Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 26. Juni 2014 - 2 L 235/14.A
Tenor
Der Antragstellerin wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte Herr Rechtsanwalt Peter U. aus B. beigeordnet.
Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 2 K 642/14.A erhobenen Klage gegen die Abschiebungsanordnung in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. März 2014 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
G r ü n d e:
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Peter U. für den § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. §§ 114, 115, 121 der Zivilprozessordnung (ZPO) die Rechtsgrundlage bildet, hat Erfolg, wie sich aus den nachfolgenden Gründen ergibt.
3Der Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 2 K 642/14.A erhobenen Klage gegen die Abschiebungsanordnung in den Bescheid des Antragsgegners vom 26. März 2014 anzuordnen,
5hat Erfolg.
6Der Antrag ist nach § 34 a Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG - in der seit 6. September 2013 geltenden Fassung der Vorschrift auf Grund des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013, BGBl. I, 3474) statthaft und zulässig. Er ist insbesondere fristgerecht binnen einer Woche nach Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheides gestellt worden.
7Der Antrag ist auch begründet.
8Bei der im Rahmen des Aussetzungsverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Entscheidung und dem Individualinteresse der Antragstellerin an einem einstweiligen Aufschub der Vollziehung überwiegt vorliegend das private Interesse der Antragstellerin, an ihrem Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland während des Klageverfahrens das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 26. März 2014 enthaltenen Abschiebungsanordnung. Es ist derzeit offen, ob eine Überstellung der Antragstellerin nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens unzulässig und damit die Abschiebungsanordnung nach § 34 a Abs. 1 AsylVfG rechtswidrig ist, weil systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen die Annahme begründen, dass sie dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S. von Art. 4 der Charta für Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCh) ausgesetzt wäre. Gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt u.a. die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) an, wenn der Ausländer in diesen Staat abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat.
9Zunächst dürfte allerdings das Bundesamt zu Recht von einer Wiederaufnahmeverpflichtung und damit von einer Zuständigkeit Italiens i.S. des § 34 a Abs. 1 i.V.m. § 27 a AsylVfG auf Grund eines bereits in Italien gestellten und ggfs. auch durchgeführten Asylverfahrens ausgegangen sein. Ein Asylantrag ist nach dieser Vorschrift unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Italien hat auf das Wiederaufnahmeersuchen des Bundesamtes vom 21. November 2013 nach Art. 16 Abs. 1 lit. c) der hier noch anzuwendenden Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (EG-AsylZustVO/Dublin II-VO),
10vgl. die Übergangsvorschrift des Art. 49 Sätze 2 und 3 der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist - sog. Dublin III-VO -, wonach maßgeblich, der vor dem 1. Januar 2014 gestellte Asylantrag des Antragstellers und das ebenfalls vor diesem Zeitpunkt gestellte Gesuch auf Wiederaufnahme des Bundesamtes sind,
11unter Hinweis auf den EURODAC-Treffer mit der Nummer IT1CZOOBRB zwar zunächst unter dem 5. Dezember 2012 die Übernahme abgelehnt. Nach Remonstration der Antragsgegnerin (6. Dezember 2012) hat Italien jedoch die Wiederaufnahme akzeptiert und muss gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. d) EG-AsylZustVO/Dublin II-VO die Antragstellerin wieder aufnehmen. Dem steht nicht entgegen, dass die Wiederaufnahmeverpflichtung Italiens sich möglicherweise nicht auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) EG-AsylZustVO/Dublin II-VO (Antragsprüfung noch nicht abgeschlossen) gründen dürfte, sondern auf Art. 16 Abs. 1 lit. e) (abgelehnter Asylantrag) bzw. Art. 16 Abs. 2 EG-AsylZustVO/Dublin II-VO (Erteilung eines Aufenthaltstitels durch einen Mitgliedstaat). Denn dem Verwaltungsvorgang lässt sich entnehmen, dass der Asylantrag bereits am 27. Oktober 2008 in Italien gestellt worden sein soll und den Angaben der Antragstellerin bei ihrer polizeilichen Vernehmung (30. Dezember 2012) und ihrer Anhörung vor dem Bundesamt (10. Januar 2013) zufolge will sie sich ca. 3 Jahre in Italien aufgehalten haben und seien ihre italienischen Dokumente vor ca. 6/7 Monaten abgelaufen. Danach ist es nicht unwahrscheinlich, dass das Asylverfahren in Italien bereits abgeschlossen ist, wobei unklar ist, ob die Antragstellerin z.B. eine etwa ein Jahr gültige Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erhalten hat. Nach den Erkenntnissen des Gerichts kann die in Italien zuständige Kommission nämlich für den Fall, dass weder die Flüchtlingseigenschaft noch subsidiärer Schutz zuerkannt wird, dem Antragsteller eine für ein Jahr gültige Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilen,
12vgl. etwa EGMR, Urteil vom 2. April 2013 - Application No. 27725/10 "N. I. ", Rz. 33-39, juris; SFH, Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, Mai 2011, S. 31 f.; A.S.G.I., Auskunft an das VG Darmstadt vom 13. September 2012, S. 4.
13Die Verpflichtung zur Wiederaufnahme der Antragstellerin ist weder nach Art. 16 Abs. 3 oder 4 EG-AsylZustVO/Dublin II-VO erloschen noch ist die Zuständigkeit auf die Antragsgegnerin gemäß Art 20 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 lit. d) EG-AsylZustVO/Dublin II-VO wegen Ablauf der Überstellungsfrist von sechs Monaten übergegangen. Anhaltspunkte für ein Verlassen des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten sind derzeit nicht ersichtlich.
14Der Antrag ist jedoch begründet, da nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung derzeit offen ist, ob eine Überstellung der Antragstellerin nach Italien auf Grund der von dem EuGH entwickelten Grundsätze zur Widerlegung der - aus dem "Prinzip des gegenseitigen Vertrauens" abgeleiteten - bestehenden Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und EMRK steht, unzulässig ist,
15vgl. dazu EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C 411/10, u.a. - (N.S.), juris; dazu auch: BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6/14 -, juris.
16Die Frage, ob eine Rückführung von Asylbewerbern im Rahmen des Zuständigkeitsverfahrens nach der EG-AsylZustVO/Dublin II-VO nach Italien unzulässig ist, weil ihnen auf Grund systemischer Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen in Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet,
17vgl. etwa m.w. Nachw. zur Rspr.: OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2014 - 15 B 143/14.A - und OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643 -, UA S. 19; jeweils juris.
18Zwar hat das OVG NRW,
19vgl. Beschluss vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, worauf auch bereits die Beschlüsse vom 28. März 2014 - 13 A 1878/13. A -, vom 28. April 2014 - 11 A 522714.A -, vom 6. Mai 2014 - 9 A 233/13.A, vom 30. Mai 2014 - 14 A 1138/14.A und 5. Juni 2014 - 14 A 1139/14.A; jeweils juris, Bezug nehmen,
20zwischenzeitlich entschieden, dass Asylsuchende, die nach den Regelungen der EG-AsylZustVO/Dublin II-VO nach Italien überstellt werden sollen, derzeit nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer durch das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen verursachten unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S. des Art. 4 EU-GRCh rechnen müssen. Dabei hat das OVG NRW jedoch ausdrücklich auf die Situation des Klägers in dem entschiedenen Verfahren (junger alleinstehender Mann, der noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hatte) und damit auf sog. Dublin-Rückkehrer abgestellt, die in Italien bislang noch keinen Asylantrag gestellt haben und keine individuellen Besonderheiten in ihrer Person - etwa im Sinne einer besonderen Verletzlichkeit oder einer Behandlungsbedürftigkeit - aufweisen. Anders als etwa das OVG Sachsen-Anhalt,
21vgl. Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643 - und auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, VG Oldenburg, Beschluss vom 21. Januar 2014 - 3 B 6802/13 -, jeweils juris,
22hat das OVG NRW die Situation von Rückkehrern, die wie die Antragstellerin der Personengruppe der alleinstehenden Mütter mit einem Kleinkind (Antragsteller in dem Verfahren 2 L 234/14.A) angehören und zudem möglicherweise bereits ein Asylverfahren in Italien durchgeführt haben,
23vgl. etwa Rz. 130 des o.g. Beschlusses,
24bzw. die Situation anerkannter Flüchtlinge oder jener mit subsidiärem Schutzstatus ausdrücklich nicht berücksichtigt bzw. mit in seine Entscheidung einbezogen.
25Die Frage, inwieweit die Personengruppe, der die Antragstellerin angehört, im Falle einer Überstellung nach Italien auf Grund systemischer Mängel insbesondere im Hinblick auf die Aufnahmebedingungen - etwa die Unterbringungsbedingungen - einer unmenschlichen bzw. erniedrigenden Behandlung i.S. von Art. 4 EU-GRCh ausgesetzt wäre, ist angesichts der in verschiedenen Berichten beschriebenen Umstände bzw. Missstände,
26vgl. etwa SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrern, Oktober 2013; Stellungnahmen des UNHCR vom 3. Dezember 2013 an VG Darmstadt sowie Bericht bzw. Empfehlung zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien von Juli 2013; Stellungnahme der Liaisonbeamtin an das BAMF vom 21. November 2013,
27nach Auffassung des Gerichts derzeit offen und lässt sich in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht mit der gebotenen Sicherheit beantworten. Danach ist vor allem die Frage der Unterbringung der Dublin-Rückkehrer problematisch. So müssen Dublin Rückkehrer etwa trotz einer Betreuung am Flughafen in Rom durch eine NGO unter Umständen einige Tage am Flughafen verbleiben und dort (ohne besondere Schlafplätze, aber wohl geduldet) auch übernachten oder sie sind in der Zeit ihrer Ankunft bis zur notwendigen Formalisierung ihres Antrags - die sog. Verbalizzazione - nicht nur Einzelfällen nicht immer hinreichend vor Obdachlosigkeit geschützt,
28vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, Rz. 138, 142, juris, m.w.Nw..
29Allerdings gelangt das OVG NRW nach Auswertung der vorliegenden Erkenntnisse und Berücksichtigung der Bemühungen des italienischen Staates für Asylbewerber, die sich in der von dem OVG NRW beschriebenen Situation befinden, zu dem Ergebnis, dass "sich Italien - unbeschadet mancherseits, auch von UNHCR zur Recht angebrachter (Teil-)Kritik - im Wesentlichen (noch) so verhalten hat, dass weder die Funktionsfähigkeit des Systems als solches in Frage gestellt worden ist noch die aktuell vorhandenen Mängel ein Ausmaß und Gewicht erreichen, von dem ausgehend die Prognose der realen Gefahr einer Verletzung von Art. 4 EUGRch gerechtfertigt erscheint".
30vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, a.a.O., Rz. 160.
31Diese Feststellung, wonach die aufgeführten Mängel im Bereich der Unterbringung noch gerade unterhalb der Schwelle eines systemischen Mangels anzusiedeln sind, bietet jedoch im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung keine ausreichende Grundlage für eine Übertragung auf die hier betroffene "vulnerable" Personengruppe der alleinstehenden Mütter mit einem Kleinkind. Anhaltspunkte für einen möglicherweise bestehenden systemischen Mangel lassen sich insoweit auch den Ausführungen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zur "Situation der Verletzlichen" und dem Problem von Familientrennung und den Aufnahmebedingungen für alleinerziehende Mütter,
32vgl. SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrern, Oktober 2013, S. 53 ff,
33entnehmen.
34Darüber hinaus ist derzeit immer noch ein Verfahren einer afghanischen Familie mit fünf Kindern gegen die Schweiz bei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anhängig, die sich gegen ihre Rückführung nach Italien unter Berufung einer Verletzung u.a. von Art. 3 und Art. 8 EMRK wenden und insbesondere die Unterbringungssituation und die Situation der Kinder anführen
35vgl. Press Release zu Tarakhel v. Switzerland, Application No. 29217/12 zur Anhörung am 12. Februar 2014, www.echr.coe.int. .
36Zudem bewertet das Gericht angesichts des derzeit unklaren Stands des Asylverfahrens der Antragstellerin in Italien, d.h. eines bereits möglicherweise abgeschlossenen Asylverfahrens und/oder einer abgelaufenen humanitären Aufenthaltserlaubnis, die Aufnahmebedingungen der Antragstellerin als noch unsicherer. So wird etwa die Situation der international und national Schutzberechtigten in Italien weiterhin äußerst problematisch bewertet; die Unterstützungsmaßnahmen werden von dem UNHCR nach wie vor als „äußerst unzureichend“ angesehen,
37vgl. UNHCR, Stellungnahme an das VG Darmstadt vom 3. Dezember 2013, S. 7.
38Das italienische System geht grundsätzlich davon aus, dass Personen mit einem subsidiären Schutzstatus oder einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt sind und sich ebenso wie diese selbst um eine Unterkunft und Arbeit in eigener Verantwortung bemühen müssen. Diese Personengruppe hat keinen Zugang mehr zu den Einrichtungen der CARA (Erstaufnahmeeinrichtungen) oder zu den FER-Projekten (Unterkünfte aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds). Die Kapazität des SPRAR-Systems (Zweitaufnahmesystem mit Ziel der sozialen Eingliederung) ist nur sehr gering und bietet nur für eine geringe Zahl dieser Personengruppe eine – zeitliche beschränkte – Unterkunftsmöglichkeit. Die Personen mit Schutzstatus sind daher in der Regel auf sich allein gestellt und müssen für sich selber sorgen. Die Chancen eine Unterkunft zu finden, sind trotz Bemühungen des Einzelnen jedoch gering. Folge dieser Situation ist die Zunahme von Flüchtlingen mit Schutzstatus in Obdachlosen- oder Notunterkünften sowie in Behelfssiedlungen oder besetzten Gebäuden (sog. „Hot-Spots“) in den großstädtischen Gebieten von Rom, Mailand, Florenz und Turin, wo Personen aus dieser Gruppe in armseligen Verhältnissen leben. Nach einer von einer NGO 2012 durchgeführten Recherche in Rom lebten etwa 1.700 International Schutzberechtigte in verlassenen Häusern,
39vgl. etwa UNHCR, Empfehlungen, Juli 2013, S. 15.
40Wie italienische Staatsangehörige haben derartige Schutzberechtigte keinen existenzsicherenden Anspruch auf Sozialhilfeleistungen, da es in Italien kein nationales Recht auf Fürsorgeleistungen – auch nicht für Italiener – gibt bzw. dieses nur sehr schwach ausgeprägt ist. Auch wenn aus Art. 4 EU-GRCh i.V.m. Art. 3 EMRK keine Verpflichtung eines Staates abgeleitet werden kann, Asylbewerbern und Flüchtlingen eine finanzielle Unterstützung zu gewähren, um ihnen einen gewissen Lebensstandard zu ermöglichen,
41vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – No.30696 – M.S.S./Belgien, Rz. 249, juris,
42und die italienischen Regelungen zum Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes grundsätzlich nicht gegen die Gebote zur Inländergleich- bzw. Ausländergleichbehandlung der Richtlinie 2011/95/EU (Art. 29, 30, 32) verstoßen dürften,
43vgl. dazu etwa: OVG Sachsen-Anhalt, vgl. Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643 -, U.A. S. 31, juris,
44erfordert die Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen eines systemischen Versagens des italienischen Asyl- und Flüchtlingssystems für den Personenkreis, dem letztlich die Antragstellerin angehört, neben der Beurteilung der abstrakten Rechtslage auch eine Beurteilung der konkreten und tatsächlichen Verwaltungs- und Rechtspraxis, welche nach Auffassung des Gerichts einer weiteren Klärung bedürfen, die nicht in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen hat.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83 b AsylVfG.
46Der Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:
- 1.
- a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge; - b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 2.
- a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist; - b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
- 3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen; - 4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; - 5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.
(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.
(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.
(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.
(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.
(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Gründe
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I.
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Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Seeweg nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Im Juli 2009 stellte er in der Schweiz einen weiteren Asylantrag und entzog sich der Überstellung nach Italien. Auf seinen am 1. Oktober 2010 in Österreich gestellten Asylantrag überstellten ihn die österreichischen Behörden im Juli 2011 nach Italien. Im November 2011 wurde der Kläger in Deutschland aufgegriffen und stellte erneut einen Asylantrag. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stimmten die italienischen Behörden im Februar 2012 zu. Daraufhin entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Mai 2012, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.
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II.
- 2
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Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg.
- 3
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1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
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"welchen rechtlichen Anforderungen der Begriff der 'systemischen Mängel' unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden."
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Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lässt sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und des nationalen Prozessrechts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.
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Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).
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Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).
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Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ("systemic failure") abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).
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Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus. Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt.
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2. Mit der Gehörsrüge macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe zusammen mit seiner Ankündigung vom 8. Oktober 2013, dass erwogen werde, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Gerichts in vergleichbaren Fällen ebenso entschieden habe. Trotz entsprechender Aufforderung habe das Berufungsgericht die damals noch nicht abgesetzten Entscheidungen des anderen Senats nicht zugänglich gemacht und auch die Frist zur Stellungnahme nicht verlängert. Die Gehörsrüge greift nicht durch.
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Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Verwertung tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit unterliegt - nicht anders als andere tatsächliche Feststellungen - dem Gebot des rechtlichen Gehörs (Urteil vom 8. Februar 1983 - BVerwG 9 C 847.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132 = InfAuslR 1983, 184). Dagegen verstößt ein Gericht, wenn es anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne die Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können. Zieht ein Gericht aber andere Entscheidungen nur als bestätigenden Beleg dafür heran, dass andere Gerichte die Lage (einer bestimmten Gruppe) in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt und deshalb rechtlich die gleichen Schlussfolgerungen gezogen haben, unterliegen solche Bezugnahmen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 860.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 = NJW 1986, 3154).
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An diesem Maßstab gemessen erweist sich die Gehörsrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Lage der Asylbewerber in Italien unter Auswertung verschiedener Quellen selbstständig tatrichterlich gewürdigt. Es hat die in dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 genannten Entscheidungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ausweislich der Entscheidungsgründe nicht verwertet. Daher ist nicht ersichtlich, wie die angefochtene Entscheidung durch die - sicherlich prozessual ungeschickte - Vorgehensweise des Berufungsgerichts das rechtliche Gehör des Klägers hätte verletzen können. Denn die Auskunftsquellen als Grundlagen der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Oktober 2013 bekannt gegeben worden, so dass er sich dazu äußern konnte.
Tenor
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 20. Januar 2014 – 1 L 21/14.A – wird geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. Januar 2014 wird angeordnet.
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Oberbürgermeister der Stadt E. mitzuteilen, dass eine Abschiebung des Antragstellers nach Italien vorläufig nicht durchgeführt werden darf.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Abänderungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der zulässige Antrag, über den das erkennende Gericht nach Eingang des Antrags auf Zulassung der Berufung in dem zugehörigen Hauptsacheverfahren als zuständiges Gericht der Hauptsache entscheidet, ist begründet.
3Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO können Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände geändert oder aufgehoben werden. Eine Veränderung der Umstände kann in nachträglich eingetretenen tatsächlichen Verhältnissen oder auch in einer nachträglichen Änderung der Rechtslage bestehen.
4Vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 80 Rn. 185 m. w. N.
5Derartige Veränderungen sind hier zwar weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Das Gericht kann aber gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO von Amts wegen auch ohne Änderung der Sach- und Rechtslage Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben, wenn es zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage gekommen ist oder die frühere Interessenabwägung nachträglich als korrekturbedürftig erachtet.
6Vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 80 Rn. 184 m. w. N.
7Das ist hier der Fall. Eine Abwägung zwischen dem Interesse der Antragsgegnerin an einer Vollziehung der nach § 75 AsylVfG sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnungen und dem Suspensivinteresse des Antragstellers führt vorliegend zu einem Überwiegen des Suspensivinteresses. Die Frage, ob eine Rückführung von Asylbewerbern nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens unzulässig ist, weil systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden,
8vgl. zu diesem Maßstab EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑ C-411/10 und C-493/10 ‑, Rn. 94,
9wird in der erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung Nordrhein-Westfalens gegensätzlich beurteilt.
10Siehe z.B. einerseits VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16. Mai 2013 - 5a L 547/13.A -, juris, VG Köln, Beschluss vom 7. Mai 2013 - 20 L 613/13.A -, juris, und VG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Juni 2013 ‑ 13 L 1065/13.A -, juris, andererseits VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 - 17 L 660/13.A, juris, und jüngst VG Minden in dem diesem Abänderungsverfahren zugrundeliegenden Eilbeschluss vom 20. Januar 2014 - 1 L 21/14.A.
11Eine grundsätzliche Klärung der Frage ist – ungeachtet der von der Antragsgegnerin in ihrer Erwiderung zitierten obergerichtlichen Entscheidungen anderer Bundesländer – jedenfalls durch das beschließende Gericht noch nicht erfolgt, so dass sie – nicht zuletzt unter Berücksichtigung aktuellster Erkenntnisse – als derzeit offen anzusehen ist. Eine Abwägung der widerstreitenden Belange, nämlich einer Gefährdung der genannten Rechtsgüter des Antragstellers einerseits und des nur zeitlich gefährdeten Abschiebungsinteresses der Antragsgenerin andererseits, bei offenem Ausgang der streitigen Frage führt hier zu dem genannten Ergebnis. Ergänzend verweist der Senat auf die Gründe des Beschlusses des hiesigen Oberverwaltungsgerichts vom 1. März 2012 - 1 B 234/12.A -, juris, denen er sich – soweit sie auf vorliegende Konstellation übertragbar sind - anschließt.
12Die angeordnete Mitteilung des Ergebnisses dieser Entscheidung an die zuständige Ausländerbehörde dient der zusätzlichen Sicherung effektiven Rechtsschutzes.
13Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die Gerichtskosten ergibt sich aus § 83b AsylVfG.
14Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 AsylVfG im Sinne des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt. Aus der Antragsbegründung und dem diese ergänzenden Schriftsatz vom 16. April 2014 ergibt sich nicht die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG). Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes erforderlich, dass die entsprechende Frage aufgeworfen und substantiiert ausgeführt wird, warum sie für entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
3Die vom Kläger in seiner Antragsbegründung vom 14. Januar 2013 aufgeworfene Frage,
4ob das Asylverfahren und die Wiederaufnahmebedingungen in Italien grundlegende Mängel aufweisen und die Verfahren Schutzsuchender in Italien europäischen Standards entsprechen,
5ist mittlerweile nicht mehr grundsätzlich klärungsbedürftig. Denn sowohl der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
6OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris,
7als auch bereits zuvor vier weitere Obergerichte,
8OVG Koblenz, Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13 -, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 30. Januar 2014 - 4 LA 167/13 -, AuAS 2014, 44; OVG Magdeburg, Beschluss vom 14. November 2013 - 4 L 44/13 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - OVG 3 S 40.13 -, juris Rdnr. 6 m. w. N.,
9haben diese Frage unter Auswertung sämtlicher relevanter aktueller Erkenntnisquellen jedenfalls für den „Normalfall“ einer nicht besonders schutzbedürftigen Person mit überzeugender Begründung verneint.
10Vgl. ebenso OVG NRW, Beschlüsse vom 28. März 2014 - 13 A 1878/13.A und 13 A 2383/12.A -, jeweils jurs.
11Einen über die genannten Entscheidungen hinaus gehenden Klärungsbedarf grundsätzlicher Art hinsichtlich einer hier entscheidungserheblichen Sach- oder Rechtsfrage zeigt der Kläger - ein inzwischen knapp 20-jähriger, alleinstehender und gesunder Mann - in seiner Antragsbegründung, die er mit Schriftsatz vom 16. April 2014 noch ergänzt hat, nicht auf. Insbesondere sind die vom Kläger angeführten Erkenntnisquellen - soweit sie noch aktuell sind und unter Berücksichtigung des nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auch im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Zeitpunkts einer etwaigen Berufungsverhandlung zu berücksichtigen wären - in den genannten obergerichtlichen Entscheidungen bereits berücksichtigt. Dass der Kläger aus diesen Erkenntnisquellen andere Schlüsse zieht als die genannten Obergerichte, begründet keinen erneuten grundsätzlichen Klärungsbedarf.
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 83b AsylVfG.
13Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 22. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid der Beklagten, mit dem die Unzulässigkeit eines von ihm in Deutschland gestellten Asylantrags festgestellt und die Abschiebung nach Italien angeordnet wird. Er begehrt die Ausübung des Selbsteintrittsrechts und die sachliche Prüfung des Asylantrags in Deutschland.
- 2
Der Kläger stellte am 2. August 2012 bei der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Trier (Bundesamt) einen Asylantrag, nachdem er am 17. Juli 2012 als Asylbewerber erfasst worden war. Bei der Antragstellung gab er an, am 5. August 1988 in Mogadischu geboren zu sein und die somalische Staatsangehörigkeit zu besitzen. Er sei Mitglied der Volksgruppe der Hawadle und sunnitischer Religionszugehörigkeit.
- 3
Bei der persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 29. August 2012 trug der Kläger vor, zwei Jahre lang als Schneider ausgebildet worden zu sein und diesen Beruf ein Jahr lang selbständig ausgeübt zu haben. Seine Schneiderei habe in der Nähe einer Fabrikruine gelegen, auf deren Gelände äthiopische Soldaten campiert hätten. Immer wieder seien diese von Mitgliedern der Al Shabaab attackiert worden. Auch die äthiopischen Soldaten hätten angegriffen. Die Al Shabaab sei zu ihm gekommen und habe gesagt, sie brauche Hilfe. Er habe nicht kämpfen wollen und sei im August 2008 geflohen. Hierzu habe er Mogadischu mit einem Kraftfahrzeug verlassen und sei über Addis Abeba und Khartum nach Tripolis gelangt, wo er am 18. November 2008 angekommen sei. Von dort aus sei er mit einem Boot nach Sizilien gefahren und am 25. Mai 2009 gelandet. Auf seinen Asylantrag hin habe er in Italien den Status eines subsidiär Schutzberechtigten erhalten. Danach habe er das Flüchtlingslager verlassen müssen und sei nach Florenz gegangen. Dort habe ihm die Caritas einmal am Tag etwas zu essen gegeben. Einen Monat lang habe er in einem verlassenen Haus ohne Wasser und Strom gelebt. Dann sei er insgesamt zwei Mal in die Niederlande gefahren und habe versucht, dort Asyl zu bekommen. Er sei aber jedesmal nach Italien zurückgeflogen worden. Die Polizisten am Flughafen Rom hätten ihm gesagt, er solle zum Bahnhof gehen. Dort seien viele Somalis gewesen, die ihn zur somalischen Botschaft in Rom gebracht hätten. Die Botschaft sei aufgegeben und von Flüchtlingen zum Übernachten genutzt worden. Es sei furchtbar dreckig gewesen und man habe krank werden können. Es habe Wasser, aber keinen Strom gegeben. Schließlich habe er sich auf den Weg nach Deutschland gemacht, wo er am 14. Juli 2012 angekommen sei.
- 4
Er sei krank. Er leide an einer schiefen Wirbelsäule und könne manchmal nicht gehen, außerdem habe er einen Vitamin-D-Mangel und eine Magenerkrankung. In Italien habe man ihm im Krankenhaus nur eine Schmerzspritze gegeben, weil er keinen Gesundheitsausweis habe vorzeigen können.
- 5
Die niederländischen Behörden wiesen ein Übernahmeersuchen der Beklagten zurück und teilten mit, dass sie den Kläger ihrerseits am 23. Dezember 2010 und 10. Oktober 2011 nach Italien überstellt hätten.
- 6
Auf entsprechenden Antrag vom 17. Dezember 2012 akzeptierten die italienischen Behörden mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 - Dublin-II-VO - ihre Zuständigkeit, wobei der Kläger dort mit syrischer Staatsangehörigkeit und dem Geburtsdatum 1. Januar 1988 geführt wurde, und stimmten einer Überstellung bis zum 20. Juni 2013 zu.
- 7
Vom 14. bis 24. Oktober 2012 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung wegen Schmerzen im Hüftbereich. Entzündliche sowie autoimmune Erkrankungen konnten laborchemisch ausgeschlossen werden. In einer Magnetresonanztomographie zeigten sich arthropische Veränderungen des Hüftgelenks. Es wurden eine ausgewogene eiweißreiche Ernährung und ambulante Krankengymnastik-Maßnahmen beziehungsweise Reha-Sport sowie eine ambulante psychiatrische Betreuung empfohlen. Am 6. und 7. Januar 2013 befand sich der Kläger wegen epigastrischer Schmerzen unklarer Genese erneut in stationärer Krankenhausbehandlung. Nachdem die Laborbefunde sowie eine Gastroskopie keine Auffälligkeiten aufwiesen und der Patient sich subjektiv beschwerdegebessert zeigte, wurde er ohne weitere Medikation entlassen. In privatärztlichen Attesten einer allgemeinmedizinischen Praxis vom 7. Februar 2013 und 29. Januar 2014 werden als Diagnosen Oberbauschschmerzen bei rezidivierender Gastritis, Lws-Syndrom, Coxalgie, Vitamin-D-Mangel und Mangelernährung bei Appetitlosigkeit aufgezählt. Der Patient sei auf regelmäßige medizinische Behandlung und Medikamente angewiesen. Eine Abschiebung nach Italien wäre mit einem hohen Risiko der Verschlechterung des Gesundheitszustandes verbunden.
- 8
Mit Bescheid vom 13. Februar 2013 erklärte die Beklagte den Asylantrag des Klägers gemäß § 27a AsylVfG für unzulässig. Italien sei für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und habe seine Zuständigkeit auch anerkannt. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Beklagte veranlassen könnten, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen, seien nicht ersichtlich. Insbesondere hinderten die vorgelegten Atteste eine Überstellung des Klägers nach Italien nicht, denn in Italien habe der Kläger wie jeder italienischer Staatsbürger Zugang zum dortigen Gesundheitssystem.
- 9
Am 19. Februar 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens sei auf die Beklagte übergegangen, da der Übernahmeantrag an Italien erst nach Ablauf der Frist des Art. 17 Abs. 1 Dublin-II-VO gestellt worden sei. Im Übrigen dürfe der Kläger aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Italien überstellt werden, weil er sich in ständiger ärztlicher Behandlung befinde. Schließlich sei die Beklagte zur Prüfung des Antrags verpflichtet, weil in Italien systemische Mängel im Asylverfahren herrschten. Die Mindeststandards in Bezug auf Unterbringung, soziale und medizinische Versorgung würden erheblich unterschritten. Das gelte insbesondere für Sizilien, wohin der Kläger abgeschoben werden sollte. Ihm drohte daher nach seiner Rückführung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung ohne Perspektive auf Arbeit oder Obdach.
- 10
Der Kläger hat beantragt,
- 11
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Februar 2013 zu verpflichten, von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Verordnung (EG) 343/2003 Gebrauch zu machen,
- 12
hilfsweise,
- 13
die Beklagte zu verpflichten, über die Ausübung des vorgenannten Selbsteintrittsrechts erneut zu entscheiden.
- 14
Die Beklagte hat beantragt,
- 15
die Klage abzuweisen.
- 16
Sie weist darauf hin, dass Personen mit Schutzstatus hinsichtlich der Unterbringung und der medizinischen Versorgung die gleichen Rechte genössen wie italienische Staatsangehörige. Damit seien Unterkunft und Wohnung in eigener Verantwortung zu besorgen. Die entsprechenden Kosten seien selbst zu tragen. Nach Meldung bei dem „Servizio Sanitario Nazionale“ erhielten Personen mit Schutzstatus eine „Tessera Sanitaria“, mit deren Hilfe Zugang zu allen ärztlichen Leistungen erfolge. Die Kosten der Behandlungen würden vom italienischen Staat getragen. Nach Auskunft der deutschen Liaisonbeamtin des Bundesamtes in Rom sei die Gewährung dieser medizinischen Versorgung unabhängig von einem festen Wohnsitz. Alle Personen, die in Italien einen Schutzstatus erhielten, hätten das Recht zu arbeiten (guida practica per i titolari di protezione internazionale). Nach Auskunft der Liaisionbeamtin sei die Arbeitserlaubnis eigentlich an eine „residenza“, also einen festen Wohnsitz geknüpft. Viele Vereinigungen böten den betroffenen Personen aber ihre Adresse als Briefkastenadresse an. Schließlich habe der Kläger auch keine Krankheit substantiiert, die ihn reiseunfähig machen beziehungsweise besondere Lebens- oder Gesundheitsgefahren begründen würde.
- 17
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. Mai 2013 abgewiesen. Die Zuständigkeit Italiens zur Prüfung des Asylantrags ergebe sich aus Art. 16 Abs. 2 Dublin-II-Verordnung, da Italien dem Kläger einen Aufenthaltstitel ausgestellt habe. Die Fristvorschriften des Art. 17 Abs. 1 Dublin-II-VO begründeten keine subjektiven Rechte, so dass es auf deren Versäumung nicht ankomme. Zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts sei die Beklagte nicht verpflichtet. Es sei nach Auswertung der vorliegenden Auskünfte, Gutachten sowie Berichte und unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung weder zu befürchten, dass dem Kläger keine hinreichende soziale beziehungsweise medizinische Versorgung zugute käme, noch herrschten systemische Mängel im italienischen Asylverfahren, die befürchten ließen, dass dem Kläger in Italien eine menschenunwürdige Behandlung drohte.
- 18
Auf entsprechenden Antrag ließ der Senat die Berufung zu und untersagte der Beklagten mit Beschluss vom 19. Juni 2013, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Berufungsverfahrens aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchzuführen.
- 19
Der Kläger wiederholt und vertieft zur Begründung der Berufung seinen Vortrag aus dem Klageverfahren. Als Schutzberechtigtem stünde ihm weder Anspruch auf Unterkunft, noch auf staatliche Sozialleistungen zu. Er habe auch keinen Anspruch auf Integrationsmaßnahmen und könne allenfalls in ländlichen Gebieten zeitlich befristet und schlecht bezahlt als Erntehelfer arbeiten. Außerhalb von Rom habe er keine Möglichkeit, sich eine virtuelle Adresse geben zu lassen, so dass er vermutlich auch keinen Zugang zum Gesundheitssystem habe. In Not geratene italienische Staatsangehörige könnten in der Regel auf Hilfe durch die (Groß-) Familie hoffen. Diese Möglichkeit hätten Flüchtlinge nicht.
- 20
Der Kläger beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Februar 2013 zu verpflichten, von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Verordnung (EG) 343/2003 Gebrauch zu machen,
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hilfsweise,
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die Beklagte zu verpflichten, über die Ausübung des vorgenannten Selbsteintrittsrechts erneut zu entscheiden.
- 24
Die Beklagte beantragt,
- 25
die Berufung zurückzuweisen.
- 26
Sie macht sich im Wesentlichen eine Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern im vorliegenden Verfahren zu Eigen. Danach liegen außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Beklagte veranlassen könnten, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen, nicht vor. Italien erfülle seine Verpflichtung nach den Artikeln 20 bis 24 Genfer Flüchtlingskonvention, Flüchtlinge im Sozial- und Arbeitsrecht ebenso zu behandeln wie eigene Staatsangehörige. Eine Besserstellung von Asylbewerbern sei danach nicht vorgesehen. Aus dem Umstand, dass Italien kein ähnliches soziales Netz biete wie Deutschland und andere Mitgliedstaaten, könne nicht geschlossen werden, dass es sich von seiner Verpflichtung aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention gelöst habe. Die von dem Kläger zitierten Gutachten ergäben keine neuen Erkenntnisse, insbesondere kein belastbares Zahlenmaterial darüber, welcher Anteil der Schutzberechtigten für wie lange tatsächlich der Obdachlosigkeit anheimgefallen sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte, die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 28
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Er hat keinen Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland. Die Beklagte ist weder nach den allgemeinen Regeln zuständig (I), noch besteht ein Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts (II). Daher ist auch die Abschiebungsanordnung nach Italien rechtlich nicht zu beanstanden (III).
I.
- 29
Die Frage, welcher Staat für das Asylverfahren des Klägers zuständig ist, bestimmt sich vorliegend nach den Regeln der Dublin-II-Verordnung (1). Danach ist Italien der zuständige Mitgliedstaat (2). Die Zuständigkeit ist nachträglich weder nach der Vorschrift des Art. 17 Abs. 1 Dublin-II-VO (3), noch nach der Vorschrift des Art. 20 Abs. 2 Dublin-II-VO (4) auf die Beklagte übergegangen.
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1. Im vorliegenden Fall kommt unbeschadet der Vorschrift des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG noch die Dublin-II-Verordnung und nicht die mittlerweile in Kraft getretene Nachfolgeverordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO) zur Anwendung. Gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 49 Dublin-III-VO gilt diese nämlich erst für Anträge auf Internationalen Schutz sowie Anträge der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme, die nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurden. Vorliegend hat der Kläger seinen Asylantrag bei der Beklagten bereits im Jahr 2012 gestellt. Auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Klägers wurde noch im Jahr 2012 gestellt und von Italien mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 akzeptiert.
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2. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass Italien nach der Vorschrift des Art. 16 Abs. 2 Dublin-II-VO zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Danach fallen dem Mitgliedstaat die Pflichten zur Wiederaufnahme und abschließenden Prüfung eines Asylverfahrens zu, sofern er einem Antragsteller einen Aufenthaltstitel erteilt. Italien hat dem Kläger in Folge der Anerkennung als subsidiär Schutzberechtigter einen Aufenthaltstitel erteilt und diesen im Jahr 2012 nochmals verlängert.
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3. Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens ist auch nicht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-II-VO auf die Beklagte übergegangen. Nach dieser Vorschrift sind Aufnahmegesuche an andere Mitgliedstaaten spätestens innerhalb von drei Monaten nach Einreichung des Asylantrags zu stellen. Wird das Gesuch nicht innerhalb dieser Frist unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für die Prüfung zuständig.
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Zum einen vermittelt diese Vorschrift dem Asylbewerber aber keine subjektiven Rechte, sondern dient als innerstaatliche Organisationsvorschrift in erster Linie der klaren und praktikablen Bestimmung der Zuständigkeit innerhalb der Mitgliedstaaten (vgl. hierzu die Erwägungsgründe 3 und 16 der Verordnung). Im Vordergrund steht daher das Interesse, die Zuständigkeit zeitnah festzustellen und den Asylantrag durch einzig den zuständigen Mitgliedstaat prüfen zu lassen, nicht aber, die Prüfung einem ganz bestimmten Mitgliedstaat zuzusprechen, in dem der Antragsteller einen (weiteren) Asylantrag gestellt hat.
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Zum anderen ist die Vorschrift auf den vorliegenden Fall schon nicht anwendbar. Die Beklagte hat kein Aufnahmegesuch nach Art. 17, sondern ein Wiederaufnahmegesuch nach den Art. 16. Abs. 2, Abs. 1 lit. c), 20 Abs. 1 Dublin-II-VO gestellt. Für Wiederaufnahmegesuche sieht die Dublin-II-VO aber keine Frist vor.
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4. Schließlich ist die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens auch nicht deshalb nach Art. 20 Abs. 2 Dublin-II-VO auf die Beklagte übergegangen, weil die Überstellung nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten erfolgt ist. Diese Frist beginnt gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. d) nämlich erst nach rechtskräftigem Abschluss eines Rechtsbehelfsverfahrens zu laufen, sofern diesem aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. EuGH, Urteil vom 29.01.2009 – C 19/08 –, Juris-Rn. 44 ff.; OVG Niedersachen, Urteil vom 04.07.2012 – 2 LB 163/10 – Juris-Rn. 36 m.w.Nw.). Vorliegend hatte der Senat noch vor Ablauf der Frist der Beklagten untersagt, den Kläger nach Italien abzuschieben.
II.
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Es besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO.
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Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die mittlerweile ihren Niederschlag in Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO gefunden hat, kann ein Mitgliedstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet sein, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtscharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 der Charta und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten haben bei der Ausübung ihres Ermessens diese Grundsätze daher zu beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011-0000, Rn. 68 ff.).
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Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen (sogenanntes Prinzip gegenseitigen Vertrauens beziehungsweise normativer Vergewisserung, vgl. grundlegend BVerfG, Urteil vom 15.05.1996, 2 BvR 1938/93, Juris-Rn. 179 ff.). Es gilt daher die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht. Diese Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass das System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
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Allerdings berührt nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat das in der Dublin-II- bzw. Dublin-III-Verordnung niedergelegte Zuständigkeitssystem. Der Europäische Gerichtshof macht deutlich, dass nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel steht (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs deshalb nur dann auszusetzen, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechtecharta ausgesetzt zu sein (vgl. zum Ganzen EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 bis Rn. 106).
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Anhaltspunkte dafür, wann eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung anzunehmen ist, lassen sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK entnehmen, der mit Art. 4 der Europäischen Grundrechtecharta übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21. Januar 2011 hat der Gerichtshof eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden (Urteil vom 21.01.2011, M.S.S. gegen Belgien und Griechenland, Beschwerde-Nr. 30696/09, Rn. 226 und Rn. 254 ff.).
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Der Senat kommt nach Auswertung der vorliegenden Gutachten, Auskünfte und Berichte und unter Würdigung des Vortrags des Klägers zu dem Ergebnis, dass das italienische Asylsystem nicht an systemischen Mängeln leidet, auf Grund derer dem Antragstellers nach seiner Rückführung eine menschenunwürdige Behandlung droht (ebenso OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2013 - 4 L 44/13 -, OVG Nds, Beschluss vom 30.01.2014 - 4 LA 167/13 - und vom 02.08.2012 - 4 MC 133/12 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13 - und vom 24.06.2013 - OVG 7 S 58.13 -; VG Oldenburg, Beschluss vom 21.01.2014 - 3 B 6802/13 -; VG Regensburg, Beschluss vom 18.12.2013 - RN 6 S 13.30720 -; VG Ansbach, Beschluss vom 18.09.2013 - An 2 K 13.30675 -; VG Meiningen, Urteil vom 26.06.2013 - 5 K 20096/13 Me -; VG Lüneburg, Urteil vom 04.06.2013 - 6 A 176/11 - (n.V.); VG Augsburg, Beschluss vom 19.12.2012 - Au 6 E 12.30377 -; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2012 - 6 L 1480/12.A -; VG Osnabrück, Urteil vom 02.04.2012 - 5 A 309/11 - (n.V.) a.A. OVG NRW, Beschluss vom 01.03.2012 - 1 B 234/12.A -; VG Gießen, Urteil vom 25.11.2013 - 1 K 844/11.GI.A -; VG Schwerin, Beschluss vom 13.11.2013 - 3 B 315/13 As -; VG Frankfurt, Urteil vom 09.07.2013 - 7 K 560/11.F.A. -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16.05.2013 - 5a L 547/13.A -; VG Köln, Beschluss vom 07.05.2013 - 20 L 613/13.A, soweit veröffentlicht zitiert nach Juris).
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Italien verfügt über ein planvolles und ausdifferenziertes Asylsystem (a). Dieses System leidet zwar an Mängeln (b), nicht aber an systemischen Mängel (c). Das gilt auch für Personen mit Schutzstatus (d).
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(a) Zunächst ist festzuhalten, dass Italien über ein planvolles und ausdifferenziertes Aufnahmesystem für Asylbewerber verfügt, das in zwei Phasen gegliedert ist. Nach Stellung des Asylantrags ist die Unterbringung in Aufnahmezentren für Asylsuchende, den sogenannten CARA (Centri di Accoglienza per Richiedenti Asilo) vorgesehen. Die maximale Aufenthaltsdauer dort soll grundsätzlich 35 Tage betragen. Daneben gibt es noch Aufnahmeeinrichtungen für Migranten, die keine Asylsuchenden sind, die so genannten CDA (Centri di Accoglienza). Diese werden in der Praxis ebenfalls für die Erstaufnahme von Asylsuchenden verwendet. In der zweiten Phase sollen die Antragsteller in einer Einrichtung des Aufnahmesystems SPRAR (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati) untergebracht werden. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk von Unterkünften, das auf einer Zusammenarbeit zwischen dem Innenministerium, den Gemeinden und verschiedenen NGOs basiert. Die SPRAR-Projekte umfassen nicht nur eine Wohnmöglichkeit, sondern ein individualisiertes Integrationsprojekt mit Sprachkursen, Berufsbildung und Unterstützung bei der Arbeitssuche. Die Aufenthaltsdauer im einem SPRAR beträgt normalerweise 6 Monate und kann bis zu einem Jahr verlängert werden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 ff.).
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Endet das Asylverfahren mit der Zuerkennung eines Schutzstatus, werden den Schutzsuchenden Aufenthaltsberechtigungen („permessi die soggiorno“) ausgestellt. Danach genießen sie in Italien formal dieselben Rechte wie italienische Staatsangehörige. Sie haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und kostenfreien Zugang zu allen öffentlichen medizinischen Leistungen (Auskunft des Auswärtigen Amtes an VG Freiburg vom 11.07.2012). In den Erstaufnahmeeinrichtungen werden sie nicht mehr aufgenommen. In Einrichtungen des SPRAR können sie Unterkunft finden, sofern sie die vorgesehene maximale Aufenthaltsdauer noch nicht ausgeschöpft haben und ein Platz frei ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 und S. 25; borderline-europe e.V., Gutachten zum Beweisbeschluss des VG Braunschweig vom 28.09.2012, S. 50).
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(b) In der Praxis litt - und leidet - das italienische Aufnahmesystem an Mängeln. Die Berichtslage zeigt übereinstimmen, dass es insbesondere auf die sehr hohen Antragszahlen in den Jahren 2008 und 2011 nicht ausreichend vorbereitet war (Bethke & Bender, Zur Situation von Flüchtlingen in Italien - Bericht über die Recherchereise nach Rom und Turin im Oktober 2010 -; Schweizer Flüchtlingshilfe/Juss-Buss: Situation von Asylsuchenden, Flüchtlingen und „Dublin-Rückkehrern“, Bericht vom Mai 2011; borderline-europe/Judith Gleitze: Zur Lage von Asylsuchenden und „Dublin-Rückkehrern“, Stellungnahme vom Dezember 2012; Auskunft des Auswärtigen Amtes an VG Darmstadt vom 29.11.2011 und an VG Braunschweig vom 09.12.2011). In der Folge verlängerten sich die Verfahrenszeiten deutlich über die vorgesehenen Fristen hinaus. Die zeitliche Lücke zwischen der Stellung des Asylantrags und dessen formeller Registrierung (verbalizzazione) führte zu der Gefahr der Obdachlosigkeit, da in der Praxis Zugang zu den Erstaufnahmeeinrichtungen erst ab dem Zeitpunkt der Registrierung gewährt wurde (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 12). Zudem waren die Aufnahmekapazitäten der staatlicherseits zur Verfügung gestellten Plätze überlastet. Für Personen mit Schutzstatus bedeutete dies, dass sie Schwierigkeiten hatten, im SPRAR-Aufnahmesystem unterzukommen, auch wenn sie die maximale Verweildauer noch nicht ausgeschöpft hatten. Hinzu kam die wirtschaftliche schwierige Lage, in der sich auch Italien nach der Wirtschaftskrise befand und noch befindet. Nach den Informationen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe lebt vor allem in Rom eine ganz erhebliche Zahl von Asylbewerbern und Personen mit Schutzstatus (die Schätzungen sprechen von 1.200 bis 1.700) in Slums oder besetzten Häusern (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, a.a.O., S. 36).
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(c) Diese Mängel begründen aber keine systemischen Mängel im oben dargestellten Sinne. Dabei versteht der Senat unter systemischen Mängeln solche, die entweder bereits im System selbst angelegt sind und von denen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar betroffen sind oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein in der Theorie nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem faktisch in weiten Teilen funktionsunfähig wird. Nach Auswertung der vorliegenden Auskünfte kommt der Senat zu der Überzeugung, dass die systembedingten Missstände von den italienischen Behörden angegangen werden und sich die Situation deshalb verbessert hat und aller Voraussicht nach weiter verbessern wird. Außerdem ist festzustellen, dass die Zustände punktuell, aber nicht flächendeckend unzureichend sind, so dass nicht davon gesprochen werden kann, dass das Asyl- und Aufnahmesystem faktisch außer Kraft gesetzt ist.
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Ein im System angelegter Mangel ist die Tatsache, dass der Zugang zum Erstaufnahmesystem offensichtlich von der Registrierung (verbalizzazione) abhängt und dies bei einer Verzögerung des Verfahrens zur Obdachlosigkeit führen kann. Allerdings hat das italienische Innenministerium in der ersten Jahreshälfte 2013 eine Weisung herausgegeben, wonach die Registrierung zeitlich mit der Asylgesuchstellung zusammenfallen soll (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 12). Auch die Überlastung des Aufnahmesystems nimmt Italien nicht tatenlos hin. Auf die hohen Asylbewerberzahlen im Jahr 2011 reagierte das Land zunächst mit einem Notstandskonzept, bei dem unter Führung des Zivilschutzes (Protezione Civile) Aufnahmestrukturen in der Größenordnung von 26.000 Plätzen bereitgestellt wurden (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG Sachsen-Anhalt vom 21.01.2013; UNHCR an VG Braunschweig, S. 3; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 9). Daneben wurden und werden die Plätze, die im SPRAR-Projekt zur Verfügung stehen, in erheblichem Umfang aufgestockt (siehe zur Bedeutung dieser Plätze für das Aufnahmesystem den Report von Nils Muižnieks, Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, 18.09.2012, Abs. 152). Standen ursprünglich 3.000 Plätze zur Verfügung, waren es Anfang Juni 2013 bereits 4.800 Plätze, wobei hierzu auch bereits vorhandene Unterkunftsplätze gezählt wurden, die um die im SPRAR-System vorgesehen Integrationsleistungen ergänzt wurden. Aufgrund eines im September 2013 erlassenen Dekrets des Innenministeriums soll die Kapazität im Zeitraum 2014 bis 2016 nochmals auf insgesamt 16.000 Plätze erhöht werden (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 22). Außerdem wurde ein neues Informatiksystem „Vestanet“ eingeführt, das ebenfalls zu einer Verbesserung des Verfahrens beitragen soll (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 12). In seiner Antwort an das Verwaltungsgericht Braunschweig vom 24. April 2012 hat der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen ausdrücklich anerkannt, dass in den letzten Jahren Verbesserungen des Aufnahmesystems stattgefunden haben. Gleiches gilt für die Auskunft des Auswärtige Amtes vom 21. Januar 2013 an das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt.
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Der Senat geht außerdem davon aus, dass die aufgezeigten Missstände in bestimmten Städten und Regionen auftreten, die Funktionsfähigkeit des Asyl- und Aufnahmesystems aber nicht insgesamt in Frage stellen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Aufklärungsreisen die Problemschwerpunkte in den Blick nehmen (so ausdrücklich der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe mit Schwerpunkt Rom und Mailand, S. 1; in der Sache nicht anders der Bericht von Maria Bethke & Dominik Bender mit Schwerpunkt Rom und Turin; Gutachten von borderline-europe e.V. mit Schwerpunkt Rom und Sizilien). Diese Situationen sind aber nicht ohne Weiteres verallgemeinerbar. So geht der UNHCR, dessen Dokumente bei der Auslegung unionsrechtlicher Vorschriften von besonderer Relevanz sind (vgl. EuGH, Urteil vom 30.05.2013 - C-528/11 - Rn. 44), in seiner Antwort an das Verwaltungsgericht Braunschweig davon aus, dass die CARA, CDA und SPRAR-Projekte in der Lage sind, dem Aufnahmebedarf einer signifikanten Anzahl an Asylsuchenden nachzukommen (UNHCR an VG Braunschweig vom 24. April 2012, S. 3). Anders als im Falle Griechenlands oder jüngst Bulgariens (UNHCR Briefing Notes vom 03.01.2014) hat der UNHCR bislang in keiner seiner Stellungnahmen eine Empfehlung an die Mitgliedstaaten ausgesprochen, Überstellungen nach Italien nicht mehr vorzunehmen (siehe zuletzt UNHCR, Recommendations on important aspects of refugee protection in Italy, July 2013). Auch die Auskünfte des Auswärtigen Amtes sprechen gegen die Annahme eines systemischen Mangels des italienischen Asylsystems. Sie basieren auf laufenden Gesprächen der Botschaft Rom mit dem italienischen Flüchtlingsrat CIR und UNHCR in Rom, grenzpolizeilicher Verbindungsbeamter der Bundespolizei im italienischen Innenministerium, Präsentationen des italienischen Innenministeriums und des statistischen Landesamtes ISTAT, Kontakten zu nichtstaatlichen karitativen Organisationen sowie Informationen des SPRAR und sind daher geeignet, einen Überblick über die Situation im Land zu geben. Nach der Auskunft an das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt konnten seinerzeit (Januar 2013) alle Asylbewerber und Flüchtlinge in öffentlichen Zentren untergebracht werden. Gegebenenfalls gebe es lokale und regionale Überbelegungen, italienweit seien aber genügen Plätze vorhanden. Insbesondere in Norditalien seien die Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Zusätzlich zu den staatlichen/öffentlichen Einrichtungen gebe es kommunale und karitative Einrichtungen, so dass meist ein Unterbringungsplatz in der Nähe gefunden werden könne. Es sei nicht davon auszugehen, dass Personen, die in den staatlichen Aufnahmeeinrichtungen und staatlichen Unterkünften keinen Platz fänden, regelmäßig oder überwiegend obdachlos auf der Straße oder in Elendsquartieren leben müssten.
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(d) Mit Blick auf den hier vorliegenden Fall ist weiter festzuhalten, dass sich aus der Auskunftslage auch keine systemischen Mängel für Personen ergeben, denen bereits ein Schutzstatus zugesprochen wurde. Die mit der Anerkennung verbundene Erteilung eines Aufenthaltsrechts (permession di soggiorno) bedeutet in der Praxis, dass sich die Personen mit Schutzstatus grundsätzlich selbst um eine Unterkunft und eine Arbeit kümmern müssen. Sie können nicht mehr in CARA unterkommen, da diese nur Asylbewerbern offenstehen. Sie können sich aber für Plätze im SPRAR-System bewerben, sofern sie die maximale Verweildauer noch nicht überschritten haben. Tatsächlich wird eine große Zahl der Plätze im SPRAR-System von Personen mit Schutzstatus belegt. Allerdings bestehen zum Teil lange Wartezeiten (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 22). Hier dürfte die geplante Ausweitung der SPRAR-Plätze eine deutliche Entlastung bringen. Daneben bieten die Gemeinden Unterkünfte an. Jedenfalls in Rom betrug die durchschnittliche Wartezeit auf einen solchen Platz allerdings drei Monate und in Mailand einen bis drei Monate (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 27 und S. 30). Schließlich können sich Personen mit Schutzstatus, die keine Unterkunft finden, an kirchliche Organisationen und Nichtregierungsorganisationen wie die Caritas oder das Consiglio Italiano per i Rifugiati wenden (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21.01.2013 an das OVG des Landes Sachsen-Anhalt). Verlässliche Zahlen, wie viele Schutzberechtigte von keiner dieser Möglichkeiten Gebrauch machen können und letztlich obdachlos werden, fehlen. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes ist im Regelfall oder gar überwiegend aber nicht davon auszugehen, dass Flüchtlinge in Italien beziehungsweise Rückkehrer nach der Dublin-II-Verordnung dort unter Verhältnissen leben müssen, welche man gemeinhin als „Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums (Betteln, Leben auf der Straße etc.)“ bezeichnen könne. Hierbei handle es sich eher um Einzelfälle (Auswärtiges Amtes an OVG Sachsen-Anhalt vom 21.01.2013).
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In Italien gibt es auch für italienische Staatsangehörige kein national garantiertes Recht auf Fürsorgeleistungen zur Lebensunterhaltssicherung vor dem 65. Lebensjahr. Die Zuständigkeit für die Festsetzung von Sozialhilfeleistungen liegt grundsätzlich im Kompetenzbereich der Regionen. In bestimmten Regionen wird die Höhe des Sozialgeldes durch die Kommune festgesetzt. Öffentliche Fürsorgeleistungen weisen daher deutliche Unterschiede je nach regionaler und kommunaler Finanzkraft auf (Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern im vorliegenden Fall; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, S. 48).
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Auch wenn sich die Situation damit deutlich schlechter und unsicherer darstellt als in der Bundesrepublik Deutschland, begründet dies für sich genommen keinen systemischen Mangel. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat ausdrücklich festgehalten, dass Art. 3 EMRK die Vertragsparteien nicht verpflichte, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen. Die Norm enthalte auch keine allgemeine Pflicht, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu bieten, um ihnen einen bestimmen Lebensstandard zu bieten. Ausländer, die von einer Ausweisung betroffen seien, gewähre die Konvention grundsätzlich keinen Anspruch mit dem Ziel, im Hoheitsgebiet des Vertragsstaates zu verbleiben, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren, die vom ausweisenden Staat zur Verfügung gestellt werde. Wenn keine außergewöhnlichen zwingenden humanitären Gründe vorlägen, die gegen eine Ausweisung sprächen, sei allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse des Antragstellers bedeutend geschmälert würden, falls er oder sie ausgewiesen würde, nicht ausreichend, einen Verstoß gegen Art. 3 EMR zu begründen (Beschluss vom 02.04.2013, Mohammed Hussein u.a. gegen Niederlande und Italien, a.a.O. Rn. 70 f.).
- 52
Keine systematischen Mängel bestehen schließlich auch im Hinblick auf den Zugang zum Gesundheitssystem. Personen mit Schutzstatus sind in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt. Die Anmeldung beim Nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Behandlung bei einem praktischen Arzt, Kinderarzt, in Ambulanzen und zur Aufnahme in ein Krankenhaus berechtigt. Hierzu benötigen Schutzberechtigte den Aufenthaltstitel, die Steuernummer sowie eine feste Adresse. Personen ohne festen Wohnsitz können sich zumindest in Rom unter Sammeladressen karitativer Einrichtungen melden, die von den Behörden akzeptiert werden. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten. Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (Auswärtiges Amt an OVG des Landes Sachsen-Anhalt vom 21.01.2013).
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(e) Die Einschätzung, dass das italienische Asylsystem nicht an systemischen Mängeln leidet, wird durch die jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofs für Menschenrechte bestätigt. In seinem Beschluss vom 2. April 2013 hat er die Überstellung der dortigen Beschwerdeführerin, der - wie dem Kläger - in Italien bereits ein Schutzstatus zugesprochen worden war, mit Art. 3 EMRK für vereinbar gehalten. Dabei hat er - neben der konkreten Situation der Antragstellerin - eine Vielzahl von Stellungnahmen sowie Berichten von Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen über die generelle Situation in Italien ausgewertet. Er kommt nach ausführlicher Würdigung der festzustellenden Mängel - und keineswegs nur unter Bezug auf den ihm vorgelegten konkreten Sachverhalt - zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen (Beschluss vom 02.04.2013, Mohammed Hussein u.a. gegen Niederlande und Italien, Rn. 70 ff., in Teilen übersetzt von Wischrath, ZAR 2013, 336, besprochen von Thym in ZAR 2013, 331; siehe auch Hailbronner, AuslR, Dezember 2013, § 34a Rn. 29 f.; ebenso Beschluss vom 18.06.2013, Halimi gegen Österreich und Italien, Rn. 68, in Teilen übersetzt von Wischrath, ZAR 2013, 338). Diese Einschätzung hat er jüngst nochmals ausdrücklich bestätigt (Beschluss vom 10.09.2013 - Nr. 2314/10 -, Hussein Diirshi u.a. gegen Niederlande und Italien, zitiert nach HUDOC).
- 54
(f) Es sind auch keine besonderen Umstände des Einzelfalles ersichtlich, die befürchten ließen, dass gerade dem Kläger in Italien eine mit Art. 4 der Grundrechtecharta nicht vereinbare Behandlung drohen würde. Er leidet insbesondere nicht an außerordentlich schweren oder seltenen Krankheiten, deren Behandlung in Italien nicht möglich erschiene. Nach seiner Schilderung bekam er in Italien in Notfallsituationen zumindest Schmerzmittel verabreicht. Die Probleme bei einer weiterführenden Behandlung resultierten offenbar daraus, dass er mangels festen Wohnsitzes keine Gesundheitskarte beantragt hat. Dem hätte der Kläger nach der Auskunftslage aber zumindest in Rom dadurch abhelfen können, dass er sich bei einer gemeinnützigen Organisation eine fiktive Meldeadresse hätte geben lassen. Aus den Angaben des Klägers lässt sich außerdem schließen, dass er noch keinen Platz im SPRAR-System beansprucht hat. Damit steht ihm nach seiner Rückkehr die Möglichkeit offen, sich für einen solchen Platz zu bewerben. Auf die von dem Kläger zuletzt aufgeworfene Frage, ob die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt vom 21. August 2013 zutrifft, nach der alle im Rahmen der Dublin-Verordnung zurückgeführten Personen von der Questura in eine Unterkunft verteilt werden, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Diese Auskunft dürfte sich auf Personen ohne Schutzstatus bezogen haben, die - wie oben dargestellt - ohnehin einem anderen Aufnahmeregime unterfallen.
III.
- 55
Die Abschiebungsanordnung ist nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage ist § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen nach § 27a AsylVfG zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies ist der Fall, nachdem Italien seine Zuständigkeit akzeptiert hat und der Abschiebung keine relevanten Hindernisgründe entgegenstehen.
IV.
- 56
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.
- 57
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
- 58
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen. Streitentscheidend ist vorliegend die Würdigung der tatsächlichen Umstände in Italien.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Dem Antragsteller wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte Herr Rechtsanwalt Peter U. aus B. beigeordnet.
Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 2 K 641/14.A erhobenen Klage gegen die Abschiebungsanordnung in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. März 2014 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
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G r ü n d e:
2Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Peter U. für den § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. §§ 114, 115, 121 der Zivilprozessordnung (ZPO) die Rechtsgrundlage bildet, hat Erfolg, wie sich aus den nachfolgenden Gründen ergibt.
3Der Antrag,
4die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 2 K 641/14.A erhobenen Klage gegen die Abschiebungsanordnung in den Bescheid des Antragsgegners vom 26. März 2014 anzuordnen,
5hat Erfolg.
6Der Antrag ist nach § 34 a Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG - in der seit 6. September 2013 geltenden Fassung der Vorschrift auf Grund des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013, BGBl. I, 3474) statthaft und zulässig. Er ist insbesondere fristgerecht binnen einer Woche nach Bekanntgabe des streitgegenständlichen Bescheides gestellt worden.
7Der Antrag ist auch begründet.
8Bei der im Rahmen des Aussetzungsverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der aufenthaltsbeendenden Entscheidung und dem Individualinteresse des Antragstellers an einem einstweiligen Aufschub der Vollziehung überwiegt vorliegend das private Interesse des Antragstellers, an seinem Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland während des Klageverfahrens das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 26. März 2014 enthaltenen Abschiebungsanordnung. Es ist derzeit offen, ob eine Überstellung des Antragstellers nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens unzulässig und damit die Abschiebungsanordnung nach § 34 a Abs. 1 AsylVfG rechtswidrig ist, weil systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen die Annahme begründen, dass er dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S. von Art. 4 der Charta für Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCh) ausgesetzt wäre. Gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt u.a. die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) an, wenn der Ausländer in diesen Staat abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat.
9Zunächst dürfte allerdings das Bundesamt zu Recht von einer Aufnahmeverpflichtung und damit von einer Zuständigkeit Italiens i.S. des § 34 a Abs. 1 i.V.m. § 27 a AsylVfG auf Grund eines bereits in Italien gestellten und ggfs. auch durchgeführten Asylverfahrens der Mutter des Antragstellers ausgegangen sein. Ein Asylantrag ist nach dieser Vorschrift unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Vorliegend ist die Situation des am 27. März 2013 in Düren geborenen Antragstellers gemäß Art. 4 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 der hier noch anzuwendenden Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (EG-AsylZustVO/Dublin II-VO),
10vgl. die Übergangsvorschrift des Art. 49 Sätze 2 und 3 der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist - sog. Dublin III-VO -, wonach maßgeblich, der vor dem 1. Januar 2014 gestellte Asylantrag des Antragstellers und das ebenfalls vor diesem Zeitpunkt gestellte Gesuch auf Wiederaufnahme des Bundesamtes sind,
11untrennbar mit der Situation seines Elternteils - hier: die Mutter W. P. (Antragstellerin in dem Verfahren 2 L 235/14.A) - verbunden. Die Prüfung des Asylantrags fällt danach in die die Zuständigkeit des Mitgliedstaates, der auch für die Prüfung des Asylantrags dieses Elternteils zuständig ist. Italien hat hier auf das Wiederaufnahmeersuchen des Bundesamtes vom 21. November 2013 nach Art. 16 Abs. 1 lit. c) EG-AsylZustVO/Dublin II-VO - betreffend die Mutter und den Antragsteller selbst - unter Hinweis auf den EURODAC-Treffer der Mutter mit der Nummer IT1CZOOBRB zwar zunächst unter dem 5. Dezember 2012 die Übernahme abgelehnt. Nach Remonstration der Antragsgegnerin (6. Dezember 2012) hat Italien jedoch am 17. März 2014 die Wiederaufnahme akzeptiert und muss gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. d) EG-AsylZustVO/Dublin II-VO die Mutter des Antragstellers wieder gemäß Art. 4 Abs. 3 EG-AsylZustVO/Dublin II-VO auch den Antragsteller aufnehmen. Dem steht nicht entgegen, dass die Wiederaufnahmeverpflichtung Italiens sich möglicherweise nicht auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) EG-AsylZustVO/Dublin II-VO (Antragsprüfung noch nicht abgeschlossen) gründen dürfte, sondern auf Art. 16 Abs. 1 lit. e) (abgelehnter Asylantrag) bzw. Art. 16 Abs. 2 EG-AsylZustVO/Dublin II-VO (Erteilung eines Aufenthaltstitels durch einen Mitgliedstaat). Denn dem Verwaltungsvorgang lässt sich entnehmen, dass der Asylantrag der Mutter bereits am 27. Oktober 2008 in Italien gestellt worden sein soll und den Angaben der Mutter des Antragstellers bei ihrer polizeilichen Vernehmung (30. Dezember 2012) und ihrer Anhörung vor dem Bundesamt (10. Januar 2013) zufolge will sie sich ca. 3 Jahre in Italien aufgehalten haben und seien ihre italienischen Dokumente vor ca. 6/7 Monaten abgelaufen. Danach ist es nicht unwahrscheinlich, dass das Asylverfahren in Italien bereits abgeschlossen ist, wobei unklar ist, ob die Mutter des Antragstellers z.B. eine etwa ein Jahr gültige Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründe erhalten hat. Nach den Erkenntnissen des Gerichts kann die in Italien zuständige Kommission nämlich für den Fall, dass weder die Flüchtlingseigenschaft noch subsidiärer Schutz zuerkannt wird, dem Antragsteller eine für ein Jahr gültige Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erteilen,
12vgl. etwa EGMR, Urteil vom 2. April 2013 - Application No. 27725/10 "N. Hussein", Rz. 33-39, juris; SFH, Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, Mai 2011, S. 31 f.; A.S.G.I., Auskunft an das VG Darmstadt vom 13. September 2012, S. 4.
13Die Verpflichtung zur Wiederaufnahme der Mutter des Antragstellers ist weder nach Art. 16 Abs. 3 oder 4 EG-AsylZustVO/Dublin II-VO erloschen noch ist die Zuständigkeit auf die Antragsgegnerin gemäß Art 20 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 lit. d) EG-AsylZustVO/Dublin II-VO wegen Ablauf der Überstellungsfrist von sechs Monaten übergegangen. Anhaltspunkte für ein Verlassen des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten sind derzeit nicht ersichtlich.
14Der Antrag ist jedoch begründet, da nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung derzeit offen ist, ob eine Überstellung des Antragstellers nach Italien auf Grund der von dem EuGH entwickelten Grundsätze zur Widerlegung der - aus dem "Prinzip des gegenseitigen Vertrauens" abgeleiteten - bestehenden Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und EMRK steht, unzulässig ist,
15vgl. dazu EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C 411/10, u.a. - (N.S.), juris; dazu auch: BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6/14 -, juris.
16Die Frage, ob eine Rückführung von Asylbewerbern im Rahmen des Zuständigkeitsverfahrens nach der EG-AsylZustVO/Dublin II-VO nach Italien unzulässig ist, weil ihnen auf Grund systemischer Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen in Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet,
17vgl. etwa m.w. Nachw. zur Rspr.: OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2014 - 15 B 143/14.A - und OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643 -, UA S. 19; jeweils juris.
18Zwar hat das OVG NRW,
19vgl. Beschluss vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, worauf auch bereits die Beschlüsse vom 28. März 2014 - 13 A 1878/13. A -, vom 28. April 2014 - 11 A 522714.A -, vom 6. Mai 2014 - 9 A 233/13.A, vom 30. Mai 2014 - 14 A 1138/14.A und 5. Juni 2014 - 14 A 1139/14.A; jeweils juris, Bezug nehmen,
20zwischenzeitlich entschieden, dass Asylsuchende, die nach den Regelungen der EG-AsylZustVO/Dublin II-VO nach Italien überstellt werden sollen, derzeit nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer durch das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen verursachten unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S. des Art. 4 EU-GRCh rechnen müssen. Dabei hat das OVG NRW jedoch ausdrücklich auf die Situation des Klägers in dem entschiedenen Verfahren (junger alleinstehender Mann, der noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hatte) und damit auf sog. Dublin-Rückkehrer abgestellt, die in Italien bislang noch keinen Asylantrag gestellt haben und keine individuellen Besonderheiten in ihrer Person - etwa im Sinne einer besonderen Verletzlichkeit oder einer Behandlungsbedürftigkeit - aufweisen. Anders als etwa das OVG Sachsen-Anhalt,
21vgl. Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643 - und auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13 -; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, VG Oldenburg, Beschluss vom 21. Januar 2014 - 3 B 6802/13 -, jeweils juris,
22hat das OVG NRW die Situation von Rückkehrern, die wie der Antragsteller der Personengruppe Kleinkind mit alleinstehender Mutter angehören und zudem der Elternteil möglicherweise bereits ein Asylverfahren in Italien durchgeführt hat,
23vgl. etwa Rz. 130 des o.g. Beschlusses,
24bzw. die Situation anerkannter Flüchtlinge oder jener mit subsidiärem Schutzstatus ausdrücklich nicht berücksichtigt bzw. mit in seine Entscheidung einbezogen.
25Die Frage, inwieweit die Personengruppe, der der Antragsteller angehört, im Falle einer Überstellung nach Italien auf Grund systemischer Mängel insbesondere im Hinblick auf die Aufnahmebedingungen - etwa die Unterbringungsbedingungen - einer unmenschlichen bzw. erniedrigenden Behandlung i.S. von Art. 4 EU-GRCh ausgesetzt wäre, ist angesichts der in verschiedenen Berichten beschriebenen Umstände bzw. Missstände,
26vgl. etwa SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrern, Oktober 2013; Stellungnahmen des UNHCR vom 3. Dezember 2013 an VG Darmstadt sowie Bericht bzw. Empfehlung zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien von Juli 2013; Stellungnahme der Liaisonbeamtin an das BAMF vom 21. November 2013,
27nach Auffassung des Gerichts derzeit offen und lässt sich in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht mit der gebotenen Sicherheit beantworten. Danach ist vor allem die Frage der Unterbringung der Dublin-Rückkehrer problematisch. So müssen Dublin-Rückkehrer etwa trotz einer Betreuung am Flughafen in Rom durch eine NGO unter Umständen einige Tage am Flughafen verbleiben und dort (ohne besondere Schlafplätze, aber wohl geduldet) auch übernachten oder sie sind in der Zeit ihrer Ankunft bis zur notwendigen Formalisierung ihres Antrags - die sog. Verbalizzazione - nicht nur Einzelfällen nicht immer hinreichend vor Obdachlosigkeit geschützt,
28vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, Rz. 138, 142, juris, m.w.Nw..
29Allerdings gelangt das OVG NRW nach Auswertung der vorliegenden Erkenntnisse und Berücksichtigung der Bemühungen des italienischen Staates für Asylbewerber, die sich in der von dem OVG NRW beschriebenen Situation befinden, zu dem Ergebnis, dass "sich Italien - unbeschadet mancherseits, auch von UNHCR zu Recht angebrachter (Teil-)Kritik - im Wesentlichen (noch) so verhalten hat, dass weder die Funktionsfähigkeit des Systems als solches in Frage gestellt worden ist noch die aktuell vorhandenen Mängel ein Ausmaß und Gewicht erreichen, von dem ausgehend die Prognose der realen Gefahr einer Verletzung von Art. 4 EUGRch gerechtfertigt erscheint",
30vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, a.a.O., Rz. 160.
31Diese Feststellung, wonach die aufgeführten Mängel im Bereich der Unterbringung noch gerade unterhalb der Schwelle eines systemischen Mangels anzusiedeln sind, bietet jedoch im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung keine ausreichende Grundlage für eine Übertragung auf die hier betroffene "vulnerable" Personengruppe der alleinstehenden Mütter mit einem Kleinkind. Anhaltspunkte für einen möglicherweise bestehenden systemischen Mangel lassen sich insoweit auch den Ausführungen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zur "Situation der Verletzlichen" und dem Problem von Familientrennung und den Aufnahmebedingungen für alleinerziehende Mütter mit Kleinkindern,
32vgl. SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrern, Oktober 2013, S. 53 ff,
33entnehmen.
34Darüber hinaus ist derzeit immer noch ein Verfahren einer afghanischen Familie mit fünf Kindern gegen die Schweiz bei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anhängig, die sich gegen ihre Rückführung nach Italien unter Berufung einer Verletzung u.a. von Art. 3 und Art. 8 EMRK wendet und insbesondere die Unterbringungssituation und die Situation der Kinder anführt,
35vgl. Press Release zu Tarakhel v. Switzerland, Application No. 29217/12 zur Anhörung am 12. Februar 2014, www.echr.coe.int. .
36Zudem bewertet das Gericht angesichts des derzeit unklaren Stands des Asylverfahrens der Mutter des Antragstellers in Italien, d.h. eines bereits möglicherweise abgeschlossenen Asylverfahrens und/oder einer abgelaufenen humanitären Aufenthaltserlaubnis, die Aufnahmebedingungen für den Antragsteller als noch unsicherer. So wird etwa die Situation der international und national Schutzberechtigten in Italien weiterhin äußerst problematisch bewertet; die Unterstützungsmaßnahmen werden von dem UNHCR nach wie vor als „äußerst unzureichend“ angesehen,
37vgl. UNHCR, Stellungnahme an das VG Darmstadt vom 3. Dezember 2013, S. 7.
38Das italienische System geht grundsätzlich davon aus, dass Personen mit einem subsidiären Schutzstatus oder einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt sind und sich ebenso wie diese selbst um eine Unterkunft und Arbeit in eigener Verantwortung bemühen müssen. Diese Personengruppe hat keinen Zugang mehr zu den Einrichtungen der CARA (Erstaufnahmeeinrichtungen) oder zu den FER-Projekten (Unterkünfte aus dem Europäischen Flüchtlingsfonds). Die Kapazität des SPRAR-Systems (Zweitaufnahmesystem mit Ziel der sozialen Eingliederung) ist nur sehr gering und bietet nur für eine geringe Zahl dieser Personengruppe eine – zeitliche beschränkte – Unterkunftsmöglichkeit. Die Personen mit Schutzstatus sind daher in der Regel auf sich allein gestellt und müssen für sich selber sorgen. Die Chancen eine Unterkunft zu finden, sind trotz Bemühungen des Einzelnen jedoch gering. Folge dieser Situation ist die Zunahme von Flüchtlingen mit Schutzstatus in Obdachlosen- oder Notunterkünften sowie in Behelfssiedlungen oder besetzten Gebäuden (sog. „Hot-Spots“) in den großstädtischen Gebieten von Rom, Mailand, Florenz und Turin, wo Personen aus dieser Gruppe in armseligen Verhältnissen leben. Nach einer von einer NGO 2012 durchgeführten Recherche in Rom lebten etwa 1.700 International Schutzberechtigte in verlassenen Häusern,
39vgl. etwa UNHCR, Empfehlungen, Juli 2013, S. 15.
40Wie italienische Staatsangehörige haben derartige Schutzberechtigte keinen existenzsicherenden Anspruch auf Sozialhilfeleistungen, da es in Italien kein nationales Recht auf Fürsorgeleistungen – auch nicht für Italiener – gibt bzw. dieses nur sehr schwach ausgeprägt ist. Auch wenn aus Art. 4 EU-GRCh i.V.m. Art. 3 EMRK keine Verpflichtung eines Staates abgeleitet werden kann, Asylbewerbern und Flüchtlingen eine finanzielle Unterstützung zu gewähren, um ihnen einen gewissen Lebensstandard zu ermöglichen,
41vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – No.30696 – M.S.S./Belgien, Rz. 249, juris,
42und die italienischen Regelungen zum Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes grundsätzlich nicht gegen die Gebote zur Inländergleich- bzw. Ausländergleichbehandlung der Richtlinie 2011/95/EU (Art. 29, 30, 32) verstoßen dürften,
43vgl. dazu etwa: OVG Sachsen-Anhalt, vgl. Urteil vom 2. Oktober 2013 - 3 L 643 -, U.A. S. 31, juris,
44erfordert die Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen eines systemischen Versagens des italienischen Asyl- und Flüchtlingssystems für den Personenkreis, dem letztlich die Antragstellerin angehört, neben der Beurteilung der abstrakten Rechtslage auch eine Beurteilung der konkreten und tatsächlichen Verwaltungs- und Rechtspraxis, welche nach Auffassung des Gerichts einer weiteren Klärung bedürfen, die nicht in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu erfolgen hat.
45Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 83 b AsylVfG.
46Der Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.