Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 07. Mai 2019 - AN 1 K 17.02543

bei uns veröffentlicht am07.05.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.

3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin des Anwesens … in … (FlNr. … der Gemarkung … im Gemeindegebiet der Beklagten).

Die Beklagte nahm im Jahr 2010 aufgrund einer Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) in ihrer Entwässerungssatzung (EWS) eine Verpflichtung für Grundstückseigentümer auf, wonach diese die von ihnen zu unterhaltenden Grundstücksentwässerungsanlagen und den Grundstücksanschluss in periodischen Abständen nach den Regeln der Technik, insbesondere nach DIN 1986-30 (Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke, Teil 30: Instandhaltung) in der jeweils gültigen Fassung, auf Bauzustand, insbesondere Dichtheit und Funktionsfähigkeit, untersuchen und festgestellte Mängel unverzüglich beseitigen haben zu lassen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 EWS). Die Satzung trat zum 1. Januar 2010 in Kraft und legte den Prüfzeitraum für Anlagen zur Ableitung von häuslichem Abwasser erstmalig bis spätestens 31. Dezember 2015 fest (§ 12 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EWS). Mit einem Informationsblatt, das die Beklagte den Grundabgabenbescheiden Anfang des Jahres 2016 beifügte, wurde nochmals auf diese Überprüfungspflicht hingewiesen.

Mit Schreiben vom 25. Januar 2016 übermittelte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung des Unternehmens …, vom 18. Dezember 2008. Demnach wurde am 17. Dezember 2008 auf dem obengenannten Anwesen der Klägerin eine Verstopfung des Revisionsschachts festgestellt und im Hauptkanal mit einer Motorspirale behoben sowie die Grundleitung gespült. Als Schadensursache wurde ein Wurzeleinwuchs angegeben.

Mit Schreiben vom 27. Januar 2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die vorgelegten Unterlagen lediglich die Reinigung eines Anschlusskanals beträfe. Es wurde daraufhin gewiesen, dass alle Abwassergrundleitungen, die an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen sind, zu überprüfen seien. Unter Fristsetzung zum 30. Juli 2016 wurde die Klägerin aufgefordert, die Grundstücksentwässerungsanlage entsprechend der Entwässerungssatzung untersuchen zu lassen und festgestellte Schäden zu sanieren sowie ein Prüfprotokoll nach erfolgter Sanierung vorzulegen.

Mit weiterem Schreiben der Beklagten vom 11. August 2016 wurde die Klägerin mit Verweis auf § 12 EWS erneut aufgefordert, bis spätestens 1. September 2016 die mit Schreiben vom 27. Januar 2016 geforderten Unterlagen nachzureichen.

Mit Schreiben vom 15. August 2016 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie das Unternehmen … … beauftragt habe.

Letztmals mit E-Mail vom 30. August 2016 verlängerte die Beklagte daraufhin die gesetzte Frist bis zum 30. September 2016.

Nachdem die geforderten Nachweise bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingegangen waren, erließ die Beklagte am 8. November 2017 folgenden Bescheid:

1. Die Firma … GmbH & Co. KG wird aufgefordert, die Mängelfreiheit der Grundstücksentwässerungsanlage einschließlich des privaten Anschlusskanals für das obengenannte Grundstück mittels Dichtheitsprüfung dem Bauaufsichtsamt der Stadt … nachzuweisen. Für den Nachweis ist das Prüfprotokoll und der dazu gehörige Grundstückentwässerungsplan vorzulegen.

2. Falls die Firma … GmbH & Co. KG ihrer Verpflichtung aus Nr. 1 dieses Bescheides nicht vollständig bis spätestens 21. Dezember 2017 nachkommt, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR zur Zahlung fällig.

3. Die Firma … GmbH & Co. KG hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 150,00 EUR erhoben. Die Auslagen betragen 3,13 EUR. Der Gesamtbetrag von 153,13 EUR ist bis 24. November 2017 auf eines der genannten Konten der Stadtkasse zu überweisen.

Ziffer 1 des Bescheides wurde auf § 12 EWS und § 22 Abs. 1 EWS gestützt, wonach die Beklagte zur Erfüllung von Verpflichtungen aus der Entwässerungssatzung Anordnung für den Einzelfall erlassen könne. Der Bescheid wurde der Klägerin am 10. November 2017 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt.

Mit E-Mail vom 13. November 2017 bat die Klägerin um Fristverlängerung und Rücknahme des Bescheides.

Dem kam die Beklagte mit E-Mail vom 15. November 2017 unter Verweis darauf, dass bereits 2008 Schäden festgestellt worden seien und schon damals eine Sanierung notwendig gewesen wäre sowie die Verfahrensdauer von fast zwei Jahren, nicht nach. Die Klägerin ließ mit Schriftsatz ihrer anwaltlichen Bevollmächtigten vom 7. Dezember 2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, Klage erheben und beantragte zunächst:

Der Bescheid der Beklagten vom 8. November 2017 wird aufgehoben.

Mit Schreiben vom 27. Juni 2018 wurde darauf hingewiesen, dass die Beklagte zahlreiche Eigentümer in Anspruch genommen habe, weshalb die Auftragsbücher der entsprechenden Firmen, deren Anzahl überschaubar sei, voll gewesen seien. Erst am 25. September 2017 habe man auf die rechtzeitig gestellte Anfrage ein Angebot des Unternehmens … … erhalten. Daraufhin sei der Klägerin als nächstmöglicher Termin für die Durchführung der Arbeiten der 18. Dezember 2017 genannt worden. Gerade begründet in dem Umstand, dass die Beklagte mehr oder weniger die gesamte Stadt gleichzeitig in Anspruch genommen habe, seien Termine für die Mängelbeseitigung so kurzfristig, wie von der Beklagten gefordert, schlichtweg nicht zu bekommen gewesen. Die Klägerin habe die Grundstückentwässerungsanlage bzw. den entsprechenden Kanal des Grundstücks im Jahr 2016 fachmännisch befahren lassen. Dabei sei zu Tage getreten, dass sämtliche Mängel auf Wurzeleinwuchs zurückzuführen seien. Die wesentlichen Mängel seien nicht auf dem Grundstück der Klägerin, sondern auf öffentlichen Grund zu finden. Die Wurzeln könnten eindeutig Birken zugeordnet werden, die sich lediglich auf öffentlichem Grund sowie auf dem Grundstück … …, nicht jedoch auf dem Grundstück der Klägerin, befänden.

Die Formulierung „in periodischen Abständen“ in § 12 Abs. 1 EWS verstoße gegen das Bestimmtheitsgebot, da für den Eigentümer nicht voraussehbar und berechenbar sei, in welchen Abständen er in Anspruch genommen werde (vgl. BVerfGE 110, 33, 53 ff.; BVerwG, U.v. 9.3.1990 - 8 C 20/88, NVwZ 1990, 867).

Zudem liege eine fehlerhafte Ermessensentscheidung vor. Die Beklagte habe durch die Inanspruchnahme zahlreicher Grundstückseigentümer selbst zur Verknappung des Angebots von Betrieben für fachmännische Befahrungen und Mängelbeseitigungen beigetragen. Zudem habe die Beklagte überhaupt nicht in Erwägung gezogen, Dritte, jedenfalls nicht die Klägerin als Grundstückseigentümerin, zu verpflichten. Dabei komme es entscheidend darauf an, dass die Klägerin keine Verantwortung an den zu beseitigen Mängeln (Wurzeleinwuchs) treffe. Vielmehr gehe der Wurzeleinwuchs von öffentlichem Grund aus. Die Beklagte selbst sei zur Beseitigung der Eigentumsstörung verpflichtet (§ 1004 Abs. 1 BGB). Daher könne sie nicht von der Klägerin als Geschädigten durch eine Gebotsverfügung die Behebung eingetretener und die Verhütung künftiger Störungen hoheitlich fordern. Dies verstoße gegen den auch im Verwaltungsrecht anerkannten Grundsatz von Treu und Glauben. Eine derartige Auslegung von § 12 Abs. 4 EWS (landesrechtliche Satzung) sei mit der bundesrechtlichen Bestimmung des § 1004 Abs. 1 BGB unvereinbar (Art. 31 GG). Die Beklagte habe mit Blick auf die Unmöglichkeit einer früheren Beauftragung sowie hinsichtlich der Störerauswahl kein Ermessen ausgeübt (Ermessensnichtgebrauch).

Dem Schreiben waren u.a. ein Angebot zur Kanalreparatur der … … GmbH vom 29. August 2017 (Bl. 36 der Gerichtsakte) sowie eine Auftragsbestätigung vom 10. Oktober 2017 (Bl. 43 der Gerichtsakte), gemäß der der 18. Dezember 2017 als nächstmöglicher Termin benannt wurde, als Anlagen beigefügt.

Mit Schreiben vom 30. August 2018 trat die Beklagte dem entgegen und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Entwässerungssatzung der Beklagten nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstoße, da die DIN 1986 - 30 (Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke, Teil 30: Instandhaltung), auf deren jeweils gültige Fassung die Satzung Bezug nehme, die Untersuchungsabstände regle.

Die Beklagte habe auch keine fehlerhafte Ermessensentscheidung getroffen. Die Klägerin habe ausreichend Zeit zur Mängelbeseitigung gehabt, zumal nach Inkrafttreten der Satzung ein 5-jähriger Prüfzeitraum bestanden habe. Zudem sei die Beklagte gemäß § 9 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 EWS verpflichtet, den Grundstücksanschluss und die Grundstücksentwässerungsanlage zu unterhalten. In ihrer Verantwortung liege daher auch die wiederkehrende Überprüfung und Sanierung der Abwasseranlage.

Die Beklagte legte zudem einen Änderungsbescheid vom 29. August 2018 vor und regte an, diesen in das Verfahren einzubeziehen. Mit dem Änderungsbescheid vom 29. August 2018 wurde verfügt:

Die Ziffer 2 im Bescheid der Stadt … vom 8. November 2017 wird wie folgt geändert:

Für den Fall, dass die Firma … … GmbH & Co. KG ihrer Verpflichtung aus der Ziffer 1 des Bescheides vom 8. November 2017 nicht oder nicht vollständig innerhalb von drei Monaten nach Eintritt von dessen Unanfechtbarkeit nachgekommen ist, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR zur Zahlung fällig.

Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2019 erklärten die Klägerbevollmächtigten zunächst, dass eine über die bisherigen Schriftsätze hinausgehende Stellungnahme nicht erfolgen werde.

Auf gerichtliche Nachfrage hin teilten die anwaltlichen Bevollmächtigten der Klägerin mit, dass sämtliche Mängel an der Entwässerungsanlage der Klägerin beseitigt worden seien. Zum Nachweis wurde ein auf den 5. Februar 2018 datiertes Prüfprotokoll der Fachfirma … aus … nebst Grundstücksentwässerungsplan vorgelegt. Der Bescheid der Beklagten habe sich daher erledigt. Die Klägerin habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides aufgrund konkreter Wiederholungsgefahr, da sie Eigentümerin mehrerer Grundstücke im Anwendungsbereich der Entwässerungssatzung der Beklagten sei. Unter Bezugnahme auf den bisherigen schriftsätzlichen Vortrag wurde nochmals ausgeführt, dass die Satzung nicht dem Bestimmtheitsgebot entspreche. Die DIN-Vorschriften seien für den Bürger grundsätzlich nicht frei einsehbar und es sei nicht ersichtlich, wann eine Überprüfung stattzufinden habe. Aufgrund der Dynamik der DIN-Vorschriften bestünde eine fortwährende Überprüfungspflicht seitens des Bürgers. Dies führe zu einer fehlenden Konkretisierung. Zudem wurde nunmehr beantragt,

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 8. November 2017 bezüglich des Vollzugs der Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage der Stadt … in Bezug auf das Grundstück der Klägerin FlNr. … der Gemarkung …, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts …, rechtswidrig war.

Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 2. Mai 2019 mit, dass ein Feststellungsinteresse der Klägerin vorliege und damit die Klageänderung sachdienlich sei. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass auf DIN-Normen zurückgegriffen werden könne. Während der Öffnungszeiten könnten beim Bauaufsichtsamt der Beklagten DIN-Vorschriften kostenfrei eingesehen werden. Auch auf der Homepage der Beklagten seien umfassende Informationen zur wiederkehrenden Überprüfung von privaten Abwasseranlagen eingestellt. Die Klage sei daher unbegründet.

In der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 2019 erklärte die anwaltliche Bevollmächtigte des Klägers, dass auch der Änderungsbescheid vom 29. August 2018 in das Verfahren einbezogen werden solle. Zuletzt wurde daher beantragt,

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 8. November 2017 in der Gestalt vom 29. August 2018 bezüglich des Vollzugs der Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage der Stadt … in Bezug auf das Grundstück der Klägerin Flurstück in … der Gemarkung …, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts …, rechtswidrig war.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Behördenakten und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig.

Die ursprünglich als Anfechtungsklage erhobene Klage wurde im Rahmen einer zulässigen Klageänderung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage geändert.

Die Klägerin begehrte ursprünglich die Aufhebung des Bescheides vom 8. November 2017 im Wege einer Anfechtungsklage, § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO. Da nach Klageerhebung die Entwässerungsanlage der Klägerin saniert wurde und hierüber ein Nachweis durch Vorlage eines Prüfprotokolls geführt wurde, trat eine Erledigung der Hauptsache ein. Daher hat die Klägerin die Klage geändert. Ihr nunmehr verfolgtes Ziel, die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 8. November 2017 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 29. August 2018 festzustellen, stellt eine zulässige Form der Klageänderung dar, da diese sachdienlich ist, § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO.

Diese Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig. Nachdem die Klägerin unstreitig Eigentümerin mehrerer Grundstücke im Geltungsbereich der Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage der Stadt … (nachfolgend: EWS) ist, besteht aufgrund einer möglichen Wiederholungsgefahr auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Auch sonst sind keine Aspekte ersichtlich, die der Zulässigkeit der Klage entgegenstehen würden, zumal die ursprüngliche Klage zulässig, insbesondere fristgemäß, war und somit gegenüber der Ausgangsklage kein weitergehender Rechtsschutz gewährt wird.

Die Klage ist jedoch unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid in Gestalt des Änderungsbescheides vom 29. August 2018 zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erledigung rechtmäßig war und die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt wurde, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.

Rechtsgrundlage für den Bescheid ist § 22 Abs. 1 EWS, wonach die Beklagte zur Erfüllung der nach der Entwässerungssatzung bestehenden Verpflichtungen Anordnungen für den Einzelfall erlassen kann. Die Entwässerungsanlage der Klägerin war unstrittig seit dem Jahr 2008 beschädigt und daher undicht. Sie entsprach daher nicht mehr dem Stand der Technik und wurde somit in Widerspruch zu § 9 Abs. 2 Satz 1 EWS und § 60 Abs. 1 Satz 3 WHG betrieben. Zudem sind gemäß § 12 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 EWS für Anlagen zur Ableitung von häuslichem Abwasser erstmalig bis spätestens 31. Dezember 2015 insbesondere Dichtheitsprüfungen durchzuführen und entsprechende Nachweise zu erstellen, § 12 Abs. 1 Satz 6 EWS. Auf Verlangen der Beklagten ist der Eigentümer verpflichtet, das Protokoll vorzulegen, § 12 Abs. 1 Satz 8 EWS. Dem ist die Klägerin bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides nicht nachgekommen. Somit ist eine Verpflichtung aus der Entwässerungssatzung durch die Klägerin nicht erfüllt worden.

Es sind auch keine Ermessensfehler ersichtlich. Nach dem Vortrag der Beklagten wurde bereits im Jahr 2010 die Überprüfungspflicht bis zum 31. Dezember 2015 in die Entwässerungssatzung übernommen. Somit stand der Klägerin ausreichend Zeit zur Verfügung, ihre Verpflichtung fristgemäß nachzukommen. Überdies hat die Beklagte mehrmals Fristverlängerungen gewährt, innerhalb derer eine Prüfung möglich gewesen wäre. Im konkreten Fall der Klägerin ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte weitere Fristverlängerungen hätte gewähren müssen, da Schäden an der Entwässerungseinrichtung der Klägerin bereits seit dem Jahr 2008 bekannt waren und somit auch im Hinblick auf einen effektiven Schutz des Grundwassers Handlungsbedarf bestand. Aus Sicht der erkennenden Kammer ist daher auch dem Umstand ausreichend Rechnung getragen worden, dass mehrere Grundstückseigentümer zeitgleich versucht haben mögen, entsprechende Firmen zu beauftragen, und es daher zu Engpässen gekommen sein mag.

Des Weiteren ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte ihre Anordnung gegen die Klägerin gerichtet hat. Der Grundstückseigentümer ist sowohl für den Unterhalt des Grundstücksanschlusses (§ 8 Abs. 1 Satz 1 EWS) als auch der Grundstücksentwässerungsanlage (§ 9 Abs. 2 Satz 1 EWS) verantwortlich. Diese sogenannte Anliegerregie, die auch in § 12 Abs. 1 Satz 1 EWS eine rechtliche Grundlage erfährt, begründet eine umfassende Pflicht des Grundstückseigentümers, die Grundstücksentwässerungsanlagen zu unterhalten. Demnach ist vorrangig der Grundstückseigentümer in Anspruch zu nehmen. Im vorliegenden Fall war insbesondere zu berücksichtigen, dass bereits Schäden an der Entwässerungseinrichtung der Klägerin festgestellt wurden und somit zur Sicherstellung einer effektiven Gefahrenabwehr eine Heranziehung der Klägerin nicht ermessensfehlerhaft war.

Ob tatsächlich Schäden durch das Wurzelwerk von Bäumen verursacht wurden, die sich auf Grundstücken der Beklagten oder auch benachbarten Grundstücken befinden, bedarf im vorliegenden Rechtsstreit keiner weiteren Klärung. Zum einen ist vorrangig die Klägerin aufgrund der satzungsrechtlich geregelten Anliegerregie für die Dichtheit der Anlage verantwortlich, zum anderen mussten mögliche, nach zivilrechtlichen Regelungen haftende Grundstückseigentümer, nicht ermittelt werden, da dem die Effektivität der Gefahrenabwehr entgegensteht. Auch ist ein offensichtlich überwiegendes Mitverschulden der Beklagten weder vorgetragen noch ersichtlich, sodass auch kein atypischer Fall vorliegt, der die Inanspruchnahme der Klägerin als unbillig erscheinen lässt. Insbesondere befinden sich sowohl auf dem Grundstück der Klägerin als auch auf Nachbargrundstücken Bäume (Bl. 123 der Gerichtsakte), deren Wurzelwerk die Schäden verursacht haben können.

Zuletzt besteht auch kein Verstoß gegen Art. 31 GG. Diese Norm regelt als eine grundlegende Vorschrift des Bundesstaatsprinzips die Lösung von Widersprüchen zwischen Bundes- und Landesrecht. Sie bestimmt das Rangverhältnis für alle Arten von Rechtssätzen jeder Rangstufe, nicht aber für Einzelfallentscheidungen, auch nicht der Gerichte. Art. 31 GG löst die Kollision von Normen und setzt daher zunächst voraus, dass die Regelungen des Bundes- und Landesrechts auf denselben Sachverhalt anwendbar sind. Schon dies ist hier nicht der Fall, da die in der Entwässerungssatzung geregelte öffentlich-rechtliche Störerverantwortlichkeit keine Aussage über die endgültige zivilrechtliche Kostenverteilung zwischen gegebenenfalls mehreren Störern trifft (BayVGH, B.v. 27.9.2012 - 4 ZB 11.1826 - juris Rn. 8 ff.).

Auch wenn es vorliegend aus Sicht der erkennenden Kammer streitentscheidend nicht auf die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 EWS ankommt, da streitgegenständliche lediglich die erstmalige Prüfung der Dichtheit und nicht eine Folgeprüfung der Entwässerungsanlage der Klägerin ist, so begründet sich auch in einer Gesamtschau von § 12 Abs. 1 Satz 1 und 6 EWS keine rechtlichen Bedenken, insbesondere sind diese Vorschriften nicht nichtig. Der Klägerin ist zuzugeben, dass die Beklagte entgegen § 12 Abs. 1 Satz 1 des Musters für eine gemeindliche Entwässerungssatzung (AllMBl. 2012 S. 182), gemäß dem eine wiederkehrende Prüfung in Abständen von jeweils 20 Jahren zu erfolgen hat, keine konkrete Frist für wiederkehrende Prüfungen in der Entwässerungssatzung angegeben hat. Jedoch ist dies im vorliegenden Fall unschädlich, da sich die konkreten Fristen aus der einschlägigen DIN-Norm 1986-30 ergeben. Schon der Gesetzgeber hat in § 60 Abs. 1 Satz 2 WHG hinsichtlich der Errichtung, des Betriebs und Unterhalts von Abwasseranlagen auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik verwiesen. Es ist deshalb jedenfalls im Bereich der Abwasserentsorgung nicht zu beanstanden, wenn der Normgeber in seiner Satzung in Anlehnung an die gesetzliche Regelung des § 60 Abs. 1 Satz 2 WHG auf eine DIN-Norm Bezug nimmt. Dadurch wird lediglich der Inhalt der getroffenen Regelung verdeutlicht (BayVGH, B.v. 26.6.2015 - 4 ZB 15.150 - juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 4.6.2018 - 4 ZB 17.2066 - juris Rn. 12). Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die einschlägigen DIN-Normen vorhält und somit jederzeit die Betroffenen vom Inhalt der DIN-Vorschriften verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen können. Zudem wäre es der Klägerin auch zumutbar, die DIN-Normen bei dem deutschen Patent- und Markenamt in München oder den DIN-Norm-Auslegestellen, wo diese hinterlegt sind, einzusehen (BVerwG, U.v. 27.6.2013 - 3 C 21/12 - juris Rn. 21 ff.).

Auch hinsichtlich Ziffer 3. des streitgegenständlichen Bescheides, mit dem Gebühren und Auslagen erhoben werden, bestehen seitens des Gerichts keine rechtlichen Bedenken.

Die zunächst in Ziffer 2. des Bescheides vom 8. November 2017 rechtswidrige Zwangsgeldandrohung wurde jedenfalls mit Bescheid vom 29. August 2018, der von den Bevollmächtigten der Klägerin zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde, wirksam verfügt.

Die Beklagte hat zunächst in Ziffer 2. des Bescheides vom 8. November 2017 ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR androht und der Klägerin zugleich eine Frist zum 21. Dezember 2017 gesetzt (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG). Die Anordnung eines Sofortvollzuges der unter Ziffer 1. angeordneten Verpflichtung ist jedoch unterblieben. Die gesetzte Frist ist ergebnislos verstrichen, ohne dass die Klägerin ihrer Verpflichtung nachgekommen ist. Jedenfalls mit dem Ablauf der gesetzten Frist zur Erfüllung ist Ziffer 2. des Bescheides vom 8. November 2017 rechtswidrig geworden, weil die am 7. Dezember 2017 erhobene Klage mangels Anordnung eines Sofortvollzuges aufschiebende Wirkung entfaltete (§ 80 Abs. 1 VwGO). Infolge des Eintritts der aufschiebenden Wirkung durch die Klageerhebung bestand keine vollstreckbare Verpflichtung mehr. Erweist sich die Fristsetzung deshalb als gegenstandslos, gilt dies auch für das Zwangsmittel.

Allerdings wurde durch die erneute Zwangsgeldandrohung mit Bescheid vom 29. August 2018 eine wirksame Zwangsgeldandrohung verfügt. Diese beruht auf § 22 Abs. 2 EWS, Art. 29, 31, 36 VwZVG. Die Höhe des Zwangsgeldes, das sich an dem wirtschaftlichen Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, orientieren soll (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG), ist angesichts der voraussichtlichen Kosten für Sanierung und Dichtheitsprüfung der Grundstücksentwässerungsanlage ebenso wenig rechtlich zu beanstanden, wie die Regelung, dass das Zwangsgeldes drei Monate nach Unanfechtbarkeit des Bescheides fällig wird.

Da der Bescheid vom 8. November 2017 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 29. August 2018 rechtmäßig ist, ist die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzt. Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die Klägerin unterliegt mit ihrer Klage hinsichtlich Ziffer 1. und 3. des Bescheides vom 8. November 2017, weshalb sie diesbezüglich die Kosten zu tragen hat, § 154 Abs. 1 VwGO.

Zwar war die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2. des Bescheides vom 8. November 2017 rechtswidrig und wurde erst nachträglich durch den Änderungsbescheid vom 29. August 2018 wirksam verfügt, jedoch stellt dies für die Beklagte lediglich ein Unterliegen zu einem geringen Teil dar, weshalb die Klägerin auch diesbezüglich die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.

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statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Abwasseranlagen sind so zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten, dass die Anforderungen an die Abwasserbeseitigung eingehalten werden. Im Übrigen müssen Abwasserbehandlungsanlagen im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 nach dem Stand der Technik, andere Abwasseranlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden.

(2) Entsprechen vorhandene Abwasseranlagen nicht den Anforderungen nach Absatz 1, so sind die erforderlichen Maßnahmen innerhalb angemessener Fristen durchzuführen.

(3) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung einer Abwasserbehandlungsanlage bedürfen einer Genehmigung, wenn

1.
für die Anlage nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht oder
2.
in der Anlage Abwasser behandelt wird, das
a)
aus Anlagen nach § 3 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen stammt, deren Genehmigungserfordernis sich nicht nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen auf die Abwasserbehandlungsanlage erstreckt, und
b)
nicht unter die Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser (ABl. L 135 vom 30.5.1991, S. 40), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1137/2008 (ABl. L 311 vom 21.11.2008, S. 1) geändert worden ist, fällt oder
3.
in der Anlage Abwasser behandelt wird, das
a)
aus einer Deponie im Sinne von § 3 Absatz 27 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes mit einer Aufnahmekapazität von mindestens 10 Tonnen pro Tag oder mit einer Gesamtkapazität von mindestens 25 000 Tonnen, ausgenommen Deponien für Inertabfälle, stammt, sofern sich die Zulassung der Deponie nicht auf die Anlage erstreckt, und
b)
nicht unter die Richtlinie91/271/EWGfällt.
Die Genehmigung ist zu versagen oder mit den notwendigen Nebenbestimmungen zu versehen, wenn die Anlage den Anforderungen des Absatzes 1 nicht entspricht oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften dies erfordern. § 13 Absatz 1, § 16 Absatz 1 und 3 und § 17 gelten entsprechend. Für die Anlagen, die die Voraussetzungen nach Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erfüllen, gelten auch die Anforderungen nach § 5 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes entsprechend.

(4) Sofern eine Genehmigung nicht beantragt wird, hat der Betreiber die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer Anlage, die die Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erfüllt, der zuständigen Behörde mindestens einen Monat bevor mit der Änderung begonnen werden soll, schriftlich oder elektronisch anzuzeigen, wenn die Änderung Auswirkungen auf die Umwelt haben kann. Der Anzeige sind die zur Beurteilung der Auswirkungen notwendigen Unterlagen nach § 3 Absatz 1 und 2 der Industriekläranlagen-Zulassungs- und Überwachungsverordnung beizufügen, soweit diese für die Prüfung erforderlich sein können, ob das Vorhaben genehmigungsbedürftig ist. Die zuständige Behörde hat dem Betreiber unverzüglich mitzuteilen, ob ihr die für die Prüfung nach Satz 2 erforderlichen Unterlagen vorliegen. Der Betreiber der Anlage darf die Änderung vornehmen, sobald die zuständige Behörde ihm mitgeteilt hat, dass die Änderung keiner Genehmigung bedarf oder wenn die zuständige Behörde sich innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung nach Satz 3, dass die erforderlichen Unterlagen vorliegen, nicht geäußert hat.

(5) Kommt der Betreiber einer Anlage, die die Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erfüllt, einer Nebenbestimmung oder einer abschließend bestimmten Pflicht aus einer Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 57 Absatz 2, 3, 4 Satz 1 Nummer 1 oder Absatz 5 Satz 2, nach § 23 Absatz 1 Nummer 5 oder der Abwasserverordnung in ihrer am 28. Februar 2010 geltenden Fassung nicht nach und wird hierdurch eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt herbeigeführt, so hat die zuständige Behörde den Betrieb der Anlage oder den Betrieb des betreffenden Teils der Anlage bis zur Erfüllung der Nebenbestimmung oder der abschließend bestimmten Pflicht zu untersagen.

(6) Wird eine Anlage, die die Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erfüllt, ohne die erforderliche Genehmigung betrieben oder wesentlich geändert, so ordnet die zuständige Behörde die Stilllegung der Anlage an.

(7) Die Länder können regeln, dass die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von Abwasseranlagen, die nicht unter Absatz 3 fallen, einer Anzeige oder Genehmigung bedürfen. Genehmigungserfordernisse nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Abwasseranlagen sind so zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten, dass die Anforderungen an die Abwasserbeseitigung eingehalten werden. Im Übrigen müssen Abwasserbehandlungsanlagen im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 nach dem Stand der Technik, andere Abwasseranlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden.

(2) Entsprechen vorhandene Abwasseranlagen nicht den Anforderungen nach Absatz 1, so sind die erforderlichen Maßnahmen innerhalb angemessener Fristen durchzuführen.

(3) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung einer Abwasserbehandlungsanlage bedürfen einer Genehmigung, wenn

1.
für die Anlage nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht oder
2.
in der Anlage Abwasser behandelt wird, das
a)
aus Anlagen nach § 3 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen stammt, deren Genehmigungserfordernis sich nicht nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen auf die Abwasserbehandlungsanlage erstreckt, und
b)
nicht unter die Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser (ABl. L 135 vom 30.5.1991, S. 40), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1137/2008 (ABl. L 311 vom 21.11.2008, S. 1) geändert worden ist, fällt oder
3.
in der Anlage Abwasser behandelt wird, das
a)
aus einer Deponie im Sinne von § 3 Absatz 27 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes mit einer Aufnahmekapazität von mindestens 10 Tonnen pro Tag oder mit einer Gesamtkapazität von mindestens 25 000 Tonnen, ausgenommen Deponien für Inertabfälle, stammt, sofern sich die Zulassung der Deponie nicht auf die Anlage erstreckt, und
b)
nicht unter die Richtlinie91/271/EWGfällt.
Die Genehmigung ist zu versagen oder mit den notwendigen Nebenbestimmungen zu versehen, wenn die Anlage den Anforderungen des Absatzes 1 nicht entspricht oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften dies erfordern. § 13 Absatz 1, § 16 Absatz 1 und 3 und § 17 gelten entsprechend. Für die Anlagen, die die Voraussetzungen nach Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erfüllen, gelten auch die Anforderungen nach § 5 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes entsprechend.

(4) Sofern eine Genehmigung nicht beantragt wird, hat der Betreiber die Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer Anlage, die die Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erfüllt, der zuständigen Behörde mindestens einen Monat bevor mit der Änderung begonnen werden soll, schriftlich oder elektronisch anzuzeigen, wenn die Änderung Auswirkungen auf die Umwelt haben kann. Der Anzeige sind die zur Beurteilung der Auswirkungen notwendigen Unterlagen nach § 3 Absatz 1 und 2 der Industriekläranlagen-Zulassungs- und Überwachungsverordnung beizufügen, soweit diese für die Prüfung erforderlich sein können, ob das Vorhaben genehmigungsbedürftig ist. Die zuständige Behörde hat dem Betreiber unverzüglich mitzuteilen, ob ihr die für die Prüfung nach Satz 2 erforderlichen Unterlagen vorliegen. Der Betreiber der Anlage darf die Änderung vornehmen, sobald die zuständige Behörde ihm mitgeteilt hat, dass die Änderung keiner Genehmigung bedarf oder wenn die zuständige Behörde sich innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung nach Satz 3, dass die erforderlichen Unterlagen vorliegen, nicht geäußert hat.

(5) Kommt der Betreiber einer Anlage, die die Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erfüllt, einer Nebenbestimmung oder einer abschließend bestimmten Pflicht aus einer Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 57 Absatz 2, 3, 4 Satz 1 Nummer 1 oder Absatz 5 Satz 2, nach § 23 Absatz 1 Nummer 5 oder der Abwasserverordnung in ihrer am 28. Februar 2010 geltenden Fassung nicht nach und wird hierdurch eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt herbeigeführt, so hat die zuständige Behörde den Betrieb der Anlage oder den Betrieb des betreffenden Teils der Anlage bis zur Erfüllung der Nebenbestimmung oder der abschließend bestimmten Pflicht zu untersagen.

(6) Wird eine Anlage, die die Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 oder Nummer 3 erfüllt, ohne die erforderliche Genehmigung betrieben oder wesentlich geändert, so ordnet die zuständige Behörde die Stilllegung der Anlage an.

(7) Die Länder können regeln, dass die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von Abwasseranlagen, die nicht unter Absatz 3 fallen, einer Anzeige oder Genehmigung bedürfen. Genehmigungserfordernisse nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften bleiben unberührt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger sind Miteigentümer eines 1982/1983 an die städtische Entwässerung angeschlossenen Hausgrundstücks. Mit Schreiben vom 4. August 2013 teilten sie der Beklagten mit, außerhalb ihres Hauses bestünden an zwei Stellen starke Einwurzelungen in den Hausanschlusskanal, für die nach ihrer Ansicht zwei städtische Robinien ursächlich seien. Falls die Beklagte die Schäden nicht repariere, würden sie den Auftrag selbst vergeben und die Aufwendungen von der Beklagten zurückverlangen.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2014 gab die Beklagte den Klägern unter Fristsetzung und Zwangsgeldandrohung auf, den bestehenden Anschlusskanal mit Außengrundleitung vom städtischen Kanal bis zum Revisionsschacht (1.) sowie die bestehende Außengrundleitung vom Revisionsschacht bis zum Haus (2.) jeweils wasserdicht und wurzelfest herzustellen und im Anschluss daran die Dichtheit nach DIN EN 1610 in Anwesenheit des städtischen Kontrolldienstes durch eine fachkundige Firma nachzuweisen. In der Begründung des auf § 36 Abs. 1 i. V. m. §§ 29, 30 der Entwässerungssatzung (EWS) der Beklagten gestützten Bescheids wird ausgeführt, durch die von außen in die Entwässerungsleitung eindringenden Wurzeln entstehe eine schadhafte Stelle an der Grundstücksentwässerungsanlage, durch die unbemerkt Schmutzwasser in den umgebenden Boden gelangen oder Grundwasser in die Leitung eindringen könne. Nach Wiederherstellung der schadhaften, undichten Leitungsabschnitte sei gemäß § 29 Abs. 1 EWS nachzuweisen, dass sie wasserdicht seien; dabei sei die DIN EN 1610 gemäß § 4 Abs. 1 EWS als anerkannte Regel der Baukunst zu beachten, wobei die Dichtheitsprüfung jeweils nach § 29 Abs. 5 EWS durch Wasser- oder Luftdruckprüfung zu erbringen sei.

Gegen den Bescheid vom 17. Februar 2014 erhoben die Kläger am 14. März 2014 Fortsetzungsfeststellungsklage. Sie hätten die ihnen auferlegten Arbeiten inzwischen durchgeführt und durch eine beauftragte Firma am 29. Oktober 2013 die Wurzeln mittels einer Spezialfräse entfernen und den Kanal ordnungsgemäß reparieren lassen. Gleichwohl habe die Beklagte im angegriffenen Bescheid auf einer nochmaligen Überprüfung der Dichtheit bestanden, so dass die Firma L. damit beauftragt worden sei. Da neue Einwurzelungen festgestellt worden seien, habe der völlig intakte Revisionsschacht ausgekleidet werden müssen, um einen Wasser- bzw. Luftverlust zuverlässig auszuschließen. Auch die komplette Grundleitung innerhalb des Hauses habe voll ausgekleidet werden müssen. Am 20. Mai 2014 sei die Dichtheitsprüfung erfolgreich durchgeführt und von der beauftragten Firma schriftlich bestätigt worden; die Beklagte habe die Dichtheit mit Schreiben vom 22. Mai 2014 bestätigt. Die Kläger beabsichtigten, die ihnen für die Befahrung und Wiederinstandsetzung der Entwässerungsanlage entstandenen Kosten gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage diene der möglichen Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses. Der Bescheid sei im Zeitpunkt seiner Erledigung rechtswidrig gewesen. Die Bestimmungen der §§ 29 und 30 EWS seien rechtswidrig und nicht anwendbar. Die Entwässerungssatzung verweise mehrmals auf einschlägige DIN-Normen und Euro-Normen, die in ihrer jeweils neuesten Fassung zu beachten seien. Die dynamische Einbeziehung außerrechtlicher Regelungen durch eine Satzung sei unwirksam. Zweifel an der Bestimmtheit ergäben sich auch im Hinblick auf die Formulierung von § 4 Abs. 2 EWS, wonach Leitungen im Erdreich „wurzelfest“ sein sollten, sowie im Hinblick auf die nicht definierten Begriffe „Altbestand“ und „Neubau“. Nach Mitteilung der von den Klägern beauftragten Firmen fordere die Beklagte bei jeder Sanierungsmaßnahme die Erstellung der kompletten Anlage im Neubaustandard; dafür sei keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Diese Forderung habe für die Kläger zur Folge, dass beim Abdrücken mit Wasser bis zur Höhe des Straßenniveaus aufgefüllt und somit bei einer Revisionsschachthöhe von 2,50 m mit einem Gewicht von ca. 2 t auf die Kanalrohre eingewirkt werde. Die bisher intakten Kanalrohrmuffen der Tonrohre würden damit erst beschädigt, um sie anschließend komplett sanieren zu müssen. Dies stehe in eklatantem Widerspruch zum Bestandsschutz von Altanlagen. Ungeachtet dessen sei durch die von den Klägern vorgelegten Protokolle und sonstigen Dokumentationen der TV-Befahrung nachgewiesen, dass die Ursache für die Beschädigung der Abwasserleitungen ausschließlich im Eindringen von Wurzelwerk durch den auf städtischem Grund befindlichen Baum gelegen habe. Damit sei hier ein atypischer Fall der alleinigen Verursachung des Schadenseintritts durch die Beklagte gegeben.

Mit Urteil vom 20. November 2014 wies das Verwaltungsgericht München die Klage ab. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid könne sich auf eine wirksame Rechtsgrundlage stützen. Soweit § 29 Abs. 5 EWS auf „allgemein anerkannte Regeln der Technik, insbesondere die einschlägigen DIN-Normen und Euro-Normen“ verweise, handle es sich nur um den Hinweis auf Regelwerke, die den allgemein anerkannten Stand der Technik wiedergäben. Ein solcher Hinweis sei nicht zu beanstanden, da dem Gesetzgeber die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe nicht verwehrt sei. Allgemein anerkannte Regeln der Technik fänden sich gerade in den einschlägigen DIN-Normen und Euro-Normen. Nach einer neueren obergerichtlichen Entscheidung sei auch eine dynamische Verweisung in einer kommunalen Abwasserbeseitigungssatzung auf eine konkrete DIN-Norm rechtlich unbedenklich und wirksam. Ebenso wenig sei der Begriff „wurzelfest“ zu beanstanden. Damit sei klar geregelt, was gemeint sei, nämlich die Widerstandsfähigkeit gegen Beschädigungen durch Wurzeln. Dass die Satzung die Begriffe „Altbestand“ und „Neubau“ nicht genauer definiere, sei unschädlich. Die Satzung unterscheide zwischen bestehenden oder neu hergestellten Grundstücksentwässerungsanlagen; worin der Unterschied liege, ergebe sich schon aus den Begriffen. Nach der Satzung könne bei Anhaltspunkten für Undichtigkeiten sowohl bei bestehenden als auch bei neu hergestellten Grundstücksentwässerungsanlagen oder Privatkanälen jederzeit ein Dichtheitsnachweis verlangt werden. Der angegriffene Bescheid habe die Satzung auch rechtsfehlerfrei vollzogen. Die Kläger seien als Eigentümer der Hausanschlussleitung Verpflichtete nach § 2 Abs. 11 EWS; die Anordnungen seien auch hinreichend bestimmt. Anhaltspunkte für eine Undichtigkeit der Anlage hätten die Kläger selbst der Beklagten mitgeteilt. Der geforderte Dichtheitsnachweis für neue Teile der Entwässerungsanlage nach DIN EN 1610 durch Wasser- oder Luftdruckprüfung sei nicht zu beanstanden. Wie die Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung anschaulich erklärt habe, werde bei Bestandsleitungen ein Prüfverfahren nach DIN 1986 Teil 30 (einfache Dichtheitsprüfung mit geringem Druck von 50 mbar) und bei neu errichteten Leitungen eine Druckprüfung nach DIN 1610 mit wesentlich höherem Druck verlangt, wobei im Inlinerverfahren sanierte Anschlussleitungen als neu errichtete Leitungen angesehen würden und der Fall der Kläger davon erfasst werde. Dies sei für das Gericht nachvollziehbar. Auch der Einwand der Kläger, allein die Beklagte habe die Schäden verursacht, mache die Anordnungen nicht rechtswidrig. Zum einen sei dies nur eine Behauptung. Zum anderen werde verkannt, dass die öffentlichrechtliche Inanspruchnahme des Eigentümers der Grundstücksentwässerungsanlage nach § 30 Abs. 1 EWS auf dessen Zustandsstörerhaftung basiere. Im Interesse der Effektivität der Gefahrenabwehr bzw. der Gefahrenbeseitigung durch eine wurzelfeste und wasserdichte (Wieder-)Herstellung der Hausanschlussleitung bedürfe es gerade keiner Ermittlung der Ursachen der Schadhaftigkeit der Hausanschlussleitung und deren zivilrechtlicher Haftungszuordnung. Bereits aus dem Anschlusszwang nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GO ergebe sich die grundsätzliche Pflicht des Benutzers, dafür zu sorgen, dass er ständig in der Lage sei, die gemeindliche Einrichtung zu nutzen. Dazu gehöre, dass er - unabhängig von den zivilrechtlichen Eigentumsverhältnissen - für die ständige Einsatzbereitschaft und Betriebsfähigkeit der Anschlussleitung die Verantwortung trage. Ein atypischer Fall, der wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben grundsätzlich anders zu beurteilen wäre, liege nicht vor. Dass die Baumwurzeln die Anlage hätten beschädigen können, spreche gerade dafür, dass die seit mehreren Jahrzehnten bestehende Grundstücksentwässerungsanlage in schlechtem Zustand gewesen sei.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Beklagte tritt dem Antrag entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von den Klägern geltenden gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor.

a) Die Kläger tragen zur Begründung des Zulassungsantrags vor, § 29 Abs. 5 EWS sei aufgrund der dynamischen Verweisung auf „allgemein anerkannte Regeln der Technik, insbesondere die einschlägigen DIN-Normen und Euro-Normen“ rechtsfehlerhaft. Dynamische Verweisungen von Vorschriften einer kommunalen Entwässerungssatzung auf private Regelwerke seien unzulässig. Zwar könne durch eine starre Verweisung auf Normen anderer Normgeber oder auch auf private Regelwerke Bezug genommen werden. Gleitende oder dynamische Verweisungen seien aber nur zulässig, wenn zwischen Ausgangsnorm und Bezugsnorm eine hinreichende Zweckverwandtschaft bestehe und die zukünftige Entwicklung der Bezugsnorm nicht zu einer wesentlichen Änderung der Ausgangsnorm führe. Unter keinen Umständen dürfe auf Regelungen anderer Normgeber gleitend verwiesen werden, soweit grundrechtliche Gesetzesvorbehalte oder die Wesentlichkeitstheorie eine eigenverantwortliche Entscheidung des Gesetzgebers forderten. Vor diesem Hintergrund seien gleitende Verweisungen auf private Regelwerke (zum Beispiel auf Festlegungen des Deutschen Instituts für Normung e. V. - DIN) verfassungsrechtlich unzulässig; der Normgeber dürfe seine Rechtsetzungstätigkeit nicht indirekt auf Private übertragen. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein Westfalen habe in einem Urteil vom 9. Mai 2006 (Az. 15 A 4247/03) die Einbeziehung außerrechtlicher Regelungen in eine Satzungsnorm auch unter dem Gesichtspunkt rechtsstaatlicher Publizität von Normen für unwirksam erklärt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts München sei eine Definition der Begriffe „wurzelfest“, „Altbestand“ und „Neubau“ keineswegs entbehrlich, da diese Begriffe einen erheblichen Interpretationsspielraum böten. Die Definition des Verwaltungsgerichts zu „wurzelfest“ greife zu kurz, weil danach ein atypischer Fall gemäß der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B. v. 25.9.2012, Az. 4 ZB 11.1826) nicht denkbar wäre. Bei den Begriffen „Altbestand“ und „Neubau“ bleibe offen, ab welchem Herstellungszeitpunkt noch von einem „Neubau“ ausgegangen werden könne. An diese Begriffe knüpften sich aber erhebliche Rechtsfolgen. Die Beklagte verlange in der Praxis bei Bestandsleitungen ein Prüfverfahren nach DIN 1986 Teil 30 und bei neu errichteten Leitungen eine Druckprüfung nach DIN 1610. Diese Forderung habe für die Kläger zur Folge gehabt, dass beim Abdrücken mit Wasser bis zur Höhe des Straßenniveaus aufgefüllt werde und somit bei einer Revisionsschachthöhe von ca. 2,50 m mit einem Gewicht von ca. 2 t auf die Kanalrohre eingewirkt werde. Die bisher intakten Kanalrohrmuffen der Tonrohre seien somit erst beschädigt worden, um sie anschließend komplett sanieren zu müssen. Dies stehe in eklatantem Widerspruch zum Bestandsschutz von Altanlagen und auch zu den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebots. Entgegen dem Verwaltungsgericht sei vorliegend von einem atypischen Fall auszugehen. Die Grundstücksentwässerungsanlage sei gerade durch die Baumwurzeln in einem schlechten Zustand versetzt worden. Die Kläger hätten durch Vorlage von Protokollen und sonstigen Dokumentationen der TV-Befahrung nachgewiesen, dass sich die Anlage bis zum Eindringen der Wurzeln der in städtischem Eigentum befindlichen Bäume in einem guten Zustand befunden habe. Diesen Vortrag habe das Verwaltungsgericht ohne jede Beweiserhebung mit der Bemerkung, dies sei nur eine Behauptung, unberücksichtigt gelassen. Tatsächlich hätten die Kläger nachgewiesen, dass die Ursache für die Beschädigung ausschließlich im Eindringen von Wurzelwerk bestanden habe, so dass der Schadenseintritt ausschließlich durch die Beklagte verursacht worden sei. Damit sei hier ein atypischer Fall der alleinigen Verursachung durch die Beklagte gegeben.

b) Aus diesem Sachvortrag ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils, die zu einer Zulassung der Berufung führen könnten.

aa) Es erscheint bereits höchst fraglich, ob die unter Hinweis auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage erhobene verwaltungsgerichtliche Fortsetzungsfeststellungsklage (weiterhin) als zulässig anzusehen ist. Für eine solche Klage fehlt es nach ständiger Rechtsprechung an dem erforderlichen Feststellungsinteresse, wenn die beabsichtigte Schadenersatzklage offensichtlich aussichtslos ist, z. B. weil ein Verschulden der zuständigen Amtsträger trotz Verletzung einer Amtspflicht auszuschließen ist (BVerwG, U. v. 22. 1. 1998 - 2 C 4/79 - juris Rn. 21). Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn ein Kollegialgericht das Verwaltungshandeln als objektiv rechtmäßig angesehen hat (BVerwG a. a. O., m. w. N.). Da das Verwaltungsgericht hier den angegriffenen Bescheid im Rahmen einer Kammerentscheidung für rechtmäßig erklärt hat, dürfte ein Verschulden der für den Bescheidserlass verantwortlichen Bediensteten der Beklagten von vornherein zu verneinen sein, so dass eine Amtshaftungsklage schon daran scheitern müsste. Diese Frage bedarf aber keiner weiteren Prüfung, da das Verwaltungsgericht die Fortsetzungsfeststellungsklage jedenfalls zu Recht als unbegründet abgewiesen hat.

bb) Entgegen dem Einwand der Kläger kann die dem Bescheid zugrundeliegende satzungsrechtliche Bestimmung des § 29 Abs. 5 EWS, wonach Dichtheitsprüfungen durch Wasser- oder Luftdruckprüfungen „nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, insbesondere den einschlägigen DIN-Normen und Euro-Normen“ durchzuführen sind, nicht als eine - verfassungsrechtlich unzulässige - dynamische Verweisung auf ein privates Regelwerk verstanden werden.

Abgesehen davon, dass nach neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung auch dynamische Verweisungen auf bestimmte DIN-Normen und Europäische Normen (EN) im Einzelfall durchaus den Anforderungen des Demokratieprinzips sowie dem rechtsstaatlichen Publizitätsgebot genügen können, wenn sie auf einen engen technischen Bereich begrenzt sind und der Normunterworfene sich auf zumutbare Weise Kenntnis über ihren genauen Inhalt verschaffen kann (grdl. BVerwG, U. v. 27.6.2013 - 3 C 21/12 - BVerwGE 147, 100 ff.), handelt es sich vorliegend nicht in diesem Sinne um eine Normverweisung. Mit der in § 29 Abs. 5 EWS enthaltenen Bezugnahme auf die „einschlägigen DIN-Normen und Euro-Normen“ werden diese - nicht näher bezeichneten - Regelwerke nichtstaatlicher Fachgremien nicht zu Satzungsrecht erhoben, so dass ihr Inhalt für den von der Entwässerungssatzung betroffenen Personenkreis unmittelbar rechtsverbindlich wäre. Der Hinweis auf die einschlägigen technischen Normen dient vielmehr lediglich der (exemplarischen) Erläuterung des vorangehenden unbestimmten Rechtsbegriffs der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ (vgl. OVG NRW, U. v. 20.3.2007 - 15 A 69/05 - juris Rn. 37).

Die angesprochenen DIN- und EN-Normen sind keine Rechtsnormen, da weder das Deutsche Institut für Normung e. V. noch die Europäischen Komitees für Normung über Rechtsetzungsbefugnisse verfügen. Rechtliche Relevanz erlangen die von diesen Stellen erarbeiteten Normen im Bereich des technischen Sicherheitsrechts nicht aufgrund eigenständiger Geltungskraft, sondern nur insoweit, als sie die Tatbestandsmerkmale von Regeln der Technik erfüllen, auf die ein staatlicher oder kommunaler Normgeber verweist (vgl. BVerwG, B. v. 30.9.1996 - 4 B 175/96 - NVwZ-RR 1997, 214). Da als „anerkannte Regeln der Technik“ diejenigen Prinzipien und Lösungen bezeichnet werden, die in der Praxis erprobt und bewährt sind und sich bei der Mehrheit der Praktiker durchgesetzt haben (BVerwG a. a. O. m. w. N.), kommen DIN-Vorschriften und ähnliche technische Regelwerke dafür als prinzipiell geeignete (Erkenntnis-)Quellen in Betracht. Sie haben aber nicht schon kraft ihrer Existenz die Qualität von anerkannten Regeln der Technik, sondern können nur dann als Ausdruck der fachlichen Mehrheitsmeinung gewertet werden, wenn sie sich mit der überwiegend angewandten Vollzugspraxis decken (BVerwG a. a. O., 215). Dabei ist zu berücksichtigen, dass den pluralistisch zusammengesetzten Normausschüssen auch Vertreter bestimmter Branchen und Unternehmen angehören, die ihre Eigeninteressen einbringen, so dass die verabschiedeten Normen nicht selten das Ergebnis eines Kompromisses unterschiedlicher Zielvorstellungen, Meinungen und Standpunkte sind (vgl. BVerwG, U. v. 22.5. 1987 - 4 C 33-35.83 - BVerwGE 77, 285 juris Rn. 19). Sie begründen danach für die zuständigen Behörden und Gerichte lediglich eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie als Regeln, die unter Beachtung bestimmter verfahrensrechtlicher Vorkehrungen zustande gekommen sind, sicherheitstechnische Festlegungen enthalten, die einer objektiven Kontrolle standhalten; der Rückgriff auf weitere Erkenntnismittel wird damit nicht ausgeschlossen (BVerwG a. a. O.).

Dass die Satzungsbestimmung des § 29 Abs. 5 EWS zur Erläuterung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ in nicht abschließender Weise („insbesondere“) auf die speziell für Dichtheitsprüfungen von Entwässerungsanlagen geltenden („einschlägigen“) DIN- und Euro-Normen verweist, stellt somit keine Übertragung der gemeindlichen Rechtsetzungshoheit auf einen demokratisch nicht legitimierten Normgeber dar, sondern verdeutlicht lediglich den Inhalt der vom Satzungsgeber getroffenen Regelung. Die auf diese Rechtsgrundlage gestützte Anordnung, die Dichtheit der sanierten Leitungsabschnitte „nach der DIN EN 1610“ nachzuweisen, wäre demnach nur zu beanstanden, wenn die darin niedergelegten Anforderungen nicht oder nicht mehr zu den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ zu zählen wären. Dass dies der Fall wäre, ist indes nicht ersichtlich und auch von den Kläger zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht worden.

cc) Der Bescheid der Beklagten war auch nicht deshalb rechtswidrig, weil der geforderte Dichtheitsnachweis nach der DIN EN 1610 infolge des für die Prüfung benötigten Wasserdrucks zu Schäden an bisher intakten Kanalrohrmuffen der Tonrohre führen musste. Der diesbezügliche Sachvortrag der Kläger erscheint schon deshalb unschlüssig, weil nach den vorgelegten Bescheinigungen vom 29. Oktober 2013 und vom 20. Mai 2014 die Dichtheitsprüfungen nach DIN EN 1610 jeweils im „Verfahren Luft“ durchgeführt wurden, wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht selbst eingeräumt haben. Da die angegriffene Anordnung bezüglich des Dichtheitsnachweises keine Vorgaben zu den nach der DIN EN 1610 in Betracht kommenden Prüfverfahren enthielt, sondern den Bescheidsadressaten im Einklang mit § 29 Abs. 5 Satz 1 EWS die Wahl zwischen einer Wasser- und einer Luftdruckprüfung überließ, oblag es den Klägern, sich für das aus ihrer Sicht schonendste Prüfverfahren zu entscheiden. Der Frage, ob eine etwaige Prüfung im „Verfahren Wasser“ tatsächlich die behaupteten Schäden an den Rohrleitungen hätte bewirken können, brauchte das Verwaltungsgericht daher nicht weiter nachzugehen.

dd) Soweit die Kläger in ihrer Antragsbegründung rügen, in der Entwässerungssatzung der Beklagten seien die Begriffe „Altbestand“ und „Neubau“ nicht hinreichend genau definiert, fehlt es bereits an der gebotenen Erläuterung, inwiefern der behauptete Mangel zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheids führen könnte. Da von einem „Altbestand“ im Satzungstext an keiner Stelle und von „Neubauten“ nur in hier nicht einschlägigen Vorschriften (§ 6 Abs. 2, § 9 Abs. 2, § 12 Abs. 2 EWS) die Rede ist, ist davon auszugehen, dass sich das klägerische Vorbringen auf die in § 29 EWS getroffene Unterscheidung zwischen „bestehenden“ und „neu hergestellten“ Grundstücksentwässerungsanlagen bezieht. Die Zuordnung zu einer dieser Alternativen entscheidet darüber, aus welchen Anlässen ein Dichtheitsnachweis vorgelegt werden muss (§ 29 Abs. 1, Abs. 2 EWS), und ist auch maßgebend dafür, ob die Prüfung entsprechend den allgemein anerkannten Regeln der Technik (§ 29 Abs. 5 EWS) nach der DIN 1986 Teil 30 (bestehende Hausanschlüsse) oder nach den strengeren Vorschriften der DIN EN 1610 (neue Abwasserleitungen) vorzunehmen ist.

Obwohl der Unterscheidung demnach erhebliche Bedeutung zukommt, bestand hier für den Satzungsgeber - ebenso wie für den Gesetzgeber in ähnlichen Fällen (z. B. Art. 54 Abs. 5 BayBO) - keine zwingende Verpflichtung, durch die Festlegung eines bestimmten Zeitpunkts nach Fertigstellung exakt zu definieren, bis wann es sich noch um eine „neu hergestellte“ und nicht bereits um eine „bestehende“ Anlage handelt. Diese Frage lässt sich nur anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beantworten, wobei die aus dem Baurecht geläufigen Kriterien für die Abgrenzung einer den Bestandsschutz wahrenden bloßen Reparatur von einer darüber hinausgehenden faktischen Neuerrichtung sinngemäß angewandt werden können (vgl. BVerwG, B. v. 24.5.1993 - 4 B 77/93 - juris Rn. 4 m. w. N.). Da es im vorliegenden Fall einer umfassenden Sanierung der schadhaft gewordenen Leitung im sog. Inlinerverfahren bedurfte, handelte es sich nicht bloß um eine Schadensbehebung an einer „bestehenden“ Grundstücksentwässerungsanlage (§ 29 Abs. 2 Buchst. b EWS), sondern um einen „neuen hergestellten Teil“ der Anlage (§ 29 Abs. 1 EWS), so dass auch die für die Neuerrichtung von Leitungen geltenden strengen Prüfvorschriften der DIN EN 1610 zur Anwendung kommen mussten.

ee) Ebenfalls unbegründet ist der Einwand der Kläger, der in der Entwässerungssatzung (§ 4 Abs. 2, § 30 Abs. 1 Satz 1 EWS) wie auch im angegriffenen Bescheid verwendete Begriff „wurzelfest“ sei zu unbestimmt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, kann damit nur die Widerstandsfähigkeit der unterirdischen Leitungen gegen Beschädigungen durch eindringende Wurzeln gemeint sein. Dass dabei verschiedene Grade der „Wurzelfestigkeit“ denkbar sind, steht der rechtsstaatlich gebotenen Bestimmtheit der Norm nicht entgegen. Die in der Satzung festgelegten technischen Anforderungen an die Herstellung und den Betrieb von Entwässerungsanlagen sind generell dahingehend zu verstehen, dass jeweils die anerkannten Regeln der Technik, insbesondere die einschlägigen DIN- und Euro-Normen, in ihrer jeweils neuesten Fassung zu beachten sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EWS). Im vorliegenden Zusammenhang bedeutet dies, dass keine (mit den gängigen Baumaterialien ohnehin nicht erreichbare) „absolute Wurzelfestigkeit“ der Hausanschlussleitungen verlangt ist, sondern nur solche (passiven) Schutzmaßnahmen, die bereits in der Praxis erprobt und bewährt und in den maßgebenden Fachkreisen jedenfalls mehrheitlich als angemessen akzeptiert sind. Daraus folgt zugleich, dass die Forderung nach einer „wurzelfesten“ Bauweise nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Normadressaten führen kann.

ff) Die Kläger können gegenüber ihrer Inanspruchnahme als verantwortliche Grundstückseigentümer (§ 30 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 11 Satz 1 Buchst. a EWS) auch nicht einwenden, der Schaden an ihrer Grundstücksentwässerungsanlage sei nachweislich durch das Eindringen von Wurzeln von im Eigentum der Beklagten stehenden Bäumen verursacht worden, so dass sie nach dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. September 2012 (Az. 4 ZB 11.1826, BayVBl 2013, 568 Rn. 9 f.) wegen Vorliegens eines atypischen Falls von der Beklagten nicht ermessensfehlerfrei zur Schadensbeseitigung verpflichtet werden könnten.

Ob bei Vorliegen einer Störermehrheit die interne zivilrechtliche Haftungsverteilung im Rahmen des behördlichen Auswahlermessens in bestimmten Ausnahmefällen - etwa bei einer offensichtlichen überwiegenden Mitverursachung des Schadenseintritts durch den Rechtsträger der die Sanierung anordnenden Behörde - zwingend zugunsten des schadensersatzberechtigten Grundeigentümers zu berücksichtigen ist, hat der Senat in der zitierten Entscheidung ausdrücklich offengelassen. Die Frage bedarf auch im vorliegenden Zusammenhang keiner abschließenden Entscheidung. Denn von einer „offensichtlichen“ überwiegenden Verantwortlichkeit des Einrichtungsträgers im Sinne des genannten Beschlusses kann nur gesprochen werden, wenn der betreffende Kausalbeitrag zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung entweder unstreitig feststeht oder sich ohne weitere Ermittlungen oder Beweisaufnahmen für jeden objektiven Betrachter unmittelbar aufdrängt, wie es z. B. bei der Zerstörung funktionsfähiger Rohrleitungen durch gemeindliche Tiefbauarbeiten der Fall sein kann. Bei den unterirdisch auftretenden Durchwurzelungsschäden an Kanalleitungen wird dagegen in der Praxis kaum jemals ein offensichtlicher Ursachenzusammenhang angenommen werden können. Dies gilt vor allem dann, wenn wie hier bereits Reparaturarbeiten stattgefunden haben, so dass sich die schadensbegründenden Umstände nur noch eingeschränkt rekonstruieren lassen.

Ein für die Kläger günstigeres Ergebnis ergibt sich in diesem Fall auch nicht aus den bereits vor Bescheidserlass vorgelegten Dokumentationen über die der Sanierung vorangegangenen TV-Befahrungen. Diese Unterlagen belegen zwar, dass zum damaligen Zeitpunkt Wurzeln in die Kanalleitung eingedrungen waren und diese beschädigt hatten. Damit allein ist jedoch weder nachgewiesen, dass es sich um Wurzeln von städtischen Bäumen handelte, noch kann daraus geschlossen werden, dass der Schaden ausschließlich oder jedenfalls überwiegend auf das Wachstum der Wurzeln und nicht (auch) auf Vorschädigungen bzw. eine ungenügende, hinter den allgemeinen Regeln der Technik zurückbleibende „Wurzelfestigkeit“ der 30 Jahre alten Leitung zurückzuführen war. Angesichts der zumindest aus damaliger Sicht unklaren Kausalzusammenhänge kann die Entscheidung der Beklagten, im Interesse der gebotenen effektiven Gefahrenabwehr (vgl. BayVGH a. a. O., Rn. 9) die Kläger als Zustandsverantwortliche für die Behebung der Schäden in Anspruch zu nehmen und deren etwaige Freistellungs- bzw. Regressansprüche bei dieser Entscheidung außer Betracht zu lassen, nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben und damit nicht als ermessensfehlerhaft angesehen werden.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner.

III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger wenden sich als Eigentümer eines an eine kommunale Entwässerungsanlage angeschlossenen Grundstücks gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem sie verpflichtet werden, die Dichtheit einer Abwasserleitung (Außengrundleitung) durch ein fachkundiges Unternehmen nachzuweisen bzw. die entsprechenden Handlungen zu dulden.

Ihre Anfechtungsklage wurde mit Gerichtsbescheid vom 1. August 2017 abgewiesen.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung.

Die Beklagte und die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses treten dem Antrag entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht vorliegt.

In der Begründung des Zulassungsantrags wird ein Zulassungsgrund im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO nicht ausdrücklich benannt. Den Ausführungen der Kläger ist aber zu entnehmen, dass sie sich gegen die inhaltliche Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht getroffenen Entscheidung wenden und damit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend machen wollen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Ihr Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage zu stellen (zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 21.1.2009 – 1 BvR 2524/06 – NVwZ 2009, 515/516 m.w.N.).

Die Kläger tragen vor, der angefochtene Bescheid sei auf eine unmögliche Leistung gerichtet, da sich an der im beigefügten Plan gekennzeichneten Stelle keine Abwasserleitung befinde. Wegen fehlender Kenntnis von der Lage der Leitung könne die Beklagte keine konkreten Erkenntnisse über deren Zustand haben; sie trage dazu auch nichts vor. Eine Dichtheitsprüfung für 500 Euro, wie im angefochtenen Bescheid zu lesen, gebe es nicht. Eine DIN-Norm, auf die sich das erstinstanzliche Gericht berufe, sei kein Gesetz, so dass sich daraus keine rechtliche Verpflichtung ergeben könne. Das Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs hätte zunächst eine Abklärung des Zustands der Rohre erfordert, wobei im Falle von Anhaltspunkten für eine Undichtigkeit eine Videokontrolle angesagt gewesen wäre. Die Annahme des Gerichts, eine 1972 baulich noch nicht erforderliche Druckprüfung müsse nunmehr bei allen Anwesen auch ohne konkreten Anlass durchgeführt werden, verstoße gegen das Rückwirkungsverbot. Die Güterabwägung des Gerichts sei abstrakt erfolgt und habe nicht berücksichtigt, dass das Grundwasser vermutlich überhaupt nicht verunreinigt werde. Die Vorschriften bezögen sich auf Mehrfamilienhäuser und nicht auf einen Zwei-Personen-Haushalt. Soweit von dem Gericht eine Abdichtung durch Ablagerungen als mangelhaft betrachtet werde, sei dem nicht zu folgen; durch die Ablagerungen würden die Rohre vielmehr abgedichtet, so dass erst durch die Druckprüfung das Grundwasser gefährdet werde.

Aus diesen Ausführungen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2016 zu Recht abgewiesen.

a) Die angegriffene Verfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 29 Abs. 4 Satz 2 der geltenden Entwässerungssatzung der Beklagten (EWS), wonach bei bestehenden Privatkanälen unabhängig von ihrem baulichen Zustand ein Dichtheitsnachweis verlangt werden kann, wenn sie bisher noch nicht auf Dichtheit geprüft worden sind. Bei der in dem Bescheid bezeichneten Leitung handelt es sich unstreitig um einen Privatkanal (§ 2 Abs. 6 EWS), der seit seiner Errichtung Anfang der 1970er Jahre nicht auf Dichtheit überprüft wurde. Dass ein solcher Nachweis nach der aktuell geltenden Entwässerungssatzung auch für solche Leitungen verlangt werden kann, bei deren erstmaliger Verlegung noch keine entsprechende Verpflichtung galt, berührt nicht das aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende grundsätzliche Rückwirkungsverbot. Die genannte Satzungsregelung zielt nicht auf eine Änderung der Rechtslage für die Vergangenheit, sondern legt fest, unter welchen Voraussetzungen die von der Beklagten betriebene öffentliche Entwässerungseinrichtung von den Eigentümern der angeschlossenen Grundstücke dauerhaft in Anspruch genommen werden kann. Im Rahmen dieses auf unbestimmte Zeit bestehenden öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses steht es der Beklagten frei, geänderten rechtlichen und technischen Anforderungen an die Abwasserbeseitigung auch durch neue Verpflichtungen der Anschlussnehmer fortwährend Rechnung zu tragen.

Der Umstand, dass nach § 29 Abs. 5 Satz 1 EWS Dichtheitsprüfungen durch Wasser- oder Luftdruckprüfungen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, „insbesondere den einschlägigen DIN-Normen und Euro-Normen“, durchzuführen sind, ändert entgegen der Auffassung der Kläger nichts an der Verbindlichkeit der satzungsrechtlich begründeten Handlungsverpflichtung. In dem Verweis auf DIN- und Euro-Normen liegt keine Übertragung der kommunalen Rechtsetzungshoheit auf einen demokratisch nicht legitimierten Normgeber, sondern lediglich eine Verdeutlichung des Inhalts der getroffenen Regelung (vgl. BayVGH, B.v. 26.6.2015 – 4 ZB 15.150 – BayVBl 2016, 168 Rn. 14).

b) Dem angegriffenen Bescheid fehlt es nicht an der nötigen Bestimmtheit (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Der betroffene Leitungsabschnitt ist in Nr. 1 des Bescheidstenors genau beschrieben („von der Putzöffnung im Gebäudekeller Punkt 30j1 bis inklusive Anbindung an die Sammelgrundleitung Punkt 30j“). Die Bezeichnung der beiden Endpunkte ergibt sich aus einer bei der Errichtung der Anlage im Jahr 1971 der Beklagten vorgelegten Planzeichnung, die in Kopie dem Bescheid beigefügt wurde. Ein möglicherweise planabweichender tatsächlicher Verlauf der Außengrundleitung würde an der Bestimmtheit der behördlichen Verfügung nichts ändern. Aus Sicht der Adressaten des Bescheids kann es sich bei dem fraglichen Leitungsabschnitt nur um jene (einzig bestehende) Abwasserleitung handeln, die von ihrem Haus zur Sammelleitung verläuft. Dass die Anordnung auch tatsächlich so verstanden wurde, beweist das bei den Behördenakten befindliche Schreiben des Klägers zu 1 vom 10. Dezember 2015, in dem von „5 m Abwasserrohr“ die Rede ist, welches anscheinend zwei kurz hintereinander befindliche rechtswinklige Knicke aufweise.

c) Die dem Bescheid zugrunde liegenden Ermessenserwägungen der Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die in § 29 Abs. 4 Satz 2 EWS normierte Befugnis, von den Anschlussnehmern für ihre bisher noch nicht auf Dichtheit geprüften Privatkanäle einen Dichtheitsnachweis zu verlangen, setzt weder tatbestandlich noch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift voraus, dass es im jeweiligen Einzelfall bereits nachprüfbare Hinweise auf undichte Stellen gibt. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Beklagte bei Kanälen, die sie nicht selbst verlegt hat und für deren Unterhalt sie nicht zuständig ist (vgl. § 30 Abs. 1 EWS), in der Regel keine Erkenntnisse darüber besitzt, ob der private Leitungsstrang fachgerecht hergestellt wurde und auch nach längerer Zeit noch uneingeschränkt funktionsfähig ist. Bei solchen Kanälen, für die abweichend von der heutigen Rechtslage (§ 29 Abs. 1 und 2 EWS) zum Zeitpunkt ihrer Errichtung noch keine Dichtheitsprüfung vorgeschrieben war, kann daher – anders als bei den bereits mindestens einmal geprüften Abwasserkanälen (§ 29 Abs. 4 Satz 1 EWS) – ohne konkret nachweisbare Anhaltspunkte für Undichtigkeiten jederzeit im Nachhinein ein Dichtheitsnachweis gefordert werden.

Dass von dieser Befugnis willkürlich oder zweckwidrig Gebrauch gemacht worden wäre, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte verweist in der Bescheidsbegründung auf ihre Erfahrungen mit den Grundstücksentwässerungsanlagen der zur selben Zeit (1971) errichteten umliegenden Häuser, die sich inzwischen nachweislich größtenteils als undicht erwiesen haben und teilweise bereits saniert wurden. Daraus wird erkennbar, dass das Vorgehen gegenüber den Klägern Teil einer Gesamtmaßnahme ist, so dass das Gebot der Gleichbehandlung gewahrt ist. Die Erfahrungen mit dem Erhaltungszustand benachbarter Abwasserleitungen boten hinreichend Veranlassung, auch den Privatkanal auf dem klägerischen Grundstück einer näheren Kontrolle zu unterziehen.

Die Verpflichtung der Kläger, auf eigene Kosten eine Dichtheitsprüfung durch ein fachkundiges Unternehmen durchführen zu lassen, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da keine schonendere Maßnahme ersichtlich ist. Wollte man von der Beklagten fordern, den Zustand der Leitung zunächst von sich aus zu untersuchen, liefe dies im Ergebnis darauf hinaus, die in der Satzung vorgesehene Unterhaltslast für die Grundstücksentwässerungsanlage, zu der auch die fortlaufende Kontrolle der Wasserdichtheit und Wurzelfestigkeit der Anschlusskanäle gehört (§ 30 Abs. 1 Satz 1 EWS), von den Anschlussnehmern auf den Betreiber der öffentlichen Entwässerungseinrichtung abzuwälzen. Wie die Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, ließe sich mit einer (kostengünstigeren) Kamerabefahrung der Aufklärungszweck nicht erreichen, da im Falle von Ablagerungen Schäden an der Rohrleitung nicht entdeckt werden könnten. Der dagegen gerichtete Einwand der Kläger, etwaige Rohrschäden würden durch derartige Ablagerungen abgedichtet, geht ersichtlich fehl, da bei einem bloßen Verdecken undichter Stellen durch abgelagertes Sediment keineswegs sichergestellt ist, dass kein Abwasser in den Untergrund gelangen kann.

Die geforderte Vorlage eines fachkundig erstellten Dichtheitsnachweises stellt für die Kläger auch keine unzumutbare Belastung dar. Dem Umstand, dass auf ihrem derzeit nur von zwei Personen bewohnten Anwesen vergleichsweise wenig Abwasser anfällt, kommt kein so hohes Gewicht zu, dass auf die Kontrolle und ggf. Sanierung etwaiger Leitungsschäden verzichtet werden müsste. Da der Schutz des Grundwassers vor Verunreinigungen und sonstigen nachteiligen Veränderungen ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut darstellt (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG), rechtfertigt bereits der Austritt geringer Mengen von Haushaltsabwässern in den Untergrund ein behördliches Eingreifen; dementsprechend können auch diesbezügliche Aufklärungsmaßnahmen gefordert werden. Die für die Betroffenen daraus resultierenden finanziellen Belastungen haben demgegenüber weniger Gewicht. Dabei kann dahinstehen, ob die im vorliegenden Verfahren von der Beklagten geäußerte Kostenprognose zutrifft, wonach für die bloße Dichtheitsprüfung lediglich ca. 500 Euro zu veranschlagen seien. Da dieser Schätzbetrag nicht Inhalt der Bescheidsbegründung und damit Teil der Ermessenserwägungen ist, würde eine mögliche Fehleinschätzung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids in jedem Fall unberührt lassen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 84 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Klägers, die Neustädter Bucht mit seinem Speedboot uneingeschränkt zu befahren.

2

Der Kläger ist Eigentümer eines 1995 aus den USA nach Deutschland eingeführten und nun an der Neustädter Bucht liegenden Sportbootes ("Speedboot"), das mit einem 7,4 l V8-Motor ausgestattet ist. Der von diesem Boot erzeugte Schalldruckpegel liegt über 75 dB(A).

3

Die Verordnung über das Verbot des Befahrens der Neustädter Bucht mit bestimmten Fahrzeugen (im Folgenden: Befahrensverordnung) vom 9. Februar 2009 (VkBl 2009 S. 143), die von der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord aufgrund von Beschwerden über die insbesondere von Speedbooten ausgehende Lärmbelastung erlassen wurde, trat am 1. April 2009 in Kraft. Nach ihrem § 7 galt diese Verordnung zunächst bis zum 31. März 2012; diese Geltungsdauer wurde im Februar 2012 durch eine Änderungsverordnung bis zum 31. März 2015 verlängert. § 1 der Verordnung verbietet das Befahren dort näher beschriebener Teile der Neustädter Bucht mit bestimmten Wasserfahrzeugen, deren höchstmöglicher Schalldruckpegel 75 dB(A) nach Maßgabe des § 4 überschreitet. Soweit ein Fahrzeug mit zwei oder mehr Antriebsmaschinen ausgerüstet ist, darf der höchstmögliche Schalldruckpegel um höchstens 3 dB(A) überschritten sein. Gemäß § 4 der Verordnung ist zur Feststellung des Schalldruckpegels Anhang 1 Abschnitt C Nummer 1 der Richtlinie 94/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Juni 1994 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Sportboote (ABl EG Nr. L 164 S. 15) in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Dort ist geregelt, dass Sportboote so zu entwerfen, herzustellen oder zu montieren sind, dass die anhand von in der harmonisierten Norm festgelegten Prüfverfahren gemessenen Geräuschemissionen die in einer nachfolgenden Tabelle aufgeführten Grenzwerte nicht übersteigen. Als harmonisierte Norm im Sinne dieser Regelung wird in einer Fußnote die EN ISO 14509 genannt, ein europaweit geltendes, von einem nichtstaatlichen Normungsgremium erstelltes technisches Regelwerk, das auch als DIN-Norm übernommen wurde. Es enthält technische Vorgaben zu den bei der Schalldruckpegelmessung einzusetzenden Messgeräten, den Anforderungen an den Messort und das Messverfahren. Nach § 2 Abs. 1 der Befahrensverordnung kann das Vorführen des Fahrzeuges zur Messung des Schalldruckpegels durch eine amtliche oder amtlich anerkannte Stelle angeordnet werden, wenn der hinreichende Verdacht besteht, dass ein Fahrzeug den Grenzwert nicht einhält; im Falle des Absatzes 1 kann gemäß § 2 Abs. 2 die für die Schifffahrtspolizei zuständige Behörde das Befahren der Neustädter Bucht vorläufig ganz oder teilweise untersagen. Ergibt die nach § 2 Abs. 1 angeordnete Messung, dass der Grenzwert überschritten wird, darf gemäß § 3 Abs. 1 der Befahrensverordnung der Eigner sein Fahrzeug in der Neustädter Bucht erst einsetzen, wenn er dem Wasser- und Schifffahrtsamt Lübeck die künftige Einhaltung des Grenzwerts nachweist. Die Kosten der Messungen trägt der Eigner des Fahrzeugs, wenn das Nichteinhalten des Grenzwerts festgestellt wird (§ 5 der Befahrensverordnung).

4

Der Kläger beantragte im April 2009 bei der Beklagten eine Sondergenehmigung für das uneingeschränkte Befahren der Neustädter Bucht. Auf den Hinweis der Beklagten, dass die Befahrensverordnung dafür keine Rechtsgrundlage biete, legte der Kläger Widerspruch ein; es handele sich nicht um eine Verordnung, sondern um eine Allgemeinverfügung. Der Widerspruch wurde als unstatthaft zurückgewiesen.

5

Die hiergegen gerichtete Klage mit dem Hauptantrag, die in der Regelung zu sehende Allgemeinverfügung aufzuheben, sowie dem Hilfsantrag festzustellen, dass die Regelung auf den Kläger keine Anwendung finde, hat das Verwaltungsgericht im Hauptantrag als unzulässig und im Hilfsantrag als unbegründet abgewiesen.

6

Die Berufung des Klägers hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 11. August 2011 zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es: Das mit dem Hauptantrag verfolgte Anfechtungsbegehren sei nicht statthaft, da die angegriffene Regelung nach Inhalt und Form kein Verwaltungsakt, sondern eine Rechtsverordnung sei. Dagegen sei der Hilfsantrag nach § 43 VwGO zulässig; da der Kläger befürchten müsse, mit seinem Sportboot unter die Befahrensverordnung zu fallen, habe er auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Doch sei dieser Hilfsantrag unbegründet. Die Verordnung sei formell rechtmäßig. Die Zuständigkeit für ihren Erlass habe bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord gelegen. Die Verkündung der Befahrensverordnung sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar habe der Verordnungsgeber das technische Verfahren zur Ermittlung einer eventuellen Grenzwertüberschreitung durch eine doppelt dynamische Verweisung festgelegt; es werde jeweils auf die aktuelle Fassung der Richtlinie und der dort in Bezug genommenen harmonisierten Norm abgestellt. Durch diese Verweisungstechnik werde das Auffinden der maßgeblichen Normen aber nicht unzumutbar erschwert. Der Bundesgesetzgeber habe mit der Einfügung einer Zwangslizenz in § 5 Abs. 3 des Urheberrechtsgesetzes - UrhG - anerkannt, dass jedenfalls Teile des Rechtssetzungsprozesses in private Hände gegeben werden könnten, und damit zugleich eine Verschlechterung der Zugangsmöglichkeit sowie die Entstehung von Kosten für die Rechtsunterworfenen in Kauf genommen. Auch im Unionsrecht werde vielfach auf technische Regelwerke Privater verwiesen. Ob ein Normgeber, der fremdes Recht durch eine Verweisung inkorporiere, die wesentlichen Regelungsinhalte - wie von Verfassungs wegen geboten - in der eigenen Hand behalten habe und ob die Betroffenen in zumutbarer Weise Zugang zu diesem Regelwerk hätten, sei eine Frage des Einzelfalls. Mit der hier allein das Messverfahren betreffenden Verweisung habe der staatliche Normgeber den ihm zustehenden Regelungsspielraum nicht überschritten. Für die Beschaffung des technischen Regelwerks fielen keine unverhältnismäßigen Kosten an. Die Zulässigkeit der Verweisung werde auch durch die Rechtsprechung zur Inbezugnahme von DIN-Normen in Bebauungsplänen nicht in Frage gestellt. Die dort an die Bekanntgabe gestellten Anforderungen seien bereichsspezifisch und gälten nicht für jede Verweisung auf ein privates Regelwerk. Die Befahrensverordnung sei auch materiell rechtmäßig. Es habe ein besonderer Anlass im Sinne von § 60 Abs. 3 SeeSchStrO für den Erlass der Befahrensverordnung bestanden, denn es gebe hinreichende Belege für einen Konflikt mit den Anliegern und anderen Nutzern der Neustädter Bucht, der durch den Lärm von Speedbooten verursacht worden sei. Die Verweisung auf die Richtlinie 94/25/EG sei nicht deshalb unzulässig, weil die Richtlinie eine von der Befahrensverordnung abweichende Zielsetzung habe. Ebenso wenig habe der Verordnungsgeber die Betroffenen schrankenlos der Regelungsgewalt Dritter ausgeliefert. Auch gemessen am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei das Befahrensverbot nicht zu beanstanden. Ein systematisches Defizit beim Vollzug der Verordnung bestehe nicht. Eine Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit habe sich als nicht hinreichend praktikabel erwiesen. Die Einrichtung eines Durchfahrtkorridors sei ebenfalls nicht in gleicher Weise zur Lärmminderung geeignet, da bereits bei der Durchfahrt zu hohe Lärmemissionen anfielen. Da der Kläger sein Speedboot nachrüsten und es in anderen Gewässern einsetzen könne, sei die Verbotsregelung auch verhältnismäßig im engeren Sinn. Auf Bestandsschutz könne er sich nicht berufen.

7

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Es handele sich bei der angegriffenen Regelung nicht um eine Rechtsverordnung, sondern um einen Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung. Jedenfalls sei die Verkündung der "Verordnung" fehlerhaft. § 4 der Befahrensverordnung nenne die maßgebliche DIN-Vorschrift nicht, sondern verweise nur auf einen Anhang in der Richtlinie 94/25/EG und damit auf eine für den rechtsuchenden Bürger nicht zugängliche Rechtsquelle. Wer den betreffenden Anhang finde, erfahre zwar von der Existenz der DIN-Vorschrift, aber nichts darüber, wo sie eingesehen werden könne. Überdies sei die DIN-Norm nur zum Preis von 218,30 € zu erwerben. Die Verweisung auf die Richtlinie 94/25/EG sei außerdem deshalb unzulässig, weil sich deren Heranziehung zu Zwecken des Immissionsschutzes nicht mit dem Ziel der Richtlinie decke, den freien Warenverkehr zu fördern. Mit der doppelt dynamischen Verweisung habe der Verordnungsgeber den Regelungsinhalt in unzulässiger Weise aus der Hand gegeben. Der nach § 60 Abs. 3 SeeSchStrO für den Erlass einer Verordnung erforderliche besondere Anlass habe nicht bestanden; der vom Berufungsgericht angeführte Konflikt mit den Anliegern und anderen Nutzern reiche nicht aus. Schließlich sei das Befahrensverbot unverhältnismäßig. Wegen eines massiven Vollzugsdefizits müsse schon die Eignung des Verbots bezweifelt werden; bisher sei noch kein Speedboot auf seine Lautstärke hin untersucht worden. Außerdem hätte die Beklagte zumindest einen Durchfahrtkorridor festlegen müssen; denn die Sperrung der Neustädter Bucht entlang der Küste habe zur Folge, dass die Speedboote nicht mehr auslaufen könnten. Schließlich bestehe Bestandsschutz für sein Speedboot; es sei durch das Wasser- und Schifffahrtsamt Koblenz vor dem Inkrafttreten der Befahrensverordnung und der Richtlinie 94/25/EG zugelassen worden. Von ihm die Nachrüstung des Bootes zu verlangen, sei unverhältnismäßig.

8

Die Beklagte tritt der Revision entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der Auffassung, dass die zweifache dynamische Verweisung in § 4 der Befahrensverordnung nicht zu beanstanden sei.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsgericht kommt ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) zum Ergebnis, dass die Klage im Hauptantrag unzulässig ist und sich als unbegründet erweist, soweit der Kläger mit seinem Hilfsantrag die Feststellung begehrt, die Verordnung über das Verbot des Befahrens der Neustädter Bucht mit bestimmten Wasserfahrzeugen sei auf ihn nicht anwendbar.

11

1. Das mit dem Hauptantrag weiterhin verfolgte Aufhebungsbegehren ist nicht statthaft. Bei der vom Kläger angegriffenen Regelung handelt es sich nicht, wie § 42 Abs. 1 VwGO für eine Anfechtungsklage voraussetzt, um einen Verwaltungsakt - wie der Kläger meint, hier in Gestalt einer Allgemeinverfügung im Sinne von § 35 Satz 2 VwVfG -, sondern um eine Rechtsverordnung. Das ergibt sich aus der für die rechtliche Qualifizierung in erster Linie maßgebliche äußeren Form der Regelung, die die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord entsprechend der Ermächtigungsgrundlage in § 60 Abs. 3 der Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung (SeeSchStrO) für die Befahrensverordnung gewählt hat; zudem aus der Art ihrer Bekanntmachung. Zu einer Änderung der rechtlichen Qualität der angegriffenen Regelung führt auch nicht der Umstand, dass ein Widerspruchsbescheid ergangen ist. In diesem Bescheid wird die Zurückweisung des Widerspruchs gerade und ausschließlich mit der fehlenden Verwaltungsaktqualität der Befahrensverordnung begründet.

12

2. Der Hilfsantrag ist als Antrag auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Dagegen scheidet ein Normenkontrollantrag nach § 5 AGVwGO SH i.V.m. § 47 VwGO aus, da der Antrag des Klägers eine Rechtsverordnung des Bundes betrifft. Das nach § 43 Abs. 2 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben; der Kläger muss befürchten, dass sein bisher auch in der Neustädter Bucht genutztes Speedboot unter die Verbotsregelung fällt und daher Maßnahmen nach § 2 und § 3 der Befahrensverordnung gegen ihn verhängt werden. Er kann nicht darauf verwiesen werden, die Rechtmäßigkeit der Befahrensverordnung inzident in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren (vgl. § 6 Nr. 1 der Befahrensverordnung) oder im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen Maßnahmen nach der Befahrensverordnung zur Überprüfung zu stellen.

13

3. Das vom Kläger mit seinem Hilfsantrag verfolgte Feststellungsbegehren ist unbegründet. Die Befahrensverordnung genügt sowohl formell als auch materiell den rechtlichen Vorgaben; sie ist somit auf den Kläger anwendbar.

14

a) Die Zuständigkeit der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord für den Erlass der streitigen Rechtsverordnung ergibt sich aus § 60 Abs. 3 SeeSchStrO; danach sind die Wasser- und Schifffahrtsdirektionen Nord und Nordwest befugt, jeweils für ihren Zuständigkeitsbereich Rechtsverordnungen vorübergehender Art mit einer Geltungsdauer von höchstens drei Jahren u.a. zur Abwehr von Gefahren für die Meeresumwelt oder zur Verhütung von der Schifffahrt ausgehender schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu erlassen. Vor allem dem letzteren Zweck dient die Befahrensverordnung, da die von Speedbooten ausgehende Lärmbelastung in bestimmten Teilen der Neustädter Bucht unterbunden werden soll. Die Verordnungsermächtigung des § 60 Abs. 3 SeeSchStrO beruht ihrerseits auf § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 6 des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt (SeeaufgG). In § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SeeaufgG wird das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ermächtigt, die genannten Regelungen zu erlassen. Gemäß § 9 Abs. 6 SeeaufgG kann das Ministerium durch Rechtsverordnung Ermächtigungen nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 auf die Wasser- und Schifffahrtsdirektionen übertragen; das ist in § 60 Abs. 3 SeeSchStrO für Rechtsverordnungen vorübergehender Art geschehen.

15

b) Die Verkündung der Befahrensverordnung weist auch im Hinblick auf die dort bezüglich des Messverfahrens enthaltene zweifache, jeweils dynamische Verweisung keine Verfahrensfehler auf; eine hinreichende Zugänglichkeit der in § 4 der Befahrensverordnung in Bezug genommenen Regelungen ist gewährleistet.

16

Die hinlängliche Publizität von allgemeinverbindlichen, mit Außenwirkung ausgestatteten Rechtsregeln ist ein für alle Normsetzungsakte geltendes rechtsstaatliches (Wirksamkeits-)Erfordernis (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. November 1983 - 2 BvL 25/81 - BVerfGE 65, 283 <291> m.w.N.). Dieses Publizitätserfordernis gilt ebenso für im Verweisungswege inkorporierte Regelungen; auch sie müssen für den Betroffenen verlässlich und ohne unzumutbare Erschwernis zugänglich sein. Diesen Anforderungen genügt die Befahrensverordnung auch im Hinblick darauf, dass sie das Verfahren zur Messung des Schalldruckpegels der betroffenen Sportboote durch eine zweifache, jeweils dynamische Verweisung regelt und jedenfalls die über die Richtlinie 94/25/EG mittelbar in Bezug genommene EN ISO 14509 nicht in einem amtlichen Verkündungsblatt bekannt gemacht wurde.

17

aa) Die Verkündung der Befahrensverordnung als solche entspricht den rechtlichen Anforderungen. Gemäß Art. 82 Abs. 1 Satz 2 GG werden Rechtsverordnungen (des Bundes) von der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt und vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung im Bundesgesetzblatte verkündet. Eine anderweitige gesetzliche Regelung in diesem Sinne ist das Gesetz über die Verkündung von Rechtsverordnungen und Bekanntmachungen (Verkündungs- und Bekanntmachungsgesetz - VkBkmG) vom 30. Januar 1950, bei Erlass der Befahrensverordnung zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Oktober 2006 (BGBl I S. 2407). Nach dessen § 1 Abs. 1 werden Rechtsverordnungen des Bundes im Bundesgesetzblatt oder im Bundesanzeiger verkündet. Für Rechtsverordnungen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung ergibt sich eine Erweiterung der für die Bekanntgabe zugelassenen Verkündungsblätter aus § 2 Abs. 2 VkBkmG; solche Rechtsverordnungen können - wie das bei der Befahrensverordnung geschehen ist (VkBl 2009 S. 143 sowie VkBl 2012 S. 182 für die Änderungsverordnung) - im Verkehrsblatt veröffentlicht werden. Ergänzend sieht § 1 Abs. 2 VkBkmG vor, dass auf Rechtsverordnungen des Bundes, die im Bundesanzeiger oder im Verkehrsblatt - Amtsblatt des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der Bundesrepublik Deutschland - verkündet werden, unter Angabe der Stelle ihrer Veröffentlichung und des Tages ihres Inkrafttretens nachrichtlich im Bundesgesetzblatt hinzuweisen ist. Ein solcher Hinweis ist für die Befahrensverordnung erfolgt (BGBl I 2009 S. 2697 sowie BGBl I 2012 S. 515 für die Änderungsverordnung).

18

bb) Die Richtlinie 94/25/EG in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 geänderten Fassung, auf die § 4 der Befahrensverordnung verweist, ist ebenfalls ordnungsgemäß verkündet worden, hier jeweils im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft. Daher geht der Einwand des Klägers fehl, dass es sich um eine nicht zugängliche Norm handele. Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt ist eine unionsrechtliche Norm dem Normadressaten ohne Weiteres zugänglich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. April 2010 - 2 BvR 871/04, 2 BvR 42 BvR 414/08 - BVerfGK 17, 273, juris Rn. 43 sowie Beschluss vom 13. Oktober 1970 - 2 BvR 618/68 - BVerfGE 29, 198 <210>). Einer erneuten Verkündung des Verweisungsobjektes - hier also des in Bezug genommenen Unionsrechts - entsprechend den Vorgaben von Art. 82 GG bedarf es auch bei einer Verweisung aus einem Gesetz oder einer Rechtsverordnung nicht; Art. 82 GG findet nur auf die Verweisungsnorm selbst Anwendung (vgl. u.a. Clemens, AöR 111 (1986), 63 <87> m.w.N.). Sollte bei einer Verweisung auf Regelungen eines anderen Normgebers zu fordern sein, dass in der Verweisungsnorm die Fundstelle der Bezugsnorm angegeben wird (verneinend BVerfG, Beschluss vom 27. April 1994 - 2 BvL 3/91 - NJ 1994, 461, juris Rn. 56 m.w.N.), wäre diese Vorgabe hinsichtlich der Richtlinie erfüllt. In § 4 der Befahrensverordnung werden auch die Fundstellen der in Bezug genommenen unionsrechtlichen Regelungen im europäischen Amtsblatt aufgeführt.

19

cc) Schließlich ist auch hinsichtlich der EN ISO 14509, auf die in Anhang 1 Abschnitt C Nummer 1 der Richtlinie 94/25/EG für die technischen Einzelheiten zur Messung des Schalldruckpegels weiterverwiesen wird, kein Verstoß gegen das Publizitätserfordernis festzustellen.

20

Auch insoweit sind die maßgeblichen Anforderungen an die Verkündung nicht Art. 82 GG zu entnehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1977 - 2 BvL 11/74 - BVerfGE 44, 322 <350 f.> zur Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen). Die Anforderungen an die Bekanntgabe ergeben sich stattdessen aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG. Damit das Gebot der Rechtssicherheit gewahrt ist, muss für den Rechtsunterworfenen klar erkennbar sein, welche Vorschriften im Einzelnen für ihn gelten sollen. Danach muss die Verlautbarung solcher in Bezug genommener Regelungselemente für den Betroffenen zugänglich und ihrer Art nach für amtliche Anordnungen geeignet sein (BVerwG, Urteil vom 29. August 1961 - BVerwG 1 C 14.61 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 9 = DVBl 1962, 137<138>). Der Betroffene muss sich verlässlich und ohne erhebliche Schwierigkeiten Kenntnis vom Inhalt der Regelungen verschaffen können, auf die Bezug genommen wird; die Möglichkeit der Kenntnisnahme darf also nicht in unzumutbarer Weise erschwert sein. Konkrete weitere Gebote für die Ausgestaltung des Verkündungsvorgangs im Einzelnen ergeben sich aus dem Rechtsstaatsprinzip unmittelbar nicht (stRspr; vgl. statt vieler BVerfG, Urteil vom 22. November 1983 -2 BvL 25/81 - a.a.O. S. 291 m.w.N; darauf Bezug nehmend: BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2010 - BVerwG 4 BN 21.10 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 46 Rn. 9). Es richtet sich vielmehr nach dem jeweils einschlägigen Recht, welche Anforderungen an die Verkündung zu stellen sind. Ob die Möglichkeit, sich vom Norminhalt zuverlässig Kenntnis zu verschaffen, durch die Art und Weise der Veröffentlichung unmittelbar erschwert wird, hängt von den jeweiligen Umständen ab, die sich einer Verallgemeinerung über den konkreten Fall hinaus entziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Oktober 2006 - BVerwG 9 B 6.06 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 66 Rn. 4 m.w.N. zur Bekanntmachung von kommunalen Satzungen in einer Zeitung).

21

Nach den hier maßgeblichen Umständen trifft die Auffassung des Berufungsgerichts zu, der Kläger - und mit ihm die weiteren von der Befahrensverordnung Betroffenen - könnten sich in zumutbarer Weise von der EN ISO 14509 Kenntnis verschaffen.

22

(1) Diese europäische technische Norm, die auch als DIN-Norm übernommen wurde, ist nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen - das Berufungsgericht nimmt hierbei auf das erstinstanzliche Urteil Bezug - beim deutschen Patent- und Markenamt in München hinterlegt. Sie ist damit - sofern das erforderlich sein sollte (so etwa Hömig, DVBl 1979, 307 <311> und Guckelberger, ZG 2004, 62 <72 f.>) - von einer amtlichen Stelle archivmäßig gesichert. Das Regelwerk ist dort auch einsehbar. Darüber hinaus kann es kostenfrei an den bundesweit eingerichteten DIN-Norm-Auslegestellen eingesehen werden; dort wird es in der Regel in elektronischer Form zugänglich gemacht. Die für den Kläger nächst gelegenen DIN-Norm-Auslegestellen befinden sich in Lübeck (Zentrale Hochschulbibliothek) sowie Hamburg (HafenCity Universität oder Hochschule für Angewandte Wissenschaften oder Technische Universität Hamburg-Harburg) und damit in einer zumutbaren Entfernung (vgl. zu dem den Betroffenen zumutbaren Ermittlungsaufwand bei für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen: BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1977 - 2 BvL 11/74 - a.a.O. S. 350 f.).

23

Jedenfalls bei technischen Regelwerken wie der hier in Rede stehenden EN ISO 14509 ist bereits eine solche Einsichtnahmemöglichkeit ausreichend, damit das aus Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitende Publizitätserfordernis erfüllt ist (ebenso Debus, Verweisungen in deutschen Rechtsnormen, 2008, S. 126; Brugger, VerwArch 78 (1987) S. 1 <14 f.>).

24

(2) Darüber hinaus kann der Betroffene das Regelwerk auch erwerben, nach den Feststellungen der Vorinstanzen zum Preis von 218,30 € für alle drei Teile. Das Berufungsgericht nimmt im Ergebnis zu Recht an, dass auch dieses Entgelt die Kenntnisnahmemöglichkeit nicht in unzumutbarer Weise erschwert.

25

Dass der Erwerb eines unter Urheberrechtsschutz stehenden technischen Regelwerks kostenpflichtig ist, bedeutet nicht per se eine unzumutbare Erschwernis des Zugangs. Für den Regelungsunterworfenen ist auch die Druckversion von amtlichen Publikationsorganen, etwa des Bundesgesetzblatts oder der Gesetz- und Verordnungsblätter der Länder, nicht kostenfrei zugänglich, will er sich nicht mit der Einsichtnahme in einer öffentlichen Bibliothek oder über eine in das Internet eingestellte Datenbank begnügen. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass sich der staatliche Normgeber durch den Rückgriff auf DIN-Normen oder vergleichbare Regelwerke privaten Sachverstand zu Nutzen macht. Das private Normungsgremium wiederum refinanziert die ihm für die Erstellung der Normen entstandenen Aufwendungen in nicht unerheblichem Umfang durch die anschließende Verwertung seines urheberrechtlich geschützten Regelwerks. Dass die privaten Normgeber deshalb nicht unentgeltlich tätig werden können, hat der Gesetzgeber mit der Novellierung von § 5 UrhG grundsätzlich gebilligt. Grund für die Gesetzesänderung war eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, dass § 5 Abs. 1 UrhG unter bestimmten Voraussetzungen auch auf technische Normen Privater anwendbar sein kann, auf die in einer staatlichen Regelung verwiesen wird (BGH, Urteil vom 26. April 1990 - I ZR 79/88 - VkBl 1991, 607); nach § 5 Abs. 1 UrhG genießen Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen und amtlich verfasste Leitsätze zu Entscheidungen keinen urheberrechtlichen Schutz. § 5 Abs. 3 Satz 1 UrhG n.F. bestimmt nun, dass das Urheberrecht an privaten Normrechten (...) nicht berührt wird, wenn Gesetze, Verordnungen, Erlasse oder amtliche Bekanntmachungen auf sie verweisen, ohne ihren Wortlaut wiederzugeben. In diesem Fall ist der Urheber verpflichtet, jedem Verleger zu angemessenen Bedingungen ein Recht zur Verwertung und Verbreitung einzuräumen (Satz 2). Ist ein Dritter Inhaber des ausschließlichen Rechts zur Verwertung, so ist dieser zur Einräumung eines Nutzungsrechts nach Satz 2 verpflichtet (Satz 3). Nach der Gesetzesbegründung sollte mit der Einführung von § 5 Abs. 3 Satz 1 UrhG das Interesse der privaten geistigen Schöpfer solcher Normen berücksichtigt werden, ihr Urheberrecht zu wahren und sich insbesondere aus dem Verkauf oder der Zugänglichmachung solcher Regelwerke zu finanzieren. Es soll vermieden werden, dass hohe staatliche Subventionen erforderlich werden oder eine Gefahr für die Tätigkeit dieser Gremien entsteht (BTDrucks 15/38 S. 16). Auch das Bundesverfassungsgericht hat anerkannt, dass diese Finanzierungsfunktion es nicht zulässt, die Preisgestaltung bei der Verwertung solcher Normen allein an dem Ziel auszurichten, eine allgemeine Kenntnisnahme durch möglichst günstige Preise zu ermöglichen (BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 1998 - 1 BvR 1143/90 - NJW 1999, 414, juris Rn. 39).

26

Ob das Entgelt für den Zugang zu einem von nichtstaatlichen Normungsgremium erarbeiteten und unter Urheberrechtsschutz stehenden technischen Regelwerk die Kenntnisnahme unzumutbar erschwert, kann nicht allgemein, sondern nur nach den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalles beantwortet werden. Bei dieser Bewertung sind das urheberrechtlich geschützte Interesse des privaten Normgebers am Schutz seines geistigen Eigentums einerseits mit dem Interesse der von einer solchen Regelung Betroffenen an einem Zugang zu dem Regelwerk zu angemessenen Bedingungen andererseits zum Ausgleich zu bringen. Bei dieser Würdigung ist - soweit es um die Erfüllung des Publizitätserfordernisses geht - auf den konkreten Adressatenkreis der Regelung abzustellen, also auf den Kreis der hiervon typischerweise Betroffenen (in diesem Sinne u.a. Clemens, a.a.O. S. 97).

27

Danach ist hier von Bedeutung, dass es sich bei Sportbooten um ein technisches Gerät handelt, dessen Inverkehrbringen und Betrieb - wie das auch sonst bei technischen Geräten und technischen Anlagen kleineren oder größeren Umfangs der Fall ist - in aller Regel die Einhaltung bestimmter technischer Vorgaben und Standards voraussetzt. Welche technischen Standards gelten, welchen Regelwerken staatlichen oder nichtstaatlichen Ursprungs sie zu entnehmen sind und ob die jeweiligen Vorgaben dann im konkreten Fall auch eingehalten werden, kann zumeist nur durch die Hinzuziehung von Sachverständigen beurteilt werden. Da diese in aller Regel nicht unentgeltlich tätig werden und auch nichtstaatliche Regelwerke regelmäßig kostenpflichtig sind, muss der Betreiber solcher Geräte und Anlagen entsprechende Kosten einkalkulieren; sie stellen sich als notwendige Folgekosten der Anschaffung und Nutzung eines solchen technischen Geräts dar.

28

In Bezug auf die hier in Rede stehenden Speedboote sieht § 2 der Befahrensverordnung ohnedies vor, dass die Messung des Schalldruckpegels, die im Fall einer Grenzwertüberschreitung dann die Grundlage für die Einleitung weitergehender Maßnahmen ist, durch eine amtliche oder amtlich anerkannte Stelle zu erfolgen hat. Insofern ist die betroffene Speedbootbetreiber vor allem interessierende Frage, ob er mit seinem Boot unter das Befahrensverbot fällt oder nicht, allein mit der Kenntnisnahme vom maßgeblichen Regelwerk oder dem Erwerb der EN ISO 14509 noch nicht geklärt. Indes werden der Sachverständige, den der Betroffene im Vorfeld möglicherweise bereits selbst beigezogen hat, oder aber dann jedenfalls die nach § 2 der Befahrensverordnung einzuschaltenden amtlichen oder amtlich anerkannten Messstellen über die für das Messverfahren maßgebliche DIN-Vorschrift verfügen. Dort kann der Betroffene dann auch - ohne auf einen Erwerb des Regelwerks angewiesen zu sein - näheren Aufschluss zum Inhalt der technischen Regelungen und zu deren Anwendung im konkreten Fall erhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 1983 - BVerwG 7 C 41.80 - DVBl 1983, 943, juris Rn. 15).

29

Für die Zumutbarkeit des Anschaffungspreises spricht schließlich, dass es sich bei der in Rede stehenden EN ISO 14509 um eine Regelung mit einem eng begrenzten Anwendungsbereich handelt. Aus diesem Grund kann von vornherein nicht mit einem großen Abnehmerkreis für das Regelwerk gerechnet werden. Das aber führt, soll dessen Urheber aus den dargestellten Gründen jedenfalls einen Teil der Entstehungskosten abdecken können, nicht anders als das bei sonstiger Fachliteratur regelmäßig der Fall ist, zu einem entsprechend höheren Einzelpreis bei der Abgabe.

30

(3) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) weist das Berufungsgericht den Einwand des Klägers zurück, die Verkündung der Befahrensverordnung sei im Hinblick auf die Rechtsprechung zur Inbezugnahme von DIN-Normen in Bebauungsplänen verfahrensfehlerhaft. Er macht geltend, das Bundesverwaltungsgericht und mit ihm einige Obergerichte forderten für eine ordnungsgemäße Verkündung solcher Bebauungspläne, dass die in Bezug genommene DIN-Vorschrift bei der Verwaltungsstelle, bei der auch der Bebauungsplan eingesehen werden könne, zur Einsicht bereit gehalten und darauf in der Bebauungsplanurkunde hingewiesen werde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2010 - BVerwG 4 BN 21.10 - a.a.O. Rn. 12 ff.). Entsprechendes habe auch hier zu gelten.

31

Doch ist diese Rechtsprechung nicht über die dort konkret betroffenen Fälle von Bebauungsplänen hinaus auch auf alle anderen Verweisungen auf technische Regelwerke privater Dritter übertragbar. Dem vom Kläger herangezogenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ist bereits nicht zu entnehmen, dass die dort gebilligte Form der Bekanntmachung nach Auffassung des beschließenden Senats die einzige ist, mit denen den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verkündung solcher Bebauungspläne genügt werden kann. Ebenso wenig enthält die Entscheidung Hinweise darauf, dass die dort gebilligte Bekanntmachungspraxis auch für alle anderen Fälle einer Verweisung auf technische Regelwerke Dritter verbindlich vorgesehen werden müsse. Die Bekanntgabe von Bebauungsplänen weist vielmehr die Besonderheit auf, dass sich ihr Inhalt auf den Beschluss der Gemeinde über den Bebauungsplan oder dessen Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde beschränkt. Die Kenntnisnahme von den mit dem Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen ist damit erst über eine Einsichtnahme in den Bebauungsplan selbst möglich, der hierfür von der Gemeinde bereitzuhalten ist; auf diese Einsichtsmöglichkeit wiederum ist bei der Bekanntmachung des Bebauungsplans hinzuweisen (vgl. § 10 Abs. 3 BauGB). Im Hinblick auf diese spezifische Ausgestaltung der Bekanntmachung bei Bebauungsplänen liegt es nahe, für die Einsichtnahme auch die für anwendbar erklärten DIN-Normen bereitzuhalten, um dem Betroffenen eine umfassende Kenntnisnahme von den maßgeblichen Regelungen zu ermöglichen. Eine vergleichbare Ausgangslage besteht bei der Befahrensverordnung nicht. Sie wurde in ihrem Wortlaut vollständig bekannt gemacht; das dort in Bezug genommene technische Regelwerk ist - wie bereits gezeigt - bundesweit bei den DIN-Norm-Auslegestellen einsehbar.

32

(4) Schließlich bleibt die mittelbare Verweisung auf die EN ISO 14509 nicht deshalb hinter dem rechtsstaatlichen Publizitätserfordernis zurück, weil weder in der Befahrensverordnung selbst noch in der Richtlinie 94/25/EG eine Fundstelle für dieses Regelwerk genannt wird. Die Angabe einer Fundstelle für das Verweisungsobjekt ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht erforderlich, wenn die Bestimmung hinreichend präzise bezeichnet ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. April 1994 - 2 BvL 3/91 - a.a.O. sowie Beschluss vom 15. Juli 1969 - 2 BvF 1/64 - BVerfGE 26, 338 <367>). Das ist hier der Fall. In der Befahrensverordnung wird der in Bezug genommene Teil der Richtlinie 94/25/EG genau benannt; dort wiederum wird in einer Fußnote die maßgebliche harmonisierte Vorschrift angegeben. Über diese Angaben kann sich der Betroffene - wie ausgeführt - ohne unzumutbare Schwierigkeiten Zugang auch zu der technischen Norm verschaffen.

33

Auf spätere Änderungen der in der Richtlinie genannten harmonisierten Normen wird zum einen seitens der Europäischen Kommission (Mitteilungen der Kommission im Rahmen der Durchführung der Richtlinie 94/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Sportboote und zum anderen innerstaatlich hingewiesen (Zehnte Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz - Verordnung über das Inverkehrbringen von und Verkehr mit Sportbooten - ; dort gibt es auch einen Hinweis auf den Verlag, bei dem die einschlägige DIN-Norm bezogen werden kann. Darüber hinaus lässt sich dieser Verlag problemlos über eine Internet-Recherche ermitteln.

34

c) Die materiellen Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 SeeSchStrO für eine Anordnung zur Verhütung von der Schifffahrt ausgehender schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes waren im Fall der Befahrensverordnung erfüllt.

35

Den nach dieser Regelung erforderlichen besonderen Anlass hat das Berufungsgericht zu Recht darin gesehen, dass es zu einem durch den Lärm von Speedbooten verursachten massiven Konflikt mit Anliegern und anderen Nutzern der Neustädter Bucht gekommen war. Einen überzeugenden Grund dafür, weshalb das - wie der Kläger nach wie vor geltend macht - für ein Tätigwerden des Verordnungsgebers nicht ausreichen soll, konnte er auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht benennen.

36

Dass sich die Verordnungsermächtigung des § 60 Abs. 3 SeeSchStrO auf Anordnungen vorübergehender Art mit einer Geltungsdauer von höchstens drei Jahren beschränkt, führt ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit der Befahrensverordnung. Zweifel daran können sich freilich daraus ergeben, dass die zeitliche Geltung der streitigen Befahrensverordnung zwar zunächst auf drei Jahre, nämlich bis zum 31. März 2012 befristet war, dann aber durch eine Änderung von § 7 der Befahrensverordnung bis zum 31. März 2015 verlängert wurde. Doch hat diese Laufzeitverlängerung rechtlich keine andere Wirkung als ein vollständiger Neuerlass der Befahrensverordnung mit einer Laufzeit von wiederum drei Jahren. Das schließt § 60 Abs. 3 SeeSchStrO indes nicht aus, wenn der besondere Anlass, der zum Erlass der Verordnung geführt hat, nach wie vor besteht. Bei den in Rede stehenden Anordnungen zur Abwehr schädlicher Umwelteinwirkungen handelt es sich um situationsgebundene, an konkrete örtliche Verhältnisse anknüpfende Regelungen, deren fortdauernde Berechtigung wegen der Weiterentwicklung dieser Verhältnisse naturgemäß periodischer Überprüfung bedarf. Um dies sicherzustellen, ist es sinnvoll sie von vornherein nur befristet zu erlassen, wie es hier ausdrücklich vorgeschrieben ist. Kommt der Normgeber allerdings bei Ablauf der Frist aufgrund einer solchen Überprüfung zu der Überzeugung, dass der Regelungsbedarf fortbesteht, ist er selbstverständlich nicht gehindert, die Norm erneut zu erlassen oder - was dem gleichkommt - ihre Geltung, wenn auch wiederum befristet, zu verlängern. Angesichts dessen erweisen sich die von der Beklagten für die Verlängerung angeführten Gründe als tragfähig. Sie hat darauf hingewiesen, dass die Befahrensverordnung wegen des laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zunächst weitgehend ausgesetzt worden sei; gleichwohl hätten sich die Speedbootbesitzer im Wesentlichen an das Verbot gehalten. Da das Problem der Lärmbelästigung damit aber nicht endgültig gelöst sei, habe das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung die Wasserschifffahrtsdirektion angewiesen, die Laufzeit um drei Jahre zu verlängern; damit habe verhindert werden sollen, dass es erneut zu einer erheblichen Lärmbelastung komme.

37

d) Die Befahrensverordnung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil in deren § 4 die Einzelheiten der Schalldruckpegelmessung im Wege einer zweifachen, jeweils dynamischen Verweisung geregelt werden. Die bei einer dynamischen Verweisung - umso mehr einer doppelt dynamischen Verweisung - aufgeworfene Frage, ob der Normgeber damit die Ausgestaltung des Norminhalts unter Verletzung des Rechtstaats- und Demokratieprinzips in unzulässiger Weise anderen Stellen - hier letztlich einem Privaten - überlassen hat, ist für die hier getroffene Regelung zu verneinen.

38

aa) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es sich sowohl bei der unmittelbaren Verweisung auf die Richtlinie 94/25/EG als auch bei der dort enthaltenen Weiterverweisung auf die technische Norm EN ISO 14509 jeweils um eine dynamische Verweisung handelt, also um eine Verweisung auf die in Bezug genommene Regelung in ihrer jeweils zum Zeitpunkt der Normanwendung geltenden Fassung. Das ist hinsichtlich der Bezugnahme auf die Richtlinie 94/25/EG bereits unmittelbar anhand des Wortlauts von § 4 zu erkennen; denn dort wird auf Anhang 1 Abschnitt C Nr. 1 der Richtlinie "in der jeweils geltenden Fassung" verwiesen. Dass ebenso die Verweisung von der Richtlinie auf die harmonisierte Norm als dynamische Verweisung auf deren jeweils aktuelle Fassung zu verstehen ist, hat das Berufungsgericht mit Recht den Artikeln 5 und 6 der Richtlinie 94/25/EG und der Praxis sowohl auf europäischer als auch auf innerstaatlicher Ebene entnommen, die Titel und Bezugsdaten der harmonisierten Normen, soweit sie ersetzt wurden, regelmäßig bekannt zu machen. Das wäre entbehrlich, käme es nur auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie 94/25/EG geltende Fassung der harmonisierten Norm an.

39

bb) In der Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Normgeber nicht nur auf eigene, sondern auch auf Regelungen anderer Normgeber verweisen darf. Das schließt Verweisungen auf Begriffe und Regelungen des Unionsrechts ein. Die vielfältige Verschränkung von Unionsrecht und nationalem Recht verbietet es, Verweisungen auf das Unionsrecht anders zu beurteilen als Verweisungen auf nationales Recht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Oktober 1970 - 2 BvR 618/68 - BVerfGE 29, 198 <210> und BVerwG, Urteil vom 29. August 1996 - BVerwG 3 C 7.95 - BVerwGE 102, 39 <40 ff.>). Ebenso wenig ist die Verweisung auf von nichtstaatlichen Normungsgremien geschaffene Regelwerke ausgeschlossen. Vielmehr handelt es sich dabei um eine häufig eingesetzte Regelungstechnik, sollen solche von Privaten erarbeitete technische Standards unmittelbare Rechtsverbindlichkeit erlangen. Gebräuchlich sind derartige Verweisungen auf DIN-Normen oder vergleichbare technische Regelwerke insbesondere im Umweltrecht, um die technischen Anforderungen ("Stand der Technik") an die Errichtung und den Betrieb genehmigungsbedürftiger Anlagen zu konkretisieren (vgl. etwa § 7 Abs. 5 BImSchG). Auch in den Landesbauordnungen werden vielfach DIN-Normen oder vergleichbare Regelungen für anwendbar erklärt, um den in den Bauordnungen verwendeten Begriff der "Regeln der Technik" auszufüllen (vgl. u.a. § 3 Abs. 3 BauO SH; entsprechend § 3 Abs. 3 LBO BW; § 3 Abs. 3 BauO NRW: "allgemein anerkannte Regeln der Technik").

40

cc) Die mittelbare Verweisung auf die EN ISO 14509 ist rechtlich nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich um Regelungen mit unterschiedlicher Zielrichtung handelt. Dem Kläger ist zuzugeben, dass die Richtlinie 94/25/EG ausweislich ihrer Erwägungsgründe dazu dient, technische Handelshemmnisse bei Sportbooten, die sich aufgrund unterschiedlicher einzelstaatlicher Regelungen zu Ausstattung und Betrieb ergeben können, zu beseitigen und damit den freien Warenverkehr zu fördern. Außerdem betrifft die Richtlinie nach ihrem Art. 2 Abs. 1 vornehmlich das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme neuer Sportboote. Doch gibt es keinen - zumal keinen aus der Verfassung ableitbaren - allgemeinen Rechtssatz, der die Verweisung auf eine Regelung mit anderer Zielrichtung von vornherein ausschließt. Abgesehen davon lässt der Kläger außer Acht, dass § 4 der Befahrensverordnung keineswegs auf die Richtlinie 94/25/EG insgesamt verweist, sondern nur auf einen kleinen Teilausschnitt, nämlich die Vorgaben zur Messung des Schalldruckpegels der von der Richtlinie erfassten Wasserfahrzeuge. Es ist nicht zu erkennen, weshalb eine solche Messung bei bereits vorhandenen Booten nicht nach den gleichen technischen Standards erfolgen können soll wie bei neu in Betrieb zu nehmenden Sportbooten. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 94/25/EG legt einen solchen Gleichlauf vielmehr gerade nahe.

41

dd) Die zweifache dynamische Verweisung in § 4 der Befahrensverordnung ist auch mit den spezifischen Anforderungen des Rechtsstaats- und des Demokratieprinzips vereinbar.

42

Verweist der staatliche Normgeber auf Regelungen Dritter, darf das nicht in einer Weise geschehen, dass der Bürger schrankenlos einer Normsetzungsgewalt ausgeliefert ist, die ihm gegenüber weder staatlich noch mitgliedschaftlich legitimiert ist. Das widerspräche sowohl dem Rechtsstaatsprinzip, wonach Einschränkungen der Freiheit des Bürgers, soweit sie überhaupt zulässig sind, nur durch oder aufgrund staatlicher Gesetze erfolgen dürfen, als auch dem Demokratieprinzip, wonach die Ordnung eines nach dem Grundgesetz staatlicher Regelung offen stehenden Lebensbereichs auf eine Willensentschließung der vom Volke bestellten Gesetzgebungsorgane zurückgeführt werden muss. Nur soweit der Inhalt der von einem Privaten erlassenen Regelungen, auf die staatliche Rechtsnormen verweisen, im Wesentlichen feststeht, genügt die verweisende Norm den Anforderungen, die sich aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaats- und dem Demokratieprinzip ergeben (stRspr; vgl. zu Verweisungen auf tarifvertragliche Regelungen: BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1988 - 2 BvL 26/84 - BVerfGE 78, 32, juris Rn. 16 und Urteil vom 14. Juni 1983 - 2 BvR 488/80 - BVerfGE 64, 208, juris Rn. 25; jeweils m.w.N.).

43

Für die Beantwortung der Frage, ob diese einer dynamischen Verweisung von Verfassungs wegen gezogenen rechtlichen Grenzen eingehalten wurden, kommt es neben dem Sachbereich und der damit verbundenen Grundrechtsrelevanz wesentlich auf den Umfang der Verweisung an. Dieser ist hier sehr eng bemessen. Die Befahrensverordnung betrifft nach ihrem § 1 von vornherein nur bestimmte Wasserfahrzeuge. Ihrem Gegenstand nach beschränkt sich die Verweisung des § 4 zudem auf die Ermittlung des Schalldruckpegels solcher Fahrzeuge. Schon wegen dieser geringen Reichweite der Verweisung ist nur mit überschaubaren Änderungen der in die Befahrensverordnung inkorporierten Regelungen anderer Normgeber zu rechnen, und zwar nach Sinn und Zweck der Bestimmungen insbesondere mit solchen, die einer zwischenzeitlich eingetretenen Änderung des Standes der Technik Rechnung tragen. Gerade für diese Fälle hat eine dynamische Verweisung aber ihre Berechtigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004 - BVerwG 7 C 10.03 - Buchholz 451.221 § 13 KrW/AbfG Nr. 9, juris Rn. 21). Dagegen wurde der zulässige Grenzwert des Schalldruckpegels, der von größerer Bedeutung für den betroffenen Speedbootbetreiber ist, nicht im Verweisungswege, sondern vom staatlichen Verordnungsgeber selbst festgelegt, der über die vom Gesetzgeber erteilte Verordnungsermächtigung mittelbar demokratisch legitimiert ist. Ebenso liegt es hinsichtlich der Maßnahmen, die bei einer Grenzwertüberschreitung ergriffen werden dürfen.

44

Bei der engen Bandbreite der zur Überprüfung stehenden Verweisung kann zudem davon ausgegangen werden, dass der verweisende Verordnungsgeber die in Bezug genommenen Regelungen im Blick behält, so dass er auf den vorgegebenen Rahmen sprengende oder von ihm nicht gewünschte Änderungen umgehend reagieren kann.

45

Die regelungstechnische Alternative zu der in der Befahrensverordnung gewählten Verweisungslösung hätte darin bestanden, die Schalldruckpegelmessung nur im Wege einer Generalklausel zu umschreiben, etwa indem für die hierbei zum Einsatz zu bringenden technischen Verfahren auf den "Stand der Technik" abgestellt wird. Das aber hätte für alle Betroffenen - sowohl die Betreiber der Speedboote als auch die mit der Umsetzung der Befahrensverordnung betrauten Stellen - weniger statt mehr Klarheit über das maßgebliche Messverfahren gebracht und damit nur eine Einbuße an Rechtssicherheit bedeutet. Zur Ausfüllung und Konkretisierung einer solchen Generalklausel wäre - auch ohne eine förmliche Verweisung - letztlich doch wieder auf die einschlägigen technischen Regelwerke, und damit auch auf die in Rede stehenden DIN-Normen zurückgegriffen worden. Deren Auffinden hätte sich für die Betroffenen dadurch keineswegs erleichtert; hinzu gekommen wäre zusätzlich nur noch die Ungewissheit, ob sie auch die richtigen technischen Regelungen herangezogen hätten, also die Regelwerke, die den maßgeblichen Stand der Technik wiedergeben.

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e) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Befahrensverordnung sei mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

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Nach den das Revisionsgericht bindenden Feststellungen der Vorinstanz gibt es kein systematisches Vollzugsdefizit, das die Eignung der mit der Verordnung getroffenen Regelungen in Frage stellen würde. Gegen die Erforderlichkeit des Befahrensverbotes bestehen ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken. Im Berufungsurteil wird dargelegt, ohne dass der Kläger insoweit zulässige und begründete Verfahrensrügen erhoben hätte, dass in einer Geschwindigkeitsbeschränkung kein in gleicher Weise geeignetes milderes Mittel zur Verhinderung der Lärmemissionen gesehen werden könne. Das Berufungsgericht stützt das darauf, dass sich eine Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit nicht als hinreichend praktikabel erwiesen habe. Im Hinblick darauf, dass die Speedboote konstruktionsbedingt bereits bei niedrigen Geschwindigkeiten einen hohen Lärmpegel entwickeln, durfte der Verordnungsgeber auch davon absehen, den vom Kläger geforderten Durchfahrtkorridor einzurichten. Die angegriffenen Regelungen erweisen sich ferner als angemessen, also verhältnismäßig im engeren Sinn. Dem Kläger wird weder das Eigentum an seinem Speedboot entzogen noch wird er gänzlich an dessen Nutzung gehindert; er darf lediglich bestimmte Teile der Neustädter Bucht nicht mehr befahren, solange der Schalldruckpegel seines Bootes den in der Befahrensverordnung angegebenen Grenzwert überschreitet. Andere Teile der Ostsee oder sonstige Gewässer stehen ihm damit nach wie vor offen. Um dorthin zu gelangen, kann er sich entweder durch die "Verbotszone" schleppen lassen oder aber - worauf die Beklagte hingewiesen hat - für eine einmalige Durchfahrt eine Ausnahmegenehmigung nach § 59 SeeSchStrO beantragen. Darüber hinaus hat er die Möglichkeit, durch eine Nachrüstung seines Speedbootes dessen Geräuschpegel unter den Grenzwert abzusenken.

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f) Schließlich kann sich der Kläger - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - nicht auf Bestandsschutz berufen. Dass sein Speedboot 1990 gebaut wurde und 1995 vom Wasser- und Schifffahrtsamt Koblenz in Deutschland zugelassen wurde, schließt spätere Lärmschutzmaßnahmen - namentlich, wenn sie verhaltensbezogen und örtlich begrenzt sind - nicht aus, wie sie die Befahrensverordnung aus besonderem Anlass bei Sportbooten mit hohem Schalldruckpegel ermöglicht. Die im August 1995 erfolgte Zulassung diente zudem lediglich der Registrierung des Speedbootes und der Zuteilung eines Kennzeichens gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Kennzeichnung von auf Binnenschifffahrtsstraßen verkehrenden Kleinfahrzeugen (KlFzKV-BinSch). Schon deswegen kann sich aus dieser Zulassung kein Anspruch auf eine fortdauernde uneingeschränkte Nutzung des Bootes auf allen Gewässern ergeben.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.