Verwaltungsgericht Ansbach Gerichtsbescheid, 07. Apr. 2014 - 11 K 13.01106

published on 07/04/2014 00:00
Verwaltungsgericht Ansbach Gerichtsbescheid, 07. Apr. 2014 - 11 K 13.01106
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Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 13. März 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von Mittelfranken vom 6. Juni 2013 wird insoweit aufgehoben, als mit ihm die Grundsteuer für die Jahre 2009, 2010 und 2011 neu festgesetzt wurde.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der gerichtlich festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung der Festsetzung der Grundsteuer für die Jahre 2009 bis 2011.

Der Kläger ist im Grundbuch eingetragener Eigentümer der linken Wohnung (Wohnung Nr. 7) im 1. Obergeschoss im Haus ...-...-Str. ..., ... Durch Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes ... vom ... ... 1979 wurde dem Kläger gegenüber ein Grundsteuermessbetrag für diese Wohnung auf 72,45 DM festgesetzt.

Das Finanzamt ... erließ am 24. August 2011 gegenüber Dritten für die im Eigentum des Klägers stehende Wohnung einen Grundsteuermessbescheid, der dem Kläger nicht bekannt gegeben wurde. Dies geschah aufgrund einer fehlerhaften Zuordnung der Wohnungen im Gebäude ...-...-Str. ... durch das Finanzamt. Das Kassen- und Steueramt der Beklagten „stornierte“ daraufhin durch Grundabgabenbescheid vom ... 2011 gegenüber dem Kläger die Grundsteuerveranlagung rückwirkend ab dem ... 2009 und erstattete die gezahlte Grundsteuer der Jahre 2009 bis 2011 am ... 2011.

Nachdem dem Finanzamt ... die fehlerhafte Zuordnung des Wohnungseigentums aufgefallen war, hob es den Grundsteuermessbescheid vom ... 2011 mit Grundsteuermessbescheid vom ... 2012 auf. Auch dieser Bescheid wurde dem Kläger gegenüber nicht bekannt gegeben.

Mit Grundabgabenbescheid vom ... 2012 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Grundsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 erneut und für 2012 erstmalig fest. Der Jahresbetrag belief sich für die Jahre 2009 bis 2011 auf jeweils 181,48 EUR und für das Jahr 2012 auf 198,16 EUR.

Hiergegen legte der Kläger mit am ... 2012 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom ... 2012 „Einspruch“ ein. Der Bescheid sei fehlerhaft, da er keinen Hinweis auf einen Grundlagenbescheid enthalte und für 2009 bis 2011 sei er unzulässig, da es weder einen Grundsteuermessbescheid auf den ... 2009 ff. gebe und sich der Grundsteuerhebesatz geändert habe oder eine sonstige fehlerhafte Feststellung zu ändern gewesen sei. Er beantrage, den Bescheid für 2009 bis 2011 aufzuheben.

Mit Schreiben vom ... 2012 teilte das Kassen- und Steueramt der Beklagten dem Kläger den zugrunde liegenden Sachverhalt mit. Der Kläger antwortete darauf mit Schreiben vom ... 2012 dahingehend, dass durch die Ausführungen der Vorgang verständlich werde. Jedoch fehlten ihm für beide Grundabgabenbescheide die entsprechenden Grundlagenbescheide. Der Bescheid vom ... 2012 entbehre daher einer Rechtsgrundlage. Es werde um Übersendung der entsprechenden Bescheide gebeten, damit er den Sachverhalt mit dem Zentralfinanzamt abklären könne. Mit Schreiben vom ...2012 teilte er mit, dass durch das Zentralfinanzamt geklärt worden sei, dass es keinen Bescheid gegeben habe, der zur Aufhebung berechtigt hätte. Damit seien die Grundsteuern für die Jahre 2009 bis 2011 endgültig aufgehoben worden. Die Neufestsetzung für das Jahr 2012 sei aufgrund des geänderten Hebesatzes berechtigt. Für eine Nacherhebung der Jahre 2009 bis 2011 fehle es an einem neuen Grundlagenbescheid. Er halte den Einspruch aufrecht. Nach weiterem Schriftverkehr legte die Beklagte den Vorgang mit Schreiben vom ... 2013 der Regierung von Mittelfranken mit der Bitte um Entscheidung über den Widerspruch vor. Diese wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2013 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Bescheid der Beklagten rechtmäßig sei, da der Kläger zur Zahlung von Grundsteuer für den genannten Zeitraum verpflichtet sei. Auf die Begründung wird im Übrigen Bezug genommen. Der Bescheid wurde dem Kläger mit am 10. Juni 2013 zur Post gegebenen Einschreiben zugestellt.

Hiergegen erhob der Kläger mit am 19. Juni 2013 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schreiben die vorliegende Klage. Zur Begründung führte er aus, dass in der Widerspruchsbegründung auf den tatsächlichen Sachverhalt nicht eingegangen worden sei. Im Grundsteuerbescheid vom ... 2011 seien die Grundsteuern 2009 bis 2011 als „Stornoposten“ auf 0,00 EUR gestellt worden. Weitere Ausführungen enthalte dieser Bescheid nicht. Der Bescheid sei bestandskräftig und könne nicht nachgebessert werden. Der „Stornoposten“ sei einem Verzicht gleichzustellen, sei endgültig und könne daher auch nicht widerrufen werden. Da ein Hinweis auf einen Grundlagenbescheid fehle, könne dieser auch nicht herangezogen werden. Bei ihm sei ohne erkennbare Not, grundlos und ohne Begründung, ein Grundsteuerbescheid rechtswirksam aufgehoben worden. Dieser Bescheid sei für alle Zeiten weg. Erst bei Vorliegen gesetzlicher Möglichkeiten (z. B. Änderung des Hebesatzes zum 1. Januar 2012) könne es zu einer Neufestsetzung der Grundsteuer auf der Grundlage des bisher festgesetzten Grundsteuermessbetrages kommen. Der Hinweis auf das Urteil des VG Gelsenkirchen vom 27. Januar 2011 (5 K 2189/09) im Widerspruchsbescheid gehe fehl, da hier richtige Zurechnungsbescheide zu Grund gelegen hätten, es also Rechtsgrundlagen gegeben hätte.

Der Kläger beantragt:

1. Den Grundsteuerbescheid vom 13. Februar 2013 (gemeint wohl: 13.3.2012) aufzuheben.

2. Die Kosten des Verfahrens (einschließlich der eigenen Kosten) einschließlich des Vorverfahrens der Beklagten aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung nimmt sie einerseits auf die Gründe des Widerspruchsbescheides Bezug. Ergänzend führt sie aus, dass der angefochtene Bescheid entgegen der Auffassung des Klägers einen Hinweis auf den Grundlagenbescheid enthalte. Unter „E. Allgemeine Hinweise zu den Grundabgaben“ werde der vom Finanzamt festgesetzte Grundsteuermessbescheid für die Festsetzung von Grundsteuer als maßgebend bezeichnet. Dieser weiterhin gültige Grundsteuermessbescheid datiere hier vom ... 1979 und liege dem Kläger vor. Warum der Kläger für das Jahr 2012 die Heranziehung zur Grundsteuer durch den angefochtenen Bescheid akzeptiere, obwohl auch für jenes Jahr der Grundsteuermessbescheid lediglich in Bezug genommen werde, könne seitens der Beklagten nicht nachvollzogen werden. Die zwischenzeitliche „Stornierung“ der Grundsteuer durch den Grundabgabenbescheid vom ... 2011 stehe dem streitgegenständlichen Grundabgabenbescheid vom 13. März 2012 nicht entgegen. Der Kläger nehme zu Unrecht an, dass der Bescheid vom ... 2011 einen Steuererlass darstelle. Für einen Erlass der Grundsteuer nach §§ 32, 33 GrStG fehle es sowohl an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen als auch an einem entsprechenden Antrag nach § 34 GrStG. Im Übrigen wären die Voraussetzungen für einen Erlass nach § 227 AO ebenfalls nicht gegeben. Einen Steuerverzicht kenne das Abgabenrecht nicht. Der Grundsteuermessbescheid vom ... 2011 setze zwar andere Personen als Steuerschuldner fest, er sei aber mit weiterem Bescheid vom ... 2012 wieder aufgehoben worden. Dem Kläger gegenüber seien beide Bescheide nicht bekannt gegeben und damit ihm gegenüber nicht wirksam geworden, so dass ihm gegenüber der Grundsteuermessbescheid vom ...1979 weiterhin anzuwenden gewesen sei. Denn dieser habe nach Aufhebung des Grundsteuermessbescheides vom ... 2011 wieder aufgelebt. Die Zurechnung durch den Einheitswertbescheid und den Grundsteuermessbescheid vom ... 1979 auf den Kläger habe sich durch die Zurechnungsfortschreibung vom ... 2011 nicht erledigt. Die bisherige Feststellung bleibe bis zu dem Zeitpunkt in Kraft, ab dem sich die neue Zurechnung oder Bewertung auswirke. Werden Zurechnungsfortschreibungen ex tunc aufgehoben, führe dies dazu, dass der bis dahin gültige Zustand wieder auflebe, ohne dass es einer erneuten Feststellung bedürfe (VG Gelsenkirchen, U. v. 27.1.2011, 5 K 2189/09, Rn. 28 f., juris). Der Kläger sei auch durchgehend seit 1986 Eigentümer der o. g. Wohnung gewesen, so dass ihm ohne weiteres hätte auffallen müssen, dass ein Wegfall seiner Grundsteuerveranlagung offensichtlich unrichtig sein müsse. Aufgrund der Bindungswirkung des Grundlagenbescheides sei die Beklagte darüber hinaus verpflichtet gewesen, darauf beruhende Steuerbescheide auch unter Durchbrechung einer eventuellen bestehenden Bestandskraft eines Steuerbescheides zu erlassen bzw. zu ändern (§ 175 Abs. 1 Nr. 1 AO). Der Vollständigkeit halber werde noch darauf hingewiesen, dass noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei (§ 170 Abs. 1 i. V. m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO).

Der Kläger erwiderte hierauf mit am ... 2013 eingegangenem Schreiben, dass der BFH mehrmals festgestellt habe, dass ein Steuerpflichtiger nicht verpflichtet sei, die Steuerbehörde auf ihre Fehler aufmerksam zu machen. Ob man die hier erfolgte Stornierung nun Erlass, Verzicht oder Dummheit nenne, sei vollkommen egal. Die Steuer sei auf Null gestellt worden und es bedürfe neuer Umstände, so wie 2012, sie wieder festzusetzen. Aus seinen Telefongesprächen mit dem den Grundsteuermessbescheid erlassenden Zentralfinanzamt wisse er, dass formal der aufgehobene Grundsteuermessbescheid für diesen Zeitraum ohne seine Zustimmung nicht wieder in Gang gebracht werden könne. Diese Zustimmung habe er nicht erteilt und werde er nicht erteilen. Die Stadt habe, wie sie selbst schreibe, aufgrund des neuen (unwirksamen, weil ihm nicht bekannten) Grundsteuermessbescheides die Grundsteuer erneut festgesetzt. Rabulistisch formuliere die Stadt dies unter Ziffer 2 ihrer Ausführungen dann so, dass damit der Grundsteuerbescheid vom ... 1979 gemeint gewesen sei. Der Hinweis im Grundsteuerbescheid sei aber allgemeiner Natur und ohne das Bescheiddatum des Grundsteuermessbescheides und somit nur als Information und nicht als Grundlage zu verstehen. Sich darauf zu berufen, müsse ins Leere laufen. Der Hinweis auf das Urteil des VG Gelsenkirchen gehe fehl, da hier richtige Zurechnungsbescheide zugrunde gelegen hätten, es also Rechtsgrundlagen gegeben habe.

Das Gericht hat die Beteiligten mit Schreiben vom 14. März 2014 auf die Absicht, durch Gerichtsbescheid nach § 84 VwGO zu entscheiden, hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme bis 4. April 2014 gegeben. Während der Kläger mit Schreiben vom 27. März 2014 sein Einverständnis erklärte, vertiefte die Beklagte ihre bisherige Argumentation mit Telefax vom 4. April 2014, auf das Bezug genommen wird.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Für die vorliegende Streitigkeit ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne von § 40 VwGO handelt. Eine abdrängende Rechtswegzuweisung nach § 33 der Finanzgerichtsordnung liegt hier nicht vor. Es bleibt daher beim Verwaltungsrechtsweg.

Der vom Kläger gestellte Aufhebungsantrag ist nach der Klagebegründung sachgerecht dahingehend auszulegen, dass er nur die Aufhebung des Bescheids vom 13. März 2012 (bei der Nennung der Jahreszahl 2013 im Klageantrag handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler, der von Amts wegen korrigiert wurde) insoweit wendet, als damit die Grundsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 festgesetzt wurde. Die Grundsteuer für das Jahr 2012 wurde vom Kläger offenbar bezahlt und im streitgegenständlichen Verfahren nicht beanstandet.

Die Klage ist als Anfechtungsklage gegen den Grundsteuerbescheid vom 13. Februar 2012 statthaft, im Übrigen zulässig und auch begründet. Der Grundsteuerbescheid ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er ist daher nach dem Maßstab des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben.

Der Bescheid ist zwar formell rechtmäßig. Nach § 1 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) gelten für Realsteuern, zu denen nach § 3 Abs. 2 AO auch die Grundsteuer gehört, einzelne Bestimmungen der AO entsprechend u. a. die Vorschriften des vierten Teils über die Durchführung der Besteuerung, §§ 134 bis 217 AO. Bei dem streitgegenständlichen Bescheid handelt es sich um einen Steuerbescheid im Sinne von § 157 AO. Die darin genannten formellen Anforderungen sind vorliegend eingehalten, nachdem sowohl die festgesetzte Steuer als auch der Steuerschuldner im Bescheid genannt ist und die Schriftform gewahrt wurde. Auch Verstöße hinsichtlich des einzuhaltenden Verfahrens sind nicht ersichtlich. Nachdem die Beklagte nach § 46 Grundsteuergesetz auch zum Erlass des Bescheides zuständig war, liegt formelle Rechtmäßigkeit vor.

Der Bescheid ist jedoch materiell rechtwidrig. Es mangelt ihm an einer einschlägigen Rechtsgrundlage.

Nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 d AO darf ein Steuerbescheid, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn dies (abgesehen von den übrigen in § 172 Abs. 1 genannten Fällen) sonst gesetzlich zugelassen ist. Bei dem Bescheid vom 4. November 2011, mit dem die Beklagte die Grundsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 „stornierte“, handelte es sich um einen Steuerbescheid, da er ein Verwaltungsakt ist, mit dem über das Nichtbestehen eines Steueranspruchs entschieden wurde (vgl. Cöster in: Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl. 2009, § 155 Rn. 16). Der streitgegenständliche Bescheid konnte sich zur Änderung des Bescheids vom 4. November 2011 jedoch nicht auf eine Änderungsvorschrift stützen.

Insbesondere greift im vorliegenden Fall die von der Beklagten offenbar herangezogene Bestimmung des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht ein. Danach ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid, dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird. Ein Grundsteuermessbescheid stellt zwar einen Grundlagenbescheid im Sinne von § 171 Abs. 10 AO, auf den § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO hinsichtlich der Definition des Begriffs Grundlagenbescheid verweist, dar. Der Grundsteuermessbescheid des Finanzamts ... vom ...2011 wurde zwar mit neuem Grundsteuermessbescheid vom 31. Januar 2012 aufgehoben und der ursprüngliche Fehler des Finanzamts ... wieder rückgängig gemacht. Beide Grundsteuermessbescheide wurden dem Kläger gegenüber jedoch nicht bekannt gegeben. Daher wurde dem Kläger gegenüber auch kein Grundlagenbescheid im Sinne von § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO erlassen, aufgehoben oder geändert. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO setzt zwar nicht die Rechtmäßigkeit, jedoch aber die wirksame Bekanntgabe des erlassenen aufgehobenen oder geänderten Grundlagenbescheids gegenüber dem jeweiligen Steuerschuldner voraus (vgl. BFH, U. v. 13.7.1994, X R 7/91, juris, 3. Orientierungssatz und Rn. 29/30; BFH, U. v. 16.3.1993, XI R 42/90, juris, 3. Orientierungssatz; Rüsken in: Klein, AO, 9. Aufl. 2006, § 175 Rn. 36; Koenig a. a. O. § 175, Rn. 8). Die Beklagte konnte sich daher beim Erlass des streitgegenständlichen Bescheides nicht auf § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO berufen.

Auch die Argumentation der Beklagten dahingehend, dass der Grundsteuermessbescheid vom ... 1979 wieder aufgelebt sei, führt nicht zum Erfolg. Denn dies könnte allenfalls als analoge Anwendung des § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu verstehen sein. Dies ist aber bereits aus dem Grunde unzulässig, da Aufhebungstatbestände grundsätzlich nicht analogiefähig sind (Rüskenin Klein a. a. O., § 172, Rn. 1; BGH, Urt. v. 26.1.1994, X R 57/89, juris, Rn. 17 m. w. N.).

Auch sonstige Änderungsvorschriften greifen hier nicht ein: Für § 129 AO fehlt es an der offenbaren Unrichtigkeit, § 132 AO ist nicht einschlägig, da vorliegend keine Änderung im Rechtsbehelfsverfahren erfolgt ist. §§ 164 AO und 165 AO können nicht herangezogen werden, da weder eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung erfolgt ist, noch es sich bei dem Bescheid vom... 2011 um eine vorläufige Steuerfestsetzung gehandelt hat.

Wollte man auf § 173 Nr. 1 AO abstellen, so ist hierzu zunächst anzumerken, dass es sich dabei nicht um eine allgemeine Fehlerberichtigungsvorschrift handelt. Der Gesetzgeber hat in der Abgabenordnung der Bestandskraft von Steuerbescheiden eine höhere Bedeutung beigemessen, als der Rechtsrichtigkeit (Rüsken in Klein a. a. O., § 173 Rn. 2 m. w. N.). Außerdem ist bereits nicht ersichtlich, worin hier überhaupt eine neue Tatsache oder ein neues Beweismittel zu sehen wäre.

Schließlich liegt auch kein Fall der widerstreitenden Steuerfestsetzungen nach § 174 Abs. 2 AO vor. Danach kann ein Steuerbescheid geändert werden, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist. Nach Satz 2 der Bestimmung darf der fehlerhafte Steuerbescheid jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist. Insoweit ist bereits fraglich, worin hier genau die unvereinbare mehrfache Berücksichtigung eines Sachverhalts liegen sollte. Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben, da diese jedenfalls nicht im Sinne von § 174 Abs. 2 Satz 2 AO auf Antrag oder Erklärung des Steuerschuldners, hier also des Klägers, zurückzuführen war. Ursache war allein ein Versehen des Finanzamts ...

Nach alledem ist der streitgegenständliche Bescheid im dargestellten Umfang aufzuheben. Auf die übrigen zwischen den Beteiligten erörterten Aspekte kommt es nicht an. Insbesondere ist auch das zitierte Urteil des VG Gelsenkirchen vom 27. Januar 2011 vorliegend nicht einschlägig, da es einen anderen Sachverhalt betraf: Denn in dem Gelsenkirchener Fall waren die Grundsteuermessbescheide dem dortigen Kläger anders als hier jeweils bekanntgegeben worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Annotations

(1) Die Grundsteuer ist zu erlassen

1.
für Grundbesitz oder Teile von Grundbesitz, dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft oder Naturschutz im öffentlichen Interesse liegt, wenn die erzielten Einnahmen und die sonstigen Vorteile (Rohertrag) in der Regel unter den jährlichen Kosten liegen. Bei Park- und Gartenanlagen von geschichtlichem Wert ist der Erlaß von der weiteren Voraussetzung abhängig, daß sie in dem billigerweise zu fordernden Umfang der Öffentlichkeit zugänglich gemacht sind;
2.
für öffentliche Grünanlagen, Spiel- und Sportplätze, wenn die jährlichen Kosten in der Regel den Rohertrag übersteigen.

(2) Ist der Rohertrag für Grundbesitz, in dessen Gebäuden Gegenstände von wissenschaftlicher, künstlerischer oder geschichtlicher Bedeutung, insbesondere Sammlungen oder Bibliotheken, dem Zweck der Forschung oder Volksbildung nutzbar gemacht sind, durch die Benutzung zu den genannten Zwecken nachhaltig gemindert, so ist von der Grundsteuer der Hundertsatz zu erlassen, um den der Rohertrag gemindert ist. Das gilt nur, wenn die wissenschaftliche, künstlerische oder geschichtliche Bedeutung der untergebrachten Gegenstände durch die Landesregierung oder die von ihr beauftragte Stelle anerkannt ist.

(1) Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft der tatsächliche Reinertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des tatsächlichen Reinertrags nicht zu vertreten hat. Beträgt die vom Steuerschuldner nicht zu vertretende Minderung des tatsächlichen Reinertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer abweichend von Satz 1 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Der tatsächliche Reinertrag eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft ermittelt sich nach den Grundsätzen des § 236 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Bewertungsgesetzes für ein Wirtschaftsjahr. Er gilt als in dem Erlasszeitraum bezogen, in dem das für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft maßgebliche Wirtschaftsjahr endet.

(2) Der Erlass nach Absatz 1 wird nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Ein Erlass nach Absatz 1 ist insbesondere ausgeschlossen, wenn für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nach § 4 Absatz 1, § 4 Absatz 3 oder § 13a des Einkommensteuergesetzes für dasjenige Wirtschaftsjahr ein Gewinn ermittelt wurde, das im Erlasszeitraum bei der Ermittlung des tatsächlichen Reinertrags nach Absatz 1 zugrunde zu legen ist.

(3) Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.

(1) Die Grundsteuer wird in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des normalen Rohertrags nicht zu vertreten hat. Beträgt die vom Steuerschuldner nicht zu vertretende Minderung des normalen Rohertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer abweichend von Satz 1 in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Normaler Rohertrag ist bei bebauten Grundstücken die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresmiete. Die übliche Jahresmiete ist in Anlehnung an die Miete zu ermitteln, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird. Betriebskosten sind nicht einzubeziehen.

(2) Bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken gilt als Minderung des normalen Rohertrags die Minderung der Ausnutzung des Grundstücks. In diesen Fällen wird der Erlass nach Absatz 1 nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre.

(3) Wird nur ein Teil des Grundstücks eigengewerblich genutzt, so ist die Ertragsminderung für diesen Teil nach Absatz 2, für den übrigen Teil nach Absatz 1 zu bestimmen. In diesen Fällen ist für den ganzen Steuergegenstand ein einheitlicher Prozentsatz der Ertragsminderung nach dem Anteil der einzelnen Teile am Grundsteuerwert des Grundstücks zu ermitteln.

(4) Eine Ertragsminderung ist kein Erlassgrund, wenn sie für den Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Grundsteuerwerts berücksichtigt werden kann oder bei rechtzeitiger Stellung des Antrags auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden können.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Der Finanzrechtsweg ist gegeben

1.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden,
2.
in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften der Abgabenordnung zu vollziehen sind,
3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Streitigkeiten über Angelegenheiten, die durch den Ersten Teil, den Zweiten und den Sechsten Abschnitt des Zweiten Teils und den Ersten Abschnitt des Dritten Teils des Steuerberatungsgesetzes geregelt werden,
4.
in anderen als den in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, soweit für diese durch Bundesgesetz oder Landesgesetz der Finanzrechtsweg eröffnet ist.

(2) Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Dieses Gesetz gilt für alle Steuern einschließlich der Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Es ist nur vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Union anwendbar.

(2) Für die Realsteuern gelten, soweit ihre Verwaltung den Gemeinden übertragen worden ist, die folgenden Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend:

1.
die Vorschriften des Ersten, Zweiten, Vierten, Sechsten und Siebten Abschnitts des Ersten Teils (Anwendungsbereich; Steuerliche Begriffsbestimmungen; Datenverarbeitung und Steuergeheimnis; Betroffenenrechte; Datenschutzaufsicht, Gerichtlicher Rechtsschutz in datenschutzrechtlichen Angelegenheiten),
2.
die Vorschriften des Zweiten Teils(Steuerschuldrecht),
3.
die Vorschriften des Dritten Teils mit Ausnahme der §§ 82 bis 84(Allgemeine Verfahrensvorschriften),
4.
die Vorschriften des Vierten Teils(Durchführung der Besteuerung),
5.
die Vorschriften des Fünften Teils(Erhebungsverfahren),
6.
§ 249 Absatz 2 Satz 2,
7.
die §§ 351 und 361 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3,
8.
die Vorschriften des Achten Teils(Straf- und Bußgeldvorschriften, Straf- und Bußgeldverfahren).

(3) Auf steuerliche Nebenleistungen sind die Vorschriften dieses Gesetzes vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Union sinngemäß anwendbar. Der Dritte bis Sechste Abschnitt des Vierten Teils gilt jedoch nur, soweit dies besonders bestimmt wird.

(1) Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.

(2) Realsteuern sind die Grundsteuer und die Gewerbesteuer.

(3) Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind Steuern im Sinne dieses Gesetzes. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1, L 287, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(4) Steuerliche Nebenleistungen sind

1.
Verzögerungsgelder nach § 146 Absatz 2c,
2.
Verspätungszuschläge nach § 152,
3.
Zuschläge nach § 162 Absatz 4 und 4a,
3a.
Mitwirkungsverzögerungsgelder nach § 200a Absatz 2 und Zuschläge zum Mitwirkungsverzögerungsgeld nach § 200a Absatz 3,
4.
Zinsen nach den §§ 233 bis 237 sowie Zinsen nach den Steuergesetzen, auf die die §§ 238 und 239 anzuwenden sind, sowie Zinsen, die über die §§ 233 bis 237 und die Steuergesetze hinaus nach dem Recht der Europäischen Union auf zu erstattende Steuern zu leisten sind,
5.
Säumniszuschläge nach § 240,
6.
Zwangsgelder nach § 329,
7.
Kosten nach den §§ 89, 89a Absatz 7 sowie den §§ 178 und 337 bis 345,
8.
Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union,
9.
Verspätungsgelder nach § 22a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes und
10.
Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes.

(5) Das Aufkommen der Zinsen auf Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union steht dem Bund zu. Das Aufkommen der übrigen Zinsen steht den jeweils steuerberechtigten Körperschaften zu. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89 steht jeweils der Körperschaft zu, deren Behörde für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig ist. Das Aufkommen der Kosten im Sinne des § 89a Absatz 7 steht dem Bund und dem jeweils betroffenen Land je zur Hälfte zu. Das Aufkommen der Kosten nach § 10 Absatz 5 und § 11 Absatz 7 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes steht dem Bund zu. Die übrigen steuerlichen Nebenleistungen fließen den verwaltenden Körperschaften zu.

Zur Feststellung von Tatsachen, die zoll- oder verbrauchsteuerrechtlich erheblich sind, kann die Finanzbehörde Personen, die vom Ergebnis der Feststellung nicht selbst betroffen werden, als Steuerhilfspersonen bestellen.

(1) Steuerbescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Sie müssen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet. Ihnen ist außerdem eine Belehrung darüber beizufügen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist.

(2) Die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bildet einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

(1) Die Festsetzungsfrist läuft nicht ab, solange die Steuerfestsetzung wegen höherer Gewalt innerhalb der letzten sechs Monate des Fristlaufs nicht erfolgen kann.

(2) Ist beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen, so endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 173a.

(3) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens ein Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach § 129 gestellt, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist.

(3a) Wird ein Steuerbescheid mit einem Einspruch oder einer Klage angefochten, so läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor über den Rechtsbehelf unanfechtbar entschieden ist; dies gilt auch, wenn der Rechtsbehelf erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist eingelegt wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist hinsichtlich des gesamten Steueranspruchs gehemmt; dies gilt nicht, soweit der Rechtsbehelf unzulässig ist. In den Fällen des § 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 101 der Finanzgerichtsordnung ist über den Rechtsbehelf erst dann unanfechtbar entschieden, wenn ein auf Grund der genannten Vorschriften erlassener Steuerbescheid unanfechtbar geworden ist.

(4) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall der Hinausschiebung der Außenprüfung erstrecken sollte, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Absatz 1 Satz 3 drei Monate verstrichen sind. Dies gilt nicht, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat. Die Ablaufhemmung nach Satz 1 endet spätestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Prüfungsanordnung bekanntgegeben wurde; eine weitergehende Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt. Wird auf Antrag des Steuerpflichtigen der Beginn der Außenprüfung verschoben oder die Außenprüfung unterbrochen, so verlängert sich die Frist nach Satz 3 erster Halbsatz für die in Satz 1 genannten Steuern um die Dauer des Hinausschiebens oder der Unterbrechung. Nimmt die Finanzbehörde für die in Satz 1 genannten Steuern vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch, verlängert sich diese Frist um die Dauer der zwischenstaatlichen Amtshilfe, mindestens aber um ein Jahr. Satz 5 gilt nur, sofern der Steuerpflichtige auf die Inanspruchnahme der zwischenstaatlichen Amtshilfe vor Ablauf der Frist nach Satz 3 erster Halbsatz hingewiesen wurde. Wird dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung eines Strafverfahrens für eine der in Satz 1 genannten Steuern bekanntgegeben und wird infolgedessen mit einer Außenprüfung nicht begonnen oder eine bereits begonnene Außenprüfung unterbrochen, ist Satz 3 nicht anzuwenden; die Absätze 5 und 6 bleiben unberührt. § 200a Absatz 4 und 5 bleibt unberührt.

(5) Beginnen die Behörden des Zollfahndungsdienstes oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerpflichtigen mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die auf Grund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind; Absatz 4 Satz 2 gilt sinngemäß. Das Gleiche gilt, wenn dem Steuerpflichtigen vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit bekannt gegeben worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(6) Ist bei Steuerpflichtigen eine Außenprüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht durchführbar, wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch durch sonstige Ermittlungshandlungen im Sinne des § 92 gehemmt, bis die auf Grund dieser Ermittlungen erlassenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind. Die Ablaufhemmung tritt jedoch nur dann ein, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist auf den Beginn der Ermittlungen nach Satz 1 hingewiesen worden ist; § 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(7) In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist.

(8) Ist die Festsetzung einer Steuer nach § 165 ausgesetzt oder die Steuer vorläufig festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat. In den Fällen des § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erlangt hat.

(9) Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.

(10) Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids. Ist für den Erlass des Grundlagenbescheids eine Stelle zuständig, die keine Finanzbehörde im Sinne des § 6 Absatz 2 ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt, in dem die für den Folgebescheid zuständige Finanzbehörde Kenntnis von der Entscheidung über den Erlass des Grundlagenbescheids erlangt hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Ist der Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Teils der Steuer, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, nach Absatz 4 gehemmt, endet die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den der Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf der nach Absatz 4 gehemmten Frist.

(10a) Soweit Daten eines Steuerpflichtigen im Sinne des § 93c innerhalb von sieben Kalenderjahren nach dem Besteuerungszeitraum oder dem Besteuerungszeitpunkt den Finanzbehörden zugegangen sind, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang dieser Daten.

(11) Ist eine geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne gesetzlichen Vertreter, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Person unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Dies gilt auch, soweit für eine Person ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet ist, der Betreuer jedoch verstorben oder auf andere Weise weggefallen oder aus rechtlichen Gründen an der Vertretung des Betreuten verhindert ist.

(12) Richtet sich die Steuer gegen einen Nachlass, so endet die Festsetzungsfrist nicht vor dem Ablauf von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet wird oder von dem an die Steuer gegen einen Vertreter festgesetzt werden kann.

(13) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine noch nicht festgesetzte Steuer im Insolvenzverfahren angemeldet, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Insolvenzverfahrens ab.

(14) Die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch endet nicht, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 noch nicht verjährt ist (§ 228).

(15) Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.

(1) Ein Steuerbescheid ist zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder geändert wird,
2.
soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Ereignis eintritt.

(2) Als rückwirkendes Ereignis gilt auch der Wegfall einer Voraussetzung für eine Steuervergünstigung, wenn gesetzlich bestimmt ist, dass diese Voraussetzung für eine bestimmte Zeit gegeben sein muss, oder wenn durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, dass sie die Grundlage für die Gewährung der Steuervergünstigung bildet. Die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gilt nicht als rückwirkendes Ereignis.

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

Die Vorschriften über Rücknahme, Widerruf, Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten gelten auch während eines Einspruchsverfahrens und während eines finanzgerichtlichen Verfahrens. § 130 Abs. 2 und 3 und § 131 Abs. 2 und 3 stehen der Rücknahme und dem Widerruf eines von einem Dritten angefochtenen begünstigenden Verwaltungsakts während des Einspruchsverfahrens oder des finanzgerichtlichen Verfahrens nicht entgegen, soweit dadurch dem Einspruch oder der Klage abgeholfen wird.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.

(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.

(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.

(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.