Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Der Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 15. Februar 2012 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Insoweit ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Wirtschaftsunternehmen im Eigentum des Bundes, ... Sie wendet sich gegen die Rückforderung von Zuschüssen zu Planungskosten für den Bau der S-Bahn ...-... in Höhe von 2.367.500,00 EUR durch den Beklagten. Die aus Sicht des Beklagten entstandene Überzahlung in dieser Höhe ergab sich dadurch, dass der Beklagte in den Jahren 1993 bis 1995 schon im Vorgriff auf eine noch festzusetzende Planungskostenpauschale gezahlte Zuschüsse in Höhe von umgerechnet 4.141.500,00 EUR übersehen hatte, als es in den Jahren 2003 bis 2008 zu weiteren Auszahlungen in Höhe von insgesamt 8.473.000,00 EUR kam. Die Gesamtzahlung von 12.614.500,00 EUR überstieg die mit Bescheid vom 4. November 2008 von der Regierung von Mittelfranken festgelegte Planungskostenpauschale von 10.247.000,00 EUR (7% der zuwendungsfähigen Baukosten von 146.384.000,00 EUR) um den geltend gemachten Betrag.

In einem ersten Vertrag vom 2. Februar 1981 zwischen der damaligen Deutschen Bundesbahn und dem Freistaat Bayern über den Bau und die Finanzierung der S-Bahn ... ist in der Präambel festgelegt, dass die Vertragspartner sich darüber einig sind, im Verdichtungsraum ...-...-...-... zur Verbesserung der Nahverkehrsverhältnisse ein S-Bahn-System zu schaffen.

Mit Schreiben vom 9. Oktober 1992, das ohne weitere Auflagen erging, teilte das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr (im Folgenden: WM) im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen (im Folgenden: FM) der damaligen Deutschen Bundesbahn, Bundesbahndirektion ..., mit, es bestehe Bereitschaft, die der Deutschen Bundesbahn entstehenden externen Planungskosten für den Bau der S-Bahn-Strecke ...-...-...-... vorzufinanzieren. Die Vorfinanzierung erfolge nach Art. 13 c Finanzausgleichsgesetz unter späterer Anrechnung auf die der Bundesbahn zu gewährenden Zuschüsse in Höhe von 7% der zuwendungsfähigen Gesamtkosten. Bei Nichtverwirklichung des Vorhabens behalte sich der Freistaat die Rückforderung der vorfinanzierten Planungskosten bzw. die Anrechnung auf andere Maßnahmen vor.

Mit Schreiben vom 5. April 1993 äußerte die Bundesbahndirektion ..., in Zusammenhang mit dem Fernbahnausbau ...-... (später: Verkehrsprojekt deutsche Einheit - VDE-8.1) sei die Bundesbahn vom Bundesminister für Verkehr gebeten worden, die Planungen für die S-Bahn ...-...-... zu veranlassen, wobei der Minister von einer Übernahme der anteiligen Planungskosten der S-Bahn durch den Freistaat Bayern im Vorgriff auf eine zu vereinbarende Planungskostenpauschale ausgehe. Die für die S-Bahn-Planung erforderlichen externen Planungskosten würden auf etwa 20 Mio. DM geschätzt. Im Interesse eines schnellen Planungsfortschritts würde gebeten, bis zum Baubeginn der zweiten S-Bahn-Baustufe bei den externen Planungsmitteln in Vorlage zu treten. Die bis zu diesem Baubeginn geleisteten Zahlungen werde man auf die im Rahmen des Finanzierungsvertrages festzulegende Planungskostenpauschale anrechnen. Bis 1995 wurden umgerechnet 4.141.500,00 EUR abgerufen (ab 1.1.1994, nachdem es zur Gründung der Deutschen Bahn AG gekommen war durch die Klägerin). Verwendungsnachweise zur zweckentsprechenden Verwendung der Mittel (ab 1.1.1994 durch das Eisenbahnbundesamt) wurden vorgelegt, zuletzt der Verwendungsnachweis vom 15. Mai 1996 zur nachgewiesenen Verwendung der Mittel, die vom Freistaat Bayern erbracht wurden.

Zur Vorfinanzierung der externen Planungskosten durch den Freistaat Bayern, die den frühzeitigen Planungsbeginn ermöglichten, erging eine Pressemitteilung des WM vom 19. November 1992. Die Regierung von Mittelfranken wurde durch die Bundesbahndirektion ... mit Schreiben vom 25. August 1992 unter Bezug auf eine Besprechung vom 25. März 1992 darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Freistaat Bayern der Deutschen Bundesbahn die entstehenden externen Planungskosten für spätere Anrechnung auf den noch zu gewährenden Planungskostenzuschuss vorfinanziere. Daher werde der beiliegende Ingenieurvertrag mit der Bitte um Mittelbereitstellung übersandt.

Der Bund verhängte am 20. Oktober 1998 einen vorläufigen Projektstopp über den Fernbahnausbau (VDE 8.1) und der Bundesminister für Verkehr verfügte, bis 2002 keine Mittel für den Fernbahnausbau im Streckenbereich ...-... zur Verfügung zu stellen. Ein vorliegender Entwurf eines Vertrags über den Bau und die Finanzierung der S-Bahn ..., Baustufe 2, Strecke ...-...-... vom 6. November 1995, der in der Präambel einen gleichzeitigen Ausbau von Fernbahn und S-Bahn vorsah und der in § 4 Abs. 2 im Hinblick auf Zuschüsse zu Planungsleistungen und Baubetreuung durch den Beklagten eine Anrechnung der im Voraus geleisteten Zahlungen vorsah, wurde nicht weiter verfolgt.

In einem Schreiben des WM vom 5. Januar 1998 wird ausgeführt, dass nach der Entscheidung des Bundesministeriums für Verkehr, bis zum Jahr 2002 keine Mittel für den Fernbahnausbau im Streckenabschnitt ...-... zur Verfügung zu stellen, wegen der dadurch geänderten Ausgangslage eine Neubewertung der bisherigen Ausbauplanung für die S-Bahn ...-... erforderlich sei. Der Fernbahnausbau im Streckenabschnitt ...-... werde erst nach Inbetriebnahme der Neubaustrecke zwischen ... und ..., d. h. voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2004/2005 erfolgen. Die ursprüngliche Planung, den S-Bahn-Ausbau zwischen ... und ... gemeinsam mit dem Fernbahnausbau im Streckenabschnitt ...-... zu bedienen, würde danach zwangsläufig zu einer unvertretbaren Verzögerung des S-Bahn-Ausbaus führen.

Am 21./28. Dezember 2001 schlossen die Klägerin und der Beklagte einen „Planungsvertrag über die Erstellung der Entwurfsplanung und Durchführung des Planfeststellungsverfahrens für den Bau bzw. Ausbau der neuen S-Bahn ...-...-...-..., vgl. § 1 des Planungsvertrags - im Folgenden: PV 2001 -). Nach §§ 3 Abs. 1 und 4 Abs. 1 PV 2001 sollten in den Jahren 2001 bis 2003 Planungskosten in Höhe von voraussichtlich 3,426 Mio. EUR vorfinanziert werden. Die Finanzierung dieser in § 3 des Vertrags genannten voraussichtlichen Planungskosten regelte § 4.

§ 4 Abs. 4 lautet:

„Bei Realisierung des S-Bahnausbaus ab voraussichtlich 2003 wird die gewährte Zuwendung mit der Finanzierung der Planungskosten durch den Freistaat Bayern für den S-Bahnausbau verrechnet.“

Mit Bescheid der Regierung von Mittelfranken vom 24. Juli 2003 wurden die Zuwendungen zu Planungskosten für die Rahmenplanung des S-Bahn-Vorhabens unter Bezug auf den PV 2001 aufgenommen.

Mit Schreiben vom 30. März 2005 äußerte die Klägerin unter Bezug auf die in § 3 PV 2001 vereinbarten Planungskosten, dass die darin aufgeführten Kosten ausgeschöpft seien und zur Fortführung und Fertigstellung der Entwurfs- und Genehmigungsplanung einer Erhöhung um 6,2 Mio. EUR bedürften. Demnach würden sich die Planungskosten insgesamt auf 9,626 Mio. EUR für die Leistungsphasen 3 und 4 belaufen. Die gewährte Zuwendung werde gemäß § 4 Abs. 4 PV 2001 bei Realisierung des S-Bahnausbaus mit der Finanzierung der Planungskosten durch den Freistaat für den S-Bahnausbau verrechnet. Die zuwendungsfähigen Baukosten beliefen sich nach dem Stand von 2001 auf 153,9 Mio. EUR, weshalb der geplante Zuschuss von 7% der zuwendungsfähigen Baukosten noch über den 9,626 Mio. EUR liege.

In dem daraufhin an das FM gerichteten WMS vom 12. April 2005 wurde ausgeführt, dass die 2001 durch den PV 2001 gewährten Mittel zwischenzeitlich aufgebraucht seien. Die Klägerin benötige in den Jahren 2005 und 2006 weitere 6,2 Mio. EUR und bitte um eine entsprechende Aufstockung des Planungsvertrags gemäß § 3 Abs. 2. Insgesamt gewähre der Freistaat der Klägerin damit 9,6 Mio. EUR an Planungsmitteln. Damit werde bei der Klägerin dieser zustehenden Planungskostenpauschale von 7% (entspräche in diesem Fall rund 10,8 Mio. EUR) noch nicht erreicht bzw. überschritten. Es werde um Prüfung und Zustimmung gebeten.

In seiner Erwiderung äußerte das FM, dass gegen die geplante Aufstockung des Planungsvertrags um 6,2 Mio. EUR keine Einwendungen vom Grundsatz bestünden. Die Vorfinanzierung müsse lediglich aus Regionalisierungsmitteln erfolgen, weil eine neuerliche Vorfinanzierung aus FAG-Mitteln nach derzeitigem Kenntnisstand zumindest 2005 nicht möglich sei.

Im sodann an die Klägerin gerichteten WMS vom 27. April 2005 wurde unter Bezug auf das Schreiben vom 30. März 2005 und den PV 2001 die Übernahme weiterer 6,2 Mio. EUR bestätigt, davon 2,8 Mio. EUR für das Jahr 2005 und 2,4 Mio. EUR für das Jahr 2006, zur Fortführung und Fertigstellung der Entwurfs- und Genehmigungsplanung für die S-Bahn ...-...-... Die Regelungen des PV 2001, insbesondere die Anrechnung der bislang gewährten Mittel auf die Planungskostenpauschale des Bau- und Finanzierungsvertrags (§ 4 Abs. 1 des Vertrages) würden entsprechend gelten.

Am 10. Februar 2006 schlossen die Klägerin und der Beklagte den S-Bahn-Bau- und Finanzierungsvertrag über den Streckenausbau der S-Bahn ...-...-...-... (im Folgenden: BuF-Vertrag). Vertragsgegenstand ist nach § 1 Abs. 1 dieses Vertrags der Bau und die Finanzierung der für den Betrieb der S-Bahn erforderlichen Anlagen. Zur Finanzierung ist in § 4 Abs. 3 geregelt, dass die Baukosten der nach diesem Vertrag zu finanzierenden S-Bahn-Maßnahmen nach Planungs- und Preisstand 2005 etwa 170,6 Mio. EUR, davon voraussichtlich zuwendungsfähig 161,4 Mio. EUR, betrügen. Die Vertragspartner gingen davon aus, dass sich der Bund an den Kosten der Baumaßnahmen nach dem GVFG durch Zuschüsse im gesetzlich höchstmöglichen Umfang (60%) beteilige. Die nicht durch Investitionszuschüsse des Bundes gedeckten zuwendungsfähigen Baukosten (40%) würden vom Freistaat getragen (§ 4 Abs. 4 BuF-Vertrag).

In § 4 Abs. 5 BuF-Vertrag ist folgendes geregelt:

„Der Freistaat gewährt darüber hinaus einen Zuschuss zu den Kosten der Planung und Bauaufsicht in Höhe von 7% der zuwendungsfähigen Baukosten. Der Freistaat erstattet vorab DB-Netz Planungskosten in Höhe von 9,626 Mio. EUR nach den Regelungen des Planungsvertrages vom 28. Dezember 2001 und des Schreibens zur Aufstockung des Planungsvertrages vom 27. April 2005.“

Der Beklagte hatte zuletzt mit Zuwendungsbescheid der Regierung von Mittelfranken vom 19. März 2007 in Höhe von 3.600.000,00 EUR, der mit Bescheid vom 22. Oktober 2007, weil keine volle Inanspruchnahme der Mittel im laufenden Haushaltsjahr mehr möglich seien, in Höhe von 1.700.000,00 EUR widerrufen wurde und weiter mit Zuwendungsbescheid der Regierung von Mittelfranken vom 24. April 2008 in Höhe von 860.000,00 EUR der Klägerin Leistungen gewährt. Beide Zuwendungsbescheide betreffen, wie auch alle übrigen seit 24. Juli 2003 ergangenen Zuwendungsbescheide, das „S-Bahn-Vorhaben Großraum ..., Übernahme der Planungskosten für die Rahmenplanung ...-...-...“. Zum Bestandteil der Zuwendungsbescheide wurde der PV 2001, das WMS vom 27. April 2005 sowie die in der Anlage genannten Bedingungen, Auflagen und Hinweise gemacht. Die Anlage bezieht sich für private Zuwendungsempfänger zusätzlich als Bestandteil des Bewilligungsbescheides auf die „allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P, Anlage 2 zu den VV zu Art. 44 BayHO) in der jeweils geltenden Fassung, die baufachlichen Nebenstimmungen (NBest-Bau Anlage 4 b zu den VV zu Art. 44 BayHO) in der jeweils geltenden Fassung und auf die VV zu Art. 44 Abs. 1, Art. 44 a BayHO in der jeweils geltenden Fassung. Weiter ist in Ziffer 4 der Anlage zum Bewilligungsbescheid festgelegt, dass der Zuwendungsbescheid ganz oder teilweise widerrufen werden könne, wenn die Zuwendungen nicht zweckentsprechend verwendet werden würden.

Nachdem der Beklagten mit Schreiben vom 20. Oktober 2008 der Verwendungsnachweis für die 2003 erbrachten Leistungen in Höhe von 8.473.000,00 EUR vorgelegt wurde und die Regierung von Mittelfranken im Schreiben an das WM und FM Probleme wegen bei der Klägerin nicht auffindbarer Vergabeunterlagen dargestellt hatte, teilte das FM mit Schreiben vom 11. November 2010 unter anderem mit, die Voraussetzungen für eine Zuwendungskürzung wegen eines Auflagenverstoßes im Hinblick auf fehlende Vergabeunterlagen lägen nicht vor, weil entsprechende Auflagen erst in den ab 24. Juli 2003 ergangenen Zuwendungsbescheiden enthalten seien.

Bei Prüfung der Vorlage sei das FM jedoch auf die Schriftwechsel der Jahre 1993 bis 1995 gestoßen und habe dabei festgestellt, dass Planungsleistungen im Vorgriff auf die im Rahmen des Finanzierungsvertrages festzulegende Planungskostenpauschale nicht erst nach Abschluss des PV 2001 in den Jahren 2003 bis 2009 bewilligt und ausgezahlt worden seien, sondern bereits im Vorgriff in den Jahren 1993 bis 1995 im Umfang von umgerechnet rund 4.141.500,00 EUR, direkt durch das FM. Damit seien bislang insgesamt 12.614.500,00 EUR an Planungsleistungen für die fragliche S-Bahn-Strecke ausbezahlt worden. § 4 Abs. 5 BuF-Vertrag lege die Obergrenze der Planungskostenförderung mit 7% der zuwendungsfähigen Baukosten fest. Da das Eisenbahnbundesamt mit Zuwendungsbescheid vom 14. Dezember 2007 die zuwendungsfähigen Kosten auf 146.384.000,00 EUR festgesetzt habe, betrage die 7%ige Planungskostenpauschale 10.247.000,00 EUR. Alle über diesen Betrag hinaus geleisteten Zahlungen (2.367.500,00 EUR) seien daher ohne rechtliche Grundlage erfolgt und demzufolge grundsätzlich zurückzufordern. Die Regierung werde daher gebeten, die Klägerin vom geplanten Widerruf in Kenntnis zu setzen und um eine Stellungnahme zu bitten.

Mit Schreiben vom 25. November 2010 wies die Regierung von Mittelfranken darauf hin, dass beabsichtigt sei, die Zuwendungsbescheide vom 19. März 2007 in der Fassung vom 22. Oktober 2007 und vom 24. April 2008 in Höhe von insgesamt 2.367.000,00 EUR zu widerrufen und diesen zuviel ausgezahlten Betrag zurückzufordern sowie für den Rückzahlungsbetrag Zinsen in Höhe von 6 v. H. vom Tag der letzten Auszahlungen und bis zum Tag der Rückzahlung geltend zu machen. Es werde Gelegenheit gegeben, sich hierzu bis spätestens 17. Januar 2011 schriftlich zu äußern.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2010 vermerkte die Klägerin, dass wegen des lange zurückliegenden Zeitraums 1993 bis 1995, auf den die Rückforderung zurückzuführen sei und weil sich zwischenzeitlich mehrfach Organisationsveränderungen auf Seiten der Bahn ergeben hätten, die gewünschte Stellungnahme nicht bis 17. Januar 2011 gewährleistet werden könne. Es werde vorsorglich gebeten, die Frist zur Stellungnahme zu verlängern. Gleichwohl sei man um eine rasche Aufklärung des Sachverhalts bestrebt.

Mit weiterem Schreiben vom 22. Februar 2011 äußerte sich die Klägerin dahingehend, dass die Rückforderung nicht gerechtfertigt sei. Es sei zwar richtig, dass bis Mitte der 90er Jahre eine Planung für die S-Bahnstrecke ...-... existiert habe, jedoch sei sie damals unmittelbar verbunden gewesen mit der Realisierung des viergleisigen Ausbaus der Ausbaustrecke ...-... Diese Planung sei aber 1997 auf Betreiben des Bundes gestoppt worden. In Abstimmung mit dem Bund sei dann 2001 die Planung für eine S-Bahnstrecke ...-... wieder aufgenommen worden, um den Vorlauf auf die im März 2002 beabsichtigte und dann auch ausgesprochene Aufhebung des Baustopps auf den gesamten VDE 8.1 zu sichern. Dabei habe aufgrund neuer Rahmenbedingungen die Planung komplett überarbeitet werden müssen. Zur Finanzierung dieser neuen Planung sei dann der PV 2001 unterzeichnet worden. In diesem sei weder auf die frühere Planung Bezug genommen worden noch eine Anrechnung angeblich bereits viele Jahre zuvor ausgereichter Planungszuschüsse vereinbart worden. Dieser Vertrag beziehe sich auf 3,426 Mio. EUR Zuschüsse für 2001 bis 2003, was mit WMS vom 27. April 2005 um 6,2 Mio. EUR erhöht worden sei. Der BuF-Vertrag enthalte in § 4 Abs. 5 die Aussage, dass der auf die Planungskostenpauschale anzurechnende und vorab erstattete Betrag 9,626 Mio. EUR betrage. Eine Anrechnung darüber hinausgehender, vorab erstatteter Beträge sei nicht vereinbart. Es werde auch sonst an keiner Stelle des Vertrages Bezug genommen auf die S-Bahn-Planung der 90er Jahre. Aufgrund dieser abschließenden Vereinbarung könne der Beklagte nicht die Anrechnung weiterer Zuschüsse in Höhe von 4,141 Mio. EUR einseitig verlangen. Aussagen der früheren Deutschen Bundesbahn zu einer Anrechnung der Planungskosten auf eine im Rahmen des Finanzierungsvertrages festzulegende Planungskostenpauschale im Schreiben vom 5. April 1993 seien aufgrund der Vereinbarungen im Bau- und Finanzierungsvertrag vom 10. Februar 2006 gegenstandslos. In Anbetracht der Höhe der Rückforderung und des komplexen Sachverhalts sei der Klägerin an einem Gespräch auf ministerieller Ebene gelegen.

In der Folgezeit kam es zu einem umfangreichen Schriftverkehr zwischen den Beteiligten und zwei Besprechungen im Bayerischen Staatsministerium der Finanzen, bei denen die Klägerin die Auffassung vertrat, es sei sachgerecht gewesen, aufgrund des am 20. Oktober 1998 vom Bund verfügten vorläufigen Projektstopps die bisherige Planung zuwendungsrechtlich abzuschließen und unter der neuen Randbedingungen eines beschleunigten Ausbaus der S-Bahn ohne gleichzeitigen Bau des VDE 8.1 neu aufzunehmen bzw. die bisherige Planung neu zu überarbeiten. Dabei habe lediglich im Abschnitt ...-Hauptbahnhof bis km 12,4 ein Anteil von rund 30% der bisherigen Planung weiter verwendet werden können. Die folgenden Abschnitte bis ... seien dagegen vollständig neu zu erarbeiten gewesen, so dass nur 19% der Kosten der ursprünglichen Rahmenplanung, also nur 0,787 Mio. EUR auf die Planungskostenpauschale angerechnet werden könnten. Bei dieser Sachlage sei aber noch keine Überzahlung gegeben.

Der Beklagte vertrat durch das FM den Standpunkt, dass Planungskosten dem Grunde nach nicht zuwendungsfähig seien, weshalb eine Förderung von tatsächlich entstandenen Planungskosten ausscheide. Aufgrund vertraglicher Regelung sei aber bei förderfähigen S-Bahn-Investitionen ein pauschaler Zuschuss zu den Kosten der Planung und Bauaufsicht in Höhe von 7% der zuwendungsfähigen Baukosten und folglich unabhängig von den tatsächlichen Planungsaufwendungen gewährt worden. Mithin könne die Planungskostenpauschale daher für ein Vorhaben nur einmal gewährt werden. Dies folge auch aus dem BuF-Vertrag, der gerade keine Regelung zum Umgang mit den verlorenen Planungskosten enthalte. Alle Zahlungen, die über der festgelegten Planungskostenpauschale lägen, seien daher zu Unrecht gewährt und folglich zurückzufordern. Aus Sicht des Beklagten sei durch den vorläufigen Projektstopp des VDE Nr. 8.1 keine völlige Neuplanung, sondern nur in Teilbereichen der S-Bahnbaumaßnahmen eine Umplanung erforderlich geworden, so dass von einer Kontinuität der Planung und Realisierung seit den 90er Jahren auszugehen sei. Deshalb sei auch eine Rückforderung der in den 90er Jahren gewährten Zahlungen wegen Nichtverwirklichung des Vorhabens nicht veranlasst gewesen.

Mit Bescheid vom 15. Februar 2012, zugestellt am 17. Februar 2012, widerrief die Regierung von Mittelfranken den Zuwendungsbescheid vom 24. April 2008 vollständig in Höhe von 860.000,00 EUR (Ziffer 1 des Bescheids) und den Zuwendungsbescheid vom 19. März 2007 in der Fassung des teilweisen Widerrufs vom 22. Oktober 2007 in Höhe eines Teilbetrages von 1.507.500,00 EUR (Ziffer 2 des Bescheids) jeweils mit Wirkung für die Vergangenheit. Die zuviel bewilligten und ausgezahlten Zuwendungen in Höhe von insgesamt 2.367.500,00 EUR forderte sie zurück (Ziffer 3 des Bescheids). Der Erstattungsbetrag in Höhe von 2.367.500,00 EUR sei jeweils vom Zeitpunkt der letzten Auszahlung an mit 6 v. H. für das Jahr zu verzinsen (Ziffer 4). Die Klägerin werde aufgefordert, den zu erstattenden Betrag bis spätestens 31. März 2012 an die Staatsoberkasse zurückzuzahlen (Ziffer 5). Die zu zahlenden Zinsen würden nach der Zahlung des Erstattungsbetrags in einem weiteren Bescheid der Höhe nach festgesetzt und angefordert (Ziffer 6).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid vom 4. November 2008 lege die Gesamtzuwendung für pauschalierte Planungskosten in Bezug auf das S-Bahn-Vorhaben Großraum ... (7% der zuwendungsfähigen Baukosten von 146.384,00 EUR gemäß Bescheid des Eisenbahnbundesamts vom 14.12.2007) auf 10.247.000,00 EUR fest. Bisher seien die Planungskostenzuwendungen nach Art. 21 BayÖPNVG in Höhe von 12.614.500,00 EUR ausgezahlt worden, so dass eine Überzahlung in Höhe von 2.367.500,00 EUR vorliege und entsprechend die Zuwendungsbescheide vom 24. April 2008 und 19. März 2007 ganz bzw. teilweise zu widerrufen seien. Die Planungen der 90er Jahre und die Planungen auf der Grundlage des PV 2001 bzw. dessen Aufstockung vom 27. April 2005 dienten demselben Vorhaben, nämlich dem Bau der S-Bahn von ... nach ... Sowohl aus der Präambel zum PV 2001 als auch zum BuF-Vertrag folge, dass S-Bahn-Vorhaben und VDE 8.1 auch nach dessem vorläufigen Projektstopp weiterhin sinnvollerweise zusammen geplant und realisiert werden sollte. Trotz notwendiger Änderungen und Anpassungen der S-Bahn-Planung wegen Verzögerungen des VDE Nr. 8.1 seien die Beteiligten daher über alle Jahre hinweg von den einheitlichen Vorhabensplanungen ausgegangen. Sonst hätten die Planungsleistungen nicht mehr auf der Grundlage des für die Planungen der 90er Jahre geschlossenen Ingenieurvertrages vom 13. Dezember 1993 fortgeführt werden dürfen, sondern erneut ausgeschrieben und vergeben werden müssen, was gerade nicht erfolgt sei. Dies bestätige die Kontinuität der Planung. Dass die Vertragsparteien die Zahlungen der 90er Jahre in den Verträgen von 2001 und 2006 nicht erwähnt hätten, sei nicht als konkludenter Verzicht auf die Anrechnung der Zahlungen zu interpretieren. Es hätte einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Auch wären sonst die Zahlungen aus den Jahren 1993 bis 1995 ohne rechtlichen Grund ausgereicht worden. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Zahlungen der 90er Jahre von beiden Seiten damals schlichtweg übersehen worden seien. Die beiden maßgeblichen Verträge wiesen daher eine planwidrige Regelungslücke auf, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen sei. Es sei darauf abzustellen, was die Parteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, hätten sie den nicht geregelten Fall bedacht. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des PV 2001 und des BuF-Vertrages sei es ausnahmslose Verwaltungspraxis gewesen, dem Vorhabensträger eine auf 7% begrenzte Planungskostenpauschale zu gewähren und deren werthaltigen Einsatz allein in das unternehmerische Risiko des Vorhabenträgers zu stellen. Dies sei beiden Parteien zum Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsschlusses bewusst gewesen, ebenso die Anrechnung aller vorgriffsweisen Zahlungen auf die später festzusetzende 7%ige Planungskostenpauschale (WMS vom 9.10.1992, Schreiben der Bundesbahndirektion vom 5.4.1993, § 4 PV 2001 und WMS vom 27.4.2005). Hätten die Vertragsparteien bei Abschluss der Verträge an die Zuschüsse für die Vorplanung aus den Jahren 1993 bis 1995 gedacht, hätten sie deren Anrechnung entsprechend der Anrechnung der Zahlungen ab 2001 geregelt. Die Zuwendungsbescheide würden in Höhe der Überzahlung nach Art. 49 Abs. 2 Buchst. a Ziffer 1 BayVwVfG mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen. Gemäß den auf den PV 2001 und das WMS vom 27. April 2005 Bezug nehmenden Zuwendungsbescheiden dürften die gewährten Geldleistungen nur als Vorleistung für Planungskosten bis zur Planungskostenpauschale von 7% der im jeweiligen Zeitpunkt festgestellten zuwendungsfähigen Baukosten verwendet werden, nicht aber für darüber hinausgehende Planungskosten oder sonstige Kosten. Mithin hätten die überzahlten Beträge nicht mehr zweckentsprechend verwendet werden können. Im Übrigen wird auf den Bescheid Bezug genommen.

Mit der fristgerecht am 14. März 2012 erhobenen Klage stellt die Klägerin den Antrag,

den Bescheid des Beklagten vom 15. Februar 2012 aufzuheben.

Zur Begründung ist zusammengefasst im Wesentlichen vorgetragen, mit Wirkung für die Vergangenheit könne ein rechtmäßiger Verwaltungsakt über eine Geldleistung widerrufen werden, wenn diese nicht mehr für den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet werde. Dies wäre dann der Fall, wenn die vorab erstatteten Planungskosten für den Bau der S-Bahn ...-... die Planungskostenpauschale in Höhe von 7% der zuwendungsfähigen Baukosten übersteigen würde (§ 4 Abs. 5 BuF-Vertrag). Eine solche Überzahlung bestehe aber nicht. Für die Anrechnung der Zahlungen in den 90er Jahren gebe es keine rechtliche Grundlage. Für die zunächst im WMS vom 9. Oktober 1992 vorbehaltene Rückforderung oder Anrechnung für den Fall der Nichtverwirklichung der Maßnahme gebe es keine Regelung zur Anrechnung im PV 2001, im WMS vom 27. April 2005 oder im BuF-Vertrag vom 10. Februar 2006. Auch in der Korrespondenz nach Abschluss des Planungsvertrags seien Anrechnungen nur im Sinne des Planungsvertrags und damit auch nur bezüglich der seit 2003 gewährten Zuwendungen geregelt (WMS vom 12.4.2005 und Antwortschreiben des FM vom 25.4.2005). Die Anrechnung von Zahlen für die Planungen aus den Jahren 1993 bis 1995 habe offenbar also keine Rolle gespielt, weil andernfalls zum damaligen Zeitpunkt bereits die Planungskostenpauschale überschritten worden wäre. Es liege auch keine planwidrige vervollständungsbedürftige Regelungslücke im BuF-Vertrag vor, weil die getroffene Regelung nach dem Willen der Parteien insofern habe abschließend sein sollen, als gerade keine Regelung hätte getroffen werden sollen. In diesem Fall sei der Regelung einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht zugänglich. Denn sowohl der BuF-Vertrag als auch der PV 2001 bezögen sich ausschließlich auf die nach Abschluss des PV 2001 künftig anfallenden Planungskosten. Mit der Nichteinbeziehung der Zahlungen hätten die Parteien bewusst auf den vorgezogenen Bau der S-Bahn ...-..., entkoppelt von der Fernbahn ...-... reagiert, weil sich der Bau der S-Bahnstrecke ...-... nunmehr als anderes Vorhaben unter neuen Prämissen dargestellt habe. Weiter legte die Klägerin im Einzelnen dar, dass wegen des vorgezogenen S-Bahnausbaus sich die in den folgenden Jahren durchgeführte Planung aufgrund der neuen Prämissen erheblich von der ursprünglichen Rahmenplanung geändert habe. Im PV 2001 sei daher bewusst auf die noch im Entwurf des BuF-Vertrags vom 6. November 1995 vorgesehene Anrechnung verzichtet worden. Soweit in der im angegriffenen Bescheid vorgenommenen Interessenabwägung von einem intendierten Ermessen und davon ausgegangen worden sei, dass ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vorliege, treffe dies wegen des Projektstopps des VDE Nr. 8.1 und der daraufhin getroffenen Entscheidung für den vorgezogenen Ausbau der S-Bahn nicht zu. Beides falle nämlich nicht in die Risikosphäre der Klägerin und die Atypik des Falles liege in der zur jeweiligen Zeit der Vornahme der Planungsleistung liegenden zweckgemäßen Verwendung der Zuwendungen. Der Projektstopp des VDE Nr. 8.1 beruhe auf politischen Entscheidungen und die Überschreitung der Planungskostenpauschale beruhe auf dem Projektstopp des VDE 8.1 sowie den sich darauf ändernden Rahmenbedingungen aufgrund der vom Freistaat gewünschten vorgezogenen Realisierung der S-Bahn, die zusätzliche Planungen erforderlich gemacht habe.

Im Hinblick auf den Zuwendungszweck handle es sich nach der gebotenen materiellen Betrachtung bei dem 1992 in Bezug genommenen Projekt um ein anderes, als das im BuF-Vertrag aus dem Jahre 2006. Eine Anrechnung der in den 90er Jahren gewährten Zuschüsse auf die Planungskosten ab 2003 sei nicht möglich. Die Rückforderung der 1992 gewährten Zuwendungen sei mittlerweile nicht mehr möglich, weil die Klägerin spätestens nach Abschluss des PV 2001, dem Aufstockungsschreiben vom 27. April 2005 und dem BuF-Vertrag 2006 darauf habe vertrauen dürfen, dass eine Rückforderung nicht erfolgen würde. Handle es sich dagegen, wie der Beklagte meine, um dasselbe Projekt, komme eine Anrechnung gleichermaßen nicht in Betracht, weil die Beteiligten den mit Schreiben vom 9. Oktober 1992 erklärten Anrechnungsvorbehalt, ausweislich des PV 2001, dem Aufstockungsschreiben vom 27. April 2005 und dem BuF-Vertrag 2006 mittlerweile abbedungen hätten. Jedenfalls habe die Klägerin auch insoweit darauf vertrauen dürfen, dass eine Rückforderung nicht erfolge. Insbesondere sei es eine vielfach geübte Praxis, die Kosten für eine erforderlich werdende Überplanung einer vorhandenen Vorplanung der Entwurfsplanung zuzuschreiben, womit der Zuwendungsgeber Diskussionen über eine Mehrfachförderung vermeide, was der Beklagte in anderen Fällen auch durchaus akzeptiere.

Weiter machte die Klägerin geltend, ein Widerruf sei wegen Ablauf der Jahresfrist nach Art. 49 Abs. 2 a BayVwVfG ausgeschlossen. Ein Erstattungsanspruch bestehe auch deshalb nicht, weil eine Bereicherung nach Art. 49 a Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG i. V. m. § 818 Abs. 3 BGB weggefallen sei (zweckentsprechende Verwendung der Mittel für den vorgezogenen Bau der S-Bahn 2003 und ein Großteil unbrauchbare Planungsleistungen, die durch die Beträge in den 90er Jahren finanziert worden waren). Auch sei der Erstattungsanspruch aus Art. 49 a BayVwVfG mit Ablauf des 31. Dezember 2011 verjährt. Im Falle des Widerrufs mit Wirkung für die Vergangenheit entstehe der Erstattungsanspruch kraft Gesetzes rückwirkend zum Zeitpunkt der Gewährung der zu erstattenden Leistungen. Spätestens ab 20. Oktober 2008 habe der Beklagte die Überzahlungen grob fahrlässig verkannt, denn spätestens bei Prüfung des Verwendungsnachweises dieses Datums hätte ihm auffallen müssen, dass eine erhebliche Überzahlung gegeben gewesen sei. Weiter machte die Klägerin Ausführungen dazu, dass die Planungen der Jahre 1993 bis 1995 sich nicht nur auf die Leistungsphasen 1 und 2 nach der HOAI (Grundlagenermittlung und Vorplanung) bezogen hätten. Vielmehr seien auch Leistungen der Leistungsphasen 3 und 4 (Entwurfsplanung und Durchführung von Planfeststellungsverfahren) erbracht worden, was sich daraus ergebe, dass bereits etwa im Jahre 1996 die Planfeststellung für den Planfeststellungsbeschluss (PFA) 16 (...-Nord) des hiesigen Projekts eingeleitet worden sei. Im Zuge der wiederaufgenommenen Planungen ab 2002 sei andererseits auch erforderlich gewesen, abschnittsweise auch Leistungen aus den Leistungsphasen 1 und 2 zu erbringen. Im Übrigen wird auf die Klagebegründung Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Widerrufsgrund nach Art. 49 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG liege vor. Denn in den widerrufenen Bewilligungsbescheiden sei als Zweck der Geldleistung die Gewährung einer Planungskostenpauschale zur Verwirklichung des S-Bahn-Vorhabens im Großraum ... für die Rahmenplanung ...-...-... in Höhe von 7% der zuwendungsfähigen Kosten bestimmt gewesen. Diese wiederum betrügen unter Berücksichtigung der zuwendungsfähigen Baukosten und der hiervon bemessenen 7%igen Planungskostenpauschale 10,247 Mio. EUR, während insgesamt bis 24. April 2008 12,6145 Mio. EUR bewilligt und ausgezahlt worden seien. Weil die Zahlungen in den 90er Jahren für dasselbe Projekt geleistet worden seien und weil die Anrechnung dieser Zahlungen auf die Planungskostenpauschale im Bewilligungsbescheid vom 9. Oktober 1992 sowie in § 4 Abs. 5 BuF-Vertrag rechtlich begründet sei, könne der geltend gemachte überbezahlte Betrag nicht als Teil der Planungskostenpauschale zur Verwirklichung des Vorhabens eingesetzt werden.

Für die Frage, ob ein oder mehrere Projekte vorlägen, könne nicht auf die Planung, sondern müsse auf das Vorhaben selbst abgestellt werden. Im Betreff des Bewilligungsbescheids von 1992, in § 1 PV 2001 sowie im BuF-Vertrag sei das Vorhaben mit „Bau der S-Bahnstrecke...-...-...-...“ exakt gleich bezeichnet worden. Dass sich der PV 2001 und der BuF-Vertrag auf einen entkoppelten und vorgezogenen Bau der S-Bahn beziehe, lasse sich diesen Verträgen nicht entnehmen. Vielmehr sei einvernehmlich in der Präambel beider Verträge festgestellt worden, dass das S-Bahnprojekt sinnvollerweise zusammen mit dem Fernbahnausbau geplant und realisiert werden sollte. In § 5 Abs. 2 PV 2001 hätten die Parteien auch vereinbart, bei der Fortschreibung des Bedarfsplans nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz für die Jahre 2003 bis 2008 gemeinsam auf die Einstellung des VDE Nr. 8.1 in den Bedarfsplan hinzuwirken. Weiter sei das Ziel einer gemeinsamen Realisierung in der Absichtserklärung der Beklagten und der Deutschen Bahn AG vom 22. Februar 2001 aufgenommen worden. Auch in § 1 Abs. 2 und § 2 BuF-Vertrag werde auf eine zeitlich gemeinsame Realisierung abgestellt. Dies entspreche der ursprünglichen Prämisse, wie sie bereits in den 90er Jahren bestanden habe. Weiter liege auch keine vollständige Neuplanung vor. Die Leistungsphasen 1 und 2 nach der HOAI würden als Grundlagenermittlung und Vorplanung bezeichnet, die Leistungsphasen 3 und 4 als Entwurfs- und Genehmigungsplanung. Nach dem WMS vom 9. Oktober 1992 habe die Bundesbahn eine Rahmenplanung entsprechend den Leistungsphasen 1 und 2 HOAI erstellt, die 1995 abgeschlossen worden sei, wie sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 9. August 2011 ergebe. Die hierfür erhaltenen Mittel von 8,1 Mio. DM seien mit Verwendungsnachweis vom 1. April 1995 nachgewiesen. Demgemäß sei Vertragsgegenstand des PV 2001 das Erstellen der Entwurfsplanung und die Durchführung von Planfeststellungsverfahren, was bedeute, dass er nur die Leistungsphasen 3 und 4 HOAI erfasse. Hätte es sich beim Vorhaben, für das der PV 2001 geschlossen worden sei, um ein anderes gehandelt, hätten die Leistungsphasen 1 und 2 der Planung erneut durchgeführt und auch erneut ausgeschrieben werden müssen. Dass dies nicht geschehen sei, sei ein eindeutiger Beleg, dass die mit den Zahlungen 1993 bis 1995 pauschal unterstützten Leistungsphasen 1 und 2 zur Planung desselben Vorhabens zählten wie die im PV 2001 geregelten Leistungsphasen 3 und 4. Auch dass die Leistungsphasen 3 und 4 ab 2001 auf der Grundlage des ursprünglichen Ingenieurvertrags fortgesetzt worden seien, sei ein Beleg für die Einheitlichkeit. Auch die Wortwahl im WMS vom 15. Januar 1998 lasse nur auf eine Planänderung, nicht aber auf eine Neuplanung schließen, wenn dort von einer Neubewertung die Rede sei. Dasselbe gelte für das WMS vom 9. November 2000, wo von einer weiteren Konkretisierung die Rede sei. Bloße Veränderungen der Planung beträfen zwar die Ausführung des Projekts, nicht aber dessen Identität. Den Widerruf des Bewilligungsbescheids vom 9. Oktober 1992 habe der Beklagte deshalb nicht erklärt, weil er von einem einheitlichen Verfahren ausgegangen sei. Auch bestehe kein Vertrauensschutz der Klägerin, vielmehr liege ein Fall intendierten Ermessens für einen Widerruf vor. Ein Ausnahmefall bestehe nicht, weil bei Unterstellung zweier verschiedener Vorhaben das im Bewilligungsbescheid 1992 genannte Vorhaben nicht verwirklicht worden sei, so dass es bereits an zuwendungsfähigen Baukosten fehle. Außerdem seien die Umplanungen, die nach Vorbringen der Klägerin zwei verschiedene Vorhaben hätten entstehen lassen, nicht durch den Beklagten verursacht worden, sondern lägen im Risikobereich des Bundes. Ferner werde ein überwiegendes Interesse der Klägerin nicht durch eine Forcierung des vorgezogenen Baus der S-Bahn begründet. Ein Großteil der Umplanungen sei nicht durch den vorläufigen Baustopp der Fernbahn, sondern durch die in erheblichem Ausmaß auch von der Klägerin zu vertretende zeitliche Verzögerung bei der Planung und der Bauausführung der S-Bahn entstanden. Auch habe es sich bei den Zahlungen im Vorgriff auf die 7%igen Planungskostenpauschale im Bewilligungsbescheid vom 9. Oktober 1992 um freiwillige Zuwendungen des Freistaats gehandelt. Erst durch den BuF-Vertrag, der diese Rechtsgrundlage konkretisiert habe, sei den Vertragspartnern ein vertraglicher Anspruch auf die Planungskostenpauschale gewährt worden. Würde das Gericht dem klägerischen Vortrag folgen, dass die in den 90er Jahren geleisteten Zahlungen nicht vom BuF-Vertrag erfasst wären, wäre bereits die Regelung im Bewilligungsbescheid vom 9. Oktober 1992 eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Anrechnung auf die 7%igen Planungskostenpauschale.

Weiter machte der Beklagte umfangreiche Ausführungen zum Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke in § 4 Abs. 5 BuF-Vertrag und zur Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung. In diesem Zusammenhang führte sie aus, die Vertragsparteien hätten nicht bewusst auf die Regelung der Anrechnung der Leistungen aus den 90er Jahren verzichtet. Die Klägerin habe mit ihrem Schreiben vom 30. März 2005 zur Notwendigkeit einer Erhöhung der ausgekehrten Zahlungen nach PV 2001 um 6,2 Mio. EUR festgestellt, dass sich die Planungskosten für die Leistungsphasen 3 und 4 insgesamt auf 9,626 Mio. EUR beliefen. Im folgenden Satz habe sie behauptet, dass der geplante Zuschuss des Freistaats zu den Kosten der Planung und Bauaufsicht mit 7% der zuwendungsfähigen Baukosten noch über den 9,626 Mio. EUR liege, weil die zuwendungsfähigen Baukosten nach Planungs- und Preisstand 2001 153,9 Mio. EUR betragen würden. Dies bedeute, dass die Klägerin gewusst habe, dass die 9,626 Mio. EUR nur die Leistungsphasen 3 und 4 betreffen würden und dass sie davon habe ausgehen müssen, dass auch für die Leistungsphasen 1 und 2 bereits Vorabzahlungen geleistet worden seien. Dennoch habe sie in ihrem Antrag die 9,626 Mio. EUR mit der Gesamtvorabzahlung gleichgesetzt und behauptet, die 7%ige Planungskostenpauschale sei noch nicht erreicht. Das WM habe diesen letzten Satz im dritten Abschnitt des Antrags der Klägerin dann auch entsprechend falsch interpretiert und in seinem Schreiben vom 12. April 2005 mit dem es das FM um Zustimmung zur Aufstockung gebeten habe, ausgeführt, dass die früher nach PV 2001 gewährten Mittel von 3,4 Mio. EUR die Kosten für Leistungsphasen 1 bis 4 HOAI abdecken würden. Es sei also in seinem Schreiben irrtümlich davon ausgegangen, dass für die Leistungsphasen 1 bis 4 insgesamt erst 3,4 Mio. EUR gewährt worden seien, die nun auf 9,626 Mio. EUR aufgestockt werden sollten. Diesen Fehler habe dann das FM in seinem Antwortschreiben vom 25. April 2005 übernommen. Tatsächlich hätte zu diesem Zeitpunkt allenfalls eine Aufstockung in Höhe von 3,206 Mio. EUR zugesagt werden dürfen und die Zusage von 6,2 Mio. EUR habe dazu geführt, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt eine die Planungskostenpauschale überschreitende Summe zugesagt worden sei. Durch die irreführende Gleichsetzung der für die Leistungsphasen 3 und 4 ausgekehrten Zahlungen mit den insgesamt im Vorgriff geleisteten Zahlungen habe die Klägerin damit die Ursache dafür gesetzt, dass die für die Leistungsphasen 1 und 2 eingesetzten Vorableistungen im Aufstockungsschreiben und im BuF-Vertrag übersehen worden seien.

Weiter wurde geltend gemacht, die Ausschlussfrist nach Art. 49 Abs. 2 a Satz 2 BayVwVfG von einem Jahr sei nicht abgelaufen. Der zurückgeforderte Betrag in Höhe von 2,3675 Mio. EUR stehe dem Beklagten aufgrund eines Erstattungsanspruchs zu, der weder durch Wegfall der Bereicherung noch durch Verjährung erloschen sei. Auf einen Anrechnungsverzicht in den 90er Jahren der zu den Leistungsphasen 1 und 2 ausgereichten Zahlungen habe die Klägerin nicht vertrauen dürfen, weil die Anrechnung bereits im Bewilligungsbescheid vom 9. Oktober 1992 explizit geregelt worden sei und eine Abänderung dieser Regelung niemals getroffen worden sei. Der Erstattungsanspruch sei auch nicht nach Art. 71 Abs. 1 Satz 2 BayAGBGB verjährt. Erst der Widerruf der Zuwendungsbescheide lasse den Rechtsgrund für die bereits erbrachten Gewährungen entfallen und eröffne den Weg zur Erstattungsforderung. Maßgebender Zeitpunkt für das Entstehen des Erstattungsanspruchs sei also der Zeitpunkt der einseitigen behördlichen Maßnahme, die den Rechtsgrund für die Zuwendungsbescheide aufhebe. Der Erstattungsanspruch sei die unmittelbare Folge der Aufhebung des Bewilligungsbescheids. Auch wenn der Widerruf Wirkung für die Vergangenheit entfalte, führe dies nicht zu einer rückwirkenden Entstehung des Erstattungsanspruchs. Der Erstattungsanspruch sei erst mit Zustellung des Bescheids vom 15. Februar 2012 am 17. Februar 2012 entstanden, so dass die dreijährige Verjährungsfrist nicht vor Schluss des Jahres 2012 beginnen könne. Auf die weitere Begründung wird Bezug genommen.

Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Sitzungsniederschrift sowie die beigezogenen Behördenakten der Regierung von Mittelfranken, des Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Technologie Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 15. Februar 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Voraussetzungen für einen rückwirkenden Widerruf der Zuwendungsbescheide vom 19. März 2007 und 24. April 2008 liegen nicht vor (im Folgenden unter I.) und der geltend gemachte Erstattungsanspruch ist nicht entstanden (im Folgenden unter II.), so dass der Bescheid insgesamt aufzuheben war.

I.

Die Voraussetzungen für einen rückwirkenden Widerruf des Zuwendungsbescheids vom 24. April 2008 in voller Höhe (860.000,00 EUR) und den rückwirkenden Widerruf des Zuwendungsbescheids vom 19. März 2007 in der Fassung des Bescheids vom 22. Oktober 2007 in Höhe von 1.507.500,00 EUR (Ziffern 1 und 2 des angegriffenen Bescheids vom 15.2.2012) sind nicht erfüllt.

Nach Art. 49 Abs. 2 a Satz 1 BayVwVfG kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, „auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, 1. wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; 2. wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.“ Die Klägerin hat indessen die mit den widerrufenen Bescheiden erbrachten Leistungen für den in diesen Bescheiden bestimmten Zweck verwendet.

1.

Im Ausgangspunkt zutreffend ist der Beklagte von rechtmäßigen Verwaltungsakten, die eine Geldleistung gewähren, ausgegangen, so dass diese nur durch Widerruf und nur unter den Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 a BayVwVfG rückwirkend aufgehoben werden konnten. Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der durch den angegriffenen Bescheid aufgehobenen Zuwendungsbescheide sind nämlich nicht ersichtlich. Der nur allgemeine gesetzliche Rahmen des Art. 21 BayÖPNVG ermöglicht dem Beklagten, Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen, wie der Klägerin, zur Förderung von Investitionen des allgemeinen öffentlichen Personennahverkehrs Zuwendungen nach Art. 13 c Abs. 2 des Finanzausgleichsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zu gewähren. Bei S-Bahnen können Investitionshilfen nach Art. 21 BayÖPNVG zum Bau oder Ausbau gewährt werden (Art. 29 Abs. 3 BayÖPNVG). Nach dieser Bestimmung können auch nichtkommunale Träger schienengebundener Verkehrswege Zuwendungen erhalten, wenn sie dem öffentlichen Personennahverkehr dienen und zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse einer Gemeinde dringend erforderlich sind. Hiervon sind die Beteiligten bei den bisherigen Planungen und Baumaßnahmen übereinstimmend ausgegangen. Insbesondere hat auch der Bayerische Landtag mit Beschluss vom 5. April 2001 (LT-Drs. 14/6318) die fragliche S-Bahnstrecke als „dringend benötigt“ eingestuft (Bl. 103 der FM-Akten).

Auch die Beteiligten sind der Auffassung, dass die Zuwendungsbescheide diesem geltenden Recht, wozu bloße Verwaltungsvorschriften nicht gehören (BVerwG, U. v. 25.4.2012 - 8 C 18/11), nicht widersprechen. Es ist daher unerheblich, wenn nach Nr. 5.2.7.1 der Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen des Freistaats Bayern für den öffentlichen Personennahverkehr Verwaltungskosten, zu denen auch die Planungskosten zählen, grundsätzlich nicht zuwendungsfähig sind. § 4 Abs. 3 Nr. 2 GVFG, der Verwaltungskosten gleichfalls nicht als zuwendungsfähig einstuft, betrifft nur Finanzhilfen des Bundes.

Im Übrigen bedürfen Subventionen an Private keiner materiellgesetzlichen Grundlage. Es genügt jede parlamentarischen Willensäußerung als Legitimationsgrundlage, insbesondere die etatmäßige Bereitstellung der zu Subventionen erforderlichen Mittel (BVerwGE 90, 112, 126), jedenfalls dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, nicht in die Grundrechtssphäre Dritter eingegriffen wird.

2.

Ein Auflagenverstoß nach Art. 49 Abs. 2 a Satz 1 BayVwVfG als eine mögliche Voraussetzung für einen rückwirkenden Widerruf macht der Beklagte selbst nicht geltend. Ein solcher Verstoß ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Zahlungen in den Jahren 1993 bis 1995 wurden auf der Grundlage der wegen seiner regelnden Wirkung als Verwaltungsakt einzustufenden WMS vom 9. Oktober 1992 geleistet. In diesem war eine Auflage nicht angeordnet.

Soweit der Beklagte erstmals in der mündlichen Verhandlung und in Abkehr von der Klageerwiderung dieses Schreiben als im Einverständnis mit der damaligen Deutschen Bundesbahn geschlossenen öffentlichrechtlichen Vertrag bezeichnet hat, trifft dies schon dem Inhalt nach nicht zu. Das Schreiben enthält nämlich die verbindliche Entscheidung, dass die Planungskosten nach Art. 13 c FAG vorfinanziert werden unter späterer Anrechnung auf den der Bundesbahn zu gewährenden Zuschuss in Höhe von 7% der zuwendungsfähigen Gesamtkosten. Der Anrechnungsvorbehalt und der Rückforderungsvorbehalt sprechen gleichfalls für einen Verwaltungsakt, der diese Vorbehalte zum Erreichen des Subventionszwecks enthält (vgl. BVerwG NJW 1969, 809). Einem Verständnis als öffentlichrechtlicher Vertrag steht in formeller Hinsicht auch der Umstand entgegen, dass hierfür die Schriftform nach Art. 57 BayVwVfG nicht gewahrt wäre. Dies hätte nämlich vorausgesetzt, dass ein Vertragstext in eine Urkunde aufgenommen und von allen Vertragschließenden unterzeichnet wird (BVerwGE 98, 58, 67). Im Übrigen wäre bei einem Vertrag die Geschäftsgrundlage für den Anrechnungsvorbehalt mit der Folge eines Rechts auf Kündigung und Anpassung (Art. 60 BayVwVfG) dadurch entfallen, dass die auf der Grundlage des Vertrags erbrachten Leistungen überhaupt für die zur Realisierung des Vorhabens dienende Planung verwendet werden konnte, was weitgehend nicht der Fall war.

Das nach allem als Verwaltungsakt zu bewertende WMS vom 9. Oktober 1992 enthielt nur einen Anrechnungsvorbehalt bzw. Rückforderungsvorbehalt für den Fall einer Nichtverwirklichung des Vorhabens, aber keinerlei Auflagen. Die erst in den ab 24. Juli 2003 ergangenen Zuwendungsbescheiden an die Klägerin enthaltene Auflage, Vergabeunterlagen fünf Jahre nach Vorlage des Verwendungsnachweises aufzubewahren und für eine Prüfung bereit zu halten, kann sich daher nicht rückwirkend auf den den Zahlungen 1993 bis 1995 zugrundeliegenden Ingenieursvertrag vom 13. Dezember 1993 und dessen Zustandekommen erstrecken, zumal der Ingenieursvertrag noch vor Umwandlung der Deutschen Bundesbahn in die Deutsche Bahn durch eine Planungsgesellschaft ... mbH abgeschlossen wurde. Dafür, dass die fraglichen Unterlagen bei erstmaligem Wirksamwerden der Auflage zur Aufbewahrung von Vergabeunterlagen mit Bekanntgabe des Zuwendungsbescheids vom 24. Juli 2003 noch bei der Klägerin vorhanden gewesen sein könnten, liegen in Anbetracht der organisatorischen Änderungen im Zusammenhang mit der Privatisierung der Deutschen Bundesbahn und nach dem hierzu ergangenen Schreiben der Klägerin vom 12. Februar 2010 keine Anhaltspunkte vor. Danach war es der Klägerin nach zwischenzeitlicher Privatisierung und dem inzwischen eingetretenen Zeitablauf trotz intensiver und nachhaltiger Nachforschungen nicht mehr möglich, Unterlagen und Nachweise aufzufinden, aus denen ersichtlich ist, unter welchen Rahmenbedingungen der Ingenieurvertrag zustande gekommen ist (Bl. 32 der Rückforderungsakte der Regierung). Dies wird auch vom Beklagten nicht behauptet, der die Beweislast tragen würde, falls diese für ihn günstige Tatsache nicht weiter aufklärbar gewesen wäre.

3.

Die weitere Voraussetzung, die einen rückwirkenden Widerruf ermöglichen würde, nämlich, dass die Leistung nicht oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird, ist gleichfalls zu verneinen.

a) Der Beklagte sieht den Zweck in der Gewährung eines pauschalen Zuschusses zu den Kosten der Planung und Bauaufsicht in Höhe von 7% der zuwendungsfähigen Baukosten, also unabhängig von den tatsächlichen Kosten hierfür, die je Objekt (Vorhaben), nämlich für die S-Bahn ...-...-..., nur einmal gewährt werden kann (Ziffer II. 2 des angegriffenen Bescheids, Klageerwiderung S. 4, FM-Akte S. 879). Soweit die Planungskostenpauschale in Höhe von 10.247.000,00 EUR überschritten worden sei, hätten die Leistungen dem Zweck der Übernahme von Planungskosten nicht mehr dienen können. Es habe sich auch nach dem zwischenzeitlichen Baustopp für das VDE 8.1 und teilweiser Umplanung nach 1995 um dasselbe Vorhaben, nämlich die S-Bahn ...-...-... gehandelt, so dass sich hieraus die Anrechenbarkeit der vorgriffsweise gewährten Zuwendung in den Jahren 1993 bis 1995 auf die Planungskostenpauschale ergebe.

b) Der Zweck muss sich aber aus dem Zuwendungsbescheid selbst ergeben, wie schon aus dem eindeutigen Wortlaut der Ziffer 1 des Art. 49 Abs. 2 a Satz 1 BayVwVfG folgt (ferner Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 49 Rn. 65; Harrer/Kugele u. a., Verwaltungsrecht in Bayern, Art. 49 Anm. 5.1), so dass maßgebend die im Zuwendungsbescheid konkretisierte Zweckbestimmung ist (Giehl, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Art. 49 Anm. IV. 1). Ergänzend zu dieser Sonderregelung zur Bestimmung des Leistungszwecks gilt die im öffentlichen Recht entsprechend anwendbare Auslegungsregel des § 133 BGB (BVerwGE 49, 244 (247); BVerwG U. v. 3.11.1998 DVBl 1999, 983, 984). Danach ist maßgeblich nicht, was die Behörde bei ihrer Erklärung gedacht hat (innerer Wille), sondern wie der Betroffene die Erklärung bei objektiver Auslegung verstehen musste; Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (BVerwGE 41, 305 (306); U. v. 3.11.1998 a. a. O.).

Aus den danach für die Zweckbestimmung der Zuwendung maßgebenden Zuwendungsbescheiden selbst ist ersichtlich, dass die gewährten Geldleistungen das S- Bahn-Vorhaben Großraum ..., und zwar die Übernahme der Planungskosten für die Rahmenplanung ...-...-... in Höhe von 7% der zuwendungsfähigen Kosten betreffen. Die zuwendungsfähigen Kosten werden mit 9.626.000,00 EUR beziffert (3.426.000,00 EUR aus Planungsvertrag 2001 zuzüglich 6.200.000,00 EUR entsprechend dem Erhöhungsschreiben des StMWVT v. 27.4.2005), wovon nach Art. 21 ÖPNVG 7% der zuwendungsfähigen Kosten, höchstens jedoch 860.000,00 EUR als 6. Rate für das laufende Haushaltsjahr bewilligt werden (Zuwendungsbescheid v. 24.4.2008). In dem weiter teilweise in Höhe von 1.507.500,00 EUR widerrufenen Zuwendungsbescheid vom 19. März 2007 werden die zuwendungsfähigen Kosten in gleicher Höhe angegeben, wozu für das lfd. Haushaltsjahr nach Art. 21 ÖPNVG 7% der zuwendungsfähigen Kosten, höchstens jedoch 3.600.000,00 EUR als 5. Rate für das laufende Haushaltsjahr bewilligt werden. Dieser Zuwendungsbescheid wurde bereits durch Bescheid vom 22. Oktober 2007 in Höhe von 1.700.000,00 EUR widerrufen, so dass er noch in Höhe von 1.900.000,00 EUR fort galt.

aa) Allein ein Bezug auf die Planungskostenpauschale von „7% der zuwendungsfähigen Kosten“, auf die Übernahme der Planungskosten für die Rahmenplanung ...-... und auf das S-Bahnvorhaben Großraum ... besagen nichts dazu, ob nach den Neu- bzw. Umplanungen diese als neu zu fördernde Planung oder nur als Fortsetzung der früheren Planung in den hierfür maßgebenden widerrufenen Zuwendungsbescheiden eingestuft wurde.

Ein ausdrücklicher Bezug auf in der Zeit von 1993 bis 1995 gewährte Zuwendungen für Planungskosten fehlt in den beiden widerrufenen Zuwendungsbescheiden. Weiter wurde auch nicht der Bescheid des WM vom 9. Oktober 1992 zur Vorfinanzierung der externen Planungskosten durch den Beklagten zum Bestandteil der Zuwendungsbescheide gemacht oder überhaupt erwähnt.

bb) In beiden widerrufenen Zuwendungsbescheiden wird vielmehr nur noch auf das WMS vom 27. April 2005 und auf den PV 2001 verwiesen. Der nach seiner Präambel unter Hinweis auf eine sinnvollerweise mit dem Fernbahnausbau zu planenden und zu realisierenden S-Bahnausbau (was nach seinem Inhalt als bloße Absichtserklärung zu qualifizieren ist), ausdrücklich mit dem Ziel der Beschleunigung des S-Bahn-Baus ...-...-... abgeschlossene PV 2001 regelt aber nicht die Anrechnung bzw. zusätzliche Berücksichtigung der Zuwendungen zur Vorfinanzierung der Planungskosten in den neunziger Jahren. § 4 Abs. 4 PV 2001 betrifft vielmehr nur die Verrechnung der Vorleistungen nach § 4 Abs. 1 PV 2001 mit der Finanzierung der Planungskosten durch den Beklagten für den S-Bahnausbau, wobei die erste dieser Vorleistungen (Jahresraten) nach § 4 Abs. 2 nach Abschluss des Vertrags durch die Klägerin „abgefordert“ wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich § 4 des Vertrags ausdrücklich auf § 3 des Vertrags bezieht, so dass entsprechend der letztgenannten Regelung nur die ab 2001 anfallenden Planungskosten von diesem Vertrag erfasst sind.

Soweit der Beklagte sich auf die HOAI bezieht und darauf verweist, dass im PV 2001 unter § 1 und § 3 festgelegt ist, dass er sich nur auf die Planungskosten für Entwurfsplanung und die Durchführung der Planfeststellungsverfahren (Leistungsphasen 3 und 4 der HOAI) bezieht, ist nicht ersichtlich, inwieweit hieraus für die Beklagte als Adressat der widerrufenen Bescheide erkennbar sein soll, dass die zur Vorfinanzierung ab 1993 gewährten Zuwendungen angerechnet werden sollen. Vielmehr lassen sich durch das Abstellen auf die verschiedenen Leistungsphasen nach der HOAI keine Rückschlüsse auf die Einbeziehung der von 1993 bis 1995 geleisteten Zahlungen in die in den beiden widerrufenen Bescheiden angeführte Planungskostenpauschale ziehen. Wenn der Beklagte in diesem Zusammenhang nämlich weiter geltend macht, die zur Vorfinanzierung gewährten Leistungen hätten sich nach dem Bescheid vom 9. Oktober 1992 auf die Leistungsphasen 1 und 2 bezogen, lässt sich dies diesem Bescheid, der ohnehin nicht zum Bestandteil der widerrufenen Zuwendungsbescheide gemacht wurde, nicht entnehmen. Weiter hat der Beklagte selbst, entsprechend der von der Klägerin vorgetragenen Praxis, den PV 2001 nicht auf die Leistungsphasen 3 und 4 beschränkt verstanden. Vielmehr ergibt sich aus dem nach Abschluss des PV 2001 ergangenen WMS vom 12. April 2005, dass die damals bewilligten Mittel von 3,4 Mio. EUR noch in den Jahren 2001 bis 2003 die Kosten für die Leistungsphasen 1 bis 4 abdecken sollten und dass die Leistungsphasen 1 bis 4 im Abschnitt nördlich von ... immer noch nicht abgeschlossen waren, sowie dass die 2001 gewährten Mittel aufgebraucht waren, was dann zum Aufstockungsschreiben des WMS vom 27. April 2005 geführt hat.

Eine ergänzende Vertragsauslegung, auf die sich der Beklagte bezieht, kommt zur Ermittlung des für die Zuwendungen maßgebenden Leistungszwecks nicht in Betracht. Denn der Zweck der Leistung muss nach Art. 49 Abs. 2 a BayVwVfG bereits im Verwaltungsakt bestimmt sein und kann daher nicht nachträglich im Wege ergänzender Vertragsauslegung eines zum Bestandteil gemachten Vertrags durch den Richter ermittelt werden. Die ergänzende Vertragsauslegung setzt gerade eine Lücke, d. h. von den Parteien nicht getroffene Regelungen voraus, die dann erst noch durch den Richter im Wege des Rückgriffs auf einen nur hypothetischen Parteiwillen zu schließen ist (vgl. Palandt, BGB, § 157 Rn. 2 ff.). Für die hier maßgebende Frage nach dem in den widerrufenen Verwaltungsakten bestimmten Zweck (Art. 49 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG) ist jedoch, wie oben dargelegt, entscheidend, wie der Betroffene einen zur Zweckbestimmung der Zuwendungen bereits vorhandenen Inhalt des Verwaltungsakts und damit auch bereits vorhandene Regelungen eines zum Bestandteil des Verwaltungsakts gemachten Vertrages bei objektiver Auslegung verstehen musste, wobei Unklarheiten zulasten der Behörde gehen.

cc) Auch aus dem in den widerrufenen Zuwendungsbescheiden noch in Bezug genommenen WMS vom 27. April 2005 folgt nicht nur nichts für eine Anrechnung von Zuwendungen vor 2001, weil auch hier nur auf die Regelungen des Planungsvertrags 2001 abgestellt wird. Vielmehr ergibt sich aus dem WMS vom 27. April 2005 im Gegenteil, dass der Beklagte weitere 6.200.000,00 EUR (2,8 Mio. EUR für 2005 und 3,4 Mio. EUR für 2006) zusätzlich zu den im PV 01 festgelegten 3.426.000,00 EUR bewilligt. Wären aber die zur Vorfinanzierung ab 1993 gewährten Zuwendungen in Höhe von 4.141.500,00 EUR nach der damaligen Auffassung des Beklagten anzurechnen gewesen, wäre bereits 2005 die Planungskostenpauschale von 7% der zuwendungsfähigen Baukosten (146.384.000,00 EUR) in Höhe von 10.247.000,00 EUR überschritten gewesen. Die dem WMS vom 27. April 2005 zugrunde liegende geschätzte Planungskostenpauschale von 10,8 Mio. EUR (vgl. WMS vom 12.4.2005), wäre auch bereits 2006 übertroffen worden. Dadurch dass das WMS vom 27. April 2005 zum Bestandteil der beiden widerrufenen Zuwendungsbescheide gemacht wurde, hat die damalige Auffassung, die - aus welchen Gründen auch immer - nicht von einer Anrechnung der 4.141.500,00 EUR ausgegangen sein konnte, auch den beiden widerrufenen Zuwendungsbescheiden zugrunde gelegen.

Ungeachtet des Umstands, dass der in der Zeit nach Abschluss des Planungsvertrags 2001 bis zum Erlass der beiden widerrufenen Zuwendungsbescheide ergangenen Schriftverkehr, abgesehen vom vorerwähnten Aufstockungsschreiben vom 27. April 2005, nicht Inhalt der widerrufenen Bescheide und daher nicht den Leistungszweck bestimmend war, wäre für die Klägerin nicht ersichtlich gewesen, dass auch die 1993 bis 1995 gewährten Leistungen angerechnet werden sollten. So wurde im WMS vom 12. April 2005 ausgeführt, dass wegen des verhängten Baustopps für den Fernbahnausbau aufgrund des zwischenzeitlichen Zeitablaufs zahlreiche schon begonnene Planungsphasen erneut von Beginn an hätten durchgeführt werden müssen sowie, dass mit der Freigabe von weiteren 6,2 Mio. EUR der Klägerin insgesamt 9,6 Mio. EUR an Planungsmitteln gewährt werde, womit die ihr zustehende Planungskostenpauschale von 7% nicht erreicht werde. Hätten aber die Zahlungen in den Jahren 1993 bis 1995 von über 4 Mio. EUR angerechnet werden sollen, wäre die Planungskostenpauschale von 7%, die in diesem Schreiben mit rund 10,8 Mio. EUR angenommen wurde, wie ausgeführt, überschritten worden. Auch im darauf ergangenen FMS v. 25. April 2005 wurde dargelegt, dass mit den weiteren 6,2 Mio. EUR die Planungskostenpauschale nicht überschritten werde.

Wenn der Beklagte im Hinblick auf das WMS vom 12. April 2005 und das auf dessen Grundlage ergangene FMS vom 25. 4. 2005, die zum Aufstockungsschreiben vom 27. April 2005 geführt haben, einwendet, dem habe ein Schreiben der Klägerin vom 30. März 2005 zugrunde gelegen, wonach diese die 9,626 Mio. EUR mit der Gesamtvorabzahlung gleichsetze, weshalb im WMS vom 12. April 2005 davon ausgegangen worden sei, dass für die Leistungsphasen 1 bis 4 insgesamt erst 3,4 Mio. EUR (entsprechend PV 2001) gewährt worden seien, trifft dies nicht zu. Vielmehr hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 30. März 2005 diese Gleichsetzung mit einer Gesamtvorabzahlung nicht vorgenommen, sondern den Gesamtbetrag von 9,626 Mio. EUR ausdrücklich auf die Leistungsphasen 3 und 4 bezogen und für diesen so bezogenen Betrag dargelegt, dass die Planungskostenpauschale voraussichtlich noch darüber liegen werde. Es war daher ohne weiteres ersichtlich, dass frühere Zahlungen für Leistungsphasen 1 und 2 nicht im Betrag von 9,626 Mio. EUR enthalten waren. Im Übrigen durfte die Klägerin vom Normalfall ausgehen, dass beim Beklagten eine ordnungsgemäße, d. h. auch vollständige Aktenführung vorliegt, die Irrtümer über etwa früher geleistete Zahlungen erst gar nicht aufkommen lassen.

dd) Eine Anrechnung der 4.141.500,00 EUR würde auch aus dem BuF-Vertrag, der schon nicht zum Bestandteil der widerrufenen Zuwendungsbescheide gemacht wurde, und in diesen auch sonst nicht erwähnt wurde, nicht folgen. Dieser Vertrag bezieht sich in § 4 Abs. 5 vielmehr ausschließlich auf Zuwendungen für Planungskosten nach den Regelungen des Planungsvertrags 2001 und das WMS vom 27. April 2005 und sieht entsprechend diesen Regelungen die Erstattung von Planungskosten in Höhe von 9,626 Mio. EUR vor. Soweit für diesen Fall der nicht vom BuF-Vertrag erfassten Zahlungen von 1993 bis 1995 der Beklagte der Meinung ist, dass dann bereits der Bescheid vom 9. Oktober 1992 eine ausreichende Regelung für die Anrechnung auf die Planungskostenpauschale von 7% sei (Bl. 211 der Gerichtsakte), steht dessen Berücksichtigung für die Auslegung des Zwecks der widerrufenen Zuwendungen, wie oben ausgeführt entgegen, dass er nicht Bestandteil der widerrufenen Bescheide ist.

c) Insgesamt ergibt sich aus den widerrufenen Bescheiden als Zweck der Zuwendung durch Hinweis auf den PV 2001 daher nur, dass die ab 2001 entstehenden Planungskosten zur Verwirklichung des S-Bahnvorhabens pauschaliert gefördert werden sollten. Es ist aus den widerrufenen Bescheiden dagegen nicht erkennbar, dass auch zur Vorfinanzierung der Planungskosten gewährte Zahlungen in den Jahren 1993 bis 1995 zu einem mit dem Fernbahnausbau gekoppelten S-Bahnausbau in Höhe von 4.141.500,00 EUR zu berücksichtigen sein sollen. Vielmehr ergibt sich als Inhalt der für die Zweckbestimmung der gewährten Leistungen maßgebenden beiden Zuwendungsbescheide durch die Einbeziehung des WMS vom 27. April 2005 bei objektiver Auslegung unter Abstellung auf den Empfängerhorizont gerade das Gegenteil, so dass die Klägerin vom Leistungszweck einer neu pauschaliert zu fördernden Planung, d. h. ohne Anrechnung der Leistungen von 1993 bis 1995 ausgehen durfte. Dieser Zweck war, soweit die Zuwendungsbescheide widerrufen wurden, erreichbar, weil die Planungskostenpauschale aufgrund Nichtanrechenbarkeit der Leistungen von 1993 bis 1995 nicht überschritten war.

Die mit den widerrufenen Zuwendungsbescheiden erbrachten Leistungen wurden auch für diesen Zweck verwendet, wie sich aus dem Verwendungsnachweis des Eisenbahnbundesamts vom 15. Oktober 2008 (Bl. 4 ff. der Rückforderungsakte der Regierung) ergibt. Danach wurden die ab 2003 bis 2008 für Planungskosten gewährten Zuwendungen tatsächlich in Höhe von insgesamt 8.473.000,00 EUR für das Erstellen der Entwurfs- und Genehmigungsplanung, Leistungsphasen 1 bis 4 in Bezug auf den Bau der S-Bahn ...-...-...-... verwendet.

4.

Unabhängig davon ist der angegriffene Bescheid, soweit er nach § 114 Satz 1 VwGO der gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ermessensfehlerhaft. Der Beklagte hat einem intendierten Ermessen entgegenstehende außergewöhnliche Umstände nicht berücksichtigt.

Allerdings ist für den Widerruf der Bewilligung öffentlicher Zuschüsse, d. h. bei einem rechtmäßigen Zuwendungsbescheid anerkannt, dass, wenn er im Ermessen der Behörde steht, die Bewilligung regelmäßig (im Sinne eines intendierten Ermessens) zu widerrufen ist. Dies folgt aus den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Art. 7 BayHO). Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis von selbst und bedarf keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung. Nur wenn der Behörde außergewöhnliche Umstände bekannt geworden oder erkennbar sind, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, sind diese in der Begründung des Bescheids zu erwägen (vgl. zu allem BVerwGE 105, 55, 57).

Derartige außergewöhnliche Umstände waren hier im Hinblick auf den Widerruf der beiden Zuwendungsbescheide vor Erlass des angegriffenen Bescheids ersichtlich. Die Klägerin hat die aus Sicht des Beklagten entstandenen Überzahlungen nicht verursacht. Das Schreiben der Klägerin vom 30. März 2005 enthält einen ausschließlichen Bezug auf die Leistungsphasen 3 und 4, so dass, wie oben ausgeführt, nicht erkennbar ist, inwiefern sie eine Ursache dafür gesetzt haben soll, dass in der Folgezeit bei Abschluss der Verträge und im Aufstockungsschreiben vom 27. Mai 2005 die früheren Zahlungen übersehen worden seien. Sollte ein Irrtum entstanden sein, beruht dieser vielmehr auf der unvollständigen Führung der Akten beim Beklagten in Bezug auf die Vorgänge von 1992 bis 1995, was vom Beklagten überhaupt nicht als außergewöhnlicher Umstand erwogen wurde. Es wurde auch außer Acht gelassen, dass die Klägerin die von 1993 bis 1995 erbrachten Leistungen zweckgerecht für die damaligen Planungskosten eingesetzt hat sowie, dass die Klägerin ausweislich der Verwendungsnachweise auch alle ab 2003 gewährten Leistungen für Planungskosten eingesetzt hat und dass die Klägerin aufgrund der im Einzelnen dargelegten erheblichen Umplanungen im Anschluss an den Baustopp sowie aufgrund der Verträge von 2001 und 2006, die (anders als noch in § 4 Nr. 2 des Vertragsentwurfs 1995 vorgesehen) gerade keine Anrechnungsregeln für die Zuwendungen von 1993 bis 1995 enthielten, ferner aufgrund des Aufstockungsschreibens vom 27. April 2005 den begründeten Eindruck einer neu pauschaliert zu fördernden Planung haben musste.

Wegen dieser erkennbaren Umstände und der substantiierten Darlegungen der Klägerin, die den Beklagten hätte veranlassen müssen, auf sie einzugehen, liegt eine Ausnahme von der Regel eines intendierten Ermessens bei der Rücknahme vor (BVerwGE 116, 332, 337). Dies bedeutet, dass der Beklagte von seinem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 Satz 1 VwGO). Dies hätte nämlich vorausgesetzt, dass er auch im Hinblick auf diese gegen die Entscheidung sprechenden Umstände ggf. Ermittlungen durchgeführt, jedenfalls sie aber gewürdigt und gewichtet hätte (BVerwG U. v. 9.5.2012 - 6 C 3/11 - NVwZ 2012, 1547, 1554 Rn. 49; BVerwGE 90, 296, 300; 49, 44, 48). Der Beklagte hat jedoch nicht diese außergewöhnlichen Umstände gewürdigt und gewichtet, sondern einen vom Regelfall intendierten Ermessens abweichenden Sachverhalt verneint. Anschließend ist er nur noch auf den Umstand eingegangen, dass die Anrechnung der früheren Leistungen „aufgrund beiderseitigen Vergessens“ beim Abschluss der Verträge 2001 und 2006 nicht geregelt wurde, was aber „auf der Tatbestandsseite zu berücksichtigen“ sei und keine andere Entscheidung rechtfertige. Weiter wurde noch mit einem Satz darauf eingegangen, dass die ursprüngliche Planung nicht mehr werthaltig sei, was jedoch in der Risikosphäre der Klägerin liege. Weder wurde die eigentliche Ursache der aus Sicht des Beklagten entstandenen Überzahlung thematisiert, noch der Umstand, dass bei der Klägerin aufgrund des Verhaltens des Beklagten ab 2001 Grund zur Annahme bestand, dass die von 1993 bis 1995 gewährten Mittel nicht angerechnet würden.

Auch im Klageverfahren hat der Beklagte an der Auffassung festgehalten, es lägen keine Umstände vor, die eine Abweichung vom Regelfall rechtfertigten. Er hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Umplanungen nicht durch ihn verursacht wurden, der Baustopp des Bundes wegen dessen Eigentümerstellung in Bezug auf die Klägerin eher deren Risikosphäre zuzurechnen ist und weiter ausgeführt, dass ein Großteil der Umplanungen durch Verzögerungen der Klägerin selbst bei Planung und Ausführung der S-Bahn entstanden seien. Auch wenn man diese Gründe, die für die Verneinung eines Ausnahmefalles vom intendierten Ermessens vorgebracht wurden, ihre Richtigkeit unterstellt, berücksichtigen würde, und zusätzlich den im Klageverfahren weiter genannten Umstand, der „gegen eine Ermessensentscheidung zugunsten der Klägerin spricht“, nämlich dass „der irreführende Aufstockungsantrag der Klägerin Auslöser“ für ein Übersehen der Zahlungen 1993 bis 1995 gewesen sei, der von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, außer Acht ließe, würde dies nicht zur Annahme einer ermessensfehlerfreien Entscheidung führen.

Auch wenn man nämlich für eine ermessensfehlerfreie Entscheidung den Verweis auf das intendierte Ermessen und das Überprüfen einzelner Umstände auf ihre Außergewöhnlichkeit genügen lässt, ist der Widerruf der Zuwendungsbescheide ermessensfehlerhaft. Denn die beiden obengenannten außergewöhnlichen Umstände einer Verursachung der aus Sicht des Beklagten entstandenen Überzahlung durch dessen nicht vollständige Aktenführung sowie der durch sein Verhalten ab 2001 bei der Klägerin erweckte Eindruck einer Nichtanrechnung der 1993 bis 1995 ausgezahlten und zweckgerecht für Planungskosten verwendeten Mittel wurden auch im Klageverfahren nicht erwogen und gewichtet.

Hält man bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände den Eintritt in eine neubegründete Ermessensentscheidung unter Abwägung aller entscheidungserheblicher Umstände für erforderlich, sind, weil eine solche Ermessensentscheidung trotz der vor Bescheiderlass vorgetragenen außergewöhnlichen Umstände nicht getroffen wurde, im gerichtlichen Verfahren als Ermessensgesichtspunkte nachgeschobene Gründe bereits aus formellen Gründen nach § 114 Satz 2 VwGO ausgeschlossen. Denn dann liegt ein vollständiges Nachholen einer Ermessensentscheidung vor, während § 114 Satz 2 VwGO nur eine Ergänzung bereits vorhandener Ermessenserwägungen zulässt (BVerwG, U. v. 23.10.2007, DVBl 2008, 189, 191; U. v. 13.12.2011 InfAuslR 2012, 171).

II.

In Ziffer 3) ist der angegriffene Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil der Widerruf der beiden Zuwendungsbescheide rechtswidrig ist, so dass ihr Widerruf aufzuheben ist mit der weiteren Folge, dass die beiden Zuwendungsbescheide einen Rechtsgrund für ein Behaltendürfen der mit ihnen erbrachten Zuwendungen darstellen (vgl. BVerwG U. v. 16.11.1989 - 2 C 43/87 - DÖV 1990, 392). Einen Erstattungsanspruch nach Art. 49 a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, aus dem er die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung von 2.367.500,00 EUR herleitet, hat der Beklagte daher nicht.

Entgegen der Auffassung des Beklagten würde sich bei einem Widerruf nur ex nunc, den der Beklagte nicht ausgesprochen hat, der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht ergeben, so dass offenbleiben kann, ob für einen solchen Widerruf die Voraussetzungen nach Art. 49 Abs. 2 BayVwVfG vorgelegen hätten.

Soweit der Beklagte hierfür auf den Aufsatz von Grziwotz, BayVBl 1990, 705 verweist, wonach ein Rückabwicklungsverhältnis nicht von der rückwirkenden Aufhebung des Zuwendungsbescheids abhängig ist, bezieht sich dieser Aufsatz auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Februar 1983, dem aber der Sonderfall zugrunde lag, dass, anders als jeweils im vorliegenden Fall, der Widerruf nicht für die Vergangenheit ausgesprochen wurde, und der Zuwendungsempfänger sich zusätzlich Richtlinien unterworfen hatte, wonach auch bereits gewährte Geldleistungen aufgrund des Widerrufs der Zuwendung ex nunc zurückgefordert werden können, wenn den Zuwendungsbedingungen mit einer mehrjährige Zweckbindung einer geförderten Anlage (für einen Gleisanschlussverkehr) zuwider gehandelt wird. Im vorliegenden Fall wurden Planungskosten und damit Dienstleistungen und nicht eine Anlage mit einer Zweckbindung gefördert. Auch ist die Rückforderung der Zuwendung für den Fall des Widerrufs ex nunc in den zum Gegenstand der Zuwendungsbescheide gemachten Richtlinien nicht festgelegt. Vielmehr enthält die Anlage „Bedingungen, Auflagen, Hinweise“ unter Ziffer 4 nur den Hinweis auf den Widerruf als solchen (ohne Rückforderung) bei nicht zweckentsprechender Verwendung der Zuwendungen. Ferner ist in der in den Zuwendungsbescheiden in Bezug genommenen VV zu Art. 44 BayHO (Nr. 8.2.3.) für die Rückforderung ein rückwirkender Widerruf vorausgesetzt und eine Erstattungspflicht nur dann vorgesehen, wenn ein Zuwendungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wurde, vgl. Nr. 8.1 Anlage 2 zu Art. 44 BayHO (AN-Best-P). Auch in Nr. 8.5 AN-Best-P ist für die im angegriffenen Bescheid vorgesehene Verzinsung ab Eintritt der Unwirksamkeit des Zuwendungsbescheids gerade ein Widerruf für die Vergangenheit vorgesehen. Die in materieller Hinsicht geltenden Förderrichtlinien für den ÖPNV sehen eine Förderung von Planungskosten, weil nicht zuwendungsfähige Verwaltungskosten, schon gar nicht vor (Nr. 6.3.1. RZÖPNV) und verweisen im Übrigen auf die AN-Best-P, die zum Bestandteil der Zuwendungsbescheide zu machen seien.

Aus der Regelung über den Erstattungsanspruch nach Art. 49 a BayVwVfG, auf den sich der Beklagte für die Rückforderung stützt (Ziffer II. 3 der Bescheidsgründe) und der mit Gesetz vom vom 26. September 1997 (GVBl S. 348) zusammen mit Art. 49 Abs. 2 a BayVwVfG in das Gesetz eingefügt wurde, ergibt sich im Übrigen die gesetzliche Wertung, dass der Erstattungsanspruch nur entsteht, wenn ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen wurde. Dies folgt auch aus der amtlichen Begründung zu Art. 49 a BayVwVfG (LT-Drs. 13/7007 S. 7). Danach wird durch Absatz 1 Satz 1 der Erstattungsanspruch für den Fall der Unwirksamkeit des Verwaltungsakts für die Vergangenheit vom Grundsatz her begründet.

III.

Ergänzend und ohne dass es noch darauf ankommt ist zu bemerken, dass wenn man entgegen der Auffassung des Gerichts einen rechtmäßigen Widerruf und einen Anspruch auf Erstattung unterstellen würde, jedenfalls die Forderung verjährt und damit erloschen, soweit es die Erstattung von 1.507.500,00 EUR aufgrund des insoweit widerrufenen abgeänderten Zuwendungsbescheids vom 19. März 2007 betrifft.

Auf eine Geldzahlung gerichtete Ansprüche des Freistaats Bayern, wie der Erstattungsanspruch nach Art. 49 a BayVwVfG, erlöschen, soweit, wie hier, nichts anderes bestimmt ist, in drei Jahren. Diese Frist beginnt erst mit Ablauf des Jahres in dem der Berechtigte von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis hatte oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben musste, jedoch nicht vor dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (Art. 71 Abs. 1 AGBGB). Ist der Freistaat Bayern Berechtigter kommt es auf die Kenntnis der zuständigen Behörde an. Weil die Verjährung nach Art. 71 AGBGB zum Erlöschen des Anspruchs führt, ist sie von Amts wegen zu beachten (BayVGH U. v. 5.10.2009 4 B 08.2877 - juris -).

1.

Der Erstattungsanspruch entsteht bei einem mit Rückwirkung angeordneten Widerruf rückwirkend ab Erlass des Zuwendungsbescheids.

Die Behörde bestimmt nämlich nach Art. 49 Abs. 2 a BayVwVfG nach ihrem Ermessen, von welchem Zeitpunkt an die Unwirksamkeit des Zuwendungsbescheids eintreten soll. Im vorliegenden Fall ist der Zeitpunkt „mit Wirkung für die Vergangenheit“, d. h. ab Erlass der Zuwendungsbescheide bestimmt. Von diesem im Widerrufsbescheid benannten Zeitpunkt an und damit ab 19. März 2007 und 24. April 2008 entfällt der Rechtsgrund für die Zuwendung (vgl. die amtliche Begründung BT-Drs. 8/3785 S. 5 zu § 44 a Bundeshaushaltsordnung (BHO) als Vorgängerregelung des dem Art. 49 Abs. 2 a BayVwVfG entsprechenden § 49 Abs. 3 VwVfG; § 49 Abs. 3 VwVfG bzw. Art. 49 Abs. 2 a BayVwVfG hat hieran nichts geändert, vielmehr entsprechen die Widerrufstatbestände dieser Regelungen § 44 a BHO, vgl. die amtliche Begründung zu § 49 Abs. 3 VwVfG, BT-Drs. 13/1534 S. 6). Der Erstattungsanspruch nach Art. 49 a Abs. 1 BayVwVfG entsteht somit rückwirkend von dem Zeitpunkt an, den die Behörde bestimmt und nicht erst ab dem Zeitpunkt, in dem sie den Zuwendungsbescheid widerruft (vgl. die amtliche Begründung a. a. O. S. 6 zu § 44 a BHO als gleichlautende Vorgängerregelung zu der Art. 49 Abs. 2 a BayVwVG entsprechenden Regelung in § 49 Abs. 3 VwVfG). Dies ergibt sich auch aus der amtlichen Begründung zu Art. 49 a BayVwVfG (LT-Drs. 13/7007 S. 7). Danach wird durch Absatz 1 Satz 1 der Erstattungsanspruch für den Fall der Unwirksamkeit des Verwaltungsakts für die Vergangenheit vom Grundsatz her begründet. Zur Zinspflicht, die an den Zeitpunkt der Entstehung des Erstattungsanspruchs geknüpft ist (Art. 49 a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG), ist ausgeführt, dass diese mit dem Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsakts beginnt, wobei bei rückwirkender Aufhebung nach der amtlichen Begründung die innere Wirksamkeit des Aufhebungsbescheids maßgeblich ist. Die innere Wirksamkeit aber ist der Zeitpunkt des Inkraftsetzens der Regelung des Verwaltungsakts durch die Behörde (BVerwGE 13, 1, 7; BVerwGE 55, 212). Demgegenüber betrifft der Zeitpunkt der Bekanntgabe, auf den der Beklagte abstellt, nur die äußere Wirksamkeit des Bescheids. Bestätigt wird die rückwirkende Entstehung des Erstattungsanspruch aus dem Zweck des Art. 49 Abs. 2 a BayVwVfG bzw. der entsprechenden Regelung des § 49 Abs. 3 VwVfG. Denn die Widerrufsmöglichkeit mit Wirkung für die Vergangenheit soll es der Behörde ermöglichen, im Falle zweckwidriger Verwendung gewährter Leistungen, die als solche nicht zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts führt, gleichwohl die Voraussetzungen für eine Rückforderung nach Art. 49 a BayVwVfG bzw. § 49 a VwVfG zu schaffen (Kopp/Schenke VwVfG 13. Aufl. § 49 Rn. 62). Die Rechtsprechung nimmt gleichfalls ein rückwirkendes Entstehen des Erstattungsanspruchs an, wenn sie an den Zeitpunkt seiner Entstehung, bei rückwirkender Aufhebung nämlich von der Auszahlung an, den Beginn der Verzinsungspflicht knüpft (BVerwG, U. v. 30.1.2013 - 8 C 2/12 - juris, Rn. 16); BayVGH, B. v. 19.1.1990 BayVBl 1990, 310, 312; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 19.3.1991 - 4 A 298/89 - juris). Im Übrigen geht auch die durch die widerrufenen Zuwendungsbescheide in Bezug genommene Anlage 2 zu Art. 44 BayHO hiervon aus, wie vorstehend (unter II) ausgeführt wurde.

2.

Entsteht der Erstattungsanspruch rückwirkend, entsteht nicht nur die Verzinsungspflicht ab diesem Zeitpunkt, vielmehr ist auch eine Voraussetzung dafür erfüllt, dass mit dem Schluss dieses Jahres, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist, die dreijährige Verjährungsfrist des Art. 71 AGBGB zu laufen beginnt, wenn der Berechtigte zu diesem Zeitpunkt auch von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (vgl. BayVGH U. v. 31.3.1982 BayVBl 1982, 659; Grziwotz a. a. O. S. 707). Für die Kenntnis ist auf die Behörde abzustellen, die zur Feststellung des Anspruchs befugt ist, wobei es Sache der innerbetrieblichen Organisation innerhalb der Behörde ist, sicherzustellen, dass auch die innerhalb der Behörde zuständige Stelle Kenntnis erlangt (BayVGH, U. v. 8.11.1972 BayVBl 1973, 185). Weiter ist die rechtliche Bewertung der dem geltend gemachten Erstattungsanspruch zugrundeliegenden Vorgänge nicht Teil der anspruchsbegründenden Tatsachen (BayVGH, B. v. 17.8.2006 - 4 ZB 05.2771 - juris Rn. 12 m. w. N.). Es ist daher unerheblich, wenn die rechtliche Schlussfolgerung, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf und einen Erstattungsanspruch vorliegen, erst 2010 gezogen wurde, wenn die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände bei der Behörde als solcher bestand. Eine solche Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände bei der zuständigen Behörde lag vor. Ob eine Kenntnis des zuständigen Amtswalters bestand, ist wie ausgeführt, unerheblich.

Es kann hier dahingestellt bleiben, ob, wie die Klägerin meint, Kenntnis oder grobe Fahrlässigkeit allein wegen des Verwendungsnachweises vom 20. Oktober 2008 (Bl. 4 ff. der Rückforderungsakte der Regierung) angenommen werden kann. Aus diesem Verwendungsnachweis ergibt sich der Umfang von 8.473.000,00 EUR der in den Jahren 2003 bis 2009 ausgezahlten Zuwendungen aufgrund des Planungsvertrages vom 21./28.11.2001 im Vorgriff auf die im Finanzierungsvertrag noch festzulegende Planungskostenpauschale. Nicht unmittelbar ersichtlich sind Hinweise auf bereits in den Jahren 1993 bis 1995 im Umfang von 8,1 Mio. DM (4.141.500,00 EUR) im Vorgriff erbrachte Zuwendungen durch das Bayerische Staatsministerium der Finanzen.

Die für die Feststellung des Anspruchs befugte Behörde und damit die zuständige Behörde i. S. v. Art. 71 AGBGB ist für den vorliegenden Fall nicht durch Gesetz festgelegt. Auch der Beklagte verweist insofern nur auf die Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen des Freistaates Bayern für den öffentlichen Personennahverkehr (RZÖPNV), wonach die Regierung, wenn sie dazu ermächtigt worden ist, den Zuwendungsbescheid erteilt (Nr. 9.1 RZÖPNV).

Die danach nach den Richtlinien formal für die Rückforderung zuständige Regierung von Mittelfranken hat von den Umständen, die dem geltend gemachten Erstattungsanspruch zugrunde liegen, nach eigenen Angaben zwar erst mit dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 11. November 2010 erlangt. Dies ist jedoch unzutreffend. Abgesehen von der Pressemitteilung des WM v. 19. November 1992 (WM-Akte ...), in der auf die Ermöglichung des frühzeitigen Planungsbeginns durch die Bereitschaft des Beklagten hingewiesen wurde, die entstehenden externen Planungskosten für die S-Bahn-Strecke nach ... und ... vorzufinanzieren, hatte die Regierung von Mittelfranken jedenfalls auch ein Schreiben der damaligen Bundesbahndirektion ... vom 25. August 1992 erhalten (WM-Akte a. a. O.). Darin war auf die Finanzierung der entstehenden externen Planungskosten durch den Freistaat, unter späterer Anrechnung auf den noch zu gewährenden Planungskostenzuschuss hingewiesen worden, weshalb unter Vorlage des Ingenieursvertrags um eine Mittelbereitstellung gebeten und darauf hingewiesen wurde, dass das Ingenieurbüro in Kürze die zugehörige Rechnung stellen werde, die dann nach Prüfung an die Regierung zur Zahlung weitergeleitet werde. Das WMS vom 27. April 2005 und der Planungsvertrag waren ihr schon längere Zeit vor Erlass der widerrufenen Zuwendungsbescheide bekannt. Ohnehin hätte der Beklagte durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen gehabt, dass bei einem Zuständigkeitswechsel auf die Regierung dieser alle vorhandenen Unterlagen für die Fortführung einer Förderung vorgelegt werden.

Unabhängig davon waren aber die Richtlinien, auf die der Beklagte für die Zuständigkeit der Regierung abstellt, nicht zum Gegenstand der widerrufenen Bescheide gemacht worden. Sie haben daher nur innerdienstliche Bedeutung, so dass nach Auffassung des Gerichts auf die Kenntnis der handelnden Behörden abzustellen ist. Im vorliegenden Fall war es das FM, das den Anspruch festgestellt hat, während die Regierung lediglich als ausführendes Organ und in Vollzug dieser Feststellung den Rückforderungsbescheid erließ. Der Widerruf wurde vom FM in die Wege geleitet und für erforderlich gehalten (Rückforderungsakte der Regierung Bl. 45). Das FM führte auch das weitere Verfahren (Schriftverkehr u. Besprechungen) bis zum Erlass des Rückforderungsbescheids durch (Bl. 65, 81, 85, 87, 98 der Rückforderungsakte der Regierung), holte eine Stellungnahme des WM ein, gewährte Akteneinsicht (Bl. 100, 102 a. a. O.), gab die Argumentation für den angegriffenen Bescheid vor und machte Vergleichsvorschläge (Bl. 124 a. a. O.). Dies rechtfertigt es, auch auf die Kenntnis des FM als maßgebliche Behörde abzustellen, zumal dieses ausweislich auch der Hinweise auf den widerrufenen Bescheiden die Regierung zur Bewilligung der Leistungen ermächtigt hatte. Beim FM bestand aber Kenntnis durch die ab 1993 mit dem Vorhaben S-Bahn ... befassten Sachbearbeiter. Da im Rahmen von Art. 71 AGBGB auf die Kenntnis der Behörde und nicht des gerade zuständigen Amtswalters abzustellen ist, ist ein Sachbearbeiterwechsel unerheblich.

Die zuständige Behörde hatte damit aufgrund der bei ihr vorhandenen Vorgänge aus den Jahren ab 1992 bereits zum Zeitpunkt des Entstehens der Erstattungsansprüche am 19. März 2007 und 24. April 2008 Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände und Kenntnis von der Klägerin als Verpflichteter. Auf die rechtliche Bewertung der dem Erstattungsanspruch zugrunde liegenden Vorgänge kommt es, wie oben dargelegt, nicht an.

3.

Der Ablauf der Verjährung der bei einem rückwirkenden Widerruf im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 19. März 2007 entstandenen Forderung von 1.507.500,00 EUR war mit Ablauf des 31. Dezember 2010, weil die Verjährung aufgrund Kenntnis und Entstehung im Jahre 2007 mit Ablauf des Jahres 2007 begonnen hatte.

Der Ablauf der Verjährung war insoweit nach Art. 71 AGBGB i. V. m. § 203 BGB auch nicht gehemmt. Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung nach § 203 Satz 1 BGB gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Der Begriff der Verhandlungen ist weit auszulegen. Der Gläubiger muss dafür lediglich klarstellen, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner nicht sofort und erkennbar die Leistung ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die jeweils der anderen Seite die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein. Dies setzt auf Seiten des Schuldners voraus, dass er sich in einer Weise geäußert hat, die aus der Sicht des Erklärungsempfängers die Annahme rechtfertigt, dass der Schuldner das Zahlungsbegehren noch nicht endgültig ablehnen will (vgl. BGH, B. v. 12.5.2011 - IX ZR 91/08 - juris).

Gemessen hieran haben zwischen der Klägerin und dem Beklagten bis Ende 2010, dem Ablauf der Verjährung für die Forderung in Höhe von 1.507.500,00 EUR, Verhandlungen über das Rückerstattungsbegehren der Klägerin nicht stattgefunden. Denn das bis dahin lediglich ergangene Schreiben der Klägerin vom 20. Dezember 2010 (Bl. 54 der Rückforderungsakte der Regierung) entstand im Rahmen einer Anhörung vor Erlass eines angekündigten Verwaltungsaktes und hatte nur eine Verlängerung der gegebenen Frist zur Stellungnahme um gut einen Monat zum Gegenstand. Die weiter in diesem Zusammenhang stehende Äußerung, sich gleichwohl um eine rasche Aufklärung zu bemühen, bezog sich nur auf die dennoch zügige Abgabe einer Stellungnahme im Rahmen dieser Anhörung. Ein Schweben von Verhandlungen lässt sich aus diesen rein formal auf die Anhörungsfristen bezogenen Äußerungen nicht ableiten. Denn daraus lässt sich nicht die Annahme rechtfertigen, der Schuldner werde das Zahlungsbegehren noch nicht endgültig ablehnen.

Demgegenüber lässt die weitere Äußerung der Klägerin vom 22. Februar 2011 mit dem darin geäußerten Bedarf für ein Gespräch auf ministerieller Ebene den Schluss darauf zu, dass die Klägerin das Begehren des Beklagten noch nicht endgültig ablehnen wollte. Zu diesem Zeitpunkt war aber die Erstattungsforderung in Höhe von 1.507.500,00 EUR bereits verjährt, so dass das Schreiben nur zur Hemmung der Verjährung in Bezug auf die Erstattungsforderung von 860.000,00 EUR geführt hätte, deren Verjährung erst Ende 2011 eingetreten wäre. Die Hemmung bewirkt für die Forderung von 860.000,00 EUR nach § 208 BGB, dass die Verjährung erst drei Monate nach Ende der Hemmung, also am 22. Mai 2011 eingetreten wäre. Zuvor war aber der am 17. Februar 2011 zugestellte streitgegenständliche Rückforderungsbescheid ergangen, der nach Art. 53 BayVwVfG ab seiner Bekanntgabe zu einer weiteren Hemmung geführt hätte.

Auch der „Verzicht auf die Einrede der Verjährung“ durch die Klägerin, soweit er sich nicht auf die Jahresfrist nach Art. 48 BayVwVfG bezogen haben sollte, weil zu diesem Zeitpunkt der Erstattungsanspruch noch gar nicht (weil erst später mit Rückwirkung) entstandenen war, würde zu keinem anderen Ergebnis als der Verjährung der Forderung von 1.507.500,00 EUR führen. Der Verzicht wurde erst mit Schreiben der Klägerin vom 20. Oktober 2011 und 13. Dezember 2011 ausgesprochen, wobei die Verlängerung des Verzichts um weitere drei Monate im zuletzt genannten Schreiben nur unter der nicht eingetretenen Voraussetzung erklärt worden war, dass von einer Verzinsung der Erstattungsforderung abgesehen wird. Das Schreiben vom 20. Oktober 2011 betrifft den Verzicht für die Zeit vom 14. Oktober bis 24. Dezember 2011 und bezieht sich daher auf eine Zeit, zu der die Verjährung bereits abgelaufen und der rückwirkend entstandene Anspruch erloschen war. Unabhängig davon handelt es sich bei Art. 71 AGBGB, anders als bei der Verjährung im Bürgerlichen Recht, um einen von Amts wegen zu berücksichtigenden zwingenden gesetzlichen Erlöschungsgrund, auf den nicht „verzichtet“ werden kann. Soweit daher der Auffassung zu folgen wäre, dass es der Klägerin nach Treu und Glauben für den Zeitraum von zwei Monaten versagt ist, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen, müsste jedenfalls davon ausgegangen werden, dass sie sich für die Zeit ab Ablauf des Februar 2011 darauf berufen kann.

Wie dargelegt war zwar die Verjährung der hier unterstellten Erstattungsforderung in Höhe von 860.000,00 EUR ab 22. Februar 2011 gehemmt. Diese Hemmung erfasst aber nicht die unterstellte Forderung in Höhe von 1.507.500,00 EUR, auch wenn man annimmt, die Klägerin könne sich nach Treu und Glauben erst mit Ablauf des Februar 2011 auf die Verjährung berufen. Zum einen war in dem Zeitraum, auf den sich die Erklärung eines Verzichts bezog, nämlich vom 14. Oktober bis 14. Dezember, noch keine Hemmung der Verjährung eingetreten. Zum anderen würde eine Hemmung ab 22. Februar 2011 voraussetzen, dass eine Forderung noch existent und die Verjährung noch nicht abgelaufen ist. Beides wäre am 22. Februar 2011 für die zuletzt genannte unterstellte Forderung nicht der Fall gewesen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


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Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 203 Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen


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Die Verjährung von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ist bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs des Gläubigers gehemmt. Lebt der Gläubiger von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung bei Beginn der Verjähru

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(1) Aus den Finanzhilfen des Bundes ist die Förderung zulässig für 1. Vorhaben nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 und Nummer 3, nach § 11 Absatz 1 Satz 1 und nach § 11 Absatz 2 in Höhe von bis zu 75 Prozent der jeweils zuwendungsfähigen Kosten,2. Vorhaben na

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(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die teilweise Rücknahme und Rückforderung von Finanzhilfen für eine Straßenbaumaßnahme der Klägerin, soweit Kosten für die Änderung von Versorgungsleitungen der Beigeladenen als zuwendungsfähig erachtet und gefördert worden sind.

2

Mit Bescheid vom 10. Dezember 1996 bewilligte das zuständige Ministerium des Beklagten der Klägerin auf ihren Antrag vom 6. Oktober 1995 Zuwendungen für den Bau der verlängerten Industriestraße in Mainz-Mombach in Höhe von 75 % der zuwendungsfähigen Kosten. Die Finanzierung erfolgte als Mischfinanzierung; 45 % der förderfähigen Kosten wurden aus Finanzhilfen des Bundes nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG - und 30 % gemäß dem Landesgesetz über den Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz - FAG - getragen. Nach dem geprüften Schlussverwendungsnachweis der Klägerin beliefen sich die zuwendungsfähigen Kosten auf 6 733 311 €. Der Beklagte hatte auch Kosten für die durch die Baumaßnahme bedingte Änderung an Versorgungseinrichtungen der Beigeladenen (Umlegung von Leitungen und Kabeln) von 16 337 € als zuwendungsfähig anerkannt und in Höhe von 75 % gefördert.

3

Die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft betriebene Beigeladene ist 100%ige Tochter der Klägerin, die ihr u. a. die Versorgung mit Strom, Gas und Wasser übertragen hat. Aufgrund eines Benutzungsvertrages vom 19. Juli 1971 und später eines am 28. November bzw. 19. Dezember 1995 unterzeichneten Konzessionsvertrages ist die Beigeladene berechtigt, für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen das Eigentum der Klägerin an den öffentlichen Verkehrsflächen zu nutzen. Die Kosten von Veränderungen an Versorgungseinrichtungen hat die Beigeladene nach § 10 Abs. 1 Satz 2 des Konzessionsvertrages zu tragen. Etwas anderes gilt gemäß § 10 Abs. 3 des Konzessionsvertrages, soweit die Kosten von einem Dritten getragen werden.

4

Im Jahr 2005 beanstandete der Rechnungshof Rheinland-Pfalz die Förderung von Arbeiten an Versorgungsleitungen im Stadtgebiet der Klägerin. Hiergegen wies die Klägerin darauf hin, dass die Frage der Förderung von Folgekosten bereits in den Jahren 1977 bis 1980 auf der Grundlage des inhaltsgleichen früheren Benutzungsvertrages streitig gewesen sei. Zwischen der Straßenbauverwaltung Rheinland-Pfalz und dem Rechnungshof sei damals Einigkeit darüber erzielt worden, dass straßenbaubedingte Leitungsverlegungen durch rechtlich selbstständige Versorgungsunternehmen als zuwendungsfähig anerkannt werden könnten, wenn das Versorgungsunternehmen voll im Eigentum der Kommune stehe.

5

Nach Anhörung der Klägerin nahm der Beklagte mit Rücknahme- und Rückforderungsbescheid vom 18. Mai 2009 mit Wirkung zum jeweiligen Erlasszeitpunkt die Förderzusage vom 2. August 1996, den Bewilligungsbescheid von 10. Dezember 1996 sowie die Mittelbereitstellungen aus den Jahren 2002 bis 2005 hinsichtlich der Leitungsverlegungskosten zurück (Ziffer 1), forderte Zuwendungen in Höhe von 12 253 € zurück (Ziffer 2) und ordnete die Verzinsung des Rückforderungsbetrages ab dem 22. Dezember 2005 an (Ziffer 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Kosten für die Verlegung von Versorgungsleitungen seien zu Unrecht als zuwendungsfähig anerkannt und in die Förderung mit einbezogen worden. Hieraus resultiere eine Überzahlung in Höhe von 12 253 €. Die in den Jahren 1977 bis1980 erzielte Einigung widerspreche der Rechtslage. § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG schließe die Zuwendungsfähigkeit derartiger Kosten aus. Nach § 10 Abs. 1 des Konzessionsvertrages seien der Beigeladenen die Folgekosten grundsätzlich auferlegt worden. Die Voraussetzungen einer Ausnahme von § 10 Abs. 3 des Konzessionsvertrages seien schon begrifflich nicht erfüllt. Aus Gründen der Gleichbehandlung könnten die zu Unrecht gewährten Zuwendungen der Klägerin auch im Einzelfall nicht belassen werden.

6

Mit Urteil vom 1. Juli 2010 hat das Verwaltungsgericht die Klage der Klägerin gegen den streitgegenständlichen Bescheid abgewiesen. Der Rücknahme- und Rückforderungsbescheid sei rechtmäßig. Die Rücknahmeentscheidung verstoße trotz der zwischen den Beteiligten und dem Rechnungshof 1980 erzielten Übereinkunft zur Zuwendungsfähigkeit der Aufwendungen kommunaler Eigengesellschaften nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Auch die übrigen Ermessenserwägungen des Beklagten seien nicht zu beanstanden.

7

Mit Urteil vom 11. Februar 2011 hat das Oberverwaltungsgericht Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides aufgehoben, die Berufung der Klägerin im Übrigen aber zurückgewiesen. Rechtsgrundlage sei § 48 Abs. 1 VwVfG. Gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG i.V.m. den einschlägigen Verwaltungsvorschriften seien nur solche Kosten zuwendungsfähig, die bei einem anderen als dem Träger des Vorhabens anfielen. Die Beigeladene sei eine Andere im Sinne dieses Gesetzes, weil sie eine eigene Rechtspersönlichkeit aufweise. Die Folgekosten fielen nicht bei der Kommune als Trägerin der Straßenbaulast an, sondern bei der Beigeladenen. Sie hätten keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt. Die Beigeladene sei nach § 10 Abs. 1 Satz 2 des Konzessionsvertrages verpflichtet, die Kosten für die Verlegung von Versorgungsleitungen zu tragen. Hieran ändere auch § 10 Abs. 3 Satz 1 des Konzessionsvertrages nichts. Die von der Klägerin vorgenommene Auslegung der getroffenen Regelung widerspreche dem Gesetzeszweck und bewirke eine Umgehung des Gesetzes. Die Klägerin könne sich weder auf Vertrauensschutz noch auf den Ablauf der Jahresfrist berufen. Als Selbstverwaltungskörperschaft übe sie mittelbare Staatsgewalt aus und sei an das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebunden. Deshalb könne sie sich auch nicht darauf berufen, dass sich die Beteiligten und der Rechnungshof seit den 1970er Jahren bis November 2006 über die Zuwendungsfähigkeit von Folgekosten einer kommunalen Eigengesellschaft einig gewesen seien. Die Rückforderung nach Ziffer 2 des Bescheides vom 18. Mai 2009 finde ihre Rechtsgrundlage in § 49a Abs. 1 VwVfG. Zu beanstanden sei aber die angeordnete Verzinsung des Rückforderungsbetrages. Der Beklagte habe die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht angemessen gewichtet. Angesichts der mit dem Rechnungshof abgestimmten praktischen Handhabung der Förderung über mehr als 25 Jahre habe die Klägerin die Umstände, die zur Rücknahme geführt hätten, nicht zu vertreten.

8

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 48 VwVfG. Die nötigen Änderungen an den Versorgungsleitungen der Beigeladenen seien zuwendungsfähig. Die Beigeladene sei weder eine "andere" im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG noch sei sie zur Tragung der Folgekosten verpflichtet. Von ihrer grundsätzlichen Kostentragungspflicht nach § 10 Abs. 1 des Konzessionsvertrages mache § 10 Abs. 3 des Konzessionsvertrages eine Ausnahme, soweit die Kosten ganz oder teilweise von einem Dritten getragen werden. Der Beklagte sei nach dieser Regelung Dritter.

9

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Februar 2011 und des Verwaltungsgerichts Mainz vom 1. Juli 2010 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 2009 insgesamt aufzuheben.

10

Der Beklagte tritt der Revision entgegen und begehrt im Wege der Anschlussrevision die Abweisung der Klage auch bezüglich der Zinsforderung.

Er beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen sowie

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Februar 2011 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 1. Juli 2010 insgesamt zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,

die Anschlussrevision des Beklagten zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

12

Die Beigeladene und der Vertreter des Bundesinteresses stellen keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

14

Das Oberverwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Berufung zulässig ist. Der ihm elektronisch übermittelte Berufungsbegründungsschriftsatz vom 28. September 2010 wahrt mangels qualifizierter elektronischer Signatur zwar nicht die Berufungsbegründungsfrist. Der Klägerin war jedoch gemäß § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (1.). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Rücknahme der Förderzusage vom 2. August 1996 und des Bewilligungsbescheides vom 10. Dezember 1996 sowie der hierauf beruhenden Mittelbereitstellungen sei gerechtfertigt, weil diese das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz und das Landesfinanzausgleichsgesetz verletzten, verstößt jedoch gegen Bundesrecht. Da das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz nur das Rechtsverhältnis zwischen Bund und Ländern regelt, kommt es nicht als Rechtsgrundlage für die Bewilligung einer Subvention und damit nicht als Prüfungsmaßstab für die Gewährung von Fördermitteln an den Zuwendungsempfänger in Betracht (2.). Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (3.).

15

1. a) Das Revisionsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Sachurteilsvoraussetzungen für das Berufungsverfahren gegeben waren. Das Oberverwaltungsgericht hat übersehen, dass die Berufungsbegründungsschrift der Klägerin vom 28. September 2010 nicht der Schriftform entspricht und eine formgerechte Begründung nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist bis zum 8. Oktober 2012 nachgeholt worden ist.

16

Gemäß § 124a Abs. 3 Satz 1 VwGO ist die Berufung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Als bestimmender Schriftsatz muss die Begründung der Schriftform genügen (vgl. § 125 Abs. 1, §§ 81, 82 VwGO). Eine elektronische Berufungsbegründung verlangt damit die Übersendung eines qualifiziert elektronisch signierten Dokuments nach § 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 der rheinland-pfälzischen Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten vom 9. Januar 2008 (GVBl Nr. 2 S. 33). Nach der gerichtsinternen Eingangsmitteilung des Oberverwaltungsgerichts zur Berufungsbegründung der Klägerin (vgl. Gerichtsakte II, Bl. 279) war die elektronisch übermittelte Datei nicht signiert.

17

Vom Formerfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur kann auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden, selbst wenn sich aus einer E-mail oder begleitenden Umständen die Urheberschaft und der Wille, das elektronische Dokument in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher ergibt (zur Nichtübertragbarkeit der Computerfax-Rechtsprechung: OVG Koblenz, Beschluss vom 21. April 2006 - 10 A 11741/05 - AS RP-SL 33, 182; BFH, Beschluss vom 26. Juli 2011 - VII R 30/10 - BFHE 234, 118 <123 ff.>; BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - VII ZB 112/08 - BGHZ 184, 75 <82 f.> und vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08 - NJW-RR 2009, 357 <358>; für das Verwaltungsverfahren: BVerwG, Beschluss vom 17. Juni 2011 - BVerwG 7 B 79.10 - juris). Elektronische Dokumente zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur mittels Datenverarbeitung erstellt werden und auf einem Datenträger gespeichert werden können, sondern ausschließlich in elektronischer Form von einem Computer zum anderen über das Internet übertragen werden (vgl. Geiger, in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 13. Aufl. 2010, § 55a Rn. 4; Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Bd. I, Stand September 2011, § 55a Rn. 21). Während die prozessuale Schriftform allein die Urheberschaft eines Dokuments gewährleisten soll, dienen die hohen Anforderungen an die Signatur elektronischer Dokumente zusätzlich dem Schutz vor nachträglichen Änderungen, also ihrer Integrität (BTDrucks 15/4067 S. 8 f., S. 37; Beschluss vom 30. März 2006 - BVerwG 8 B 8.06 - Buchholz 310 § 81 VwGO Nr. 18; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 55a Rn. 10). Abstriche von den dafür normierten Sicherheitsanforderungen können nicht zugelassen werden.

18

b) Der Klägerin war jedoch nach § 60 Abs. 1 VwGO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Berufungsbegründungsfrist zu gewähren. Zwar trägt auch bei der elektronischen Signatur der Absender das Risiko des form- und fristgerechten Zugangs; allerdings verpflichtet § 55a Abs. 2 Satz 3 VwGO das Gericht zu einer unverzüglichen Mitteilung, wenn das übermittelte Dokument nicht den Anforderungen genügt. Das gilt auch hinsichtlich der qualifizierten elektronischen Signatur und nicht nur bezüglich technischer Erfordernisse der Übersendung, etwa bei Übermittlung einer Datei in einem nicht zugelassenen Format (zur vergleichbaren Vorschrift des § 52a Abs. 2 Satz 3 FGO: BFH, Beschluss vom 26. Juli 2011 a.a.O. <125>). Da die Klägerin den Berufungsbegründungsschriftsatz am 28. September 2010 übermittelt hatte und dieser bereits am darauf folgenden Tag vom Berufungsgericht sachlich behandelt worden war, hätte eine zeitnahe Information der Klägerin ermöglicht, dem Berufungsgericht innerhalb der noch offenen Frist den Begründungsschriftsatz mit der erforderlichen elektronischen Signatur zukommen zu lassen. Ohne die Verletzung der gerichtlichen Mitteilungspflicht hätte ihr Übermittlungsfehler nicht zur Fristversäumnis geführt. Deshalb ist eine Wiedereinsetzung aus Gründen der Fürsorge geboten (BTDrucks 15/4067 S. 37; OVG Koblenz, Urteil vom 8. März 2007 - 7 A 11548/06 - AS RP-SL 34, 231 <232>).

19

Die Wiedereinsetzung kann auch im Revisionsverfahren rückwirkend gewährt werden. Dem Revisionsgericht obliegt nicht nur die Prüfung der Sachentscheidungsvoraussetzungen, es ist insofern auch entscheidungsbefugt (Bier, in: Schoch/Schmidt/Aßmann a.a.O. § 60 Rn. 71; BGH, Urteil vom 4. November 1981 - IVb ZR 625/80 - NJW 1982, 1873). Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2012 den Inhalt der Berufungsbegründungsschrift wiederholt und bestätigt und damit die versäumte Rechtshandlung nachgeholt.

20

Die Gewährung der Wiedereinsetzung scheitert nicht an der Jahresfrist des § 60 Abs. 3 VwGO. Die Ausschlussfrist des § 60 Abs. 3 VwGO findet keine Anwendung in Fällen höherer Gewalt. Dem steht es gleich, wenn die Ursache des verspäteten Antrags in der Sphäre des Gerichts liegt (BVerwG, Beschluss vom 2. April 1992 - BVerwG 5 B 50.92 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 177; Kopp/Schenke a.a.O. § 60 Rn. 28).

21

2. Revisionsrechtlich fehlerhaft ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Bewilligungsbescheid vom 10. Dezember 1996, die vorausgegangene Förderzusage und die nachfolgenden Mittelbereitstellungen seien rechtswidrig und könnten deshalb gemäß § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 48 Abs. 1 VwVfG zurückgenommen werden, weil die Förderung der Kosten aus der Verlegung der Leitungen der Beigeladenen mit dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz unvereinbar sei.

22

Das Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden (Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - GVFG) in der Bekanntmachung vom 28. Januar 1988 (BGBl I S. 100), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 5. April 2011 (BGBl I S. 554), regelt nur das rechtliche Verhältnis des Bundes zu den Ländern. Insofern bestimmt es die Voraussetzungen, unter denen ein Land Bundesmittel zur Förderung einer kommunalen Investition erhält und einsetzen darf. Das Gesetz regelt aber nicht das rechtliche Verhältnis eines Landes zu seinen Kommunen. Namentlich begründet es keine Ansprüche der Gemeinden auf Finanzhilfen oder auf ermessensfehlerfreie Bescheidung von Förderanträgen, und zwar auch nicht soweit es um vom Land weitergeleitete Finanzmittel des Bundes geht. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut von § 1 GVFG, wonach der Bund den Ländern Finanzhilfen gewährt, und aus dem Fehlen von Vorschriften über den Vollzug des Gesetzes durch die Länder gegenüber den Kommunen. Auch mit § 2 GVFG wollte der Gesetzgeber nur die Arten der förderfähigen Maßnahmen bestimmen, aber keinen Anspruch der Gemeinden auf Zuwendungen für derartige Maßnahmen begründen (BTDrucks VI/1117 S. 7, 8). Damit respektiert das Gesetz die kompetenzrechtlichen Grenzen, die sich aus seiner verfassungsrechtlichen Grundlage in Art. 104a Abs. 4 GG a.F. ergeben. Danach kann der Bund den Ländern unter bestimmten Voraussetzungen Finanzhilfen für besonders bedeutsame Investitionen auch der Gemeinden und Gemeindeverbände gewähren. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, oder aufgrund des Bundeshaushaltsgesetzes durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. Gerade das Letztere zeigt, dass allein an eine "nähere" Regelung im Verhältnis des Bundes zu den Ländern gedacht ist. Eine darüber hinausgehende Einflussnahme auf die Aufgabenerfüllung durch die Länder lässt Art. 104a Abs. 4 GG nicht zu (BVerfG, Urteil vom 4. März 1975 - 2 BvF 1/72 - BVerfGE 39, 96 <107 ff., 111>; Beschluss vom 10. Februar 1976 - 2 BvG 1/74 - BVerfGE 41, 291 <311>).

23

Dementsprechend ist der Bewilligungsbescheid des Beklagten vom 10. Dezember 1996 nicht unmittelbar auf das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz gestützt, sondern auf einen Ansatz im Haushaltsgesetz des Landes (Kapitel 0811, Titel 88303) sowie auf "Bewilligungsbedingungen", die ihrerseits auf die einschlägigen Förderrichtlinien des Landes Bezug nehmen, namentlich auf die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr über die Förderung der Verkehrswege, Verkehrsanlagen und sonstigen verkehrswirtschaftlichen Investitionen kommunaler und privater Bauträger (VV-GVFG/FAG) vom 12. Oktober 1992 (GMinBl 1992 S. 454). Dabei handelt es sich jeweils um irrevisible Regelungen. Soweit sie auf das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz des Bundes oder das Finanzausgleichsgesetz des Landes verweisen, bewirkt dies nicht, dass diese Gesetze unmittelbare Rechtsgrundlage der Förderung kommunaler Investitionen durch das Land werden. Dadurch werden lediglich die Maßstäbe, die das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz für die Förderung aufstellt, nach ihrem Inhalt in das Richtlinienrecht übernommen und zugleich auf die Förderung aus eigenen Mitteln des Landes nach dem Finanzausgleichsgesetz des Landes erstreckt. Die Rechtsnatur des Richtlinienrechts ändert sich nicht.

24

3. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Zwar trifft seine Auffassung zu, dass die Kosten für die Verlegung der Leitungen der Beigeladenen nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG nicht förderfähig waren. Die Förderung war daher richtlinienwidrig (a). Sie war jedoch gleichwohl nicht rechtswidrig (b).

25

a) Die Förderung der Kosten der Leitungsverlegung widersprach den erwähnten Förderrichtlinien.

26

Das Vorhaben selbst - der Ausbau der Industriestraße in Mainz-Mombach - war allerdings nach Nummer 2.1 VV-GVFG/FAG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a GVFG förderungsfähig. Die Förderungsfähigkeit umfasst nach Nummer 6.1 VV-GVFG/FAG sämtliche Kosten des Vorhabens. Gemäß Nummer 6.4.2 VV-GVFG/FAG i.V.m. § 2 Abs. 1 der Richtlinien über den Wertausgleich für Ver- und Entsorgungsanlagen im Zusammenhang mit Vorhaben nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (Wertausgleichsrichtlinien - RL-Wertausgleich) vom 6. Mai 1975 (VerkBl S. 332) gehören auch die Aufwendungen, die bei der Durchführung des Vorhabens durch eine notwendige Verlegung oder sonstige Veränderung von Anlagen anfallen (sog. Folgekosten), zu den zuwendungsfähigen Kosten.

27

Nach Nummer 6.3.1 VV-GVFG/FAG nicht zuwendungsfähig sind jedoch Kosten, die "ein anderer als der Träger des Vorhabens" zu tragen verpflichtet ist. Mit dieser Formulierung schließt sich die Verwaltungsvorschrift an § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG an. Der Verweis in Nummer 6.4.2 VV-GVFG/FAG auf § 3 Abs. 1 und 2 RL-Wertausgleich stellt klar, dass dies auch für Folgekosten gilt. Die Kosten aus der infolge des Straßenbauvorhabens notwendigen Verlegung oder Veränderung einer Versorgungsleitung, deren Träger nicht der Vorhabenträger selbst ist, zählen hiernach nicht zu den förderfähigen Kosten, wenn und soweit den Träger der Anlage eine Folgepflicht trifft und wenn er die Kosten der Verlegung oder Veränderung der Anlage zu tragen hat. Eine derartige Folgekostenpflicht kann sich nach § 3 Abs. 2 Satz 2 RL-Wertausgleich aus Gesetz, Vertrag oder Verkehrssitte ergeben.

28

Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, auch eine kommunale Eigengesellschaft sei gegenüber ihrer Muttergemeinde "ein anderer" im Sinne dieser Regelung. Diese Auslegung der Nr. 6.3.1 VV-GVFG/FAG steht im Einklang mit § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG. Dessen Entstehungsgeschichte zeigt, dass der Gesetzgeber die eigene Rechtspersönlichkeit als maßgebliches Kriterium angesehen hat (wie hier BGH, Urteil vom 16. September 1993 - III ZR 136/91 - BGHZ 123, 256 <260>). Auch der Regelungszweck spricht gegen eine wirtschaftliche Betrachtung, die kommunale Eigengesellschaften nicht von der sie tragenden Kommune unterscheidet. Die Zuwendungsfähigkeit soll nach dem Willen des Gesetzgebers - nur - dann nicht entfallen, wenn die Folgekosten bei der Gebietskörperschaft als Vorhabenträger selbst entstanden sind (BTDrucks VI/1117 S. 9 f.). Maßgeblich ist danach eine unmittelbare Haushaltsbelastung des Vorhabenträgers durch die Folgekostenpflicht, nicht seine eventuelle mittelbare Belastung durch den Finanzierungsbedarf einer kommunalen Eigengesellschaft.

29

Die Folge- und die Folgekostenpflicht für die Leitungsverlegung trifft hier die Beigeladene. Das ergibt sich aus § 10 Abs. 1 ihres Konzessionsvertrages mit der Klägerin. Daran ändert auch § 10 Abs. 3 des Vertrages nichts, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat. Hiernach gilt die Regelung des Absatzes 1 nicht bei Maßnahmen, deren Kosten ganz oder teilweise von einem Dritten getragen werden; die Verpflichtung der Beigeladenen beschränkt sich in diesen Fällen auf den Teil der Kosten, der nicht von Dritten erstattet wird. Diese Klausel regelt keine Ausnahme von der Übertragung der Folgekostenpflicht auf die Beigeladene nach Absatz 1, unterstreicht sie im Gegenteil nur. Zuwendungen Dritter sollen hiernach die Beigeladene und nicht die Klägerin entlasten; ohne die Zuwendung soll aber die Folgekostenpflicht der Beigeladenen unberührt bleiben. Dass die Klägerin die Beigeladene von ihrer Verpflichtung aus Absatz 1 befreit und die Folgekosten selbst übernimmt, ergibt sich daraus gerade nicht.

30

b) Aus der Unvereinbarkeit der Förderung mit den Förderrichtlinien des beklagten Landes folgt jedoch nicht, dass sie auch rechtswidrig war. Die Abweichung von den Förderrichtlinien führt nur dann zur Rechtswidrigkeit des Förderbescheides, wenn darin zugleich ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt. Das ist nicht der Fall.

31

Die Förderrichtlinien sind keine Rechtssätze. Sie sind dazu bestimmt, für die Verteilung der Fördermittel Maßstäbe zu setzen, und suchen auf diese Weise die Ausübung des Ermessens durch die Bewilligungsbehörden zu steuern. Deshalb bewirken sie zunächst nur eine interne rechtliche Bindung des Verwaltungsermessens (stRspr, BVerwG, vgl. Urteile vom 26. April 1979 - BVerwG 3 C 111.79 - BVerwGE 58, 45 <49> = Buchholz 424.3 Förderungsmaßnahmen Nr. 4 und vom 8. April 1997 - BVerwG 3 C 6.95 - BVerwGE 104, 220 <222> = Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 102; Rennert, in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 13. Aufl. 2010, § 114 Rn. 28 m.w.N.). Der bloße Verstoß gegen eine derartige Verwaltungsvorschrift macht eine Ermessensausübung daher nicht rechtswidrig (Urteil vom 23. April 2003 - BVerwG 3 C 25.02 - Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 104), die bloße Beachtung nicht rechtmäßig (vgl. Urteil vom 25. September 2008 - BVerwG 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 17 = Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr. 16).

32

In ihrem rechtlichen Verhältnis zum Förderempfänger ist die Bewilligungsbehörde - abgesehen von den sonstigen gesetzlichen Grenzen des Verwaltungshandelns - nur durch den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Wenn sich die Behörde an ihre Förderrichtlinien hält, ist sie daher durch das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe im Einzelfall eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten (Urteil vom 18. Mai 1990 - BVerwG 8 C 48.88 - BVerwGE 85, 163 <167> m.w.N. = Buchholz 454.32 § 25 WoBindG Nr. 13). Weicht sie hingegen generell von den Förderrichtlinien ab, so verlieren diese insoweit ihre ermessensbindende Wirkung; ob das Verwaltungshandeln mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, beurteilt sich dann nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis.

33

Im vorliegenden Fall lag in der Einbeziehung der streitigen Folgekosten in die Bewilligung von Fördermitteln keine gleichheitswidrige Begünstigung der Klägerin. Vielmehr entsprach es jahrelanger Verwaltungspraxis des Beklagten, auch die Folgekosten der Beigeladenen als zuwendungsfähig anzuerkennen. Hierzu hat der Beklagte seine Förderrichtlinien generell dahin ausgelegt und gehandhabt, dass Versorgungsunternehmen wie die Beigeladene, deren Anteile zu 100 % von einer Gemeinde gehalten werden, dieser gegenüber nicht als "andere" im Sinne der Richtlinien und des § 4 Abs. 3 Nr. 1 GVFG gelten sollten. Diese Verwaltungspraxis hatte das zuständige Ministerium des Beklagten in Abstimmung mit dem Landesrechnungshof 1980 begründet und nahezu 25 Jahre lang beibehalten. Dass hiervon nur die Klägerin begünstigt wurde, findet seinen Grund darin, dass im Land Rheinland-Pfalz nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten allein die Klägerin die Versorgung ihrer Einwohner mit Strom, Gas und Wasser einer Eigengesellschaft übertragen hat; wie der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung bekundet hat, wären auch andere Gemeinden bei gleicher Sachlage in den Genuss dieser Verwaltungspraxis gekommen. Erst 2005 hat der Rechnungshof auf eine Änderung dieser Praxis hingewirkt.

34

Die konsequent praktizierte, generelle Abweichung von den Förderrichtlinien erscheint auch nicht als willkürlich. Der Beklagte konnte die Förderung von Folgekosten kommunaler Eigengesellschaften mit deren wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Muttergemeinde begründen. Außerdem hat er darauf hingewiesen, dass die Anwendung der Regeln über den Wertausgleich zu einer Anrechnung von Wertzuwächsen aus einer Leitungsverlegung führt, wenn der Träger der Anlage zugleich Träger des Vorhabens ist oder eine eigene Rechtspersönlichkeit hat, aber nicht folgekostenpflichtig ist (vgl. § 2 Abs. 4 RL-Wertausgleich), was die Begünstigung der Gemeinde reduziert.

35

Die zulässige Anschlussrevision (§ 141 Satz 1 i.V.m. § 127 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 121 Satz 1 i.V.m. § 127 Abs. 4 VwGO) erweist sich als unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Zinsforderung in dem angefochtenen Bescheid im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Das ergibt sich schon daraus, dass die Hauptforderung nicht besteht.

(1) Aus den Finanzhilfen des Bundes ist die Förderung zulässig für

1.
Vorhaben nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 und Nummer 3, nach § 11 Absatz 1 Satz 1 und nach § 11 Absatz 2 in Höhe von bis zu 75 Prozent der jeweils zuwendungsfähigen Kosten,
2.
Vorhaben nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 und nach § 11 Absatz 1 Satz 2 in Höhe von bis zu 90 Prozent der jeweils zuwendungsfähigen Kosten,
3.
Vorhaben nach § 2 Absatz 2 in Höhe von bis zu 60 Prozent der jeweils zuwendungsfähigen Kosten und
4.
Vorhaben nach § 2 Absatz 3 in Höhe von bis zu 50 Prozent der jeweils zuwendungsfähigen Kosten.
In Fällen des § 3 Nummer 1 Buchstabe c zweiter Halbsatz ist die Förderung von Vorhaben nach § 2 Absatz 1 und nach § 11 Absatz 1 in Höhe von bis zu 60 Prozent der jeweils zuwendungsfähigen Kosten zulässig.

(2) Zuwendungsfähig sind die Kosten für das Vorhaben nach § 2. Beim Grunderwerb sind nur die Gestehungskosten zuwendungsfähig.

(3) Nicht zuwendungsfähig sind

1.
Kosten, die ein anderer als der Träger des Vorhabens zu tragen verpflichtet ist,
2.
Verwaltungskosten,
3.
Kosten für den Erwerb solcher Grundstücke und Grundstücksteile, die
a)
nicht unmittelbar oder nicht dauernd für das Vorhaben benötigt werden, es sei denn, daß sie nicht nutzbar sind,
b)
vor dem 1. Januar 1961 erworben worden sind.

(4) Abweichend von Absatz 3 Nummer 2 sind bei Vorhaben nach § 2 Absatz 1 und nach § 11 Planungskosten zuwendungsfähig in Höhe von 10 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten nach Absatz 2. Diese Planungskosten sind mit dem Vorhaben zusammen zu beantragen und können nur einmalig mit dem Vorhaben zusammen gefördert werden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Tatbestand

1

Die Beigeladene ist Betreiberin eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes und der hierzu gehörenden technischen Einrichtungen. Unter der Produktbezeichnung Carrier-Festverbindungen (CFV) bietet sie Mietleitungen auf der Vorleistungsebene an.

2

Mit vorläufiger Regulierungsverfügung vom 30. November 2004 erlegte die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, heute: Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur), der Beigeladenen eine Zugangsverpflichtung u.a. bezüglich CFV auf und stellte fest, dass die Entgelte für diese Übertragungswege weiterhin der Genehmigungspflicht unterlägen. Diese Regulierungsverfügung ist in Bezug auf CFV mit Bandbreiten von 64 kbit/s, 2 Mbit/s, 34 Mbit/s, 155 Mbit/s und 622 Mbit/s bestandskräftig geworden. Durch Regulierungsverfügung vom 31. Oktober 2007 verpflichtete die Bundesnetzagentur die Beigeladene, anderen Unternehmen Zugang zu den Abschlusssegmenten ihrer Mietleitungen auf der Vorleistungsebene zu gewähren und unterwarf die Zugangsentgelte der Genehmigungspflicht. Diese Regulierungsverfügung wurde auf die von der Beigeladenen erhobene Klage durch Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. März 2009 - 1 K 5114/07 - aufgehoben, soweit sie andere Mietleitungen als klassische Mietleitungen mit Bandbreiten bis 2 Mbit/s betrifft. Der Senat hat die hiergegen gerichtete Revision der Bundesnetzagentur durch Urteil vom 1. September 2010 - BVerwG 6 C 13.09 - zurückgewiesen.

3

Mit Beschluss vom 31. Oktober 2008 genehmigte die Bundesnetzagentur der Beigeladenen ab dem 1. Januar 2009 und befristet bis zum 31. Oktober 2010 Entgelte für Carrier-Festverbindungen (Nr. 1 und 5 des Beschlusses) mit der Maßgabe, dass für CFV, deren beiden Enden sich in demselben Anschlussbereich befinden, die Entgeltposition "Verbindungslinie" nicht erhoben werden darf (Nr. 3 des Beschlusses). Die Beigeladene hat gegen diesen Beschluss Klage erhoben. Außerdem beantragte sie gegenüber der Bundesnetzagentur in Bezug auf denselben Zeitraum die Genehmigung höherer Entgelte für die Überlassung derjenigen Verbindungslinien, bei denen sich beide Kundenstandorte zwar im selben Ortsnetz, aber in unterschiedlichen Anschlussbereichen befinden. Sie begründete dies damit, dass die genehmigten Entgelte insoweit wegen der unter Nr. 3 des Beschlusses vom 31. Oktober 2008 getroffenen Regelung nicht kostendeckend seien.

4

Mit Beschluss vom 14. August 2009 genehmigte die Bundesnetzagentur der Beigeladenen befristet bis zum 31. Oktober 2010 Ortsnetzpauschalen, die im Wesentlichen über den im Vorgängerbeschluss vom 31. Oktober 2008 genehmigten Tarifen liegen.

5

Die Klägerin, die ebenfalls ein öffentliches Telekommunikationsnetz betreibt, welches aufgrund eines CFV-Überlassungsvertrages mit demjenigen der Beigeladenen zusammengeschaltet ist, hat gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 Anfechtungsklage erhoben. Mit Urteil vom 22. April 2010 hat das Verwaltungsgericht der Klage, soweit nach Teilrücknahme noch aufrecht erhalten, stattgegeben und den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 aufgehoben, soweit er sich auf andere Entgelte als diejenigen für 16 x T2MS/ 2 MU "Regio-ON" und 63 x T2MS/ 2 MU "Country-ON" bezieht. Der angegriffene Teil des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 sei rechtswidrig. Dies folge für CFV mit höheren Bandbreiten als 2 Mbit/s bereits daraus, dass die Genehmigungspflicht aus den im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. März 2009 dargelegten Gründen rechtswidrig sei. Unabhängig davon sei die Entgeltgenehmigung auch deshalb rechtswidrig, weil sie im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses inhaltlich dem Vorgängerbeschluss vom 31. Oktober 2008 widersprochen habe und dieser Widerspruch von der Beklagten nicht durch zumindest gleichzeitige Aufhebung des entgegenstehenden Teils des Vorgängerbeschlusses beseitigt worden sei. Der inhaltliche Widerspruch bestehe darin, dass sich die Beschlüsse vom 31. Oktober 2008 und vom 14. August 2009 in Bezug auf den Zeitraum vom 14. August 2009 bis 31. Oktober 2010 zeitlich überlappten und für dieselben Leistungen unterschiedlich hohe Entgelte genehmigten. Die erste Entgeltgenehmigung habe sich nicht auf andere Weise erledigt. Eine Entgeltgenehmigung verliere ihre regelnde Wirkung nicht allein dadurch, dass während ihres Gültigkeitszeitraums ein höheres Entgelt genehmigt werde.

6

Eine Rücknahme oder einen Widerruf der Vorgängergenehmigung habe die Bundesnetzagentur im Beschluss vom 14. August 2009 nicht ausgesprochen. Eine konkludente Aufhebung wäre auch nicht rechtmäßig. Gehe man davon aus, dass der aufzuhebende Teil des Vorgängerbeschlusses rechtswidrig sei, komme eine Rücknahme allenfalls nach § 48 Abs. 3 VwVfG in Betracht, denn es liege gegenüber der Klägerin ein begünstigender Verwaltungsakt vor, der nicht Voraussetzung für die Gewährung einer Geldleistung sei. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG stehe die Rücknahme im Ermessen der Behörde. Von einer Reduzierung auf Null zu Gunsten der Rücknahme könne nicht ausgegangen werden. Die unterstellte Rechtswidrigkeit kostenunterdeckender Entgelte träfe die Beigeladene nicht derart schwer, dass eine Aufrechterhaltung der Genehmigung für den Restzeitraum von etwa 15 Monaten untragbar wäre. Die Beigeladene habe es selbst in der Hand gehabt, die Kostenunterdeckung durch die Vorlage von Antragsunterlagen zu vermeiden, in denen die auf Ortsnetzverbindungen, die einen Anschlussbereich überschritten, entfallenden Kosten von vornherein eindeutig und vollständig zugeordnet werden. Zudem sei das gegenläufige Interesse der Klägerin am Fortbestand der Kalkulationssicherheit nicht von derart geringem Gewicht, dass es für die Abwägung von vornherein bedeutungslos wäre. Das nicht auf Null reduzierte Rücknahmeermessen habe die Bundesnetzagentur bei Erlass des Beschlusses vom 14. August 2009 nicht erkannt, geschweige denn ausgeübt. Für den Fall, dass der aufzuhebende Teil des Beschlusses vom 31. Oktober 2008 rechtmäßig und daher zu widerrufen sei, fehle es an der Voraussetzung des § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG, dass ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde. Darüber hinaus sei der Beschlussbegründung nicht zu entnehmen, dass die Bundesnetzagentur ihr Widerrufsermessen erkannt habe.

7

Gegen dieses Urteil hat die Beigeladene die vom Senat mit Beschluss vom 19. Januar 2011 zugelassene Revision eingelegt, soweit es um andere Entgelte als diejenigen für CFV mit einer Bandbreite von 2,5 Gbit/s geht. Auf die Rechtswidrigkeit der Genehmigungspflicht könne nicht abgestellt werden. Denn mit der vorläufigen Regulierungsverfügung vom 30. November 2004 sei der hier Beigeladenen für Mietleitungen mit Bandbreiten über 2 Mbit/s bestandskräftig eine Entgeltgenehmigungspflicht auferlegt worden, die mit der Aufhebung der Regulierungsverfügung vom 31. Oktober 2007 wieder aufgelebt sei. Die Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 sei nicht wegen eines Widerspruchs zu der vorangegangenen Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 rechtswidrig; denn die frühere Entgeltgenehmigung habe sich mit dem Erlass der neuen Entgeltgenehmigung auf andere Weise im Sinne des § 43 Abs. 2 VwVfG erledigt. Dies ergebe sich aus den Regelungen des Telekommunikationsgesetzes unter Beachtung der verfassungs- und unionsrechtlichen Vorgaben für die Entgeltregulierung. Hilfsweise liege eine rechtmäßige Rücknahme oder ein rechtmäßiger Widerruf vor. Der Beschluss vom 31. Oktober 2008 sei als Dauerverwaltungsakt jedenfalls im Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses vom 14. August 2009 rechtswidrig geworden und habe nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG zurückgenommen werden können. Das Rücknahmeermessen sei auf Null reduziert gewesen, weil die Beigeladene einen Rechtsanspruch auf die Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 habe und die Beklagte deshalb zur Aufhebung der - unterstellt - entgegenstehenden Vorgängergenehmigung vom 31. Oktober 2008 verpflichtet gewesen sei. Jedenfalls habe die Beklagte ihr Ermessen rechtmäßig zugunsten der Rücknahme ausgeübt. Lägen die Rücknahmevoraussetzungen nicht vor, sei von einem rechtmäßigen Widerruf des Beschlusses vom 31. Oktober 2008 mit Wirkung für die Zukunft nach § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG auszugehen. Das Widerrufsermessen der Beklagten sei aus denselben Gründen auf Null reduziert wie das Rücknahmeermessen. Jedenfalls wäre von einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung auszugehen.

8

Die Beigeladene beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 22. April 2010 (VG Köln 1 K 6275/09) zu ändern, soweit dieses der Klage stattgegeben und soweit dieses den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 für andere Entgelte als diejenigen für CFV 2,5 Gbit/s aufgehoben hat, und die Klage abzuweisen, soweit sich diese auf andere Entgelte als diejenigen für CFV 2,5 Gbit/s bezieht.

9

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beigeladenen zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts, soweit sich dieses auf die Annahme eines Widerspruchs zwischen der angefochtenen Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 und der weder auf andere Weise erledigten noch rechtmäßig aufgehobenen Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 stützt.

11

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt. Sie hält die Revision der Beigeladenen aus der Erwägung für begründet, dass die Bescheide vom 31. Oktober 2008 und vom 14. August 2009 mangels Identität der Genehmigungsgegenstände nicht in Widerspruch zueinander stünden.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beigeladenen ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil verstößt zwar gegen Bundesrecht, soweit das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Teils des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 für einen Teil der darin genehmigten Entgelte, nämlich diejenigen für die Überlassung von CFV mit höheren Bandbreiten als 2 Mbit/s, mit der Rechtswidrigkeit der Genehmigungspflicht begründet hat (1). Auf dieser Verletzung revisiblen Rechts beruht das angefochtene Urteil jedoch nicht (§ 137 Abs. 1 VwGO), weil das Verwaltungsgericht im Ergebnis ohne Verstoß gegen Bundesrecht die Rechtswidrigkeit der Entgeltgenehmigung weiter selbstständig damit begründet hat, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses inhaltlich dem Vorgängerbeschluss vom 31. Oktober 2008 widersprochen habe und dieser Widerspruch von der Beklagten nicht durch zumindest gleichzeitige Aufhebung des entgegenstehenden Teils des Vorgängerbeschlusses beseitigt worden sei (2).

13

1. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, soweit Entgelte für CFV mit höheren Bandbreiten als 2 Mbit/s genehmigt werden, sei der angegriffene Teil des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 bereits deshalb rechtswidrig, weil die Genehmigungspflicht aus den im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 26. März 2009 dargelegten Gründen rechtswidrig sei, verstößt gegen Bundesrecht.

14

Zwar kann die Genehmigungspflicht, ohne deren Bestehen die Erteilung der Entgeltgenehmigung rechtswidrig wäre, bezüglich der Mietleitungen mit Bandbreiten von mehr als 2 Mbit/s nicht auf den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 31. Oktober 2007 gestützt werden, nachdem der Senat die Revision der Bundesnetzagentur gegen das genannte Urteil des Verwaltungsgerichts durch Urteil vom 1. September 2010 - BVerwG 6 C 13.09 - zurückgewiesen hat und die Aufhebungsentscheidung des Verwaltungsgerichts damit rechtskräftig geworden ist. Mit Ausnahme der Entgelte für CFV mit Bandbreiten von 2,5 Gbit/s, die aufgrund des beschränkten Antrags der Beigeladenen nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden sind, ergibt sich jedoch die Genehmigungspflicht für diesen Teil der in dem Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 geregelten Entgelte, d.h. in Bezug auf CFV mit Bandbreiten von 34, 155 und 622 Mbit/s, aus der insoweit bestandskräftig gewordenen vorläufigen Regulierungsverfügung vom 30. November 2004; denn nach der Rechtsprechung des Senats wird eine vorläufige Regulierungsverfügung nicht bereits mit dem Erlass einer endgültigen Regulierungsverfügung obsolet, sondern erst bei deren Bestandskraft; sie lebt wieder auf, falls die Anfechtungsklage gegen die endgültige Regulierungsverfügung zu deren rechtskräftiger Aufhebung führt (Beschluss vom 15. März 2007 - BVerwG 6 C 20.06 - juris Rn. 3; Urteil vom 25. März 2009 - BVerwG 6 C 3.08 - Buchholz 442.066 § 35 TKG Nr. 2 Rn. 16).

15

2. Soweit das Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entgeltgenehmigung - bezüglich der CFV mit höheren Bandbreiten als 2 Mbit/s kumulativ und im Übrigen allein tragend - damit begründet hat, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses inhaltlich dem Vorgängerbeschluss vom 31. Oktober 2008 widersprochen habe und dieser Widerspruch von der Beklagten nicht durch zumindest gleichzeitige Aufhebung (Rücknahme oder Widerruf) des entgegenstehenden Teils des Vorgängerbeschlusses beseitigt worden sei, verletzt dies nicht revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die angefochtene Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 steht zu der früheren Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 in einem inhaltlichen Widerspruch, da sie in Bezug auf denselben Zeitraum für dieselben Leistungen andere Entgelte genehmigt (a) und sich die frühere Entgeltgenehmigung weder "auf andere Weise erledigt" hat (b) noch in rechtmäßiger Weise nach den für die Rücknahme bzw. den Widerruf belastender Verwaltungsakte geltenden Regeln aufgehoben worden ist (c).

16

a) Die angefochtene Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 steht zu der früheren Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 in einem inhaltlichen Widerspruch, soweit sie in Bezug auf denselben Zeitraum vom 14. August 2009 bis 31. Oktober 2010 für dieselben Leistungen andere Entgelte genehmigt. Ist die frühere Entgeltgenehmigung in dem genannten Zeitraum weiterhin wirksam geblieben, muss dieser Widerspruch zur Rechtswidrigkeit der späteren Entgeltgenehmigung führen; denn nach § 37 Abs. 2 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl I S. 1190), das in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 zuletzt durch Gesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2413) geändert worden war, bewirkt die Entgeltgenehmigung in bestehenden Verträgen die Ersetzung des vereinbarten durch das genehmigte Entgelt. Wegen dieser unmittelbaren Gestaltung privatrechtlicher Vertragsverhältnisse ist eine parallele Geltung von Genehmigungen unterschiedlicher Entgelte für die gleiche Leistung ausgeschlossen.

17

Die Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 betrifft, soweit ihr Regelungsgehalt reicht, dieselben Leistungen wie die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008. Leistungsgegenstand beider Entgeltgenehmigungen ist jeweils zumindest auch die hier interessierende Überlassung solcher CFV, deren beide Kundenstandorte sich in verschiedenen Anschlussbereichen eines Ortsnetzes befinden. In dem früheren Genehmigungsverfahren war der Antrag der Beigeladenen zwar auf ein pauschales Entgelt für alle innerörtlichen Verbindungslinien einschließlich derjenigen CFV, deren beiden Enden sich in demselben Anschlussbereich befinden, und damit auf eine Ausweitung der entgeltpflichtigen Leistungen gerichtet. Dies ändert jedoch nichts daran, dass bereits in dem ersten Antrag der Überlassung solcher CFV, deren beide Kundenstandorte sich in verschiedenen Anschlussbereichen eines Ortsnetzes befinden, als selbstständiger Leistung ein bestimmtes Entgelt zugeordnet war. Vor allem aber ist für die Bestimmung des Leistungsgegenstandes weder der Antrag noch die zu seiner Prüfung vorgelegte Kostenkalkulation maßgeblich, sondern der Inhalt der Genehmigung. Wie sich aus Nr. 3 des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 31. Oktober 2008, wonach für CFV, deren beiden Enden sich in demselben Anschlussbereich befinden, die Entgeltposition "Verbindungslinie" nicht erhoben werden darf, eindeutig ergibt, hat die Beklagte dem früheren Entgeltantrag der Beigeladenen in Bezug auf die Überlassung von Verbindungslinien im selben Ortsnetz jedoch nur insoweit stattgegeben, als sich beide Kundenstandorte in unterschiedlichen Anschlussbereichen befinden. An den derart durch die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 präzisierten Leistungsgegenstand knüpft die angefochtene Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 mit der Regelung einer neuen Gegenleistung an.

18

b) Der inhaltliche Widerspruch zwischen der angefochtenen Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 und der früheren Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 mit dem Beschluss vom 14. August 2009 "auf andere Weise erledigt" hätte.

19

Nach § 43 Abs. 2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Da das Gesetz den Wirksamkeitsverlust des Verwaltungsakts bei den übrigen in § 43 Abs. 2 VwVfG genannten Varianten entweder - wie in den Fällen der Rücknahme, des Widerrufs oder der anderweitigen Aufhebung - an ein formalisiertes Handeln der Behörde oder - wie im Fall des Zeitablaufs - an einen eindeutig bestimmbaren Tatbestand knüpft, ist die Annahme einer Erledigung "auf andere Weise" im Sinne der letzten Variante der Vorschrift nur in eng begrenzten Ausnahmefällen gerechtfertigt. Insbesondere darf der Wirksamkeitsverlust des Verwaltungsakts grundsätzlich nicht von einer Entscheidung der Behörde abhängen, da anderenfalls die Aufhebungsvoraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG umgangen werden könnten. Eine zur Erledigung "auf andere Weise" führende Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 hat ihre Wirksamkeit weder durch Wegfall des Regelungsobjekts (aa) noch durch inhaltliche Überholung (bb), einseitigen Verzicht bzw. Antragsrücknahme verloren (cc) und ist insbesondere auch nicht aufgrund geänderter Sach- oder Rechtslage gegenstandslos geworden (dd).

20

aa) Die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 hat sich nicht durch den Wegfall des Regelungsobjekts auf andere Weise erledigt. Von einer derartigen Fallgestaltung ist etwa auszugehen bei betriebsbezogenen Geboten oder Erlaubnissen, wenn der Betrieb eingestellt wird, oder allgemein bei Genehmigungen bzw. Befreiungen, wenn die Genehmigungspflicht bzw. das gesetzliche Verbot, von dem freigestellt wird, wegfällt, ferner im Hinblick auf einen akzessorischen Verwaltungsakt, wenn der Hauptverwaltungsakt, auf den er sich bezieht, seine Wirksamkeit einbüßt (Urteil vom 17. August 2011 - BVerwG 6 C 9.10 - NVwZ 2012, 168 <173>, m.w.N.). Das Regelungsobjekt einer telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigung besteht aus einer bestimmten entgeltpflichtigen Leistung und dem hierfür als Gegenleistung erhobenen Entgelt. Dieser Regelungsgegenstand hat sich im Fall der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 weder durch den weiteren Entgeltantrag der Beigeladenen vom 23. Juni 2009 noch durch das Wirksamwerden der angefochtenen Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 geändert.

21

bb) Durch inhaltliche Überholung ist ebenfalls keine Erledigung der früheren Entgeltgenehmigung eingetreten. Ein Fall der inhaltlichen Überholung eines Verwaltungsakts liegt etwa vor, wenn nach einer vorläufigen später die endgültige Regelung ergeht (Urteil vom 25. März 2009 a.a.O.) oder wenn die Auslegung des Verwaltungsakts ergibt, dass es sich insgesamt um eine neue Sachentscheidung handelt (Urteil vom 22. Juni 2011 - BVerwG 6 C 3.10 - juris Rn. 13). Weder dem Tenor noch den Gründen des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 31. Oktober 2008 sind Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass dieser Entgeltgenehmigung nur eine begrenzte, unter dem Vorbehalt einer späteren endgültigen Entscheidung stehende Regelungswirkung zukommen sollte, wie sie für einen vorläufigen Verwaltungsakt kennzeichnend ist.

22

Gegenstand des angefochtenen Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 ist auch nicht eine insgesamt neue Sachentscheidung, durch die ein neuer Verfahrensgegenstand entstanden und die frühere Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 "überholt" worden ist. Insofern unterscheidet sich die vorliegende Fallkonstellation wesentlich von derjenigen, die der Entscheidung des Senats vom 22. Juni 2011 (BVerwG 6 C 3.10) zugrunde lag. In der dort angefochtenen Allgemeinverfügung über die Vergabe von Funkfrequenzen hatte die Bundesnetzagentur die Vergabe mittlerweile zusätzlich frei gewordener Frequenzen mit einem durch eine frühere Allgemeinverfügung angeordneten Vergabeverfahren verbunden. Durch diese Verbindung war in der Sache ein neues Regelungsobjekt entstanden. Eine vergleichbare Sachlage hätte im vorliegenden Fall allenfalls dann vorgelegen, wenn die neue Entgeltgenehmigung nicht nur punktuelle Änderungen der Entgelthöhe zum Gegenstand gehabt hätte, sondern z.B. die entgeltpflichtigen Leistungen im Bereich der Carrier-Festverbindungen völlig neu strukturiert hätte. Wie bereits ausgeführt, hat sich der Regelungsgegenstand der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 jedoch weder durch den weiteren Entgeltantrag der Beigeladenen vom 23. Juni 2009 noch durch das Wirksamwerden der angefochtenen Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 geändert.

23

cc) Die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 hat ihre Wirksamkeit ferner nicht durch einseitigen Verzicht oder Antragsrücknahme verloren. Unabhängig davon, in welchen Fällen und unter welchen weiteren Voraussetzungen der einseitige Verzicht des Begünstigten auf eine ihm erteilte Genehmigung oder die Rücknahme eines Antrags vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Genehmigung allgemein zu deren Erledigung auf andere Weise führen kann, ist dies offensichtlich dann ausgeschlossen, wenn der Verwaltungsakt privatrechtsgestaltende Wirkung hat oder dem Begünstigten aus anderen Gründen die Dispositionsbefugnis fehlt. So aber verhält es sich bei der telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigung, die in bestehenden Verträgen die Ersetzung des vereinbarten durch das genehmigte Entgelt bewirkt (§ 37 Abs. 2 TKG). Aus der Möglichkeit der Einleitung eines Verfahrens von Amts wegen, die § 31 Abs. 6 Satz 2 TKG in der hier noch anwendbaren, bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 3. Mai 2012 (BGBl I S. 958) geltenden Fassung (TKG a.F.; vgl. nunmehr § 31 Abs. 4 Satz 2 TKG n.F.) der Bundesnetzagentur unter bestimmten Voraussetzungen eröffnet, ergibt sich zudem, dass der Antrag des regulierten Unternehmens keine unabdingbare Voraussetzung für den Erlass der Entgeltgenehmigung ist.

24

dd) Die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 ist schließlich auch nicht aufgrund geänderter Sach- oder Rechtslage gegenstandslos geworden.

25

Dass eine nachträgliche Änderung der für den Erlass des Verwaltungsakts maßgeblichen Sach- oder Rechtslage die Wirksamkeit des Verwaltungsakts grundsätzlich unberührt lässt, folgt aus der der Vorschrift des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG zugrunde liegenden Wertung. Hat danach die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat, können geänderte Umstände nur dann unmittelbar zum Wirksamkeitsverlust des Verwaltungsakts führen, wenn sie ihn ausnahmsweise gegenstandslos machen. Ob von einer derartigen Gegenstandslosigkeit auszugehen ist, hängt davon ab, ob der Verwaltungsakt nach seinem Inhalt und Zweck und gegebenenfalls im Zusammenhang mit den Vorschriften, auf denen er beruht, Geltung auch gerade für den Fall der veränderten Umstände beansprucht oder nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 43 Rn. 42 f.). Entgegen der Auffassung der Beigeladenen ergibt sich weder aus Systematik und Normzweck der besonderen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes über die Entgeltregulierung noch aus verfassungs- oder unionsrechtlichen Gründen, dass es sich bei dem vom regulierten Unternehmen beantragten Erlass einer neuen Entgeltgenehmigung vor Ablauf der Geltungsdauer einer nach § 35 Abs. 4 TKG befristeten Entgeltgenehmigung um eine Änderung der maßgeblichen Umstände handelt, die zur Gegenstandslosigkeit der früheren Entgeltgenehmigung führt.

26

(1) Der Überlegung der Beigeladenen, Entgeltantrag und Entgeltgenehmigung seien verfahrensmäßig und inhaltlich so eng aufeinander bezogen, dass mit der Stellung eines neuen Entgeltantrags mit neuen Kostenunterlagen bzw. einer neuen Kostenallokation eine Änderung der maßgeblichen Umstände eintrete, so dass die neue Entgeltgenehmigung eine bloße Neuregelung darstelle, die ohne eine Aufhebung der vorherigen Entgeltgenehmigung ergehen könne, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Antragsbezogenheit einer Genehmigung stellt keine Besonderheit der telekommunikationsrechtlichen Entgeltregulierung dar; vielmehr entspricht es der Regel, dass begünstigende Verwaltungsakte nur auf Antrag und innerhalb der Grenzen des jeweiligen Antrags erlassen werden. Hinzu kommt, dass gerade die Antragsbezogenheit der telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigung durch die gesetzliche Ausgestaltung im Vergleich zu anderen Genehmigungsverfahren sogar deutlich gelockert ist und Elemente eines Offizialverfahrens aufweist. Zwar ergibt sich insbesondere aus § 33 Abs. 1 TKG a.F. (vgl. nunmehr § 34 Abs. 1 TKG n.F.), wonach das beantragende Unternehmen mit einem Entgeltantrag nach § 31 Abs. 5 und 6 TKG a.F. (nunmehr § 31 Abs. 3 und 4 TKG n.F.) die zur Prüfung des Antrags erforderlichen Kostenunterlagen vorzulegen hat, dass das Entgeltgenehmigungsverfahren grundsätzlich auf Antrag des entgeltberechtigten Unternehmens eingeleitet wird (vgl. Urteile vom 25. November 2009 - BVerwG 6 C 34.08 - Buchholz 442.066 § 31 TKG Nr. 1, juris Rn. 17 und vom 24. Juni 2009 - BVerwG 6 C 19.08 - Buchholz 442.066 § 35 TKG Nr. 3, juris Rn. 14). Der Antrag des regulierten Unternehmens ist jedoch keine im Sinne des § 22 Satz 2 Nr. 2 VwVfG gesetzlich notwendige Verfahrensvoraussetzung der Entgeltgenehmigung. Dies folgt aus der bereits erwähnten Vorschrift des § 31 Abs. 6 TKG a.F. (§ 31 Abs. 4 TKG n.F.), wonach die Bundesnetzagentur zur Stellung von Entgeltgenehmigungsanträgen auffordern kann (Satz 1) und ein Verfahren von Amts wegen einleitet, wenn der Aufforderung nicht innerhalb eines Monats nach Zugang Folge geleistet wird (Satz 2).

27

Auch inhaltlich besteht die von der Beigeladenen postulierte unlösbar enge Verbindung zwischen Entgeltantrag und -genehmigung nicht. Zwar bildet nach der Rechtsprechung des Senats der Entgeltantrag, der sich auf eine konkrete Leistung bezieht, den Rahmen für die Genehmigung, die die Identität des dem Antrag zugrunde liegenden Leistungsbegriffes zu wahren hat; denn das Antragsprinzip soll dem regulierten Unternehmen soweit wie möglich Einfluss auf die Entscheidung über die Höhe der genehmigten Entgelte erhalten (vgl. Urteile vom 25. November 2009 a.a.O. und vom 24. Juni 2009 a.a.O. Rn. 14 f.). Diese "rahmensetzende" Funktion des Entgeltantrags wird jedoch dadurch relativiert, dass die Bundesnetzagentur neben den mit dem Entgeltantrag nach § 33 Abs. 1 TKG a.F. (jetzt § 34 Abs. 1 TKG n.F.) vorzulegenden Kostenunterlagen zur Prüfung der Entgelte am Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TKG u.a. auch eine von der Kostenberechnung des Unternehmens unabhängige Kostenrechnung anstellen und hierfür Kostenmodelle heranziehen kann. Ferner hat der Senat bereits früher klargestellt, dass das Antragsprinzip keine Aussage über die Frage der strukturellen Entgeltbildung trifft (vgl. Urteil vom 25. November 2009 a.a.O.).

28

(2) Der Regelung des § 35 Abs. 4 TKG, wonach die Bundesnetzagentur die Genehmigung mit einer Befristung versehen soll, sind ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Entgeltgenehmigung durch die Entscheidung über einen vor Ablauf der Frist gestellten neuen Entgeltantrag gegenstandslos wird.

29

Der Hinweis der Beigeladenen, dass die Befristung gemäß § 35 Abs. 4 TKG nur zu einerHöchstgeltungsdauer der Genehmigung führe, übergeht den rechtlichen Bedeutungsgehalt, der einer Befristung nach allgemeinem Verwaltungsrecht zukommt. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG handelt es sich dabei um eine Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt. Regelt die Befristung damit den zeitlichen Geltungsbereich eines Verwaltungsakts (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 36 Rn. 70 f.), kann nicht nur die Verlängerung, sondern grundsätzlich auch eine nachträgliche Verkürzung einer Frist nur zulässig sein, wenn sie durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist oder wenn die Voraussetzungen für eine Rücknahme oder einen Widerruf des Verwaltungsakts gegeben sind (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 36 Rn. 18; Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2010, § 36 Rn. 7). Vor dem Hintergrund des Bedeutungsgehalts einer Befristung nach allgemeinem Verwaltungsrecht bedurfte es im Telekommunikationsgesetz keiner ausdrücklichen Regelung, dass während des Laufs einer Frist eine neue Genehmigung auf der Grundlage eines neuen Antrags nur unter den Voraussetzungen der §§ 48 f. VwVfG rechtmäßig erteilt werden kann. Vielmehr wäre umgekehrt die Annahme, dass während des Laufs einer Frist die Erteilung einer neuen Genehmigung auf der Grundlage eines neuen Antrags uneingeschränkt zulässig ist, nur gerechtfertigt, wenn sich dies dem Gesetz hinreichend klar entnehmen ließe. Dies ist in Bezug auf die Regelung des § 35 Abs. 4 TKG nicht der Fall. Dass § 35 Abs. 4 TKG die Befristung als Soll-Regelung ausgestaltet, ohne Vorgaben zur Dauer der Genehmigungsfrist zu machen, steht nicht in einem normativen Widerspruch zu der Annahme, dass die Genehmigung höherer Entgelte während des Laufs der Befristung der Vorgängergenehmigung nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG zulässig ist. Der von der Beigeladenen in diesem Zusammenhang verwandte Begriff der "materiellen Präklusion" ist im Ansatz verfehlt, weil die Befristung nicht zum Verlust einer Rechtsposition des regulierten Unternehmens führt, sondern nach allgemeinem Verwaltungsverfahrensrecht nur zu einer zeitlich begrenzten Bindung an die Vorgängergenehmigung, die zudem nicht absolut ist, sondern unter den Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG gelöst werden kann.

30

Dass ein neuer Entgeltantrag während des Laufs der Genehmigungsfrist einer früheren Entgeltgenehmigung zu deren Gegenstandslosigkeit - mit der Folge der Erledigung auf andere Weise im Sinne des § 43 Abs. 2 VwVfG - führt, wird entgegen der Auffassung der Beigeladenen auch nicht durch Sinn und Zweck der Befristungsregelung des § 35 Abs. 4 TKG gefordert. Worin dieser Zweck besteht, ist den Gesetzesmaterialien nur ansatzweise zu entnehmen. In der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung wird das Befristungsgebot nicht einmal erwähnt, sondern zu der - damals noch als § 33 bezeichneten - Vorschrift lediglich allgemein ausgeführt, dass im Rahmen einer Genehmigung nach Absatz 4 der Vorschrift - zur Sicherstellung der Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 - auch Nebenbestimmungen im Rahmen der allgemeinen Gesetze, insbesondere des Verwaltungsverfahrensgesetzes beigefügt werden können (vgl. BTDrucks 15/2316 S. 69). Aufschlussreicher ist die Begründung des Entwurfs der später als § 28 Abs. 3 TKG 1996 in Kraft getretenen, mit § 35 Abs. 4 TKG weitgehend inhaltsgleichen Vorgängervorschrift ("Die Regulierungsbehörde soll die Genehmigung mit einer Befristung nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes versehen"). Danach trägt die Aufforderung an die Regulierungsbehörde, Preisgenehmigungen zu befristen, der Dynamik auf dem Telekommunikationsmarkt Rechnung. Es sei einerseits zu erwarten, dass - zumindest in der Anfangsphase nach Marktöffnung - genehmigte Preise relativ rasch von der Marktentwicklung überholt würden. Andererseits solle die Möglichkeit offen gehalten werden, Tarife marktbeherrschender Anbieter in Marktsegmenten periodisch zu überprüfen, in denen sie eine besondere Marktstellung innehaben und deshalb die Preise höher halten können, als es bei Wettbewerb möglich wäre (vgl. die Begründung zu § 27 Abs. 2 des Entwurfs eines Telekommunikationsgesetzes, BTDrucks 13/3609 S. 44). Hieran anknüpfend wird der Zweck der Befristung der Genehmigung nach § 35 Abs. 4 TKG nach allgemeiner Ansicht in dem Umstand gesehen, dass durch zunehmende Produktivität von Telekommunikationsunternehmen und allgemeinen Wettbewerbsdruck die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung im Zeitablauf tendenziell sinken können und das in der Vergangenheit genehmigte Entgelt daher nicht mehr den aktuellen Kosten entspricht (vgl. Mayen/Lünenburger, in: Scheuerle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2008, § 35 Rn. 76; Schuster/Ruhle, in: Beck'scher TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2006, § 35 Rn. 61; Groebel/Seifert, in: Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2009, § 35 Rn. 56). Soll durch die Befristung und die hierdurch ermöglichte periodische Prüfung demnach in erster Linie verhindert werden, dass das regulierte Unternehmen die sich aufgrund der technologischen und ökonomischen Entwicklung ergebenden Kostensenkungen abschöpft, anstatt sie zeitnah an die Kunden weiterzugeben, liegt die Annahme fern, dass gerade dieser Gesetzeszweck es erfordere, dem regulierten Unternehmen die voraussetzungslose Möglichkeit einzuräumen, sich vor Ablauf der Frist von der Entgeltgenehmigung zu lösen, um höhere Entgelte durchzusetzen.

31

(3) Die Annahme, eine telekommunikationsrechtliche Entgeltgenehmigung werde durch die Entscheidung über einen vor Ablauf der Frist gestellten neuen Entgeltantrag ohne Weiteres gegenstandslos und bedürfe deshalb keiner Aufhebung nach den §§ 48, 49 VwVfG, lässt sich auch nicht auf Sinn und Zweck der Entgeltregulierung stützen. Dabei kann dahinstehen, ob die Beigeladene zu Recht geltend macht, es liefe den Regulierungszielen eines chancengleichen Wettbewerbs (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG a.F.; vgl. jetzt § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 TKG n.F.) und der Förderung effizienter Infrastrukturinvestitionen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 TKG a.F.; vgl. nunmehr den entsprechenden "Regulierungsgrundsatz" in § 2 Abs. 3 Nr. 4 TKG n.F.) zuwider, wenn Bezieher einer Vorleistung - wie z.B. von CFV - diese bis zum Ende der in einer früheren Entgeltgenehmigung vorgesehenen Genehmigungsfrist zu einem materiell erheblich zu niedrigen Preis beziehen und damit Kostenvorteile zum Nachteil des regulierten Unternehmens erlangen könnten, obwohl dieses die materielle Berechtigung höherer Entgelte nachgewiesen habe. Denn nach allgemeinem Verwaltungsrecht führen weder der Wegfall der Erlassvoraussetzungen noch das Verfehlen des gesetzlichen Regelungszwecks unmittelbar zum Wirksamkeitsverlust eines Verwaltungsakts. Wie gerade die detaillierten Aufhebungsvorschriften der §§ 48 ff. VwVfG zeigen, hat sich der Gesetzgeber nicht für einen generellen Vorrang des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit vor dem Grundsatz der Rechtssicherheit entschieden, sondern beiden aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grundsätzen dadurch Rechnung getragen, dass er eine Entscheidung der Behörde im jeweiligen Einzelfall vorsieht. Weshalb Sinn und Zweck der telekommunikationsrechtlichen Entgeltregulierung abweichend von den verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen ausnahmsweise die Unbeachtlichkeit des Grundsatzes der Rechtssicherheit gebieten sollten mit der Folge, dass eine behördliche Aufhebungsentscheidung entbehrlich wäre, ist nicht ersichtlich.

32

(4) Dass die Genehmigung höherer Entgelte während des Laufs der Befristung der Vorgängergenehmigung grundsätzlich nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG zulässig ist, steht nicht in einem Wertungswiderspruch zu dem besonderen Fall einer Versagung der Genehmigung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG. Zwar ist nicht zweifelhaft, dass das betroffene Unternehmen jederzeit ohne Bindung an die Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG einen neuen Entgeltantrag stellen kann, wenn die Bundesnetzagentur die Genehmigung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG mangels vollständiger Vorlage der in § 33 TKG a.F. (bzw. § 34 TKG n.F.) genannten Unterlagen versagt hat. Dies folgt jedoch aus der Natur der Sache; denn wenn die Bundesnetzagentur gar keine inhaltliche Regelung getroffen hat, zu der eine neue Regelung in Widerspruch treten könnte, bedarf es offensichtlich auch nicht deren Aufhebung.

33

(5) Der Regelung des § 31 Abs. 5 Satz 2 TKG a.F. (nunmehr § 31 Abs. 3 Satz 2 TKG n.F.), wonach bei befristet erteilten Genehmigungen die Vorlage der erforderlichen Unterlagen mindestens zehn Wochen vor Fristablauf zu erfolgen hat, kann ebenfalls kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass die frühere Entgeltgenehmigung in Folge der Entscheidung der Regulierungsbehörde über einen vor Ablauf der Frist gestellten neuen Entgeltantrag gegenstandslos wird. Wie sich aus dem Wort "mindestens" ergibt, schließt die Vorschrift zwar eine frühere Antragstellung offensichtlich nicht aus. Über die Folgen eines solchen Antrags für die Wirksamkeit der bestehenden Entgeltgenehmigung besagt die Regelung indes nichts. Auch aus dem Zusammenhang mit der Regelung des § 31 Abs. 6 Satz 3 TKG a.F. (vgl. jetzt § 31 Abs. 4 Satz 3 TKG n.F.), wonach die Bundesnetzagentur über Entgeltgenehmigungsanträge innerhalb von zehn Wochen zu entscheiden hat, ergeben sich keine zusätzlichen Erkenntnisse. Durch die Angleichung der Frist für die Vorlage von Antragsunterlagen und der Frist für eine Entscheidung der Regulierungsbehörde soll erkennbar sichergestellt werden, dass bis zum Ablauf der Geltungsdauer einer früher erteilten befristeten Entgeltgenehmigung die neue Überprüfung abgeschlossen ist (vgl. Gramlich, in: Heun, Handbuch Telekommunikationsrecht, 2. Aufl. 2007, Teil I Rn. 85) und die neue Genehmigung unmittelbar mit dem Tag der Erteilung an die zuvor erteilte befristete alte Genehmigung anschließt, ohne dass es einer Rückwirkung gemäß § 35 Abs. 5 Satz 1 TKG bedarf (vgl. Hölscher/Lünenburger, in: Scheuerle/Mayen, Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2008, § 31 Rn. 76). Besteht der Zweck der Frist zur Vorlage der Entgeltunterlagen in § 31 Abs. 5 Satz 2 TKG a.F. in Verbindung mit der Genehmigungsfrist des § 31 Abs. 6 Satz 3 TKG a.F. demnach darin, dass keine Genehmigungslücke entsteht, können hieraus für die vorliegende Fragestellung keine Rückschlüsse gezogen werden.

34

(6) Verfassungsrechtliche Gründe stützen ebenfalls nicht die Auffassung der Beigeladenen, dass eine befristete Entgeltgenehmigung durch die Entscheidung über einen vor Ablauf der Frist gestellten neuen Entgeltantrag ohne Weiteres gegenstandslos wird. Zwar greift die sich aus einer entsprechenden Regulierungsentscheidung der Bundesnetzagentur auf der Grundlage des § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG ergebende Entgeltgenehmigungspflicht in Verbindung mit dem in § 37 Abs. 1 TKG geregelten Verbot, andere als die von der Bundesnetzagentur genehmigten Entgelte zu verlangen, in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Beigeladenen ein; denn das Grundrecht auf freie Berufsausübung schließt die Freiheit ein, das Entgelt für berufliche Leistungen mit dem Interessenten auszuhandeln (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2011 - 1 BvR 1932/08 - DVBl 2012, 230 <233>; BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2003 - BVerwG 6 C 17.02 - BVerwGE 118, 226 <238>). Dass die Genehmigung höherer Entgelte während des Laufs der Befristung der Vorgängergenehmigung grundsätzlich nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG zulässig ist, findet seine Rechtfertigung indes in dem öffentlichen Interesse an Rechtssicherheit, dem die verwaltungsverfahrensrechtlichen Aufhebungsvorschriften in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Rechnung tragen. Die Berührung des Schutzbereichs eines Grundrechts kann zwar im Einzelfall zu einer höheren Gewichtung des Aufhebungsinteresses des betroffenen Grundrechtsträgers im Rahmen einer nach den §§ 48 ff. VwVfG zu treffenden Ermessensentscheidung führen, macht diese Entscheidung selbst jedoch nicht verzichtbar. Im Bereich der Regulierung der Telekommunikationsmärkte nach dem 2. Teil des Telekommunikationsgesetzes besteht insoweit keine Sondersituation im Vergleich zu anderen Gebieten des besonderen Verwaltungsrechts.

35

(7) Die von der Beigeladenen genannten unionsrechtlichen Vorschriften enthalten weder ausdrücklich noch sinngemäß ein an den nationalen Gesetzgeber gerichtetes Verbot, einer Entgeltgenehmigung innerhalb des Befristungszeitraums Bindungswirkung beizulegen und die Erteilung einer neuen Entgeltgenehmigung an die Voraussetzungen von Rücknahmegründen gemäß § 48 VwVfG oder von Widerrufsgründen gemäß § 49 VwVfG zu knüpfen.

36

Art. 13 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung - Zugangsrichtlinie - (ABl EG Nr. L 108 S. 7) in der zum hier maßgeblichen Zeitpunkt noch anwendbaren Fassung, wonach es einem Betreiber, der dazu verpflichtet wurde, seine Preise an den Kosten zu orientieren, obliege, gegebenenfalls nachzuweisen, dass die Preise sich aus den Kosten sowie einer angemessenen Investitionsrendite errechnen, regelt keine Rechte, sondern ausschließlich Pflichten des Betreibers im Interesse der Preiskontrolle. Art. 13 Abs. 1 Satz 2 der genannten Richtlinie, dem zufolge die nationalen Regulierungsbehörden den Investitionen des Betreibers Rechnung tragen und ihm eine angemessene Rendite für das entsprechend eingesetzte Kapital ermöglichen, wobei die damit verbundenen Risiken zu berücksichtigen sind, betrifft nicht den Ablauf des Genehmigungsverfahrens, sondern enthält lediglich inhaltliche Vorgaben zur Bestimmung der in Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie genannten kostenorientierten Preise. Nichts anderes ergibt sich auch aus Art. 8 der Richtlinie. Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden befugt sind, die in den Artikeln 9 bis 13 genannten Verpflichtungen aufzuerlegen (Abs. 1); bei Betreibern mit beträchtlicher Marktmacht sind die in den Artikeln 9 bis 13 genannten Verpflichtungen im erforderlichen Umfang (zwingend) aufzulegen (Abs. 2). Die Worte "im erforderlichen Umfang" enthalten zwar eine materielle Beschränkung der Eingriffsintensität der Regulierungsmaßnahmen, treffen jedoch keine Aussage über die anzuwendenden Verfahrensvorschriften. Insoweit bleibt es daher bei dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, Urteile vom 19. September 2006 - Rs. C-392/04, C-422/04, i-21 Germany und Arcor - Slg. 2006, I-8559 Rn. 57, vom 7. Januar 2004 - Rs. C-201/02, Wells - Slg. 2004, I-723 Rn. 67 = NVwZ 2004, 593 <597> und vom 30. Juni 2011 - Rs. C-262/09 - juris Rn. 55) entwickelten Grundsatz, dass mangels einer einschlägigen Unionsregelung die Verfahrensmodalitäten, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats sind; sie dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzprinzip), und die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsprinzip). Weder das Äquivalenz- noch das Effektivitätsprinzip sind im vorliegenden Fall berührt. Eine unterschiedliche Behandlung innerstaatlich und unionsrechtlich geregelter Sachverhalte wird von der Beigeladenen nicht geltend gemacht und ist auch nicht erkennbar. Anhaltspunkte dafür, dass die grundsätzliche Bindungswirkung einer Entgeltgenehmigung innerhalb des Befristungszeitraums die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren könnte, liegen ebenfalls nicht vor; denn erstens folgt der Entgeltgenehmigungsanspruch des regulierten Unternehmens nicht aus dem Unionsrecht, sondern aus dem nationalen Recht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 TKG bzw. Art. 12 Abs. 1 GG), und zweitens führt die Anwendung der §§ 48, 49 VwVfG nicht schon für sich genommen zu einer "übermäßigen Erschwerung" des Entgeltgenehmigungsanspruchs, da den Rechten des betroffenen Unternehmens im Rahmen der Anwendung dieser Vorschriften ausreichend Rechnung getragen werden kann.

37

c) Hat sich die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 demnach nicht mit dem Wirksamwerden des Beschlusses vom 14. August 2009 auf andere Weise erledigt, hätte die Beklagte den Widerspruch zwischen beiden Entgeltgenehmigungen nur durch eine rechtmäßige Rücknahme der früheren Entgeltgenehmigung gemäß § 48 VwVfG bzw. ihren rechtmäßigen Widerruf gemäß § 49 VwVfG verhindern können. Dass es hieran fehlt, hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis ohne Verstoß gegen revisibles Recht angenommen. Zwar ist davon auszugehen, dass die Beklagte den entgegenstehenden Teil der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 durch den Erlass der neuen Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 konkludent aufgehoben hat (aa). Bei Anwendung der Regeln über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte hat die Bundesnetzagentur jedoch weder ihr Rücknahmeermessen ausgeübt, noch liegt ein Fall der Ermessensreduzierung auf Null vor (bb). Erst recht gilt dies, wenn die Vorschriften über den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts anzuwenden wären, in Bezug auf das Widerrufsermessen (cc).

38

aa) Zwar hat die Beklagte weder die Rücknahme noch den Widerruf der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 ausdrücklich erklärt. Sie hat diesen Verwaltungsakt jedoch mit dem Erlass der neuen Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 teilweise - soweit deren Regelungsgehalt reicht - konkludent aufgehoben.

39

Ob von einer konkludenten Aufhebung immer schon dann auszugehen ist, wenn der neue Verwaltungsakt in Widerspruch zu einem früheren rechtswidrigen Verwaltungsakt ergeht und insoweit hinsichtlich des Regelungsgegenstands jedenfalls eine andere Regelung trifft, ohne den früheren Verwaltungsakt ausdrücklich abzuändern (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 48 Rn. 29), bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung. Denn dass im vorliegenden Fall eine konkludente Teilrücknahme bzw. ein Teilwiderruf der Vorgängergenehmigung erfolgt ist, ergibt die Auslegung des angefochtenen Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009. Da das Verwaltungsgericht den Inhalt des Verwaltungsakts unter diesem Gesichtspunkt nicht ermittelt hat, kann der Senat diese Auslegung auf der Grundlage des aktenkundigen Wortlauts selbst vornehmen, ohne insoweit an tatsächliche Feststellungen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden zu sein. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts entsprechend den zu den §§ 133, 157 BGB entwickelten Regeln zu ermitteln und dabei der objektiv erklärte Wille maßgebend ist, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 <160>). Es ist deshalb anerkannt, dass die Rücknahme auch konkludent erfolgen kann, wenn dies hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt (Urteil vom 26. Juli 2006 - BVerwG 6 C 20.05 - BVerwGE 126, 254 <276>). Für den Widerruf kann insoweit nichts anderes gelten.

40

Aus der maßgeblichen Sicht des Empfängerhorizontes kam in den in dem angefochtenen Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 getroffenen Regelungen unter den hier vorliegenden Umständen bei verständiger Würdigung zum Ausdruck, dass der Vorgängergenehmigung vom 31. Oktober 2008 nach dem Willen der Regulierungsbehörde keine Wirksamkeit mehr zukommen sollte, soweit deren Regelungen dem Beschluss vom 14. August 2009 widersprachen. Einer ausdrücklichen Aufhebungsentscheidung bedurfte es nach dem aus der Begründung des angefochtenen Verwaltungsakts ersichtlichen Ansatz der Behörde nur deshalb nicht, weil sie von der mangelnden Identität der Regelungsgegenstände beider Entgeltgenehmigungen ausging. Dass dies auf einer rechtlichen Fehleinschätzung beruhte, steht der Annahme einer konkludenten Aufhebung nicht entgegen. Vielmehr kommt gerade in der genannten Passage unzweideutig zum Ausdruck, dass der Regelungswille der Bundesnetzagentur darauf gerichtet war, dass mit Wirksamwerden der Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 in Bezug auf die darin erfassten Leistungen ausschließlich die neuen Entgelte als "genehmigte Entgelte" im Sinne des § 37 TKG gelten sollen.

41

bb) Die konkludente Aufhebung der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 erfüllte jedoch nicht die Voraussetzungen einer rechtmäßigen Rücknahme nach § 48 VwVfG.

42

(1) Ob die Aufhebung der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 nach den für die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts oder den für den Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts geltenden Regeln (§ 48 bzw. § 49 VwVfG) zu erfolgen hätte, hat das Verwaltungsgericht offen gelassen. Dies ist aus revisionsgerichtlicher Sicht im Ergebnis nicht zu beanstanden, da die Frage letztlich nicht entscheidungserheblich ist.

43

Für das Merkmal der Rechtswidrigkeit im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Verwaltungsakt, um dessen Rücknahme es geht, zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war (Beschluss vom 7. Juli 2004 - BVerwG 6 C 24.03 - BVerwGE 121, 226 <229> m.w.N.). Im Fall der Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur vom 31. Oktober 2008 lässt sich dies nicht abschließend beurteilen, da es bislang an den für eine Sachentscheidung erforderlichen Tatsachenfeststellungen fehlt. Der Senat hat deshalb erwogen, ob sich die Aufhebung der Entgeltgenehmigung hier unabhängig von der im Zeitpunkt ihres Erlasses bestehenden Sach- und Rechtslage deshalb nach den Regeln über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte in § 48 VwVfG richtet, weil die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 als Dauerverwaltungsakt mit dem Erlass des Beschlusses vom 14. August 2009 möglicherweise nachträglich rechtswidrig geworden ist. Bei einer telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigung handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; denn ihre rechtliche Bedeutung liegt nicht nur darin, dass das genehmigte Entgelt mit privatrechtsgestaltender Wirkung an die Stelle des vereinbarten Entgelts tritt (§ 37 Abs. 2 TKG), sondern zugleich auch darin, dass das regulierte Unternehmen bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Entgeltgenehmigung nach § 37 Abs. 1 TKG daran gehindert ist, andere als die von der Bundesnetzagentur genehmigten Entgelte für die erfassten Zugangsleistungen zu verlangen. Damit enthält die Entgeltgenehmigung eine Regelung, die sich nicht in der einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern auf unbestimmte Dauer angelegt ist und sich ständig aktualisiert (vgl. Urteil vom 5. August 1965 - BVerwG 1 C 69.62 - BVerwGE 22, 16 <22 f.>).

44

Schwieriger zu beantworten ist hingegen die Frage, ob hier ein Fall nachträglichen Rechtswidrigwerdens eines Verwaltungsakts vorliegt. Ein ursprünglich rechtmäßiger Verwaltungsakt mit Dauerwirkung wird nachträglich rechtswidrig, wenn die Voraussetzungen für seinen Erlass im maßgeblichen Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung infolge einer Änderung der Sach- oder Rechtslage nicht mehr vorliegen. Zwar dürfte der Erlass eines Verwaltungsakts mit dem Inhalt des Beschlusses vom 31. Oktober 2008 im Zeitpunkt des Erlasses der Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 nicht mehr rechtmäßig gewesen sein, nachdem die Bundesnetzagentur aufgrund der nach § 35 Abs. 2 Satz 1 TKG durchgeführten Prüfung festgestellt hatte, dass die nunmehr beantragten Entgelte den Anforderungen der §§ 28 und 31 TKG a.F. (jetzt: §§ 28 und 31 Abs. 1 Satz 2 TKG n.F.) entsprachen. Der nunmehr entstandene Anspruch der Beigeladenen gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 TKG auf Genehmigung der beantragten höheren Entgelte beruhte jedoch ausschließlich darauf, dass die Beigeladene unter dem 23. Juni 2009 einen neuen Entgeltantrag mit vollständigen Kostenunterlagen gestellt und damit die Änderung des für die Beurteilung erheblichen Sachverhalts selbst herbeigeführt hatte. Ob auch bei einer derartigen Fallgestaltung die zur Anwendbarkeit der Regeln über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte (§ 48 VwVfG) führende Annahme eines nachträglichen Rechtswidrigwerdens und damit einer gegenüber den Vorschriften über den Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte (§ 49 VwVfG) geringeren Gewichtung des Bestandsinteresses gerechtfertigt ist, erscheint dem Senat fraglich.

45

(2) Wird trotz der dargelegten Bedenken unterstellt, dass auf die mit der Entgeltgenehmigung vom 14. August 2009 konkludent erklärte Teilaufhebung der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 die Regeln über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts anzuwenden sind, unterliegt diese nicht den für die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte geltenden Einschränkungen der § 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 bis 4 VwVfG, sondern steht nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Bundesnetzagentur.

46

Nach der Legaldefinition in § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG ist ein begünstigender Verwaltungsakt ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 um einen begünstigenden Verwaltungsakt im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG handele; denn sie begründe gegenüber der Klägerin auch einen von der belastenden Entgeltzahlungspflicht nicht zu trennenden, rechtlich erheblichen Vorteil, der darin zu sehen sei, dass die Anträge "im Übrigen abgelehnt" worden seien, was gemäß § 37 Abs. 1 TKG u.a. das Verlangen höherer Ortsnetzpauschalen ausschließe. Diese Begründung ist rechtsfehlerhaft, weil nicht die Klägerin, sondern die Beigeladene Adressatin der Entgeltgenehmigung ist. Zwar treten begünstigende und belastende Wirkungen einer telekommunikationsrechtlichen Entgeltgenehmigung jeweils bei einem anderen Beteiligten eines mehrpoligen Verwaltungsrechtsverhältnisses ein. Ob es sich bei derartigen Verwaltungsakten mit Dritt- bzw. Doppelwirkung um begünstigende oder belastende Verwaltungsakte handelt, ist jedoch nach zutreffender Ansicht allein nach der Wirkung beim Adressaten zu beurteilen (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 48 Rn. 122; Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 24 Rn. 12). Für den Fall eines begünstigenden Verwaltungsakts mit belastender Drittwirkung folgt dies daraus, dass die Regelung des § 50 VwVfG, der zufolge § 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 VwVfG nicht gelten, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt infolge eines Drittwiderspruchs oder einer Drittanfechtungsklage aufgehoben wird, anderenfalls keinen Anwendungsbereich hätte. Beim belastenden Verwaltungsakt mit begünstigender Drittwirkung wäre die Anwendung der für begünstigende Verwaltungsakte geltenden § 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 VwVfG offensichtlich nicht interessengerecht, da dadurch lediglich dem Bestandsinteresse des Dritten, nicht aber - wie bei der im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu treffenden Ermessensentscheidung - auch dem Aufhebungsinteresse des Adressaten angemessen Rechnung getragen werden könnte.

47

Ist danach nicht auf die Sicht der Klägerin als Drittbetroffener, sondern der Beigeladenen als Adressatin abzustellen, handelt es sich bei der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 - isoliert betrachtet - um einen Verwaltungsakt mit sowohl belastender als auch begünstigender Wirkung. Begünstigend wirkt sich die Genehmigung aus, weil sie Voraussetzung dafür ist, dass für die von ihr erfassten Leistungen überhaupt Entgelte erhoben werden dürfen. Belastende Wirkung kommt der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 für die Beigeladene als Adressatin jedenfalls insoweit zu, als die Anträge "im Übrigen abgelehnt" wurden und die von der Bundesnetzagentur genehmigten Entgelte hinter den beantragten Entgelten zurückbleiben. Zwar sind derartige Verwaltungsakte mit Mischwirkung nach allgemeiner Ansicht insgesamt als begünstigend zu behandeln und den strengeren Rücknahmevoraussetzungen der § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG zu unterstellen, sofern sich begünstigende und belastende Elemente nicht voneinander trennen lassen (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 48 Rn. 72; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 48 Rn. 120; Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 24 Rn. 13; Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2010, § 48 Rn. 9). Dies ist jedoch nur bei einer ersatzlosen Aufhebung des Verwaltungsakts interessengerecht, nicht hingegen in dem als Teilaufhebung zu behandelnden Fall einer Änderung des Verwaltungsakts. In einem derartigen Fall kommt es vom Interessenstandpunkt des Betroffenen aus nicht darauf an, ob der zu ändernde Verwaltungsakt begünstigend oder belastend ist, sondern darauf, ob die Änderung begünstigend oder belastend wirkt. Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in einer für den Bürger vorteilhaften Weise geändert, ist die zugunsten des Bürgers wirkende Änderung daher nach den Regeln über die Rücknahme und den Widerruf belastender Verwaltungsakte zu beurteilen (vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, § 11 Rn. 15). Denn für die Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes, dem die in § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG geregelten Einschränkungen des in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG aufgestellten Grundsatzes der freien Rücknehmbarkeit von Verwaltungsakten in erster Linie Rechnung tragen sollen (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 48 Rn. 112), besteht in diesen Fällen aus der maßgeblichen Sicht des Adressaten des Verwaltungsakts von vornherein kein Raum.

48

Da die mit dem Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 genehmigten Entgelte im Wesentlichen über den im Vorgängerbeschluss vom 31. Oktober 2008 genehmigten Tarifen liegen und sich die Änderung demnach für die Beigeladene als Adressatin des Verwaltungsakts vorteilhaft auswirkt, unterliegt die Teilaufhebung der früheren Entgeltgenehmigung im hier unterstellten Fall ihrer nachträglichen Rechtswidrigkeit demnach nicht den für die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte geltenden Einschränkungen der § 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 bis 4 VwVfG, sondern steht wie bei der Rücknahme belastender Verwaltungsakte gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Bundesnetzagentur.

49

(3) Das ihr bei der Entscheidung über die Teilrücknahme der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 als einen - hier unterstellt - rechtswidrigen belastenden Verwaltungsakt nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zustehende Ermessen hat die Bundesnetzagentur bei Erlass des Beschlusses vom 14. August 2009 nicht ausgeübt. Zwar greift es zu kurz, wenn das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang lediglich darauf abstellt, die Bundesnetzagentur sei davon ausgegangen, dass die Entgeltgenehmigung insgesamt rechtmäßig gewesen sei. Denn die Annahme, dass die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 zum Erlasszeitpunkt rechtmäßig war, schließt - wie ausgeführt - nicht aus, dass sie als Dauerverwaltungsakt nachträglich rechtswidrig geworden ist. Dem Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 sind jedoch nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Behörde ihr Ermessen erkannt, die maßgeblichen Tatsachen und sonstigen Gesichtspunkte ermittelt und die einzelnen Belange gewichtet und abgewogen hat. Derartige Anhaltspunkte sind entgegen dem Vorbringen der Beigeladenen auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die in der Rechtsprechung anerkannte Rechtsfigur der konkludenten Rücknahme sonst keinen Anwendungsbereich hätte. Denn abgesehen von den in diesem Zusammenhang in erster Linie in den Blick zu nehmenden Fällen einer Ermessensreduzierung auf Null, ist es grundsätzlich auch im Fall einer lediglich konkludent erklärten Rücknahme denkbar, dass die Begründung des Verwaltungsakts Ausführungen enthält, die darauf schließen lassen, dass die Behörde die maßgeblichen Belange ermittelt und abgewogen hat.

50

(4) Das der Bundesnetzagentur von § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eingeräumte Ermessen hat sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalls auch nicht dahin verdichtet, dass im Fall der nachträglichen Rechtswidrigkeit der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 nur deren Teilrücknahme ermessensfehlerfrei war.

51

(a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung "schlechthin unerträglich" ist (vgl. Beschluss vom 7. Juli 2004 - BVerwG 6 C 24.03 - BVerwGE 121, 226 <230> m.w.N.; Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 6 C 32.06 - NVwZ 2007, 709 <710> und vom 23. Oktober 2007 - BVerwG 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367 <377>). Ob sich die Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts als schlechthin unerträglich erweist, hängt nach der Rechtsprechung von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab. Allein die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts begründet keinen Anspruch auf Rücknahme, da der Rechtsverstoß lediglich die Voraussetzung einer Ermessensentscheidung der Behörde ist. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann "schlechthin unerträglich", wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich. Ferner kann in dem einschlägigen Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung in der Weise vorgegeben sein, dass das Ermessen im Regelfall nur durch die Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtmäßig ausgeübt werden kann, so dass sich das Ermessen in diesem Sinne als intendiert erweist (vgl. Beschluss vom 7. Juli 2004 a.a.O. S. 230 f., m.w.N.; Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O.).

52

Nach diesen Grundsätzen ist die Annahme einer Reduzierung des Rücknahmeermessens auf Null hier nicht gerechtfertigt. Anhaltspunkte dafür, dass die Aufrechterhaltung der früheren Entgeltgenehmigung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstieße, liegen nicht vor. Dass sie wegen Verstoßes gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben schlechthin unerträglich wäre, ist ebenfalls nicht erkennbar. Zwar ist die Beigeladene ohne die Rücknahme bis zum Ablauf der Genehmigungsfrist an der Verwirklichung ihres auf § 35 Abs. 3 Satz 1 TKG bzw. Art. 12 Abs. 1 GG gestützten Entgeltgenehmigungsanspruchs gehindert. Die Feststellung, dass ein Absehen von der Rücknahme wegen Verstoßes gegen die guten Sitten schlechthin unerträglich wäre, würde jedoch darüber hinaus voraussetzen, dass die Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts zu einer zusätzlichen, unzumutbaren Belastung führt. Hierzu ist weder den Feststellungen der Vorinstanz noch dem Vortrag der Beigeladenen etwas zu entnehmen. In dem Umstand, dass sie bis zum Ablauf der Geltungsdauer der früheren Entgeltgenehmigung am 31. Oktober 2010 und damit für einen Zeitraum von ca. 15 Monaten daran gehindert war, kostendeckende Entgelte für CFV zu erheben, deren Kundenstandorte sich zwar im selben Ortsnetz, aber in unterschiedlichen Anschlussbereichen befinden, kann für sich genommen noch keine derartig erhebliche Belastung der Beigeladenen gesehen werden, dass es schlechterdings unzumutbar und unerträglich wäre, sie hieran im Interesse der Rechtssicherheit festzuhalten.

53

Für ein treuwidriges Verhalten der Regulierungsbehörde bestehen ebenfalls keine Anhaltspunkte; vielmehr beruhte die Nichtgenehmigung der Entgelte für CFV, deren beide Enden sich in demselben Anschlussbereich befinden, ausweislich der Begründung der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 darauf, dass weder den Antragsunterlagen noch der Stellungnahme der Beigeladenen im Verwaltungsverfahren eine sachliche Rechtfertigung für die Erhebung dieser Entgelte zu entnehmen war. Die maßgebliche Ursache für die Nichtgenehmigung ist danach der Sphäre der Beigeladenen zuzuordnen. Nur in diesem Sinne ist auch die von der Beigeladenen als unzulässiger "Sanktionsgedanke" beanstandete Überlegung des Verwaltungsgerichts zu verstehen, dass die Beigeladene es selbst in der Hand gehabt hätte, die Kostenunterdeckung durch die Vorlage von Antragsunterlagen zu vermeiden, in denen die auf Ortsnetzverbindungen, die einen Anschlussbereich überschreiten, entfallenden Kosten von vornherein eindeutig und vollständig zugeordnet werden.

54

Das Rücknahmeermessen der Beklagten ist auch nicht deswegen im Sinne einer Entscheidung zugunsten der Klägerin eingeschränkt, weil der Beschluss vom 31. Oktober 2008 von vornherein offensichtlich rechtswidrig gewesen wäre. Wie bereits dargelegt, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses, auf den in diesem Zusammenhang abzustellen ist (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2007 a.a.O.), überhaupt rechtswidrig war. Die Erlassvoraussetzungen sind allenfalls erst nachträglich infolge des neuen Entgeltantrags der Beigeladenen und der nach erneuter Prüfung erfolgten Feststellung der Bundesnetzagentur weggefallen, dass die Entgelte nunmehr den gesetzlichen Maßstäben entsprechen. Erst recht verbietet sich die Annahme der Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit des Bescheides.

55

Aus dem einschlägigen Fachrecht folgt ebenfalls nicht, dass im Fall einer neuen Entgeltgenehmigung auf der Grundlage eines neuen Antrags des regulierten Unternehmens vor Ablauf der Geltungsdauer der früheren Entgeltgenehmigung keine andere Entscheidung als diejenige der Rücknahme der Entgeltgenehmigung ermessensfehlerfrei wäre. Insoweit kann auf die Ausführungen unter b)dd) zur Systematik und dem Normzweck der besonderen Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes verwiesen werden. Ist danach davon auszugehen, dass eine nachfolgende telekommunikationsrechtliche Entgeltgenehmigung nicht dazu führt, dass eine vorangegangene befristete Entgeltgenehmigung durch Änderung der maßgeblichen Umstände ohne Weiteres gegenstandslos wird, wäre es widersprüchlich, bei der dadurch eröffneten Anwendung der Rücknahmeregelungen (§ 48 VwVfG) über die Annahme einer fachrechtlich gebotenen Reduzierung des Rücknahmeermessens auf Null letztlich zu einem der Wirkung nach identischen Ergebnis zu kommen.

56

(b) Auch unter Berücksichtigung der fehlenden Bestandskraft der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 und des dementsprechend geringen Gewichts des Gesichtspunkts der Rechtssicherheit ist nicht von einem Anspruch der Beigeladenen auf Teilrücknahme auszugehen; denn im Rahmen des hier vorliegenden mehrpoligen Rechtsverhältnisses ist der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes der betroffenen Wettbewerber zusätzlich in den Blick zu nehmen. Grundsätzlich ist der Vertrauensschutz Drittbetroffener, der bei einer Rücknahme nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG mangels Anwendbarkeit des § 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 VwVfG nicht bereits zu einem gesetzlichen Rücknahmeausschluss führt, im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen. Das Gewicht dieses Belangs ist entgegen der Auffassung der Beigeladenen trotz der mangelnden Bestandskraft der Entgeltgenehmigung nicht als so gering einzuschätzen, dass es ohne weitere Einzelfallprüfung von vornherein ermessensfehlerhaft wäre, von der Rücknahme abzusehen.

57

Dass die Klägerin ebenso wie andere Wettbewerber auf den Bestand des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 31. Oktober 2008 vertraut hat, kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Entgegen dem Revisionsvorbringen trifft es nicht zu, dass das Fehlen eines der Rücknahme entgegenstehenden Vertrauensschutzes bereits mit das Revisionsgericht bindender Wirkung feststehe. Denn das Verwaltungsgericht hat hierzu keine tatsächlichen Feststellungen im Sinne des § 137 Abs. 2 VwGO getroffen, sondern die Frage, ob Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes zu beachten wären, offen gelassen. Eine Bindung des Senats im Sinne des § 137 Abs. 2 VwGO folgt entgegen der Auffassung der Beigeladenen auch nicht daraus, dass sie bereits im erstinstanzlichen Verfahren im Einzelnen dargelegt habe, dass und weshalb der Klägerin kein schutzwürdiges Vertrauen zustehe, und das Verwaltungsgericht keine gegenteiligen Feststellungen getroffen habe. Eine Tatsache ist nicht bereits dann festgestellt, wenn das Gericht in seinem Urteil bestimmte Angaben referierend wiedergibt, sich aber einer Stellungnahme dazu enthält, ob die Angaben zutreffen oder nicht, weil es nach seiner Rechtsauffassung nicht darauf ankommt.

58

Ob das Vertrauen der Klägerin und der anderen Wettbewerber auf den Bestand der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 schutzwürdig ist und welches Gewicht diesem Schutz im Verhältnis zu dem Aufhebungsinteresse der Beigeladenen zukommt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und hätte von der Beklagten im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens geklärt werden müssen. Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin und der anderen betroffenen Wettbewerber lässt sich mit dem allgemeinen Hinweis auf die gesetzlichen Regulierungsziele nicht von vornherein in Abrede stellen. Das in § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG a.F. genannte Regulierungsziel der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs und der Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte der Telekommunikation ist entgegen der Auffassung der Beigeladenen im Bereich der Entgeltregulierung nicht immer bereits dann erreicht, wenn die von dem marktbeherrschenden Unternehmen beantragten Entgelte den gesetzlichen Maßstäben entsprechen. Vielmehr beinhaltet dieses Regulierungsziel als ein weiteres Element, dass die Marktteilnehmer eine hinreichend verlässliche Kalkulations- und Planungsgrundlage für ihre Investitionsentscheidungen haben. Sind Wettbewerber eines marktmächtigen Unternehmens für ihre eigenen Endkundenprodukte auf entgeltgenehmigungspflichtige Vorleistungen dieses Unternehmens angewiesen, kann ein chancengleicher Wettbewerb nur sichergestellt werden, wenn in Bezug auf diese Vorleistungen für einen mittelfristig überschaubaren Zeitraum ökonomische Planungssicherheit besteht (vgl. Masing/Griebel, in: Wilms/Masing/Jochum, Telekommunikationsgesetz, Stand März 2007, § 35 Rn. 54; Schuster/Ruhle, in: Beck'scher TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2006, § 35 Rn. 66; Groebel/Seifert, in: Berliner Kommentar zum Telekommunikationsgesetz, 2. Aufl. 2009, § 35 Rn. 60). Sinn und Zweck der Entgeltregulierung erfordern es, dass sowohl das regulierte Unternehmen als auch die Wettbewerber während der Geltungsdauer einer befristeten Entgeltgenehmigung auf deren Bestand vertrauen können. Dem Vertrauensschutz der Wettbewerber muss deshalb grundsätzlich auch im Rahmen einer nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu treffenden Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls Rechnung getragen werden.

59

Die Berücksichtigung der Planungssicherheit der Marktteilnehmer im Rahmen der Ausübung des Rücknahmeermessens widerspricht entgegen der Auffassung der Beigeladenen auch nicht den dem Urteil des Senats vom 21. Januar 2004 - BVerwG 6 C 1.03 - (BVerwGE 120, 54) zugrunde liegenden Wertungen. In dieser Entscheidung, die sich noch auf die Rechtslage nach dem Telekommunikationsgesetz vom 25. Juli 1996 (BGBl I S. 1120) bezog, ging es um die Frage, ob die Genehmigung der Entgelte für die vertraglich vereinbarte Gewährung eines besonderen Netzzugangs auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zurückwirkt, in dem diese Entgelte vereinbart worden waren. Dies hat der Senat u.a. mit der Erwägung bejaht, gemessen an Sinn und Zweck der Genehmigungspflicht bestehe kein Anlass für die Annahme, die Genehmigung einzelvertraglich vereinbarter Entgelte wirke allein in die Zukunft. Habe das marktbeherrschende Unternehmen vor Erteilung der Genehmigung vertraglich vereinbarte Leistungen für den besonderen Netzzugang erbracht und werde in der Entgeltgenehmigung zum Ausdruck gebracht, dass die genehmigten Entgelte den gesetzlichen Maßstäben genügen, sei es mit Blick auf den Zweck der Sicherung und Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs nicht erforderlich, dem Marktbeherrscher das Entgelt für die von ihm vor Genehmigungserteilung bereits erbrachten Leistungen zu versagen. Der auf die Einhaltung der gesetzlichen Maßstäbe der Entgeltregulierung gerichteten Kontrollfunktion der Entgeltgenehmigung sei nicht nur hinsichtlich der Entgelte für nach Genehmigungserteilung erbrachte Leistungen Rechnung getragen, sondern auch mit Blick auf Entgelte für Leistungen, die in der Vergangenheit auf der Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung erbracht worden seien (a.a.O. S. 62).

60

Für die vorliegend zu entscheidende Frage, ob eine befristete Entgeltgenehmigung durch die Entscheidung über einen vor Ablauf der Frist gestellten neuen Entgeltantrag ohne Weiteres gegenstandslos wird, ist dem genannten Urteil nichts zu entnehmen, weil dieses die völlig andersartige - inzwischen in § 35 Abs. 5 Satz 1 TKG gesetzlich geregelte - Frage der Rückwirkung einer Entgeltgenehmigung zum Gegenstand hat. Die Überlegung der Beigeladenen, wenn es nach der Rechtsprechung des Senats zur Sicherung und Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs und im Interesse der Planungssicherheit für die Wettbewerber schon nicht erforderlich sei, dem regulierten Unternehmen eine rückwirkend geltende Genehmigung zu versagen, damit es Entgelte in der Höhe erheben könne, auf die es einen Anspruch habe, müsse dies erst recht für den vorliegenden Fall einer neuen Genehmigung ex nunc gelten, ist schon wegen der erheblichen Unterschiede hinsichtlich der Eingriffsintensität verfehlt. Wäre nämlich die Frage, ob die Genehmigung der Entgelte für die vertraglich vereinbarte Gewährung eines besonderen Netzzugangs auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zurückwirkt, in dem diese Entgelte vereinbart worden sind, in der genannten Entscheidung verneint worden, hätte dies zu dem Ergebnis geführt, dass ein vertraglich begründeter Entgeltanspruch des regulierten Unternehmens für sämtliche Leistungen, die zwischen dem Vertragsschluss und dem Wirksamwerden der Entgeltgenehmigung erbracht worden waren, vollständig entfallen wäre. Dass ein derartig weitreichender Eingriff in die bürgerlich-rechtlichen Grundsätze über Austauschverhältnisse dem Prinzip der Entgeltlichkeit des Netzzugangs widerspricht und zur Sicherung und Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs sowie zur Gewährleistung der Kontrollfunktion der Entgeltgenehmigung nicht erforderlich ist, drängt sich auf. Demgegenüber geht es im vorliegenden Fall nicht um den vollständigen Wegfall des Entgeltanspruchs, sondern lediglich um seine quantitative Beschränkung. Anders als in dem dem Urteil des Senats vom 21. Januar 2004 zugrunde liegenden Fall kann dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Freiheit der Berufsausübung gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG im Übrigen auch im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach den §§ 48, 49 VwVfG hinreichend Rechnung getragen werden.

61

Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin und der anderen Wettbewerber kann ferner nicht mit der Erwägung verneint werden, für ein solches Vertrauen habe wegen der von der Beigeladenen gegen die ihr erteilte Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 erhobene Klage keine tatsächliche Grundlage bestanden. Zwar hätte die Klägerin angesichts des ihr bekannten Umstands, dass die Bundesnetzagentur die von der Beigeladenen beantragten Entgelte nur teilweise genehmigt und unter Nr. 3 des Beschlusses vom 31. Oktober 2008 bestimmt hatte, dass für CFV, deren beide Enden sich in demselben Anschlussbereich befinden, die Entgeltposition "Verbindungslinie" nicht erhoben werden darf, Anlass gehabt, bei ihren Planungen die Möglichkeit einer Klage der Beigeladenen in Betracht zu ziehen. Dies schließt es jedoch nicht von vornherein aus, dass die Klägerin - wie andere Wettbewerber auch - die von der Bundesnetzagentur genehmigten Entgelte berechtigterweise zur Grundlage ihrer Kalkulationen gemacht hat. Eine andere Sichtweise folgt entgegen der Auffassung der Beigeladenen auch nicht aus dem erwähnten Urteil des Senats vom 21. Januar 2004 - BVerwG 6 C 1.03 - (BVerwGE 120, 54). Anders als in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall, in dem es um die - vom Senat bejahte - Frage ging, ob die Wettbewerber damit rechnen mussten, die mit dem marktbeherrschenden Unternehmen vor der erstmaligen Erteilung der Entgeltgenehmigung vereinbarten Entgelte in der genehmigten Höhe rückwirkend für die seit dem Vertragsschluss erlangten Leistungen zu entrichten (a.a.O. S. 65 f.), war im hier vorliegenden Fall eine tatsächliche Grundlage für ein schutzwürdiges Vertrauen der Wettbewerber jedenfalls ansatzweise vorhanden, weil eine Prüfung der von der Beigeladenen verlangten Entgelte durch die Bundesnetzagentur in dem dafür nach §§ 132 ff. TKG vorgesehenen, besonders formalisierten Verfahren stattgefunden hatte.

62

Gegen die Schutzwürdigkeit des Vertrauens der Klägerin und anderer Wettbewerber auf den Bestand der Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 spricht schließlich nicht der Rechtsgedanke des § 50 VwVfG. Danach gelten § 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 sowie § 49 Abs. 2 bis 4 und 6 VwVfG nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch oder der Klage abgeholfen wird. Im Fall der Anfechtung begünstigender Verwaltungsakte durch belastete Dritte kann sich der Begünstigte demnach grundsätzlich nicht auf den Vertrauensschutz berufen, weil er aufgrund der Anfechtung mit der Aufhebung des Verwaltungsakts rechnen muss. Der Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass der Begünstigte bei einem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung mit der Einlegung von Rechtsbehelfen durch andere - durch den Verwaltungsakt belastete - Personen und im Falle einer Verletzung der Rechte dieser Personen mit der gerichtlichen Aufhebung des Verwaltungsakts von vornherein rechnen muss und deshalb keinen Vertrauensschutz verdient; unter diesen Umständen soll die Behörde nicht gezwungen sein, im Verwaltungsprozess untätig eine zu befürchtende gerichtliche Aufhebung des Verwaltungsakts abzuwarten, sondern soll sie gewissermaßen vorwegnehmen dürfen. Eine analoge Anwendung auf die Rücknahme von belastenden Bescheiden ist im Hinblick auf den dem Gesetz zugrunde liegenden Gedanken zu verneinen (Beschluss vom 28. Dezember 2010 - BVerwG 8 B 57.10 - juris Rn. 6; vgl. auch Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2008, § 50 Rn. 59).

63

cc) Wird die vom Senat offen gelassene Frage, ob die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 infolge des Erlasses des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 nachträglich rechtswidrig geworden ist, verneint, hat die Beklagte den inhaltlichen Widerspruch zwischen beiden Entgeltgenehmigungen nicht durch den dann erforderlichen rechtmäßigen Teilwiderruf der früheren Entgeltgenehmigung verhindert.

64

Nach § 49 Abs. 1 VwVfG kann ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist. Wie bereits ausgeführt, ergibt die Auslegung des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009, dass dieser die konkludente Aufhebung der Vorgängergenehmigung vom 31. Oktober 2008 beinhaltet. Unter der Prämisse, dass die Entgeltgenehmigung vom 31. Oktober 2008 nicht infolge des Erlasses des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 nachträglich rechtswidrig geworden ist, wäre hier von dem Widerruf eines rechtmäßigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts auszugehen. Dass es sich aus der maßgeblichen Sicht der Beigeladenen als Adressatin nicht um einen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, der nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen der § 49 Abs. 2 und 3 VwVfG widerrufen werden kann, folgt nach den oben stehenden Ausführungen daraus, dass die mit dem Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14. August 2009 genehmigten Ortsnetzpauschalen im Wesentlichen über den im Vorgängerbeschluss vom 31. Oktober 2008 genehmigten Entgelten liegen und sich die Änderung für die Beigeladene als Adressatin des Verwaltungsakts damit vorteilhaft auswirkt. Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob die Widerrufsvoraussetzungen nach § 49 Abs. 2 VwVfG erfüllt wären, bedarf damit keiner Entscheidung.

65

Das ihr im Rahmen der Entscheidung über den Widerruf eines nicht begünstigenden Verwaltungsakts nach § 49 Abs. 1 VwVfG zustehende Ermessen hat die Bundesnetzagentur bei Erlass des Beschlusses vom 14. August 2009 nicht ausgeübt. Auf die oben stehenden Ausführungen zum Rücknahmeermessen kann insoweit verwiesen werden. Dass sich das der Bundesnetzagentur nach § 49 Abs. 1 VwVfG eingeräumte Ermessen nach den Umständen des konkreten Einzelfalls dahin verdichtet hat, dass nur der streitgegenständliche Teilwiderruf des Beschlusses vom 31. Oktober 2008 ermessensfehlerfrei war, ist ebenfalls nicht anzunehmen. Auch insoweit kann auf die Ausführungen zur Rücknahme Bezug genommen werden. Ist schon im Fall der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts nicht von einer Reduzierung des Rücknahmeermessens auf Null auszugehen, muss dies bei angenommener Rechtmäßigkeit erst recht in Bezug auf das Widerrufsermessen gelten; denn das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines Verwaltungsakts hat regelmäßig ein höheres Gewicht, wenn dieser im Einklang mit der Rechtsordnung steht.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

Tatbestand

1

Die Klägerin wehrt sich gegen eine Zinsforderung des beklagten Landes wegen überzahlter Zuwendungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG).

2

Mit Bescheid vom 3. April 1995 bewilligte das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Technologie und Europaangelegenheiten der Klägerin eine Zuwendung bis zu 1 064 000 DM als Anteilsfinanzierung nach dem GVFG für den Um- und Ausbau der G. Straße (ehemals B ...) in W., Ortsteil H. Nach Vorlage des Schlussverwendungsnachweises teilte das Amt für Straßen- und Verkehrswesen Kassel (im Folgenden: ASV Kassel) der Klägerin unter dem 24. Januar 2001 das Abrechnungsergebnis mit. Danach vermindere sich die bewilligte GVFG-Zuwendung auf 937 600 DM, so dass ihr nach der bereits erfolgten Zahlung von 714 000 DM noch ein Restanspruch von 223 600 DM zustehe. Am 30. April 2001 wurde dieser Betrag an die Klägerin ausgezahlt.

3

Mit Schreiben vom 13. November 2002 teilte das ASV Kassel der Klägerin mit, dass die bewilligten GVFG-Zuwendungen um 187 500 DM (= 95 867 €) gekürzt und zurückverlangt würden, weil die nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) anzusetzenden fiktiven Straßenbeiträge versehentlich nicht berücksichtigt worden seien. Die überzahlten GVFG-Mittel seien zu verzinsen; nach den "Besonderen Bewilligungsbedingungen" sei ein Zinsanspruch mit seiner Entstehung fällig. In der beigefügten Zinsberechnung war ausgewiesen, dass im Zeitraum vom 1. Mai 2001 bis zum 12. November 2002 bei einem Zinssatz von 6 % Zinsen in Höhe von 8 819,75 € entstanden seien, zu deren Zahlung die Klägerin aufgefordert wurde.

4

Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren zunächst gegen den gesamten Bescheid gerichtete, in der mündlichen Verhandlung dann auf die Zinsforderung beschränkte Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 8. Februar 2006 ab. Am 23. Februar 2006 zahlte die Klägerin den von ihr geforderten Erstattungsbetrag von 95 867 € an das beklagte Land zurück, legte jedoch hinsichtlich der Zinsforderung Berufung ein. Mit Urteil vom 28. Januar 2008 hob der Verwaltungsgerichtshof unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Rückforderungsbescheid vom 13. November 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides insoweit auf, als darin Zinsen verlangt wurden. Zur Begründung führte er aus, das beklagte Land habe entgegen § 49a Abs. 4 Satz 2 HVwVfG das ihm zustehende Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt. Dieses Urteil wurde am 1. März 2008 rechtskräftig.

5

Nach vorheriger Anhörung der Klägerin setzte das ASV Kassel mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 3. Februar 2009 die Zinsforderung nunmehr für den Zeitraum vom 13. November 2002 bis zum 23. Februar 2006 auf 18 853 € fest. Die dagegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 9. Dezember 2011 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass dem Zinsbescheid die Rechtskraft des Berufungsurteils vom 28. Januar 2008 nicht entgegenstehe. Der angefochtene Bescheid sei zu Recht auf § 49a Abs. 4 Satz 2 HVwVfG gestützt. Das beklagte Land habe das ihm zustehende Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Die Zinsforderung sei auch nicht verjährt. Der Lauf der Verjährungsfrist sei durch den Rückforderungsbescheid vom 13. November 2002 gemäß § 53 Abs. 1 HVwVfG bis zum 1. September 2008 gehemmt worden. Diese Hemmungswirkung sei auch nicht durch die mit dem Urteil vom 28. Januar 2008 erfolgte rückwirkende Aufhebung des Bescheides entfallen. Bei Ergehen des Bescheides vom 3. Februar 2009 sei die Verjährungsfrist deshalb noch nicht abgelaufen gewesen.

6

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend: Zwar seien die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Möglichkeit der Erhebung von Zinsen nach § 49a Abs. 4 Satz 2 HVwVfG erfüllt, weil sie, die Klägerin, mehr Mittel abgerufen habe, als ihr bei vorrangiger Berücksichtigung der ihr fiktiv anzurechnenden Beiträge Dritter zugestanden hätten. Der Beklagte habe jedoch sein Ermessen nicht entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt. Da die Überzahlung unstreitig aufgrund eines Bearbeitungsversehens auf Seiten des Beklagten zustande gekommen sei, habe der Beklagte die Geltendmachung von Zinsen besonders begründen müssen, was nicht hinreichend geschehen sei. Außerdem sei die Zinsforderung verjährt. Der Zinsbescheid vom 13. November 2002 habe den Lauf der Verjährungsfrist nicht gehemmt; denn er habe sich auf die Zinsansprüche für die Zeit vom 1. Mai 2001 bis zum 12. November 2002 beschränkt. Unabhängig davon sei eine Hemmungswirkung jedenfalls mit der rückwirkenden Aufhebung des Zinsbescheides vom 13. November 2002 durch das rechtskräftige Berufungsurteil vom 28. Januar 2008 entfallen.

7

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Dezember 2011 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 11. März 2010 zu ändern und den Bescheid des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen in Kassel vom 3. Februar 2009 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Wie der Vertreter des Bundesinteresses verteidigt er das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

10

Die entgegen der Auffassung des Beklagten in vollem Umfang zugelassene Revision ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Unter Änderung der Urteile des Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichts ist deshalb der Bescheid des ASV Kassel vom 3. Februar 2009 insoweit aufzuheben. Im Übrigen hat die Revision keinen Erfolg.

11

1. Dem angefochtenen Bescheid steht die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Januar 2008 nicht entgegen.

12

Rechtskräftige Urteile binden nur, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist (§ 121 VwGO). Streitgegenstand ist der prozessuale Anspruch, der durch die erstrebte, im Klageantrag zum Ausdruck gebrachte Rechtsfolge sowie durch den Klagegrund, nämlich den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll, gekennzeichnet ist (Urteile vom 10. Mai 1994 - BVerwG 9 C 501.93 - BVerwGE 96, 24 <25> = Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 68 und vom 31. August 2011 - BVerwG 8 C 15.10 - BVerwGE 140, 290 = Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 75; jeweils m.w.N.). Hingegen erstreckt sich die Rechtskraft nicht auf die einzelnen Urteilselemente, also nicht auf die tatsächlichen Feststellungen, die Feststellung einzelner Tatbestandsmerkmale und sonstige Vorfragen oder Schlussfolgerungen, auch wenn diese für die Entscheidung tragend gewesen sind (Urteile vom 10. Mai 1994 a.a.O. <26> und vom 28. November 2012 - BVerwG 8 C 21.11 - juris Rn. 16 m.w.N.).

13

Mit seinem Urteil vom 28. Januar 2008 hatte der Verwaltungsgerichtshof nicht bereits über den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens abschließend entschieden. Er hatte den Rückforderungs- und Zinsbescheid des Beklagten vom 13. November 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides hinsichtlich der Zinsen lediglich wegen fehlerhafter Ausübung des Ermessens aufgehoben. Er hatte jedoch nicht darüber befunden, ob der Beklagte überhaupt Zinsen von der Klägerin erheben darf. Abgesehen davon werden mit dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheid vom 3. Februar 2009 Zinsen nunmehr für die Zeit vom 13. November 2002 bis zum 23. Februar 2006 und damit für einen anderen Zinszeitraum als in dem (teilweise) aufgehobenen Bescheid vom 13. November 2002 geltend gemacht. Darauf hat der Verwaltungsgerichtshof im angegriffenen Urteil zu Recht hingewiesen.

14

2. Der angefochtene Bescheid ist allerdings rechtswidrig, soweit mit ihm von der Klägerin Zinsen für die Zeit vor dem 1. Januar 2006 gefordert werden. Das haben beide Vorinstanzen verkannt.

15

a) Rechtsgrundlage des vom Beklagten geltend gemachten Zinsanspruchs ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht § 49a Abs. 4 Satz 2, sondern allein § 49a Abs. 3 Satz 1 des Hessischen Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG), das nach § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisibel ist. § 49a Abs. 4 Satz 2 HVwVfG begründet lediglich einen Anspruch auf so genannte Zwischen- oder Verzögerungszinsen, nicht jedoch auf Erstattungszinsen, deren Erhebung allein § 49a Abs. 3 HVwVfG vorsieht.

16

Der Beklagte hatte der Klägerin mit vorläufigem Verwaltungsakt vom 3. April 1995 eine Anteilsförderung bewilligt und den Zuwendungsbetrag mit Schlussbescheid vom 24. Januar 2001 auf 937 600 DM festgesetzt (zur endgültigen Regelung durch Schlussbescheid vgl. Urteil vom 19. November 2009 - BVerwG 3 C 7.09 - BVerwGE 135, 238 = Buchholz 316 § 49a VwVfG Nr. 8). Diesen Zuwendungsbescheid hatte er mit weiterem Bescheid vom 13. November 2002 teilweise zurückgenommen, weil nach dem Kommunalabgabengesetz anzusetzende fiktive Straßenbeiträge versehentlich nicht berücksichtigt worden seien. Soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (§ 49a Abs. 1 HVwVfG); der Beklagte hatte den Erstattungsbetrag mit dem Bescheid vom 13. November 2002 auf 95 867 € festgesetzt. Gemäß § 49a Abs. 3 HVwVfG ist der zu erstattende Betrag vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsakts an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass sich der Eintritt der Unwirksamkeit des Bewilligungsbescheides nach der im Rücknahmebescheid getroffenen Regelung bestimmt, dass die Zinspflicht also bei rückwirkender Rücknahme des Bewilligungsbescheides auch für vergangene Zeiträume entsteht, jedoch nicht für Zeiträume, die vor der Auszahlung des zu erstattenden Betrages liegen (Beschluss vom 7. November 2001 - BVerwG 3 B 117.01 - BayVBl 2002, 705; Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 36 ff., 40). Hierauf beruht der vorliegend angefochtene Zinsbescheid.

17

Demgegenüber kann er nicht - stattdessen oder zugleich - auf § 49a Abs. 4 Satz 2 HVwVfG gestützt werden. § 49a Abs. 4 Satz 1 HVwVfG regelt den Fall der verfrühten Zuwendung oder ihrer verspäteten Verwendung. Deshalb ordnet die Vorschrift eine Verzinsung für die Zwischenzeit "bis zur zweckentsprechenden Verwendung" an. Nicht anders liegt es bei § 49a Abs. 4 Satz 2 HVwVfG, demzufolge "entsprechendes" - also eine Pflicht zur Leistung von Zwischen- oder Verzögerungszinsen - gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind. Die Vorschrift wurde eingefügt, um angesichts von aufgetretenen Zweifeln in der Rechtsprechung klarzustellen, dass Zwischenzinsen auch geschuldet werden, "soweit die (Leistung) zu einem Zeitpunkt in Anspruch genommen wird, zu dem sie noch nicht verwendet werden dürfte, weil andere Mittel (Eigenmittel, Zuwendungen anderer Zuwendungsgeber oder sonstige Drittmittel) anteilig oder vorrangig einzusetzen wären" (BTDrucks 14/9007 S. 47). Anders als bei § 49a Abs. 1 und 3 HVwVfG setzt § 49a Abs. 4 HVwVfG weder in Satz 1 noch in Satz 2 die Aufhebung oder das Unwirksamwerden des Bewilligungsbescheides voraus. Vielmehr bleibt der Bewilligungsbescheid wirksam und bietet weiterhin den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zuwendung. Der Behörde bleibt freilich unbenommen, den Bewilligungsbescheid wegen Zweckverfehlung zu widerrufen, sofern die Voraussetzungen vorliegen, die § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 HVwVfG hierfür bestimmt. Das stellt § 49a Abs. 4 Satz 3 HVwVfG klar. Der Widerruf begründet wieder die Pflicht, die Zuwendung zu erstatten (§ 49a Abs. 1 HVwVfG); die Frage der Verzinsung richtet sich dann wieder nach § 49a Abs. 3 HVwVfG.

18

b) Der Verwaltungsgerichtshof und das Verwaltungsgericht haben ferner zu Unrecht angenommen, dass die umstrittene Zinsforderung bei Erlass des vorliegend angefochtenen Zinsbescheides vom 3. Februar 2009 insgesamt, also auch in Ansehung des vor dem 1. Januar 2009 gelegenen Zeitraums noch unverjährt gewesen sei. Dies beruht auf einer fehlerhaften Anwendung von § 53 Abs. 1 HVwVfG.

19

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass Zinsansprüche aus öffentlichem Recht der kurzen Verjährung nach Maßgabe der Verjährungsfristen des Bürgerlichen Rechts unterliegen, so dass für sie unter der Geltung der §§ 197, 201 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 gültigen Fassung eine vierjährige und nach §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB in der seither geltenden Fassung des Schuldrechts-Modernisierungsgesetzes eine dreijährige Verjährungsfrist gilt, jeweils beginnend mit dem Schluss des Jahres, in welchem der Zinsanspruch entstand (Urteil vom 17. August 1995 - BVerwG 3 C 17.94 - BVerwGE 99, 109 <110> = Buchholz 451.511 § 6 MOG Nr. 7; Teilurteil vom 21. Oktober 2010 a.a.O. ). Da vorliegend rückständige Zinsen für die Zeit vom 13. November 2002 bis zum 23. Februar 2006 in Rede stehen, gilt die dreijährige Frist. Der Senat lässt offen, ob der Lauf der Frist zusätzlich voraussetzt, dass die Behörde von der Person des Schuldners und den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangt haben können, wie § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für das bürgerliche Recht bestimmt (vgl. einerseits Teilurteil vom 21. Oktober 2010 a.a.O. , andererseits Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - NVwZ-RR 2012, 972 ). Der Beklagte hatte bei Erlass des Rückforderungsbescheides vom 13. November 2002 Kenntnis von den die Rückforderung und damit auch die Zinsforderung begründenden Umständen.

20

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs wurde der Ablauf dieser Verjährungsfristen nicht gemäß § 53 Abs. 1 HVwVfG durch den Rückforderungs- und Zinsbescheid des Beklagten vom 13. November 2002 gehemmt. Die Hemmung der Verjährung setzt nach dieser Bestimmung einen Verwaltungsakt voraus, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs erlassen wird. Der Bescheid vom 13. November 2002 betraf, soweit Erstattungszinsen in Rede stehen, lediglich den Zeitraum vom 1. Mai 2001 bis zum 12. November 2002. Er war weder zur Durchsetzung des vorliegend strittigen Zinsanspruchs für die Zeit vom 13. November 2002 bis zum 23. Februar 2006 erlassen worden, noch diente er der Feststellung dieses Zinsanspruchs dem Grunde nach. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von demjenigen, der dem bereits mehrfach erwähnten Teilurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Oktober 2010 zugrunde lag (vgl. a.a.O. Rn. 53).

21

Der Verwaltungsgerichtshof hat demgegenüber angenommen, der Bescheid vom 13. November 2002 habe den Zinsanspruch "dem Grunde nach und nicht nur für den geltend gemachten Zeitraum" geregelt und daher den Lauf der Verjährungsfrist "auch für die während des (ersten gerichtlichen) Verfahrens angefallenen Zinsen" gehemmt. Worauf er diese Annahme stützt, lässt das Urteil nicht erkennen. Sie steht zudem im Widerspruch zu der anderen Aussage des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Rechtskraft seines im ersten Rechtsstreit ergangenen Urteils, mit dem der Bescheid vom 13. November 2002 aufgehoben worden war, der Geltendmachung von Zinsen durch den vorliegend angefochtenen Bescheid auch deshalb nicht entgegenstehen könne, weil dieser Bescheid nur die Zinsen für den Zeitraum vom 1. Mai 2001 bis zum 12. November 2002 betroffen habe (vgl. oben 1.).

22

Der Regelungsgehalt des Bescheides vom 13. November 2002 beschränkte sich unter Bezugnahme auf das Ergebnis der durch das staatliche Rechnungsprüfungsamt Kassel durchgeführten Schwerpunktprüfung auf die Kürzung des GVFG-Zuwendungsbetrages um 313 900 DM auf 383 500 € (750 100 DM) und die Rückforderung des überzahlten Betrages in Höhe von 95 867 € (187 500 DM) sowie zur Zahlung von Zinsen nach Maßgabe der beigefügten Zinsberechnung. Das gilt auch, soweit die Höhe der bei einem Zinsfuß von 6 % für den Zeitraum vom 1. Mai 2001 bis zum 12. November 2002 (552 Tage) geforderten Zinsen mit 8 819,76 € beziffert und im Übrigen darauf hingewiesen wurde, der "Zinsanspruch des Bundes" betrage 8 947 € (17 500 DM). Dagegen lässt sich dem Bescheid nicht entnehmen, dass damit auch Zinsen für die Zeit nach dem 12. November 2002 - und sei es nur dem Grunde nach - gefordert werden. Gegenteiliges folgt nicht bereits daraus, dass in ihm ausgeführt wird, die Klägerin könne der beigefügten Zinsberechnung entnehmen, dass eine vorzeitige Mittelinanspruchnahme vorgelegen habe und dass die überzahlten GVFG-Mittel "zu verzinsen" seien. Die dabei gewählte Formulierung ("vorzeitige Mittelinanspruchnahme") lässt erkennen, dass offenbar an einen Zinsanspruch nach § 49a Abs. 4 HVwVfG, nicht aber nach § 49a Abs. 3 Satz 1 HVwVfG gedacht war. Unabhängig davon ist im Folgeabsatz im Stil einer allgemeinen Erläuterung der Rechtslage lediglich davon die Rede, nach den "Besonderen Bewilligungsbedingungen" sei "ein" Zinsanspruch "mit seiner Entstehung fällig und von diesem Zeitpunkt an zu verzinsen". Wegen der geltend gemachten Höhe des Zinsanspruchs wird auf die "beigefügte Zinsberechnung" verwiesen, die - wie erwähnt - ausdrücklich den Zeitraum vom 1. Mai 2001 bis zum 12. November 2002 betraf. Eine Regelung zur "Feststellung" oder "Durchsetzung" (§ 53 Abs. 1 Satz 1 HVwVfG) eines konkreten Zinsanspruchs auch für die Zeit nach dem 12. November 2002, die wegen der daran geknüpften Rechtsfolgen und aus Gründen der Rechtssicherheit unverzichtbar ist, enthielt der Rückforderungs- und Zinsbescheid vom 13. November 2002 damit nicht.

23

Daran hat auch der Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2003 nichts geändert. Darin wird lediglich auf "die geltend gemachte Verzinsung des Rückzahlungsanspruchs" verwiesen, die sich "unmittelbar aus dem Bewilligungsbescheid in Verbindung mit Nr. 8 ANBest-Gk, § 49a HVwVfG" ergebe. Der geltend gemachte Zinsanspruch ist jedoch über die im Rückforderungs- und Zinsbescheid vom 13. November 2002 erfolgte Weise hinaus nicht konkretisiert oder ergänzt worden.

24

c) Wurde somit durch den Rückforderungs- und Zinsbescheid des Beklagten vom 12. November 2002 die Verjährung der streitgegenständlichen, für die Zeit vom 13. November 2002 bis zum 23. Februar 2006 geltend gemachten Zinsansprüche nicht gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 HVwVfG gehemmt, waren damit vor dem 1. Januar 2006 entstandene Zinsansprüche des Beklagten bei Ergehen des angefochtenen Bescheides vom 3. Februar 2009 jedenfalls verjährt. Auf die Frage, ob die verjährungshemmende Wirkung eines Leistungsbescheides mit seiner Aufhebung rückwirkend oder nur mit Wirkung für die Zukunft entfällt, kommt es demnach nicht entscheidungserheblich an.

25

3. Dagegen sind die angegriffenen Urteile des Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der vom Beklagten für die Zeit vom 1. Januar bis zum 23. Februar 2006 geltend gemachten Zinsansprüche im Ergebnis aus anderen Gründen richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Revision der Klägerin ist insoweit zurückzuweisen.

26

Die Voraussetzungen für einen Zinsanspruch nach § 49a Abs. 3 Satz 1 HVwVfG liegen vor. Nach Maßgabe dieser Vorschrift war die Klägerin verpflichtet, den von ihr dem Beklagten zu erstattenden Betrag von 95 867 € mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Zwar hätte der Beklagte gemäß § 49a Abs. 3 Satz 2 HVwVfG von der Geltendmachung des Zinsanspruchs absehen können, wenn die Klägerin die Umstände, die in Höhe des genannten Betrages zur Unwirksamkeit des Bewilligungsbescheides vom 3. April 1995 in der Gestalt des Schlussbescheides vom 24. Januar 2001 geführt haben, nicht zu vertreten und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist geleistet hätte. An der Erfüllung der letzteren der beiden Voraussetzungen, die für eine auf § 49a Abs. 3 Satz 2 HVwVfG gestützte positive Ermessensentscheidung kumulativ erfüllt sein müssen, fehlte es indes. Denn nach den vom Verwaltungsgerichtshof getroffenen tatsächlichen Feststellungen erfolgte die Rückzahlung des von der Klägerin zu erstattenden Betrages erst am 23. Februar 2006 und damit nicht innerhalb der von der zuständigen Behörde des Beklagten im Rückforderungsbescheid vom 13. November 2002 festgesetzten Frist (31. Januar 2003). Im Übrigen hat der Beklagte bei seiner im angefochtenen Bescheid vom 3. Februar 2009 getroffenen Ermessensentscheidung berücksichtigt, dass die Überzahlung der GVFG-Zuwendung auf einem Versehen im Verantwortungsbereich des Beklagten beruhte. Er hat deshalb Zinsansprüche erst für die Zeit ab dem 13. November 2002 geltend gemacht und davon Abstand genommen, Zinsen für den davor liegenden Zeitraum vom 1. Mai 2001 bis zum 12. November 2002 zu verlangen.

27

Bei Ergehen des angefochtenen Bescheides vom 3. Februar 2009 war der im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 23. Februar 2006 entstandene Zinsanspruch noch nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist begann gemäß § 195 i.V.m. § 199 Abs. 1 BGB (analog) erst am Schluss des Jahres 2006 und lief damit ohnehin nicht vor dem 31. Dezember 2009 ab.

Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 91/08
vom
12. Mai 2011
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Dr. Pape
und die Richterin Möhring
am 12. Mai 2011

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 22. April 2008 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens für den Kläger wird auf 42.145,37 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die Rechtsgrundsätze, nach denen das Berufungsgericht den Streitfall entschieden hat, sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt und ohne Abweichung im Grundsätzlichen angewendet worden. Die gerügten Gehörsverletzungen und Verstöße gegen die Begründungspflicht liegen nicht vor.
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1. Bestimmt sich bei einem Steuerberater die Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus einer Fehlberatung nach den Übergangsvorschriften des Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 13, § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB weiter nach § 68 StBerG a.F., so gilt dies auch für den verjährungsrechtlichen Sekundäranspruch (BGH, Urteil vom 13. November 2008 - IX ZR 69/07, WM 2009, 283 Rn. 8, zur Anwaltshaftung ). Im Rahmen der Sekundärhaftung eines Steuerberaters besteht eine Pflicht, den Mandanten auf die Möglichkeit der eigenen Haftung und deren Verjährung hinzuweisen, nicht mehr, sobald dieser rechtzeitig vor Ablauf der Verjährung wegen der Haftungsfrage anwaltlich beraten wird oder auf anderem Wege von dem Schadensersatzanspruch und dessen Verjährung Kenntnis erhält. Allerdings muss feststehen, dass der Mandant über einen möglichen Regressanspruch und dessen Verjährung rechtzeitig unterrichtet wurde; die Hinweispflicht des Steuerberaters entfällt nicht schon dann, wenn dieser von einer solchen Aufklärung ausgeht, dies aber nicht sicher weiß. Der geschädigte Auftraggeber muss den Ursachenzusammenhang zwischen seinem Schaden in Gestalt der Primärverjährung und der Pflichtverletzung seines steuerlichen Beraters beweisen (siehe zur Sekundärhaftung insoweit BGH, Urteil vom 11. Mai 1995 - IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386, 392 mwN; st. Rspr.).
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Die Beschwerde rügt einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG und § 547 Nr. 6 ZPO, weil das Berufungsgericht es unterlassen habe festzustellen, dass der Kläger in der Haftungsfrage des Beklagten Ende 2001 anwaltlichen Rechtsrat auch stellvertretend für seine Ehefrau eingeholt habe, andererseits aber die dem Kläger erst 2006 abgetretenen Ansprüche seiner Ehefrau ebenfalls als verjährt angesehen habe. Der Kläger habe als Zessionar die Primärverjährung der abgetretenen Ansprüche seiner Ehefrau nicht mehr rechtzeitig hemmen können; seine Kenntnis habe daher einem Sekundäranspruch seiner Ehefrau nicht entgegengewirkt.
4
Diese Verfahrensrügen gehen fehl. Übergangenen Sachvortrag des Klägers legt die Beschwerde nicht dar. Das Berufungsgericht entbehrt auch nicht der in § 547 Nr. 6 vorausgesetzten Gründe. Einzelne Feststellungs- oder Sub- sumtionslücken innerhalb der Anspruchsprüfung lösen den absoluten Revisionsgrund noch nicht aus. Erst dann, wenn Begründungslücken die Anspruchshöhe oder einzelne selbständige Angriffs- oder Verteidigungsmittel insgesamt betreffen, führt der Mangel zur Aufhebung.
5
Im Streitfall hatte das Berufungsgericht nicht einmal Anlass, sich mit einem verjährungsrechtlichen Sekundäranspruch des Klägers aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau auseinanderzusetzen, weil ein solcher Anspruch erst mit der Beschwerdebegründung erhoben worden ist. In den Tatsacheninstanzen hat dazu jeder Sachvortrag gefehlt. Es trifft nicht zu, wie die Beschwerde meint, dass mit dem Sachvortrag dazu ausschließlich der Beklagte belastet gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 1995, aaO).
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2. Die Beschwerde hält ferner die Obersätze des Berufungsurteils im Hinblick auf das Senatsurteil vom 13. April 2006 (IX ZR 208/02, WM 2006, 1450 Rn. 8 ff) für zu ungenau. Der in der Haftungsfrage eingeschaltete Rechtsberater müsse, um der Sekundärhaftung des ersten Beraters den Boden zu entziehen, ausdrücklich und primär zu diesem Zweck beauftragt worden sein. Das trifft nicht zu. Die vom Senat aufgezeigte Abgrenzung unterscheidet zwischen Rechtsanwälten, die in der Regressfrage beauftragt worden sind, wie hier seitens des Klägers, und solchen, die aus anderen Gründen tätig werden. Wenn die vom Kläger 2001 beauftragten Rechtsanwälte neben der Haftungsfrage auch die Aussichten eines Einspruchsverfahrens prüfen sollten, dessen Durchführung dann der Beklagte übernommen hat, ist dies infolgedessen unerheblich. Es liegt in diesem Punkt weder eine Abweichung des Berufungsurteils von Obersätzen des Bundesgerichtshofes vor noch hat die Rechtssache insoweit grundsätzliche Bedeutung.
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3. Haltlos ist der Vorwurf der Beschwerde, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht zur Kenntnis genommen, dass die Klage (zum Teil) auf die abgetretenen Schadensersatzansprüche der Ehefrau des Klägers gestützt ist. Auf Seite 8 Mitte des Berufungsurteils heißt es ausdrücklich, dass "der Anspruch des Klägers u n d s e i n e r E h e f r a u (Hervorhebung nicht im Original) … bereits zuvor (vor dem 15. Dezember 2004) verjährt" waren.
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4. Den Begriff von Verhandlungen im Sinne des § 203 Abs. 1 BGB hat der Bundesgerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen ausgelegt. Der Gläubiger muss dafür lediglich klarstellen, dass er einen Anspruch geltend machen und worauf er ihn stützen will. Anschließend genügt jeder ernsthafte Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächlichen Grundlagen, sofern der Schuldner nicht sofort und erkennbar Leistung ablehnt. Verhandlungen schweben schon dann, wenn eine der Parteien Erklärungen abgibt, die der jeweils anderen Seite die Annahme gestatten, der Erklärende lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Anspruchs oder dessen Umfang ein (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - IX ZR 180/04, WM 2007, 801 Rn. 32 mwN; vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 16 mwN). Dem entsprechen die Ausführungen des Berufungsgerichts, in denen die Beschwerde zu Unrecht einen nicht geschriebenen abweichenden Obersatz sehen will. Die Subsumtion des Berufungsgerichts unter § 203 BGB ist innerhalb der Nichtzulassungsbeschwerde kein Angriffsgegenstand.
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5. Soweit die Beschwerde beanstandet, das Berufungsgericht habe das Verhalten der Parteien nach dem Schadenseintritt im Hinblick auf § 202 Abs. 1 BGB unrichtig gewürdigt; hierunter fielen alle Sachverhalte, in denen nach altem Recht dem Schuldner die Berufung auf die Verjährungseinrede nach § 242 BGB versagt worden sei, wird damit das Gesetz überdehnt. Zu den Voraussetzungen eines nach § 202 Abs. 1 BGB allein erheblichen Stillhalteabkommens in der Steuerberaterhaftung hat sich der Senat zuletzt in seinem Urteil vom 15. Juli 2010 (IX ZR 180/09, WM 2010, 1620 Rn. 15) geäußert. Ein verjährungshemmendes Stillhalteabkommen ist danach nur anzunehmen, wenn der Schuldner aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung berechtigt sein soll, vorübergehend die Leistung zu verweigern, und der Gläubiger sich umgekehrt der Möglichkeit begeben hat, seine Ansprüche jederzeit weiterzuverfolgen. Es ist nicht erkennbar, dass das Berufungsgericht von diesem Rechtsgrundsatz abgewichen ist. Verstöße gegen Verfahrensgrundrechte oder gegen § 547 Nr. 6 ZPO, welche die Beschwerde auch in diesem Zusammenhang geltend macht, liegen offensichtlich nicht vor.
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6. Die Beschwerde meint letztlich, dem Beklagten müsse die Verjährungseinrede versagt werden, weil gegen ihn der verjährungsrechtliche Sekundäranspruch aufgrund besonderer Umstände trotz Heranziehung eines anwaltlichen Beraters in der Regressfrage durch den Geschädigten dennoch durchgreife. Der Beklagte habe nämlich erkannt oder erkennen können, dass der Kläger über die Verjährung der Steuerberaterhaftung anwaltlich falsch beraten worden sei und damit in die "Verjährungsfalle" hineinlaufe. Auf diesen Gesichtspunkt sei das Berufungsgericht unter Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG, § 547 Nr. 6 ZPO ebenfalls nicht eingegangen.
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Auch diese Zulassungsrüge ist unbegründet. Die Beschwerde legt nicht dar, dass sich der Kläger bereits in den Tatsacheninstanzen auf eine solche erweiterte Hinweispflicht des ersten Beraters bezogen und hierzu Tatsachen vorgetragen habe. Unter diesen Voraussetzungen können die erhobenen Verfahrensrügen nicht durchgreifen. Ein Bedürfnis nach weiterer grundsätzlicher Klärung des verjährungsrechtlichen Sekundäranspruchs als auslaufendes Recht bei einer vom Berater erkannten anderweitigen Fehlberatung des geschädigten Auftraggebers in der Frage seiner Haftung und ihrer Verjährung ist gleichfalls nicht dargelegt.
12
Von weiterer Begründung der Entscheidung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.
Kayser Vill Lohmann
Pape Möhring

Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 17.10.2007 - 15 O 340/06 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 22.04.2008 - 11 U 1396/07 -

Die Verjährung von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ist bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs des Gläubigers gehemmt. Lebt der Gläubiger von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung bei Beginn der Verjährung mit dem Schuldner in häuslicher Gemeinschaft, so ist die Verjährung auch bis zur Beendigung der häuslichen Gemeinschaft gehemmt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.