Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 09. März 2017 - AN 9 K 16.30144

bei uns veröffentlicht am09.03.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Der am 21. Juli 1997 in …, Bangladesch geborene Kläger ist nach eigenen Angaben Angehöriger der Volksgruppe der Bihari. Er begehrt mit seiner Klage die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus und die Feststellung von Abschiebungshindernissen.

Der Kläger verließ nach eigenen Angaben sein Herkunftsland Bangladesch am 28. Dezember 2012 auf dem Landweg nach Indien, wo er einen Schlepper kennengelernt habe. Dieser habe ihn zu einem Flughafen gebracht, von wo aus er irgendwohin geflogen sei. Insgesamt sei er zweieinhalb Monate unterwegs gewesen, mit dem Schiff sei er zehn Tage lang gefahren und schließlich irgendwo abgesetzt worden. Mit dem Zug sei er schließlich bis nach … gefahren. In die Bundesrepublik Deutschland sei er im April 2013 eingereist. Asylantrag stellte er am 31. März 2015.

Bei seiner Befragung nach § 25 AsylG am 7. August 2015 gab er im Wesentlichen an, als er Bangladesch verlassen habe, sei er ungefähr 15 Jahre alt gewesen. Dort habe er in der Stadt … im Stadtteil … in einem Kinderheim gewohnt, seine Eltern habe er nicht gesehen, ihre Namen kenne er nicht. Im Kinderheim habe es viele Probleme gegeben, er habe keine Papiere besessen und über keine Staatsangehörigkeit verfügt. Bangladesch habe er verlassen, weil die Volksgruppe der Bihari in Bangladesch verschiedene Probleme habe. Sie hätten keine Staatsangehörigkeit und keine Rechte, sie würden angegriffen und geschlagen. Dies sei auch ihm widerfahren. In der Schule hätte es Probleme gegeben, er habe immer gute Noten gehabt und deswegen Probleme mit den bengalischen Kindern bekommen. Er sei beschimpft und gefragt worden, warum er die Schule besuche. Mehrere Male sei er geschlagen worden, andere Schüler hätten seine Hefte und Bücher zerrissen. Nach Gesprächen mit dem Lehrer habe er einen oder zwei Tage Ruhe gehabt, danach habe es aber wieder begonnen. Ab und zu hätten sie ihn auch auf der Straße angegriffen und ihm gesagt, dass er die Schule nicht besuchen dürfe. Auch das Kinderheim sei ab und zu überfallen worden, damit er und die anderen es nicht verlassen würden. Einmal sei das Kinderheim angezündet worden, er selbst sei zu dem Zeitpunkt jedoch in der Schule gewesen. Im Kinderheim sei er die meiste Zeit allein gewesen, es habe zwei Betreuer gegeben, einen für den Vormittag und einen für den Nachmittag. Nachts sei dort nur Security gewesen. Wegen der Übergriffe habe er sich nicht an die Sicherheitskräfte gewandt, weil jeder schon wisse, dass das nichts nütze. Bei seiner Rückkehr nach Bangladesch würden ihm die gleichen Probleme drohen, ohne Staatsangehörigkeit und ohne Schulabschluss werde er keinen Arbeitsplatz finden. Politisch betätigt habe er sich nicht, die Behörden würden auf die Angehörigen seiner Volksgruppe jedoch Druck ausüben, damit sie das Land verließen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Niederschrift der Anhörung, welche sich in der Bundesamtsakte befindet, Bezug genommen.

In der Bundesamtsakte befindet sich ein vom Kläger vorgelegter Ausweis aus dem Jahr 2012, aus dem hervorgeht, dass er zu dem Zeitpunkt im …, … gewohnt hat. Daneben findet sich ein Dokument des …, …, Bangladesch vom 28. Dezember 2012 in dem bestätigt wird, dass der Kläger der Sohn von Herrn … und Frau … sei. Er sei Angehöriger der Bihari, in dem Camp habe er vom 21. Juli 1997, dem Tag seiner Geburt, bis zum 28. Dezember 2012 gelebt. Auch findet sich eine auf seinen Namen ausgestellte Rationskarte des …

Mit Bescheid vom 18. Januar 2016, dem Kläger ausweislich Postzustellungsurkunde am 4. Februar 2016 zugestellt, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag des Klägers insgesamt ab und stellte daneben fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG nicht vorlägen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Allein die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Bihari sei nicht geeignet, den Flüchtlingsstatus zu begründen, eine unmittelbare oder mittelbare Gruppenverfolgung der Bihari finde in Bangladesch nicht statt. Der Teil der Bihari, der sich während der Repatriierungsverhandlungen unmittelbar nach der Unabhängigkeit Bangladeschs nicht im Bereich der sogenannten Camps angesiedelt habe, führe in der bangladeschischen Gesellschaft ein normales Leben ohne erkennbare Diskriminierung. Die wirtschaftliche und soziale Situation der in den Camps lebenden Bihari unterscheide sich nicht wesentlich von der Situation der Bewohner anderer Armenviertel in Bangladesch. Von spezifischen Übergriffen und Anfeindungen seitens des Staates oder der bengalischen Mehrheitsbevölkerung sei nichts bekannt. Die Situation habe sich nach einer Entscheidung des High Court von Bangladesch im Jahre 2008 sogar verbessert, da die noch offene Staatsangehörigkeitsfrage geklärt worden sei. Das Gericht habe am 18. Mai 2008 festgestellt, dass alle Bihari, die im Jahr 1971 minderjährig gewesen seien oder erst nach der Unabhängigkeit Bangladeschs geboren worden seien, bangladeschische Staatsangehörige seien und einen Anspruch auf Eintragung in die Wählerverzeichnisse und die Ausstellung eines Nationalpasses hätten. Die vom Kläger vorgetragenen Probleme in der Schule oder in einem angeblichen Kinderheim seien nicht geeignet, die begehrte Flüchtlingseigenschaft zu begründen. Der Vortrag sei zudem unglaubhaft, weil aus den von ihm vorgelegten Bescheinigungen hervorgehe, dass er keinesfalls in einem Kinderheim, sondern vielmehr in …, … in einem Flüchtlingscamp in … in … gelebt habe. Dies bestätige auch die vorliegende Lebensmittelrationskarte, die er in einem Heim nicht gebraucht hätte. Auch könne nicht erkannt werden, inwieweit es ihm als mittlerweile volljährigem Mann nicht möglich sein solle, sich in Bangladesch eine - wenn auch vielleicht bescheidene - Existenzgrundlage aufzubauen. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG oder das Feststellen von allgemeinen oder individuellen Abschiebungsverboten lägen nicht vor, insbesondere drohten dem Kläger in Bangladesch keine durch einen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur verursachte Folter oder relevante unmenschliche oder erniedrigende Behandlung.

Mit Schriftsatz seines damaligen Bevollmächtigten vom 16. Februar 2016, bei Gericht am selben Tag eingegangen, hat der Kläger gegen diesen Bescheid beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach Klage erhoben. Zur Begründung lässt er mit Schriftsatz vom 24. Februar 2016 vortragen, er habe einen Berufsausbildungsvertrag zur Ausbildung als Koch bei der Hotelgesellschaft … abgeschlossen, bei der IHK … sei er seit 13. August 2014 eingetragen, die Abschlussprüfung erfolge voraussichtlich im Sommer 2017. Da er keinen Pass habe und seine Staatsangehörigkeit ungeklärt sei, bestehe ein Abschiebehindernis. Er sei in Deutschland als geduldeter Ausländer einzustufen, für gut integrierte und rechtstreue Ausländer bestehe ein Bleiberecht. In seinem Fall greife § 25a AufenthG. Die Abschiebung würde zerstörend in sein Berufsleben eingreifen und in unzulässiger Weise gegen die individuellen Menschenrechte des Klägers verstoßen. Nachweise über die begonnene Berufsausbildung sowie ein Schreiben der … Hotelgesellschaft, in welchem diese dem Kläger bestätigt, dass er seit 1. September 2014 im … in … seine Ausbildung vorbildlich absolviere, befinden sich in der Gerichtsakte.

Der Kläger beantragt,

Unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18. Januar 2016 wird die Beklagte verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus und das Vorliegen von Abschiebungshindernissen anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich:

Die Klage wird abgewiesen.

In der mündlichen Verhandlung am 8. März 2017 war der Kläger anwesend, wurde ergänzend befragt und stellte den Klageantrag. Für die Beklagte war trotz form- und fristgerechter Ladung niemand anwesend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Behörden- und der Gerichtsakte sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2016, Az.: 5956482-998, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. In dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 1. Hs. AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung steht ihm ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter im Sinne des Art. 16 a GG und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG nicht zu. Auch die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG oder auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG stehen ihm nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1.1 Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention, BGBl. 1953 II S. 560) ist einem Ausländer nach § 3 Abs. 1, 4 AsylG zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Als Verfolgungshandlungen sind nach § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG solche Handlungen anzusehen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen. Nach § 3a Abs. 2 AsylG zählen dazu unter anderem die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, diskriminierende gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, wie auch unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, insbesondere wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklausel des § 3 Abs. 2 AsylG fallen (§ 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG). Bei den Akteuren, von denen die Verfolgung ausgeht, muss es sich nach § 3c AsylG um den Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen oder nichtstaatliche Akteure handeln, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, wirksamen und dauerhaften Schutz vor Verfolgung zu bieten. Für die Frage, ob die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist gemäß § 3b Abs. 2 AsylG unerheblich, ob er das entsprechende, zur Verfolgung führende Merkmal tatsächlich aufweist, ausreichend ist, dass es ihm von dem Verfolgungsakteur im Sinne des § 3c AsylG zugeschrieben wird.

Ob eine solche Bedrohungslage für den Ausländer vorliegt und ihm bei seiner unterstellten Rückkehr politische Verfolgung droht, hat das Gericht anhand einer Prognose zu beurteilen (vgl. BVerwG, U.v. 6.3.1990 - 9 C 14.89). Auszugehen ist hierfür zunächst von seinem bisherigen Schicksal, weil in der Vergangenheit liegenden Umständen auch Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft zukommt (vgl. BVerwG, U.v.27.4.2010 - 10 C 5.09 - juris, Rn. 23; EuGH, U.v. 2.3.2010 - C-175/08 - juris, Rn. 92 ff.), aber auch nachträglich eingetretene Ereignisse sind zu berücksichtigen, weil nach § 28 Abs. 1a AsylG die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG auch auf solchen Ereignissen beruhen kann, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Die Prognoseentscheidung hat am Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu erfolgen (vgl. BVerwG, U.v. 1.3.2012 - 10 C 7.11 - juris, Rn. 12). Es ist danach zu fragen, ob bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände des Falls ein vernünftig denkender und besonnener Mensch es ablehnen müsste, in sein Land zurückzukehren, weil die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deswegen gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.1988 - 9 C 32.87 - juris, Rn. 16; U.v. 15.3.1988 - 9 C 278.86 - juris, Rn. 23; Vorlagebeschluss v. 7.2.2008 - 10 C 33.07 - juris, Rn. 37). Entscheidend ist also der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit (vgl. BVerwG, U.v. 23.7.1991 - 9 C 154.90 - juris, Rn. 28; U.v. 5.11.1991 - 9 C 118.90 - juris, Rn. 17). Diese wird noch nicht berührt, wenn die politische Verfolgung lediglich eine theoretische Möglichkeit darstellt. Nicht zu fordern ist aber auch, dass der mathematische Wahrscheinlichkeitsgrad in jedem Fall 50% übersteigt, auch eine geringere Wahrscheinlichkeit kann hier ausreichend sein. Zu berücksichtigen ist insbesondere die Schwere des befürchteten Eingriffs. So macht es etwa für die Erwägungen eines besonnenen Menschen einen erheblichen Unterschied, ob er bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat lediglich eine geringe Freiheitsstrafe oder eine Geldbuße zu erwarten hat, oder aber ob ihm Folter, Misshandlung oder gar die Todesstrafe drohen (vgl. BVerwG, U.v. 5.11.1991 - 9 C 118.90 - juris, Rn. 17; Vorlagebeschluss v. 7.2.2008 - 10 C 33.07 - juris, Rn. 37). An die Wahrscheinlichkeit einer tatsächlichen Verfolgung im Falle der Rückkehr sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je schwerer und einschneidender die zu erwartende Verfolgungshandlung ist.

Ausgehend von diesem Maßstab ist dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG nicht zuzuerkennen.

Das Gericht geht auf Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel nicht davon aus, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr allein wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Bihari in Bangladesch begründete Furcht vor Verfolgung haben muss, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend ist, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt. Eine unmittelbare oder mittelbare Gruppenverfolgung der Bihari kann nicht angenommen werden. Das Gericht folgt damit der Rechtsprechung zahlreicher Verwaltungsgerichte sowie von Obergerichten (vgl. OVG NRW, B.v. 5.11.2014 - 16 A 307/14.A; VG Köln, U.v. 15.2.2016 - 13 K 4219/14.A; VG Saarlouis, U.v. 22.1.2015 - 6 K 813/13; VG Minden, U.v. 11.9.2014 - 1 K 1940/14.A; VG Aachen, U.v. 16.1.2014 - 5 K 2027/12.A; VG Gelsenkirchen, U.v. 29.3.2012 - 2a K 4589/10.A; VG Düsseldorf, U.v. 26.3.2010 - 1 K 6554/09.A).

In Bangladesch leben heute ca. 250.000 bis 300.000 Bihari, die sich vorwiegend zum islamischen Glauben bekennen. Im Zuge der Aufteilung des indischen Subkontinents kam die Volksgruppe aus dem indischen Bundesstaat Bihar und anderen indischen Landesteilen in das heutige Bangladesch, damals Ost-Pakistan. Sie sprachen kein Bengali, sondern Urdu, die Landessprache (West-) Pakistans, und standen den aus Indien dorthin vertriebenen Muslimen näher als den bengalisch sprechenden Muslimen, die von Indien nach Ost-Pakistan gezogen waren. Auch im Unabhängigkeitskrieg 1971, in dem sich das heutige Bangladesch von (West-) Pakistan loslöste, standen die Bihari auf der Seite der (West-) Pakistaner. Nach dem Krieg fand sich ein Teil der Bihari mit der neuen Situation ab und lebt heute ohne erkennbare Diskriminierung unter der Mehrheitsbevölkerung. Der Teil von ihnen, der sich 1972 weigerte, die Staatsangehörigkeit des neu entstandenen Staates Bangladesch anzunehmen, wurde in einem der 116 Lager, die in verschiedenen Teilen des Landes teilweise durch das Internationale Rote Kreuz errichtet wurden, untergebracht. Dort leben heute etwa 151.000 von ihnen. Für die in den Lagern lebenden Bihari ist es mitunter schwierig, Arbeit zu finden, da sie von Teilen der Bevölkerung wie von staatlichen Institutionen mit Misstrauen betrachtet werden. Gerade die Arbeit im öffentlichen Dienst oder in sonstigen höher bezahlten Positionen, die die bangladeschische Staatsangehörigkeit voraussetzen, ist für sie daher theoretisch nicht erreichbar. Gleichwohl sind eine Integration und der Zugang zu höherwertiger Arbeit möglich, wenn die Bihari ihre Herkunft verschleiern . Äußerlich unterscheiden sie sich kaum von der bengalisch sprechenden Mehrheitsbevölkerung. Hinzu kommt, dass gerade viele junge Bihari nicht mehr Urdu sprechen, sondern die bengalische Sprache angenommen haben (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, Januar 2016; D-A-CH Kooperation Asylwesen Deutschland - Österreich - Schweiz, Factsheet Bangladesch, April 2013, m.w.N.).

Die offene Staatsangehörigkeitsfrage wurde mittlerweile durch den Obersten Gerichtshof von Bangladesch entschieden, der mit Urteil vom 18. Mai 2008 festgestellt hat, dass alle Bihari die Staatsangehörigkeit Bangladeschs besitzen, die nach 1972 geboren wurden oder zu diesem Zeitpunkt minderjährig waren. Sie haben seither einen Anspruch auf Ausstellung von Identitätspapieren und ihnen steht das Wahlrecht zu. Wenngleich es nach wie vor vorkommt, dass Behörden ihnen die Ausstellung von Identitätsdokumenten verweigern, so hat dennoch seither ein Großteil der Bihari in den Lagern (nach Schätzungen des UNHCR 80%, andere Schätzungen liegen darüber) Identitätskarten von Bangladesch erhalten und ist in das Wählerverzeichnis eingetragen worden. Die Identitätskarten enthalten auch keinen Hinweis auf ihre Herkunft als Bihari (vgl. Ebd.). Dies ist als Verbesserung ihrer Situation zu bewerten und lässt den Schluss zu, dass der bangladeschische Staat den in der Mehrheitsbevölkerung gegebenenfalls noch verbreiteten Ressentiments gegen die Bihari jedenfalls keinen Vorschub leisten möchte, sondern ihnen durch die Ausstellung von Dokumenten, die sie als „normale“ Bürger Bangladeschs ausweisen, grundsätzlich eine Integration in die Gesellschaft ermöglichen will.

Demnach ist eine asylrechtlich relevante unmittelbaren oder mittelbaren Verfolgung des Klägers allein aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Bihari nicht anzunehmen. Hieran ändert auch sein Vortrag nichts, es sei ihm nicht möglich, bangladeschische Ausweispapiere zu erhalten. Nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung hat er vor seiner Ausreise aus Bangladesch nicht einmal den Versuch unternommen, solche bei den zuständigen Behörden zu erlangen, eine Anfrage machte er erst über die für ihn zuständige Ausländerbehörde in Deutschland.

Das Gericht geht auch nicht davon aus, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr in Bangladesch aus individuellen Gründen staatlichen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt wäre.

Schon an der Glaubhaftigkeit seiner Schilderungen hat das Gericht Zweifel. Einerseits trug er vor, er habe in Bangladesch in …, einem Stadtteil von …, von seiner Geburt an bis zu seiner Ausreise in einem Kinderheim gewohnt, habe seine Eltern nie gesehen und kenne diese nicht. Andererseits geht aus dem von ihm vorgelegten Identitätspapier des …, … hervor, dass er dort in …, … gewohnt hat. Dieses Ausweispapier sowie das von ihm vorgelegte Empfehlungsschreiben eines Offiziellen des … enthalten zudem die Namen seines Vaters und seiner Mutter. In der vorgelegten Lebensmittelrationskarte des Office of the Deputy Commissioner des Camps ist vermerkt, dass er weitere Familienmitglieder hat. Mit diesem Widerspruch in der mündlichen Verhandlung konfrontiert gab er lediglich an, das Kinderheim habe sich in dem Camp befunden. Bei seiner Befragung vor dem Bundesamt gab er weiter an, dass das Essen in dem Kinderheim sehr schlecht gewesen sei. Jedenfalls aber gab es nach seiner Schilderung eine Verpflegung, sodass er eine Lebensmittelrationskarte - wenn er wirklich in einem Kinderheim gewohnt hätte - wohl nicht benötigt hätte. Wahrscheinlicher ist, dass er allein oder mit Familie in dem Camp, jedenfalls nicht in einem Kinderheim gewohnt hat.

Auch wenn man unterstellt, dass seine Angaben insgesamt der Wahrheit entsprechen, so hat er gleichwohl keine Umstände vorgetragen, aus denen sich eine asylrechtlich relevante Verfolgungshandlung ergibt. Was die Probleme mit seinen Mitschülern und den Brandanschlag auf das Kinderheim anbelangt, fehlt es hier schon an der Verfolgung durch einen in § 3d AsylG genannten staatlichen Akteur bzw. an der Verantwortlichkeit Bangladeschs. Repressionen privater Dritter könnten dem bangladeschischen Staat nur dann zugerechnet werden, wenn er nicht willens oder nicht in der Lage wäre, grundsätzlich Schutz vor solchen Übergriffen zu gewähren. Dies gilt indes nicht schon bei einem Versagen staatlichen Schutzes im konkret zu beurteilenden Einzelfall, sondern erst, wenn der Staat gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zuständigen öffentlichen Stellen bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und von der Regierung auch landesweit angehalten sind, Fälle von Schutzverweigerung demnach ein ausnahmsweises Fehlverhalten darstellen (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.1994 - 9 C 1.94; VGH BW, U.v. 27.10.2005 - A 12 S 603/05 - juris, Rn. 29). Dafür, dass der bangladeschische Staat seiner Bevölkerung oder Gruppen von ihnen - insbesondere den Bihari - grundsätzlich den Schutz verweigert, liegen dem Gericht keine Anhaltspunkte vor. Aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 14. Januar 2016 geht vielmehr hervor, dass Recht und Ordnung in Bangladesch regelmäßig durch die Polizeikräfte durchgesetzt werden, die seit 2004 im Bereich der Terrorabwehr, der Drogendelikte und anderer schwerer Verbrechen durch das sogenannte Rapid Action Batallion (RAB) unterstützt werden (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, Januar 2016). Und auch aus dem Vortrag des Klägers lässt sich dieser Schluss nicht ziehen. Den Schutz der Polizei hat er nach eigenen Angaben überhaupt nicht in Anspruch genommen, und nach Gesprächen mit seinem Lehrer - wobei dahingestellt bleiben kann, ob dieser als staatlicher Akteur anzusehen ist - hat sich dieser auch für ihn eingesetzt.

Den geschilderten Vorkommnissen kommt im vorliegenden Fall auch keine Beweiskraft für eine Wiederholung in der Zukunft zu. Der Kläger ist zwischenzeitlich volljährig und müsste weder in sein ehemaliges Kinderheim noch in seine ehemalige Schule zurückkehren.

Auch hat er in keiner Weise substantiiert vorgetragen, warum ihm in Bezug auf die geschilderten schulischen Probleme und den Brandanschlag auf sein Kinderheim eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e Abs. 1 AsylG nicht zur Verfügung stehen soll.

1.2 Aus den unter 1.1 genannten Gründen steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG zu. Von der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG unterscheidet sich der Status als Asylberechtigter im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG lediglich dadurch, dass sein Schutzbereich enger gefasst ist.

1.3 Dem Kläger steht auch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nicht zu. Gemäß § 4 Abs. 1 AsylG erhält ein Ausländer subsidiären Schutz, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Hierzu zählen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Für das Vorliegen dieser Tatbestandsmerkmale hat das Gericht auf Grundlage der im vorliegenden Erkenntnismittel keine Anhaltspunkte, und der Kläger hat nichts dergleichen vorgetragen.

1.4 Aus den genannten Gründen kann der Kläger auch nicht hilfsweise die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 5 oder 7 AufenthG verlangen. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass er im Falle seiner Rückkehr konkreten individuellen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgesetzt wäre. Nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen, kommen aber in Hinblick auf die Zuerkennung eines Abschiebungsverbots nicht in Betracht. Vorliegend müssen zwar die Lebensbedingungen für Angehörige der Bihari in Bangladesch insbesondere in den Camps als schlecht bezeichnet werden. Aus den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln geht hervor, dass die hygienischen, gesundheitlichen und sanitären Bedingungen mitunter desolat sind. Diese Feststellung trifft jedoch auf die Lebensverhältnisse weiter Teile der Bevölkerung in Bangladesch zu (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, Januar 2016), fast 26,5% der Bevölkerung (ca. 44 Millionen) leben unterhalb der Armutsgrenze von 1,25 US-Dollar pro Tag (Österreichisches Rotes Kreuz, Länderkurzübersicht Bangladesch, Juni 2016; nach anderen Quellen leben sogar 40% der gesamten Bevölkerung in absoluter Armut, vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration, Glossar Islamische Länder, Bd. 4 Bangladesch, Dezember 2009, S. 34). Ein individuelles Abschiebungshindernis folgt hieraus im Falle des Klägers nicht.

1.5 Auch die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5) des streitgegenständlichen Bescheids ist rechtmäßig. Sie durfte vom Bundesamt nach § 34 Abs. 1 AsylG ausgesprochen werden, weil der Kläger weder als Asylberechtigter noch als Flüchtling oder subsidiär Schutzberechtigter anzuerkennen war, und auch keine Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 AsylG vorliegen (siehe Ziffern 1.1 bis 1.4). Auch einen sonstigen Aufenthaltstitel besitzt er nicht. Die ihm unter Umständen zustehende Duldung wegen seiner in Deutschland begonnenen Ausbildung stellt keinen Aufenthaltstitel dar, der nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG einer Abschiebungsandrohung entgegensteht. Die Aufenthaltstitel sind in § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG aufgezählt. Die Duldung wird darin nicht genannt. Bei ihr handelt es sich lediglich um eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a AufenthG.

Im Übrigen wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Bescheids des Bundesamtes vom 18. Januar 2016 Bezug genommen.

Nach alledem war die Klage vollumfänglich abzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gerichtsverfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er 1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und2. sicher und legal in diesen Landesteil r

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3b Verfolgungsgründe


(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen: 1. der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;2. der Begrif

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3c Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann


Die Verfolgung kann ausgehen von 1. dem Staat,2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließl

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3d Akteure, die Schutz bieten können


(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden 1. vom Staat oder2. von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,sofern sie willens und in d

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 25 Anhörung


(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über W

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 4 Erfordernis eines Aufenthaltstitels


(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 28 Nachfluchttatbestände


(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25a Aufenthaltsgewährung bei gut integrierten Jugendlichen und jungen Volljährigen


(1) Einem jugendlichen oder jungen volljährigen Ausländer, der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c oder seit mindestens zwölf Monaten im Besitz einer Duldung ist, soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn1.er sich seit drei Jahre

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 60 Auflagen


(1) Ein Ausländer, der nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 2 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes), wird verpflichtet, an dem in der Verteilentscheidung nach §

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 7 Erhebung personenbezogener Daten


(1) Die mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden dürfen zum Zwecke der Ausführung dieses Gesetzes personenbezogene Daten erheben, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Personenbezogene Daten, deren Verarbeitung nach

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 09. März 2017 - AN 9 K 16.30144 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 09. März 2017 - AN 9 K 16.30144 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 05. Nov. 2014 - 16 A 307/14.A

bei uns veröffentlicht am 05.11.2014

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. Dezember 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Geric

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 27. Okt. 2005 - A 12 S 603/05

bei uns veröffentlicht am 27.10.2005

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 06. April 2005 -A 16 K 12137/03- wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 09. März 2017 - AN 9 K 16.30144.

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 15. Mai 2017 - AN 9 S 17.32822

bei uns veröffentlicht am 15.05.2017

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. 3. Der Gegenstandswert beträgt 2.500,00 EUR. Gründe I. Der am … 1998 geborene

Referenzen

(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.

(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.

(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.

(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.

(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.

(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.

(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Ein Ausländer wird in der Regel nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die Gefahr politischer Verfolgung auf Umständen beruht, die er nach Verlassen seines Herkunftslandes aus eigenem Entschluss geschaffen hat, es sei denn, dieser Entschluss entspricht einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung. Satz 1 findet insbesondere keine Anwendung, wenn der Ausländer sich auf Grund seines Alters und Entwicklungsstandes im Herkunftsland noch keine feste Überzeugung bilden konnte.

(1a) Die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 zu erleiden, kann auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer das Herkunftsland verlassen hat, insbesondere auch auf einem Verhalten des Ausländers, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung ist.

(2) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines Asylantrags erneut einen Asylantrag und stützt diesen auf Umstände, die er nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines früheren Antrags selbst geschaffen hat, kann in einem Folgeverfahren in der Regel die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. Dezember 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 06. April 2005 -A 16 K 12137/03- wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die am 01.01.1968 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige aramäischer Volkszugehörigkeit und syrisch-orthodoxen Glaubens. Ihren Angaben zufolge reiste sie am 26.01.2002 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie am 26.03.2002 ihre Anerkennung als Asylberechtigte beantragte. Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge - Bundesamt - gab sie im Wesentlichen an, sie spreche Assyrisch und etwas Kurmanci, aber kein Türkisch. Sie habe bis zu ihrer Ausreise in der Stadt Midyat gewohnt, wo sich weiterhin ihre Eltern und ihre Schwester aufhielten. Der türkische Staat schütze syrisch-orthodoxe Christen nicht vor Übergriffen durch Muslime. Zum Jahreswechsel 2001/2002 sei sie von einem bewaffneten Dorfschützer aufgefordert worden, mit ihm zu gehen. Sie habe zum Schein Bedenkzeit erbeten. Es komme öfters vor, dass Kurden einfach Frauen mitnähmen, um sie dann zu heiraten.
Mit Bescheid vom 04.07.2003 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorlägen. Gleichzeitig forderte es die Klägerin zur Ausreise innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides, im Falle der Klageerhebung binnen eines Monats nach unanfechtbarem Abschluss des Verfahrens auf und drohte ihr für den Fall nicht fristgerechter Ausreise die Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen Staat an, in den sie einreisen dürfe oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei.
Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 06.04.2005 ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Es habe sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass die Klägerin in ihrem Heimatland einer individuellen mittelbaren politischen Verfolgung ausgesetzt gewesen sei. Auch habe sie vor der Ausreise keine politische Verfolgung in Form der mittelbaren Gruppenverfolgung erlitten. Die Lage der syrisch-orthodoxen Christen im Südosten der Türkei habe sich gebessert. Auch derzeit drohe der Klägerin keine politische Verfolgung etwa in Form einer mittelbaren Gruppenverfolgung.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat mit Beschluss vom 09.06.2005 - A 12 S 441/05 - die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Der Beschluss wurde der Klägerin am 04.07.2005 zugestellt.
Mit der am 01.08.2005 eingereichten Begründung führt die Klägerin ergänzend aus, die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte habe von einem gezielten Anschlag am 06.06.2005 mit einer ferngezündeten Bombe auf den assyrisch-orthodoxen Priester x aus Gütersloh und seine beiden Begleiter berichtet, die die Rückkehr von ehemals nach Westeuropa geflohenen Christen in den Tur Abdin hätten vorbereiten wollen. Dr. O. O. stelle in einer Mitteilung vom Juni 2005 fest, dass sich die Situation der Christen in der Türkei allgemein nicht verbessert habe. Ein Minderheitenbericht, der im Herbst 2004 von einem vom türkischen Ministerpräsidenten Erdogan eingesetzten Beratergremium vorgelegt worden sei, habe zu heftigen, teilweise auch handgreiflichen Auseinandersetzungen geführt. Noch immer werde den nicht muslimischen Minderheiten der Rechtsstatus verweigert, der sich bereits aus dem Vertrag von Lausanne aus dem Jahre 1923 ergebe. In der Türkei gebe es nur individuelle, aber keine kollektive Religionsfreiheit. Der Enthusiasmus hinsichtlich des Siedlungsprojektes in Kafro sei verflogen. Die zwischenzeitlich gebesserte Lage habe sich wieder verschlechtert. Dies dürfte im Zusammenhang mit dem nach wie vor ungeklärten Minderheitenkonflikt im Südosten der Türkei stehen. Sie gehe vom Vorliegen einer Gruppenverfolgung aus. Die türkischen Behörden seien ganz offensichtlich nicht gewillt, rechtsstaatliche Standards einzuführen, von denen auch die syrisch-orthodoxe christliche Minderheit in der Türkei profitieren könnte. Sie wisse noch immer nicht, was mit ihrer Schwester geschehen sei. Dem Schreiben des Priesters x vom 13.07.2005 lasse sich entnehmen, dass von kurdischen Muslimen gezielt nach ihrem Verbleib gefragt werde. Der Priester x sei in einem Ort getötet worden, der nicht zu dem Bereich gehöre, wo sie sich aufgehalten habe und wohin sie verwandtschaftliche Beziehungen unterhalte. Sie könne daher nicht aufklären, welchen Hintergrund der Bombenanschlag habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 06. April 2005 - A 16 K 12137/03 - aufzuheben und ie Beklagte zu verpflichten, sie unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes vom 04. Juli 2003 als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen,
dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen, hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheids zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Zur Begründung führt sie aus, nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 03.05.2005 sowie den Erkenntnissen des Bundesamtes sei von einer erheblichen Verbesserung der Rückkehrsituation syrisch-orthodoxer Christen aus dem Tur Abdin auszugehen. Die Annahme einer Gruppenverfolgung entbehre daher jeglicher Grundlage. Die an einem einzigen vermeintlichen Beispiel festgemachte Behauptung einer Verschlechterung der Lage vermöge nicht zu überzeugen. Der klägerische Vortrag zu den Geschehnissen um den Priester Gök und seine Begleiter beinhalte keine substantiierten Angaben zu den genauen Umständen der Tat sowie zu den Absichten der Täter. Es sei nicht dargelegt, weshalb aufgrund eines einzelnen Vorganges die engen Voraussetzungen für eine Gruppenverfolgung erfüllt seien. Ungeklärte Eigentumsfragen, die angeblich für einen reduzierten Enthusiasmus gesorgt haben sollten, dürften für die Annahme einer Gruppenverfolgung kaum ausreichen. Das Auswärtige Amt weise in seinem Lagebericht darauf hin, dass Streitigkeiten z.B. wegen Besitzfragen und Weiderechten durchaus auch bei anderen Bevölkerungsgruppen keine Besonderheit darstellten.
12 
Der beteiligte Bundesbeauftragte hat sich nicht geäußert.
13 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten des Bundesamtes betreffend die Klägerin sowie deren Bruder und die der Klägerin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung mitgeteilten Erkenntnismittel vor. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Der Senat hat die Klägerin zu ihren Asylgründen angehört. Zum Ergebnis der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte und der beteiligte Bundesbeauftragte nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen sind. Denn auf diese Möglichkeit ist in den ordnungsgemäß bewirkten Ladungen hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
15 
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann weder ihre Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG noch die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG beanspruchen. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG liegen nicht vor; die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
16 
I. Nach Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Eine Verfolgung ist dann eine politische, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale (politische Überzeugung, religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen) gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 -, BVerfGE 80, 315).
17 
1.) Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Klägerin nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze vor ihrer Ausreise aus der Türkei individueller mittelbar politischer Verfolgung ausgesetzt und diese für die Ausreise kausal war (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, 367). Der Senat kann insbesondere nicht davon ausgehen, dass die Klägerin - wie sie angibt - in dem für die Annahme der Vorverfolgung erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise von einem bewaffneten Kurden aufgesucht und aufgefordert worden ist, mitzugehen und ihn zu heiraten.
18 
Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Asylsuchende sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darlegen muss. Ihm obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen, und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern (BVerwG, Beschluß vom 26.10.1989 - 9 B 405.89 -, InfAuslR 1990, 38, und Urteil vom 24.03.1987 - 9 C 321.85 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 40). An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Lauf des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, Beschluß vom 29.11.1990 - 2 BvR 1095/90 -, InfAuslR 1991, 94 <95>; BVerwG, Urteil vom 30.10.1990 - 9 C 72/89 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; Beschluß vom 21.07.1989 - 9 B 239.89 -, Buchholz aaO, Nr. 113).
19 
Aufgrund der widersprüchlichen Angaben der Klägerin lässt sich nicht feststellen, wann und wie oft sie von einem kurdischen Mann aufgesucht wurde, der sie aufgefordert haben soll, mitzugehen und ihn zu heiraten. Sowohl in der Anhörung beim Bundesamt als auch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klagebegründung war lediglich die Rede von einem Vorfall zum Jahreswechsel 2001/2002. Ausweislich des Tatbestandes des angegriffenen Urteils gab sie hingegen in der mündlichen Verhandlung auf Frage nach dem konkreten Anlass für ihre Ausreise an, ein Jahr vor der Ausreise habe der Aga einen Mann in ihr Haus geschickt. Dieser Mann habe gesagt, sie müsse seine Frau werden. Auf Vorhalt ihrer früheren Angaben, wonach sich der Vorfall zum Jahreswechsel 2001/2002 ereignet haben soll, trug sie vor, diese Angabe sei falsch. Sie bekräftigte noch einmal, der Mann sei ein Jahr vor ihrer Ausreise gekommen. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht darüber hinaus (erstmals) vortrug, der Mann sei mehrere Male gekommen, ließ sie offen, wann dies gewesen sein soll. Da sie aber auf die Frage, ob es einen konkreten Anlass für die Ausreise gegeben habe, sich ausdrücklich auf den Vorfall ein Jahr vor der Ausreise bezog, ist nach diesem Vorbringen davon auszugehen, dass dieser Vorfall der wesentliche Grund für ihren Entschluss zur Ausreise gewesen ist. Im Gegensatz dazu gab sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat an, die erste Aufforderung, mit dem Mann mitzugehen, sei ein Jahr vor der Ausreise und ohne Androhung von Gewalt erfolgt. Ungefähr zwei Wochen vor der Ausreise habe der Mann ihr erstmals gedroht, so dass sie habe weggehen müssen. Die plötzliche Ausreise sei auf diese Bedrängnis zurückzuführen gewesen. Dieses Vorbringen ist dahingehend zu verstehen, dass wesentlich für den Ausreiseentschluss der Vorfall ca. zwei Wochen vor der Ausreise gewesen sein soll. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von einem ersten Vorfall ca. ein Jahr vor der Ausreise und von einem (für den Ausreiseentschluss maßgeblichen) Vorfall ca. zur Jahreswende 2001/2002 berichtet, drängt sich der Eindruck auf, dass sie damit versucht, ihr bisheriges (widersprüchliches) Vorbringen in Einklang zu bringen.
20 
Widersprüchlich sind auch ihre Angaben zur Anzahl der Personen, die sie aufgesucht und ihr gedroht haben sollen. In der Anhörung beim Bundesamt war nur die Rede von einem Dorfschützer. In der Klagebegründung hieß es hingegen, es sei ein bewaffneter Dorfschützer mit weiteren Männern gekommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war nur die Rede von einem Dorfschützer bzw. einem Mann, der sie mehrfach bedroht habe.
21 
Soweit es um die Umstände der (angeblichen) Einreise auf dem Luftweg geht, hat die Klägerin erst dann ihren Vortrag geändert und an ihren bisherigen Angaben nicht mehr festgehalten, nachdem diese sich als objektiv falsch herausgestellt hatten. Nachdem sie in der Anhörung beim Bundesamt angegeben hatte, sie sei nach der Landung in Stuttgart mit einem Bus vom Flugzeug zum Flughafengebäude gebracht worden, ließ sie erst nach der Mitteilung des Bundesgrenzschutzamtes Stuttgart (Schreiben vom 18.06.2002), dass bei dem fraglichen Flug das Aussteigen über den „Finger“ und nicht mittels eines Bustransports stattgefunden habe, mit der Klagebegründung durch ihren Prozessbevollmächtigten vortragen, sie glaube nunmehr, sich bezüglich der Einreise geirrt zu haben. In Stuttgart sei sie über einen „Schlauch“ aus dem Flugzeug ausgestiegen. Soweit sie ihren „Irrtum“ mit gesundheitlichen Problemen zu erklären versuchte, vermag dies den Widerspruch nicht nachvollziehbar aufzulösen. Zum einen wechseln ihre Angaben auch in diesem Punkt. Nachdem sie sich im Schriftsatz vom 27.01.2004 darauf berufen hatte, sie sei nach der Einreise für drei bis vier Wochen erkrankt gewesen, ließ sie nämlich mit Schriftsatz vom 24.08.2004 vortragen, sie sei bei der Anhörung in Reutlingen, die am 09.04.2002 und damit etwa zweieinhalb Monate nach der Einreise erfolgte, sehr nervös gewesen, weshalb ihr der Anhörer empfohlen habe, sich nach der Anhörung umgehend zum Arzt zu begeben. Zum anderen führte ihr Prozessbevollmächtigter noch im Schriftsatz vom 05.01.2004 aus, sie sei sich sicher, dass sie in Stuttgart mit dem Bus zum Flughafengebäude gebracht worden sei. Erst nachdem ihr mit gerichtlicher Verfügung vom 06.01.2004 eine Kopie des Schreibens des Bundesgrenzschutzamtes übersandt worden war, ließ sie mitteilen, sie glaube nunmehr, dass sie sich in ihre Erinnerung geirrt habe.
22 
Kein entscheidender Beweiswert kommt dem im Berufungsverfahren von der Klägerin vorgelegten Schreiben des x, des für die Diaspora-Gemeinden zuständigen Pfarrers des Tur Abdin, vom 13.07.2005 zu. Darin heißt es, „sie“ erkundigten sich nach der Klägerin. Diese schlechten Menschen der Organisation würden sie mitnehmen oder umbringen, wenn sie sie zu fassen bekämen. Diese Ausführungen sind nicht ausreichend substantiiert; sie können daher der Glaubhaftmachung der von der Klägerin geschilderten Vorfälle nicht dienen. Im übrigen spricht der Umstand, dass nach einer Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 04.03.2004 (an VG Sigmaringen) x wiederholt - wie auch für die Klägerin - Taufurkunden ausgestellt hat, obwohl er dazu nicht befugt war, dafür, dass das von der Klägerin vorgelegte Schreiben gefälligkeitshalber erstellt worden ist.
23 
Aufgrund der widersprüchlichen Angaben kann der Klägerin, was die ihr angeblich drohende Zwangsheirat durch einen Kurden angeht, kein Glauben geschenkt werden. Ihre Angaben sind zudem blass und unsubstantiiert. Ihnen lassen sich nahezu keine Einzelheiten zu den Vorfällen, bei denen sie aufgesucht worden sein soll, entnehmen. Insbesondere fehlt es an einer nachvollziehbaren und plastischen Schilderung der (angeblichen) Drohungen. Dies gilt etwa hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geschilderten Vorfalls ungefähr zwei Wochen vor der Ausreise, der für diese der maßgebliche Anlass gewesen sein soll. Die Klägerin hat den Inhalt der Drohungen nicht wiedergegeben und den Vorfall nicht in einer Weise geschildert, dass für den Senat eine Flucht der Klägerin aus der Türkei in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage nachvollziehbar geworden wäre. Auch unter Berücksichtigung des niedrigen Bildungsstandes der Klägerin und des Umstandes, dass sie Analphabetin ist, vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass sie einer für die Ausreise kausalen individuellen Verfolgung ausgesetzt gewesen ist.
24 
2.) Nicht asylrelevant sind die rechtlichen und administrativen Maßnahmen des türkischen Staates, die die Ausübung anderer Religionen als der des (sunnitischen) Islam einschränken (vgl. dazu Lagebericht des AA vom 03.05.2005; Oehring vom 06.01.2003 an VG Kassel; Schweizerische Flüchtlingshilfe: Türkei - Zur aktuellen Situation - Mai 2005).
25 
Ist das beeinträchtigte Rechtsgut die religiöse Grundentscheidung, so liegt politische Verfolgung etwa dann vor, wenn die Maßnahmen darauf gerichtet sind, die Angehörigen einer religiösen Gruppe ihrer religiösen Identität zu berauben, indem ihnen eine Verleugnung oder gar Preisgabe tragender Inhalte ihrer Glaubensüberzeugung zugemutet wird oder sie daran gehindert werden, ihren eigenen Glauben, so wie sie ihn verstehen, im privaten Bereich und unter sich zu bekennen. Die Religionsausübung im häuslich-privaten Bereich, wie etwa der häusliche Gottesdienst, aber auch die Möglichkeit zum Reden über den eigenen Glauben und zum religiösen Bekenntnis im nachbarschaftlich-kommunikativen Bereich, ferner das Gebet und der Gottesdienst abseits der Öffentlichkeit in persönlicher Gemeinschaft mit anderen Gläubigen dort, wo man sich nach Treu und Glauben unter sich wissen darf, gehören unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde wie nach internationalem Standard zu dem elementaren Bereich, den der Mensch als „religiöses Existenzminimum“ zu seinem Leben- und Bestehenkönnen als sittliche Person benötigt (BVerfG, Beschluß vom 01.07.1987 - 2 BvR 478/86 u.a. -, BVerfGE 76, 143 <158 f.>; BVerfG, Beschluß vom 10.11.1989 - 2 BvR 403/84 u.a. -, BVerfGE 81, 58 <66>).
26 
Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist das „religiöse Existenzminimum“ von syrisch-orthodoxen Christen in der Türkei nicht gefährdet. In der Praxis ist die individuelle Glaubensfreiheit weitestgehend gewährleistet; über staatliche Repressionsmaßnahmen, die auf dem individuellen Glaubensbekenntnis des Einzelnen beruhen, liegen keine Berichte vor (vgl. Lagebericht des AA vom 03.05.2005). Die Ausübung der christlichen Religion in der Türkei ist nicht strafbar (vgl. ai vom 24.06.2004 an das Niedersächsische OVG). Die im Tur Abdin verbliebenen Christen können sowohl in den ländlichen Gebieten als auch in den Städten ungehindert ihrem Glauben nachgehen (Auskunft des AA vom 28.06.2004 an das Niedersächsische OVG). Oehring (Stellungnahme vom 03.10.2004 an das Niedersächsische OVG) berichtet, die individuelle Religionsfreiheit sei in den Dörfern und Städten des Tur Abdin gewährleistet. Christen könnten ihren Glauben in der Regel frei ausüben. Im Gegensatz zur individuellen Religionsfreiheit sei die institutionelle Religionsfreiheit der nicht muslimischen Minderheiten insgesamt auch weiterhin nicht gewährleistet. Das „religiöse Existenzminimum“ ist dadurch aber nicht betroffen.
27 
3.) Offen bleiben kann, ob die Klägerin vor ihrer Ausreise im Januar 2002 als im Tur Abdin lebende syrisch-orthodoxe Christin einer - allein in Betracht kommenden - mittelbaren Gruppenverfolgung ausgesetzt war (vgl. das dem Kläger-Vertreter bekannt gegebene Urteil des Niedersächsischen OVG vom 21.06.2005 - 11 LB 256/02 -, wonach syrisch-orthodoxe Christen aus dem ländlichen Gebiet im Südosten der Türkei, die die Türkei im Dezember 2001 verlassen haben, keiner örtlich begrenzten mittelbaren Gruppenverfolgung unterlegen haben). Nach Einschätzung des Senats können im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine (erneute) mittelbare Gruppenverfolgung der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin und asylerhebliche Übergriffe durch Muslime ausgeschlossen werden.
28 
Eine sog. mittelbare Gruppenverfolgung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts typischerweise vor bei Massenausschreitungen (Pogromen), die das ganze Land oder große Teile desselben erfassen, aber etwa auch dann, wenn unbedeutende oder kleine Minderheiten mit solcher Härte, Ausdauer und Unnachsichtigkeit verfolgt werden, dass jeder Angehörige dieser Minderheiten sich ständig der Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sieht, wobei allerdings nicht ein ganzes Land gewissermaßen flächendeckend erfasst sein muss. Auch ohne Pogrome oder diesen vergleichbare Massenausschreitungen liegt eine mittelbare Gruppenverfolgung immer dann vor, wenn die Verfolgungsschläge, von denen die Angehörigen einer Gruppe getroffen werden, so dicht und eng gestreut fallen, dass für jedes Gruppenmitglied die Furcht begründet ist, in eigener Person Opfer der Übergriffe zu werden. Um zu beurteilen, ob die Verfolgungsdichte die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertigt, müssen Intensität und Anzahl aller Verfolgungshandlungen auch zur Größe der Gruppe in Beziehung gesetzt werden. Die bloße Feststellung „zahlreicher“ oder „häufiger“ Eingriffe reicht nicht aus. Denn eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, kann gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen, weil sie - gemessen an der Zahl der Gruppenmitglieder - nicht ins Gewicht fällt und sich deshalb nicht als Bedrohung der Gruppe darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 158.94 -, BVerwGE 96, 200). Ob diese Voraussetzungen bei einer Gruppe in einem bestimmten Herkunftsstaat vorliegen, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.12.2002 - 1 B 42.02 -, Buchholz 11 Art. 16 a GG Nr. 49). Bei der Prüfung, ob Verfolgungsmaßnahmen insgesamt die notwendige Verfolgungsdichte aufweisen, sind nur asylrelevante, also nur solche Maßnahmen in den Blick zu nehmen, die an ein Asylmerkmal anknüpfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 aaO). Ob die jeweiligen Maßnahmen die notwendige Zielgerichtetheit - hier in Bezug auf das asylerhebliche Merkmal der syrisch-orthodoxen Religion - aufweisen, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, wobei es auf die in der Maßnahme objektiv erkennbar werdende Anknüpfung an asylrelevante Persönlichkeitsmerkmale und nicht auf die subjektiven Motive des Verfolgenden ankommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, 367 und Beschluss vom 22.05.1996 - 9 B 136.96 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 186).
29 
Darüber hinaus setzt die Annahme mittelbar staatlicher Gruppenverfolgung voraus, dass die von Privatpersonen oder nichtstaatlichen Akteuren ausgehende Verfolgung dem Staat zuzurechnen ist. Eine die Zurechenbarkeit begründende Schutzunfähigkeit oder Schutzunwilligkeit besteht nicht bereits dann, wenn in dem zu beurteilenden Einzelfall effektiver staatlicher Schutz nicht geleistet worden ist. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten, lückenlosen Schutz zu gewähren und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen oder „Pannen“ sonstiger Art bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgabe der Wahrung des inneren Friedens nicht vorkommen. Deshalb schließt weder Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch die im Einzelfall von den Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit aus. Vielmehr sind Übergriffe Privater dem Staat als mittelbar staatliche Verfolgung nur dann zuzurechnen, wenn er gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-)Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, vorkommende Fälle von Schutzverweigerung mithin ein von der Regierung nicht gewolltes Fehlverhalten der Handelnden in Einzelfällen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 1.94 -, NVwZ 1995, 391 = InfAuslR 1995, 24 und Beschluss vom 24.03.1995 - 9 B 747.94 -, NVwZ 1996, 85).
30 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Annahme einer mittelbaren Gruppenverfolgung der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin nicht (mehr) gerechtfertigt (ebenso Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21.06.2005, aaO; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.04.2004 - 4 LB 101/02 -; OVG Bremen, Urteil vom 21.02.2001 - 2 A 291/99.A, 2 A 332/99.A - juris). Die frühere Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 23.11.1995 - A 12 S 3571/94 - juris) ist aufgrund der Entwicklung überholt.
31 
Schon im Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 20.11.1997 heißt es, in jüngerer Zeit habe sich die Sicherheitslage der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin verbessert. Sie seien kaum noch Repressionen durch die PKK und staatliche Stellen ausgesetzt. Es könne nicht mehr generell angenommen werden, staatliche Behörden seien nicht in der Lage oder bereit, die syrisch-orthodoxen Christen vor Übergriffen zu schützen. Träten Schwierigkeiten auf, wendeten die Christen sich oft an den in Istanbul ansässigen syrisch-orthodoxen Metropoliten, der bei Bedarf gegenüber türkischen Behörden interveniere (ebenso Lagebericht vom 31.03.1998). Nach der Festnahme des PKK-Führers Öcalan im Frühjahr 1999 hatte sich das politische Klima im Südosten der Türkei zwar vorübergehend wieder verschärft (vgl. Lagebericht des AA vom 07.09.1999). In den Lageberichten des Auswärtigen Amts vom 22.06.2000 und 24.07.2001 heißt es dazu, dass die „Lage der wenigen im Südosten ausharrenden syrisch-orthodoxen Christen angespannt“ bleibt. Im Lagebericht vom 24.07.2001 wurde aber bereits auf einen Erlass des damaligen Ministerpräsidenten Ecevit vom 12.06.2001 verwiesen, in dem alle öffentlichen Einrichtungen ausdrücklich aufgefordert wurden, zurückkehrenden syrisch-orthodoxen Bürgern den freien Gebrauch ihrer verfassungsmäßigen, gesetzlichen und demokratischen Rechte zu erlauben. Im Lagebericht vom 20.03.2002 stellte das Auswärtige Amt fest, dass sich die Lage im Südosten der Türkei beruhigt habe. Es gebe erste Rückkehrer. Nach ersten Berichten werde der Runderlass des Ministerpräsidenten vom 12.06.2001 in der Praxis befolgt.
32 
In einer Stellungnahme vom 28.06.2004 (aaO) weist das Auswärtige Amt darauf hin, dass es nach Angaben von im Tur Abdin lebenden Christen seit mehreren Jahren keine religiös motivierten Übergriffe von Muslimen gegen christliche Bewohner in den Städten oder Dörfern dieser Region oder deren Eigentum mehr gegeben habe. Die im Tur Abdin verbliebenen Christen könnten sowohl in den ländlichen Gebieten als auch in den Städten ungehindert ihrem Glauben und auf individueller Basis einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Im gesamten Gebiet des Tur Abdin lebten ca. 2.200 Christen. Nach den Ausführungen des Erzbischofs von Deyrülzafran/Krs. Mardin gebe es in den Regionen Midyat und Mardin derzeit sechs „aktive“ Klöster. Seit drei bis fünf Jahren gebe es keine Probleme mehr mit der muslimischen Bevölkerung. Die politischen Verhältnisse veränderten sich immer mehr zum Besseren. Der Gouverneur von Mardin sei in den die Christen betreffenden Angelegenheiten sehr hilfsbereit. Als Beispiel zurückkehrender Christen in den Tur Abdin könne ein Rückkehrprojekt in dem Dorf Kafro/Krs.Midyat angesehen werden. Es handle sich dabei um ein seinerzeit von Christen verlassenes Dorf, welches von aus Europa zurückkehrenden ehemaligen Bewohnern wieder aufgebaut werden solle. Der zu diesem Zweck gegründete Entwicklungsverein Kafro mit Sitz in der Schweiz habe sich zum Ziel gesetzt, verlassene Dörfer wieder neu zu errichten. Bis Sommer 2005 solle das für 14 Familien geplante Rückkehrprojekt endgültig abgeschlossen sein.
33 
Oehring berichtet in seiner Stellungnahme vom 03.10.2004 (aaO) davon, dass in den letzten Jahren immer wieder Christen auch in den Südosten der Türkei zurückgekehrt seien, etwa in das Dorf Midin. Am 12.09.2004 hätten türkische Streitkräfte das Dorf Sariköy (Sare), Landkreis Idil/Provinz Sirnak, welches Ende der 90er Jahre von kurdisch stämmigen ehemaligen Dorfschützern und ihren Familienangehörigen in Besitz genommen worden war, geräumt. Auch dorthin sei die Rückkehr assyrischer Familien geplant. In der NZZ vom 20.11.2004 wird berichtet, es fänden Renovierungsarbeiten an Häusern und an der halb zerstörten Kirche statt. Es sei die Rückkehr von fünf assyrischen Familien aus Deutschland geplant.
34 
Nur ganz vereinzelt wird von Übergriffen von im Tur Abdin lebenden Kurden gegenüber syrisch-orthodoxen Christen berichtet. Amnesty International (Stellungnahme vom 24.06.2004 aaO) erwähnt einen Vorfall, bei dem ein in das Dorf Kafro zurückgekehrter syrisch-orthodoxer Christ (x) im April 2003 während der Herrichtung seines Elternhauses von Kurden angegriffen und verletzt worden sei, er habe seinerseits zwei Menschen verletzt, ein strafrechtliches Verfahren sei jedoch nur gegen ihn eingeleitet worden (vgl. Stellungnahme der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte vom 18.09.2003, S. 121 der Akte des Verwaltungsgerichts).
35 
Am 06.06.2005 explodierte eine durch ein Mobiltelefon ferngesteuerte Landmine, als das Fahrzeug des syrianischen Dekans x das nur von syrisch-orthodoxen Christen bewohnte Dorf Ücköy/Harabele verließ (vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker vom 09.06.2005). x ist der in Deutschland lebende Kommissionsvorsitzende des Dachverbandes der Entwicklungsvereine Tur Abdin (DETA). In dem PKW befanden sich außerdem der Muhtar des Dorfes, der Geschäftsmann x und ein Fahrer. Der PKW fuhr in einer aus mehreren Fahrzeugen bestehenden Kolonne in Richtung der Kreisstadt Midyat, um beim dortigen Katasteramt Grundbuchregistrierungen für aus Europa zurückkehrende Christen vornehmen zu lassen. Bei den Insassen der Begleitfahrzeuge handelte es sich um Dorfbewohner mehrerer Christendörfer, die als Zeugen beim Katasteramt hinsichtlich der Klärung von Grundeigentumsfragen auftreten wollten. Der Anschlag führte - entgegen den Ausführungen in der Berufungsbegründung, wonach x getötet worden sein soll - lediglich zu leichteren Verletzungen der Insassen, allerdings zu schweren Schäden am Fahrzeug. Das Bundesamt berichtet (vgl. Erkenntnisse - Türkei vom August 2005), es habe es sich laut fernmündlicher Auskunft des Dekans Gök um einen gezielten Anschlag auf seine Person sowie auf den Muhtar gehandelt, um eine Registrierung der Grundstücke zu verhindern und dadurch die Rückkehr von Christen in ihre angestammten Dörfer zu erschweren oder gar zu verhindern. Seitens der zuständigen Jandarma seien Ermittlungen aufgenommen worden. Das Bundesamt berichtet außerdem von einem weiteren Zwischenfall im April 2005 im Dorf Sare, als eine Landmine unter einem Baum aufgefunden worden sei. Die Verantwortlichen seien nicht gefasst worden. Zu Schäden ist es dabei aber allem Anschein nach nicht gekommen.
36 
Soweit die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Türkei - Zur aktuellen Situation - Mai 2005) von Fällen berichtet, bei denen Rückkehrer von Dorfschützern angegriffen und bedroht worden seien, fehlt es an verifizierbaren Angaben zu den näheren Umständen, insbesondere zu der Frage, ob die Übergriffe an die Religion der betroffenen Opfer anknüpften. Im Lagebericht des Auswärtigen Amtes (vom 03.05.2005) wird ausgeführt, es sei in den letzten zwei bis drei Jahren vereinzelt zu Übergriffen der muslimischen kurdischen Bevölkerung gegenüber syrisch-orthodoxen Christen im Südosten der Türkei gekommen, es sei dabei aber - soweit bekannt - um Streitigkeiten wegen Besitzfragen und Weiderechten gegangen, die andernorts in gleicher Weise zwischen Muslimen im Zusammenhang mit der Rückkehr in die Dörfer vorkämen. Die Religionszugehörigkeit spiele bei diesen Übergriffen wie auch bei Übergriffen gegen Angehörige anderer Glaubensrichtungen (z.B. Yeziden) keine ausschlaggebende Rolle. Angesichts dieser Ausführungen ist, da näheres über den Hintergrund des Anschlags auf den Dekan xxx nicht bekannt ist, auch nicht erkennbar, dass es den Verantwortlichen für diesen Anschlag (auch) um die Verhinderung der Rückkehr der Christen aus religiösen Gründen ging und nicht (allein) um die Sicherung seitens der Kurden angemaßter Weide- und Eigentumsrechte.
37 
Auch können noch ganz vereinzelt vorkommende Übergriffe gegenüber syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin dem türkischen Staat nicht (mehr) zugerechnet werden. Insbesondere liegen keine Hinweise dafür vor, dass die türkische Polizei - wie Anfang der 90er Jahre - bei Übergriffen gegenüber syrisch-orthodoxen Christen grundsätzlich nicht einschreitet. Soweit es ihr möglich ist, leistet sie vielmehr wirksamen Schutz. Oehring berichtet in seiner Stellungnahme vom 03.10.2004 (aaO), in Dörfern mit örtlicher Präsenz der Gendarmerie bzw. des Militärs könnten Christen z.B. ihren landwirtschaftlichen Besitz ungestört bestellen und müssten nicht mit Übergriffen der muslimischen Kurden rechnen. Bei etwaigen Übergriffen der kurdischen Bevölkerung auf die christliche Bevölkerung solcher Dörfer sei durchaus mit Gewährung von Schutz durch den türkischen Staat zu rechnen. In Dörfern ohne örtliche Präsenz der Gendarmerie bzw. des Militärs bzw. ohne Präsenz in der unmittelbaren Nachbarschaft könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Schutzgewährung zeitlich erst dann greife, wenn der entsprechende Übergriff bereits erfolgt sei. In Städten wie Midyat - hier sei grundsätzlich massive Präsenz der Gendarmerie bzw. des Militärs in der unmittelbaren Nachbarschaft gegeben - könnten aber Christen ihrer Erwerbstätigkeit als Handwerker oder Händler nachgehen und müssten in der Regel nicht mit Übergriffen der muslimischen Kurden rechnen.
38 
Dass Übergriffe nicht vollständig ausgeschlossen werden können, steht der Annahme, dass türkische Sicherheitskräfte ausnahmslos schutzwillig sind, nicht entgegen. Dass sie sich darüber hinausgehend für die Wiedererlangung des Eigentums der zurückkehrenden syrisch-orthodoxen Christen einsetzen, zeigt sich am Beispiel des Dorfes Sare, welches durch Kurden besetzt worden war und am 12.09.2004 von türkischen Sicherheitskräften geräumt wurde, um eine Rückkehr der syrisch-orthodoxen Christen zu ermöglichen (vgl. Oehring, Stellungnahme vom 03.10.2004, aaO). Außerdem berichtet Oehring, Midyat, wo die Klägerin ihren Angaben zufolge vor der Ausreise wohnhaft gewesen ist, sei ein zentraler Punkt der Präsenz türkischer Sicherheitskräfte, weshalb auf jeden Fall die Sicherheit vor Ort als gewährleistet zu erachten sei. Auch amnesty international (vgl. Stellungnahme vom 24.06.2004 aaO) geht davon aus, dass die Strafverfolgungsorgane Anzeigen durch syrisch-orthodoxe Christen nachgingen und Strafverfahren einleiteten. Auch nach dem Anschlag vom Juni 2005 auf den Dekan xxx bemüht sich die türkische Polizei allem Anschein nach um die Ermittlung und Bestrafung der Täter (vgl. Bundesamt, Erkenntnisse-Türkei vom August 2005). Dass die türkischen Behörden und die Polizei auch zum Schutz der syrisch-orthodoxen Christen in der Lage sind, zeigt der Umstand, dass es - wie schon ausgeführt - nur noch zu ganz vereinzelten Übergriffen kommt, die im Übrigen andernorts in gleicher Weise zwischen Muslimen im Zusammenhang mit der Rückkehr in die Dörfer vorkommen (vgl. Lageberichte des AA vom 03.05.2005).
39 
Auch wenn nach alledem vereinzelte Fälle von Übergriffen gegenüber syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin nicht gänzlich ausgeschlossen werden können, so ergibt doch eine Gesamtschau der vorliegenden Erkenntnisquellen auch unter Berücksichtigung der geringen Größe der betroffenen Gruppe, dass zum heutigen Zeitpunkt eine (erneute) an die Religion anknüpfende mittelbare Gruppenverfolgung der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin wegen fehlender Zurechenbarkeit etwaiger Übergriffe sowie mangels der erforderlichen Verfolgungsdichte nicht vorliegt. Dass auch die syrisch-orthodoxen Christen aus Europa seit einigen Jahren Geld und Arbeit in ihre Heimatorte investieren und zum Teil bereits zurückgekehrt sind, macht deutlich, dass sie selbst die Situation in diesem Teil der Türkei nicht mehr als gefährdend empfinden und mithin von einer hinreichenden Sicherheit für ihr Leben im Falle einer Rückkehr in die Türkei ausgehen. Anzeichen dafür, dass insoweit eine grundlegende Wandlung eingetreten ist und etwa der Entwicklungsverein Kafro und die betroffenen Familien, die ihre Rückkehr nach Kafro planen, inzwischen von dem Rückkehrprojekt Abstand genommen haben, sind nicht erkennbar.
40 
Dass gerade die Klägerin Opfer von Übergriffen werden könnte, ist völlig unwahrscheinlich, zumal sie nach Midyat, an ihren früheren Wohnort zurückkehren kann, wo durch die massive Präsenz der türkischen Polizei ausreichender Schutz gewährleistet ist (vgl. Oehring, Stellungnahme vom 03.10.2004 aaO), und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie etwa im Hinblick auf Eigentums- oder Weiderechte, welche wohl der häufigste Grund für Auseinandersetzungen mit der muslimischen Bevölkerung sind, Probleme bekommen könnte. Entsprechende Vorfälle vor ihrer Ausreise hat sie nicht geschildert. Die (nur) theoretische Möglichkeit von Übergriffen genügt nicht, um die hinreichende Sicherheit ausschließen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.04.1996 - 9 C 170.95 -, BVerwGE 101, 123).
41 
4.) Darüber hinaus spricht nichts dagegen, dass die Klägerin im Westen der Türkei - insbesondere in Istanbul - eine zumutbare inländische Fluchtalternative vorfinden kann. Eine inländische Fluchtalternative schließt politische Verfolgung aus, wenn der Asylsuchende dort hinreichend sicher vor politischer Verfolgung ist und grundsätzlich die Möglichkeit zum wirtschaftlichen Überleben besteht. Andere als durch die politische Verfolgung bedingte Nachteile und Gefahren, die an einem verfolgungssicheren Ort drohen, schließen diesen Ort als inländische Fluchtalternative nur dann aus, wenn eine gleichartige existentielle Gefährdung am Herkunftsort nicht bestünde. In einem solchen Fall liegt nämlich nicht in einer am Herkunftsort drohenden politischen Verfolgung, sondern in der auch in anderen Landesteilen drohenden sonstigen existentiellen Gefährdung der eigentliche Grund dafür, dass außerhalb des für die Schutzgewährung in erster Linie zuständigen Herkunftsstaates Schutz gesucht wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.07.2003 - 2 BvR 32/03 -, DVBl. 2004, 111; BVerwG, Urteil vom 09.09.1997 - 9 C 43.96 -, NVwZ 1999, 308). Trifft aber der Vortrag der Klägerin zu, dass sie weder im Südosten noch im Westen der Türkei alleine leben könne, so unterscheiden sich die wirtschaftlich-existentiellen Nachteile, die ihr im Falle einer Rückkehr drohen, insoweit im Westen nicht von denen im Südosten. Die ihr unter Umständen drohenden existentiellen Gefahren wären damit nicht verfolgungsbedingt und infolge dessen nicht asylrelevant (vgl. OVG Bremen, Urteil vom 21.02.2001, aaO).
42 
Ebenso wenig spricht etwas dagegen, dass es für die Klägerin in Istanbul möglich wäre, jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das wirtschaftliche Existenzminimum durch eigene Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite zu bestreiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.07.2002 - 1 B 128.02 -, 1 PKH 24.02 -, InfAuslR 2002, 455). Oehring (vgl. Stellungnahme vom 03.10.2004, aaO) geht trotz der Schwierigkeiten für nach Istanbul zurückkehrende Christen beim Aufbau einer Existenz davon aus, dass „die dort ansässigen christlichen Gemeinden keinen aus der Bundesrepublik Deutschland zurückkehrenden Christen verhungern lassen würden“. In seiner Stellungnahme vom 06.01.2003 (an VG Kassel) betont er zwar die erheblichen Probleme, die selbst einem zuletzt in Istanbul wohnhaften Christen im Falle der Rückkehr dorthin beim Aufbau einer Existenzgrundlage entstehen würden, andererseits geht er aber davon aus, dass Rückkehrer von den örtlichen syrisch-orthodoxen Gemeinden (nur) im Rahmen des nicht Vermeidbaren betreut werden würden. Auch ai (vgl. Stellungnahme vom 24.06.2004, aaO) führt aus, nach Angaben der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) lebe die überwiegende Mehrheit türkischer Christen in Istanbul. Unterstützung könnten zugezogene Christen vor allem von Christen ihrer Glaubensrichtung und ihrer Sprache erwarten. Gerade die Sprache beeinflusse auch den Kontakt der verschiedenen Konfessionen untereinander. Das Auswärtige Amt (vgl. Stellungnahme vom 28.06.2004, aaO) berichtet, in Istanbul habe die christliche Bevölkerung weder politische noch wirtschaftliche Schwierigkeiten.
43 
II. Die Klägerin kann auch nicht die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG beanspruchen. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG darf in Anwendung des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Nach § 60 Abs. 1 S. 4c AufenthG kann eine Verfolgung im Sinne des Satz 1 auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat und Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen, einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative. Dass der türkische Staat willens und in der Lage ist, den syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin Schutz vor Übergriffen zu bieten, ist bereits dargelegt worden. Keiner Erörterung bedarf es hier, wann trotz des generellen Willens der Sicherheitskräfte, Schutz zu bieten, nicht mehr von Schutzfähigkeit ausgegangen werden kann. Zweifellos ist die Schutzfähigkeit nicht bereits dann zu verneinen, wenn - wie hier - Übergriffe nichtstaatlicher Akteure nur ganz vereinzelt vorkommen bzw. nicht gänzlich ausgeschlossen werden können (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 11.05.2005 - 1 Q 16/05 - juris).
44 
Offen bleiben kann, ob der Begriff der Religion im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG im Lichte der so genannten Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG) dahingehend auszulegen ist, dass nicht nur das „religiöse Existenzminimum“, sondern auch religiöse Betätigungen im öffentlichen Bereich geschützt sind (so die Leitsätze des UNHCR zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach Art. 13 RL 83/2004/EG Nr. 57). Denn die Richtlinie ist bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist (10.10.2006) nicht zwingend anzuwenden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.05.2005 - A 3 S 358/05 -, VBlBW 2005, 303 und vom 20.04.2005 - A 8 S 264/05 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.05.2005 - 11 A 533/05.A - juris).
45 
Der Klägerin droht auch nicht bei der Rückkehr in die Türkei individuelle politische Verfolgung i.S.v. § 60 Abs. 1 AufenthG. Auch im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zur syrisch-orthodoxen Religion ist sie bei ihrer Einreise in die Türkei hinreichend sicher davor, an der Grenze oder auf dem Flughafen asylrelevanten staatlichen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt zu sein (vgl. zur Rückkehrgefährdung bei kurdischen Volkszugehörigen: Senatsurteil vom 07.11.2002 - A 12 S 907/00 -). Das Auswärtige Amt berichtet (vgl. Lagebericht vom 03.05.2005), dass sich bei der Einreise in die Türkei jeder, auch Abgeschobene wie abgelehnte Asylbewerber und Zurückgeschobene, gleich welcher ethnischen Zugehörigkeit, einer Personenkontrolle zu unterziehen habe. Türkische Staatsangehörige, die ein gültiges türkisches, zur Einreise berechtigendes Reisedokument besäßen, könnten die Grenzkontrollen normalerweise ungehindert passieren. In Fällen von Rückführung gestatteten die türkischen Behörden nach einer strengeren Anwendung der bestehenden Regelungen die Einreise neuerdings nur mit türkischem Reisepass oder Passersatzpapier. Sei es der türkischen Grenzpolizei bekannt, dass es sich um eine abgeschobene Person handle, werde diese nach Ankunft in der Türkei einer Routinekontrolle unterzogen, die einen Abgleich mit dem Fahndungsregister nach strafrechtlich relevanten Umständen und eine eingehende Befragung beinhalten könne. Abgeschobene könnten dabei in den Diensträumen der jeweiligen Polizeiwache vorübergehend zum Zwecke eine Befragung festgehalten werden. Gleiches gelte, wenn jemand keine gültigen Reisedokumente vorweisen könne oder aus seinem Reisepass ersichtlich sei, dass er sich ohne Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland aufgehalten habe. Die Einholung von Auskünften könne je nach Einreisezeitpunkt und dem Ort, an dem das Personenstandsregister geführt werde, einige Stunden dauern. In neuerer Zeit sei dem Auswärtigen Amt nur ein Fall bekannt geworden, in dem eine Befragung bei Rückkehr länger als mehrere Stunden gedauert habe. Bestehe der Verdacht einer Straftat, würden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Das Auswärtige Amt habe in den vergangenen Jahren Fälle, in denen Behauptungen von Misshandlungen oder Folter in die Türkei abgeschobener Personen (vor allem abgelehnte Asylbewerber) konkret vorgetragen worden seien, im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten durch seine Auslandsvertretungen stets überprüft. Seit fast vier Jahren sei ihm kein einziger Fall bekannt geworden, in dem ein aus der Bundesrepublik Deutschland in die Türkei zurückgekehrter abgelehnte Asylbewerber im Zusammenhang mit früheren Aktivitäten gefoltert oder misshandelt worden sei. In den letzten beiden Jahren sei auch kein Fall an das Auswärtige Amt zur Überprüfung mit der Behauptung herangetragen worden, dass ein abgelehnter Asylbewerber nach Rückkehr misshandelt worden sei. Auch die türkischen Menschenrechtsorganisationen hätten explizit erklärt, dass aus ihrer Sicht diesem Personenkreis keine staatlichen Repressionsmaßnahmen drohten. Das Auswärtige Amt gehe deshalb davon aus, dass bei abgeschobenen Personen die Gefahr einer Misshandlung bei Rückkehr in die Türkei nur aufgrund von vor der Ausreise nach Deutschland zurückliegenden wirklichen oder vermeintlichen Straftaten auch angesichts der durchgeführten Reformen und der Erfahrungen der letzten Jahre in diesem Bereich äußerst unwahrscheinlich sei. Misshandlung oder Folter allein aufgrund der Tatsache, dass ein Asylantrag gestellt wurde, schließe das Auswärtige Amt aus.
46 
Angesichts dieser Feststellungen kann ausgeschlossen werden, dass der Klägerin im Falle der Rückkehr in die Türkei asylrelevante Verfolgung drohen würde, zumal Umstände, die ihre eingehende Befragung in der Türkei erforderlich machen könnten, für den Senat nicht ersichtlich sind.
47 
III. Die Klägerin kann auch nicht die Feststellung eines Abschiebungsverbotes i.S.v. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG beanspruchen. Insbesondere die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist nicht gerechtfertigt. Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, wenn ihm in dem Staat, in den die Abschiebung erfolgen soll, erhebliche konkrete Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit drohen, die eine Abschiebung aus rechtlichen, insbesondere verfassungsrechtlichen Gründen verbieten. Allerdings können allgemeine Gefahren i.S. des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG auch dann kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen, wenn sie den Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betreffen. Trotz bestehender konkreter erheblicher Gefahr ist danach die Anwendbarkeit des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Verfahren eines einzelnen Ausländers „gesperrt“, wenn dieselbe Gefahr zugleich einer Vielzahl weiterer Personen im Abschiebezielstaat droht. Nur dann dürfen die Verwaltungsgerichte im Einzelfall Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe angehören, für die ein Abschiebestopp nach § 60a AufenthG nicht besteht, ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG zusprechen, wenn keine anderen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG gegeben sind, eine Abschiebung aber Verfassungsrecht verletzen würde. Dies ist der Fall, wenn der Ausländer in seinem Heimatstaat einer extremen Gefahr dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im Falle seiner Abschiebung dorthin gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dem einzelnen Ausländer unabhängig von einer Ermessensentscheidung nach §§ 60 Abs. 7 Satz 2, 60a AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren (vgl. die auch nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes zum 01.01.2005 heranzuziehende Rechtsprechung des BVerwG zu § 53 AuslG: Urt. v. 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324 und Urt. v. 08.12.1998 - BVerwG 9 C 4.98 -, AuAS 1999, 76 = InfAuslR 1999, 266, m.w.N.).
48 
Der Eintritt einer entsprechenden extremen Gefahrenlage für die Klägerin ist nicht beachtlich wahrscheinlich. Was die von ihr befürchteten Übergriffe seitens der muslimischen Bevölkerung im Tur Abdin angeht, kann auf die Ausführungen zu Art. 16 a Abs. 1 GG verwiesen werden. Auch ist nicht davon auszugehen, dass sie im Falle der Rückkehr in die Türkei, etwa in Istanbul (vgl. die Ausführungen oben zur inländischen Fluchtalternative) oder an ihrem früheren Wohnort Midyat keine ausreichende Existenzgrundlage finden wird. Die im Tur Abdin verbliebenen Christen können sowohl in den ländlichen Gebieten als auch in den Städten ungehindert auf individueller Basis einer Erwerbstätigkeit nachgehen, in Midyat gibt es grundsätzlich Möglichkeiten, die in Europa erlernten Berufe auszuüben (vgl. Auskunft des AA vom 28.06.2004 aaO).
49 
Auch die persönlichen Umstände der Klägerin gebieten keine andere Beurteilung. Sie hat bis zu ihrer Ausreise aus der Türkei an ihrem Wohnort Midyat ihren Lebensunterhalt allem Anschein nach aus Land- bzw. Viehwirtschaft (vgl. Anhörung beim Bundesamt sowie Angaben in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht), aus der Beschäftigung als Haushaltshilfe bei anderen Christen (vgl. die beim VG Stuttgart vorgelegte Klagebegründung) und aus der Unterstützung durch ihren Bruder sowie Cousin, die in Deutschland leben bzw. gelebt haben (vgl. ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht), finanziert. Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen ist in der Zwischenzeit nicht eingetreten, weshalb nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie bei einer Rückkehr in die Türkei kein Auskommen finden könnte. Es sind keine durchgreifenden Gründe dafür ersichtlich, dass eine Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit in der Land- oder Viehwirtschaft nicht möglich ist. Dass es ihr allein aufgrund der Unterstützung ihres Cousins sowie ihres Bruders, welcher angeblich nicht mehr in der Lage sein soll, sie zu unterstützen, möglich gewesen ist, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, hat sie selbst nicht behauptet. Insbesondere in der Anhörung beim Bundesamt hat sie keine entsprechenden Angaben gemacht, sondern lediglich von ihrer Tätigkeit in der Landwirtschaft gesprochen. Von einer Unterstützung durch den Bruder und den Cousin war nur hinsichtlich der Schlepperkosten die Rede. Zudem wohnt in Midyat nach wie vor eine „Tante“, bei der zumindest in der Anfangszeit, bis die Klägerin (wieder) über eine eigene Unterkunft verfügt, die Möglichkeit bestehen dürfte, unterzukommen. Es spricht auch alles dafür, dass sie im Notfall seitens ihrer in Deutschland lebenden Verwandten finanzielle Unterstützung erhalten würde.
50 
IV. Die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie entsprechen den Maßgaben der §§ 34, 38 AsylVfG.
51 
V. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 entsprechend VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG).
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Tatsachenfragen sind einer revisionsgerichtlichen Klärung nicht zugänglich (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.07.1984 - 9 C 46.84 -, BVerwGE, 70, 24).

Gründe

 
14 
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte und der beteiligte Bundesbeauftragte nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen sind. Denn auf diese Möglichkeit ist in den ordnungsgemäß bewirkten Ladungen hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
15 
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann weder ihre Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16 a GG noch die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG beanspruchen. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG liegen nicht vor; die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
16 
I. Nach Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Eine Verfolgung ist dann eine politische, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale (politische Überzeugung, religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen) gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 -, BVerfGE 80, 315).
17 
1.) Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Klägerin nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze vor ihrer Ausreise aus der Türkei individueller mittelbar politischer Verfolgung ausgesetzt und diese für die Ausreise kausal war (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, 367). Der Senat kann insbesondere nicht davon ausgehen, dass die Klägerin - wie sie angibt - in dem für die Annahme der Vorverfolgung erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise von einem bewaffneten Kurden aufgesucht und aufgefordert worden ist, mitzugehen und ihn zu heiraten.
18 
Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Asylsuchende sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darlegen muss. Ihm obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen, und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern (BVerwG, Beschluß vom 26.10.1989 - 9 B 405.89 -, InfAuslR 1990, 38, und Urteil vom 24.03.1987 - 9 C 321.85 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 40). An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Lauf des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, Beschluß vom 29.11.1990 - 2 BvR 1095/90 -, InfAuslR 1991, 94 <95>; BVerwG, Urteil vom 30.10.1990 - 9 C 72/89 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135; Beschluß vom 21.07.1989 - 9 B 239.89 -, Buchholz aaO, Nr. 113).
19 
Aufgrund der widersprüchlichen Angaben der Klägerin lässt sich nicht feststellen, wann und wie oft sie von einem kurdischen Mann aufgesucht wurde, der sie aufgefordert haben soll, mitzugehen und ihn zu heiraten. Sowohl in der Anhörung beim Bundesamt als auch in der beim Verwaltungsgericht vorgelegten Klagebegründung war lediglich die Rede von einem Vorfall zum Jahreswechsel 2001/2002. Ausweislich des Tatbestandes des angegriffenen Urteils gab sie hingegen in der mündlichen Verhandlung auf Frage nach dem konkreten Anlass für ihre Ausreise an, ein Jahr vor der Ausreise habe der Aga einen Mann in ihr Haus geschickt. Dieser Mann habe gesagt, sie müsse seine Frau werden. Auf Vorhalt ihrer früheren Angaben, wonach sich der Vorfall zum Jahreswechsel 2001/2002 ereignet haben soll, trug sie vor, diese Angabe sei falsch. Sie bekräftigte noch einmal, der Mann sei ein Jahr vor ihrer Ausreise gekommen. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht darüber hinaus (erstmals) vortrug, der Mann sei mehrere Male gekommen, ließ sie offen, wann dies gewesen sein soll. Da sie aber auf die Frage, ob es einen konkreten Anlass für die Ausreise gegeben habe, sich ausdrücklich auf den Vorfall ein Jahr vor der Ausreise bezog, ist nach diesem Vorbringen davon auszugehen, dass dieser Vorfall der wesentliche Grund für ihren Entschluss zur Ausreise gewesen ist. Im Gegensatz dazu gab sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat an, die erste Aufforderung, mit dem Mann mitzugehen, sei ein Jahr vor der Ausreise und ohne Androhung von Gewalt erfolgt. Ungefähr zwei Wochen vor der Ausreise habe der Mann ihr erstmals gedroht, so dass sie habe weggehen müssen. Die plötzliche Ausreise sei auf diese Bedrängnis zurückzuführen gewesen. Dieses Vorbringen ist dahingehend zu verstehen, dass wesentlich für den Ausreiseentschluss der Vorfall ca. zwei Wochen vor der Ausreise gewesen sein soll. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von einem ersten Vorfall ca. ein Jahr vor der Ausreise und von einem (für den Ausreiseentschluss maßgeblichen) Vorfall ca. zur Jahreswende 2001/2002 berichtet, drängt sich der Eindruck auf, dass sie damit versucht, ihr bisheriges (widersprüchliches) Vorbringen in Einklang zu bringen.
20 
Widersprüchlich sind auch ihre Angaben zur Anzahl der Personen, die sie aufgesucht und ihr gedroht haben sollen. In der Anhörung beim Bundesamt war nur die Rede von einem Dorfschützer. In der Klagebegründung hieß es hingegen, es sei ein bewaffneter Dorfschützer mit weiteren Männern gekommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat war nur die Rede von einem Dorfschützer bzw. einem Mann, der sie mehrfach bedroht habe.
21 
Soweit es um die Umstände der (angeblichen) Einreise auf dem Luftweg geht, hat die Klägerin erst dann ihren Vortrag geändert und an ihren bisherigen Angaben nicht mehr festgehalten, nachdem diese sich als objektiv falsch herausgestellt hatten. Nachdem sie in der Anhörung beim Bundesamt angegeben hatte, sie sei nach der Landung in Stuttgart mit einem Bus vom Flugzeug zum Flughafengebäude gebracht worden, ließ sie erst nach der Mitteilung des Bundesgrenzschutzamtes Stuttgart (Schreiben vom 18.06.2002), dass bei dem fraglichen Flug das Aussteigen über den „Finger“ und nicht mittels eines Bustransports stattgefunden habe, mit der Klagebegründung durch ihren Prozessbevollmächtigten vortragen, sie glaube nunmehr, sich bezüglich der Einreise geirrt zu haben. In Stuttgart sei sie über einen „Schlauch“ aus dem Flugzeug ausgestiegen. Soweit sie ihren „Irrtum“ mit gesundheitlichen Problemen zu erklären versuchte, vermag dies den Widerspruch nicht nachvollziehbar aufzulösen. Zum einen wechseln ihre Angaben auch in diesem Punkt. Nachdem sie sich im Schriftsatz vom 27.01.2004 darauf berufen hatte, sie sei nach der Einreise für drei bis vier Wochen erkrankt gewesen, ließ sie nämlich mit Schriftsatz vom 24.08.2004 vortragen, sie sei bei der Anhörung in Reutlingen, die am 09.04.2002 und damit etwa zweieinhalb Monate nach der Einreise erfolgte, sehr nervös gewesen, weshalb ihr der Anhörer empfohlen habe, sich nach der Anhörung umgehend zum Arzt zu begeben. Zum anderen führte ihr Prozessbevollmächtigter noch im Schriftsatz vom 05.01.2004 aus, sie sei sich sicher, dass sie in Stuttgart mit dem Bus zum Flughafengebäude gebracht worden sei. Erst nachdem ihr mit gerichtlicher Verfügung vom 06.01.2004 eine Kopie des Schreibens des Bundesgrenzschutzamtes übersandt worden war, ließ sie mitteilen, sie glaube nunmehr, dass sie sich in ihre Erinnerung geirrt habe.
22 
Kein entscheidender Beweiswert kommt dem im Berufungsverfahren von der Klägerin vorgelegten Schreiben des x, des für die Diaspora-Gemeinden zuständigen Pfarrers des Tur Abdin, vom 13.07.2005 zu. Darin heißt es, „sie“ erkundigten sich nach der Klägerin. Diese schlechten Menschen der Organisation würden sie mitnehmen oder umbringen, wenn sie sie zu fassen bekämen. Diese Ausführungen sind nicht ausreichend substantiiert; sie können daher der Glaubhaftmachung der von der Klägerin geschilderten Vorfälle nicht dienen. Im übrigen spricht der Umstand, dass nach einer Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 04.03.2004 (an VG Sigmaringen) x wiederholt - wie auch für die Klägerin - Taufurkunden ausgestellt hat, obwohl er dazu nicht befugt war, dafür, dass das von der Klägerin vorgelegte Schreiben gefälligkeitshalber erstellt worden ist.
23 
Aufgrund der widersprüchlichen Angaben kann der Klägerin, was die ihr angeblich drohende Zwangsheirat durch einen Kurden angeht, kein Glauben geschenkt werden. Ihre Angaben sind zudem blass und unsubstantiiert. Ihnen lassen sich nahezu keine Einzelheiten zu den Vorfällen, bei denen sie aufgesucht worden sein soll, entnehmen. Insbesondere fehlt es an einer nachvollziehbaren und plastischen Schilderung der (angeblichen) Drohungen. Dies gilt etwa hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geschilderten Vorfalls ungefähr zwei Wochen vor der Ausreise, der für diese der maßgebliche Anlass gewesen sein soll. Die Klägerin hat den Inhalt der Drohungen nicht wiedergegeben und den Vorfall nicht in einer Weise geschildert, dass für den Senat eine Flucht der Klägerin aus der Türkei in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage nachvollziehbar geworden wäre. Auch unter Berücksichtigung des niedrigen Bildungsstandes der Klägerin und des Umstandes, dass sie Analphabetin ist, vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass sie einer für die Ausreise kausalen individuellen Verfolgung ausgesetzt gewesen ist.
24 
2.) Nicht asylrelevant sind die rechtlichen und administrativen Maßnahmen des türkischen Staates, die die Ausübung anderer Religionen als der des (sunnitischen) Islam einschränken (vgl. dazu Lagebericht des AA vom 03.05.2005; Oehring vom 06.01.2003 an VG Kassel; Schweizerische Flüchtlingshilfe: Türkei - Zur aktuellen Situation - Mai 2005).
25 
Ist das beeinträchtigte Rechtsgut die religiöse Grundentscheidung, so liegt politische Verfolgung etwa dann vor, wenn die Maßnahmen darauf gerichtet sind, die Angehörigen einer religiösen Gruppe ihrer religiösen Identität zu berauben, indem ihnen eine Verleugnung oder gar Preisgabe tragender Inhalte ihrer Glaubensüberzeugung zugemutet wird oder sie daran gehindert werden, ihren eigenen Glauben, so wie sie ihn verstehen, im privaten Bereich und unter sich zu bekennen. Die Religionsausübung im häuslich-privaten Bereich, wie etwa der häusliche Gottesdienst, aber auch die Möglichkeit zum Reden über den eigenen Glauben und zum religiösen Bekenntnis im nachbarschaftlich-kommunikativen Bereich, ferner das Gebet und der Gottesdienst abseits der Öffentlichkeit in persönlicher Gemeinschaft mit anderen Gläubigen dort, wo man sich nach Treu und Glauben unter sich wissen darf, gehören unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde wie nach internationalem Standard zu dem elementaren Bereich, den der Mensch als „religiöses Existenzminimum“ zu seinem Leben- und Bestehenkönnen als sittliche Person benötigt (BVerfG, Beschluß vom 01.07.1987 - 2 BvR 478/86 u.a. -, BVerfGE 76, 143 <158 f.>; BVerfG, Beschluß vom 10.11.1989 - 2 BvR 403/84 u.a. -, BVerfGE 81, 58 <66>).
26 
Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist das „religiöse Existenzminimum“ von syrisch-orthodoxen Christen in der Türkei nicht gefährdet. In der Praxis ist die individuelle Glaubensfreiheit weitestgehend gewährleistet; über staatliche Repressionsmaßnahmen, die auf dem individuellen Glaubensbekenntnis des Einzelnen beruhen, liegen keine Berichte vor (vgl. Lagebericht des AA vom 03.05.2005). Die Ausübung der christlichen Religion in der Türkei ist nicht strafbar (vgl. ai vom 24.06.2004 an das Niedersächsische OVG). Die im Tur Abdin verbliebenen Christen können sowohl in den ländlichen Gebieten als auch in den Städten ungehindert ihrem Glauben nachgehen (Auskunft des AA vom 28.06.2004 an das Niedersächsische OVG). Oehring (Stellungnahme vom 03.10.2004 an das Niedersächsische OVG) berichtet, die individuelle Religionsfreiheit sei in den Dörfern und Städten des Tur Abdin gewährleistet. Christen könnten ihren Glauben in der Regel frei ausüben. Im Gegensatz zur individuellen Religionsfreiheit sei die institutionelle Religionsfreiheit der nicht muslimischen Minderheiten insgesamt auch weiterhin nicht gewährleistet. Das „religiöse Existenzminimum“ ist dadurch aber nicht betroffen.
27 
3.) Offen bleiben kann, ob die Klägerin vor ihrer Ausreise im Januar 2002 als im Tur Abdin lebende syrisch-orthodoxe Christin einer - allein in Betracht kommenden - mittelbaren Gruppenverfolgung ausgesetzt war (vgl. das dem Kläger-Vertreter bekannt gegebene Urteil des Niedersächsischen OVG vom 21.06.2005 - 11 LB 256/02 -, wonach syrisch-orthodoxe Christen aus dem ländlichen Gebiet im Südosten der Türkei, die die Türkei im Dezember 2001 verlassen haben, keiner örtlich begrenzten mittelbaren Gruppenverfolgung unterlegen haben). Nach Einschätzung des Senats können im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine (erneute) mittelbare Gruppenverfolgung der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin und asylerhebliche Übergriffe durch Muslime ausgeschlossen werden.
28 
Eine sog. mittelbare Gruppenverfolgung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts typischerweise vor bei Massenausschreitungen (Pogromen), die das ganze Land oder große Teile desselben erfassen, aber etwa auch dann, wenn unbedeutende oder kleine Minderheiten mit solcher Härte, Ausdauer und Unnachsichtigkeit verfolgt werden, dass jeder Angehörige dieser Minderheiten sich ständig der Gefährdung an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit ausgesetzt sieht, wobei allerdings nicht ein ganzes Land gewissermaßen flächendeckend erfasst sein muss. Auch ohne Pogrome oder diesen vergleichbare Massenausschreitungen liegt eine mittelbare Gruppenverfolgung immer dann vor, wenn die Verfolgungsschläge, von denen die Angehörigen einer Gruppe getroffen werden, so dicht und eng gestreut fallen, dass für jedes Gruppenmitglied die Furcht begründet ist, in eigener Person Opfer der Übergriffe zu werden. Um zu beurteilen, ob die Verfolgungsdichte die Annahme einer Gruppenverfolgung rechtfertigt, müssen Intensität und Anzahl aller Verfolgungshandlungen auch zur Größe der Gruppe in Beziehung gesetzt werden. Die bloße Feststellung „zahlreicher“ oder „häufiger“ Eingriffe reicht nicht aus. Denn eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, kann gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen, weil sie - gemessen an der Zahl der Gruppenmitglieder - nicht ins Gewicht fällt und sich deshalb nicht als Bedrohung der Gruppe darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 158.94 -, BVerwGE 96, 200). Ob diese Voraussetzungen bei einer Gruppe in einem bestimmten Herkunftsstaat vorliegen, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.12.2002 - 1 B 42.02 -, Buchholz 11 Art. 16 a GG Nr. 49). Bei der Prüfung, ob Verfolgungsmaßnahmen insgesamt die notwendige Verfolgungsdichte aufweisen, sind nur asylrelevante, also nur solche Maßnahmen in den Blick zu nehmen, die an ein Asylmerkmal anknüpfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 aaO). Ob die jeweiligen Maßnahmen die notwendige Zielgerichtetheit - hier in Bezug auf das asylerhebliche Merkmal der syrisch-orthodoxen Religion - aufweisen, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, wobei es auf die in der Maßnahme objektiv erkennbar werdende Anknüpfung an asylrelevante Persönlichkeitsmerkmale und nicht auf die subjektiven Motive des Verfolgenden ankommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, 367 und Beschluss vom 22.05.1996 - 9 B 136.96 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 186).
29 
Darüber hinaus setzt die Annahme mittelbar staatlicher Gruppenverfolgung voraus, dass die von Privatpersonen oder nichtstaatlichen Akteuren ausgehende Verfolgung dem Staat zuzurechnen ist. Eine die Zurechenbarkeit begründende Schutzunfähigkeit oder Schutzunwilligkeit besteht nicht bereits dann, wenn in dem zu beurteilenden Einzelfall effektiver staatlicher Schutz nicht geleistet worden ist. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten, lückenlosen Schutz zu gewähren und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen oder „Pannen“ sonstiger Art bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgabe der Wahrung des inneren Friedens nicht vorkommen. Deshalb schließt weder Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch die im Einzelfall von den Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit aus. Vielmehr sind Übergriffe Privater dem Staat als mittelbar staatliche Verfolgung nur dann zuzurechnen, wenn er gegen Verfolgungsmaßnahmen Privater grundsätzlich keinen effektiven Schutz gewährt. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-)Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, vorkommende Fälle von Schutzverweigerung mithin ein von der Regierung nicht gewolltes Fehlverhalten der Handelnden in Einzelfällen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 1.94 -, NVwZ 1995, 391 = InfAuslR 1995, 24 und Beschluss vom 24.03.1995 - 9 B 747.94 -, NVwZ 1996, 85).
30 
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Annahme einer mittelbaren Gruppenverfolgung der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin nicht (mehr) gerechtfertigt (ebenso Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21.06.2005, aaO; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.04.2004 - 4 LB 101/02 -; OVG Bremen, Urteil vom 21.02.2001 - 2 A 291/99.A, 2 A 332/99.A - juris). Die frühere Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 23.11.1995 - A 12 S 3571/94 - juris) ist aufgrund der Entwicklung überholt.
31 
Schon im Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 20.11.1997 heißt es, in jüngerer Zeit habe sich die Sicherheitslage der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin verbessert. Sie seien kaum noch Repressionen durch die PKK und staatliche Stellen ausgesetzt. Es könne nicht mehr generell angenommen werden, staatliche Behörden seien nicht in der Lage oder bereit, die syrisch-orthodoxen Christen vor Übergriffen zu schützen. Träten Schwierigkeiten auf, wendeten die Christen sich oft an den in Istanbul ansässigen syrisch-orthodoxen Metropoliten, der bei Bedarf gegenüber türkischen Behörden interveniere (ebenso Lagebericht vom 31.03.1998). Nach der Festnahme des PKK-Führers Öcalan im Frühjahr 1999 hatte sich das politische Klima im Südosten der Türkei zwar vorübergehend wieder verschärft (vgl. Lagebericht des AA vom 07.09.1999). In den Lageberichten des Auswärtigen Amts vom 22.06.2000 und 24.07.2001 heißt es dazu, dass die „Lage der wenigen im Südosten ausharrenden syrisch-orthodoxen Christen angespannt“ bleibt. Im Lagebericht vom 24.07.2001 wurde aber bereits auf einen Erlass des damaligen Ministerpräsidenten Ecevit vom 12.06.2001 verwiesen, in dem alle öffentlichen Einrichtungen ausdrücklich aufgefordert wurden, zurückkehrenden syrisch-orthodoxen Bürgern den freien Gebrauch ihrer verfassungsmäßigen, gesetzlichen und demokratischen Rechte zu erlauben. Im Lagebericht vom 20.03.2002 stellte das Auswärtige Amt fest, dass sich die Lage im Südosten der Türkei beruhigt habe. Es gebe erste Rückkehrer. Nach ersten Berichten werde der Runderlass des Ministerpräsidenten vom 12.06.2001 in der Praxis befolgt.
32 
In einer Stellungnahme vom 28.06.2004 (aaO) weist das Auswärtige Amt darauf hin, dass es nach Angaben von im Tur Abdin lebenden Christen seit mehreren Jahren keine religiös motivierten Übergriffe von Muslimen gegen christliche Bewohner in den Städten oder Dörfern dieser Region oder deren Eigentum mehr gegeben habe. Die im Tur Abdin verbliebenen Christen könnten sowohl in den ländlichen Gebieten als auch in den Städten ungehindert ihrem Glauben und auf individueller Basis einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Im gesamten Gebiet des Tur Abdin lebten ca. 2.200 Christen. Nach den Ausführungen des Erzbischofs von Deyrülzafran/Krs. Mardin gebe es in den Regionen Midyat und Mardin derzeit sechs „aktive“ Klöster. Seit drei bis fünf Jahren gebe es keine Probleme mehr mit der muslimischen Bevölkerung. Die politischen Verhältnisse veränderten sich immer mehr zum Besseren. Der Gouverneur von Mardin sei in den die Christen betreffenden Angelegenheiten sehr hilfsbereit. Als Beispiel zurückkehrender Christen in den Tur Abdin könne ein Rückkehrprojekt in dem Dorf Kafro/Krs.Midyat angesehen werden. Es handle sich dabei um ein seinerzeit von Christen verlassenes Dorf, welches von aus Europa zurückkehrenden ehemaligen Bewohnern wieder aufgebaut werden solle. Der zu diesem Zweck gegründete Entwicklungsverein Kafro mit Sitz in der Schweiz habe sich zum Ziel gesetzt, verlassene Dörfer wieder neu zu errichten. Bis Sommer 2005 solle das für 14 Familien geplante Rückkehrprojekt endgültig abgeschlossen sein.
33 
Oehring berichtet in seiner Stellungnahme vom 03.10.2004 (aaO) davon, dass in den letzten Jahren immer wieder Christen auch in den Südosten der Türkei zurückgekehrt seien, etwa in das Dorf Midin. Am 12.09.2004 hätten türkische Streitkräfte das Dorf Sariköy (Sare), Landkreis Idil/Provinz Sirnak, welches Ende der 90er Jahre von kurdisch stämmigen ehemaligen Dorfschützern und ihren Familienangehörigen in Besitz genommen worden war, geräumt. Auch dorthin sei die Rückkehr assyrischer Familien geplant. In der NZZ vom 20.11.2004 wird berichtet, es fänden Renovierungsarbeiten an Häusern und an der halb zerstörten Kirche statt. Es sei die Rückkehr von fünf assyrischen Familien aus Deutschland geplant.
34 
Nur ganz vereinzelt wird von Übergriffen von im Tur Abdin lebenden Kurden gegenüber syrisch-orthodoxen Christen berichtet. Amnesty International (Stellungnahme vom 24.06.2004 aaO) erwähnt einen Vorfall, bei dem ein in das Dorf Kafro zurückgekehrter syrisch-orthodoxer Christ (x) im April 2003 während der Herrichtung seines Elternhauses von Kurden angegriffen und verletzt worden sei, er habe seinerseits zwei Menschen verletzt, ein strafrechtliches Verfahren sei jedoch nur gegen ihn eingeleitet worden (vgl. Stellungnahme der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte vom 18.09.2003, S. 121 der Akte des Verwaltungsgerichts).
35 
Am 06.06.2005 explodierte eine durch ein Mobiltelefon ferngesteuerte Landmine, als das Fahrzeug des syrianischen Dekans x das nur von syrisch-orthodoxen Christen bewohnte Dorf Ücköy/Harabele verließ (vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker vom 09.06.2005). x ist der in Deutschland lebende Kommissionsvorsitzende des Dachverbandes der Entwicklungsvereine Tur Abdin (DETA). In dem PKW befanden sich außerdem der Muhtar des Dorfes, der Geschäftsmann x und ein Fahrer. Der PKW fuhr in einer aus mehreren Fahrzeugen bestehenden Kolonne in Richtung der Kreisstadt Midyat, um beim dortigen Katasteramt Grundbuchregistrierungen für aus Europa zurückkehrende Christen vornehmen zu lassen. Bei den Insassen der Begleitfahrzeuge handelte es sich um Dorfbewohner mehrerer Christendörfer, die als Zeugen beim Katasteramt hinsichtlich der Klärung von Grundeigentumsfragen auftreten wollten. Der Anschlag führte - entgegen den Ausführungen in der Berufungsbegründung, wonach x getötet worden sein soll - lediglich zu leichteren Verletzungen der Insassen, allerdings zu schweren Schäden am Fahrzeug. Das Bundesamt berichtet (vgl. Erkenntnisse - Türkei vom August 2005), es habe es sich laut fernmündlicher Auskunft des Dekans Gök um einen gezielten Anschlag auf seine Person sowie auf den Muhtar gehandelt, um eine Registrierung der Grundstücke zu verhindern und dadurch die Rückkehr von Christen in ihre angestammten Dörfer zu erschweren oder gar zu verhindern. Seitens der zuständigen Jandarma seien Ermittlungen aufgenommen worden. Das Bundesamt berichtet außerdem von einem weiteren Zwischenfall im April 2005 im Dorf Sare, als eine Landmine unter einem Baum aufgefunden worden sei. Die Verantwortlichen seien nicht gefasst worden. Zu Schäden ist es dabei aber allem Anschein nach nicht gekommen.
36 
Soweit die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Türkei - Zur aktuellen Situation - Mai 2005) von Fällen berichtet, bei denen Rückkehrer von Dorfschützern angegriffen und bedroht worden seien, fehlt es an verifizierbaren Angaben zu den näheren Umständen, insbesondere zu der Frage, ob die Übergriffe an die Religion der betroffenen Opfer anknüpften. Im Lagebericht des Auswärtigen Amtes (vom 03.05.2005) wird ausgeführt, es sei in den letzten zwei bis drei Jahren vereinzelt zu Übergriffen der muslimischen kurdischen Bevölkerung gegenüber syrisch-orthodoxen Christen im Südosten der Türkei gekommen, es sei dabei aber - soweit bekannt - um Streitigkeiten wegen Besitzfragen und Weiderechten gegangen, die andernorts in gleicher Weise zwischen Muslimen im Zusammenhang mit der Rückkehr in die Dörfer vorkämen. Die Religionszugehörigkeit spiele bei diesen Übergriffen wie auch bei Übergriffen gegen Angehörige anderer Glaubensrichtungen (z.B. Yeziden) keine ausschlaggebende Rolle. Angesichts dieser Ausführungen ist, da näheres über den Hintergrund des Anschlags auf den Dekan xxx nicht bekannt ist, auch nicht erkennbar, dass es den Verantwortlichen für diesen Anschlag (auch) um die Verhinderung der Rückkehr der Christen aus religiösen Gründen ging und nicht (allein) um die Sicherung seitens der Kurden angemaßter Weide- und Eigentumsrechte.
37 
Auch können noch ganz vereinzelt vorkommende Übergriffe gegenüber syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin dem türkischen Staat nicht (mehr) zugerechnet werden. Insbesondere liegen keine Hinweise dafür vor, dass die türkische Polizei - wie Anfang der 90er Jahre - bei Übergriffen gegenüber syrisch-orthodoxen Christen grundsätzlich nicht einschreitet. Soweit es ihr möglich ist, leistet sie vielmehr wirksamen Schutz. Oehring berichtet in seiner Stellungnahme vom 03.10.2004 (aaO), in Dörfern mit örtlicher Präsenz der Gendarmerie bzw. des Militärs könnten Christen z.B. ihren landwirtschaftlichen Besitz ungestört bestellen und müssten nicht mit Übergriffen der muslimischen Kurden rechnen. Bei etwaigen Übergriffen der kurdischen Bevölkerung auf die christliche Bevölkerung solcher Dörfer sei durchaus mit Gewährung von Schutz durch den türkischen Staat zu rechnen. In Dörfern ohne örtliche Präsenz der Gendarmerie bzw. des Militärs bzw. ohne Präsenz in der unmittelbaren Nachbarschaft könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Schutzgewährung zeitlich erst dann greife, wenn der entsprechende Übergriff bereits erfolgt sei. In Städten wie Midyat - hier sei grundsätzlich massive Präsenz der Gendarmerie bzw. des Militärs in der unmittelbaren Nachbarschaft gegeben - könnten aber Christen ihrer Erwerbstätigkeit als Handwerker oder Händler nachgehen und müssten in der Regel nicht mit Übergriffen der muslimischen Kurden rechnen.
38 
Dass Übergriffe nicht vollständig ausgeschlossen werden können, steht der Annahme, dass türkische Sicherheitskräfte ausnahmslos schutzwillig sind, nicht entgegen. Dass sie sich darüber hinausgehend für die Wiedererlangung des Eigentums der zurückkehrenden syrisch-orthodoxen Christen einsetzen, zeigt sich am Beispiel des Dorfes Sare, welches durch Kurden besetzt worden war und am 12.09.2004 von türkischen Sicherheitskräften geräumt wurde, um eine Rückkehr der syrisch-orthodoxen Christen zu ermöglichen (vgl. Oehring, Stellungnahme vom 03.10.2004, aaO). Außerdem berichtet Oehring, Midyat, wo die Klägerin ihren Angaben zufolge vor der Ausreise wohnhaft gewesen ist, sei ein zentraler Punkt der Präsenz türkischer Sicherheitskräfte, weshalb auf jeden Fall die Sicherheit vor Ort als gewährleistet zu erachten sei. Auch amnesty international (vgl. Stellungnahme vom 24.06.2004 aaO) geht davon aus, dass die Strafverfolgungsorgane Anzeigen durch syrisch-orthodoxe Christen nachgingen und Strafverfahren einleiteten. Auch nach dem Anschlag vom Juni 2005 auf den Dekan xxx bemüht sich die türkische Polizei allem Anschein nach um die Ermittlung und Bestrafung der Täter (vgl. Bundesamt, Erkenntnisse-Türkei vom August 2005). Dass die türkischen Behörden und die Polizei auch zum Schutz der syrisch-orthodoxen Christen in der Lage sind, zeigt der Umstand, dass es - wie schon ausgeführt - nur noch zu ganz vereinzelten Übergriffen kommt, die im Übrigen andernorts in gleicher Weise zwischen Muslimen im Zusammenhang mit der Rückkehr in die Dörfer vorkommen (vgl. Lageberichte des AA vom 03.05.2005).
39 
Auch wenn nach alledem vereinzelte Fälle von Übergriffen gegenüber syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin nicht gänzlich ausgeschlossen werden können, so ergibt doch eine Gesamtschau der vorliegenden Erkenntnisquellen auch unter Berücksichtigung der geringen Größe der betroffenen Gruppe, dass zum heutigen Zeitpunkt eine (erneute) an die Religion anknüpfende mittelbare Gruppenverfolgung der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin wegen fehlender Zurechenbarkeit etwaiger Übergriffe sowie mangels der erforderlichen Verfolgungsdichte nicht vorliegt. Dass auch die syrisch-orthodoxen Christen aus Europa seit einigen Jahren Geld und Arbeit in ihre Heimatorte investieren und zum Teil bereits zurückgekehrt sind, macht deutlich, dass sie selbst die Situation in diesem Teil der Türkei nicht mehr als gefährdend empfinden und mithin von einer hinreichenden Sicherheit für ihr Leben im Falle einer Rückkehr in die Türkei ausgehen. Anzeichen dafür, dass insoweit eine grundlegende Wandlung eingetreten ist und etwa der Entwicklungsverein Kafro und die betroffenen Familien, die ihre Rückkehr nach Kafro planen, inzwischen von dem Rückkehrprojekt Abstand genommen haben, sind nicht erkennbar.
40 
Dass gerade die Klägerin Opfer von Übergriffen werden könnte, ist völlig unwahrscheinlich, zumal sie nach Midyat, an ihren früheren Wohnort zurückkehren kann, wo durch die massive Präsenz der türkischen Polizei ausreichender Schutz gewährleistet ist (vgl. Oehring, Stellungnahme vom 03.10.2004 aaO), und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie etwa im Hinblick auf Eigentums- oder Weiderechte, welche wohl der häufigste Grund für Auseinandersetzungen mit der muslimischen Bevölkerung sind, Probleme bekommen könnte. Entsprechende Vorfälle vor ihrer Ausreise hat sie nicht geschildert. Die (nur) theoretische Möglichkeit von Übergriffen genügt nicht, um die hinreichende Sicherheit ausschließen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.04.1996 - 9 C 170.95 -, BVerwGE 101, 123).
41 
4.) Darüber hinaus spricht nichts dagegen, dass die Klägerin im Westen der Türkei - insbesondere in Istanbul - eine zumutbare inländische Fluchtalternative vorfinden kann. Eine inländische Fluchtalternative schließt politische Verfolgung aus, wenn der Asylsuchende dort hinreichend sicher vor politischer Verfolgung ist und grundsätzlich die Möglichkeit zum wirtschaftlichen Überleben besteht. Andere als durch die politische Verfolgung bedingte Nachteile und Gefahren, die an einem verfolgungssicheren Ort drohen, schließen diesen Ort als inländische Fluchtalternative nur dann aus, wenn eine gleichartige existentielle Gefährdung am Herkunftsort nicht bestünde. In einem solchen Fall liegt nämlich nicht in einer am Herkunftsort drohenden politischen Verfolgung, sondern in der auch in anderen Landesteilen drohenden sonstigen existentiellen Gefährdung der eigentliche Grund dafür, dass außerhalb des für die Schutzgewährung in erster Linie zuständigen Herkunftsstaates Schutz gesucht wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.07.2003 - 2 BvR 32/03 -, DVBl. 2004, 111; BVerwG, Urteil vom 09.09.1997 - 9 C 43.96 -, NVwZ 1999, 308). Trifft aber der Vortrag der Klägerin zu, dass sie weder im Südosten noch im Westen der Türkei alleine leben könne, so unterscheiden sich die wirtschaftlich-existentiellen Nachteile, die ihr im Falle einer Rückkehr drohen, insoweit im Westen nicht von denen im Südosten. Die ihr unter Umständen drohenden existentiellen Gefahren wären damit nicht verfolgungsbedingt und infolge dessen nicht asylrelevant (vgl. OVG Bremen, Urteil vom 21.02.2001, aaO).
42 
Ebenso wenig spricht etwas dagegen, dass es für die Klägerin in Istanbul möglich wäre, jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das wirtschaftliche Existenzminimum durch eigene Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite zu bestreiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.07.2002 - 1 B 128.02 -, 1 PKH 24.02 -, InfAuslR 2002, 455). Oehring (vgl. Stellungnahme vom 03.10.2004, aaO) geht trotz der Schwierigkeiten für nach Istanbul zurückkehrende Christen beim Aufbau einer Existenz davon aus, dass „die dort ansässigen christlichen Gemeinden keinen aus der Bundesrepublik Deutschland zurückkehrenden Christen verhungern lassen würden“. In seiner Stellungnahme vom 06.01.2003 (an VG Kassel) betont er zwar die erheblichen Probleme, die selbst einem zuletzt in Istanbul wohnhaften Christen im Falle der Rückkehr dorthin beim Aufbau einer Existenzgrundlage entstehen würden, andererseits geht er aber davon aus, dass Rückkehrer von den örtlichen syrisch-orthodoxen Gemeinden (nur) im Rahmen des nicht Vermeidbaren betreut werden würden. Auch ai (vgl. Stellungnahme vom 24.06.2004, aaO) führt aus, nach Angaben der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) lebe die überwiegende Mehrheit türkischer Christen in Istanbul. Unterstützung könnten zugezogene Christen vor allem von Christen ihrer Glaubensrichtung und ihrer Sprache erwarten. Gerade die Sprache beeinflusse auch den Kontakt der verschiedenen Konfessionen untereinander. Das Auswärtige Amt (vgl. Stellungnahme vom 28.06.2004, aaO) berichtet, in Istanbul habe die christliche Bevölkerung weder politische noch wirtschaftliche Schwierigkeiten.
43 
II. Die Klägerin kann auch nicht die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG beanspruchen. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG darf in Anwendung des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Nach § 60 Abs. 1 S. 4c AufenthG kann eine Verfolgung im Sinne des Satz 1 auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat und Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen, einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative. Dass der türkische Staat willens und in der Lage ist, den syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin Schutz vor Übergriffen zu bieten, ist bereits dargelegt worden. Keiner Erörterung bedarf es hier, wann trotz des generellen Willens der Sicherheitskräfte, Schutz zu bieten, nicht mehr von Schutzfähigkeit ausgegangen werden kann. Zweifellos ist die Schutzfähigkeit nicht bereits dann zu verneinen, wenn - wie hier - Übergriffe nichtstaatlicher Akteure nur ganz vereinzelt vorkommen bzw. nicht gänzlich ausgeschlossen werden können (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 11.05.2005 - 1 Q 16/05 - juris).
44 
Offen bleiben kann, ob der Begriff der Religion im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG im Lichte der so genannten Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG) dahingehend auszulegen ist, dass nicht nur das „religiöse Existenzminimum“, sondern auch religiöse Betätigungen im öffentlichen Bereich geschützt sind (so die Leitsätze des UNHCR zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach Art. 13 RL 83/2004/EG Nr. 57). Denn die Richtlinie ist bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist (10.10.2006) nicht zwingend anzuwenden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.05.2005 - A 3 S 358/05 -, VBlBW 2005, 303 und vom 20.04.2005 - A 8 S 264/05 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.05.2005 - 11 A 533/05.A - juris).
45 
Der Klägerin droht auch nicht bei der Rückkehr in die Türkei individuelle politische Verfolgung i.S.v. § 60 Abs. 1 AufenthG. Auch im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zur syrisch-orthodoxen Religion ist sie bei ihrer Einreise in die Türkei hinreichend sicher davor, an der Grenze oder auf dem Flughafen asylrelevanten staatlichen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt zu sein (vgl. zur Rückkehrgefährdung bei kurdischen Volkszugehörigen: Senatsurteil vom 07.11.2002 - A 12 S 907/00 -). Das Auswärtige Amt berichtet (vgl. Lagebericht vom 03.05.2005), dass sich bei der Einreise in die Türkei jeder, auch Abgeschobene wie abgelehnte Asylbewerber und Zurückgeschobene, gleich welcher ethnischen Zugehörigkeit, einer Personenkontrolle zu unterziehen habe. Türkische Staatsangehörige, die ein gültiges türkisches, zur Einreise berechtigendes Reisedokument besäßen, könnten die Grenzkontrollen normalerweise ungehindert passieren. In Fällen von Rückführung gestatteten die türkischen Behörden nach einer strengeren Anwendung der bestehenden Regelungen die Einreise neuerdings nur mit türkischem Reisepass oder Passersatzpapier. Sei es der türkischen Grenzpolizei bekannt, dass es sich um eine abgeschobene Person handle, werde diese nach Ankunft in der Türkei einer Routinekontrolle unterzogen, die einen Abgleich mit dem Fahndungsregister nach strafrechtlich relevanten Umständen und eine eingehende Befragung beinhalten könne. Abgeschobene könnten dabei in den Diensträumen der jeweiligen Polizeiwache vorübergehend zum Zwecke eine Befragung festgehalten werden. Gleiches gelte, wenn jemand keine gültigen Reisedokumente vorweisen könne oder aus seinem Reisepass ersichtlich sei, dass er sich ohne Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland aufgehalten habe. Die Einholung von Auskünften könne je nach Einreisezeitpunkt und dem Ort, an dem das Personenstandsregister geführt werde, einige Stunden dauern. In neuerer Zeit sei dem Auswärtigen Amt nur ein Fall bekannt geworden, in dem eine Befragung bei Rückkehr länger als mehrere Stunden gedauert habe. Bestehe der Verdacht einer Straftat, würden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Das Auswärtige Amt habe in den vergangenen Jahren Fälle, in denen Behauptungen von Misshandlungen oder Folter in die Türkei abgeschobener Personen (vor allem abgelehnte Asylbewerber) konkret vorgetragen worden seien, im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten durch seine Auslandsvertretungen stets überprüft. Seit fast vier Jahren sei ihm kein einziger Fall bekannt geworden, in dem ein aus der Bundesrepublik Deutschland in die Türkei zurückgekehrter abgelehnte Asylbewerber im Zusammenhang mit früheren Aktivitäten gefoltert oder misshandelt worden sei. In den letzten beiden Jahren sei auch kein Fall an das Auswärtige Amt zur Überprüfung mit der Behauptung herangetragen worden, dass ein abgelehnter Asylbewerber nach Rückkehr misshandelt worden sei. Auch die türkischen Menschenrechtsorganisationen hätten explizit erklärt, dass aus ihrer Sicht diesem Personenkreis keine staatlichen Repressionsmaßnahmen drohten. Das Auswärtige Amt gehe deshalb davon aus, dass bei abgeschobenen Personen die Gefahr einer Misshandlung bei Rückkehr in die Türkei nur aufgrund von vor der Ausreise nach Deutschland zurückliegenden wirklichen oder vermeintlichen Straftaten auch angesichts der durchgeführten Reformen und der Erfahrungen der letzten Jahre in diesem Bereich äußerst unwahrscheinlich sei. Misshandlung oder Folter allein aufgrund der Tatsache, dass ein Asylantrag gestellt wurde, schließe das Auswärtige Amt aus.
46 
Angesichts dieser Feststellungen kann ausgeschlossen werden, dass der Klägerin im Falle der Rückkehr in die Türkei asylrelevante Verfolgung drohen würde, zumal Umstände, die ihre eingehende Befragung in der Türkei erforderlich machen könnten, für den Senat nicht ersichtlich sind.
47 
III. Die Klägerin kann auch nicht die Feststellung eines Abschiebungsverbotes i.S.v. § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG beanspruchen. Insbesondere die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist nicht gerechtfertigt. Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, wenn ihm in dem Staat, in den die Abschiebung erfolgen soll, erhebliche konkrete Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit drohen, die eine Abschiebung aus rechtlichen, insbesondere verfassungsrechtlichen Gründen verbieten. Allerdings können allgemeine Gefahren i.S. des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG auch dann kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen, wenn sie den Ausländer konkret und in individualisierbarer Weise betreffen. Trotz bestehender konkreter erheblicher Gefahr ist danach die Anwendbarkeit des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Verfahren eines einzelnen Ausländers „gesperrt“, wenn dieselbe Gefahr zugleich einer Vielzahl weiterer Personen im Abschiebezielstaat droht. Nur dann dürfen die Verwaltungsgerichte im Einzelfall Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe angehören, für die ein Abschiebestopp nach § 60a AufenthG nicht besteht, ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG zusprechen, wenn keine anderen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG gegeben sind, eine Abschiebung aber Verfassungsrecht verletzen würde. Dies ist der Fall, wenn der Ausländer in seinem Heimatstaat einer extremen Gefahr dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im Falle seiner Abschiebung dorthin gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, dem einzelnen Ausländer unabhängig von einer Ermessensentscheidung nach §§ 60 Abs. 7 Satz 2, 60a AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren (vgl. die auch nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes zum 01.01.2005 heranzuziehende Rechtsprechung des BVerwG zu § 53 AuslG: Urt. v. 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324 und Urt. v. 08.12.1998 - BVerwG 9 C 4.98 -, AuAS 1999, 76 = InfAuslR 1999, 266, m.w.N.).
48 
Der Eintritt einer entsprechenden extremen Gefahrenlage für die Klägerin ist nicht beachtlich wahrscheinlich. Was die von ihr befürchteten Übergriffe seitens der muslimischen Bevölkerung im Tur Abdin angeht, kann auf die Ausführungen zu Art. 16 a Abs. 1 GG verwiesen werden. Auch ist nicht davon auszugehen, dass sie im Falle der Rückkehr in die Türkei, etwa in Istanbul (vgl. die Ausführungen oben zur inländischen Fluchtalternative) oder an ihrem früheren Wohnort Midyat keine ausreichende Existenzgrundlage finden wird. Die im Tur Abdin verbliebenen Christen können sowohl in den ländlichen Gebieten als auch in den Städten ungehindert auf individueller Basis einer Erwerbstätigkeit nachgehen, in Midyat gibt es grundsätzlich Möglichkeiten, die in Europa erlernten Berufe auszuüben (vgl. Auskunft des AA vom 28.06.2004 aaO).
49 
Auch die persönlichen Umstände der Klägerin gebieten keine andere Beurteilung. Sie hat bis zu ihrer Ausreise aus der Türkei an ihrem Wohnort Midyat ihren Lebensunterhalt allem Anschein nach aus Land- bzw. Viehwirtschaft (vgl. Anhörung beim Bundesamt sowie Angaben in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht), aus der Beschäftigung als Haushaltshilfe bei anderen Christen (vgl. die beim VG Stuttgart vorgelegte Klagebegründung) und aus der Unterstützung durch ihren Bruder sowie Cousin, die in Deutschland leben bzw. gelebt haben (vgl. ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht), finanziert. Eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen ist in der Zwischenzeit nicht eingetreten, weshalb nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie bei einer Rückkehr in die Türkei kein Auskommen finden könnte. Es sind keine durchgreifenden Gründe dafür ersichtlich, dass eine Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit in der Land- oder Viehwirtschaft nicht möglich ist. Dass es ihr allein aufgrund der Unterstützung ihres Cousins sowie ihres Bruders, welcher angeblich nicht mehr in der Lage sein soll, sie zu unterstützen, möglich gewesen ist, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, hat sie selbst nicht behauptet. Insbesondere in der Anhörung beim Bundesamt hat sie keine entsprechenden Angaben gemacht, sondern lediglich von ihrer Tätigkeit in der Landwirtschaft gesprochen. Von einer Unterstützung durch den Bruder und den Cousin war nur hinsichtlich der Schlepperkosten die Rede. Zudem wohnt in Midyat nach wie vor eine „Tante“, bei der zumindest in der Anfangszeit, bis die Klägerin (wieder) über eine eigene Unterkunft verfügt, die Möglichkeit bestehen dürfte, unterzukommen. Es spricht auch alles dafür, dass sie im Notfall seitens ihrer in Deutschland lebenden Verwandten finanzielle Unterstützung erhalten würde.
50 
IV. Die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie entsprechen den Maßgaben der §§ 34, 38 AsylVfG.
51 
V. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 entsprechend VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG).
52 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Tatsachenfragen sind einer revisionsgerichtlichen Klärung nicht zugänglich (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.07.1984 - 9 C 46.84 -, BVerwGE, 70, 24).

Sonstige Literatur

 
53 
Rechtsmittelbelehrung
54 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
55 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
56 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
57 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
58 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Ein Ausländer, der nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 2 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes), wird verpflichtet, an dem in der Verteilentscheidung nach § 50 Absatz 4 genannten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Findet eine länderübergreifende Verteilung gemäß § 51 statt, dann ergeht die Wohnsitzauflage im Hinblick auf den sich danach ergebenden Aufenthaltsort. Der Ausländer kann den in der Wohnsitzauflage genannten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(2) Ein Ausländer, der nicht oder nicht mehr verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, und dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist (§ 2 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes), kann verpflichtet werden,

1.
in einer bestimmten Gemeinde, in einer bestimmten Wohnung oder Unterkunft zu wohnen,
2.
in eine bestimmte Gemeinde, Wohnung oder Unterkunft umzuziehen oder
3.
in dem Bezirk einer anderen Ausländerbehörde desselben Landes seinen gewöhnlichen Aufenthalt und Wohnung oder Unterkunft zu nehmen.
Eine Anhörung des Ausländers ist erforderlich in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2, wenn er sich länger als sechs Monate in der Gemeinde, Wohnung oder Unterkunft aufgehalten hat. Die Anhörung gilt als erfolgt, wenn der Ausländer oder sein anwaltlicher Vertreter Gelegenheit hatte, sich innerhalb von zwei Wochen zu der vorgesehenen Unterbringung zu äußern. Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(3) Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 ist die nach § 50 zuständige Landesbehörde. Die Wohnsitzauflage soll mit der Zuweisungsentscheidung nach § 50 verbunden werden. Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 ist die nach § 51 Absatz 2 Satz 2 zuständige Landesbehörde. Die Wohnsitzauflage soll mit der Verteilungsentscheidung nach § 51 Absatz 2 Satz 2 verbunden werden. Zuständig für Maßnahmen nach Absatz 2 ist die Ausländerbehörde, in deren Bezirk die Gemeinde oder die zu beziehende Wohnung oder Unterkunft liegt.

(1) Die mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden dürfen zum Zwecke der Ausführung dieses Gesetzes personenbezogene Daten erheben, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Personenbezogene Daten, deren Verarbeitung nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung untersagt ist, dürfen erhoben werden, soweit dies im Einzelfall zur Aufgabenerfüllung erforderlich ist.

(2) Die Daten sind bei der betroffenen Person zu erheben. Sie dürfen auch ohne Mitwirkung der betroffenen Person bei anderen öffentlichen Stellen, ausländischen Behörden und nichtöffentlichen Stellen erhoben werden, wenn

1.
dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift es vorsieht oder zwingend voraussetzt,
2.
es offensichtlich ist, dass es im Interesse der betroffenen Person liegt und kein Grund zu der Annahme besteht, dass sie in Kenntnis der Erhebung ihre Einwilligung verweigern würde,
3.
die Mitwirkung der betroffenen Person nicht ausreicht oder einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde,
4.
die zu erfüllende Aufgabe ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich macht oder
5.
es zur Überprüfung der Angaben der betroffenen Person erforderlich ist.
Nach Satz 2 Nr. 3 und 4 sowie bei ausländischen Behörden und nichtöffentlichen Stellen dürfen Daten nur erhoben werden, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.

(3) Die Asylverfahrensakten des Bundesamtes sind spätestens zehn Jahre nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu vernichten sowie in den Datenverarbeitungssystemen des Bundesamtes zu löschen. Die Fristen zur Vernichtung und Löschung aufgrund anderer Vorschriften bleiben davon unberührt.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.