Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 14. Nov. 2018 - AN 9 K 17.00754, AN 9 K 17.01518

14.11.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klagen richten sich gegen eine Allgemeinverfügung des Beklagten vom 20. März 2017, in der u.a. verfügt wurde, dass das Befahren der … mit Booten ohne eigene Triebkraft (Kajaks, Kanus, Canadier, Schlauchkajaks und -canadier) auf der … im Gewässerabschnitt von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand am Vortag von mindestens 130 cm des Pegels … und von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand am Vortag von mindestens 126 cm zulässig ist.

Der Kläger zu 1, der …, ist ein Verband, der die … Kanu-Vereine, Kanu-Abteilungen und Kanusportler vertritt. Die Klägerin zu 2, die …, ist ein Zusammenschluss von Einzelsportlern und zugleich Mitglied im … … Der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 bieten ein Veranstaltungsprogramm an, wobei der Schwerpunkt des Angebots des Klägers zu 1 im Wettkampf- und Ausbildungsbereich liegt, der der Klägerin zu 2 im Angebot von (Freizeit-)Fahrten. Der Kläger zu 3 ist aktiver Kanufahrer, der die … im streitgegenständlichen Flussabschnitt befährt und zudem Erster Vorsitzender des Klägers zu 2 sowie beim Kläger zu 1 ausweislich des Internetauftritts Ressortleiter für Umwelt und Gewässer.

Das Befahren der … mit Paddelbooten, insbesondere Kanus und Kajaks, wird im Landkreis … … seit längerer Zeit betrieben. Zur Regulierung dieses nach dem Wasserrecht an sich zulässigen Gemeingebrauchs erließ das Landratsamt … am 4. April 2012 eine Verordnung (Kanuverordnung). Darin ist vorgesehen, dass organisierte Bootsveranstaltungen mit mehr als zehn Booten verboten sind. Zudem ist das Befahren mit Booten auf die Tagzeit beschränkt. Weiterhin ist das Befahren im Oberlauf der …, von … bis … nur vom 1. Juli bis zum 31. Oktober jeden Jahres zulässig. Die Strecke von … bis …, die ebenfalls von der Verordnung erfasst ist, kann dagegen ganzjährig befahren werden.

Nachdem wegen des trockenen Sommers 2015 Niedrigwasser auf der … herrschte und an das Landratsamt (nicht dokumentierte) Beschwerden aus der Bevölkerung herangetragen wurden, dass der freizeitbedingte Kanubetrieb auf Grund des Niedrigwassers in einigen Abschnitten zu massiven Schäden an der Gewässervegetation, vor allem am Wasserhahnenfuß und an den Sand- und Kiesbänken im Gewässer geführt habe, erging am 11. April 2016 eine erste Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes … mit dem Ziel des Erlasses einer Allgemeinverfügung zur wasserstandsbezogenen Regelung des Kanubetriebes auf der … zwischen den Einstiegen … und … Im weiteren Verlauf wurden weitere Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde angefertigt, die die vorgesehene Allgemeinverfügung aus fachlicher Sicht begründeten und sich mit den Einwendungen der örtlichen Bootsverleiher auseinander setzten.

Mit Schreiben vom 10. Februar 2017 wurden für den … …, den Kläger zu 1, durch den Prozessbevollmächtigten umfangreiche Einwendungen gegen die geplante Allgemeinverfügung erhoben, die im Wesentlichen mit der Klage wiederholt wurden. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die Kausalität zwischen dem Kanufahren und den behaupteten Schäden nicht bewiesen sei, insofern wären auch andere Faktoren denkbar. Der Zusammenhang zwischen den Schutzzielen und den Wasserständen sei nicht nachvollziehbar. Ebenfalls nicht nachvollziehbar sei die Ermittlung der Mindestwasserstände wie die ermittelten Eintauchtiefen für Paddel bzw. Kanus, die zur Begründung des Mindestpegelstandes herangezogen worden seien. Die Allgemeinverfügung führe in ihrer vorgeschlagenen Fassung zu einer erheblichen Einschränkung des Gemeingebrauchs. Vorzugswürdig wäre es, die kommerzielle Nutzung zu begrenzen.

Mit der abschließenden Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 13. März 2017 wurden die fachlichen Erkenntnisse zusammengefasst und die Begründung der dann getroffenen streitgegenständlichen Allgemeinverfügung aus fachlicher Sicht erstellt.

Am 20. März 2017 erging die streitgegenständliche Allgemeinverfügung mit folgenden Regelungen:

„1. Das Befahren der … mit Booten ohne eigene Triebkraft (Kajaks, Kanus, Canadier, Schlauchkajaks und -canadier) ist im Gewässerabschnitt von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand des Vortages von mindestens 130 cm des Pegels … und von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand des Vortages von mindestens 126 cm des Pegels … gestattet.“

Der für die Sperrung maßgebliche Wasserstand an diesem Pegel ist im Internet über die Homepage des Hochwassernachrichtendienstes abzurufen.

(...) (...)

Der geltende Pegelstand ist spätestens vor dem Einstieg

a) bei privaten Bootstouren durch den Kanufahrer

b) bei gewerblichen Bootsveranstaltungen durch die bei der gegenüber dem Landratsamt … im Rahmen der Anzeige gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung des Landratsamtes … … über die Regelung des Gemeingebrauchs an der … vom 4. April 2012 (nachfolgend „Kanu-VO“) der Veranstaltung genannten verantwortlichen Person

c) bei organisierten Bootsveranstaltungen durch die für die Veranstaltung verantwortliche Person/den Veranstalter unter genanntem Link abzufragen.

2. Leiteinrichtungen zur naturverträglichen Durchquerung von Flachwasserbereichen sind zu befolgen.

3. Diese Allgemeinverfügung tritt am 1. April 2017 in Kraft. Die öffentliche Bekanntgabe erfolgt durch Bekanntmachung im Amtsblatt des Landratsamtes …

4. Die sofortige Vollziehung der Allgemeinverfügung wird angeordnet.

5. Zuwiderhandlungen können mit einer Geldbuße bis zu 50.000,00 EUR geahndet werden.

6. Diese Allgemeinverfügung kann jederzeit widerrufen oder mit Nebenbestimmungen versehen werden.

7. Der Bescheid ist kostenfrei.

8. Die Allgemeinverfügung mit Begründung und Rechtsbehelf sowie die zugrundeliegende Stellungnahme der …können beim Landratsamt … …, …str., …, Sachbereich für Wasserrecht und Bodenschutz, Zimmer … während der allgemein geltenden Sprechzeiten eingesehen werden. Die Dokumente sind zudem unter http:/ … abrufbar.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Allgemeinverfügung diene dem Naturschutz, da die … im Bereich zwischen … und … als Natura 2000-Gebiet festgelegt sei. Auslöser der Allgemeinverfügung sei der extreme Niedrigwasserstand im Jahr 2015, von diesem Niedrigwasser habe sich die … im Winter 2015/2016 durch den trockenen Winter nur bedingt erholen können. Auch in Zukunft bestehe ein Trend zu heißen, trockenen Sommern sowie niederschlagsarmen Wintern. Gestützt wurde die Regelung des Gemeingebrauchs bzw. Vorgabe eines Mindestwasserstands auf Art. 18 Abs. 4 BayWG. Im streitgegenständlichen Bereich sei der Schutz des Lebensraumtyps 3260, Flüsse mit der Vegetation des Ranunculus fluitantes, und der Art. 1960 (Bachneunauge) und der Art. 1163 (Groppe) zu besorgen. Die vorgegebenen Mindestwasserstände gewährleisteten, dass erhebliche Beeinträchtigungen dieser Erhaltungsziele durch das Bootfahren nicht zu befürchten seien. Den Interessen der Bootfahrer bzw. des Gemeingebrauchs werde dadurch Rechnung getragen, dass die vorgegebenen Mindestpegelstände nur in extrem trockenen Jahren zu erheblichen Einschränkungen des Bootsbetriebs führten und nur ein Teilbereich des Flusses von der Allgemeinverfügung erfasst sei. Andere Mittel zur Einschränkung des Bootsbetriebs, die gleich effektiv seien, seien nicht ersichtlich.

Der verfügende Teil der Allgemeinverfügung wurde am 24. März 2017 im Amtsblatt des Landkreises … allgemein bekanntgemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass die vollständige Fassung mit Rechtsbehelfsbelehrung:im Landratsamt … sowie im Internet abrufbar sei. Weiter wurde, wie in der Langfassung, darauf hingewiesen, dass die zugrundeliegende Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde ebenfalls beim Landratsamt … bzw. im Internet nachgesehen werden könne.

Mit am 20. April 2017 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz ließ der … … gegen diese Allgemeinverfügung Klage erheben (AN 9 K 17.00754).

Mit Schriftsatz vom 3. August 2017 wurde an diesem Tag Klage erhoben für die … …Vereinigung und für deren Vorsitzenden … persönlich (AN 9 K 17.01518) und beantragt,

die Allgemeinverfügung des Landratsamtes … vom 20. März 2017 aufzuheben.

Zur Begründung wurde jeweils im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Klagen seien zulässig. Der Kläger zu 1 sei klagebefugt, weil er durch die Allgemeinverfügung möglicherweise in eigenen Rechten verletzt sei. Es sei möglicherweise die Vereinigungsfreiheit verletzt, da der Kläger zu 1) nach seiner Vereinssatzung den Kanusport in organisierter, kollektiver Form bezwecke und dabei auch gemeinsame Fahrten durchführe. Dies und nicht nur ein kollektives Befahrungsrecht sei durch die streitgegenständliche Allgemeinverfügung in nicht geringfügiger Weise betroffen. Man dürfe nicht nur die Einschränkung des Fahrens auf dem verfahrensgegenständlichen Flussabschnitt in den Blick nehmen, da bei einer derartigen Einzelbetrachtung auch in anderen Fällen der Rechtsschutz erschwert wäre, sondern auch die Gesamtwirkung einzelner Beschränkungen auf die Rechtsposition des Klägers zu 1. Auch der Kläger zu 2 sei klagebefugt, wobei sich die Ausführungen dazu im Wesentlichen mit den vorstehenden Ausführungen decken. Auch die … …Vereinigung führe gemeinsame Fahrten durch, insbesondere habe man vor Erlass der Allgemeinverfügung die … im Fahrtenprogramm gehabt. Die Klagen der Kläger zu 2 und 3 seien auch nicht verfristet, denn die Rechtsbehelfsbelehrung:der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung sei fehlerhaft, weil dort fälschlicherweise der Landkreis … und nicht der Freistaat Bayern (Landratsamt …*) als richtiger Beklagter ausgewiesen sei. Diese Rechtsmeinung entspreche auch der aktuellen Rechtsprechung des … Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 3.9.2009 - 4 BV 08.696). Die ältere Rechtsprechung des … Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Bezeichnung des falschen Beklagten unschädlich sei (BayVGH, B.v. 29.7.1998 - 6 CS 98.475) sei noch ohne Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergangen, wonach von § 58 Abs. 1 VwGO nicht verlangte Zusätze die Rechtsbehelfsbelehrung:fehlerhaft machten, wenn sie irreführend und geeignet seien, die Rechtsbehelfseinlegung zu erschweren (BVerwG, B.v. 27.8.1997 - 1 B 145.97).

Die Klage sei auch begründet. Hierzu wurde im Einzelnen vorgetragen.

Im Übrigen trugen die Kläger vor, es störe sie, dass sie in den Entscheidungsprozess zur Kanuverordnung nicht eingebunden worden seien. Zur Regulierung des Kanubetriebes hätte es intelligentere Lösungen als die Vorgabe eines Mindestpegelstandes gegeben. Zielgerichteter sei es beispielsweise, den Nutzerkreis zu regulieren. Im Gegensatz zu kommerziellen Nutzern, die oft Anfänger seien, seien die über den … … und die … …Vereinigung organisierten Fahrer in der Regel geübt und würden es vermögen, so zu fahren, dass die Natur geschont werde. Die Allgemeinverfügung belaste die Kläger gegenüber den kommerziellen Fahrern mit Booten der örtlichen Verleiher über Gebühr, weil die Kläger für die von Ihnen angebotenen Fahrten, zu denen Teilnehmer aus ganz Bayern kämen und die jährlich im Voraus angeboten würden, Planungssicherheit bräuchten. Da der Pegelstand nicht vorab absehbar sei, habe man die von der Allgemeinverfügung betroffene Strecke aus dem aktuellen Fahrtenprogramm gestrichen. Es sei insgesamt zu befürchten, dass landschaftlich reizvolle bayerische Flussabschnitte wie der verfahrensgegenständliche für den Kanusport in Zukunft nicht mehr zur Verfügung stünden. Insofern wurde eine Aufstellung der behördlichen Befahrungsregelungen auf … Flüssen vorgelegt (überwiegend ganzjährige Befahrungsverbote).

Hierauf erwiderte der Beklagte mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2017 und beantragte jeweils

Klageabweisung.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Allgemeinverfügung sei erforderlich gewesen, dies wurde näher ausgeführt.

In der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2018 wurde im Schwerpunkt zur Zulässigkeit der Klage verhandelt. Die Verwaltungsstreitsachen wurden zur weiteren Sachaufklärung vertagt.

In der Folge haben die Beteiligten einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

Wegen der Verzichtserklärungen der Parteien kann ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klagen sind unzulässig.

1. Die Klagen der Klägerin zu 2, der … …Vereinigung und des Klägers zu 3, … (AN 9 K 17.01518) sind verfristet und daher aus diesem Grund unzulässig.

Streitgegenstand ist die Aufhebung der Allgemeinverfügung des Beklagten vom 20. März 2017. Da es sich bei der Allgemeinverfügung um einen Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 2 VwVfG handelt, ist eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Die Klagefrist beträgt gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO einen Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts.

Die Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO bei unterbliebener oder unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung:kommt dagegen nicht zur Anwendung. Gemäß § 58 Abs. 1 muss im Rahmen der Rechtsbehelfsbelehrung:über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf einzulegen ist, dessen Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt werden. Dem trägt die Rechtsbehelfsbelehrung:der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung Rechnung. Zusätzlich ist in der Rechtsbehelfsbelehrung:jedoch der Hinweis enthalten, dass die Klage den Beklagten, den Landkreis … bezeichnen müsse. Richtiger Beklagter ist hier jedoch der Freistaat Bayern (Behörde: Landratsamt …*), da das Landratsamt vorliegend im Rahmen der Gewässeraufsicht gemäß Art. 58 Abs. 1 BayWG und damit als Staatsbehörde handelte, der Freistaat Bayern mithin nach Art. 37 Abs. 1 BayLKrO Rechtsträger des Landratsamtes ist.

Dieser Fehler ist jedoch unschädlich, die Rechtsbehelfsbelehrung:ist nicht im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO unrichtig. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Fehler bei Zusätzen zur Rechtsbehelfsbelehrung:, die über den Pflichtinhalt des § 58 Abs. 1 VwGO hinausgehen, nur beachtlich, wenn sie irreführend und geeignet sind, die Einlegung des Rechtsbehelfs zu erschweren (BVerwG, B.v. 27.8.1997 - 1 B 145/97). Dies ist bei der Angabe des Landkreises als Beklagten anstatt des richtigen Beklagten, des Freistaats Bayern, nicht der Fall. Die Einlegung einer Klage wird dadurch nicht erschwert, denn für eine Klage gegen den Landkreis gelten die gleichen formalen Anforderungen wie bei einer Klage gegen den Freistaat Bayern. Auch für die Motivation zu einer Klage gegen die öffentliche Hand ist kein Unterschied vorgetragen oder ersichtlich, wenn anstatt des Freistaats Bayern der Landkreis als richtiger Beklagter bezeichnet ist, da es dem Kläger um die Aufhebung der streitgegenständlichen Maßnahme gehen wird und nicht anzunehmen ist, dass ein etwaiger Kläger von einer Klage dadurch abgeschreckt würde. Die Einlegung der Klage ist auch nicht dadurch erschwert, dass die streitgegenständliche Rechtsbehelfsbelehrung:möglicherweise und fälschlicherweise zu einer Klage gegen den Landkreis verleiten könnte. Dies führt nicht zu Nachteilen für die Rechtsverfolgung, weil das Gericht auf diesen Fehler gemäß § 86 Abs. 3 VwGO hinweisen würde und eine Umstellung der Klage auf den richtigen Beklagten fristungebunden zulässig wäre. Die darin zu erblickende Klageänderung wäre gemäß § 91 Abs. 1 VwGO jedenfalls sachdienlich und die Klagefrist wird bei einem Beklagtenwechsel nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht neu ausgelöst, da es bei dem ursprünglichem Streitgegenstand, der maßgeblich durch den angefochtenen Verwaltungsakt bestimmt wird, bleibt und der richtige Beklagte in einem solchen Fall auch nicht schützenswert ist (BVerwG, B.v. 20.1.1993 - 7 B 158.92). Die Einlegung der Klage ist auch nicht im Hinblick auf eine mögliche Unsicherheit über den richtigen Beklagten und daraus resultierende Überlegungen erschwert. Da unabhängig von der Frage des Rechtsträgers die handelnde Behörde immer das Landratsamt ist, kann bei Unsicherheiten immer darauf zurückgegriffen werden, dass gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zur Bezeichnung des Beklagten die Angabe der Behörde genügt, wie auch sowohl im Verfahren AN 9 K 17.01518 als auch im Verfahren AN 9 K 17.00754 (die Klage wurde hier innerhalb der Monatsfrist erhoben) geschehen. Die Monatsfrist kann daher auch bei Unsicherheiten immer eingehalten werden. Die Kammer folgt daher hinsichtlich der Rechtsfolgen der Fehlerhaftigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung:durch Angabe des falschen Beklagten im Ergebnis der Rechtsprechung des 6. Senats des BayVGH (B.v. 29.7.1998 - 6 CS 98.475), welche bereits die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 58 VwGO berücksichtigt und nicht der Rechtsprechung des 4. Senats des BayVGH (U.v. 3.9.2009 - 4 BV 08.696).

Die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO beginnt mit der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes, hier der Allgemeinverfügung. Diese durfte richtigerweise gemäß Art. 41 Abs. 3 Satz 2 VwVfG öffentlich bekanntgegeben werden, da eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist, wenn wie hier die Zahl und die Identität der von dem Befahrungsverbot potentiell Betroffenen unbekannt und auch nicht zu ermitteln ist. Die Allgemeinverfügung wurde hier ortsüblich im Amtsblatt des Landkreises … vom 24. März 2017 bekannt gemacht gemäß Art. 41 Abs. 4 Satz 1 VwVfG. Diese ortsübliche Bekanntgabe ist auch dann ausreichend und damit zulässig, wenn hier eine unbekannte Zahl von Paddlern außerhalb des Verbreitungsgebiets des Amtsblatts, also außerhalb des Landkreises …, potentiell von der Regelung betroffen ist, da es sich um eine Regelung eines örtlichen Sachverhalts, nämlich des Kanufahrens auf Teilstrecken der … in diesem Bereich, handelt. Damit galt die Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben gemäß Art. 41 Abs. 4 Satz 3 VwVfG. Die Klagerhebung für die Klägerin zu 2 und den Kläger zu 3 am 3. August 2017 erfolgte daher weit außerhalb der Klagefrist. Im Übrigen wurde wegen der Versäumung der Klagefrist weder ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt noch sind Wiedereinsetzungsgründe ersichtlich.

2. Die Klage des Klägers zu 1 (AN 9 K 17.00754) erfolgte fristgerecht.

Der Klage fehlt es jedoch an der gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis. Danach muss der Kläger geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Das bedeutet, dass eine Verletzung von eigenen Rechten zumindest als möglich erscheinen muss. Es muss zumindest möglich sein, dass der Kläger vom sachlichen und personellen Schutzbereich einer ihn selbst begünstigenden Norm erfasst ist. Die Prüfung der Rechtsverletzung selbst ist eine Frage der Begründetheit (hierzu Schoch/Schneider/Bier, § 42 VwGO, Rn. 69 m.w.N.). Beruft sich der Kläger auf grundrechtliche Rechtspositionen, ist zumindest die Möglichkeit eines Eingriffs in den Schutzbereich erforderlich. Dies setzt bei mittelbar faktischen Beeinträchtigungen eine gewisse Beeinträchtigungsschwere voraus (Beck’scher Online-Kommentar VwGO, § 42, Rn. 190 ff. m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben ist der Kläger zu 1) nicht klagebefugt (vgl. insoweit auch VG Gießen, B.v. 20.8.2012 - 1 L 1048/12.GI, das die Antragsbefugnis des hessischen Kanuverbandes gegen die Untersagung der Nutzung zweier Flussabschnitte aus artenschutzrechtlichen Gründen verneinte).

Der Kläger zu 1 kann sich nur auf eigene Rechte berufen. Eine Berufung auf die Rechte der Mitgliedsverbände bzw. deren Mitglieder kommt nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für das Institut der gewillkürten Prozessstandschaft im Verwaltungsprozessrecht anders als im Zivilprozessrecht angesichts der Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO kein Raum (BVerwG, U.v. 26.10.1995 - 3 C 27/94).

Eine Verletzung der in Betracht kommenden eigenen Rechtspositionen erscheint jedoch nicht möglich.

Der Kläger kann sich insoweit nicht auf das einfachrechtliche Rechtsinstitut des Gemeingebrauchs nach § 25 WHG und Art. 18 BayWG berufen. Nach diesen Vorschriften darf jede Person oberirdische Gewässer zum Gemeingebrauch, insbesondere zum Befahren mit kleinen Fahrzeugen ohne eigene Triebkraft benutzen. Mit Person ist damit jedoch nur eine natürliche Person gemeint. Schließlich geht es bei der erlaubnisfreien Gestattung des Gemeingebrauchs darum, dem Freiheitsdrang des Einzelnen Raum zu geben (Beck’scher Online-Kommentar Umweltrecht, § 25 WHG, Rn. 1 ff.). Juristische Personen sind damit nicht gemeint, da eine juristische Person das geschützte Verhalten, also das Befahren eines Gewässers mit Booten schlechthin nicht ausüben kann, denn fahren kann nur ein Mensch.

Aus den gleichen Gründen kann sich der Kläger zu 1 nicht auf das Recht auf Naturgenuss gemäß Art. 141 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung berufen. Danach ist jedermann der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Befahren der Gewässer, gestattet. Art. 141 Abs. 3 BV bezweckt damit den Schutz des Erholungssuchenden, damit kann nur ein Mensch gemeint sein (BayVGH, U.v. 11.6.1975 - 4 IX 74).

Auch aus dem Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG resultiert keine Klagebefugnis. Im Hinblick auf den Kläger zu 1 erscheint ein Eingriff in den Schutzbereich insoweit nicht möglich. Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit, sich zu Vereinigungen des privaten Rechts zusammen zu schließen. Geschützt ist vereinsspezifisches Verhalten wie die Vereinsorganisation und die Führung der Vereinsgeschäfte sowie die Existenz des Vereins, mithin der Kernbereich des Vereinsbestandes und der Vereinstätigkeit. Nicht vereinsspezifische Tätigkeiten, also solche, die ihrem Gegenstand nach auch von natürlichen Personen ausgeübt werden können, sind nicht von der Vereinigungsfreiheit geschützt, sie bleiben dem jeweils sachlich einschlägigen Grundrecht zugeordnet. Ein Verhalten, welches einzeln betrieben werden kann, soll durch die Tatsache, dass es in Gemeinschaft betrieben wird, nicht stärkeren grundrechtlichen Schutz erhalten, ein gemeinsam verfolgter (Vereins-)Zweck genießt keinen weitergehenden Schutz als ein individuell verfolgtes Interesse (BVerfG, st. Rspr., zuletzt B.v. 24.9.2014 - 1 BvR 3017/11). Bei staatlichen Beschränkungen gegen das betreffende Verhalten, etwa das Kanufahren auf Flüssen, müssen sich daher die einzelnen Mitglieder gegen derartige Beschränkungen wenden. Damit kommt ein Eingriff in den Schutzbereich im Hinblick auf den Aspekt eines kollektiven Befahrens nicht in Betracht. Auch ein Eingriff in den Schutzbereich im Hinblick auf die Verfolgung des Satzungszwecks des Klägers zu 1, die Durchführung gemeinsamer Wettkämpfe sowie das Angebot von Fahrten (§ 3 Abs. 3 der Satzung des Klägers zu 1), kommt nicht in Betracht. Es ist schon fraglich, ob die Verfolgung des Satzungszweckes in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 GG fällt, da der geschützte Kernbereich der Vereinstätigkeit wohl nur die Sicherung der Existenz und Funktionsfähigkeit umfasst (Beck’scher Online-Kommentar, Art. 9 GG, Rn. 12). Zumindest ist ein Eingriff in den Schutzbereich nicht gegeben, da die streitgegenständliche Allgemeinverfügung, anders als die Kanu-Verordnung des Beklagten nicht an kollektives Befahren bzw. die Organisation derartiger Fahrten anknüpft. Sie verbietet weder das Durchführen organisierter Fahrten noch beschränkt sie die Anzahl der Boote. Das Befahrungsverbot bei Unterschreiten eines bestimmten Pegelstandes gilt vielmehr für alle Kanufahrer. Auswirkungen dieses allgemeinen Befahrungsverbotes auf den Satzungszweck, die den Kernbereich der Vereinstätigkeit betreffen könnten, sind nicht gegeben. Denn im Gegensatz zur Klägerin zu 2 hat der Kläger zu 1 nicht geltend gemacht, im Geltungsbereich der Allgemeinverfügung Fahrten anzubieten, die nun nicht mehr durchgeführt werden könnten. Eine mögliche Beeinträchtigung durch das Befahrungsverbot für die Klägerin zu 2, eines Teilverbandes der Klägerin zu 1 ist für sich genommen, zu geringfügig, um einen Grundrechtseingriff als möglich erscheinen zu lassen und kann daher auch nicht auf den Dachverband, den Kläger zu 1, durchschlagen. Eine hier allenfalls in Rede stehende indirekte Beeinträchtigung organisierter Fahrten oder der Vereinstätigkeit durch ein allgemeines Befahrungsverbot erreicht nur dann die Qualität eines Grundrechtseingriffs, wenn sie ein gewisses Gewicht hat (Beck’scher Online-Kommentar, Art. 9 GG, Rn. 17). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung betrifft nur einen Teilbereich der … und greift nur bei Unterschreitung der Pegelgrenzen. Die Klägerin zu 2 hat es ausweislich des im Internet abrufbaren Fahrtenprogramms 2017 vermocht, auch ohne auf diesen Streckenabschnitt zurück zu greifen, ein umfangreiches Fahrtenprogramm anzubieten. Bei entsprechender Beobachtung der Pegelstände und bei entsprechender Organisation erscheint auch eine Befahrung des betroffenen Streckenabschnitts im Rahmen von Fahrten nicht ausgeschlossen. Eine Beeinträchtigung ist auch nicht im Hinblick auf den klägerischen Vortrag gegeben, das Befahrungsverbot sei deswegen gravierend, weil bayernweit bereits Beschränkungen bestünden bzw. drohen, man sich zur Vermeidung von Summationseffekten also auch im Einzelfall zur Wehr setzen können müsse, gegeben. Es wurde insoweit in der mündlichen Verhandlung eine Aufstellung zu Befahrungsregelungen (häufig Befahrungsverbote unabhängig vom Pegelstand) auf reizvollen Strecken auf bayerischen Flüssen übergeben. Die klägerischen Befürchtungen sind daher bereits eingetreten, dennoch hat die Klägerin zu 2 es vermocht, ein umfangreiches Fahrtenprogramm anzubieten.

Der Kläger zu 1 ist daher im Hinblick auf Art. 9 Abs. 1 GG nicht klagebefugt.

Aus denselben Gründen besteht auch keine Klagebefugnis im Hinblick auf die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Da der Regelungsbereich von Art. 9 Abs. 1 GG betroffen ist, diese Vorschrift jedoch dem Kläger zu 1 keinen Schutz vermittelt, scheidet ein Schutz über das Auffanggrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG aus. Die Kammer schließt sich daher nicht der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 9.3.2017 - 4 C 328/16.N) an, welcher auf Grundlage von Art. 2 Abs. 1 GG eine Antragsbefugnis des Hessischen …es gegen eine Landschaftsschutzverordnung, welche das Befahren eines Flusses untersagte, auf dem der Verband eine Prüfung abhielt, bejahte.

3. Die Klagen waren daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

4. Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO.

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(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende F

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(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erho

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(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

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(1) Die Klage ist zu richten 1. gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,2

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Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klagen richten sich gegen eine Allgemeinverfügung des Beklagten vom 20. März 2017, in der u.a. verfügt wurde, dass das Befahren der … mit Booten ohne eigene Triebkraft (Kajaks, Kanus, Canadier, Schlauchkajaks und -canadier) auf der … im Gewässerabschnitt von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand am Vortag von mindestens 130 cm des Pegels … und von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand am Vortag von mindestens 126 cm zulässig ist.

Der Kläger zu 1, der …, ist ein Verband, der die … Kanu-Vereine, Kanu-Abteilungen und Kanusportler vertritt. Die Klägerin zu 2, die …, ist ein Zusammenschluss von Einzelsportlern und zugleich Mitglied im … … Der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 bieten ein Veranstaltungsprogramm an, wobei der Schwerpunkt des Angebots des Klägers zu 1 im Wettkampf- und Ausbildungsbereich liegt, der der Klägerin zu 2 im Angebot von (Freizeit-)Fahrten. Der Kläger zu 3 ist aktiver Kanufahrer, der die … im streitgegenständlichen Flussabschnitt befährt und zudem Erster Vorsitzender des Klägers zu 2 sowie beim Kläger zu 1 ausweislich des Internetauftritts Ressortleiter für Umwelt und Gewässer.

Das Befahren der … mit Paddelbooten, insbesondere Kanus und Kajaks, wird im Landkreis … … seit längerer Zeit betrieben. Zur Regulierung dieses nach dem Wasserrecht an sich zulässigen Gemeingebrauchs erließ das Landratsamt … am 4. April 2012 eine Verordnung (Kanuverordnung). Darin ist vorgesehen, dass organisierte Bootsveranstaltungen mit mehr als zehn Booten verboten sind. Zudem ist das Befahren mit Booten auf die Tagzeit beschränkt. Weiterhin ist das Befahren im Oberlauf der …, von … bis … nur vom 1. Juli bis zum 31. Oktober jeden Jahres zulässig. Die Strecke von … bis …, die ebenfalls von der Verordnung erfasst ist, kann dagegen ganzjährig befahren werden.

Nachdem wegen des trockenen Sommers 2015 Niedrigwasser auf der … herrschte und an das Landratsamt (nicht dokumentierte) Beschwerden aus der Bevölkerung herangetragen wurden, dass der freizeitbedingte Kanubetrieb auf Grund des Niedrigwassers in einigen Abschnitten zu massiven Schäden an der Gewässervegetation, vor allem am Wasserhahnenfuß und an den Sand- und Kiesbänken im Gewässer geführt habe, erging am 11. April 2016 eine erste Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes … mit dem Ziel des Erlasses einer Allgemeinverfügung zur wasserstandsbezogenen Regelung des Kanubetriebes auf der … zwischen den Einstiegen … und … Im weiteren Verlauf wurden weitere Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde angefertigt, die die vorgesehene Allgemeinverfügung aus fachlicher Sicht begründeten und sich mit den Einwendungen der örtlichen Bootsverleiher auseinander setzten.

Mit Schreiben vom 10. Februar 2017 wurden für den … …, den Kläger zu 1, durch den Prozessbevollmächtigten umfangreiche Einwendungen gegen die geplante Allgemeinverfügung erhoben, die im Wesentlichen mit der Klage wiederholt wurden. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die Kausalität zwischen dem Kanufahren und den behaupteten Schäden nicht bewiesen sei, insofern wären auch andere Faktoren denkbar. Der Zusammenhang zwischen den Schutzzielen und den Wasserständen sei nicht nachvollziehbar. Ebenfalls nicht nachvollziehbar sei die Ermittlung der Mindestwasserstände wie die ermittelten Eintauchtiefen für Paddel bzw. Kanus, die zur Begründung des Mindestpegelstandes herangezogen worden seien. Die Allgemeinverfügung führe in ihrer vorgeschlagenen Fassung zu einer erheblichen Einschränkung des Gemeingebrauchs. Vorzugswürdig wäre es, die kommerzielle Nutzung zu begrenzen.

Mit der abschließenden Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 13. März 2017 wurden die fachlichen Erkenntnisse zusammengefasst und die Begründung der dann getroffenen streitgegenständlichen Allgemeinverfügung aus fachlicher Sicht erstellt.

Am 20. März 2017 erging die streitgegenständliche Allgemeinverfügung mit folgenden Regelungen:

„1. Das Befahren der … mit Booten ohne eigene Triebkraft (Kajaks, Kanus, Canadier, Schlauchkajaks und -canadier) ist im Gewässerabschnitt von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand des Vortages von mindestens 130 cm des Pegels … und von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand des Vortages von mindestens 126 cm des Pegels … gestattet.“

Der für die Sperrung maßgebliche Wasserstand an diesem Pegel ist im Internet über die Homepage des Hochwassernachrichtendienstes abzurufen.

(…) (…)

Der geltende Pegelstand ist spätestens vor dem Einstieg

a) bei privaten Bootstouren durch den Kanufahrer

b) bei gewerblichen Bootsveranstaltungen durch die bei der gegenüber dem Landratsamt … im Rahmen der Anzeige gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung des Landratsamtes … … über die Regelung des Gemeingebrauchs an der … vom 4. April 2012 (nachfolgend „Kanu-VO“) der Veranstaltung genannten verantwortlichen Person

c) bei organisierten Bootsveranstaltungen durch die für die Veranstaltung verantwortliche Person/den Veranstalter unter genanntem Link abzufragen.

2. Leiteinrichtungen zur naturverträglichen Durchquerung von Flachwasserbereichen sind zu befolgen.

3. Diese Allgemeinverfügung tritt am 1. April 2017 in Kraft. Die öffentliche Bekanntgabe erfolgt durch Bekanntmachung im Amtsblatt des Landratsamtes …

4. Die sofortige Vollziehung der Allgemeinverfügung wird angeordnet.

5. Zuwiderhandlungen können mit einer Geldbuße bis zu 50.000,00 EUR geahndet werden.

6. Diese Allgemeinverfügung kann jederzeit widerrufen oder mit Nebenbestimmungen versehen werden.

7. Der Bescheid ist kostenfrei.

8. Die Allgemeinverfügung mit Begründung und Rechtsbehelf sowie die zugrundeliegende Stellungnahme der …können beim Landratsamt … …, …str., …, Sachbereich für Wasserrecht und Bodenschutz, Zimmer … während der allgemein geltenden Sprechzeiten eingesehen werden. Die Dokumente sind zudem unter http:/ … abrufbar.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Allgemeinverfügung diene dem Naturschutz, da die … im Bereich zwischen … und … als Natura 2000-Gebiet festgelegt sei. Auslöser der Allgemeinverfügung sei der extreme Niedrigwasserstand im Jahr 2015, von diesem Niedrigwasser habe sich die … im Winter 2015/2016 durch den trockenen Winter nur bedingt erholen können. Auch in Zukunft bestehe ein Trend zu heißen, trockenen Sommern sowie niederschlagsarmen Wintern. Gestützt wurde die Regelung des Gemeingebrauchs bzw. Vorgabe eines Mindestwasserstands auf Art. 18 Abs. 4 BayWG. Im streitgegenständlichen Bereich sei der Schutz des Lebensraumtyps 3260, Flüsse mit der Vegetation des Ranunculus fluitantes, und der Art. 1960 (Bachneunauge) und der Art. 1163 (Groppe) zu besorgen. Die vorgegebenen Mindestwasserstände gewährleisteten, dass erhebliche Beeinträchtigungen dieser Erhaltungsziele durch das Bootfahren nicht zu befürchten seien. Den Interessen der Bootfahrer bzw. des Gemeingebrauchs werde dadurch Rechnung getragen, dass die vorgegebenen Mindestpegelstände nur in extrem trockenen Jahren zu erheblichen Einschränkungen des Bootsbetriebs führten und nur ein Teilbereich des Flusses von der Allgemeinverfügung erfasst sei. Andere Mittel zur Einschränkung des Bootsbetriebs, die gleich effektiv seien, seien nicht ersichtlich.

Der verfügende Teil der Allgemeinverfügung wurde am 24. März 2017 im Amtsblatt des Landkreises … allgemein bekanntgemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass die vollständige Fassung mit Rechtsbehelfsbelehrung:im Landratsamt … sowie im Internet abrufbar sei. Weiter wurde, wie in der Langfassung, darauf hingewiesen, dass die zugrundeliegende Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde ebenfalls beim Landratsamt … bzw. im Internet nachgesehen werden könne.

Mit am 20. April 2017 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz ließ der … … gegen diese Allgemeinverfügung Klage erheben (AN 9 K 17.00754).

Mit Schriftsatz vom 3. August 2017 wurde an diesem Tag Klage erhoben für die … …Vereinigung und für deren Vorsitzenden … persönlich (AN 9 K 17.01518) und beantragt,

die Allgemeinverfügung des Landratsamtes … vom 20. März 2017 aufzuheben.

Zur Begründung wurde jeweils im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Klagen seien zulässig. Der Kläger zu 1 sei klagebefugt, weil er durch die Allgemeinverfügung möglicherweise in eigenen Rechten verletzt sei. Es sei möglicherweise die Vereinigungsfreiheit verletzt, da der Kläger zu 1) nach seiner Vereinssatzung den Kanusport in organisierter, kollektiver Form bezwecke und dabei auch gemeinsame Fahrten durchführe. Dies und nicht nur ein kollektives Befahrungsrecht sei durch die streitgegenständliche Allgemeinverfügung in nicht geringfügiger Weise betroffen. Man dürfe nicht nur die Einschränkung des Fahrens auf dem verfahrensgegenständlichen Flussabschnitt in den Blick nehmen, da bei einer derartigen Einzelbetrachtung auch in anderen Fällen der Rechtsschutz erschwert wäre, sondern auch die Gesamtwirkung einzelner Beschränkungen auf die Rechtsposition des Klägers zu 1. Auch der Kläger zu 2 sei klagebefugt, wobei sich die Ausführungen dazu im Wesentlichen mit den vorstehenden Ausführungen decken. Auch die … …Vereinigung führe gemeinsame Fahrten durch, insbesondere habe man vor Erlass der Allgemeinverfügung die … im Fahrtenprogramm gehabt. Die Klagen der Kläger zu 2 und 3 seien auch nicht verfristet, denn die Rechtsbehelfsbelehrung:der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung sei fehlerhaft, weil dort fälschlicherweise der Landkreis … und nicht der Freistaat Bayern (Landratsamt …*) als richtiger Beklagter ausgewiesen sei. Diese Rechtsmeinung entspreche auch der aktuellen Rechtsprechung des … Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 3.9.2009 - 4 BV 08.696). Die ältere Rechtsprechung des … Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Bezeichnung des falschen Beklagten unschädlich sei (BayVGH, B.v. 29.7.1998 - 6 CS 98.475) sei noch ohne Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergangen, wonach von § 58 Abs. 1 VwGO nicht verlangte Zusätze die Rechtsbehelfsbelehrung:fehlerhaft machten, wenn sie irreführend und geeignet seien, die Rechtsbehelfseinlegung zu erschweren (BVerwG, B.v. 27.8.1997 - 1 B 145.97).

Die Klage sei auch begründet. Hierzu wurde im Einzelnen vorgetragen.

Im Übrigen trugen die Kläger vor, es störe sie, dass sie in den Entscheidungsprozess zur Kanuverordnung nicht eingebunden worden seien. Zur Regulierung des Kanubetriebes hätte es intelligentere Lösungen als die Vorgabe eines Mindestpegelstandes gegeben. Zielgerichteter sei es beispielsweise, den Nutzerkreis zu regulieren. Im Gegensatz zu kommerziellen Nutzern, die oft Anfänger seien, seien die über den … … und die … …Vereinigung organisierten Fahrer in der Regel geübt und würden es vermögen, so zu fahren, dass die Natur geschont werde. Die Allgemeinverfügung belaste die Kläger gegenüber den kommerziellen Fahrern mit Booten der örtlichen Verleiher über Gebühr, weil die Kläger für die von Ihnen angebotenen Fahrten, zu denen Teilnehmer aus ganz Bayern kämen und die jährlich im Voraus angeboten würden, Planungssicherheit bräuchten. Da der Pegelstand nicht vorab absehbar sei, habe man die von der Allgemeinverfügung betroffene Strecke aus dem aktuellen Fahrtenprogramm gestrichen. Es sei insgesamt zu befürchten, dass landschaftlich reizvolle bayerische Flussabschnitte wie der verfahrensgegenständliche für den Kanusport in Zukunft nicht mehr zur Verfügung stünden. Insofern wurde eine Aufstellung der behördlichen Befahrungsregelungen auf … Flüssen vorgelegt (überwiegend ganzjährige Befahrungsverbote).

Hierauf erwiderte der Beklagte mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2017 und beantragte jeweils

Klageabweisung.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Allgemeinverfügung sei erforderlich gewesen, dies wurde näher ausgeführt.

In der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2018 wurde im Schwerpunkt zur Zulässigkeit der Klage verhandelt. Die Verwaltungsstreitsachen wurden zur weiteren Sachaufklärung vertagt.

In der Folge haben die Beteiligten einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

Wegen der Verzichtserklärungen der Parteien kann ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klagen sind unzulässig.

1. Die Klagen der Klägerin zu 2, der … …Vereinigung und des Klägers zu 3, … (AN 9 K 17.01518) sind verfristet und daher aus diesem Grund unzulässig.

Streitgegenstand ist die Aufhebung der Allgemeinverfügung des Beklagten vom 20. März 2017. Da es sich bei der Allgemeinverfügung um einen Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 2 VwVfG handelt, ist eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Die Klagefrist beträgt gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO einen Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts.

Die Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO bei unterbliebener oder unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung:kommt dagegen nicht zur Anwendung. Gemäß § 58 Abs. 1 muss im Rahmen der Rechtsbehelfsbelehrung:über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf einzulegen ist, dessen Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt werden. Dem trägt die Rechtsbehelfsbelehrung:der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung Rechnung. Zusätzlich ist in der Rechtsbehelfsbelehrung:jedoch der Hinweis enthalten, dass die Klage den Beklagten, den Landkreis … bezeichnen müsse. Richtiger Beklagter ist hier jedoch der Freistaat Bayern (Behörde: Landratsamt …*), da das Landratsamt vorliegend im Rahmen der Gewässeraufsicht gemäß Art. 58 Abs. 1 BayWG und damit als Staatsbehörde handelte, der Freistaat Bayern mithin nach Art. 37 Abs. 1 BayLKrO Rechtsträger des Landratsamtes ist.

Dieser Fehler ist jedoch unschädlich, die Rechtsbehelfsbelehrung:ist nicht im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO unrichtig. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Fehler bei Zusätzen zur Rechtsbehelfsbelehrung:, die über den Pflichtinhalt des § 58 Abs. 1 VwGO hinausgehen, nur beachtlich, wenn sie irreführend und geeignet sind, die Einlegung des Rechtsbehelfs zu erschweren (BVerwG, B.v. 27.8.1997 - 1 B 145/97). Dies ist bei der Angabe des Landkreises als Beklagten anstatt des richtigen Beklagten, des Freistaats Bayern, nicht der Fall. Die Einlegung einer Klage wird dadurch nicht erschwert, denn für eine Klage gegen den Landkreis gelten die gleichen formalen Anforderungen wie bei einer Klage gegen den Freistaat Bayern. Auch für die Motivation zu einer Klage gegen die öffentliche Hand ist kein Unterschied vorgetragen oder ersichtlich, wenn anstatt des Freistaats Bayern der Landkreis als richtiger Beklagter bezeichnet ist, da es dem Kläger um die Aufhebung der streitgegenständlichen Maßnahme gehen wird und nicht anzunehmen ist, dass ein etwaiger Kläger von einer Klage dadurch abgeschreckt würde. Die Einlegung der Klage ist auch nicht dadurch erschwert, dass die streitgegenständliche Rechtsbehelfsbelehrung:möglicherweise und fälschlicherweise zu einer Klage gegen den Landkreis verleiten könnte. Dies führt nicht zu Nachteilen für die Rechtsverfolgung, weil das Gericht auf diesen Fehler gemäß § 86 Abs. 3 VwGO hinweisen würde und eine Umstellung der Klage auf den richtigen Beklagten fristungebunden zulässig wäre. Die darin zu erblickende Klageänderung wäre gemäß § 91 Abs. 1 VwGO jedenfalls sachdienlich und die Klagefrist wird bei einem Beklagtenwechsel nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht neu ausgelöst, da es bei dem ursprünglichem Streitgegenstand, der maßgeblich durch den angefochtenen Verwaltungsakt bestimmt wird, bleibt und der richtige Beklagte in einem solchen Fall auch nicht schützenswert ist (BVerwG, B.v. 20.1.1993 - 7 B 158.92). Die Einlegung der Klage ist auch nicht im Hinblick auf eine mögliche Unsicherheit über den richtigen Beklagten und daraus resultierende Überlegungen erschwert. Da unabhängig von der Frage des Rechtsträgers die handelnde Behörde immer das Landratsamt ist, kann bei Unsicherheiten immer darauf zurückgegriffen werden, dass gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zur Bezeichnung des Beklagten die Angabe der Behörde genügt, wie auch sowohl im Verfahren AN 9 K 17.01518 als auch im Verfahren AN 9 K 17.00754 (die Klage wurde hier innerhalb der Monatsfrist erhoben) geschehen. Die Monatsfrist kann daher auch bei Unsicherheiten immer eingehalten werden. Die Kammer folgt daher hinsichtlich der Rechtsfolgen der Fehlerhaftigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung:durch Angabe des falschen Beklagten im Ergebnis der Rechtsprechung des 6. Senats des BayVGH (B.v. 29.7.1998 - 6 CS 98.475), welche bereits die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 58 VwGO berücksichtigt und nicht der Rechtsprechung des 4. Senats des BayVGH (U.v. 3.9.2009 - 4 BV 08.696).

Die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO beginnt mit der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes, hier der Allgemeinverfügung. Diese durfte richtigerweise gemäß Art. 41 Abs. 3 Satz 2 VwVfG öffentlich bekanntgegeben werden, da eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist, wenn wie hier die Zahl und die Identität der von dem Befahrungsverbot potentiell Betroffenen unbekannt und auch nicht zu ermitteln ist. Die Allgemeinverfügung wurde hier ortsüblich im Amtsblatt des Landkreises … vom 24. März 2017 bekannt gemacht gemäß Art. 41 Abs. 4 Satz 1 VwVfG. Diese ortsübliche Bekanntgabe ist auch dann ausreichend und damit zulässig, wenn hier eine unbekannte Zahl von Paddlern außerhalb des Verbreitungsgebiets des Amtsblatts, also außerhalb des Landkreises …, potentiell von der Regelung betroffen ist, da es sich um eine Regelung eines örtlichen Sachverhalts, nämlich des Kanufahrens auf Teilstrecken der … in diesem Bereich, handelt. Damit galt die Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben gemäß Art. 41 Abs. 4 Satz 3 VwVfG. Die Klagerhebung für die Klägerin zu 2 und den Kläger zu 3 am 3. August 2017 erfolgte daher weit außerhalb der Klagefrist. Im Übrigen wurde wegen der Versäumung der Klagefrist weder ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt noch sind Wiedereinsetzungsgründe ersichtlich.

2. Die Klage des Klägers zu 1 (AN 9 K 17.00754) erfolgte fristgerecht.

Der Klage fehlt es jedoch an der gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis. Danach muss der Kläger geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Das bedeutet, dass eine Verletzung von eigenen Rechten zumindest als möglich erscheinen muss. Es muss zumindest möglich sein, dass der Kläger vom sachlichen und personellen Schutzbereich einer ihn selbst begünstigenden Norm erfasst ist. Die Prüfung der Rechtsverletzung selbst ist eine Frage der Begründetheit (hierzu Schoch/Schneider/Bier, § 42 VwGO, Rn. 69 m.w.N.). Beruft sich der Kläger auf grundrechtliche Rechtspositionen, ist zumindest die Möglichkeit eines Eingriffs in den Schutzbereich erforderlich. Dies setzt bei mittelbar faktischen Beeinträchtigungen eine gewisse Beeinträchtigungsschwere voraus (Beck’scher Online-Kommentar VwGO, § 42, Rn. 190 ff. m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben ist der Kläger zu 1) nicht klagebefugt (vgl. insoweit auch VG Gießen, B.v. 20.8.2012 - 1 L 1048/12.GI, das die Antragsbefugnis des hessischen Kanuverbandes gegen die Untersagung der Nutzung zweier Flussabschnitte aus artenschutzrechtlichen Gründen verneinte).

Der Kläger zu 1 kann sich nur auf eigene Rechte berufen. Eine Berufung auf die Rechte der Mitgliedsverbände bzw. deren Mitglieder kommt nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für das Institut der gewillkürten Prozessstandschaft im Verwaltungsprozessrecht anders als im Zivilprozessrecht angesichts der Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO kein Raum (BVerwG, U.v. 26.10.1995 - 3 C 27/94).

Eine Verletzung der in Betracht kommenden eigenen Rechtspositionen erscheint jedoch nicht möglich.

Der Kläger kann sich insoweit nicht auf das einfachrechtliche Rechtsinstitut des Gemeingebrauchs nach § 25 WHG und Art. 18 BayWG berufen. Nach diesen Vorschriften darf jede Person oberirdische Gewässer zum Gemeingebrauch, insbesondere zum Befahren mit kleinen Fahrzeugen ohne eigene Triebkraft benutzen. Mit Person ist damit jedoch nur eine natürliche Person gemeint. Schließlich geht es bei der erlaubnisfreien Gestattung des Gemeingebrauchs darum, dem Freiheitsdrang des Einzelnen Raum zu geben (Beck’scher Online-Kommentar Umweltrecht, § 25 WHG, Rn. 1 ff.). Juristische Personen sind damit nicht gemeint, da eine juristische Person das geschützte Verhalten, also das Befahren eines Gewässers mit Booten schlechthin nicht ausüben kann, denn fahren kann nur ein Mensch.

Aus den gleichen Gründen kann sich der Kläger zu 1 nicht auf das Recht auf Naturgenuss gemäß Art. 141 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung berufen. Danach ist jedermann der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Befahren der Gewässer, gestattet. Art. 141 Abs. 3 BV bezweckt damit den Schutz des Erholungssuchenden, damit kann nur ein Mensch gemeint sein (BayVGH, U.v. 11.6.1975 - 4 IX 74).

Auch aus dem Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG resultiert keine Klagebefugnis. Im Hinblick auf den Kläger zu 1 erscheint ein Eingriff in den Schutzbereich insoweit nicht möglich. Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit, sich zu Vereinigungen des privaten Rechts zusammen zu schließen. Geschützt ist vereinsspezifisches Verhalten wie die Vereinsorganisation und die Führung der Vereinsgeschäfte sowie die Existenz des Vereins, mithin der Kernbereich des Vereinsbestandes und der Vereinstätigkeit. Nicht vereinsspezifische Tätigkeiten, also solche, die ihrem Gegenstand nach auch von natürlichen Personen ausgeübt werden können, sind nicht von der Vereinigungsfreiheit geschützt, sie bleiben dem jeweils sachlich einschlägigen Grundrecht zugeordnet. Ein Verhalten, welches einzeln betrieben werden kann, soll durch die Tatsache, dass es in Gemeinschaft betrieben wird, nicht stärkeren grundrechtlichen Schutz erhalten, ein gemeinsam verfolgter (Vereins-)Zweck genießt keinen weitergehenden Schutz als ein individuell verfolgtes Interesse (BVerfG, st. Rspr., zuletzt B.v. 24.9.2014 - 1 BvR 3017/11). Bei staatlichen Beschränkungen gegen das betreffende Verhalten, etwa das Kanufahren auf Flüssen, müssen sich daher die einzelnen Mitglieder gegen derartige Beschränkungen wenden. Damit kommt ein Eingriff in den Schutzbereich im Hinblick auf den Aspekt eines kollektiven Befahrens nicht in Betracht. Auch ein Eingriff in den Schutzbereich im Hinblick auf die Verfolgung des Satzungszwecks des Klägers zu 1, die Durchführung gemeinsamer Wettkämpfe sowie das Angebot von Fahrten (§ 3 Abs. 3 der Satzung des Klägers zu 1), kommt nicht in Betracht. Es ist schon fraglich, ob die Verfolgung des Satzungszweckes in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 GG fällt, da der geschützte Kernbereich der Vereinstätigkeit wohl nur die Sicherung der Existenz und Funktionsfähigkeit umfasst (Beck’scher Online-Kommentar, Art. 9 GG, Rn. 12). Zumindest ist ein Eingriff in den Schutzbereich nicht gegeben, da die streitgegenständliche Allgemeinverfügung, anders als die Kanu-Verordnung des Beklagten nicht an kollektives Befahren bzw. die Organisation derartiger Fahrten anknüpft. Sie verbietet weder das Durchführen organisierter Fahrten noch beschränkt sie die Anzahl der Boote. Das Befahrungsverbot bei Unterschreiten eines bestimmten Pegelstandes gilt vielmehr für alle Kanufahrer. Auswirkungen dieses allgemeinen Befahrungsverbotes auf den Satzungszweck, die den Kernbereich der Vereinstätigkeit betreffen könnten, sind nicht gegeben. Denn im Gegensatz zur Klägerin zu 2 hat der Kläger zu 1 nicht geltend gemacht, im Geltungsbereich der Allgemeinverfügung Fahrten anzubieten, die nun nicht mehr durchgeführt werden könnten. Eine mögliche Beeinträchtigung durch das Befahrungsverbot für die Klägerin zu 2, eines Teilverbandes der Klägerin zu 1 ist für sich genommen, zu geringfügig, um einen Grundrechtseingriff als möglich erscheinen zu lassen und kann daher auch nicht auf den Dachverband, den Kläger zu 1, durchschlagen. Eine hier allenfalls in Rede stehende indirekte Beeinträchtigung organisierter Fahrten oder der Vereinstätigkeit durch ein allgemeines Befahrungsverbot erreicht nur dann die Qualität eines Grundrechtseingriffs, wenn sie ein gewisses Gewicht hat (Beck’scher Online-Kommentar, Art. 9 GG, Rn. 17). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung betrifft nur einen Teilbereich der … und greift nur bei Unterschreitung der Pegelgrenzen. Die Klägerin zu 2 hat es ausweislich des im Internet abrufbaren Fahrtenprogramms 2017 vermocht, auch ohne auf diesen Streckenabschnitt zurück zu greifen, ein umfangreiches Fahrtenprogramm anzubieten. Bei entsprechender Beobachtung der Pegelstände und bei entsprechender Organisation erscheint auch eine Befahrung des betroffenen Streckenabschnitts im Rahmen von Fahrten nicht ausgeschlossen. Eine Beeinträchtigung ist auch nicht im Hinblick auf den klägerischen Vortrag gegeben, das Befahrungsverbot sei deswegen gravierend, weil bayernweit bereits Beschränkungen bestünden bzw. drohen, man sich zur Vermeidung von Summationseffekten also auch im Einzelfall zur Wehr setzen können müsse, gegeben. Es wurde insoweit in der mündlichen Verhandlung eine Aufstellung zu Befahrungsregelungen (häufig Befahrungsverbote unabhängig vom Pegelstand) auf reizvollen Strecken auf bayerischen Flüssen übergeben. Die klägerischen Befürchtungen sind daher bereits eingetreten, dennoch hat die Klägerin zu 2 es vermocht, ein umfangreiches Fahrtenprogramm anzubieten.

Der Kläger zu 1 ist daher im Hinblick auf Art. 9 Abs. 1 GG nicht klagebefugt.

Aus denselben Gründen besteht auch keine Klagebefugnis im Hinblick auf die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Da der Regelungsbereich von Art. 9 Abs. 1 GG betroffen ist, diese Vorschrift jedoch dem Kläger zu 1 keinen Schutz vermittelt, scheidet ein Schutz über das Auffanggrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG aus. Die Kammer schließt sich daher nicht der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 9.3.2017 - 4 C 328/16.N) an, welcher auf Grundlage von Art. 2 Abs. 1 GG eine Antragsbefugnis des Hessischen …es gegen eine Landschaftsschutzverordnung, welche das Befahren eines Flusses untersagte, auf dem der Verband eine Prüfung abhielt, bejahte.

3. Die Klagen waren daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

4. Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Die Klage ist zu richten

1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,
2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.

(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klagen richten sich gegen eine Allgemeinverfügung des Beklagten vom 20. März 2017, in der u.a. verfügt wurde, dass das Befahren der … mit Booten ohne eigene Triebkraft (Kajaks, Kanus, Canadier, Schlauchkajaks und -canadier) auf der … im Gewässerabschnitt von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand am Vortag von mindestens 130 cm des Pegels … und von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand am Vortag von mindestens 126 cm zulässig ist.

Der Kläger zu 1, der …, ist ein Verband, der die … Kanu-Vereine, Kanu-Abteilungen und Kanusportler vertritt. Die Klägerin zu 2, die …, ist ein Zusammenschluss von Einzelsportlern und zugleich Mitglied im … … Der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 bieten ein Veranstaltungsprogramm an, wobei der Schwerpunkt des Angebots des Klägers zu 1 im Wettkampf- und Ausbildungsbereich liegt, der der Klägerin zu 2 im Angebot von (Freizeit-)Fahrten. Der Kläger zu 3 ist aktiver Kanufahrer, der die … im streitgegenständlichen Flussabschnitt befährt und zudem Erster Vorsitzender des Klägers zu 2 sowie beim Kläger zu 1 ausweislich des Internetauftritts Ressortleiter für Umwelt und Gewässer.

Das Befahren der … mit Paddelbooten, insbesondere Kanus und Kajaks, wird im Landkreis … … seit längerer Zeit betrieben. Zur Regulierung dieses nach dem Wasserrecht an sich zulässigen Gemeingebrauchs erließ das Landratsamt … am 4. April 2012 eine Verordnung (Kanuverordnung). Darin ist vorgesehen, dass organisierte Bootsveranstaltungen mit mehr als zehn Booten verboten sind. Zudem ist das Befahren mit Booten auf die Tagzeit beschränkt. Weiterhin ist das Befahren im Oberlauf der …, von … bis … nur vom 1. Juli bis zum 31. Oktober jeden Jahres zulässig. Die Strecke von … bis …, die ebenfalls von der Verordnung erfasst ist, kann dagegen ganzjährig befahren werden.

Nachdem wegen des trockenen Sommers 2015 Niedrigwasser auf der … herrschte und an das Landratsamt (nicht dokumentierte) Beschwerden aus der Bevölkerung herangetragen wurden, dass der freizeitbedingte Kanubetrieb auf Grund des Niedrigwassers in einigen Abschnitten zu massiven Schäden an der Gewässervegetation, vor allem am Wasserhahnenfuß und an den Sand- und Kiesbänken im Gewässer geführt habe, erging am 11. April 2016 eine erste Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes … mit dem Ziel des Erlasses einer Allgemeinverfügung zur wasserstandsbezogenen Regelung des Kanubetriebes auf der … zwischen den Einstiegen … und … Im weiteren Verlauf wurden weitere Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde angefertigt, die die vorgesehene Allgemeinverfügung aus fachlicher Sicht begründeten und sich mit den Einwendungen der örtlichen Bootsverleiher auseinander setzten.

Mit Schreiben vom 10. Februar 2017 wurden für den … …, den Kläger zu 1, durch den Prozessbevollmächtigten umfangreiche Einwendungen gegen die geplante Allgemeinverfügung erhoben, die im Wesentlichen mit der Klage wiederholt wurden. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die Kausalität zwischen dem Kanufahren und den behaupteten Schäden nicht bewiesen sei, insofern wären auch andere Faktoren denkbar. Der Zusammenhang zwischen den Schutzzielen und den Wasserständen sei nicht nachvollziehbar. Ebenfalls nicht nachvollziehbar sei die Ermittlung der Mindestwasserstände wie die ermittelten Eintauchtiefen für Paddel bzw. Kanus, die zur Begründung des Mindestpegelstandes herangezogen worden seien. Die Allgemeinverfügung führe in ihrer vorgeschlagenen Fassung zu einer erheblichen Einschränkung des Gemeingebrauchs. Vorzugswürdig wäre es, die kommerzielle Nutzung zu begrenzen.

Mit der abschließenden Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 13. März 2017 wurden die fachlichen Erkenntnisse zusammengefasst und die Begründung der dann getroffenen streitgegenständlichen Allgemeinverfügung aus fachlicher Sicht erstellt.

Am 20. März 2017 erging die streitgegenständliche Allgemeinverfügung mit folgenden Regelungen:

„1. Das Befahren der … mit Booten ohne eigene Triebkraft (Kajaks, Kanus, Canadier, Schlauchkajaks und -canadier) ist im Gewässerabschnitt von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand des Vortages von mindestens 130 cm des Pegels … und von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand des Vortages von mindestens 126 cm des Pegels … gestattet.“

Der für die Sperrung maßgebliche Wasserstand an diesem Pegel ist im Internet über die Homepage des Hochwassernachrichtendienstes abzurufen.

(…) (…)

Der geltende Pegelstand ist spätestens vor dem Einstieg

a) bei privaten Bootstouren durch den Kanufahrer

b) bei gewerblichen Bootsveranstaltungen durch die bei der gegenüber dem Landratsamt … im Rahmen der Anzeige gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung des Landratsamtes … … über die Regelung des Gemeingebrauchs an der … vom 4. April 2012 (nachfolgend „Kanu-VO“) der Veranstaltung genannten verantwortlichen Person

c) bei organisierten Bootsveranstaltungen durch die für die Veranstaltung verantwortliche Person/den Veranstalter unter genanntem Link abzufragen.

2. Leiteinrichtungen zur naturverträglichen Durchquerung von Flachwasserbereichen sind zu befolgen.

3. Diese Allgemeinverfügung tritt am 1. April 2017 in Kraft. Die öffentliche Bekanntgabe erfolgt durch Bekanntmachung im Amtsblatt des Landratsamtes …

4. Die sofortige Vollziehung der Allgemeinverfügung wird angeordnet.

5. Zuwiderhandlungen können mit einer Geldbuße bis zu 50.000,00 EUR geahndet werden.

6. Diese Allgemeinverfügung kann jederzeit widerrufen oder mit Nebenbestimmungen versehen werden.

7. Der Bescheid ist kostenfrei.

8. Die Allgemeinverfügung mit Begründung und Rechtsbehelf sowie die zugrundeliegende Stellungnahme der …können beim Landratsamt … …, …str., …, Sachbereich für Wasserrecht und Bodenschutz, Zimmer … während der allgemein geltenden Sprechzeiten eingesehen werden. Die Dokumente sind zudem unter http:/ … abrufbar.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Allgemeinverfügung diene dem Naturschutz, da die … im Bereich zwischen … und … als Natura 2000-Gebiet festgelegt sei. Auslöser der Allgemeinverfügung sei der extreme Niedrigwasserstand im Jahr 2015, von diesem Niedrigwasser habe sich die … im Winter 2015/2016 durch den trockenen Winter nur bedingt erholen können. Auch in Zukunft bestehe ein Trend zu heißen, trockenen Sommern sowie niederschlagsarmen Wintern. Gestützt wurde die Regelung des Gemeingebrauchs bzw. Vorgabe eines Mindestwasserstands auf Art. 18 Abs. 4 BayWG. Im streitgegenständlichen Bereich sei der Schutz des Lebensraumtyps 3260, Flüsse mit der Vegetation des Ranunculus fluitantes, und der Art. 1960 (Bachneunauge) und der Art. 1163 (Groppe) zu besorgen. Die vorgegebenen Mindestwasserstände gewährleisteten, dass erhebliche Beeinträchtigungen dieser Erhaltungsziele durch das Bootfahren nicht zu befürchten seien. Den Interessen der Bootfahrer bzw. des Gemeingebrauchs werde dadurch Rechnung getragen, dass die vorgegebenen Mindestpegelstände nur in extrem trockenen Jahren zu erheblichen Einschränkungen des Bootsbetriebs führten und nur ein Teilbereich des Flusses von der Allgemeinverfügung erfasst sei. Andere Mittel zur Einschränkung des Bootsbetriebs, die gleich effektiv seien, seien nicht ersichtlich.

Der verfügende Teil der Allgemeinverfügung wurde am 24. März 2017 im Amtsblatt des Landkreises … allgemein bekanntgemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass die vollständige Fassung mit Rechtsbehelfsbelehrung:im Landratsamt … sowie im Internet abrufbar sei. Weiter wurde, wie in der Langfassung, darauf hingewiesen, dass die zugrundeliegende Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde ebenfalls beim Landratsamt … bzw. im Internet nachgesehen werden könne.

Mit am 20. April 2017 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz ließ der … … gegen diese Allgemeinverfügung Klage erheben (AN 9 K 17.00754).

Mit Schriftsatz vom 3. August 2017 wurde an diesem Tag Klage erhoben für die … …Vereinigung und für deren Vorsitzenden … persönlich (AN 9 K 17.01518) und beantragt,

die Allgemeinverfügung des Landratsamtes … vom 20. März 2017 aufzuheben.

Zur Begründung wurde jeweils im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Klagen seien zulässig. Der Kläger zu 1 sei klagebefugt, weil er durch die Allgemeinverfügung möglicherweise in eigenen Rechten verletzt sei. Es sei möglicherweise die Vereinigungsfreiheit verletzt, da der Kläger zu 1) nach seiner Vereinssatzung den Kanusport in organisierter, kollektiver Form bezwecke und dabei auch gemeinsame Fahrten durchführe. Dies und nicht nur ein kollektives Befahrungsrecht sei durch die streitgegenständliche Allgemeinverfügung in nicht geringfügiger Weise betroffen. Man dürfe nicht nur die Einschränkung des Fahrens auf dem verfahrensgegenständlichen Flussabschnitt in den Blick nehmen, da bei einer derartigen Einzelbetrachtung auch in anderen Fällen der Rechtsschutz erschwert wäre, sondern auch die Gesamtwirkung einzelner Beschränkungen auf die Rechtsposition des Klägers zu 1. Auch der Kläger zu 2 sei klagebefugt, wobei sich die Ausführungen dazu im Wesentlichen mit den vorstehenden Ausführungen decken. Auch die … …Vereinigung führe gemeinsame Fahrten durch, insbesondere habe man vor Erlass der Allgemeinverfügung die … im Fahrtenprogramm gehabt. Die Klagen der Kläger zu 2 und 3 seien auch nicht verfristet, denn die Rechtsbehelfsbelehrung:der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung sei fehlerhaft, weil dort fälschlicherweise der Landkreis … und nicht der Freistaat Bayern (Landratsamt …*) als richtiger Beklagter ausgewiesen sei. Diese Rechtsmeinung entspreche auch der aktuellen Rechtsprechung des … Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 3.9.2009 - 4 BV 08.696). Die ältere Rechtsprechung des … Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Bezeichnung des falschen Beklagten unschädlich sei (BayVGH, B.v. 29.7.1998 - 6 CS 98.475) sei noch ohne Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergangen, wonach von § 58 Abs. 1 VwGO nicht verlangte Zusätze die Rechtsbehelfsbelehrung:fehlerhaft machten, wenn sie irreführend und geeignet seien, die Rechtsbehelfseinlegung zu erschweren (BVerwG, B.v. 27.8.1997 - 1 B 145.97).

Die Klage sei auch begründet. Hierzu wurde im Einzelnen vorgetragen.

Im Übrigen trugen die Kläger vor, es störe sie, dass sie in den Entscheidungsprozess zur Kanuverordnung nicht eingebunden worden seien. Zur Regulierung des Kanubetriebes hätte es intelligentere Lösungen als die Vorgabe eines Mindestpegelstandes gegeben. Zielgerichteter sei es beispielsweise, den Nutzerkreis zu regulieren. Im Gegensatz zu kommerziellen Nutzern, die oft Anfänger seien, seien die über den … … und die … …Vereinigung organisierten Fahrer in der Regel geübt und würden es vermögen, so zu fahren, dass die Natur geschont werde. Die Allgemeinverfügung belaste die Kläger gegenüber den kommerziellen Fahrern mit Booten der örtlichen Verleiher über Gebühr, weil die Kläger für die von Ihnen angebotenen Fahrten, zu denen Teilnehmer aus ganz Bayern kämen und die jährlich im Voraus angeboten würden, Planungssicherheit bräuchten. Da der Pegelstand nicht vorab absehbar sei, habe man die von der Allgemeinverfügung betroffene Strecke aus dem aktuellen Fahrtenprogramm gestrichen. Es sei insgesamt zu befürchten, dass landschaftlich reizvolle bayerische Flussabschnitte wie der verfahrensgegenständliche für den Kanusport in Zukunft nicht mehr zur Verfügung stünden. Insofern wurde eine Aufstellung der behördlichen Befahrungsregelungen auf … Flüssen vorgelegt (überwiegend ganzjährige Befahrungsverbote).

Hierauf erwiderte der Beklagte mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2017 und beantragte jeweils

Klageabweisung.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Allgemeinverfügung sei erforderlich gewesen, dies wurde näher ausgeführt.

In der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2018 wurde im Schwerpunkt zur Zulässigkeit der Klage verhandelt. Die Verwaltungsstreitsachen wurden zur weiteren Sachaufklärung vertagt.

In der Folge haben die Beteiligten einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

Wegen der Verzichtserklärungen der Parteien kann ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klagen sind unzulässig.

1. Die Klagen der Klägerin zu 2, der … …Vereinigung und des Klägers zu 3, … (AN 9 K 17.01518) sind verfristet und daher aus diesem Grund unzulässig.

Streitgegenstand ist die Aufhebung der Allgemeinverfügung des Beklagten vom 20. März 2017. Da es sich bei der Allgemeinverfügung um einen Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 2 VwVfG handelt, ist eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Die Klagefrist beträgt gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO einen Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts.

Die Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO bei unterbliebener oder unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung:kommt dagegen nicht zur Anwendung. Gemäß § 58 Abs. 1 muss im Rahmen der Rechtsbehelfsbelehrung:über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf einzulegen ist, dessen Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt werden. Dem trägt die Rechtsbehelfsbelehrung:der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung Rechnung. Zusätzlich ist in der Rechtsbehelfsbelehrung:jedoch der Hinweis enthalten, dass die Klage den Beklagten, den Landkreis … bezeichnen müsse. Richtiger Beklagter ist hier jedoch der Freistaat Bayern (Behörde: Landratsamt …*), da das Landratsamt vorliegend im Rahmen der Gewässeraufsicht gemäß Art. 58 Abs. 1 BayWG und damit als Staatsbehörde handelte, der Freistaat Bayern mithin nach Art. 37 Abs. 1 BayLKrO Rechtsträger des Landratsamtes ist.

Dieser Fehler ist jedoch unschädlich, die Rechtsbehelfsbelehrung:ist nicht im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO unrichtig. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Fehler bei Zusätzen zur Rechtsbehelfsbelehrung:, die über den Pflichtinhalt des § 58 Abs. 1 VwGO hinausgehen, nur beachtlich, wenn sie irreführend und geeignet sind, die Einlegung des Rechtsbehelfs zu erschweren (BVerwG, B.v. 27.8.1997 - 1 B 145/97). Dies ist bei der Angabe des Landkreises als Beklagten anstatt des richtigen Beklagten, des Freistaats Bayern, nicht der Fall. Die Einlegung einer Klage wird dadurch nicht erschwert, denn für eine Klage gegen den Landkreis gelten die gleichen formalen Anforderungen wie bei einer Klage gegen den Freistaat Bayern. Auch für die Motivation zu einer Klage gegen die öffentliche Hand ist kein Unterschied vorgetragen oder ersichtlich, wenn anstatt des Freistaats Bayern der Landkreis als richtiger Beklagter bezeichnet ist, da es dem Kläger um die Aufhebung der streitgegenständlichen Maßnahme gehen wird und nicht anzunehmen ist, dass ein etwaiger Kläger von einer Klage dadurch abgeschreckt würde. Die Einlegung der Klage ist auch nicht dadurch erschwert, dass die streitgegenständliche Rechtsbehelfsbelehrung:möglicherweise und fälschlicherweise zu einer Klage gegen den Landkreis verleiten könnte. Dies führt nicht zu Nachteilen für die Rechtsverfolgung, weil das Gericht auf diesen Fehler gemäß § 86 Abs. 3 VwGO hinweisen würde und eine Umstellung der Klage auf den richtigen Beklagten fristungebunden zulässig wäre. Die darin zu erblickende Klageänderung wäre gemäß § 91 Abs. 1 VwGO jedenfalls sachdienlich und die Klagefrist wird bei einem Beklagtenwechsel nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht neu ausgelöst, da es bei dem ursprünglichem Streitgegenstand, der maßgeblich durch den angefochtenen Verwaltungsakt bestimmt wird, bleibt und der richtige Beklagte in einem solchen Fall auch nicht schützenswert ist (BVerwG, B.v. 20.1.1993 - 7 B 158.92). Die Einlegung der Klage ist auch nicht im Hinblick auf eine mögliche Unsicherheit über den richtigen Beklagten und daraus resultierende Überlegungen erschwert. Da unabhängig von der Frage des Rechtsträgers die handelnde Behörde immer das Landratsamt ist, kann bei Unsicherheiten immer darauf zurückgegriffen werden, dass gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zur Bezeichnung des Beklagten die Angabe der Behörde genügt, wie auch sowohl im Verfahren AN 9 K 17.01518 als auch im Verfahren AN 9 K 17.00754 (die Klage wurde hier innerhalb der Monatsfrist erhoben) geschehen. Die Monatsfrist kann daher auch bei Unsicherheiten immer eingehalten werden. Die Kammer folgt daher hinsichtlich der Rechtsfolgen der Fehlerhaftigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung:durch Angabe des falschen Beklagten im Ergebnis der Rechtsprechung des 6. Senats des BayVGH (B.v. 29.7.1998 - 6 CS 98.475), welche bereits die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 58 VwGO berücksichtigt und nicht der Rechtsprechung des 4. Senats des BayVGH (U.v. 3.9.2009 - 4 BV 08.696).

Die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO beginnt mit der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes, hier der Allgemeinverfügung. Diese durfte richtigerweise gemäß Art. 41 Abs. 3 Satz 2 VwVfG öffentlich bekanntgegeben werden, da eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist, wenn wie hier die Zahl und die Identität der von dem Befahrungsverbot potentiell Betroffenen unbekannt und auch nicht zu ermitteln ist. Die Allgemeinverfügung wurde hier ortsüblich im Amtsblatt des Landkreises … vom 24. März 2017 bekannt gemacht gemäß Art. 41 Abs. 4 Satz 1 VwVfG. Diese ortsübliche Bekanntgabe ist auch dann ausreichend und damit zulässig, wenn hier eine unbekannte Zahl von Paddlern außerhalb des Verbreitungsgebiets des Amtsblatts, also außerhalb des Landkreises …, potentiell von der Regelung betroffen ist, da es sich um eine Regelung eines örtlichen Sachverhalts, nämlich des Kanufahrens auf Teilstrecken der … in diesem Bereich, handelt. Damit galt die Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben gemäß Art. 41 Abs. 4 Satz 3 VwVfG. Die Klagerhebung für die Klägerin zu 2 und den Kläger zu 3 am 3. August 2017 erfolgte daher weit außerhalb der Klagefrist. Im Übrigen wurde wegen der Versäumung der Klagefrist weder ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt noch sind Wiedereinsetzungsgründe ersichtlich.

2. Die Klage des Klägers zu 1 (AN 9 K 17.00754) erfolgte fristgerecht.

Der Klage fehlt es jedoch an der gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis. Danach muss der Kläger geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Das bedeutet, dass eine Verletzung von eigenen Rechten zumindest als möglich erscheinen muss. Es muss zumindest möglich sein, dass der Kläger vom sachlichen und personellen Schutzbereich einer ihn selbst begünstigenden Norm erfasst ist. Die Prüfung der Rechtsverletzung selbst ist eine Frage der Begründetheit (hierzu Schoch/Schneider/Bier, § 42 VwGO, Rn. 69 m.w.N.). Beruft sich der Kläger auf grundrechtliche Rechtspositionen, ist zumindest die Möglichkeit eines Eingriffs in den Schutzbereich erforderlich. Dies setzt bei mittelbar faktischen Beeinträchtigungen eine gewisse Beeinträchtigungsschwere voraus (Beck’scher Online-Kommentar VwGO, § 42, Rn. 190 ff. m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben ist der Kläger zu 1) nicht klagebefugt (vgl. insoweit auch VG Gießen, B.v. 20.8.2012 - 1 L 1048/12.GI, das die Antragsbefugnis des hessischen Kanuverbandes gegen die Untersagung der Nutzung zweier Flussabschnitte aus artenschutzrechtlichen Gründen verneinte).

Der Kläger zu 1 kann sich nur auf eigene Rechte berufen. Eine Berufung auf die Rechte der Mitgliedsverbände bzw. deren Mitglieder kommt nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für das Institut der gewillkürten Prozessstandschaft im Verwaltungsprozessrecht anders als im Zivilprozessrecht angesichts der Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO kein Raum (BVerwG, U.v. 26.10.1995 - 3 C 27/94).

Eine Verletzung der in Betracht kommenden eigenen Rechtspositionen erscheint jedoch nicht möglich.

Der Kläger kann sich insoweit nicht auf das einfachrechtliche Rechtsinstitut des Gemeingebrauchs nach § 25 WHG und Art. 18 BayWG berufen. Nach diesen Vorschriften darf jede Person oberirdische Gewässer zum Gemeingebrauch, insbesondere zum Befahren mit kleinen Fahrzeugen ohne eigene Triebkraft benutzen. Mit Person ist damit jedoch nur eine natürliche Person gemeint. Schließlich geht es bei der erlaubnisfreien Gestattung des Gemeingebrauchs darum, dem Freiheitsdrang des Einzelnen Raum zu geben (Beck’scher Online-Kommentar Umweltrecht, § 25 WHG, Rn. 1 ff.). Juristische Personen sind damit nicht gemeint, da eine juristische Person das geschützte Verhalten, also das Befahren eines Gewässers mit Booten schlechthin nicht ausüben kann, denn fahren kann nur ein Mensch.

Aus den gleichen Gründen kann sich der Kläger zu 1 nicht auf das Recht auf Naturgenuss gemäß Art. 141 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung berufen. Danach ist jedermann der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Befahren der Gewässer, gestattet. Art. 141 Abs. 3 BV bezweckt damit den Schutz des Erholungssuchenden, damit kann nur ein Mensch gemeint sein (BayVGH, U.v. 11.6.1975 - 4 IX 74).

Auch aus dem Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG resultiert keine Klagebefugnis. Im Hinblick auf den Kläger zu 1 erscheint ein Eingriff in den Schutzbereich insoweit nicht möglich. Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit, sich zu Vereinigungen des privaten Rechts zusammen zu schließen. Geschützt ist vereinsspezifisches Verhalten wie die Vereinsorganisation und die Führung der Vereinsgeschäfte sowie die Existenz des Vereins, mithin der Kernbereich des Vereinsbestandes und der Vereinstätigkeit. Nicht vereinsspezifische Tätigkeiten, also solche, die ihrem Gegenstand nach auch von natürlichen Personen ausgeübt werden können, sind nicht von der Vereinigungsfreiheit geschützt, sie bleiben dem jeweils sachlich einschlägigen Grundrecht zugeordnet. Ein Verhalten, welches einzeln betrieben werden kann, soll durch die Tatsache, dass es in Gemeinschaft betrieben wird, nicht stärkeren grundrechtlichen Schutz erhalten, ein gemeinsam verfolgter (Vereins-)Zweck genießt keinen weitergehenden Schutz als ein individuell verfolgtes Interesse (BVerfG, st. Rspr., zuletzt B.v. 24.9.2014 - 1 BvR 3017/11). Bei staatlichen Beschränkungen gegen das betreffende Verhalten, etwa das Kanufahren auf Flüssen, müssen sich daher die einzelnen Mitglieder gegen derartige Beschränkungen wenden. Damit kommt ein Eingriff in den Schutzbereich im Hinblick auf den Aspekt eines kollektiven Befahrens nicht in Betracht. Auch ein Eingriff in den Schutzbereich im Hinblick auf die Verfolgung des Satzungszwecks des Klägers zu 1, die Durchführung gemeinsamer Wettkämpfe sowie das Angebot von Fahrten (§ 3 Abs. 3 der Satzung des Klägers zu 1), kommt nicht in Betracht. Es ist schon fraglich, ob die Verfolgung des Satzungszweckes in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 GG fällt, da der geschützte Kernbereich der Vereinstätigkeit wohl nur die Sicherung der Existenz und Funktionsfähigkeit umfasst (Beck’scher Online-Kommentar, Art. 9 GG, Rn. 12). Zumindest ist ein Eingriff in den Schutzbereich nicht gegeben, da die streitgegenständliche Allgemeinverfügung, anders als die Kanu-Verordnung des Beklagten nicht an kollektives Befahren bzw. die Organisation derartiger Fahrten anknüpft. Sie verbietet weder das Durchführen organisierter Fahrten noch beschränkt sie die Anzahl der Boote. Das Befahrungsverbot bei Unterschreiten eines bestimmten Pegelstandes gilt vielmehr für alle Kanufahrer. Auswirkungen dieses allgemeinen Befahrungsverbotes auf den Satzungszweck, die den Kernbereich der Vereinstätigkeit betreffen könnten, sind nicht gegeben. Denn im Gegensatz zur Klägerin zu 2 hat der Kläger zu 1 nicht geltend gemacht, im Geltungsbereich der Allgemeinverfügung Fahrten anzubieten, die nun nicht mehr durchgeführt werden könnten. Eine mögliche Beeinträchtigung durch das Befahrungsverbot für die Klägerin zu 2, eines Teilverbandes der Klägerin zu 1 ist für sich genommen, zu geringfügig, um einen Grundrechtseingriff als möglich erscheinen zu lassen und kann daher auch nicht auf den Dachverband, den Kläger zu 1, durchschlagen. Eine hier allenfalls in Rede stehende indirekte Beeinträchtigung organisierter Fahrten oder der Vereinstätigkeit durch ein allgemeines Befahrungsverbot erreicht nur dann die Qualität eines Grundrechtseingriffs, wenn sie ein gewisses Gewicht hat (Beck’scher Online-Kommentar, Art. 9 GG, Rn. 17). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung betrifft nur einen Teilbereich der … und greift nur bei Unterschreitung der Pegelgrenzen. Die Klägerin zu 2 hat es ausweislich des im Internet abrufbaren Fahrtenprogramms 2017 vermocht, auch ohne auf diesen Streckenabschnitt zurück zu greifen, ein umfangreiches Fahrtenprogramm anzubieten. Bei entsprechender Beobachtung der Pegelstände und bei entsprechender Organisation erscheint auch eine Befahrung des betroffenen Streckenabschnitts im Rahmen von Fahrten nicht ausgeschlossen. Eine Beeinträchtigung ist auch nicht im Hinblick auf den klägerischen Vortrag gegeben, das Befahrungsverbot sei deswegen gravierend, weil bayernweit bereits Beschränkungen bestünden bzw. drohen, man sich zur Vermeidung von Summationseffekten also auch im Einzelfall zur Wehr setzen können müsse, gegeben. Es wurde insoweit in der mündlichen Verhandlung eine Aufstellung zu Befahrungsregelungen (häufig Befahrungsverbote unabhängig vom Pegelstand) auf reizvollen Strecken auf bayerischen Flüssen übergeben. Die klägerischen Befürchtungen sind daher bereits eingetreten, dennoch hat die Klägerin zu 2 es vermocht, ein umfangreiches Fahrtenprogramm anzubieten.

Der Kläger zu 1 ist daher im Hinblick auf Art. 9 Abs. 1 GG nicht klagebefugt.

Aus denselben Gründen besteht auch keine Klagebefugnis im Hinblick auf die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Da der Regelungsbereich von Art. 9 Abs. 1 GG betroffen ist, diese Vorschrift jedoch dem Kläger zu 1 keinen Schutz vermittelt, scheidet ein Schutz über das Auffanggrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG aus. Die Kammer schließt sich daher nicht der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 9.3.2017 - 4 C 328/16.N) an, welcher auf Grundlage von Art. 2 Abs. 1 GG eine Antragsbefugnis des Hessischen …es gegen eine Landschaftsschutzverordnung, welche das Befahren eines Flusses untersagte, auf dem der Verband eine Prüfung abhielt, bejahte.

3. Die Klagen waren daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

4. Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klagen richten sich gegen eine Allgemeinverfügung des Beklagten vom 20. März 2017, in der u.a. verfügt wurde, dass das Befahren der … mit Booten ohne eigene Triebkraft (Kajaks, Kanus, Canadier, Schlauchkajaks und -canadier) auf der … im Gewässerabschnitt von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand am Vortag von mindestens 130 cm des Pegels … und von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand am Vortag von mindestens 126 cm zulässig ist.

Der Kläger zu 1, der …, ist ein Verband, der die … Kanu-Vereine, Kanu-Abteilungen und Kanusportler vertritt. Die Klägerin zu 2, die …, ist ein Zusammenschluss von Einzelsportlern und zugleich Mitglied im … … Der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 bieten ein Veranstaltungsprogramm an, wobei der Schwerpunkt des Angebots des Klägers zu 1 im Wettkampf- und Ausbildungsbereich liegt, der der Klägerin zu 2 im Angebot von (Freizeit-)Fahrten. Der Kläger zu 3 ist aktiver Kanufahrer, der die … im streitgegenständlichen Flussabschnitt befährt und zudem Erster Vorsitzender des Klägers zu 2 sowie beim Kläger zu 1 ausweislich des Internetauftritts Ressortleiter für Umwelt und Gewässer.

Das Befahren der … mit Paddelbooten, insbesondere Kanus und Kajaks, wird im Landkreis … … seit längerer Zeit betrieben. Zur Regulierung dieses nach dem Wasserrecht an sich zulässigen Gemeingebrauchs erließ das Landratsamt … am 4. April 2012 eine Verordnung (Kanuverordnung). Darin ist vorgesehen, dass organisierte Bootsveranstaltungen mit mehr als zehn Booten verboten sind. Zudem ist das Befahren mit Booten auf die Tagzeit beschränkt. Weiterhin ist das Befahren im Oberlauf der …, von … bis … nur vom 1. Juli bis zum 31. Oktober jeden Jahres zulässig. Die Strecke von … bis …, die ebenfalls von der Verordnung erfasst ist, kann dagegen ganzjährig befahren werden.

Nachdem wegen des trockenen Sommers 2015 Niedrigwasser auf der … herrschte und an das Landratsamt (nicht dokumentierte) Beschwerden aus der Bevölkerung herangetragen wurden, dass der freizeitbedingte Kanubetrieb auf Grund des Niedrigwassers in einigen Abschnitten zu massiven Schäden an der Gewässervegetation, vor allem am Wasserhahnenfuß und an den Sand- und Kiesbänken im Gewässer geführt habe, erging am 11. April 2016 eine erste Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes … mit dem Ziel des Erlasses einer Allgemeinverfügung zur wasserstandsbezogenen Regelung des Kanubetriebes auf der … zwischen den Einstiegen … und … Im weiteren Verlauf wurden weitere Stellungnahmen der Unteren Naturschutzbehörde angefertigt, die die vorgesehene Allgemeinverfügung aus fachlicher Sicht begründeten und sich mit den Einwendungen der örtlichen Bootsverleiher auseinander setzten.

Mit Schreiben vom 10. Februar 2017 wurden für den … …, den Kläger zu 1, durch den Prozessbevollmächtigten umfangreiche Einwendungen gegen die geplante Allgemeinverfügung erhoben, die im Wesentlichen mit der Klage wiederholt wurden. Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass die Kausalität zwischen dem Kanufahren und den behaupteten Schäden nicht bewiesen sei, insofern wären auch andere Faktoren denkbar. Der Zusammenhang zwischen den Schutzzielen und den Wasserständen sei nicht nachvollziehbar. Ebenfalls nicht nachvollziehbar sei die Ermittlung der Mindestwasserstände wie die ermittelten Eintauchtiefen für Paddel bzw. Kanus, die zur Begründung des Mindestpegelstandes herangezogen worden seien. Die Allgemeinverfügung führe in ihrer vorgeschlagenen Fassung zu einer erheblichen Einschränkung des Gemeingebrauchs. Vorzugswürdig wäre es, die kommerzielle Nutzung zu begrenzen.

Mit der abschließenden Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 13. März 2017 wurden die fachlichen Erkenntnisse zusammengefasst und die Begründung der dann getroffenen streitgegenständlichen Allgemeinverfügung aus fachlicher Sicht erstellt.

Am 20. März 2017 erging die streitgegenständliche Allgemeinverfügung mit folgenden Regelungen:

„1. Das Befahren der … mit Booten ohne eigene Triebkraft (Kajaks, Kanus, Canadier, Schlauchkajaks und -canadier) ist im Gewässerabschnitt von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand des Vortages von mindestens 130 cm des Pegels … und von … bis … erst ab einem mittleren Pegelstand des Vortages von mindestens 126 cm des Pegels … gestattet.“

Der für die Sperrung maßgebliche Wasserstand an diesem Pegel ist im Internet über die Homepage des Hochwassernachrichtendienstes abzurufen.

(…) (…)

Der geltende Pegelstand ist spätestens vor dem Einstieg

a) bei privaten Bootstouren durch den Kanufahrer

b) bei gewerblichen Bootsveranstaltungen durch die bei der gegenüber dem Landratsamt … im Rahmen der Anzeige gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung des Landratsamtes … … über die Regelung des Gemeingebrauchs an der … vom 4. April 2012 (nachfolgend „Kanu-VO“) der Veranstaltung genannten verantwortlichen Person

c) bei organisierten Bootsveranstaltungen durch die für die Veranstaltung verantwortliche Person/den Veranstalter unter genanntem Link abzufragen.

2. Leiteinrichtungen zur naturverträglichen Durchquerung von Flachwasserbereichen sind zu befolgen.

3. Diese Allgemeinverfügung tritt am 1. April 2017 in Kraft. Die öffentliche Bekanntgabe erfolgt durch Bekanntmachung im Amtsblatt des Landratsamtes …

4. Die sofortige Vollziehung der Allgemeinverfügung wird angeordnet.

5. Zuwiderhandlungen können mit einer Geldbuße bis zu 50.000,00 EUR geahndet werden.

6. Diese Allgemeinverfügung kann jederzeit widerrufen oder mit Nebenbestimmungen versehen werden.

7. Der Bescheid ist kostenfrei.

8. Die Allgemeinverfügung mit Begründung und Rechtsbehelf sowie die zugrundeliegende Stellungnahme der …können beim Landratsamt … …, …str., …, Sachbereich für Wasserrecht und Bodenschutz, Zimmer … während der allgemein geltenden Sprechzeiten eingesehen werden. Die Dokumente sind zudem unter http:/ … abrufbar.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Allgemeinverfügung diene dem Naturschutz, da die … im Bereich zwischen … und … als Natura 2000-Gebiet festgelegt sei. Auslöser der Allgemeinverfügung sei der extreme Niedrigwasserstand im Jahr 2015, von diesem Niedrigwasser habe sich die … im Winter 2015/2016 durch den trockenen Winter nur bedingt erholen können. Auch in Zukunft bestehe ein Trend zu heißen, trockenen Sommern sowie niederschlagsarmen Wintern. Gestützt wurde die Regelung des Gemeingebrauchs bzw. Vorgabe eines Mindestwasserstands auf Art. 18 Abs. 4 BayWG. Im streitgegenständlichen Bereich sei der Schutz des Lebensraumtyps 3260, Flüsse mit der Vegetation des Ranunculus fluitantes, und der Art. 1960 (Bachneunauge) und der Art. 1163 (Groppe) zu besorgen. Die vorgegebenen Mindestwasserstände gewährleisteten, dass erhebliche Beeinträchtigungen dieser Erhaltungsziele durch das Bootfahren nicht zu befürchten seien. Den Interessen der Bootfahrer bzw. des Gemeingebrauchs werde dadurch Rechnung getragen, dass die vorgegebenen Mindestpegelstände nur in extrem trockenen Jahren zu erheblichen Einschränkungen des Bootsbetriebs führten und nur ein Teilbereich des Flusses von der Allgemeinverfügung erfasst sei. Andere Mittel zur Einschränkung des Bootsbetriebs, die gleich effektiv seien, seien nicht ersichtlich.

Der verfügende Teil der Allgemeinverfügung wurde am 24. März 2017 im Amtsblatt des Landkreises … allgemein bekanntgemacht. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass die vollständige Fassung mit Rechtsbehelfsbelehrung:im Landratsamt … sowie im Internet abrufbar sei. Weiter wurde, wie in der Langfassung, darauf hingewiesen, dass die zugrundeliegende Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde ebenfalls beim Landratsamt … bzw. im Internet nachgesehen werden könne.

Mit am 20. April 2017 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz ließ der … … gegen diese Allgemeinverfügung Klage erheben (AN 9 K 17.00754).

Mit Schriftsatz vom 3. August 2017 wurde an diesem Tag Klage erhoben für die … …Vereinigung und für deren Vorsitzenden … persönlich (AN 9 K 17.01518) und beantragt,

die Allgemeinverfügung des Landratsamtes … vom 20. März 2017 aufzuheben.

Zur Begründung wurde jeweils im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Klagen seien zulässig. Der Kläger zu 1 sei klagebefugt, weil er durch die Allgemeinverfügung möglicherweise in eigenen Rechten verletzt sei. Es sei möglicherweise die Vereinigungsfreiheit verletzt, da der Kläger zu 1) nach seiner Vereinssatzung den Kanusport in organisierter, kollektiver Form bezwecke und dabei auch gemeinsame Fahrten durchführe. Dies und nicht nur ein kollektives Befahrungsrecht sei durch die streitgegenständliche Allgemeinverfügung in nicht geringfügiger Weise betroffen. Man dürfe nicht nur die Einschränkung des Fahrens auf dem verfahrensgegenständlichen Flussabschnitt in den Blick nehmen, da bei einer derartigen Einzelbetrachtung auch in anderen Fällen der Rechtsschutz erschwert wäre, sondern auch die Gesamtwirkung einzelner Beschränkungen auf die Rechtsposition des Klägers zu 1. Auch der Kläger zu 2 sei klagebefugt, wobei sich die Ausführungen dazu im Wesentlichen mit den vorstehenden Ausführungen decken. Auch die … …Vereinigung führe gemeinsame Fahrten durch, insbesondere habe man vor Erlass der Allgemeinverfügung die … im Fahrtenprogramm gehabt. Die Klagen der Kläger zu 2 und 3 seien auch nicht verfristet, denn die Rechtsbehelfsbelehrung:der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung sei fehlerhaft, weil dort fälschlicherweise der Landkreis … und nicht der Freistaat Bayern (Landratsamt …*) als richtiger Beklagter ausgewiesen sei. Diese Rechtsmeinung entspreche auch der aktuellen Rechtsprechung des … Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 3.9.2009 - 4 BV 08.696). Die ältere Rechtsprechung des … Verwaltungsgerichtshofs, wonach die Bezeichnung des falschen Beklagten unschädlich sei (BayVGH, B.v. 29.7.1998 - 6 CS 98.475) sei noch ohne Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergangen, wonach von § 58 Abs. 1 VwGO nicht verlangte Zusätze die Rechtsbehelfsbelehrung:fehlerhaft machten, wenn sie irreführend und geeignet seien, die Rechtsbehelfseinlegung zu erschweren (BVerwG, B.v. 27.8.1997 - 1 B 145.97).

Die Klage sei auch begründet. Hierzu wurde im Einzelnen vorgetragen.

Im Übrigen trugen die Kläger vor, es störe sie, dass sie in den Entscheidungsprozess zur Kanuverordnung nicht eingebunden worden seien. Zur Regulierung des Kanubetriebes hätte es intelligentere Lösungen als die Vorgabe eines Mindestpegelstandes gegeben. Zielgerichteter sei es beispielsweise, den Nutzerkreis zu regulieren. Im Gegensatz zu kommerziellen Nutzern, die oft Anfänger seien, seien die über den … … und die … …Vereinigung organisierten Fahrer in der Regel geübt und würden es vermögen, so zu fahren, dass die Natur geschont werde. Die Allgemeinverfügung belaste die Kläger gegenüber den kommerziellen Fahrern mit Booten der örtlichen Verleiher über Gebühr, weil die Kläger für die von Ihnen angebotenen Fahrten, zu denen Teilnehmer aus ganz Bayern kämen und die jährlich im Voraus angeboten würden, Planungssicherheit bräuchten. Da der Pegelstand nicht vorab absehbar sei, habe man die von der Allgemeinverfügung betroffene Strecke aus dem aktuellen Fahrtenprogramm gestrichen. Es sei insgesamt zu befürchten, dass landschaftlich reizvolle bayerische Flussabschnitte wie der verfahrensgegenständliche für den Kanusport in Zukunft nicht mehr zur Verfügung stünden. Insofern wurde eine Aufstellung der behördlichen Befahrungsregelungen auf … Flüssen vorgelegt (überwiegend ganzjährige Befahrungsverbote).

Hierauf erwiderte der Beklagte mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2017 und beantragte jeweils

Klageabweisung.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Allgemeinverfügung sei erforderlich gewesen, dies wurde näher ausgeführt.

In der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2018 wurde im Schwerpunkt zur Zulässigkeit der Klage verhandelt. Die Verwaltungsstreitsachen wurden zur weiteren Sachaufklärung vertagt.

In der Folge haben die Beteiligten einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

Wegen der Verzichtserklärungen der Parteien kann ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klagen sind unzulässig.

1. Die Klagen der Klägerin zu 2, der … …Vereinigung und des Klägers zu 3, … (AN 9 K 17.01518) sind verfristet und daher aus diesem Grund unzulässig.

Streitgegenstand ist die Aufhebung der Allgemeinverfügung des Beklagten vom 20. März 2017. Da es sich bei der Allgemeinverfügung um einen Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 2 VwVfG handelt, ist eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Die Klagefrist beträgt gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO einen Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts.

Die Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO bei unterbliebener oder unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung:kommt dagegen nicht zur Anwendung. Gemäß § 58 Abs. 1 muss im Rahmen der Rechtsbehelfsbelehrung:über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf einzulegen ist, dessen Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt werden. Dem trägt die Rechtsbehelfsbelehrung:der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung Rechnung. Zusätzlich ist in der Rechtsbehelfsbelehrung:jedoch der Hinweis enthalten, dass die Klage den Beklagten, den Landkreis … bezeichnen müsse. Richtiger Beklagter ist hier jedoch der Freistaat Bayern (Behörde: Landratsamt …*), da das Landratsamt vorliegend im Rahmen der Gewässeraufsicht gemäß Art. 58 Abs. 1 BayWG und damit als Staatsbehörde handelte, der Freistaat Bayern mithin nach Art. 37 Abs. 1 BayLKrO Rechtsträger des Landratsamtes ist.

Dieser Fehler ist jedoch unschädlich, die Rechtsbehelfsbelehrung:ist nicht im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO unrichtig. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Fehler bei Zusätzen zur Rechtsbehelfsbelehrung:, die über den Pflichtinhalt des § 58 Abs. 1 VwGO hinausgehen, nur beachtlich, wenn sie irreführend und geeignet sind, die Einlegung des Rechtsbehelfs zu erschweren (BVerwG, B.v. 27.8.1997 - 1 B 145/97). Dies ist bei der Angabe des Landkreises als Beklagten anstatt des richtigen Beklagten, des Freistaats Bayern, nicht der Fall. Die Einlegung einer Klage wird dadurch nicht erschwert, denn für eine Klage gegen den Landkreis gelten die gleichen formalen Anforderungen wie bei einer Klage gegen den Freistaat Bayern. Auch für die Motivation zu einer Klage gegen die öffentliche Hand ist kein Unterschied vorgetragen oder ersichtlich, wenn anstatt des Freistaats Bayern der Landkreis als richtiger Beklagter bezeichnet ist, da es dem Kläger um die Aufhebung der streitgegenständlichen Maßnahme gehen wird und nicht anzunehmen ist, dass ein etwaiger Kläger von einer Klage dadurch abgeschreckt würde. Die Einlegung der Klage ist auch nicht dadurch erschwert, dass die streitgegenständliche Rechtsbehelfsbelehrung:möglicherweise und fälschlicherweise zu einer Klage gegen den Landkreis verleiten könnte. Dies führt nicht zu Nachteilen für die Rechtsverfolgung, weil das Gericht auf diesen Fehler gemäß § 86 Abs. 3 VwGO hinweisen würde und eine Umstellung der Klage auf den richtigen Beklagten fristungebunden zulässig wäre. Die darin zu erblickende Klageänderung wäre gemäß § 91 Abs. 1 VwGO jedenfalls sachdienlich und die Klagefrist wird bei einem Beklagtenwechsel nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht neu ausgelöst, da es bei dem ursprünglichem Streitgegenstand, der maßgeblich durch den angefochtenen Verwaltungsakt bestimmt wird, bleibt und der richtige Beklagte in einem solchen Fall auch nicht schützenswert ist (BVerwG, B.v. 20.1.1993 - 7 B 158.92). Die Einlegung der Klage ist auch nicht im Hinblick auf eine mögliche Unsicherheit über den richtigen Beklagten und daraus resultierende Überlegungen erschwert. Da unabhängig von der Frage des Rechtsträgers die handelnde Behörde immer das Landratsamt ist, kann bei Unsicherheiten immer darauf zurückgegriffen werden, dass gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zur Bezeichnung des Beklagten die Angabe der Behörde genügt, wie auch sowohl im Verfahren AN 9 K 17.01518 als auch im Verfahren AN 9 K 17.00754 (die Klage wurde hier innerhalb der Monatsfrist erhoben) geschehen. Die Monatsfrist kann daher auch bei Unsicherheiten immer eingehalten werden. Die Kammer folgt daher hinsichtlich der Rechtsfolgen der Fehlerhaftigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung:durch Angabe des falschen Beklagten im Ergebnis der Rechtsprechung des 6. Senats des BayVGH (B.v. 29.7.1998 - 6 CS 98.475), welche bereits die maßgebliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 58 VwGO berücksichtigt und nicht der Rechtsprechung des 4. Senats des BayVGH (U.v. 3.9.2009 - 4 BV 08.696).

Die Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO beginnt mit der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes, hier der Allgemeinverfügung. Diese durfte richtigerweise gemäß Art. 41 Abs. 3 Satz 2 VwVfG öffentlich bekanntgegeben werden, da eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist, wenn wie hier die Zahl und die Identität der von dem Befahrungsverbot potentiell Betroffenen unbekannt und auch nicht zu ermitteln ist. Die Allgemeinverfügung wurde hier ortsüblich im Amtsblatt des Landkreises … vom 24. März 2017 bekannt gemacht gemäß Art. 41 Abs. 4 Satz 1 VwVfG. Diese ortsübliche Bekanntgabe ist auch dann ausreichend und damit zulässig, wenn hier eine unbekannte Zahl von Paddlern außerhalb des Verbreitungsgebiets des Amtsblatts, also außerhalb des Landkreises …, potentiell von der Regelung betroffen ist, da es sich um eine Regelung eines örtlichen Sachverhalts, nämlich des Kanufahrens auf Teilstrecken der … in diesem Bereich, handelt. Damit galt die Allgemeinverfügung zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben gemäß Art. 41 Abs. 4 Satz 3 VwVfG. Die Klagerhebung für die Klägerin zu 2 und den Kläger zu 3 am 3. August 2017 erfolgte daher weit außerhalb der Klagefrist. Im Übrigen wurde wegen der Versäumung der Klagefrist weder ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt noch sind Wiedereinsetzungsgründe ersichtlich.

2. Die Klage des Klägers zu 1 (AN 9 K 17.00754) erfolgte fristgerecht.

Der Klage fehlt es jedoch an der gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis. Danach muss der Kläger geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Das bedeutet, dass eine Verletzung von eigenen Rechten zumindest als möglich erscheinen muss. Es muss zumindest möglich sein, dass der Kläger vom sachlichen und personellen Schutzbereich einer ihn selbst begünstigenden Norm erfasst ist. Die Prüfung der Rechtsverletzung selbst ist eine Frage der Begründetheit (hierzu Schoch/Schneider/Bier, § 42 VwGO, Rn. 69 m.w.N.). Beruft sich der Kläger auf grundrechtliche Rechtspositionen, ist zumindest die Möglichkeit eines Eingriffs in den Schutzbereich erforderlich. Dies setzt bei mittelbar faktischen Beeinträchtigungen eine gewisse Beeinträchtigungsschwere voraus (Beck’scher Online-Kommentar VwGO, § 42, Rn. 190 ff. m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben ist der Kläger zu 1) nicht klagebefugt (vgl. insoweit auch VG Gießen, B.v. 20.8.2012 - 1 L 1048/12.GI, das die Antragsbefugnis des hessischen Kanuverbandes gegen die Untersagung der Nutzung zweier Flussabschnitte aus artenschutzrechtlichen Gründen verneinte).

Der Kläger zu 1 kann sich nur auf eigene Rechte berufen. Eine Berufung auf die Rechte der Mitgliedsverbände bzw. deren Mitglieder kommt nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für das Institut der gewillkürten Prozessstandschaft im Verwaltungsprozessrecht anders als im Zivilprozessrecht angesichts der Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO kein Raum (BVerwG, U.v. 26.10.1995 - 3 C 27/94).

Eine Verletzung der in Betracht kommenden eigenen Rechtspositionen erscheint jedoch nicht möglich.

Der Kläger kann sich insoweit nicht auf das einfachrechtliche Rechtsinstitut des Gemeingebrauchs nach § 25 WHG und Art. 18 BayWG berufen. Nach diesen Vorschriften darf jede Person oberirdische Gewässer zum Gemeingebrauch, insbesondere zum Befahren mit kleinen Fahrzeugen ohne eigene Triebkraft benutzen. Mit Person ist damit jedoch nur eine natürliche Person gemeint. Schließlich geht es bei der erlaubnisfreien Gestattung des Gemeingebrauchs darum, dem Freiheitsdrang des Einzelnen Raum zu geben (Beck’scher Online-Kommentar Umweltrecht, § 25 WHG, Rn. 1 ff.). Juristische Personen sind damit nicht gemeint, da eine juristische Person das geschützte Verhalten, also das Befahren eines Gewässers mit Booten schlechthin nicht ausüben kann, denn fahren kann nur ein Mensch.

Aus den gleichen Gründen kann sich der Kläger zu 1 nicht auf das Recht auf Naturgenuss gemäß Art. 141 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung berufen. Danach ist jedermann der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Befahren der Gewässer, gestattet. Art. 141 Abs. 3 BV bezweckt damit den Schutz des Erholungssuchenden, damit kann nur ein Mensch gemeint sein (BayVGH, U.v. 11.6.1975 - 4 IX 74).

Auch aus dem Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG resultiert keine Klagebefugnis. Im Hinblick auf den Kläger zu 1 erscheint ein Eingriff in den Schutzbereich insoweit nicht möglich. Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit, sich zu Vereinigungen des privaten Rechts zusammen zu schließen. Geschützt ist vereinsspezifisches Verhalten wie die Vereinsorganisation und die Führung der Vereinsgeschäfte sowie die Existenz des Vereins, mithin der Kernbereich des Vereinsbestandes und der Vereinstätigkeit. Nicht vereinsspezifische Tätigkeiten, also solche, die ihrem Gegenstand nach auch von natürlichen Personen ausgeübt werden können, sind nicht von der Vereinigungsfreiheit geschützt, sie bleiben dem jeweils sachlich einschlägigen Grundrecht zugeordnet. Ein Verhalten, welches einzeln betrieben werden kann, soll durch die Tatsache, dass es in Gemeinschaft betrieben wird, nicht stärkeren grundrechtlichen Schutz erhalten, ein gemeinsam verfolgter (Vereins-)Zweck genießt keinen weitergehenden Schutz als ein individuell verfolgtes Interesse (BVerfG, st. Rspr., zuletzt B.v. 24.9.2014 - 1 BvR 3017/11). Bei staatlichen Beschränkungen gegen das betreffende Verhalten, etwa das Kanufahren auf Flüssen, müssen sich daher die einzelnen Mitglieder gegen derartige Beschränkungen wenden. Damit kommt ein Eingriff in den Schutzbereich im Hinblick auf den Aspekt eines kollektiven Befahrens nicht in Betracht. Auch ein Eingriff in den Schutzbereich im Hinblick auf die Verfolgung des Satzungszwecks des Klägers zu 1, die Durchführung gemeinsamer Wettkämpfe sowie das Angebot von Fahrten (§ 3 Abs. 3 der Satzung des Klägers zu 1), kommt nicht in Betracht. Es ist schon fraglich, ob die Verfolgung des Satzungszweckes in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 GG fällt, da der geschützte Kernbereich der Vereinstätigkeit wohl nur die Sicherung der Existenz und Funktionsfähigkeit umfasst (Beck’scher Online-Kommentar, Art. 9 GG, Rn. 12). Zumindest ist ein Eingriff in den Schutzbereich nicht gegeben, da die streitgegenständliche Allgemeinverfügung, anders als die Kanu-Verordnung des Beklagten nicht an kollektives Befahren bzw. die Organisation derartiger Fahrten anknüpft. Sie verbietet weder das Durchführen organisierter Fahrten noch beschränkt sie die Anzahl der Boote. Das Befahrungsverbot bei Unterschreiten eines bestimmten Pegelstandes gilt vielmehr für alle Kanufahrer. Auswirkungen dieses allgemeinen Befahrungsverbotes auf den Satzungszweck, die den Kernbereich der Vereinstätigkeit betreffen könnten, sind nicht gegeben. Denn im Gegensatz zur Klägerin zu 2 hat der Kläger zu 1 nicht geltend gemacht, im Geltungsbereich der Allgemeinverfügung Fahrten anzubieten, die nun nicht mehr durchgeführt werden könnten. Eine mögliche Beeinträchtigung durch das Befahrungsverbot für die Klägerin zu 2, eines Teilverbandes der Klägerin zu 1 ist für sich genommen, zu geringfügig, um einen Grundrechtseingriff als möglich erscheinen zu lassen und kann daher auch nicht auf den Dachverband, den Kläger zu 1, durchschlagen. Eine hier allenfalls in Rede stehende indirekte Beeinträchtigung organisierter Fahrten oder der Vereinstätigkeit durch ein allgemeines Befahrungsverbot erreicht nur dann die Qualität eines Grundrechtseingriffs, wenn sie ein gewisses Gewicht hat (Beck’scher Online-Kommentar, Art. 9 GG, Rn. 17). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung betrifft nur einen Teilbereich der … und greift nur bei Unterschreitung der Pegelgrenzen. Die Klägerin zu 2 hat es ausweislich des im Internet abrufbaren Fahrtenprogramms 2017 vermocht, auch ohne auf diesen Streckenabschnitt zurück zu greifen, ein umfangreiches Fahrtenprogramm anzubieten. Bei entsprechender Beobachtung der Pegelstände und bei entsprechender Organisation erscheint auch eine Befahrung des betroffenen Streckenabschnitts im Rahmen von Fahrten nicht ausgeschlossen. Eine Beeinträchtigung ist auch nicht im Hinblick auf den klägerischen Vortrag gegeben, das Befahrungsverbot sei deswegen gravierend, weil bayernweit bereits Beschränkungen bestünden bzw. drohen, man sich zur Vermeidung von Summationseffekten also auch im Einzelfall zur Wehr setzen können müsse, gegeben. Es wurde insoweit in der mündlichen Verhandlung eine Aufstellung zu Befahrungsregelungen (häufig Befahrungsverbote unabhängig vom Pegelstand) auf reizvollen Strecken auf bayerischen Flüssen übergeben. Die klägerischen Befürchtungen sind daher bereits eingetreten, dennoch hat die Klägerin zu 2 es vermocht, ein umfangreiches Fahrtenprogramm anzubieten.

Der Kläger zu 1 ist daher im Hinblick auf Art. 9 Abs. 1 GG nicht klagebefugt.

Aus denselben Gründen besteht auch keine Klagebefugnis im Hinblick auf die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Da der Regelungsbereich von Art. 9 Abs. 1 GG betroffen ist, diese Vorschrift jedoch dem Kläger zu 1 keinen Schutz vermittelt, scheidet ein Schutz über das Auffanggrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG aus. Die Kammer schließt sich daher nicht der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 9.3.2017 - 4 C 328/16.N) an, welcher auf Grundlage von Art. 2 Abs. 1 GG eine Antragsbefugnis des Hessischen …es gegen eine Landschaftsschutzverordnung, welche das Befahren eines Flusses untersagte, auf dem der Verband eine Prüfung abhielt, bejahte.

3. Die Klagen waren daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

4. Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Jede Person darf oberirdische Gewässer in einer Weise und in einem Umfang benutzen, wie dies nach Landesrecht als Gemeingebrauch zulässig ist, soweit nicht Rechte anderer dem entgegenstehen und soweit Befugnisse oder der Eigentümer- oder Anliegergebrauch anderer nicht beeinträchtigt werden. Der Gemeingebrauch umfasst nicht das Einbringen und Einleiten von Stoffen in oberirdische Gewässer. Die Länder können den Gemeingebrauch erstrecken auf

1.
das schadlose Einleiten von Niederschlagswasser,
2.
das Einbringen von Stoffen in oberirdische Gewässer für Zwecke der Fischerei, wenn dadurch keine signifikanten nachteiligen Auswirkungen auf den Gewässerzustand zu erwarten sind.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen ihre Verurteilung in einem Bußgeldverfahren und mittelbar gegen das Gesetz zum Schutz der Gesundheit (Gesundheitsschutzgesetz - GSG).

2

1. Seit dem 1. August 2010 gilt in Bayern mit dem Gesundheitsschutzgesetz in der Fassung vom 23. Juli 2010 (BayGVBl S. 314) ein striktes Rauchverbot. Nach Art. 2 Nr. 6 und 8 GSG findet das Gesetz unter anderem Anwendung auf

6. Kultur- und Freizeiteinrichtungen:

Einrichtungen, die der Bewahrung, Vermittlung, Aufführung und Ausstellung künstlerischer, unterhaltender oder historischer Inhalte oder Werke oder der Freizeitgestaltung dienen, soweit sie öffentlich zugänglich sind, insbesondere Kinos, Museen, Bibliotheken, Theater und Vereinsräumlichkeiten,

(…)

8. Gaststätten:

Gaststätten im Sinn des Gaststättengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 1998 (BGBl I S. 3418), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 7. September 2007 (BGBl I S. 2246),

(…)

3

Das Rauchverbot ist in Art. 3 GSG normiert:

(1)1 Das Rauchen ist in Innenräumen der in Art. 2 bezeichneten Gebäude, Einrichtungen, Heime, Sportstätten, Gaststätten und Verkehrsflughäfen verboten.2 In Einrichtungen für Kinder und Jugendliche (Art. 2 Nr. 2) ist das Rauchen auch auf dem Gelände der Einrichtungen verboten.

(2) Rauchverbote in anderen Vorschriften oder auf Grund von Befugnissen, die mit dem Eigentum oder dem Besitzrecht verbunden sind, bleiben unberührt.

4

Ausnahmen regelt Art. 5 GSG unter anderem für Privaträume zu Wohnzwecken. Die Möglichkeit, einen Raucherraum einzurichten, die Art. 6 Abs. 1 GSG vorsieht, gilt nicht für Gaststätten und Vereinsräumlichkeiten.

5

2. Die Beschwerdeführerin ist Geschäftsführerin der A… GmbH, welche die "G… " in München betreibt. Die Räumlichkeiten wurden mit Pachtvertrag vom 31. Dezember 2007 - einen Tag vor dem Inkrafttreten des ursprünglichen Gesundheitsschutzgesetzes in der Fassung vom 20. Dezember 2007 (BayGVBl S. 919) - an den "G… e.V." (im Folgenden: der Verein) zur ausschließlichen Nutzung verpachtet. Der Zweck dieses drei Tage zuvor gegründeten und im Februar 2008 im Vereinsregister eingetragenen Vereins, dessen Gründungsmitglied die Beschwerdeführerin war, ist die Förderung der arabischen und asiatischen Gastronomiekultur in Bayern. Laut Satzung wird dieser Zweck durch Besuch der Vereinsräumlichkeiten - die G… - und dortigem geselligen Beisammensein verwirklicht. Der Verein hatte im Zeitpunkt des amtsgerichtlichen Urteils circa 37.000 Mitglieder. In die Räumlichkeiten, in denen Getränke und kleinere Speisen verkauft werden und Wasserpfeife (Shisha) geraucht wird, werden nur Mitglieder des Vereins eingelassen. Möchten Interessierte die Räumlichkeiten betreten, müssen sie Vereinsmitglied werden. Voraussetzung ist ein Mindestalter von 20 Jahren, ein Antrag mit Namen und Adresse und ein Jahresmitgliedsbeitrag von 1 €. Jedes Mitglied bekommt einen Ausweis; wer den Ausweis nicht vorzeigen kann, muss einen neuen Antrag auf Mitgliedschaft ausfüllen, was zu Mehrfachmitgliedschaften führt. Die Kontrolle der Mitgliedsausweise erfolgt am Wochenende durch Türsteher, wochentags durch Servicepersonal. Alle Beschäftigten der G… sind Vereinsmitglieder.

6

3. Am 7. August 2010 wurde bei einer Kontrolle der Bar festgestellt, dass dort Shishas und Zigaretten geraucht wurden. Nach Anhörung wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Geldbuße von 750 € festgesetzt.

7

Nach Einspruch verurteilte das Amtsgericht die Beschwerdeführerin wegen Verstoßes gegen das Rauchverbot zu einer Geldbuße in Höhe von 750 €. Das Rauchverbot erfasse auch die von dem Verein genutzten Räumlichkeiten. Es handele sich bei den Zusammenkünften der Mitglieder nicht um eine echte geschlossene Gesellschaft, für die das gesetzliche Rauchverbot in Gaststätten nicht greife. Echte geschlossene Gesellschaften seien dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht für jedermann oder einen bestimmten Personenkreis zugänglich seien, sondern nur im Vorhinein eindeutig bestimmten, also nicht beliebig wechselnden Einzelpersonen Zutritt gewährt werde. Insbesondere private Familienfeiern und auch interne Vereinssitzungen erfüllten diese Voraussetzungen.

8

Trotz der Zugangskontrollen und der Vereinsmitgliedschaft könne hier aufgrund der Vielzahl der Mitglieder gerade nicht mehr von einem feststehenden und jederzeit namentlich bekannten Personenkreis gesprochen werden. Vielmehr könne, wer mindestens 20 Jahre alt sei, Mitglied des Vereins werden und erhalte dann sofort Zutritt. Dass ein Mitglied, das den Mitgliedsausweis vergessen habe, einen neuen "Mitgliedsantrag" stellen und die "Aufnahmegebühr" zahlen müsse, verdeutliche, dass es gerade nicht auf eine echte Vereinsmitgliedschaft, sondern lediglich auf den Besitz eines Ausweises ankomme. Es handele sich bei dem Verein mithin um einen "Raucherclub" in Gestalt eines Vereins mit offener Mitgliederstruktur zur Umgehung des Rauchverbots in der Gastronomie. Dies habe mit der Neufassung durch das Gesundheitsschutzgesetz vom 23. Juli 2010 gerade verhindert werden sollen. Es sei auch grundrechtskonform, das Merkmal einer geschlossenen Gesellschaft, für die kein Rauchverbot gelte, eng auszulegen.

9

Die Rechtsbeschwerde gegen das amtsgerichtliche Urteil verwarf das Oberlandesgericht unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft als unbegründet. Die nachfolgende Gehörsrüge (§ 356a StPO in Verbindung mit § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG) wurde ebenfalls als unbegründet verworfen. Der Senat habe alle Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Kenntnis genommen, das Vorbringen aber nicht als durchgreifend erachtet.

10

4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 9 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Im Hinblick auf die kurze Begründung des Beschlusses des Oberlandesgericht rügt sie eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der zulässigen Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, denn die von ihr aufgeworfenen Fragen sind in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt. Sie ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt, weil sie offensichtlich unbegründet ist und daher keine Aussicht auf Erfolg hat.

12

1. Eine Verletzung von Art. 9 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich.

13

a) Das Grundrecht des Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit, sich zu Vereinigungen des privaten Rechts zusammenzuschließen (vgl. BVerfGE 10, 89 <102>; 10, 354 <361 f.>). Mit dem Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden, garantiert Art. 9 Abs. 1 GG die freie soziale Gruppenbildung (vgl. BVerfGE 38, 281 <302 f.>). Der Schutz des Grundrechts umfasst sowohl für Mitglieder als auch für die Vereinigung die Selbstbestimmung über die eigene Organisation, das Verfahren ihrer Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte (vgl. BVerfGE 50, 290 <354>) sowie das Recht auf Entstehen und Bestehen (vgl. BVerfGE 13, 174 <175>).

14

Art. 9 Abs. 1 GG schützt insbesondere vor einem Eingriff in den Kernbereich des Vereinsbestandes und der Vereinstätigkeit (vgl. BVerfGE 30, 227 <241>; 80, 244 <252 f.>). Das Grundrecht kann indes einem gemeinsam verfolgten Zweck keinen weitergehenden Schutz vermitteln als einem individuell verfolgten Interesse (vgl. BVerfGE 50, 290 <353>; 54, 237 <251>). Betätigt sich eine Vereinigung im Rechtsverkehr wie Einzelpersonen auch, ist diese Betätigung grundrechtlich nicht durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützt, denn die Vereinigung und ihre Tätigkeit bedürfen insoweit nicht als solche des Grundrechtsschutzes; dieser richtet sich vielmehr nach den materiellen (Individual-)Grundrechten (vgl. BVerfGE 70, 1 <25>).

15

b) Nach diesen Maßstäben ist der Schutzbereich von Art. 9 Abs. 1 GG durch ein Rauchverbot bereits nicht berührt. Das Rauchverbot betrifft den Verein - und damit auch die Beschwerdeführerin als Vereinsmitglied - nicht in einer von Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit. Die Regelungen des Gesundheitsschutzgesetzes verbieten ebenso wie die angegriffenen Entscheidungen weder die Gründung, das Bestehen oder den Fortbestand des Vereins noch stehen sie dem Beitritt oder der Mitgliederwerbung entgegen. Ein Rauchverbot in den Vereinsräumlichkeiten ist jedenfalls dann kein Eingriff in die Betätigungsfreiheit des Vereins und der Vereinsmitglieder, wenn die Räumlichkeiten zwar zur Ausübung des gemeinsam verfolgten Vereinszwecks - dem gemeinsamen Rauchen - genutzt werden sollen, aber aufgrund der offenen Mitgliederstruktur tatsächlich öffentlich zugänglich sind. Die Gründung eines Vereins kann den Grundrechtsschutz einer individuellen Tätigkeit insofern nicht erweitern (vgl. BVerfGE 54, 237 <251>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 12. Oktober 1995 - 1 BvR 1938/93 -, juris, Rn. 9; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 2161/93 -, juris, Rn. 7; vgl. auch BayVerfGH, Entscheidung vom 31. Januar 2012 - Vf. 26-VII-10 -, juris, Rn. 61 ff.; Entscheidung vom 11. September 2013 - Vf. 100-VI-12 -, juris, Rn. 24 ff.). Die rechtliche Zulässigkeit des Vereinszwecks muss an der Zulässigkeit des entsprechenden Individualverhaltens gemessen werden; Art. 9 Abs. 1 GG privilegiert nicht die kollektive gegenüber der individuellen Zweckverfolgung (vgl. Löwer, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 9 Rn. 25). Dagegen spricht auch nicht, dass ein Rauchverbot für einen Raucherverein existenzbedrohend sein kann, denn Art. 9 Abs. 1 GG schützt nicht den gemeinsamen Tabakgenuss, dem ein spezifischer Bezug zur korporativen Organisation fehlt (vgl. Cornils, in: BeckOK, GG, Art. 9 Rn. 14 ).

16

2. Soweit die Beschwerdeführerin die Vorschriften des Gesundheitsschutzgesetzes auch mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 GG angreift, hat die Verfassungsbeschwerde ebenfalls keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 121, 317 <358 f.>).

17

3. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG, auf das sich die Rüge beschränkt, ist nicht ersichtlich. Zwar werden "geschlossene Gesellschaften" anders behandelt als große, allgemein zugängliche Vereine. Doch sind an die Rechtfertigung für die daraus resultierende Benachteiligung nur geringe Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 130, 131 <142>), da der Verein die Ungleichbehandlung durch eigenes Verhalten - eine andere Mitgliederstruktur, persönliche Einladungen an einen bestimmten, alternierenden Mitgliederkreis - steuern kann. Die Unterscheidung ist jedenfalls nicht willkürlich, da der Gesetzgeber dem hohen Gut des Gesundheitsschutzes Vorrang vor anderen Interessen einräumen durfte (vgl. BVerfGE 121, 317 <357 ff.>).

18

4. Eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG liegt offensichtlich nicht vor. Das Grundgesetz zwingt die Gerichte nicht dazu, sich mit allen Aspekten des Vorbringens der Beteiligten in der schriftlichen Begründung ausführlich auseinander zu setzen (vgl. BVerfGE 54, 86 <91 f.>; für letztinstanzliche Entscheidungen BVerfGE 104, 1 <7 f.>).

19

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.