hinweises liegt erst vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte stützt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (Beschlüsse vom 29. Juni 2011 - BVerwG 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 8 und vom 18. Oktober 2010 - BVerwG 9 B 64.10 - juris Rn. 8; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 1991 - 1 BvL 32/88 - BVerfGE 84, 188 <190>). Wegen der strengen Konkretisierung der Grenzen zulässiger Werbung für das Monopolangebot in der bereits zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs und wegen deren Konkretisierung in den ebenfalls zitierten Entscheidungen des Senats, die von der Unzulässigkeit jeder dem objektiven Aussagegehalt nach zum Wetten anreizenden oder ermunternden Werbung ausgehen, musste die Beklagte damit rechnen, dass das Berufungsgericht auch zuvor noch nicht beanstandete Werbemaßnahmen für unzulässig halten würde. Dies gilt wegen § 5 Abs. 3 GlüStV auch und gerade für die Präsentation und das Bewerben von Glücksspielen im Fernsehprogramm.

59

Die von ihm festgestellte Jackpot-Werbung hat das Oberverwaltungsgericht gleichfalls revisionsrechtlich fehlerfrei als Verstoß gegen die unionsrechtlichen Beschränkungen der Werbung für das Monopolangebot eingeordnet. Auch insoweit liegt eine zugkräftige Werbebotschaft vor, die die Anziehungskraft der Lotterie erhöht, indem sie einen bedeutenden Gewinn in Aussicht stellt. Für die Anreizwirkung hat das Berufungsgericht zwar vornehmlich auf die von ihm zitierte Pressemitteilung des rheinland-pfälzischen Monopolanbieters vom 11. August 2011 verwiesen, die hervorhebt, wegen der Höhe des Jackpots gäben mehr Menschen einen Lottoschein ab, die sonst nicht am Spiel teilnähmen. Insofern rügt die Beklagte, die Pressemitteilung sei ihr nicht bekannt gewesen. Ob deshalb ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt wurde, kann indes offenbleiben. Denn unabhängig hiervon konnte das Berufungsgericht aus der - allgemeinkundigen - Art und Weise des Anpreisens des Jackpots auf einen Anreiz zur Teilnahme schließen und auf die Häufigkeit der Werbebotschaften im Rundfunk unmittelbar vor der Ziehung abstellen. Dabei ist es ersichtlich davon ausgegangen, dass der wiederholte Hinweis auf eine nur am selben Tag noch bestehenden Gewinnmöglichkeit Zeitdruck suggeriert und das Hervorheben des Scheiterns früherer Versuche, den Jackpot zu "knacken", sowie der Hinweis auf die Höhe des aktuellen Jackpots zur Teilnahme anreizt und ermuntert. Hinsichtlich der Aufklärungsrüge und der Rüge der Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes kann auf die Ausführungen zu den entsprechenden Rügen gegen die Würdigung der Fernsehwerbung verwiesen werden.

60

(4) Revisionsrechtlich ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz aus diesen Werbemaßnahmen auf eine systematische Missachtung der Werbebeschränkungen und daraus wiederum darauf geschlossen hat, die Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV habe tatsächlich nicht unionsrechtlich legitimen Zielen, sondern illegitimen fiskalischen Zielen gedient. Allen drei Werbemaßnahmen ist gemeinsam, dass es sich nicht um Einzelfälle, sondern um Werbestrategien handelt, die regelmäßig und über einen erheblichen Zeitraum praktiziert wurden. Die Aufsichtsbehörden haben diese systematische Missachtung von Werbegrenzen nicht wirksam unterbunden. Aus den im Berufungsurteil zitierten gemeinsamen Werberichtlinien ergibt sich vielmehr, dass sie noch im Jahr nach der Präzisierung der unionsrechtlichen Anforderungen an eine zulässige Monopolwerbung durch die bereits zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010 und die daran anknüpfenden Urteile des Senats vom 24. November 2010 fehlerhaft nur den gezielten Anreiz zur Teilnahme am Glücksspiel für rechtswidrig hielten, statt auf den objektiven Aussagegehalt abzustellen. Nach den insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erklärten die Werberichtlinien der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder noch nach dem letzten ihm vorliegenden Stand vom Mai 2011 eine Imagewerbung - einschließlich der moralischen Aufwertung der Teilnahme am Glücksspiel - unzutreffend für zulässig. Daraus durfte das Oberverwaltungsgericht auf ein strukturelles Vollzugsdefizit schließen, das auf das Verfolgen unionsrechtlich illegitimer Ziele hindeutet. Entgegen der Auffassung der Beklagten widerspricht dies weder der rechtsstaatlichen Gesetzesbindung noch dem Wesen des Verwaltungsrechtsschutzes. Selbst im Verfassungsrecht ist aus strukturellen Vollzugsdefiziten auf die Unverhältnismäßigkeit einer Monopolregelung im engeren Sinne und damit auf einen normativen Mangel zu schließen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <309, 313 ff.>). Die Voraussetzungen eines solchen Rechtsverstoßes zu prüfen, ist eine genuin verwaltungsgerichtliche Aufgabe.

61

Da die Monopolregelung tatsächlich nicht die zu ihrer Rechtfertigung geeigneten, sondern illegitime Ziele verfolgt, kann sie im gesamten Zeitraum ihrer Geltung in Nordrhein-Westfalen bis zu ihrem Außerkrafttreten mit Ablauf des 30. November 2012 nicht zur Eingriffsrechtfertigung herangezogen werden. Die Inkohärenz wegen der zweckwidrigen Ausgestaltung des Monopols besteht nicht nur für die Zeitpunkte oder Zeiträume, für die konkrete, der Zielsetzung des Monopols widersprechende Werbemaßnahmen der Monopolträger als Indiz des Verfolgens illegitimer Ziele festgestellt sind. Maßgeblich ist vielmehr der durch diese Feststellungen gerechtfertigte Schluss, dass die Regelung als solche unionsrechtlich illegitimen Zwecken dient.

62

cc) Die zweite Anforderung des Kohärenzgebots, die Beeinträchtigungen der Wirksamkeit der Monopolregelung durch eine gegenläufige Glücksspielpolitik in anderen Glücksspielsektoren in den Blick nimmt und sich als Erfordernis intersektoraler Kohärenz umschreiben lässt, wird im angegriffenen Urteil allerdings nicht zutreffend konkretisiert. Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen auch nicht aus, die Annahme einer intersektoralen Inkohärenz wegen einer das Monopol konterkarierenden Politik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels zu tragen. Das Berufungsurteil beruht freilich nicht auf diesem Fehler, weil seine Annahme, die Monopolregelung sei inkohärent, bereits selbstständig durch seine Erwägungen zur Missachtung der Grenzen zulässiger Werbung getragen wird. Wegen der diesbezüglichen kontroversen Erörterung im Revisionsverfahren geht der Senat auf diesen Punkt gleichwohl näher ein.

63

(1) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, das zweite Kohärenzerfordernis verlange eine zwischen Bund und Ländern koordinierte, sektorenübergreifende, systematisch und widerspruchsfrei am Monopolziel der Suchtbekämpfung orientierte Glücksspielpolitik, die vergleichbare Gefährdungen gleichermaßen erfasse. Diese Annahme findet in Art. 56 AEUV und dessen Auslegung durch die einschlägigen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union keine Grundlage. Zwar reicht nach der neueren unionsgerichtlichen Rechtsprechung eine sektorale, auf den Monopolbereich beschränkte Kohärenzprüfung zur Überprüfung der Geeignetheit des Monopols nicht aus. Vielmehr sind auch die Auswirkungen einer etwa gegenläufigen Regelung anderer Glücksspielsektoren mit höherem oder gleich hohem Suchtpotenzial zu berücksichtigen. Damit wird der Prüfungsgegenstand jedoch weder von der Verhältnismäßigkeit der Monopolregelungen auf die Verhältnismäßigkeit der anderen Regelungen erweitert, noch setzt die Kohärenz des Monopols eine kohärente Regelung der anderen Bereiche voraus. Erst recht bedarf es keines gebiets- und zuständigkeitsübergreifend konzipierten Systems aufeinander abgestimmter Regelungen im Sinne einer sämtliche Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz. Eine solche Konkretisierung ließe unberücksichtigt, dass die Verhältnismäßigkeit für jede Beschränkung gesondert zu prüfen ist (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 93), und verlöre den Gegenstand der Prüfung - die Geeignetheit der Monopolregelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele - aus dem Blick. Außerdem stieße sie auf verfassungs- und unionsrechtliche Bedenken. Wegen des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung der Europäischen Union ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche aufgrund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 76 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8149 Rn. 45 f., 58). Das gilt bei bundesstaatlich verfassten Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer föderalen Kompetenzordnung für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber. Die unionsrechtlichen Grundfreiheiten begrenzen diese Regelungsbefugnis und verbieten unverhältnismäßige Beschränkungen. Sie verpflichten den Mitgliedstaat jedoch nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen.

64

Nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine Inkohärenz wegen konterkarierender Regelungen nicht schon vor, wenn in einem anderen Glücksspielbereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Politik verfolgt wird, sondern ausdrücklich nur, wenn dies zur Folge hat, dass das der Errichtung des Monopols zugrunde liegende Ziel mit diesem nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 106 und - Carmen Media - a.a.O. Rn. 68). Entgegen der Annahme des Berufungsurteils und der Auffassung des Klägers ist eine Folgenbetrachtung also nicht entbehrlich. Da die Monopolregelung allein in ihrem Anwendungsbereich wirksam werden kann, können Beeinträchtigungen ihrer Wirksamkeit nur dort ermittelt werden. Danach kommt es auf die Rückwirkungen der gegenläufigen Glücksspielpolitik im anderen Glücksspielsektor auf den Monopolbereich an. Festgestellt werden muss, inwieweit diese Glücksspielpolitik die Wirksamkeit der Monopolregelung und deren Beitrag zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele beeinträchtigt. Darin liegt keine Rückkehr zu einer unzureichenden sektoralen Kohärenzprüfung. Diese blendete mögliche Folgen einer Expansionspolitik in anderen Glücksspielbereichen für den Bereich der Sportwetten aus. Die intersektorale Kohärenzprüfung bezieht sie dagegen mit ein. Sie lehnt nur die weitergehende Forderung nach einer alle Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz ab, da für die Geeignetheit der Monopolregelung nur ihr eigener Beitrag zur Zielverwirklichung maßgeblich ist.

65

Zur Widerlegung dieser speziell zum Glücksspielrecht entwickelten Konkretisierung des Kohärenzgebots ist die im angegriffenen Urteil zitierte ältere Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit nicht geeignet. Auch auf den Vortrag des Klägers, der Pressemitteilung des Gerichtshofs sei Gegenteiliges zu entnehmen, kommt es mangels rechtlicher Verbindlichkeit solcher Mitteilungen nicht an. Maßgebend sind die einschlägigen Entscheidungen selbst. Ihre Tenorierung lässt keinen Zweifel daran, dass aus der Feststellung einer gegenläufigen Glücksspielpolitik in einem anderen Bereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial noch keine Inkohärenz der Monopolregelung folgt. Den Entscheidungsformeln zufolge kann das vorlegende Gericht, wenn es eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Expansionspolitik im Bereich anderer, nicht monopolisierter Glücksspiele mit höherem Suchtpotenzial feststellt, berechtigten Anlass zur Schlussfolgerung haben, das Monopol sei nicht mehr geeignet, das Erreichen des mit ihm verfolgten Ziels dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Leitsatz 1 d) bzw. - Carmen Media - a.a.O. Leitsatz 2). Danach ist diese Schlussfolgerung nicht zwingend, sondern nur möglicherweise gerechtfertigt. Ob sie zu ziehen ist, ergibt sich nach den Entscheidungsgründen erst aus der Prüfung, ob das Monopol trotz der gegenläufigen Regelung des anderen Glücksspielbereichs noch wirksam zur Verwirklichung der mit ihm verfolgten Ziele beitragen kann. Dies festzustellen, hat der Gerichtshof den mitgliedstaatlichen Gerichten überlassen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 98, 106 f. und - Carmen Media - a.a.O. Rn. 65, 68, 71). Eine Vorlage an den Gerichtshof wäre auch insoweit nicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV geboten. Die von dem Kläger bestrittene Erforderlichkeit einer Folgenbetrachtung ergibt sich, wie bereits dargelegt, klar und eindeutig aus dem Wortlaut der beiden einschlägigen, zur Kohärenz der deutschen Sportwettenmonopole ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofs. Auch die dogmatische Einordnung als Element der Geeignetheit der Monopolregelung, die durch die Auswirkungen einer gegenläufigen Politik in anderen Sektoren beeinträchtigt werden kann, lässt keinen anderen Schluss zu. Der Mittelweg der intersektoralen Kohärenz, die sich weder auf eine Betrachtung des Monopolsektors beschränkt noch eine in föderalen Mitgliedstaaten kaum zu leistende Gesamtkohärenz fordert, ist damit unmissverständlich vorgegeben. Die spätere Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Glücksspielrecht stellt den eingeschlagenen Mittelweg nicht in Frage. Erst recht lässt sich aus der früheren, das Kassenzahnarztrecht betreffenden Entscheidung in der Rechtssache Petersen (EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 - Rs. C-341/08, Petersen - Slg. 2010, I-47 Rn. 53 ff., 58 ff.) nichts für die Erforderlichkeit einer glücksspielrechtlichen Gesamtkohärenz herleiten. Dort versteht der Gerichtshof den Bereich der kassenzahnärztlichen Tätigkeit, für den eine Altersgrenze geregelt wurde, und den von dieser Regelung nicht erfassten Bereich privatzahnärztlicher Tätigkeit nicht als zwei verschiedene Sektoren. Vielmehr interpretiert er das Fehlen einer Altersgrenze für Privatzahnärzte als Ausnahme von der Regelung der Altersgrenze, die mangels tragfähiger Begründung für diese Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt sei.

66

(2) Soweit das angegriffene Urteil in einer Hilfserwägung die Notwendigkeit einer Folgenbetrachtung unterstellt, verengt es den Blick unzulässig auf aktuelle Spielergruppen, so dass seine tatsächlichen Feststellungen die Annahme, die Monopolregelung habe ihre Wirksamkeit infolge einer gegenläufigen Glücksspielpolitik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels verloren, nicht zu tragen vermögen.

67

Richtig ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass die Glücksspielpolitik im Bereich des Automatenspiels nur dann zu Folgewirkungen im Monopolbereich führen könne, wenn sich die Kreise der potenziellen Kunden überschneiden (vgl. § 21 Abs. 2 GlüStV n.F.). Dies ist allerdings nur eine notwendige und noch keine hinreichende Voraussetzung für das Entstehen problematischer Folgewirkungen. Das Berufungsgericht hat eine Überschneidung von Kundenkreisen insbesondere in der Teilgruppe besonders suchtgefährdeter junger männlicher Erwachsener ausgemacht. Es hat sich jedoch mit der weiteren Feststellung begnügt, die expansive Politik im Bereich des Automatenspiels habe zu einer Wanderung eines hohen Anteils von Spielern dieser Teilgruppe vom Bereich der Sportwetten zu dem des Automatenspiels geführt. Diese Feststellung ist in zweifacher Hinsicht unzureichend. Zum einen ist damit noch nicht geklärt, ob die Abwanderung praktisch einen Leerlauf der Monopolregelung zur Folge hat oder diese auf eine Alibifunktion reduziert. Zum anderen lässt die auf eine Abwanderung von (aktuellen) Spielern beschränkte Betrachtung unberücksichtigt, dass es für die Wirksamkeit des Beitrags der Monopolregelung zur Suchtbekämpfung nicht nur auf die bereits aktiven, suchtgefährdeten oder gar spielsüchtigen Spieler ankommen kann. Suchtbekämpfung schließt auch die Suchtprävention mit ein, die potenzielle Kunden bei einer Teilnahme am Glücksspiel vor einer solchen Gefährdung schützt. Erforderlich ist deshalb eine Folgenbetrachtung, die nicht nur die aktuelle, sondern auch die potenzielle Nachfrage nach beiden Glücksspielarten und die Auswirkungen der gegenläufigen Glücksspielpolitik im anderen Sektor auf die Nachfrage im Monopolbereich ermittelt.

68

dd) Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht die Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV wegen ihres Verstoßes gegen Unionsrecht für unanwendbar gehalten. Als primärrechtliche Gewährleistungen binden die Grundfreiheiten die Mitgliedstaaten der Union im jeweiligen Anwendungsbereich unmittelbar, und zwar auch außerhalb der bereits durch sekundäres Unionsrecht harmonisierten Regelungsbereiche. Ihr Anwendungsvorrang schließt eine Anwendung grundfreiheitswidriger Regelungen prinzipiell aus (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010, I-8015 Rn. 53 ff.).

69

Entgegen der Auffassung der Beklagten hält sich diese Rechtsprechung im Rahmen der unionsrechtlichen Kompetenzen und ist auch nicht mit verfassungsrechtlichen Erwägungen in Zweifel zu ziehen. Art. 5 EUV verbietet der Union zwar, ihre Kompetenzen über den Kreis der ihr jeweils nach Art. 23 Abs. 1 GG übertragenen Hoheitsrechte hinaus auszudehnen. Die vertraglich begründete Rechtsprechungskompetenz des Gerichtshofs nach Art. 267 AEUV schließt jedoch die Befugnis ein, den Anwendungsvorrang der Grundfreiheiten zu konkretisieren. Dass der Anwendungsvorrang von den mitgliedstaatlichen Gerichten aller Instanzen zu beachten ist, ergibt sich aus der Bindung der Mitgliedstaaten an den Vertrag, der als supranationales Primärrecht keiner Transformation bedarf, und aus der Bindung der Gerichte an das geltende Recht, zu dem auch das Unionsrecht zählt. Art. 100 GG greift nicht ein, da weder die Verfassungsmäßigkeit der Norm noch das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts in Frage steht. Eine unionsrechtswidrige und deshalb im konkreten Fall unanwendbare Norm wird wegen des Unionsrechtsverstoßes nicht für nichtig erklärt.

70

Das Rechtsstaatsgebot ist auch nicht etwa verletzt, weil aus einem objektiv-rechtlichen Verstoß eine subjektiv-rechtliche Begünstigung hergeleitet würde. Die subjektiv-rechtliche Gewährleistung ergibt sich aus Art. 49 oder 56 AEUV. Eingriffe in das subjektive Recht sind - wie im mitgliedstaatlichen Recht - im Einklang mit dem Rechtsstaatsgebot nur gerechtfertigt, wenn sie rechtmäßig sind. Daran kann es auch wegen einer Verletzung objektiv-rechtlicher Anforderungen fehlen.

71

b) Die Beklagte meint, auf etwaige Fehler ihrer Ermessensausübung komme es nicht an, weil ihr Ermessensspielraum ohnehin dahin eingeschränkt gewesen sei, dass nur eine Untersagung rechtmäßig gewesen wäre. Dieser Vortrag kann der Revision nicht zum Erfolg verhelfen.

72

aa) Eine Ermessensreduzierung auf Null zulasten des Klägers hat das Berufungsgericht revisionsrechtlich fehlerfrei verneint. Sie könnte sich aus § 284 Abs. 1 StGB nur ergeben, wenn dem Kläger das Fehlen einer Erlaubnis entgegengehalten werden könnte. Das setzt voraus, dass ihm die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Zwar ist der Erlaubnisvorbehalt gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV verfassungs- und unionsrechtskonform. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis aber nicht schon seinetwegen, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 Rn. 38 f., 48). Diese Voraussetzung war im maßgeblichen Zeitraum in Nordrhein-Westfalen nicht erfüllt, weil dort das Erlaubnisverfahren - im Gegensatz zu anderen Bundesländern wie etwa dem Freistaat Bayern oder Rheinland-Pfalz - nicht für Private geöffnet wurde. Aus den Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich auch nicht, dass die Vermittlungstätigkeit des Klägers aus monopolunabhängigen Gründen materiell-rechtlich nicht erlaubnisfähig gewesen wäre. Wirksame Verfahrensrügen wurden insoweit nicht erhoben.

73

bb) Die Annahme, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV räume kein intendiertes Ermessen ein, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Vorschrift ist nach § 137 Abs. 2 VwGO nicht revisibel. Ihre Anwendung durch das Berufungsgericht verkennt auch nicht die Rechtsfigur des intendierten Ermessens, die als Frage der Anwendung des § 40 VwVfG NW gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO der revisionsrechtlichen Prüfung unterliegt. Schließlich berücksichtigt die Revision nicht, dass ein intendiertes Ermessen zwar eine nähere Begründung der Ermessensausübung erübrigen, aber keine fehlerhafte Begründung heilen kann.

74

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten wurde der Ermessensfehler schließlich nicht durch die im Verwaltungsprozess nachgeschobenen Erwägungen geheilt. Dabei kann offenbleiben, ob die prozessualen Ausführungen den formell-rechtlichen Anforderungen an eine Änderung der Begründung des angegriffenen Bescheides genügten. Die mit ihnen beabsichtigte rückwirkende Änderung seiner Begründung war jedenfalls verwaltungsverfahrensrechtlich unzulässig, weil sie wesentliche Ermessenserwägungen auswechselte und den Kläger dadurch in seiner Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigte (zu diesem Kriterium vgl. Urteile vom 14. Oktober 1965 - BVerwG 2 C 3.63 - BVerwGE 22, 215 <217 f.>, vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <59> und vom 29. Januar 2001 - BVerwG 11 C 3.00 - Buchholz 401.64 § 6 AbwAG Nr. 3). Die Untersagung war ursprünglich auf die Monopolwidrigkeit der gewerblichen Tätigkeit des Klägers und darauf gestützt, dass das Sportwettenmonopol rechtmäßig sei. Dieser Gesichtspunkt war für die nachgeschobene Begründung unerheblich; nunmehr wurde die Untersagung allein mit der formellen und materiellen Illegalität der Wettvermittlung ohne Rücksicht auf das Sportwettenmonopol gerechtfertigt. Gegen einen Austausch der wesentlichen Erwägungen spricht auch nicht, dass beide Begründungen an das Fehlen einer Erlaubnis anknüpfen. Die formelle Illegalität erfüllt den Tatbestand der Untersagungsermächtigung und eröffnet damit nur das Ermessen. Dessen Ausübung muss sich daher nach anderen Kriterien richten. Ob im Austausch der wesentlichen Ermessenserwägungen schon eine Wesensänderung der Untersagung selbst liegt, kann dahinstehen. Jedenfalls wird die Rechtsverteidigung des Betroffenen durch das Auswechseln der wesentlichen Ermessenserwägungen erheblich beeinträchtigt. Die neue Begründung der Untersagung stellt erstmals auf die monopolunabhängigen Anforderungen an die Vermittlung und das Wettangebot ab. Dem Betroffenen bleibt nur, diese Anforderungen zu prüfen und für den bereits abgelaufenen Zeitraum entweder darzulegen, dass sie rechtswidrig waren, oder darzutun, dass seine Tätigkeit mit ihnen übereinstimmte. Soweit die rückwirkende Änderung der Begründung die Erfolgsaussichten der Klage entfallen lässt, kann er darauf nur nachträglich reagieren.

75

d) Ohne revisiblen Rechtsverstoß hat das Oberverwaltungsgericht die angegriffene Untersagungsverfügung auch im Zeitraum von ihrem Erlass bis zum 31. Dezember 2007 für rechtswidrig gehalten. Die Ausübung des durch § 14 OBG NW eröffneten Ermessens war fehlerhaft, weil das Sportwettenmonopol, mit dem die Untersagung begründet wurde, bereits damals gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot verstieß.

76

Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht revisionsrechtlich fehlerfrei darauf abgestellt, dass das nordrhein-westfälische Sportwettenmonopol unter dem damals geltenden Lotteriestaatsvertrag schon die erste der beiden Kohärenzanforderungen nicht erfüllte, weil es nach seiner normativen Ausgestaltung und der damaligen Praxis nicht die vorgeblichen, unionsrechtlich legitimen Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes verfolgte. Zwar nahmen § 1 Nr. 1 und 2, § 4 LoStV diese Ziele auf. Es fehlten jedoch Regelungen, die gewährleisteten, dass das Monopol auch in der Praxis konsequent an den mit ihm verfolgten legitimen Zielen ausgerichtet wurde. Insoweit durfte das Oberverwaltungsgericht auf die entsprechende bundesverfassungsgerichtliche Würdigung verweisen (zum nordrhein-westfälischen Recht vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Dezember 2006 - 2 BvR 2428/06 - NJW 2007, 1521 Rn. 26 f. mit Verweis auf das Urteil zum bayerischen Sportwettenmonopol vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276) und davon ausgehen, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine konsequent am Ziel der Suchtbekämpfung orientierte Ausgestaltung des Monopolbereichs sich mit den unionsrechtlichen decken. Unionsrechtlich muss die Schaffung eines Monopols mit der Errichtung eines normativen Rahmens einhergehen, mit dem sich gewährleisten lässt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 83). Daran fehlte es nach den insoweit nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, nach denen die - irrevisible - Rechtslage in Nordrhein-Westfalen im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2007 der beanstandeten Rechtslage in Bayern entsprach. Insbesondere fehlten auch in Nordrhein-Westfalen Vorschriften, die eine Beachtung der Grenzen zulässiger Werbung gewährleisteten. Die einschlägigen Regelungen in § 4 Abs. 3 LoStV verboten zwar irreführende und unangemessene Werbung, schlossen eine ausschließlich am Ziel expansiver Vermarktung orientierte Werbung jedoch nicht aus. Darüber hinaus war mangels einer neutralen Kontrollinstanz nicht gewährleistet, dass fiskalische Interessen hinter das Ziel der Suchtbekämpfung zurücktraten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 312 f.; vgl. Kammerbeschluss vom 7. Dezember 2006 a.a.O.).

77

Dass das Bundesverfassungsgericht die Anwendung der verfassungswidrigen bayerischen Monopolregelung für eine Übergangszeit bis längstens zum 31. Dezember 2007 unter bestimmten Maßgaben zugelassen hat (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 319), kann die Anwendung der unionsrechtswidrigen nordrhein-westfälischen Monopolregelung unter dem Lotteriestaatsvertrag nicht rechtfertigen. Auf die Umsetzung der bundesverfassungsgerichtlichen Maßgaben kommt es dabei nicht an, weil sie die Defizite der normativen Ausgestaltung des Monopols weder beheben noch vollständig kompensieren konnte. Die Maßgaben zielten allein darauf, ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen legitimen gesetzlichen Zielen und tatsächlicher Ausübung des Monopols herzustellen. Im Übrigen beschränkten sie sich auf die Forderung, in der Übergangszeit bereits mit einer konsequenten Ausrichtung des Monopols an der Suchtbekämpfung zu beginnen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O.). Das lässt erkennen, dass ihre Erfüllung auch nach der Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts noch keinen verfassungsmäßigen Zustand herstellte. Sie ließ nur eine befristete weitere Anwendung der verfassungswidrigen Norm als verfassungsrechtlich hinnehmbar erscheinen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 317, 319; vgl. Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 Rn. 24).

78

Unionsrechtlich war die übergangsweise Anwendung der unverhältnismäßigen Monopolregelung ohnedies nicht gerechtfertigt. Die Anordnung des Bundesverfassungsgerichts reichte dazu nicht aus. Die übergangsweise Anwendung unionsrechtswidriger Vorschriften kann nur nach Maßgabe des Unionsrechts legitimiert werden. Die Voraussetzungen dafür lagen nicht vor (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010, I-8015, Rn. 60 ff., 67 ff.). Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 24. Januar 2013 (- Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 Rn. 38 f., 46 ff.) keine solche unionsrechtliche Rechtfertigung. Diese Entscheidung bestätigt vielmehr unter Hinweis auf das eben zitierte Urteil vom 8. September 2010 (- Winner Wetten -) ausdrücklich, dass ein unionsrechtswidriges Glücksspielmonopol auch nicht übergangsweise weiter angewendet werden darf (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O. Rn. 38 f., 42). Der Mitgliedstaat ist allerdings nicht zu einer Liberalisierung verpflichtet. Er kann sich auch dafür entscheiden, das Monopol unionsrechtskonform zu reformieren (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O. Rn. 46). Jedenfalls ist er aber bei Unionsrechtswidrigkeit des Monopols verpflichtet, Erlaubnisanträge anderer Glücksspielanbieter auch während der Übergangszeit bis zu einer Neuregelung zu prüfen und gegebenenfalls nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu bescheiden (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O. Rn. 39, 48).

79

Die Frage, ob die Niederlassungsfreiheit eine Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in der Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 verboten habe, ist dem Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorzulegen, weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Die angegriffene Untersagungsverfügung wurde im hier maßgeblichen Zeitraum Ende 2007 nicht mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts, also der formellen und materiellen Illegalität der konkreten Tätigkeit begründet, sondern mit dem verfassungs- und unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopol. Sofern die Beklagte die Ermessenserwägungen mit Schriftsatz vom 21. September 2011 rückwirkend auswechseln wollte, war dies aus den oben dargelegten Gründen verwaltungsverfahrensrechtlich unzulässig. Auf Bedenken, ob die Untersagung bei Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des Monopols trotz Fehlens eines unionsrechtskonformen Erlaubnisverfahrens für Private im Übergangszeitraum mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts hätte begründet werden dürfen, kommt es nicht an. Selbst wenn eine solche Untersagung rechtmäßig möglich gewesen wäre, würde dies die tatsächlich getroffene, fehlerhafte Ermessensentscheidung noch nicht rechtmäßig machen.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.