Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 26. Juni 2014 - 2 L 234/14.A
Gericht
Tenor
Dem Antragsteller wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte Herr Rechtsanwalt Peter U. aus B. beigeordnet.
Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 2 K 641/14.A erhobenen Klage gegen die Abschiebungsanordnung in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. März 2014 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
G r ü n d e:
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Peter U. für den § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. §§ 114, 115, 121 der Zivilprozessordnung (ZPO) die Rechtsgrundlage bildet, hat Erfolg, wie sich aus den nachfolgenden Gründen ergibt.
3Der Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 2 K 641/14.A erhobenen Klage gegen die Abschiebungsanordnung in den Bescheid des Antragsgegners vom 26. März 2014 anzuordnen,
5hat Erfolg.
6Der Antrag ist nach § 34 a Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG - in der seit 6. September 2013 geltenden Fassung der Vorschrift auf Grund des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013, BGBl. I, 3474) statthaft und zulässig. Er ist insbesondere fristgerecht binnen einer Woche nach Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheides gestellt worden.
7Der Antrag ist auch begründet.
8Bei der im Rahmen des Aussetzungsverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Entscheidung und dem Individualinteresse des Antragstellers an einem einstweiligen Aufschub der Vollziehung überwiegt vorliegend das private Interesse des Antragstellers, an seinem Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland während des Klageverfahrens das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 26. März 2014 enthaltenen Abschiebungsanordnung. Es ist derzeit offen, ob eine Überstellung des Antragstellers nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens unzulässig und damit die Abschiebungsanordnung nach § 34 a Abs. 1 AsylVfG rechtswidrig ist, weil systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen die Annahme begründen, dass er dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S. von Art. 4 der Charta für Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCh) ausgesetzt wäre. Gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt u.a. die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) an, wenn der Ausländer in diesen Staat abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat.
9Zunächst dürfte allerdings das Bundesamt zu Recht von einer Aufnahmeverpflichtung und damit von einer Zuständigkeit Italiens i.S. des § 34 a Abs. 1 i.V.m. § 27 a AsylVfG auf Grund eines bereits in Italien gestellten und ggfs. auch durchgeführten Asylverfahrens der Mutter des Antragstellers ausgegangen sein. Ein Asylantrag ist nach dieser Vorschrift unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Vorliegend ist die Situation des am 27. März 2013 in Düren geborenen Antragstellers gemäß Art. 4 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 der hier noch anzuwendenden Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (EG-AsylZustVO/Dublin II-VO),
10vgl. die Übergangsvorschrift des Art. 49 Sätze 2 und 3 der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist - sog. Dublin III-VO -, wonach maßgeblich, der vor dem 1. Januar 2014 gestellte Asylantrag des Antragstellers und das ebenfalls vor diesem Zeitpunkt gestellte Gesuch auf Wiederaufnahme des Bundesamtes sind,
11untrennbar mit der Situation seines Elternteils - hier: die Mutter W. P. (Antragstellerin in dem Verfahren 2 L 235/14.A) - verbunden. Die Prüfung des Asylantrags fällt danach in die die Zuständigkeit des Mitgliedstaates, der auch für die Prüfung des Asylantrags dieses Elternteils zuständig ist. Italien hat hier auf das Wiederaufnahmeersuchen des Bundesamtes vom 21. November 2013 nach Art. 16 Abs. 1 lit. c) EG-AsylZustVO/Dublin II-VO - betreffend die Mutter und den Antragsteller selbst - unter Hinweis auf den EURODAC-Treffer der Mutter mit der Nummer IT1CZOOBRB zwar zunächst unter dem 5. Dezember 2012 die Übernahme abgelehnt. Nach Remonstration der Antragsgegnerin (6. Dezember 2012) hat Italien jedoch am 17. März 2014 die Wiederaufnahme akzeptiert und muss gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. d) EG-AsylZustVO/Dublin II-VO die Mutter des Antragstellers wieder gemäß Art. 4 Abs. 3 EG-AsylZustVO/Dublin II-VO auch den Antragsteller aufnehmen. Dem steht nicht entgegen, dass die Wiederaufnahmeverpflichtung Italiens sich möglicherweise nicht auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) EG-AsylZustVO/Dublin II-VO (Antragsprüfung noch nicht abgeschlossen) gründen dürfte, sondern auf Art. 16 Abs. 1 lit. e) (abgelehnter Asylantrag) bzw. Art. 16 Abs. 2 EG-AsylZustVO/Dublin II-VO (Erteilung eines Aufenthaltstitels durch einen Mitgliedstaat). Denn dem Verwaltungsvorgang lässt sich entnehmen, dass der Asylantrag der Mutter bereits am 27. Oktober 2008 in Italien gestellt worden sein soll und den Angaben der Mutter des Antragstellers bei ihrer polizeilichen Vernehmung (30. Dezember 2012) und ihrer Anhörung vor dem Bundesamt (10. Januar 2013) zufolge will sie sich ca. 3 Jahre in Italien aufgehalten haben und seien ihre italienischen Dokumente vor ca. 6/7 Monaten abgelaufen. Danach ist es nicht unwahrscheinlich, dass das Asylverfahren in Italien bereits abgeschlossen ist, wobei unklar ist, ob die Mutter des Antragstellers z.B. eine etwa ein Jahr gültige Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründe erhalten hat. Nach den Erkenntnissen des Gerichts kann die in Italien zuständige Kommission nämlich für den Fall, dass weder die Flüchtlingseigenschaft noch subsidiärer Schutz zuerkannt wird, dem Antragsteller eine für ein Jahr gültige Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilen,
12vgl. etwa EGMR, Urteil vom 2. April 2013 - Application No. 27725/10 "N. Hussein", Rz. 33-39, juris; SFH, Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, Mai 2011, S. 31 f.; A.S.G.I., Auskunft an das VG Darmstadt vom 13. September 2012, S. 4.
13Die Verpflichtung zur Wiederaufnahme der Mutter des Antragstellers ist weder nach Art. 16 Abs. 3 oder 4 EG-AsylZustVO/Dublin II-VO erloschen noch ist die Zuständigkeit auf die Antragsgegnerin gemäß Art 20 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 lit. d) EG-AsylZustVO/Dublin II-VO wegen Ablauf der Überstellungsfrist von sechs Monaten übergegangen. Anhaltspunkte für ein Verlassen des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten sind derzeit nicht ersichtlich.
14Der Antrag ist jedoch begründet, da nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung derzeit offen ist, ob eine Überstellung des Antragstellers nach Italien auf Grund der von dem EuGH entwickelten Grundsätze zur Widerlegung der - aus dem "Prinzip des gegenseitigen Vertrauens" abgeleiteten - bestehenden Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und EMRK steht, unzulässig ist,
15vgl. dazu EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C 411/10, u.a. - (N.S.), juris; dazu auch: BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6/14 -, juris.
16Die Frage, ob eine Rückführung von Asylbewerbern im Rahmen des Zuständigkeitsverfahrens nach der EG-AsylZustVO/Dublin II-VO nach Italien unzulässig ist, weil ihnen auf Grund systemischer Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen in Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet,
17vgl. etwa m.w. Nachw. zur Rspr.: OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2014 - 15 B 143/14.A - und OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643 -, UA S. 19; jeweils juris.
18Zwar hat das OVG NRW,
19vgl. Beschluss vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, worauf auch bereits die Beschlüsse vom 28. März 2014 - 13 A 1878/13. A -, vom 28. April 2014 - 11 A 522714.A -, vom 6. Mai 2014 - 9 A 233/13.A, vom 30. Mai 2014 - 14 A 1138/14.A und 5. Juni 2014 - 14 A 1139/14.A; jeweils juris, Bezug nehmen,
20zwischenzeitlich entschieden, dass Asylsuchende, die nach den Regelungen der EG-AsylZustVO/Dublin II-VO nach Italien überstellt werden sollen, derzeit nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer durch das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen verursachten unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S. des Art. 4 EU-GRCh rechnen müssen. Dabei hat das OVG NRW jedoch ausdrücklich auf die Situation des Klägers in dem entschiedenen Verfahren (junger alleinstehender Mann, der noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hatte) und damit auf sog. Dublin-Rückkehrer abgestellt, die in Italien bislang noch keinen Asylantrag gestellt haben und keine individuellen Besonderheiten in ihrer Person - etwa im Sinne einer besonderen Verletzlichkeit oder einer Behandlungsbedürftigkeit - aufweisen. Anders als etwa das OVG Sachsen-Anhalt,
21vgl. Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643 - und auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, VG Oldenburg, Beschluss vom 21. Januar 2014 - 3 B 6802/13 -, jeweils juris,
22hat das OVG NRW die Situation von Rückkehrern, die wie der Antragsteller der Personengruppe Kleinkind mit alleinstehender Mutter angehören und zudem der Elternteil möglicherweise bereits ein Asylverfahren in Italien durchgeführt hat,
23vgl. etwa Rz. 130 des o.g. Beschlusses,
24bzw. die Situation anerkannter Flüchtlinge oder jener mit subsidiärem Schutzstatus ausdrücklich nicht berücksichtigt bzw. mit in seine Entscheidung einbezogen.
25Die Frage, inwieweit die Personengruppe, der der Antragsteller angehört, im Falle einer Überstellung nach Italien auf Grund systemischer Mängel insbesondere im Hinblick auf die Aufnahmebedingungen - etwa die Unterbringungsbedingungen - einer unmenschlichen bzw. erniedrigenden Behandlung i.S. von Art. 4 EU-GRCh ausgesetzt wäre, ist angesichts der in verschiedenen Berichten beschriebenen Umstände bzw. Missstände,
26vgl. etwa SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrern, Oktober 2013; Stellungnahmen des UNHCR vom 3. Dezember 2013 an VG Darmstadt sowie Bericht bzw. Empfehlung zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien von Juli 2013; Stellungnahme der Liaisonbeamtin an das BAMF vom 21. November 2013,
27nach Auffassung des Gerichts derzeit offen und lässt sich in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht mit der gebotenen Sicherheit beantworten. Danach ist vor allem die Frage der Unterbringung der Dublin-Rückkehrer problematisch. So müssen Dublin-Rückkehrer etwa trotz einer Betreuung am Flughafen in Rom durch eine NGO unter Umständen einige Tage am Flughafen verbleiben und dort (ohne besondere Schlafplätze, aber wohl geduldet) auch übernachten oder sie sind in der Zeit ihrer Ankunft bis zur notwendigen Formalisierung ihres Antrags - die sog. Verbalizzazione - nicht nur Einzelfällen nicht immer hinreichend vor Obdachlosigkeit geschützt,
28vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, Rz. 138, 142, juris, m.w.Nw..
29Allerdings gelangt das OVG NRW nach Auswertung der vorliegenden Erkenntnisse und Berücksichtigung der Bemühungen des italienischen Staates für Asylbewerber, die sich in der von dem OVG NRW beschriebenen Situation befinden, zu dem Ergebnis, dass "sich Italien - unbeschadet mancherseits, auch von UNHCR zu Recht angebrachter (Teil-)Kritik - im Wesentlichen (noch) so verhalten hat, dass weder die Funktionsfähigkeit des Systems als solches in Frage gestellt worden ist noch die aktuell vorhandenen Mängel ein Ausmaß und Gewicht erreichen, von dem ausgehend die Prognose der realen Gefahr einer Verletzung von Art. 4 EUGRch gerechtfertigt erscheint",
30vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, a.a.O., Rz. 160.
31Diese Feststellung, wonach die aufgeführten Mängel im Bereich der Unterbringung noch gerade unterhalb der Schwelle eines systemischen Mangels anzusiedeln sind, bietet jedoch im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung keine ausreichende Grundlage für eine Übertragung auf die hier betroffene "vulnerable" Personengruppe der alleinstehenden Mütter mit einem Kleinkind. Anhaltspunkte für einen möglicherweise bestehenden systemischen Mangel lassen sich insoweit auch den Ausführungen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zur "Situation der Verletzlichen" und dem Problem von Familientrennung und den Aufnahmebedingungen für alleinerziehende Mütter mit Kleinkindern,
32vgl. SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrern, Oktober 2013, S. 53 ff,
33entnehmen.
34Darüber hinaus ist derzeit immer noch ein Verfahren einer afghanischen Familie mit fünf Kindern gegen die Schweiz bei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anhängig, die sich gegen ihre Rückführung nach Italien unter Berufung einer Verletzung u.a. von Art. 3 und Art. 8 EMRK wendet und insbesondere die Unterbringungssituation und die Situation der Kinder anführt,
35vgl. Press Release zu Tarakhel v. Switzerland, Application No. 29217/12 zur Anhörung am 12. Februar 2014, www.echr.coe.int. .
36Zudem bewertet das Gericht angesichts des derzeit unklaren Stands des Asylverfahrens der Mutter des Antragstellers in Italien, d.h. eines bereits möglicherweise abgeschlossenen Asylverfahrens und/oder einer abgelaufenen humanitären Aufenthaltserlaubnis, die Aufnahmebedingungen für den Antragsteller als noch unsicherer. So wird etwa die Situation der international und national Schutzberechtigten in Italien weiterhin äußerst problematisch bewertet; die Unterstützungsmaßnahmen werden von dem UNHCR nach wie vor als „äußerst unzureichend“ angesehen,
37vgl. UNHCR, Stellungnahme an das VG Darmstadt vom 3. Dezember 2013, S. 7.
38Das italienische System geht grundsätzlich davon aus, dass Personen mit einem subsidiären Schutzstatus oder einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt sind und sich ebenso wie diese selbst um eine Unterkunft und Arbeit in eigener Verantwortung bemühen müssen. Diese Personengruppe hat keinen Zugang mehr zu den Einrichtungen der CARA (Erstaufnahmeeinrichtungen) oder zu den FER-Projekten (Unterkünfte aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds). Die Kapazität des SPRAR-Systems (Zweitaufnahmesystem mit Ziel der sozialen Eingliederung) ist nur sehr gering und bietet nur für eine geringe Zahl dieser Personengruppe eine – zeitliche beschränkte – Unterkunftsmöglichkeit. Die Personen mit Schutzstatus sind daher in der Regel auf sich allein gestellt und müssen für sich selber sorgen. Die Chancen eine Unterkunft zu finden, sind trotz Bemühungen des Einzelnen jedoch gering. Folge dieser Situation ist die Zunahme von Flüchtlingen mit Schutzstatus in Obdachlosen- oder Notunterkünften sowie in Behelfssiedlungen oder besetzten Gebäuden (sog. „Hot-Spots“) in den großstädtischen Gebieten von Rom, Mailand, Florenz und Turin, wo Personen aus dieser Gruppe in armseligen Verhältnissen leben. Nach einer von einer NGO 2012 durchgeführten Recherche in Rom lebten etwa 1.700 International Schutzberechtigte in verlassenen Häusern,
39vgl. etwa UNHCR, Empfehlungen, Juli 2013, S. 15.
40Wie italienische Staatsangehörige haben derartige Schutzberechtigte keinen existenzsicherenden Anspruch auf Sozialhilfeleistungen, da es in Italien kein nationales Recht auf Fürsorgeleistungen – auch nicht für Italiener – gibt bzw. dieses nur sehr schwach ausgeprägt ist. Auch wenn aus Art. 4 EU-GRCh i.V.m. Art. 3 EMRK keine Verpflichtung eines Staates abgeleitet werden kann, Asylbewerbern und Flüchtlingen eine finanzielle Unterstützung zu gewähren, um ihnen einen gewissen Lebensstandard zu ermöglichen,
41vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – No.30696 – M.S.S./Belgien, Rz. 249, juris,
42und die italienischen Regelungen zum Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes grundsätzlich nicht gegen die Gebote zur Inländergleich- bzw. Ausländergleichbehandlung der Richtlinie 2011/95/EU (Art. 29, 30, 32) verstoßen dürften,
43vgl. dazu etwa: OVG Sachsen-Anhalt, vgl. Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643 -, U.A. S. 31, juris,
44erfordert die Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen eines systemischen Versagens des italienischen Asyl- und Flüchtlingssystems für den Personenkreis, dem letztlich die Antragstellerin angehört, neben der Beurteilung der abstrakten Rechtslage auch eine Beurteilung der konkreten und tatsächlichen Verwaltungs- und Rechtspraxis, welche nach Auffassung des Gerichts einer weiteren Klärung bedürfen, die nicht in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen hat.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83 b AsylVfG.
46Der Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
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Annotations
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:
- 1.
- a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge; - b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 2.
- a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist; - b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen; - 4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; - 5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.
(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.
(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.
(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.
(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.
(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.