Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 06. Mai 2015 - 4 K 2085/14
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger begehrt mit der Klage die Ungültigkeitserklärung der Wahl zur Vertretung der T. B. vom 25. Mai 2014 und die Anordnung einer Wiederholungswahl.
3Der Kläger ist 2. Stellvertretender Vorsitzender der Wählergruppe V. Regionalverband B. e.V. – G. X. (V. ) und kandidierte für die V. bei der Wahl zum T. ‑ Tag als Bewerber sowohl in einem Wahlbezirk als auch auf der Reserveliste (Listenplatz Nr. 2). Er macht im Kern Wahlfehler wegen der Zurückweisung des Wahlvorschlags der V. für die Reserveliste durch den Wahlausschuss der Beklagten mangels Beifügung von Zustimmungserklärungen der Bewerber und wegen einer Pflichtverletzung des Wahlamtsleiters bei der Prüfung des Wahlvorschlags geltend.
4Am 15. Januar 2014 veröffentlichte die Beklagte in ihrem amtlichen Mitteilungsblatt die Aufforderung zur Einreichung von Wahlvorschlägen für die Wahl ihrer Vertretung in 36 Wahlbezirken und aus den Reservelisten im Jahr 2014. Darin wird in Nr. 3 u.a. darauf hingewiesen, dass Wahlvorschläge bis zum 48. Tag vor der Wahl, dem 7. April 2014, 18.00 Uhr, (Ausschlussfrist), beim Wahlleiter eingereicht und dass nach Ablauf dieser Frist nur noch solche Mängel behoben werden können, die die Gültigkeit von Wahlvorschlägen nicht berühren. Außerdem enthält die Bekanntmachung in den Nrn. 5 und 6 den Hinweis, dass dem Wahlvorschlag für die Wahl im Wahlbezirk (Anlage 11a zur Kommunalwahlordnung) u.a. die Zustimmungserklärung des Bewerbers zu seiner Aufstellung nach dem Muster der Anlage 12a zur Kommunalwahlordnung beizufügen ist, wobei die Erklärung auch auf dem Wahlvorschlag abgegeben werden kann, und dass dem Wahlvorschlag für die Reserveliste (Anlage 11b zur Kommunalwahlordnung) die Zustimmungserklärungen der einzelnen Bewerber nach dem Muster der Anlage 12b zur Kommunalwahlordnung beizufügen sind, die auch auf dem Wahlvorschlag erfolgen können. Unter Nr. 9 heißt es, dass ein gültiger Wahlvorschlag u.a. nicht vorliegt, wenn die Zustimmungserklärungen der Bewerber bei Ablauf der Einreichungsfrist fehlen.
5Auf Anforderung übersandte der Leiter des Wahlamts der Beklagten der V. am 22. Januar 2014 per E-Mail die erforderlichen Vordrucke für die Einreichung von Wahlvorschlägen, einschließlich der Anlage 11b „Wahlvorschlag für die Reserveliste mit Zustimmungserklärungen und Wählbarkeitsbescheinigung" und der Anlage 12b „Zustimmungserklärung für die Reserveliste" zusammen mit der Aufforderung zur Einreichung von Wahlvorschlägen.
6Nach Durchführung der Wahlen zur Aufstellung der Bewerber in den Vertreterversammlungen am 26. Februar 2014 und am 17. März 2014 reichte die V. durch ihren 1. Stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn O. , und ihren Geschäftsführer, Herrn X1. , erstmals am 21. März 2014 verschiedene Unterlagen beim Wahlamt ein, und zwar neben dem Wahlprogramm und den Niederschriften über die Vertreterversammlungen zwei formlose Listen über die gewählten Bewerber in 30 Wahlbezirken und für die Reserveliste zur Anforderung von Vordrucken für Unterstützungsunterschriften sowie Zustimmungserklärungen der Bewerber in 30 Wahlbezirken nach dem Vordruck der Anlage 11a, Abschnitt II, nebst Bescheinigungen der Wählbarkeit, Abschnitt III. Noch am selben Tag händigte der Wahlamtsleiter den Vertretern der V. Formblätter für Unterstützungsunterschriften aus.
7Am 3. April 2014 reichten nach Angaben des Klägers die Herren O. und X1. mehr als 100 Unterstützungsunterschriften für die Reserveliste der V. beim Wahlamt ein.
8Am Freitag, dem 4. April 2014 – dem vorletzten Werktag vor Ablauf der Einreichungsfrist – legten sie für die V. weitere Unterlagen vor, und zwar neben der Satzung sowie Unterstützungsunterschriften für einen Teil der Wahlbezirke laut Eingangsvermerk um 11:00 Uhr auch Wahlvorschläge für 6 Wahlbezirke (4, 9, 11, 12, 13 und 14) nach Anlage 11a sowie den Wahlvorschlag für die Reserveliste auf dem Formular der Anlage 11b, Abschnitt I, nebst einer formlosen Anlage über die gewählten Bewerber. Auf den Wahlvorschlägen waren jeweils als Vertrauensperson Frau L. und als Stellvertretende Vertrauensperson Herr C. benannt.
9Noch am Vormittag des 4. April 2014 informierte – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – der Wahlamtsleiter Herrn O. telefonisch darüber, dass die Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Reserveliste fehlten. Der weitere Inhalt des Telefongesprächs ist zwischen den Beteiligten streitig. Dies gilt ebenso für ein weiteres Telefonat, das zwischen dem Wahlamtsleiter und Herrn O. am Nachmittag des 4. April 2014 geführt wurde. Unstreitig wies der Wahlamtsleiter Herrn O. in diesem Gespräch darauf hin, dass zusätzlich eidesstattliche Versicherungen über die Hilfeleistung beim Ausfüllen der Unterstützungsunterschriften für einige Wahlbezirksvorschläge beizubringen seien, da diese offenbar alle von einer Person ausgefüllt wurden. Außerdem informierte der Wahlamtsleiter zu diesem Vorgang telefonisch auch die stellvertretende Vertrauensperson, Herrn C. .
10Am 7. April 2014 – dem Tag des Ablaufs der Einreichungsfrist – sprachen die Herren O. und X1. erneut im Wahlamt vor und reichten weitere Unterlagen ein, und zwar neben weiteren Unterstützungsunterschriften laut Eingangsvermerk um 9:50 Uhr auch Wahlvorschläge für 3 weitere Wahlbezirke (3, 5 und 10), laut Eingangsvermerk um 15:06 Uhr Wahlvorschläge für 4 weitere Wahlbezirke (15, 17, 24 und 33), jeweils nach Anlage 11a, sowie eidesstattliche Versicherungen über die Hilfeleistung beim Ausfüllen der Unterstützungsunterschriften für 3 Wahlbezirke. Der Inhalt des Gesprächs zwischen dem Wahlamtsleiter und den Vertretern der V. anlässlich dieser letzten Vorsprache ist zwischen den Beteiligten ebenfalls streitig.
11Der Wahlausschuss der Beklagten beschloss in der Sitzung vom 9. April 2014 nach Anhörung der Vertrauenspersonen, die von der V. für 13 Wahlbezirke eingereichten Wahlvorschläge zuzulassen, ihren Wahlvorschlag für die Reserveliste jedoch zurückzuweisen, weil diesem nicht die zwingend erforderlichen Zustimmungserklärungen nach dem Muster der Anlage 12b beigefügt gewesen seien.
12Noch am selben Tag legte die Vertrauensperson, Frau L. , Beschwerde gegen die Zurückweisung der Reserveliste mit der Begründung ein, der Wahlamtsleiter habe in der Einreichungsphase betont, dass die Wahlunterlagen in Ordnung seien. Der Wahlleiter führte in seinem Vorlagebericht vom 16. April 2014 an die Landeswahlleiterin aus, dass die behauptete Aussage des Wahlamtsleiters in der Sitzung des Wahlausschusses nicht habe aufgeklärt werden können, da dieser ab dem 8. April 2014 bis zum 15. Juni 2014 dienstunfähig erkrankt sei und sich nicht in der Lage sehe, Gespräche zu führen. Daher sei offen, ob der Wahlamtsleiter eine solche Aussage getroffen habe und, falls ja, bezogen auf welche Unterlagen. Mit Beschluss vom 24. April 2014 wies der Landeswahlausschuss die Beschwerde nach Anhörung der Vertrauenspersonen wegen fehlender Zustimmungserklärungen zurück.
13Am 25. Mai 2014 fand u.a. die Wahl zum T. - Tag der Beklagten statt.
14Am 2. Juni 2014 erfolgte die Bekanntmachung des amtlich festgestellten Wahlergebnisses im amtlichen Mitteilungsblatt der Beklagten. Die V. erhielt für die in den 13 Wahlbezirken zugelassenen Wahlvorschläge 1.987 bzw. 0,89 % der abgegebenen gültigen Stimmen, konnte aber kein Direktmandat erzielen.
15Der Kläger legte mit Schreiben vom 25. Juni 2014, eingegangen bei der Beklagten am selben Tag, Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum T. - Tag ein und beantragte die Anordnung einer Wiederholungswahl.
16Er begründete den Einspruch damit, dass die Zurückweisung des Wahlvorschlags der V. für die Reserveliste wegen des Verhaltens des Wahlamtsleiters rechtswidrig erfolgt sei. Zwar habe der Wahlamtsleiter am 4. April 2014 Herrn O. telefonisch darüber informiert, dass dem vorgelegten Wahlvorschlag für die Reserveliste die Zustimmungserklärungen der Bewerber fehlten. Herr O. habe hierzu aber darauf hingewiesen, dass die Zustimmungserklärungen der Bewerber zur Aufstellung in den Wahlbezirken bereits vorgelegt worden seien, die seiner Auffassung nach auch die Zustimmung der Bewerber zur Benennung für die Reserveliste enthielten. Der Wahlamtsleiter habe diesem Einwand nicht widersprochen und auch nicht auf die Notwendigkeit der Vorlage von Zustimmungserklärungen nach der Anlage 12b hingewiesen. Auch in einem weiteren Telefonat zwischen dem Wahlamtsleiter und Herrn O. am 4. April 2014, das eine Beanstandung bzgl. der Unterstützungsunterschriften zum Gegenstand gehabt habe, habe der Wahlamtsleiter nicht darauf hingewiesen, dass die Zustimmungserklärungen nach der Anlage 12b noch fehlten. Im Rahmen der Vorsprache von Herrn O. und Herrn X. im Wahlamt am 7. April 2014 habe der Wahlamtsleiter nach Prüfung der vorgelegten Wahlunterlagen beim Abschlussgespräch ebenfalls keine Mängel vorgebracht. Durch dieses Verhalten habe der Wahlamtsleiter den Eindruck erweckt, dass sämtliche für den Wahlvorschlag der V. für die Reserveliste erforderlichen Unterlagen vollständig und ordnungsgemäß vorgelegt worden seien, und damit ein schutzwürdiges Vertrauen der V. in die Ordnungsgemäßheit des Wahlvorschlags begründet. Außerdem habe der Wahlamtsleiter seine Pflicht zur unverzüglichen Prüfung des Wahlvorschlags und zur unverzüglichen Aufforderung der Vertrauenspersonen zur Beseitigung festgestellter Mängel verletzt. Die V. habe erst durch die Beschlussvorlage für den Wahlausschuss vom 9. April 2014 davon erfahren, dass der Wahlvorschlag für die Reserveliste ohne erforderliche Zustimmungserklärungen nach der Anlage 12b vorgelegt worden und daher zurückzuweisen sei. Die Vertrauenspersonen seien zu keinem Zeitpunkt über das Fehlen der Zustimmungserklärungen informiert worden. Im Übrigen stelle das Fehlen der Zustimmungserklärungen für die Reserveliste nach der Anlage 12b auch keinen Mangel dar, der die Zurückweisung des Wahlvorschlags rechtfertige. Denn die V. habe unstreitig die Zustimmungserklärungen der Bewerber zur Benennung in den Wahlbezirken nach Anlage 11a vorgelegt. Diese Zustimmungserklärungen hätten ausgereicht, da alle Bewerber in den Wahlbezirken auch als Bewerber auf der Reserveliste kandidiert hätten. Gesonderte Zustimmungserklärungen für die Aufstellung im Wahlbezirk und für die Reserveliste seien nur vorzulegen, wenn die Kandidaten für die Wahlbezirke und die Reserveliste nicht identisch seien. Der Wahlfehler habe auch entscheidenden Einfluss auf die Zuteilung der Sitze aus der Reserveliste gehabt. Unter Berücksichtigung des festgestellten Wahlergebnisses, wonach die V. für die in nur 13 Wahlbezirken aufgestellten Bewerber 1.987 bzw. 0,89 % der Gesamtstimmen erhalten habe, wäre diese Stimmenzahl bei Zulassung der Reserveliste in gleichlautendem Umfang auf die Kandidaten der Reserveliste entfallen, so dass der V. zumindest ein Sitz im T. - Tag hätte zugeteilt werden müssen.
17Nach Vorprüfung durch den Wahlprüfungsausschuss wies der T. - Tag mit Beschluss vom 2. Oktober 2014 den Einspruch des Klägers gegen die Gültigkeit der Wahl zur Vertretung der Beklagten vom 25. Mai 2014 einstimmig zurück und erklärte die Wahl zur Vertretung der Beklagten für gültig. Die Entscheidung wurde am 9. Oktober 2014 im amtlichen Mitteilungsblatt der Beklagten bekannt gemacht und dem Kläger mit Schreiben des Wahlleiters am 9. Oktober 2014 zugestellt.
18Zur Begründung wurde ausgeführt, die Zustimmungserklärungen zum Wahlvorschlag der V. für die Reserveliste nach der Anlage 12b KWahlO NRW hätten bei Ablauf der Einreichungsfrist nicht vorgelegen. Damit fehle es an einem Erfordernis für einen gültigen Wahlvorschlag, über das alle Wahlvorschlagsberechtigten in der amtlichen Bekanntmachung vom 15. Januar 2014 in Kenntnis gesetzt worden seien. Die vorgelegten Zustimmungserklärungen für die Wahlvorschläge in den Wahlbezirken reichten nicht aus, da die Zustimmungserklärungen zur Kandidatur im Wahlkreis und zur Aufnahme in die Reserveliste nicht deckungsgleich seien. Der Erklärungsinhalt weise in mehrfacher Hinsicht Unterschiede auf. Die erforderliche Vorprüfung des Wahlvorschlags sei unter Berücksichtigung dessen erfolgt, was von der Verwaltung bei der späten Vorlage der Wahlunterlagen an den beiden letzten Arbeitstagen vor Ablauf der Einreichungsfrist noch als Serviceleistung habe geleistet werden können. Der damalige Wahlamtsleiter habe nach eigenem Vortrag des Einspruchsführers am 4. April 2014 auf die fehlenden Zustimmungserklärungen hingewiesen. Die V. habe dies zum Anlass nehmen können und müssen, sich anhand der Wahlbekanntmachung nochmals über dieses Erfordernis kundig zu machen. Dies sei offenbar nicht mit der gebotenen Sorgfalt geschehen. Dass sich nicht aufklären lasse, was bei den zahlreichen telefonischen und persönlichen Kontakten im Verlaufe des 4. und 7. April 2014 im Einzelnen gesagt worden sei, sei unerheblich. Denn weder dem Wahlamtsleiter noch dem Wahlleiter stehe die Befugnis zu rechtsverbindlichen Aussagen über die Vollständigkeit von Wahlunterlagen zu. Dies würde die Entscheidungsbefugnis des hierzu allein berufenen Wahlausschusses präjudizieren. Die Verantwortung für die Einhaltung der wahlrechtlichen Vorgaben, die Monate vor der Wahl öffentlich bekannt gemacht worden seien, trage allein der Wahlvorschlagsbewerber.
19Der Kläger hat 5. November 2014 Klage erhoben.
20Zur Begründung trägt er vertiefend und ergänzend vor, durch die rechtswidrige Zurückweisung der Reserveliste der V. wegen fehlender Zustimmungserklärungen sei der Wahlrechtsgrundsatz der chancengleichen Teilnahme an der Wahl verletzt worden. Zwar hätten bei Ablauf der Einreichungsfrist die erforderlichen Zustimmungserklärungen zur Reserveliste nicht vorgelegen, so dass der Wahlvorschlag für die Reserveliste ungültig gewesen sei. Die Zurückweisung der Reserveliste der V. sei dennoch rechtswidrig erfolgt. Denn zum einem sei der Mangel des Wahlvorschlags allein auf eine Verletzung der Vorprüfungspflicht des Wahlleiters bzw. des für diesen tätigen Wahlamtsleiters nach § 18 Abs. 1 S. 1 KWahlG NRW zurückzuführen. Zum anderen beruhe der Mangel des Wahlvorschlags auf einer unrichtigen Auskunft des Wahlamtsleiters, so dass die Zurückweisung auch unter Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes erfolgt sei, der auch im Wahlverfahren gelte. So habe der Wahlamtsleiter in der Zeit nach Einreichung der Reserveliste am 21. März 2014 bis zum Ablauf der Einreichungsfrist am 7. April 2014 genügend Zeit gehabt, um festzustellen, dass die Zustimmungserklärungen hierfür fehlten. Erst am 4. April 2014 habe er Herrn O. hierauf telefonisch hingewiesen, ohne dabei ein bestimmtes Formular zu nennen. Auf dessen Einwand, dass bereits die Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Aufstellung in den Wahlbezirken vorgelegt worden seien, die auch die Zustimmung für die Benennung in der Reserveliste enthielten, habe der Wahlamtsleiter diese Auffassung nicht beanstandet und nicht auf der Vorlage von Zustimmungserklärungen bestanden. Letztlich sei in diesem Telefonat Übereinstimmung darüber erzielt worden, dass es einer gesonderten Vorlage der Anlage 12b nicht bedürfe. Der Wahlamtsleiter habe auf die Vorlage der Anlage 12b verzichtet. Der Wahlamtsleiter habe ferner weder in dem weiteren Telefonat mit Herrn O. am 4. April 2014, das vermeintliche Mängel von Unterstützungsunterschriften zum Gegenstand gehabt habe, noch bei der Vorsprache von Herrn O. und Herrn X. am 7. April 2014 nach Prüfung der Wahlunterlagen darauf hingewiesen, dass die Zustimmungserklärungen für die Reserveliste noch fehlten. Zu einem solchen Hinweis sei er jedoch spätestens an diesem Tag verpflichtet gewesen. Im Gegenteil habe er bei Herrn O. und Herrn X. den Eindruck erweckt, dass alle erforderlichen Unterlagen sowohl bezüglich der Wahlbezirke als auch bezüglich der Reserveliste vorlägen. Aufgrund dieses Verhaltens des Wahlamtsleiters habe die V. darauf vertraut, dass der Wahlvorschlag für die Reserveliste bei Ablauf der Einreichungsfrist vollständig gewesen sei. Das Vertrauen der V. sei auch schutzwürdig, weil der Wahlamtsleiter unter Verletzung seiner Prüfungspflicht offenkundige Mängel des Wahlvorschlags nicht gerügt habe. Außerdem habe der Wahlamtsleiter – anders als bei den Mängeln der Unterstützungsunterschriften – zu keinem Zeitpunkt die Vertrauenspersonen über das Fehlen der Zustimmungserklärungen informiert. Es sei auch nicht unzulässig, die Frist zur Vorlage der Wahlunterlagen in vollem Umfang auszunutzen. Der Wahlleiter müsse in der Lage sein, die ihm obliegende Vorprüfung auch dann ordnungsgemäß vorzunehmen, wenn ein Antragsteller die ihm zustehende Frist maximal ausnutze. Damit sei der Wahlamtsleiter offensichtlich überfordert gewesen. Ob dessen Erkrankung ab dem 8. April 2014 mit der nicht ordnungsgemäßen Prüfung des Wahlvorschlags zusammenhänge, sei offen, da die Beklagte hierzu aus datenschutzrechtlichen Gründen bisher jede Auskunft verweigert habe. Schließlich treffe es auch nicht zu, dass die Ansprechpartner der V. im Zeitraum vom 15. Januar 2014 bis zum 7. April 2014 mehrfach gewechselt hätten. Nach Erkrankung der Vertrauensperson Frau L. ab dem 17. März 2014 sei für die Einreichung der Wahlunterlagen federführend Herr O. verantwortlich gewesen, der hierbei von Herrn X. unterstützt worden sei. Diese hätten alle für die Prüfung der Wahlunterlagen erforderlichen Handlungen gegenüber dem Wahlamtsleiter vorgenommen.
21Im Übrigen habe Herr O. nach der Zurückweisung der Reserveliste durch den Wahlausschuss innerhalb einer Woche Zustimmungserklärungen von 10 der 15 auf der Reserveliste benannten Kandidaten nach dem Muster der Anlage 12b nachträglich eingeholt. Diese Zustimmungserklärungen hätten dem Landeswahlausschuss in seiner Sitzung am 24. April 2014 ohne Weiteres vorgelegt werden können. Die Beklagte habe der V. dabei jedoch keine Unterstützung gewährt. In der Sitzung des Wahlausschusses habe Herr O. außerdem vorgeschlagen, dass er und Frau L. ihre Zustimmungserklärungen auf einem Formular der Anlage 12b nachträglich unterzeichnen könnten, um so die Reserveliste zumindest für zwei Wahlbezirke gültig zu machen, was der Wahlleiter bzw. Wahlausschuss jedoch strikt abgelehnt habe.
22Der Kläger beantragt,
23die Beklagte unter Aufhebung des Beschlusses des T. ‑ Tags vom 2. Oktober 2014 zu verpflichten, durch den T. - Tag einen Wahlprüfungsbeschluss dahingehend zu fassen, dass die Wahl zum T. - Tag vom 25. Mai 2014 im ganzen Wahlgebiet für ungültig erklärt und eine Wiederholungswahl für die Wahl zum T. ‑ Tag im ganzen Wahlgebiet angeordnet wird.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen, hilfsweise die Berufung gemäß § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zuzulassen.
26Sie trägt vor, dass es bei der Vorprüfung der von der V. eingereichten Wahlunterlagen durch den Wahlamtsleiter in seiner Funktion als Vertreter des Wahlleiters nicht zu Fehlern gekommen sei, die den Tatbestand der Unregelmäßigkeit der Wahl im Sinne von § 40 Abs. 1 b) KWahlG NRW erfüllten. Unstreitig sei, dass bei Ablauf der Einreichungsfrist die erforderlichen Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Reserveliste nicht vorgelegen hätten, und zwar weder in Form der Anlage 11b noch in Form der Anlage 12b. Die fehlenden Zustimmungserklärungen könnten auch nicht durch die Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Wahl in den Wahlbezirken ersetzt werden, da die Zustimmungserklärungen unterschiedliche Erklärungsinhalte aufwiesen. In Bezug auf die als unzureichend gerügte Vorprüfung der Wahlunterlagen durch den Wahlamtsleiter sei zu berücksichtigen, dass die V. die Vorprüfung insgesamt dadurch erschwert habe, dass deren Ansprechpartner in der Einreichungsphase mehrfach gewechselt hätten und dass die Wahlunterlagen nur „scheibchenweise" und die meisten Unterlagen zudem erst am vorletzten bzw. letzten Arbeitstag vor Ablauf der Einreichungsfrist vorgelegt worden seien. Insbesondere habe für den Wahlamtsleiter am 21. März 2014, an dem die V. erstmals einen Teil der Wahlunterlagen vorgelegt habe, noch keine Veranlassung bestanden, die Unterlagen auf ihre Vollständigkeit zu überprüfen. Denn zu diesem Zeitpunkt hätten erkennbar noch zahlreiche Unterlagen gefehlt, die erst an den letzten beiden Werktagen vor Ablauf der Einreichungsfrist vorgelegt worden seien. Erst am 4. April 2014, dem Tag, an dem die V. die Wahlvorschläge für die Reserveliste und für einen Teil der Wahlbezirke vorgelegt habe, habe sich der Wahlamtsleiter erstmals einen gewissen Überblick über die noch fehlenden Unterlagen verschaffen können. Im Rahmen der ihm an den letzten beiden Arbeitstagen vor Ablauf der Einreichungsfrist zur Verfügung stehenden Zeit habe er alles Erforderliche getan, um die eingereichten Wahlvorschläge zu prüfen und die Voraussetzungen für die Zulassung auch der Reserveliste zu schaffen. Insbesondere habe er – was der Kläger selbst einräume – am 4. April 2014 darauf hingewiesen, dass die erforderlichen Zustimmungserklärungen für die Reserveliste noch fehlten. Mehr habe zu diesem Zeitpunkt – auch unter Berücksichtigung der notwendigen Sichtung der zahlreichen weiteren Wahlunterlagen – nicht verlangt werden können. Der Wahlamtsleiter sei auch nicht verpflichtet gewesen, auf den Mangel der fehlenden Zustimmungserklärungen wiederholt hinzuweisen. Zwar sei es zulässig, eine gesetzlich eingeräumte Frist bis zu ihrem Ablauf voll auszuschöpfen. Eine andere Frage sei aber, welchen Umfang die Vorprüfungspflicht des Wahlleiters habe, wenn Wahlvorschläge erst kurz vor Ablauf der Einreichungsfrist vorgelegt würden. Werde die mehrmonatige Einreichungsfrist – wie hier – bis in die letzten Stunden vor Ablauf ausgeschöpft, seien die Anforderungen an die Vorprüfung durch den Wahlleiter entsprechend zu reduzieren. Dies folge schon daraus, dass eine Vollprüfung innerhalb nur weniger verbleibender Stunden objektiv unmöglich sei. Im Übrigen seien die formalen Anforderungen an die Einreichung ordnungsgemäßer Wahlvorschläge einschließlich der Vorlage von Zustimmungserklärungen in der amtlichen Wahlbekanntmachung klar formuliert gewesen und die entsprechenden Unterlagen der V. bereits Ende Januar 2014 übermittelt worden. Ausdrücklich bestritten werde, dass der Wahlamtsleiter gegenüber den Vertretern der V. wörtlich oder sinngemäß Erklärungen abgegeben habe, die als „Verzicht" auf die Vorlage der Zustimmungserklärungen nach der Anlage 12b oder als „Bestätigung der Vollständigkeit der eingereichten Wahlunterlagen" hätten gedeutet werden können. Die vom Kläger erst im Klageverfahren vorgelegten Zustimmungserklärungen von 10 Bewerbern der Reserveliste auf dem Formblatt der Anlage 12b, datierend vom 22. und 23. April 2014, führten ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Bei der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen handele es sich um eine gesetzliche Ausschlussfrist. Nachträglich vorgelegte Unterlagen zur Beseitigung von Mängeln, die die Gültigkeit von Wahlvorschlägen beträfen, könnten daher nicht mehr berücksichtigt werden. Auch stelle sich die Frage einer vom Kläger gerügten fehlenden Unterstützung durch den Wahlleiter oder Wahlausschuss nicht. Denn für eine wahlrechtlich unzulässige Handlung, wie die vom Kläger der Sache nach geforderte Fristverlängerung, könne es keine behördliche Pflicht zur Unterstützung geben.
27Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (zwei Bände).
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
29Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
30I. Die auf die Ungültigkeitserklärung der Wahl zum T. ‑ Tag der Beklagten und die Anordnung einer Wiederholungswahl durch den T. ‑ Tag gerichtete Wahlprüfungsklage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 41 Abs. 1 S. 1 KWahlG NRW statthaft, da es sich bei der erstrebten Wahlprüfungsentscheidung des T ‑ Tags um einen Verwaltungsakt handelt.
31Vgl. hierzu: OVG NRW, Urteil vom 28. November 1980 - 15 A 1660/80 -DVBl. 1981, 874.
32Das Gesetz über die Kommunalwahlen im Lande Nordrhein-Westfalen findet auf die Beklagte Anwendung (vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 KWahlG NRW), da gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes zur Bildung der T. B. (B. ‑ G) auf diese die für Kreise geltenden Vorschriften Anwendung finden, soweit – was hier nicht der Fall ist – durch dieses Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
33Der Kläger ist auch gemäß § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 41 Abs. 1 S. 1 KWahlG NRW klagebefugt, da er als Wahlberechtigter einspruchsberechtigt ist (vgl. § 39 Abs. 1 S. 1 1. Alt. KWahlG NRW). Insbesondere hat er zuvor gegen die Gültigkeit der T. ‑ Tagswahl am 25. Juni 2014 form- und fristgerecht binnen eines Monats nach der am 2. Juni 2014 erfolgten öffentlichen Bekanntmachung des Wahlergebnisses beim Wahlleiter (vgl. § 2 Abs. 2 S. 2, 2. Halbs. KWahlG NRW) Einspruch erhoben (vgl. § 39 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. und S. 2, Abs. 2 KWahlG NRW i.V.m. §§ 63, 83 Abs. 3 bis 5 KWahlO NRW). Sein auf einen Wahlfehler nach § 40 Abs. 1 Buchst. b KWahlG NRW gestützter Einspruch ist mit dem Wahlprüfungsbeschluss des T. ‑ Tags vom 2. Oktober 2014 zurückgewiesen worden.
34Dass die V. gegen den Beschluss des Wahlausschusses vom 9. April 2014, mit dem ihr Wahlvorschlag für die Reserveliste zurückgewiesen worden ist, zuvor durch ihre Vertrauensperson – erfolglos – Beschwerde zum Landeswahlausschuss nach § 18 Abs. 4 KWahlG NRW eingelegt hat, steht der Zulässigkeit des Einspruchs nicht entgegen. Denn gemäß § 39 Abs. 2 S. 2 KWahlG NRW bleibt der Rechtsbehelf nach § 18 Abs. 4 KWahlG NRW vom Einspruchsrecht unberührt, d.h. ein Einspruch ist neben der Beschwerde – kumulativ – zulässig. Die Beschwerdeentscheidung ist für die Aufstellung der Bewerber zur Wahl zwar endgültig (vgl. § 18 Abs. 4 S. 8 KWahlG NRW), sie schließt die Erhebung eines Einspruchs im Wahlprüfungsverfahren jedoch nicht aus (vgl. § 18 Abs. 4 S. 9 KWahlG NRW). Daraus folgt zugleich, dass sie im Wahlprüfungsverfahren auch keine Bindungswirkung entfaltet.
35Vgl. Schneider, in: Kallerhoff/von Lennep/Bätge/Becker/Schneider/ Schnell, Handbuch zum Kommunalwahlrecht in NRW, Praxiskommentar und Ratgeber, 2008, S. 292 ff. (F. 4.3).
36Die Klage vom 5. November 2014 ist auch fristgerecht binnen eines Monats nach der – förmlichen – Bekanntgabe des Wahlprüfungsbeschlusses an den Kläger am 9. Oktober 2014 erhoben worden (vgl. § 41 Abs. 1 S. 1 KWahlG NRW i.V.m. § 65 S. 1 Nr. 1 KWahlO NRW).
37Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es vor Erhebung der Wahlprüfungsklage nicht (vgl. § 41 Abs. 1 S. 4 KWahlG NRW i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 VwGO).
38Die Klage ist zutreffender Weise gegen die Beklagte und nicht gegen den T. ‑ Tag zu richten (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, nach Wegfall des Behördenprinzips mit Inkrafttreten des Justizgesetzes NRW zum 1. Januar 2011). Denn es handelt sich hier nicht um ein sog. Organstreitverfahren, bei dem der T. ‑ Tag als entscheidendes Organ der richtige Beklagte wäre. Ein solches läge nur dann vor, wenn die Beteiligten über die sich aus dem kommunalen Verfassungsrecht ergebenden Rechte und Pflichten im Bereich kommunaler Organe streiten würden. Um einen solchen Rechtsstreit geht es hier jedoch nicht. Die Wahlprüfungsklage stellt sich vielmehr als Fortsetzung des Wahlprüfungsverfahrens dar, das dazu bestimmt ist, im öffentlichen Interesse die gesetzmäßige Zusammensetzung der Volksvertretung zu gewährleisten. Soweit der Kläger bei der Städteregionstagwahl ohne Erfolg als Direkt- und Reservelistenkandidat für die V. angetreten und damit nicht Mitglied des neuen T. ‑ Tags geworden ist, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn insoweit kann er kein Recht aus einem bereits bestehenden Mandatsverhältnis, sondern lediglich ein Recht auf das Mandat, d.h. sein passives Wahlrecht geltend machen, das als subjektives Recht jedem Bürger gegenüber der Gemeinde bzw. dem Gemeindeverband zusteht.
39Vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 2012 - 8 B 27.12 -, NVwZ 2012, 1117 = juris, Rn. 5; OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 2011 - 15 A 876/11 -, DVBl. 2012, 588 = juris, Rn. 48 ff.
40Die Kammer hat daher das Passivrubrum von Amts wegen entsprechend berichtigt, ohne dass dies die Zulässigkeit bzw. Begründetheit der Klage berührte (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 1, 2. Halbs. VwGO).
41II. Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
42Der angegriffene Beschluss des T. - Tags vom 2. Oktober 2014, mit dem die Wahl zum T. - Tag der Beklagten für gültig erklärt wurde, ist rechtmäßig. Dem Kläger steht kein Anspruch darauf zu, dass der T. ‑ Tag der Beklagten einen Wahlprüfungsbeschluss dahingehend fasst, dass die Wahl zum T. ‑ Tag vom 25. Mai 2014 insgesamt für ungültig erklärt und eine Wiederholungswahl für das ganze Wahlgebiet angeordnet wird (vgl. § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).
43Prüfungsmaßstab für die gerichtliche Überprüfung der Wahlprüfungsentscheidung des T. ‑ Tags der Beklagten bilden dabei allein die vom Kläger zuvor im kommunalen Wahlprüfungsverfahren fristgerecht und hinreichend substantiiert vorgebrachten Einspruchsgründe. Dies beruht darauf, dass eine gerichtliche Wahlanfechtung nur auf Beanstandungen gestützt werden kann, die schon Gegenstand des vorangegangenen Einspruchsverfahrens gewesen sind (sog. Anfechtungsprinzip). Ebenso wie der Kläger danach gehindert ist, im gerichtlichen Verfahren neue, im Einspruchsverfahren nicht vorgebrachte Gründe, geltend zu machen, darf das Wahlprüfungsgericht nicht von Amts wegen neue Wahlanfechtungsgründe, die nicht Gegenstand des Einspruchs gewesen sind, seiner Entscheidung zugrunde legen.
44Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. Dezember 2011 - 15 A 876/11 -, DVBl. 2012, 588 = juris, Rn. 79, und vom 15. Dezember 1971 - III A 35/71, OVGE 27, 209 ff.; Beschluss vom 22. April 2005 - 15 E 511/05 -.
45Bei der Wahl zum T. ‑ Tag der Beklagten sind keine Unregelmäßigkeiten im Wahlverfahren nach § 40 Abs. 1 Buchst. b KWahlG NRW vorgekommen, die zumindest auf die Reserveliste von entscheidendem Einfluss gewesen sein können.
46Nach dieser Vorschrift ist eine Wahl für ungültig zu erklären und eine Wiederholungswahl anzuordnen, wenn festgestellt wird, dass bei der Vorbereitung der Wahl oder bei der Wahlhandlung Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind, die im jeweils vorliegenden Einzelfall auf das Wahlergebnis im Wahlbezirk oder auf die Zuteilung der Sitze aus der Reserveliste von entscheidendem Einfluss gewesen sein können. Dabei ist der Begriff der Unregelmäßigkeit (Wahlfehler) unter Berücksichtigung des Zwecks des Wahlprüfungsverfahrens, im öffentlichen Interesse die gesetzmäßige Zusammensetzung der Volksvertretung zu gewährleisten, weit zu verstehen. Er erfasst alle Umstände, die dem Schutzzweck der wahlrechtlichen Bestimmungen und Grundsätze zuwiderlaufen.
47Vgl. OVG NRW, Urteile vom 15. Dezember 2011 - 15 A 876/11 -, DVBl. 2012, 588 = juris, Rn. 65, und vom 19. Februar 1982 - 15 A 1452/81, NVwZ 1983, 627.
48Davon ausgehend ist nicht festzustellen, dass es bei der Wahl zum T. ‑ Tag der Beklagten im Zusammenhang mit der Zurückweisung des Wahlvorschlags der V. für die Reserveliste zu einem Wahlfehler gekommen ist.
49Weder hat der Wahlausschuss der Beklagten den Wahlvorschlag der V. für die Reserveliste zu Unrecht zurückgewiesen (1.), noch hat der Wahlamtsleiter der Beklagten in seiner Funktion als Vertreter des Wahlleiters in relevanter Weise gegen die gesetzliche Pflicht zur Vorprüfung des Wahlvorschlags verstoßen (2.).
501. Eine Unregelmäßigkeit bei der Vorbereitung der Wahl kann insbesondere in einer zu Unrecht erfolgten Zurückweisung eines Wahlvorschlags durch den Wahlausschuss liegen (vgl. § 39 Abs. 2, § 67 Abs. 4 S. 1 KWahlG NRW). Wird nämlich ein Wahlvorschlag unter Verletzung wahlrechtlicher Vorschriften und damit zu Unrecht zurückgewiesen, führt dies in der Sache zu einer Verletzung des Grundsatzes der Gleichheit der Wahl (vgl. Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG), weil dadurch das Recht der Wahlbewerber auf chancengleiche Teilnahme an der Kommunalwahl, das auch für die Wahlvorbereitung Geltung beansprucht,
51vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 17. Oktober 1990 - 2 BvE 6,7/90 -, BVerfGE 82, 353,
52unzulässig beeinträchtigt wird.
53Der Beschluss des Wahlausschusses vom 9. April 2014, mit dem der Wahlvorschlag der V. für die Reserveliste zurückgewiesen worden ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß § 18 Abs. 3 S. 2 KWahlG NRW hat der Wahlausschuss Wahlvorschläge zurückzuweisen, wenn sie verspätet eingereicht sind, den durch dieses Gesetz oder durch die Wahlordnung aufgestellten Anforderungen nicht entsprechen oder aufgrund einer Entscheidung nach Art. 9 Abs. 2, Art. 21 Abs. 2 GG oder Art. 32 Abs. 2 der Landesverfassung NRW unzulässig sind.
54Der Wahlvorschlag der V. für die Reserveliste entsprach nicht den formellen gesetzlichen Anforderungen an gültige Wahlvorschläge, weil ihm bei Ablauf der Einreichungsfrist keine Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Reserveliste beigefügt waren (a). Die Vorlage dieser Zustimmungserklärungen war auch nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes entbehrlich (b).
55a) Gemäß § 16 Abs. 3 i.V.m. § 15 Abs. 3 S. 4 KWahlG NRW darf in einen Wahlvorschlag für die Reserveliste nur aufgenommen werden, wer seine Zustimmung schriftlich erteilt hat. Gemäß § 31 Abs. 3 S. 5 KWahlO NRW ist die Zustimmungserklärung auf der Reserveliste nach dem Muster der Anlage 11b oder nach dem Muster der Anlage 12b abzugeben. Die Benutzung dieser Formulare ist zwingend vorgeschrieben, wie sich zum einen aus dem Wortlaut der Vorschrift („ist“) und zum anderen aus einem systematischen Vergleich der Vorschrift mit anderen Regelungen ergibt (vgl. § 31 Abs. 1 S. 1 KWahlO NRW, wonach die Reserveliste nach dem Muster der Anlage 11b eingereicht werden „soll“, während nach Satz 2 der Vorschrift die dort genannten Angaben wiederum zwingend sind („muss“).
56Die ordnungsgemäße Abgabe der Zustimmungserklärung bis zum Ablauf der Einreichungsfrist – bis zum 48. Tag vor der Wahl, 18:00 Uhr (vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 KWahlG NRW) – ist Voraussetzung für die Abgabe eines gültigen Wahlvorschlags (vgl. § 16 Abs. 3 i.V.m. § 15 Abs. 3 S. 5 KWahlG NRW). Die ausdrückliche Verknüpfung der Zustimmungserklärung mit der Gültigkeit des Wahlvorschlags zeigt, dass es sich hierbei nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt, deren Verletzung der Zulassung des Wahlvorschlags nicht entgegensteht. Die Einordnung der Zustimmungserklärung als Voraussetzung für einen gültigen Wahlvorschlag entspricht im Übrigen auch dem Zweck der Vorschrift. Denn durch die Zustimmungserklärung soll verhindert werden, dass jemand ohne sein Einverständnis als Wahlbewerber vorgeschlagen wird und hierdurch in seinem Persönlichkeitsrecht in der Ausprägung des informationellen Selbstbestimmungsrechts verletzt wird. Darüber hinaus wird dadurch das Prinzip der Personenwahl gesichert, das gefährdet wäre, wenn die gegen ihren Willen als Kandidat benannte Person die Wahl nicht annehmen und dann an ihrer Stelle ein Nachfolger aus der Reserveliste der Partei oder Wählergruppe das Mandat erwerben würde.
57Vgl. Bätge, Wahlen und Abstimmungen in NRW, Kommentar für die Praxis, Bd. 1, Stand: Februar 2015, § 15 KWahlG Rn. 13.
58Das bedeutet, dass es schon an einem gültigen Wahlvorschlag fehlt, wenn die Zustimmungserklärung eines Bewerbers für die Reserveliste bei Ablauf der Einreichungsfrist nicht beim Wahlleiter vorliegt. Insoweit stellt das Fehlen der Zustimmungserklärung einen Mangel dar, der einen gültigen Wahlvorschlag erst gar nicht entstehen lässt und damit auch nicht bis zur Entscheidung über die Zulassung des Wahlvorschlags durch den Wahlausschuss behoben werden kann (vgl. § 18 Abs. 2 S. 1 KWahlG NRW, § 27 Abs. 1 S. 3 und 4 KWahlO NRW).
59Vgl. hierzu auch: OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1986 - 15 A 2237/85 -, OVGE 38, 263; Bätge, in: Kallerhoff/u.a., a.a.O., S. 145 (B 7.3.2) und S. 153 (B. 7.5.1 und 7.5.2), m.w.N.; Bätge, a.a.O., § 18 KWahlG Rn. 5.
60Vorliegend waren dem – ausweislich des Eingangsvermerks am 4. April 2014, 11:00 Uhr, zwar rechtzeitig vorgelegten – Wahlvorschlag der V. für die Reserveliste bei Ablauf der Einreichungsfrist am 7. April 2014, 18:00 Uhr, keine Zustimmungserklärungen der darin benannten Bewerber beigefügt, und zwar weder nach dem Muster der Anlage 11b, II. Abschnitt, noch nach dem Muster der Anlage 12b. Dies ergibt sich aus den von der Beklagten vorgelegten Wahlunterlagen der V. und wurde im Übrigen auch von der Vertrauensperson Frau L. in der Sitzung des Wahlausschusses am 9. April 2014 im Rahmen ihrer Anhörung bestätigt. Nach ihren Angaben hat die V. zu keinem Zeitpunkt eines der vorgenannten Formulare ausgefüllt.
61Die fehlenden Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Reserveliste ist auch nicht deswegen unschädlich, weil zum Zeitpunkt des Ablaufs der Einreichungsfrist die Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Wahlvorschlägen in den Wahlbezirken, die zugleich für die Reserveliste kandidierten, nach dem Muster der Anlage 11a, II. Abschnitt, vorgelegen haben. Die Zustimmungserklärungen der Bewerber in den Wahlbezirken können die Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Reserveliste nicht ersetzen.
62Aus den Vorschriften des Wahlgesetzes und der Kommunalwahlordnung für das Land NRW ergibt sich schon in formeller Hinsicht, dass die Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Wahlvorschläge in den Wahlbezirken und für die Reserveliste gesondert vorzulegen sind. So sind die Anforderungen an Wahlvorschläge in den Wahlbezirken in § 15 KWahlG NRW i.V.m. § 26 KWahlO NRW geregelt, während die Anforderungen an Wahlvorschläge für die Reservelisten in § 16 KWahlG NRW i.V.m. § 31 KWahlO NRW normiert sind. Für Wahlvorschläge in den Wahlbezirken bestimmt § 15 Abs. 3 S. 4 KWahlG NRW, dass diesen eine schriftliche Zustimmungserklärung des vorgeschlagenen Bewerbers beizufügen ist, die gemäß § 26 Abs. 4 Nr. 1 KWahlO NRW entweder auf dem Muster der Anlage 12a oder auf dem Muster der Anlage 11a, II. Abschnitt, abgegebenen werden kann. Demgegenüber bestimmen § 16 Abs. 3 i.V.m. § 15 Abs. 3 S. 4 KWahlG NRW für Wahlvorschläge für die Reserveliste, dass auch diesen Zustimmungserklärungen der Bewerber beizufügen sind, die gemäß § 31 Abs. 3 S. 5 KWahlO NRW aber auf der Reserveliste nach dem Muster der Anlage 11b, II. Abschnitt, oder nach dem Muster der Anlage 12b abzugeben sind. Mit den unterschiedlichen Formblättern für die Zustimmungserklärungen für Wahlvorschläge in den Wahlbezirken einerseits und für Wahlvorschläge für die Reserveliste andererseits sehen die wahlrechtlichen Vorschriften eindeutig gesonderte Zustimmungserklärungen für beide Arten von Wahlvorschlägen vor.
63Dass die Vorlage gesonderter Zustimmungserklärungen erforderlich ist, ergibt sich im Übrigen auch aus der Sonderregelung in § 31 Abs. 3 S. 7 KWahlO NRW. Danach bedarf es bei einem Wahlvorschlag für die Reserveliste einer Bescheinigung der Wählbarkeit – die grundsätzlich auf der Anlage 11b, III. Abschnitt, auszustellen ist – nicht, soweit Bewerber gleichzeitig für einen Wahlbezirk aufgestellt sind und die Bescheinigung für diesen Wahlvorschlag vorliegt oder beigebracht wird. Aus dem Fehlen einer entsprechenden Ausnahmeregelung für die Zustimmungserklärungen zur Reserveliste in dem Fall, dass die Bewerber auch in einem Wahlbezirk aufgestellt sind, ist jedoch zu folgern, dass eine solche stets neben der Zustimmungserklärung zum Wahlvorschlag im Wahlbezirk erforderlich ist.
64Dieses Erfordernis erschließt sich ferner daraus, dass die Zustimmungserklärung der Bewerber zu den Wahlvorschlägen in den Wahlbezirken und zu den Wahlvorschlägen für die Reserveliste unterschiedliche Erklärungsinhalte haben, so dass auch in materieller Hinsicht eine Ersetzung der Letzteren durch die Ersteren nicht in Betracht kommt. So erklärt der Bewerber in der Zustimmungserklärung zur Aufnahme in einem Wahlvorschlag in einem Wahlbezirk nach Anlage 11a, II. Abschnitt, oder nach Anlage 12a, dass er seiner Benennung als Bewerber in dem Wahlvorschlag der Partei bzw. Wählergruppe für die Wahl in der Vertretung der T2. für den näher bezeichneten Wahlbezirk zustimmt und versichert zugleich, dass er für keinen anderen Wahlvorschlag in einem Wahlbezirk des Wahlgebiets seine Zustimmung zur Benennung gegeben hat. Demgegenüber erklärt der Bewerber in der Zustimmungserklärung zum Wahlvorschlag für die Reserveliste nach Anlage 11b, II. Abschnitt, oder nach Anlage 12b, dass er seiner Benennung als Bewerber in der Reserveliste nach I. und ggf. als Ersatzbewerber für einen anderen – näher benannten – Bewerber zustimmt, und versichert zugleich, dass er für keine andere Reserveliste des Wahlgebiets seine Zustimmung zur Benennung gegeben hat. Dabei bezieht sich die Zustimmungserklärung ausdrücklich auch auf die laufende Nummer der Reserveliste und damit den konkreten Listenplatz des Bewerbers.
65Soweit in der Zustimmungserklärung zur Aufnahme in einem Wahlvorschlag in einem Wahlbezirk nach Anlage 11a, II. Abschnitt, oder nach Anlage 12a der Zusatz enthalten ist, dass der Bewerber auf der Reserveliste benannt ist, folgt daraus ebenfalls keine Zustimmung zur Benennung in der Reserveliste. Denn zum einen handelt es sich hierbei lediglich um einen informatorischen Hinweis, der für eine formgerechte Zustimmungserklärung nach § 26 Abs. 4 Nr. 1 KWahlO NRW nicht zwingend vorgesehen ist. Zum anderen enthält dieser Hinweis seinem Erklärungsinhalt nach gerade keine Zustimmungserklärung wie sie in der Anlage 11b, II. Abschnitt, bzw. in der Anlage 12b vorgesehen ist.
66Eine Wiedereinsetzung der V. in die versäumte Einreichungsfrist kam ebenfalls nicht in Betracht, da eine solche gemäß § 49 Abs. 2 Satz 2 KWahlG NRW ausdrücklich ausgeschlossen ist.
67Fehlte es danach bei Ablauf der Einreichungsfrist an einem gültigen Wahlvorschlag der V. für die Reserveliste, war der Wahlausschuss der Beklagten gemäß § 18 Abs. 3 S. 2 KWahlG NRW verpflichtet, den Wahlvorschlag zurückzuweisen („hat... zurückzuweisen“). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass das Wahlrecht zur Wahrung der Wettbewerbs- und Chancengleichheit der Wahlvorschlagsträger und damit zur Gewährleistung des Grundsatzes der Gleichheit der Wahl sowie zur Sicherstellung einer möglichst reibungslosen technischen Durchführung der Wahl von einer großen Formenstrenge geprägt ist. Die Nichteinhaltung zwingend vorgeschriebener Formen ist deshalb grundsätzlich ein Grund, den Wahlvorschlag nicht zuzulassen.
68Vgl. zum gleichlautenden § 25 BWahlG: Hahlen, in: Schreiber, BWahlG, Kommentar zum Bundeswahlgesetz, 9. Aufl., 2013, § 25 Rn. 3.
69Dass der Kläger die Zustimmungserklärungen von 10 Bewerbern der Reserveliste auf dem Formblatt der Anlage 12b, datierend vom 22. und 23. April 2014, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgereicht hat, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn – wie dargelegt – handelt es sich bei der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen in Bezug auf das Erfordernis von Zustimmungserklärungen als Voraussetzung für einen gültigen Wahlvorschlag um eine gesetzliche Ausschlussfrist, nach deren Ablauf eine Heilung des Mangels nicht mehr möglich ist.
70Soweit der Kläger beanstandet hat, dass der Wahlausschuss bzw. Wahlleiter es nach Ablauf der Einreichungsfrist abgelehnt habe, die Zustimmungserklärungen in der Sitzung des Wahlausschusses vom 9. April 2014 von der anwesenden Vertrauensperson Frau L. und Herrn O. nachträglich unterzeichnen zu lassen sowie die nachträglich eingeholten Zustimmungserklärungen von 10 Bewerbern der Reserveliste dem Landeswahlausschuss in der Sitzung vom 24. April 2014 vorzulegen, greift diese Rüge aus dem vorgenannten Grund ebenfalls nicht durch. Abgesehen davon ist der Kläger mit diesem Einwand auch deswegen ausgeschlossen, weil er nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens gewesen ist. Der Kläger hat diesen Einwand erstmals im Klageverfahren vorgebracht. Im Einspruchsschreiben vom 25. Juni 2014 findet er keine Erwähnung. Er stellt sich auch nicht etwa als ggf. nachholbare Präzisierung oder sachliche Erweiterung der Begründung einer schon im Einspruchsverfahren vorgebrachten Wahlrüge dar. Denn im Einspruchsverfahren hat der Kläger ausschließlich das Verhalten des Wahlamtsleiters während der Einreichungsphase der Wahlunterlagen beanstandet, während sich der vorgenannte Einwand auf einen bisher nicht Rede stehenden Verfahrensabschnitt des Wahlvorbereitungsverfahrens bezieht, nämlich die Sachbehandlung durch den Wahlausschuss bzw. Wahlleiter im Rahmen der Prüfung der Zulassung des Wahlvorschlags bzw. des Beschwerdeverfahrens gegen die Zurückweisung des Wahlvorschlags.
71Vgl. für eine ähnliche Konstellation: OVG Brandenburg, Urteil vom 18. Oktober 2001 - 1 A 200/00 -, juris, Rn. 45.
72b) Die Vorlage der Zustimmungserklärungen der Bewerber zum Wahlvorschlag für die Reserveliste der V. war auch nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes wegen einer etwaigen unzutreffenden Auskunft oder Zusage des Wahlamtsleiters der Beklagten in Bezug auf die Erforderlichkeit der Zustimmungserklärungen bzw. die Vollständigkeit der Wahlunterlagen entbehrlich.
73Zwar scheidet die Anwendung des auf materielle Gerechtigkeit (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG) gerichteten Vertrauensschutzprinzips im Rahmen von Wahlverfahren nicht grundsätzlich aus.
74Vgl. OVG NRW, Urteile vom 21. Januar 1977 - XV A 305/76 -, OVGE 32, 216 = juris, Rn. 42 ff., und vom 8. September 1965 - III A 650/65 -, OVGE 21, 332; OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Dezember 1975 - V A 100/75 -,VerwRspr. 27, Nr. 22, S. 985.
75Es entspricht vielmehr dem verfassungsinstitutionellen Rang des Wahlrechts in der Demokratie und seiner Bedeutung für den einzelnen Staatsbürger, wenn es die durch das Vertrauensschutzprinzip auch im Einzelfall ausgeformte Rechtssicherheit genießt. Dennoch kann es im Wahlrecht nur beschränkt Anwendung finden. Denn dieses Prinzip gilt nicht schematisch gleich in allen rechtlich geregelten Lebensbereichen, sondern nur entsprechend den jeweiligen Ordnungsstrukturen. Im Wahlrecht steht aber nicht der – vom Vertrauensschutz begünstigte – Einzelfall im Vordergrund. Die Eigenart dieses Rechtssystems wird vielmehr durch das Interesse aller am demokratischen Wahlverfahren Beteiligten an der Eindeutigkeit und alsbaldigen Wirksamkeit des Wahlergebnisses, d.h. an der Bildung einer arbeitsfähigen Vertretung, bestimmt. Dies äußert sich einerseits in der vom Gesetzgeber vorgesehenen Formenstrenge des Wahlverfahrens und andererseits in den Beschränkungen der Rechtsschutzmittel sowie in den vom Einzelfall absehenden Objektivierungen der materiellen Rechtsschutzgründe.
76Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Januar 1977 - XV A 305/76 -, OVGE 32, 216 = juris, Rn. 42 ff.
77Auskünfte und Zusagen von Wahlorganen können daher nur ausnahmsweise und auf Grund besonderer Umstände, die die im allgemeinen Verwaltungsrecht geltenden Anforderungen übertreffen, schutzwürdige Vertrauenspositionen begründen.
78Vgl. OVG NRW, Urteile vom 21. Januar 1977 - XV A 305/76 -, OVGE 32, 216 = juris, Rn. 42 ff.; vom 8. September 1965 - III A 650/65 -, OVGE 21, 332; OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Dezember 1975 - V A 100/75 -, VerwRspr. 27, Nr. 222, S. 985.
79Derartige besondere Umstände sind in der Rechtsprechung etwa in Betracht gezogen worden, wenn der Wahlleiter bewusst unrichtige Auskünfte erteilt und durch ein solches manipulatives Verhalten seine Neutralitätspflicht verletzt hat,
80vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Dezember 1975 - V A 100/75 -,VerwRspr. 27, Nr. 222, S. 985,
81den sich rechtmäßig verhaltenden Wahlvorschlagsberechtigten veranlasst hat, einen fehlerhaften Wahlvorschlag einzureichen, oder in Widerspruch zu seinen ausdrücklichen Erklärungen im Vorprüfungsverfahren selbst Beschwerde gegen den Beschluss des Wahlausschusses eingelegt hat.
82Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Januar 1977 - XV A 305/76 -, OVGE 32, 216 = juris, Rn. 51 f.
83Die Kammer kann letztlich offen lassen, ob eine vom Kläger behauptete – und von der Beklagten bestrittene – sinngemäße Erklärung des Wahlamtsleiters gegenüber Herrn O. und/oder Herrn X. am 4. und/oder 7. April 2014, dass die Vorlage von Zustimmungserklärungen der Bewerber zum Wahlvorschlag für die Reserveliste nach dem Muster der Anlage 12b bzw. 11b, II. Abschnitt, nicht erforderlich sei bzw. die eingereichten Wahlunterlagen vollständig und in Ordnung seien, überhaupt einen solchen besonderen Umstand für die ausnahmsweise Annahme eines Vertrauensschutzes im Wahlrecht begründen kann. Daran bestehen aus Sicht der Kammer allerdings durchgreifende Zweifel, weil die Zubilligung von Vertrauensschutz bei jeder – wie hier behauptet – objektiv unrichtigen Auskunft von Wahlbehörden unabsehbare Folgen für die Gültigkeit von Kommunalwahlen hätte, da die Wahlbehörden den Wahlvorschlagsträgern bei der Einreichung von Wahlvorschlägen in der Praxis oftmals Auskünfte – zum Teil auch zu rechtlich ungeklärten Fragen – gegeben, und der damit verbundene Eingriff in die Zusammensetzung der gewählten Kommunalvertretung vor dem Bestandserhaltungsinteresse, das seine rechtliche Grundlage im Demokratiegebot findet, kaum zu rechtfertigen sein dürfte.
84Vgl. in diesem Sinne auch: OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Dezember 1975 - V A 100/75 -,VerwRspr. 27, Nr. 222, S. 985; zum Erfordernis des Bestandsschutzes einer gewählten Vertretung allgemein: BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 2012 - 8 B 27/12 -, NVwZ 2012, 1117 = juris Rn. 14 f.
85Denn selbst wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass der Wahlamtsleiter tatsächlich eine Aussage mit dem behaupteten Inhalt getroffen hätte, fehlte es hier bereits an den Voraussetzungen des allgemeinen – für das Verwaltungsrecht im Übrigen anerkannten – Vertrauensschutzes. Nach den hierfür aufgestellten Anforderungen, wie sie in Bezug auf Verwaltungsakte in den §§ 38 und 48 VwVfG NRW ausdrücklich gesetzlich geregelt sind, hängt die Gewährung von Vertrauensschutz u.a. davon ab, dass Vertrauen durch das zuständige Organ verantwortlich veranlasst worden sein muss und dass das so begründete Vertrauen im konkreten Fall auch schutzwürdig ist. An beidem fehlt es hier.
86Zum einen wäre der Wahlamtsleiter in seiner Funktion als Vertreter des Wahlleiters – hier des allgemeinen Vertreters des Städteregionsrates, vgl. § 2 Abs. 2 S. 2 KWahlG NRW i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 KrO NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 2 AachenG – für eine – unterstellte – Erklärung bzw. Zusage, dass der Wahlvorschlag der V. für die Reserveliste auch ohne Zustimmungserklärungen der Bewerber ordnungsgemäß und damit zuzulassen ist, gar nicht zuständig gewesen. Über die Ordnungsgemäßheit und die Zulassung von Wahlvorschlägen entscheidet gemäß § 18 Abs. 3 KWahlG NRW ausschließlich der Wahlausschuss. Nach § 18 Abs. 1 KWahlG NRW hat der Wahlleiter lediglich die verfahrensbegleitende Zuständigkeit, eingereichte Wahlvorschläge vorab zu prüfen und ggf. zur Mängelbeseitigung aufzufordern, und damit die Entscheidung des Wahlausschusses vorzubereiten. Die Pflicht des Wahlleiters zur Vorprüfung der Wahlvorschläge beinhaltet weder eine Kompetenz zur Zulassung noch zur Zurückweisung von Wahlvorschlägen, da diese ausschließlich dem Wahlausschuss als Zulassungsorgan zugewiesen ist.
87Vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Januar 1977 - XV A 305/76 -, OVGE 32, 216 = juris, Rn. 57; Bätge, in: Kallerhoff/ u.a., a.a.O., S. 153 (B.7.5).
88Darüber hinausgehende Beratungs- und Betreuungsaufgaben besitzt er nicht. Die Erteilung von Empfehlungen und Zusicherungen amtlichen Verhaltens gehört nicht zum Amtsauftrag der Wahlorgane.
89Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. November 1996 - 2 L 375/95 -, juris, Rn. 51; OVG NRW, Urteil vom 21. Januar 1977 - XV A 305/76 -, OVGE 32, 216 = juris, Rn. 57; OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Dezember 1975 - V A 100/75 -,VerwRspr. 27, Nr. 222, S. 985.
90Des Weiteren wäre ein durch eine solche – unterstellte – Erklärung bzw. Zusage des Wahlamtsleiters begründetes Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles auch nicht schutzwürdig.
91Zunächst können Wahlvorschlagsträger schon generell nicht darauf vertrauen, dass ein vom Wahlleiter oder seinem Stellvertreter unbeanstandet gebliebener Wahlvorschlag tatsächlich ohne Fehler ist oder dass über gerügte Mängel hinaus keine weiteren Mängel bestehen.
92Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 21. August 1991 - 4 B 91.194 -, juris Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1986 - 15 A 2237/85 -, OVGE 38, 263; Hahlen, in: Schreiber, a.a.O., § 25 Rn. 2, m.w.N.
93Darüber hinaus scheidet eine Schutzwürdigkeit des Vertrauens der V. auf eine vom Wahlamtsleiter – unterstellt – erklärte Entbehrlichkeit der Zustimmungserklärungen bzw. bestätigte Ordnungsgemäßheit ihres Wahlvorschlags auch deswegen aus, weil ihr das Erfordernis der Beifügung von Zustimmungserklärungen zum Wahlvorschlag für die Reserveliste bekannt war bzw. zumindest hätte bekannt sein müssen (unter Heranziehung des in § 48 Abs. 2 S. 3 VwVfG NRW zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens, wonach sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen kann, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte).
94So sind nämlich alle Wahlvorschlagsberechtigten und damit auch die V. in der amtlich bekannt gemachten Aufforderung zur Abgabe von Wahlvorschlägen vom 15. Januar 2014 ausdrücklich darüber informiert worden, dass dem Wahlvorschlag für die Reserveliste (Anlage 11b) u.a. die Zustimmungserklärungen der einzelnen Bewerber nach dem Muster der Anlage 12b beizufügen sind, wobei diese auch auf dem Wahlvorschlag erfolgen könnten (vgl. Ziffer 6 der amtlichen Bekanntmachung). Außerdem wurden die Wahlvorschlagsberechtigten in der Bekanntmachung darüber informiert, dass den Wahlvorschlägen für die Wahl in den Wahlbezirken (Anlage 11a) demgegenüber u.a. die Erklärung des vorgeschlagenen Bewerbers nach dem Muster der Anlage 12a, dass er seiner Aufstellung zugestimmt und keinen anderen Wahlvorschlag in einem Wahlbezirk des Wahlgebiete seine Zustimmung zur Benennung als Bewerber gegeben hat, beizufügen ist, wobei die Zustimmungserklärung auch auf dem Wahlvorschlag abgegeben werden könne (vgl. Ziffer 5 der amtlichen Bekanntmachung). Die Aufforderung zur Abgabe von Wahlvorschlägen mit den entsprechenden Informationen wurde der V. vom Wahlamtsleiter mit E-Mail vom 22. Januar 2014 zudem nochmals als digitale Datei übermittelt.
95Außerdem wird auf das Erfordernis der Beifügung von – gesonderten – Zustimmungserklärungen der Bewerber zum Wahlvorschlag für die Reserveliste auch ausdrücklich in dem amtlichen Vordruck zur Einreichung des Wahlvorschlags hingewiesen. So heißt es in der Fußnote 4 zur Ziffer 3 a) auf dem Muster der Anlage 11b – Wahlvorschlag für die Reserveliste –: „Einer besonderen Zustimmungserklärung zum Reservelistenvorschlag bedarf es auch dann, wenn der/die Bewerber/in gleichzeitig in einem Wahlbezirk antritt“.
96Unter diesen Umständen musste der V. die Notwendigkeit der Beifügung von Zustimmungserklärungen auch zum Wahlvorschlag für die Reserveliste bekannt sein. Werden diese eindeutigen und unmissverständlichen Informationen vom Wahlvorschlagsberechtigten nicht zur Kenntnis genommen, verletzt dieser die ihm im Zusammenhang mit der Einreichung von Wahlvorschlägen selbst obliegenden Sorgfaltspflichten in besonderem Maße und handelt damit grob fahrlässig. Denn ungeachtet der Vorprüfungspflicht des Wahlleiters liegt es in erster Linie in der Ver-antwortungssphäre des jeweiligen Wahlvorschlagsträgers, sich mit den formalen Anforderungen an die Einreichung von Wahlvorschlägen vertraut zu machen und für die Vollständigkeit der Unterlagen sowie die Übereinstimmung des Wahlvorschlags mit den Vorschriften des Kommunalwahlgesetzes und der Kommunalwahlordnung Sorge zu tragen.
97Vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 18. Oktober 2001 - 1 A 200/00 -, juris, Rn. 49; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. November 1996 - 2 L 375/95 -, juris, Rn. 51; Bayerischer VGH, Beschluss vom 21. August 1991 - 4 B 91.194 -, juris, Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1986 - 15 A 2237/85 -, OVGE 38, 263; Bätge, in: Kallerhoff/u.a., a.a.O., S. 147 (B. 7.4.3) und 154 (B. 7.5. 2); Bätge, a.a.O., § 18 KWahlG Rn. 2 und § 27 KWahlO Rn.1; Hahlen, in: Schreiber, a.a.O., § 25 Rn. 2.
982. Der Wahlamtsleiter der Beklagten hat in seiner Funktion als Vertreter des Wahlleiters auch nicht in rechtserheblicher Weise gegen die Pflicht zur Vorprüfung des Wahlvorschlags verstoßen.
99Eine Unregelmäßigkeit bei der Vorbereitung der Wahl im Sinne des § 40 Abs. 1 Buchst. b) KWahlG NRW kann ferner vorliegen, wenn der Wahlleiter – oder sein Stellvertreter – seine gesetzliche Pflicht zur Prüfung von Wahlvorschlägen nach § 18 Abs. 1 KWahlG NRW i.V.m. §§ 27 Abs. 1, 31 Abs. 5 KWahlG NRW verletzt und die Ursache für den Mangel und die dadurch bedingte Zurückweisung des Wahlvorschlags allein in dessen Verantwortungssphäre liegt.
100Vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 21. August 1991 - 4 B 91.194 -, juris, Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1986 - 15 A 2237/85 -, OVGE 38, 263; OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Dezember 1975 - V OVG A 100/75 -, VerwRSpr. 27, 986; Bätge, in: Kallerhoff/u.a., a.a.O., S. 147 (B. 7.4.3) und 154 (E. 7.5.2); Hahlen, in: Schreiber, a.a.O., § 25 Rn. 2; Bätge, a.a.O., § 18 KWahlG Rn. 1 ff.
101Gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 KWahlG NRW hat der Wahlleiter die Wahlvorschläge sofort zu prüfen. Stellt er Mängel fest, so fordert er unverzüglich die Vertrauensperson auf, sie rechtzeitig zu beseitigen (S. 2). Gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 KWahlO NRW, der § 18 Abs. 1 KWahlG NRW konkretisiert (vgl. § 51 Abs. 1 KWahlG NRW) und auch für Wahlvorschläge für die Reserveliste gilt (vgl. § 31 Abs. 5 KWahlO NRW), vermerkt der Wahlleiter auf jedem eingereichten Wahlvorschlag den Tag und die Uhrzeit des Eingangs. Er prüft unverzüglich, ob die eingegangenen Wahlvorschläge vollständig sind und den Erfordernissen des Gesetzes und dieser Verordnung entsprechen (S. 2). Stellt der Wahlleiter Mängel fest, die einen gültigen Wahlvorschlag bis zum Ablauf der Einreichungsfrist nicht zu Stande kommen lassen – § 15 Abs. 2 S. 5 und Abs. 3 S. 5, § 17 Abs. 8 S. 5 des Gesetzes –, so fordert er unverzüglich auf, diese Mängel zu beseitigen (S. 3). Stellt er Mängel fest, die die Gültigkeit des Wahlvorschlags bei Ablauf der Einreichungsfrist nicht berühren, so fordert er unverzüglich auf, diese Mängel bis zur Zulassung zu beseitigen (S. 4).
102Das in diesen Vorschriften vorgesehene Prüfungs- und Mängelbeseitigungsverfahren durch den Wahlleiter gliedert sich in zwei Abschnitte. Zunächst hat der Wahlleiter unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 BGB), die Wahlvorschläge zu prüfen. Dabei setzt die Prüfungspflicht erst nach Eingang des Wahlvorschlags ein. Denn vorher kann dessen Überprüfung auf Vollständigkeit und Übereinstimmung mit den wahlrechtlichen Vorgaben nicht erfolgen.
103Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 3 G 707/07 -, LKRZ 2009, 101 = juris Rn. 47; Bätge, in: Kallerhoff/u.a., a.a.O., S. 153 (B. 7.5); Bätge, a.a.O., § 18 KWahlG Rn. 2.
104Ist die Prüfung beendet und stellt der Wahlleiter Mängel fest, so hat er in einem zweiten Schritt unverzüglich die Vertrauensperson zu benachrichtigen und sie zur Mängelbeseitigung aufzufordern. Rechtlich handelt es sich lediglich um eine Vorprüfung, da – wie dargelegt – die verbindliche Entscheidung über die Mängelfreiheit des Wahlvorschlags nicht vom Wahlleiter, sondern vom Wahlausschuss getroffen wird (vgl. § 18 Abs. 3 KWahlG NRW). Durch die Vorprüfung sollen die Wahlvorschläge für die Zulassungsentscheidung des Wahlausschusses vorbereitet und entscheidungsreif gemacht werden. Die Vorprüfung ist pflichtgemäß durchzuführen und hat sich grundsätzlich auf alle vom Wahlausschuss zu beurteilenden Fragen zu erstrecken (vgl. § 18 Abs. 3 S. 2 KWahlG NRW).
105Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Dezember 1975 - V OVG A 100/75 -, VerwRSpr. 27, 986; Bätge, in: Kallerhoff/u.a., a.a.O., S. 153 (B. 7.5); Bätge, a.a.O., § 18 KWahlG Rn. 2; Hahlen, in: Schreiber, a.a.O., § 25 Rn. 1 f.
106Der Umfang der Prüfungspflicht richtet sich dabei maßgeblich auch nach dem Zeitpunkt des Eingangs des Wahlvorschlags und der bis zum Ablauf der Einreichungsfrist verbleibenden Zeit. Denn es liegt auf der Hand, dass die Anforderungen an Intensität und Tiefe der Vorprüfung des Wahlleiters mit zunehmendem Zeitablauf in Richtung Ablauf der Einreichungsfrist herabzustufen sind, so dass der Prüfungsumfang je nach den Umständen des Einzelfalls von einer Vollprüfung bis hin zu einer lediglich kursorischen Prüfung variieren kann. Wird ein Wahlvorschlag so spät eingereicht, dass eine rechtzeitige gründliche Prüfung nicht mehr möglich ist, so hat dies der Wahlvorschlagsträger selbst zu vertreten. Reicht er Stunden vor Fristablauf einen mangelhaften Wahlvorschlag ein, so kann dieser Umstand zu seinen Lasten gehen.
107Vgl. VG Frankfurt, Urteil 22. November 2002 - 7 B 2305/01 -, juris, Rn. 73; OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1986 - 15 A 2237/85 -, OVGE 38, 263; OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Dezember 1975 - V OVG A 100/75 -, VerwRSpr. 27, 986.
108Trotz der Vorprüfungspflicht des Wahlleiters liegt es nämlich – wie bereits dargelegt – in der primären Verantwortung des Wahlvorschlagsträgers, für die Vollständigkeit der Unterlagen und die Übereinstimmung des Wahlvorschlags mit den Vorschriften des Kommunalwahlgesetzes und der Kommunalwahlordnung Sorge zu tragen. Die Vorprüfungspflicht des Wahlleiters bedeutet nicht, dass die Verantwortung für die Einhaltung der zu beachtenden wahlrechtlichen Vorschriften insgesamt auf diesen übergeht. Dessen Prüfung gibt dem Wahlvorschlagsberechtigten insbesondere nicht die Gewähr dafür, dass ein nicht beanstandeter Wahlvorschlag tatsächlich in jeder Hinsicht mängelfrei ist.
109Vgl. ebenso: OVG Brandenburg, Urteil vom 18. Oktober 2001 - 1 A 200/00 -, juris, Rn. 49; Bayerischer VGH, Beschluss vom 21. August 1991 - 4 B 91.194 -, juris Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1986 - 15 A 2237/85 -, OVGE 38, 263.
110Mit Blick darauf ist eine auf eine Unregelmäßigkeit der Wahl im Sinne des § 40 Abs. 1 Buchst. b) KWahlG NRW führende Pflichtverletzung bei der Vorprüfung etwa dann anzunehmen, wenn der Wahlleiter offenkundige Mängel des Wahlvorschlags nicht gerügt hat. Das gilt insbesondere in Fällen, in denen dem Wahlleiter wegen Einreichung des Wahlvorschlags erst kurz vor Ablauf der Einreichungsfrist für seine Prüfung nur wenige Stunden verblieben sind. Darüber hinaus verletzt der Wahlleiter seine Pflichten aus § 18 Abs. 1 KWahlG NRW in rechtserheblicher Weise, wenn er nachweislich die Vorprüfung überhaupt unterlassen oder sie schuldhaft verzögert oder eine ihm mögliche rechtzeitige Mitteilung von festgestellten Mängeln nicht vorgenommen hat.
111Vgl. hierzu: OVG Brandenburg, Urteil vom 18. Oktober 2001 - 1 A 200/00 -, juris, Rn. 49; Bayerischer VGH, Beschluss vom 21. August 1991 - 4 B 91.194 -, juris, Rn. 22; OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1986 - 15 A 2237/85 -, OVGE 38, 263; Bätge, in: Kallerhoff/u.a., a.a.O., S. 147 (B. 7.4.3) und 154 (B. 7.5. 2); Bätge, a.a.O., § 18 KWahlG Rn. 2 und § 27 KWahlO Rn.1; Hahlen, in: Schreiber, a.a.O., § 25 Rn. 2.
112Ausgehend von diesen Maßstäben hat der Wahlamtsleiter in seiner Funktion als Vertreter des Wahlleiters nach der Einreichung des hier allein maßgeblichen Wahlvorschlags der V. für die Reserveliste seine Pflicht zur Vorprüfung des Wahlvorschlags nicht bzw. nicht in relevanter Weise verletzt.
113a) Zunächst hat der Wahlamtsleiter seine Pflicht zur Prüfung des Wahlvorschlags und Aufforderung zur Mängelbeseitigung tatsächlich erfüllt. Zwar fehlt es an einem förmlichen Vermerk über die Vorprüfung des Wahlvorschlags für die Reserveliste und eine erhobene Mängelrüge, wie er sich – zumindest zum Teil – bei den Wahlvorschlägen für die Wahlbezirke in den Wahlunterlagen findet (sog. "Bearbeitungsbogen zur Vorprüfung eines Wahlvorschlags"). Jedoch hat der Wahlamtsleiter nach eigenen Angaben des Klägers am 4. April 2014 Herrn O. , einen Ansprechpartner der V. , angerufen und fernmündlich auf das Fehlen der Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Reserveliste – einen wohl offenkundigen, da bereits bei kursorischer Prüfung erkennbaren Mangel – hingewiesen. Damit steht fest, dass er sowohl seiner Prüfungspflicht als auch seiner Mängelrügepflicht nachgekommen ist.
114b) Weitergehende Hinweis- und Belehrungspflichten bestanden für den Wahlamtsleiter nach dem erteilten Hinweis nicht. Etwas anderes ergibt sich insbesondere auch nicht mit Blick auf den vom Kläger behaupteten Einwand des Herrn O. , dass die bereits vorgelegten Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Aufstellung in den Wahlbezirken seiner Ansicht nach auch die Zustimmung der Bewerber für die Benennung in der Reserveliste enthielten, zumal diese sowohl in den Wahlbezirken als auch für die Reserveliste kandidierten. Denn die Vorprüfungspflicht des Wahlleiters nach § 18 Abs. 1 S. 1 KWahlG i.V.m. §§ 27 Abs. 1, 31 Abs. 5 KWahlO NRW beinhaltet – wie dargelegt – nicht auch eine allgemeine Pflicht zur Beratung und Betreuung der Wahlvorschlagsträger in rechtlicher Hinsicht.
115Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20. November 1996 - 2 L 375/95 -, juris, Rn. 51; OVG NRW, Urteil vom 21. Januar 1977 - XV A 305/76 -, OVGE 32, 216 = juris, Rn. 57; OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Dezember 1975 - V A 100/75 -,VerwRspr. 27, Nr. 222, S. 985.
116Der Wahlamtsleiter war daher nicht verpflichtet, nach dem Einwand von Herrn O. mit diesem in eine rechtliche Diskussion über das Erfordernis der Vorlage von Zustimmungserklärungen zum Wahlvorschlag für die Reserveliste einzutreten und ihm seine eigene Rechtsauffassung zu offenbaren. Dies folgt auch daraus, dass der Wahlleiter – wie dargelegt – nicht berechtigt ist, verbindliche Zusagen über die Gültigkeit von Wahlvorschlägen zu machen, da die Kompetenz hierfür allein dem Wahlausschuss als Zulassungsorgan zusteht (vgl. § 18 Abs. 3 S. 2 KWahlG NRW). Eine weitergehende Pflicht zur Erteilung von rechtlichen Hinweisen ist insbesondere auch dann abzulehnen, wenn sich – wie hier – die wahlrechtlichen Anforderungen an die Einreichung von Wahlvorschlägen, über die der Wahlvorschlagsträger sich selbst zu informieren hat, unschwer und unmissverständlich sowohl aus der amtlich bekannt gemachten Aufforderung zur Abgabe von Wahlvorschlägen als auch aus den amtlichen Formularen für die Einreichung der Wahlvorschläge ergeben.
117c) Der Wahlamtsleiter hat seine Pflicht zur unverzüglichen Vorprüfung des Wahlvorschlags und zur unverzüglichen Aufforderung zur Mängelbeseitigung auch nicht schuldhaft verzögert. Ausweislich des Eingangsstempels ist der Wahlvorschlag der V. für die Reserveliste auf dem Muster der Anlage 11b erst am 4. April 2014 um 11:00 Uhr – dem vorletzten Werktag vor Ablauf der Einreichungsfrist – im Wahlamt eingegangen, so dass die Vorprüfungspflicht des Wahlamtsleiters auch erst zu diesem Zeitpunkt einsetzte.
118Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Wahlvorschlag für die Reserveliste nicht bereits am 21. März 2014 mit der Vorlage der formlosen Liste ("V. Regionalverband B. e.V. G. X. - Am 26.02. und 17. März 2014 gewählten Bewerber/innen für die Reserveliste der T2. B. ", Blatt 7 BA I) eingereicht worden, mit der Folge, dass der Wahlamtsleiter bereits zu diese Zeitpunkt in die Vorprüfung hätte eintreten müssen. Denn diese Liste war bei verständiger Würdigung ihres Erklärungsinhalts ("Vorlage zur Anforderung von Vordrucken für Unterstützungsunterschriften") – noch – nicht als Wahlvorschlag zu verstehen, sondern diente erkennbar allein der Anforderung der Formulare für die Unterstützungsunterschriften. Dieses Verständnis wird bestätigt durch § 26 Abs. 3 Nr. 1 KWahlO NRW, wonach bei Anforderung der Formblätter für Unterstützungsunterschriften u.a. die Bezeichnung der Partei oder Wählergruppe, die den Wahlvorschlag einreichen will, anzugeben ist. Die Vorschrift lässt erkennen, dass auch die Kommunalwahlordnung zwischen der Anforderung von Unterstützungsunterschriften vor Einreichung eines Wahlvorschlags und der Einreichung des Wahlvorschlags selbst unterscheidet. Im Übrigen entsprach die formlose Liste auch nicht den formalen Anforderungen an die Einreichung eines Wahlvorschlags. Zwar muss nach § 31 Abs. 1 S. 1 KWahlO NRW der Vorschlag für die Reserveliste nicht zwingend nach dem Muster der Anlage 11b eingereicht werden ("soll"). Jedoch entsprach die Liste zur Anforderung von Vordrucken für Unterstützungsunterschriften nicht den zwingenden Vorgaben des § 31 Abs. 1 S. 2 KWahlO NRW („muss"), da sie weder den Beruf, den Geburtstag, den Geburtsort, die Anschrift, die Staatsangehörigkeit sowie den Dienstherrn bzw. Beschäftigungsbehörde der Bewerber enthielt.
119Selbst wenn man davon ausginge, dass mit der Vorlage der formlosen Liste zur Anforderung von Formularen für Unterstützungsunterschriften am 21. März 2014 bereits der Wahlvorschlag für die Reserveliste eingereicht und nicht nur angekündigt worden wäre, hätte der Wahlamtsleiter seine Pflicht zur unverzüglichen Vorprüfung bzw. Mängelrüge nicht schuldhaft verzögert. Denn zu diesem Zeitpunkt fehlten – auch für die V. – erkennbar noch zahlreiche Unterlagen für den Wahlvorschlag für die Reserveliste (etwa der förmliche Wahlvorschlag nach dem Muster der Anlage 11b, die Satzung der V. , die Unterstützungsunterschriften – mindestens 100 – und die Zustimmungserklärungen der Bewerber) wie auch für die Wahlvorschläge in den Wahlbezirken (förmliche Wahlvorschläge nach dem Muster der Anlage 11a, die Satzung der V. , die Unterstützungsunterschriften, eidesstattliche Versicherungen bezüglich der Unterstützungsunterschriften), so dass eine Prüfung der eingereichten Unterlagen auf ihre Vollständigkeit und Ordnungsgemäßheit durch den Wahlamtsleiter zu diesem Zeitpunkt schon aus verfahrensökonomischen Gründen noch nicht veranlasst war. Erst nach dem Eingang der Wahlunterlagen am 4. April 2014, namentlich des Wahlvorschlags für die Reserveliste nach dem Muster der Anlage 11b und einem Teil der Wahlvorschläge in den Wahlbezirken nach dem Muster der Anlage 11a ist der Wahlamtsleiter erstmals in der Lage gewesen, sich einen gewissen Überblick über die noch fehlenden Unterlagen zu verschaffen, und hat sodann binnen weniger Stunden und damit ohne schuldhaftes Zögern darauf hingewiesen, dass die erforderlichen Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Reserveliste noch fehlten. Den Vertretern der V. wäre es nach diesem Hinweis in der verbleibenden Zeit bis zum Ablauf der Einreichungsfrist am 7. April 2014, 18:00 Uhr, ohne Weiteres möglich gewesen, die erforderlichen Zustimmungserklärungen – oder zumindest ein Teil von ihnen – noch vorzulegen. Denn sie legten – u.a. auf weiteren Hinweis des Wahlamtsleiters vom 4. April 2014 auf die Notwendigkeit von eidesstattlichen Versicherung zur Hilfestellung beim Ausfüllen von Unterstützungsunterschriften – am Tag des Ablaufs der Einreichungsfrist noch zahlreiche weitere Unterlagen vor (Wahlvorschläge für 7 Wahlbezirke, eidesstattliche Versicherung zur Hilfestellung beim Ausfüllen der Unterstützungsunterschriften sowie ca. 100 Unterstützungsunterschriften). Abgesehen davon geht es aus den vorgenannten Gründen zulasten der V. , wenn sie den Großteil der erforderlichen Wahlunterlagen erst am vorletzten bzw. letzten Werktag vor Ablauf der Einreichungsfrist im Wahlamt einreichen.
120d) Eine rechtserhebliche Unregelmäßigkeit bei der Vorbereitung der Wahl im Sinne des § 40 Abs. 1 Buchst. b) KWahlG NRW folgt schließlich auch nicht daraus, dass der Wahlamtsleiter die Mängelrüge nicht gegenüber den im Wahlvorschlag benannten Vertrauenspersonen, sondern gegenüber Herrn O. erhoben hat.
121Zwar sieht § 18 Abs. 1 S. 2 KWahlG NRW vor, dass der Wahlleiter nach der Feststellung von Mängeln des Wahlvorschlags unverzüglich die Vertrauensperson zu benachrichtigen und zur Mängelbeseitigung aufzufordern hat. Danach ist Ansprechpartner des Wahlleiters grundsätzlich allein die im Wahlvorschlag benannte Vertrauensperson bzw. deren Stellvertreter.
122Vgl. Bätge, in: Kallerhoff/u.a., a.a.O., S. 152 (B. 7.4.5).
123Der darin liegende Verstoß gegen § 18 Abs. 1 S. 2 KWahlG NRW ist jedoch – trotz der Formenstrenge des Wahlrechts – nicht geeignet, eine rechtserhebliche Unregelmäßigkeit bei der Vorbereitung der Wahl im Sinne des § 40 Abs. 1 Buchst. b) KWahlG NRW zu begründen. Denn nach den eingangs genannten Maßstäben liegt ein Wahlfehler im Sinne der Vorschrift nur dann vor, wenn gegen den Schutzzweck von Wahlvorschriften bzw. Wahlgrundsätzen verstoßen wird.
124Zweck der Vorschriften über die Vorprüfung von Wahlvorschlägen durch den Wahlleiter ist es, erkennbare Mängel eines Wahlvorschlags festzustellen und zu rügen. Wahlvorschläge sollen danach möglichst nicht an leicht feststellbaren und nach Rüge behebbaren, insbesondere formalen Mängeln scheitern. Die Vorprüfung dient darüber hinaus auch der Vorbereitung der verbindlichen Entscheidung des Wahlausschusses über die Zulassung von Wahlvorschlägen (vgl. § 18 Abs. 3 KWahlG NRW).
125Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Mai 1986 - 15 A 2237/85 -, OVGE 38, 263; OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Dezember 1975 - V OVG A 100/75 -, VerwRSpr. 27, 986; Hahlen, in: Schreiber, a.a.O., § 25 Rn. 1.
126Die in § 15 Abs. 4 KWahlG NRW vorgesehene Bezeichnung von autorisierten Vertrauenspersonen mit umfassenden Erklärungsbefugnissen, denen gegenüber u.a. auch die Mängelrüge nach § 18 Abs. 1 S. 1 KWahlG NRW zu erheben ist, dient wiederum der Erleichterung des Kontakts zwischen den Wahlbehörden und Wahlorganen mit den Trägern der Wahlvorschläge und damit auch der Erleichterung der Tätigkeit des Wahlleiters und des Wahlausschusses. Eine solche Prüfungserleichterung, wie sie im Übrigen auch mit der Vorlage urkundliche Nachweise sowie der Abgabe eidesstattlicher Versicherungen über den Verlauf der Kandidatenaufstellung vorgesehen ist (vgl. § 15 Abs. 2 S. 2, 3 und 4, Abs. 3 S. 4 i.V.m. § 16 Abs. 3, § 17 Abs. 8 S. 1, 2 und 3 KWahlG NRW), soll letztlich den begrenzten Prüfungsmöglichkeiten der Wahlorgane innerhalb der ihnen zur Verfügung stehenden, in der Regel knapp bemessenen Zeit Rechnung tragen.
127Vgl. Hessischer VGH, 27. Januar 2005 - 8 UE 211/04 -, NVwZ-RR 2005, 211 = juris, Rn. 109; Bätge, a.a.O., § 11 KWahlG Rn. 15.
128Der Schutzzweck dieser Vorschriften ist jedoch – auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Chancengleichheit der Wahlbewerber – gewahrt, wenn der Wahlleiter bzw. dessen Stellvertreter nach Feststellung eines Mangels des Wahlvorschlags diesen nicht den Vertrauenspersonen, sondern – wie hier – einem anderen verantwortlichen Ansprechpartner des Wahlvorschlagsträgers mitteilt und den Wahlvorschlagsträger damit tatsächlich in Lage versetzt, den Mangel des Wahlvorschlags noch bis zum Ablauf der Einreichungsfrist zu beheben.
129Nach eigenem Vortrag des Klägers handelte es sich bei Herrn O. , dem gegenüber die Mängelrüge durch den Wahlamtsleiter erfolgte, um einen verantwortlichen Ansprechpartner der V. . Nach Angaben des Klägers ist Herr O. , unterstützt von Herrn X1. , ab dem 21. März 2014 federführend für die Einreichung der Wahlunterlagen der V. verantwortlich gewesen und gegenüber dem Wahlamtsleiter durchgängig als Ansprechpartner aufgetreten. So hat er zusammen mit Herrn X1. während der Einreichungsphase sämtliche Termine im Wahlamt (am 21. März 2014, am 3. April 2014, am 4. April 2014 und am 7. April 2014) wahrgenommen und dabei – zusammen mit Herrn X1. – die Kommunikation mit dem Wahlamtsleiter über die Wahlunterlagen geführt. Insbesondere hat er am 4. April 2014 auch die telefonischen Mängelrügen des Wahlamtsleiters bezüglich der Zustimmungserklärungen und der Unterstützungsunterschriften entgegengenommen und sodann am 7. April 2014 die vom Wahlamtsleiter in dem zweiten Telefongespräch vom 4. April 2014 nachgeforderten Unterlagen – eidesstattliche Versicherungen bzgl. der Unterstützungsunterschriften – nachgereicht. Unter diesen Umständen konnte und musste der Wahlamtsleiter davon ausgehen, dass Herr O. ebenfalls verantwortlicher Ansprechpartner der V. für die eingereichten Wahlvorschläge war, der nach dem ihm nach außen erkennbar übertragenen Aufgabenbereich, nämlich der Einreichung und Ergänzung der Wahlunterlagen, jedenfalls befugt war, Erklärungen der Wahlbehörden entgegen zu nehmen. Dies gilt umso mehr, als es sich bei Herrn O. und Herrn X1. um den 1. Stellvertretenden Vorsitzenden der V. sowie den Geschäftsführer der V. handelte, die als vertretungsberechtigter Geschäftsführender Vorstand und damit zuständige Leitung der V. auch die Wahlvorschläge unterzeichnet haben (vgl. Art. 13 i.V.m. Art. 10 der Satzung der V. vom 13. Dezember 2008). Mit der Information von Herrn O. über das Fehlen der Zustimmungserklärungen der Bewerber für die Reserveliste am 4. April 2014 war damit der Zweck der Vorprüfungspflicht des Wahlleiters, dem Wahlvorschlagsträger die Gelegenheit zur Nachbesserung eines fehlerbehafteten Wahlvorschlags vor Ablauf der Einreichungsfrist zu geben, erfüllt, und es lag nunmehr allein im Verantwortungsbereich der V. , ob sie dem erteilten Hinweis folgte oder nicht. Die V. hat nach dem Hinweis des Wahlamtsleiters – wie von den Wahlvorschriften vorgesehen – die Gelegenheit eingeräumt erhalten, die fehlenden Zustimmungserklärungen nachzureichen.
130Vor diesem Hintergrund war dem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag dazu, ob die Vertrauenspersonen des Wahlvorschlags zumindest von Herrn O. oder Herrn X1. über das vom Wahlamtsleiter angemahnte Fehlen der Zustimmungserklärungen informiert worden sind, schon aus Rechtsgründen nicht nachzugehen.
131Nach alledem war die Klage abzuweisen.
132Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn
- 1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder - 2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Die Klage ist zu richten
- 1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde, - 2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.
(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.
(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.
(3) Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.
(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.
(1) Die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten ist Sache des Bundes.
(2) Vor dem Abschlusse eines Vertrages, der die besonderen Verhältnisse eines Landes berührt, ist das Land rechtzeitig zu hören.
(3) Soweit die Länder für die Gesetzgebung zuständig sind, können sie mit Zustimmung der Bundesregierung mit auswärtigen Staaten Verträge abschließen.
(1) Der Kreiswahlleiter hat die Kreiswahlvorschläge unverzüglich nach Eingang zu prüfen. Stellt er bei einem Kreiswahlvorschlag Mängel fest, so benachrichtigt er sofort die Vertrauensperson und fordert sie auf, behebbare Mängel rechtzeitig zu beseitigen.
(2) Nach Ablauf der Einreichungsfrist können nur noch Mängel an sich gültiger Wahlvorschläge behoben werden. Ein gültiger Wahlvorschlag liegt nicht vor, wenn
- 1.
die Form oder Frist des § 19 nicht gewahrt ist, - 2.
die nach § 20 Absatz 2 Satz 1 und 3 sowie Absatz 3 erforderlichen gültigen Unterschriften mit dem Nachweis der Wahlberechtigung der Unterzeichner fehlen, es sei denn, der Nachweis kann infolge von Umständen, die der Wahlvorschlagsberechtigte nicht zu vertreten hat, nicht rechtzeitig erbracht werden, - 3.
bei einem Parteiwahlvorschlag die Parteibezeichnung fehlt, die nach § 18 Abs. 2 erforderliche Feststellung der Parteieigenschaft abgelehnt ist oder die Nachweise des § 21 nicht erbracht sind, - 4.
der Bewerber mangelhaft bezeichnet ist, so daß seine Person nicht feststeht, oder - 5.
die Zustimmungserklärung des Bewerbers fehlt.
(3) Nach der Entscheidung über die Zulassung eines Kreiswahlvorschlages (§ 26 Abs. 1 Satz 1) ist jede Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(4) Gegen Verfügungen des Kreiswahlleiters im Mängelbeseitigungsverfahren kann die Vertrauensperson den Kreiswahlausschuß anrufen.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, so darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde oder des Ausschusses gegeben werden.
(2) Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung finden, unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1, § 44, auf die Heilung von Mängeln bei der Anhörung Beteiligter und der Mitwirkung anderer Behörden oder Ausschüsse § 45 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 sowie Abs. 2, auf die Rücknahme § 48, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3, § 49 entsprechende Anwendung.
(3) Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.
(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
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Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.