Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 26. Juli 2018 - Au 2 K 17.1116

bei uns veröffentlicht am26.07.2018

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1 gesamtschuldnerisch zu tragen. Die Beigeladenen zu 2 und zu 3 tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts für ein von ihnen erworbenes Wiesengrundstück durch das Landratsamt ... zu Gunsten des ... Marktes ...

Mit notariellem Vertrag vom 3. April 2017 veräußerten die Beigeladenen zu 2 und zu 3 an die Kläger das am ... anliegende 3540 m² große landwirtschaftlich genutzte Wiesengrundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... zum Kaufpreis von 12.000,00 EUR. Eine Abschrift des Kaufvertrages ging dem Landratsamt, Untere Naturschutzbehörde, am 16. Mai 2017 zu.

Nach der Information der Vorkaufsberechtigten durch das Landratsamt ... über den Eingang des Kaufvertrags teilte der Beigeladene zu 1 am 22. Juni 2017 mit, dass am 11. Mai 2017 und 22. Juni 2017 vom Marktgemeinderat beschlossen worden sei, das Vorkaufsrecht ausüben zu lassen. Am 27. Juni 2017 wurde dem Beklagten zur Begründung mitgeteilt, dass das Grundstück als Ausgleichsfläche genutzt und in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde ökologisch aufgewertet werden solle. Es könnten Ufererweiterungen oder Mulden als Lebensgrundlage von Tieren und Pflanzen angelegt werden. Durch die Aufwertung der Flächen könnten zusammen mit dem auf der gegenüberliegenden Seite des ... liegenden Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung, auf dem die Gemeinde ... bereits eine ökologisch hochwertige Fläche geschaffen habe, eine Biotopgröße von ca. 6.000 m² erreicht werden. Auch der Nährstoffeintrag in den ... infolge Düngung der landwirtschaftlich genutzten Fläche und der damit verbundene Nährstoffeintrag in die ... könnten reduziert werden. Durch den Kauf des gesamten Grundstücks und nicht nur eines Uferstreifens sei sichergestellt, dass keine kleine Restfläche verbleibe, die landwirtschaftlich nur schlecht genutzt werden könne.

Im Rahmen der Anhörung zur Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts wandten sich die Kläger mit der Begründung, sie betrieben einen Vollerwerbsbetrieb und seien auf das Grundstück wirtschaftlich angewiesen, gegen die Vorkaufsrechtsausübung.

Mit Schreiben der Fachkraft für Naturschutz und Landschaftspflege am Landratsamt ... vom 11. Juli 2017 wurde die Vorkaufsrechtsausübung aus naturschutzfachlicher Sicht befürwortet.

Mit den Verkäufern am 14. bzw. 15. Juli 2017 zugestelltem Bescheid des Landratsamts ... vom 13. Juli 2017, übte der Beklagte bezüglich des Grundstücks Fl.Nr. ... Gemarkung ... das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zu Gunsten des Markts ... aus. Zur Begründung wurde im Wesentlichen dargelegt, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts vorlägen. Die fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft beim Landratsamt ... habe in ihrer Stellungnahme vom 6. Juli 2017 festgestellt, dass der ... ein Gewässer dritter Ordnung sei. Dessen Quellgebiet liege zwischen ... und ... Der ... münde südlich von ... in die, weise eine Gesamtlänge von etwa 9,5 km auf und habe ein Einzugsgebiet von etwa 900 ha. Aufgrund dieses großen Einzugsgebiets handle es sich beim ... um ein Gewässer dritter Ordnung. Damit liege auch kein Be- oder Entwässerungsgraben im Sinn von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG vor. Der Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Landratsamt sei vom Gemeinderat des Markts ... rechtmäßig gefasst worden. Die naturschutzfachlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts bestünden, da der Beigeladene zu 1 dargelegt habe, dass der Naturzustand auf den Flächen verbessert werden könne. Das Grundstück Fl.Nr. ... liege im Überschwemmungsgebiet der ... Es werde bisher als Dauergrünland intensiv landwirtschaftlich genutzt und gehöre zu den wenigen verbliebenen Grünflächen, die noch beidseits des ... in der überwiegend ackerbaulich genutzten Umgebung vorhanden seien. Auf seiner Nordwestseite grenze das Grundstück auf einer Länge von ca. 140 m direkt an den ... an, der wenige 100 m weiter nördlich in die ... münde. Dort liege das weiträumige BayernNetzNatur-Projektgebiet „...“. Die Fläche besitze ein hohes Potential zur ökologischen Aufwertung. Bei einer künftig extensiven Bewirtschaftung des Grundstücks könnten unerwünschte Nährstoffeinträge in den ... vermieden und neue relativ ungestörte Lebensräume geschaffen werden. Zusammen mit dem gegenüberliegenden Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... könne ein größerer zusammenhängender und damit ökologisch insgesamt wertvollerer Biotopkomplex gebildet werden. Auch die im Arten- und Biotopschutzprogramm (ABSP) für den Landkreis ... festgelegten Ziele für den Naturraum ...-Schotterplatten seien durch die Vorkaufsrechtsausübung besser erreichbar. Das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht könne auch zum Erwerb von Ausgleichsflächen ausgeübt werden. Die Frage, ob der Erwerb des Grundstücks für den landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger notwendig sei, besitze bei der Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts grundsätzlich keine Bedeutung. Es komme in erster Linie darauf an, dass bei einem Grundstück die Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege oder das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung in der freien Natur die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigten. Dies sei hier der Fall. Soweit von den Klägern vorgebracht worden sei, dass das Grundstück für den landwirtschaftlichen Betrieb benötigt werde, um den Verlust von Pachtflächen zu kompensieren, werde damit nicht belegt, dass die Existenz des Betriebes vom Erwerb des Grundstückes abhänge. Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolge in pflichtgemäßer Wahrnehmung des gegebenen Ermessens und sei verhältnismäßig sowie gerechtfertigt.

Am 24. Juli 2017 erhoben die Kläger gegen die Vorkaufsrechtsausübung Klage mit dem Antrag,

den Bescheid des Landratsamts ... vom 13. Juli 2017 aufzuheben.

Mit Beschluss vom 24. Juli 2017 wurden die Verkäufer als Beigeladene zu 2 und 3 sowie der vorkaufrechtsbegünstigte ... als Beigeladener zu 1 zum Verfahren beigeladen, weil deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung des Gerichts berührt werden.

Mit Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 19. August 2017 wurde zur Begründung der Klage im Wesentlichen dargelegt, dass der Beigeladene zu 1 auf die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts wirksam verzichtet habe und daher die erneute Ausübung nicht in Betracht komme. Durch Erklärung des ersten Bürgermeisters des Beigeladenen zu 1 gegenüber den Notaren ..., ..., sei von diesem ein Negativzeugnis abgegeben und damit auf die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts verzichtet worden. Die Notare seien auch zur Entgegennahme des Negativzeugnisses bevollmächtigt gewesen. Aufgrund der Kaufpreishöhe sei für die Entscheidung über die Erteilung des Negativzeugnisses der erste Bürgermeister des Beigeladenen zu 1 zuständig gewesen. Das Ausübungsverlangen des Beigeladenen zu 1 sei unwirksam. Zuständig für die Ausübungsentscheidung sei nicht der Gemeinderat, sondern nach den Geschäftsordnungsregelungen der erste Bürgermeister gewesen. Dieser habe jedoch wirksam auf die Ausübung verzichtet. Zudem sei für die Ausübung die Zweimonatsfrist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG nicht eingehalten worden. Der Beklagte gehe ausweislich der Darlegungen im angegriffenen Bescheid davon aus, dass dem Landratsamt ... erst am 16. Mai 2017 eine vollständige Abschrift des notariellen Kaufvertrags vom 3. April 2017 zugegangen sei. Dabei werde aber übersehen, dass das Landratsamt bereits mit Schreiben der Notare ..., ..., vom 7. April 2017 eine beglaubigte Abschrift des notariellen Kaufvertrags erhalten und es bezüglich der Frage der Genehmigungspflicht nach dem Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) bereits am 19. April 2017 ein Negativzeugnis im Sinn von § 5 GrdstVG ausgestellt habe, das einer Genehmigung gleichstehe. Die Kenntnis der mit dem Vollzug des Grundstücksverkehrsgesetzes befassten Stelle müsse sich die für die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts zuständige Stelle zurechnen lassen. Bei dem ... handle es sich um einen Be- und Entwässerungsgraben in Sinn von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG. Der künstlich hergestellte ... beginne im Süden westlich des Ortsteils ... und habe bis zu seiner Einmündung in die ... eine Länge von ca. 7 km. Die Sohle des ... habe durchgängig eine Breite von lediglich 0,6 m bis 0,7 m. An der Böschungsoberkante weise der ... eine Breite von ca. 1,7 m bis 1,8 m auf. Eine Wasserführung finde insbesondere in den heißen Sommer- und in den kalten Wintermonaten nicht statt. Die Funktion des ... bestehe ausschließlich in der Be- und Entwässerung der angrenzenden landwirtschaftlichen Grundstücke. Schließlich könne das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht für die vorgesehene Nutzung des Grundstücks als Ausgleichsfläche nicht ausgeübt werden. Hierfür bestehe das städtebaurechtliche Instrumentarium einschließlich der dort geregelten Vorkaufsrechte. Der Beigeladene zu 1 hätte die baurechtlichen Möglichkeiten zur Bereitstellung von Ausgleichsflächen über § 135a Abs. 2 BauGB ergreifen müssen.

Mit Schriftsatz vom 1. September 2017 bestellten sich die Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen zu 1. Für diesen ist beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Schreiben des Landratsamts ... vom 21. September 2017 wandte sich auch der Beklagte gegen das Klagebegehren. Für ihn ist ebenfalls beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ist dargelegt, dass kein Verzicht auf die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts vorliege. Die Stellungnahme des Beigeladenen zu 1 vom 11. April 2017 beziehe sich lediglich auf ein Vorkaufsrecht nach dem Baugesetzbuch. Ein solches Negativtattest habe der Beigeladene zu 1 in seiner Erklärung vom 11. April 2017 abgegeben. Für die Abgabe einer Erklärung zu einem Vorkaufsrecht nach Art. 39 BayNatSchG sei der Beigeladene zu 1 nicht die zuständige Behörde gewesen. Der beurkundenden Notarin sei das Bestehen eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts nicht bewusst gewesen. Dies ergebe sich aus dem geführten Schriftverkehr. Erst nach entsprechendem Hinweis des Landratsamts habe das Notariat mit Schreiben vom 15. Mai 2017 der Behörde den Kaufvertrag mit der Bitte um Stellungnahme wegen des gesetzlichen Vorkaufsrechts nach Art. 39 BayNatSchG vorgelegt. Nach der Geschäftsordnung des Beigeladenen zu 1 sei der Gemeinderat das für die Entscheidung für die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts zuständige Gemeindeorgan. In der Gemeinderatssitzung am 11. Mai 2017 habe der Gemeinderat die Ausübung des Vorkaufsrechts beschlossen. In seiner Sitzung am 22. Juni 2017 sei die Entscheidung nochmals bestätigt worden. Die Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters beschränke sich auf Bauangelegenheiten und nicht auf die Entscheidung über naturschutzrechtliche Vorkaufsrechte. Die Übersendung einer Abschrift des Kaufvertrags durch das Notariat, beim Landratsamt eingegangen im April 2017, habe nur die Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz betroffen. Das ausdrückliche Übersenden einer Kaufvertragsabschrift zur Genehmigung des Vertrags nach dem Grundstücksverkehrsgesetz habe nicht zur Folge, dass automatisch alle anderen Genehmigungen beantragt seien. Zur Beteiligung der Unteren Naturschutzbehörde habe das Notariat erst am 15. Mai 2017 eine Abschrift des Kaufvertrags übersandt. Damit habe die Frist für die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts am 17. Mai 2017 zu laufen begonnen. Sie habe am 17. Juli 2017 geendet, da der 16. Juli 2017 ein Sonntag gewesen sei. Der Bescheid des Landratsamts ... vom 13. Juli 2017 sei den Veräußerern mit Postzustellungsurkunde am 14. bzw. 15. Juli 2017 zugestellt worden. Damit sei die Vorkaufsrechtsausübung fristgerecht erfolgt. Beim ... handle es sich um ein oberirdisches Gewässer dritter Ordnung und nicht um einen bloßen Be- und Entwässerungsgraben. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme der fachkundigen Stelle für Wasserwirtschaft beim Landratsamt ... vom 6. Juli 2017. Die Ausübung des Vorkaufsrechts zur Nutzung des Grundstücks als Ausgleichsfläche sei möglich.

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 28. September 2017 äußerte sich der Beigeladene zu 1 und wies darauf hin, dass die Gemeinde nicht auf die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts habe verzichten können, da sie hierfür nicht zuständig sei. Die Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters beschränke sich auf die Ausübung der Vorkaufsrechte nach §§ 24 ff. BauGB. Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Beklagten sei auch fristgerecht erfolgt. Der Eingang der Abschrift des Kaufvertrags bei der für den Vollzug des Grundstücksverkehrsgesetzes zuständigen Stelle des Landratsamts ... sei für das Vorliegen der Voraussetzungen der Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts nicht maßgeblich. Ein Hinweis darauf, dass die Abschrift dem Landratsamt auch vorgelegt werde, um die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts zu prüfen, habe gefehlt. Den sachverständigen Äußerungen zum Vorliegen eines Gewässers dritter Ordnung sei nichts hinzuzufügen. Zur Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts genüge, dass der Vorkaufsberechtigte eine ökologische Aufwertung durchführen werde. Eine solche stehe aufgrund der Stellungnahme der Fachkraft für Naturschutz- und Landschaftspflege des Landratsamts vom 11. Juli 2017 außer Zweifel.

Am 9. Mai 2018 erhob das Gericht Beweis durch die Einnahme eines Augenscheins. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Auf entsprechende Anforderung des Gerichts legte der Beigeladene zu 1 mit Schriftsatz vom 13. Juni 2018 den mit dem Landratsamt ... abgestimmten Gestaltungsplan für das Grundstück Fl.Nr. ... vom 11. Juni 2018 vor.

Am 26. Juli 2018 fand mündliche Verhandlung statt. Die Sache wurde mit den Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erörtert. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger, der Vertreter des Beklagten und der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 1 wiederholten die bereits schriftsätzlich gestellten Klageanträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschriften über den Augenscheinstermin und die mündliche Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid des Landratsamts ... vom 13. Juli 2017, mit dem durch das Landratsamt in seiner Funktion als Kreisverwaltungsbehörde zu Gunsten des Beigeladenen zu 1 das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht für das Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... gegenüber den Beigeladenen zu 2 und zu 3 ausgeübt wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, § 114 Satz 1 VwGO).

Die Voraussetzungen für die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts gemäß Art. 39 BayNatSchG liegen vor. Bei dem beigeladenen vorkaufsrechtsbegünstigten ... handelt es sich um eine im Sinne von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG vorkaufsrechtsberechtigte kommunale Gebietskörperschaft. Das Grundstück Fl.-Nr. ... grenzt an ein oberirdisches Gewässer an, den, ein Gewässer dritter Ordnung, der keinen bloßen Be- und Entwässerungsgraben darstellt. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts zum einen aus der Stellungnahme der fachkundigen Stelle für Wasserwirtschaft am Landratsamt ... vom 6. Juli 2017 und zum anderen aus dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins. Der, dessen Quellgebiet zwischen ... und ... liegt, mündet südlich von ... in die, weist eine Gesamtlänge von etwa 9,5 km und ein Einzugsgebiet von etwa 900 ha auf. In wasserwirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht besitzt er über den Zweck der Ent- und Bewässerung der angrenzenden Grundstücke hinausgehende Funktionen und erfüllt damit die Voraussetzungen von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG. Dass der ... zeitweise (im Hochsommer bzw. in den Wintermonaten) trocken fallen kann, steht der Einstufung als oberirdisches Gewässer (dritter Ordnung) im Sinn von § 3 Nr. 1 WHG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 BayWG nicht entgegen (vgl. VG Augsburg, U.v. 1.12.2016 - Au 2 K 16.324 - juris Rn. 31 ff.).

Das Vorkaufsrecht wurde durch das gemäß Art. 39 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG hierfür zuständige Landratsamt... gegenüber den Verkäufern des streitgegenständlichen Grundstücks (Art. 39 Abs. 7 Satz 2 BayNatSchG, § 464 Abs. 1 BGB) innerhalb der zweimonatigen Ausübungsfrist (Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG) durch Bescheid vom 13. Juli 2017 formal ordnungsgemäß ausgeübt. Der Ausübungsbescheid wurde der Beigeladenen zu 2 am 15. Juli 2017 und dem Beigeladenen zu 3 am 14. Juli 2017 jeweils per Postzustellungsurkunde zugestellt. Die Ausübungsfrist begann zu laufen mit dem Eingang der Abschrift des notariellen Kaufvertrags vom 3. April 2017 beim Landratsamt, Untere Naturschutzbehörde, am 16. Mai 2017. Die Übersendung einer Abschrift des notariellen Kaufvertrags mit Schreiben des Notariats ... vom 7. April 2017 an die beim Landratsamt ... für den Vollzug des Grundstücksverkehrsgesetzes zuständige Stelle genügt - ohne zusätzlichen Hinweis auch auf das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht und den diesbezüglichen Zweck der Vorlage - für das Auslösen des Laufs der Ausübungsfrist nicht, da sich die Untere Naturschutzbehörde dann die Übersendung der Kaufvertragsabschrift an die für den Vollzug des Grundstücksverkehrsgesetzes zuständige Stelle insoweit nicht zurechnen lassen muss (vgl. BayVGH, U.v. 15.9.2006 - 9 B 04.1233 - juris Rn. 36; für die Zusendung einer Kaufvertragsabschrift durch den Notar an den beim Landratsamt errichteten Gutachterausschuss: VG Ansbach, U.v. 22.6.2016 - AN 11 K 15.01378 - juris Rn. 39 m.w.N.; s. auch Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt/Mühlbauer, Naturschutzrecht in Bayern, Stand April 2018, Art. 39 BayNatSchG Rn. 25; Kraft in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2. Aufl. 2018, § 66 Rn. 16).

Der Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Landratsamt ... lag auch ein wirksames Ausübungsverlangen des Beigeladenen zu 1 zugrunde. Ein Ausübungsverzicht in Bezug auf das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht durch den ersten Bürgermeister des Beigeladenen zu 1 aufgrund Übersendung eines Negativzeugnisses im Sinn von § 28 Abs. 1 Sätze 3 und 4 BauGB mit Schreiben vom 11. April 2017 an das Notariat ... liegt nicht vor, da sich dieses Negativzeugnis, für dessen Ausstellung der erste Bürgermeister auch das kommunalverfassungsrechtlich zuständige Organ war (§ 13 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. e und g der Geschäftsordnung des Gemeinderats des Markts ... vom 23.5.2014), ausschließlich auf Vorkaufsrechte nach dem BauGB bezogen hat. Für die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts ist nach der Geschäftsordnung des Gemeinderats des Markts ... vom 23. Mai 2014 grundsätzlich der (beschließende) Haupt- und Finanzausschuss (§ 9 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. d der Geschäftsordnung) und nicht der erste Bürgermeister zuständig. § 13 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c der Geschäftsordnung enthält zwar eine Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters für den Ankauf von Grundstücken bis zu einem Betrag von 15.000,- EUR. Der Wortlaut der Bestimmung bezieht sich jedoch nicht auf die Ausübung von Vorkaufsrechten. Da für die bauplanungsrechtlichen Vorkaufsrechte eigene Zuständigkeitsregelungen geschaffen wurden, hätte es zur Begründung einer Zuständigkeit des ersten Bürgermeisters ebenfalls einer ausdrücklichen Erwähnung der naturschutzrechtlichen Vorkaufrechte bedurft. Die damit anzunehmende grundsätzliche Zuständigkeit des (beschließenden) Haupt- und Finanzausschusses wurde im vorliegenden Fall jedoch überlagert durch die nach § 1 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung vorrangige Zuständigkeit des Gemeinderats im Einzelfall. Diese Bestimmung sieht vor, dass sich der Gemeinderat die Behandlung einer Entscheidung im Einzelfall vorbehalten kann, wenn die Bedeutung der Angelegenheit dies erfordert. Damit war der Gemeinderat befugt, die Kompetenz zur Entscheidung über die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts für das Grundstück Fl.-Nr. ... an sich zu ziehen und anstelle des nach der Geschäftsordnung zuständigen Haupt- und Finanzausschusses zu entscheiden. Dass er dies wegen der Bedeutung der Sache für erforderlich erachtet hat, ergibt sich aus der sogar zweimaligen Beratung und beschlussmäßigen Behandlung im Gemeinderat. Im Übrigen kann in einer bauplanungsrechtliche Vorkaufsrechte der Gemeinde betreffenden Verzichtserklärung gegenüber dem Notar kein Verzicht auf die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts gesehen werden, das nicht von der Gemeinde, sondern von der Kreisverwaltungsbehörde ausgeübt wird. Ein solcher Verzicht könnte wirksam nur gegenüber der ausübungszuständigen Kreisverwaltungsbehörde erklärt werden und nicht gegenüber dem beurkundenden Notar. Damit liegt durch die E-Mail der Verwaltung des Beigeladenen zu 1 an das Landratsamt ... vom 22. Juni 2018, das auf den Gemeinderatsbeschluss vom selben Tag Bezug nimmt, ein wirksames Ausübungsverlangen vor.

Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts liegen vor. Nach Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG muss die Ausübung des Vorkaufsrechts gerechtfertigt sein durch gegenwärtige oder künftige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege oder das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung in der freien Natur. Ausgangspunkt für die Prüfung sind die im Bescheid genannten Rechtfertigungsgründe und die danach beabsichtigten Maßnahmen. Naturschutzrechtlich unerhebliche Beweggründe der Gemeinde, die Ausübung des Vorkaufsrechts zu verlangen. lassen tatsächlich vorliegende Rechtfertigungsgründe einer Vorkaufsrechtsausübung nicht entfallen (BayVGH, U.v. 3.5.2016 - 14 B 15.206 - juris Rn. 53). Das Vorliegen der genannten Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Da die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts keine Enteignung darstellt (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 7.11.2000 - 6 B 19.00 - Buchholz 406.48 Art. 34 BayNatSchG Nr. 1), gelten nicht die gleichen strengen Anforderungen, wie sie bei der Zulässigkeit einer Enteignung vorliegen müssen (BayVGH, B.v. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - NuR 2015, 427). Anders als eine Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreichbar ist (vgl. Art. 40 Nr. 2 BayNatSchG), kann die Ausübung des Vorkaufsrechts schon dann gerechtfertigt sein, wenn der Erwerb eines Grundstücks vorteilhafte Auswirkungen auf die in Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG genannten Belange hat (BayVGH, B.v. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - NuR 2015, 427; Kraft in Lütkes/Ewer, a.a.O., § 66 Rn. 17; Konrad in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 66 BNatSchG Rn. 27). Als Rechtfertigungsgründe sind nicht nur die von der Behörde innerhalb der Frist von zwei Monaten benannten, sondern auch die im weiteren Verfahren vorgetragenen Gründe heranzuziehen (s. hierzu BayVGH, U.v. 3.5.2016 - 14 B 15.205 - BayVBl 2016, 846; B.v. 18.1.2000 - 9 B 95.31 - juris Rn. 36 f.; U.v. 11.5.1994 - 9 B 93.1514 - BayVBl 1994, 657). Es ist nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts, dass bereits eine konkretisierte Planung über durchzuführende Optimierungsmaßnahmen vorliegt (BayVGH, U.v. 22.5.1995 - 9 B 92.1183 u.a. - NuR 1995, 554). Es reicht vielmehr aus, dass der Vorkaufsrechtsberechtigte eine ökologische Aufwertung eines Grundstücks im Sinn der von ihm benannten Zielrichtung durchführen will (vgl. BayVGH, B.v. 12.10.2017 - 14 ZB 16.280 - juris Rn. 8; U.v. 3.5.2016 - 14 B 15.205 - BayVBl 2016, 846). Die bloße Einstellung des Grundstücks in das Öko-Konto der Gemeinde genügt als solches zur Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung hingegen nicht (BayVGH, U.v. 3.5.2016 - 14 B 15.206 - juris Rn. 53). Die Vorkaufsrechtsausübung erfolgte im Übrigen auch nicht zu dem Zweck, eine Ausgleichsfläche zur Umsetzung eines konkreten Bebauungsplans zu erwerben, da in diesem Fall viel dafür spricht, dass nur die Ausübung bauplanungsrechtlich zur Verfügung stehender Vorkaufsrechte in Betracht kommt (vgl. hierzu VG Regensburg, U.v. 10.1.2017 - RO 4 K 16.1290 - juris).

Hier ist die ökologische Aufwertung (siehe Begründung des Ausübungsverlangens durch Schreiben des ersten Bürgermeisters der Beigeladenen zu 1 vom 27.6.2017, Bl. 32 der Behördenakte) durch die Umgestaltung des Grundstücks gemäß dem Gestaltungsplan vom 11. Juni 2018 konkret zu erwarten. Dies genügt in Zusammenschau mit der naturschutzfachlichen Bewertung zur Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung. Dass die Kläger das Grundstück ebenfalls extensiv bewirtschaften würden, stellt die Vorkaufsrechtsausübung nicht in Frage. Dies würde selbst bei einer Einbeziehung in den Vertragsnaturschutz gelten, da die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege am besten dadurch gewahrt werden, dass das Grundstück im Eigentum der öffentlichen Hand ist (vgl. BayVGH, U.v. 3.5.2016 - 14 B 15.206 - juris Rn. 54 m.w.N.).

Rechtliche Bedenken gegen die Ermessensausübung des Landratsamts ... bestehen nicht. Das Bestehen von Ermessen wurde ausweislich der Begründung des Bescheids erkannt. Dabei wurden die Bewirtschaftungsinteressen der Kläger erfasst, aber in rechtlich nicht zu beanstandender Weise als gegenüber dem öffentlichen (Erwerbs-)Interesse zurücktretend gewichtet (§ 114 Satz 1 VwGO).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Da sich (nur) der Beigeladene zu 1 durch eine Antragstellung einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, den Klägern auch dessen außergerichtliche Kosten aufzuerlegen (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 162 Rn. 23).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe, die Berufung zuzulassen, bestehen nicht (§ 124 Abs. 2, § 124a VwGO).

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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 26. Juli 2018 - Au 2 K 17.1116 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 26. Juli 2018 - Au 2 K 17.1116 zitiert 6 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 03. Mai 2016 - 14 B 15.206

bei uns veröffentlicht am 03.05.2016

Tenor I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 abgeändert und erhält folgende Fassung: Der Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 wird aufg

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 03. Mai 2016 - 14 B 15.205

bei uns veröffentlicht am 03.05.2016

Tenor I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 abgeändert und erhält folgende Fassung: Der Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 wird aufg

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 01. Dez. 2016 - Au 2 K 16.324

bei uns veröffentlicht am 01.12.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger gesamtschuldnerisch zu tragen.Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Das Urteil ist hinsichtl

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 10. Jan. 2017 - RO 4 K 16.1290

bei uns veröffentlicht am 10.01.2017

Tenor I. Der Bescheid des Landratsamts ... vom 12.7.2016 wird aufgehoben. II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. III. Die Kostenentscheidu

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. Okt. 2017 - 14 ZB 16.280

bei uns veröffentlicht am 12.10.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. III. Der Streitwert für das Zulas

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 22. Juni 2016 - AN 11 K 15.01378

bei uns veröffentlicht am 22.06.2016

Tenor 1. Zum ursprünglichen Klagebegehren Nr. 2 wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

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Ist zur Veräußerung die Genehmigung nicht notwendig, so hat die Genehmigungsbehörde auf Antrag ein Zeugnis darüber zu erteilen. Das Zeugnis steht der Genehmigung gleich.

(1) Festgesetzte Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 sind vom Vorhabenträger durchzuführen.

(2) Soweit Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle den Grundstücken nach § 9 Absatz 1a zugeordnet sind, soll die Gemeinde diese anstelle und auf Kosten der Vorhabenträger oder der Eigentümer der Grundstücke durchführen und auch die hierfür erforderlichen Flächen bereitstellen, sofern dies nicht auf andere Weise gesichert ist. Die Maßnahmen zum Ausgleich können bereits vor den Baumaßnahmen und der Zuordnung durchgeführt werden.

(3) Die Kosten können geltend gemacht werden, sobald die Grundstücke, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, baulich oder gewerblich genutzt werden dürfen. Die Gemeinde erhebt zur Deckung ihres Aufwands für Maßnahmen zum Ausgleich einschließlich der Bereitstellung hierfür erforderlicher Flächen einen Kostenerstattungsbetrag. Die Erstattungspflicht entsteht mit der Herstellung der Maßnahmen zum Ausgleich durch die Gemeinde. Der Betrag ruht als öffentliche Last auf dem Grundstück.

(4) Die landesrechtlichen Vorschriften über kommunale Beiträge einschließlich der Billigkeitsregelungen sind entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.
Oberirdische Gewässer
das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser;
2.
Küstengewässer
das Meer zwischen der Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser oder zwischen der seewärtigen Begrenzung der oberirdischen Gewässer und der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres; die seewärtige Begrenzung von oberirdischen Gewässern, die nicht Binnenwasserstraßen des Bundes sind, richtet sich nach den landesrechtlichen Vorschriften;
2a.
Meeresgewässer
die Küstengewässer sowie die Gewässer im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels, jeweils einschließlich des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes;
3.
Grundwasser
das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht;
4.
Künstliche Gewässer
von Menschen geschaffene oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
5.
Erheblich veränderte Gewässer
durch den Menschen in ihrem Wesen physikalisch erheblich veränderte oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
6.
Wasserkörper
einheitliche und bedeutende Abschnitte eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers (Oberflächenwasserkörper) sowie abgegrenzte Grundwasservolumen innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter (Grundwasserkörper);
7.
Gewässereigenschaften
die auf die Wasserbeschaffenheit, die Wassermenge, die Gewässerökologie und die Hydromorphologie bezogenen Eigenschaften von Gewässern und Gewässerteilen;
8.
Gewässerzustand
die auf Wasserkörper bezogenen Gewässereigenschaften als ökologischer, chemischer oder mengenmäßiger Zustand eines Gewässers; bei als künstlich oder erheblich verändert eingestuften Gewässern tritt an die Stelle des ökologischen Zustands das ökologische Potenzial;
9.
Wasserbeschaffenheit
die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers sowie des Grundwassers;
10.
Schädliche Gewässerveränderungen
Veränderungen von Gewässereigenschaften, die das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung, beeinträchtigen oder die nicht den Anforderungen entsprechen, die sich aus diesem Gesetz, aus auf Grund dieses Gesetzes erlassenen oder aus sonstigen wasserrechtlichen Vorschriften ergeben;
11.
Stand der Technik
der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt; bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage 1 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen;
12.
EMAS-Standort
diejenige Einheit einer Organisation, die nach § 32 Absatz 1 Satz 1 des Umweltauditgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. September 2002 (BGBl. I S. 3490), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2509) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung in das EMAS-Register eingetragen ist;
13.
Einzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einer einzigen Flussmündung, einem Ästuar oder einem Delta ins Meer gelangt;
14.
Teileinzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einem bestimmten Punkt in ein oberirdisches Gewässer gelangt;
15.
Flussgebietseinheit
ein als Haupteinheit für die Bewirtschaftung von Einzugsgebieten festgelegtes Land- oder Meeresgebiet, das aus einem oder mehreren benachbarten Einzugsgebieten, dem ihnen zugeordneten Grundwasser und den ihnen zugeordneten Küstengewässern im Sinne des § 7 Absatz 5 Satz 2 besteht;
16.
Wasserdienstleistungen sind folgende Dienstleistungen für Haushalte, öffentliche Einrichtungen oder wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art:
a)
Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und Verteilung von Wasser aus einem Gewässer;
b)
Sammlung und Behandlung von Abwasser in Abwasseranlagen, die anschließend in oberirdische Gewässer einleiten;
17.
Wassernutzungen sind alle Wasserdienstleistungen sowie andere Handlungen mit Auswirkungen auf den Zustand eines Gewässers, die im Hinblick auf die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 bis 31, 44 und 47 signifikant sind.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger gesamtschuldnerisch zu tragen.Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts für jeweils eine Teilfläche der Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ....

Die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... grenzen nördlich mit ihrer gesamten Länge an den wasserführenden Graben auf Fl.Nr. ... Gemarkung ... an. Der Graben mündet im weiteren Verlauf nach etwa 400 Metern in die ... (Gewässer dritter Ordnung). Er befindet sich in der Unterhaltungslast des Wasserverbands ....

Mit Kaufvertrag vom 17. Dezember 2015, Urkundenrolle Nr. ..., veräußerte der Beigeladene zu 1 die Grundstücke Fl.Nrn. ..., ..., ... und ... Gemarkung ... mit einer Fläche von insgesamt 107.389 m² zu einem Kaufpreis von 500.000,00 EUR an die Kläger.

Eine Abschrift des Kaufvertrags ist am 23. Dezember 2015 beim Landratsamt ... als Mitteilung gemäß Art. 39 Abs. 3 BayNatSchG eingegangen.

Im Rahmen der Prüfung des Landratsamts ..., ob ein Vorkaufsrecht besteht, stellte die dortige Fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft fest, dass es sich bei dem nördlich an die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... angrenzenden wasserführenden Graben auf Fl.Nr. ... Gemarkung ... um ein Gewässer dritter Ordnung handelt.

Nach Information der Vorkaufsberechtigten teilte die Beigeladene zu 2 dem Landratsamt ... mit E-Mail vom 13. Januar 2016 mit, dass der Bau- und Umweltausschuss sich in seiner Sitzung am 12. Januar 2016 dafür entschieden habe, dass das Vorkaufsrecht für einen Uferstreifen entlang des Bachlaufs mit einer Breite von zehn Metern ausgeübt werden solle. Nachdem ein freihändiger Erwerb nicht zustande gekommen ist, bat die Beigeladene zu 2 unter dem 15. Februar 2016 das Landratsamt ... nochmals, das gesetzliche Vorkaufsrecht nach Art. 39 BayNatSchG für einen zehn Meter breiten Uferstreifen entlang des Gewässers zu ihren Gunsten auszuüben. Zur Begründung wurde dargelegt, die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... lägen nach den Darstellungen des Flächennutzungsplans im Bereich „... - Entwicklungsgebiet für den Naturschutz“. Die Stadt sei bestrebt, den Managementplan für das FFH-Gebiet ... „... und ... im ...“ schrittweise umzusetzen. Auch kleine Maßnahmen an Bachufern würden dieser Zielsetzung insgesamt Rechnung tragen. Bereits an anderer Stelle im Bereich des ... seien erfolgreiche Ufergestaltungen umgesetzt worden. Im Sinne eines späteren Biotopverbundes werde eine weitere schrittweise Umgestaltung der Uferstreifen angestrebt. Das Wasserhaushaltsgesetz und die Düngemittelverordnung böten für solche Uferstreifen keinen ausreichenden Schutz, da z. B. im Falle von Gräben, die nicht regelmäßig Wasser führten, kein Abstand, was die Düngung anbelange, eingehalten werden müsse. Es sei beabsichtigt, die Uferflächen entsprechend der ökologischen Vorgaben umzugestalten und sie anschließend als Ausgleichsfläche auszuweisen. Außerdem dürfte die Flächenabtretung für die Käufer hinnehmbar sein und die Grundstücke könnten auch nach Wegfall der Uferrandstreifen ungehindert bzw. sinnvoll bewirtschaftet werden.

Mit Schreiben des Landratsamts vom 8. Februar 2016 wurden die Kaufvertragsparteien angehört und das Notariat von der beabsichtigten Ausübung des Vorkaufsrechts benachrichtigt.

Unter dem 11. Februar 2016 ließen die Kläger einwenden, dass ein Vorkaufsrecht nach Art. 39 BayNatSchG bezüglich der Flurstücke... und ... Gemarkung ... nicht bestehe. Bei dem betreffenden Gewässer handle es sich lediglich um einen Entwässerungsgraben, welche in Art. 39 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG vom naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht ausgenommen seien. Der Graben diene als Hauptsammler und Vorflut für die links und rechts des Grabens liegenden Fluren „...“, „...“ und „...“. Die Gräben seien künstlich von Menschenhand geschaffen, um das ... trocken zu legen. Entlang des Grabens auf dem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... sei bereits jeweils eine zwei Meter breite Uferzone integriert worden, damit die unmittelbar angrenzenden landwirtschaftlichen Flurstücke bis an die Flurstückgrenze bewirtschaftet werden könnten. Auch wegen des Fehlens von Verlandungsflächen würde es an einer weiteren Voraussetzung zur Geltendmachung des Vorkaufsrechts fehlen.

Die staatliche Fachkraft für Naturschutz und Landschaftspflege am Landratsamt nahm mit Schreiben vom 11. Februar 2016 aus naturschutzfachlicher Sicht Stellung. Es wurde ausgeführt, dass naturschutzfachliche Gründe die Ausübung des Vorkaufsrechts für einen mindestens 10 Meter breiten grabenbegleitenden Uferschutzstreifen durch die öffentliche Hand nach Art. 39 BayNatSchG erforderten und rechtfertigten. Der Bachmuschelschutz in der ... sei von zentraler Bedeutung und werde auch im Managementplan zum FFH-Gebiet Nr. „... und ... im ...“ als besonders vordringliche Maßnahme angesehen. Durch Anlage von extensiv genutzten, ungedüngten Uferschutzstreifen auf einer Länge von nahezu 370 Metern an dem Zulaufgraben zur ... könnten die Nährstoffeinträge in den Graben und damit auch in die ... selbst reduziert und somit die Lebensbedingungen für die geschützte Bachmuschel verbessert werden. Der Aufbau eines Biotopverbunds in der ...landschaft bei ... sowie die Entwicklung von Biotopstrukturen an dem Grabensystem seien erst nach einem Grunderwerb möglich. Damit könne den fachlichen Vorgaben des Flächennutzungsplans sowie des Arten- und Biotopschutzprogramms Rechnung getragen werden. Durch die Herausnahme des grabenbegleitenden Gewässerschutzstreifens aus der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung mit Anlage von Feuchtstrukturen, Gewässeraufweitungen und Flachwasserzonen könnten zudem neue und dauerhafte Nahrungshabitate für den in ... vorkommenden und hier regelmäßig brütenden Weißstorch geschaffen werden.

Mit Bescheid vom 18. Februar 2016 übte der Freistaat Bayern, vertreten durch das Landratsamt ..., bezüglich der durch notariellen Vertrag vom 17. Dezember 2015, Urkundenrolle Nr. ..., verkauften Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... für eine Teilfläche von zehn Metern Breite entlang des Gewässers auf dem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... in der gesamten Länge der Grundstücke, insgesamt ca. 4.000 Quadratmeter, das Vorkaufsrecht nach Art. 39 des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) zugunsten der Beigeladenen zu 2 aus.

Zur Begründung wird im Wesentlichen dargelegt, die Fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft beim Landratsamt ... habe in ihrer Stellungnahme vom 11. Januar 2016 festgestellt, dass es sich bei dem Graben um ein Gewässer dritter Ordnung handle. Das Grabensystem entwässere ein Einzugsgebiet von etwa 108 ha, außerdem werde im Oberlauf das in einer biologischen Kläranlage gereinigte häusliche Abwasser einer Gärtnerei eingeleitet. Das Grabensystem erfülle damit eine Vorflutfunktion. Mit einem Einzugsgebiet von mehr als 50 ha und der Einleitung von häuslichem Abwasser seien die Kriterien für eine Gewässereigenschaft erfüllt (vgl. Ziffer 1.2.1 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Wasserrechts). Der Graben sei folglich nicht lediglich als reiner Entwässerungsgraben anzusehen, sondern diene auch der Ableitung von Oberflächen- und Niederschlagswasser insbesondere aus dem im Westen höher gelegenen Gelände und weise damit einen größeren Einzugsbereich auf als ein lediglich grundstücksbezogener Entwässerungsgraben. Der Graben selbst sei etwa zwei Kilometer lang und habe eine Breite von insgesamt fünf Metern, wobei jeweils zwei Meter auf Uferstreifen und ein Meter auf den reinen Graben entfielen. Der Graben führe in der Regel Wasser. Darüber hinaus weise der Graben in weiten Teilen an seinen Ufern einen linearen Gehölzbestand auf. In diesen Graben fließe Wasser von weiteren westlich dieser Grundstücke gelegenen Feldgräben ein. So münde von Süden her in einer Entfernung von 40 Metern und von Norden her in einer Entfernung von 200 Metern jeweils ein Feldgraben. Gräben, die der Vorflut eines weiteren Gewässersystems dienten, seien jedoch keine reinen Entwässerungsgräben. Das Vorhandensein einer Verlandungsfläche sei im Übrigen für das Vorliegen eines Vorkaufsrechts nicht erforderlich. Ebenso sei unerheblich, dass der Graben künstlich geschaffen worden sei. Naturschutzfachlich werde der Erwerb eines mindestens zehn Meter breiten grabenbegleitenden Uferschutzstreifens für erforderlich erachtet. Die betroffenen Grundstücke befänden sich in der Flur „...“ südöstlich der Ortschaft .... Der Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan der Beigeladenen zu 2 kennzeichne diese Bereiche als landschaftliches Vorbehaltsgebiet, in dem punktuell Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung von Natur, Boden und Landschaft vorgesehen seien. Nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm - ABSP - des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz befänden sich die Grundstücke in einem Umsetzungsprojektgebiet des Naturschutzes. Hier solle auf die Erstellung und Umsetzung eines Gewässerpflegeplans unter besonderer Berücksichtigung der Feuchtgebietsvernetzung im mittleren ... hingewirkt werden. Daneben sei der Erhalt, die Optimierung und die Neuschaffung von Trittsteinbiotopen und Biotopflächen entlang den Feucht- und Gewässerachsen anzustreben. Auch sei hier die Optimierung von Nahrungsgebieten des Weißstorchs durch Maßnahmen zur flächigen Verbesserung des Wasserhaushalts mit Anlage von Flachgewässern, Renaturierung von Fließgewässern, Extensivierung von Wiesen etc. von zentraler Bedeutung (vgl. ABSP, Band II, Karten 2.1, 2.2 und 3). Die Stadt ... bemühe sich schon seit Jahren um die Umsetzung der genannten Zielvorgaben mit der Schaffung eines Biotopverbunds in dieser ...landschaft. So habe sie am betroffenen Graben bereits Grundstücke und Uferschutzstreifen erworben, z. B. Fl.Nr. ... Gemarkung ..., und diese in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde nach ökologischen Gesichtspunkten gestaltet. Der Graben auf den Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... münde nach ca. 400 Metern in die im FFH-Gebiet Nr. ... („... und ... im ...“) gelegene .... In dem unmittelbar nördlich und südlich an diesen Einmündungsbereich angrenzenden Bachabschnitt der ... befänden sich noch reproduktionsfähige Vorkommen der Bachmuschel (unio crassus).

Naturschutzfachlichen Gründe rechtfertigten die Ausübung des Vorkaufsrechts, da der Bachmuschelschutz in der ... von zentraler Bedeutung sei und auch im Managementplan zum FFH-Gebiet Nr. ...„... und ... im ...“ als besonders vordringliche Maßnahme angesehen werde. Durch Anlage von extensiv genutzten, ungedüngten Uferschutzstreifen an dem Zulaufgraben zur ..., auf einer Länge von nahezu 400 Metern, könnten die Nährstoffeinträge in den Graben und damit auch in die ... reduziert und somit die Lebensraumbedingungen für die geschützte Bachmuschel verbessert werden. Der Aufbau eines Biotopverbundes in der ...landschaft bei ... sowie die Entwicklung von Biotopstrukturen an dem Grabensystem seien nach dem Grunderwerb möglich und würden somit den fachlichen Vorgaben des Flächennutzungsplans sowie des ABSP Rechnung tragen. Durch die Herausnahme des grabenbegleitenden Gewässerschutzstreifens aus der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung mit Anlage von Feuchtstrukturen, Grabenaufweitungen und Flachwasserzonen könnten zudem neue und dauerhafte Nahrungshabitate für den in ... vorkommenden und hier regelmäßig brütenden Weißstorch geschaffen werden. Nach dem Erwerb der Flächen könnten die Uferflächen entsprechend der ökologischen Vorgaben umgestaltet werden, um sie anschließend als Ausgleichsflächen auszuweisen.

Am 1. März 2016 ließen die Kläger Klage gegen den Bescheid des Landratsamts ... vom 18. Februar 2016 erheben; es ist beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 18. Februar 2016 aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen dargelegt, dass es sich bei dem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... um einen künstlich geschaffenen Entwässerungsgraben handle, der kein oberirdisches Gewässer, insbesondere kein Gewässer dritter Ordnung sei und auch nicht von Quellen gespeist werde. Es handle sich um einen namenlosen Entwässerungsgraben, der offenbar wie andere Gräben auch zum Zweckverband der ...entwässerung gehöre. Die Stadt ... sei für die Bewirtschaftung nicht zuständig, sondern der Zweckverband. Außerdem habe der Graben nicht - wie im Bescheid ausgeführt - eine Breite von fünf Metern, sondern lediglich eine Sohlbreite von einem Meter mit steil ansteigenden Uferböschungen. Die links und rechts des Grabens vorhandenen Grundstücksstreifen von je zwei Metern Breite seien keine Verlandungsstreifen. Ein Gehölzbestand sei nicht vorhanden. Weiter habe das Bayerische Landesamt für Umwelt in einer Arbeitshilfe - Unterhaltung von Gräben - vom April 2015 unter Punkt 2.1 eine Definition und Kennzeichnung von Gräben erstellt. Folge man der Definition, dann zeige der vorliegende Graben schon aufgrund seiner Geometrie (geringe Grundfläche, steile Ufer, langsame Fleißgeschwindigkeit, kein Geschiebe, in der Landschaft nicht auffallend), dass er in die Kategorie Entwässerungskanal falle. Die im Bescheid herangezogene Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Wasserrechts (dort Ziffer 1.2.1) sei als Abgrenzung von Entwässerungsgräben zu oberirdischen Gewässern im Naturschutz nicht geeignet, sondern habe allein Bedeutung als Kriterium für die Anwendbarkeit wasserrechtlicher Bestimmungen. Da der Graben selbst nur 1 m, das Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... jedoch insgesamt 5 m breit sei, sei unklar wie sich die Tiefe der Vorkaufsfläche von 10 m Breite ermittle, so dass der Bescheid der Landratsamts ... nicht hinreichend bestimmt sei. Die streitgegenständlichen Grundstücke grenzten nicht an den Graben auf Fl.Nr. ... Gemarkung ... an. Der Gesetzgeber meine mit „Angrenzen“ nicht das bloße Angrenzen an ein Grundstück, auf dem sich ein Gewässer befinde, sondern das Angrenzen an das Gewässer selbst. Wenn, wie vorliegend, keine Verlandungsfläche vorhanden sei, liege die Anwendung der Kriterien des Art. 12 BayWG nahe. Eine Bestimmung der Uferlinie habe das Landratsamt jedoch nicht getroffen. Der Vorkaufsrechtsbescheid des Landratsamts sei auch ermessensfehlerhaft. Die Argumentation, durch den Wegfall eines 10 m breiten Grundstückstreifens werde die landwirtschaftliche Nutzung der von den Klägern erworbenen Restflächen nicht beeinträchtigt, sei unzutreffend. Das Landratsamt berücksichtige nicht, dass der Entzug die Nutzbarkeit der Restfläche zusätzlich einschränke, da die Kläger künftig wegen Art. 47 AGBGB bei einer Bepflanzung ihres Grundstücks (z. B. mit Obstgehölzen) einen 2-m-Abstand einhalten müssten. Im Übrigen stelle sich die Ausübung des Vorkaufsrechts gegenüber den Käufern als Enteignung gemäß Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG dar. Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG sei verfassungswidrig, da er die Ausübung des Vorkaufrechts bereits zulasse, wenn Belange des Naturschutzes die Ausübung rechtfertigten. Ein „Erfordern“ sei nach dieser Vorschrift nicht verlangt.

Der Beklagte wandte sich mit Schreiben des Landratsamts ... vom 17. Juni 2016 gegen das Klagebegehren.

Für ihn ist beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bescheid vom 18. Februar 2016 sei hinreichend bestimmt. Im Tenor des Bescheids werde die Fläche, auf die sich das Vorkaufsrecht beziehe, eindeutig beschrieben. Die Grundstücke, auf welchen die dem Vorkaufsrecht unterliegenden Teilflächen lägen, würden genannt, ebenso die Lage und das Ausmaß der Flächen. Die Größe der Gesamtfläche habe nur mit „ca. 4.000 m²“ angegeben werden können, da das genaue Maß erst durch eine amtliche Vermessung ermittelt werden könne. Dies genüge jedoch dem erforderlichen Maß an Bestimmtheit, nachdem die Tiefe des zu vermessenden Grundstückstreifens mit 10 Metern festgelegt worden sei. Der Graben auf dem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... sei ein oberirdisches Gewässer im Sinn von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG. Die Fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft beim Landratsamt ... habe dies eindeutig dargelegt. Die mit der Klagebegründung vorgelegte Arbeitshilfe des Landesamts für Umwelt befasse sich nicht mit der Unterscheidung zwischen Gewässern und Nicht-Gewässern und enthalte insbesondere nicht die Aussage, dass Gräben keine Gewässer im Sinne des Wasserrechts seien. In der Arbeitshilfe gehe es vielmehr um die Art und Weise, wie Gräben unterhalten werden sollen, um den vielfältigen Anforderungen, insbesondere durch den Naturschutz, gerecht zu werden. Im Übrigen weise der Graben in weiten Teilen, insbesondere oberhalb der streitgegenständlichen Grundstücke, einen Gehölzbestand auf, ebenso wie beispielsweise der von Süden her in diesen Graben einmündende Graben Fl.Nr. ... Gemarkung .... Der Graben führe zudem in der Regel das ganze Jahr Wasser. Die streitgegenständlichen Grundstücke grenzten auch direkt an das Gewässer auf Fl.Nr. ... Gemarkung ... an. Eine Feststellung der Uferlinie gemäß Art. 12 BayWG sei nicht erforderlich, da sich die Grenze zwischen Gewässergrundstück und Ufergrundstück aus Grundbuch und Katasterplan ergebe. Bei selbstständigen Gewässergrundstücken sei die Uferlinie praktisch auch die Eigentumsgrenze. Des Weiteren sei unerheblich, ob es sich bei dem Gewässer auf Fl.Nr. ... Gemarkung ... um ein natürliches oder künstlich angelegtes Gewässer handle und ob für die Bewirtschaftung des Grabens die Stadt ... oder ein Zweckverband zuständig sei. Das Ermessen sei nicht fehlerhaft ausgeübt worden. Die Naturschutzverwaltung sei sich bewusst gewesen, dass keine gesetzliche Bindung an den Erwerbswunsch der Stadt ... vorgelegen habe, sondern dass das Vorkaufsrecht nur dann ausgeübt werden dürfe, wenn der Eingriff gerechtfertigt sei. Berücksichtigt worden sei zudem, dass eine sinnvolle landwirtschaftliche Nutzung trotz des Verlustes eines Seitenstreifens von 10 Metern weiterhin möglich sein werde.

Mit Beschluss vom 2. März 2016 wurden die Stadt ... (Beigeladene zu 2) und der Verkäufer der Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... (Beigeladener zu 1) zum Verfahren beigeladen.

Das Gericht hat am 28. September 2016 Beweis erhoben durch die Einvernahme eines Augenscheins. Auf die diesbezüglich gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 30. November 2016 ließen die Kläger ergänzend vortragen, dass der streitgegenständliche Graben auf dem Flurstück ... Gemarkung ... durch den Wasserverband ... zuletzt im November/Dezember 2014 vollständig geräumt und gesäubert worden sei. Außerdem würden in dem im Augenscheinstermin zitierten Waldgebiet „...“ augenscheinlich keine Quellen austreten.

Am 1. Dezember 2016 fand mündliche Verhandlung statt. Kläger und Beklagter wiederholten ihre bereits schriftsätzlich gestellten Klageanträge. Die Beigeladene zu 2 stellte keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschriften über den Augenscheinstermin sowie die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid des Landratsamts ... vom 18. Februar 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Die Ausübung des Vorkaufsrechts, die nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. BayVGH, U.v. 11.5.1994 - 9 B 93.1514 - BayVBl. 1994, 657) als privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, erfolgte nach ordnungsgemäßer Anhörung der Betroffenen (Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG) innerhalb der zweimonatigen Frist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG. Der Ausübungsbescheid ist nicht mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) rechtswidrig. Nach Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids wurde bezüglich der durch notariellen Vertrag vom 17. Dezember 2015, Urkundenrolle Nr. 3563/2015, verkauften Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... für eine Teilfläche von zehn Metern entlang des Gewässers auf dem Grundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... in der gesamten Länge der Grundstücke, insgesamt ca. 4.000 m², das Vorkaufsrecht ausgeübt. Da der Graben Fl.Nr. ... Gemarkung ... ein eigenständiges Grundstück darstellt und die verkauften Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... am südlichen Grabenufer anliegen, sind die längsseitigen Grenzen der vom Vorkaufsrecht betroffenen Uferstreifen klar und eindeutig festzustellen. Die nördliche Grenze der Uferstreifen wird bestimmt durch die südliche Grenze des Grabens, der wiederum durch die nördlichen Grenzen der Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... festgelegt ist. Die südliche Grenze der Uferstreifen folgt einer Linie parallel zur eben beschriebenen südlichen Grenze des Grabens in einer Entfernung von jeweils zehn Metern. Damit ist der Entscheidungsinhalt der Regelung in Ziffer 1 des Bescheids vom 18. Februar 2016 für die Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus, d. h. ohne Rückgriff auf weitere Unterlagen, verständlich und als hinreichend bestimmt anzusehen (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2001 - 9 ZB 01.625 - juris Rn. 12 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 37 Rn. 12 m. w. N.).

2. Der Bescheid des Landratsamts ... vom 18. Februar 2016 ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage für den Bescheid ist Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG.

a) Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung über das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht in Art. 39 BayNatSchG als zulässige eigentumsrechtliche Inhalts- und Schrankenbestimmung bestehen keine Bedenken (vgl. BayVGH, B.v. 18.1.2000 - 9 B 95.31 - juris Rn. 45; B.v. 28.11.2001 - 9 ZB 01.625 - juris Rn. 17 f. m. w. N.).

b) Die Tatbestandsvoraussetzungen des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG liegen vor. Danach steht dem Freistaat Bayern sowie den Bezirken, Landkreisen, Gemeinden und kommunalen Zweckverbänden Vorkaufsrechte zu beim Verkauf von Grundstücken, auf denen sich oberirdische Gewässer einschließlich Verlandungsflächen, ausgenommen Be- und Entwässerungsgräben, befinden oder die daran angrenzen.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 17. Dezember 2015, Urkundenrolle Nr. ..., verkaufte der Beigeladene zu 1 u. a. die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... an die Kläger. Gründe, die gegen die Wirksamkeit des notariellen Kaufvertrags sprechen könnten, wurden weder vorgetragen, noch sind solche ersichtlich.

Der auf Fl.Nr. ... Gemarkung ... befindliche Graben stellt ein oberirdisches Gewässer im Sinne des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG dar. Bei der Definition des Begriffs kann grundsätzlich auf den wasserrechtlichen Begriff des oberirdischen Gewässers, wie er in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG und Art. 2 Abs. 1 BayWG verwendet wird, zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, U.v. 19.1.2006 - 9 B 04.1217 - juris Rn. 22; Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Stand: April 2016, Art 39 Rn. 6). Erfasst werden demnach alle stehenden und fließenden Gewässer (Art. 1 BayWG, § 2 Abs. 1 WHG), auch wenn sie künstlich angelegt sind. Nach der fachlichen Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts ... vom 28. September 2016 (vgl. Niederschrift zum Augenscheinstermin, S. 4) handelt es sich bei dem Graben auf Fl.Nr. ... Gemarkung ... um ein Gewässer dritter Ordnung. Diese Einstufung ergibt sich auch aus der schriftlichen Stellungnahme der Fachkundigen Stelle für Wasserwirtschaft beim Landratsamt ... vom 11. Januar 2016 (Blatt 20 ff. der vorgelegten Behördenakte). Da amtlichen Auskünften und Gutachten der Wasserwirtschaftsämter entsprechend ihrer Stellung als wasserwirtschaftliche Fachbehörde nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayWG eine besondere Bedeutung zukommt (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 17.11.2016 - 8 ZB 14.543 - juris Rn. 13), besteht nach Auffassung des Gerichts kein Grund daran zu zweifeln, dass der Graben auf Fl.Nr. ... Gemarkung ... ein oberirdisches Gewässer dritter Ordnung darstellt, was im Übrigen von Klägerseite auch nicht bestritten wird.

Bei dem Graben auf Fl.Nr. ... Gemarkung ... handelt es sich nicht um einen Entwässerungsgraben, der vom Anwendungsbereich des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG ausgenommen ist. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem Ergebnis des Augenscheins sowie der dabei eingeholten fachlichen Stellungnahme des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts .... Der Graben dient der Ableitung von Oberflächen- und Niederschlagswasser nicht nur in Bezug auf die unmittelbar angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke, sondern insbesondere auch bezogen auf die im Westen des Gebiets liegenden Grundstücke und weist damit einen größeren Einzugsbereich auf, als dies bei reinen Entwässerungsgräben der Fall ist. Zudem erfüllt der Graben eine Vorflutfunktion. Vor allem aber weist der Graben eine zusätzliche Biotop- und Lebensraumfunktion auf. Es sind fließgewässerbegleitende Pflanzen, wie beispielsweise Mädesüß, Knöterich und Brunnenkresse vorhanden, die bei reinen Entwässerungsgräben im Regelfall nicht anzutreffen sind. Die Fließgeschwindigkeit des Grabens und die Tatsache, dass die Gewässersohle - wie beim Augenscheinstermin erkennbar - frei von Bewuchs vorgefunden wurde, sprechen darüber hinaus für eine regelmäßige Wasserführung des Gewässers und damit ebenfalls gegen das Vorliegen eines bloßen Be- bzw. Entwässerungsgrabens. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass im Oberlauf und im Zulauf des streitgegenständlichen Grabens Gehölzbestand vorhanden ist, was ebenfalls für dessen Bedeutung als Lebensraum für Flora und Fauna spricht. Der Graben ist folglich ökologisch eng verflochten mit den ihn umgebenden Landflächen. Die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geforderte Berücksichtigung der Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege, die zu einer teilweise vom wasserrechtlichen Begriff abweichenden Definition des naturschutzrechtlichen Begriffs des oberirdischen Gewässers, wie er in Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG verwendet wird (vgl. BayVGH, U.v. 19.1.2006 - 9 B 04.1217 - juris 25 f.), führt, unterstreicht dieses - insbesondere aus dem Augenscheinstermin - resultierende Ergebnis. Das Naturschutzrecht zielt auf die Bewahrung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen und die Abwehr von Eingriffen in Natur und Landschaft. Der streitgegenständliche Graben ist nach den im Augenscheinstermin gewonnenen Erkenntnissen naturnah und durch den uferbegleitenden Bewuchs mit den anliegenden Landflächen naturräumlich verflochten. Der Graben mit seinen teils trockenen teils nassen Uferbereichen, die für Flora und Fauna von besonderer Bedeutung sind, stellt sich als natürliche Lebensgrundlage dar (vgl. auch die Stellungnahme der staatlichen Fachkraft für Naturschutz und Landschaftspflege, Landratsamt ..., vom 11. Februar 2016; Blatt 36 f. der Behördenakte). Damit geht er in Funktion und Bedeutung für den Naturhaushalt über einen Entwässerungsgraben hinaus und erfüllt die Voraussetzungen für das Vorliegen eines oberirdischen Gewässers im Sinne von Art. 39 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG.

Nicht von Bedeutung ist, ob der Graben im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens künstlich geschaffen wurde, ob er Verlandungsflächen aufweist und/oder auch von Quellen gespeist wird bzw. wer für die Bewirtschaftung des Grabens zuständig ist. Diese allenfalls indizielle Bedeutung besitzenden Aspekte werden dadurch überlagert, dass der Graben nach seinem gesamten Erscheinungsbild und den fachlichen Aussagen des Wasserwirtschaftsamts sowie der Fachkraft für Naturschutz und Landschaftspflege ein für den Naturhaushalt relevantes oberirdisches Gewässer und nicht lediglich einen Entwässerungsgraben darstellt.

Die Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... grenzen an das oberirdische Gewässer auf Fl.Nr. ... Gemarkung ... an. Zum Angrenzen reicht es aus, dass das Grundstück an einer Stelle mehr als nur punktförmig an dem Gewässer anliegt. Für die Frage, wo das Gewässer endet und das angrenzende Land beginnt, kann im Regelfall auf Art. 12 BayWG abgestellt werden (vgl. Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt a. a. O. Art. 39 BayNatSchG Rn. 7). Art. 6 BayWG findet keine Anwendung, da der Graben katasterrechtlich als selbstständiges (Gewässer-) Grundstück (Fl.Nr. ... Gemarkung ...) gebucht ist. Nach Art. 12 Abs. 1 BayWG wird die Grenze zwischen Gewässer und Ufergrundstück durch die Linie des Mittelwasserstandes unter besonderer Berücksichtigung der Grenze des Pflanzenwuchses (Uferlinie) bestimmt, auf deren einer Seite vorwiegend wasserwirtschaftliche und auf deren anderer Seite vorwiegend Bodennutzung möglich ist. Die Uferlinie trennt das Ufergrundstück vom Gewässergrundstück. Die Feststellung der Uferlinie hat deshalb den Zweck, den Anwendungsbereich der auf oberirdische Gewässer anzuwenden Rechtsvorschriften tatsächlich zu bestimmen und vom Anwendungsbereich der für Landgrundstücke anzuwendenden Vorschriften abzugrenzen. Die Feststellung der Uferlinie ist nicht erforderlich, wenn sich die Grenze zwischen Gewässer- und Ufergrundstück aus Grundbuch und Katasterplan ergibt. Bei selbstständigen Gewässergrundstücken ist die Uferlinie praktisch auch die Eigentumsgrenze (Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt a. a. O. Rn. 7a). Die vorliegenden und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Lichtbilder zeigen in Bezug auf das Gewässergrundstück die Abgrenzung zwischen der Bodennutzung im Uferbereich und dessen vorwiegend wasserwirtschaftliche Nutzung ab der Böschungskante. Selbst wenn die Grenze zwischen den Buchgrundstücken Fl.Nrn. ..., ... Gemarkung ... und Fl.Nr. ... Gemarkung ... nicht auf der gesamten Länge mit der durch die Böschungsoberkante definierten Grenze im Sinn des Art. 12 BayWG übereinstimmen sollte, ist davon auszugehen, dass das Buchgrundstück Fl.Nr. ... Gemarkung ... der ökologisch relevanten Ausdehnung des Gewässers weitgehend entspricht. Damit war hier eine Uferlinienfeststellung nicht erforderlich (vgl. VG Regensburg, U.v. 23.7.2013 - RO 4 K 13.539 - NuR 2014, 141).

Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist durch Belange des Naturschutzrechts gemäß Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG gerechtfertigt. Im Bescheid vom 18. Februar 2016 sind die hierfür erforderlichen Rechtfertigungsgründe ausführlich dargestellt. Hierauf wird Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Soweit dem Sachvortrag der Klägerseite zu entnehmen ist, es genüge im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 GG nicht, dass Belange des Naturschutzes die Ausübung eines Vorkaufsrechts lediglich rechtfertigten, greift dieser Einwand nicht durch, da die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts grundsätzlich im Rahmen einer zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG liegt und keine unzulässige Enteignung des Käufers darstellt (BVerwG, B.v. 7.3.1996 - 4 B 18.96 - NVwZ-RR 1996, 500 m. w. N.; BayVGH, U.v. 11.5.1994 - 9 B 93.1514 - BayVBl 1994, 657 m. w. N.).

Die zur Begründung der Vorkaufsrechtsausübung dargelegten naturschutzfachlichen Gründe und die damit einher gehenden Zielvorstellungen genügen den gesetzlichen Anforderungen an die zu treffende Einzelfallprüfung. Es wird zum Ausdruck gebracht, auf welche Weise die naturschutzfachlichen Planungen für die Vorkaufsflächen verwirklicht werden sollen. Die geplanten Maßnahmen stellen insoweit ein hinreichendes Grundkonzept dar (vgl. Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt a. a. O. Art. 39 Rn. 19a m. w. N.). Da die für die zukünftige Grundstücksnutzung vorgesehenen Planungen des Vorkaufsrechtsbegünstigten zeitlich nicht unmittelbar zur Verwirklichung anstehen müssen, reicht auch ein künftiger Bedarf aus. Eine bloße „Reservierungsvorkaufsrechtsausübung“ liegt deshalb hier nicht vor.

Der Einwand der Klägerseite, die Ausübung des Vorkaufsrechts sei angesichts anderer Gestaltungsmöglichkeiten, wie die Aufnahme der Flächen in den Vertragsnaturschutz, die Begründung privatrechtlicher Dienstbarkeiten usw., nicht gerechtfertigt bzw. geboten, führt nicht zum Erfolg. Es gilt als allgemeine Erfahrungstatsache, dass Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand dem vom Gesetz vorausgesetzten Zweck, dem Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung zu dienen, mit größerer Sicherheit und damit besser Rechnung tragen als Grundstücke in der Hand von Privatpersonen, deren privatnützige Interessen nur zu leicht mit dem genannten Bedürfnis der Allgemeinheit in Konflikt geraten können (BayVGH, U.v.. 11.8.1989 - 9 B 86.02748 - BayVBl 1990, 277; B.v. 26.7.2006 - 9 ZB 05.1233 - juris Rn. 31). Daran vermögen auch ernstgemeinte Absichtserklärungen und rechtliche Sicherungen nichts entscheidend zu ändern. Während der private Grundstückseigentümer im Interesse des Erholungsbedürfnisses der Allgemeinheit lediglich Beschränkungen seiner Befugnisse passiv zu dulden hat, sind Staat und Gemeinden kraft Verfassungsauftrags (vgl. Art. 141 Abs. 3 Satz 3 BV) verpflichtet, zu diesem Zweck aktiv zu werden. Auch Bewirtschaftungsvereinbarungen (Vertragsnaturschutz, Förderprogramme) können den Eigentumserwerb nicht ersetzen. Die Laufzeit der Verträge gewährleistet nämlich keine Sicherheit auf Dauer. Denn der Abschluss oder die Verlängerung der vertraglichen Vereinbarungen können nicht erzwungen werden und spätere Erwerber sind hieran nicht gebunden. Der allgemeine Erfahrungssatz ist vorliegend auch nicht widerlegt. Die Tochter der Kläger will die streitgegenständlichen Flächen landwirtschaftlich nutzen (z. B. privilegierter Erwerbsobstbau, Pferdehaltung). Damit ist zwangsläufig die Absicht verbunden, zumindest langfristig einen Gewinn zu erzielen. Dies kann die Gefahr einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung der streitgegenständlichen Flächen in sich bergen und ist grundsätzlich in der Lage, die Verbesserung oder Pflege der Flächen im Sinne des Naturschutzes in Frage zu stellen (vgl. Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt a. a. O. Art. 39 Rn. 21a).

Im Übrigen ist die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts nicht erst dann erforderlich, wenn Maßnahmen nach anderen Gesetzen nicht denselben Effekt gewährleisten. Das Naturschutzrecht stellt keinen nachrangigen oder subsidiären Rechtsbereich dar (Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt a. a. O. Art. 39 Rn. 18). Demnach kommt es nicht darauf an, ob beispielsweise eine Reduzierung des Nährstoffeintrags auch durch andere Maßnahmen erreicht werden könnte. Die geplanten Maßnahmen gehen darüber hinaus und beinhalten - wie im angefochtenen Bescheid vom 18. Februar 2016 dargelegt und von den Vertretern des Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2016 erläutert - weit mehr als nur das Ziel einer Reduzierung von Nährstoffeinträgen.

Das dem Beklagten bei Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht eingeräumte Ermessen wurde durch das Landratsamt ... ordnungsgemäß ausgeübt. Die Abwägung des öffentlichen Interesses am Erwerb der an den Graben angrenzenden Grundstücksteilflächen mit dem Interesse der Kläger, die Gesamtfläche der Grundstücke Fl.Nrn. ... und ... Gemarkung ... für den künftigen landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Tochter nutzen zu können, ist nicht zu beanstanden. Im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Ermessensentscheidung (§ 114 Satz 1 VwGO) ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber selbst eine Vorrangentscheidung getroffen hat, indem er ein Vorkaufsrecht geschaffen und seine Ausübung an bestimmte Rechtfertigungsgründe des öffentlichen Interesses gekoppelt hat. Liegen diese vor, kann das Vorkaufsrecht regelmäßig ausgeübt werden, die Ermessensentscheidung ist dann zugunsten der Vorkaufsrechtsausübung intendiert. Der Eigentumsübertragungsanspruch des Käufers ist von vornherein mit der Möglichkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts belastet. Dass der Käufer sein Interesse am Erwerb des Grundstücks nicht realisieren kann, ist eine unvermeidliche und vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommene Folge der Einräumung des Vorkaufsrechts. Folglich kann nur in atypischen Fällen eine über die Darlegung der in Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG genannten Rechtfertigungsgründe hinausgehende fallbezogene Abwägung veranlasst sein, wenn entsprechende Umstände vorgebracht werden (Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt a. a. O. Art. 39 Rn. 22a, 22b). Ein solcher atypischer Fall liegt hier nicht vor. Eine unzumutbare Belastung der Kläger durch die auf eine nur ca. 4.000 m² große Teilfläche beschränkte Vorkaufsrechtsausübung ist nicht erkennbar. Hierzu reicht es nicht aus, dass wirtschaftliche Dispositionsmöglichkeiten des Käufers gestört werden, da dies praktisch immer der Fall ist und vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen wird. Die klägerseits angeführte Notwendigkeit des Erwerbs auch der vorkaufsrechtsbetroffenen Teilflächen zur Sicherung des landwirtschaftlichen Privilegierungstatbestands (§ 35 BauGB), begründet keinen atypischen Fall. Zum einen sieht Art. 39 BayNatSchG nicht vor, dass von der Ausübung des Vorkaufsrechts abgesehen werden soll, wenn die Fläche - wie hier - dem potentiellen privaten Käufer der Gründung oder Erweiterung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zu dienen bestimmt ist. Dies ist bereits deshalb gerechtfertigt, weil in derartigen Fällen die Erwerbschance des Käufers schon bei Vertragsabschluss unter der Bedingung steht, dass das gesetzliche Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird. Die Erwerbschance ist nicht Teil des durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Eigentumsrechts (BayVGH, U.v. 11.5.1994 - 9 B 93.1514 - BayVBl 1994, 657). Zum anderen ist nicht erkennbar und im Übrigen auch nicht substantiiert vorgetragen, dass die wirtschaftliche Existenz der Kläger bzw. ihrer Tochter gerade von dem Erwerb der streitgegenständlichen Grundstücksstreifen abhängt.

Nachdem andere Gründe, die die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Vorkaufsrechtsausübung in Frage stellen könnten, weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, konnte die Klage keinen Erfolg haben. Sie war deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entspricht vorliegend der Billigkeit, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen, da sie keine Anträge gestellt und sich damit dem Kostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO nicht ausgesetzt haben (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe, die Berufung gemäß § 124a Abs. 1, § 124 Abs. 2 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 2.959,70 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffer 9.6.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Verpflichteten. Die Erklärung bedarf nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form.

(2) Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt der Kauf zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten unter den Bestimmungen zustande, welche der Verpflichtete mit dem Dritten vereinbart hat.

Tenor

1. Zum ursprünglichen Klagebegehren Nr. 2 wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts für eine Teilfläche am Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... in ... (Ortsteil ...) durch das Landratsamt ... (Landratsamt) zugunsten der Beigeladenen zu 3.

Mit notariellem Vertrag vom 8. April 2015 verpflichtete sich die Klägerin zum Verkauf einer noch zu vermessenden Teilfläche im Ausmaß von etwa 1260 m² des eingangs genannten Grundstücks an die Beigeladenen zu 1 und 2. Als Kaufpreis wurden 4,00 € pro Quadratmeter vereinbart (Gesamtkaufpreis 5.040,00 €). Das Grundstück grenzt unmittelbar an den östlich verlaufenden ... an.

Eine Abschrift der Kaufvertragsurkunde (ohne aktenkundiges Anschreiben des zuständigen Notars) ging beim Landratsamt - dort beim Gutachterausschuss nach § 192 BauGB - am 16. April 2015 ein.

Mit E-Mail-Schreiben vom 30. April 2015 wandte sich das Liegenschaftsamt der Beigeladenen zu 3 an das Landratsamt - Untere Naturschutzbehörde (UNB) - mit der Bitte um Überprüfung, ob ein Vorkaufsrecht gemäß Art. 39 BayNatschG bestehe. Der E-Mail war im Anhang die Mitteilung des Abschlusses des Kaufvertrags durch den Notar an die Beigeladene zu 3 beigefügt. Ebenso war dort die vollständige Kaufvertragsurkunde angefügt.

Mit Schreiben vom 11. Mai 2015 teilte das Sachgebiet Natur- Umwelt- und Klimaschutz der Beigeladenen zu 3 der UNB mit, dass sie beabsichtige, das Vorkaufsrecht für eine Teilfläche des oben genannten Grundstücks auszuüben. Mit dem Ankauf des Teilgrundstückes solle ein ausreichend breiter Ufersaum zwischen dem ... und dem angrenzenden Intensivgrünland gesichert werden. Fachliche Grundlage hierfür sei das Gewässerentwicklungskonzept ... für ausgewählte Gewässer III. Ordnung vom 31. August 2008. Der ... werde in diesem Abschnitt als „Entwicklungsstrecke“ eingestuft und als vorrangiges Entwicklungsziel/Maßnahmen würden die „Ermöglichung der Eigenentwicklung“ und die „Ausweisung eines Uferstreifens“ genannt. Ein ausreichend breiter Uferstreifen sei Voraussetzung für das Zulassen der Eigenentwicklung und damit auch Grundlage für die Entwicklungsfähigkeit des Gewässers. In Uferstreifen entwickle sich durch die einsetzende Gewässerdynamik und Sukzession eine hohe Strukturvielfalt. Die erhöhte Rauigkeit der Aue verlangsame den Hochwasserabfluss und verbessere damit den vorbeugenden Hochwasserschutz. Gleichzeitig werde durch die Ausweisung eines Uferstreifens der Eintrag von Nährstoffen aus den angrenzenden, intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen reduziert. Gemäß dem Gewässerentwicklungskonzept betrage die Mindestbreite für Uferstreifen an Bächen 5 m auf jeder Seite, im Idealfall 10 m. Es solle deshalb das Vorkaufsrecht für einen 8 m breiten Uferstreifen angestrebt werden.

Mit Schreiben vom 22. Mai 2015 - eingegangen bei der UNB am 26. Mai 2015 - übersandte der Notar der UNB eine Abschrift des notariellen Kaufvertrags vom 8. April 2015.

Mit Schreiben vom 29. Mai 2015 wurden die Klägerin und die Beigeladenen zu 1 und 2 unter Hinweis auf das Gewässerentwicklungskonzept der Beigeladenen zu 3 über die beabsichtigte Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts für eine Teilfläche von 8 m Breite in Kenntnis gesetzt und ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Hiervon machten alle 3 Beteiligten Gebrauch.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 7. Juli 2015 - der Klägerin zugestellt am 20. Juli 2015 - wurde das Vorkaufsrecht an einer 472 m² großen Fläche, welche in dem beigefügten Lageplan rot markiert wurde, zugunsten der Beigeladenen zu 3 ausgeübt.

Zur Begründung ist ausgeführt, das Vorkaufsrecht könne für die Beigeladene zu 3 ausgeübt werden, da dieses gegenwärtig und zukünftig die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege rechtfertige. Fachliche Grundlage für die Ausübung des Vorkaufsrechts sei das Gewässerentwicklungskonzept der Beigeladenen zu 3 vom 31. August 2008. Im Weiteren wurde im Wesentlichen das Schreiben der Beigeladenen zu 3 vom 11. Mai 2015 im Hinblick auf das Gewässerentwicklungskonzept wiederholt.

Mit Schriftsatz vom 11. August 2015 - hier eingegangen am 19. August 2015 - ließ die Klägerin Klage erheben und beantragt:

1. Der Bescheid des Landratsamts vom Juli 2015 (Az.: ...Naturschutz) wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, für das mit Urkunde des Notariat ..., Urkundennummer ... vom 8. April 2015 verkaufte Grundstück Flurnummer ... Gemarkung ... ein Negativattest bezüglich der Nichtausübung des Vorkaufsrechtes zu erteilen.

Zur Begründung ist ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei materiell rechtswidrig. Es lägen bereits nicht die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 BayNatSchG vor. Die vom Landratsamt angegebenen Gründe für die Ausübung des Vorkaufsrechtes - dieses solle gegenwärtig und zukünftig Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege dienen - seien nicht in der Lage, die Vorkaufsrechtsausübung zu rechtfertigen, da sie vorliegend nämlich in keiner Weise tangiert seien. Die Klägerin habe bereits mit Schreiben vom 5. Juni 2015 mitgeteilt, dass zusätzliche Maßnahmen zur naturschutzfachlichen Aufwertung nicht veranlasst seien. Vielmehr sei am Bach bereits eine hohe Strukturvielfalt durch das naturbelassene Wachsenlassen von Bäumen und Sträuchern vorhanden. Durch diese existierende Strukturvielfalt sei der Eigenentwicklung und damit der Entwicklungsfähigkeit des ... genüge getan. Zugleich sei damit bereits eine erhöhte Rauigkeit der Aue gegeben, die den Hochwasserabfluss verlangsame und den vorbeugenden Hochwasserschutz verbessere. Somit sei eine weitere Ausweitung der bereits vorhandenen Uferbewachsung nicht nötig und auch gar nicht möglich, da im Übrigen parallel zum ... ein Abwasserkanal der Beigeladenen zu 3 verlaufe.

Des Weiteren sei - entgegen den Ausführungen des Landratsamtes - die Ausweisung eines Uferstreifens zur Reinhaltung des ... von Nährstoffen durch die landwirtschaftliche Nutzung nicht erforderlich, da auf dem gesamten Grundstück zu keiner Zeit irgendeine Form von Düngemitteln aufgetragen worden sei. Folglich sei ein Eintrag von Nährstoffen in den angrenzenden ... seitens des Grundstücks der Klägerin nicht zu erwarten. Vorsorglich werde bestritten, dass es sich um ein oberirdisches Gewässer handele und nicht lediglich um einen Be- und Entwässerungsgraben. Selbst wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 BayNatSchG als gegeben angesehen würden, sei der Bescheid vom 7. Juli 2015 rechtswidrig und aufzuheben. Das Landratsamt habe darin keine Ermessenserwägungen angestellt, obwohl Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG nach seinem Wortlaut der Kreisverwaltungsbehörde ausdrücklich Ermessen einräume. Die Ermessensausübung, die darin bestehe, dass die Behörde sämtliche Bestandteile des zu entscheidenden Sachverhalts zu bewerten und im Verhältnis zueinander zu gewichten habe, lasse hier rechtliche Defizite erkennen. Es seien nicht alle maßgeblichen Umstände, insbesondere die Interessen der Beteiligten, ausreichend berücksichtigt und abgewogen worden. Die Belange der Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks seien überhaupt nicht in die Abwägung eingestellt worden. Das Landratsamt sei vielmehr davon ausgegangen, dass aufgrund des Gewässerentwicklungskonzepts der Beigeladenen zu 3 für die verkaufsrelevante Teilfläche ohne weiteres ein Uferstreifen angelegt werden dürfe, ohne auf die tatsächliche Grundstücksituation vor Ort zu achten. Wenn - wie hier - bereits eine Uferbewachsung vorhanden sei, spiele es im Rahmen der anzustellenden Verhältnismäßigkeitsprüfung eine entscheidende Rolle, ob zur Erreichung einer, wenn überhaupt, minimalen Verbesserung der Naturschutzbelange durch Anlegung eines 472 m² breiten Uferstreifens die Ausübung eines Vorkaufsrechts für das insgesamt 1.260 m² große Teilstück angemessen sei. Die verkaufsrelevante Teilfläche betreffe ja immerhin mehr als 1/3 des gesamten zum Verkauf stehenden Teilgrundstücks. Diese Interessensabwägung habe das Landratsamt im Bescheid vom 7. Juli 2015 gänzlich unterlassen.

Weiterhin werde die Einhaltung der Ausführungsfrist bestritten, da der Kaufvertrag bereits am 15. April 2015 zum Gutachterausschuss gesandt worden sei.

Mit Schriftsatz vom einem 21. September 2015 erwiderte das Landratsamt für den Beklagten hierauf und beantragt Klageabweisung.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei fristgemäß erfolgt. Der Kaufvertrag sei durch das Notariat mit Schreiben vom 22. Mai 2015 - eingegangen am 26. Mai 2010 - vorgelegt worden. Zwar sei es richtig, dass der Kaufvertrag bereits am 15. April 2015 dem Landratsamt, Gutachterausschuss, vorgelegt worden sei, jedoch setze dies nicht die 2-Monatsfrist nach Art. 39 Abs. 7 BayNatSchG, § 469 BGB in Gang. Eine Mitteilung im Sinne des § 469 BGB setze voraus, dass der Notar oder der Verkäufer bei der Übersendung des Vertrages ausdrücklich darauf hinweise, dass der Vertrag auch wegen des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts vorgelegt werde. Die Vorlage des Vertrages an eine zur Ausübung des Vorkaufsrechts nicht befugte Dienststelle zum Zwecke anderweitiger Bearbeitung genüge jedenfalls dann nicht, wenn diese Dienststelle auf das Vorkaufsrecht und den weiteren Zweck der Vorlage des Vertrages nicht hingewiesen werde.

Verpflichtet zur Mitteilung sei der Verkäufer (der Notar sei im hiesigen Fall von der Verkäuferin in der Urkunde beauftragt worden). Die Ausübungsfrist werde dagegen nicht in Lauf gesetzt, wenn die Kreisverwaltungsbehörde auf andere Weise vom Verkauf erfahre. Aus dem Kreis der zur Mitteilung Verpflichteten habe das Landratsamt erst am 26. Mai 2015 von dem Verkauf erfahren.

Das streitgegenständliche Grundstück grenze an ein oberirdisches Gewässer (... Flur Nr. ... der Gemarkung ...) an, bei dem es sich nach Auskunft des Wasserwirtschaftsamtes ... vom 16. September 2015 nicht lediglich um einen Be- und Entwässerungsgraben, sondern um ein Gewässer III. Ordnung handele.

Bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes zugunsten der Beigeladenen zu 3 habe das Landratsamt auch ein eigenes Ermessen ausgeübt. In der Summe hätten die Vorteile die Nachteile überwogen und das Landratsamt habe das Vorkaufsrecht für die Beigeladene zu 3 ausgeübt. So sei für das Landratsamt von Bedeutung gewesen, ob die von der Beigeladenen zu 3 beschriebenen Ziele mit den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege übereinstimmten und ob der Uferstreifen in einer Breite von 8 m breit genug sei, um diese Ziele erreichen zu können.

Der Bescheid stütze sich allein auf die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Diese Belange würden in den Vorschriften der §§ 1 und 2 BNatSchG konkretisiert. Die Umsetzung dieser Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege gemäß soeben genannten Vorschriften sei im Gewässerentwicklungskonzept der Beigeladenen zu 3 dargestellt und beschrieben. Für die Flurnummer ... werde festgelegt, im Hinblick auf das Gewässer „Sohlstützung durch ingenieurbiologische Maßnahmen, ansonsten Eigendynamik zulassen“ und für die an das Gewässerbett angrenzenden Flächen „Uferstreifen ausweisen, Sukzession zulassen, in ausgewählten Abschnitten Gehölzsaum entwickeln, in Teilbereichen außerhalb des 5 m breiten Ufersaums extensive Nutzung möglich“. Die Gewässerentwicklungsplanung habe aufgrund der Ausarbeitung der gegebenen Zustände aufgezeigt, welche Ziele des Naturschutzes in den jeweiligen Bereichen umgesetzt werden sollten. Der Gewässerentwicklungsplan sei das fachlich-planerische Instrument, um die Umsetzung der Ziele und deren Sicherung zu erleichtern und forcieren zu können. Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege ließen sich grundsätzlich am besten dadurch verwirklichen, dass die öffentliche Hand oder eine diesen Zielen verpflichtete Organisation das Eigentum an einer Grundfläche erlange. Die Beigeladene zu 3 führe bereits Maßnahmen für die Umsetzung der Gewässerentwicklungskonzepte aus. Zu nennen sei die Umsetzung der Gewässerentwicklungskonzepte am ... und am .... Somit könne auch der Nachweis geführt werden, dass die Beigeladene zu 3 ihre Gewässerentwicklungskonzepte umsetze und es sich nicht um fiktive Planungen handle.

Das Grundstück Flurnummer ... der Gemarkung ... grenze an den ... an und sei als landwirtschaftliche Nutzfläche (Grünlandnutzung) einzustufen. Am Ufer des ... befänden sich Strukturelemente gewässerbegleitender Gehölze. Gleiches gelte für die Teilfläche des Grundstückes, für die das Vorkaufsrecht ausgeübt werden solle. Auf einem Luftbild der Akte seien die derzeitige Nutzung und auch die Verteilung der Ufergehölze erkennbar. Festgestellt werden könne, dass der Gehölzsaum am Uferrand unterschiedlich breit sei und im 8 m-Bereich, für den das Vorkaufsrecht ausgeübt werden solle, auch landwirtschaftlich genutzte Grünlandflächen lägen.

Zu den naturschutzfachlichen Zielsetzungen sei auszuführen, die Förderung der Eigendynamik, wie sie im Gewässerentwicklungskonzept beschrieben sei, sei dahingehend zu verstehen, dass sich die Ufer aufgrund der Eigendynamik des Fließgewässers natürlich entwickeln und somit sich selbst formen sollen. Die Zulassung der Eigendynamik eines Fließgewässers stehe in Konkurrenz mit der landwirtschaftlichen Nutzung angrenzender Flächen, die eine Eigendynamik natürlicher Prozesse an Gewässern regelmäßig erschwerten oder nicht zuließen. Durch Zulassung der Eigendynamik (zum Beispiel durch Abbruchkanten, Zulassung natürlicher Vegetation durch Sukzession) an den Uferrändern könne oder werde die landwirtschaftliche Bodennutzung angrenzender Flächen erschwert oder sogar unmöglich werden.

Gleiches gelte für den gesetzlichen Auftrag der Reinhaltung der Gewässer zum Beispiel durch Minimierung des Stickstoffeintrags durch Extensivierung der landwirtschaftlichen Bodennutzung von Grundstücken, die an Fließgewässer angrenzten. Grundsätzlich gelte, dass die Nitratkonzentrationen in den Gewässern im Wesentlichen mit der landwirtschaftlichen Bodennutzung des jeweiligen Einzugsgebiets zusammenhingen. Weitergehende Maßnahmen zur Reinhaltung der Fließgewässer von Nitrat, verursacht durch die landwirtschaftliche Bodennutzung, seien deshalb besonders wichtig. Auch in diesem Falle komme es nicht darauf an, ob der Eigentümer bei der Bewirtschaftung des Grundstückes Düngemittel bisher eingesetzt habe, denn die „gute fachliche Praxis der Landwirtschaft“ schließe dies in den ufernahen Bereichen außerhalb der einzuhaltenden Abstände zumindest nicht aus.

Auf den nicht mit Gehölzen bewachsenen Teilflächen (Grünlandflächen) sollten etwa natürliche Kraut- und Staudenfluren, die durch die Zulassung von Sukzession entstünden, initiiert werden können. Dies bedeute, dass die landwirtschaftliche Grünlandnutzung zugunsten der Entwicklung wild wachsender Pflanzengesellschaften aufgegeben oder durch Regelung eines Düngerverzichts und Regelung eines späten Schnittzeitpunktes extensiviert werden solle. Die Artenvielfalt an Gewässern könne dadurch erhöht werden und die Uferrandstreifen (sog. Trittsteinbiotope) trügen zur Vernetzung und Besiedlung durch wild lebende Tierarten und wild wachsende Pflanzenarten (Biotopverbund) in der Landschaft bei. Der Biotopverbund solle die räumliche Verbindung verschiedener Biotope, die Ausbreitung und den Austausch der in den Biotopen vorkommenden Lebensgemeinschaften gewährleisten. Die Verbindung könne durch lineare Elemente (sog. Wanderkorridore wie Hecken, Feldraine und Uferrandstreifen) oder durch sog. Trittsteine (Trittsteinbiotope), das meine flächige Elemente, hergestellt werden. Der Biotopverbund ziele als Konzept des Naturschutzes (Biotopverbundsystem) insgesamt auf die Erhaltung der Arten, Artengemeinschaften und Lebensräume ab.

Durch den Erwerb eines ausreichend breiten Uferschutzstreifens könnten natürliche Lebensräume besser erhalten oder entwickelt oder naturschädliche Nutzungen verhindert oder beendet werden. Verbote, Gebote, Auflagen, Förderprogramme usw. könnten die Nutzung von Grundstücken nur innerhalb der Grenzen der Eigentumsgarantie steuern, d. h. zumindest eine eingeschränkte Privatnützigkeit müsse gewährleistet bleiben. Verbote, Gebote oder Programminhalte müssten überwacht werden und seien auch nur sehr bedingt dazu geeignet, den bestehenden Zustand entsprechend den Zielen des Naturschutzes zu verbessern. Bewirtschaftungsprogramme könnten nicht erzwungen werden, ihre Verlängerung sei ungewiss, Kontrollen blieben erforderlich. Der Erwerb von Grundeigentum vermeide diese Probleme. Ohne den Erwerb der streitgegenständlichen Flächen könne nicht ausgeschlossen werden, dass künftig eine den oben genannten Zielen des Gewässerentwicklungskonzepts entgegenstehende Nutzung ausgeübt werde. Insofern könne das Argument der Klägerin, dass bisher kein Düngemittel aufgebracht worden sei, nicht greifen und die Ausübung des Vorkaufsrechts sei deswegen gerechtfertigt.

Mit weiterem Schriftsatz vom 13. November 2015 ließ die Klägerin ausführen, dass die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts nicht gewahrt worden sei. Bereits am 15. April 2015 sei der Kaufvertrag dem Landratsamt vorgelegt worden. Voraussetzung für das Laufen der 2-Monatsfrist sei, dass der wirksame Kaufvertrag übermittelt werde, aus dem sich alle für die Ausübung des Vorkaufsrechts relevanten Umstände entnehmen ließen. Es dürfte unstreitig sein, dass bereits Mitte April 2015 der vollständige Kaufvertrag dem Landratsamt überlassen worden sei. Daraus könnten sämtliche relevanten Umstände des Kaufs entnommen werden. Es sei kein Grund ersichtlich, warum dadurch die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechtes nicht zu laufen beginne. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Vorschriften keine Angaben darüber enthielten, in welcher Form die Mitteilung erfolgen müsse. Dass die Einzelheiten dem Landratsamt auch im April 2015 schon vorgelegen hätten, zeige sich auch daraus, dass am 30. April 2015 die Eltern des Beigeladenen zu 1 Frau ... vom Umweltamt der Beigeladenen zu 3 auf dem streitgegenständlichen Grundstück angetroffen hätten. Sie hätte die Verhandlungen im Auftrag der Beigeladenen zu 3 mit der Naturschutzbehörde geführt.

Die Klägerin gehe nach wie vor davon aus, dass es sich um einen Be- und Entwässerungsgraben handele. Hintergrund sei folgender Sachverhalt: Die Entwässerung der Ortschaft ... laufe über ein 12,5 cm starkes Rohr südlich des Baches von der Ortschaft ... bis vor die Ortschaft .... Dort werde das Abwasser in die bestehende Kanalisation eingeleitet. In diesem Rohr würden Oberflächenwasser und Fäkalien abgeleitet. Bei starkem Regen sei dieses Rohr völlig überlastet. Dann würden Oberflächenwasser und Fäkalien in einem Behälter gesammelt. Dieser Behälter werde über den Wasserlauf des Grundstücks abgeleitet. Dies habe dazu geführt, dass kein Leben mehr in dem Bach sei. Es handele sich also um einen Be- und Entwässerungsgraben.

Es werde bestritten, dass das Ermessen der Beigeladenen zu 3 ordnungsgemäß ausgeübt worden sei. Die Zulassung einer Eigendynamik des Gewässers sei auf diesem Grundstück nur sehr begrenzt möglich, genauso wie die Entwicklung eines Gehölzsaumes, da - wie ausgeführt, in nur geringer Entfernung von ca. 2-3 m zum Bach ein Kanalisationsabwasserrohr verlaufe. Ein Einwachsen von Gehölzwurzeln wäre insoweit nicht möglich. Soweit eine Nitratbelastung angesprochen worden sei, werde darauf hingewiesen, dass nach stärkeren Regenfällen Wasser aus dem Rückhaltebecken mitsamt Unrat und Fäkalien in den Bach abgelassen werde. Auch der Überlauf der Kläranlage in Buch erfolge in den Bach, woraus ein Großteil der Nitratbelastung herrühren dürfte. Seit etwa 30 Jahren werde auf der Wiese keinerlei Düngemittel aufgebracht und werde auch in Zukunft nicht aufgebracht werden. Es erfolge eine extensive Bewirtschaftung. Die Eigendynamik des Baches sei durch vorhandene Abbruchkanten gewährleistet. Die vorhandenen Bäume und Sträucher seien Wildwuchs. Die zum Naturschutz wünschenswerten Maßnahmen seien damit sowohl durch die Position des Kanalisationsrohrs als auch durch den starken Nitrateintrag aus anderen Quellen (etwa das Rückhaltebecken Buch) sehr eingeschränkt. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die Beigeladene zu 3 keinerlei Zufahrtsmöglichkeit zu dem streitgegenständlichen Grundstück habe. Das streitgegenständliche Grundstück sei umgeben von einer Fläche, die im Eigentum der Klägerin stehe. Um zu dem streitgegenständlichen Grundstück zu gelangen, müsse das Grundstück der Klägerin betreten oder befahren werden. Es sei nachvollziehbar, dass die Klägerin damit nicht einverstanden sei.

Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2015 erwiderte das Landratsamt hierauf nochmals. Es werde nochmals auf das naturschutzfachliche Entwicklungskonzept der Beigeladenen zu 3 hingewiesen, in dem für die ufernahen Streifen die Sukzession und Gehölzsäume in ausgewählten Bereichen zugelassen werden sollten. Diese Ziele seien aus naturschutzfachlicher Sicht durch die Ausübung des Vorkaufsrechts erreichbar. Die Einwendungen der Klägerseite seien nicht zutreffend. Zur Nitratbelastung wird ausgeführt, die Ausweisung von Uferstreifen diene dazu, den Nitrateintrag in das Gewässer, welcher hauptsächlich aus landwirtschaftlichen Bodennutzungen resultiere, zu verringern. Dazu bestünden mehrere Möglichkeiten. Zum einen solle sichergestellt werden, dass auf dem Grundstück grundsätzlich kein Stickstoff aufgebracht werde. NPK-Dünger (Nitrat-Phosphor-Kali-Dünger) würde zur Produktionssteigerung in der Landwirtschaft bei Acker- und Wiesengrundstücken eingesetzt. Durch die Ausübung des Vorkaufsrechtes werde die landwirtschaftliche Bodennutzung auf dem Uferstreifen faktisch aufgegeben und ein natürlicher Entwicklungsprozess angestoßen. Die sich natürlich einstellende Sukzession bedürfe keiner landwirtschaftlichen Verwertung. Somit bedürfe es in der Folge auch keiner Maßnahmen zur Produktionssteigerung. Durch das Zulassen von sich natürlich entwickelnder Vegetation werde zusätzlich erreicht, dass die sich einstellende Vegetation aus Hochstauden- und Gehölzgesellschaften in größerem Maße imstande sei, Nitrat aus der Luft oder aus Oberflächenabfluss zu binden und zu verwerten. Dies sei deshalb so, weil diese Bestände - im Gegensatz zu Schnittwiesen - nicht regelmäßig und nicht häufig geschnitten würden. Die vorhandene Blattmasse werde nur in geringem Maße reduziert und somit könne der Stickstoff zu Osmose und Sauerstoffproduktion in größerem Maße genutzt und umgewandelt werden. In rechtlicher Hinsicht komme es nicht darauf an, ob die Nitratbelastung im Gewässer auch durch Maßnahmen nach anderen Gesetzen (zum Beispiel Wasserrecht) reduziert werden könne.

Zu den Rohrleitungen im Uferbereich sei anzuführen, dass das Zulassen einer Gewässerdynamik nur 1 naturschutzfachlicher Aspekt neben weiteren sei. Dort, wo Rohrleitungen ufernah im Boden verlegt seien, müsse zweifellos darauf geachtet werden, dass diese durch die Gewässerdynamik nicht freigelegt würden. Die Gewässerdynamik könne in solchen Bereichen in einem kleineren Maßstab dennoch stattfinden und müsse nicht gänzlich unterbunden werden.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2016 Bezug genommen.

Gründe

Die erhobene Klage ist - soweit über sie nach der erklärten Teilrücknahme in Hinblick auf den angekündigten Klageantrag Nr. 2 noch zu entscheiden war - als Anfechtungsklage zwar zulässig, aber unbegründet, da der Bescheid vom 7. Juli 2015 rechtmäßig ist und die Klägerin insoweit nicht in ihren eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

I.

Die Klage wurde bezüglich des ursprünglich beantragten Verpflichtungsbegehrens auf Erteilung eines Negativattestes über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Insofern war das Verfahren nach § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen und nach § 155 Abs. 2 VwGO die Kosten der Klägerseite aufzuerlegen.

II.

Der Klage kann auch im Übrigen nicht stattgegeben werden, da die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechtes mit Bescheid vom 7. Juli 2015 formell und materiell rechtmäßig ist.

a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens des Vorkaufsrechtes - mithin der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (BayVGH v. 03.05.2016 - 14 B 15.205 - Rn. 41 mw.N. = juris). Hier ist also auf die Lage zum 8. April 2015 abzustellen.

b) Die Ausübung des Vorkaufsrechts in formeller Hinsicht begegnet keinen Bedenken. Insbesondere handelt der Freistaat Bayern nach Art. 39 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG - vertreten durch das Landratsamt - auch, wenn wie im vorliegenden Fall das Vorkaufsrecht zugunsten einer anderen Körperschaft (hier der Beigeladenen zu 3) ausgeübt wird.

aa) Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgte innerhalb der Frist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG. Hiernach kann das Vorkaufsrecht nur innerhalb von 2 Monaten nach „der Mitteilung“ ausgeübt werden. Mit dem Begriff der „Mitteilung“ nimmt die Vorschrift Bezug auf Art. 39 Abs. 3 Satz 3 BayNatSchG i. V. m. § 469 BGB. Nach der letztgenannten Vorschrift ist die Mitteilung über den „Inhalt des Vertrags“ an den Vorkaufsrechtsberechtigten im Sinne von § 469 BGB stets gegenüber der Kreisverwaltungsbehörde abzugeben. Genauere Bestimmungen zum Inhalt der Mitteilung enthält das Gesetz zwar nicht, jedoch ist als Mindestvoraussetzung schon aus der Vorschrift des § 469 BGB („Inhalt des geschlossenen Vertrags“) zu fordern, dass alle vertraglichen Bestimmungen sowie die Wirksamkeitsvoraussetzungen mitgeteilt werden (BayVGHv. 08.12.2011 - 14 BV 10.559 - Rn. 23 = NuR 2012, 510). Das fristauslösende Ereignis ist somit die positive Kenntnis der Kreisverwaltungsbehörde von der Mitteilung.

bb) Hiernach hatte das Landratsamt im vorliegenden Fall erst mit der Übermittlung des Vertragstextes durch den Notar am 26. Mai 2015 Kenntnis von der Mitteilung im Sinne von Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG. Die Ausübungsfrist endete mithin erst am 26. Juli 2015. Durch die Bekanntgabe der Ausübung des Vorkaufsrechts mit Bescheid vom 7. Juli 2015 am 20. Juli 2015 erfolgte diese Ausübung fristgerecht. Nach dem soeben dargelegten Maßstab kommt es weder auf ein von der Klägerseite vorgetragenes „Kennenmüssen“ noch auf die Kenntnis vom Vertragsschluss durch die Beigeladene zu 3 an. Auch kann in der Übermittlung des Vertragstextes - ohne jegliche weitere Hinweise im Hinblick auf das mögliche Bestehen von Vorkaufsrechten - am 15. April 2015 an den Gutachterausschuss am Landratsamt nicht die Mitteilung im Sinne von § 469 BGB bzw. Art. 39 Abs. 3 Satz 3 BayNatSchG gesehen werden (so auch BayVGH15.9.2006 - 9 B 04.1233 - Rn. 36 m. w. N. = juris). Dies gilt schon deswegen, weil die Mitteilung im Sinne von § 469 BGB eine Verpflichtung des Verkäufers darstellt, die dem Vorkaufsberechtigten ermöglichen soll, von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen (BayVGHv. 8.12.2011 - 14 BV 10.559 - Rn. 23 = NuR 2012, 510). Der Verkäufer kann sich zur Erfüllung dieser Pflicht natürlich auch eines Dritten bedienen. Jedoch kann der Verkäufer nach Meinung des erkennenden Gerichts nicht eine eigenständige Informationsverpflichtung eines Dritten, die vollkommen unabhängig von einem eventuellen Vorkaufsrecht besteht und einem gänzlich anderen Informationszweck dient, im Nachhinein zu seiner eigenen Mitteilung „umwidmen“ und sich so seiner Mitteilungspflicht nach § 469 BGB bzw. Art. 39 Abs. 3 Satz 3 BayNatSchG entziehen. So liegt der Fall aber hier. Die Mitteilung durch den Notar an den Gutachterausschuss erfolgt nach § 195 Abs. 1 Satz 1 BauGB in Erfüllung einer eigenständigen Verpflichtung des Notars selbst und nur zum Zweck der „Führung der Kaufpreissammlung“ durch den Gutachterausschuss (vgl. § 192 BauGB). Einen erkennbaren Zusammenhang mit einer eventuellen Vorkaufsberechtigung hat diese Mitteilung für den Berechtigten gerade nicht und kann somit auch nicht die Pflicht des Verkäufers nach § 469 BGB entfallen lassen. Auch im vorliegenden Fall wurden der Mitteilung vom 15. April 2015 keine weiteren Angaben zum möglichen Bestehen eines Vorkaufsrechts beigegeben, weshalb es bei dem oben genannten Zeitpunkt des 26. Mai 2015 bleibt.

c) Auch in materieller Hinsicht bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Ausübung des Vorkaufsrechts.

aa) Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 BayNatSchG. Hiernach stehen dem Freistaat Bayern sowie bestimmten kommunalen Körperschaften Vorkaufsrechte beim Verkauf von Grundstücken, auf denen sich oberirdische Gewässer, ausgenommen Be- und Entwässerungsgräben, befinden oder die daran angrenzen, zu. Das Vorkaufsrecht bezieht sich - auch in Anbetracht des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG - grundsätzlich auf das gesamte Grundstück, denn es sind keinerlei Kriterien ersichtlich, inwiefern das Tatbestandselement des „Angrenzen“ in weitere Teilbereiche zerlegt werden könnte (BayVGHv. 3.5.2016 - 14 B 15.205 - Rn. 37 = juris).

Das Vorkaufsrecht darf nach Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG nur ausgeübt werden, wenn dies gegenwärtig oder zukünftig die Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege oder das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung in der freien Natur rechtfertigen. Auch das Vorliegen der soeben genannten Rechtfertigungsgründe unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle (BayVGH v. 3.5.2016 - 14 B 15.205 - Rn. 41 = juris). Einen Beurteilungsspielraum hat die handelnde Behörde somit nicht. Zur Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts kann es grundsätzlich schon ausreichen, wenn lediglich förderliche Auswirkungen auf die in Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG genannten Rechtfertigungsgründe festzustellen sind (BayVGHv. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - Rn. 6 = NuR 2015, 427). Hierbei darf sich die Behörde auch grundsätzlich von dem Leitsatz leiten lassen, dass nach allgemeiner Erfahrung die Verwirklichung naturschutzfachlicher Ziele durch den Eigentumserwerb seitens der öffentlichen Hand besser gefördert wird als durch entsprechende Maßnahmen von Privatpersonen insbesondere im Rahmen zivilrechtlicher Vereinbarungen wie etwa Bewirtschaftungsvereinbarungen (BayVGH v. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - Rn. 7 ff. = NuR 2015, 427).

bb) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Der Beigeladenen zu 3 steht ein Vorkaufsrecht am Grundstück der Klägerin zu. Bei dem hier in Frage stehenden ... handelt es sich - schließlich auch nach Meinung des Wasserwirtschaftsamtes ... - um ein Gewässer III. Ordnung. Jedenfalls handelt es sich nach Meinung des Gerichts keinesfalls um einen Be- oder Entwässerungsgraben. Ein Be- bzw. Entwässerungsgraben ist ein künstlich hergestelltes Gewässer, welches für gewöhnlich nur vorübergehend wasserführend ist und der Be- oder Entwässerung dient (Engelhard/Fischer-Hüftle/Egner/Brenner BayNatSchG Art. 39 Rn. 6a). Genau dies trifft für den ... nicht zu. Nach den aktenkundigen Ausführungen des Wasserwirtschaftsamtes (Bl. 78 d. A.) ist der ... ständig wasserführend und hat ein Einzugsgebiet von über 14 km². Dem Gericht ist nicht ersichtlich, dass es sich bei dem ... um ein künstliches Gewässer handeln könnte. Dafür ist vorliegend kein Anhaltspunkt gegeben.

Hierbei kommt es auch nicht auf die von der Klägerseite behauptete Einleitung von Abwässern oder die biologische Qualität des Gewässers an. Selbst wenn in den ... Abwässer eingeleitet werden sollten, so macht dies aus diesem Gewässer noch lange keinen Entwässerungsgraben. Dies gilt schon deswegen, weil dies einerseits unbeabsichtigt oder andererseits sogar beabsichtigt, aber rechtswidrig erfolgen könnte. Von diesen Aspekten kann jedoch nicht die Qualifikation als Gewässer einer gewissen wasserrechtlichen Ordnung oder als ein Entwässerungsgraben abhängen. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob der ... an bestimmten Stellen biologisch tot ist, da dies grundsätzlich auf jedes Gewässer - wie etwa auch große Flüsse - zutreffen kann.

Hier liegen auch entsprechende Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts nach Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG in der Form von zukünftigen naturschutzfachlichen Belangen vor. Der streitgegenständliche Bescheid stützt sich hier maßgeblich auf das sog. Gewässerentwicklungskonzept der Beigeladenen zu 3. Als Zielsetzung für das Gewässergrundstück selbst nennt dieses Konzept im fraglichen Teilbereich „Sohlstützung durch ingenieurbiologische Maßnahmen, sonst Eigenentwicklung zulassen“ und für den fraglichen Uferstreifen des Ufergrundstücks „Uferstreifen ausweisen, Sukzession zulassen, in ausgewählten Abschnitten Gehölzsaum entwickeln; in Teilbereichen außerhalb des 5 m breiten Ufersaums extensive Nutzung möglich“. Nach den weiter erläuternden Ausführungen der Beklagtenseite im Schriftsatz vom 21. September 2015 sind mit der Ausübung des Vorkaufsrechts im Wesentlichen 3 Zielsetzungen verbunden.

Zum einen soll hierdurch die Eigendynamik des Gewässers - sprich die Selbstformung des Gewässerbetts durch das Gewässer - gefördert werden. Dass hierfür eventuell Uferflächen im Sinne einer Flächenbeanspruchung notwendig sind, kann nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Selbst die Klägerseite gibt im Schriftsatz vom 13. November 2015 zu, dass nach ihrer Meinung die Zulassung einer Eigendynamik zumindest „sehr begrenzt möglich“ sei. Diese (nach Meinung der Klägerseite nur) begrenzte Möglichkeit gelte deswegen, weil in etwa 2-3 m Entfernung zum Bachlauf ein Kanalisationsabwasserrohr des Ortsteils ... verlaufe. Dies alles kann von Seiten des Gerichts als wahr unterstellt werden, da selbst danach der ... etwa 2 m Platz für die Entwicklung einer Eigendynamik sicher hätte. Im Übrigen wäre natürlich auch zu bedenken, dass mit dem Erwerb der Eigentümerstellung an dem Grundstück durch die Beigeladene zu 3 zumindest an eine Verlegung dieses Rohres zu denken ist, wenn - was wohl noch Jahrzehnte dauern dürfte - die Eigendynamik des ... tatsächlich so weit fortschreiten sollte. Dass die Klägerseite anscheinend mit der Zulassung der Eigendynamik einverstanden ist, lässt eine Rechtfertigung durch die sichere Zurverfügungstellung von Uferflächen im Wege des Eigentumserwerbs seitens der Beigeladenen zu 3 nicht entfallen. Die Klägerseite verkennt nach Meinung des Gerichts die zeitliche Dimension einer Gewässerentwicklung, welche auf Jahrzehnte angelegt ist und damit eventuell auch die Lebensdauer der Klägerin überschreitet. In keiner Weise ist nämlich vorliegend rechtlich sichergestellt, dass die naturschutzfreundliche Einstellung der Klägerin oder der Beigeladenen zu 1 und 2 durch eventuelle Rechtsnachfolger geteilt werden würde. Ein eventueller Rechtsnachfolger könnte sich eben mit dieser Situation nicht zufrieden geben und den „Flächenfraß“ durch den ... verhindern wollen.

Daneben soll die Ausübung des Vorkaufsrechts auch auf dem Uferstreifen den Eintrag von Nitrat vermindern. Aufgrund der nicht erkennbaren Absicht der Beigeladenen zu 3, auf diesem Uferstreifen irgendeine Form von Landwirtschaft zu betreiben, erscheint auch diese Zielsetzung dem Gericht plausibel in Angriff genommen. Auch hierzu hat die Klägerseite lediglich ausgeführt, dass auf der in Frage stehenden Teilfläche bisher lediglich extensive Landwirtschaft betrieben worden sei und dies auch in Zukunft beabsichtigt sei. In diesem Zusammenhang kann das Gericht nur nochmals auf den schon eben aufgeführten Aspekt der mangelnden Auseinandersetzung mit den zeitlichen Dimensionen hinweisen. Hier ist vorliegend ebenfalls keinerlei rechtliche Absicherung gegeben, die bei einer irgendwann stets anstehenden Rechtsnachfolge die weitere Einhaltung dieser naturschutzfreundlichen Form der Landwirtschaft sicherstellen könnte. Auf die - wenn auch möglicherweise in fernerer Zukunft liegende - Möglichkeit einer Intensivierung der Landwirtschaft auf dem Grundstück wurde durch das Landratsamt bereits hingewiesen. Im Hinblick auf den von der Klägerseite behaupteten Aspekt, dass ein Großteil des Nitrateintrags in den ... aus der Abwasserkanalisation in Buch oder von anderen landwirtschaftlichen Grundstücken stamme, ist darauf hinzuweisen, dass jede Förderung des Zieles der Minderung des Nitrateintrags bereits eine Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts bedingt. Es kann nicht darauf ankommen, mit der Umsetzung des Gewässerentwicklungskonzepts und mit der Verfolgung der Ziele des Naturschutzes abzuwarten, bis der Vorkaufsfall bei den größtmöglichen potentiellen Störern eingetreten ist. Denn in erster Linie wird das vorliegende Gewässerentwicklungskonzept wohl durch das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht umgesetzt werden. Vielmehr kann das Vorkaufsrecht auch an Grundstücken ausgeübt werden, die - wie das streitgegenständliche Grundstück anscheinend - weniger die Ziele des Naturschutzes beeinträchtigen. Dass die Beigeladene zu 3 ihr Gewässerentwicklungskonzept gar nicht umsetzen will, ist vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere kann dies nicht aus der - nach Behauptung der Klägerseite - in den letzten 10 Jahren bachaufwärts entstandenen Bebauung abgelesen werden. Zum einen folgt dies daraus, dass das Gewässerentwicklungskonzept der Beigeladenen zu 3 zum maßgeblichen Zeitpunkt im Juli 2015 erst 7 Jahre alt war und zum anderen daraus, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts auch rechtmäßigerweise aus rein fiskalischen Gründen der Finanzierbarkeit - welche bei Bauland erhöhte Anforderungen stellt - abgelehnt werden kann (BayVGH v. 3.5.2016 - 14 B 15.205 - Rn. 58 m. w. N. = juris).

Schließlich führt das Landratsamt auch den Aspekt der Ansiedlung bestimmter Kraut- und Staudenfluren im Rahmen natürlicher Sukzession auf dem erworbenen Grünlandstreifen an. Hierzu soll auf dem erworbenen Uferstreifen die Grünlandnutzung aufgegeben werden oder etwa durch Regelung eines späteren Schnittzeitpunktes extensiviert werden. Auch hierzu hat die Klägerseite lediglich ausgeführt, dass eine Besiedlung am Bachrand bereits durch Bäume und Sträucher erfolgt sei. Aus den in den Akten befindlichen Bildaufnahmen ist jedoch ersichtlich, dass sich diese Ausführungen lediglich auf den unmittelbaren Bachrand beschränken. Die erworbene Teilfläche mit einer Breite von 8 m geht jedoch erheblich weiter und würde eine weitere Besiedlung auch auf dem bisher noch als Grünland genutzten „Uferstreifen im weiteren Sinne“ ermöglichen, auf dem bisher keinerlei Besiedlung durch Sträucher oder Bäume erkennbar ist. Insbesondere ist auch nicht erkennbar, dass die Klägerseite oder die Beigeladenen zu 1 und 2 auch auf diesem 8 m breiten Streifen einen Verzicht auf die Grünlandnutzung in Betracht gezogen haben oder in Betracht ziehen würden. Auch zu dem Aspekt des im Bereich des erworbenen Uferstreifens verlegten Kanalisationsrohres ist anzuführen, dass dieses die Initiierung der oben genannten Kraut- und Staudenfluren eventuell erschweren könnte, jedoch der Rechtsmaßstab des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG hier bereits eine bloße Förderung der naturschutzfachlichen Ziele zur Rechtfertigung ausreichen lässt. Dass dieses Kanalisationsrohr insbesondere die Sukzession durch die soeben genannten Kraut- und Staudenflure unmöglich macht und eine Förderung der naturschutzfachlichen Ziele nicht mehr möglich ist, drängt sich dem Gericht nicht auf.

Abschließend weist das Gericht darauf hin, dass die Umsetzung der Ziele des Naturschutzes auch nicht am Unwillen der Klägerin, den Mitarbeitern der Naturschutzbehörde Zutritt zu dem erworbenen Uferstreifen zu gewähren, scheitern würde, da diesen das Zutrittsrecht nach Art. 54 Abs. 1 BayNatSchG zukommt. Ebenso kommt es schon aus Rechtsgründen nicht auf tatsächliche Begebenheiten an, die erst nach Entstehung des Vorkaufsrechts entstanden sind.

cc) Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgte auch entsprechend den Anforderungen an eine pflichtgemäße Ermessensausübung nach Art. 40 BayVwVfG. Die Rechtsfolge des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG besteht in der Einräumung einer Ermessensentscheidung, welche gemäß den Grundsätzen des Art. 40 BayVwVfG zu treffen ist, jedoch nach § 114 Satz 1 VwGO nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Hierbei ist zu beachten, dass die Behörde nach § 114 Satz 2 VwGO ihre Ermessenserwägungen auch noch im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens ergänzen, jedoch nicht gänzlich austauschen oder gar erstmalig Ermessen ausüben darf.

Vorliegend ist kein Fall eines gänzlichen Ermessensausfalls oder eines gänzlichen Übersehens ermessensentscheidender Sachverhaltsaspekte in tatsächlicher Hinsicht gegeben, welche nicht mehr heilbar wären. Bei der Beurteilung, ob die Behörde Ermessen ausgeübt hat, kommt der dem Bescheid beigefügten Begründung indizielle Bedeutung zu (vgl. etwa BayVGH v. 22.1.2016 - 9 ZB 15.2027 - Rn. 11 = NVwZ-RR 2016, 491), wobei auf den Unterschied zwischen den formellen Anforderungen des Begründungserfordernis nach Art. 39 BayVwVfG und den materiellen Anforderungen an die Ermessensausübung nach Art. 40 BayVwVfG hinzuweisen ist.

Die - zugegebenermaßen dürftigen - Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid zu Ermessensaspekten zeigen in noch ausreichender Weise, dass sich die Behörde der Eröffnung einer Ermessensentscheidung im Kern bewusst war und insofern kein gänzlicher und nach § 114 Satz 2 VwGO unheilbarer Ermessensausfall vorliegt. So verhält sich der Bescheid zumindest zu dem Aspekt eines Auswahlermessens nämlich insofern, als die Breite des anzukaufenden Uferstreifens unter Berücksichtigung der naturschutzfachlichen Ziele kurz angesprochen wird. Ebenso wird eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zumindest für die von der Ausübung vorrangig und schwerer betroffenen Beigeladenen zu 1 und 2 als Eigentümer der Restfläche vorgenommen. Diese kommt - im Ergebnis ohne Beanstandung - zu dem Schluss, dass die Restfläche für die Eigentümer noch in angemessenem Umfang wirtschaftlich verwertbar ist, so dass ein Ankauf auch der Restfläche gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 4 BayNatSchG hier nicht in Betracht zu ziehen sei. Dies zeigt, dass die Behörde im Grundsatz erkannt hat, dass berechtigte private Belange zumindest auf der Käuferseite im Raum stehen und den Inhalt der Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts im Ermessenswege beeinflussen können. Damit vermochte die Behörde ihre Ermessensargumente auch noch bis in das gerichtliche Verfahren hinein zu ergänzen, was tragfähig geschehen ist.

Die hiergegen vorgebrachten Einwände der Klägerseite dringen nicht durch. Soweit sich die Klägerseite darauf beruft, dass ihre privaten Rechtspositionen im Bescheid selbst keinerlei Anklang gefunden haben, begegnet dies zumindest im vorliegenden Fall keinen durchgreifenden Bedenken. Die Klägerseite hat selbst in den Schriftsätzen keinerlei private Rechtsposition vorgebracht, die im Rahmen einer Abwägung mit den öffentlichen Belangen hätte Berücksichtigung finden müssen. Dies dürfte auch daran liegen, dass die Klägerseite im vorliegenden Fall - ungewöhnlicherweise - die Verkäuferin des streitgegenständlichen Grundstücks ist, die im Regelfall wohl keine privaten Interessen gegen die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts anführen kann. Da durch die Ausübung des Vorkaufsrechts lediglich der Vertragspartner ausgetauscht wird, der Kaufvertrag jedoch im Übrigen so auf den Vorkaufsberechtigten übergeht, wie er mit dem ursprünglichen Käufer geschlossen wurde, dürfte der Verkäuferseite die Ausübung des Vorkaufsrechts im Regelfall egal sein. Spezielle Erwägungen, die ein besonderes Eingehen auch auf die Verkäuferseite im Rahmen der Ermessensausübung erfordern, wurden vorliegend nicht vorgetragen. Der besondere Schutz familiärer Beziehungen oder der Höhe des Kaufpreisanspruchs wird durch Art. 39 Abs. 8 Satz 2 und Abs. 9 BayNatSchG Rechnung getragen, ist aber im Übrigen im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Das Gericht geht davon aus, dass es im Regelfall somit keiner besonderen Auseinandersetzung mit der Rechtsposition des Verkäufers im Rahmen der Ermessensausübung für das Vorkaufsrecht bedarf. Dies gilt im hiesigen Fall umso mehr, als - vgl. Niederschrift - die Klägerseite auf Gerichtsnachfrage ihre Position als hier klagende Verkäuferin maßgeblich mit der ihr zur Veräußerung stehenden kostenschonenden Rechtsschutzversicherung begründete.

Soweit die Klägerseite rügt, dass sich das Landratsamt nicht mit dem Relationsverhältnis des angekauften Uferstreifens im Vergleich zu der verkauften Teilfläche auseinandergesetzt hat, so stimmt dies schon nicht mit den oben angeführten Ausführungen zur wirtschaftlichen Nutzbarkeit der verbleibenden Teilfläche überein. Vielmehr hat sich das Landratsamt im Bescheid genau mit diesem Aspekt auseinandergesetzt.

Schließlich ist kein unheilbarer Fehler bei der Ermessensausübung darin zu sehen, dass das Landratsamt - in der Tat - im Bescheid nicht erwähnt hat, dass bereits eine Uferbewachsung vorhanden ist. Dies gilt schon deswegen, da die Frage der Bewachsung des Ufers sowieso nur für eine der 3 tragenden naturschutzfachlichen Zielsetzungen Relevanz besitzt. Die Verhinderung des Eintrages von Nitrat steht mit der Uferbewachsung - soweit ersichtlich - in keinem Zusammenhang. Ebenso verhält es sich mit dem Aspekt der Sicherung des Flächenverbrauchs durch die Zulassung einer Eigendynamik des .... Beide Aspekte würden jedoch für sich genommen nach Meinung des Gerichts bereits die Ausübung des Vorkaufsrechts unter Ermessensgesichtspunkten rechtfertigen.

Lediglich für den Aspekt der natürlichen Sukzession spielt die Frage der Bewachsung des Ufers eine Rolle, jedoch auch nur soweit eine solche Bewachsung überhaupt vorliegt. Wie bereits oben angeführt, zielt die Planung auf die Ansiedlung von Kraut- und Staudenfluren ab, die auf dem 8 m breiten Uferstreifen insgesamt angesiedelt werden sollen. Es ist jedoch nicht der gesamte Streifen sondern - ausweislich der Luftbildaufnahmen in der Akte - nur der unmittelbare Bachrand bewachsen. Insofern spielt die am Bachrand bereits vorhandene Bewachsung eine Rolle für die Ermessensausübung, jedoch nicht in der Weise, dass dies ein gänzlich neuer Aspekt wäre, der nicht im Rahmen einer Ermessensergänzung nach § 114 Satz 2 VwGO nachgeholt hätte werden können. Das Landratsamt hat diese Aspekte jedoch im Schriftsatz vom 21. September 2015 erkannt, da es dort eine Beschreibung des Ufers und der dort befindlichen Gehölze abgegeben hat. Dennoch kam das Landratsamt zu keiner gegenteiligen Auffassung und verwies diesbezüglich wiederum auf seine 3 bereits genannten Zielsetzungen. Ein eventuelles Ermessensdefizit ist damit nach Meinung des Gerichts geheilt.

Die Ermessenausübung ist damit rechtmäßig erfolgt.

Der Bescheid ist insgesamt rechtmäßig.

Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung zum streitig entschiedenen Bereich beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da sich die Beigeladenen zu 1 und 2 nicht durch Stellung eines Antrags auf Aufhebung des Bescheids in der mündlichen Verhandlung am Prozessrisiko beteiligt haben (§ 154 Abs. 3 VwGO), können ihnen auch keine Kosten auferlegt werden. Da sich die Beigeladene zu 3 ebenfalls mangels Antrags auf Klageabweisung keinem Prozessrisiko ausgesetzt hat, entspricht es auch nicht der Billigkeit, ihr einen Kostenerstattungsanspruch zuzubilligen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Beigeladenen tragen somit ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 1 VwGO sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Rechtsmittelbelehrung

Die Verfahrenseinstellung und diesbezüglichen Kosten sind nicht anfechtbar.

Für den streitig entschiedenen Bereich gilt dies:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,- € festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts fußt auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG i. V. m. Ziffer 9.6.2 des Streitwertkatalogs. Insofern geht das Gericht davon aus, dass es sich um zwei selbstständige Klagebegehren auf Aufhebung des Bescheids und Erteilung des Negativattestes handelt, für die jeweils der Regelstreitwert anzusetzen ist.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Absatz 2, §§ 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrags ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb auf Grund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruchs des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 2 kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks (§ 194) im Zeitpunkt des Kaufes bestimmen, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert überschreitet. In diesem Falle ist der Verkäufer berechtigt, bis zum Ablauf eines Monats nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts über die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Vertrag zurückzutreten. Auf das Rücktrittsrecht sind die §§ 346 bis 349 und 351 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Tritt der Verkäufer vom Vertrag zurück, trägt die Gemeinde die Kosten des Vertrags auf der Grundlage des Verkehrswerts. Tritt der Verkäufer vom Vertrag nicht zurück, erlischt nach Ablauf der Rücktrittsfrist nach Satz 2 die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist. Führt die Gemeinde das Grundstück nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgten Zweck zu, hat sie dem Verkäufer einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen dem vereinbarten Kaufpreis und dem Verkehrswert zu zahlen. § 44 Absatz 3 Satz 2 und 3, § 43 Absatz 2 Satz 1 sowie die §§ 121 und 122 sind entsprechend anzuwenden.

(4) In den Fällen des § 24 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bestimmt die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Fünften Teils, wenn der Erwerb des Grundstücks für die Durchführung des Bebauungsplans erforderlich ist und es nach dem festgesetzten Verwendungszweck enteignet werden könnte. Mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids über die Ausübung des Vorkaufsrechts erlischt die Pflicht des Verkäufers aus dem Kaufvertrag, der Gemeinde das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. In diesem Falle geht das Eigentum an dem Grundstück auf die Gemeinde über, wenn auf Ersuchen der Gemeinde der Übergang des Eigentums in das Grundbuch eingetragen ist.

(5) Die Gemeinde kann für das Gemeindegebiet oder für sämtliche Grundstücke einer Gemarkung auf die Ausübung der ihr nach diesem Abschnitt zustehenden Rechte verzichten. Sie kann den Verzicht jederzeit für zukünftig abzuschließende Kaufverträge widerrufen. Der Verzicht und sein Widerruf sind ortsüblich bekannt zu machen. Die Gemeinde teilt dem Grundbuchamt den Wortlaut ihrer Erklärung mit. Hat die Gemeinde auf die Ausübung ihrer Rechte verzichtet, bedarf es eines Zeugnisses nach Absatz 1 Satz 3 nicht, soweit nicht ein Widerruf erklärt ist.

(6) Hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausgeübt und sind einem Dritten dadurch Vermögensnachteile entstanden, hat sie dafür Entschädigung zu leisten, soweit dem Dritten ein vertragliches Recht zum Erwerb des Grundstücks zustand, bevor ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Gemeinde auf Grund dieses Gesetzbuchs oder solcher landesrechtlicher Vorschriften, die durch § 186 des Bundesbaugesetzes aufgehoben worden sind, begründet worden ist. Die Vorschriften über die Entschädigung im Zweiten Abschnitt des Fünften Teils sind entsprechend anzuwenden. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zustande, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde.

Tenor

I.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 abgeändert und erhält folgende Fassung:

Der Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 wird aufgehoben, soweit das Vorkaufsrecht für die Grundstücke FlNr. 850, 851/3 - Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H., ausgeübt wurde. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

III.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Kläger gesamtverbindlich ein Drittel und der Beklagte zwei Drittel. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich als Käufer gegen die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts.

Mit Schreiben vom 6. September 2012, eingegangen am 11. September 2012, informierte der beurkundende Notar das Landratsamt Rosenheim darüber, dass die Beigeladenen zu 1 und 2 mit notariellem Kaufvertrag vom 30. August 2012 diverse Grundstücke an die Kläger veräußert haben. Dabei handelte es sich um folgende Grundstücke:

- Auf dem Gemeindegebiet von Bad Endorf liegend:

FlNr. 1038 (2.730 m²), 1039 (Teilfläche von 4.095 m² von insgesamt 5.095 m²), 1041 (2.387 m²), 1041/1 (957 m²), 1042 (5.150 m²), 1047/1 (1.450 m²), jeweils der Gemarkung P.; FlNr. 91 (3.510m²), 92 (4.782 m²), jeweils der Gemarkung H.

- Auf dem Gemeindegebiet von Riedering liegend:

FlNr. 850 (412 m²), 851 (7.340 m²), 851/3 (1.019 m²), 852 (6.328 m²), 866/1 (2.300 m²), 867 (1.360 m²), 868 (1.630 m²), 869 (2.380 m²), jeweils der Gemarkung P.

Die Beigeladene zu 2 ist Miteigentümerin des Grundstücks FlNr. 852, hinsichtlich der übrigen Grundstücke ist der Beigeladene zu 1 Alleineigentümer. Mit Ausnahme der Grundstücke FlNr. 1038 und 850, jeweils der Gemarkung P., grenzen alle Grundstücke an ein oberirdisches Gewässer, die Thalkirchner Achen, ein Gewässer dritter Ordnung, an. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt an das Grundstück FlNr. 849 der Gemarkung P., das für den künstlich hergestellten sog. Unterachthaler Mühlbach abgeteilt worden war, dessen Zweckbestimmung die Wasserzuführung zu einer mittlerweile verfallenen Mühle war.

Nachdem die Gemeinden Bad Endorf und Riedering (Beigeladene zu 3) ihr Interesse an der Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts geäußert hatten, hörte das Landratsamt die Kläger und die Beigeladenen zu 1 und 2 mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 zur beabsichtigten Ausübung des Vorkaufsrechts an. Der Beigeladene zu 1 widersprach der Ausübung mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 und wies darauf hin, dass sämtliche Grundstücke mit Pachtvertrag vom 10./11. Mai 2012 ab 1. Juni 2012 für die Dauer von 30 Jahren von ihm an den Vater der Kläger verpachtet worden seien. Denselben Hinweis enthielt auch der Schriftsatz der Kläger vom 28. Oktober 2012.

Am 7. November 2012 übersandte das Notariat die erteilte Genehmigung (bzw. das Negativzeugnis) nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Das Landratsamt hörte die Kläger und die Beigeladenen zu 1 und 2 nochmals mit Schreiben vom 8. November 2012 zur Ausübung des Vorkaufsrechts an. Die Kläger und die Beigeladenen zu 1 und 2 wandten sich erneut gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts; die Kläger unterrichteten das Landratsamt zudem von einer an den Bayerischen Landtag gerichteten Petition, in der sie sich wegen einer seit zwei Jahren dauernden Planung einer Wasserkraftanlage gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts aussprachen. Nach Abstandnahme der Gemeinde Bad Endorf von der Ausübung des Vorkaufsrechts für die auf ihrem Gebiet liegenden Grundstücke teilte die Beigeladene zu 3 dem Landratsamt mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 mit, dass das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zu ihren Gunsten für alle in Frage kommenden Grundstücke ausgeübt werden solle.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 übte das Landratsamt das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zugunsten der Beigeladenen zu 3 für alle veräußerten Grundstücke mit Ausnahme des Grundstücks FlNr. 1038 der Gemarkung P. (nicht am Gewässer gelegen) und einer Teilfläche von 3.470 m² von FlNr. 1042 der Gemarkung P. (Waldfläche) aus. Das Vorkaufsrecht stehe der Gemeinde nach § 66 Abs. 5 BNatSchG i. V. m. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG zu. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei gemäß Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG durch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gerechtfertigt. Die Gemeinde beabsichtige, die Grundstücke ökologisch aufzuwerten. Die Flächen würden in das gemeindliche Ökokonto eingestellt und als zukünftige ökologische Ausgleichsflächen eingesetzt. Die ökologische Aufwertbarkeit der Flächen sei gegeben. Sämtliche Grundstücke lägen im Geltungsbereich der Kreisverordnung über die Inschutznahme der „Thalkirchner Achen und ihrer Umgebung“ als Landschaftsschutzgebiet vom 10. November 1966 (KABl vom 20.12.1967), zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. Dezember 1976 (KABl vom 31.12.1976). Die Thalkirchner Achen einschließlich ihrer Uferbereiche sowie weite Teile des Unterachthaler Mühlbachs einschließlich seiner Uferbereiche seien wegen ihres hohen ökologischen Wertes in der Flachlandbiotopkartierung Bayern als Bachlauf mit meist geschlossenem Gehölzsaum und Bach-Erlen-Eschenauwald-Beständen erfasst (Biotopkomplex-Nr. 8139-0050, Teilflächennummern 001, 002 und 003). Die Ufer seien an den Prallufern zum Teil verbaut. Im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern liege die Thalkirchner Achen im Schwerpunktgebiet F6 (Bachschluchten im Molassebergland Prien). Ziel 10 dieses Gebiets sei es, möglichst viele landwirtschaftliche Flächen in eine extensive Nutzung zu überführen. Ziel von Ausgleichsmaßnahmen auf diesen Flächen sei vor allem, die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Dies könne dadurch erreicht werden, dass die jetzt intensiv genutzten Wiesen nach einer Aushagerungsphase ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz mit einem späten Mahdzeitpunkt und 20% wechselnder Brache nur noch extensiv bewirtschaftet würden. Dieses Pflegeregime werde zu einer größeren Pflanzenvielfalt, vor allem auch blühender Stauden, in den Wiesen führen und damit deren Wert als Lebens- und Nahrungsstätte für die Fauna (z. B. Vögel, Schmetterlinge) erheblich verbessern. Durch die ökologische Aufwertung der Wiesen werde die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht. Die Ausübung des Vorkaufsrechts stelle sicher, dass in diesem Abschnitt des Gewässers der natürliche unverbaute Bachlauf ohne Eingriffe, wie z. B. Sicherung der Prallufer, erhalten bzw. wieder hergestellt werde. Nicht zuletzt stellten die extensiv ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz genutzten Wiesen eine Pufferzone zum Gewässer dar und hätten positive Auswirkungen auf die Wasserqualität der Thalkirchner Achen. Die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts erfolge im pflichtgemäßen Ermessen. Der drei Monate vor Kaufvertragsabschluss auf 30 Jahre abgeschlossene Pachtvertrag werde als unwirksam angesehen, stünde jedoch auch bei Wirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübung nicht entgegen, weil diese auch durch zukünftige Belange des Naturschutzes und Landschaftspflege gerechtfertigt sei. Die Pläne zur ökologischen Aufwertung könnten noch nach Ablauf des Pachtvertrags realisiert werden. Das wasserrechtliche Verfahren mit dem Ziel der Errichtung einer Wasserkraftschnecke mit Fischaufstiegshilfe an der Thalkirchner Achen im Bereich der Grundstücke FlNr. 848 und 869 der Gemarkung P. sei noch nicht abgeschlossen; eine ökologische Aufwertung sei der Errichtung aus ökologischer Sicht vorzuziehen.

Auf Klage der Kläger hat das Bayerische Verwaltungsgericht München den Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 mit Urteil vom 11. Juni 2013 aufgehoben. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG bestehe ein Vorkaufsrecht nicht für das gesamte Grundstück, sondern nur für den Grundstücksteil, für den die Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG zu bejahen seien. Bis zu welcher Größe bzw. Tiefe die an das Gewässer angrenzenden Landbereiche dem Vorkaufsrecht unterlägen, beurteile sich im Einzelfall nach der ökologischen Verflechtung von Gewässer und Uferbereich. Hier habe das Landratsamt das Vorkaufsrecht für eine Vielzahl von Grundstücken ausgeübt, bei denen wegen ihrer Größe eine ökologische Verflechtung zwischen Gewässer und angrenzender Fläche nicht mehr angenommen werden könne oder jedenfalls einer ausführlichen Begründung bedurft hätte, die fehle.

Im Rahmen des vom Beklagten gestellten Antrags auf Zulassung der Berufung hat dieser die Ermessensausübung und Begründung im Bescheid des Landratsamts vom 18. Dezember 2012 ergänzt. Es wurden insbesondere nähere Ausführungen zum Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und zu den im Schwerpunktgebiet „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“ vorliegenden Gegebenheiten wie die enge Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex sowie zu bestehenden Konflikten und Zielen gemacht. Des Weiteren wurde auf die im Landschaftsplan der Beigeladenen zu 3 für den Bereich der Thalkirchner Achen formulierten Maßnahmen hingewiesen. Hinsichtlich der Ermessensentscheidung zur Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der Gesamtgrundstücke wurde insbesondere ergänzend ausgeführt, dass aufgrund des einheitlichen Ökosystems mit jeweiliger Wechselwirkung eine andere Entscheidung bei Abwägung der widerstreitenden Interessen und des Eigentumsrechts der Beteiligten aus naturschutzfachlichen Gründen auch im Hinblick auf die Grundstücksgröße und den Flächenumgriff der Grundstücke nicht möglich gewesen sei.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung begehrt der Beklagte,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Vorschrift des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG sei nach herrschender Meinung und der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinerEntscheidung vom 18. Januar 2000 - 9 B 95.31 - (juris) vor allem auf Satz 1 Nr. 2 und 3 der Bestimmung zugeschnitten, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass ein nur teilweise an ein Gewässer angrenzendes Grundstück nur zum Teil in das Eigentum der öffentlichen Hand überführt werden könne. Die erforderliche Verflechtung von Gewässer und angrenzenden Grundstücksteilen habe der Beklagte zwischenzeitlich durch die (rechtlich zulässige) Ergänzung der Ermessensausübung und Begründung im Bescheid des Landratsamts vom 18. Dezember 2012 dargelegt. Danach lägen sämtliche der gegenständlichen Flächen im selben ökologisch zusammenhängenden Talraum und bildeten ein Ökosystem. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass der Simssee sich nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts Rosenheim in einem mäßigen Erhaltungszustand befinde. Aus ökologischen Gesichtspunkten sollten daher alle Mittel ausgeschöpft werden, um die Nährstoffbelastung des Simssees durch die ihm zufließenden Bäche - die Thalkirchner Achen sei der Hauptzufluss des Simssees - zu verringern. Durch den mäandrierenden Lauf und die Hochwasserspitzen der Thalkirchner Achen seien alle Grundstücke der nur ca. 50 m bis maximal 180 m breiten Bachaue eng mit dem Gewässer vernetzt. Die Art der Nutzung der Flächen beeinflusse das Gewässer deshalb unmittelbar. Das Ökosystem umfasse die gesamte Bachaue mit dem Fließgewässer, den tiefergelegenen Auengrundstücken und den bachbegleitenden Leitenwäldern. Die Breite des Ökosystems variiere je nach Breite des Talgrunds. Es handle sich um ein sehr komplexes Ökosystem, das räumlich nicht fest in Metern und Zentimetern umgrenzt werden könne, aber nicht nur einen engeren Uferstreifen betreffe. Soweit eine artenreiche Fauna (z. B. Amphibien, Reptilien, Vögel, Fledermäuse, Schmetterlinge) derzeit noch vorhanden sei, nutze sie sowohl die Wiesen und Wälder des gesamten Talbodens und der Hänge als auch den Bach als Lebens- und Nahrungsraum. Dabei gelte: Je größer die Fläche der artenreichen Wiesen und Wälder sei, desto höher werde die Anzahl der Tiere sein, die in und von ihr lebten. Das Landratsamt habe sich in Bezug auf jedes einzelne betroffene Grundstück mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Ausübung des Vorkaufsrechts durch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gerechtfertigt, ob das Grundstück ökologisch aufwertbar und ob und in welchem Umgriff eine Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlich und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben angemessen sei.

Das Grundstück FlNr. 850 sei ein 412 m² großes Mühlengrundstück mit einem verfallenen Gebäude und Gehölzsukzession, das ausschließlich an den Unterachtaler Mühlbach angrenze und von dem wesentlich größeren Grundstück FlNr. 851 auf drei Seiten umschlossen werde. Der Unterachthaler Mühlbach bilde ein eigenes Grundstück (FlNr. 849) und befinde sich im Eigentum der Beigeladenen zu 3. Es handle sich um ein künstlich geschaffenes Gewässer, dessen Zweckbestimmung die Wasserzuführung zur Mühle gewesen sei. Eine Ortseinsicht des Landratsamts am 3. September 2015 habe ergeben, dass der Mühlbach selbst nach der langen Trockenzeit des Sommers wasserführend sei und als Gewässer im Sinn des Naturschutzrechts bezeichnet werden könne. Eine Rückentwicklung zu einem reinen Entwässerungsgraben, der nur bei Starkregen Hangwasser ableite, sei nicht festzustellen. Das Grundstück FlNr. 851/3 werde vom Mühlbach durchflossen und grenze an der Nordseite mit einer Länge von ca. 42 m an die Thalkirchner Achen an. Das Grundstück sei teilweise mit Gehölzen und Ruderalflur bewachsen. Das Grundstück FlNr. 852 grenze nicht nur an den Mühlbach, sondern im Norden auf einem Teilstück auch an die Thalkirchner Achen an. Es handle sich um Mischwald am Hang zum Unterachthaler Mühlbach und zur Thalkirchner Achen. Bereits aus einem Vergleich der Lichtbilder aus den Jahren 2013 und 2015 sei ersichtlich, dass eine Gehölznutzung auf großen Teilen der Flurnummer erfolgt sei.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Eine verfassungskonforme Auslegung des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 BayNatSchG spreche für eine einschränkende Interpretation des Gesetzes. Der Eingriff müsse auf das notwendige Maß beschränkt sein, damit er verhältnismäßig sei. Dies könne nur dadurch gewährleistet werden, dass sich das Vorkaufsrecht auf den für die Erreichung des Gesetzeszwecks relevanten Bereich eines Grundstücks beschränke und nicht von vornherein das gesamte Grundstück umfasse. Der Beklagte habe in unzulässiger Weise (Ermessens-)Erwägungen nachgeschoben, da im ursprünglichen Bescheid jegliche Begründung und Ermessensgründe zum Umfang des räumlichen Bereichs des Vorkaufsrechts sowie dazu gefehlt hätten, ob und inwieweit das Vorkaufsrecht aus ökologischen Gründen für die gesamten Grundstücksflächen gerechtfertigt sei. Zudem fehle eine Auseinandersetzung mit den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen der einzelnen, sich stark unterscheidenden Grundstücke. Ein Nachschieben von (Ermessen-)Gründen sei bei einem fristgebundenen Verwaltungsakt wie hier nicht möglich und könne im Übrigen nur durch das Landratsamt und nicht durch die Landesanwaltschaft erfolgen. Das Ermessen sei im Übrigen auch fehlerhaft ausgeübt worden, da keine einzelfallbezogene und damit einzelgrundstücksbezogene Abwägung stattfinde, ob das Vorkaufsrecht überhaupt und mit welchem Umgriff es ausgeübt werde. Zudem sei die Bezugnahme auf das Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) nicht nachvollziehbar, da die genannten Konflikte im gesamten Ausübungsbereich nicht vorlägen; die Grundstücke seien bereits in einem guten Zustand und daher einer Aufwertung nicht zugänglich.

Bezogen auf einzelne Grundstücke führen sie ergänzend aus: Die Grundstücke FlNr. 850, 851/3 und 852 lägen nicht an der Thalkirchner Achen, sondern am Mühlbach. Da die Mühle auf FlNr. 850 seit Jahrzehnten nicht mehr bestehe, sei der Mühlbach ebenfalls seit Jahrzehnten verfallen. Es fließe dort kein Wasser mehr; der ehemalige Mühlbach diene nur noch der zeitweisen Aufnahme von Hangwasser, das bei Starkregenereignissen vom Hangwald auf den Grundstücken FlNr. 852, 866 und 865 abfließe und sich im Bett des ehemaligen Mühlbachs sammle, um dort zu versickern. Der Bach habe sich zum bloßen Entwässerungsgraben entwickelt. Die Grundstücke seien Hangwald, der seit Jahrzehnten sich selbst überlassen sei. Es fehle an der Darlegung, weshalb für diese Waldgrundstücke die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlich sein solle. Die Grundstücke FlNr. 866/1, 867, 868 und 869 würden durch einen Weg durchschnitten, der der Erschließung zahlreicher land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke diene und auf dem zum Teil dinglich gesicherte Geh- und Fahrtrechte lasteten. Es fehle an jeder Darlegung, warum dieser Weg keine Begrenzung der ökologischen Verflechtung zwischen Bach und Uferbereich darstelle. Zudem sei das Ufer der Thalkirchner Achen durch deutlich erkennbaren Bewuchs gekennzeichnet und schon dadurch deutlich von den Wiesen abgegrenzt.

Die Beigeladenen zu 1 und 2 stellen keinen Antrag.

Die Beigeladene zu 3 stellt ebenfalls keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 851, 851/3-Teilfläche (östlich der FlNr. 849), 866/1, 867, 868, 869, jeweils der Gemarkung P., zu Unrecht stattgegeben; insoweit ist der Bescheid rechtmäßig und die Klage ist unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen (A). Im Übrigen - hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H. - ist die Stattgabe der Klage indes nicht zu beanstanden, da die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Berufung des Beklagten war insoweit zurückzuweisen (B).

A. Die Aufhebung des Bescheids vom 18. Dezember 2012 ist bezüglich der Grundstücke FlNr. 851, 851/3-Teilfläche (östlich der FlNr. 849), 866/1, 867, 868, 869, jeweils der Gemarkung P., zu Unrecht erfolgt. Der Bescheid vom 18. Dezember 2012 ist hinsichtlich dieser Grundstücke rechtmäßig und verletzt die Kläger, die als Käufer der Grundstücke klagebefugt sind (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, B. v. 25.5.1982 - 4 B 98.82 - Buchholz 406.11 § 25a BBauG Nr. 1 zum baurechtlichen Vorkaufsrecht; NdsOVG, U. v. 13.12.2001 - 8 LB 3551/01 - DVBl 2002, 715), nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ermächtigungsgrundlage für die Ausübung des Vorkaufsrechts ist § 66 Abs. 5 BNatSchG i. V. m. Art. 39 BayNatSchG. Danach steht neben dem Freistaat Bayern u. a. auch den Gemeinden das Vorkaufsrecht zu (Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG). Dieses hat der Freistaat Bayern, vertreten durch die Kreisverwaltungsbehörde - hier das Landratsamt Rosenheim -, auszuüben, wenn die Gemeinde es verlangt (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 und 4 BayNatSchG). Die Beigeladene zu 3 hat mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 die Ausübung des Vorkaufsrechts zu ihren Gunsten für die oben genannten, auf ihrem Gemeindegebiet gelegenen Grundstücke verlangt.

I.

Bedenken formeller Art gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts bestehen nicht.

1. Die Zwei-Monats-Frist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG ist gewahrt.

Zwar wurde der vollständige notarielle Kaufvertrag vom 30. August 2012 bereits mit Schreiben des beurkundenden Notars vom 6. September 2012, eingegangen beim Landratsamt am 11. September 2012, vorgelegt. Allerdings kann die Frist des Art. 39 Abs. 7 BayNatSchG erst dann in Lauf gesetzt werden, wenn der Vorkaufsfall eingetreten ist, was bei einem - hier nach § 2 des Grundstücksverkehrsgesetzes (GrdstVG) - genehmigungspflichtigen Kaufvertrag erst nach Erteilung dieser Genehmigung der Fall ist; erst dann liegt ein wirksamer Kaufvertrag mit einem Dritten vor (BayVGH, B. v. 28.11.2001 - 9 ZB 01.625 - juris Rn. 11 unter Hinweis auf BGH, U. v. 29.10.1993 - V ZR 136/92 - NJW 1994, 315). Erst wenn der Kaufvertrag genehmigt ist und diese Tatsache der zuständigen Behörde mitgeteilt ist, beginnt die Frist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG zu laufen (BayVGH, B. v. 28.11.2001 a. a. O.). Vorliegend hat der beurkundende Notar erst am 7. November 2012 die Genehmigung bzw. das Negativzeugnis, das gemäß § 5 Satz 2 GrdstVG der Genehmigung gleichsteht, übersandt. Durch den den damaligen Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1 und 2 - Verpflichtete i. S. d. Art. 39 Abs. 7 Satz 2 BayNatSchG i. V. m. § 464 Abs. 1 BGB - vor Ablauf der Frist (7.1.2013) zugestellten Bescheid vom 18. Dezember 2012 ist die Ausschlussfrist gewahrt.

2. Käufer und Verkäufer wurden vor Erlass des Bescheids vom 18. Dezember 2012 gem. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört.

3. Auch sonstige formelle Mängel sind nicht ersichtlich, insbesondere genügt der Bescheid vom 18. Dezember 2012 dem Begründungserfordernis des Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG.

Die Ausführungen im Bescheid unter Nr. II. 2. bis 4. enthalten die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Ausübung des Vorkaufsrechts, insbesondere werden die Rechtsgrundlage und die maßgeblichen rechtlichen Voraussetzungen dargelegt. Darüber hinaus hat das Landratsamt auch die Gesichtspunkte für die von ihm getroffene Ermessungsentscheidung genannt, so dass den formellen Anforderungen nach Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG Genüge getan wurde. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Begründung auch in materieller Hinsicht die Entscheidung im Einzelnen trägt.

II.

Auch in materiellrechtlicher Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der o.g. Grundstücke.

1. Die Tatbestandsvoraussetzung nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG für die Ausübung des Vorkaufsrechts liegt vor.

Gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG stehen u. a. den Gemeinden Vorkaufsrechte zu beim Verkauf von Grundstücken, auf denen sich oberirdische Gewässer einschließlich von Verlandungsflächen, ausgenommen Be- und Entwässerungsgräben, befinden oder die daran angrenzen.

a) Die oben genannten, im Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 3 liegenden Grundstücke grenzen an ein oberirdisches Gewässer an, nämlich die Thalkirchner Achen, ein Gewässer dritter Ordnung. Für ein Angrenzen i. S. d. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG reicht es aus, dass das Grundstück an einer Stelle mehr als nur punktförmig an das Gewässer angrenzt; es muss nicht mit einer ganzen Seitenlänge am Gewässer anliegen (BayVGH, U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 11 m. w. N.). Demnach grenzt auch das Grundstück FlNr. 851/3 in seinem östlichen Teilbereich an die Thalkirchner Achen an.

b) Der Senat hält an der Rechtsprechung des früher für das Naturschutzrecht zuständigen 9. Senats fest, dass trotz der Bestimmung des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG im Rahmen der Nummer 1 des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG das Vorkaufsrecht grundsätzlich nicht auf einen auf den Uferstreifen entfallenden Teil des Grundstücks beschränkt ist, sondern sich auf das gesamte Grundstück erstrecken kann. Denn anders als bei den unter den Nummern 2 und 3 des Satzes 1 geregelten Tatbeständen, bei denen sich das Vorkaufsrecht nur auf einen genau abgegrenzten Teil des Kaufgrundstücks - dem in den bezeichneten Gebieten gelegenen Grundstücksteil - beziehen kann, sind keine Kriterien dafür ersichtlich, wie nach Maßgabe des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG ein Teil des Grundstücks abzugrenzen wäre, auf den sich das Vorkaufsrecht von Vornherein beschränkt. Die Breite des Uferstreifens, für die die Ausübung des Vorkaufsrechts noch als rechtmäßig angesehen werden kann, wäre demnach völlig unbestimmt und die Behörde wäre bei der Vorkaufsrechtsausübung der Unwägbarkeit ausgesetzt, ob ihre eigene Einschätzung einer gerichtlichen Überprüfung stand hielte oder nicht (BayVGH, B. v. 18.1.2000 - 9 B 95.31 - juris Rn. 24; Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Stand April 2015, Art. 39 BayNatSchG Rn. 7, 9). Dies zeigt sich in besonderer Weise etwa dann, wenn Grundstücke an Verlandungsflächen angrenzen; nach welchen Kriterien hier die an die Verlandungsfläche angrenzende Fläche eines Grundstücks, für die das Vorkaufsrecht ausgeübt werden kann, abzugrenzen wäre, ist völlig offen. Verfassungsrechtliche Probleme sieht der Senat schon im Hinblick auf die weitere Tatbestandsvoraussetzung des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG nicht. Dennoch beruht die im Gesetz ausdrücklich vorgesehene Anwendung des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG auf die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 der Bestimmung geregelte Alternative nicht auf einem Redaktionsversehen; denn es verbleiben Anwendungsmöglichkeiten für besondere Fallgestaltungen, etwa wenn ein Buchgrundstück durch eine tatsächlich vorhandene und ein selbstständiges Grundstück bildende Wegefläche geteilt wird (BayVGH, B. v. 18.1.2000 a. a. O. Rn. 25 m. w. N.). Der Verwaltungsgerichtshof hat bisher offen gelassen, ob sich das Vorkaufsrecht bei ungewöhnlich großen Grundstücken auch auf Grundstücksteile in großer Entfernung zu einem oberirdischen Gewässer erstrecken kann. Dies braucht auch hier nicht entschieden werden, da aufgrund der vorliegenden Gegebenheiten eine derartige Fallgestaltung nicht inmitten steht. Die Grundstücke sind mit Ausnahme des Grundstücks FlNr. 851 zwischen ca. 1000 m² und 2.380 m² groß. Das Grundstück FlNr. 851 ist mit 7.340 m² zwar relativ groß; es grenzt aber mit drei Grundstücksseiten an die Thalkirchner Achen an.

Bis zu welcher Größe bzw. Tiefe die an das Gewässer angrenzenden Landbereiche dem Vorkaufsrecht unterliegen, beurteilt sich demnach im Einzelfall - so auch hier - nach Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG, d. h. nach der ökologischen Verflechtung von Gewässer- und Uferbereich mit den weiteren Landflächen, also letztlich nach den Belangen, mit denen das Vorkaufsrecht gerechtfertigt wird (BayVGH, U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 11; vgl. auch Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 39 BayNatSchG Rn. 9 f.).

2. Gegenwärtige und vor allem künftige Belange des Naturschutzes rechtfertigen die Ausübung des Vorkaufsrechts.

Gemäß Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG darf das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden, wenn dies gegenwärtig oder zukünftig die Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege oder das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung in der freien Natur rechtfertigen.

Das Vorliegen der genannten Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Da die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts keine Enteignung darstellt (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 7.11.2000 - 6 B 19.00 - Buchholz 406.48 Art. 34 BayNatSchG Nr. 1), gelten nicht die gleichen strengen Anforderungen, wie sie bei der Zulässigkeit einer Enteignung vorliegen müssen (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, B. v. 15.2.1990 - 4 B 245.89 - ZfBR1990, 207 zum baurechtlichen Vorkaufsrecht; BayVGH, B. v. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - NuR 2015, 427 Rn. 6 m. w. N.; U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 12 f. m. w. N.). Anders als eine Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreichbar ist (vgl. etwa Art. 40 Nr. 2 BayNatSchG), kann die Ausübung des Vorkaufsrechts schon dann gerechtfertigt sein, wenn der Erwerb eines Grundstücks vorteilhafte Auswirkungen auf die in Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG genannten Belange hat (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 a. a. O. m. w. N.; vgl. auch Kraft in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2001, § 66 Rn. 17; Konrad in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 66 BNatSchG Rn. 27). Als Rechtfertigungsgründe sind nicht nur die von der Behörde innerhalb der Frist von zwei Monaten benannten, sondern auch die im weiteren Verfahren vorgetragenen Gründe heranzuziehen (BayVGH, B. v. 18.1.2000 - 9 B 95.31 - juris Rn. 36 f.; U. v. 11.5.1994 - 9 B 93.1514 - BayVBl 1994, 657). Da maßgebend für die Rechtswirksamkeit und Rechtmäßigkeit der Ausübung der Zeitpunkt des Entstehens des Vorkaufsrechts mit Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags ist (vgl. BayVGH, U. v. 11.5.1994 a. a. O.), ist allerdings Voraussetzung, dass diese Rechtfertigungsgründe nicht erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind.

a) Bedenken dagegen, die von der Landesanwaltschaft Bayern (und nicht von der Ausgangsbehörde) nach Ablauf der Frist von zwei Monaten vorgetragenen ergänzenden Gründe, sei es durch Ergänzung der Begründung des Ausgangsbescheids, sei es durch Ausführungen im weiteren Verfahren, zu berücksichtigen, bestehen nicht. Die Landesanwaltschaft Bayern - und nicht die Ausgangsbehörde - vertritt in Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den Freistaat Bayern (§ 3 Abs. 3 Satz 1 LABV). Nach dieser organisationsrechtlichen Regelung des Landesrechts, die ihre Grundlage in § 36 Abs. 1 VwGO hat, hat die Landesanwaltschaft Bayern in gerichtlichen Verfahren sämtliche Befugnisse, die sonst die Ausgangsbehörde hat, etwa bei Vertretung in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten (vgl. § 3 Abs. 2 LABV). Demnach ist nicht ersichtlich, weshalb die Landesanwaltschaft Bayern nicht i. S. v. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG (oder auch gemäß § 114 Satz 2 VwGO, s. hierzu unten) Gründe nachschieben kann, zumal sie ihre Aufgaben im Benehmen mit den beteiligten Verwaltungsbehörden wahrnimmt und den ihr im Einzelfall von den beteiligten Behörden gegebenen Instruktionen zu entsprechen hat (vgl. § 3 Abs. 7 Satz 1 und 2 LABV).

Auch der Umstand, dass es sich vorliegend um einen fristgebundenen Verwaltungsakt handelt, ändert nichts daran, dass der Verwaltungsakt nachgebessert bzw. im Prozess weitere (Ermessens-)Gründe nachgeschoben werden können. Eine Nachbesserung begegnet rechtlichen Bedenken nur dann, wenn durch sie der Verwaltungsakt in seinem Wesen verändert wird. Das ist der Fall, wenn die von der Behörde angestellten Erwägungen nachträglich ausgewechselt oder neue - insbesondere nachträglich entstandene - Tatsachen nachgeschoben werden (vgl. BVerwG, B. v. 9.4.2002 - 4 B 20.02 - Buchholz 316 § 45 VwVfG Nr. 25 m. w. N.). Vorliegend wurde nur eine bisher unvollständige Begründung ergänzt, indem die bereits im Ansatz vorgetragene naturschutzrechtliche Rechtfertigung untermauert wurde. Die Ziele des Arten- und Biotopschutzprogramms Bayern (Landkreis Rosenheim) und des dortigen Schwerpunktgebiets „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“ waren bereits im Ausgangsbescheid als maßgebliche Rechtfertigungsgründe benannt. Die diesbezüglichen Ausführungen wurden durch nähere Darlegung der dortigen Gegebenheiten wie die enge Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex sowie der bestehenden Konflikte und Ziele konkretisiert. Unerheblich ist auch, ob die Heilung eines Begründungsmangels auf den Zeitpunkt des Erlasses der Verwaltungsentscheidung zurückwirkt oder nicht. Denn der Gesetzgeber hat in Art. 45 Abs. 1 BayVwVfG (bzw. in § 114 Satz 2 VwGO) angeordnet, dass Mängel in der Begründung unter den dort genannten Voraussetzungen unbeachtlich sind (vgl. BVerwG, B. v. 9.4.2002 a. a. O.). Dies gilt auch für fristgebundene Verwaltungsakte. Die Rechtslage bei diesen ist vergleichbar mit nicht fristgebundenen Verwaltungsakten, bei denen nach materiellem Recht der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit der Zeitpunkt des Bescheidserlasses ist; auch bei diesen steht außer Zweifel, dass bei einem (ausreichenden) Nachschieben von (Ermessens-)Gründen im Verwaltungsgerichtsverfahren eine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit aufgrund der ursprünglichen (nunmehr geheilten) Fehler ausscheidet.

b) Die vom Beklagten angeführten Gründe zeigen eine hinreichende ökologische Verflechtung des Gewässers einschließlich der Uferbereiche mit den übrigen Landbereichen der o.g. Grundstücke auf und stellen ausreichende (künftige) Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege für eine Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts bezogen auf die gesamten Grundstücke dar.

aa) Die Thalkirchner Achen einschließlich ihrer Uferbereiche sowie weite Teile des Unterachthaler Mühlbachs einschließlich seiner Uferbereiche sind in der Flachlandbiotopkartierung Bayern als Bachlauf mit meist geschlossenem Gehölzsaum und Bach-Erlen-Eschenauwald-Beständen erfasst (Biotopkomplex-Nr. 8139-0050, Teilflächennummern 001, 002 und 003). In der Flachlandbiotopkartierung Bayern wird das gesamte Achental als Nahrungs- und Überwinterungshabitat für Amphibien wie Grasfrosch und Erdkröte beschrieben. Die Grundstücke sind nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) Teil eines Schwerpunktgebiets des Naturschutzes, nämlich „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“. Dieses umfasst die wichtigsten zum Simssee hin entwässernden Fließgewässersysteme und deren Talräume mit den dort vorhandenen Feuchtgebieten. Im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) werden folgende ökologische Konflikte im Schwerpunktgebiet festgestellt: Entwässerung und Nährstoffeintrag; Drainage der Talfeuchtwiesen und Aufgabe der Streuwiesennutzung; Fichtenreinbestände an den Taleinhängen; stellenweise intensive Grünlandnutzung auf dem Talboden; Verbauungen der Fließgewässer; Abfallablagerungen und Auffüllungen in den Bachschluchten. Das Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) formuliert für die Bachläufe u. a. folgende Ziele und Maßnahmen: Verbesserung der Gewässergüte; Beschränkung der weiteren baulichen Entwicklungen in den Talauen; Beibehaltung der Grünlandnutzung bzw. Rückführung von Acker- in Grünlandnutzung in den Talauen und auf erosionsgefährdeten Flächen im Einzugsbereich; Ausübung extensiver Grünlandnutzung mittelfristig in der gesamten Bachaue, vorrangig in mindestens 20 m breiten Pufferzonen um die Flächen der Biotopkartierung sowie entlang der Bäche, auch aus Gründen des Trinkwasserschutzes; Reaktivierung von Überschwemmungsgebieten, Anhebung des Grundwasserstands in der Bachaue. Auch im Landschaftsplan der Beigeladenen zu 3 werden für den Bereich der Thalkirchner Achen Maßnahmen formuliert, die eine ökologische Aufwertung verfolgen, wie z. B. Wiesenerhalt, Erhalt standortgerechter Erlenbestände entlang des Bachlaufs und Rücknahme von Fichtenaufforstungen.

Nach der Begründung des Bescheids vom 18. Dezember 2012, die im gerichtlichen Verfahren zulässigerweise ergänzt wurde (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG; vgl. oben II 2 a), ist beabsichtigt, möglichst viele landwirtschaftliche Flächen in eine extensive Nutzung zu überführen und die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Dadurch könne erreicht werden, dass die intensiv genutzten Wiesen nach einer Aushagerungsphase ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz mit einem späten Mahdzeitpunkt und 20% wechselnder Brache nur noch extensiv bewirtschaftet würden. Dieses Pflegeregime werde zu einer größeren Pflanzenvielfalt, vor allem auch blühender Stauden, in den Wiesen führen und damit deren Wert als Lebens- und Nahrungsstätte für die Fauna (z. B. Vögel, Schmetterlinge) erheblich verbessern. Durch die ökologische Aufwertung der Wiesen werde die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht. Die Ausübung des Vorkaufsrechts stelle sicher, dass in diesem Abschnitt des Gewässers der natürliche unverbaute Bachlauf ohne Eingriffe, wie z. B. Sicherung der Prallufer, erhalten bzw. wiederhergestellt werde. Nicht zuletzt stellten die extensiv ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz genutzten Wiesen eine Pufferzone zum Gewässer dar und hätten positive Auswirkungen auf die Wasserqualität der Thalkirchner Achen. Die im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und im Landschaftsplan formulierten Konflikte, Ziele und Maßnahmen bezögen sich nicht nur auf den Bachlauf der Thalkirchner Achen, sondern insbesondere auf die Talsohle. Dies sei mit der engen Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex Thalkirchner Achen begründet, da insbesondere vorkommende Arten (z. B. Amphibien, Vögel, Tagfalter) Lebensraum-Komplexbewohner seien und daher auf eine Kombination von weitgehend intakten Bachabschnitten mit Gehölzsaum, angrenzenden Feuchtwiesen und Laubwäldern der Leitenhänge angewiesen seien. Die formulierten Maßnahmen entfalteten nur dann eine ausreichende Wirkung, wenn sie sich auf den gesamten Talraum erstreckten. Nach der nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) kurzfristig anzustrebenden Mindestbreite der Pufferzone um die Flächen der Biotopkartierung von 20 m blieben in den meisten Flurstücken nur minimale Restflächen, weshalb der Erwerb der jeweils gesamten Flurstücke gerechtfertigt sei.

Der von ihm beigezogene Vertreter des Wasserwirtschaftsamts hat die Einschätzung des Beklagten, es handle sich bei der Thalkirchner Achen und den o.g. Grundstücken um ein Ökosystem, im Augenscheinstermin und in der mündlichen Verhandlung näher erläutert. Danach ist die gesamte Talaue wichtig für die Gewässerentwicklung. Die (weitgehend) flachen, an die Thalkirchner Achen angrenzenden Grundstücke gehörten zur Bachaue - definitionsgemäß ein Bereich, der zeitweilig von Hochwasser überflutet werde -, die mit dem Gewässer ein einheitliches Ökosystem bilde. Nach der Geologischen Karte von Bayern fänden sich im fraglichen Bereich klassische geologische Ablagerungen, wie bei einer Auensituation mit regelmäßiger Überflutung. Diese Ablagerungen und Böden seien nach wie vor im streitgegenständlichen Bereich vorhanden, auch wenn derzeit nicht von einer intakten Aue ausgegangen werden könne. Durch die Verbauungen und aufgrund der immer weiter fortgeschrittenen Vertiefung der Thalkirchner Achen sei nachvollziehbar, dass es in den letzten wenigen Jahrzehnten im streitigen Bereich selten zu Überflutungen gekommen sei. Der Zustand sei aber nicht irreversibel, sondern könne wieder verbessert werden. Es sei wasserwirtschaftlich erwünscht, dass die Restbestände der Uferbebauung zusammenfielen und die Thalkirchner Achen sich wieder eigenständig unter Einbindung der Aue entwickeln könne. Der dadurch bewirkte Bodeneintrag sei für die Eutrophierung des Simssees zu vernachlässigen; diese entstehe vielmehr durch Einträge aus landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Die Vertreterin der unteren Naturschutzbehörde hat hierzu ergänzend ausgeführt, dass bei einer extensiveren Bewirtschaftung der Grundstücke und einer Reaktivierung der Eigendynamik der Thalkirchner Achen wieder mehr Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten geschaffen werden könne und so die Wiesengrundstücke naturschutzfachlich wesentlich höherwertiger wären. Bezogen auf die Grundstücke FlNr. 868 und 869 hat sie ausgeführt, dass die wieder aufgeforsteten Bäume nicht der hier vorliegenden Weichholzaue entsprächen. Einer solchen entspräche ein überwiegender Baumbestand aus Eschen, Weiden und Erlen als standortgerechte heimische Baumarten, der auch zu einer Biotopkartierung der entsprechenden Grundstücke führen könne.

bb) Hiermit ist eine ausreichende Verflechtung der o.g. Grundstücke mit der Thalkirchner Achen dargetan und es sind für sämtliche Grundstücke hinreichende Belange des Naturschutzes aufgezeigt.

(1) Nach alledem besteht eine ausreichende Verflechtung der o.g. Grundstücke mit der Thalkirchner Achen. Nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und den ergänzenden Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts handelt es sich bei den streitgegenständlichen (flachen) Grundstücken um Auengrundstücke, die zusammen mit der Thalkirchner Achen als einheitliches Ökosystem zu betrachten sind. Dies hat der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts an Hand der Geologischen Karte von Bayern nachvollziehbar erläutert. Der Umstand, dass es in den vergangenen Jahrzehnten selten zu Überflutungen gekommen ist, ändert nichts daran, dass es sich bei den Grundstücken noch um - wenn auch nicht intakte - Auengrundstücke handelt. Denn die Ablagerungen und die Böden, wie sie bei einer Auensituation mit regelmäßiger Überflutung vorliegen, sind weiterhin vorhanden und eine Wiederherstellung bzw. jedenfalls eine Verbesserung der für Bachauen typischen Vielfalt von Lebensräumen und Strukturen ist noch möglich. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die vorhandenen Verbauungen mehr und mehr verfallen und so erwartet werden kann, dass die Eigendynamik der Thalkirchner Achen wieder zunimmt. Den Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts kommt entsprechend der Stellung des Wasserwirtschaftsamts als wasserwirtschaftlicher Fachbehörde nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayWG eine besondere Bedeutung zu. Da deren fachbehördliche Ausführungen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen von privaten Fachinstituten; dies gilt erst recht für nicht durch Aussagen sachverständiger Personen untermauerte Darlegungen wasserwirtschaftlicher Art von Prozessbeteiligten. Dafür, dass die Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft wären, ist nichts ersichtlich (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 23.2.2016 - 8 CS 15.1096 - juris Rn. 36). Somit sind die oben genannten Grundstücke ausreichend mit der Thalkirchner Achen verflochten. Der von den Klägern angeführte landwirtschaftliche Weg entlang der Grundstücke ändert hieran nichts.

(2) Die vom Beklagten angeführten Ziele, die mit dem Erwerb der genannten Grundstücke und deren konkret angestrebter Verwendung gefördert werden sollen, entsprechen nicht nur den in § 1 BNatSchG angeführten Zielen und Grundsätzen, sondern auch bereits vorhandenen Planungen und Konzepten des Naturschutzes, wie - in Teilen - dem Landschaftsplan der Beigeladenen zu 3 (vgl. §§ 8 ff. BNatSchG, Art. 4 BayNatSchG) und vor allem dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim), vgl. Art. 19 BayNatSchG. Der Schutz und die Verbesserung von Gewässern und damit zusammenhängenden Lebensräumen ist ein wichtiger Belang auch des Naturschutzes. Dies folgt bereits aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG, wonach Binnengewässer vor Beeinträchtigungen zu bewahren und ihre natürliche Selbstreinigungsfähigkeit und Dynamik zu erhalten sind, wobei dies insbesondere für natürliche und naturnahe Gewässer einschließlich ihrer Ufer, Auen und sonstigen Rückhalteflächen gilt. Weitere wichtige Belange zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts sind, wildlebende Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften sowie ihre Biotope und Lebensstätten auch im Hinblick auf ihre jeweiligen Funktionen im Naturhaushalt zu erhalten (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 BNatSchG) und der Entwicklung sich selbst regulierender Ökosysteme auf hierfür geeigneten Flächen Raum und Zeit zu geben (§ 1 Abs. 3 Nr. 6 BNatSchG). Nicht zuletzt sind gemäß § 21 Abs. 5 BNatSchG unbeschadet des § 30 BNatSchG die oberirdischen Gewässer einschließlich ihrer Randstreifen, Uferzonen und Auen als Lebensstätten und Biotope für natürlich vorkommende Tier- und Pflanzenarten zu erhalten; sie sind so weiterzuentwickeln, dass sie ihre großräumige Vernetzungsfunktion auf Dauer erfüllen können. Entsprechende Ziele verfolgen auch die o.g. Planungen. Die die Gewässer umgebenden Wiesen sollen mittelfristig in der gesamten Bachaue extensiv genutzt werden, um so ihren Wert als Fortpflanzungs- und Nahrungshabitat für die Fauna zu verbessern und die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Gleichzeitig wird dadurch angestrebt, einen Puffer um die Flächen der Biotopkartierung zu schaffen, um die Wasserqualität der Bäche - hier der Thalkirchner Achen - und damit des Simssees zu verbessern. Die standortgerechten Erlenbestände entlang des Bachlaufs sollen erhalten bleiben, um vorkommenden Arten, wie Amphibien, Vögeln und Tagfaltern, als Lebensraum-Komplexbewohnern eine Kombination von weitgehend intakten Bachabschnitten mit Gehölzsaum, angrenzenden Feuchtwiesen und - soweit vorhanden - Laubwäldern der Leitenhänge zu bieten. Insgesamt soll damit die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht werden. Der Umstand, dass sich die angestrebten Ziele nur nach und nach verwirklichen lassen, lässt die Rechtfertigung nicht entfallen; die Rechtfertigungsgründe des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG sind auf eine langfristige Wirkung angelegt (BayVGH, B. v. 15.9.2006 - 9 B 04.1233 - juris Rn. 20).

c) Der Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung steht nicht entgegen, dass die Grundstücke mit Pachtvertrag vom 10./11. Mai 2012 zum 1. Juni 2012 für die Dauer von 30 Jahren an den Vater der Kläger verpachtet worden sind und daher die beabsichtigten Maßnahmen nicht zeitnah realisiert werden können. Denn Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG lässt auch zukünftige Belange ausreichen (BayVGH, B. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 15; B. v. 24.1.2001 - 9 ZB 99.241 - juris Rn. 6).

d) Bei der gegebenen Sachlage ist auch unerheblich, dass Motivation der Beigeladenen zu 3 für das Verlangen der Vorkaufsrechtsausübung zu ihren Gunsten in erster Linie war, die Grundstücke in ihr Ökokonto einzustellen. Die Einstellung von Grundstücken in ein Ökokonto als solche hätte die Ausübung des Vorkaufsrechts noch nicht gerechtfertigt (BayVGH, B. v. 3.3.2016 - 14 ZB 15.2071 - juris Rn.13; B. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 15). Ausgangspunkt für die Prüfung der Rechtfertigung sind die jeweiligen im (ergänzten) Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts genannten Gründe und die danach beabsichtigten Maßnahmen. Naturschutzrechtlich unerhebliche Beweggründe der Gemeinde, die Ausübung des Vorkaufsrechts zu verlangen, lassen tatsächlich vorliegende Rechtfertigungsgründe einer Vorkaufsrechtsausübung nicht entfallen (vgl. BayVGH, B. v. 3.3.2016 a. a. O.). Hier ist nicht zweifelhaft, dass die Beigeladene zu 3 jedenfalls zeitnah nach Ablauf des Pachtvertrags eine ökologische Aufwertung der Grundstücke im Sinn der vom Beklagten benannten Zielrichtung unter Beratung durch das Landratsamt durchführen will. Dies reicht zur Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts aus (BayVGH, U. v. 22.5.1995 - 9 B 92.1183 u. a. - NuR 1995, 554).

e) Ebenfalls nicht von Relevanz ist, dass die Kläger beteuern, die Grundstücke selbst schon extensiv zu bewirtschaften, bzw. den Versuch unternommen haben, in den Vertragsnaturschutz oder andere ökologische Förderprogramme aufgenommen zu werden, was jedoch mangels Vorliegens der jeweiligen Voraussetzungen nicht gelungen ist. Denn nach der ständigen Rechtsprechung ist es eine allgemeine Erfahrungstatsache, dass Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand die Verwirklichung der Ziele von Naturschutz und Landschaftspflege besser und sicherer gewährleisten als Grundstücke in der Hand von Privatpersonen, deren privatnützige Interessen leicht in Konflikt mit den Anforderungen von Naturschutz und Landschaftspflege geraten können (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - NuR 2015, 427 Rn. 7 m. w. N.). Auch Bewirtschaftungsvereinbarungen, wie etwa der Vertragsnaturschutz, können den Eigentumserwerb der öffentlichen Hand nicht ersetzen (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 a. a. O. Rn. 10 f.).

3. Die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der o.g. Grundstücke weist auch keine durchgreifenden Ermessensfehler auf (§ 114 Satz 1 und 2 VwGO). Sie beruht weder auf falschen oder unvollständigen Tatsachen, noch erweist sie sich sonst als fehlerhaft.

a) Entgegen der Annahme der Kläger und der Beigeladenen zu 1 und 2 wurde bereits im Bescheid vom 18. Dezember 2012 Ermessen ausgeübt (vgl. oben unter I 3). Dieses konnte gemäß § 114 Satz 2 VwGO - auch durch die Landesanwaltschaft Bayern (vgl. oben unter II 2 a und BayVGH, U. v. 18.1.2010 - 11 BV 08.789 - BayVBl 2010, 371) - ergänzt werden.

b) Das Landratsamt hat bereits im Ausgangsbescheid erkannt, dass Ermessen ausgeübt werden muss und hat die Interessen der Kaufvertragsparteien mit den öffentlichen Interessen am Erwerb der Grundstücke durch die öffentliche Hand abgewogen; es ist ohne Ermessensfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass das Interesse der Allgemeinheit an einer langfristen und nachhaltigen ökologischen Aufwertung der Grundstücke das Interesse der Verkäufer und der Käufer an der langfristigen bisherigen land- bzw. forstwirtschaftlichen Nutzung überwiegt. Es ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Pachtvertrag auch bei seiner Wirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht entgegensteht, weil auch zukünftige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege die Ausübung rechtfertigen können. Es hat auch die Interessen der Käufer in Bezug auf deren Absicht berücksichtigt, eine Wasserkraftschnecke mit Fischaufstiegshilfe am Wehr der stillgelegten Wasserkraftanlage Unterachthal an der Thalkirchner Achen im Bereich der Grundstücke FlNr. 848 und 869 zu errichten. Es ist dabei ohne falsche Gewichtung zu dem Ergebnis gelangt, dass letztlich die ökologische Aufwertung der Grundstücke der Errichtung einer Wasserkraftschnecke aus ökologischer Sicht vorzuziehen ist. Auch ist nicht zu beanstanden, dass es das Landratsamt aufgrund der Wechselwirkung zwischen Gewässer- und Uferbereich sowie den Landbereichen für angezeigt gehalten hat, nicht nur hinsichtlich eines Teilbereichs, sondern hinsichtlich der Gesamtfläche der jeweiligen Grundstücke das Vorkaufsrecht auszuüben.

Ein Ermessensfehler ist auch nicht darin zu sehen, dass nach dem Vortrag der Kläger das Vorkaufsrecht beim Verkauf anderer Grundstücke trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für dessen Ausübung nicht ausgeübt wurde. Der Freistaat Bayern ist nicht verpflichtet, von dem ihm zustehenden Vorkaufsrecht in jedem Fall Gebrauch zu machen; er kann die in seinem Ermessen stehende Entscheidung durchaus davon abhängig machen, ob ein anderer Vorkaufsberechtigter im Hinblick auf von ihm verfolgte naturschutzrechtliche Zwecke die Ausübung verlangt, etwa weil diesem zum entsprechenden Zeitpunkt die erforderlichen Haushaltsmittel für den Grunderwerb gerade zur Verfügung stehen (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2001 - 9 ZB 01.1937 - juris Rn. 8 m. w. N.).

B. Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H. - alle im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegen - sowie der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, jeweils der Gemarkung P., ist der Anfechtungsklage zu Recht stattgegeben worden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten der Beigeladenen zu 3 ist insoweit rechtswidrig und die Kläger sind insoweit in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beigeladenen zu 3 steht an den im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücken kein Vorkaufsrecht zu (I). Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) und 852 liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Abs. 2 BayNatSchG nicht vor (II).

I.

I. Für die im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücke FlNr. 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H., besteht kein Vorkaufsrecht der Beigeladenen zu 3.

Die Frage, ob Gemeinden auch für Grundstücke außerhalb ihres Gemeindegebiets ein Vorkaufsrecht zusteht, ist vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG bestimmt nur, dass dem Freistaat Bayern sowie den Bezirken, Landkreisen, Gemeinden und kommunalen Zweckverbänden Vorkaufsrechte zustehen beim Verkauf von in den Nummern 1 bis 3 der Vorschrift bezeichneten Grundstücken. Bei Würdigung der auslegungsrelevanten Umstände sprechen die überwiegenden Gründe für die Auffassung, dass Gebietskörperschaften wie Gemeinden ein Vorkaufsrecht nur für Grundstücke zusteht, die in ihrem jeweiligen (Hoheits-)Gebiet liegen.

1. Der Wortlaut des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG ist nicht eindeutig. Er legt allerdings schon nahe, dass den dort genannten Gebietskörperschaften, insbesondere den Gemeinden, nur für auf ihrem jeweiligen (Hoheits-)Gebiet gelegene Grundstücke ein Vorkaufsrecht zusteht. Denn ansonsten käme eine unbestimmte und unüberschaubare Vielzahl von örtlichen und überörtlichen Gebietskörperschaften in ganz Bayern als Vorkaufsberechtigte in Betracht, die größtenteils keinerlei Bezug zu den jeweiligen Grundstücken haben. Auch wenn man - wofür sich aus der Vorschrift schon keine Anhaltspunkte ergeben - die Vorkaufsberechtigung auf Gebietskörperschaften beschränkte, die zumindest einen örtlichen Bezug zu den verkauften Grundstücken haben, wäre eine Abgrenzung schwierig und von der für die Ausübung des Vorkaufsrechts zuständigen Kreisverwaltungsbehörde (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG) innerhalb der sehr kurzen Ausschlussfrist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG kaum zu leisten. Eine klare Abgrenzung der Vorkaufsberechtigung von Gebietskörperschaften ist nur über das jeweilige (Hoheits-)Gebiet möglich (vgl. für Gemeinden Art. 6 Abs. 1 GO; vgl. auch Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 39 BayNatSchG Rn. 4).

2. Bestärkt wird dieses Verständnis durch die Gesetzessystematik. Gemäß Art. 39 Abs. 3 Satz 4 BayNatSchG hat der Freistaat Bayern das Vorkaufsrecht zugunsten eines anderen Vorkaufsberechtigten nach Absatz 1 der Vorschrift auszuüben, wenn dieser es verlangt. Gemäß Satz 6 des Absatzes 3 der Vorschrift bestimmt sich das Vorkaufsrecht innerhalb der Gebietskörperschaften einschließlich der kommunalen Zweckverbände nach den geplanten Maßnahmen, wobei überörtliche den örtlichen Vorhaben vorgehen. Eine Regelung dahingehend, wie zu verfahren ist, wenn auf gleicher - etwa örtlicher - Ebene Maßnahmen durchgeführt werden, findet sich nicht. Soweit der Gesetzgeber tatsächlich allen (oder zumindest auch den angrenzenden) Gebietskörperschaften ein Vorkaufsrecht einräumen hätte wollen, hätte spätestens hier eine Zuordnung etwa dahingehend nahegelegen, dass das Vorkaufsrecht der Standortgemeinde Vorrang genießt. Das Fehlen einer derartigen Konkurrenzregelung legt es nahe, dass der Gesetzgeber eine entsprechende Konkurrenzsituation verschiedener Kommunen nicht in den Blick nehmen musste, weil eine solche wegen der Beschränkung des Vorkaufsrechts auf im jeweiligen Gebiet gelegene Grundstücke nicht entstehen kann.

Darüber hinaus zeigt sich angesichts dieser Regelungen, dass ein praktikabler Vollzug der Vorschrift nicht möglich wäre, wenn man zu dem Ergebnis käme, dass Gebietskörperschaften auch für Grundstücke außerhalb ihres jeweiligen Gebiets Vorkaufsrechte zustehen. Denn ein „Verlangen“ der jeweiligen Gebietskörperschaft, dass das Vorkaufsrecht zu ihren Gunsten ausgeübt wird, setzt voraus, dass sie vom Entstehen des Vorkaufsrechts in Kenntnis gesetzt wird. Danach müssten theoretisch sämtliche Gemeinden und alle sonstigen Gebietskörperschaften Bayerns oder jedenfalls diejenigen, die noch einen örtlichen Bezug zu den Grundstücken aufweisen, vom Eintritt des Vorkaufsfalls informiert werden, was angesichts deren Anzahl (bzw. Unbestimmtheit) und wegen der sehr kurzen Ausschlussfrist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG nicht möglich bzw. impraktikabel ist. Entsprechend ist die derzeitige Handhabung des Freistaats so, dass der vom Notariat übermittelte Kaufvertrag nur den Gebietskörperschaften übersandt wird, auf deren Gebiet sich die verkauften Grundstücke befinden. Demgemäß hinge es allein vom Zufall ab, ob z. B. andere Gemeinden als die Standortgemeinde vom Eintritt des Vorkaufsfalls erfahren, etwa weil ein Kaufvertrag Grundstücke aus unterschiedlichen Gemeinden zum Gegenstand hat, und dadurch in die Lage versetzt werden, eine Ausübung zu ihren Gunsten zu verlangen. Ein derartiger Gesetzesvollzug erscheint aber willkürlich.

Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, ob die Vorkaufsrechtsausübung auch deshalb rechtswidrig wäre, weil der Gemeinderat der Beigeladenen zu 3 nicht vor Ablauf der Ausübungsfrist einen Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts für die im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücke gefasst, sondern diese Entscheidung dem „Bürgermeisterausschuss“ überlassen hatte.

II.

Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) und 852, jeweils der Gemarkung P., liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht vor.

1. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt nicht an ein Gewässer an.

Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich beim Unterachthaler Mühlbach um kein Gewässer dritter Ordnung im Sinn des Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 BayWG. Daran gibt es nach den im Augenschein getroffenen Feststellungen sowie nach der sachkundigen Beurteilung des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts keinen Zweifel. Nach den Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts ist der (frühere) Unterachthaler Mühlbach kein Gewässer, sondern Teil der stillgelegten technischen Wehr- und Mühlanlage. Der Augenschein hat ergeben, dass er in weiten Bereichen zugewachsen bzw. zugeschüttet ist und kein Wasser führt. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt aber nur an den Unterachthaler Mühlbach, und nicht auch an die Thalkirchner Achen an.

2. Auch das Grundstück FlNr. 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) grenzt nicht im Sinn von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG an ein Gewässer an.

Diese Teilfläche des Grundstücks ist von der Teilfläche östlich des Mühlbachgrundstücks durch das Mühlbachgrundstück FlNr. 849 völlig abgetrennt und somit im Gegensatz zum östlichen Teil nicht mehr an die Thalkirchner Achen angrenzend. Im Übrigen fehlte auch die Rechtfertigung für die Ausübung des Vorkaufsrechts i. S. v. Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG, da das Grundstück nicht flach ist, sondern nach Westen hin steil ansteigt und daher nicht mehr zur Talaue zählt. Das Grundstück FlNr. 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) ist in topographischer Hinsicht eher Teil des Hanggrundstücks FlNr. 852.

3. Hinsichtlich des Grundstücks FlNr. 852, das nur in einem kleinen nordöstlichen Bereich an die Thalkirchner Achen angrenzt, fehlt es an der Verflechtung mit der Bachaue und damit an der Rechtfertigung für die Ausübung des Vorkaufsrechts i. S. d. Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG.

Es handelt sich dabei um ein Hanggrundstück mit einer Fläche von 6328 m², das mit Mischwald bestanden ist und sich in Richtung Süden fast 200 m entlang des Unterachthaler Mühlbachs erstreckt. Das Grundstück gehört demnach nicht mehr zur Talaue der Thalkirchner Achen. Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des Vorkaufsrechts am Gesamtgrundstück sind nicht ersichtlich.

Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 31.250 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.6.1 des Streitwertkatalogs 2013 NVwZ-Beilage 2013, 57.

Tenor

I.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 abgeändert und erhält folgende Fassung:

Der Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 wird aufgehoben, soweit das Vorkaufsrecht für die Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H., ausgeübt wurde. Im Übrigen wird die Klage des Klägers zu 1 abgewiesen.

II.

Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

III.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Kläger zu 1 ein Drittel und der Beklagte zwei Drittel. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich als Verkäufer gegen die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts.

Mit Schreiben vom 6. September 2012, eingegangen am 11. September 2012, informierte der beurkundende Notar das Landratsamt Rosenheim darüber, dass die Kläger mit notariellem Kaufvertrag vom 30. August 2012 diverse Grundstücke an die Beigeladenen zu 2 bis 4 veräußert haben. Dabei handelt es sich um folgende Grundstücke:

- Auf dem Gemeindegebiet von Bad Endorf liegend:

FlNr. 1038 (2.730 m²), 1039 (Teilfläche von 4.095 m² von insgesamt 5.095 m²), 1041 (2.387 m²), 1041/1 (957 m²), 1042 (5.150 m²), 1047/1 (1.450 m²), jeweils der Gemarkung P.; FlNr. 91 (3.510m²), 92 (4.782 m²), jeweils der Gemarkung H.

- Auf dem Gemeindegebiet von Riedering liegend:

FlNr. 850 (412 m²), 851 (7.340 m²), 851/3 (1.019 m²), 852 (6.328 m²), 866/1 (2.300 m²), 867 (1.360 m²), 868 (1.630 m²), 869 (2.380 m²), jeweils der Gemarkung P.

Die Klägerin zu 2 ist Miteigentümerin des Grundstücks FlNr. 852, hinsichtlich der übrigen Grundstücke ist der Kläger zu 1 Alleineigentümer. Mit Ausnahme der Grundstücke FlNr. 1038 und 850, jeweils der Gemarkung P., grenzen alle Grundstücke an ein oberirdisches Gewässer, die Thalkirchner Achen, ein Gewässer dritter Ordnung, an. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt an das Grundstück FlNr. 849 der Gemarkung P., das für den künstlich hergestellten sog. Unterachthaler Mühlbach abgeteilt worden war, dessen Zweckbestimmung die Wasserzuführung zu einer mittlerweile verfallenen Mühle war.

Nachdem die Gemeinden Bad Endorf und Riedering (Beigeladene zu 1) ihr Interesse an der Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts geäußert hatten, hörte das Landratsamt die Kläger und die Beigeladenen zu 2 bis 4 mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 zur beabsichtigten Ausübung des Vorkaufsrechts an. Der Kläger zu 1 widersprach der Ausübung mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 und wies darauf hin, dass sämtliche Grundstücke mit Pachtvertrag vom 10./11. Mai 2012 ab 1. Juni 2012 für die Dauer von 30 Jahren von ihm an den Vater der Beigeladenen zu 2 bis 4 verpachtet worden seien. Denselben Hinweis enthielt auch der Schriftsatz der Beigeladenen zu 2 bis 4 vom 28. Oktober 2012.

Am 7. November 2012 übersandte das Notariat die erteilte Genehmigung (bzw. das Negativzeugnis) nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Das Landratsamt hörte die Kläger und die Beigeladenen zu 2 bis 4 nochmals mit Schreiben vom 8. November 2012 zur Ausübung des Vorkaufsrechts an. Die Kläger und die Beigeladenen zu 2 bis 4 wandten sich erneut gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts; die Beigeladenen zu 2 bis 4 unterrichteten das Landratsamt zudem von einer an den Bayerischen Landtag gerichteten Petition, in der sie sich wegen einer seit zwei Jahren dauernden Planung einer Wasserkraftanlage gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts aussprachen. Nach Abstandnahme der Gemeinde Bad Endorf von der Ausübung des Vorkaufsrechts für die auf ihrem Gebiet liegenden Grundstücke teilte die Beigeladene zu 1 dem Landratsamt mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 mit, dass das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zu ihren Gunsten für alle in Frage kommenden Grundstücke ausgeübt werden solle.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 übte das Landratsamt das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zugunsten der Beigeladenen zu 1 für alle veräußerten Grundstücke mit Ausnahme des Grundstücks FlNr. 1038 der Gemarkung P. (nicht am Gewässer gelegen) und einer Teilfläche von 3.470 m² von FlNr. 1042 der Gemarkung P. (Waldfläche) aus. Das Vorkaufsrecht stehe der Gemeinde nach § 66 Abs. 5 BNatSchG i. V. m. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG zu. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei gemäß Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG durch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gerechtfertigt. Die Gemeinde beabsichtige, die Grundstücke ökologisch aufzuwerten. Die Flächen würden in das gemeindliche Ökokonto eingestellt und als zukünftige ökologische Ausgleichsflächen eingesetzt. Die ökologische Aufwertbarkeit der Flächen sei gegeben. Sämtliche Grundstücke lägen im Geltungsbereich der Kreisverordnung über die Inschutznahme der „Thalkirchner Achen und ihrer Umgebung“ als Landschaftsschutzgebiet vom 10. November 1966 (KABl vom 20.12.1967), zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. Dezember 1976 (KABl vom 31.12.1976). Die Thalkirchner Achen einschließlich ihrer Uferbereiche sowie weite Teile des Unterachthaler Mühlbachs einschließlich seiner Uferbereiche seien wegen ihres hohen ökologischen Wertes in der Flachlandbiotopkartierung Bayern als Bachlauf mit meist geschlossenem Gehölzsaum und Bach-Erlen-Eschenauwald-Beständen erfasst (Biotopkomplex-Nr. 8139-0050, Teilflächennummern 001, 002 und 003). Die Ufer seien an den Prallufern zum Teil verbaut. Im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) liege die Thalkirchner Achen im Schwerpunktgebiet F6 (Bachschluchten im Molassebergland Prien). Ziel 10 dieses Gebiets sei es, möglichst viele landwirtschaftliche Flächen in eine extensive Nutzung zu überführen. Ziel von Ausgleichsmaßnahmen auf diesen Flächen sei vor allem, die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Dies könne dadurch erreicht werden, dass die jetzt intensiv genutzten Wiesen nach einer Aushagerungsphase ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz mit einem späten Mahdzeitpunkt und 20% wechselnder Brache nur noch extensiv bewirtschaftet würden. Dieses Pflegeregime werde zu einer größeren Pflanzenvielfalt, vor allem auch blühender Stauden, in den Wiesen führen und damit deren Wert als Lebens- und Nahrungsstätte für die Fauna (z. B. Vögel, Schmetterlinge) erheblich verbessern. Durch die ökologische Aufwertung der Wiesen werde die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht. Die Ausübung des Vorkaufsrechts stelle sicher, dass in diesem Abschnitt des Gewässers der natürliche unverbaute Bachlauf ohne Eingriffe, wie z. B. Sicherung der Prallufer, erhalten bzw. wieder hergestellt werde. Nicht zuletzt stellten die extensiv ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz genutzten Wiesen eine Pufferzone zum Gewässer dar und hätten positive Auswirkungen auf die Wasserqualität der Thalkirchner Achen. Die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts erfolge im pflichtgemäßen Ermessen. Der drei Monate vor Kaufvertragsabschluss auf 30 Jahre abgeschlossene Pachtvertrag werde als unwirksam angesehen, stünde jedoch auch bei Wirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübung nicht entgegen, weil diese auch durch zukünftige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gerechtfertigt sei. Die Pläne zur ökologischen Aufwertung könnten noch nach Ablauf des Pachtvertrags realisiert werden. Das wasserrechtliche Verfahren mit dem Ziel der Errichtung einer Wasserkraftschnecke mit Fischaufstiegshilfe an der Thalkirchner Achen im Bereich der Grundstücke FlNr. 848 und 869 der Gemarkung P. sei noch nicht abgeschlossen; eine ökologische Aufwertung sei der Errichtung aus ökologischer Sicht vorzuziehen.

Auf Klage der Kläger hat das Bayerische Verwaltungsgericht München den Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 mit Urteil vom 11. Juni 2013 aufgehoben. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG bestehe ein Vorkaufsrecht nicht für das gesamte Grundstück, sondern nur für den Grundstücksteil, für den die Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG zu bejahen seien. Bis zu welcher Größe bzw. Tiefe die an das Gewässer angrenzenden Landbereiche dem Vorkaufsrecht unterlägen, beurteile sich im Einzelfall nach der ökologischen Verflechtung von Gewässer und Uferbereich. Hier habe das Landratsamt das Vorkaufsrecht für eine Vielzahl von Grundstücken ausgeübt, bei denen wegen ihrer Größe eine ökologische Verflechtung zwischen Gewässer und angrenzender Fläche nicht mehr angenommen werden könne oder jedenfalls einer ausführlichen Begründung bedurft hätte, die fehle. Auf den Hilfsantrag der Kläger, den Beklagten zu verpflichten, das Vorkaufsrecht auch an den Grundstücken FlNr. 1042 (Restfläche Wald) und FlNr. 1038 auszuüben, kam es nicht mehr an.

Im Rahmen des vom Beklagten gestellten Antrags auf Zulassung der Berufung hat dieser die Ermessensausübung und Begründung im Bescheid des Landratsamts vom 18. Dezember 2012 ergänzt. Es wurden insbesondere nähere Ausführungen zum Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und zu den im Schwerpunktgebiet „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“ vorliegenden Gegebenheiten wie die enge Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex sowie zu bestehenden Konflikten und Zielen gemacht. Des Weiteren wurde auf die im Landschaftsplan der Beigeladenen zu 1 für den Bereich der Thalkirchner Achen formulierten Maßnahmen hingewiesen. Hinsichtlich der Ermessensentscheidung zur Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der Gesamtgrundstücke wurde insbesondere ergänzend ausgeführt, dass aufgrund des einheitlichen Ökosystems mit jeweiliger Wechselwirkung eine andere Entscheidung bei Abwägung der widerstreitenden Interessen und des Eigentumsrechts der Beteiligten aus naturschutzfachlichen Gründen auch im Hinblick auf die Grundstücksgröße und den Flächenumgriff der Grundstücke nicht möglich gewesen sei.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung begehrt der Beklagte,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 abzuändern und die Klagen abzuweisen.

Die Vorschrift des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG sei nach herrschender Meinung und der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinerEntscheidung vom 18. Januar 2000 - 9 B 95.31 - (juris) vor allem auf Satz 1 Nr. 2 und 3 der Bestimmung zugeschnitten, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass ein nur teilweise an ein Gewässer angrenzendes Grundstück nur zum Teil in das Eigentum der öffentlichen Hand überführt werden könne. Die erforderliche Verflechtung von Gewässer und angrenzenden Grundstücksteilen habe der Beklagte zwischenzeitlich durch die (rechtlich zulässige) Ergänzung der Ermessensausübung und Begründung im Bescheid des Landratsamts vom 18. Dezember 2012 dargelegt. Danach lägen sämtliche der gegenständlichen Flächen im selben ökologisch zusammenhängenden Talraum und bildeten ein Ökosystem. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass der Simssee sich nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts Rosenheim in einem mäßigen Erhaltungszustand befinde. Aus ökologischen Gesichtspunkten sollten daher alle Mittel ausgeschöpft werden, um die Nährstoffbelastung des Simssees durch die ihm zufließenden Bäche - die Thalkirchner Achen sei der Hauptzufluss des Simssees - zu verringern. Durch den mäandrierenden Lauf und die Hochwasserspitzen der Thalkirchner Achen seien alle Grundstücke der nur ca. 50 m bis maximal 180 m breiten Bachaue eng mit dem Gewässer vernetzt. Die Art der Nutzung der Flächen beeinflusse das Gewässer deshalb unmittelbar. Das Öko- system umfasse die gesamte Bachaue mit dem Fließgewässer, den tiefergelegenen Auengrundstücken und den bachbegleitenden Leitenwäldern. Die Breite des Ökosystems variiere je nach Breite des Talgrunds. Es handle sich um ein sehr komplexes Ökosystem, das räumlich nicht fest in Metern und Zentimetern umgrenzt werden könne, aber nicht nur einen engeren Uferstreifen betreffe. Soweit eine artenreiche Fauna (z. B. Amphibien, Reptilien, Vögel, Fledermäuse, Schmetterlinge) derzeit noch vorhanden sei, nutze sie sowohl die Wiesen und Wälder des gesamten Talbodens und der Hänge als auch den Bach als Lebens- und Nahrungsraum. Dabei gelte: Je größer die Fläche der artenreichen Wiesen und Wälder sei, desto höher werde die Anzahl der Tiere sein, die in und von ihr lebten. Das Landratsamt habe sich in Bezug auf jedes einzelne betroffene Grundstück mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Ausübung des Vorkaufsrechts durch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gerechtfertigt, ob das Grundstück ökologisch aufwertbar und ob und in welchem Umgriff eine Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlich und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben angemessen sei.

Das Grundstück FlNr. 850 sei ein 412 m² großes Mühlengrundstück mit einem verfallenen Gebäude und Gehölzsukzession, das ausschließlich an den Unterachtaler Mühlbach angrenze und von dem wesentlich größeren Grundstück FlNr. 851 auf drei Seiten umschlossen werde. Der Unterachthaler Mühlbach bilde ein eigenes Grundstück (FlNr. 849) und befinde sich im Eigentum der Beigeladenen zu 1. Es handle sich um ein künstlich geschaffenes Gewässer, dessen Zweckbestimmung die Wasserzuführung zur Mühle gewesen sei. Eine Ortseinsicht des Landratsamts am 3. September 2015 habe ergeben, dass der Mühlbach selbst nach der langen Trockenzeit des Sommers wasserführend sei und als Gewässer im Sinn des Naturschutzrechts bezeichnet werden könne. Eine Rückentwicklung zu einem reinen Entwässerungsgraben, der nur bei Starkregen Hangwasser ableite, sei nicht festzustellen. Das Grundstück FlNr. 851/3 werde vom Mühlbach durchflossen und grenze an der Nordseite mit einer Länge von ca. 42 m an die Thalkirchner Achen an. Das Grundstück sei teilweise mit Gehölzen und Ruderalflur bewachsen. Das Grundstück FlNr. 852 grenze nicht nur an den Mühlbach, sondern im Norden auf einem Teilstück auch an die Thalkirchner Achen an. Es handle sich um Mischwald am Hang zum Unterachthaler Mühlbach und zur Thalkirchner Achen. Bereits aus einem Vergleich der Lichtbilder aus den Jahren 2013 und 2015 sei ersichtlich, dass eine Gehölznutzung auf großen Teilen der Flurnummer erfolgt sei.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Es werde klargestellt, dass die Klage der Klägerin zu 2 nur auf Aufhebung des Bescheids vom 18. Dezember 2012 hinsichtlich des in ihrem Miteigentum stehenden Grundstücks FlNr. 852 abziele. Sowohl bei einer Auslegung nach dem Wortlaut als auch nach Systematik und Sinn und Zweck sei Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG auch auf Fallgestaltungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG anzuwenden. Zudem spreche eine verfassungskonforme Auslegung für eine einschränkende Interpretation des Gesetzes. Der Eingriff müsse auf das notwendige Maß beschränkt sein, damit er verhältnismäßig sei. Dies könne nur dadurch gewährleistet werden, dass sich das Vorkaufsrecht auf den für die Erreichung des Gesetzeszwecks relevanten Bereich eines Grundstücks beschränke und nicht von vornherein das gesamte Grundstück umfasse. Die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 18. Januar 2000 angeführte Begründung, wonach eine Anwendung des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG auf Satz 1 Nr. 1 dieser Bestimmung zu einer nicht hinnehmbaren Unwägbarkeit führe, verkenne, dass die Behörde spätestens im Rahmen des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG einer solchen „räumlichen Unwägbarkeit“ ausgesetzt sei, nachdem das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden dürfe, soweit dies Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege rechtfertigten. Der Beklagte habe in unzulässiger Weise Ermessenserwägungen nachgeschoben, da im ursprünglichen Bescheid jegliche Ausführungen und Ermessensgründe zum Umfang des räumlichen Bereichs des Vorkaufsrechts sowie dazu gefehlt hätten, ob und inwieweit das Vorkaufsrecht aus ökologischen Gründen tatsächlich gerechtfertigt sei. Das Ermessen sei im Übrigen auch fehlerhaft ausgeübt worden, da keine einzelfallbezogene und damit einzelgrundstücksbezogene Abwägung stattfinde, ob das Vorkaufsrecht überhaupt und mit welchem Umgriff es ausgeübt werde. Zudem sei fraglich, ob es ein ökologisches Gesamtkonzept, wie vom Beklagten vorgetragen, überhaupt gebe. Dass es dem Beklagten nicht um eine naturschutzrechtlich bedingte Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts gegangen sei, werde auch daran erkennbar, dass ein Nachbargrundstück mit gleichen Voraussetzungen verkauft worden sei, ohne dass das Vorkaufsrecht ausgeübt worden sei. Rein vorsorglich werde gefordert, das Vorkaufsrecht auf den gesamten Kaufgegenstand des Grundstücksvertrags vom 30. August 2012, also auch auf die Restfläche der FlNr. 1042 und auf die FlNr. 1038, zu erstrecken.

Die Beigeladene zu 1 stellt keinen Antrag.

Die Beigeladenen zu 2 bis 4 stellen ebenfalls keinen Antrag.

Sie schließen sich den Ausführungen der Kläger an. Bezogen auf einzelne Grundstücke führen sie ergänzend aus: Die Grundstücke FlNr. 850, 851/3 und 852 lägen nicht an der Thalkirchner Achen, sondern am Mühlbach. Da die Mühle auf FlNr. 850 seit Jahrzehnten nicht mehr bestehe, sei der Mühlbach ebenfalls seit Jahrzehnten verfallen. Es fließe dort kein Wasser mehr; der ehemalige Mühlbach diene nur noch der zeitweisen Aufnahme von Hangwasser, das bei Starkregenereignissen vom Hangwald auf den Grundstücken FlNr. 852, 866 und 865 abfließe und sich im Bett des ehemaligen Mühlbachs sammle, um dort zu versickern. Der Bach habe sich zum bloßen Entwässerungsgraben entwickelt. Die Grundstücke seien Hangwald, der seit Jahrzehnten sich selbst überlassen sei. Es fehle an der Darlegung, weshalb für diese Waldgrundstücke die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlich sein solle. Die Grundstücke FlNr. 866/1, 867, 868 und 869 würden durch einen Weg durchschnitten, der der Erschließung zahlreicher land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke diene und auf dem zum Teil dinglich gesicherte Geh- und Fahrtrechte lasteten. Es fehle an jeder Darlegung, warum dieser Weg keine Begrenzung der ökologischen Verflechtung zwischen Bach und Uferbereich darstelle. Zudem sei das Ufer der Thalkirchner Achen durch deutlich erkennbaren Bewuchs gekennzeichnet und schon dadurch deutlich von den Wiesen abgegrenzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage des Klägers zu 1 gegen den Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 851, 851/3-Teilfläche (östlich der FlNr. 849), 866/1, 867, 868, 869, jeweils der Gemarkung P., zu Unrecht stattgegeben; insoweit ist der Bescheid rechtmäßig und die Klage des Klägers zu 1 ist unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen (A). Im Übrigen - hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H. - ist die Stattgabe der Klagen indes nicht zu beanstanden, da die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtswidrig ist und der Kläger zu 1 und - hinsichtlich des Grundstücks FlNr. 852 - auch die Klägerin zu 2 in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Berufung des Beklagten war insoweit zurückzuweisen (B).

A. Die Aufhebung des Bescheids vom 18. Dezember 2012 ist bezüglich der Grundstücke FlNr. 851, 851/3-Teilfläche (östlich der FlNr. 849), 866/1, 867, 868, 869, jeweils der Gemarkung P., zu Unrecht erfolgt. Der Bescheid vom 18. Dezember 2012 ist hinsichtlich dieser Grundstücke rechtmäßig und verletzt den Kläger zu 1 - die Klage der Klägerin zu 2 bezieht sich nur auf die Vorkaufsrechtsausübung hinsichtlich der FlNr. 852 - nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ermächtigungsgrundlage für die Ausübung des Vorkaufsrechts ist § 66 Abs. 5 BNatSchG i. V. m. Art. 39 BayNatSchG. Danach steht neben dem Freistaat Bayern u. a. auch den Gemeinden das Vorkaufsrecht zu (Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG). Dieses hat der Freistaat Bayern, vertreten durch die Kreisverwaltungsbehörde - hier das Landratsamt Rosenheim -, auszuüben, wenn die Gemeinde es verlangt (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 und 4 BayNatSchG). Die Beigeladene zu 1 hat u. a. mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 die Ausübung des Vorkaufsrechts zu ihren Gunsten für die oben genannten, auf ihrem Gemeindegebiet gelegenen Grundstücke verlangt.

I.

Bedenken formeller Art gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts bestehen nicht.

1. Die Zwei-Monats-Frist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG ist gewahrt.

Zwar wurde der vollständige notarielle Kaufvertrag vom 30. August 2012 bereits mit Schreiben des beurkundenden Notars vom 6. September 2012, eingegangen beim Landratsamt am 11. September 2012, vorgelegt. Allerdings kann die Frist des Art. 39 Abs. 7 BayNatSchG erst dann in Lauf gesetzt werden, wenn der Vorkaufsfall eingetreten ist, was bei einem - hier nach § 2 des Grundstücksverkehrsgesetzes (GrdstVG) - genehmigungspflichtigen Kaufvertrag erst nach Erteilung dieser Genehmigung der Fall ist; erst dann liegt ein wirksamer Kaufvertrag mit einem Dritten vor (BayVGH, B. v. 28.11.2001 - 9 ZB 01.625 - juris Rn. 11 unter Hinweis auf BGH, U. v. 29.10.1993 - V ZR 136/92 - NJW 1994, 315). Erst wenn der Kaufvertrag genehmigt ist und diese Tatsache der zuständigen Behörde mitgeteilt ist, beginnt die Frist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG zu laufen (BayVGH, B. v. 28.11.2001 a. a. O.). Vorliegend hat der beurkundende Notar erst am 7. November 2012 die Genehmigung bzw. das Negativzeugnis, das gemäß § 5 Satz 2 GrdstVG der Genehmigung gleichsteht, übersandt. Durch den den damaligen Bevollmächtigten der Kläger - Verpflichtete i. S. d. Art. 39 Abs. 7 Satz 2 BayNatSchG i. V. m. § 464 Abs. 1 BGB - vor Ablauf der Frist (7.1.2013) zugestellten Bescheid vom 18. Dezember 2012 ist die Ausschlussfrist gewahrt.

2. Käufer und Verkäufer wurden vor Erlass des Bescheids vom 18. Dezember 2012 gem. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört.

3. Auch sonstige formelle Mängel sind nicht ersichtlich, insbesondere genügt der Bescheid vom 18. Dezember 2012 dem Begründungserfordernis des Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG.

Die Ausführungen im Bescheid unter Nr. II. 2. bis 4. enthalten die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Ausübung des Vorkaufsrechts, insbesondere werden die Rechtsgrundlage und die maßgeblichen rechtlichen Voraussetzungen dargelegt. Darüber hinaus hat das Landratsamt auch die Gesichtspunkte für die von ihm getroffene Ermessungsentscheidung genannt, so dass den formellen Anforderungen nach Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG Genüge getan wurde. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Begründung auch in materieller Hinsicht die Entscheidung im Einzelnen trägt.

II.

Auch in materiellrechtlicher Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der o.g. Grundstücke.

1. Die Tatbestandsvoraussetzung nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG für die Ausübung des Vorkaufsrechts liegt vor.

Gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG stehen u. a. den Gemeinden Vorkaufsrechte zu beim Verkauf von Grundstücken, auf denen sich oberirdische Gewässer einschließlich von Verlandungsflächen, ausgenommen Be- und Entwässerungsgräben, befinden oder die daran angrenzen.

a) Die oben genannten, im Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 1 liegenden Grundstücke grenzen an ein oberirdisches Gewässer an, nämlich die Thalkirchner Achen, ein Gewässer dritter Ordnung. Für ein Angrenzen i. S. d. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG reicht es aus, dass das Grundstück an einer Stelle mehr als nur punktförmig an das Gewässer angrenzt; es muss nicht mit einer ganzen Seitenlänge am Gewässer anliegen (BayVGH, U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 11 m. w. N.). Demnach grenzt auch das Grundstück FlNr. 851/3 in seinem östlichen Teilbereich an die Thalkirchner Achen an.

b) Der Senat hält an der Rechtsprechung des früher für das Naturschutzrecht zuständigen 9. Senats fest, dass trotz der Bestimmung des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG im Rahmen der Nummer 1 des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG das Vorkaufsrecht grundsätzlich nicht auf einen auf den Uferstreifen entfallenden Teil des Grundstücks beschränkt ist, sondern sich auf das gesamte Grundstück erstrecken kann. Denn anders als bei den unter den Nummern 2 und 3 des Satzes 1 geregelten Tatbeständen, bei denen sich das Vorkaufsrecht nur auf einen genau abgegrenzten Teil des Kaufgrundstücks - dem in den bezeichneten Gebieten gelegenen Grundstücksteil - beziehen kann, sind keine Kriterien dafür ersichtlich, wie nach Maßgabe des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG ein Teil des Grundstücks abzugrenzen wäre, auf den sich das Vorkaufsrecht von Vornherein beschränkt. Die Breite des Uferstreifens, für die die Ausübung des Vorkaufsrechts noch als rechtmäßig angesehen werden kann, wäre demnach völlig unbestimmt und die Behörde wäre bei der Vorkaufsrechtsausübung der Unwägbarkeit ausgesetzt, ob ihre eigene Einschätzung einer gerichtlichen Überprüfung stand hielte oder nicht (BayVGH, B. v. 18.1.2000 - 9 B 95.31 - juris Rn. 24; Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Stand April 2015, Art. 39 BayNatSchG Rn. 7, 9). Dies zeigt sich in besonderer Weise etwa dann, wenn Grundstücke an Verlandungsflächen angrenzen; nach welchen Kriterien hier die an die Verlandungsfläche angrenzende Fläche eines Grundstücks, für die das Vorkaufsrecht ausgeübt werden kann, abzugrenzen wäre, ist völlig offen. Verfassungsrechtliche Probleme sieht der Senat schon im Hinblick auf die weitere Tatbestandsvoraussetzung des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG nicht. Dennoch beruht die im Gesetz ausdrücklich vorgesehene Anwendung des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG auf die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 der Bestimmung geregelte Alternative nicht auf einem Redaktionsversehen; denn es verbleiben Anwendungsmöglichkeiten für besondere Fallgestaltungen, etwa wenn ein Buchgrundstück durch eine tatsächlich vorhandene und ein selbstständiges Grundstück bildende Wegefläche geteilt wird (BayVGH, B. v. 18.1.2000 a. a. O. Rn. 25 m. w. N.). Der Verwaltungsgerichtshof hat bisher offen gelassen, ob sich das Vorkaufsrecht bei ungewöhnlich großen Grundstücken auch auf Grundstücksteile in großer Entfernung zu einem oberirdischen Gewässer erstrecken kann. Dies braucht auch hier nicht entschieden werden, da aufgrund der vorliegenden Gegebenheiten eine derartige Fallgestaltung nicht inmitten steht. Die Grundstücke sind mit Ausnahme des Grundstücks FlNr. 851 zwischen ca. 1000 m² und 2.380 m² groß. Das Grundstück FlNr. 851 ist mit 7.340 m² zwar relativ groß; es grenzt aber mit drei Grundstücksseiten an die Thalkirchner Achen an.

Bis zu welcher Größe bzw. Tiefe die an das Gewässer angrenzenden Landbereiche dem Vorkaufsrecht unterliegen, beurteilt sich demnach im Einzelfall - so auch hier - nach Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG, d. h. nach der ökologischen Verflechtung von Gewässer- und Uferbereich mit den weiteren Landflächen, also letztlich nach den Belangen, mit denen das Vorkaufsrecht gerechtfertigt wird (BayVGH, U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 11; vgl. auch Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 39 BayNatSchG Rn. 9 f.).

2. Gegenwärtige und vor allem künftige Belange des Naturschutzes rechtfertigen die Ausübung des Vorkaufsrechts.

Gemäß Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG darf das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden, wenn dies gegenwärtig oder zukünftig die Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege oder das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung in der freien Natur rechtfertigen.

Das Vorliegen der genannten Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Da die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts keine Enteignung darstellt (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 7.11.2000 - 6 B 19.00 - Buchholz 406.48 Art. 34 BayNatSchG Nr. 1), gelten nicht die gleichen strengen Anforderungen, wie sie bei der Zulässigkeit einer Enteignung vorliegen müssen (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, B. v. 15.2.1990 - 4 B 245.89 - ZfBR1990, 207 zum baurechtlichen Vorkaufsrecht; BayVGH, B. v. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - NuR 2015, 427 Rn. 6 m. w. N.; U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 12 f. m. w. N.). Anders als eine Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreichbar ist (vgl. etwa Art. 40 Nr. 2 BayNatSchG), kann die Ausübung des Vorkaufsrechts schon dann gerechtfertigt sein, wenn der Erwerb eines Grundstücks vorteilhafte Auswirkungen auf die in Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG genannten Belange hat (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 a. a. O. m. w. N.; vgl. auch Kraft in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2001, § 66 Rn. 17; Konrad in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 66 BNatSchG Rn. 27). Als Rechtfertigungsgründe sind nicht nur die von der Behörde innerhalb der Frist von zwei Monaten benannten, sondern auch die im weiteren Verfahren vorgetragenen Gründe heranzuziehen (BayVGH, B. v. 18.1.2000 - 9 B 95.31 - juris Rn. 36 f.; U. v. 11.5.1994 - 9 B 93.1514 - BayVBl 1994, 657). Da maßgebend für die Rechtswirksamkeit und Rechtmäßigkeit der Ausübung der Zeitpunkt des Entstehens des Vorkaufsrechts mit Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags ist (vgl. BayVGH, U. v. 11.5.1994 a. a. O.), ist allerdings Voraussetzung, dass diese Rechtfertigungsgründe nicht erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind.

a) Bedenken dagegen, die von der Landesanwaltschaft Bayern (und nicht von der Ausgangsbehörde) nach Ablauf der Frist von zwei Monaten vorgetragenen ergänzenden Gründe, sei es durch Ergänzung der Begründung des Ausgangsbescheids, sei es durch Ausführungen im weiteren Verfahren, zu berücksichtigen, bestehen nicht. Die Landesanwaltschaft Bayern - und nicht die Ausgangsbehörde - vertritt in Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den Freistaat Bayern (§ 3 Abs. 3 Satz 1 LABV). Nach dieser organisationsrechtlichen Regelung des Landesrechts, die ihre Grundlage in § 36 Abs. 1 VwGO hat, hat die Landesanwaltschaft Bayern in gerichtlichen Verfahren sämtliche Befugnisse, die sonst die Ausgangsbehörde hat, etwa bei Vertretung in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten (vgl. § 3 Abs. 2 LABV). Demnach ist nicht ersichtlich, weshalb die Landesanwaltschaft Bayern nicht i. S. v. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG (oder auch gemäß § 114 Satz 2 VwGO, s. hierzu unten) Gründe nachschieben kann, zumal sie ihre Aufgaben im Benehmen mit den beteiligten Verwaltungsbehörden wahrnimmt und den ihr im Einzelfall von den beteiligten Behörden gegebenen Instruktionen zu entsprechen hat (vgl. § 3 Abs. 7 Satz 1 und 2 LABV).

Auch der Umstand, dass es sich vorliegend um einen fristgebundenen Verwaltungsakt handelt, ändert nichts daran, dass der Verwaltungsakt nachgebessert bzw. im Prozess weitere (Ermessens-)Gründe nachgeschoben werden können. Eine Nachbesserung begegnet rechtlichen Bedenken nur dann, wenn durch sie der Verwaltungsakt in seinem Wesen verändert wird. Das ist der Fall, wenn die von der Behörde angestellten Erwägungen nachträglich ausgewechselt oder neue - insbesondere nachträglich entstandene - Tatsachen nachgeschoben werden (vgl. BVerwG, B. v. 9.4.2002 - 4 B 20.02 - Buchholz 316 § 45 VwVfG Nr. 25 m. w. N.). Vorliegend wurde nur eine bisher unvollständige Begründung ergänzt, indem die bereits im Ansatz vorgetragene naturschutzrechtliche Rechtfertigung untermauert wurde. Die Ziele des Arten- und Biotopschutzprogramms Bayern (Landkreis Rosenheim) und des dortigen Schwerpunktgebiets „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“ waren bereits im Ausgangsbescheid als maßgebliche Rechtfertigungsgründe benannt. Die diesbezüglichen Ausführungen wurden durch nähere Darlegung der dortigen Gegebenheiten wie die enge Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex sowie der bestehenden Konflikte und Ziele konkretisiert. Unerheblich ist auch, ob die Heilung eines Begründungsmangels auf den Zeitpunkt des Erlasses der Verwaltungsentscheidung zurückwirkt oder nicht. Denn der Gesetzgeber hat in Art. 45 Abs. 1 BayVwVfG (bzw. in § 114 Satz 2 VwGO) angeordnet, dass Mängel in der Begründung unter den dort genannten Voraussetzungen unbeachtlich sind (vgl. BVerwG, B. v. 9.4.2002 a. a. O.). Dies gilt auch für fristgebundene Verwaltungsakte. Die Rechtslage bei diesen ist vergleichbar mit nicht fristgebundenen Verwaltungsakten, bei denen nach materiellem Recht der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit der Zeitpunkt des Bescheidserlasses ist; auch bei diesen steht außer Zweifel, dass bei einem (ausreichenden) Nachschieben von (Ermessens-)Gründen im Verwaltungsgerichtsverfahren eine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit aufgrund der ursprünglichen (nunmehr geheilten) Fehler ausscheidet.

b) Die vom Beklagten angeführten Gründe zeigen eine hinreichende ökologische Verflechtung des Gewässers einschließlich der Uferbereiche mit den übrigen Landbereichen der o.g. Grundstücke auf und stellen ausreichende (künftige) Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege für eine Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts bezogen auf die gesamten Grundstücke dar.

aa) Die Thalkirchner Achen einschließlich ihrer Uferbereiche sowie weite Teile des Unterachthaler Mühlbachs einschließlich seiner Uferbereiche sind in der Flachlandbiotopkartierung Bayern als Bachlauf mit meist geschlossenem Gehölzsaum und Bach-Erlen-Eschenauwald-Beständen erfasst (Biotopkomplex-Nr. 8139-0050, Teilflächennummern 001, 002 und 003). In der Flachlandbiotopkartierung Bayern wird das gesamte Achental als Nahrungs- und Überwinterungshabitat für Amphibien wie Grasfrosch und Erdkröte beschrieben. Die Grundstücke sind nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) Teil eines Schwerpunktgebiets des Naturschutzes, nämlich „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“. Dieses umfasst die wichtigsten zum Simssee hin entwässernden Fließgewässersysteme und deren Talräume mit den dort vorhandenen Feuchtgebieten. Im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) werden folgende ökologische Konflikte im Schwerpunktgebiet festgestellt: Entwässerung und Nährstoffeintrag; Drainage der Talfeuchtwiesen und Aufgabe der Streuwiesennutzung; Fichtenreinbestände an den Taleinhängen; stellenweise intensive Grünlandnutzung auf dem Talboden; Verbauungen der Fließgewässer; Abfallablagerungen und Auffüllungen in den Bachschluchten. Das Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) formuliert für die Bachläufe u. a. folgende Ziele und Maßnahmen: Verbesserung der Gewässergüte; Beschränkung der weiteren baulichen Entwicklungen in den Talauen; Beibehaltung der Grünlandnutzung bzw. Rückführung von Acker- in Grünlandnutzung in den Talauen und auf erosionsgefährdeten Flächen im Einzugsbereich; Ausübung extensiver Grünlandnutzung mittelfristig in der gesamten Bachaue, vorrangig in mindestens 20 m breiten Pufferzonen um die Flächen der Biotopkartierung sowie entlang der Bäche, auch aus Gründen des Trinkwasserschutzes; Reaktivierung von Überschwemmungsgebieten, Anhebung des Grundwasserstands in der Bachaue. Auch im Landschaftsplan der Beigeladenen zu 1 werden für den Bereich der Thalkirchner Achen Maßnahmen formuliert, die eine ökologische Aufwertung verfolgen, wie z. B. Wiesenerhalt, Erhalt standortgerechter Erlenbestände entlang des Bachlaufs und Rücknahme von Fichtenaufforstungen.

Nach der Begründung des Bescheids vom 18. Dezember 2012, die im gerichtlichen Verfahren zulässigerweise ergänzt wurde (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG; vgl. oben II 2 a), ist beabsichtigt, möglichst viele landwirtschaftliche Flächen in eine extensive Nutzung zu überführen und die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Dadurch könne erreicht werden, dass die intensiv genutzten Wiesen nach einer Aushagerungsphase ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz mit einem späten Mahdzeitpunkt und 20% wechselnder Brache nur noch extensiv bewirtschaftet würden. Dieses Pflegeregime werde zu einer größeren Pflanzenvielfalt, vor allem auch blühender Stauden, in den Wiesen führen und damit deren Wert als Lebens- und Nahrungsstätte für die Fauna (z. B. Vögel, Schmetterlinge) erheblich verbessern. Durch die ökologische Aufwertung der Wiesen werde die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht. Die Ausübung des Vorkaufsrechts stelle sicher, dass in diesem Abschnitt des Gewässers der natürliche unverbaute Bachlauf ohne Eingriffe, wie z. B. Sicherung der Prallufer, erhalten bzw. wiederhergestellt werde. Nicht zuletzt stellten die extensiv ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz genutzten Wiesen eine Pufferzone zum Gewässer dar und hätten positive Auswirkungen auf die Wasserqualität der Thalkirchner Achen. Die im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und im Landschaftsplan formulierten Konflikte, Ziele und Maßnahmen bezögen sich nicht nur auf den Bachlauf der Thalkirchner Achen, sondern insbesondere auf die Talsohle. Dies sei mit der engen Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex Thalkirchner Achen begründet, da insbesondere vorkommende Arten (z. B. Amphibien, Vögel, Tagfalter) Lebensraum-Komplexbewohner seien und daher auf eine Kombination von weitgehend intakten Bachabschnitten mit Gehölzsaum, angrenzenden Feuchtwiesen und Laubwäldern der Leitenhänge angewiesen seien. Die formulierten Maßnahmen entfalteten nur dann eine ausreichende Wirkung, wenn sie sich auf den gesamten Talraum erstreckten. Nach der nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) kurzfristig anzustrebenden Mindestbreite der Pufferzone um die Flächen der Biotopkartierung von 20 m blieben in den meisten Flurstücken nur minimale Restflächen, weshalb der Erwerb der jeweils gesamten Flurstücke gerechtfertigt sei.

Der von ihm beigezogene Vertreter des Wasserwirtschaftsamts hat die Einschätzung des Beklagten, es handle sich bei der Thalkirchner Achen und den o.g. Grundstücken um ein Ökosystem, im Augenscheinstermin und in der mündlichen Verhandlung näher erläutert. Danach ist die gesamte Talaue wichtig für die Gewässerentwicklung. Die (weitgehend) flachen, an die Thalkirchner Achen angrenzenden Grundstücke gehörten zur Bachaue - definitionsgemäß ein Bereich, der zeitweilig von Hochwasser überflutet werde -, die mit dem Gewässer ein einheitliches Ökosystem bilde. Nach der Geologischen Karte von Bayern fänden sich im fraglichen Bereich klassische geologische Ablagerungen, wie bei einer Auensituation mit regelmäßiger Überflutung. Diese Ablagerungen und Böden seien nach wie vor im streitgegenständlichen Bereich vorhanden, auch wenn derzeit nicht von einer intakten Aue ausgegangen werden könne. Durch die Verbauungen und aufgrund der immer weiter fortgeschrittenen Vertiefung der Thalkirchner Achen sei nachvollziehbar, dass es in den letzten wenigen Jahrzehnten im streitigen Bereich selten zu Überflutungen gekommen sei. Der Zustand sei aber nicht irreversibel, sondern könne wieder verbessert werden. Es sei wasserwirtschaftlich erwünscht, dass die Restbestände der Uferbebauung zusammenfielen und die Thalkirchner Achen sich wieder eigenständig unter Einbindung der Aue entwickeln könne. Der dadurch bewirkte Bodeneintrag sei für die Eutrophierung des Simssees zu vernachlässigen; diese entstehe vielmehr durch Einträge aus landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Die Vertreterin der unteren Naturschutzbehörde hat hierzu ergänzend ausgeführt, dass bei einer extensiveren Bewirtschaftung der Grundstücke und einer Reaktivierung der Eigendynamik der Thalkirchner Achen wieder mehr Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten geschaffen werden könne und so die Wiesengrundstücke naturschutzfachlich wesentlich höherwertiger wären. Bezogen auf die Grundstücke FlNr. 868 und 869 hat sie ausgeführt, dass die wieder aufgeforsteten Bäume nicht der hier vorliegenden Weichholzaue entsprächen. Einer solchen entspräche ein überwiegender Baumbestand aus Eschen, Weiden und Erlen als standortgerechte heimische Baumarten, der auch zu einer Biotopkartierung der entsprechenden Grundstücke führen könne.

bb) Hiermit ist eine ausreichende Verflechtung der o.g. Grundstücke mit der Thalkirchner Achen dargetan und es sind für sämtliche Grundstücke hinreichende Belange des Naturschutzes aufgezeigt.

(1) Nach alledem besteht eine ausreichende Verflechtung der o.g. Grundstücke mit der Thalkirchner Achen. Nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und den ergänzenden Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts handelt es sich bei den streitgegenständlichen (flachen) Grundstücken um Auengrundstücke, die zusammen mit der Thalkirchner Achen als einheitliches Ökosystem zu betrachten sind. Dies hat der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts an Hand der Geologischen Karte von Bayern nachvollziehbar erläutert. Der Umstand, dass es in den vergangenen Jahrzehnten selten zu Überflutungen gekommen ist, ändert nichts daran, dass es sich bei den Grundstücken noch um - wenn auch nicht intakte - Auengrundstücke handelt. Denn die Ablagerungen und die Böden, wie sie bei einer Auensituation mit regelmäßiger Überflutung vorliegen, sind weiterhin vorhanden und eine Wiederherstellung bzw. jedenfalls eine Verbesserung der für Bachauen typischen Vielfalt von Lebensräumen und Strukturen ist noch möglich. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die vorhandenen Verbauungen mehr und mehr verfallen und so erwartet werden kann, dass die Eigendynamik der Thalkirchner Achen wieder zunimmt. Den Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts kommt entsprechend der Stellung des Wasserwirtschaftsamts als wasserwirtschaftlicher Fachbehörde nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayWG eine besondere Bedeutung zu. Da deren fachbehördliche Ausführungen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen von privaten Fachinstituten; dies gilt erst recht für nicht durch Aussagen sachverständiger Personen untermauerte Darlegungen wasserwirtschaftlicher Art von Prozessbeteiligten. Dafür, dass die Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft wären, ist nichts ersichtlich (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 23.2.2016 - 8 CS 15.1096 - juris Rn. 36). Somit sind die oben genannten Grundstücke ausreichend mit der Thalkirchner Achen verflochten. Der von den Beigeladenen zu 2 bis 4 angeführte landwirtschaftliche Weg entlang der Grundstücke ändert hieran nichts.

(2) Die vom Beklagten angeführten Ziele, die mit dem Erwerb der genannten Grundstücke und deren konkret angestrebter Verwendung gefördert werden sollen, entsprechen nicht nur den in § 1 BNatSchG angeführten Zielen und Grundsätzen, sondern auch bereits vorhandenen Planungen und Konzepten des Naturschutzes, wie - in Teilen - dem Landschaftsplan der Beigeladenen zu 1 (vgl. §§ 8 ff. BNatSchG, Art. 4 BayNatSchG) und vor allem dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim), vgl. Art. 19 BayNatSchG. Der Schutz und die Verbesserung von Gewässern und damit zusammenhängenden Lebensräumen ist ein wichtiger Belang auch des Naturschutzes. Dies folgt bereits aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG, wonach Binnengewässer vor Beeinträchtigungen zu bewahren und ihre natürliche Selbstreinigungsfähigkeit und Dynamik zu erhalten sind, wobei dies insbesondere für natürliche und naturnahe Gewässer einschließlich ihrer Ufer, Auen und sonstigen Rückhalteflächen gilt. Weitere wichtige Belange zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts sind, wildlebende Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften sowie ihre Biotope und Lebensstätten auch im Hinblick auf ihre jeweiligen Funktionen im Naturhaushalt zu erhalten (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 BNatSchG) und der Entwicklung sich selbst regulierender Ökosysteme auf hierfür geeigneten Flächen Raum und Zeit zu geben (§ 1 Abs. 3 Nr. 6 BNatSchG). Nicht zuletzt sind gemäß § 21 Abs. 5 BNatSchG unbeschadet des § 30 BNatSchG die oberirdischen Gewässer einschließlich ihrer Randstreifen, Uferzonen und Auen als Lebensstätten und Biotope für natürlich vorkommende Tier- und Pflanzenarten zu erhalten; sie sind so weiterzuentwickeln, dass sie ihre großräumige Vernetzungsfunktion auf Dauer erfüllen können. Entsprechende Ziele verfolgen auch die o.g. Planungen. Die die Gewässer umgebenden Wiesen sollen mittelfristig in der gesamten Bachaue extensiv genutzt werden, um so ihren Wert als Fortpflanzungs- und Nahrungshabitat für die Fauna zu verbessern und die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Gleichzeitig wird dadurch angestrebt, einen Puffer um die Flächen der Biotopkartierung zu schaffen, um die Wasserqualität der Bäche - hier der Thalkirchner Achen - und damit des Simssees zu verbessern. Die standortgerechten Erlenbestände entlang des Bachlaufs sollen erhalten bleiben, um vorkommenden Arten, wie Amphibien, Vögeln und Tagfaltern, als Lebensraum-Komplexbewohnern eine Kombination von weitgehend intakten Bachabschnitten mit Gehölzsaum, angrenzenden Feuchtwiesen und - soweit vorhanden - Laubwäldern der Leitenhänge zu bieten. Insgesamt soll damit die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht werden. Der Umstand, dass sich die angestrebten Ziele nur nach und nach verwirklichen lassen, lässt die Rechtfertigung nicht entfallen; die Rechtfertigungsgründe des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG sind auf eine langfristige Wirkung angelegt (BayVGH, B. v. 15.9.2006 - 9 B 04.1233 - juris Rn. 20).

c) Der Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung steht nicht entgegen, dass die Grundstücke mit Pachtvertrag vom 10./11. Mai 2012 zum 1. Juni 2012 für die Dauer von 30 Jahren an den Vater der Beigeladenen zu 2 bis 4 verpachtet worden sind und daher die beabsichtigten Maßnahmen nicht zeitnah realisiert werden können. Denn Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG lässt auch zukünftige Belange ausreichen (BayVGH, B. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 15; B. v. 24.1.2001 - 9 ZB 99.241 - juris Rn. 6).

d) Bei der gegebenen Sachlage ist auch unerheblich, dass Motivation der Beigeladenen zu 1 für das Verlangen der Vorkaufsrechtsausübung zu ihren Gunsten in erster Linie war, die Grundstücke in ihr Ökokonto einzustellen. Die Einstellung von Grundstücken in ein Ökokonto als solche hätte die Ausübung des Vorkaufsrechts noch nicht gerechtfertigt (BayVGH, B. v. 3.3.2016 - 14 ZB 15.2071 - juris Rn.13; B. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 15). Ausgangspunkt für die Prüfung der Rechtfertigung sind die jeweiligen im (ergänzten) Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts genannten Gründe und die danach beabsichtigten Maßnahmen. Naturschutzrechtlich unerhebliche Beweggründe der Gemeinde, die Ausübung des Vorkaufsrechts zu verlangen, lassen tatsächlich vorliegende Rechtfertigungsgründe einer Vorkaufsrechtsausübung nicht entfallen (vgl. BayVGH, B. v. 3.3.2016 a. a. O.). Hier ist nicht zweifelhaft, dass die Beigeladene zu 1 jedenfalls zeitnah nach Ablauf des Pachtvertrags eine ökologische Aufwertung der Grundstücke im Sinn der vom Beklagten benannten Zielrichtung unter Beratung durch das Landratsamt durchführen will. Dies reicht zur Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts aus (BayVGH, U. v. 22.5.1995 - 9 B 92.1183 u. a. - NuR 1995, 554).

e) Ebenfalls nicht von Relevanz ist, dass die Beigeladenen zu 2 bis 4 beteuern, die Grundstücke selbst schon extensiv zu bewirtschaften, bzw. den Versuch unternommen haben, in den Vertragsnaturschutz oder andere ökologische Förderprogramme aufgenommen zu werden, was jedoch mangels Vorliegens der jeweiligen Voraussetzungen nicht gelungen ist. Denn nach der ständigen Rechtsprechung ist es eine allgemeine Erfahrungstatsache, dass Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand die Verwirklichung der Ziele von Naturschutz und Landschaftspflege besser und sicherer gewährleisten als Grundstücke in der Hand von Privatpersonen, deren privatnützige Interessen leicht in Konflikt mit den Anforderungen von Naturschutz und Landschaftspflege geraten können (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - NuR 2015, 427 Rn. 7 m. w. N.). Auch Bewirtschaftungsvereinbarungen, wie etwa der Vertragsnaturschutz, können den Eigentumserwerb der öffentlichen Hand nicht ersetzen (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 a. a. O. Rn. 10 f.).

3. Die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der o.g. Grundstücke weist auch keine durchgreifenden Ermessensfehler auf (§ 114 Satz 1 und 2 VwGO). Sie beruht weder auf falschen oder unvollständigen Tatsachen, noch erweist sie sich sonst als fehlerhaft.

a) Entgegen der Annahme der Kläger und der Beigeladenen zu 2 bis 4 wurde bereits im Bescheid vom 18. Dezember 2012 Ermessen ausgeübt (vgl. oben unter I 3). Dieses konnte gemäß § 114 Satz 2 VwGO - auch durch die Landesanwaltschaft Bayern (vgl. oben unter II 2 a und BayVGH, U. v. 18.1.2010 - 11 BV 08.789 - BayVBl 2010, 371) - ergänzt werden.

b) Das Landratsamt hat bereits im Ausgangsbescheid erkannt, dass Ermessen ausgeübt werden muss und hat die Interessen der Kaufvertragsparteien mit den öffentlichen Interessen am Erwerb der Grundstücke durch die öffentliche Hand abgewogen; es ist ohne Ermessensfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass das Interesse der Allgemeinheit an einer langfristen und nachhaltigen ökologischen Aufwertung der Grundstücke das Interesse der Verkäufer und der Käufer an der langfristigen bisherigen land- bzw. forstwirtschaftlichen Nutzung überwiegt. Es ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Pachtvertrag auch bei seiner Wirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht entgegensteht, weil auch zukünftige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege die Ausübung rechtfertigen können. Es hat auch die Interessen der Käufer in Bezug auf deren Absicht berücksichtigt, eine Wasserkraftschnecke mit Fischaufstiegshilfe am Wehr der stillgelegten Wasserkraftanlage Unterachthal an der Thalkirchner Achen im Bereich der Grundstücke FlNr. 848 und 869 zu errichten. Es ist dabei ohne falsche Gewichtung zu dem Ergebnis gelangt, dass letztlich die ökologische Aufwertung der Grundstücke der Errichtung einer Wasserkraftschnecke aus ökologischer Sicht vorzuziehen ist. Auch ist nicht zu beanstanden, dass es das Landratsamt aufgrund der Wechselwirkung zwischen Gewässer- und Uferbereich sowie den Landbereichen für angezeigt gehalten hat, nicht nur hinsichtlich eines Teilbereichs, sondern hinsichtlich der Gesamtfläche der jeweiligen Grundstücke das Vorkaufsrecht auszuüben.

Ein Ermessensfehler ist auch nicht darin zu sehen, dass nach dem Vortrag der Beigeladenen zu 2 bis 4 das Vorkaufsrecht beim Verkauf anderer Grundstücke trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für dessen Ausübung nicht ausgeübt wurde. Der Freistaat Bayern ist nicht verpflichtet, von dem ihm zustehenden Vorkaufsrecht in jedem Fall Gebrauch zu machen; er kann die in seinem Ermessen stehende Entscheidung durchaus davon abhängig machen, ob ein anderer Vorkaufsberechtigter im Hinblick auf von ihm verfolgte naturschutzrechtliche Zwecke die Ausübung verlangt, etwa weil diesem zum entsprechenden Zeitpunkt die erforderlichen Haushaltsmittel für den Grunderwerb gerade zur Verfügung stehen (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2001 - 9 ZB 01.1937 - juris Rn. 8 m. w. N.).

B. Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H. - alle im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegen - sowie der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, jeweils der Gemarkung P., ist der Anfechtungsklage zu Recht stattgegeben worden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten der Beigeladenen zu 1 ist insoweit rechtswidrig und der Kläger zu 1 - und hinsichtlich des Grundstücks FlNr. 852 - auch die Klägerin zu 2 sind insoweit in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beigeladenen zu 1 steht an den im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücken kein Vorkaufsrecht zu (I). Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) und 852 liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Abs. 2 BayNatSchG nicht vor (II).

I.

Für die im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücke FlNr. 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H., besteht kein Vorkaufsrecht der Beigeladenen zu 1.

Die Frage, ob Gemeinden auch für Grundstücke außerhalb ihres Gemeindegebiets ein Vorkaufsrecht zusteht, ist vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG bestimmt nur, dass dem Freistaat Bayern sowie den Bezirken, Landkreisen, Gemeinden und kommunalen Zweckverbänden Vorkaufsrechte zustehen beim Verkauf von in den Nummern 1 bis 3 der Vorschrift bezeichneten Grundstücken. Bei Würdigung der auslegungsrelevanten Umstände sprechen die überwiegenden Gründe für die Auffassung, dass Gebietskörperschaften wie Gemeinden ein Vorkaufsrecht nur für Grundstücke zusteht, die in ihrem jeweiligen (Hoheits-)Gebiet liegen.

1. Der Wortlaut des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG ist nicht eindeutig. Er legt allerdings schon nahe, dass den dort genannten Gebietskörperschaften, insbesondere den Gemeinden, nur für auf ihrem jeweiligen (Hoheits-)Gebiet gelegene Grundstücke ein Vorkaufsrecht zusteht. Denn ansonsten käme eine unbestimmte und unüberschaubare Vielzahl von örtlichen und überörtlichen Gebietskörperschaften in ganz Bayern als Vorkaufsberechtigte in Betracht, die größtenteils keinerlei Bezug zu den jeweiligen Grundstücken haben. Auch wenn man - wofür sich aus der Vorschrift schon keine Anhaltspunkte ergeben - die Vorkaufsberechtigung auf Gebietskörperschaften beschränkte, die zumindest einen örtlichen Bezug zu den verkauften Grundstücken haben, wäre eine Abgrenzung schwierig und von der für die Ausübung des Vorkaufsrechts zuständigen Kreisverwaltungsbehörde (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG) innerhalb der sehr kurzen Ausschlussfrist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG kaum zu leisten. Eine klare Abgrenzung der Vorkaufsberechtigung von Gebietskörperschaften ist nur über das jeweilige (Hoheits-)Gebiet möglich (vgl. für Gemeinden Art. 6 Abs. 1 GO; vgl. auch Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 39 BayNatSchG Rn. 4).

2. Bestärkt wird dieses Verständnis durch die Gesetzessystematik. Gemäß Art. 39 Abs. 3 Satz 4 BayNatSchG hat der Freistaat Bayern das Vorkaufsrecht zugunsten eines anderen Vorkaufsberechtigten nach Absatz 1 der Vorschrift auszuüben, wenn dieser es verlangt. Gemäß Satz 6 des Absatzes 3 der Vorschrift bestimmt sich das Vorkaufsrecht innerhalb der Gebietskörperschaften einschließlich der kommunalen Zweckverbände nach den geplanten Maßnahmen, wobei überörtliche den örtlichen Vorhaben vorgehen. Eine Regelung dahingehend, wie zu verfahren ist, wenn auf gleicher - etwa örtlicher - Ebene Maßnahmen durchgeführt werden, findet sich nicht. Soweit der Gesetzgeber tatsächlich allen (oder zumindest auch den angrenzenden) Gebietskörperschaften ein Vorkaufsrecht einräumen hätte wollen, hätte spätestens hier eine Zuordnung etwa dahingehend nahegelegen, dass das Vorkaufsrecht der Standortgemeinde Vorrang genießt. Das Fehlen einer derartigen Konkurrenzregelung legt es nahe, dass der Gesetzgeber eine entsprechende Konkurrenzsituation verschiedener Kommunen nicht in den Blick nehmen musste, weil eine solche wegen der Beschränkung des Vorkaufsrechts auf im jeweiligen Gebiet gelegene Grundstücke nicht entstehen kann.

Darüber hinaus zeigt sich angesichts dieser Regelungen, dass ein praktikabler Vollzug der Vorschrift nicht möglich wäre, wenn man zu dem Ergebnis käme, dass Gebietskörperschaften auch für Grundstücke außerhalb ihres jeweiligen Gebiets Vorkaufsrechte zustehen. Denn ein „Verlangen“ der jeweiligen Gebietskörperschaft, dass das Vorkaufsrecht zu ihren Gunsten ausgeübt wird, setzt voraus, dass sie vom Entstehen des Vorkaufsrechts in Kenntnis gesetzt wird. Danach müssten theoretisch sämtliche Gemeinden und alle sonstigen Gebietskörperschaften Bayerns oder jedenfalls diejenigen, die noch einen örtlichen Bezug zu den Grundstücken aufweisen, vom Eintritt des Vorkaufsfalls informiert werden, was angesichts deren Anzahl (bzw. Unbestimmtheit) und wegen der sehr kurzen Ausschlussfrist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG nicht möglich bzw. impraktikabel ist. Entsprechend ist die derzeitige Handhabung des Freistaats so, dass der vom Notariat übermittelte Kaufvertrag nur den Gebietskörperschaften übersandt wird, auf deren Gebiet sich die verkauften Grundstücke befinden. Demgemäß hinge es allein vom Zufall ab, ob z. B. andere Gemeinden als die Standortgemeinde vom Eintritt des Vorkaufsfalls erfahren, etwa weil ein Kaufvertrag Grundstücke aus unterschiedlichen Gemeinden zum Gegenstand hat, und dadurch in die Lage versetzt werden, eine Ausübung zu ihren Gunsten zu verlangen. Ein derartiger Gesetzesvollzug erscheint aber willkürlich.

Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, ob die Vorkaufsrechtsausübung auch deshalb rechtswidrig wäre, weil der Gemeinderat der Beigeladenen zu 1 nicht vor Ablauf der Ausübungsfrist einen Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts für die im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücke gefasst, sondern diese Entscheidung dem „Bürgermeisterausschuss“ überlassen hatte.

II.

Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) und 852, jeweils der Gemarkung P., liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht vor.

1. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt nicht an ein Gewässer an.

Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich beim Unterachthaler Mühlbach um kein Gewässer dritter Ordnung im Sinn des Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 BayWG. Daran gibt es nach den im Augenschein getroffenen Feststellungen sowie nach der sachkundigen Beurteilung des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts keinen Zweifel. Nach den Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts ist der (frühere) Unterachthaler Mühlbach kein Gewässer, sondern Teil der stillgelegten technischen Wehr- und Mühlanlage. Der Augenschein hat ergeben, dass er in weiten Bereichen zugewachsen bzw. zugeschüttet ist und kein Wasser führt. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt aber nur an den Unterachthaler Mühlbach, und nicht auch an die Thalkirchner Achen an.

2. Auch das Grundstück FlNr. 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) grenzt nicht im Sinn von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG an ein Gewässer an.

Diese Teilfläche des Grundstücks ist von der Teilfläche östlich des Mühlbachgrundstücks durch das Mühlbachgrundstück FlNr. 849 völlig abgetrennt und somit im Gegensatz zum östlichen Teil nicht mehr an die Thalkirchner Achen angrenzend. Im Übrigen fehlte auch die Rechtfertigung für die Ausübung des Vorkaufsrechts i. S. v. Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG, da das Grundstück nicht flach ist, sondern nach Westen hin steil ansteigt und daher nicht mehr zur Talaue zählt. Das Grundstück FlNr. 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) ist in topographischer Hinsicht eher Teil des Hanggrundstücks FlNr. 852.

3. Hinsichtlich des Grundstücks FlNr. 852, das nur in einem kleinen nordöstlichen Bereich an die Thalkirchner Achen angrenzt, fehlt es an der Verflechtung mit der Bachaue und damit an der Rechtfertigung für die Ausübung des Vorkaufsrechts i. S. d. Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG.

Es handelt sich dabei um ein Hanggrundstück mit einer Fläche von 6328 m², das mit Mischwald bestanden ist und sich in Richtung Süden fast 200 m entlang des Unterachthaler Mühlbachs erstreckt. Das Grundstück gehört demnach nicht mehr zur Talaue der Thalkirchner Achen. Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des Vorkaufsrechts am Gesamtgrundstück sind nicht ersichtlich.

C. Über den hilfsweise vom Kläger zu 1 gestellten Antrag, den Beklagten zu verpflichten, das Vorkaufsrecht auch an den (im Gemeindegebiet von Bad Endorf liegenden) Grundstücken FlNr. 1042 (Restfläche Wald) und FlNr. 1038 auszuüben, war nicht mehr zu entscheiden, da die Klage im Hauptantrag in Bezug auf sämtliche, auf dem Gemeindegebiet von Bad Endorf liegende Grundstücke Erfolg hat.

Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Klägerin zu 2 voll obsiegt hat, trägt sie keine Kosten; Mehrkosten sind durch ihre Klage nicht entstanden (keine Streitwerterhöhung, § 7 RVG).

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Bei der hier vorliegenden Anfechtungsklage der Verkäufer gegen einen Vorkaufsrechtsausübungsbescheid ist mangels besonderer Anhaltspunkte für eine andere Streitwertfestsetzung der Auffangwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG festzusetzen (vgl. Nr. 9.6.2 des Streitwertkatalogs 2013 NVwZ-Beilage 2013, 57).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 1.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der ausschließlich geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegt jedenfalls nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 64 m.w.N.).

Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Bescheid des Beklagten vom 10. März 2015, mit dem das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht nach Art. 39 BayNatSchG für das von ihr gekaufte Grundstück FlNr. 86/7 der Gemarkung F* … mit einer Fläche von 900m² zugunsten des Beigeladenen zu 2 ausgeübt wurde, mit der Begründung abgewiesen, der Bescheid sei rechtmäßig. Neben den formellen Voraussetzungen seien auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts gegeben. Bei der streitgegenständlichen Fläche handle es sich um ein Grundstück, das an ein oberirdisches Gewässer, den Mauerner Bach, angrenze. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei auch gerechtfertigt im Sinne des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG. Nach den Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid in Anlehnung an die Ausführungen im Schreiben des Beigeladenen zu 2 vom 30. Januar 2015 solle mit der Überführung der Fläche in die öffentliche Hand die vielseitige naturbelassene Uferbepflanzung des Bachlaufs mit seinen zukünftigen Ausschwemmungen und Bepflanzungen zur Verbesserung des Habitats für die Fisch- und Insektenfauna geschützt werden. In den ergänzenden Ausführungen vom 3. September 2015 zur Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts habe das Landratsamt vorgetragen, es sei in nicht ferner Zukunft mit der Ansiedlung von Bibern zu rechnen, deren Verhaltensweise erfahrungsgemäß zur Beeinflussung sowohl der Gewässerdynamik als auch der Ufervegetation führen könne. Diese Zielsetzung entspreche den in Art. 1 BayNatSchG in Verbindung mit §§ 1, 2 Abs. 2 BNatSchG normierten Zielen und Grundsätzen des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Die vom Beklagten ergänzend vorgetragenen Gründe bestätigten die bereits im Bescheid genannten, zur Rechtfertigung der Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts ausreichenden naturschutzbezogenen Gründe. Dies gelte umso mehr, als die genannten Ziele und Maßnahmen nach der vom Landratsamt in zulässiger Weise nachgeholten naturschutzfachlichen Bewertung dem Arten- und Biotopschutzprogramm dienten. Einer weiteren Konkretisierung der Vorstellungen über die Verbesserungen bedürfe es nicht. Die von der Klägerin im Einzelnen vorgebrachten Einwände zu den tatsächlichen (baulichen) Verhältnissen auf dem streitgegenständlichen Grundstück (Zaun, Holzhaus, Treppe) und die Erwähnung solcher baulicher Anlagen im naturschutzfachlichen Gutachten stünden der vorgenommenen Einschätzung nicht entgegen. Zudem habe das Landratsamt im angefochtenen Bescheid hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass es von einer im Ermessenswege zu treffenden Entscheidung ausgehe. Dieses Ermessen sei jedoch regelmäßig naturschutzrechtlich intendiert, wenn Rechtfertigungsgründe im Sinne des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG für die Ausübung eines Vorkaufsrechts vorlägen. Deshalb sei es zulässig und im vorliegenden Fall auch in ausreichendem Umfang geschehen, dass die zur Ausübung des Vorkaufsrechts zuständige Behörde das im Bescheid angelegte Ermessen gemäß § 114 Satz 2 VwGO im gerichtlichen Verfahren durch Vortrag weiterer Ermessenserwägungen und Rechtfertigungsgründe ergänzt habe.

Durch das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren werden die Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.

1. Die Klägerin wendet gegen die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zunächst ein, die Ausübung des Vorkaufsrechts sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht gerechtfertigt. Wenn das Gericht auf Seite 11 des Urteils ausführe, dass die auf der Grundlage der naturschutzfachlichen Vorgaben im Bescheid wiedergegebenen Ziele und Maßnahmen jedenfalls den Anforderungen für die Annahme einer Rechtfertigung genügten, da das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht schon dann ausgeübt werden könne, wenn der Naturzustand auf den Flächen verbessert werden könne, stehe dies im Widerspruch zum richterlichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung, wonach die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids nicht als ausreichend zur Rechtfertigung angesehen und eine Beteiligung der unteren Naturschutzbehörde gefordert worden sei. Der besondere naturschutzrechtliche Wert eines Grundstücks müsse viel deutlicher bei der Begründung des das Vorkaufsrecht ausübenden Bescheids im Vordergrund stehen, als es hier der Fall gewesen sei. Insbesondere habe die Behörde ihre Zielvorstellungen im Rahmen eines naturschutzrechtlichen Konzepts im konkreten Einzelfall darzulegen, was bisher nicht geschehen sei. Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolge vielmehr planlos. Dieser Fehler in der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids sei auch nicht durch eine Ergänzung im Schreiben des Landratsamts vom 3. September 2015 geheilt worden. Die nachgeholte naturschutzrechtliche Bewertung beziehe sich, wie bereits in erster Instanz im schriftlichen Verfahren ausführlich vorgetragen worden sei, auf das falsche, nämlich auf das Nachbargrundstück. Die naturschutzrechtliche Bewertung der unteren Naturschutzbehörde sei damit untauglich, die fehlerhafte Begründung des streitgegenständlichen Bescheids zu heilen.

Mit diesem Vortrag kann die Klägerin die Richtigkeit der Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung nicht in durchgreifender Weise in Frage stellen. Den Ausführungen im Urteil ist zu entnehmen, dass das Verwaltungsgericht die Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung erst im Hinblick auf die ergänzenden Ausführungen des Landratsamts im Schreiben vom 3. September 2015 als ausreichend dargelegt angesehen hat. Ein Widerspruch zum richterlichen Hinweis zur diesbezüglichen Rechtsauffassung des Gerichts vor Ergänzung der Begründung im o.g. Schreiben ergibt sich damit nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann auch der Verwaltungsakt über die Ausübung des Vorkaufsrechts trotz seiner Fristgebundenheit nachgebessert bzw. es können im Prozess weitere (Ermessens-)Gründe nachgeschoben werden; insbesondere kann eine bisher unvollständige Begründung ergänzt werden, indem die bereits im Ansatz vorgetragene naturschutzrechtliche Rechtfertigung untermauert wird (vgl. BayVGH, U.v. 3.5.2016 – 14 B 15.205 – BayVBl 2016, 846 Rn. 43).

Die Klägerin rügt mit ihrem rechtzeitigen Zulassungsvorbringen im Schriftsatz vom 22. März 2016 nicht, dass eine Ergänzung der Begründung des Bescheids vorliegend unzulässig gewesen sei, etwa weil entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in der ursprünglichen Begründung des Bescheids keine Ziele und Maßnahmen angegeben gewesen seien, die vom Landratsamt im gerichtlichen Verfahren zulässigerweise ergänzt werden konnten, oder weil im Schreiben des Landratsamts vom 3. September 2015 nunmehr vollständig andere Ziele und Maßnahmen erstmals benannt worden seien. Erst im außerhalb der Zweimonatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eingegangenen Schriftsatz vom 19. Mai 2016 trägt sie vor, dass hier ein vollständiger Austausch der Begründung erfolgt sei. Diese Rüge ist verspätet und daher unbeachtlich.

Der Klägerin kann auch nicht darin zugestimmt werden, dass die Behörde bereits bei Ausübung des Vorkaufsrechts konkrete konzeptionelle Überlegungen hätte vorweisen müssen, wie die naturschutzfachliche Wertigkeit des jeweiligen Grundstücks weiter ökologisch aufgewertet werden solle, dass also bereits zu diesem Zeitpunkt naturschutzfachliche Pläne oder Programme erstellt hätten sein müssen. Das Verwaltungsgericht weist zu Recht auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hin, wonach es nicht Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts ist, dass bereits eine konkretisierte Planung über durchzuführende Optimierungsmaßnahmen vorliegt (BayVGH, U.v. 22.5.1995 – 9 B 92.1183 u.a. – NuR 1995, 554). Es reicht vielmehr aus, dass der Vorkaufsrechtsberechtigte eine ökologische Aufwertung eines Grundstücks im Sinn der von ihm benannten Zielrichtung durchführen will (vgl. BayVGH, U.v. 3.5.2016 – 14 B 15.205 – BayVBl 2016, 846 Rn. 53), was hier nicht im Zweifel steht.

2. Soweit die Klägerin der Auffassung ist, das Schreiben des Landratsamts Freising vom 3. September 2015 könne die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids schon deshalb nicht heilen, weil die nachgeholte naturschutzrechtliche (gemeint: naturschutzfachliche) Bewertung vom 2. September 2015 sich auf das falsche, nämlich das Nachbargrundstück beziehe, was in erster Instanz bereits vorgetragen worden sei, genügt dieses Vorbringen im Schriftsatz vom 22. März 2016 nicht den Darlegungsanforderungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. In diesem Schriftsatz wird nicht aufgezeigt, warum sich die naturschutzfachliche Bewertung auf das falsche Grundstück beziehen sollte; der bloße Hinweis der Klägerin auf den Vortrag in erster Instanz genügt den Darlegungsanforderungen nicht (vgl. etwa BVerwG, B.v. 19.8.1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328). Soweit sich im weiteren Schriftsatz vom 19. Mai 2016 hierzu Ausführungen finden, sind diese verspätet; eine mangelnde Darlegung innerhalb der Antragsbegründungsfrist kann nicht durch weitere Darlegungen außerhalb dieser Frist geheilt werden. Entsprechend sind auch die hieran anknüpfenden Ausführungen der Klägerin zum nicht ordnungsgemäß ausgeübten (bzw. ergänzten) Ermessen nicht hinreichend substantiiert. Auch hier wird im Schriftsatz vom 22. März 2016 nur angeführt, das naturschutzfachliche Gutachten basiere auf unzutreffenden Tatsachen und sei daher eine ungeeignete Grundlage für eine ordnungsgemäße Ermessensbetätigung, die die tatsächliche Grundstückssituation einstellen und bewerten müsse. Nur ergänzend ist anzumerken, dass – hierauf weist der Beklagte zu Recht hin – das Gutachten vom 2. September 2015 sich ausdrücklich auf das streitgegenständliche Grundstück bezieht. Zudem finden sich darin Aussagen dahingehend, der Mauerner Bach sei als Schwerpunktgebiet des Naturschutzes zu betrachten und es solle vordringlich an den in der Wasserrahmen-Richtlinie ausdrücklich genannten Gewässern, zu denen der Mauerner Bach gehöre, ein guter ökologischer Zustand erreicht werden, weshalb die Gemeinde jede Chance nutzen könne, dort Grundstücke zu erwerben und dauerhaft für die Fließgewässerentwicklung zu nutzen. Entsprechend hat das Verwaltungsgericht auch die von der Klägerin im Einzelnen vorgebrachten Einwände zu den tatsächlichen (baulichen) Verhältnissen auf dem streitgegenständlichen Grundstück (Zaun, Holzhaus, Treppe) und die Erwähnung solcher baulicher Anlagen im naturschutzfachlichen Gutachten nicht als durchgreifend angesehen.

Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge gemäß § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.6.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (wie Vorinstanz).

Tenor

I.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 abgeändert und erhält folgende Fassung:

Der Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 wird aufgehoben, soweit das Vorkaufsrecht für die Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H., ausgeübt wurde. Im Übrigen wird die Klage des Klägers zu 1 abgewiesen.

II.

Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

III.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Kläger zu 1 ein Drittel und der Beklagte zwei Drittel. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich als Verkäufer gegen die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts.

Mit Schreiben vom 6. September 2012, eingegangen am 11. September 2012, informierte der beurkundende Notar das Landratsamt Rosenheim darüber, dass die Kläger mit notariellem Kaufvertrag vom 30. August 2012 diverse Grundstücke an die Beigeladenen zu 2 bis 4 veräußert haben. Dabei handelt es sich um folgende Grundstücke:

- Auf dem Gemeindegebiet von Bad Endorf liegend:

FlNr. 1038 (2.730 m²), 1039 (Teilfläche von 4.095 m² von insgesamt 5.095 m²), 1041 (2.387 m²), 1041/1 (957 m²), 1042 (5.150 m²), 1047/1 (1.450 m²), jeweils der Gemarkung P.; FlNr. 91 (3.510m²), 92 (4.782 m²), jeweils der Gemarkung H.

- Auf dem Gemeindegebiet von Riedering liegend:

FlNr. 850 (412 m²), 851 (7.340 m²), 851/3 (1.019 m²), 852 (6.328 m²), 866/1 (2.300 m²), 867 (1.360 m²), 868 (1.630 m²), 869 (2.380 m²), jeweils der Gemarkung P.

Die Klägerin zu 2 ist Miteigentümerin des Grundstücks FlNr. 852, hinsichtlich der übrigen Grundstücke ist der Kläger zu 1 Alleineigentümer. Mit Ausnahme der Grundstücke FlNr. 1038 und 850, jeweils der Gemarkung P., grenzen alle Grundstücke an ein oberirdisches Gewässer, die Thalkirchner Achen, ein Gewässer dritter Ordnung, an. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt an das Grundstück FlNr. 849 der Gemarkung P., das für den künstlich hergestellten sog. Unterachthaler Mühlbach abgeteilt worden war, dessen Zweckbestimmung die Wasserzuführung zu einer mittlerweile verfallenen Mühle war.

Nachdem die Gemeinden Bad Endorf und Riedering (Beigeladene zu 1) ihr Interesse an der Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts geäußert hatten, hörte das Landratsamt die Kläger und die Beigeladenen zu 2 bis 4 mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 zur beabsichtigten Ausübung des Vorkaufsrechts an. Der Kläger zu 1 widersprach der Ausübung mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 und wies darauf hin, dass sämtliche Grundstücke mit Pachtvertrag vom 10./11. Mai 2012 ab 1. Juni 2012 für die Dauer von 30 Jahren von ihm an den Vater der Beigeladenen zu 2 bis 4 verpachtet worden seien. Denselben Hinweis enthielt auch der Schriftsatz der Beigeladenen zu 2 bis 4 vom 28. Oktober 2012.

Am 7. November 2012 übersandte das Notariat die erteilte Genehmigung (bzw. das Negativzeugnis) nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Das Landratsamt hörte die Kläger und die Beigeladenen zu 2 bis 4 nochmals mit Schreiben vom 8. November 2012 zur Ausübung des Vorkaufsrechts an. Die Kläger und die Beigeladenen zu 2 bis 4 wandten sich erneut gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts; die Beigeladenen zu 2 bis 4 unterrichteten das Landratsamt zudem von einer an den Bayerischen Landtag gerichteten Petition, in der sie sich wegen einer seit zwei Jahren dauernden Planung einer Wasserkraftanlage gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts aussprachen. Nach Abstandnahme der Gemeinde Bad Endorf von der Ausübung des Vorkaufsrechts für die auf ihrem Gebiet liegenden Grundstücke teilte die Beigeladene zu 1 dem Landratsamt mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 mit, dass das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zu ihren Gunsten für alle in Frage kommenden Grundstücke ausgeübt werden solle.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 übte das Landratsamt das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zugunsten der Beigeladenen zu 1 für alle veräußerten Grundstücke mit Ausnahme des Grundstücks FlNr. 1038 der Gemarkung P. (nicht am Gewässer gelegen) und einer Teilfläche von 3.470 m² von FlNr. 1042 der Gemarkung P. (Waldfläche) aus. Das Vorkaufsrecht stehe der Gemeinde nach § 66 Abs. 5 BNatSchG i. V. m. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG zu. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei gemäß Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG durch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gerechtfertigt. Die Gemeinde beabsichtige, die Grundstücke ökologisch aufzuwerten. Die Flächen würden in das gemeindliche Ökokonto eingestellt und als zukünftige ökologische Ausgleichsflächen eingesetzt. Die ökologische Aufwertbarkeit der Flächen sei gegeben. Sämtliche Grundstücke lägen im Geltungsbereich der Kreisverordnung über die Inschutznahme der „Thalkirchner Achen und ihrer Umgebung“ als Landschaftsschutzgebiet vom 10. November 1966 (KABl vom 20.12.1967), zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. Dezember 1976 (KABl vom 31.12.1976). Die Thalkirchner Achen einschließlich ihrer Uferbereiche sowie weite Teile des Unterachthaler Mühlbachs einschließlich seiner Uferbereiche seien wegen ihres hohen ökologischen Wertes in der Flachlandbiotopkartierung Bayern als Bachlauf mit meist geschlossenem Gehölzsaum und Bach-Erlen-Eschenauwald-Beständen erfasst (Biotopkomplex-Nr. 8139-0050, Teilflächennummern 001, 002 und 003). Die Ufer seien an den Prallufern zum Teil verbaut. Im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) liege die Thalkirchner Achen im Schwerpunktgebiet F6 (Bachschluchten im Molassebergland Prien). Ziel 10 dieses Gebiets sei es, möglichst viele landwirtschaftliche Flächen in eine extensive Nutzung zu überführen. Ziel von Ausgleichsmaßnahmen auf diesen Flächen sei vor allem, die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Dies könne dadurch erreicht werden, dass die jetzt intensiv genutzten Wiesen nach einer Aushagerungsphase ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz mit einem späten Mahdzeitpunkt und 20% wechselnder Brache nur noch extensiv bewirtschaftet würden. Dieses Pflegeregime werde zu einer größeren Pflanzenvielfalt, vor allem auch blühender Stauden, in den Wiesen führen und damit deren Wert als Lebens- und Nahrungsstätte für die Fauna (z. B. Vögel, Schmetterlinge) erheblich verbessern. Durch die ökologische Aufwertung der Wiesen werde die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht. Die Ausübung des Vorkaufsrechts stelle sicher, dass in diesem Abschnitt des Gewässers der natürliche unverbaute Bachlauf ohne Eingriffe, wie z. B. Sicherung der Prallufer, erhalten bzw. wieder hergestellt werde. Nicht zuletzt stellten die extensiv ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz genutzten Wiesen eine Pufferzone zum Gewässer dar und hätten positive Auswirkungen auf die Wasserqualität der Thalkirchner Achen. Die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts erfolge im pflichtgemäßen Ermessen. Der drei Monate vor Kaufvertragsabschluss auf 30 Jahre abgeschlossene Pachtvertrag werde als unwirksam angesehen, stünde jedoch auch bei Wirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübung nicht entgegen, weil diese auch durch zukünftige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gerechtfertigt sei. Die Pläne zur ökologischen Aufwertung könnten noch nach Ablauf des Pachtvertrags realisiert werden. Das wasserrechtliche Verfahren mit dem Ziel der Errichtung einer Wasserkraftschnecke mit Fischaufstiegshilfe an der Thalkirchner Achen im Bereich der Grundstücke FlNr. 848 und 869 der Gemarkung P. sei noch nicht abgeschlossen; eine ökologische Aufwertung sei der Errichtung aus ökologischer Sicht vorzuziehen.

Auf Klage der Kläger hat das Bayerische Verwaltungsgericht München den Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 mit Urteil vom 11. Juni 2013 aufgehoben. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG bestehe ein Vorkaufsrecht nicht für das gesamte Grundstück, sondern nur für den Grundstücksteil, für den die Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG zu bejahen seien. Bis zu welcher Größe bzw. Tiefe die an das Gewässer angrenzenden Landbereiche dem Vorkaufsrecht unterlägen, beurteile sich im Einzelfall nach der ökologischen Verflechtung von Gewässer und Uferbereich. Hier habe das Landratsamt das Vorkaufsrecht für eine Vielzahl von Grundstücken ausgeübt, bei denen wegen ihrer Größe eine ökologische Verflechtung zwischen Gewässer und angrenzender Fläche nicht mehr angenommen werden könne oder jedenfalls einer ausführlichen Begründung bedurft hätte, die fehle. Auf den Hilfsantrag der Kläger, den Beklagten zu verpflichten, das Vorkaufsrecht auch an den Grundstücken FlNr. 1042 (Restfläche Wald) und FlNr. 1038 auszuüben, kam es nicht mehr an.

Im Rahmen des vom Beklagten gestellten Antrags auf Zulassung der Berufung hat dieser die Ermessensausübung und Begründung im Bescheid des Landratsamts vom 18. Dezember 2012 ergänzt. Es wurden insbesondere nähere Ausführungen zum Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und zu den im Schwerpunktgebiet „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“ vorliegenden Gegebenheiten wie die enge Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex sowie zu bestehenden Konflikten und Zielen gemacht. Des Weiteren wurde auf die im Landschaftsplan der Beigeladenen zu 1 für den Bereich der Thalkirchner Achen formulierten Maßnahmen hingewiesen. Hinsichtlich der Ermessensentscheidung zur Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der Gesamtgrundstücke wurde insbesondere ergänzend ausgeführt, dass aufgrund des einheitlichen Ökosystems mit jeweiliger Wechselwirkung eine andere Entscheidung bei Abwägung der widerstreitenden Interessen und des Eigentumsrechts der Beteiligten aus naturschutzfachlichen Gründen auch im Hinblick auf die Grundstücksgröße und den Flächenumgriff der Grundstücke nicht möglich gewesen sei.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung begehrt der Beklagte,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 abzuändern und die Klagen abzuweisen.

Die Vorschrift des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG sei nach herrschender Meinung und der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinerEntscheidung vom 18. Januar 2000 - 9 B 95.31 - (juris) vor allem auf Satz 1 Nr. 2 und 3 der Bestimmung zugeschnitten, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass ein nur teilweise an ein Gewässer angrenzendes Grundstück nur zum Teil in das Eigentum der öffentlichen Hand überführt werden könne. Die erforderliche Verflechtung von Gewässer und angrenzenden Grundstücksteilen habe der Beklagte zwischenzeitlich durch die (rechtlich zulässige) Ergänzung der Ermessensausübung und Begründung im Bescheid des Landratsamts vom 18. Dezember 2012 dargelegt. Danach lägen sämtliche der gegenständlichen Flächen im selben ökologisch zusammenhängenden Talraum und bildeten ein Ökosystem. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass der Simssee sich nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts Rosenheim in einem mäßigen Erhaltungszustand befinde. Aus ökologischen Gesichtspunkten sollten daher alle Mittel ausgeschöpft werden, um die Nährstoffbelastung des Simssees durch die ihm zufließenden Bäche - die Thalkirchner Achen sei der Hauptzufluss des Simssees - zu verringern. Durch den mäandrierenden Lauf und die Hochwasserspitzen der Thalkirchner Achen seien alle Grundstücke der nur ca. 50 m bis maximal 180 m breiten Bachaue eng mit dem Gewässer vernetzt. Die Art der Nutzung der Flächen beeinflusse das Gewässer deshalb unmittelbar. Das Öko- system umfasse die gesamte Bachaue mit dem Fließgewässer, den tiefergelegenen Auengrundstücken und den bachbegleitenden Leitenwäldern. Die Breite des Ökosystems variiere je nach Breite des Talgrunds. Es handle sich um ein sehr komplexes Ökosystem, das räumlich nicht fest in Metern und Zentimetern umgrenzt werden könne, aber nicht nur einen engeren Uferstreifen betreffe. Soweit eine artenreiche Fauna (z. B. Amphibien, Reptilien, Vögel, Fledermäuse, Schmetterlinge) derzeit noch vorhanden sei, nutze sie sowohl die Wiesen und Wälder des gesamten Talbodens und der Hänge als auch den Bach als Lebens- und Nahrungsraum. Dabei gelte: Je größer die Fläche der artenreichen Wiesen und Wälder sei, desto höher werde die Anzahl der Tiere sein, die in und von ihr lebten. Das Landratsamt habe sich in Bezug auf jedes einzelne betroffene Grundstück mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Ausübung des Vorkaufsrechts durch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gerechtfertigt, ob das Grundstück ökologisch aufwertbar und ob und in welchem Umgriff eine Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlich und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben angemessen sei.

Das Grundstück FlNr. 850 sei ein 412 m² großes Mühlengrundstück mit einem verfallenen Gebäude und Gehölzsukzession, das ausschließlich an den Unterachtaler Mühlbach angrenze und von dem wesentlich größeren Grundstück FlNr. 851 auf drei Seiten umschlossen werde. Der Unterachthaler Mühlbach bilde ein eigenes Grundstück (FlNr. 849) und befinde sich im Eigentum der Beigeladenen zu 1. Es handle sich um ein künstlich geschaffenes Gewässer, dessen Zweckbestimmung die Wasserzuführung zur Mühle gewesen sei. Eine Ortseinsicht des Landratsamts am 3. September 2015 habe ergeben, dass der Mühlbach selbst nach der langen Trockenzeit des Sommers wasserführend sei und als Gewässer im Sinn des Naturschutzrechts bezeichnet werden könne. Eine Rückentwicklung zu einem reinen Entwässerungsgraben, der nur bei Starkregen Hangwasser ableite, sei nicht festzustellen. Das Grundstück FlNr. 851/3 werde vom Mühlbach durchflossen und grenze an der Nordseite mit einer Länge von ca. 42 m an die Thalkirchner Achen an. Das Grundstück sei teilweise mit Gehölzen und Ruderalflur bewachsen. Das Grundstück FlNr. 852 grenze nicht nur an den Mühlbach, sondern im Norden auf einem Teilstück auch an die Thalkirchner Achen an. Es handle sich um Mischwald am Hang zum Unterachthaler Mühlbach und zur Thalkirchner Achen. Bereits aus einem Vergleich der Lichtbilder aus den Jahren 2013 und 2015 sei ersichtlich, dass eine Gehölznutzung auf großen Teilen der Flurnummer erfolgt sei.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Es werde klargestellt, dass die Klage der Klägerin zu 2 nur auf Aufhebung des Bescheids vom 18. Dezember 2012 hinsichtlich des in ihrem Miteigentum stehenden Grundstücks FlNr. 852 abziele. Sowohl bei einer Auslegung nach dem Wortlaut als auch nach Systematik und Sinn und Zweck sei Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG auch auf Fallgestaltungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG anzuwenden. Zudem spreche eine verfassungskonforme Auslegung für eine einschränkende Interpretation des Gesetzes. Der Eingriff müsse auf das notwendige Maß beschränkt sein, damit er verhältnismäßig sei. Dies könne nur dadurch gewährleistet werden, dass sich das Vorkaufsrecht auf den für die Erreichung des Gesetzeszwecks relevanten Bereich eines Grundstücks beschränke und nicht von vornherein das gesamte Grundstück umfasse. Die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 18. Januar 2000 angeführte Begründung, wonach eine Anwendung des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG auf Satz 1 Nr. 1 dieser Bestimmung zu einer nicht hinnehmbaren Unwägbarkeit führe, verkenne, dass die Behörde spätestens im Rahmen des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG einer solchen „räumlichen Unwägbarkeit“ ausgesetzt sei, nachdem das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden dürfe, soweit dies Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege rechtfertigten. Der Beklagte habe in unzulässiger Weise Ermessenserwägungen nachgeschoben, da im ursprünglichen Bescheid jegliche Ausführungen und Ermessensgründe zum Umfang des räumlichen Bereichs des Vorkaufsrechts sowie dazu gefehlt hätten, ob und inwieweit das Vorkaufsrecht aus ökologischen Gründen tatsächlich gerechtfertigt sei. Das Ermessen sei im Übrigen auch fehlerhaft ausgeübt worden, da keine einzelfallbezogene und damit einzelgrundstücksbezogene Abwägung stattfinde, ob das Vorkaufsrecht überhaupt und mit welchem Umgriff es ausgeübt werde. Zudem sei fraglich, ob es ein ökologisches Gesamtkonzept, wie vom Beklagten vorgetragen, überhaupt gebe. Dass es dem Beklagten nicht um eine naturschutzrechtlich bedingte Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts gegangen sei, werde auch daran erkennbar, dass ein Nachbargrundstück mit gleichen Voraussetzungen verkauft worden sei, ohne dass das Vorkaufsrecht ausgeübt worden sei. Rein vorsorglich werde gefordert, das Vorkaufsrecht auf den gesamten Kaufgegenstand des Grundstücksvertrags vom 30. August 2012, also auch auf die Restfläche der FlNr. 1042 und auf die FlNr. 1038, zu erstrecken.

Die Beigeladene zu 1 stellt keinen Antrag.

Die Beigeladenen zu 2 bis 4 stellen ebenfalls keinen Antrag.

Sie schließen sich den Ausführungen der Kläger an. Bezogen auf einzelne Grundstücke führen sie ergänzend aus: Die Grundstücke FlNr. 850, 851/3 und 852 lägen nicht an der Thalkirchner Achen, sondern am Mühlbach. Da die Mühle auf FlNr. 850 seit Jahrzehnten nicht mehr bestehe, sei der Mühlbach ebenfalls seit Jahrzehnten verfallen. Es fließe dort kein Wasser mehr; der ehemalige Mühlbach diene nur noch der zeitweisen Aufnahme von Hangwasser, das bei Starkregenereignissen vom Hangwald auf den Grundstücken FlNr. 852, 866 und 865 abfließe und sich im Bett des ehemaligen Mühlbachs sammle, um dort zu versickern. Der Bach habe sich zum bloßen Entwässerungsgraben entwickelt. Die Grundstücke seien Hangwald, der seit Jahrzehnten sich selbst überlassen sei. Es fehle an der Darlegung, weshalb für diese Waldgrundstücke die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlich sein solle. Die Grundstücke FlNr. 866/1, 867, 868 und 869 würden durch einen Weg durchschnitten, der der Erschließung zahlreicher land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke diene und auf dem zum Teil dinglich gesicherte Geh- und Fahrtrechte lasteten. Es fehle an jeder Darlegung, warum dieser Weg keine Begrenzung der ökologischen Verflechtung zwischen Bach und Uferbereich darstelle. Zudem sei das Ufer der Thalkirchner Achen durch deutlich erkennbaren Bewuchs gekennzeichnet und schon dadurch deutlich von den Wiesen abgegrenzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage des Klägers zu 1 gegen den Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 851, 851/3-Teilfläche (östlich der FlNr. 849), 866/1, 867, 868, 869, jeweils der Gemarkung P., zu Unrecht stattgegeben; insoweit ist der Bescheid rechtmäßig und die Klage des Klägers zu 1 ist unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen (A). Im Übrigen - hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H. - ist die Stattgabe der Klagen indes nicht zu beanstanden, da die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtswidrig ist und der Kläger zu 1 und - hinsichtlich des Grundstücks FlNr. 852 - auch die Klägerin zu 2 in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Berufung des Beklagten war insoweit zurückzuweisen (B).

A. Die Aufhebung des Bescheids vom 18. Dezember 2012 ist bezüglich der Grundstücke FlNr. 851, 851/3-Teilfläche (östlich der FlNr. 849), 866/1, 867, 868, 869, jeweils der Gemarkung P., zu Unrecht erfolgt. Der Bescheid vom 18. Dezember 2012 ist hinsichtlich dieser Grundstücke rechtmäßig und verletzt den Kläger zu 1 - die Klage der Klägerin zu 2 bezieht sich nur auf die Vorkaufsrechtsausübung hinsichtlich der FlNr. 852 - nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ermächtigungsgrundlage für die Ausübung des Vorkaufsrechts ist § 66 Abs. 5 BNatSchG i. V. m. Art. 39 BayNatSchG. Danach steht neben dem Freistaat Bayern u. a. auch den Gemeinden das Vorkaufsrecht zu (Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG). Dieses hat der Freistaat Bayern, vertreten durch die Kreisverwaltungsbehörde - hier das Landratsamt Rosenheim -, auszuüben, wenn die Gemeinde es verlangt (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 und 4 BayNatSchG). Die Beigeladene zu 1 hat u. a. mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 die Ausübung des Vorkaufsrechts zu ihren Gunsten für die oben genannten, auf ihrem Gemeindegebiet gelegenen Grundstücke verlangt.

I.

Bedenken formeller Art gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts bestehen nicht.

1. Die Zwei-Monats-Frist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG ist gewahrt.

Zwar wurde der vollständige notarielle Kaufvertrag vom 30. August 2012 bereits mit Schreiben des beurkundenden Notars vom 6. September 2012, eingegangen beim Landratsamt am 11. September 2012, vorgelegt. Allerdings kann die Frist des Art. 39 Abs. 7 BayNatSchG erst dann in Lauf gesetzt werden, wenn der Vorkaufsfall eingetreten ist, was bei einem - hier nach § 2 des Grundstücksverkehrsgesetzes (GrdstVG) - genehmigungspflichtigen Kaufvertrag erst nach Erteilung dieser Genehmigung der Fall ist; erst dann liegt ein wirksamer Kaufvertrag mit einem Dritten vor (BayVGH, B. v. 28.11.2001 - 9 ZB 01.625 - juris Rn. 11 unter Hinweis auf BGH, U. v. 29.10.1993 - V ZR 136/92 - NJW 1994, 315). Erst wenn der Kaufvertrag genehmigt ist und diese Tatsache der zuständigen Behörde mitgeteilt ist, beginnt die Frist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG zu laufen (BayVGH, B. v. 28.11.2001 a. a. O.). Vorliegend hat der beurkundende Notar erst am 7. November 2012 die Genehmigung bzw. das Negativzeugnis, das gemäß § 5 Satz 2 GrdstVG der Genehmigung gleichsteht, übersandt. Durch den den damaligen Bevollmächtigten der Kläger - Verpflichtete i. S. d. Art. 39 Abs. 7 Satz 2 BayNatSchG i. V. m. § 464 Abs. 1 BGB - vor Ablauf der Frist (7.1.2013) zugestellten Bescheid vom 18. Dezember 2012 ist die Ausschlussfrist gewahrt.

2. Käufer und Verkäufer wurden vor Erlass des Bescheids vom 18. Dezember 2012 gem. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört.

3. Auch sonstige formelle Mängel sind nicht ersichtlich, insbesondere genügt der Bescheid vom 18. Dezember 2012 dem Begründungserfordernis des Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG.

Die Ausführungen im Bescheid unter Nr. II. 2. bis 4. enthalten die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Ausübung des Vorkaufsrechts, insbesondere werden die Rechtsgrundlage und die maßgeblichen rechtlichen Voraussetzungen dargelegt. Darüber hinaus hat das Landratsamt auch die Gesichtspunkte für die von ihm getroffene Ermessungsentscheidung genannt, so dass den formellen Anforderungen nach Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG Genüge getan wurde. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Begründung auch in materieller Hinsicht die Entscheidung im Einzelnen trägt.

II.

Auch in materiellrechtlicher Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der o.g. Grundstücke.

1. Die Tatbestandsvoraussetzung nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG für die Ausübung des Vorkaufsrechts liegt vor.

Gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG stehen u. a. den Gemeinden Vorkaufsrechte zu beim Verkauf von Grundstücken, auf denen sich oberirdische Gewässer einschließlich von Verlandungsflächen, ausgenommen Be- und Entwässerungsgräben, befinden oder die daran angrenzen.

a) Die oben genannten, im Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 1 liegenden Grundstücke grenzen an ein oberirdisches Gewässer an, nämlich die Thalkirchner Achen, ein Gewässer dritter Ordnung. Für ein Angrenzen i. S. d. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG reicht es aus, dass das Grundstück an einer Stelle mehr als nur punktförmig an das Gewässer angrenzt; es muss nicht mit einer ganzen Seitenlänge am Gewässer anliegen (BayVGH, U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 11 m. w. N.). Demnach grenzt auch das Grundstück FlNr. 851/3 in seinem östlichen Teilbereich an die Thalkirchner Achen an.

b) Der Senat hält an der Rechtsprechung des früher für das Naturschutzrecht zuständigen 9. Senats fest, dass trotz der Bestimmung des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG im Rahmen der Nummer 1 des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG das Vorkaufsrecht grundsätzlich nicht auf einen auf den Uferstreifen entfallenden Teil des Grundstücks beschränkt ist, sondern sich auf das gesamte Grundstück erstrecken kann. Denn anders als bei den unter den Nummern 2 und 3 des Satzes 1 geregelten Tatbeständen, bei denen sich das Vorkaufsrecht nur auf einen genau abgegrenzten Teil des Kaufgrundstücks - dem in den bezeichneten Gebieten gelegenen Grundstücksteil - beziehen kann, sind keine Kriterien dafür ersichtlich, wie nach Maßgabe des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG ein Teil des Grundstücks abzugrenzen wäre, auf den sich das Vorkaufsrecht von Vornherein beschränkt. Die Breite des Uferstreifens, für die die Ausübung des Vorkaufsrechts noch als rechtmäßig angesehen werden kann, wäre demnach völlig unbestimmt und die Behörde wäre bei der Vorkaufsrechtsausübung der Unwägbarkeit ausgesetzt, ob ihre eigene Einschätzung einer gerichtlichen Überprüfung stand hielte oder nicht (BayVGH, B. v. 18.1.2000 - 9 B 95.31 - juris Rn. 24; Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Stand April 2015, Art. 39 BayNatSchG Rn. 7, 9). Dies zeigt sich in besonderer Weise etwa dann, wenn Grundstücke an Verlandungsflächen angrenzen; nach welchen Kriterien hier die an die Verlandungsfläche angrenzende Fläche eines Grundstücks, für die das Vorkaufsrecht ausgeübt werden kann, abzugrenzen wäre, ist völlig offen. Verfassungsrechtliche Probleme sieht der Senat schon im Hinblick auf die weitere Tatbestandsvoraussetzung des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG nicht. Dennoch beruht die im Gesetz ausdrücklich vorgesehene Anwendung des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG auf die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 der Bestimmung geregelte Alternative nicht auf einem Redaktionsversehen; denn es verbleiben Anwendungsmöglichkeiten für besondere Fallgestaltungen, etwa wenn ein Buchgrundstück durch eine tatsächlich vorhandene und ein selbstständiges Grundstück bildende Wegefläche geteilt wird (BayVGH, B. v. 18.1.2000 a. a. O. Rn. 25 m. w. N.). Der Verwaltungsgerichtshof hat bisher offen gelassen, ob sich das Vorkaufsrecht bei ungewöhnlich großen Grundstücken auch auf Grundstücksteile in großer Entfernung zu einem oberirdischen Gewässer erstrecken kann. Dies braucht auch hier nicht entschieden werden, da aufgrund der vorliegenden Gegebenheiten eine derartige Fallgestaltung nicht inmitten steht. Die Grundstücke sind mit Ausnahme des Grundstücks FlNr. 851 zwischen ca. 1000 m² und 2.380 m² groß. Das Grundstück FlNr. 851 ist mit 7.340 m² zwar relativ groß; es grenzt aber mit drei Grundstücksseiten an die Thalkirchner Achen an.

Bis zu welcher Größe bzw. Tiefe die an das Gewässer angrenzenden Landbereiche dem Vorkaufsrecht unterliegen, beurteilt sich demnach im Einzelfall - so auch hier - nach Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG, d. h. nach der ökologischen Verflechtung von Gewässer- und Uferbereich mit den weiteren Landflächen, also letztlich nach den Belangen, mit denen das Vorkaufsrecht gerechtfertigt wird (BayVGH, U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 11; vgl. auch Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 39 BayNatSchG Rn. 9 f.).

2. Gegenwärtige und vor allem künftige Belange des Naturschutzes rechtfertigen die Ausübung des Vorkaufsrechts.

Gemäß Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG darf das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden, wenn dies gegenwärtig oder zukünftig die Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege oder das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung in der freien Natur rechtfertigen.

Das Vorliegen der genannten Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Da die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts keine Enteignung darstellt (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 7.11.2000 - 6 B 19.00 - Buchholz 406.48 Art. 34 BayNatSchG Nr. 1), gelten nicht die gleichen strengen Anforderungen, wie sie bei der Zulässigkeit einer Enteignung vorliegen müssen (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, B. v. 15.2.1990 - 4 B 245.89 - ZfBR1990, 207 zum baurechtlichen Vorkaufsrecht; BayVGH, B. v. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - NuR 2015, 427 Rn. 6 m. w. N.; U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 12 f. m. w. N.). Anders als eine Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreichbar ist (vgl. etwa Art. 40 Nr. 2 BayNatSchG), kann die Ausübung des Vorkaufsrechts schon dann gerechtfertigt sein, wenn der Erwerb eines Grundstücks vorteilhafte Auswirkungen auf die in Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG genannten Belange hat (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 a. a. O. m. w. N.; vgl. auch Kraft in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2001, § 66 Rn. 17; Konrad in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 66 BNatSchG Rn. 27). Als Rechtfertigungsgründe sind nicht nur die von der Behörde innerhalb der Frist von zwei Monaten benannten, sondern auch die im weiteren Verfahren vorgetragenen Gründe heranzuziehen (BayVGH, B. v. 18.1.2000 - 9 B 95.31 - juris Rn. 36 f.; U. v. 11.5.1994 - 9 B 93.1514 - BayVBl 1994, 657). Da maßgebend für die Rechtswirksamkeit und Rechtmäßigkeit der Ausübung der Zeitpunkt des Entstehens des Vorkaufsrechts mit Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags ist (vgl. BayVGH, U. v. 11.5.1994 a. a. O.), ist allerdings Voraussetzung, dass diese Rechtfertigungsgründe nicht erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind.

a) Bedenken dagegen, die von der Landesanwaltschaft Bayern (und nicht von der Ausgangsbehörde) nach Ablauf der Frist von zwei Monaten vorgetragenen ergänzenden Gründe, sei es durch Ergänzung der Begründung des Ausgangsbescheids, sei es durch Ausführungen im weiteren Verfahren, zu berücksichtigen, bestehen nicht. Die Landesanwaltschaft Bayern - und nicht die Ausgangsbehörde - vertritt in Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den Freistaat Bayern (§ 3 Abs. 3 Satz 1 LABV). Nach dieser organisationsrechtlichen Regelung des Landesrechts, die ihre Grundlage in § 36 Abs. 1 VwGO hat, hat die Landesanwaltschaft Bayern in gerichtlichen Verfahren sämtliche Befugnisse, die sonst die Ausgangsbehörde hat, etwa bei Vertretung in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten (vgl. § 3 Abs. 2 LABV). Demnach ist nicht ersichtlich, weshalb die Landesanwaltschaft Bayern nicht i. S. v. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG (oder auch gemäß § 114 Satz 2 VwGO, s. hierzu unten) Gründe nachschieben kann, zumal sie ihre Aufgaben im Benehmen mit den beteiligten Verwaltungsbehörden wahrnimmt und den ihr im Einzelfall von den beteiligten Behörden gegebenen Instruktionen zu entsprechen hat (vgl. § 3 Abs. 7 Satz 1 und 2 LABV).

Auch der Umstand, dass es sich vorliegend um einen fristgebundenen Verwaltungsakt handelt, ändert nichts daran, dass der Verwaltungsakt nachgebessert bzw. im Prozess weitere (Ermessens-)Gründe nachgeschoben werden können. Eine Nachbesserung begegnet rechtlichen Bedenken nur dann, wenn durch sie der Verwaltungsakt in seinem Wesen verändert wird. Das ist der Fall, wenn die von der Behörde angestellten Erwägungen nachträglich ausgewechselt oder neue - insbesondere nachträglich entstandene - Tatsachen nachgeschoben werden (vgl. BVerwG, B. v. 9.4.2002 - 4 B 20.02 - Buchholz 316 § 45 VwVfG Nr. 25 m. w. N.). Vorliegend wurde nur eine bisher unvollständige Begründung ergänzt, indem die bereits im Ansatz vorgetragene naturschutzrechtliche Rechtfertigung untermauert wurde. Die Ziele des Arten- und Biotopschutzprogramms Bayern (Landkreis Rosenheim) und des dortigen Schwerpunktgebiets „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“ waren bereits im Ausgangsbescheid als maßgebliche Rechtfertigungsgründe benannt. Die diesbezüglichen Ausführungen wurden durch nähere Darlegung der dortigen Gegebenheiten wie die enge Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex sowie der bestehenden Konflikte und Ziele konkretisiert. Unerheblich ist auch, ob die Heilung eines Begründungsmangels auf den Zeitpunkt des Erlasses der Verwaltungsentscheidung zurückwirkt oder nicht. Denn der Gesetzgeber hat in Art. 45 Abs. 1 BayVwVfG (bzw. in § 114 Satz 2 VwGO) angeordnet, dass Mängel in der Begründung unter den dort genannten Voraussetzungen unbeachtlich sind (vgl. BVerwG, B. v. 9.4.2002 a. a. O.). Dies gilt auch für fristgebundene Verwaltungsakte. Die Rechtslage bei diesen ist vergleichbar mit nicht fristgebundenen Verwaltungsakten, bei denen nach materiellem Recht der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit der Zeitpunkt des Bescheidserlasses ist; auch bei diesen steht außer Zweifel, dass bei einem (ausreichenden) Nachschieben von (Ermessens-)Gründen im Verwaltungsgerichtsverfahren eine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit aufgrund der ursprünglichen (nunmehr geheilten) Fehler ausscheidet.

b) Die vom Beklagten angeführten Gründe zeigen eine hinreichende ökologische Verflechtung des Gewässers einschließlich der Uferbereiche mit den übrigen Landbereichen der o.g. Grundstücke auf und stellen ausreichende (künftige) Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege für eine Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts bezogen auf die gesamten Grundstücke dar.

aa) Die Thalkirchner Achen einschließlich ihrer Uferbereiche sowie weite Teile des Unterachthaler Mühlbachs einschließlich seiner Uferbereiche sind in der Flachlandbiotopkartierung Bayern als Bachlauf mit meist geschlossenem Gehölzsaum und Bach-Erlen-Eschenauwald-Beständen erfasst (Biotopkomplex-Nr. 8139-0050, Teilflächennummern 001, 002 und 003). In der Flachlandbiotopkartierung Bayern wird das gesamte Achental als Nahrungs- und Überwinterungshabitat für Amphibien wie Grasfrosch und Erdkröte beschrieben. Die Grundstücke sind nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) Teil eines Schwerpunktgebiets des Naturschutzes, nämlich „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“. Dieses umfasst die wichtigsten zum Simssee hin entwässernden Fließgewässersysteme und deren Talräume mit den dort vorhandenen Feuchtgebieten. Im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) werden folgende ökologische Konflikte im Schwerpunktgebiet festgestellt: Entwässerung und Nährstoffeintrag; Drainage der Talfeuchtwiesen und Aufgabe der Streuwiesennutzung; Fichtenreinbestände an den Taleinhängen; stellenweise intensive Grünlandnutzung auf dem Talboden; Verbauungen der Fließgewässer; Abfallablagerungen und Auffüllungen in den Bachschluchten. Das Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) formuliert für die Bachläufe u. a. folgende Ziele und Maßnahmen: Verbesserung der Gewässergüte; Beschränkung der weiteren baulichen Entwicklungen in den Talauen; Beibehaltung der Grünlandnutzung bzw. Rückführung von Acker- in Grünlandnutzung in den Talauen und auf erosionsgefährdeten Flächen im Einzugsbereich; Ausübung extensiver Grünlandnutzung mittelfristig in der gesamten Bachaue, vorrangig in mindestens 20 m breiten Pufferzonen um die Flächen der Biotopkartierung sowie entlang der Bäche, auch aus Gründen des Trinkwasserschutzes; Reaktivierung von Überschwemmungsgebieten, Anhebung des Grundwasserstands in der Bachaue. Auch im Landschaftsplan der Beigeladenen zu 1 werden für den Bereich der Thalkirchner Achen Maßnahmen formuliert, die eine ökologische Aufwertung verfolgen, wie z. B. Wiesenerhalt, Erhalt standortgerechter Erlenbestände entlang des Bachlaufs und Rücknahme von Fichtenaufforstungen.

Nach der Begründung des Bescheids vom 18. Dezember 2012, die im gerichtlichen Verfahren zulässigerweise ergänzt wurde (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG; vgl. oben II 2 a), ist beabsichtigt, möglichst viele landwirtschaftliche Flächen in eine extensive Nutzung zu überführen und die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Dadurch könne erreicht werden, dass die intensiv genutzten Wiesen nach einer Aushagerungsphase ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz mit einem späten Mahdzeitpunkt und 20% wechselnder Brache nur noch extensiv bewirtschaftet würden. Dieses Pflegeregime werde zu einer größeren Pflanzenvielfalt, vor allem auch blühender Stauden, in den Wiesen führen und damit deren Wert als Lebens- und Nahrungsstätte für die Fauna (z. B. Vögel, Schmetterlinge) erheblich verbessern. Durch die ökologische Aufwertung der Wiesen werde die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht. Die Ausübung des Vorkaufsrechts stelle sicher, dass in diesem Abschnitt des Gewässers der natürliche unverbaute Bachlauf ohne Eingriffe, wie z. B. Sicherung der Prallufer, erhalten bzw. wiederhergestellt werde. Nicht zuletzt stellten die extensiv ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz genutzten Wiesen eine Pufferzone zum Gewässer dar und hätten positive Auswirkungen auf die Wasserqualität der Thalkirchner Achen. Die im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und im Landschaftsplan formulierten Konflikte, Ziele und Maßnahmen bezögen sich nicht nur auf den Bachlauf der Thalkirchner Achen, sondern insbesondere auf die Talsohle. Dies sei mit der engen Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex Thalkirchner Achen begründet, da insbesondere vorkommende Arten (z. B. Amphibien, Vögel, Tagfalter) Lebensraum-Komplexbewohner seien und daher auf eine Kombination von weitgehend intakten Bachabschnitten mit Gehölzsaum, angrenzenden Feuchtwiesen und Laubwäldern der Leitenhänge angewiesen seien. Die formulierten Maßnahmen entfalteten nur dann eine ausreichende Wirkung, wenn sie sich auf den gesamten Talraum erstreckten. Nach der nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) kurzfristig anzustrebenden Mindestbreite der Pufferzone um die Flächen der Biotopkartierung von 20 m blieben in den meisten Flurstücken nur minimale Restflächen, weshalb der Erwerb der jeweils gesamten Flurstücke gerechtfertigt sei.

Der von ihm beigezogene Vertreter des Wasserwirtschaftsamts hat die Einschätzung des Beklagten, es handle sich bei der Thalkirchner Achen und den o.g. Grundstücken um ein Ökosystem, im Augenscheinstermin und in der mündlichen Verhandlung näher erläutert. Danach ist die gesamte Talaue wichtig für die Gewässerentwicklung. Die (weitgehend) flachen, an die Thalkirchner Achen angrenzenden Grundstücke gehörten zur Bachaue - definitionsgemäß ein Bereich, der zeitweilig von Hochwasser überflutet werde -, die mit dem Gewässer ein einheitliches Ökosystem bilde. Nach der Geologischen Karte von Bayern fänden sich im fraglichen Bereich klassische geologische Ablagerungen, wie bei einer Auensituation mit regelmäßiger Überflutung. Diese Ablagerungen und Böden seien nach wie vor im streitgegenständlichen Bereich vorhanden, auch wenn derzeit nicht von einer intakten Aue ausgegangen werden könne. Durch die Verbauungen und aufgrund der immer weiter fortgeschrittenen Vertiefung der Thalkirchner Achen sei nachvollziehbar, dass es in den letzten wenigen Jahrzehnten im streitigen Bereich selten zu Überflutungen gekommen sei. Der Zustand sei aber nicht irreversibel, sondern könne wieder verbessert werden. Es sei wasserwirtschaftlich erwünscht, dass die Restbestände der Uferbebauung zusammenfielen und die Thalkirchner Achen sich wieder eigenständig unter Einbindung der Aue entwickeln könne. Der dadurch bewirkte Bodeneintrag sei für die Eutrophierung des Simssees zu vernachlässigen; diese entstehe vielmehr durch Einträge aus landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Die Vertreterin der unteren Naturschutzbehörde hat hierzu ergänzend ausgeführt, dass bei einer extensiveren Bewirtschaftung der Grundstücke und einer Reaktivierung der Eigendynamik der Thalkirchner Achen wieder mehr Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten geschaffen werden könne und so die Wiesengrundstücke naturschutzfachlich wesentlich höherwertiger wären. Bezogen auf die Grundstücke FlNr. 868 und 869 hat sie ausgeführt, dass die wieder aufgeforsteten Bäume nicht der hier vorliegenden Weichholzaue entsprächen. Einer solchen entspräche ein überwiegender Baumbestand aus Eschen, Weiden und Erlen als standortgerechte heimische Baumarten, der auch zu einer Biotopkartierung der entsprechenden Grundstücke führen könne.

bb) Hiermit ist eine ausreichende Verflechtung der o.g. Grundstücke mit der Thalkirchner Achen dargetan und es sind für sämtliche Grundstücke hinreichende Belange des Naturschutzes aufgezeigt.

(1) Nach alledem besteht eine ausreichende Verflechtung der o.g. Grundstücke mit der Thalkirchner Achen. Nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und den ergänzenden Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts handelt es sich bei den streitgegenständlichen (flachen) Grundstücken um Auengrundstücke, die zusammen mit der Thalkirchner Achen als einheitliches Ökosystem zu betrachten sind. Dies hat der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts an Hand der Geologischen Karte von Bayern nachvollziehbar erläutert. Der Umstand, dass es in den vergangenen Jahrzehnten selten zu Überflutungen gekommen ist, ändert nichts daran, dass es sich bei den Grundstücken noch um - wenn auch nicht intakte - Auengrundstücke handelt. Denn die Ablagerungen und die Böden, wie sie bei einer Auensituation mit regelmäßiger Überflutung vorliegen, sind weiterhin vorhanden und eine Wiederherstellung bzw. jedenfalls eine Verbesserung der für Bachauen typischen Vielfalt von Lebensräumen und Strukturen ist noch möglich. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die vorhandenen Verbauungen mehr und mehr verfallen und so erwartet werden kann, dass die Eigendynamik der Thalkirchner Achen wieder zunimmt. Den Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts kommt entsprechend der Stellung des Wasserwirtschaftsamts als wasserwirtschaftlicher Fachbehörde nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayWG eine besondere Bedeutung zu. Da deren fachbehördliche Ausführungen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen von privaten Fachinstituten; dies gilt erst recht für nicht durch Aussagen sachverständiger Personen untermauerte Darlegungen wasserwirtschaftlicher Art von Prozessbeteiligten. Dafür, dass die Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft wären, ist nichts ersichtlich (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 23.2.2016 - 8 CS 15.1096 - juris Rn. 36). Somit sind die oben genannten Grundstücke ausreichend mit der Thalkirchner Achen verflochten. Der von den Beigeladenen zu 2 bis 4 angeführte landwirtschaftliche Weg entlang der Grundstücke ändert hieran nichts.

(2) Die vom Beklagten angeführten Ziele, die mit dem Erwerb der genannten Grundstücke und deren konkret angestrebter Verwendung gefördert werden sollen, entsprechen nicht nur den in § 1 BNatSchG angeführten Zielen und Grundsätzen, sondern auch bereits vorhandenen Planungen und Konzepten des Naturschutzes, wie - in Teilen - dem Landschaftsplan der Beigeladenen zu 1 (vgl. §§ 8 ff. BNatSchG, Art. 4 BayNatSchG) und vor allem dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim), vgl. Art. 19 BayNatSchG. Der Schutz und die Verbesserung von Gewässern und damit zusammenhängenden Lebensräumen ist ein wichtiger Belang auch des Naturschutzes. Dies folgt bereits aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG, wonach Binnengewässer vor Beeinträchtigungen zu bewahren und ihre natürliche Selbstreinigungsfähigkeit und Dynamik zu erhalten sind, wobei dies insbesondere für natürliche und naturnahe Gewässer einschließlich ihrer Ufer, Auen und sonstigen Rückhalteflächen gilt. Weitere wichtige Belange zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts sind, wildlebende Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften sowie ihre Biotope und Lebensstätten auch im Hinblick auf ihre jeweiligen Funktionen im Naturhaushalt zu erhalten (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 BNatSchG) und der Entwicklung sich selbst regulierender Ökosysteme auf hierfür geeigneten Flächen Raum und Zeit zu geben (§ 1 Abs. 3 Nr. 6 BNatSchG). Nicht zuletzt sind gemäß § 21 Abs. 5 BNatSchG unbeschadet des § 30 BNatSchG die oberirdischen Gewässer einschließlich ihrer Randstreifen, Uferzonen und Auen als Lebensstätten und Biotope für natürlich vorkommende Tier- und Pflanzenarten zu erhalten; sie sind so weiterzuentwickeln, dass sie ihre großräumige Vernetzungsfunktion auf Dauer erfüllen können. Entsprechende Ziele verfolgen auch die o.g. Planungen. Die die Gewässer umgebenden Wiesen sollen mittelfristig in der gesamten Bachaue extensiv genutzt werden, um so ihren Wert als Fortpflanzungs- und Nahrungshabitat für die Fauna zu verbessern und die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Gleichzeitig wird dadurch angestrebt, einen Puffer um die Flächen der Biotopkartierung zu schaffen, um die Wasserqualität der Bäche - hier der Thalkirchner Achen - und damit des Simssees zu verbessern. Die standortgerechten Erlenbestände entlang des Bachlaufs sollen erhalten bleiben, um vorkommenden Arten, wie Amphibien, Vögeln und Tagfaltern, als Lebensraum-Komplexbewohnern eine Kombination von weitgehend intakten Bachabschnitten mit Gehölzsaum, angrenzenden Feuchtwiesen und - soweit vorhanden - Laubwäldern der Leitenhänge zu bieten. Insgesamt soll damit die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht werden. Der Umstand, dass sich die angestrebten Ziele nur nach und nach verwirklichen lassen, lässt die Rechtfertigung nicht entfallen; die Rechtfertigungsgründe des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG sind auf eine langfristige Wirkung angelegt (BayVGH, B. v. 15.9.2006 - 9 B 04.1233 - juris Rn. 20).

c) Der Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung steht nicht entgegen, dass die Grundstücke mit Pachtvertrag vom 10./11. Mai 2012 zum 1. Juni 2012 für die Dauer von 30 Jahren an den Vater der Beigeladenen zu 2 bis 4 verpachtet worden sind und daher die beabsichtigten Maßnahmen nicht zeitnah realisiert werden können. Denn Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG lässt auch zukünftige Belange ausreichen (BayVGH, B. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 15; B. v. 24.1.2001 - 9 ZB 99.241 - juris Rn. 6).

d) Bei der gegebenen Sachlage ist auch unerheblich, dass Motivation der Beigeladenen zu 1 für das Verlangen der Vorkaufsrechtsausübung zu ihren Gunsten in erster Linie war, die Grundstücke in ihr Ökokonto einzustellen. Die Einstellung von Grundstücken in ein Ökokonto als solche hätte die Ausübung des Vorkaufsrechts noch nicht gerechtfertigt (BayVGH, B. v. 3.3.2016 - 14 ZB 15.2071 - juris Rn.13; B. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 15). Ausgangspunkt für die Prüfung der Rechtfertigung sind die jeweiligen im (ergänzten) Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts genannten Gründe und die danach beabsichtigten Maßnahmen. Naturschutzrechtlich unerhebliche Beweggründe der Gemeinde, die Ausübung des Vorkaufsrechts zu verlangen, lassen tatsächlich vorliegende Rechtfertigungsgründe einer Vorkaufsrechtsausübung nicht entfallen (vgl. BayVGH, B. v. 3.3.2016 a. a. O.). Hier ist nicht zweifelhaft, dass die Beigeladene zu 1 jedenfalls zeitnah nach Ablauf des Pachtvertrags eine ökologische Aufwertung der Grundstücke im Sinn der vom Beklagten benannten Zielrichtung unter Beratung durch das Landratsamt durchführen will. Dies reicht zur Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts aus (BayVGH, U. v. 22.5.1995 - 9 B 92.1183 u. a. - NuR 1995, 554).

e) Ebenfalls nicht von Relevanz ist, dass die Beigeladenen zu 2 bis 4 beteuern, die Grundstücke selbst schon extensiv zu bewirtschaften, bzw. den Versuch unternommen haben, in den Vertragsnaturschutz oder andere ökologische Förderprogramme aufgenommen zu werden, was jedoch mangels Vorliegens der jeweiligen Voraussetzungen nicht gelungen ist. Denn nach der ständigen Rechtsprechung ist es eine allgemeine Erfahrungstatsache, dass Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand die Verwirklichung der Ziele von Naturschutz und Landschaftspflege besser und sicherer gewährleisten als Grundstücke in der Hand von Privatpersonen, deren privatnützige Interessen leicht in Konflikt mit den Anforderungen von Naturschutz und Landschaftspflege geraten können (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - NuR 2015, 427 Rn. 7 m. w. N.). Auch Bewirtschaftungsvereinbarungen, wie etwa der Vertragsnaturschutz, können den Eigentumserwerb der öffentlichen Hand nicht ersetzen (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 a. a. O. Rn. 10 f.).

3. Die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der o.g. Grundstücke weist auch keine durchgreifenden Ermessensfehler auf (§ 114 Satz 1 und 2 VwGO). Sie beruht weder auf falschen oder unvollständigen Tatsachen, noch erweist sie sich sonst als fehlerhaft.

a) Entgegen der Annahme der Kläger und der Beigeladenen zu 2 bis 4 wurde bereits im Bescheid vom 18. Dezember 2012 Ermessen ausgeübt (vgl. oben unter I 3). Dieses konnte gemäß § 114 Satz 2 VwGO - auch durch die Landesanwaltschaft Bayern (vgl. oben unter II 2 a und BayVGH, U. v. 18.1.2010 - 11 BV 08.789 - BayVBl 2010, 371) - ergänzt werden.

b) Das Landratsamt hat bereits im Ausgangsbescheid erkannt, dass Ermessen ausgeübt werden muss und hat die Interessen der Kaufvertragsparteien mit den öffentlichen Interessen am Erwerb der Grundstücke durch die öffentliche Hand abgewogen; es ist ohne Ermessensfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass das Interesse der Allgemeinheit an einer langfristen und nachhaltigen ökologischen Aufwertung der Grundstücke das Interesse der Verkäufer und der Käufer an der langfristigen bisherigen land- bzw. forstwirtschaftlichen Nutzung überwiegt. Es ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Pachtvertrag auch bei seiner Wirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht entgegensteht, weil auch zukünftige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege die Ausübung rechtfertigen können. Es hat auch die Interessen der Käufer in Bezug auf deren Absicht berücksichtigt, eine Wasserkraftschnecke mit Fischaufstiegshilfe am Wehr der stillgelegten Wasserkraftanlage Unterachthal an der Thalkirchner Achen im Bereich der Grundstücke FlNr. 848 und 869 zu errichten. Es ist dabei ohne falsche Gewichtung zu dem Ergebnis gelangt, dass letztlich die ökologische Aufwertung der Grundstücke der Errichtung einer Wasserkraftschnecke aus ökologischer Sicht vorzuziehen ist. Auch ist nicht zu beanstanden, dass es das Landratsamt aufgrund der Wechselwirkung zwischen Gewässer- und Uferbereich sowie den Landbereichen für angezeigt gehalten hat, nicht nur hinsichtlich eines Teilbereichs, sondern hinsichtlich der Gesamtfläche der jeweiligen Grundstücke das Vorkaufsrecht auszuüben.

Ein Ermessensfehler ist auch nicht darin zu sehen, dass nach dem Vortrag der Beigeladenen zu 2 bis 4 das Vorkaufsrecht beim Verkauf anderer Grundstücke trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für dessen Ausübung nicht ausgeübt wurde. Der Freistaat Bayern ist nicht verpflichtet, von dem ihm zustehenden Vorkaufsrecht in jedem Fall Gebrauch zu machen; er kann die in seinem Ermessen stehende Entscheidung durchaus davon abhängig machen, ob ein anderer Vorkaufsberechtigter im Hinblick auf von ihm verfolgte naturschutzrechtliche Zwecke die Ausübung verlangt, etwa weil diesem zum entsprechenden Zeitpunkt die erforderlichen Haushaltsmittel für den Grunderwerb gerade zur Verfügung stehen (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2001 - 9 ZB 01.1937 - juris Rn. 8 m. w. N.).

B. Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H. - alle im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegen - sowie der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, jeweils der Gemarkung P., ist der Anfechtungsklage zu Recht stattgegeben worden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten der Beigeladenen zu 1 ist insoweit rechtswidrig und der Kläger zu 1 - und hinsichtlich des Grundstücks FlNr. 852 - auch die Klägerin zu 2 sind insoweit in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beigeladenen zu 1 steht an den im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücken kein Vorkaufsrecht zu (I). Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) und 852 liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Abs. 2 BayNatSchG nicht vor (II).

I.

Für die im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücke FlNr. 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H., besteht kein Vorkaufsrecht der Beigeladenen zu 1.

Die Frage, ob Gemeinden auch für Grundstücke außerhalb ihres Gemeindegebiets ein Vorkaufsrecht zusteht, ist vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG bestimmt nur, dass dem Freistaat Bayern sowie den Bezirken, Landkreisen, Gemeinden und kommunalen Zweckverbänden Vorkaufsrechte zustehen beim Verkauf von in den Nummern 1 bis 3 der Vorschrift bezeichneten Grundstücken. Bei Würdigung der auslegungsrelevanten Umstände sprechen die überwiegenden Gründe für die Auffassung, dass Gebietskörperschaften wie Gemeinden ein Vorkaufsrecht nur für Grundstücke zusteht, die in ihrem jeweiligen (Hoheits-)Gebiet liegen.

1. Der Wortlaut des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG ist nicht eindeutig. Er legt allerdings schon nahe, dass den dort genannten Gebietskörperschaften, insbesondere den Gemeinden, nur für auf ihrem jeweiligen (Hoheits-)Gebiet gelegene Grundstücke ein Vorkaufsrecht zusteht. Denn ansonsten käme eine unbestimmte und unüberschaubare Vielzahl von örtlichen und überörtlichen Gebietskörperschaften in ganz Bayern als Vorkaufsberechtigte in Betracht, die größtenteils keinerlei Bezug zu den jeweiligen Grundstücken haben. Auch wenn man - wofür sich aus der Vorschrift schon keine Anhaltspunkte ergeben - die Vorkaufsberechtigung auf Gebietskörperschaften beschränkte, die zumindest einen örtlichen Bezug zu den verkauften Grundstücken haben, wäre eine Abgrenzung schwierig und von der für die Ausübung des Vorkaufsrechts zuständigen Kreisverwaltungsbehörde (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG) innerhalb der sehr kurzen Ausschlussfrist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG kaum zu leisten. Eine klare Abgrenzung der Vorkaufsberechtigung von Gebietskörperschaften ist nur über das jeweilige (Hoheits-)Gebiet möglich (vgl. für Gemeinden Art. 6 Abs. 1 GO; vgl. auch Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 39 BayNatSchG Rn. 4).

2. Bestärkt wird dieses Verständnis durch die Gesetzessystematik. Gemäß Art. 39 Abs. 3 Satz 4 BayNatSchG hat der Freistaat Bayern das Vorkaufsrecht zugunsten eines anderen Vorkaufsberechtigten nach Absatz 1 der Vorschrift auszuüben, wenn dieser es verlangt. Gemäß Satz 6 des Absatzes 3 der Vorschrift bestimmt sich das Vorkaufsrecht innerhalb der Gebietskörperschaften einschließlich der kommunalen Zweckverbände nach den geplanten Maßnahmen, wobei überörtliche den örtlichen Vorhaben vorgehen. Eine Regelung dahingehend, wie zu verfahren ist, wenn auf gleicher - etwa örtlicher - Ebene Maßnahmen durchgeführt werden, findet sich nicht. Soweit der Gesetzgeber tatsächlich allen (oder zumindest auch den angrenzenden) Gebietskörperschaften ein Vorkaufsrecht einräumen hätte wollen, hätte spätestens hier eine Zuordnung etwa dahingehend nahegelegen, dass das Vorkaufsrecht der Standortgemeinde Vorrang genießt. Das Fehlen einer derartigen Konkurrenzregelung legt es nahe, dass der Gesetzgeber eine entsprechende Konkurrenzsituation verschiedener Kommunen nicht in den Blick nehmen musste, weil eine solche wegen der Beschränkung des Vorkaufsrechts auf im jeweiligen Gebiet gelegene Grundstücke nicht entstehen kann.

Darüber hinaus zeigt sich angesichts dieser Regelungen, dass ein praktikabler Vollzug der Vorschrift nicht möglich wäre, wenn man zu dem Ergebnis käme, dass Gebietskörperschaften auch für Grundstücke außerhalb ihres jeweiligen Gebiets Vorkaufsrechte zustehen. Denn ein „Verlangen“ der jeweiligen Gebietskörperschaft, dass das Vorkaufsrecht zu ihren Gunsten ausgeübt wird, setzt voraus, dass sie vom Entstehen des Vorkaufsrechts in Kenntnis gesetzt wird. Danach müssten theoretisch sämtliche Gemeinden und alle sonstigen Gebietskörperschaften Bayerns oder jedenfalls diejenigen, die noch einen örtlichen Bezug zu den Grundstücken aufweisen, vom Eintritt des Vorkaufsfalls informiert werden, was angesichts deren Anzahl (bzw. Unbestimmtheit) und wegen der sehr kurzen Ausschlussfrist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG nicht möglich bzw. impraktikabel ist. Entsprechend ist die derzeitige Handhabung des Freistaats so, dass der vom Notariat übermittelte Kaufvertrag nur den Gebietskörperschaften übersandt wird, auf deren Gebiet sich die verkauften Grundstücke befinden. Demgemäß hinge es allein vom Zufall ab, ob z. B. andere Gemeinden als die Standortgemeinde vom Eintritt des Vorkaufsfalls erfahren, etwa weil ein Kaufvertrag Grundstücke aus unterschiedlichen Gemeinden zum Gegenstand hat, und dadurch in die Lage versetzt werden, eine Ausübung zu ihren Gunsten zu verlangen. Ein derartiger Gesetzesvollzug erscheint aber willkürlich.

Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, ob die Vorkaufsrechtsausübung auch deshalb rechtswidrig wäre, weil der Gemeinderat der Beigeladenen zu 1 nicht vor Ablauf der Ausübungsfrist einen Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts für die im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücke gefasst, sondern diese Entscheidung dem „Bürgermeisterausschuss“ überlassen hatte.

II.

Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) und 852, jeweils der Gemarkung P., liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht vor.

1. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt nicht an ein Gewässer an.

Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich beim Unterachthaler Mühlbach um kein Gewässer dritter Ordnung im Sinn des Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 BayWG. Daran gibt es nach den im Augenschein getroffenen Feststellungen sowie nach der sachkundigen Beurteilung des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts keinen Zweifel. Nach den Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts ist der (frühere) Unterachthaler Mühlbach kein Gewässer, sondern Teil der stillgelegten technischen Wehr- und Mühlanlage. Der Augenschein hat ergeben, dass er in weiten Bereichen zugewachsen bzw. zugeschüttet ist und kein Wasser führt. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt aber nur an den Unterachthaler Mühlbach, und nicht auch an die Thalkirchner Achen an.

2. Auch das Grundstück FlNr. 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) grenzt nicht im Sinn von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG an ein Gewässer an.

Diese Teilfläche des Grundstücks ist von der Teilfläche östlich des Mühlbachgrundstücks durch das Mühlbachgrundstück FlNr. 849 völlig abgetrennt und somit im Gegensatz zum östlichen Teil nicht mehr an die Thalkirchner Achen angrenzend. Im Übrigen fehlte auch die Rechtfertigung für die Ausübung des Vorkaufsrechts i. S. v. Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG, da das Grundstück nicht flach ist, sondern nach Westen hin steil ansteigt und daher nicht mehr zur Talaue zählt. Das Grundstück FlNr. 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) ist in topographischer Hinsicht eher Teil des Hanggrundstücks FlNr. 852.

3. Hinsichtlich des Grundstücks FlNr. 852, das nur in einem kleinen nordöstlichen Bereich an die Thalkirchner Achen angrenzt, fehlt es an der Verflechtung mit der Bachaue und damit an der Rechtfertigung für die Ausübung des Vorkaufsrechts i. S. d. Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG.

Es handelt sich dabei um ein Hanggrundstück mit einer Fläche von 6328 m², das mit Mischwald bestanden ist und sich in Richtung Süden fast 200 m entlang des Unterachthaler Mühlbachs erstreckt. Das Grundstück gehört demnach nicht mehr zur Talaue der Thalkirchner Achen. Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des Vorkaufsrechts am Gesamtgrundstück sind nicht ersichtlich.

C. Über den hilfsweise vom Kläger zu 1 gestellten Antrag, den Beklagten zu verpflichten, das Vorkaufsrecht auch an den (im Gemeindegebiet von Bad Endorf liegenden) Grundstücken FlNr. 1042 (Restfläche Wald) und FlNr. 1038 auszuüben, war nicht mehr zu entscheiden, da die Klage im Hauptantrag in Bezug auf sämtliche, auf dem Gemeindegebiet von Bad Endorf liegende Grundstücke Erfolg hat.

Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Klägerin zu 2 voll obsiegt hat, trägt sie keine Kosten; Mehrkosten sind durch ihre Klage nicht entstanden (keine Streitwerterhöhung, § 7 RVG).

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Bei der hier vorliegenden Anfechtungsklage der Verkäufer gegen einen Vorkaufsrechtsausübungsbescheid ist mangels besonderer Anhaltspunkte für eine andere Streitwertfestsetzung der Auffangwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG festzusetzen (vgl. Nr. 9.6.2 des Streitwertkatalogs 2013 NVwZ-Beilage 2013, 57).

Tenor

I.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 abgeändert und erhält folgende Fassung:

Der Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 wird aufgehoben, soweit das Vorkaufsrecht für die Grundstücke FlNr. 850, 851/3 - Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H., ausgeübt wurde. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

III.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Kläger gesamtverbindlich ein Drittel und der Beklagte zwei Drittel. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich als Käufer gegen die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts.

Mit Schreiben vom 6. September 2012, eingegangen am 11. September 2012, informierte der beurkundende Notar das Landratsamt Rosenheim darüber, dass die Beigeladenen zu 1 und 2 mit notariellem Kaufvertrag vom 30. August 2012 diverse Grundstücke an die Kläger veräußert haben. Dabei handelte es sich um folgende Grundstücke:

- Auf dem Gemeindegebiet von Bad Endorf liegend:

FlNr. 1038 (2.730 m²), 1039 (Teilfläche von 4.095 m² von insgesamt 5.095 m²), 1041 (2.387 m²), 1041/1 (957 m²), 1042 (5.150 m²), 1047/1 (1.450 m²), jeweils der Gemarkung P.; FlNr. 91 (3.510m²), 92 (4.782 m²), jeweils der Gemarkung H.

- Auf dem Gemeindegebiet von Riedering liegend:

FlNr. 850 (412 m²), 851 (7.340 m²), 851/3 (1.019 m²), 852 (6.328 m²), 866/1 (2.300 m²), 867 (1.360 m²), 868 (1.630 m²), 869 (2.380 m²), jeweils der Gemarkung P.

Die Beigeladene zu 2 ist Miteigentümerin des Grundstücks FlNr. 852, hinsichtlich der übrigen Grundstücke ist der Beigeladene zu 1 Alleineigentümer. Mit Ausnahme der Grundstücke FlNr. 1038 und 850, jeweils der Gemarkung P., grenzen alle Grundstücke an ein oberirdisches Gewässer, die Thalkirchner Achen, ein Gewässer dritter Ordnung, an. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt an das Grundstück FlNr. 849 der Gemarkung P., das für den künstlich hergestellten sog. Unterachthaler Mühlbach abgeteilt worden war, dessen Zweckbestimmung die Wasserzuführung zu einer mittlerweile verfallenen Mühle war.

Nachdem die Gemeinden Bad Endorf und Riedering (Beigeladene zu 3) ihr Interesse an der Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts geäußert hatten, hörte das Landratsamt die Kläger und die Beigeladenen zu 1 und 2 mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 zur beabsichtigten Ausübung des Vorkaufsrechts an. Der Beigeladene zu 1 widersprach der Ausübung mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 und wies darauf hin, dass sämtliche Grundstücke mit Pachtvertrag vom 10./11. Mai 2012 ab 1. Juni 2012 für die Dauer von 30 Jahren von ihm an den Vater der Kläger verpachtet worden seien. Denselben Hinweis enthielt auch der Schriftsatz der Kläger vom 28. Oktober 2012.

Am 7. November 2012 übersandte das Notariat die erteilte Genehmigung (bzw. das Negativzeugnis) nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Das Landratsamt hörte die Kläger und die Beigeladenen zu 1 und 2 nochmals mit Schreiben vom 8. November 2012 zur Ausübung des Vorkaufsrechts an. Die Kläger und die Beigeladenen zu 1 und 2 wandten sich erneut gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts; die Kläger unterrichteten das Landratsamt zudem von einer an den Bayerischen Landtag gerichteten Petition, in der sie sich wegen einer seit zwei Jahren dauernden Planung einer Wasserkraftanlage gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts aussprachen. Nach Abstandnahme der Gemeinde Bad Endorf von der Ausübung des Vorkaufsrechts für die auf ihrem Gebiet liegenden Grundstücke teilte die Beigeladene zu 3 dem Landratsamt mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 mit, dass das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zu ihren Gunsten für alle in Frage kommenden Grundstücke ausgeübt werden solle.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 übte das Landratsamt das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zugunsten der Beigeladenen zu 3 für alle veräußerten Grundstücke mit Ausnahme des Grundstücks FlNr. 1038 der Gemarkung P. (nicht am Gewässer gelegen) und einer Teilfläche von 3.470 m² von FlNr. 1042 der Gemarkung P. (Waldfläche) aus. Das Vorkaufsrecht stehe der Gemeinde nach § 66 Abs. 5 BNatSchG i. V. m. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG zu. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei gemäß Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG durch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gerechtfertigt. Die Gemeinde beabsichtige, die Grundstücke ökologisch aufzuwerten. Die Flächen würden in das gemeindliche Ökokonto eingestellt und als zukünftige ökologische Ausgleichsflächen eingesetzt. Die ökologische Aufwertbarkeit der Flächen sei gegeben. Sämtliche Grundstücke lägen im Geltungsbereich der Kreisverordnung über die Inschutznahme der „Thalkirchner Achen und ihrer Umgebung“ als Landschaftsschutzgebiet vom 10. November 1966 (KABl vom 20.12.1967), zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. Dezember 1976 (KABl vom 31.12.1976). Die Thalkirchner Achen einschließlich ihrer Uferbereiche sowie weite Teile des Unterachthaler Mühlbachs einschließlich seiner Uferbereiche seien wegen ihres hohen ökologischen Wertes in der Flachlandbiotopkartierung Bayern als Bachlauf mit meist geschlossenem Gehölzsaum und Bach-Erlen-Eschenauwald-Beständen erfasst (Biotopkomplex-Nr. 8139-0050, Teilflächennummern 001, 002 und 003). Die Ufer seien an den Prallufern zum Teil verbaut. Im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern liege die Thalkirchner Achen im Schwerpunktgebiet F6 (Bachschluchten im Molassebergland Prien). Ziel 10 dieses Gebiets sei es, möglichst viele landwirtschaftliche Flächen in eine extensive Nutzung zu überführen. Ziel von Ausgleichsmaßnahmen auf diesen Flächen sei vor allem, die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Dies könne dadurch erreicht werden, dass die jetzt intensiv genutzten Wiesen nach einer Aushagerungsphase ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz mit einem späten Mahdzeitpunkt und 20% wechselnder Brache nur noch extensiv bewirtschaftet würden. Dieses Pflegeregime werde zu einer größeren Pflanzenvielfalt, vor allem auch blühender Stauden, in den Wiesen führen und damit deren Wert als Lebens- und Nahrungsstätte für die Fauna (z. B. Vögel, Schmetterlinge) erheblich verbessern. Durch die ökologische Aufwertung der Wiesen werde die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht. Die Ausübung des Vorkaufsrechts stelle sicher, dass in diesem Abschnitt des Gewässers der natürliche unverbaute Bachlauf ohne Eingriffe, wie z. B. Sicherung der Prallufer, erhalten bzw. wieder hergestellt werde. Nicht zuletzt stellten die extensiv ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz genutzten Wiesen eine Pufferzone zum Gewässer dar und hätten positive Auswirkungen auf die Wasserqualität der Thalkirchner Achen. Die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts erfolge im pflichtgemäßen Ermessen. Der drei Monate vor Kaufvertragsabschluss auf 30 Jahre abgeschlossene Pachtvertrag werde als unwirksam angesehen, stünde jedoch auch bei Wirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübung nicht entgegen, weil diese auch durch zukünftige Belange des Naturschutzes und Landschaftspflege gerechtfertigt sei. Die Pläne zur ökologischen Aufwertung könnten noch nach Ablauf des Pachtvertrags realisiert werden. Das wasserrechtliche Verfahren mit dem Ziel der Errichtung einer Wasserkraftschnecke mit Fischaufstiegshilfe an der Thalkirchner Achen im Bereich der Grundstücke FlNr. 848 und 869 der Gemarkung P. sei noch nicht abgeschlossen; eine ökologische Aufwertung sei der Errichtung aus ökologischer Sicht vorzuziehen.

Auf Klage der Kläger hat das Bayerische Verwaltungsgericht München den Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 mit Urteil vom 11. Juni 2013 aufgehoben. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG bestehe ein Vorkaufsrecht nicht für das gesamte Grundstück, sondern nur für den Grundstücksteil, für den die Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG zu bejahen seien. Bis zu welcher Größe bzw. Tiefe die an das Gewässer angrenzenden Landbereiche dem Vorkaufsrecht unterlägen, beurteile sich im Einzelfall nach der ökologischen Verflechtung von Gewässer und Uferbereich. Hier habe das Landratsamt das Vorkaufsrecht für eine Vielzahl von Grundstücken ausgeübt, bei denen wegen ihrer Größe eine ökologische Verflechtung zwischen Gewässer und angrenzender Fläche nicht mehr angenommen werden könne oder jedenfalls einer ausführlichen Begründung bedurft hätte, die fehle.

Im Rahmen des vom Beklagten gestellten Antrags auf Zulassung der Berufung hat dieser die Ermessensausübung und Begründung im Bescheid des Landratsamts vom 18. Dezember 2012 ergänzt. Es wurden insbesondere nähere Ausführungen zum Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und zu den im Schwerpunktgebiet „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“ vorliegenden Gegebenheiten wie die enge Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex sowie zu bestehenden Konflikten und Zielen gemacht. Des Weiteren wurde auf die im Landschaftsplan der Beigeladenen zu 3 für den Bereich der Thalkirchner Achen formulierten Maßnahmen hingewiesen. Hinsichtlich der Ermessensentscheidung zur Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der Gesamtgrundstücke wurde insbesondere ergänzend ausgeführt, dass aufgrund des einheitlichen Ökosystems mit jeweiliger Wechselwirkung eine andere Entscheidung bei Abwägung der widerstreitenden Interessen und des Eigentumsrechts der Beteiligten aus naturschutzfachlichen Gründen auch im Hinblick auf die Grundstücksgröße und den Flächenumgriff der Grundstücke nicht möglich gewesen sei.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung begehrt der Beklagte,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Vorschrift des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG sei nach herrschender Meinung und der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinerEntscheidung vom 18. Januar 2000 - 9 B 95.31 - (juris) vor allem auf Satz 1 Nr. 2 und 3 der Bestimmung zugeschnitten, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass ein nur teilweise an ein Gewässer angrenzendes Grundstück nur zum Teil in das Eigentum der öffentlichen Hand überführt werden könne. Die erforderliche Verflechtung von Gewässer und angrenzenden Grundstücksteilen habe der Beklagte zwischenzeitlich durch die (rechtlich zulässige) Ergänzung der Ermessensausübung und Begründung im Bescheid des Landratsamts vom 18. Dezember 2012 dargelegt. Danach lägen sämtliche der gegenständlichen Flächen im selben ökologisch zusammenhängenden Talraum und bildeten ein Ökosystem. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass der Simssee sich nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts Rosenheim in einem mäßigen Erhaltungszustand befinde. Aus ökologischen Gesichtspunkten sollten daher alle Mittel ausgeschöpft werden, um die Nährstoffbelastung des Simssees durch die ihm zufließenden Bäche - die Thalkirchner Achen sei der Hauptzufluss des Simssees - zu verringern. Durch den mäandrierenden Lauf und die Hochwasserspitzen der Thalkirchner Achen seien alle Grundstücke der nur ca. 50 m bis maximal 180 m breiten Bachaue eng mit dem Gewässer vernetzt. Die Art der Nutzung der Flächen beeinflusse das Gewässer deshalb unmittelbar. Das Ökosystem umfasse die gesamte Bachaue mit dem Fließgewässer, den tiefergelegenen Auengrundstücken und den bachbegleitenden Leitenwäldern. Die Breite des Ökosystems variiere je nach Breite des Talgrunds. Es handle sich um ein sehr komplexes Ökosystem, das räumlich nicht fest in Metern und Zentimetern umgrenzt werden könne, aber nicht nur einen engeren Uferstreifen betreffe. Soweit eine artenreiche Fauna (z. B. Amphibien, Reptilien, Vögel, Fledermäuse, Schmetterlinge) derzeit noch vorhanden sei, nutze sie sowohl die Wiesen und Wälder des gesamten Talbodens und der Hänge als auch den Bach als Lebens- und Nahrungsraum. Dabei gelte: Je größer die Fläche der artenreichen Wiesen und Wälder sei, desto höher werde die Anzahl der Tiere sein, die in und von ihr lebten. Das Landratsamt habe sich in Bezug auf jedes einzelne betroffene Grundstück mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Ausübung des Vorkaufsrechts durch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gerechtfertigt, ob das Grundstück ökologisch aufwertbar und ob und in welchem Umgriff eine Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlich und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben angemessen sei.

Das Grundstück FlNr. 850 sei ein 412 m² großes Mühlengrundstück mit einem verfallenen Gebäude und Gehölzsukzession, das ausschließlich an den Unterachtaler Mühlbach angrenze und von dem wesentlich größeren Grundstück FlNr. 851 auf drei Seiten umschlossen werde. Der Unterachthaler Mühlbach bilde ein eigenes Grundstück (FlNr. 849) und befinde sich im Eigentum der Beigeladenen zu 3. Es handle sich um ein künstlich geschaffenes Gewässer, dessen Zweckbestimmung die Wasserzuführung zur Mühle gewesen sei. Eine Ortseinsicht des Landratsamts am 3. September 2015 habe ergeben, dass der Mühlbach selbst nach der langen Trockenzeit des Sommers wasserführend sei und als Gewässer im Sinn des Naturschutzrechts bezeichnet werden könne. Eine Rückentwicklung zu einem reinen Entwässerungsgraben, der nur bei Starkregen Hangwasser ableite, sei nicht festzustellen. Das Grundstück FlNr. 851/3 werde vom Mühlbach durchflossen und grenze an der Nordseite mit einer Länge von ca. 42 m an die Thalkirchner Achen an. Das Grundstück sei teilweise mit Gehölzen und Ruderalflur bewachsen. Das Grundstück FlNr. 852 grenze nicht nur an den Mühlbach, sondern im Norden auf einem Teilstück auch an die Thalkirchner Achen an. Es handle sich um Mischwald am Hang zum Unterachthaler Mühlbach und zur Thalkirchner Achen. Bereits aus einem Vergleich der Lichtbilder aus den Jahren 2013 und 2015 sei ersichtlich, dass eine Gehölznutzung auf großen Teilen der Flurnummer erfolgt sei.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Eine verfassungskonforme Auslegung des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 BayNatSchG spreche für eine einschränkende Interpretation des Gesetzes. Der Eingriff müsse auf das notwendige Maß beschränkt sein, damit er verhältnismäßig sei. Dies könne nur dadurch gewährleistet werden, dass sich das Vorkaufsrecht auf den für die Erreichung des Gesetzeszwecks relevanten Bereich eines Grundstücks beschränke und nicht von vornherein das gesamte Grundstück umfasse. Der Beklagte habe in unzulässiger Weise (Ermessens-)Erwägungen nachgeschoben, da im ursprünglichen Bescheid jegliche Begründung und Ermessensgründe zum Umfang des räumlichen Bereichs des Vorkaufsrechts sowie dazu gefehlt hätten, ob und inwieweit das Vorkaufsrecht aus ökologischen Gründen für die gesamten Grundstücksflächen gerechtfertigt sei. Zudem fehle eine Auseinandersetzung mit den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen der einzelnen, sich stark unterscheidenden Grundstücke. Ein Nachschieben von (Ermessen-)Gründen sei bei einem fristgebundenen Verwaltungsakt wie hier nicht möglich und könne im Übrigen nur durch das Landratsamt und nicht durch die Landesanwaltschaft erfolgen. Das Ermessen sei im Übrigen auch fehlerhaft ausgeübt worden, da keine einzelfallbezogene und damit einzelgrundstücksbezogene Abwägung stattfinde, ob das Vorkaufsrecht überhaupt und mit welchem Umgriff es ausgeübt werde. Zudem sei die Bezugnahme auf das Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) nicht nachvollziehbar, da die genannten Konflikte im gesamten Ausübungsbereich nicht vorlägen; die Grundstücke seien bereits in einem guten Zustand und daher einer Aufwertung nicht zugänglich.

Bezogen auf einzelne Grundstücke führen sie ergänzend aus: Die Grundstücke FlNr. 850, 851/3 und 852 lägen nicht an der Thalkirchner Achen, sondern am Mühlbach. Da die Mühle auf FlNr. 850 seit Jahrzehnten nicht mehr bestehe, sei der Mühlbach ebenfalls seit Jahrzehnten verfallen. Es fließe dort kein Wasser mehr; der ehemalige Mühlbach diene nur noch der zeitweisen Aufnahme von Hangwasser, das bei Starkregenereignissen vom Hangwald auf den Grundstücken FlNr. 852, 866 und 865 abfließe und sich im Bett des ehemaligen Mühlbachs sammle, um dort zu versickern. Der Bach habe sich zum bloßen Entwässerungsgraben entwickelt. Die Grundstücke seien Hangwald, der seit Jahrzehnten sich selbst überlassen sei. Es fehle an der Darlegung, weshalb für diese Waldgrundstücke die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlich sein solle. Die Grundstücke FlNr. 866/1, 867, 868 und 869 würden durch einen Weg durchschnitten, der der Erschließung zahlreicher land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke diene und auf dem zum Teil dinglich gesicherte Geh- und Fahrtrechte lasteten. Es fehle an jeder Darlegung, warum dieser Weg keine Begrenzung der ökologischen Verflechtung zwischen Bach und Uferbereich darstelle. Zudem sei das Ufer der Thalkirchner Achen durch deutlich erkennbaren Bewuchs gekennzeichnet und schon dadurch deutlich von den Wiesen abgegrenzt.

Die Beigeladenen zu 1 und 2 stellen keinen Antrag.

Die Beigeladene zu 3 stellt ebenfalls keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 851, 851/3-Teilfläche (östlich der FlNr. 849), 866/1, 867, 868, 869, jeweils der Gemarkung P., zu Unrecht stattgegeben; insoweit ist der Bescheid rechtmäßig und die Klage ist unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen (A). Im Übrigen - hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H. - ist die Stattgabe der Klage indes nicht zu beanstanden, da die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Berufung des Beklagten war insoweit zurückzuweisen (B).

A. Die Aufhebung des Bescheids vom 18. Dezember 2012 ist bezüglich der Grundstücke FlNr. 851, 851/3-Teilfläche (östlich der FlNr. 849), 866/1, 867, 868, 869, jeweils der Gemarkung P., zu Unrecht erfolgt. Der Bescheid vom 18. Dezember 2012 ist hinsichtlich dieser Grundstücke rechtmäßig und verletzt die Kläger, die als Käufer der Grundstücke klagebefugt sind (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, B. v. 25.5.1982 - 4 B 98.82 - Buchholz 406.11 § 25a BBauG Nr. 1 zum baurechtlichen Vorkaufsrecht; NdsOVG, U. v. 13.12.2001 - 8 LB 3551/01 - DVBl 2002, 715), nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ermächtigungsgrundlage für die Ausübung des Vorkaufsrechts ist § 66 Abs. 5 BNatSchG i. V. m. Art. 39 BayNatSchG. Danach steht neben dem Freistaat Bayern u. a. auch den Gemeinden das Vorkaufsrecht zu (Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG). Dieses hat der Freistaat Bayern, vertreten durch die Kreisverwaltungsbehörde - hier das Landratsamt Rosenheim -, auszuüben, wenn die Gemeinde es verlangt (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 und 4 BayNatSchG). Die Beigeladene zu 3 hat mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 die Ausübung des Vorkaufsrechts zu ihren Gunsten für die oben genannten, auf ihrem Gemeindegebiet gelegenen Grundstücke verlangt.

I.

Bedenken formeller Art gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts bestehen nicht.

1. Die Zwei-Monats-Frist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG ist gewahrt.

Zwar wurde der vollständige notarielle Kaufvertrag vom 30. August 2012 bereits mit Schreiben des beurkundenden Notars vom 6. September 2012, eingegangen beim Landratsamt am 11. September 2012, vorgelegt. Allerdings kann die Frist des Art. 39 Abs. 7 BayNatSchG erst dann in Lauf gesetzt werden, wenn der Vorkaufsfall eingetreten ist, was bei einem - hier nach § 2 des Grundstücksverkehrsgesetzes (GrdstVG) - genehmigungspflichtigen Kaufvertrag erst nach Erteilung dieser Genehmigung der Fall ist; erst dann liegt ein wirksamer Kaufvertrag mit einem Dritten vor (BayVGH, B. v. 28.11.2001 - 9 ZB 01.625 - juris Rn. 11 unter Hinweis auf BGH, U. v. 29.10.1993 - V ZR 136/92 - NJW 1994, 315). Erst wenn der Kaufvertrag genehmigt ist und diese Tatsache der zuständigen Behörde mitgeteilt ist, beginnt die Frist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG zu laufen (BayVGH, B. v. 28.11.2001 a. a. O.). Vorliegend hat der beurkundende Notar erst am 7. November 2012 die Genehmigung bzw. das Negativzeugnis, das gemäß § 5 Satz 2 GrdstVG der Genehmigung gleichsteht, übersandt. Durch den den damaligen Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1 und 2 - Verpflichtete i. S. d. Art. 39 Abs. 7 Satz 2 BayNatSchG i. V. m. § 464 Abs. 1 BGB - vor Ablauf der Frist (7.1.2013) zugestellten Bescheid vom 18. Dezember 2012 ist die Ausschlussfrist gewahrt.

2. Käufer und Verkäufer wurden vor Erlass des Bescheids vom 18. Dezember 2012 gem. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört.

3. Auch sonstige formelle Mängel sind nicht ersichtlich, insbesondere genügt der Bescheid vom 18. Dezember 2012 dem Begründungserfordernis des Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG.

Die Ausführungen im Bescheid unter Nr. II. 2. bis 4. enthalten die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Ausübung des Vorkaufsrechts, insbesondere werden die Rechtsgrundlage und die maßgeblichen rechtlichen Voraussetzungen dargelegt. Darüber hinaus hat das Landratsamt auch die Gesichtspunkte für die von ihm getroffene Ermessungsentscheidung genannt, so dass den formellen Anforderungen nach Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG Genüge getan wurde. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Begründung auch in materieller Hinsicht die Entscheidung im Einzelnen trägt.

II.

Auch in materiellrechtlicher Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der o.g. Grundstücke.

1. Die Tatbestandsvoraussetzung nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG für die Ausübung des Vorkaufsrechts liegt vor.

Gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG stehen u. a. den Gemeinden Vorkaufsrechte zu beim Verkauf von Grundstücken, auf denen sich oberirdische Gewässer einschließlich von Verlandungsflächen, ausgenommen Be- und Entwässerungsgräben, befinden oder die daran angrenzen.

a) Die oben genannten, im Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 3 liegenden Grundstücke grenzen an ein oberirdisches Gewässer an, nämlich die Thalkirchner Achen, ein Gewässer dritter Ordnung. Für ein Angrenzen i. S. d. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG reicht es aus, dass das Grundstück an einer Stelle mehr als nur punktförmig an das Gewässer angrenzt; es muss nicht mit einer ganzen Seitenlänge am Gewässer anliegen (BayVGH, U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 11 m. w. N.). Demnach grenzt auch das Grundstück FlNr. 851/3 in seinem östlichen Teilbereich an die Thalkirchner Achen an.

b) Der Senat hält an der Rechtsprechung des früher für das Naturschutzrecht zuständigen 9. Senats fest, dass trotz der Bestimmung des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG im Rahmen der Nummer 1 des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG das Vorkaufsrecht grundsätzlich nicht auf einen auf den Uferstreifen entfallenden Teil des Grundstücks beschränkt ist, sondern sich auf das gesamte Grundstück erstrecken kann. Denn anders als bei den unter den Nummern 2 und 3 des Satzes 1 geregelten Tatbeständen, bei denen sich das Vorkaufsrecht nur auf einen genau abgegrenzten Teil des Kaufgrundstücks - dem in den bezeichneten Gebieten gelegenen Grundstücksteil - beziehen kann, sind keine Kriterien dafür ersichtlich, wie nach Maßgabe des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG ein Teil des Grundstücks abzugrenzen wäre, auf den sich das Vorkaufsrecht von Vornherein beschränkt. Die Breite des Uferstreifens, für die die Ausübung des Vorkaufsrechts noch als rechtmäßig angesehen werden kann, wäre demnach völlig unbestimmt und die Behörde wäre bei der Vorkaufsrechtsausübung der Unwägbarkeit ausgesetzt, ob ihre eigene Einschätzung einer gerichtlichen Überprüfung stand hielte oder nicht (BayVGH, B. v. 18.1.2000 - 9 B 95.31 - juris Rn. 24; Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Stand April 2015, Art. 39 BayNatSchG Rn. 7, 9). Dies zeigt sich in besonderer Weise etwa dann, wenn Grundstücke an Verlandungsflächen angrenzen; nach welchen Kriterien hier die an die Verlandungsfläche angrenzende Fläche eines Grundstücks, für die das Vorkaufsrecht ausgeübt werden kann, abzugrenzen wäre, ist völlig offen. Verfassungsrechtliche Probleme sieht der Senat schon im Hinblick auf die weitere Tatbestandsvoraussetzung des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG nicht. Dennoch beruht die im Gesetz ausdrücklich vorgesehene Anwendung des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG auf die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 der Bestimmung geregelte Alternative nicht auf einem Redaktionsversehen; denn es verbleiben Anwendungsmöglichkeiten für besondere Fallgestaltungen, etwa wenn ein Buchgrundstück durch eine tatsächlich vorhandene und ein selbstständiges Grundstück bildende Wegefläche geteilt wird (BayVGH, B. v. 18.1.2000 a. a. O. Rn. 25 m. w. N.). Der Verwaltungsgerichtshof hat bisher offen gelassen, ob sich das Vorkaufsrecht bei ungewöhnlich großen Grundstücken auch auf Grundstücksteile in großer Entfernung zu einem oberirdischen Gewässer erstrecken kann. Dies braucht auch hier nicht entschieden werden, da aufgrund der vorliegenden Gegebenheiten eine derartige Fallgestaltung nicht inmitten steht. Die Grundstücke sind mit Ausnahme des Grundstücks FlNr. 851 zwischen ca. 1000 m² und 2.380 m² groß. Das Grundstück FlNr. 851 ist mit 7.340 m² zwar relativ groß; es grenzt aber mit drei Grundstücksseiten an die Thalkirchner Achen an.

Bis zu welcher Größe bzw. Tiefe die an das Gewässer angrenzenden Landbereiche dem Vorkaufsrecht unterliegen, beurteilt sich demnach im Einzelfall - so auch hier - nach Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG, d. h. nach der ökologischen Verflechtung von Gewässer- und Uferbereich mit den weiteren Landflächen, also letztlich nach den Belangen, mit denen das Vorkaufsrecht gerechtfertigt wird (BayVGH, U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 11; vgl. auch Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 39 BayNatSchG Rn. 9 f.).

2. Gegenwärtige und vor allem künftige Belange des Naturschutzes rechtfertigen die Ausübung des Vorkaufsrechts.

Gemäß Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG darf das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden, wenn dies gegenwärtig oder zukünftig die Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege oder das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung in der freien Natur rechtfertigen.

Das Vorliegen der genannten Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Da die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts keine Enteignung darstellt (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 7.11.2000 - 6 B 19.00 - Buchholz 406.48 Art. 34 BayNatSchG Nr. 1), gelten nicht die gleichen strengen Anforderungen, wie sie bei der Zulässigkeit einer Enteignung vorliegen müssen (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, B. v. 15.2.1990 - 4 B 245.89 - ZfBR1990, 207 zum baurechtlichen Vorkaufsrecht; BayVGH, B. v. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - NuR 2015, 427 Rn. 6 m. w. N.; U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 12 f. m. w. N.). Anders als eine Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreichbar ist (vgl. etwa Art. 40 Nr. 2 BayNatSchG), kann die Ausübung des Vorkaufsrechts schon dann gerechtfertigt sein, wenn der Erwerb eines Grundstücks vorteilhafte Auswirkungen auf die in Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG genannten Belange hat (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 a. a. O. m. w. N.; vgl. auch Kraft in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2001, § 66 Rn. 17; Konrad in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 66 BNatSchG Rn. 27). Als Rechtfertigungsgründe sind nicht nur die von der Behörde innerhalb der Frist von zwei Monaten benannten, sondern auch die im weiteren Verfahren vorgetragenen Gründe heranzuziehen (BayVGH, B. v. 18.1.2000 - 9 B 95.31 - juris Rn. 36 f.; U. v. 11.5.1994 - 9 B 93.1514 - BayVBl 1994, 657). Da maßgebend für die Rechtswirksamkeit und Rechtmäßigkeit der Ausübung der Zeitpunkt des Entstehens des Vorkaufsrechts mit Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags ist (vgl. BayVGH, U. v. 11.5.1994 a. a. O.), ist allerdings Voraussetzung, dass diese Rechtfertigungsgründe nicht erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind.

a) Bedenken dagegen, die von der Landesanwaltschaft Bayern (und nicht von der Ausgangsbehörde) nach Ablauf der Frist von zwei Monaten vorgetragenen ergänzenden Gründe, sei es durch Ergänzung der Begründung des Ausgangsbescheids, sei es durch Ausführungen im weiteren Verfahren, zu berücksichtigen, bestehen nicht. Die Landesanwaltschaft Bayern - und nicht die Ausgangsbehörde - vertritt in Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den Freistaat Bayern (§ 3 Abs. 3 Satz 1 LABV). Nach dieser organisationsrechtlichen Regelung des Landesrechts, die ihre Grundlage in § 36 Abs. 1 VwGO hat, hat die Landesanwaltschaft Bayern in gerichtlichen Verfahren sämtliche Befugnisse, die sonst die Ausgangsbehörde hat, etwa bei Vertretung in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten (vgl. § 3 Abs. 2 LABV). Demnach ist nicht ersichtlich, weshalb die Landesanwaltschaft Bayern nicht i. S. v. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG (oder auch gemäß § 114 Satz 2 VwGO, s. hierzu unten) Gründe nachschieben kann, zumal sie ihre Aufgaben im Benehmen mit den beteiligten Verwaltungsbehörden wahrnimmt und den ihr im Einzelfall von den beteiligten Behörden gegebenen Instruktionen zu entsprechen hat (vgl. § 3 Abs. 7 Satz 1 und 2 LABV).

Auch der Umstand, dass es sich vorliegend um einen fristgebundenen Verwaltungsakt handelt, ändert nichts daran, dass der Verwaltungsakt nachgebessert bzw. im Prozess weitere (Ermessens-)Gründe nachgeschoben werden können. Eine Nachbesserung begegnet rechtlichen Bedenken nur dann, wenn durch sie der Verwaltungsakt in seinem Wesen verändert wird. Das ist der Fall, wenn die von der Behörde angestellten Erwägungen nachträglich ausgewechselt oder neue - insbesondere nachträglich entstandene - Tatsachen nachgeschoben werden (vgl. BVerwG, B. v. 9.4.2002 - 4 B 20.02 - Buchholz 316 § 45 VwVfG Nr. 25 m. w. N.). Vorliegend wurde nur eine bisher unvollständige Begründung ergänzt, indem die bereits im Ansatz vorgetragene naturschutzrechtliche Rechtfertigung untermauert wurde. Die Ziele des Arten- und Biotopschutzprogramms Bayern (Landkreis Rosenheim) und des dortigen Schwerpunktgebiets „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“ waren bereits im Ausgangsbescheid als maßgebliche Rechtfertigungsgründe benannt. Die diesbezüglichen Ausführungen wurden durch nähere Darlegung der dortigen Gegebenheiten wie die enge Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex sowie der bestehenden Konflikte und Ziele konkretisiert. Unerheblich ist auch, ob die Heilung eines Begründungsmangels auf den Zeitpunkt des Erlasses der Verwaltungsentscheidung zurückwirkt oder nicht. Denn der Gesetzgeber hat in Art. 45 Abs. 1 BayVwVfG (bzw. in § 114 Satz 2 VwGO) angeordnet, dass Mängel in der Begründung unter den dort genannten Voraussetzungen unbeachtlich sind (vgl. BVerwG, B. v. 9.4.2002 a. a. O.). Dies gilt auch für fristgebundene Verwaltungsakte. Die Rechtslage bei diesen ist vergleichbar mit nicht fristgebundenen Verwaltungsakten, bei denen nach materiellem Recht der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit der Zeitpunkt des Bescheidserlasses ist; auch bei diesen steht außer Zweifel, dass bei einem (ausreichenden) Nachschieben von (Ermessens-)Gründen im Verwaltungsgerichtsverfahren eine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit aufgrund der ursprünglichen (nunmehr geheilten) Fehler ausscheidet.

b) Die vom Beklagten angeführten Gründe zeigen eine hinreichende ökologische Verflechtung des Gewässers einschließlich der Uferbereiche mit den übrigen Landbereichen der o.g. Grundstücke auf und stellen ausreichende (künftige) Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege für eine Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts bezogen auf die gesamten Grundstücke dar.

aa) Die Thalkirchner Achen einschließlich ihrer Uferbereiche sowie weite Teile des Unterachthaler Mühlbachs einschließlich seiner Uferbereiche sind in der Flachlandbiotopkartierung Bayern als Bachlauf mit meist geschlossenem Gehölzsaum und Bach-Erlen-Eschenauwald-Beständen erfasst (Biotopkomplex-Nr. 8139-0050, Teilflächennummern 001, 002 und 003). In der Flachlandbiotopkartierung Bayern wird das gesamte Achental als Nahrungs- und Überwinterungshabitat für Amphibien wie Grasfrosch und Erdkröte beschrieben. Die Grundstücke sind nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) Teil eines Schwerpunktgebiets des Naturschutzes, nämlich „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“. Dieses umfasst die wichtigsten zum Simssee hin entwässernden Fließgewässersysteme und deren Talräume mit den dort vorhandenen Feuchtgebieten. Im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) werden folgende ökologische Konflikte im Schwerpunktgebiet festgestellt: Entwässerung und Nährstoffeintrag; Drainage der Talfeuchtwiesen und Aufgabe der Streuwiesennutzung; Fichtenreinbestände an den Taleinhängen; stellenweise intensive Grünlandnutzung auf dem Talboden; Verbauungen der Fließgewässer; Abfallablagerungen und Auffüllungen in den Bachschluchten. Das Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) formuliert für die Bachläufe u. a. folgende Ziele und Maßnahmen: Verbesserung der Gewässergüte; Beschränkung der weiteren baulichen Entwicklungen in den Talauen; Beibehaltung der Grünlandnutzung bzw. Rückführung von Acker- in Grünlandnutzung in den Talauen und auf erosionsgefährdeten Flächen im Einzugsbereich; Ausübung extensiver Grünlandnutzung mittelfristig in der gesamten Bachaue, vorrangig in mindestens 20 m breiten Pufferzonen um die Flächen der Biotopkartierung sowie entlang der Bäche, auch aus Gründen des Trinkwasserschutzes; Reaktivierung von Überschwemmungsgebieten, Anhebung des Grundwasserstands in der Bachaue. Auch im Landschaftsplan der Beigeladenen zu 3 werden für den Bereich der Thalkirchner Achen Maßnahmen formuliert, die eine ökologische Aufwertung verfolgen, wie z. B. Wiesenerhalt, Erhalt standortgerechter Erlenbestände entlang des Bachlaufs und Rücknahme von Fichtenaufforstungen.

Nach der Begründung des Bescheids vom 18. Dezember 2012, die im gerichtlichen Verfahren zulässigerweise ergänzt wurde (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG; vgl. oben II 2 a), ist beabsichtigt, möglichst viele landwirtschaftliche Flächen in eine extensive Nutzung zu überführen und die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Dadurch könne erreicht werden, dass die intensiv genutzten Wiesen nach einer Aushagerungsphase ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz mit einem späten Mahdzeitpunkt und 20% wechselnder Brache nur noch extensiv bewirtschaftet würden. Dieses Pflegeregime werde zu einer größeren Pflanzenvielfalt, vor allem auch blühender Stauden, in den Wiesen führen und damit deren Wert als Lebens- und Nahrungsstätte für die Fauna (z. B. Vögel, Schmetterlinge) erheblich verbessern. Durch die ökologische Aufwertung der Wiesen werde die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht. Die Ausübung des Vorkaufsrechts stelle sicher, dass in diesem Abschnitt des Gewässers der natürliche unverbaute Bachlauf ohne Eingriffe, wie z. B. Sicherung der Prallufer, erhalten bzw. wiederhergestellt werde. Nicht zuletzt stellten die extensiv ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz genutzten Wiesen eine Pufferzone zum Gewässer dar und hätten positive Auswirkungen auf die Wasserqualität der Thalkirchner Achen. Die im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und im Landschaftsplan formulierten Konflikte, Ziele und Maßnahmen bezögen sich nicht nur auf den Bachlauf der Thalkirchner Achen, sondern insbesondere auf die Talsohle. Dies sei mit der engen Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex Thalkirchner Achen begründet, da insbesondere vorkommende Arten (z. B. Amphibien, Vögel, Tagfalter) Lebensraum-Komplexbewohner seien und daher auf eine Kombination von weitgehend intakten Bachabschnitten mit Gehölzsaum, angrenzenden Feuchtwiesen und Laubwäldern der Leitenhänge angewiesen seien. Die formulierten Maßnahmen entfalteten nur dann eine ausreichende Wirkung, wenn sie sich auf den gesamten Talraum erstreckten. Nach der nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) kurzfristig anzustrebenden Mindestbreite der Pufferzone um die Flächen der Biotopkartierung von 20 m blieben in den meisten Flurstücken nur minimale Restflächen, weshalb der Erwerb der jeweils gesamten Flurstücke gerechtfertigt sei.

Der von ihm beigezogene Vertreter des Wasserwirtschaftsamts hat die Einschätzung des Beklagten, es handle sich bei der Thalkirchner Achen und den o.g. Grundstücken um ein Ökosystem, im Augenscheinstermin und in der mündlichen Verhandlung näher erläutert. Danach ist die gesamte Talaue wichtig für die Gewässerentwicklung. Die (weitgehend) flachen, an die Thalkirchner Achen angrenzenden Grundstücke gehörten zur Bachaue - definitionsgemäß ein Bereich, der zeitweilig von Hochwasser überflutet werde -, die mit dem Gewässer ein einheitliches Ökosystem bilde. Nach der Geologischen Karte von Bayern fänden sich im fraglichen Bereich klassische geologische Ablagerungen, wie bei einer Auensituation mit regelmäßiger Überflutung. Diese Ablagerungen und Böden seien nach wie vor im streitgegenständlichen Bereich vorhanden, auch wenn derzeit nicht von einer intakten Aue ausgegangen werden könne. Durch die Verbauungen und aufgrund der immer weiter fortgeschrittenen Vertiefung der Thalkirchner Achen sei nachvollziehbar, dass es in den letzten wenigen Jahrzehnten im streitigen Bereich selten zu Überflutungen gekommen sei. Der Zustand sei aber nicht irreversibel, sondern könne wieder verbessert werden. Es sei wasserwirtschaftlich erwünscht, dass die Restbestände der Uferbebauung zusammenfielen und die Thalkirchner Achen sich wieder eigenständig unter Einbindung der Aue entwickeln könne. Der dadurch bewirkte Bodeneintrag sei für die Eutrophierung des Simssees zu vernachlässigen; diese entstehe vielmehr durch Einträge aus landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Die Vertreterin der unteren Naturschutzbehörde hat hierzu ergänzend ausgeführt, dass bei einer extensiveren Bewirtschaftung der Grundstücke und einer Reaktivierung der Eigendynamik der Thalkirchner Achen wieder mehr Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten geschaffen werden könne und so die Wiesengrundstücke naturschutzfachlich wesentlich höherwertiger wären. Bezogen auf die Grundstücke FlNr. 868 und 869 hat sie ausgeführt, dass die wieder aufgeforsteten Bäume nicht der hier vorliegenden Weichholzaue entsprächen. Einer solchen entspräche ein überwiegender Baumbestand aus Eschen, Weiden und Erlen als standortgerechte heimische Baumarten, der auch zu einer Biotopkartierung der entsprechenden Grundstücke führen könne.

bb) Hiermit ist eine ausreichende Verflechtung der o.g. Grundstücke mit der Thalkirchner Achen dargetan und es sind für sämtliche Grundstücke hinreichende Belange des Naturschutzes aufgezeigt.

(1) Nach alledem besteht eine ausreichende Verflechtung der o.g. Grundstücke mit der Thalkirchner Achen. Nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und den ergänzenden Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts handelt es sich bei den streitgegenständlichen (flachen) Grundstücken um Auengrundstücke, die zusammen mit der Thalkirchner Achen als einheitliches Ökosystem zu betrachten sind. Dies hat der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts an Hand der Geologischen Karte von Bayern nachvollziehbar erläutert. Der Umstand, dass es in den vergangenen Jahrzehnten selten zu Überflutungen gekommen ist, ändert nichts daran, dass es sich bei den Grundstücken noch um - wenn auch nicht intakte - Auengrundstücke handelt. Denn die Ablagerungen und die Böden, wie sie bei einer Auensituation mit regelmäßiger Überflutung vorliegen, sind weiterhin vorhanden und eine Wiederherstellung bzw. jedenfalls eine Verbesserung der für Bachauen typischen Vielfalt von Lebensräumen und Strukturen ist noch möglich. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die vorhandenen Verbauungen mehr und mehr verfallen und so erwartet werden kann, dass die Eigendynamik der Thalkirchner Achen wieder zunimmt. Den Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts kommt entsprechend der Stellung des Wasserwirtschaftsamts als wasserwirtschaftlicher Fachbehörde nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayWG eine besondere Bedeutung zu. Da deren fachbehördliche Ausführungen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen von privaten Fachinstituten; dies gilt erst recht für nicht durch Aussagen sachverständiger Personen untermauerte Darlegungen wasserwirtschaftlicher Art von Prozessbeteiligten. Dafür, dass die Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft wären, ist nichts ersichtlich (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 23.2.2016 - 8 CS 15.1096 - juris Rn. 36). Somit sind die oben genannten Grundstücke ausreichend mit der Thalkirchner Achen verflochten. Der von den Klägern angeführte landwirtschaftliche Weg entlang der Grundstücke ändert hieran nichts.

(2) Die vom Beklagten angeführten Ziele, die mit dem Erwerb der genannten Grundstücke und deren konkret angestrebter Verwendung gefördert werden sollen, entsprechen nicht nur den in § 1 BNatSchG angeführten Zielen und Grundsätzen, sondern auch bereits vorhandenen Planungen und Konzepten des Naturschutzes, wie - in Teilen - dem Landschaftsplan der Beigeladenen zu 3 (vgl. §§ 8 ff. BNatSchG, Art. 4 BayNatSchG) und vor allem dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim), vgl. Art. 19 BayNatSchG. Der Schutz und die Verbesserung von Gewässern und damit zusammenhängenden Lebensräumen ist ein wichtiger Belang auch des Naturschutzes. Dies folgt bereits aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG, wonach Binnengewässer vor Beeinträchtigungen zu bewahren und ihre natürliche Selbstreinigungsfähigkeit und Dynamik zu erhalten sind, wobei dies insbesondere für natürliche und naturnahe Gewässer einschließlich ihrer Ufer, Auen und sonstigen Rückhalteflächen gilt. Weitere wichtige Belange zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts sind, wildlebende Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften sowie ihre Biotope und Lebensstätten auch im Hinblick auf ihre jeweiligen Funktionen im Naturhaushalt zu erhalten (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 BNatSchG) und der Entwicklung sich selbst regulierender Ökosysteme auf hierfür geeigneten Flächen Raum und Zeit zu geben (§ 1 Abs. 3 Nr. 6 BNatSchG). Nicht zuletzt sind gemäß § 21 Abs. 5 BNatSchG unbeschadet des § 30 BNatSchG die oberirdischen Gewässer einschließlich ihrer Randstreifen, Uferzonen und Auen als Lebensstätten und Biotope für natürlich vorkommende Tier- und Pflanzenarten zu erhalten; sie sind so weiterzuentwickeln, dass sie ihre großräumige Vernetzungsfunktion auf Dauer erfüllen können. Entsprechende Ziele verfolgen auch die o.g. Planungen. Die die Gewässer umgebenden Wiesen sollen mittelfristig in der gesamten Bachaue extensiv genutzt werden, um so ihren Wert als Fortpflanzungs- und Nahrungshabitat für die Fauna zu verbessern und die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Gleichzeitig wird dadurch angestrebt, einen Puffer um die Flächen der Biotopkartierung zu schaffen, um die Wasserqualität der Bäche - hier der Thalkirchner Achen - und damit des Simssees zu verbessern. Die standortgerechten Erlenbestände entlang des Bachlaufs sollen erhalten bleiben, um vorkommenden Arten, wie Amphibien, Vögeln und Tagfaltern, als Lebensraum-Komplexbewohnern eine Kombination von weitgehend intakten Bachabschnitten mit Gehölzsaum, angrenzenden Feuchtwiesen und - soweit vorhanden - Laubwäldern der Leitenhänge zu bieten. Insgesamt soll damit die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht werden. Der Umstand, dass sich die angestrebten Ziele nur nach und nach verwirklichen lassen, lässt die Rechtfertigung nicht entfallen; die Rechtfertigungsgründe des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG sind auf eine langfristige Wirkung angelegt (BayVGH, B. v. 15.9.2006 - 9 B 04.1233 - juris Rn. 20).

c) Der Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung steht nicht entgegen, dass die Grundstücke mit Pachtvertrag vom 10./11. Mai 2012 zum 1. Juni 2012 für die Dauer von 30 Jahren an den Vater der Kläger verpachtet worden sind und daher die beabsichtigten Maßnahmen nicht zeitnah realisiert werden können. Denn Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG lässt auch zukünftige Belange ausreichen (BayVGH, B. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 15; B. v. 24.1.2001 - 9 ZB 99.241 - juris Rn. 6).

d) Bei der gegebenen Sachlage ist auch unerheblich, dass Motivation der Beigeladenen zu 3 für das Verlangen der Vorkaufsrechtsausübung zu ihren Gunsten in erster Linie war, die Grundstücke in ihr Ökokonto einzustellen. Die Einstellung von Grundstücken in ein Ökokonto als solche hätte die Ausübung des Vorkaufsrechts noch nicht gerechtfertigt (BayVGH, B. v. 3.3.2016 - 14 ZB 15.2071 - juris Rn.13; B. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 15). Ausgangspunkt für die Prüfung der Rechtfertigung sind die jeweiligen im (ergänzten) Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts genannten Gründe und die danach beabsichtigten Maßnahmen. Naturschutzrechtlich unerhebliche Beweggründe der Gemeinde, die Ausübung des Vorkaufsrechts zu verlangen, lassen tatsächlich vorliegende Rechtfertigungsgründe einer Vorkaufsrechtsausübung nicht entfallen (vgl. BayVGH, B. v. 3.3.2016 a. a. O.). Hier ist nicht zweifelhaft, dass die Beigeladene zu 3 jedenfalls zeitnah nach Ablauf des Pachtvertrags eine ökologische Aufwertung der Grundstücke im Sinn der vom Beklagten benannten Zielrichtung unter Beratung durch das Landratsamt durchführen will. Dies reicht zur Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts aus (BayVGH, U. v. 22.5.1995 - 9 B 92.1183 u. a. - NuR 1995, 554).

e) Ebenfalls nicht von Relevanz ist, dass die Kläger beteuern, die Grundstücke selbst schon extensiv zu bewirtschaften, bzw. den Versuch unternommen haben, in den Vertragsnaturschutz oder andere ökologische Förderprogramme aufgenommen zu werden, was jedoch mangels Vorliegens der jeweiligen Voraussetzungen nicht gelungen ist. Denn nach der ständigen Rechtsprechung ist es eine allgemeine Erfahrungstatsache, dass Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand die Verwirklichung der Ziele von Naturschutz und Landschaftspflege besser und sicherer gewährleisten als Grundstücke in der Hand von Privatpersonen, deren privatnützige Interessen leicht in Konflikt mit den Anforderungen von Naturschutz und Landschaftspflege geraten können (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - NuR 2015, 427 Rn. 7 m. w. N.). Auch Bewirtschaftungsvereinbarungen, wie etwa der Vertragsnaturschutz, können den Eigentumserwerb der öffentlichen Hand nicht ersetzen (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 a. a. O. Rn. 10 f.).

3. Die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der o.g. Grundstücke weist auch keine durchgreifenden Ermessensfehler auf (§ 114 Satz 1 und 2 VwGO). Sie beruht weder auf falschen oder unvollständigen Tatsachen, noch erweist sie sich sonst als fehlerhaft.

a) Entgegen der Annahme der Kläger und der Beigeladenen zu 1 und 2 wurde bereits im Bescheid vom 18. Dezember 2012 Ermessen ausgeübt (vgl. oben unter I 3). Dieses konnte gemäß § 114 Satz 2 VwGO - auch durch die Landesanwaltschaft Bayern (vgl. oben unter II 2 a und BayVGH, U. v. 18.1.2010 - 11 BV 08.789 - BayVBl 2010, 371) - ergänzt werden.

b) Das Landratsamt hat bereits im Ausgangsbescheid erkannt, dass Ermessen ausgeübt werden muss und hat die Interessen der Kaufvertragsparteien mit den öffentlichen Interessen am Erwerb der Grundstücke durch die öffentliche Hand abgewogen; es ist ohne Ermessensfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass das Interesse der Allgemeinheit an einer langfristen und nachhaltigen ökologischen Aufwertung der Grundstücke das Interesse der Verkäufer und der Käufer an der langfristigen bisherigen land- bzw. forstwirtschaftlichen Nutzung überwiegt. Es ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Pachtvertrag auch bei seiner Wirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht entgegensteht, weil auch zukünftige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege die Ausübung rechtfertigen können. Es hat auch die Interessen der Käufer in Bezug auf deren Absicht berücksichtigt, eine Wasserkraftschnecke mit Fischaufstiegshilfe am Wehr der stillgelegten Wasserkraftanlage Unterachthal an der Thalkirchner Achen im Bereich der Grundstücke FlNr. 848 und 869 zu errichten. Es ist dabei ohne falsche Gewichtung zu dem Ergebnis gelangt, dass letztlich die ökologische Aufwertung der Grundstücke der Errichtung einer Wasserkraftschnecke aus ökologischer Sicht vorzuziehen ist. Auch ist nicht zu beanstanden, dass es das Landratsamt aufgrund der Wechselwirkung zwischen Gewässer- und Uferbereich sowie den Landbereichen für angezeigt gehalten hat, nicht nur hinsichtlich eines Teilbereichs, sondern hinsichtlich der Gesamtfläche der jeweiligen Grundstücke das Vorkaufsrecht auszuüben.

Ein Ermessensfehler ist auch nicht darin zu sehen, dass nach dem Vortrag der Kläger das Vorkaufsrecht beim Verkauf anderer Grundstücke trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für dessen Ausübung nicht ausgeübt wurde. Der Freistaat Bayern ist nicht verpflichtet, von dem ihm zustehenden Vorkaufsrecht in jedem Fall Gebrauch zu machen; er kann die in seinem Ermessen stehende Entscheidung durchaus davon abhängig machen, ob ein anderer Vorkaufsberechtigter im Hinblick auf von ihm verfolgte naturschutzrechtliche Zwecke die Ausübung verlangt, etwa weil diesem zum entsprechenden Zeitpunkt die erforderlichen Haushaltsmittel für den Grunderwerb gerade zur Verfügung stehen (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2001 - 9 ZB 01.1937 - juris Rn. 8 m. w. N.).

B. Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H. - alle im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegen - sowie der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, jeweils der Gemarkung P., ist der Anfechtungsklage zu Recht stattgegeben worden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten der Beigeladenen zu 3 ist insoweit rechtswidrig und die Kläger sind insoweit in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beigeladenen zu 3 steht an den im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücken kein Vorkaufsrecht zu (I). Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) und 852 liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Abs. 2 BayNatSchG nicht vor (II).

I.

I. Für die im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücke FlNr. 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H., besteht kein Vorkaufsrecht der Beigeladenen zu 3.

Die Frage, ob Gemeinden auch für Grundstücke außerhalb ihres Gemeindegebiets ein Vorkaufsrecht zusteht, ist vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG bestimmt nur, dass dem Freistaat Bayern sowie den Bezirken, Landkreisen, Gemeinden und kommunalen Zweckverbänden Vorkaufsrechte zustehen beim Verkauf von in den Nummern 1 bis 3 der Vorschrift bezeichneten Grundstücken. Bei Würdigung der auslegungsrelevanten Umstände sprechen die überwiegenden Gründe für die Auffassung, dass Gebietskörperschaften wie Gemeinden ein Vorkaufsrecht nur für Grundstücke zusteht, die in ihrem jeweiligen (Hoheits-)Gebiet liegen.

1. Der Wortlaut des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG ist nicht eindeutig. Er legt allerdings schon nahe, dass den dort genannten Gebietskörperschaften, insbesondere den Gemeinden, nur für auf ihrem jeweiligen (Hoheits-)Gebiet gelegene Grundstücke ein Vorkaufsrecht zusteht. Denn ansonsten käme eine unbestimmte und unüberschaubare Vielzahl von örtlichen und überörtlichen Gebietskörperschaften in ganz Bayern als Vorkaufsberechtigte in Betracht, die größtenteils keinerlei Bezug zu den jeweiligen Grundstücken haben. Auch wenn man - wofür sich aus der Vorschrift schon keine Anhaltspunkte ergeben - die Vorkaufsberechtigung auf Gebietskörperschaften beschränkte, die zumindest einen örtlichen Bezug zu den verkauften Grundstücken haben, wäre eine Abgrenzung schwierig und von der für die Ausübung des Vorkaufsrechts zuständigen Kreisverwaltungsbehörde (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG) innerhalb der sehr kurzen Ausschlussfrist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG kaum zu leisten. Eine klare Abgrenzung der Vorkaufsberechtigung von Gebietskörperschaften ist nur über das jeweilige (Hoheits-)Gebiet möglich (vgl. für Gemeinden Art. 6 Abs. 1 GO; vgl. auch Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 39 BayNatSchG Rn. 4).

2. Bestärkt wird dieses Verständnis durch die Gesetzessystematik. Gemäß Art. 39 Abs. 3 Satz 4 BayNatSchG hat der Freistaat Bayern das Vorkaufsrecht zugunsten eines anderen Vorkaufsberechtigten nach Absatz 1 der Vorschrift auszuüben, wenn dieser es verlangt. Gemäß Satz 6 des Absatzes 3 der Vorschrift bestimmt sich das Vorkaufsrecht innerhalb der Gebietskörperschaften einschließlich der kommunalen Zweckverbände nach den geplanten Maßnahmen, wobei überörtliche den örtlichen Vorhaben vorgehen. Eine Regelung dahingehend, wie zu verfahren ist, wenn auf gleicher - etwa örtlicher - Ebene Maßnahmen durchgeführt werden, findet sich nicht. Soweit der Gesetzgeber tatsächlich allen (oder zumindest auch den angrenzenden) Gebietskörperschaften ein Vorkaufsrecht einräumen hätte wollen, hätte spätestens hier eine Zuordnung etwa dahingehend nahegelegen, dass das Vorkaufsrecht der Standortgemeinde Vorrang genießt. Das Fehlen einer derartigen Konkurrenzregelung legt es nahe, dass der Gesetzgeber eine entsprechende Konkurrenzsituation verschiedener Kommunen nicht in den Blick nehmen musste, weil eine solche wegen der Beschränkung des Vorkaufsrechts auf im jeweiligen Gebiet gelegene Grundstücke nicht entstehen kann.

Darüber hinaus zeigt sich angesichts dieser Regelungen, dass ein praktikabler Vollzug der Vorschrift nicht möglich wäre, wenn man zu dem Ergebnis käme, dass Gebietskörperschaften auch für Grundstücke außerhalb ihres jeweiligen Gebiets Vorkaufsrechte zustehen. Denn ein „Verlangen“ der jeweiligen Gebietskörperschaft, dass das Vorkaufsrecht zu ihren Gunsten ausgeübt wird, setzt voraus, dass sie vom Entstehen des Vorkaufsrechts in Kenntnis gesetzt wird. Danach müssten theoretisch sämtliche Gemeinden und alle sonstigen Gebietskörperschaften Bayerns oder jedenfalls diejenigen, die noch einen örtlichen Bezug zu den Grundstücken aufweisen, vom Eintritt des Vorkaufsfalls informiert werden, was angesichts deren Anzahl (bzw. Unbestimmtheit) und wegen der sehr kurzen Ausschlussfrist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG nicht möglich bzw. impraktikabel ist. Entsprechend ist die derzeitige Handhabung des Freistaats so, dass der vom Notariat übermittelte Kaufvertrag nur den Gebietskörperschaften übersandt wird, auf deren Gebiet sich die verkauften Grundstücke befinden. Demgemäß hinge es allein vom Zufall ab, ob z. B. andere Gemeinden als die Standortgemeinde vom Eintritt des Vorkaufsfalls erfahren, etwa weil ein Kaufvertrag Grundstücke aus unterschiedlichen Gemeinden zum Gegenstand hat, und dadurch in die Lage versetzt werden, eine Ausübung zu ihren Gunsten zu verlangen. Ein derartiger Gesetzesvollzug erscheint aber willkürlich.

Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, ob die Vorkaufsrechtsausübung auch deshalb rechtswidrig wäre, weil der Gemeinderat der Beigeladenen zu 3 nicht vor Ablauf der Ausübungsfrist einen Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts für die im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücke gefasst, sondern diese Entscheidung dem „Bürgermeisterausschuss“ überlassen hatte.

II.

Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) und 852, jeweils der Gemarkung P., liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht vor.

1. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt nicht an ein Gewässer an.

Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich beim Unterachthaler Mühlbach um kein Gewässer dritter Ordnung im Sinn des Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 BayWG. Daran gibt es nach den im Augenschein getroffenen Feststellungen sowie nach der sachkundigen Beurteilung des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts keinen Zweifel. Nach den Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts ist der (frühere) Unterachthaler Mühlbach kein Gewässer, sondern Teil der stillgelegten technischen Wehr- und Mühlanlage. Der Augenschein hat ergeben, dass er in weiten Bereichen zugewachsen bzw. zugeschüttet ist und kein Wasser führt. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt aber nur an den Unterachthaler Mühlbach, und nicht auch an die Thalkirchner Achen an.

2. Auch das Grundstück FlNr. 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) grenzt nicht im Sinn von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG an ein Gewässer an.

Diese Teilfläche des Grundstücks ist von der Teilfläche östlich des Mühlbachgrundstücks durch das Mühlbachgrundstück FlNr. 849 völlig abgetrennt und somit im Gegensatz zum östlichen Teil nicht mehr an die Thalkirchner Achen angrenzend. Im Übrigen fehlte auch die Rechtfertigung für die Ausübung des Vorkaufsrechts i. S. v. Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG, da das Grundstück nicht flach ist, sondern nach Westen hin steil ansteigt und daher nicht mehr zur Talaue zählt. Das Grundstück FlNr. 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) ist in topographischer Hinsicht eher Teil des Hanggrundstücks FlNr. 852.

3. Hinsichtlich des Grundstücks FlNr. 852, das nur in einem kleinen nordöstlichen Bereich an die Thalkirchner Achen angrenzt, fehlt es an der Verflechtung mit der Bachaue und damit an der Rechtfertigung für die Ausübung des Vorkaufsrechts i. S. d. Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG.

Es handelt sich dabei um ein Hanggrundstück mit einer Fläche von 6328 m², das mit Mischwald bestanden ist und sich in Richtung Süden fast 200 m entlang des Unterachthaler Mühlbachs erstreckt. Das Grundstück gehört demnach nicht mehr zur Talaue der Thalkirchner Achen. Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des Vorkaufsrechts am Gesamtgrundstück sind nicht ersichtlich.

Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 31.250 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.6.1 des Streitwertkatalogs 2013 NVwZ-Beilage 2013, 57.

Tenor

I.

Der Bescheid des Landratsamts ... vom 12.7.2016 wird aufgehoben.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung gleiche Sicherheit leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 15.3.2016 verkaufte der Beigeladene zu 2) das Grundstück Fl.Nr. … Gemarkung ... (Z..., Grünland, Nadelwald zu 1,4539 ha) an den Kläger zum Preis von 21.808,50 €.

Das Grundstück liegt im „Naturpark ...“ (vgl. Verordnungen vom 2.9.1992 und 23.12.2005).

Mit Schreiben vom 16.3.2016 teilte das Notariat ... dem Landratsamt ...- Untere Naturschutzbehörde - den Verkauf mit. Das Schreiben ging am 17.3.2016 beim Landratsamt ein.

Mit Schreiben vom 21.3.2016 bestätigte die Beigeladene zu 1) dem Notariat ..., dass ein Vorkaufsrecht nach dem BauGB nicht bestehe bzw. nicht ausgeübt werde.

Mit Schreiben vom 4.5.2016 teilte die Beigeladene zu 1) dem Landratsamt ...- Untere Naturschutzbehörde - mit, dass im Zuge des neuen Baugebiets „S...“ geeignete Ausgleichs- und Ersatzflächen benötigt würden. Das Grundstück sei als Ausgleichsfläche geeignet, die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten der Beigeladenen zu 2) beruhe auf einem Beschluss des Stadtrats vom 7.4.2016.

Auf Nachfrage der Unteren Naturschutzbehörde bestätigte das Wasserwirtschaftsamt ..., dass sich auf dem Grundstück ein oberirdisches Gewässer befinde (Mail vom 18.5.2016).

Auf Anforderung der Unteren Naturschutzbehörde vom 12.5.2016 übersandte die Notarin eine Ausfertigung der Urkunde vom 15.3.2016, die am 19.5.2016 bei der Unteren Naturschutzbehörde einging.

Mit Schreiben vom 13.6.2016 an den Kläger und gleichlautendem Schreiben an den Beigeladenen zu 2) teilte die Untere Naturschutzbehörde die beabsichtigte Ausübung des Vorkaufsrechts unter Darlegung der naturschutzfachlichen Gründe mit. Die Adressaten erhielten Gelegenheit zur Äußerung bis 30.6.2016. Auf Bitte des Bevollmächtigten des Klägers um Fristverlängerung erfolgte diese bis 10.7.2016.

Der Kläger widersprach der Ausübung des Vorkaufsrechts. Diese sei verfristet, es läge kein oberirdisches Gewässer vor. Es sollten offensichtlich zusätzliche Kompensationsflächen geschaffen werden. Der Kläger habe 0,00 ha „umweltsensibles Dauergrünland“ geschaffen.

Der Beigeladene zu 2) trug vor, er habe den Verkauf zu einem „familiären Vorzugspreis“ getätigt. Der Beigeladenen zu 1) hätte er das Grundstück nicht zu diesem Preis verkauft. Er lehne die „Vorstufe zur Enteignung“ ab. Als Verkäufer müsse er frei entscheiden können, wann und an wen er überhaupt verkaufen wolle. Bei Ausübung des Vorkaufsrechts werde er vom Kaufvertrag zurücktreten. Der Kläger und er seien Cousins. Die Einschränkung der Ausübung des Vorkaufsrechts nur hinsichtlich Verwandter in gerader Linie stelle einen Willkürakt des Gesetzgebers dar.

Am 12.7.2016 erließ das Landratsamt ... - Untere Naturschutzbehörde - folgenden Bescheid, der dem Klägerbevollmächtigten am 13.7.2016 zugestellt wurde:

1. Der Freistaat ..., vertreten durch das Landratsamt ..., macht hiermit gegenüber Herrn ... das Vorkaufsrecht für das Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung ..., auf der Grundlage des Kaufvertrags vom 15.3.2016 der Notarin ..., ..., URNr. .../2016, nach § 66 BNatSchG i.V. mit Art. 39 BayNatSchG geltend.

2. Die Ausübung erfolgt zugunsten der Stadt ....

3. Für diesen Bescheid werden keine Kosten erhoben.

Das Wiesengrundstück Fl.Nr. … werde im Südwesten auf einer Länge von rund 100 m von einem Bach begrenzt, der ständig wasserführend sei. Aufgrund der Funktion als Vorflut für bestehende Teiche und der Größe des Einzugsgebiets stelle der Bach ein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 3 Nr. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) dar. Zweck der Ausübung des Vorkaufsrechts sei eine naturschutzfachliche Optimierung des Wiesengrundstücks bei gleichzeitiger Verwendung als Ausgleichs- bzw. Ersatzfläche durch die Beigeladene zu 1). Mit Auslaufen des Pachtverhältnisses werde das Grundstück langfristig einer extensiven Nutzung nach naturschutzfachlichen Vorgaben unterzogen werden. Die Beigeladene zu 1) verfüge über die Nachbargrundstücke Fl.Nrn. …, … und …, Gemarkung ..., die ebenfalls zur Kompensationszwecken erworben worden seien. Das streitgegenständliche Grundstück sei zur naturschutzfachlichen Aufwertung geeignet. Die Beigeladene zu 1) verfolge eine Verbesserung des derzeitigen Naturzustandes, indem die Fläche unter anderem durch Verzicht auf Düngung und chemische Pflanzenschutzmittel sowie einer späten Mahd extensiviert werde. In Teilbereichen sollten räumlich wechselnde Altgrasfluren mit Mahd im Turnus von zwei Jahren geschaffen werden. Durch die Anreicherung mit Kleinstrukturen als Reptilienhabitate sei eine weitere naturschutzfachliche Aufwertung beabsichtigt. Vorgesehen seien Lesesteinwälle, Reisighaufen, Strauchpflanzungen und Totholzstrukturen. Durch die Extensivierung würden zudem Nährstoffeinträge in das Gewässer vermieden werden. Außerdem grenze das Grundstück an einen Flächenkomplex der Beigeladenen zu 1), auf dem Maßnahmen zur Biotopaufwertung im Wald durchgeführt werden sollen. Durch die zusätzliche Aufwertung der Fl.Nr. … könne der angrenzende Waldstandort durch zusätzliches Lebensraumangebot des Offenlandes ergänzt werden und so Wechselbeziehungen zwischen Wald und Offenland ermöglich werden. Darüber hinaus werde die Biotopvernetzung gefördert. Das Grundstück liege innerhalb der Schutzzone der Verordnung über den „Naturpark ...“ vom 2.9.1997, die durch Verordnung vom 23.12.2005 mit Wirkung zum 1.2.2006 vom Umweltministerium aufgehoben worden sei. Allerdings gelte die Schutzzone mit Verboten gemäß Art. 15 Abs. 2 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG) (wohl richtig: Art. 11 Abs. 2 BayNatSchG a.F) als Rechtsverordnung über Landschaftsschutzgebiete fort. Die vorgesehenen Maßnahmen entsprächen den Schutzzwecken, die in § 4 Nr. 6 der Verordnung über den „Naturpark...“ aufgeführt seien.

Die genannten gewichtigen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sprächen für eine Ausübung des Vorkaufsrechts. Als private Interessen seien vom Kläger und dem Beigeladenen zu 2) vorgetragen worden, es handle sich um einen verwandtschaftlichen Verkauf zu Vorzugsbedingungen und um einen unzulässigen Eingriff in das Eigentum. Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolge „zu gleichen Bedingungen“, so dass der Verkäufer nicht schlechter gestellt werde. Der Käufer sei zugleich bisheriger Pächter der Fläche, so dass die bisherige Nutzung zukünftig anzunehmen wäre. Nur mit Ausübung des Vorkaufsrechts bestehe auf Dauer die Möglichkeit einer Optimierung der Grundstücke im naturschutzfachlichen Sinn. Entsprechend der allgemeinen Praxiserfahrung biete nur der Flächenerwerb die Möglichkeit, Grundstücke dauerhaft im Sinne des Naturschutzes zu optimieren; bei Flächen im Privatbesitz sei diese Gewähr zumindest langfristig nicht durchsetzbar. Das öffentliche Interesse an der Ausübung des Vorkaufsrechts überwiege somit die privaten Interessen an der Nichtausübung.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei zulässig, da die Ausübungsfrist von zwei Monaten noch nicht abgelaufen sei. Fristbeginn sei der 20.5.2016 mit dem Eingang der vollständigen Abschrift des Kaufvertrags gemäß Posteingangsstempel am 19.5.2016, die Ausübungsfrist ende daher erst mit Ablauf des 19.7.2016.

Das Vorkaufsrecht sei auch nicht nach Art. 39 Abs. 3 BayNatSchG ausgeschlossen, da keine Verwandtschaft in gerader Linie vorliege. Auf die weiteren Ausführungen wird Bezug genommen.

Laut Auskunft des Wasserwirtschaftsamts betrage das Niederschlagseinzugsgebiet am betreffenden Grundstück 58 ha. Allein deshalb sei eine untergeordnete Bedeutung des Gewässers nicht mehr gegeben. Zusätzlich diene der Bach als Vorflut für die bestehenden oberirdischen Teiche und als Vorflut für ein im Flurbereinigungsverfahren K... oberstrom erstelltes Dränsystem. Eine wasserwirtschaftliche Bedeutung für das Gewässer sei somit vorhanden (Mail vom 14.7.2016).

Am 12.8.2016 ließ der Kläger Klage erheben. Zur Begründung wird vorgetragen:

- Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei verfristet. Mit Schreiben vom 16.3.2016 sei die Untere Naturschutzbehörde über den Verkauf des Grundstücks informiert worden. Die Beigeladene zu 1) habe bereits unter dem 21.7.2016 (richtig: 21.3.2016) gegenüber dem Notariat mitgeteilt, dass ein Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werde. Es hätten bereits die relevanten Informationen bei der Behörde vorgelegen, so dass zum einen das Wasserwirtschaftsamt eine Stellungnahme habe abgeben können, zum anderen auch die Beigeladene zu 1) den erforderlichen Beschluss für die Ausübung des Vorkaufsrechts bereits in der Sitzung vom 17.4.2016 (richtig: 7.4.2016) habe fassen können. Mit der Anforderung der vollständigen Ausfertigung des Kaufvertrags mit Schreiben vom 12.5.2016 liege jedenfalls eine schuldhafte Verzögerung durch das Landratsamt vor. Das Verhalten sei treuwidrig, der Kläger berufe sich auf die Einrede wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben - § 242 BGB analog. Es werde bestritten, dass dem Landratsamt nicht bereits vor dem 19.5.2016 der Inhalt des Vertrags bekannt gewesen sei und das Landratsamt nicht in der Lage gewesen wäre, die Folgen innerhalb der gesetzten Frist zu beurteilen und zu prüfen. Die Verfristung ergebe sich sowohl aus § 469 BGB als auch aus Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG. Es werde bestritten, dass der Vertrag erst am 19.5.2016 beim Landratsamt eingegangen sei.

- Es sei nicht von einem „oberirdischen Gewässer“ auszugehen. Es treffe zu, dass sich am südlichen Rand des streitgegenständlichen Grundstücks im westlichen Bereich über eine Strecke von weniger als 100 m ein Graben durchschlängle. Dieser sei lediglich in den Wintermonaten, nach starkem Regenfall, mit Wasser gefüllt. Den gesamten Sommer über, auch zu Beginn des Herbstes, sei er trocken. Auch die bestehenden „Teiche“, die in den 1970er Jahren künstlich angelegt worden seien, hätten weder einen Zulauf noch einen Ablauf. Es handle sich um Himmelsteiche, die ausschließlich vom Regenwasser gespeist würden. Auch die Teiche seien regelmäßig ausgetrocknet, besonders im Sommer. Dem Graben komme keine wasserwirtschaftliche Bedeutung zu.

- Die Argumentation, die Ausübung des Vorkaufsrechts werde im Besonderen den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege dienen, sei im Ergebnis nicht nachvollziehbar. Es sollten offensichtlich lediglich zusätzliche Flächen für die Beigeladene zu 1) als Kompensationsfläche angekauft werden, um andere geschützte Gebiete, wo tatsächlich die Ausübung des Naturschutzes erforderlich wäre, bebauen oder auch anders bewirtschaften zu können.

- Ein Auszug aus der Feldstückkarte Bayern 2016 zeige, dass 0,00 ha „umweltsensibles Dauergrünland“ vorliege, welches der Kläger in den letzten Jahren geschaffen habe. Es handle sich um kein besonders schützenswertes Landstück. Bevor der Kläger das Land gepachtet habe, sei es Ackerland gewesen. Der Kläger selbst nutze auf seinem Dauergrünland keinen chemischen Pflanzenschutz. Die Nutzung durch ihn sei aus naturschutzfachlichen Gründen nicht zu beanstanden.

- Gemäß Art. 39 Abs. 1 BayNatSchG beziehe sich das Vorkaufsrecht allenfalls auf den Bereich, an den der Grenzgraben angrenze, d. h. auf eine Länge von ca. 100 m und eine Breite von maximal 1 m ab der Grenze gemessen.

- Es werde der Beigeladenen zu 1) abgesprochen, dass eine naturschutzfachliche Aufwertung erfolgen werde. Sie habe in der Vergangenheit alle Grundstücke „verkommen“ lassen.

- Es sei das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden. Nach § 4 Nr. 5 der Naturparkverordnung diene die Festsetzung des Naturparks auch dem Erhalt und der Fortentwicklung der Landwirtschaft als Träger der Kulturlandschaft. Durch das Vorgehen der Beklagten werde dem Kläger diese Fläche entzogen, was bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen wäre. Es gehe auch um die Existenz des Klägers.

Der Kläger beantragt:

Der Bescheid des Landratsamts ... vom 12.7.2016 wird aufgehoben.

Das Landratsamt ... beantragt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

- Die Ausübungsfrist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG beginne mit der Mitteilung eines wirksamen, vollständigen und richtigen notariellen Kaufvertrags an die Kreisverwaltungsbehörde.

- Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne von § 242 BGB sei nicht ersichtlich. Nach Mitteilung des Kaufvertrags durch die Notarin sei eine Vorprüfung des Vorkaufsrechts unter anderem durch eine Ortseinsicht erfolgt. Mit der Beigeladenen zu 1) hätten bis zu diesem Zeitpunkt nur mündliche unverbindliche Absprachen stattgefunden. Erst mit Schreiben vom 4.5.2016, eingegangen bei der Unteren Naturschutzbehörde am 9.5.2016, habe die Beigeladene zu 1) ihren Willen zur Ausübung des Vorkaufsrechts mitgeteilt und dabei ausdrücklich auf die Abhängigkeit der Vorkaufsrechtsausübung von der weiteren Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen hingewiesen. Diese Prüfung könne erst mit Vorliegen des notariellen Kaufvertrags erfolgen. Es seien keine Genehmigungen im Vorfeld eingeholt worden, die Ausübung des Vorkaufsrechts bedürfe nur im Falle des Art. 39 Abs. 5 Satz 2 BayNatSchG des Einvernehmens der Immobilien Freistaat....

- Zur Gewässereigenschaft des namenlosen Grabens bzw. Bachs seien Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamtes ... und vom Sachgebiet Wasserrecht am Landratsamt eingeholt worden. In Nr. 1.2.1 der Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wasserrechts (VVWas) vom 27.1.2014 sei der Begriff der untergeordneten Bedeutung von Gewässern dargelegt. Kriterien, dass dies nicht der Fall sei, seien u. a. ein Einzugsgebiet von mehr als 50 ha sowie die Verknüpfung mit anderen Gewässern. Beides sei der Fall. Zudem habe das Gewässer natürlichen Ursprung. Es fließe nicht in einem künstlich hergestellten Bach und stelle somit nicht einen bloßen Be- und Entwässerungsgraben dar. Ein gelegentliches Trockenfallen während der Sommermonate hebe die Gewässereigenschaft nicht auf.

- Die Ausübung des Vorkaufsrechts liege aus Gründen des Naturschutzes und der Landschaftspflege im öffentlichen Interesse. Die naturschutzfachliche Aufwertung des Grundstücks durch die Beigeladene zu 1) diene ausschließlich den Belangen des Naturschutzes. Ohne Ausübung des Vorkaufsrechts wäre davon auszugehen, dass das Grundstück weiterhin als intensives Grünland genutzt werden würde. Dieser Rechtfertigungsgrund entfalle nicht dadurch, dass das Grundstück gleichzeitig zur Realisierung von ökologischen Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen sei.

- Nach Abwägung der Interessenlagen (naturschutzfachliche Optimierung des Grundstücks - entgegenstehende private Interessen von Käufer und Verkäufer) sei das Landratsamt nach pflichtgemäßer Ermessensausübung zu dem Ergebnis gekommen, das Vorkaufsrecht zugunsten der Beigeladenen zu 1) auszuüben.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die dem Gericht vorgelegte Behördenakte, die eingereichten Schriftsätze der Beteiligten, die Gerichtsakte und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10.1.2017 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid des Landratsamts ... vom 12.7.2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er ist deshalb aufzuheben.

1. Die Einwendungen des Beigeladenen zu 2) gegen das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht im Allgemeinen sind unbegründet.

Das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht ist als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums verfassungsgemäß (BayVGH, U.v. 11.5.1994 - 9 B 93.1514 -). Die Ausübung des Vorkaufsrechts wirkt sich für die Vertragspartner des Kaufvertrags nicht als Enteignung aus (BayVGH, U. v. 11.8.1989 - 9 B 86.02748 -). Vorkaufsrechte gestalten das Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, ihre Ausübung ist daher keine Enteignung (BVerfG, B. v. 10.1.2000 - 1 BvR 1268/99 -). Der Ausschluss des Vorkaufsrechts gemäß Art. 39 Abs. 9 BayNatSchG bei Veräußerung an den Ehegatten, eingetragenen Lebenspartner oder an eine Person, die mit dem Eigentümer des Grundstücks in gerader Linie verwandt ist, entspricht § 66 Abs. 3 Satz 5 BNatSchG. Mit dieser Regelung trägt das Gesetz der Tatsache Rechnung, dass unter Verwandten häufig Preise deutlich unterhalb des Verkehrswerts vereinbart werden und die Ausübung des Vorkaufsrechts zu diesen Preisen nicht angemessen wäre (vgl. Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 39 Rn. 41). Dass der Gesetzgeber nicht auch das hier zwischen dem Beigeladenen zu 2) und dem Kläger beschriebene Verwandtschaftsverhältnis - sie sind Cousins - in den Ausschluss einbezogen hat, ist nicht zu beanstanden.

Der Einwand des Beigeladenen zu 2), er hätte das Grundstück an die Beigeladene zu 1) nicht zu diesem günstigen Preis verkauft, führt nicht dazu, am Vorliegen eines Kaufvertrags zu zweifeln. Eine gemischte Schenkung, bei deren Vorliegen das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden könnte, wird nicht geltend gemacht. Eine derartige Vertragsgestaltung läge nur dann vor, wenn die Vertragsparteien das objektive Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung kennen und sich darüber einig sind, dass ein Teil der Leistung nicht durch die Gegenleistung abgegolten, sondern unentgeltlich zugewendet werden soll (vgl. Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt a. a. O. Art. 39 Rn. 11 m. w. N.). Anhaltspunkte sind weder hinsichtlich eines objektiven Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung noch hinsichtlich einer derartigen Kenntnis der Vertragsparteien gegeben.

Der vom Beigeladenen zu 2) angekündigte Rücktritt vom Kaufvertrag wirkt sich auf den Rechtsstreit nicht aus. Ein einmal entstandenes Vorkaufsrecht ist unabhängig vom Fortbestand des Kaufvertrags. Die Ausübung des Vorkaufsrechts lässt einen neuen, selbstständigen Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Vorkaufsberechtigten entstehen (vgl. Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt a. a. O. Art. 39 Rn. 15).

2. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf die Verfristung der Ausübung des Vorkaufsrechts berufen. Sein Hinweis auf § 242 BGB trägt nicht.

Gemäß Art. 39 Abs. 7 BayNatSchG kann das Vorkaufsrecht nur innerhalb von zwei Monaten nach der Mitteilung des Kaufvertrags ausgeübt werden. Die Ausübungsfrist beginnt mit der Mitteilung des wirksamen, vollständigen und richtigen notariellen Kaufvertrags. Ausweislich der Akten ging die Ausfertigung der Kaufurkunde am 19.5.2016 bei der Unteren Naturschutzbehörde ein. Der streitgegenständliche Bescheid wurde am 12.7.2016 und damit innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist erlassen.

Ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist nicht darin zu sehen, dass das Landratsamt ... erst am 12.5.2016 beim Notariat die Übersendung der vollständigen Ausfertigung des notariellen Kaufvertrags erbeten hatte, obwohl es bereits am 17.3.2016 vom Vertragsabschluss informiert worden war. Ein derartiger Verstoß läge nur dann vor, wenn in der Ausübung des Vorkaufsrechts eine mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht zu vereinbarende unzulässige Rechtsausübung läge, was zum Beispiel dann anzunehmen wäre, wenn der Berechtigte (Landratsamt ... für den Freistaat ...) sich dazu verpflichtet hätte, dass er das Vorkaufsrecht nicht ausüben werde und insoweit für den Dritten (Käufer) ein Vertrauensschutz entstanden wäre. Hiermit ist das Vorgehen des Landratsamts ... nicht vergleichbar. Allein der Zeitablauf von ca. zwei Monaten lässt kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend entstehen, dass das Vorkaufsrecht nicht - mehr - ausgeübt wird. Im Übrigen lässt die Bezugnahme auf § 469 Abs. 1 BGB den Schluss zu, dass der Beigeladene zu 2) als Verpflichteter, aber auch der Kläger als Dritter verpflichtet wäre, dem Vorkaufsberechtigten, dem Beklagten, den Inhalt des Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen. Auf den Fall des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts übertragen, wird diese Verpflichtung in der Regel durch das zuständige Notariat übernommen. Eine unverzügliche Übermittlung der vollständigen Vertragsurkunde durch das Notariat an die Untere Naturschutzbehörde wäre auch ohne eine konkrete Anforderung möglich gewesen.

3.1. Der Kaufvertrag vom 15.3.2016 bezieht sich auf ein Grundstück, das an ein oberirdisches Gewässer, das keinen Be- und Entwässerungsgraben darstellt, angrenzt. Unter einem oberirdischen Gewässer versteht das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) gemäß § 3 Nr. 1 WHG das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser. Unter einem Be- und Entwässerungsgraben versteht man ein kleines, künstlich hergestelltes Gewässer mit kleinem Bett und geringer Wasserführung mit der Funktion der Be- und Entwässerung landwirtschaftlich genutzter oder sonstiger Grundstücke. Gräben sind nur die ausschließlich in einem künstlichen Bett fließenden (unbedeutenden) Gewässer, so dass ein Bach natürlichen Ursprungs und mit einer naturgegebenen Vorfluteigenschaft nicht dazugehört (vgl. Engelhard/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt a. a. O. Art. 39 Rn. 6 a). In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts ... das an das streitgegenständliche Grundstück angrenzende Gewässer als ein nicht künstlich hergestelltes, also natürliches Gewässer, beschrieben, das als Vorflut für die östlich gelegene Teichanlage und verschiedene Drainagen dient. Dass dieser Bach nicht ständig Wasser führt, ist nach der o.g. Definition unschädlich. Damit handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Grundstück um ein Grundstück im Sinne des Art. 39 Abs. 1 Nr. 1 BayNatSchG.

3.2. Fraglich ist der Umfang des Vorkaufsrechts, da das Grundstück nicht mit seiner ganzen (südlichen) Seitenlänge, sondern nur mit einer Länge von ca. 100 m am Gewässer anliegt.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. U. v. 3.5.2016 - 14 B 15.205 -) sei trotz Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG bei an oberirdische Gewässer angrenzenden Grundstücken das Vorkaufsrecht grundsätzlich nicht auf einen auf den Uferstreifen entfallenden Teil des Grundstücks beschränkt, sondern könne sich auf das gesamte Grundstück erstrecken. Bis zu welcher Größe bzw. Tiefe die an das Gewässer angrenzenden Landbereiche dem Vorkaufsrecht unterliegen, beurteile sich nach der ökologischen Verflechtung von Gewässer- und Uferbereich mit den weiteren Landflächen, also letztlich nach den Belangen, mit denen das Vorkaufsrecht gerechtfertigt werde. Ob es vorliegend gerechtfertigt ist, das Vorkaufsrecht auf die gesamte Fläche des über 14.539 m2 großen Grundstücks zu erstrecken, kann dahingestellt bleiben, da der Ausübung des Vorkaufsrechts im vorliegenden Fall entgegensteht, dass das Vorkaufsrecht (auch) der Verwendung des Grundstücks als Ausgleichsfläche durch die Beigeladene zu 1) dienen soll.

4. Gemäß Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG darf das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden, wenn dies gegenwärtig oder zukünftig die Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege oder das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung in der freien Natur rechtfertigen.

4.1 Der im Bescheid detailliert dargestellte Rechtfertigungsgrund für die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts belegt, dass der Erwerb des Grundstücks vorteilhafte Auswirkungen auf die in Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG genannten Belange hat. Die Einwendungen des Klägers hiergegen tragen nicht. Es kommt insbesondere nicht darauf an, welche Wertigkeit das auf der Fläche bestehende Dauergrünland hat. Auch der Umstand, dass der Kläger dieses Dauergrünland erst geschaffen hat, ist ohne Belang. Letztlich steht auch der Hinweis des Klägers, seine Nutzung des Grundstücks sei naturschutzfachlich nicht zu beanstanden, der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht entgegen. Es ist eine allgemeine Erfahrungstatsache, das Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand die Verwirklichung der Ziele von Naturschutz- und Landschaftspflege besser und sicherer gewährleisten als Grundstücke in der Hand von Privatpersonen, deren privatnützige Interessen leicht in Konflikt mit den Anforderungen von Naturschutz- und Landschaftspflege geraten können (vgl. Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt a. a. O. Art. 39 Rn. 21). Im Übrigen besteht beim Grunderwerb durch Private in der Regel nur ein Schutz gegen unzulässige Eingriffe, während Verbesserungsmaßnahmen zugunsten der Belange des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG regelmäßig nicht zu erwarten sind (vgl. Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt a. a. O. Art. 39 Rn. 21 a).

Soweit der Beigeladenen zu 1) vom Kläger die naturschutzfachliche Aufwertung der Fläche abgesprochen wird, weil sie in der Vergangenheit eine Streuobstwiese habe verkommen lassen und die Pflege einer Magerrasenwiese eingestellt habe mit der Konsequenz, dass eine Verwaldung eingetreten sei, hilft dies der Klage nicht zum Erfolg. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Behauptungen obliegt es dem Landratsamt ... - Untere Naturschutzbehörde - bei Wirksamwerden des Vorkaufsfalls, die zur Rechtfertigung angegebenen Verbesserungsmaßnahmen zu überwachen.

4.2 Nach der Bescheidsbegründung dient das Vorkaufsrecht jedoch gleichzeitig der Verwendung als Ausgleichs- bzw. Ersatzfläche durch die Beigeladene zu 1). Ausweislich des seit dem 16.12.2016 rechtsverbindlichen Bebauungsplans „... S... „ ist das streitgegenständliche Grundstück als Ausgleich für die Eingriffe durch die Bauleitplanung vorgesehen. Damit dient das Vorkaufsrecht nicht nur den Belangen des Naturschutzes, sondern in gleicher Weise der Realisierung der Bauleitplanung der Beigeladenen zu 1). Damit soll der Erwerb des Grundstücks die mit der Erstellung des Baugebiets verbundenen Eingriffe kompensieren. Damit ist der Rechtfertigungsgrund für das Vorkaufsrecht nicht selbstständig, sondern beschreibt die Art und Weise des Ausgleichs, zu dem sich die Beigeladene zu 1) durch den Bebauungsplan verpflichtet hat. Letztendlich dient das Vorkaufsrecht damit primär der Realisierung des Baugebiets (vgl. hierzu Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt a. a. O. Art. 39 Rn. 20). Dieses Ziel kann nicht mit Hilfe des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts erreicht werden. Vielmehr müsste die Gemeinde die baurechtlichen Möglichkeiten zur Bereitstellung der erforderlichen Flächen gem. § 135 a Abs. 2 BauGB ergreifen.

Das Gericht verkennt nicht, dass diese Rechtsfrage vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof dahingehend beantwortet wird, dass bei Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes für die Ausübung des Vorkaufsrechts, dieser nicht dadurch in Frage gestellt werde, dass das Grundstück gleichzeitig zur Realisierung von ökologischen Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen ist, da sowohl § 15 Abs. 2 BNatSchG als auch Art. 6 Abs. 2 BayNatSchG davon ausgingen, dass unvermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen sind (vgl. B. v. 3.3.2016 - 14 ZB 15.2071 - Rn. 13). Im Urteil vom 3.5.2016 - 14 B 15.205 - Rn. 53 stellt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof darauf ab, ob der Vorkaufsberechtigte eine ökologische Aufwertung durchführen werde, was zur Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts als ausreichend erachtet wird.

Diese Überlegungen berücksichtigen nach Ansicht des Gerichts die oben dargestellte Überlagerung des naturschutzrechtlichen Rechtfertigungsgrundes durch den Endzweck des Ausgleichs einer Bauplanung nicht zureichend. Deshalb ist die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.

5. Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass das Landratsamt ... bei Bescheidserlass sein Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt hat. Der erst vom Kläger in einem im gerichtlichen Verfahren eingereichten Schriftsatz vorgetragene Hinweis auf seine Existenz als Landwirt konnte bei Bescheidserlass nicht gewürdigt werden, da er nicht bekannt war. Auch in der mündlichen Verhandlung sah sich der Beklagtenvertreter verständlicherweise zu näheren Ausführungen hierzu nicht in der Lage, da der Kläger keine Angaben zu seiner betrieblichen Situation gemacht hat.

Der Klage war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da mangels eigener Antragstellung es nicht geboten war, der unterliegenden Partei die Kosten aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg einzulegen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg). Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 340148, 80098 München). § 124 a Abs. 3 VwGO ist zu beachten.

Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.452,12 € festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. Nr. 9.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsordnung.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,- EUR übersteigt, oder wenn die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg einzulegen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg). Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Tenor

I.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 abgeändert und erhält folgende Fassung:

Der Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 wird aufgehoben, soweit das Vorkaufsrecht für die Grundstücke FlNr. 850, 851/3 - Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H., ausgeübt wurde. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

III.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Kläger gesamtverbindlich ein Drittel und der Beklagte zwei Drittel. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, falls nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich als Käufer gegen die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts.

Mit Schreiben vom 6. September 2012, eingegangen am 11. September 2012, informierte der beurkundende Notar das Landratsamt Rosenheim darüber, dass die Beigeladenen zu 1 und 2 mit notariellem Kaufvertrag vom 30. August 2012 diverse Grundstücke an die Kläger veräußert haben. Dabei handelte es sich um folgende Grundstücke:

- Auf dem Gemeindegebiet von Bad Endorf liegend:

FlNr. 1038 (2.730 m²), 1039 (Teilfläche von 4.095 m² von insgesamt 5.095 m²), 1041 (2.387 m²), 1041/1 (957 m²), 1042 (5.150 m²), 1047/1 (1.450 m²), jeweils der Gemarkung P.; FlNr. 91 (3.510m²), 92 (4.782 m²), jeweils der Gemarkung H.

- Auf dem Gemeindegebiet von Riedering liegend:

FlNr. 850 (412 m²), 851 (7.340 m²), 851/3 (1.019 m²), 852 (6.328 m²), 866/1 (2.300 m²), 867 (1.360 m²), 868 (1.630 m²), 869 (2.380 m²), jeweils der Gemarkung P.

Die Beigeladene zu 2 ist Miteigentümerin des Grundstücks FlNr. 852, hinsichtlich der übrigen Grundstücke ist der Beigeladene zu 1 Alleineigentümer. Mit Ausnahme der Grundstücke FlNr. 1038 und 850, jeweils der Gemarkung P., grenzen alle Grundstücke an ein oberirdisches Gewässer, die Thalkirchner Achen, ein Gewässer dritter Ordnung, an. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt an das Grundstück FlNr. 849 der Gemarkung P., das für den künstlich hergestellten sog. Unterachthaler Mühlbach abgeteilt worden war, dessen Zweckbestimmung die Wasserzuführung zu einer mittlerweile verfallenen Mühle war.

Nachdem die Gemeinden Bad Endorf und Riedering (Beigeladene zu 3) ihr Interesse an der Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts geäußert hatten, hörte das Landratsamt die Kläger und die Beigeladenen zu 1 und 2 mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 zur beabsichtigten Ausübung des Vorkaufsrechts an. Der Beigeladene zu 1 widersprach der Ausübung mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 und wies darauf hin, dass sämtliche Grundstücke mit Pachtvertrag vom 10./11. Mai 2012 ab 1. Juni 2012 für die Dauer von 30 Jahren von ihm an den Vater der Kläger verpachtet worden seien. Denselben Hinweis enthielt auch der Schriftsatz der Kläger vom 28. Oktober 2012.

Am 7. November 2012 übersandte das Notariat die erteilte Genehmigung (bzw. das Negativzeugnis) nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Das Landratsamt hörte die Kläger und die Beigeladenen zu 1 und 2 nochmals mit Schreiben vom 8. November 2012 zur Ausübung des Vorkaufsrechts an. Die Kläger und die Beigeladenen zu 1 und 2 wandten sich erneut gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts; die Kläger unterrichteten das Landratsamt zudem von einer an den Bayerischen Landtag gerichteten Petition, in der sie sich wegen einer seit zwei Jahren dauernden Planung einer Wasserkraftanlage gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts aussprachen. Nach Abstandnahme der Gemeinde Bad Endorf von der Ausübung des Vorkaufsrechts für die auf ihrem Gebiet liegenden Grundstücke teilte die Beigeladene zu 3 dem Landratsamt mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 mit, dass das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zu ihren Gunsten für alle in Frage kommenden Grundstücke ausgeübt werden solle.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2012 übte das Landratsamt das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zugunsten der Beigeladenen zu 3 für alle veräußerten Grundstücke mit Ausnahme des Grundstücks FlNr. 1038 der Gemarkung P. (nicht am Gewässer gelegen) und einer Teilfläche von 3.470 m² von FlNr. 1042 der Gemarkung P. (Waldfläche) aus. Das Vorkaufsrecht stehe der Gemeinde nach § 66 Abs. 5 BNatSchG i. V. m. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG zu. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei gemäß Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG durch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gerechtfertigt. Die Gemeinde beabsichtige, die Grundstücke ökologisch aufzuwerten. Die Flächen würden in das gemeindliche Ökokonto eingestellt und als zukünftige ökologische Ausgleichsflächen eingesetzt. Die ökologische Aufwertbarkeit der Flächen sei gegeben. Sämtliche Grundstücke lägen im Geltungsbereich der Kreisverordnung über die Inschutznahme der „Thalkirchner Achen und ihrer Umgebung“ als Landschaftsschutzgebiet vom 10. November 1966 (KABl vom 20.12.1967), zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. Dezember 1976 (KABl vom 31.12.1976). Die Thalkirchner Achen einschließlich ihrer Uferbereiche sowie weite Teile des Unterachthaler Mühlbachs einschließlich seiner Uferbereiche seien wegen ihres hohen ökologischen Wertes in der Flachlandbiotopkartierung Bayern als Bachlauf mit meist geschlossenem Gehölzsaum und Bach-Erlen-Eschenauwald-Beständen erfasst (Biotopkomplex-Nr. 8139-0050, Teilflächennummern 001, 002 und 003). Die Ufer seien an den Prallufern zum Teil verbaut. Im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern liege die Thalkirchner Achen im Schwerpunktgebiet F6 (Bachschluchten im Molassebergland Prien). Ziel 10 dieses Gebiets sei es, möglichst viele landwirtschaftliche Flächen in eine extensive Nutzung zu überführen. Ziel von Ausgleichsmaßnahmen auf diesen Flächen sei vor allem, die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Dies könne dadurch erreicht werden, dass die jetzt intensiv genutzten Wiesen nach einer Aushagerungsphase ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz mit einem späten Mahdzeitpunkt und 20% wechselnder Brache nur noch extensiv bewirtschaftet würden. Dieses Pflegeregime werde zu einer größeren Pflanzenvielfalt, vor allem auch blühender Stauden, in den Wiesen führen und damit deren Wert als Lebens- und Nahrungsstätte für die Fauna (z. B. Vögel, Schmetterlinge) erheblich verbessern. Durch die ökologische Aufwertung der Wiesen werde die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht. Die Ausübung des Vorkaufsrechts stelle sicher, dass in diesem Abschnitt des Gewässers der natürliche unverbaute Bachlauf ohne Eingriffe, wie z. B. Sicherung der Prallufer, erhalten bzw. wieder hergestellt werde. Nicht zuletzt stellten die extensiv ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz genutzten Wiesen eine Pufferzone zum Gewässer dar und hätten positive Auswirkungen auf die Wasserqualität der Thalkirchner Achen. Die Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts erfolge im pflichtgemäßen Ermessen. Der drei Monate vor Kaufvertragsabschluss auf 30 Jahre abgeschlossene Pachtvertrag werde als unwirksam angesehen, stünde jedoch auch bei Wirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübung nicht entgegen, weil diese auch durch zukünftige Belange des Naturschutzes und Landschaftspflege gerechtfertigt sei. Die Pläne zur ökologischen Aufwertung könnten noch nach Ablauf des Pachtvertrags realisiert werden. Das wasserrechtliche Verfahren mit dem Ziel der Errichtung einer Wasserkraftschnecke mit Fischaufstiegshilfe an der Thalkirchner Achen im Bereich der Grundstücke FlNr. 848 und 869 der Gemarkung P. sei noch nicht abgeschlossen; eine ökologische Aufwertung sei der Errichtung aus ökologischer Sicht vorzuziehen.

Auf Klage der Kläger hat das Bayerische Verwaltungsgericht München den Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 mit Urteil vom 11. Juni 2013 aufgehoben. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG bestehe ein Vorkaufsrecht nicht für das gesamte Grundstück, sondern nur für den Grundstücksteil, für den die Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG zu bejahen seien. Bis zu welcher Größe bzw. Tiefe die an das Gewässer angrenzenden Landbereiche dem Vorkaufsrecht unterlägen, beurteile sich im Einzelfall nach der ökologischen Verflechtung von Gewässer und Uferbereich. Hier habe das Landratsamt das Vorkaufsrecht für eine Vielzahl von Grundstücken ausgeübt, bei denen wegen ihrer Größe eine ökologische Verflechtung zwischen Gewässer und angrenzender Fläche nicht mehr angenommen werden könne oder jedenfalls einer ausführlichen Begründung bedurft hätte, die fehle.

Im Rahmen des vom Beklagten gestellten Antrags auf Zulassung der Berufung hat dieser die Ermessensausübung und Begründung im Bescheid des Landratsamts vom 18. Dezember 2012 ergänzt. Es wurden insbesondere nähere Ausführungen zum Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und zu den im Schwerpunktgebiet „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“ vorliegenden Gegebenheiten wie die enge Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex sowie zu bestehenden Konflikten und Zielen gemacht. Des Weiteren wurde auf die im Landschaftsplan der Beigeladenen zu 3 für den Bereich der Thalkirchner Achen formulierten Maßnahmen hingewiesen. Hinsichtlich der Ermessensentscheidung zur Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der Gesamtgrundstücke wurde insbesondere ergänzend ausgeführt, dass aufgrund des einheitlichen Ökosystems mit jeweiliger Wechselwirkung eine andere Entscheidung bei Abwägung der widerstreitenden Interessen und des Eigentumsrechts der Beteiligten aus naturschutzfachlichen Gründen auch im Hinblick auf die Grundstücksgröße und den Flächenumgriff der Grundstücke nicht möglich gewesen sei.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung begehrt der Beklagte,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. Juni 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Vorschrift des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG sei nach herrschender Meinung und der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinerEntscheidung vom 18. Januar 2000 - 9 B 95.31 - (juris) vor allem auf Satz 1 Nr. 2 und 3 der Bestimmung zugeschnitten, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass ein nur teilweise an ein Gewässer angrenzendes Grundstück nur zum Teil in das Eigentum der öffentlichen Hand überführt werden könne. Die erforderliche Verflechtung von Gewässer und angrenzenden Grundstücksteilen habe der Beklagte zwischenzeitlich durch die (rechtlich zulässige) Ergänzung der Ermessensausübung und Begründung im Bescheid des Landratsamts vom 18. Dezember 2012 dargelegt. Danach lägen sämtliche der gegenständlichen Flächen im selben ökologisch zusammenhängenden Talraum und bildeten ein Ökosystem. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass der Simssee sich nach Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts Rosenheim in einem mäßigen Erhaltungszustand befinde. Aus ökologischen Gesichtspunkten sollten daher alle Mittel ausgeschöpft werden, um die Nährstoffbelastung des Simssees durch die ihm zufließenden Bäche - die Thalkirchner Achen sei der Hauptzufluss des Simssees - zu verringern. Durch den mäandrierenden Lauf und die Hochwasserspitzen der Thalkirchner Achen seien alle Grundstücke der nur ca. 50 m bis maximal 180 m breiten Bachaue eng mit dem Gewässer vernetzt. Die Art der Nutzung der Flächen beeinflusse das Gewässer deshalb unmittelbar. Das Ökosystem umfasse die gesamte Bachaue mit dem Fließgewässer, den tiefergelegenen Auengrundstücken und den bachbegleitenden Leitenwäldern. Die Breite des Ökosystems variiere je nach Breite des Talgrunds. Es handle sich um ein sehr komplexes Ökosystem, das räumlich nicht fest in Metern und Zentimetern umgrenzt werden könne, aber nicht nur einen engeren Uferstreifen betreffe. Soweit eine artenreiche Fauna (z. B. Amphibien, Reptilien, Vögel, Fledermäuse, Schmetterlinge) derzeit noch vorhanden sei, nutze sie sowohl die Wiesen und Wälder des gesamten Talbodens und der Hänge als auch den Bach als Lebens- und Nahrungsraum. Dabei gelte: Je größer die Fläche der artenreichen Wiesen und Wälder sei, desto höher werde die Anzahl der Tiere sein, die in und von ihr lebten. Das Landratsamt habe sich in Bezug auf jedes einzelne betroffene Grundstück mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Ausübung des Vorkaufsrechts durch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gerechtfertigt, ob das Grundstück ökologisch aufwertbar und ob und in welchem Umgriff eine Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlich und unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben angemessen sei.

Das Grundstück FlNr. 850 sei ein 412 m² großes Mühlengrundstück mit einem verfallenen Gebäude und Gehölzsukzession, das ausschließlich an den Unterachtaler Mühlbach angrenze und von dem wesentlich größeren Grundstück FlNr. 851 auf drei Seiten umschlossen werde. Der Unterachthaler Mühlbach bilde ein eigenes Grundstück (FlNr. 849) und befinde sich im Eigentum der Beigeladenen zu 3. Es handle sich um ein künstlich geschaffenes Gewässer, dessen Zweckbestimmung die Wasserzuführung zur Mühle gewesen sei. Eine Ortseinsicht des Landratsamts am 3. September 2015 habe ergeben, dass der Mühlbach selbst nach der langen Trockenzeit des Sommers wasserführend sei und als Gewässer im Sinn des Naturschutzrechts bezeichnet werden könne. Eine Rückentwicklung zu einem reinen Entwässerungsgraben, der nur bei Starkregen Hangwasser ableite, sei nicht festzustellen. Das Grundstück FlNr. 851/3 werde vom Mühlbach durchflossen und grenze an der Nordseite mit einer Länge von ca. 42 m an die Thalkirchner Achen an. Das Grundstück sei teilweise mit Gehölzen und Ruderalflur bewachsen. Das Grundstück FlNr. 852 grenze nicht nur an den Mühlbach, sondern im Norden auf einem Teilstück auch an die Thalkirchner Achen an. Es handle sich um Mischwald am Hang zum Unterachthaler Mühlbach und zur Thalkirchner Achen. Bereits aus einem Vergleich der Lichtbilder aus den Jahren 2013 und 2015 sei ersichtlich, dass eine Gehölznutzung auf großen Teilen der Flurnummer erfolgt sei.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Eine verfassungskonforme Auslegung des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 BayNatSchG spreche für eine einschränkende Interpretation des Gesetzes. Der Eingriff müsse auf das notwendige Maß beschränkt sein, damit er verhältnismäßig sei. Dies könne nur dadurch gewährleistet werden, dass sich das Vorkaufsrecht auf den für die Erreichung des Gesetzeszwecks relevanten Bereich eines Grundstücks beschränke und nicht von vornherein das gesamte Grundstück umfasse. Der Beklagte habe in unzulässiger Weise (Ermessens-)Erwägungen nachgeschoben, da im ursprünglichen Bescheid jegliche Begründung und Ermessensgründe zum Umfang des räumlichen Bereichs des Vorkaufsrechts sowie dazu gefehlt hätten, ob und inwieweit das Vorkaufsrecht aus ökologischen Gründen für die gesamten Grundstücksflächen gerechtfertigt sei. Zudem fehle eine Auseinandersetzung mit den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen der einzelnen, sich stark unterscheidenden Grundstücke. Ein Nachschieben von (Ermessen-)Gründen sei bei einem fristgebundenen Verwaltungsakt wie hier nicht möglich und könne im Übrigen nur durch das Landratsamt und nicht durch die Landesanwaltschaft erfolgen. Das Ermessen sei im Übrigen auch fehlerhaft ausgeübt worden, da keine einzelfallbezogene und damit einzelgrundstücksbezogene Abwägung stattfinde, ob das Vorkaufsrecht überhaupt und mit welchem Umgriff es ausgeübt werde. Zudem sei die Bezugnahme auf das Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) nicht nachvollziehbar, da die genannten Konflikte im gesamten Ausübungsbereich nicht vorlägen; die Grundstücke seien bereits in einem guten Zustand und daher einer Aufwertung nicht zugänglich.

Bezogen auf einzelne Grundstücke führen sie ergänzend aus: Die Grundstücke FlNr. 850, 851/3 und 852 lägen nicht an der Thalkirchner Achen, sondern am Mühlbach. Da die Mühle auf FlNr. 850 seit Jahrzehnten nicht mehr bestehe, sei der Mühlbach ebenfalls seit Jahrzehnten verfallen. Es fließe dort kein Wasser mehr; der ehemalige Mühlbach diene nur noch der zeitweisen Aufnahme von Hangwasser, das bei Starkregenereignissen vom Hangwald auf den Grundstücken FlNr. 852, 866 und 865 abfließe und sich im Bett des ehemaligen Mühlbachs sammle, um dort zu versickern. Der Bach habe sich zum bloßen Entwässerungsgraben entwickelt. Die Grundstücke seien Hangwald, der seit Jahrzehnten sich selbst überlassen sei. Es fehle an der Darlegung, weshalb für diese Waldgrundstücke die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderlich sein solle. Die Grundstücke FlNr. 866/1, 867, 868 und 869 würden durch einen Weg durchschnitten, der der Erschließung zahlreicher land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke diene und auf dem zum Teil dinglich gesicherte Geh- und Fahrtrechte lasteten. Es fehle an jeder Darlegung, warum dieser Weg keine Begrenzung der ökologischen Verflechtung zwischen Bach und Uferbereich darstelle. Zudem sei das Ufer der Thalkirchner Achen durch deutlich erkennbaren Bewuchs gekennzeichnet und schon dadurch deutlich von den Wiesen abgegrenzt.

Die Beigeladenen zu 1 und 2 stellen keinen Antrag.

Die Beigeladene zu 3 stellt ebenfalls keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18. Dezember 2012 hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 851, 851/3-Teilfläche (östlich der FlNr. 849), 866/1, 867, 868, 869, jeweils der Gemarkung P., zu Unrecht stattgegeben; insoweit ist der Bescheid rechtmäßig und die Klage ist unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen (A). Im Übrigen - hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H. - ist die Stattgabe der Klage indes nicht zu beanstanden, da die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtswidrig ist und die Kläger in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Berufung des Beklagten war insoweit zurückzuweisen (B).

A. Die Aufhebung des Bescheids vom 18. Dezember 2012 ist bezüglich der Grundstücke FlNr. 851, 851/3-Teilfläche (östlich der FlNr. 849), 866/1, 867, 868, 869, jeweils der Gemarkung P., zu Unrecht erfolgt. Der Bescheid vom 18. Dezember 2012 ist hinsichtlich dieser Grundstücke rechtmäßig und verletzt die Kläger, die als Käufer der Grundstücke klagebefugt sind (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, B. v. 25.5.1982 - 4 B 98.82 - Buchholz 406.11 § 25a BBauG Nr. 1 zum baurechtlichen Vorkaufsrecht; NdsOVG, U. v. 13.12.2001 - 8 LB 3551/01 - DVBl 2002, 715), nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ermächtigungsgrundlage für die Ausübung des Vorkaufsrechts ist § 66 Abs. 5 BNatSchG i. V. m. Art. 39 BayNatSchG. Danach steht neben dem Freistaat Bayern u. a. auch den Gemeinden das Vorkaufsrecht zu (Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG). Dieses hat der Freistaat Bayern, vertreten durch die Kreisverwaltungsbehörde - hier das Landratsamt Rosenheim -, auszuüben, wenn die Gemeinde es verlangt (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 und 4 BayNatSchG). Die Beigeladene zu 3 hat mit Schreiben vom 14. Dezember 2012 die Ausübung des Vorkaufsrechts zu ihren Gunsten für die oben genannten, auf ihrem Gemeindegebiet gelegenen Grundstücke verlangt.

I.

Bedenken formeller Art gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts bestehen nicht.

1. Die Zwei-Monats-Frist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG ist gewahrt.

Zwar wurde der vollständige notarielle Kaufvertrag vom 30. August 2012 bereits mit Schreiben des beurkundenden Notars vom 6. September 2012, eingegangen beim Landratsamt am 11. September 2012, vorgelegt. Allerdings kann die Frist des Art. 39 Abs. 7 BayNatSchG erst dann in Lauf gesetzt werden, wenn der Vorkaufsfall eingetreten ist, was bei einem - hier nach § 2 des Grundstücksverkehrsgesetzes (GrdstVG) - genehmigungspflichtigen Kaufvertrag erst nach Erteilung dieser Genehmigung der Fall ist; erst dann liegt ein wirksamer Kaufvertrag mit einem Dritten vor (BayVGH, B. v. 28.11.2001 - 9 ZB 01.625 - juris Rn. 11 unter Hinweis auf BGH, U. v. 29.10.1993 - V ZR 136/92 - NJW 1994, 315). Erst wenn der Kaufvertrag genehmigt ist und diese Tatsache der zuständigen Behörde mitgeteilt ist, beginnt die Frist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG zu laufen (BayVGH, B. v. 28.11.2001 a. a. O.). Vorliegend hat der beurkundende Notar erst am 7. November 2012 die Genehmigung bzw. das Negativzeugnis, das gemäß § 5 Satz 2 GrdstVG der Genehmigung gleichsteht, übersandt. Durch den den damaligen Bevollmächtigten der Beigeladenen zu 1 und 2 - Verpflichtete i. S. d. Art. 39 Abs. 7 Satz 2 BayNatSchG i. V. m. § 464 Abs. 1 BGB - vor Ablauf der Frist (7.1.2013) zugestellten Bescheid vom 18. Dezember 2012 ist die Ausschlussfrist gewahrt.

2. Käufer und Verkäufer wurden vor Erlass des Bescheids vom 18. Dezember 2012 gem. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört.

3. Auch sonstige formelle Mängel sind nicht ersichtlich, insbesondere genügt der Bescheid vom 18. Dezember 2012 dem Begründungserfordernis des Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG.

Die Ausführungen im Bescheid unter Nr. II. 2. bis 4. enthalten die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Ausübung des Vorkaufsrechts, insbesondere werden die Rechtsgrundlage und die maßgeblichen rechtlichen Voraussetzungen dargelegt. Darüber hinaus hat das Landratsamt auch die Gesichtspunkte für die von ihm getroffene Ermessungsentscheidung genannt, so dass den formellen Anforderungen nach Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG Genüge getan wurde. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Begründung auch in materieller Hinsicht die Entscheidung im Einzelnen trägt.

II.

Auch in materiellrechtlicher Hinsicht bestehen keine Bedenken gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der o.g. Grundstücke.

1. Die Tatbestandsvoraussetzung nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG für die Ausübung des Vorkaufsrechts liegt vor.

Gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG stehen u. a. den Gemeinden Vorkaufsrechte zu beim Verkauf von Grundstücken, auf denen sich oberirdische Gewässer einschließlich von Verlandungsflächen, ausgenommen Be- und Entwässerungsgräben, befinden oder die daran angrenzen.

a) Die oben genannten, im Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 3 liegenden Grundstücke grenzen an ein oberirdisches Gewässer an, nämlich die Thalkirchner Achen, ein Gewässer dritter Ordnung. Für ein Angrenzen i. S. d. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG reicht es aus, dass das Grundstück an einer Stelle mehr als nur punktförmig an das Gewässer angrenzt; es muss nicht mit einer ganzen Seitenlänge am Gewässer anliegen (BayVGH, U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 11 m. w. N.). Demnach grenzt auch das Grundstück FlNr. 851/3 in seinem östlichen Teilbereich an die Thalkirchner Achen an.

b) Der Senat hält an der Rechtsprechung des früher für das Naturschutzrecht zuständigen 9. Senats fest, dass trotz der Bestimmung des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG im Rahmen der Nummer 1 des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG das Vorkaufsrecht grundsätzlich nicht auf einen auf den Uferstreifen entfallenden Teil des Grundstücks beschränkt ist, sondern sich auf das gesamte Grundstück erstrecken kann. Denn anders als bei den unter den Nummern 2 und 3 des Satzes 1 geregelten Tatbeständen, bei denen sich das Vorkaufsrecht nur auf einen genau abgegrenzten Teil des Kaufgrundstücks - dem in den bezeichneten Gebieten gelegenen Grundstücksteil - beziehen kann, sind keine Kriterien dafür ersichtlich, wie nach Maßgabe des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG ein Teil des Grundstücks abzugrenzen wäre, auf den sich das Vorkaufsrecht von Vornherein beschränkt. Die Breite des Uferstreifens, für die die Ausübung des Vorkaufsrechts noch als rechtmäßig angesehen werden kann, wäre demnach völlig unbestimmt und die Behörde wäre bei der Vorkaufsrechtsausübung der Unwägbarkeit ausgesetzt, ob ihre eigene Einschätzung einer gerichtlichen Überprüfung stand hielte oder nicht (BayVGH, B. v. 18.1.2000 - 9 B 95.31 - juris Rn. 24; Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Stand April 2015, Art. 39 BayNatSchG Rn. 7, 9). Dies zeigt sich in besonderer Weise etwa dann, wenn Grundstücke an Verlandungsflächen angrenzen; nach welchen Kriterien hier die an die Verlandungsfläche angrenzende Fläche eines Grundstücks, für die das Vorkaufsrecht ausgeübt werden kann, abzugrenzen wäre, ist völlig offen. Verfassungsrechtliche Probleme sieht der Senat schon im Hinblick auf die weitere Tatbestandsvoraussetzung des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG nicht. Dennoch beruht die im Gesetz ausdrücklich vorgesehene Anwendung des Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayNatSchG auf die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 der Bestimmung geregelte Alternative nicht auf einem Redaktionsversehen; denn es verbleiben Anwendungsmöglichkeiten für besondere Fallgestaltungen, etwa wenn ein Buchgrundstück durch eine tatsächlich vorhandene und ein selbstständiges Grundstück bildende Wegefläche geteilt wird (BayVGH, B. v. 18.1.2000 a. a. O. Rn. 25 m. w. N.). Der Verwaltungsgerichtshof hat bisher offen gelassen, ob sich das Vorkaufsrecht bei ungewöhnlich großen Grundstücken auch auf Grundstücksteile in großer Entfernung zu einem oberirdischen Gewässer erstrecken kann. Dies braucht auch hier nicht entschieden werden, da aufgrund der vorliegenden Gegebenheiten eine derartige Fallgestaltung nicht inmitten steht. Die Grundstücke sind mit Ausnahme des Grundstücks FlNr. 851 zwischen ca. 1000 m² und 2.380 m² groß. Das Grundstück FlNr. 851 ist mit 7.340 m² zwar relativ groß; es grenzt aber mit drei Grundstücksseiten an die Thalkirchner Achen an.

Bis zu welcher Größe bzw. Tiefe die an das Gewässer angrenzenden Landbereiche dem Vorkaufsrecht unterliegen, beurteilt sich demnach im Einzelfall - so auch hier - nach Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG, d. h. nach der ökologischen Verflechtung von Gewässer- und Uferbereich mit den weiteren Landflächen, also letztlich nach den Belangen, mit denen das Vorkaufsrecht gerechtfertigt wird (BayVGH, U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 11; vgl. auch Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 39 BayNatSchG Rn. 9 f.).

2. Gegenwärtige und vor allem künftige Belange des Naturschutzes rechtfertigen die Ausübung des Vorkaufsrechts.

Gemäß Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG darf das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden, wenn dies gegenwärtig oder zukünftig die Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege oder das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung in der freien Natur rechtfertigen.

Das Vorliegen der genannten Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Da die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts keine Enteignung darstellt (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 7.11.2000 - 6 B 19.00 - Buchholz 406.48 Art. 34 BayNatSchG Nr. 1), gelten nicht die gleichen strengen Anforderungen, wie sie bei der Zulässigkeit einer Enteignung vorliegen müssen (st. Rspr., vgl. z. B. BVerwG, B. v. 15.2.1990 - 4 B 245.89 - ZfBR1990, 207 zum baurechtlichen Vorkaufsrecht; BayVGH, B. v. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - NuR 2015, 427 Rn. 6 m. w. N.; U. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 12 f. m. w. N.). Anders als eine Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreichbar ist (vgl. etwa Art. 40 Nr. 2 BayNatSchG), kann die Ausübung des Vorkaufsrechts schon dann gerechtfertigt sein, wenn der Erwerb eines Grundstücks vorteilhafte Auswirkungen auf die in Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG genannten Belange hat (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 a. a. O. m. w. N.; vgl. auch Kraft in Lütkes/Ewer, BNatSchG, 2001, § 66 Rn. 17; Konrad in Lorz/Konrad/Mühlbauer/Müller-Walter/Stöckel, Naturschutzrecht, 3. Aufl. 2013, § 66 BNatSchG Rn. 27). Als Rechtfertigungsgründe sind nicht nur die von der Behörde innerhalb der Frist von zwei Monaten benannten, sondern auch die im weiteren Verfahren vorgetragenen Gründe heranzuziehen (BayVGH, B. v. 18.1.2000 - 9 B 95.31 - juris Rn. 36 f.; U. v. 11.5.1994 - 9 B 93.1514 - BayVBl 1994, 657). Da maßgebend für die Rechtswirksamkeit und Rechtmäßigkeit der Ausübung der Zeitpunkt des Entstehens des Vorkaufsrechts mit Abschluss eines wirksamen Kaufvertrags ist (vgl. BayVGH, U. v. 11.5.1994 a. a. O.), ist allerdings Voraussetzung, dass diese Rechtfertigungsgründe nicht erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind.

a) Bedenken dagegen, die von der Landesanwaltschaft Bayern (und nicht von der Ausgangsbehörde) nach Ablauf der Frist von zwei Monaten vorgetragenen ergänzenden Gründe, sei es durch Ergänzung der Begründung des Ausgangsbescheids, sei es durch Ausführungen im weiteren Verfahren, zu berücksichtigen, bestehen nicht. Die Landesanwaltschaft Bayern - und nicht die Ausgangsbehörde - vertritt in Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den Freistaat Bayern (§ 3 Abs. 3 Satz 1 LABV). Nach dieser organisationsrechtlichen Regelung des Landesrechts, die ihre Grundlage in § 36 Abs. 1 VwGO hat, hat die Landesanwaltschaft Bayern in gerichtlichen Verfahren sämtliche Befugnisse, die sonst die Ausgangsbehörde hat, etwa bei Vertretung in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten (vgl. § 3 Abs. 2 LABV). Demnach ist nicht ersichtlich, weshalb die Landesanwaltschaft Bayern nicht i. S. v. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG (oder auch gemäß § 114 Satz 2 VwGO, s. hierzu unten) Gründe nachschieben kann, zumal sie ihre Aufgaben im Benehmen mit den beteiligten Verwaltungsbehörden wahrnimmt und den ihr im Einzelfall von den beteiligten Behörden gegebenen Instruktionen zu entsprechen hat (vgl. § 3 Abs. 7 Satz 1 und 2 LABV).

Auch der Umstand, dass es sich vorliegend um einen fristgebundenen Verwaltungsakt handelt, ändert nichts daran, dass der Verwaltungsakt nachgebessert bzw. im Prozess weitere (Ermessens-)Gründe nachgeschoben werden können. Eine Nachbesserung begegnet rechtlichen Bedenken nur dann, wenn durch sie der Verwaltungsakt in seinem Wesen verändert wird. Das ist der Fall, wenn die von der Behörde angestellten Erwägungen nachträglich ausgewechselt oder neue - insbesondere nachträglich entstandene - Tatsachen nachgeschoben werden (vgl. BVerwG, B. v. 9.4.2002 - 4 B 20.02 - Buchholz 316 § 45 VwVfG Nr. 25 m. w. N.). Vorliegend wurde nur eine bisher unvollständige Begründung ergänzt, indem die bereits im Ansatz vorgetragene naturschutzrechtliche Rechtfertigung untermauert wurde. Die Ziele des Arten- und Biotopschutzprogramms Bayern (Landkreis Rosenheim) und des dortigen Schwerpunktgebiets „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“ waren bereits im Ausgangsbescheid als maßgebliche Rechtfertigungsgründe benannt. Die diesbezüglichen Ausführungen wurden durch nähere Darlegung der dortigen Gegebenheiten wie die enge Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex sowie der bestehenden Konflikte und Ziele konkretisiert. Unerheblich ist auch, ob die Heilung eines Begründungsmangels auf den Zeitpunkt des Erlasses der Verwaltungsentscheidung zurückwirkt oder nicht. Denn der Gesetzgeber hat in Art. 45 Abs. 1 BayVwVfG (bzw. in § 114 Satz 2 VwGO) angeordnet, dass Mängel in der Begründung unter den dort genannten Voraussetzungen unbeachtlich sind (vgl. BVerwG, B. v. 9.4.2002 a. a. O.). Dies gilt auch für fristgebundene Verwaltungsakte. Die Rechtslage bei diesen ist vergleichbar mit nicht fristgebundenen Verwaltungsakten, bei denen nach materiellem Recht der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit der Zeitpunkt des Bescheidserlasses ist; auch bei diesen steht außer Zweifel, dass bei einem (ausreichenden) Nachschieben von (Ermessens-)Gründen im Verwaltungsgerichtsverfahren eine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit aufgrund der ursprünglichen (nunmehr geheilten) Fehler ausscheidet.

b) Die vom Beklagten angeführten Gründe zeigen eine hinreichende ökologische Verflechtung des Gewässers einschließlich der Uferbereiche mit den übrigen Landbereichen der o.g. Grundstücke auf und stellen ausreichende (künftige) Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege für eine Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts bezogen auf die gesamten Grundstücke dar.

aa) Die Thalkirchner Achen einschließlich ihrer Uferbereiche sowie weite Teile des Unterachthaler Mühlbachs einschließlich seiner Uferbereiche sind in der Flachlandbiotopkartierung Bayern als Bachlauf mit meist geschlossenem Gehölzsaum und Bach-Erlen-Eschenauwald-Beständen erfasst (Biotopkomplex-Nr. 8139-0050, Teilflächennummern 001, 002 und 003). In der Flachlandbiotopkartierung Bayern wird das gesamte Achental als Nahrungs- und Überwinterungshabitat für Amphibien wie Grasfrosch und Erdkröte beschrieben. Die Grundstücke sind nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) Teil eines Schwerpunktgebiets des Naturschutzes, nämlich „F6: Bachschluchten im Molassebergland Prien (Thalkirchner Achen)“. Dieses umfasst die wichtigsten zum Simssee hin entwässernden Fließgewässersysteme und deren Talräume mit den dort vorhandenen Feuchtgebieten. Im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) werden folgende ökologische Konflikte im Schwerpunktgebiet festgestellt: Entwässerung und Nährstoffeintrag; Drainage der Talfeuchtwiesen und Aufgabe der Streuwiesennutzung; Fichtenreinbestände an den Taleinhängen; stellenweise intensive Grünlandnutzung auf dem Talboden; Verbauungen der Fließgewässer; Abfallablagerungen und Auffüllungen in den Bachschluchten. Das Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) formuliert für die Bachläufe u. a. folgende Ziele und Maßnahmen: Verbesserung der Gewässergüte; Beschränkung der weiteren baulichen Entwicklungen in den Talauen; Beibehaltung der Grünlandnutzung bzw. Rückführung von Acker- in Grünlandnutzung in den Talauen und auf erosionsgefährdeten Flächen im Einzugsbereich; Ausübung extensiver Grünlandnutzung mittelfristig in der gesamten Bachaue, vorrangig in mindestens 20 m breiten Pufferzonen um die Flächen der Biotopkartierung sowie entlang der Bäche, auch aus Gründen des Trinkwasserschutzes; Reaktivierung von Überschwemmungsgebieten, Anhebung des Grundwasserstands in der Bachaue. Auch im Landschaftsplan der Beigeladenen zu 3 werden für den Bereich der Thalkirchner Achen Maßnahmen formuliert, die eine ökologische Aufwertung verfolgen, wie z. B. Wiesenerhalt, Erhalt standortgerechter Erlenbestände entlang des Bachlaufs und Rücknahme von Fichtenaufforstungen.

Nach der Begründung des Bescheids vom 18. Dezember 2012, die im gerichtlichen Verfahren zulässigerweise ergänzt wurde (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG; vgl. oben II 2 a), ist beabsichtigt, möglichst viele landwirtschaftliche Flächen in eine extensive Nutzung zu überführen und die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Dadurch könne erreicht werden, dass die intensiv genutzten Wiesen nach einer Aushagerungsphase ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz mit einem späten Mahdzeitpunkt und 20% wechselnder Brache nur noch extensiv bewirtschaftet würden. Dieses Pflegeregime werde zu einer größeren Pflanzenvielfalt, vor allem auch blühender Stauden, in den Wiesen führen und damit deren Wert als Lebens- und Nahrungsstätte für die Fauna (z. B. Vögel, Schmetterlinge) erheblich verbessern. Durch die ökologische Aufwertung der Wiesen werde die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht. Die Ausübung des Vorkaufsrechts stelle sicher, dass in diesem Abschnitt des Gewässers der natürliche unverbaute Bachlauf ohne Eingriffe, wie z. B. Sicherung der Prallufer, erhalten bzw. wiederhergestellt werde. Nicht zuletzt stellten die extensiv ohne Düngemittel- und Pestizideinsatz genutzten Wiesen eine Pufferzone zum Gewässer dar und hätten positive Auswirkungen auf die Wasserqualität der Thalkirchner Achen. Die im Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und im Landschaftsplan formulierten Konflikte, Ziele und Maßnahmen bezögen sich nicht nur auf den Bachlauf der Thalkirchner Achen, sondern insbesondere auf die Talsohle. Dies sei mit der engen Verflechtung der Lebensräume im Fließgewässerkomplex Thalkirchner Achen begründet, da insbesondere vorkommende Arten (z. B. Amphibien, Vögel, Tagfalter) Lebensraum-Komplexbewohner seien und daher auf eine Kombination von weitgehend intakten Bachabschnitten mit Gehölzsaum, angrenzenden Feuchtwiesen und Laubwäldern der Leitenhänge angewiesen seien. Die formulierten Maßnahmen entfalteten nur dann eine ausreichende Wirkung, wenn sie sich auf den gesamten Talraum erstreckten. Nach der nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) kurzfristig anzustrebenden Mindestbreite der Pufferzone um die Flächen der Biotopkartierung von 20 m blieben in den meisten Flurstücken nur minimale Restflächen, weshalb der Erwerb der jeweils gesamten Flurstücke gerechtfertigt sei.

Der von ihm beigezogene Vertreter des Wasserwirtschaftsamts hat die Einschätzung des Beklagten, es handle sich bei der Thalkirchner Achen und den o.g. Grundstücken um ein Ökosystem, im Augenscheinstermin und in der mündlichen Verhandlung näher erläutert. Danach ist die gesamte Talaue wichtig für die Gewässerentwicklung. Die (weitgehend) flachen, an die Thalkirchner Achen angrenzenden Grundstücke gehörten zur Bachaue - definitionsgemäß ein Bereich, der zeitweilig von Hochwasser überflutet werde -, die mit dem Gewässer ein einheitliches Ökosystem bilde. Nach der Geologischen Karte von Bayern fänden sich im fraglichen Bereich klassische geologische Ablagerungen, wie bei einer Auensituation mit regelmäßiger Überflutung. Diese Ablagerungen und Böden seien nach wie vor im streitgegenständlichen Bereich vorhanden, auch wenn derzeit nicht von einer intakten Aue ausgegangen werden könne. Durch die Verbauungen und aufgrund der immer weiter fortgeschrittenen Vertiefung der Thalkirchner Achen sei nachvollziehbar, dass es in den letzten wenigen Jahrzehnten im streitigen Bereich selten zu Überflutungen gekommen sei. Der Zustand sei aber nicht irreversibel, sondern könne wieder verbessert werden. Es sei wasserwirtschaftlich erwünscht, dass die Restbestände der Uferbebauung zusammenfielen und die Thalkirchner Achen sich wieder eigenständig unter Einbindung der Aue entwickeln könne. Der dadurch bewirkte Bodeneintrag sei für die Eutrophierung des Simssees zu vernachlässigen; diese entstehe vielmehr durch Einträge aus landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Die Vertreterin der unteren Naturschutzbehörde hat hierzu ergänzend ausgeführt, dass bei einer extensiveren Bewirtschaftung der Grundstücke und einer Reaktivierung der Eigendynamik der Thalkirchner Achen wieder mehr Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten geschaffen werden könne und so die Wiesengrundstücke naturschutzfachlich wesentlich höherwertiger wären. Bezogen auf die Grundstücke FlNr. 868 und 869 hat sie ausgeführt, dass die wieder aufgeforsteten Bäume nicht der hier vorliegenden Weichholzaue entsprächen. Einer solchen entspräche ein überwiegender Baumbestand aus Eschen, Weiden und Erlen als standortgerechte heimische Baumarten, der auch zu einer Biotopkartierung der entsprechenden Grundstücke führen könne.

bb) Hiermit ist eine ausreichende Verflechtung der o.g. Grundstücke mit der Thalkirchner Achen dargetan und es sind für sämtliche Grundstücke hinreichende Belange des Naturschutzes aufgezeigt.

(1) Nach alledem besteht eine ausreichende Verflechtung der o.g. Grundstücke mit der Thalkirchner Achen. Nach dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim) und den ergänzenden Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts handelt es sich bei den streitgegenständlichen (flachen) Grundstücken um Auengrundstücke, die zusammen mit der Thalkirchner Achen als einheitliches Ökosystem zu betrachten sind. Dies hat der Vertreter des Wasserwirtschaftsamts an Hand der Geologischen Karte von Bayern nachvollziehbar erläutert. Der Umstand, dass es in den vergangenen Jahrzehnten selten zu Überflutungen gekommen ist, ändert nichts daran, dass es sich bei den Grundstücken noch um - wenn auch nicht intakte - Auengrundstücke handelt. Denn die Ablagerungen und die Böden, wie sie bei einer Auensituation mit regelmäßiger Überflutung vorliegen, sind weiterhin vorhanden und eine Wiederherstellung bzw. jedenfalls eine Verbesserung der für Bachauen typischen Vielfalt von Lebensräumen und Strukturen ist noch möglich. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die vorhandenen Verbauungen mehr und mehr verfallen und so erwartet werden kann, dass die Eigendynamik der Thalkirchner Achen wieder zunimmt. Den Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts kommt entsprechend der Stellung des Wasserwirtschaftsamts als wasserwirtschaftlicher Fachbehörde nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayWG eine besondere Bedeutung zu. Da deren fachbehördliche Ausführungen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen von privaten Fachinstituten; dies gilt erst recht für nicht durch Aussagen sachverständiger Personen untermauerte Darlegungen wasserwirtschaftlicher Art von Prozessbeteiligten. Dafür, dass die Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts tatsächlich oder rechtlich unvollständig, widersprüchlich oder aus anderen Gründen fehlerhaft wären, ist nichts ersichtlich (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 23.2.2016 - 8 CS 15.1096 - juris Rn. 36). Somit sind die oben genannten Grundstücke ausreichend mit der Thalkirchner Achen verflochten. Der von den Klägern angeführte landwirtschaftliche Weg entlang der Grundstücke ändert hieran nichts.

(2) Die vom Beklagten angeführten Ziele, die mit dem Erwerb der genannten Grundstücke und deren konkret angestrebter Verwendung gefördert werden sollen, entsprechen nicht nur den in § 1 BNatSchG angeführten Zielen und Grundsätzen, sondern auch bereits vorhandenen Planungen und Konzepten des Naturschutzes, wie - in Teilen - dem Landschaftsplan der Beigeladenen zu 3 (vgl. §§ 8 ff. BNatSchG, Art. 4 BayNatSchG) und vor allem dem Arten- und Biotopschutzprogramm Bayern (Landkreis Rosenheim), vgl. Art. 19 BayNatSchG. Der Schutz und die Verbesserung von Gewässern und damit zusammenhängenden Lebensräumen ist ein wichtiger Belang auch des Naturschutzes. Dies folgt bereits aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG, wonach Binnengewässer vor Beeinträchtigungen zu bewahren und ihre natürliche Selbstreinigungsfähigkeit und Dynamik zu erhalten sind, wobei dies insbesondere für natürliche und naturnahe Gewässer einschließlich ihrer Ufer, Auen und sonstigen Rückhalteflächen gilt. Weitere wichtige Belange zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts sind, wildlebende Tiere und Pflanzen, ihre Lebensgemeinschaften sowie ihre Biotope und Lebensstätten auch im Hinblick auf ihre jeweiligen Funktionen im Naturhaushalt zu erhalten (§ 1 Abs. 3 Nr. 5 BNatSchG) und der Entwicklung sich selbst regulierender Ökosysteme auf hierfür geeigneten Flächen Raum und Zeit zu geben (§ 1 Abs. 3 Nr. 6 BNatSchG). Nicht zuletzt sind gemäß § 21 Abs. 5 BNatSchG unbeschadet des § 30 BNatSchG die oberirdischen Gewässer einschließlich ihrer Randstreifen, Uferzonen und Auen als Lebensstätten und Biotope für natürlich vorkommende Tier- und Pflanzenarten zu erhalten; sie sind so weiterzuentwickeln, dass sie ihre großräumige Vernetzungsfunktion auf Dauer erfüllen können. Entsprechende Ziele verfolgen auch die o.g. Planungen. Die die Gewässer umgebenden Wiesen sollen mittelfristig in der gesamten Bachaue extensiv genutzt werden, um so ihren Wert als Fortpflanzungs- und Nahrungshabitat für die Fauna zu verbessern und die Biotopflächen entlang der Gewässer zu vergrößern. Gleichzeitig wird dadurch angestrebt, einen Puffer um die Flächen der Biotopkartierung zu schaffen, um die Wasserqualität der Bäche - hier der Thalkirchner Achen - und damit des Simssees zu verbessern. Die standortgerechten Erlenbestände entlang des Bachlaufs sollen erhalten bleiben, um vorkommenden Arten, wie Amphibien, Vögeln und Tagfaltern, als Lebensraum-Komplexbewohnern eine Kombination von weitgehend intakten Bachabschnitten mit Gehölzsaum, angrenzenden Feuchtwiesen und - soweit vorhanden - Laubwäldern der Leitenhänge zu bieten. Insgesamt soll damit die Bedeutung des Baches für den Biotopverbund erhöht werden. Der Umstand, dass sich die angestrebten Ziele nur nach und nach verwirklichen lassen, lässt die Rechtfertigung nicht entfallen; die Rechtfertigungsgründe des Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG sind auf eine langfristige Wirkung angelegt (BayVGH, B. v. 15.9.2006 - 9 B 04.1233 - juris Rn. 20).

c) Der Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung steht nicht entgegen, dass die Grundstücke mit Pachtvertrag vom 10./11. Mai 2012 zum 1. Juni 2012 für die Dauer von 30 Jahren an den Vater der Kläger verpachtet worden sind und daher die beabsichtigten Maßnahmen nicht zeitnah realisiert werden können. Denn Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG lässt auch zukünftige Belange ausreichen (BayVGH, B. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 15; B. v. 24.1.2001 - 9 ZB 99.241 - juris Rn. 6).

d) Bei der gegebenen Sachlage ist auch unerheblich, dass Motivation der Beigeladenen zu 3 für das Verlangen der Vorkaufsrechtsausübung zu ihren Gunsten in erster Linie war, die Grundstücke in ihr Ökokonto einzustellen. Die Einstellung von Grundstücken in ein Ökokonto als solche hätte die Ausübung des Vorkaufsrechts noch nicht gerechtfertigt (BayVGH, B. v. 3.3.2016 - 14 ZB 15.2071 - juris Rn.13; B. v. 23.8.2004 - 9 B 02.2955 - n. v. UA S. 15). Ausgangspunkt für die Prüfung der Rechtfertigung sind die jeweiligen im (ergänzten) Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts genannten Gründe und die danach beabsichtigten Maßnahmen. Naturschutzrechtlich unerhebliche Beweggründe der Gemeinde, die Ausübung des Vorkaufsrechts zu verlangen, lassen tatsächlich vorliegende Rechtfertigungsgründe einer Vorkaufsrechtsausübung nicht entfallen (vgl. BayVGH, B. v. 3.3.2016 a. a. O.). Hier ist nicht zweifelhaft, dass die Beigeladene zu 3 jedenfalls zeitnah nach Ablauf des Pachtvertrags eine ökologische Aufwertung der Grundstücke im Sinn der vom Beklagten benannten Zielrichtung unter Beratung durch das Landratsamt durchführen will. Dies reicht zur Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts aus (BayVGH, U. v. 22.5.1995 - 9 B 92.1183 u. a. - NuR 1995, 554).

e) Ebenfalls nicht von Relevanz ist, dass die Kläger beteuern, die Grundstücke selbst schon extensiv zu bewirtschaften, bzw. den Versuch unternommen haben, in den Vertragsnaturschutz oder andere ökologische Förderprogramme aufgenommen zu werden, was jedoch mangels Vorliegens der jeweiligen Voraussetzungen nicht gelungen ist. Denn nach der ständigen Rechtsprechung ist es eine allgemeine Erfahrungstatsache, dass Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand die Verwirklichung der Ziele von Naturschutz und Landschaftspflege besser und sicherer gewährleisten als Grundstücke in der Hand von Privatpersonen, deren privatnützige Interessen leicht in Konflikt mit den Anforderungen von Naturschutz und Landschaftspflege geraten können (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 - 14 ZB 13.2250 - NuR 2015, 427 Rn. 7 m. w. N.). Auch Bewirtschaftungsvereinbarungen, wie etwa der Vertragsnaturschutz, können den Eigentumserwerb der öffentlichen Hand nicht ersetzen (vgl. BayVGH, B. v. 9.3.2015 a. a. O. Rn. 10 f.).

3. Die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich der o.g. Grundstücke weist auch keine durchgreifenden Ermessensfehler auf (§ 114 Satz 1 und 2 VwGO). Sie beruht weder auf falschen oder unvollständigen Tatsachen, noch erweist sie sich sonst als fehlerhaft.

a) Entgegen der Annahme der Kläger und der Beigeladenen zu 1 und 2 wurde bereits im Bescheid vom 18. Dezember 2012 Ermessen ausgeübt (vgl. oben unter I 3). Dieses konnte gemäß § 114 Satz 2 VwGO - auch durch die Landesanwaltschaft Bayern (vgl. oben unter II 2 a und BayVGH, U. v. 18.1.2010 - 11 BV 08.789 - BayVBl 2010, 371) - ergänzt werden.

b) Das Landratsamt hat bereits im Ausgangsbescheid erkannt, dass Ermessen ausgeübt werden muss und hat die Interessen der Kaufvertragsparteien mit den öffentlichen Interessen am Erwerb der Grundstücke durch die öffentliche Hand abgewogen; es ist ohne Ermessensfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass das Interesse der Allgemeinheit an einer langfristen und nachhaltigen ökologischen Aufwertung der Grundstücke das Interesse der Verkäufer und der Käufer an der langfristigen bisherigen land- bzw. forstwirtschaftlichen Nutzung überwiegt. Es ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Pachtvertrag auch bei seiner Wirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht entgegensteht, weil auch zukünftige Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege die Ausübung rechtfertigen können. Es hat auch die Interessen der Käufer in Bezug auf deren Absicht berücksichtigt, eine Wasserkraftschnecke mit Fischaufstiegshilfe am Wehr der stillgelegten Wasserkraftanlage Unterachthal an der Thalkirchner Achen im Bereich der Grundstücke FlNr. 848 und 869 zu errichten. Es ist dabei ohne falsche Gewichtung zu dem Ergebnis gelangt, dass letztlich die ökologische Aufwertung der Grundstücke der Errichtung einer Wasserkraftschnecke aus ökologischer Sicht vorzuziehen ist. Auch ist nicht zu beanstanden, dass es das Landratsamt aufgrund der Wechselwirkung zwischen Gewässer- und Uferbereich sowie den Landbereichen für angezeigt gehalten hat, nicht nur hinsichtlich eines Teilbereichs, sondern hinsichtlich der Gesamtfläche der jeweiligen Grundstücke das Vorkaufsrecht auszuüben.

Ein Ermessensfehler ist auch nicht darin zu sehen, dass nach dem Vortrag der Kläger das Vorkaufsrecht beim Verkauf anderer Grundstücke trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für dessen Ausübung nicht ausgeübt wurde. Der Freistaat Bayern ist nicht verpflichtet, von dem ihm zustehenden Vorkaufsrecht in jedem Fall Gebrauch zu machen; er kann die in seinem Ermessen stehende Entscheidung durchaus davon abhängig machen, ob ein anderer Vorkaufsberechtigter im Hinblick auf von ihm verfolgte naturschutzrechtliche Zwecke die Ausübung verlangt, etwa weil diesem zum entsprechenden Zeitpunkt die erforderlichen Haushaltsmittel für den Grunderwerb gerade zur Verfügung stehen (vgl. BayVGH, B. v. 15.11.2001 - 9 ZB 01.1937 - juris Rn. 8 m. w. N.).

B. Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H. - alle im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegen - sowie der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849), 852, jeweils der Gemarkung P., ist der Anfechtungsklage zu Recht stattgegeben worden. Die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten der Beigeladenen zu 3 ist insoweit rechtswidrig und die Kläger sind insoweit in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beigeladenen zu 3 steht an den im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücken kein Vorkaufsrecht zu (I). Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) und 852 liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Abs. 2 BayNatSchG nicht vor (II).

I.

I. Für die im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücke FlNr. 1039, 1041, 1041/1, 1042, 1047/1, jeweils der Gemarkung P., und FlNr. 91, 92, jeweils der Gemarkung H., besteht kein Vorkaufsrecht der Beigeladenen zu 3.

Die Frage, ob Gemeinden auch für Grundstücke außerhalb ihres Gemeindegebiets ein Vorkaufsrecht zusteht, ist vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG bestimmt nur, dass dem Freistaat Bayern sowie den Bezirken, Landkreisen, Gemeinden und kommunalen Zweckverbänden Vorkaufsrechte zustehen beim Verkauf von in den Nummern 1 bis 3 der Vorschrift bezeichneten Grundstücken. Bei Würdigung der auslegungsrelevanten Umstände sprechen die überwiegenden Gründe für die Auffassung, dass Gebietskörperschaften wie Gemeinden ein Vorkaufsrecht nur für Grundstücke zusteht, die in ihrem jeweiligen (Hoheits-)Gebiet liegen.

1. Der Wortlaut des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG ist nicht eindeutig. Er legt allerdings schon nahe, dass den dort genannten Gebietskörperschaften, insbesondere den Gemeinden, nur für auf ihrem jeweiligen (Hoheits-)Gebiet gelegene Grundstücke ein Vorkaufsrecht zusteht. Denn ansonsten käme eine unbestimmte und unüberschaubare Vielzahl von örtlichen und überörtlichen Gebietskörperschaften in ganz Bayern als Vorkaufsberechtigte in Betracht, die größtenteils keinerlei Bezug zu den jeweiligen Grundstücken haben. Auch wenn man - wofür sich aus der Vorschrift schon keine Anhaltspunkte ergeben - die Vorkaufsberechtigung auf Gebietskörperschaften beschränkte, die zumindest einen örtlichen Bezug zu den verkauften Grundstücken haben, wäre eine Abgrenzung schwierig und von der für die Ausübung des Vorkaufsrechts zuständigen Kreisverwaltungsbehörde (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 BayNatSchG) innerhalb der sehr kurzen Ausschlussfrist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG kaum zu leisten. Eine klare Abgrenzung der Vorkaufsberechtigung von Gebietskörperschaften ist nur über das jeweilige (Hoheits-)Gebiet möglich (vgl. für Gemeinden Art. 6 Abs. 1 GO; vgl. auch Fischer-Hüftle in Engelhardt/Brenner/Fischer-Hüftle/Egner/Meßerschmidt, Naturschutzrecht in Bayern, Art. 39 BayNatSchG Rn. 4).

2. Bestärkt wird dieses Verständnis durch die Gesetzessystematik. Gemäß Art. 39 Abs. 3 Satz 4 BayNatSchG hat der Freistaat Bayern das Vorkaufsrecht zugunsten eines anderen Vorkaufsberechtigten nach Absatz 1 der Vorschrift auszuüben, wenn dieser es verlangt. Gemäß Satz 6 des Absatzes 3 der Vorschrift bestimmt sich das Vorkaufsrecht innerhalb der Gebietskörperschaften einschließlich der kommunalen Zweckverbände nach den geplanten Maßnahmen, wobei überörtliche den örtlichen Vorhaben vorgehen. Eine Regelung dahingehend, wie zu verfahren ist, wenn auf gleicher - etwa örtlicher - Ebene Maßnahmen durchgeführt werden, findet sich nicht. Soweit der Gesetzgeber tatsächlich allen (oder zumindest auch den angrenzenden) Gebietskörperschaften ein Vorkaufsrecht einräumen hätte wollen, hätte spätestens hier eine Zuordnung etwa dahingehend nahegelegen, dass das Vorkaufsrecht der Standortgemeinde Vorrang genießt. Das Fehlen einer derartigen Konkurrenzregelung legt es nahe, dass der Gesetzgeber eine entsprechende Konkurrenzsituation verschiedener Kommunen nicht in den Blick nehmen musste, weil eine solche wegen der Beschränkung des Vorkaufsrechts auf im jeweiligen Gebiet gelegene Grundstücke nicht entstehen kann.

Darüber hinaus zeigt sich angesichts dieser Regelungen, dass ein praktikabler Vollzug der Vorschrift nicht möglich wäre, wenn man zu dem Ergebnis käme, dass Gebietskörperschaften auch für Grundstücke außerhalb ihres jeweiligen Gebiets Vorkaufsrechte zustehen. Denn ein „Verlangen“ der jeweiligen Gebietskörperschaft, dass das Vorkaufsrecht zu ihren Gunsten ausgeübt wird, setzt voraus, dass sie vom Entstehen des Vorkaufsrechts in Kenntnis gesetzt wird. Danach müssten theoretisch sämtliche Gemeinden und alle sonstigen Gebietskörperschaften Bayerns oder jedenfalls diejenigen, die noch einen örtlichen Bezug zu den Grundstücken aufweisen, vom Eintritt des Vorkaufsfalls informiert werden, was angesichts deren Anzahl (bzw. Unbestimmtheit) und wegen der sehr kurzen Ausschlussfrist des Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG nicht möglich bzw. impraktikabel ist. Entsprechend ist die derzeitige Handhabung des Freistaats so, dass der vom Notariat übermittelte Kaufvertrag nur den Gebietskörperschaften übersandt wird, auf deren Gebiet sich die verkauften Grundstücke befinden. Demgemäß hinge es allein vom Zufall ab, ob z. B. andere Gemeinden als die Standortgemeinde vom Eintritt des Vorkaufsfalls erfahren, etwa weil ein Kaufvertrag Grundstücke aus unterschiedlichen Gemeinden zum Gegenstand hat, und dadurch in die Lage versetzt werden, eine Ausübung zu ihren Gunsten zu verlangen. Ein derartiger Gesetzesvollzug erscheint aber willkürlich.

Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, ob die Vorkaufsrechtsausübung auch deshalb rechtswidrig wäre, weil der Gemeinderat der Beigeladenen zu 3 nicht vor Ablauf der Ausübungsfrist einen Beschluss über die Ausübung des Vorkaufsrechts für die im Gemeindegebiet von Bad Endorf gelegenen Grundstücke gefasst, sondern diese Entscheidung dem „Bürgermeisterausschuss“ überlassen hatte.

II.

Hinsichtlich der Grundstücke FlNr. 850, 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) und 852, jeweils der Gemarkung P., liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht vor.

1. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt nicht an ein Gewässer an.

Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich beim Unterachthaler Mühlbach um kein Gewässer dritter Ordnung im Sinn des Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 BayWG. Daran gibt es nach den im Augenschein getroffenen Feststellungen sowie nach der sachkundigen Beurteilung des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts keinen Zweifel. Nach den Ausführungen des Vertreters des Wasserwirtschaftsamts ist der (frühere) Unterachthaler Mühlbach kein Gewässer, sondern Teil der stillgelegten technischen Wehr- und Mühlanlage. Der Augenschein hat ergeben, dass er in weiten Bereichen zugewachsen bzw. zugeschüttet ist und kein Wasser führt. Das Grundstück FlNr. 850 grenzt aber nur an den Unterachthaler Mühlbach, und nicht auch an die Thalkirchner Achen an.

2. Auch das Grundstück FlNr. 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) grenzt nicht im Sinn von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayNatSchG an ein Gewässer an.

Diese Teilfläche des Grundstücks ist von der Teilfläche östlich des Mühlbachgrundstücks durch das Mühlbachgrundstück FlNr. 849 völlig abgetrennt und somit im Gegensatz zum östlichen Teil nicht mehr an die Thalkirchner Achen angrenzend. Im Übrigen fehlte auch die Rechtfertigung für die Ausübung des Vorkaufsrechts i. S. v. Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG, da das Grundstück nicht flach ist, sondern nach Westen hin steil ansteigt und daher nicht mehr zur Talaue zählt. Das Grundstück FlNr. 851/3-Teilfläche (westlich der FlNr. 849) ist in topographischer Hinsicht eher Teil des Hanggrundstücks FlNr. 852.

3. Hinsichtlich des Grundstücks FlNr. 852, das nur in einem kleinen nordöstlichen Bereich an die Thalkirchner Achen angrenzt, fehlt es an der Verflechtung mit der Bachaue und damit an der Rechtfertigung für die Ausübung des Vorkaufsrechts i. S. d. Art. 39 Abs. 2 BayNatSchG.

Es handelt sich dabei um ein Hanggrundstück mit einer Fläche von 6328 m², das mit Mischwald bestanden ist und sich in Richtung Süden fast 200 m entlang des Unterachthaler Mühlbachs erstreckt. Das Grundstück gehört demnach nicht mehr zur Talaue der Thalkirchner Achen. Rechtfertigungsgründe für die Ausübung des Vorkaufsrechts am Gesamtgrundstück sind nicht ersichtlich.

Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 31.250 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.6.1 des Streitwertkatalogs 2013 NVwZ-Beilage 2013, 57.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.