Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 17. März 2016 - 1 K 1252/14

ECLI:ECLI:DE:VGAC:2016:0317.1K1252.14.00
bei uns veröffentlicht am17.03.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung


(1) Die Verjährung wird gehemmt durch1.die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,1a.die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen

Beamtenrechtsrahmengesetz - BRRG | § 126


(1) Für alle Klagen der Beamten, Ruhestandsbeamten, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. (2) Für Klagen des Dienstherrn gilt das gleiche. (3) Für Klagen nach Absatz 1, einsch

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 88 Mehrarbeit


Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 87 Arbeitszeit


(1) Die regelmäßige Arbeitszeit darf wöchentlich im Durchschnitt 44 Stunden nicht überschreiten. (2) Soweit Bereitschaftsdienst besteht, kann die Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen verlängert werden. (3) Das Nähere zur Reg

Arbeitszeitverordnung - AZV | § 13 Bereitschaftsdienst


(1) Bei Bereitschaftsdienst kann die regelmäßige tägliche Arbeitszeit und die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen angemessen verlängert werden. Hierbei darf in einem Bezugszeitraum von zwölf Monaten die dur

Bundesmehrarbeitsvergütungsverordnung - MArbV | § 5


(1) Als Mehrarbeitsstunde im Sinne der §§ 3 und 4 Absatz 1 und 2 sowie § 4a gilt die volle Zeitstunde. Hiervon abweichend wird eine Stunde Dienst in Bereitschaft nur entsprechend dem Umfang der erfahrungsgemäß bei der betreffenden Tätigkeit durchschn

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Tenor Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 19. April 2012 und 13. Juli 2012 verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. März 2013 eine Entschädigung für die über die zulässige Höchstarbeitszeit von

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstre

Verwaltungsgericht Köln Urteil, 23. Okt. 2015 - 19 K 1752/14

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwe

Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 07. Okt. 2015 - 2 K 33/15.KO

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Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand 1 Der Kläger begehrt die gerichtlich

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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt. 1G r ü n d e : 2Der Antrag hat keinen Erfolg. 3Aus den im Zulas

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 29. Juli 2014 - 6 A 1628/13

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Tenor Soweit der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird der Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitw

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Tenor I. Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahr

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Tenor I. Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahr

Verwaltungsgericht München Urteil, 18. Okt. 2016 - M 5 K 13.5965

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Tenor I. Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahr

Verwaltungsgericht München Urteil, 18. Okt. 2016 - M 5 K 13.5962

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsl

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(1) Als Mehrarbeitsstunde im Sinne der §§ 3 und 4 Absatz 1 und 2 sowie § 4a gilt die volle Zeitstunde. Hiervon abweichend wird eine Stunde Dienst in Bereitschaft nur entsprechend dem Umfang der erfahrungsgemäß bei der betreffenden Tätigkeit durchschnittlich anfallenden Inanspruchnahme berücksichtigt; dabei ist schon die Ableistung eines Dienstes in Bereitschaft als solche in jeweils angemessenem Umfang anzurechnen.

(2) Bei Mehrarbeit im Schuldienst beträgt die Mindeststundenzahl nach § 3 Absatz 1 Nummer 4 drei Unterrichtsstunden. § 3 Absatz 2 gilt entsprechend.

(3) Ergibt sich bei der monatlichen Mehrarbeitsstundenberechnung ein Bruchteil einer Stunde, so werden 30 Minuten und mehr auf eine volle Stunde aufgerundet, weniger als 30 Minuten bleiben unberücksichtigt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.

(1) Als Mehrarbeitsstunde im Sinne der §§ 3 und 4 Absatz 1 und 2 sowie § 4a gilt die volle Zeitstunde. Hiervon abweichend wird eine Stunde Dienst in Bereitschaft nur entsprechend dem Umfang der erfahrungsgemäß bei der betreffenden Tätigkeit durchschnittlich anfallenden Inanspruchnahme berücksichtigt; dabei ist schon die Ableistung eines Dienstes in Bereitschaft als solche in jeweils angemessenem Umfang anzurechnen.

(2) Bei Mehrarbeit im Schuldienst beträgt die Mindeststundenzahl nach § 3 Absatz 1 Nummer 4 drei Unterrichtsstunden. § 3 Absatz 2 gilt entsprechend.

(3) Ergibt sich bei der monatlichen Mehrarbeitsstundenberechnung ein Bruchteil einer Stunde, so werden 30 Minuten und mehr auf eine volle Stunde aufgerundet, weniger als 30 Minuten bleiben unberücksichtigt.

Tenor

Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 19. April 2012 und 13. Juli 2012 verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. März 2013 eine Entschädigung für die über die zulässige Höchstarbeitszeit von 54 Stunden - bezogen auf einen Siebentageszeitraum - hinaus geleistete Zuvielarbeit in einer Höhe von 220,91 Euro zu gewähren, und verurteilt, für diesen Entschädigungsbetrag Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit bzw. jeweiliger Fälligkeit zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

Soweit der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird der Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren für die Zeit bis zur Rücknahme des Zulassungsantrags auf die Wertstufe bis 40.000 Euro und für die Zeit danach auf die Wertstufe bis 19.000,00 Euro festgesetzt.


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(1) Bei Bereitschaftsdienst kann die regelmäßige tägliche Arbeitszeit und die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen angemessen verlängert werden. Hierbei darf in einem Bezugszeitraum von zwölf Monaten die durchschnittliche Arbeitszeit 48 Stunden im Siebentageszeitraum nicht überschreiten.

(2) Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit der Beschäftigten und des Gesundheitsschutzes kann die Arbeitszeit auf bis zu 54 Stunden im Siebentageszeitraum verlängert werden, wenn hierfür ein zwingendes dienstliches Bedürfnis besteht und sich die Beamtin oder der Beamte zu der Verlängerung der Arbeitszeit schriftlich oder elektronisch bereit erklärt. Beamtinnen und Beamten, die sich zu der Verlängerung der Arbeitszeit nicht bereit erklären, dürfen daraus keine Nachteile entstehen. Die Erklärung kann mit einer Frist von sechs Monaten widerrufen werden. Die Beamtinnen und Beamten sind auf die Widerrufsmöglichkeiten schriftlich oder elektronisch hinzuweisen.

(3) Die Dienstbehörden führen Listen der Beamtinnen und Beamten, die eine nach Absatz 2 Satz 1 verlängerte Arbeitszeit leisten. Die Listen sind zwei Jahre nach ihrer Erstellung aufzubewahren und den zuständigen Behörden auf Ersuchen zur Verfügung zu stellen. Auf Ersuchen sind die zuständigen Behörden über diese Beamtinnen und Beamten zu unterrichten. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Listen zu vernichten.

(1) Die regelmäßige Arbeitszeit darf wöchentlich im Durchschnitt 44 Stunden nicht überschreiten.

(2) Soweit Bereitschaftsdienst besteht, kann die Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen verlängert werden.

(3) Das Nähere zur Regelung der Arbeitszeit, insbesondere zur Dauer, zu Möglichkeiten ihrer flexiblen Ausgestaltung und zur Kontrolle ihrer Einhaltung, regelt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung. Eine Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeit mittels automatisierter Datenverarbeitungssysteme ist zulässig, soweit diese Systeme eine Mitwirkung der Beamtinnen und Beamten erfordern. Die erhobenen Daten dürfen nur für Zwecke der Arbeitszeitkontrolle, der Wahrung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen und des gezielten Personaleinsatzes verwendet werden, soweit dies zur Aufgabenwahrnehmung der jeweils zuständigen Stelle erforderlich ist. In der Rechtsverordnung sind Löschfristen für die erhobenen Daten vorzusehen.

(1) Bei Bereitschaftsdienst kann die regelmäßige tägliche Arbeitszeit und die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen angemessen verlängert werden. Hierbei darf in einem Bezugszeitraum von zwölf Monaten die durchschnittliche Arbeitszeit 48 Stunden im Siebentageszeitraum nicht überschreiten.

(2) Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit der Beschäftigten und des Gesundheitsschutzes kann die Arbeitszeit auf bis zu 54 Stunden im Siebentageszeitraum verlängert werden, wenn hierfür ein zwingendes dienstliches Bedürfnis besteht und sich die Beamtin oder der Beamte zu der Verlängerung der Arbeitszeit schriftlich oder elektronisch bereit erklärt. Beamtinnen und Beamten, die sich zu der Verlängerung der Arbeitszeit nicht bereit erklären, dürfen daraus keine Nachteile entstehen. Die Erklärung kann mit einer Frist von sechs Monaten widerrufen werden. Die Beamtinnen und Beamten sind auf die Widerrufsmöglichkeiten schriftlich oder elektronisch hinzuweisen.

(3) Die Dienstbehörden führen Listen der Beamtinnen und Beamten, die eine nach Absatz 2 Satz 1 verlängerte Arbeitszeit leisten. Die Listen sind zwei Jahre nach ihrer Erstellung aufzubewahren und den zuständigen Behörden auf Ersuchen zur Verfügung zu stellen. Auf Ersuchen sind die zuständigen Behörden über diese Beamtinnen und Beamten zu unterrichten. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Listen zu vernichten.

(1) Die regelmäßige Arbeitszeit darf wöchentlich im Durchschnitt 44 Stunden nicht überschreiten.

(2) Soweit Bereitschaftsdienst besteht, kann die Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen verlängert werden.

(3) Das Nähere zur Regelung der Arbeitszeit, insbesondere zur Dauer, zu Möglichkeiten ihrer flexiblen Ausgestaltung und zur Kontrolle ihrer Einhaltung, regelt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung. Eine Kontrolle der Einhaltung der Arbeitszeit mittels automatisierter Datenverarbeitungssysteme ist zulässig, soweit diese Systeme eine Mitwirkung der Beamtinnen und Beamten erfordern. Die erhobenen Daten dürfen nur für Zwecke der Arbeitszeitkontrolle, der Wahrung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen und des gezielten Personaleinsatzes verwendet werden, soweit dies zur Aufgabenwahrnehmung der jeweils zuständigen Stelle erforderlich ist. In der Rechtsverordnung sind Löschfristen für die erhobenen Daten vorzusehen.

(1) Bei Bereitschaftsdienst kann die regelmäßige tägliche Arbeitszeit und die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen angemessen verlängert werden. Hierbei darf in einem Bezugszeitraum von zwölf Monaten die durchschnittliche Arbeitszeit 48 Stunden im Siebentageszeitraum nicht überschreiten.

(2) Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit der Beschäftigten und des Gesundheitsschutzes kann die Arbeitszeit auf bis zu 54 Stunden im Siebentageszeitraum verlängert werden, wenn hierfür ein zwingendes dienstliches Bedürfnis besteht und sich die Beamtin oder der Beamte zu der Verlängerung der Arbeitszeit schriftlich oder elektronisch bereit erklärt. Beamtinnen und Beamten, die sich zu der Verlängerung der Arbeitszeit nicht bereit erklären, dürfen daraus keine Nachteile entstehen. Die Erklärung kann mit einer Frist von sechs Monaten widerrufen werden. Die Beamtinnen und Beamten sind auf die Widerrufsmöglichkeiten schriftlich oder elektronisch hinzuweisen.

(3) Die Dienstbehörden führen Listen der Beamtinnen und Beamten, die eine nach Absatz 2 Satz 1 verlängerte Arbeitszeit leisten. Die Listen sind zwei Jahre nach ihrer Erstellung aufzubewahren und den zuständigen Behörden auf Ersuchen zur Verfügung zu stellen. Auf Ersuchen sind die zuständigen Behörden über diese Beamtinnen und Beamten zu unterrichten. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Listen zu vernichten.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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(1) Bei Bereitschaftsdienst kann die regelmäßige tägliche Arbeitszeit und die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen angemessen verlängert werden. Hierbei darf in einem Bezugszeitraum von zwölf Monaten die durchschnittliche Arbeitszeit 48 Stunden im Siebentageszeitraum nicht überschreiten.

(2) Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit der Beschäftigten und des Gesundheitsschutzes kann die Arbeitszeit auf bis zu 54 Stunden im Siebentageszeitraum verlängert werden, wenn hierfür ein zwingendes dienstliches Bedürfnis besteht und sich die Beamtin oder der Beamte zu der Verlängerung der Arbeitszeit schriftlich oder elektronisch bereit erklärt. Beamtinnen und Beamten, die sich zu der Verlängerung der Arbeitszeit nicht bereit erklären, dürfen daraus keine Nachteile entstehen. Die Erklärung kann mit einer Frist von sechs Monaten widerrufen werden. Die Beamtinnen und Beamten sind auf die Widerrufsmöglichkeiten schriftlich oder elektronisch hinzuweisen.

(3) Die Dienstbehörden führen Listen der Beamtinnen und Beamten, die eine nach Absatz 2 Satz 1 verlängerte Arbeitszeit leisten. Die Listen sind zwei Jahre nach ihrer Erstellung aufzubewahren und den zuständigen Behörden auf Ersuchen zur Verfügung zu stellen. Auf Ersuchen sind die zuständigen Behörden über diese Beamtinnen und Beamten zu unterrichten. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Listen zu vernichten.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt.


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Tenor

Soweit der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird der Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren für die Zeit bis zur Rücknahme des Zulassungsantrags auf die Wertstufe bis 40.000 Euro und für die Zeit danach auf die Wertstufe bis 19.000,00 Euro festgesetzt.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, seine Besoldung sei verfassungswidrig zu niedrig bemessen.

2

Er steht als Oberbrandmeister (Besoldungsgruppe A 8) im Dienst der Beklagten. Beschäftigt ist er bei der Bundeswehrfeuerwehr in G... Seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hatte bis einschließlich Juli 2013 einen Umfang von 40 Stunden. Mit Erlass des Bundesverteidigungsministeriums vom 15. Juli 2013 wurde die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Beamte im Schichtdienst der Bundeswehrfeuerwehr ab dem 1. August 2013 auf 48 Stunden erhöht. Diese Beamten leisten ihren Dienst regelmäßig in 24-Stunden-Schichten, die sich in acht Stunden Brandschutz-, acht Stunden leichteren Brandschutz- und acht Stunden Bereitschaftsdienst gliedern.
Am 1. April 2013 hatte sich der Kläger mit der Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf bis zu 54 Stunden einverstanden erklärt („Opt-Out-Erklärung“).

3

Bis zum 1. August 2013 erfolgte die Vergütung von Dienst über die regelmäßige Wochenarbeitszeit hinaus nach der Bundeswehrarbeitsvergütungsverordnung. Dabei wurden die auf den Bereitschaftsanteil entfallenden Stunden halbiert.

4

Seinem Begehren, diese Stunden uneingeschränkt zu vergüten, hat die Kammer im Ergebnis nicht entsprochen (Urteil vom 18. März 2015 – 2 K 463/14.KO –). Sie hat jedoch festgestellt, die Mehrarbeit hätte nicht angeordnet werden dürfen, um eine dauerhafte Erhöhung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit zu bewirken.
Die Berufung gegen dieses Urteil ist zugelassen worden.

5

Ab dem 1. August 2013 wurde die Vergütung für Beamte im Einsatzdienst der Bundeswehrfeuerwehren in § 79 des Bundesbesoldungsgesetzes neu geregelt. Nach Absatz 1 der Norm erhalten Beamte, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 48 Stunden beträgt, eine monatliche Vergütung. Nach Absatz 2 erhalten Beamte, die zu einem wöchentlichen Dienst von bis zu 54 Stunden bereit sind, eine zusätzliche Vergütung für jeden geleisteten Dienst von mehr als zehn bzw. 24 Stunden.

6

Diese Regelung war Teil des Professorenbesoldungsneuregelungsgesetzes. Im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung (BR-Drs. 50/13) war lediglich eine Vergütung für eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 54 Stunden vorgesehen. In der Begründung wird von einem Personalmangel bis zum Jahr 2017 ausgegangen. Derzeit könnten die dienstlichen Anforderungen nur auf freiwilliger Basis (Opt-Out-Regelung) erfüllt werden. Dieser Ausnahmesituation werde durch eine eigene Vergütung Rechnung getragen (s. BR-Drs. 50/13, S. 19). Auf Empfehlung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages (s. Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drs. 17/13134) wurde die Norm so gefasst, wie sie in Kraft getreten ist. Mit der eingefügten Regelung eines Ausgleichs für Wochenarbeitszeiten bis zu 48 Stunden solle der Übergang dahin abgefedert werden (s. die Begründung, BT-Drs. 17/13134, S. 6).

7

Der Kläger erhält ab dem 1. August 2013 eine Vergütung für die von ihm geleistete Mehrarbeit, die sich nach § 79 BBesG richtet.

8

Mit Schriftsatz vom 5. Mai 2014 widersprach er den Bezügeabrechnungen seit August 2013. Mit der Neuregelung reduziere sich die ihm gewährte Vergütung. Das verstoße gegen das Alimentationsprinzip. Denn wenn seine Alimentation zuvor amtsangemessen gewesen sei, so könne sie es nunmehr nicht mehr sein. Zudem stehe er sich gegenüber anderen Beamten schlechter, die nur 41 Stunden Dienst leisteten. Es liege ferner ein Verstoß gegen Europarecht vor. Denn die Bereitschaft, mehr Dienst zu leisten, erfolge unter dienstlichem Druck. Zudem zwinge die Vergütungseinbuße dazu, bis zu 54 Stunden Dienst zu leisten.

9

Die Beklagte fasste diesen Schriftsatz als Antrag auf Bewilligung höherer Bezüge auf, den sie mit Bescheid vom 5. September 2014 ablehnte.

10

Der dagegen gerichtete Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2014 zurückgewiesen. Neben der Vergütung nach § 79 BBesG sei keine weitere zulässig.

11

Mit der vorliegenden Klage wendet sich der Kläger weiter gegen die aus seiner Sicht zu niedrige Besoldung.

Er rügt einen Verstoß gegen Artikel 33 Abs. 5 GG wegen Arbeitszeitverlängerung. Seine Arbeitszeit werde erhöht und gleichzeitig seine Vergütung reduziert. Eine Anhebung der Arbeitszeit auf 48 Stunden zum Zwecke der weiteren Anhebung auf 54 Wochenstunden sei verfassungswidrig. Aus der Gesetzesbegründung lasse sich folgern, dass es sich um eine unzulässige Dauerlösung handele. Die Erhöhung auf 54 Wochenarbeitsstunden führe zu Gesundheitsgefahren.

Der Kläger sieht ferner einen Verstoß gegen Artikel 33 Abs. 5 GG in der Kürzung seiner Alimentation. Die neue gesetzliche Regelung bewirke ein konstantes Absinken seiner Vergütung, ohne die Möglichkeit zum Ausgleich, und damit eine greifbare Abkopplung der Besoldung von der allgemeinen Entwicklung. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sei das ein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip. Der früheren dauerhaften Mehrarbeitsvergütung komme Besoldungsrang zu. Sie sei als Alimentation schützenswert.

Ein weiterer Verstoß gegen Artikel 33 Abs. 5 GG sei in seiner Unteralimentation zu sehen. Bei Feuerwehrleuten ergebe sich eine Reduzierung des Lebensstandards, da die früheren Zahlungen im Rahmen der Mehrarbeitsvergütung wegfielen. Ohnehin sei die Besoldung in den Gruppen A 7 sowie A 8 nicht mehr verfassungskonform. Dies zeige eine Musterklage der Vereinigung der Ver-waltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter des Landes Nordrhein-Westfalen.

Zu rügen sei sodann ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz wegen unterschiedlicher Arbeitszeiten. Feuerwehrleute müssten ohne sachlichen Grund höhere Arbeitszeiten erbringen, die überdies nicht kompensiert würden. Dies stelle eine Schlechterstellung gegenüber Beamten dar, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nur 41 Stunden betrage.

Ein weiterer Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege in den unterschiedlichen Stundensätzen. Denn Beamte, die die Opt-Out-Regelung, unterschrieben hätten, erhielten auch bezogen auf die 48 Stunden eine höhere Vergütung wegen der Schichtbezogenheit derselben.

Ferner sei ein Verstoß gegen Europarecht zu rügen. Denn die Entscheidung für die Opt-Out-Regelung sei nicht freiwillig. Neben dem wirtschaftlichen Druck sei der dienstliche Druck zu berücksichtigen, der dadurch entstehe, dass bevorzugt Beamte versetzt werden sollten, die von dieser Regelung keinen Gebrauch gemacht hätten.

12

Der Kläger beantragt sinngemäß,

13

1. den Bescheid der Beklagten vom 5. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2014 aufzuheben;

14

2. festzustellen, dass das Nettoeinkommen des Klägers ab August 2013 verfassungswidrig zu niedrig bemessen ist;

15

3. das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht sowie gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Sie hält dem Kläger zunächst den Zweck der Regelung in § 79 Abs. 1 BBesG entgegen. Es solle gerade die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit abgefedert werden. Ein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip liege darin nicht. Dieses knüpfe am Statusamt an und umfasse Vergütungen wegen höherer Dienstzeiten nicht. Aus Gewohnheitsrecht könne sich kein Vergütungsanspruch ergeben. Eine Ungleichbehandlung von Beamten mit bzw. ohne Opt-Out-Regelung bestehe nicht. Die Vergütung für den von der Opt-Out-Regelung umfassten Teil der Dienstzeit dürfe nicht auf den Dienst innerhalb der regelmäßigen 48 Stunden pro Woche angerechnet werden. Die Einwände des Klägers gegen die Freiwilligkeit der Opt-Out-Vereinbarung überzeugten nicht. Dies gelte insbesondere für den Hinweis auf die Versetzbarkeit von Beamten, deren regelmäßige Arbeitszeit nur 48 Stunden betrage. Denn Bundesbeamte könnten jederzeit aus dienstlichen Gründen versetzt werden.

19

Hinsichtlich des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

20

Die Klage ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.); eine Aussetzung des Verfahrens und eine Anrufung des Bundesverfassungsgericht oder des Europäischen Gerichtshofs kommen nicht in Betracht (III.).

21

I.

22

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Feststellungsklage in der vorliegenden Konstellation nicht subsidiär gegenüber einer Leistungs- bzw. Verpflichtungsklage (§ 43 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).

23

Denn auf Grund des besoldungsrechtlichen Vorbehalts des Gesetzes können Beamten selbst dann, wenn die Verfassungsmäßigkeit ihrer Alimentation in Frage steht, keine Besoldungsleistungen zugesprochen werden, die gesetzlich nicht vorgesehen sind. Sie müssen ihren Alimentationsanspruch mit einer Klage auf Feststellung geltend machen, ihr Nettoeinkommen sei verfassungswidrig zu niedrig bemessen. Stellt das Verwaltungsgericht dies fest, so muss es nach Art. 100 Abs. 1 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der entsprechenden Besoldungsvorschrift einholen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 – 2 C 49/07 –, juris, Rn. 29). Eine solche Konstellation ist hier gegeben.

24

Derzeit kann der Kläger eine Vergütung für den über seine frühere regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinausgehenden Dienst nur in dem in § 79 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) normierten Umfang erhalten. Um eine darüber hinausgehende Vergütung zu erlangen, ist in einem ersten Schritt erforderlich, diese Vorschrift für verfassungswidrig zu erklären. Bis dahin steht einem weitergehenden Vergütungsanspruch § 2 Abs. 1 i.V.m. § 79 BBesG entgegen. Nach der ersten Norm wird die Besoldung der Beamten durch Gesetz geregelt. Zur Besoldung im Sinne dieses Gesetzes gehört auch die Vergütung nach § 79 BBesG. Dort ist sie für Beamte im Einsatzdienst der Bundeswehrfeuerwehren in Bezug auf die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 48 Stunden bzw. auf 54 Stunden abschließend geregelt.

II.

25

Die Klage hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die angegriffenen Verwaltungsentscheidungen sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO)). Denn das Einkommen des Klägers ist nicht verfassungswidrig zu niedrig bemessen. Es verstößt weder gegen den Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Alimentation, der sich aus den in Artikel 33 Abs. 5 GG erwähnten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums ableitet (1.) noch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Artikel 3 Abs. 1 GG (2.). Überdies lässt sich ein Verstoß gegen Europarecht nicht feststellen (3.).

26

1. Ein Verstoß gegen das Recht des Klägers auf amtsangemessene Alimentation liegt nicht vor.

27

a) Ein solcher ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht aus einer durch § 79 BBesG bewirkten Arbeitszeitverlängerung. Denn diese Vorschrift legt selbst keine Arbeitszeitverlängerung fest, sondern setzt eine solche vielmehr voraus. Der Einwand des Klägers, seine Arbeitszeit sei verlängert worden, obschon die Vergütung reduziert worden sei, überzeugt nicht. Im Gegenteil wird in § 79 BBesG gerade eine Vergütung für die verlängerte Arbeitszeit normiert. Schließlich stößt die Verlängerung der Arbeitszeit als solche nicht auf Bedenken. Sie findet ihre rechtliche Grundlage in § 13 Abs. 1 und 2 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des Bundes (AZV). Die Ermächtigung zu dieser Verordnung ergibt sich aus § 87 Abs. 3 Satz 1 des Bundesbeamten-gesetzes (BBG). Nach § 13 Abs. 1 AZV kann die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit bei Bereitschaftsdienst auf 48 Stunden angehoben werden. Nach § 13 Abs. 2 kann die Arbeitszeit unter den dort genannten Voraussetzungen auf bis zu 54 Stunden verlängert werden. Die Möglichkeit zur Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit bei Bereitschaftsdienst findet sich überdies in § 87 Abs. 2 BBG.

28

Der Einwand des Klägers, die nach § 13 Abs. 2 Satz 1 AZV erforderliche Erklärung zur Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 54 Stunden sei nicht freiwillig erfolgt, greift nicht durch. Denn er konnte und kann diese Erklärung mit einer Frist von sechs Monaten widerrufen (§ 13 Abs. 2 Satz 2 Satz 3 AZV).

29

b) Ein Verstoß gegen den Alimentationsgrundsatz wegen Einkommenskürzung liegt nicht vor.

30

Anknüpfungspunkt ist insofern die geringere Vergütung, die der Kläger nunmehr in Bezug auf den über 40 Wochenstunden hinausgehenden Dienst erhält. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und 3 AZV betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vor dem 1. August 2013 beim Kläger 40 Stunden. Durch die Heraufsetzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 48 Stunden erhielte er anders als zuvor für den zwischen 40 und 48 Wochenstunden geleisteten Dienst an sich keine Mehrarbeitsvergütung mehr. Um diese finanzielle Einbuße abzufedern, wird nach § 79 Abs. 1 BBesG übergangsweise eine Vergütung gewährt, die allerdings geringer als die frühere bemessen ist; daneben kann keine weitere Vergütung gewährt werden (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamtinnen und Beamte des Bundes (BMVergV)).

31

Diese Verringerung kann aber ebenso wie die Neuregelung der Vergütung für den zwischen 48 bis 54 Wochenarbeitsstunden geleisteten Dienst keinen Verstoß gegen den Anspruch auf amtsangemessene Alimentation begründen, weil die Mehrarbeitsvergütung kein Bestandteil der Alimentation ist. Diese besteht aus dem Grundgehalt, dem Ortszuschlag, Stellenzulagen, Sonderzuwendungen und Einmalzahlungen (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 – 2 BvL 17/09 u.a. –, juris, Rn. 93; Beschluss vom 24. November 1998 – 2 BvL 26/91 u.a. –, juris, Rn. 56). Eine Abrechnung nach Arbeitsstunden – wie bei der Mehrarbeitsvergütung – kann nicht von der Alimentation umfasst sein, da letztere grundsätzlich die Gegenleistung für den vollen Einsatz der Beamten ist und somit dem Grunde nach nicht nach der Dauer der Arbeitszeit bemessen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 2004 – 2 C 9/03 –, juris, Rn. 10). Überdies ist die Mehrarbeitsvergütung als Ersatz für nicht gewährte Dienstbefreiung gedacht. Denn nach § 88 Satz 2 und 4 BBG ist den Beamten grundsätzlich für geleistete Mehrarbeit entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Erst wenn dies nicht möglich ist, kann ein Anspruch auf entsprechende Vergütung bestehen. Die Dienstbefreiung wiederum ist nicht vom Begriff der Alimentation umfasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1970 – II D 54.68 –, juris, Rn. 37).

32

Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang nicht auf Bestandsschutz wegen des früheren Zustandes berufen. Dem steht entgegen, dass die entsprechende Handhabung rechtswidrig war; sie beruhte auf einer rechtswidrigen Anordnung der Mehrarbeit (vgl. VG Koblenz, Urteil vom 18. März 2015 – 2 K 463/14.KO –, m. w. N.), was der Kläger selbst moniert hat. Auf eine rechtswidrige Regelung durfte er sich nicht verlassen. Zudem ist in diesem Zusammenhang § 2 Abs. 1 BBesG zu sehen, wonach die Besoldung durch Gesetz zu regeln ist. Eine solche Regelung kann nicht durch Gewohnheitsrecht ersetzt werden.

33

Schließlich steht der Annahme einer verfassungswidrigen Einkommenskürzung entgegen, dass der Gesetzgeber die Alimentation aus sachlichen Gründen moderat kürzen dürfte (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. Mai 2015 a.a.O., Rn. 128). Ein sachlicher Grund wäre hier in der Beseitigung des früheren rechtswidrigen Zustandes zu sehen. Insoweit hat der Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum. Eine Überschreitung dieses Spielraums ist nicht zu erkennen, zumal die Gehaltseinbußen der betroffenen Feuerwehrleute über die Regelung in § 79 Abs. 1 BBesG abgefedert werden.

34

c) Eine Unteralimentation des Klägers, in der ein Verstoß gegen die Alimentationspflicht des Dienstherrn gesehen werden könnte, besteht nicht.

35

Zwar trifft den Beamten keine Pflicht zur Darlegung des Verfassungsverstoßes (vgl. VG Koblenz, Beschluss vom 12. September 2013 – 6 K 454/13.KO – juris, Rn. 23). Er muss also insbesondere nicht im Einzelnen belegen, woraus sich die verfassungswidrige Unteralimentation im Vergleich zum Lebensstandard von Nichtbeamten ergibt. Umgekehrt muss das Gericht keine Ermittlungen ins Blaue hinein dazu anstellen, ob eine verfassungswidrige Unteralimentation vorliegt. Es muss also insbesondere nicht auf die bloße Behauptung des jeweiligen Beamten hin, er werde nicht ausreichend alimentiert, Vergleichsberechnungen anstellen. Diese sind nur angezeigt, wenn ein Ansatzpunkt benannt oder erkennbar ist, weshalb der Beamte nicht ausreichend besoldet oder versorgt sein könnte.

36

Hier stützt der Kläger seine Behauptung, er werde zu niedrig alimentiert, ausschließlich auf das Abstandsgebot. Danach kann von einer verfassungswidrigen Unteralimentation ausgegangen werden, wenn die Besoldung bzw. Versorgung des Beamten den sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf nicht um 15 % übersteigt. Umgekehrt lässt ein um 15 % über dem sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf liegender Betrag den gebotenen Unterschied zwischen der der Sozialhilfe obliegenden Befriedigung eines äußersten Mindestbedarfs und dem dem Beamten (und seiner Familie) geschuldeten Unterhalt hinreichend deutlich werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. November 1998, a.a.O, Rn. 57).

37

Der Kläger meint, eine Unteralimentation aus einer Musterklage der Vereinigung der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter des Landes Nordrhein-Westfalen (s. www.nordrhein-westfalen.bbvr.de) ableiten zu können, in der sich eine Vergleichsberechnung für einen Oberbrandmeister (Besoldungsgruppe A 8, Stufe 3, verheiratet, 2 Kinder) findet. Nach dieser Berechnung liegt das Jahreseinkommen jenes Oberbrandmeisters um weniger als 15 % oberhalb des Nettoeinkommens einer „Sozialhilfefamilie“. Umgekehrt geht die Musterklage von der Wahrung des Abstandsgebots aus, sofern das Gehalt darüber liegt. Ausgehend von dieser Musterberechnung ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass im Fall des Klägers das Abstandsgebot nicht gewahrt ist. So ging die Musterberechnung von einem Bruttogehalt in Höhe von etwa 2.600,-- € monatlich aus, ohne Stellenzulagen zu berücksichtigen. Das Gehalt des Klägers lag jedoch bereits vor seiner Beförderung (Besoldungsstufe A 7, Stufe 8) deutlich darüber, nämlich bei 2.706,86 €, zu der noch die Feuerwehrzulage in Höhe von 133,75 € zu rechnen ist. Damit übersteigt das Gehalt des Klägers deutlich die Gehaltssumme, bei der die Musterklage von einer Wahrung des Abstandsgebots ausgeht.

38

Zum selben Ergebnis kommt folgende – überschlägige – Vergleichsberechnung: Ausgehend von den Sozialhilfe-Regelsätzen in Rheinland-Pfalz für Erwachsene (360,-- €) und Kinder im Alter derjenigen des Klägers (267,-- €) und unter Hinzuziehung des Mietansatzes aus der oben genannten Musterberechnung errechnet sich für die Familie des Klägers ein Mindestbedarf von 2.112,-- €. Dem stehen derzeit Nettobezüge des Klägers in Höhe von 3.504,27 € entgegen. Damit besteht ein ausreichender Abstand zum sozialhilferechtlichen Bedarf.

39

Für eine verfassungswidrige Unteralimentation des Klägers wegen einer Abkopplung von der allgemeinen Lohnentwicklung ist hier nichts ersichtlich. Der Kläger meint, dies auf den Wegfall der Mehrarbeitsvergütung alten Zuschnitts stützen zu können. Bei der Frage der Abkopplung von der allgemeinen Lohnentwicklung ist jedoch ausschließlich auf die Alimentation als solche abzustellen, zu der die Mehrarbeitsvergütung nicht gehört.

40

2. Die Besoldung des Klägers verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz.

41

a) Eine solche gegen Artikel 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung kann er nicht aus den Unterschieden zwischen seiner Arbeitszeit und denen anderer Beamten herleiten. Vorab ist anzumerken, dass sich die vorliegende Klage auf das Einkommen und nicht auf die Arbeitszeit bezieht. Der Kläger hat sich bisher nach Aktenlage nicht unmittelbar gegen die Festsetzung der Arbeitszeit auf 48 Wochenstunden gewehrt. Ferner hat er bis dato von der ihm in § 13 Abs. 2 Satz 3 AZV eröffneten Möglichkeit des Widerrufs der Opt-Out-Erklärung keinen Gebrauch gemacht. Auf eine dienstzeitrechtliche Ungleichbehandlung gegenüber Beamten, die zwar 48 Wochenstunden, jedoch keine 54 Wochenstunden Dienst leisten, kann der Kläger sich somit nicht berufen, da er diese Ungleichbehandlung jederzeit selbst bereinigen kann.

42

Aus den unterschiedlichen Arbeitszeiten ergibt sich zudem kein Ansatz für eine besoldungsrechtliche Ungleichbehandlung, die gegen Artikel 3 Abs. 1 GG verstößt. Denn es gibt keinen Rechtssatz des Inhalts, dass Beamte mit gleichem Gehalt die gleiche Arbeitszeit leisten müssten. Dies ergibt sich erneut aus dem Zweck der Alimentation. Das aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums abgeleitete Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten samt Familie angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach seiner Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums entsprechend der Entwicklung der allgemeinen Verhältnissen und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 – 2 BvL 3/00 – juris, Rn. 67). Anknüpfungspunkt ist danach das Amt und nicht die Arbeitszeit. Zudem wird der Kläger als Angehöriger der Bundeswehrfeuerwehr gegenüber sonstigen Beamten, für die gemäß § 13 Abs. 1 AZV die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 48 Stunden festgesetzt wird, günstiger gestellt. Denn er hat den sich aus § 79 Abs. 1 BBesG ergebenden Vergütungsanspruch, sonstige Beamte mit derselben wöchentlichen Arbeitszeit hingegen nicht.

43

b) Eine verfassungsrechtlichen Ungleichbehandlung ergibt sich für den Kläger auch nicht aus der unterschiedlichen normativen Behandlung der wöchentlichen Arbeitszeit bis zu 48 Stunden im Vergleich zu der darüber hinausgehenden.

44

Der Kläger sieht ein Problem darin, dass die in § 79 Abs. 2 BBesG vorgesehene Vergütung für Dienstzeiten, die über 48 Wochenarbeitsstunden liegen, sich gleichsam rechnerisch auf die Dienstzeiten bis zu 48 Wochenarbeitsstunden auswirkt. Dadurch würden die Beamten, die die Opt-Out-Erklärung unterschrieben hätten und bis zu 54 Stunden Dienst leisteten, in Bezug auf die Regelarbeitszeit von 48 Stunden besser gestellt als diejenigen Beamten, die keine Opt-Out-Erklärung abgegeben hätten. Zunächst ist anzumerken, dass der Kläger selbst die Opt-Out-Erklärung unterschrieben hat, also von der angenommenen Ungleichbehandlung profitiert. Eine solche Ungleichbehandlung liegt indes nicht vor. Denn die nach § 79 Abs. 2 BBesG gewährte Vergütung kann nicht zu derjenigen nach § 79 Abs. 1 BBesG in Bezug auf die Regelarbeitszeit addiert werden. Die Vergütung nach § 79 Abs. 2 BBesG ist die Gegenleistung für Dienste, die über die Regelarbeitszeit hinaus erbracht werden. Sie setzt damit zwar inhaltlich voraus, dass der jeweilige Beamte zuvor seine Regelarbeitszeit erbringt. Vergütet wird aber ausschließlich das „Mehr“ an Arbeitsleistung. Insofern besteht eine Trennung zwischen dieser Vergütung und derjenigen nach § 79 Abs. 1 BBesG, die lediglich als Abfederung für die Erhöhung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit gedacht ist (s. BT-Drs. 17/13134, S. 6). Unschädlich ist, dass die Vergütung nach § 79 Abs. 2 BBesG an den Dienstschichten anknüpft. Das ist ein Berechnungsfaktor, den der Gesetzgeber auch anders hätte wählen können.

45

3. Die Besoldung des Klägers ist nicht europarechtswidrig.

46

Ein Verstoß gegen die Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 (nunmehr Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003) über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Arbeitszeitrichtlinie; a.F. bzw. n.F.) liegt nicht vor. Er scheidet schon deshalb aus, weil die Arbeitszeitrichtlinie keine Regelungen zur Beamtenbesoldung enthält. Sie verhält sich ausschließlich zur Arbeitszeit. Vorliegend wendet sich der Kläger jedoch nicht gegen seine Arbeitszeit, sondern rügt eine aus seiner Sicht zu niedrige Besoldung.

47

Ein Verstoß gegen die Arbeitszeitrichtlinie liegt zudem inhaltlich nicht vor. Insbesondere sind die Regelungen zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit nicht verletzt. Diese liegt nach Artikel 6 Nr. 1 der Richtlinie a.F. bei 48 Stunden und kann nach Artikel 18 Abs. 1 Buchstabe b i) verlängert werden, sofern sich der Arbeitnehmer dazu bereit erklärt und ihm keine Nachteile entstehen, wenn er nicht zu Mehrarbeit bereit ist (s. auch § 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 AZV). Hier hat sich der Kläger dazu bereit erklärt, mehr als 48 Wochenstunden Dienst zu leisten. Es ist nicht zu erkennen, dass ihm Nachteile entstünden, wenn er diese Bereitschaft revidieren würde. Relevante wirtschaftliche Nachteile sind nicht zu sehen, da er seine am Statusamt anknüpfende Besoldung weiter erhielte und überdies noch die Vergütung nach § 79 Abs. 1 BBesG für die erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit bekäme. Nachteile dienstlicher Art von ausreichender Relevanz sind ebenfalls nicht erkennbar. Selbst wenn Beamte, die die Opt-Out-Erklärung nicht unterzeichnet haben, bevorzugt versetzt würden, läge darin kein gravierender Nachteil. Denn Bundesbeamte müssen jederzeit mit einer Versetzung aus dienstlichen Gründen rechnen.

48

Gleiches gilt in Bezug auf die Arbeitszeitrichtlinie n.F.. Die Voraussetzungen für die Opt-Out-Vereinbarung sind gleich geblieben. Sie findet sich in Artikel 22 Abs. 1 Buchstabe a und b, während in Artikel 6 Buchstabe b die Begrenzung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit auf 48 Stunden geregelt ist.

III.

49

Eine Aussetzung des Verfahrens zwecks Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit von § 79 BBesG gemäß Artikel 100 Abs. 1 GG oder zur Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu einem etwaigen Verstoß von § 79 BBesG gegen die Arbeitszeitrichtlinie gemäß Artikel 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) kommt nicht in Betracht. Dies würde voraussetzen, dass die Kammer entweder von der Verfassungswidrigkeit der Norm oder von einem Verstoß gegen Unionsrecht ausginge. Beides ist nach den vorstehenden Ausführungen nicht der Fall.

50

Eine Aussetzung des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz über die Berufung zum Urteil der Kammer vom 18. März 2015 (a.a.O.) ist nicht angezeigt. Dies würde gemäß § 94 VwGO voraussetzen, dass die Entscheidung im dortigen Verfahren ganz oder zum Teil vorgreiflich für das hiesige wäre. Davon ist nicht auszugehen. Das hiesige Verfahren beschäftigt sich mit der „neuen“ Rechtslage, die durch § 79 BBesG geschaffen wurde. Diese Rechtslage ist für das genannte Berufungsverfahren ohne Bedeutung.

IV.

51

Der Kläger hat als Unterlegener gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

52

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

53

Von der Zulassung der Berufung sieht die Kammer ab, da kein Zulassungsgrund im Sinne von § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO vorliegt. Vor allem misst sie der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung bei.

54

Beschluss

55

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.631,04 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

(1) Bei Bereitschaftsdienst kann die regelmäßige tägliche Arbeitszeit und die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen angemessen verlängert werden. Hierbei darf in einem Bezugszeitraum von zwölf Monaten die durchschnittliche Arbeitszeit 48 Stunden im Siebentageszeitraum nicht überschreiten.

(2) Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Sicherheit der Beschäftigten und des Gesundheitsschutzes kann die Arbeitszeit auf bis zu 54 Stunden im Siebentageszeitraum verlängert werden, wenn hierfür ein zwingendes dienstliches Bedürfnis besteht und sich die Beamtin oder der Beamte zu der Verlängerung der Arbeitszeit schriftlich oder elektronisch bereit erklärt. Beamtinnen und Beamten, die sich zu der Verlängerung der Arbeitszeit nicht bereit erklären, dürfen daraus keine Nachteile entstehen. Die Erklärung kann mit einer Frist von sechs Monaten widerrufen werden. Die Beamtinnen und Beamten sind auf die Widerrufsmöglichkeiten schriftlich oder elektronisch hinzuweisen.

(3) Die Dienstbehörden führen Listen der Beamtinnen und Beamten, die eine nach Absatz 2 Satz 1 verlängerte Arbeitszeit leisten. Die Listen sind zwei Jahre nach ihrer Erstellung aufzubewahren und den zuständigen Behörden auf Ersuchen zur Verfügung zu stellen. Auf Ersuchen sind die zuständigen Behörden über diese Beamtinnen und Beamten zu unterrichten. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist sind die Listen zu vernichten.

Tatbestand

1

Der Kläger beansprucht finanziellen Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit.

2

Der 1961 geborene Kläger stand bis zu seiner antragsgemäßen Entlassung mit Ablauf des 30. April 2009 als Berufssoldat im Dienst der Beklagten. Von Anfang 2002 bis zu seiner Entlassung leistete er als Oberfeldarzt (BesGr A 15 BBesO) Dienst im Bundeswehrzentralkrankenhaus K. Beruhten die im Rahmen des Dienstes angefallenen Überstunden des Klägers auf zusammenhängenden Einzeldiensten von mehr als zwölf Stunden, wurden sie teilweise aufgrund einer Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums der Verteidigung durch Freizeitausgleich abgegolten. War ein Freizeitausgleich nicht möglich, erhielt der Kläger für diese zusammenhängenden Einzeldienste aufgrund einer Rechtsverordnung eine finanzielle Vergütung.

3

Anfang August 2009 beantragte der Kläger die Auszahlung einer Vergütung für insgesamt 2 360,26 von ihm geleistete Überstunden, für die kein Freizeitausgleich erfolgt sei. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Beschwerde blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers abgewiesen.

4

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zugelassen, soweit dieser einen finanziellen Ausgleich für Mehrarbeit über eine durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinaus beansprucht hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Beklagte unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger für in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. April 2009 geleistete Zuvielarbeit von insgesamt 367,92 Stunden finanziellen Ausgleich nach dem jeweils geltenden Stundensatz für die beamtenrechtliche Mehrarbeitsvergütung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

5

Ausgleichsansprüche für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis Ende Dezember 2005, gleich ob unions- oder nationalrechtlichen Ursprungs, seien verjährt. Für den Zeitraum von Januar 2006 bis Ende April 2009 habe der Kläger unter dem Gesichtspunkt des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs wegen unionsrechtswidrig geleisteter Zuvielarbeit einen Anspruch auf Geldausgleich. Die Höhe des Ausgleichs bemesse sich nach den im jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Sätzen der beamtenrechtlichen Mehrarbeitsvergütung. Die Überschreitung der Arbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum bestimme sich nicht nach der einzelnen Woche. Sachgerecht sei insoweit ein Bezugszeitraum von vier Monaten. Es sei nicht nur der unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaub von vier Wochen, sondern der gesamte Urlaub mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen.

6

Hiergegen wendet sich die bereits vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26. September 2012 in vollem Umfang zurückzuweisen

und

die Anschlussrevision zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen

und

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, dem Kläger für weitere 1 850,89 Stunden finanziellen Ausgleich zu gewähren sowie der Berechnung der Ausgleichszahlung insgesamt die im Zuvielarbeitszeitraum bezogene Besoldung nach BesGr A 15 BBesO (mindestens 24 €/Stunde) zugrunde zu legen, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch setze keine zeitnahe Geltendmachung durch den Betroffenen voraus, verletzt revisibles Recht. Ob sich das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht entscheiden.

9

In dem Zeitraum ab 2006, in dem die Ansprüche des Klägers nicht verjährt sind, sind die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs gegeben (1). Art. 22 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG), der die Anwendung der Begrenzung der Höchstarbeitszeit durch Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ausschließt, ist nicht anwendbar (2). Der Dienstherr muss lediglich die rechtswidrige Zuvielarbeit ausgleichen, die der Berechtigte ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet hat (3). Der noch nicht verfallene Ausgleichsanspruch ist primär auf Ausgleich in Freizeit ausgerichtet. Da diese Form des Ausgleichs aus vom Kläger nicht zu vertretenden Gründen ausscheidet, wandelt sich der Ausgleichsanspruch in einen solchen auf finanziellen Ausgleich um (4). Etwaige Ausgleichansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt (5). Ob der Kläger Zuvielarbeit geleistet hat, bestimmt sich mangels einer anderweitigen Regelung durch den nationalen Normgeber nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum (6). Der gesamte dem Kläger nach nationalem Recht zustehende Urlaub ist mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen (7). Zahlungen wegen zusammenhängender und nicht auszugleichender Dienste führen nicht zu einer Reduzierung der in den betreffenden Siebentageszeiträumen geleisteten Arbeitszeit (8). Für den Geldausgleich sind die Sätze der Mehrarbeitsvergütung für Beamte maßgeblich (9). Vergütungen, die der Kläger wegen zusammenhängender Dienste oder wegen Dienste zu ungünstigen Zeiten erhalten hat, sind nicht anzurechnen (10).

10

1. Die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs sind im Zeitraum ab dem Jahr 2006 gegeben. Der unionsrechtliche Haftungsanspruch setzt voraus, dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (stRspr, EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 47 f.).

11

Im Zeitraum von Anfang 2006 bis Ende April 2009 sind zugleich grundsätzlich die Voraussetzungen des dienstrechtlichen Ausgleichsanspruchs aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gegeben (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26). Die beiden Ansprüche sind hinsichtlich der Verjährung sowie der Rechtsfolgen gleichgerichtet (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 14, 26 und 30).

12

a) Nach Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreitet. Diese Vorschrift verleiht dem Einzelnen Rechte, die dieser nach Ablauf der Frist zur Umsetzung der wortgleichen Vorgängerbestimmung des Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG in das Arbeitszeitrecht der Beklagten unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 56 ff.).

13

Entgegen dem Vorbringen der Beklagten ist es unerheblich, ob der Kläger gegenüber der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses gerügt hat, der Dienstplan verstoße gegen die unionsrechtlich zulässige Höchstarbeitszeit. Denn die aus der Richtlinie folgenden Rechte stehen dem Berechtigten unabhängig davon zu, ob er gegenüber dem umsetzungssäumigen Mitgliedstaat die Einhaltung dieser Vorschriften geltend gemacht hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78 m.w.N.).

14

b) Der Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ist auch hinreichend qualifiziert, weil die Beklagte hinsichtlich des Arbeitszeitrechts von Soldaten die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verkannt hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 51 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 18). Die Beklagte hat nicht die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebende Schlussfolgerung (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) berücksichtigt, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind.

15

Die Festsetzung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden einschließlich der Überstunden pro Siebentageszeitraum ist eindeutig. Die Vorgabe war gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung bis zum 23. November 1996 auch für Berufssoldaten in nationales Recht umzusetzen. Art. 288 Abs. 3 AEUV erfordert zur Umsetzung einer Richtlinie eine Rechtsnorm; eine Verwaltungspraxis oder eine Verwaltungsvorschrift reicht hierfür nicht aus. Die der Umsetzung einer Richtlinie dienende innerstaatliche Vorschrift muss, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen, konkret, bestimmt sowie klar sein; ferner muss ihre Verbindlichkeit unbestreitbar sein. Eine Verwaltungspraxis, die nicht normativ begründet oder verfestigt ist, sodass die Verwaltung sie beliebig ändern kann, und die nur unzureichend bekannt ist, ist nicht als eine wirksame Erfüllung der Verpflichtung aus Art. 288 Abs. 3 AEUV anzusehen (EuGH, Urteile vom 30. Mai 1991 - C-361/88 - Slg. 1991, I-2596 Rn. 20 ff. und vom 16. Dezember 1997 - C-316/96 - Slg. 1997, I-7231 Rn. 16).

16

Im streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 ging die Beklagte noch davon aus, die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union erfassten Soldaten generell nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2011 - 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20). Erlasse, Befehle und Verwaltungsvorschriften reichen jedoch zur Umsetzung der auch für Soldaten geltenden Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie nicht aus. Erst durch § 30c SG (in der Fassung des insoweit am 23. Mai 2015 in Kraft getretenen Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetzes vom 13. Mai 2015, BGBl. I S. 706) ist die Arbeitszeit von Soldaten inzwischen normativ geregelt worden.

17

Nach ihrem Art. 1 Abs. 3 gilt die Richtlinie 2003/88/EG unbeschadet ihrer Art. 14, 17, 18 und 19 für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. Nr. L 183 S. 1). Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 RL 89/391/EWG, wonach diese Richtlinie keine Anwendung findet, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, z.B. bei den Streitkräften oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen, ist eng auszulegen (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff. und vom 5. Oktober 2004 - C-397/01 u.a., Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8835 Rn. 53 ff.; Beschluss vom 14. Juli 2005 - C-52/04, Personalrat der Feuerwehr Hamburg - Slg. 2005, I-7111 Rn. 42). Ausgenommen sind nicht die Dienste als solche, sondern nur bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben, die wegen der unbedingten Notwendigkeit, einen wirksamen Schutz des Gemeinwesens zu gewährleisten, eine Ausnahme von den Vorschriften der Richtlinie rechtfertigen. Hierunter fallen lediglich Natur- oder Technologiekatastrophen, Attentate, schwere Unglücksfälle oder andere Ereignisse gleicher Art, deren Schwere und Ausmaß Maßnahmen erfordern, die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sicherheit des Gemeinwesens unerlässlich sind und deren ordnungsgemäße Durchführung in Frage gestellt wäre, wenn alle Vorschriften der Richtlinien beachtet werden müssten. Aus dieser Rechtsprechung folgt ohne Weiteres, dass Soldaten, insbesondere die in den Krankenhäusern der Bundeswehr als Ärzte eingesetzten, nicht vom Anwendungsbereich der Arbeitszeitrichtlinien ausgenommen sind.

18

Ungeachtet der fehlenden Umsetzung der Richtlinie waren Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen. Ein Träger öffentlicher Gewalt ist auch in seiner Eigenschaft als öffentlicher Arbeitgeber zur Umsetzung des Unionsrechts verpflichtet (EuGH, Urteile vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 39 und 85 und vom 15. April 2008 - C-268/06, Impact - Slg. 2008, I-02483 Rn. 85). Danach hat die Beklagte nicht nur in ihrer Eigenschaft als zuständige Normgeberin durch dessen Nichtumsetzung hinreichend qualifiziert gegen das Unionsrecht verstoßen, sondern auch in ihrer Eigenschaft als Dienstherrin durch die Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs.

19

c) Zwischen dem Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG und dem Schaden, der durch den Verlust der Ruhezeit entstanden ist, die dem Kläger zugestanden hätte, wenn diese Vorgabe eingehalten worden wäre, besteht auch ein unmittelbarer Kausalzusammenhang.

20

Unerheblich ist, dass zusätzliche Dienste eines Berufssoldaten und der damit verbundene Verlust an Freizeit und Erholungszeit nach nationalem Recht keinen Schaden im Sinne des zivilrechtlichen Schadensersatzrechts darstellen. Maßgeblich ist insoweit allein auf das Unionsrecht abzustellen, das hierin einen Schaden sieht (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 59, 61 und 63 sowie Tenor 1 und 4; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 24).

21

2. Zur Begründung ihrer Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf finanziellen Ausgleich, weil Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG nicht anwendbar sei und der Kläger damit tatsächlich nicht unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet habe, kann sich die Beklagte nicht auf Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG berufen.

22

Nach Art. 22 RL 2003/88/EG ist es einem Mitgliedstaat freigestellt, Art. 6 RL 2003/88/EG nicht anzuwenden, wenn er die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer einhält und mit den erforderlichen Maßnahmen dafür sorgt, dass kein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangt, im Durchschnitt des Bezugszeitraums von vier Monaten mehr als 48 Stunden innerhalb eines Siebentageszeitraums zu arbeiten, es sei denn der Arbeitnehmer hat sich dazu bereit erklärt.

23

Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG eröffnet den Mitgliedstaaten lediglich die Möglichkeit zur Abweichung von den Vorgaben des Art. 6 RL 2003/88/EG, die der Mitgliedstaat durch den Erlass von zur Umsetzung ausreichenden Rechtsnormen ausnutzen muss. Hat jedoch der Mitgliedstaat, wie hier, von dieser Möglichkeit im streitgegenständlichen Zeitraum nicht durch den Erlass einer Rechtsnorm Gebrauch gemacht, ist Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG für die Entscheidung mit der Folge unerheblich, dass grundsätzlich Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG heranzuziehen ist (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 35 ff. und 50 und vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 33).

24

Im Übrigen merkt der Senat zur Argumentation der Beklagten zum Merkmal "verlangt" im Sinne von Art. 22 RL 2003/88/EG an, dass die Haltung der Beklagten in sich widersprüchlich ist. Die Beklagte hat insoweit geltend gemacht, sie habe den Kläger nie angewiesen, mehr als 48 Stunden wöchentlich Dienst zu leisten, und dieser habe sie durch seine darüber hinausgehende Dienstleistung vor vollendete Tatsachen gestellt, obwohl der Chefarzt des Bundeswehrzentralkrankenhauses im März 2006 auf die Einhaltung der wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden bezogen auf vier Monate gedrungen habe. Die Beklagte lässt dabei unberücksichtigt, dass der Kläger seinen Dienst allein aufgrund und entsprechend der von ihr vorgegebenen Dienstpläne verrichtet hat, die den unionsrechtlichen Vorgaben zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit widersprachen, denen aber der Kläger als Soldat Folge zu leisten hatte.

25

3. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen rechtswidriger Zuvielarbeit setzt - wie der nationale dienstrechtliche Ausgleichsanspruch - voraus, dass der vom Beamten oder Soldaten zuvor geltend gemacht worden ist. Auszugleichen ist die rechtswidrige Zuvielarbeit, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet worden ist (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26).

26

a) Besoldungsansprüche von Beamten und Soldaten ergeben sich unmittelbar aus Gesetz (§ 2 Abs. 1 BBesG), eines Antrages bedarf es daher nicht. Entsprechendes gilt für Versorgungsbezüge (§ 3 Abs. 1 BeamtVG, § 1a Abs. 1 SVG): Rechtsgrund der Alimentierung von Ruhestandsbeamten ist zwar der Versorgungsfestsetzungsbescheid, auch dieser ergeht indes von Amts wegen (§ 49 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 SVG) und bedarf daher weder eines Antrags noch einer Hinweispflicht (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 C 59.11 - BVerwGE 145, 14 Rn. 34).

27

Ansprüche, deren Festsetzung und Zahlung sich nicht unmittelbar aus Gesetz ergeben, bedürfen dagegen einer vorherigen Geltendmachung (BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - BVerfGE 81, 363 <384 f.>; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27). Denn hier ist eine vorgängige Entscheidung über Grund und Höhe der begehrten Zahlung erforderlich.

28

Für Ansprüche wegen rechtswidriger Zuvielarbeit gilt dies in besonderer Weise. Diese sind nicht primär auf die Zahlung eines finanziellen Ausgleichs gerichtet, sondern auf die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands. Durch den Hinweis des Beamten oder Soldaten ist daher zunächst eine Prüfung seines Dienstherrn veranlasst, ob eine Änderung der Arbeitszeitgestaltung erforderlich ist und ob eine rechtswidrige Zuvielarbeit - etwa durch Anpassung der maßgeblichen Dienstpläne - vermieden oder durch die Gewährung von Freizeitausgleich kompensiert werden kann. Ohne entsprechende Rüge muss der Dienstherr nicht davon ausgehen, jeder Beamte werde die Überschreitung der aktuellen Arbeitszeitregelung beanstanden. Auch hinsichtlich der möglichen finanziellen Ausgleichspflicht hat der Dienstherr ein berechtigtes Interesse daran, nicht nachträglich mit unvorhersehbaren Zahlungsbegehren konfrontiert zu werden (BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 - 2 C 7.06 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 39 Rn. 15).

29

Der Soldat oder Beamte wird durch das Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs gegenüber seinem Dienstherrn auch nicht unzumutbar belastet. Denn an die Rüge des Berechtigten sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn sich aus der schriftlichen Äußerung ergibt, dass der Beamte oder Soldat die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt hält. Weder ist ein Antrag im rechtstechnischen Sinne erforderlich noch muss Freizeitausgleich, hilfsweise finanzieller Ausgleich, beantragt oder der finanzielle Ausgleich konkret berechnet werden (BVerwG, Urteile vom 27. Mai 2010 - 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 15 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27).

30

b) Die Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung auch auf den nicht normativ geregelten unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch ist mit Unionsrecht vereinbar (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 20). Soweit der Senat zwischenzeitlich (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 141, 381 Rn. 25; ebenso Beschluss vom 1. Juli 2014 - 2 B 39.13 - Buchholz 237.8 § 80 RhPLBG Nr. 1 Rn. 6 f.), veranlasst durch eine aus heutiger Sicht möglicherweise fehlinterpretierte Aussage des Gerichtshofs der Europäischen Union in dessen Urteil vom 25. November 2010 (C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78, 84, 86 f., 90), Gegenteiliges vertreten hat, hält der Senat daran nicht mehr fest; nach den insoweit eindeutigen Aussagen des Gerichtshofs in dessen Urteil vom 19. Juni 2014 (C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 ff.) ist dies überholt. Voraussetzung für die Vereinbarkeit des genannten Grundsatzes mit Unionsrecht ist, dass den Anforderungen des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes Rechnung getragen ist (EuGH, Urteile vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 bis 115 und Urteil vom 9. September 2015 - C-20/13, Unland - ZBR 2015, 414 Rn. 72).

31

Die den nationalen Gerichten obliegende Prüfung ergibt, dass die Voraussetzungen der beiden unionsrechtlichen Vorgaben in Bezug auf das Gebot der zeitnahen Geltendmachung erfüllt sind. Dem Gebot, dass die Modalitäten zur Durchsetzung des unionsrechtlichen Anspruchs nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz), ist Rechnung getragen. Der - neben dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch bestehende, richterrechtlich entwickelte - Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ist nur gegeben, wenn der Berechtigte diesen gegenüber seinem Dienstherrn schriftlich geltend macht (BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 ff.). Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung ist im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Berechtigten und die Behörde schützt, mit diesen Vorgaben des Unionsrechts vereinbar (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - C-262/09, Meilicke - Slg. 2011, I-5669 Rn. 56 m.w.N.). Zudem sind, wie dargelegt, die Anforderungen an die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs gering. Denn der Berechtigte muss gegenüber dem Dienstherrn lediglich schriftlich zum Ausdruck bringen, er halte die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt.

32

c) Ob der Kläger Ausgleichsansprüche in den Jahren 2002 bis 2005 jeweils entsprechend den genannten Anforderungen geltend gemacht hat, kann dahinstehen. Denn die etwaigen Ausgleichsansprüche sind verjährt (dazu nachfolgend 4.). Auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch, den der Berechtigte rechtzeitig geltend gemacht hat, unterliegt der Verjährung (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19).

33

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat sich der Kläger im Oktober 2007, im Juli 2008 und im August 2009 an seinen Dienstherrn gewandt und die Festsetzung seiner wöchentlichen Arbeitszeit beanstandet. Demgegenüber fehlen für das Jahr 2006 entsprechende Feststellungen, die das Revisionsgericht nicht treffen darf. Im neuerlichen Berufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof deshalb zu prüfen, ob der Kläger auch im Jahr 2006 gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung oder der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses die Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit schriftlich geltend gemacht hat.

34

4. Der primär auf Ausgleich in Zeit gerichtete Anspruch des Klägers ist in einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich umgewandelt, der weder verfallen noch aus anderen Gründen ausgeschlossen ist.

35

a) Der Haftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit ist primär auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Zweck der Begrenzung der Höchstarbeitszeit pro Siebentageszeitraum, den Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, ist nicht durch eine Geldzahlung, sondern durch die Freistellung von der Pflicht zur Dienstleistung zu erreichen.

36

Scheidet aber die Gewährung von Freizeit zum Ausgleich der Zuvielarbeit aus vom Berechtigten nicht zu vertretenden Gründen aus, so gebietet es der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz, dass die entstandenen Ansprüche nicht untergehen, sondern sich in solche auf finanziellen Ausgleich umwandeln (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 34 ff.). Danach sind hier finanzielle Ausgleichsansprüche des Klägers nicht ausgeschlossen, weil die angespannte Personalsituation in der Abteilung des Bundeswehrzentralkrankenhauses, in der der Kläger in führender Funktion Dienst zu leisten hatte, der Gewährung von Freizeit zur Abgeltung der entstandenen Ansprüche entgegenstand.

37

b) Der zum Ausgleich verpflichtete Dienstherr ist auch befugt, den Verfall des Ausgleichsanspruchs vorzusehen, um einem unbegrenzten Anhäufen von Ausgleichsstunden vorzubeugen.

38

Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr vom 20. Oktober 1998 in der Fassung vom 1. Februar 2003 (Erlass über den Ausgleich besonderer zeitlicher Belastungen der Soldaten, BMVg Fü S I 1) sah hier (III.C.16) eine Frist zur Abgeltung von zwölf Monaten vor. Für den Bereich der Bundeswehrkrankenhäuser waren aber wegen der besonderen Anforderungen an das klinische Personal, die zu einem erheblichen Anstieg der Ausgleichsansprüche geführt hatten, Sonderregelungen erlassen worden (Weisungen des Sanitätsführungskommandos vom 23. März 2004 und vom 15. Juni 2007 sowie Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009). Diese sehen aus Gründen des Vertrauensschutzes die Abgeltung der Ansprüche im Zeitraum bis Ende Dezember 2014 vor.

39

c) Auch wenn der Beamte oder Soldat den Entschluss fasst, das Dienstverhältnis zu beenden, steht ihm kein Wahlrecht zwischen Freizeitausgleich und einem Ausgleich in Geld zu (kein "dulde und liquidiere"). Er ist gehalten, sich mit diesem Anliegen so rechtzeitig an seinen Dienstherrn zu wenden, dass diesem noch der Ausgleich der Zuvielarbeitsstunden durch die Gewährung von Freizeit möglich bleibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. September 2011 - 2 B 33.11 - juris Rn. 7 ff. zum Ausgleich der von Lehrern zu leistenden Vorgriffsstunden).

40

Nach diesen Grundsätzen war hier die Umwandlung der Ansprüche auf Freizeitausgleich in solche auf finanziellen Ausgleich nicht ausgeschlossen. Der Kläger hat die Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines Berufssoldaten mehr als drei Monate vor seiner Entlassung beantragt. Dieser Zeitraum ist für die Durchführung des Ausgleichs durch Freistellung vom Dienst als ausreichend anzusehen. Aufgrund der Personalsituation in der Abteilung für Neurochirurgie war dem Bundeswehrkrankenhaus die Freistellung des Klägers vom Dienst bis Ende April 2009 nicht in ausreichendem Maße möglich.

41

5. Etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt. Die Verjährungsfrist endete hinsichtlich des (letzten) Jahres 2005 mit Ablauf des 31. Dezember 2008.

42

a) Fehlen, wie hier, unionsrechtliche Vorgaben zur Verjährung, gelten die Verjährungsregeln des nationalen Rechts. Regelt das einschlägige Fachrecht die Verjährung nicht, so sind die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Dabei ist nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste analog heranzuziehen ist (BVerwG, Urteile vom 15. Juni 2006 - 2 C 10.05 - Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 45 Rn. 19 m.w.N., vom 24. Januar 2007 - 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 Rn. 45 und vom 11. Dezember 2008 - 3 C 37.07 - BVerwGE 132, 324 Rn. 8).

43

Da es sich auch beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht um einen Schadenersatzanspruch im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften (§ 199 Abs. 2 und 3 BGB) handelt, unterliegt der Anspruch den allgemeinen Verjährungsregelungen und damit nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren (§ 195 BGB).

44

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union genügt eine nationalrechtliche Verjährungsfrist von drei Jahren, die auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch angewendet wird, den Vorgaben des Grundsatzes der Gleichwertigkeit und der Effektivität (EuGH, Urteil vom 24. März 2009 - C-445/06, Danske Slagterier - Slg. 2009, I-2119 Rn. 31 f. m.w.N.).

45

b) Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Die unionsrechtswidrige Zuvielarbeit begründet einen einheitlichen Ausgleichsanspruch des betroffenen Soldaten oder Beamten (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 48 zum Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen). Während des aktiven Dienstverhältnisses ist der Anspruch grundsätzlich auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Scheidet diese Form des Ausgleichs aus, so wandelt sich der Anspruch um in einen solchen auf finanzielle Abgeltung. Bei dem letztgenannten Anspruch handelt sich entgegen dem Vorbringen des Klägers aber nicht um einen neuen Anspruch, dessen Verjährung neu zu laufen beginnt. Vielmehr ändert sich lediglich die Form des wegen des Verstoßes gegen die wöchentliche Höchstarbeitszeit gebotenen Ausgleichs. Die Annahme eines einheitlichen Anspruchs, der zwar je nach tatsächlicher Sachlage unterschiedliche Rechtsfolgen hat, aber einheitlich verjährt, entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren Konstellationen (BGH, Urteil vom 28. April 1993 - VIII ZR 109/92 - NJW-RR 1993, 1227 <1228> zur Umwandlung eines Aufwendungsersatzanspruchs).

46

Der Senat hält § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im öffentlichen Recht für anwendbar, wonach der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist auch voraussetzt, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 43, anders Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 50 m.w.N.). Es bedarf aber nicht des Verfahrens nach § 11 VwGO, weil hier auch die zusätzlichen Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Folge erfüllt sind, dass etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers bis zum Jahr 2005 verjährt sind.

47

§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt grundsätzlich voraus, dass der Berechtigte die Tatsachen kennt, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Grundsätzlich ist nicht erforderlich, dass der Berechtigte aus dieser Erkenntnis die richtigen Rechtsfolgerungen zieht. Selbst wenn man aber mit der zivilrechtlichen Rechtsprechung bei einer verworrenen Rechtslage die Verjährungsfrist ausnahmsweise erst mit einer gerichtlichen Klärung der Rechtslage beginnen ließe (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 - NJW-RR 2008, 1237 Rn. 7; Urteile vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - NJW 1999, 2041 <2042 f.> und vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547 ), führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Den Haftungsanspruch eines Berechtigten gegen einen Mitgliedstaat wegen der Verletzung der Pflichten aus dem Unionsrecht hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits 1991 entwickelt (EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991, I 5357 Rn. 35). Der Umfang seiner tatsächlichen Dienstleistung - über 48 Stunden pro Siebentageszeitraum hinaus - war dem Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts bekannt. Auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 (C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) war im Sinne des Erfordernisses des hinreichend qualifizierten Verstoßes der Beklagten gegen das Unionsrecht bei der Festsetzung der Arbeitszeit von Ärzten der Bundeswehrkrankenhäuser auch eindeutig, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind. Seit der Verkündung dieses Urteils bestanden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine auf einen Staatshaftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit gestützte Rechtsverfolgung eines Soldaten erfolgversprechend sein könnte.

48

Dem Vorbringen des Klägers zum Merkmal des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, er habe in den Jahren 2002 bis 2005 nicht wissen können, dass er als Ausgleich für die Zuvielarbeit wegen seiner antragsgemäßen Entlassung zum Ende April 2009 Dienstbefreiung nicht werde in Anspruch nehmen können, so dass "Kenntnis" erst seit dem Jahr 2009 gegeben sei, ist nicht zu folgen. Wie dargelegt, handelt es sich bei dem Anspruch auf Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit um einen einheitlichen Anspruch, so dass die Wandlung des Anspruchsinhalts - Geldzahlung anstelle der Freistellung vom Dienst - unerheblich ist.

49

Auch auf das Urteil des OVG Koblenz vom 29. April 2014 (2 A 11163/13 - NVwZ-RR 2014, 726) kann sich der Kläger zur Begründung seiner Auffassung, er habe erst im Jahr 2009 infolge seiner Entlassung aus dem Dienstverhältnis von seinem Anspruch auf Geldausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis erlangt, nicht stützen. Denn das in diesem Fall maßgebliche Landesrecht regelt beide Ansprüche - Anspruch auf Freizeitausgleich und Anspruch auf Entschädigung wegen Mehrarbeit - gesondert und bestimmt, dass ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich wegen angeordneter Mehrarbeit erst dann angenommen werden kann, wenn feststeht, dass die Mehrarbeit aus zwingenden Gründen nicht durch Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden kann.

50

c) Aufgrund der das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zum Inhalt der Schreiben des Klägers an die Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom Oktober 2007 sowie vom Juli 2008 haben diese die Verjährung nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt. Sie beschränken sich auf Hinweise und Anregungen und überlassen die Konkretisierung der Ansprüche der Beklagten als Dienstherrin. Den Schreiben lässt sich nicht der Hinweis entnehmen, der Kläger sei bereits entschlossen, seinen Anspruch unmittelbar im Klagewege durchzusetzen.

51

Ausgeschlossen ist auch die Annahme der Hemmung der Verjährung nach § 203 Satz 1 BGB wegen schwebender Verhandlungen der Beteiligten. Denn die Beklagte hat auf die beiden genannten Schreiben des Klägers zur Entwicklung der Zahl der Überstunden nicht reagiert.

52

d) Die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung verletzt schließlich weder die Fürsorgepflicht der Beklagten als Dienstherrin noch ist sie ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig.

53

Das Vorbringen des Klägers, in den von der Beklagten vorgegebenen Zeiterfassungsbögen sei nicht auf die Möglichkeit des Verfalls eines Ausgleichsanspruchs hingewiesen worden, sodass die Beklagte ihn von einer zeitnahen Geltendmachung abgehalten habe, ist unbegründet. Die allgemeine Fürsorgepflicht (§ 31 Abs. 1 SG) gebietet dem Dienstherrn nicht, Soldaten oder Beamte auf den Ablauf von Fristen hinzuweisen und sie zur Geltendmachung ihrer Ansprüche anzuhalten (BVerwG, Urteile vom 21. April 1982 - 6 C 34.79 - BVerwGE 65, 197 <203> und vom 30. Januar 1997 - 2 C 10.96 - BVerwGE 104, 55 <57 f.>.).

54

Aus Gründen der sparsamen Haushaltsführung ist der Dienstherr gehalten, gegenüber Ansprüchen von Soldaten oder Beamten die Einrede der Verjährung geltend zu machen. Der Einwand, die Berufung auf die Einrede der Verjährung verstoße gegen Treu und Glauben und sei deshalb unzulässig, setzt ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn voraus. Das nicht notwendig schuldhafte Verhalten des Dienstherrn muss den Berechtigten veranlasst haben, verjährungshemmende Schritte zu unterlassen. Unerheblich ist, ob der Beamte keine Kenntnis von den ihm zustehenden Ansprüchen hatte oder ob er von der rechtzeitigen Geltendmachung bewusst abgesehen hat, weil er nach Treu und Glauben davon ausgehen konnte, der Dienstherr werde sich nicht auf die Verjährung berufen (BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 12 Rn. 23).

55

Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann ein solches qualifiziertes Fehlverhalten der Beklagten nicht festgestellt werden. Die Ausführungen im Protokoll der Abteilungsleiterbesprechung vom 8. Oktober 2007 haben dem Kläger keinen Anlass gegeben, seinerseits Schritte zur Hemmung der Verjährung der ihm zustehenden Ansprüche zu unterlassen. Im Protokoll werden lediglich die vom Kläger im Zeitraum von Anfang September 2005 bis Ende September 2007 geleisteten Überstunden zusammengefasst. Ferner wird ausgeführt, dass "kleine" und "große" Anrechnungsfälle - Ausgleich für zusammenhängende Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden - für den Zeitraum 2004 bis 2006 vollständig finanziell abgerechnet wurden.

56

Auch auf den erst im Revisionsverfahren vorgelegten Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009, der an den Dienstzeitausgleichserlass des Bundesministeriums anknüpft und die Aufrechterhaltung von Ansprüchen auf Freizeitausgleich betrifft, kann sich der Kläger nicht stützen. Denn in diesem Erlass wird ausdrücklich auf den Aspekt der Verjährung von Ansprüchen aufgrund der Vorschrift des § 195 BGB hingewiesen.

57

6. Ob der Kläger unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet hat, bestimmt sich nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum im Sinne von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG.

58

a) Bei der Bestimmung des maßgeblichen Bezugszeitraums hat sich der Verwaltungsgerichtshof auf die Regelung des Art. 16 Buchst. b) RL 2003/88/EG berufen und im Hinblick auf eine allerdings nicht normativ begründete Verwaltungspraxis der Beklagten einen Bezugszeitraum von vier Monaten für sachgerecht erachtet (ebenso OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Januar 2011 - 5 LC 178/09 - DVBl. 2011, 582). Dies verletzt revisibles Recht.

59

Ebenso wie Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG wendet sich auch Art. 16 dieser Richtlinie ("Die Mitgliedstaaten können... vorsehen“) an den Mitgliedstaat. Dieser ist zu der von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG abweichenden Festlegung des Bezugszeitraums ("bis zu vier Monaten") berechtigt, aber nicht verpflichtet. Ob und inwieweit der Mitgliedstaat diese Ermächtigung zu der für den Arbeitnehmer ungünstigen Ausdehnung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monaten ausnutzt, ist Sache der gesetzgebenden Organe des Mitgliedstaates, weil nur sie die zur Umsetzung einer Richtlinie erforderlichen Rechtsnomen erlassen können. Die Ausübung der Ermächtigung ist jedenfalls nicht den das Recht anwendenden nationalen Gerichten in dem Sinne überantwortet, dass diese den Bezugszeitraum nach dem Aspekt der "Sachgerechtigkeit" festlegen können. Um die ihm eingeräumte Befugnis in Anspruch zu nehmen, muss der Mitgliedstaat auch die Entscheidung treffen, sich auf diese Ermächtigung zu berufen. Im Interesse der Rechtssicherheit muss diese Entscheidung des Mitgliedstaates aber bestimmt und klar sein (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 - C-227/09, Accardo - Slg. 2010, I-10273 Rn. 50 f. m.w.N. und Rn. 55).

60

Im Zeitraum bis Ende April 2009 hatte die Beklagte noch nicht von der Möglichkeit zur Erstreckung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monate durch Erlass einer entsprechenden Rechtsnorm Gebrauch gemacht. Die schriftliche Anordnung des Chefarztes des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom März 2006, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit dürfe, bezogen auf vier Monate, 48 Stunden nicht überschreiten, erfüllt nicht die formellen Anforderungen an die Ausnutzung der dem Mitgliedstaat eröffneten Befugnis zur Ausdehnung des Bezugszeitraums.

61

b) Auch die sonstigen Bestimmungen der RL 2003/88/EG, die zu einer Verlängerung des Bezugszeitraums führen können - nach Art. 19 Abs. 2 RL 2003/88/EG bis zu zwölf Monate bei Festlegungen in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen Sozialpartnern -, greifen nicht zu Gunsten der Beklagten ein. Art. 17 Abs. 3 Buchst. c) i) und Art. 18 RL 2003/88/EG setzen jeweils voraus, dass der Mitgliedstaat Regelungen im Sinne von Art. 16 RL 2003/88/EG erlassen hat, die den Anforderungen an die Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht im Sinne von Art. 288 Abs. 3 AEUV genügen. Daran fehlt es aber ebenso wie an der Ausnutzung der genannten Befugnisse ("sind...zulässig" und "kann abgewichen werden") durch den Erlass einer für die Umsetzung erforderlichen Rechtsnorm des innerstaatlichen Normgebers. Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr reichte hierfür als bloße Verwaltungsvorschrift nicht aus.

62

7. Art. 16 Buchst. b Satz 2 RL 2003/88/EG schreibt vor, dass die nach Art. 7 RL 2003/88/EG gewährten Zeiten des bezahlten Jahresurlaubs sowie die Krankheitszeiten bei der Berechnung des Durchschnitts unberücksichtigt bleiben oder neutral sind. Diese Vorgabe des Unionsrechts verlangt, dass ungeachtet der Frage der Umsetzung in innerstaatliches Recht durch eine Rechtsnorm die betreffenden Tage bei der Berechnung mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen sind.

63

Obwohl die Richtlinie lediglich auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen nach Art. 7 RL 2003/88/EG Bezug nimmt, ist auch der darüber hinausgehende, im nationalen Recht begründete Mehrurlaub mit der Soll-Arbeitszeit anzusetzen. Art. 15 RL 2003/88/EG lässt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Dies umfasst auch die Einräumung eines über den unionsrechtlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsanspruchs. Da der Kläger am Urlaubstag von der Pflicht zur Dienstleistung befreit ist und auch der Mehrurlaub der Erholung des Klägers dient, können diese Tage nicht als Ausgleich für eine Überschreitung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum herangezogen werden.

64

Auch Feiertage, die auf Wochentage fallen, sind mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit einzubeziehen und damit zu neutralisieren. Da der Kläger an diesen Tagen nicht zur Dienstleistung verpflichtet war, können sie nicht zum Ausgleich einer etwaigen Überschreitung der Höchstarbeitszeit herangezogen werden. Demgegenüber sind Zeiten, in denen dem Kläger auf Grundlage des Dienstzeitausgleichserlasses ein zeitlicher Ausgleich gewährt wurde, keine Arbeitszeit im Sinne von Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG.

65

8. Zur Arbeitszeit zählen unionsrechtlich sämtliche Zeiten, die vom betreffenden Arbeitnehmer im Rahmen von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit in der Dienststelle abgeleistet worden sind, unabhängig davon, welche Arbeitsleistung er während dieses Dienstes tatsächlich erbracht hat (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7997 Rn. 52). Auch die genaue Bestimmung der Zahl der auszugleichenden Stunden ist Aufgabe des erneut durchzuführenden Berufungsverfahrens.

66

In denjenigen Siebentageszeiträumen, in denen der Kläger wegen zusammenhängender Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden aufgrund der Verordnung über die Vergütung für Soldaten mit besonderer zeitlicher Belastung vom 2. Juni 1989 (- SzBelVergV -, BGBl. I S. 1075) Zahlungen erhalten hat, ist die Arbeitszeit entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht um vier oder acht Stunden zu reduzieren. Denn die finanziellen Vergütungen, die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SzBelVergV nur in Betracht kommen, wenn zum Ausgleich des zusammenhängenden Dienstes Freistellung vom Dienst nicht gewährt werden kann, reduzieren die Zahl der Stunden der unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit nicht. Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz muss jedoch grundsätzlich jede Stunde, die der Kläger innerhalb eines Siebentageszeitraumes über 48 Stunden hinaus gearbeitet hat, ausgeglichen werden.

67

9. Der Geldausgleich hat sich an den jeweils geltenden Stundensätzen der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (- MVergV -, BGBl. I S. 3494) zu orientieren. Zwar unterscheiden sich rechtmäßige Mehrarbeit und unionsrechtswidrige Zuvielarbeit. Dennoch geht es in beiden Fällen um den Ausgleich für eine überobligationsmäßige Heranziehung des Soldaten zum Dienst (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 35).

68

Auf die Besoldung kann nicht zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 39). Denn diese ist kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - BVerfGE 44, 249 <264>, vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <63> und vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <380>), sondern die Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte mit vollem persönlichen Einsatz der Erfüllung seiner Dienstpflichten widmet (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. April 1967 - 2 BvL 3/62 - BVerfGE 21, 329 <345>, vom 15. Oktober 1985 a.a.O. S. 59 und vom 20. März 2007 a.a.O.). Sie ist nicht auf die Entlohnung von Arbeitsstunden, sondern auf die Sicherstellung einer amtsangemessenen Lebensführung gerichtet.

69

Die in § 2 SzBelVergV bestimmten Sätze für zusammenhängende Dienste können nicht herangezogen werden. Denn es handelt sich um Pauschalsätze, die ungeachtet der genauen zeitlichen Inanspruchnahme des Soldaten zu zahlen sind. Der Grundsatz der größtmöglichen Wirksamkeit des Unionsrechts verlangt jedoch, dass für jede nicht anderweitig ausgeglichene Stunde Zuvielarbeit ein finanzieller Ausgleich geleistet wird. Zwar sieht die Verordnung über die Vergütung für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft von Sanitätsoffizieren in Bundeswehrkrankenhäusern vom 27. April 2012 (- SanOffzVerGVEV -, BGBl. I S. 1000) in § 5 Stundensätze vor, die sich nur wenig von denen des § 4 MVergV unterscheiden. Allerdings ist jene Verordnung erst am 1. Januar 2011 in Kraft getreten und galt deshalb im hier streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 noch nicht.

70

10. Die Vergütungen, die dem Kläger aufgrund von §§ 1 und 2 SzBelVergV im Hinblick auf von ihm geleistete zusammenhängende Dienste gezahlt worden sind, sind nicht auf den finanziellen Ausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit anzurechnen. Die beiden Zahlungen betreffen verschiedene Fallkonstellationen und knüpfen an unterschiedliche Belastungen des Soldaten an.

71

Das Entsprechende gilt für die Zahlungen, die der Kläger für Dienste zu ungünstigen Zeiten nach §§ 3 und 4 EZulV erhalten hat. Bei diesen geht es nicht um den Ausgleich für den Verstoß gegen die unionsrechtliche Vorgabe für die höchstzulässige Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum. Vielmehr soll die Erschwerniszulage zumindest finanziell die Nachteile ausgleichen, die einem Besoldungsempfänger durch Dienstleistungen zu Zeiten entstehen, an denen gemeinhin nicht gearbeitet wird.

Tenor

Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 19. April 2012 und 13. Juli 2012 verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. März 2013 eine Entschädigung für die über die zulässige Höchstarbeitszeit von 54 Stunden - bezogen auf einen Siebentageszeitraum - hinaus geleistete Zuvielarbeit in einer Höhe von 220,91 Euro zu gewähren, und verurteilt, für diesen Entschädigungsbetrag Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit bzw. jeweiliger Fälligkeit zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tatbestand

1

Der Kläger ist seit Oktober 1989 im Einsatzdienst der Beklagten als Feuerwehrbeamter tätig. Er verlangt einen Ausgleich für vom 1. Januar 1999 bis 31. August 2005 über 48 Stunden in der Woche hinaus geleisteten Dienst. In dieser Zeit betrug die Wochenarbeitszeit für Hamburger Feuerwehrbeamte im Einsatzdienst 50 Stunden.

2

Im März 1999 wandte sich der Kläger mit Widerspruch gegen die Umsetzung der erhöhten Wochenarbeitszeit in den Dienstplänen. Das anschließende Klageverfahren wurde nach Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden ab dem 1. September 2005 durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet. Ein im Oktober 2005 gestellter Antrag des Klägers auf Ausgleich der zuviel geleisteten Arbeit durch Mehrarbeitsvergütung blieb erfolglos. Im Dezember 2005 und im Juni 2006 erhobene Widersprüche wurden nicht beschieden.

3

Im Klageverfahren hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und in der Berufungsinstanz in Höhe von 1 967,84 € teilweise Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger habe einen Anspruch auf einen Ausgleich von 137,71 Stunden. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

4

Der Kläger sei im geltend gemachten Zeitraum unter Verstoß gegen Unionsrecht zu einer Arbeitszeit von durchschnittlich mehr als 48 Wochenstunden herangezogen worden.

5

Dafür stehe ihm seit dem 1. Januar 2001 ein unionsrechtlicher Entschädigungsanspruch zu. Seitdem habe die Beklagte die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Union offenkundig verkannt. Art und Umfang des Entschädigungsanspruches richteten sich nach nationalem Recht. Als Ausgleich sei zwar vorrangig Dienstbefreiung zu gewähren. Könne der Ausgleichsanspruch erst mit jahrelanger Verspätung durchgesetzt werden und stünden einer Dienstbefreiung zudem zwingende dienstliche Gründe entgegen, sei ein Geldausgleich zu zahlen. Solche zwingenden dienstlichen Gründe habe die Beklagte geltend gemacht. Die Gewährung von Freizeitausgleich für die Beamten des Einsatzdienstes der Feuerwehr in Hamburg, die Zuvielarbeit geleistet hätten, würde den Sicherheitsstandard bei der Feuerwehr absenken.

6

Auszugleichen sei jede Stunde, die der Beamte monatlich über die ohne Ausgleich höchstzulässige Mehrarbeit von fünf Stunden im Monat hinaus Dienst geleistet habe. Da der Geldausgleich die zukünftige Dienstbefreiung ersetze, sei er in Anlehnung an die aktuell geltenden Sätze für Mehrarbeitsvergütung zu berechnen. Diese seien um ein Sechstel zu reduzieren, weil sie auf der Grundlage einer 40-Stunden-Woche berechnet würden, während es um einen Ausgleich für über 48 Stunden in der Woche hinaus geleisteten Dienst gehe.

7

Auf der Grundlage nationalen Rechts bestünden keine darüber hinausgehenden Ansprüche. Der Ausgleichsanspruch aus Treu und Glauben in Verbindung mit den Rechtsgedanken des Mehrarbeitsrechts der Beamten gewähre keine besseren und weitergehenden Rechte. Es könne dahinstehen, ob er durch ein Antragserfordernis zeitlich begrenzt werde. Denn er sei jedenfalls ebenso wie der unionsrechtliche Anspruch teilweise verjährt, soweit er vor dem 1. Januar 2002 entstanden sei. Der Lauf der Verjährungsfrist sei erst durch den 2005 eingelegten Widerspruch gehemmt worden. Der Widerspruch vom März 1999 habe den Lauf der Verjährungsfrist nicht hemmen bzw. unterbrechen können, da er ausschließlich darauf gerichtet gewesen sei, die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit für rechtsunwirksam erklären zu lassen.

8

Mit der hiergegen gerichteten Revision beantragt der Kläger,

die Beklagte zu verpflichten, ihm für die in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis 31. August 2005 zuviel geleistete Arbeit von insgesamt 600 Stunden Entschädigung in Geld nach dem jeweils geltenden Stundensatz für die Mehrarbeitsvergütung nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise Freizeitausgleich zu gewähren, und die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. Februar 2011 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 21. Juni 2007 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

9

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen und das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. Februar 2011 aufzuheben, soweit das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 21. Juni 2007 zurückzuweisen.

10

Der Kläger beantragt,

die Anschlussrevision der Beklagten zurückzuweisen.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist überwiegend begründet, die Anschlussrevision der Beklagten dagegen unbegründet. Der Kläger kann vom 1. April 1999 bis zum 31. August 2005 einen finanziellen Ausgleich im Umfang von 577,5 Stunden nach den im Zeitraum der Zuvielarbeit jeweils geltenden Sätzen der Mehrarbeitsvergütung verlangen. Soweit das Berufungsgericht demgegenüber erst ab Januar 2002 einen Anspruch zuerkannt, vom monatlich zuviel geleisteten Dienst fünf Stunden abgezogen, auf die aktuelle Mehrarbeitsvergütung abgestellt und diese um ein Sechstel reduziert sowie Prozesszinsen erst ab dem Zeitpunkt der Geltendmachung einer Gefährdung des Sicherheitsstandards der Feuerwehr durch Freizeitausgleich durch die Beklagte zuerkannt hat, verstößt das Berufungsurteil gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG).

13

Der Kläger hat vom 1. Januar 1999 bis 31. August 2005 regelmäßig anstelle der unionsrechtlich höchstens zulässigen 48 Wochenstunden 50 Stunden Dienst geleistet. Dies verstieß gegen Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 93/104/EG, ABl EG Nr. L 307 vom 13. Dezember 1993 S. 18) sowie Art. 6 Buchst. b der insoweit inhaltsgleichen Nachfolge-Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG, ABl EG Nr. L 299 vom 18. November 2003 S. 9, Arbeitszeitrichtlinie), sodass die entgegenstehenden Bestimmungen des Arbeitszeitrechts der Beklagten wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts außer Betracht zu bleiben haben (Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 72.08 - BVerwGE 136, 165 = Buchholz 239.1 § 6 BeamtVG Nr. 6 jeweils Rn. 28). Nach der Begriffsbestimmung des Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG sowie Art. 2 Nr. 1 RL 93/104/EG sind Zeiten des Bereitschaftsdienstes in vollem Umfang in die Berechnung der wöchentlichen Arbeitszeit einzubeziehen, da die Beamten in der Dienststelle anwesend und jederzeit einsatzbereit sein mussten. Die Umsetzungsfrist der im Wesentlichen wortgleichen Vorgängerrichtlinie war bereits seit 1996 abgelaufen (Art. 18 Abs. 1 Buchst. a RL 93/104/EG). Eine Rechtfertigung der unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit als Mehrarbeit war nicht möglich (vgl. Urteil vom 29. September 2011 - BVerwG 2 C 32.10 - BVerwG 140, 351 Rn. 11 - 14 m.w.N.).

14

Für diese unionsrechtswidrig geleistete Zuvielarbeit stehen dem Kläger ein unionsrechtlicher (1) und ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch (2) zu. Die beiden Ansprüche unterscheiden sich zwar in ihren Voraussetzungen, sind aber in der Rechtsfolge (3) gleichgerichtet. Danach ist die pauschal zu errechnende Zuvielarbeit (4) ohne Abzüge auszugleichen, und zwar vorrangig durch Freizeit, hier ausnahmsweise durch Geld (5). Der Geldausgleich ist in Anlehnung an die zum jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Stundensätze für Mehrarbeit im Vollzeitdienst zu gewähren (6). Die danach ab dem 1. April 1999 bestehenden Ansprüche des Klägers sind nicht verjährt (7). Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen bereits ab Klageerhebung (8).

15

1. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch entsteht nach der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Union (EuGH), wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, verleiht dem Geschädigten Rechte (a), der Verstoß gegen diese Norm ist hinreichend qualifiziert (b), und zwischen dem Verstoß und dem Schaden besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang (c). Diese von den nationalen Gerichten zu prüfenden Voraussetzungen sind ab dem 1. Januar 2001 gegeben (vgl. zum Ganzen: EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - NZA 2011, 53 Rn. 47 f. m.w.N.).

16

a) Die erste Voraussetzung liegt vor. Art. 6 Nr. 2 RL 93/104/EG sowie Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG verleihen mit der Festsetzung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit dem Einzelnen Rechte, die dieser nach Ablauf der Frist zur Umsetzung in das Arbeitszeitrecht des Beklagten unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 49 f.).

17

b) Die Überschreitung der unionsrechtlich vorgegebenen Wochenarbeitszeit begründet bereits seit 1. Januar 2001 einen hinreichend qualifizierten Verstoß.

18

Ein derartiger Verstoß liegt vor, wenn der Mitgliedstaat die Grenzen, die seinem Umsetzungsermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat. Ob und wann dies der Fall ist, hängt unter anderem davon ab, wie eindeutig die verletzte Vorschrift ist und wie viel Spielraum dem Mitgliedstaat bei der Umsetzung eingeräumt ist. Ist eine Vorschrift der Auslegung fähig und bedürftig, ist ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht erst dann anzunehmen, wenn die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs verkannt worden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 51 f. m.w.N.).

19

Die Festsetzung der Höchstarbeitszeit (48 Stunden in der Woche) durch Art. 6 Nr. 2 RL 93/104/EG sowie Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG ist eindeutig. Sie war gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a RL 93/104/EG bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 23. November 1996 im nationalen Recht zu verankern. Seit dem Urteil des Gerichtshofs der Union vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-303/98, Simap - (Slg. 2000, I-7997) stand zudem fest, dass nach Art. 2 Nr. 1 RL 93/104/EG bei der Festsetzung von Höchstarbeitszeiten Bereitschaftsdienst wie Volldienst zu werten ist. In der Nachfolgerichtlinie ist auch diese Vorschrift wortgleich in Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG übernommen worden. Damit hätte spätestens zum 1. Januar 2001 das Arbeitszeitrecht für die Landesbeamten durch die Beklagte als umsetzungspflichtige Landesgesetz- und Verordnungsgeberin angepasst werden müssen. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte während des hier streitigen Zeitraums nicht nachgekommen (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 3 letzter Halbs. HmbBG a.F. sowie § 1 Abs. 2 ArbzVO Hmb a.F.), obwohl der Gerichtshof diese Rechtsprechung noch mehrfach bestätigt hat (EuGH, Urteile vom 9. September 2003 - Rs. C-151/02, Jaeger - Slg. 2003, I-08415 und vom 5. Oktober 2004 - verb. Rs. C-397/01 bis 403/01, Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8878; Beschluss vom 3. Juli 2001 - Rs. C-241/99 CIG - Slg. 2001, I-5141). Erst im Anschluss an den Beschluss vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04, Personalrat der Feuerwehr Hamburg - (Slg. 2005, I-7113) hat sie das Arbeitszeitrecht für die Feuerwehrbeamten geändert. Ungeachtet der fehlenden Umsetzung der Richtlinie waren Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen. Ein Träger öffentlicher Gewalt ist auch in seiner Eigenschaft als öffentlicher Arbeitgeber zur Umsetzung des Unionsrechts verpflichtet (EuGH, Urteile vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 39 und 85 sowie vom 15. April 2008 - Rs. C-268/06, Impact - Slg. 2008, I-02483 Rn. 85). Danach hat die Beklagte nicht nur in ihrer Eigenschaft als zuständige Normgeberin durch dessen Nichtumsetzung hinreichend qualifiziert gegen das Unionsrecht verstoßen, sondern auch in ihrer Eigenschaft als Dienstherrin durch die Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs.

20

Entgegen der Auffassung der Beklagten musste nicht erst durch den EuGH geklärt werden, dass die Arbeitszeitrichtlinien auch den Dienst bei der Feuerwehr erfassen. Der Wortlaut der Richtlinien ist insoweit eindeutig. Eines zusätzlichen Indizes für das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes bedarf es deshalb nicht. Insbesondere hängt die Anwendbarkeit des Unionsrechts nicht davon ab, dass sie vom EuGH für jede einzelne Vorschrift und für jede von den beiden Richtlinien erfasste Beschäftigtengruppe gesondert festgestellt wird. Ob eine eindeutige Vorschrift des Unionsrechts vorliegt, deren Nichtbeachtung die unionsrechtliche Staatshaftung auslöst, ist anhand objektiver Kriterien, für deren Feststellung auf die Rechtsprechung des EuGH zurückzugreifen ist, zu ermitteln; auf ein Verschulden des Mitgliedstaates kommt es nicht an. Deshalb ist es unerheblich, ob der Mitgliedstaat durch seine Organe (so hier der Bundesrat mit Beschluss vom 2. April 2004 - BRDrucks 105/04 -), Behörden oder Gerichte (wie hier insbesondere BAG, Urteil vom 29. Mai 2002 - 5 AZR 370/01 - PersV 2002, 457 ff. und BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - BVerwG 6 P 7.03 - BVerwGE 119, 363 ff. = Buchholz 451.9 Art. 234 EG-Vertrag Nr. 2) die Anwendung der Richtlinien auf den Feuerwehrdienst für zweifelhaft gehalten oder sogar verneint haben.

21

Die Beklagte hatte zur Rechtfertigung ihres Verhaltens darauf abgestellt, dass sie den Feuerwehrdienst nach Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl EG Nr. L 183 S. 1) als von der Anwendung der Arbeitszeitrichtlinien ausgenommen halten durfte. Mit dem EuGH ist demgegenüber festzustellen, dass die Vorschriften insoweit eindeutig und klar sind und keinen Raum für vernünftige Zweifel lassen (Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 54, 57 f.; Beschluss vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - a.a.O. Rn. 36).

22

Bereits nach ihrem eindeutigen Wortlaut erfasst die Ausnahmevorschrift des Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG keine ganzen Tätigkeitsfelder, sondern nur Ausschnitte ("spezifische Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten"). Deshalb hatte der EuGH bereits im Urteil vom 3. Oktober 2000 - Simap - a.a.O. (Rn. 35) ausgeführt, dass diese Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist. Diese Rechtsprechung hat der Gerichtshof während des hier streitigen Zeitraums noch mehrfach bestätigt (EuGH, Urteile vom 9. September 2003 - Jaeger - a.a.O. Rn. 89 und vom 5. Oktober 2004 - Pfeiffer u.a. - a.a.O. Rn. 52 ff.; Beschluss vom 3. Juli 2001 a.a.O. - CIG - Rn. 28 ff.), wobei er dies in dem Urteil vom 5. Oktober 2004 - Pfeiffer u.a. - (Rn. 52 ff.) näher mit dem Hinweis auf den Wortlaut begründet hat. Im Beschluss vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - (a.a.O. Rn. 42, 48) hat er dies schließlich ausdrücklich in Bezug auf den Feuerwehrdienst festgestellt.

23

Im Übrigen erwähnt Art. 17 Abs. 2 Nr. 2.1 Buchst. c Ziff. iii RL 93/104/EG unter anderem ausdrücklich die Feuerwehrdienste, ebenso die Nachfolgerichtlinie in Art. 17 Abs. 3 Buchst. c Ziff. iii RL 2003/88/EG. Diese Erwähnung wäre überflüssig, wenn die betreffende Tätigkeit bereits ganz vom Anwendungsbereich der beiden Arbeitszeitrichtlinien ausgeschlossen wäre. Sie belegt im Gegenteil eindeutig, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die grundsätzliche Anwendbarkeit dieser Richtlinie auf den Feuerwehrdienst festgelegt, zugleich aber vorgesehen hat, dass unter außergewöhnlichen Umständen von einzelnen Bestimmungen der Richtlinie - hier insbesondere vom kürzeren Bezugszeitraum, nicht aber von der 48-Stunden-Grenze - abgewichen werden kann (vgl. EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - a.a.O. Rn. 60 sowie Urteil vom 5. Oktober 2004 - Pfeiffer u.a. - a.a.O. Rn. 62 zu den in derselben Richtlinienvorschrift ebenfalls erwähnten Ambulanzdiensten).

24

c) Schließlich besteht unzweifelhaft ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen diese Richtlinien und dem Schaden, der durch den Verlust der Ruhezeit entstanden ist, die dem Kläger zugestanden hätte, wenn die in dieser Bestimmung vorgesehene wöchentliche Höchstarbeitszeit eingehalten worden wäre (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 59). Dabei ist es unerheblich, dass zusätzlicher Dienst eines Beamten und der damit verbundene Verlust an Freizeit und Erholungszeit nach nationalem Recht keinen Schaden im Sinne des zivilrechtlichen Schadenersatzrechts darstellt (vgl. dazu Urteile vom 21. Februar 1991 - BVerwG 2 C 48.88 - BVerwGE 88, 60 <63 f.> = Buchholz 237.1 Art. 80 BayLBG Nr. 2 S. 4 f. m.w.N. und vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 6 m.w.N.). Denn auch insoweit ist allein auf das Unionsrecht abzustellen, das hierin einen Schaden sieht (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Tenor 1 und Tenor 4 sowie Rn. 59, 61, 63).

25

d) An weitere Voraussetzungen - etwa an ein Antragserfordernis - ist der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch nicht gebunden (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 78, 84, 86 f., 90). Die im Urteil vom 29. September 2011 (- BVerwG 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 20) zum Ausdruck kommende gegenteilige Ansicht gibt der Senat auf. Die Rechtsfolgen des unionsrechtlichen Ausgleichsanspruchs richten sich nach dem nationalen Recht, wobei Form, Art und Weise der Berechnung der Entschädigung in einem angemessenen Verhältnis zum Schaden stehen müssen, sodass ein effektiver Schutz der Rechte des Einzelnen gewährleistet ist. Danach ist es Sache des nationalen Rechts, ob der Schadenersatz in Form von Freizeitausgleich oder in Form einer finanziellen Entschädigung zu gewähren ist (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 92 f. 94 ff. jeweils m.w.N.). Da der Verlust an Freizeit nach nationalem Recht kein Schaden ist, ist zur Ausfüllung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf die Rechtsfolgen aus dem nationalrechtlichen Billigkeitsanspruch zurückzugreifen.

26

2. Für die unionsrechtswidrig geleistete Zuvielarbeit steht dem Kläger daneben ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben i.V.m. den Regeln über einen Ausgleich von Mehrarbeit, hier § 76 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F. (entspricht § 61 Abs. 3 Satz 2 und 3 HmbBG) zu (vgl. Urteile vom 29. September 2011 - BVerwG 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351, LS 1 und Rn. 8 f. und vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - a.a.O. S. 6 f.). Der Billigkeitsanspruch setzt voraus, dass der Beamte rechtswidrig zuviel gearbeitet hat. Er kommt aber nur für rechtswidrige Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet wurde (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. LS 3 und Rn. 19 f.). Diese Voraussetzungen sind bereits seit dem 1. April 1999 erfüllt.

27

Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts war der Widerspruch des Klägers vom März 1999 ein "Antrag" in diesem Sinne. Insoweit ist aber zunächst klarzustellen, dass normativ geregelte Ansprüche im Beamtenrecht nicht von einer Antragstellung abhängen. Nur wenn es um (nationalrechtliche) Ausgleichsansprüche geht, die nicht im Gesetz geregelt sind - wie der Anspruch auf Zeitausgleich bei rechtswidriger Zuvielarbeit -, bedarf es einer Geltendmachung im Sinne einer Rügeobliegenheit oder Hinweispflicht des Beamten. An die Rüge sind keine hohen Anforderungen zu stellen (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 19). Es genügt, dass der Beamte schriftlich zum Ausdruck bringt, dass er die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt hält. Ein Antrag im rechtstechnischen Sinn ist nicht erforderlich. Insbesondere muss der Beamte nicht bereits Freizeitausgleich, hilfsweise finanziellen Ersatz beantragen oder gar die Ansprüche richtig benennen.

28

Diese Rügeobliegenheit dient dazu, eine Prüfung des Dienstherrn mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen, und die Dienstpläne entsprechend anzupassen (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 20). Zugleich muss sich der Dienstherr darauf einstellen können, dass ab diesem Zeitpunkt möglicherweise Ausgleichsansprüche auf ihn zukommen. Insofern folgt die Rügeobliegenheit aus der allgemein bei Rechtsverletzungen geltenden Schadensminderungspflicht des Gläubigers. Sie ist zugleich Ausdruck des Grundsatzes, dass Beamte auf die finanziellen Belastungen des Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht nehmen müssen (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 19).

29

Die Verpflichtung des Beamten, dies zu rügen, gilt auch dann für den Ausgleichsanspruch, wenn er durch einen Verstoß gegen Unionsrecht ausgelöst wird. Der nationale Ausgleichsanspruch entsteht nicht erst bei einem hinreichend qualifizierten, sondern bereits bei einem einfachen Verstoß gegen das Unionsrecht. Deshalb tritt er zum unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hinzu und ergänzt ihn im Vorfeld eines qualifizierten Verstoßes gegen das Unionsrecht. Der Beamte gibt dem Dienstherrn mit der Geltendmachung bereits vor dem Vorliegen eines qualifizierten Verstoßes Anlass zu prüfen, ob die Vorgaben der Richtlinie beachtet sind. Damit dient die Rügeobliegenheit gleichzeitig der effektiven Umsetzung des Unionsrechts zum frühest möglichen Zeitpunkt, denn das Unionsrecht verlangte von vornherein - und nicht etwa erst ab der erstmaligen Klärung durch den EuGH -, dass Bereitschaftsdienst wie Volldienst bei der 48-Stunden-Woche anzurechnen ist.

30

3. Beide Ansprüche sind auf zeitlichen Ausgleich in angemessenem Umfang gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn über mehrere Jahre Zuvielarbeit geleistet wurde (Urteile vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 9 und vom 28. Mai 2003 a.a.O. S. 6 f.). Als angemessen ist der zeitliche Ausgleich von Zuvielarbeit grundsätzlich dann anzusehen, wenn er ebenso lang ist wie der zuvor geleistete rechtswidrig geforderte Dienst. Zeiten des Bereitschaftsdienstes sind in vollem Umfang auszugleichen; ein Abzug von monatlich fünf ausgleichslos zu leistenden Stunden ist nicht zulässig (vgl. Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 15 - 18).

31

Eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes oder ein Abzug von fünf Stunden monatlich wären kein voller Ausgleich für Zuvielarbeit über die wöchentliche Höchstarbeitszeit hinaus und würden dem Sinn und Zweck der unionsrechtlichen Arbeitszeitregelung widersprechen, die die wöchentliche Höchstarbeitszeit zum Schutz der Gesundheit und der Arbeitssicherheit festgelegt hat. Die Sanktionierung einer unionsrechtswidrigen Praxis würde zudem das Gebot verletzen, die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu sichern, weil die Überschreitung der normativ festgelegten Höchstarbeitszeit in diesem Umfang folgenlos bliebe. Zwar sind Beamte grundsätzlich verpflichtet, in gewissem Umfang ausgleichslose Mehrarbeit zu leisten (vgl. § 76 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F., entspricht § 61 Abs. 3 Satz 2 HmbBG, § 88 BBG). Dies gilt jedoch nur bei (rechtmäßiger) Mehrarbeit, nicht aber bei rechtswidrig angeordneter Zuvielarbeit (in Abkehr von den Urteilen vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 35.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 39 S. 9 und - BVerwG 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5). Unabhängig davon darf die unionsrechtlich verbindliche Höchstgrenze der wöchentlichen Arbeitszeit grundsätzlich nicht durch Mehrarbeitsstunden überschritten werden (Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG sowie Art. 6 Nr. 2 RL 93/104/EG); Abweichungen sind nur im Rahmen der unionsrechtlichen Bestimmungen zulässig (vgl. Art. 17, 18 und 22 RL 2003/88/EG sowie Art. 17 und 18 RL 93/104/EG).

32

4. Die Zuvielarbeit ist pauschal unter Abzug des sechswöchigen Urlaubsanspruchs sowie einer weiteren Woche für die Wochenfeiertage zu errechnen. Darüber hinausgehende Anwesenheitstage sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Abwesenheitszeiten aufgrund von Krankheit, Sonderurlaub, Abordnungen, Fortbildungen, etc. sind nur dann abzuziehen, wenn sie im Jahr einen erheblichen Umfang erreichen. Dies ist anzunehmen, wenn der Beamte deshalb mindestens in Höhe des Jahresurlaubs von sechs Wochen ununterbrochen keinen Feuerwehrdienst geleistet hat.

33

Danach sind von 52 Wochen im Jahr sieben Wochen abzuziehen, sodass der Berechnung der auszugleichenden Zuvielarbeit 45 Wochen mit je zwei Stunden zugrunde zu legen sind. Damit sind im Jahr bei der Hamburger Feuerwehr 90 Stunden, und im Monat 7,5 Stunden, rechtswidrig zu viel gearbeitet worden. Abwesenheitszeiten in erheblichem Umfang sind nicht festgestellt, sodass im gesamten geltend gemachten Zeitraum 600 Stunden Zuvielarbeit angefallen sind. Ansprüche hat der Kläger aber erst ab dem 1. April 1999, sodass bei ihm 577,5 Stunden auszugleichen sind.

34

5. Die so errechneten Zuvielarbeitsstunden sind vorrangig durch Freizeit auszugleichen. Kann aber aus vom Beamten nicht zu vertretenden Gründen ein Freizeitausgleich nicht in angemessener Zeit gewährt werden, so gebieten sowohl der an Treu und Glauben orientierte Interessenausgleich als auch der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz, dass die Ansprüche nicht untergehen, sondern sich in solche auf finanziellen Ausgleich umwandeln. Dies betrifft zunächst Fälle, in denen Feuerwehrbeamte nicht mehr in einem aktiven Beamtenverhältnis zur beklagten Körperschaft stehen. Dies gilt aber auch, wenn - wie hier - zwingende dienstliche Gründe der zeitnahen Gewährung von Freizeitausgleich entgegenstehen.

35

Insofern kann trotz des grundlegenden Unterschieds zwischen rechtmäßiger Mehrarbeit und rechtswidriger Zuvielarbeit auf die Vorschriften des Mehrarbeitsrechts zurückgegriffen werden, weil der Zweck des Ausgleichs von Mehrarbeit der gleiche ist wie derjenige von Zuvielarbeit. In beiden Fällen geht es um einen Ausgleich für eine überobligationsmäßige Heranziehung des Beamten zum Dienst. Hieraus ergibt sich zunächst die Verpflichtung, den Anspruch auf Freizeitausgleich zeitnah zu erfüllen, damit dieser seinen Zweck, die besonderen gesundheitlichen Belastungen der Zuvielarbeit auszugleichen, erreichen kann. Zudem kann ein Beamter nach jahrelangem Verstoß gegen die Arbeitszeitrichtlinien nicht darauf verwiesen werden, nun ebenso lange auf die Erfüllung seines Ausgleichsanspruchs zu warten. Deshalb ist zeitliche Grenze für die Erfüllung des Freizeitausgleichs der sich aus dem Mehrarbeitsrecht ergebende Jahreszeitraum (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 BMVergV, § 76 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F.) nach der endgültigen Entscheidung über den Ausgleichsanspruch.

36

Kann aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht innerhalb dieses Jahreszeitraums Freizeitausgleich gewährt werden, sieht das Mehrarbeitsrecht dessen Umwandlung in einen Geldanspruch vor (vgl. § 76 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 HmbBG a.F. <§ 61 Abs. 3 Satz 2 und 3 HmbBG>, § 3 Abs. 1 Nr. 3 BMVergV). Zwingende dienstliche Gründe liegen nur dann vor, wenn die Dienstbefreiung mit großer Wahrscheinlichkeit zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Dienstbetriebes führen würde (vgl. Urteil vom 30. März 2006 - BVerwG 2 C 23.05 - Buchholz 236.2 § 76c DRiG Nr. 1 Rn. 17 f. zu einer Teilzeitbeschäftigung).

37

Der Grad der Wahrscheinlichkeit der Gefährdung des Dienstbetriebs wird umso höher, je größer der Kreis der Anspruchsberechtigten ist und je länger die Zeiträume werden, für die eine Vielzahl von Beamten Ansprüche geltend machen können. Eine Kumulation von langjähriger Zuvielarbeit und einer Vielzahl Anspruchsberechtigter führt zwar allein noch nicht dazu, dass der Gewährung von Freizeitausgleich zwingende dienstliche Gründe entgegenstünden. In den Verwaltungsbereichen, die, wie die Feuerwehr, die Polizei und der Strafvollzug, der unmittelbaren Gefahrenabwehr dienen und mit denen der Staat Leib und Leben seiner Bürger unmittelbar schützt, ist nicht hinnehmbar, wenn der Sicherheitsstandard aufgrund fehlenden Personals über einen längeren Zeitraum herabgesenkt werden müsste. Deshalb genügt es für die Annahme einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Dienstbetriebes, wenn der Dienstherr plausibel darlegt, dass die Funktionsfähigkeit der Feuerwehr bei Gewährung von Freizeitausgleich gefährdet wäre, weil die zur Gefahrenabwehr erforderliche personelle Ausstattung nicht mehr erreicht werden könnte. Welche personelle Ausstattung erforderlich ist, unterfällt allerdings allein der Organisationsentscheidung des Dienstherrn.

38

Danach stehen einer Erfüllung der Freizeitausgleichsansprüche des Klägers zwingende dienstliche Gründe entgegen. Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts können die Ausgleichsansprüche der Feuerwehrbeamten - unabhängig davon, ob diese noch im Einsatzdienst tätig sind oder an anderer Stelle, etwa in der Ausbildung der Feuerwehrbeamten - nicht binnen eines Jahres ohne Gefährdung der Einsatzbereitschaft der Hamburger Feuerwehr erfüllt werden. Deshalb haben sich die Ansprüche des Klägers in solche auf Geldausgleich gewandelt.

39

6. Als Anknüpfungspunkt für den danach zu gewährenden Geldausgleich bieten sich allein die im jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Sätze der Mehrarbeitsvergütung an. Auf die Besoldung kann nicht zurückgegriffen werden, da diese kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste darstellt (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - BVerfGE 44, 249 <264>, vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <63> und vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <380>), sondern vielmehr die Gegenleistung des Dienstherrn dafür ist, dass sich der Beamte mit voller Hingabe der Erfüllung seiner Dienstpflichten widmet (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. April 1967 - 2 BvL 3/62 - BVerfGE 21, 329 <345>, vom 15. Oktober 1985 a.a.O. S. 59 und vom 20. März 2007 a.a.O.). Sie ist nicht auf die Entlohnung von Arbeitsstunden, sondern auf die Sicherstellung einer amtsangemessenen Lebensführung gerichtet.

40

Bei dem Wertersatz geht es wie beim Freizeitausgleich, an dessen Stelle er tritt, um einen billigen sowie angemessenen Ausgleich, der zudem dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz entsprechen muss. Eine Ermäßigung des Ausgleichs durch eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes (vgl. § 5 BMVergV) ist daher auch bei einer Umwandlung in einen Geldausgleich aus den bereits dargestellten Gründen unzulässig (vgl. zum Ganzen auch Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 16 f.). Deshalb darf entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Mehrarbeitsvergütung auch nicht um ein Sechstel reduziert werden. Die regelmäßige Arbeitszeit, auf deren Grundlage die Mehrarbeitsvergütung gewährt wird, beträgt auch für Feuerwehrbeamte 40 und nicht etwa 48 Stunden (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 HmbBG a.F., § 1 Abs. 1 Satz 1 ArbzVO Hmb a.F.). Zu einer Überschreitung dieser Stundenzahl kommt es nur aufgrund einer geringeren Gewichtung der Zeiten des Bereitschaftsdienstes (vgl. § 1 Abs. 2 ArbzVO Hmb a.F.) gegenüber dem Volldienst durch den Landesverordnungsgeber, die aber bei der Bemessung der Mehrarbeitsvergütung ohne Bedeutung ist.

41

7. Nicht nur der nationalrechtliche Ausgleichsanspruch, sondern auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch unterliegt den Verjährungsregeln des nationalen Rechts (vgl. EuGH, Urteile vom 17. November 1998 - Rs. C-228/96, Aprile - Slg. 1998, I-7164 Rn. 19 m.w.N. und vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6348 Rn. 35 m.w.N.). Fehlen - wie hier - spezielle Verjährungsvorschriften des einschlägigen Fachrechts, so sind die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Dabei ist nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste analog heranzuziehen ist (vgl. Urteile vom 15. Juni 2006 - BVerwG 2 C 10.05 - Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 45 Rn. 19 m.w.N., vom 24. Januar 2007 - BVerwG 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 Rn. 45 = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 20 Rn. 45 m.w.N. und vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 37.07 - BVerwGE 132, 324 Rn. 8 = Buchholz 428.2 § 8 VZOG Nr. 11 Rn. 8 m.w.N.).

42

Da es sich auch beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht um einen Schadenersatzanspruch im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften (§ 199 Abs. 2 und 3 BGB) handelt, unterliegen beide Ansprüche den allgemeinen Verjährungsregelungen und damit nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren. Vorher entstandene Ansprüche unterlagen der 30-jährigen Verjährungsfrist, die aber nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB auf die ab dem 1. Januar 2002 gemäß § 195 BGB geltende und an diesem Tage beginnende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren verkürzt worden ist.

43

Bei den monatsweise entstandenen Ausgleichsansprüchen beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des jeweiligen Jahres (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Außerdem muss der Gläubiger von der Person des Schuldners und den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt haben oder diese ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Dass er aber auch aus dieser Kenntnis die richtigen Rechtsfolgerungen zieht, wird nicht vorausgesetzt. Selbst wenn man aber mit der zivilrechtlichen Rechtsprechung bei einer verworrenen Rechtslage die Verjährungsfrist ausnahmsweise erst mit einer gerichtlichen Klärung der Rechtslage beginnen ließe (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 - juris Rn. 7 = WM 2008, 1077 f.; Urteile vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - juris Rn. 19 = LM BGB § 852 Nr. 150<9/1999> und vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547-549 ), führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hat der Senat den Billigkeitsausgleich erstmals im Urteil vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - (Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f.) gewährt, jedoch hatte der EuGH bereits 1991 den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch entwickelt (EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und C 9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991, I 5357 Rn. 35; vgl. auch Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 45). Ein hinreichend qualifizierter Verstoß des Beklagten gegen Unionsrecht ist zudem seit dem Urteil des EuGH vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-303/98, Simap - (Slg. 2000, I-7997) anzunehmen, sodass spätestens seitdem hinreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch wegen der Zuvielarbeit erfolgversprechend sein könnte.

44

Der Lauf der Verjährungsfrist wird durch Klageerhebung oder durch den nach § 126 Abs. 3 BRRG im Beamtenrecht vorgeschalteten Widerspruch gemäß § 210 BGB a.F. unterbrochen sowie seit dem 1. Januar 2002 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt (vgl. Urteil vom 9. März 1979 - BVerwG 6 C 11.78 - juris Rn. 12, 13; Beschluss vom 14. April 2011 - BVerwG 2 B 27.10 - juris Rn. 18). Danach wurde die Verjährung der Ansprüche des Klägers bereits durch seinen Widerspruch vom März 1999 unterbrochen. Nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB gilt diese Unterbrechung mit Ablauf des 31. Dezember 2001 als beendet und zugleich der Lauf der neuen Verjährungsfrist mit dem Beginn des 1. Januar 2002 als gehemmt. Diese Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sechs Monate nach Abschluss des vorhergehenden Klageverfahrens, das am 17. November 2005 nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen eingestellt worden war. Der Kläger hatte aber bereits vor Ablauf dieser sechs Monate, nämlich im Dezember 2005 erneut einen verjährungshemmenden Widerspruch eingelegt, sodass die Hemmung weiterhin andauert.

45

Unerheblich ist, dass der Kläger im erledigten Klageverfahren nur Feststellungsklage mit dem Ziel, die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit im Einsatzdienst der Feuerwehr für rechtsunwirksam erklären zu lassen, erhoben hatte. Denn mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zuvielarbeit stand zugleich fest, dass der Kläger einen Anspruch auf Freizeitausgleich für die zuviel gearbeiteten Stunden hatte.

46

8. Einen allgemeinen Grundsatz, der zur Zahlung von Verzugszinsen im öffentlichen Recht verpflichtet, gibt es nicht (vgl. Urteile vom 15. März 1989 - BVerwG 7 C 42.87 - BVerwGE 81, 312 <317 f.> = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 7 S. 6 f., vom 18. Mai 1994 - BVerwG 11 A 1.92 - BVerwGE 96, 45 <59> = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 11 S. 12, vom 24. Januar 2007 - BVerwG 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 20 und vom 28. Juni 2011 - BVerwG 2 C 40.10 - USK 2011, 147, juris Rn. 11).

47

Sofern das einschlägige Fachrecht keine abweichenden Regelungen enthält, können allerdings nach den auch im Verwaltungsprozess anwendbaren Vorschriften der § 291 Satz 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB Rechtshängigkeitszinsen verlangt werden. Nach § 291 Satz 1 BGB hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an eine Geldschuld zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Unerheblich ist insoweit, ob der Anspruch nur hilfsweise geltend gemacht worden war (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 - VIII ZR 296/88 - NJW-RR 1990, 518 f. m.w.N.). Die Geldschuld muss im öffentlichen Recht in der Weise konkretisiert sein, dass ihr Umfang eindeutig bestimmt ist oder rechnerisch unzweifelhaft ermittelt werden kann. Es darf keine weitere Rechtsanwendung erforderlich sein, um den Geldbetrag zu beziffern. Insofern tritt bereits durch eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Geldforderung deren Rechtshängigkeit ein, wenn die Forderung nur dem Grunde nach streitig ist (zum Ganzen Urteile vom 28. Juni 1995 - BVerwG 11 C 22.94 - BVerwGE 99, 53 <55>, vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 28.97 - Buchholz 239.1 § 49 BeamtVG Nr. 5, vom 27. Oktober 1998 - BVerwG 1 C 38.97 - BVerwGE 107, 304 <305 ff.> und vom 22. Februar 2001 - BVerwG 5 C 34.00 - BVerwGE 114, 61 <62 ff.>; Beschluss vom 25. Januar 2006 - BVerwG 2 B 36.05 - Buchholz 240 § 3 BBesG Nr. 7 S. 3).

48

Die Ausgleichsansprüche sind zwar monatsweise entstanden und jeweils sofort fällig, sie waren aber zunächst nur auf Freizeitausgleich gerichtet. An deren Stelle sind Ansprüche auf Ausgleich durch eine Geldentschädigung erst getreten, nachdem die Beklagte schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hatte, dass die Erfüllung der Ansprüche auf Freizeitausgleich eine Gefährdung der uneingeschränkten Einsatzbereitschaft der Feuerwehr herbeiführen könnte. Auch wenn die Beklagte diesen, einem Freizeitausgleich entgegenstehenden zwingenden dienstlichen Grund, geltend machen musste, haftete er den Ausgleichsansprüchen gleichwohl von vornherein an, sodass Rechtshängigkeitszinsen bereits ab Klageerhebung verlangt werden können.

Tatbestand

1

Der Kläger ist städtischer Beamter auf Lebenszeit und als Oberbrandmeister bei der Berufsfeuerwehr der Beklagten beschäftigt. Er will Freizeitausgleich für die Überschreitung der höchstens zulässigen Wochenarbeitszeit in den Jahren 2002 bis 2006 erhalten. Bis Ende 2006 betrug seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 56 Stunden. Davon entfielen 31 Stunden auf Bereitschaftsdienst; zwei Stunden wurden jeweils durch Freizeit ausgeglichen.

2

Im Dezember 2001 beantragte der Kläger, ab dem 1. Januar 2002 bei der Gestaltung der Dienstpläne zu beachten, dass nach europäischem Gemeinschaftsrecht höchstens 48 Wochenstunden gearbeitet werden dürfen. Seiner Klage, ihm Freizeitausgleich im Umfang von 17 Stunden pro Monat zu gewähren, hat das Verwaltungsgericht im Umfang von 7 Stunden pro Monat für die Zeit ab Oktober 2005 stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte verpflichtet, insgesamt 12,11 Stunden pro Monat für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2006 auszugleichen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

3

Die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers sei in den Jahren 2002 bis 2006 unter Verstoß gegen Unionsrecht um sechs Wochenstunden zu hoch festgesetzt worden, weil der Bereitschaftsdienst im feuerwehrtechnischen Dienst als Vollarbeitszeit einzustufen sei. Deshalb stehe dem Kläger nach Treu und Glauben ein angemessener zeitlicher Ausgleich zu. Zu viel geleisteter Bereitschaftsdienst müsse allerdings nur mit einer Quote von 50 % angerechnet werden. Von dem sich hieraus ergebenden Anspruch von 17,11 Stunden seien nochmals fünf Stunden abzuziehen, da von jedem Beamten in diesem Umfang ausgleichslose Mehrarbeit gefordert werden dürfe.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2006 Freizeitausgleich im Umfang von weiteren 4,89 Stunden je Kalendermonat zu gewähren, sowie die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. Mai 2009 und des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Juli 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. März 2006 aufzuheben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält das Berufungsurteil für richtig.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers ist begründet. Er kann einen zeitlichen Ausgleich für zuviel geleisteten Dienst in dem von ihm beantragten Umfang von insgesamt 17 Stunden pro Monat für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2006 beanspruchen. Soweit das Urteil des Oberverwaltungsgerichts den geltend gemachten Anspruch im Umfang von 4,89 Stunden im Monat abgewiesen hat, verletzt es revisibles Recht (§ 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG).

8

Der geltend gemachte Anspruch folgt aus dem Grundsatz von Treu und Glauben i.V.m. § 78a Abs. 1 Satz 2 LBG NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (GV NRW S. 234, ber. 1982, S. 256). Voraussetzung für diesen Anspruch ist eine rechtswidrige Inanspruchnahme des Beamten über die höchstens zulässige Arbeitszeit hinaus. Der Anspruch ist auf einen zeitlichen Ausgleich im Umfang der rechtswidrig verlangten Zuvielarbeit gerichtet. Zeiten des Bereitschaftsdienstes sind in vollem Umfang auszugleichen; ein Abzug von fünf ausgleichslos zu leistenden Stunden ist jedenfalls in Fällen, in denen die normativ festgesetzte Höchstarbeitszeit rechtswidrig überschritten worden ist, nicht zulässig. Zudem entsteht der Ausgleichsanspruch mit Wirkung für die Zukunft erst, wenn der Beamte ihn geltend macht.

9

Zieht der Dienstherr einen Beamten auf der Grundlage einer rechtswidrig zu hoch festgesetzten regelmäßigen Arbeitszeit zum Dienst heran oder nimmt ihn über die rechtmäßig festgesetzte regelmäßige Arbeitszeit hinaus in Anspruch, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind, so ist diese Inanspruchnahme rechtswidrig (Zuvielarbeit). Soweit das jeweils maßgebliche Bundes- oder Landesbeamtenrecht keine Regelung dazu enthält, ob und in welchem Umfang eine solche Inanspruchnahme auszugleichen ist, bedeutet dies jedoch nicht, dass derartige Zuvielarbeit folgenlos bleibt. Vielmehr ist die im Einzelfall einschlägige Vorschrift - im vorliegenden Fall § 78a Abs. 1 Satz 2 LBG NRW a.F. - nach Treu und Glauben in einer Weise zu ergänzen, die die Interessen des Beamten und des Dienstherrn auch bei einer rechtswidrigen Inanspruchnahme des Beamten zu einem billigen Ausgleich bringt und dabei dem Sinn und Zweck der Arbeitszeitregelung gerecht wird. Beamte, die von Zuvielarbeit betroffen sind, haben deshalb einen Anspruch auf angemessene Dienstbefreiung (vgl. Urteil vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38, S. 6 f. und Beschluss vom 10. Juni 2009 - BVerwG 2 B 26.09 - juris Rn. 5 ff.).

10

Im vorliegenden Fall ist der geltend gemachte Anspruch gegeben. Ein Fall der Zuvielarbeit über die Grenze der höchstens zulässigen Wochenarbeitszeit hinaus liegt vor. Der Kläger hat in den Jahren 2002 bis einschließlich 2006 - abgesehen von zwei weiteren Stunden, für die Freizeitausgleich bereits gewährt worden ist - regelmäßig anstelle der unionsrechtlich zulässigen 48 Wochenstunden 54 Stunden Dienst geleistet. Diese Zuvielarbeit von sechs Stunden wöchentlich ergibt bei pauschalierter Berücksichtigung von Urlaubszeiten einen Umfang von 24 Stunden im Monat.

11

Zwar hat sich die Beklagte bei der Erstellung der Dienstpläne an § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes in den Feuerwehren der Gemeinden und Gemeindeverbände des Landes Nordrhein-Westfalen (AZVOFeu) in den hier maßgeblichen Fassungen vom 29. September 1998 und vom 18. Februar 2003 (GV. NW 1998 S. 589 und 2003 S. 74) sowie des Gesetzes vom 5. April 2005 (GV. NW S. 306) orientiert. Diese Bestimmung ließ eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von durchschnittlich 54 Stunden zu, aufgeteilt in 23 Stunden Vollarbeitszeit und 31 Stunden Bereitschaftsdienst. Nach dem Konzept des Normgebers entsprach dies bei einer Anrechnung des Bereitschaftsdienstes zu 50 % einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen vom 28. Dezember 1986, GV. NW 1987 S. 15). Die Vorschrift war jedoch, soweit sie eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von mehr als 48 Stunden festsetzte, wegen Verstoßes gegen Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (EGRL 2003/88, ABl L 299 vom 18. November 2003, S. 9, Arbeitszeitrichtlinie) unanwendbar.

12

Nach Art. 6 Buchst. b EGRL 2003/88, der Art. 6 Nr. 2 der insoweit inhaltsgleichen Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl L 307 vom 13. Dezember 1993, S. 18) ersetzt, darf die wöchentliche Arbeitszeit einschließlich der Überstunden einen Umfang von 48 Stunden nicht überschreiten. Unter Arbeitszeit ist nach Art. 2 Nr. 1 EGRL 2003/88 jede Zeitspanne zu verstehen, während der ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt. Nach dieser Begriffsbestimmung zählen auch Zeiten des Bereitschaftsdienstes - einschließlich der "inaktiven Zeiten" - ohne Abstriche als Arbeitszeit, wenn der Beamte sie an einem vom Dienstherrn bestimmten Ort außerhalb des Privatbereichs leistet und sich zu einem jederzeitigen unverzüglichen Einsatz bereithält, und wenn erfahrungsgemäß mit einer dienstlichen Inanspruchnahme zu rechnen ist (Urteile vom 29. April 2004 - BVerwG 2 C 9.03 - Buchholz 240 § 48 BBesG Nr. 8 Rn. 17 und vom 22. Januar 2009 - BVerwG 2 C 90.07 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 31; EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 und vom 9. September 2003 - Rs. C-151/02, Jäger - Slg. 2003, I- 8389, stRspr). Daraus folgt, dass Bereitschaftsdienst in die Berechnung der wöchentlichen Arbeitszeit in vollem Umfang einzubeziehen ist. Die vom Kläger regelmäßig geleisteten 31 Stunden Bereitschaftsdienst zählen daher als Vollarbeitszeit, da die Beamten in der Dienststelle anwesend sein mussten und jederzeit in einen Einsatz berufen werden konnten (vgl. § 2 Abs. 1, 2 AZVOFeu).

13

Die unionsrechtliche Arbeitszeitrichtlinie (EGRL 2003/88) gilt auch für Feuerwehrleute (vgl. EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04, Personalrat der Feuerwehr Hamburg - Slg. 2005, I- 7111). Sie ist auch unmittelbar anwendbar, da sie trotz eindeutigen Norminhalts nicht hinreichend in deutsches Recht umgesetzt worden und die Umsetzungsfrist der Vorgängerrichtlinie bereits seit 1996 abgelaufen ist (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - NZA 2001, 53 Rn. 35 ff.).

14

Die Anordnung einer regelmäßigen Arbeitszeit, die über die unionsrechtlich höchstens zulässige Wochenarbeitszeit hinausgeht, kann auch nicht als Mehrarbeit gerechtfertigt werden. Die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit lagen nicht vor. Zum einen darf die unionsrechtliche Höchstarbeitszeitgrenze von 48 Wochenstunden auch durch die Anordnung von Mehrarbeit - außerhalb der vom Unionsrecht vorgesehenen Verfahren - nicht überschritten werden. Zum anderen soll Mehrarbeit einen vorübergehenden außergewöhnlichen Bedarf decken (vgl. § 78a Abs. 1 Satz 1 LBG NW), nicht aber eine dauerhafte Erhöhung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit bewirken.

15

Der Anspruch ist auf zeitlichen Ausgleich in angemessenem Umfang gerichtet. Als angemessen ist der zeitliche Ausgleich von Zuvielarbeit grundsätzlich anzusehen, wenn er ebenso lang ist wie der zuvor geleistete rechtswidrig geforderte Dienst (Urteil vom 28. Mai 2003 a.a.O. Rn. 23). Dabei ist die in Form von Bereitschaftsdienst geleistete Zuvielarbeit mit demselben Gewicht zu bewerten wie zu viel geleistete Vollarbeitszeit; ein Abzug von weiteren fünf Stunden monatlich scheidet aus. Allerdings entsteht der Anspruch für die Zukunft erst, wenn er geltend gemacht wird.

16

Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Zeiten des Bereitschaftsdienstes müssten nicht in demselben Umfang ausgeglichen werden wie Vollarbeitszeit, entspricht nicht dem gebotenen Ausgleich nach Treu und Glauben. Dem Interesse des Beamten, der die rechtswidrig von ihm verlangte Dienstleistung - pflichtgemäß - zunächst erbracht hat, an einem vollen Ausgleich für die Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit steht kein gleich gewichtiges Interesse des Dienstherrn an einer Reduzierung des Ausgleichsumfangs gegenüber. Dem berechtigten öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der Dienstbereitschaft im feuerwehrtechnischen Dienst kann durch geeignete Maßnahmen bei der Erfüllung des Anspruchs auf Freizeitausgleich Rechnung getragen werden. So kann etwa der Zeitraum, in dem der Freizeitausgleich bewirkt werden muss, nach dienstlichen Bedürfnissen verlängert werden, um die Einsatzbereitschaft dauerhaft sicher zu stellen. Auch das Angebot einer finanziellen Abgeltung des Anspruchs auf Freizeitausgleich kommt in Betracht. Eine Ermäßigung des zeitlichen Ausgleichs durch eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes ist hierfür nicht erforderlich. Sie würde dem Ziel des Anspruchs - Ausgleich eines von dem Dienstherrn begangenen Rechtsfehlers (vgl. Beschluss vom 10. Juni 2009 a.a.O. Rn. 8) - auch nicht gerecht, sondern könnte im Gegenteil als Anreiz für die Fortführung einer derartigen Praxis wirken. Auch fiskalische Interessen des Dienstherrn an einer Reduzierung des Ausgleichsanspruchs spielen bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs keine Rolle, da dem Dienstherrn aus einer langjährigen unionsrechtswidrigen Praxis keine Vorteile erwachsen dürfen.

17

Eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs führt zudem zu einem Wertungswiderspruch zu den Normzielen des unionsrechtlichen Arbeitszeitrechts. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit, in die sowohl Bereitschaftsdienst in vollem Umfang als auch Überstunden einzurechnen sind, ist zum Schutz der Gesundheit und der Arbeitssicherheit festgelegt worden (vgl. Art. 1 Abs. 1 sowie Erwägungsgründe 4 und 11 EGRL 2003/88). Ein ermäßigter Ausgleich des geleisteten Bereitschaftsdienstes würde diese Schutzziele gefährden. Denn er würde letztlich dazu führen, dass Überschreitungen der höchstens zulässigen Arbeitszeit, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes und der Arbeitssicherheit vermieden werden sollen, dauerhaft nur teilweise auszugleichen wären. Den betroffenen Beamten würde die Möglichkeit, ihre Dienstfähigkeit durch Freizeitausgleich umfassend wieder herzustellen, teilweise genommen. Mögliche normative Anknüpfungspunkte für eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes im innerstaatlichen Recht sind demgegenüber ohne Bedeutung, da sie der Verpflichtung zuwider laufen, die volle Wirksamkeit des Unionsrechts sicherzustellen. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Bestimmung von Art und Höhe einer Entschädigung für Zuvielarbeit nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dem nationalen Recht vorbehalten wird (Urteile vom 5. Mai 1996 - Rs. C-46/93 und 48/93, Brasserie du pêcheur und Factortame - Slg. 1996 I-1029 Rn. 82 f. und vom 25. November 2010 a.a.O. Rn. 91 ff.; vgl. auch Art. 153 AEUV).

18

Der Anspruch auf vollen Ausgleich für Zuvielarbeit über die wöchentliche Höchstarbeitszeit hinaus kann aus den genannten Gründen auch nicht um fünf Stunden monatlich reduziert werden. Denn auch dies würde dem Sinn und Zweck der Arbeitszeitregelung widersprechen. Die Sanktionierung einer unionsrechtswidrigen Praxis würde zudem das Gebot verletzen, die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu sichern, weil die Überschreitung der normativ festgelegten Höchstarbeitszeit in diesem Umfang folgenlos bliebe. Zwar sind Beamte grundsätzlich verpflichtet, in gewissem Umfang ausgleichslose Mehrarbeit zu leisten (vgl. § 78a Abs. 1 LBG NRW a.F., § 61 LBG NRW, § 88 BBG). Dies gilt jedoch nicht, wenn die unionsrechtlich verbindliche Höchstgrenze der wöchentlichen Arbeitszeit bereits erreicht ist, da diese durch Mehrarbeitsstunden grundsätzlich nicht überschritten werden darf (Art. 6 Buchst. b EGRL 2003/88); Abweichungen sind nur im Rahmen der unionsrechtlichen Bestimmungen zulässig (vgl. Art. 17, 18 und 22 EGRL 2003/88).

19

Der Anspruch auf zeitlichen Ausgleich für Zuvielarbeit muss allerdings von dem Beamten gegenüber seinem Dienstherrn ausdrücklich geltend gemacht werden. Ein Ausgleich kommt nur für Zuvielarbeit in Betracht, die der Beamte nach Antragstellung leisten muss. Ein Ausgleich der vorher erbrachten Zuvielarbeit ist unabhängig davon, ob der Anspruch verjährt ist oder nicht, nicht angemessen und würde dem Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen. Dies folgt aus der sich aus dem Beamtenverhältnis ergebenden Pflicht, auch im Rahmen eines Ausgleichs für rechtswidriges Verhalten auf die Belange des Dienstherrn Rücksicht zu nehmen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich auf die gegen ihn erhobenen Ansprüche einzustellen. Der Dienstherr hat ein berechtigtes Interesse daran, nicht nachträglich mit hohen Ausgleichsforderungen belastet zu werden. Auch der Zweck des Anspruchs, durch Freizeitausgleich die besonderen gesundheitlichen Belastungen der Zuvielarbeit auszugleichen, spricht für das Erfordernis einer Geltendmachung im zeitlichen Zusammenhang mit der Belastung. Hiervon unabhängig ist es dem Beamten in dem von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägten Verhältnis zu seinem Dienstherrn zuzumuten, seinem Begehren auf Gewährung von zeitlichem Ausgleich frühzeitig Ausdruck zu verleihen, zumal an einen solchen Antrag keine hohen Anforderungen zu stellen sind (Urteile vom 27. Mai 2010 - BVerwG 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 14, 15 und vom 13. November 2008 - BVerwG 2 C 16.07 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 101 Rn. 21 ff.).

20

Dies ist mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 25. November 2010 a.a.O. Rn. 71 ff.) vereinbar. Zwar darf die Ausübung der Rechte, die dem Einzelnen aus den unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Unionsrechts erwachsen, nicht durch die Ausgestaltung des innerstaatlichen Verfahrensrechts unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden. Insbesondere darf der Anspruch eines Beamten auf Ersatz des Schadens, der ihm durch den Verstoß der Behörden gegen Art. 6 Buchst. b der Richtlinie 2003/88 entstanden ist, nicht davon abhängig gemacht werden, dass zuvor ein Antrag auf Einhaltung dieser unionsrechtlichen Bestimmung bei seinem Dienstherrn gestellt wurde (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 a.a.O. Rn. 90). Denn das Recht der Europäischen Union ist von den Behörden und Gerichten der Mitgliedstaaten unabhängig davon anzuwenden, ob seine Anwendung ausdrücklich beantragt worden ist oder nicht. Dies steht jedoch dem Erfordernis eines Antrags auf Gewährung von zeitlichem Ausgleich für die Zukunft nicht entgegen. Ohne einen derartigen Antrag muss der Dienstherr nicht davon ausgehen, jeder Beamte werde die Überschreitung der zulässigen Arbeitszeit beanstanden, zumal ihn zunächst die Pflicht trifft, die von ihm verlangte Zuvielarbeit zu leisten. Der Antrag ist vielmehr erforderlich, eine Prüfung mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen, und die Dienstpläne entsprechend anzupassen. Eine übermäßige Erschwerung der Durchsetzung von Unionsrecht liegt darin ebenso wenig wie beispielsweise in der normativen Festsetzung angemessener Ausschluss- und Verjährungsfristen (vgl. zu § 15 Abs. 4 AGG EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - Rs. C-246/09, Bulicke - NZA 2010, 869).

21

Nach diesen Maßstäben ist der vom Kläger geltend gemachte Anspruch in vollem Umfang gegeben; die Beschränkung auf 17 Stunden monatlich ergibt sich daraus, dass der Kläger seinen Antrag auf diesen Umfang beschränkt hat. Der Kläger hat auch den erforderlichen Antrag rechtzeitig, nämlich im Dezember 2001 mit Wirkung für die Zeit ab Januar 2002, gestellt.

22

Ob der Kläger zusätzlich einen unmittelbar aus Unionsrecht abgeleiteten Anspruch geltend machen kann (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 a.a.O.), muss nicht entschieden werden. Denn der auf Treu und Glauben gestützte Anspruch auf Freizeitausgleich wird dem vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Erfordernis gerecht, dass die Entschädigung dem erlittenen Schaden angemessen ist und dass ein effektiver Schutz der unionsrechtlichen Rechte des Einzelnen gewährleistet wird (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 a.a.O. Rn. 91 ff.).

Tatbestand

1

Der Kläger beansprucht finanziellen Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit.

2

Der 1961 geborene Kläger stand bis zu seiner antragsgemäßen Entlassung mit Ablauf des 30. April 2009 als Berufssoldat im Dienst der Beklagten. Von Anfang 2002 bis zu seiner Entlassung leistete er als Oberfeldarzt (BesGr A 15 BBesO) Dienst im Bundeswehrzentralkrankenhaus K. Beruhten die im Rahmen des Dienstes angefallenen Überstunden des Klägers auf zusammenhängenden Einzeldiensten von mehr als zwölf Stunden, wurden sie teilweise aufgrund einer Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums der Verteidigung durch Freizeitausgleich abgegolten. War ein Freizeitausgleich nicht möglich, erhielt der Kläger für diese zusammenhängenden Einzeldienste aufgrund einer Rechtsverordnung eine finanzielle Vergütung.

3

Anfang August 2009 beantragte der Kläger die Auszahlung einer Vergütung für insgesamt 2 360,26 von ihm geleistete Überstunden, für die kein Freizeitausgleich erfolgt sei. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Beschwerde blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers abgewiesen.

4

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zugelassen, soweit dieser einen finanziellen Ausgleich für Mehrarbeit über eine durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinaus beansprucht hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Beklagte unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger für in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. April 2009 geleistete Zuvielarbeit von insgesamt 367,92 Stunden finanziellen Ausgleich nach dem jeweils geltenden Stundensatz für die beamtenrechtliche Mehrarbeitsvergütung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

5

Ausgleichsansprüche für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis Ende Dezember 2005, gleich ob unions- oder nationalrechtlichen Ursprungs, seien verjährt. Für den Zeitraum von Januar 2006 bis Ende April 2009 habe der Kläger unter dem Gesichtspunkt des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs wegen unionsrechtswidrig geleisteter Zuvielarbeit einen Anspruch auf Geldausgleich. Die Höhe des Ausgleichs bemesse sich nach den im jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Sätzen der beamtenrechtlichen Mehrarbeitsvergütung. Die Überschreitung der Arbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum bestimme sich nicht nach der einzelnen Woche. Sachgerecht sei insoweit ein Bezugszeitraum von vier Monaten. Es sei nicht nur der unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaub von vier Wochen, sondern der gesamte Urlaub mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen.

6

Hiergegen wendet sich die bereits vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26. September 2012 in vollem Umfang zurückzuweisen

und

die Anschlussrevision zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen

und

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, dem Kläger für weitere 1 850,89 Stunden finanziellen Ausgleich zu gewähren sowie der Berechnung der Ausgleichszahlung insgesamt die im Zuvielarbeitszeitraum bezogene Besoldung nach BesGr A 15 BBesO (mindestens 24 €/Stunde) zugrunde zu legen, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch setze keine zeitnahe Geltendmachung durch den Betroffenen voraus, verletzt revisibles Recht. Ob sich das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht entscheiden.

9

In dem Zeitraum ab 2006, in dem die Ansprüche des Klägers nicht verjährt sind, sind die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs gegeben (1). Art. 22 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG), der die Anwendung der Begrenzung der Höchstarbeitszeit durch Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ausschließt, ist nicht anwendbar (2). Der Dienstherr muss lediglich die rechtswidrige Zuvielarbeit ausgleichen, die der Berechtigte ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet hat (3). Der noch nicht verfallene Ausgleichsanspruch ist primär auf Ausgleich in Freizeit ausgerichtet. Da diese Form des Ausgleichs aus vom Kläger nicht zu vertretenden Gründen ausscheidet, wandelt sich der Ausgleichsanspruch in einen solchen auf finanziellen Ausgleich um (4). Etwaige Ausgleichansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt (5). Ob der Kläger Zuvielarbeit geleistet hat, bestimmt sich mangels einer anderweitigen Regelung durch den nationalen Normgeber nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum (6). Der gesamte dem Kläger nach nationalem Recht zustehende Urlaub ist mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen (7). Zahlungen wegen zusammenhängender und nicht auszugleichender Dienste führen nicht zu einer Reduzierung der in den betreffenden Siebentageszeiträumen geleisteten Arbeitszeit (8). Für den Geldausgleich sind die Sätze der Mehrarbeitsvergütung für Beamte maßgeblich (9). Vergütungen, die der Kläger wegen zusammenhängender Dienste oder wegen Dienste zu ungünstigen Zeiten erhalten hat, sind nicht anzurechnen (10).

10

1. Die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs sind im Zeitraum ab dem Jahr 2006 gegeben. Der unionsrechtliche Haftungsanspruch setzt voraus, dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (stRspr, EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 47 f.).

11

Im Zeitraum von Anfang 2006 bis Ende April 2009 sind zugleich grundsätzlich die Voraussetzungen des dienstrechtlichen Ausgleichsanspruchs aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gegeben (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26). Die beiden Ansprüche sind hinsichtlich der Verjährung sowie der Rechtsfolgen gleichgerichtet (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 14, 26 und 30).

12

a) Nach Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreitet. Diese Vorschrift verleiht dem Einzelnen Rechte, die dieser nach Ablauf der Frist zur Umsetzung der wortgleichen Vorgängerbestimmung des Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG in das Arbeitszeitrecht der Beklagten unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 56 ff.).

13

Entgegen dem Vorbringen der Beklagten ist es unerheblich, ob der Kläger gegenüber der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses gerügt hat, der Dienstplan verstoße gegen die unionsrechtlich zulässige Höchstarbeitszeit. Denn die aus der Richtlinie folgenden Rechte stehen dem Berechtigten unabhängig davon zu, ob er gegenüber dem umsetzungssäumigen Mitgliedstaat die Einhaltung dieser Vorschriften geltend gemacht hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78 m.w.N.).

14

b) Der Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ist auch hinreichend qualifiziert, weil die Beklagte hinsichtlich des Arbeitszeitrechts von Soldaten die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verkannt hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 51 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 18). Die Beklagte hat nicht die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebende Schlussfolgerung (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) berücksichtigt, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind.

15

Die Festsetzung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden einschließlich der Überstunden pro Siebentageszeitraum ist eindeutig. Die Vorgabe war gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung bis zum 23. November 1996 auch für Berufssoldaten in nationales Recht umzusetzen. Art. 288 Abs. 3 AEUV erfordert zur Umsetzung einer Richtlinie eine Rechtsnorm; eine Verwaltungspraxis oder eine Verwaltungsvorschrift reicht hierfür nicht aus. Die der Umsetzung einer Richtlinie dienende innerstaatliche Vorschrift muss, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen, konkret, bestimmt sowie klar sein; ferner muss ihre Verbindlichkeit unbestreitbar sein. Eine Verwaltungspraxis, die nicht normativ begründet oder verfestigt ist, sodass die Verwaltung sie beliebig ändern kann, und die nur unzureichend bekannt ist, ist nicht als eine wirksame Erfüllung der Verpflichtung aus Art. 288 Abs. 3 AEUV anzusehen (EuGH, Urteile vom 30. Mai 1991 - C-361/88 - Slg. 1991, I-2596 Rn. 20 ff. und vom 16. Dezember 1997 - C-316/96 - Slg. 1997, I-7231 Rn. 16).

16

Im streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 ging die Beklagte noch davon aus, die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union erfassten Soldaten generell nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2011 - 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20). Erlasse, Befehle und Verwaltungsvorschriften reichen jedoch zur Umsetzung der auch für Soldaten geltenden Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie nicht aus. Erst durch § 30c SG (in der Fassung des insoweit am 23. Mai 2015 in Kraft getretenen Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetzes vom 13. Mai 2015, BGBl. I S. 706) ist die Arbeitszeit von Soldaten inzwischen normativ geregelt worden.

17

Nach ihrem Art. 1 Abs. 3 gilt die Richtlinie 2003/88/EG unbeschadet ihrer Art. 14, 17, 18 und 19 für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. Nr. L 183 S. 1). Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 RL 89/391/EWG, wonach diese Richtlinie keine Anwendung findet, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, z.B. bei den Streitkräften oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen, ist eng auszulegen (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff. und vom 5. Oktober 2004 - C-397/01 u.a., Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8835 Rn. 53 ff.; Beschluss vom 14. Juli 2005 - C-52/04, Personalrat der Feuerwehr Hamburg - Slg. 2005, I-7111 Rn. 42). Ausgenommen sind nicht die Dienste als solche, sondern nur bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben, die wegen der unbedingten Notwendigkeit, einen wirksamen Schutz des Gemeinwesens zu gewährleisten, eine Ausnahme von den Vorschriften der Richtlinie rechtfertigen. Hierunter fallen lediglich Natur- oder Technologiekatastrophen, Attentate, schwere Unglücksfälle oder andere Ereignisse gleicher Art, deren Schwere und Ausmaß Maßnahmen erfordern, die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sicherheit des Gemeinwesens unerlässlich sind und deren ordnungsgemäße Durchführung in Frage gestellt wäre, wenn alle Vorschriften der Richtlinien beachtet werden müssten. Aus dieser Rechtsprechung folgt ohne Weiteres, dass Soldaten, insbesondere die in den Krankenhäusern der Bundeswehr als Ärzte eingesetzten, nicht vom Anwendungsbereich der Arbeitszeitrichtlinien ausgenommen sind.

18

Ungeachtet der fehlenden Umsetzung der Richtlinie waren Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen. Ein Träger öffentlicher Gewalt ist auch in seiner Eigenschaft als öffentlicher Arbeitgeber zur Umsetzung des Unionsrechts verpflichtet (EuGH, Urteile vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 39 und 85 und vom 15. April 2008 - C-268/06, Impact - Slg. 2008, I-02483 Rn. 85). Danach hat die Beklagte nicht nur in ihrer Eigenschaft als zuständige Normgeberin durch dessen Nichtumsetzung hinreichend qualifiziert gegen das Unionsrecht verstoßen, sondern auch in ihrer Eigenschaft als Dienstherrin durch die Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs.

19

c) Zwischen dem Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG und dem Schaden, der durch den Verlust der Ruhezeit entstanden ist, die dem Kläger zugestanden hätte, wenn diese Vorgabe eingehalten worden wäre, besteht auch ein unmittelbarer Kausalzusammenhang.

20

Unerheblich ist, dass zusätzliche Dienste eines Berufssoldaten und der damit verbundene Verlust an Freizeit und Erholungszeit nach nationalem Recht keinen Schaden im Sinne des zivilrechtlichen Schadensersatzrechts darstellen. Maßgeblich ist insoweit allein auf das Unionsrecht abzustellen, das hierin einen Schaden sieht (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 59, 61 und 63 sowie Tenor 1 und 4; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 24).

21

2. Zur Begründung ihrer Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf finanziellen Ausgleich, weil Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG nicht anwendbar sei und der Kläger damit tatsächlich nicht unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet habe, kann sich die Beklagte nicht auf Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG berufen.

22

Nach Art. 22 RL 2003/88/EG ist es einem Mitgliedstaat freigestellt, Art. 6 RL 2003/88/EG nicht anzuwenden, wenn er die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer einhält und mit den erforderlichen Maßnahmen dafür sorgt, dass kein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangt, im Durchschnitt des Bezugszeitraums von vier Monaten mehr als 48 Stunden innerhalb eines Siebentageszeitraums zu arbeiten, es sei denn der Arbeitnehmer hat sich dazu bereit erklärt.

23

Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG eröffnet den Mitgliedstaaten lediglich die Möglichkeit zur Abweichung von den Vorgaben des Art. 6 RL 2003/88/EG, die der Mitgliedstaat durch den Erlass von zur Umsetzung ausreichenden Rechtsnormen ausnutzen muss. Hat jedoch der Mitgliedstaat, wie hier, von dieser Möglichkeit im streitgegenständlichen Zeitraum nicht durch den Erlass einer Rechtsnorm Gebrauch gemacht, ist Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG für die Entscheidung mit der Folge unerheblich, dass grundsätzlich Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG heranzuziehen ist (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 35 ff. und 50 und vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 33).

24

Im Übrigen merkt der Senat zur Argumentation der Beklagten zum Merkmal "verlangt" im Sinne von Art. 22 RL 2003/88/EG an, dass die Haltung der Beklagten in sich widersprüchlich ist. Die Beklagte hat insoweit geltend gemacht, sie habe den Kläger nie angewiesen, mehr als 48 Stunden wöchentlich Dienst zu leisten, und dieser habe sie durch seine darüber hinausgehende Dienstleistung vor vollendete Tatsachen gestellt, obwohl der Chefarzt des Bundeswehrzentralkrankenhauses im März 2006 auf die Einhaltung der wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden bezogen auf vier Monate gedrungen habe. Die Beklagte lässt dabei unberücksichtigt, dass der Kläger seinen Dienst allein aufgrund und entsprechend der von ihr vorgegebenen Dienstpläne verrichtet hat, die den unionsrechtlichen Vorgaben zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit widersprachen, denen aber der Kläger als Soldat Folge zu leisten hatte.

25

3. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen rechtswidriger Zuvielarbeit setzt - wie der nationale dienstrechtliche Ausgleichsanspruch - voraus, dass der vom Beamten oder Soldaten zuvor geltend gemacht worden ist. Auszugleichen ist die rechtswidrige Zuvielarbeit, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet worden ist (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26).

26

a) Besoldungsansprüche von Beamten und Soldaten ergeben sich unmittelbar aus Gesetz (§ 2 Abs. 1 BBesG), eines Antrages bedarf es daher nicht. Entsprechendes gilt für Versorgungsbezüge (§ 3 Abs. 1 BeamtVG, § 1a Abs. 1 SVG): Rechtsgrund der Alimentierung von Ruhestandsbeamten ist zwar der Versorgungsfestsetzungsbescheid, auch dieser ergeht indes von Amts wegen (§ 49 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 SVG) und bedarf daher weder eines Antrags noch einer Hinweispflicht (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 C 59.11 - BVerwGE 145, 14 Rn. 34).

27

Ansprüche, deren Festsetzung und Zahlung sich nicht unmittelbar aus Gesetz ergeben, bedürfen dagegen einer vorherigen Geltendmachung (BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - BVerfGE 81, 363 <384 f.>; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27). Denn hier ist eine vorgängige Entscheidung über Grund und Höhe der begehrten Zahlung erforderlich.

28

Für Ansprüche wegen rechtswidriger Zuvielarbeit gilt dies in besonderer Weise. Diese sind nicht primär auf die Zahlung eines finanziellen Ausgleichs gerichtet, sondern auf die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands. Durch den Hinweis des Beamten oder Soldaten ist daher zunächst eine Prüfung seines Dienstherrn veranlasst, ob eine Änderung der Arbeitszeitgestaltung erforderlich ist und ob eine rechtswidrige Zuvielarbeit - etwa durch Anpassung der maßgeblichen Dienstpläne - vermieden oder durch die Gewährung von Freizeitausgleich kompensiert werden kann. Ohne entsprechende Rüge muss der Dienstherr nicht davon ausgehen, jeder Beamte werde die Überschreitung der aktuellen Arbeitszeitregelung beanstanden. Auch hinsichtlich der möglichen finanziellen Ausgleichspflicht hat der Dienstherr ein berechtigtes Interesse daran, nicht nachträglich mit unvorhersehbaren Zahlungsbegehren konfrontiert zu werden (BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 - 2 C 7.06 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 39 Rn. 15).

29

Der Soldat oder Beamte wird durch das Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs gegenüber seinem Dienstherrn auch nicht unzumutbar belastet. Denn an die Rüge des Berechtigten sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn sich aus der schriftlichen Äußerung ergibt, dass der Beamte oder Soldat die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt hält. Weder ist ein Antrag im rechtstechnischen Sinne erforderlich noch muss Freizeitausgleich, hilfsweise finanzieller Ausgleich, beantragt oder der finanzielle Ausgleich konkret berechnet werden (BVerwG, Urteile vom 27. Mai 2010 - 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 15 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27).

30

b) Die Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung auch auf den nicht normativ geregelten unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch ist mit Unionsrecht vereinbar (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 20). Soweit der Senat zwischenzeitlich (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 141, 381 Rn. 25; ebenso Beschluss vom 1. Juli 2014 - 2 B 39.13 - Buchholz 237.8 § 80 RhPLBG Nr. 1 Rn. 6 f.), veranlasst durch eine aus heutiger Sicht möglicherweise fehlinterpretierte Aussage des Gerichtshofs der Europäischen Union in dessen Urteil vom 25. November 2010 (C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78, 84, 86 f., 90), Gegenteiliges vertreten hat, hält der Senat daran nicht mehr fest; nach den insoweit eindeutigen Aussagen des Gerichtshofs in dessen Urteil vom 19. Juni 2014 (C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 ff.) ist dies überholt. Voraussetzung für die Vereinbarkeit des genannten Grundsatzes mit Unionsrecht ist, dass den Anforderungen des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes Rechnung getragen ist (EuGH, Urteile vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 bis 115 und Urteil vom 9. September 2015 - C-20/13, Unland - ZBR 2015, 414 Rn. 72).

31

Die den nationalen Gerichten obliegende Prüfung ergibt, dass die Voraussetzungen der beiden unionsrechtlichen Vorgaben in Bezug auf das Gebot der zeitnahen Geltendmachung erfüllt sind. Dem Gebot, dass die Modalitäten zur Durchsetzung des unionsrechtlichen Anspruchs nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz), ist Rechnung getragen. Der - neben dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch bestehende, richterrechtlich entwickelte - Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ist nur gegeben, wenn der Berechtigte diesen gegenüber seinem Dienstherrn schriftlich geltend macht (BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 ff.). Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung ist im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Berechtigten und die Behörde schützt, mit diesen Vorgaben des Unionsrechts vereinbar (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - C-262/09, Meilicke - Slg. 2011, I-5669 Rn. 56 m.w.N.). Zudem sind, wie dargelegt, die Anforderungen an die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs gering. Denn der Berechtigte muss gegenüber dem Dienstherrn lediglich schriftlich zum Ausdruck bringen, er halte die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt.

32

c) Ob der Kläger Ausgleichsansprüche in den Jahren 2002 bis 2005 jeweils entsprechend den genannten Anforderungen geltend gemacht hat, kann dahinstehen. Denn die etwaigen Ausgleichsansprüche sind verjährt (dazu nachfolgend 4.). Auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch, den der Berechtigte rechtzeitig geltend gemacht hat, unterliegt der Verjährung (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19).

33

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat sich der Kläger im Oktober 2007, im Juli 2008 und im August 2009 an seinen Dienstherrn gewandt und die Festsetzung seiner wöchentlichen Arbeitszeit beanstandet. Demgegenüber fehlen für das Jahr 2006 entsprechende Feststellungen, die das Revisionsgericht nicht treffen darf. Im neuerlichen Berufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof deshalb zu prüfen, ob der Kläger auch im Jahr 2006 gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung oder der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses die Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit schriftlich geltend gemacht hat.

34

4. Der primär auf Ausgleich in Zeit gerichtete Anspruch des Klägers ist in einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich umgewandelt, der weder verfallen noch aus anderen Gründen ausgeschlossen ist.

35

a) Der Haftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit ist primär auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Zweck der Begrenzung der Höchstarbeitszeit pro Siebentageszeitraum, den Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, ist nicht durch eine Geldzahlung, sondern durch die Freistellung von der Pflicht zur Dienstleistung zu erreichen.

36

Scheidet aber die Gewährung von Freizeit zum Ausgleich der Zuvielarbeit aus vom Berechtigten nicht zu vertretenden Gründen aus, so gebietet es der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz, dass die entstandenen Ansprüche nicht untergehen, sondern sich in solche auf finanziellen Ausgleich umwandeln (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 34 ff.). Danach sind hier finanzielle Ausgleichsansprüche des Klägers nicht ausgeschlossen, weil die angespannte Personalsituation in der Abteilung des Bundeswehrzentralkrankenhauses, in der der Kläger in führender Funktion Dienst zu leisten hatte, der Gewährung von Freizeit zur Abgeltung der entstandenen Ansprüche entgegenstand.

37

b) Der zum Ausgleich verpflichtete Dienstherr ist auch befugt, den Verfall des Ausgleichsanspruchs vorzusehen, um einem unbegrenzten Anhäufen von Ausgleichsstunden vorzubeugen.

38

Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr vom 20. Oktober 1998 in der Fassung vom 1. Februar 2003 (Erlass über den Ausgleich besonderer zeitlicher Belastungen der Soldaten, BMVg Fü S I 1) sah hier (III.C.16) eine Frist zur Abgeltung von zwölf Monaten vor. Für den Bereich der Bundeswehrkrankenhäuser waren aber wegen der besonderen Anforderungen an das klinische Personal, die zu einem erheblichen Anstieg der Ausgleichsansprüche geführt hatten, Sonderregelungen erlassen worden (Weisungen des Sanitätsführungskommandos vom 23. März 2004 und vom 15. Juni 2007 sowie Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009). Diese sehen aus Gründen des Vertrauensschutzes die Abgeltung der Ansprüche im Zeitraum bis Ende Dezember 2014 vor.

39

c) Auch wenn der Beamte oder Soldat den Entschluss fasst, das Dienstverhältnis zu beenden, steht ihm kein Wahlrecht zwischen Freizeitausgleich und einem Ausgleich in Geld zu (kein "dulde und liquidiere"). Er ist gehalten, sich mit diesem Anliegen so rechtzeitig an seinen Dienstherrn zu wenden, dass diesem noch der Ausgleich der Zuvielarbeitsstunden durch die Gewährung von Freizeit möglich bleibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. September 2011 - 2 B 33.11 - juris Rn. 7 ff. zum Ausgleich der von Lehrern zu leistenden Vorgriffsstunden).

40

Nach diesen Grundsätzen war hier die Umwandlung der Ansprüche auf Freizeitausgleich in solche auf finanziellen Ausgleich nicht ausgeschlossen. Der Kläger hat die Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines Berufssoldaten mehr als drei Monate vor seiner Entlassung beantragt. Dieser Zeitraum ist für die Durchführung des Ausgleichs durch Freistellung vom Dienst als ausreichend anzusehen. Aufgrund der Personalsituation in der Abteilung für Neurochirurgie war dem Bundeswehrkrankenhaus die Freistellung des Klägers vom Dienst bis Ende April 2009 nicht in ausreichendem Maße möglich.

41

5. Etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt. Die Verjährungsfrist endete hinsichtlich des (letzten) Jahres 2005 mit Ablauf des 31. Dezember 2008.

42

a) Fehlen, wie hier, unionsrechtliche Vorgaben zur Verjährung, gelten die Verjährungsregeln des nationalen Rechts. Regelt das einschlägige Fachrecht die Verjährung nicht, so sind die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Dabei ist nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste analog heranzuziehen ist (BVerwG, Urteile vom 15. Juni 2006 - 2 C 10.05 - Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 45 Rn. 19 m.w.N., vom 24. Januar 2007 - 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 Rn. 45 und vom 11. Dezember 2008 - 3 C 37.07 - BVerwGE 132, 324 Rn. 8).

43

Da es sich auch beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht um einen Schadenersatzanspruch im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften (§ 199 Abs. 2 und 3 BGB) handelt, unterliegt der Anspruch den allgemeinen Verjährungsregelungen und damit nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren (§ 195 BGB).

44

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union genügt eine nationalrechtliche Verjährungsfrist von drei Jahren, die auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch angewendet wird, den Vorgaben des Grundsatzes der Gleichwertigkeit und der Effektivität (EuGH, Urteil vom 24. März 2009 - C-445/06, Danske Slagterier - Slg. 2009, I-2119 Rn. 31 f. m.w.N.).

45

b) Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Die unionsrechtswidrige Zuvielarbeit begründet einen einheitlichen Ausgleichsanspruch des betroffenen Soldaten oder Beamten (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 48 zum Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen). Während des aktiven Dienstverhältnisses ist der Anspruch grundsätzlich auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Scheidet diese Form des Ausgleichs aus, so wandelt sich der Anspruch um in einen solchen auf finanzielle Abgeltung. Bei dem letztgenannten Anspruch handelt sich entgegen dem Vorbringen des Klägers aber nicht um einen neuen Anspruch, dessen Verjährung neu zu laufen beginnt. Vielmehr ändert sich lediglich die Form des wegen des Verstoßes gegen die wöchentliche Höchstarbeitszeit gebotenen Ausgleichs. Die Annahme eines einheitlichen Anspruchs, der zwar je nach tatsächlicher Sachlage unterschiedliche Rechtsfolgen hat, aber einheitlich verjährt, entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren Konstellationen (BGH, Urteil vom 28. April 1993 - VIII ZR 109/92 - NJW-RR 1993, 1227 <1228> zur Umwandlung eines Aufwendungsersatzanspruchs).

46

Der Senat hält § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im öffentlichen Recht für anwendbar, wonach der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist auch voraussetzt, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 43, anders Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 50 m.w.N.). Es bedarf aber nicht des Verfahrens nach § 11 VwGO, weil hier auch die zusätzlichen Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Folge erfüllt sind, dass etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers bis zum Jahr 2005 verjährt sind.

47

§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt grundsätzlich voraus, dass der Berechtigte die Tatsachen kennt, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Grundsätzlich ist nicht erforderlich, dass der Berechtigte aus dieser Erkenntnis die richtigen Rechtsfolgerungen zieht. Selbst wenn man aber mit der zivilrechtlichen Rechtsprechung bei einer verworrenen Rechtslage die Verjährungsfrist ausnahmsweise erst mit einer gerichtlichen Klärung der Rechtslage beginnen ließe (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 - NJW-RR 2008, 1237 Rn. 7; Urteile vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - NJW 1999, 2041 <2042 f.> und vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547 ), führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Den Haftungsanspruch eines Berechtigten gegen einen Mitgliedstaat wegen der Verletzung der Pflichten aus dem Unionsrecht hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits 1991 entwickelt (EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991, I 5357 Rn. 35). Der Umfang seiner tatsächlichen Dienstleistung - über 48 Stunden pro Siebentageszeitraum hinaus - war dem Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts bekannt. Auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 (C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) war im Sinne des Erfordernisses des hinreichend qualifizierten Verstoßes der Beklagten gegen das Unionsrecht bei der Festsetzung der Arbeitszeit von Ärzten der Bundeswehrkrankenhäuser auch eindeutig, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind. Seit der Verkündung dieses Urteils bestanden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine auf einen Staatshaftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit gestützte Rechtsverfolgung eines Soldaten erfolgversprechend sein könnte.

48

Dem Vorbringen des Klägers zum Merkmal des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, er habe in den Jahren 2002 bis 2005 nicht wissen können, dass er als Ausgleich für die Zuvielarbeit wegen seiner antragsgemäßen Entlassung zum Ende April 2009 Dienstbefreiung nicht werde in Anspruch nehmen können, so dass "Kenntnis" erst seit dem Jahr 2009 gegeben sei, ist nicht zu folgen. Wie dargelegt, handelt es sich bei dem Anspruch auf Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit um einen einheitlichen Anspruch, so dass die Wandlung des Anspruchsinhalts - Geldzahlung anstelle der Freistellung vom Dienst - unerheblich ist.

49

Auch auf das Urteil des OVG Koblenz vom 29. April 2014 (2 A 11163/13 - NVwZ-RR 2014, 726) kann sich der Kläger zur Begründung seiner Auffassung, er habe erst im Jahr 2009 infolge seiner Entlassung aus dem Dienstverhältnis von seinem Anspruch auf Geldausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis erlangt, nicht stützen. Denn das in diesem Fall maßgebliche Landesrecht regelt beide Ansprüche - Anspruch auf Freizeitausgleich und Anspruch auf Entschädigung wegen Mehrarbeit - gesondert und bestimmt, dass ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich wegen angeordneter Mehrarbeit erst dann angenommen werden kann, wenn feststeht, dass die Mehrarbeit aus zwingenden Gründen nicht durch Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden kann.

50

c) Aufgrund der das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zum Inhalt der Schreiben des Klägers an die Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom Oktober 2007 sowie vom Juli 2008 haben diese die Verjährung nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt. Sie beschränken sich auf Hinweise und Anregungen und überlassen die Konkretisierung der Ansprüche der Beklagten als Dienstherrin. Den Schreiben lässt sich nicht der Hinweis entnehmen, der Kläger sei bereits entschlossen, seinen Anspruch unmittelbar im Klagewege durchzusetzen.

51

Ausgeschlossen ist auch die Annahme der Hemmung der Verjährung nach § 203 Satz 1 BGB wegen schwebender Verhandlungen der Beteiligten. Denn die Beklagte hat auf die beiden genannten Schreiben des Klägers zur Entwicklung der Zahl der Überstunden nicht reagiert.

52

d) Die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung verletzt schließlich weder die Fürsorgepflicht der Beklagten als Dienstherrin noch ist sie ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig.

53

Das Vorbringen des Klägers, in den von der Beklagten vorgegebenen Zeiterfassungsbögen sei nicht auf die Möglichkeit des Verfalls eines Ausgleichsanspruchs hingewiesen worden, sodass die Beklagte ihn von einer zeitnahen Geltendmachung abgehalten habe, ist unbegründet. Die allgemeine Fürsorgepflicht (§ 31 Abs. 1 SG) gebietet dem Dienstherrn nicht, Soldaten oder Beamte auf den Ablauf von Fristen hinzuweisen und sie zur Geltendmachung ihrer Ansprüche anzuhalten (BVerwG, Urteile vom 21. April 1982 - 6 C 34.79 - BVerwGE 65, 197 <203> und vom 30. Januar 1997 - 2 C 10.96 - BVerwGE 104, 55 <57 f.>.).

54

Aus Gründen der sparsamen Haushaltsführung ist der Dienstherr gehalten, gegenüber Ansprüchen von Soldaten oder Beamten die Einrede der Verjährung geltend zu machen. Der Einwand, die Berufung auf die Einrede der Verjährung verstoße gegen Treu und Glauben und sei deshalb unzulässig, setzt ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn voraus. Das nicht notwendig schuldhafte Verhalten des Dienstherrn muss den Berechtigten veranlasst haben, verjährungshemmende Schritte zu unterlassen. Unerheblich ist, ob der Beamte keine Kenntnis von den ihm zustehenden Ansprüchen hatte oder ob er von der rechtzeitigen Geltendmachung bewusst abgesehen hat, weil er nach Treu und Glauben davon ausgehen konnte, der Dienstherr werde sich nicht auf die Verjährung berufen (BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 12 Rn. 23).

55

Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann ein solches qualifiziertes Fehlverhalten der Beklagten nicht festgestellt werden. Die Ausführungen im Protokoll der Abteilungsleiterbesprechung vom 8. Oktober 2007 haben dem Kläger keinen Anlass gegeben, seinerseits Schritte zur Hemmung der Verjährung der ihm zustehenden Ansprüche zu unterlassen. Im Protokoll werden lediglich die vom Kläger im Zeitraum von Anfang September 2005 bis Ende September 2007 geleisteten Überstunden zusammengefasst. Ferner wird ausgeführt, dass "kleine" und "große" Anrechnungsfälle - Ausgleich für zusammenhängende Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden - für den Zeitraum 2004 bis 2006 vollständig finanziell abgerechnet wurden.

56

Auch auf den erst im Revisionsverfahren vorgelegten Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009, der an den Dienstzeitausgleichserlass des Bundesministeriums anknüpft und die Aufrechterhaltung von Ansprüchen auf Freizeitausgleich betrifft, kann sich der Kläger nicht stützen. Denn in diesem Erlass wird ausdrücklich auf den Aspekt der Verjährung von Ansprüchen aufgrund der Vorschrift des § 195 BGB hingewiesen.

57

6. Ob der Kläger unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet hat, bestimmt sich nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum im Sinne von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG.

58

a) Bei der Bestimmung des maßgeblichen Bezugszeitraums hat sich der Verwaltungsgerichtshof auf die Regelung des Art. 16 Buchst. b) RL 2003/88/EG berufen und im Hinblick auf eine allerdings nicht normativ begründete Verwaltungspraxis der Beklagten einen Bezugszeitraum von vier Monaten für sachgerecht erachtet (ebenso OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Januar 2011 - 5 LC 178/09 - DVBl. 2011, 582). Dies verletzt revisibles Recht.

59

Ebenso wie Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG wendet sich auch Art. 16 dieser Richtlinie ("Die Mitgliedstaaten können... vorsehen“) an den Mitgliedstaat. Dieser ist zu der von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG abweichenden Festlegung des Bezugszeitraums ("bis zu vier Monaten") berechtigt, aber nicht verpflichtet. Ob und inwieweit der Mitgliedstaat diese Ermächtigung zu der für den Arbeitnehmer ungünstigen Ausdehnung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monaten ausnutzt, ist Sache der gesetzgebenden Organe des Mitgliedstaates, weil nur sie die zur Umsetzung einer Richtlinie erforderlichen Rechtsnomen erlassen können. Die Ausübung der Ermächtigung ist jedenfalls nicht den das Recht anwendenden nationalen Gerichten in dem Sinne überantwortet, dass diese den Bezugszeitraum nach dem Aspekt der "Sachgerechtigkeit" festlegen können. Um die ihm eingeräumte Befugnis in Anspruch zu nehmen, muss der Mitgliedstaat auch die Entscheidung treffen, sich auf diese Ermächtigung zu berufen. Im Interesse der Rechtssicherheit muss diese Entscheidung des Mitgliedstaates aber bestimmt und klar sein (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 - C-227/09, Accardo - Slg. 2010, I-10273 Rn. 50 f. m.w.N. und Rn. 55).

60

Im Zeitraum bis Ende April 2009 hatte die Beklagte noch nicht von der Möglichkeit zur Erstreckung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monate durch Erlass einer entsprechenden Rechtsnorm Gebrauch gemacht. Die schriftliche Anordnung des Chefarztes des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom März 2006, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit dürfe, bezogen auf vier Monate, 48 Stunden nicht überschreiten, erfüllt nicht die formellen Anforderungen an die Ausnutzung der dem Mitgliedstaat eröffneten Befugnis zur Ausdehnung des Bezugszeitraums.

61

b) Auch die sonstigen Bestimmungen der RL 2003/88/EG, die zu einer Verlängerung des Bezugszeitraums führen können - nach Art. 19 Abs. 2 RL 2003/88/EG bis zu zwölf Monate bei Festlegungen in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen Sozialpartnern -, greifen nicht zu Gunsten der Beklagten ein. Art. 17 Abs. 3 Buchst. c) i) und Art. 18 RL 2003/88/EG setzen jeweils voraus, dass der Mitgliedstaat Regelungen im Sinne von Art. 16 RL 2003/88/EG erlassen hat, die den Anforderungen an die Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht im Sinne von Art. 288 Abs. 3 AEUV genügen. Daran fehlt es aber ebenso wie an der Ausnutzung der genannten Befugnisse ("sind...zulässig" und "kann abgewichen werden") durch den Erlass einer für die Umsetzung erforderlichen Rechtsnorm des innerstaatlichen Normgebers. Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr reichte hierfür als bloße Verwaltungsvorschrift nicht aus.

62

7. Art. 16 Buchst. b Satz 2 RL 2003/88/EG schreibt vor, dass die nach Art. 7 RL 2003/88/EG gewährten Zeiten des bezahlten Jahresurlaubs sowie die Krankheitszeiten bei der Berechnung des Durchschnitts unberücksichtigt bleiben oder neutral sind. Diese Vorgabe des Unionsrechts verlangt, dass ungeachtet der Frage der Umsetzung in innerstaatliches Recht durch eine Rechtsnorm die betreffenden Tage bei der Berechnung mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen sind.

63

Obwohl die Richtlinie lediglich auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen nach Art. 7 RL 2003/88/EG Bezug nimmt, ist auch der darüber hinausgehende, im nationalen Recht begründete Mehrurlaub mit der Soll-Arbeitszeit anzusetzen. Art. 15 RL 2003/88/EG lässt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Dies umfasst auch die Einräumung eines über den unionsrechtlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsanspruchs. Da der Kläger am Urlaubstag von der Pflicht zur Dienstleistung befreit ist und auch der Mehrurlaub der Erholung des Klägers dient, können diese Tage nicht als Ausgleich für eine Überschreitung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum herangezogen werden.

64

Auch Feiertage, die auf Wochentage fallen, sind mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit einzubeziehen und damit zu neutralisieren. Da der Kläger an diesen Tagen nicht zur Dienstleistung verpflichtet war, können sie nicht zum Ausgleich einer etwaigen Überschreitung der Höchstarbeitszeit herangezogen werden. Demgegenüber sind Zeiten, in denen dem Kläger auf Grundlage des Dienstzeitausgleichserlasses ein zeitlicher Ausgleich gewährt wurde, keine Arbeitszeit im Sinne von Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG.

65

8. Zur Arbeitszeit zählen unionsrechtlich sämtliche Zeiten, die vom betreffenden Arbeitnehmer im Rahmen von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit in der Dienststelle abgeleistet worden sind, unabhängig davon, welche Arbeitsleistung er während dieses Dienstes tatsächlich erbracht hat (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7997 Rn. 52). Auch die genaue Bestimmung der Zahl der auszugleichenden Stunden ist Aufgabe des erneut durchzuführenden Berufungsverfahrens.

66

In denjenigen Siebentageszeiträumen, in denen der Kläger wegen zusammenhängender Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden aufgrund der Verordnung über die Vergütung für Soldaten mit besonderer zeitlicher Belastung vom 2. Juni 1989 (- SzBelVergV -, BGBl. I S. 1075) Zahlungen erhalten hat, ist die Arbeitszeit entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht um vier oder acht Stunden zu reduzieren. Denn die finanziellen Vergütungen, die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SzBelVergV nur in Betracht kommen, wenn zum Ausgleich des zusammenhängenden Dienstes Freistellung vom Dienst nicht gewährt werden kann, reduzieren die Zahl der Stunden der unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit nicht. Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz muss jedoch grundsätzlich jede Stunde, die der Kläger innerhalb eines Siebentageszeitraumes über 48 Stunden hinaus gearbeitet hat, ausgeglichen werden.

67

9. Der Geldausgleich hat sich an den jeweils geltenden Stundensätzen der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (- MVergV -, BGBl. I S. 3494) zu orientieren. Zwar unterscheiden sich rechtmäßige Mehrarbeit und unionsrechtswidrige Zuvielarbeit. Dennoch geht es in beiden Fällen um den Ausgleich für eine überobligationsmäßige Heranziehung des Soldaten zum Dienst (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 35).

68

Auf die Besoldung kann nicht zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 39). Denn diese ist kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - BVerfGE 44, 249 <264>, vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <63> und vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <380>), sondern die Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte mit vollem persönlichen Einsatz der Erfüllung seiner Dienstpflichten widmet (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. April 1967 - 2 BvL 3/62 - BVerfGE 21, 329 <345>, vom 15. Oktober 1985 a.a.O. S. 59 und vom 20. März 2007 a.a.O.). Sie ist nicht auf die Entlohnung von Arbeitsstunden, sondern auf die Sicherstellung einer amtsangemessenen Lebensführung gerichtet.

69

Die in § 2 SzBelVergV bestimmten Sätze für zusammenhängende Dienste können nicht herangezogen werden. Denn es handelt sich um Pauschalsätze, die ungeachtet der genauen zeitlichen Inanspruchnahme des Soldaten zu zahlen sind. Der Grundsatz der größtmöglichen Wirksamkeit des Unionsrechts verlangt jedoch, dass für jede nicht anderweitig ausgeglichene Stunde Zuvielarbeit ein finanzieller Ausgleich geleistet wird. Zwar sieht die Verordnung über die Vergütung für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft von Sanitätsoffizieren in Bundeswehrkrankenhäusern vom 27. April 2012 (- SanOffzVerGVEV -, BGBl. I S. 1000) in § 5 Stundensätze vor, die sich nur wenig von denen des § 4 MVergV unterscheiden. Allerdings ist jene Verordnung erst am 1. Januar 2011 in Kraft getreten und galt deshalb im hier streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 noch nicht.

70

10. Die Vergütungen, die dem Kläger aufgrund von §§ 1 und 2 SzBelVergV im Hinblick auf von ihm geleistete zusammenhängende Dienste gezahlt worden sind, sind nicht auf den finanziellen Ausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit anzurechnen. Die beiden Zahlungen betreffen verschiedene Fallkonstellationen und knüpfen an unterschiedliche Belastungen des Soldaten an.

71

Das Entsprechende gilt für die Zahlungen, die der Kläger für Dienste zu ungünstigen Zeiten nach §§ 3 und 4 EZulV erhalten hat. Bei diesen geht es nicht um den Ausgleich für den Verstoß gegen die unionsrechtliche Vorgabe für die höchstzulässige Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum. Vielmehr soll die Erschwerniszulage zumindest finanziell die Nachteile ausgleichen, die einem Besoldungsempfänger durch Dienstleistungen zu Zeiten entstehen, an denen gemeinhin nicht gearbeitet wird.

Tatbestand

1

Der Kläger ist seit Oktober 1989 im Einsatzdienst der Beklagten als Feuerwehrbeamter tätig. Er verlangt einen Ausgleich für vom 1. Januar 1999 bis 31. August 2005 über 48 Stunden in der Woche hinaus geleisteten Dienst. In dieser Zeit betrug die Wochenarbeitszeit für Hamburger Feuerwehrbeamte im Einsatzdienst 50 Stunden.

2

Im März 1999 wandte sich der Kläger mit Widerspruch gegen die Umsetzung der erhöhten Wochenarbeitszeit in den Dienstplänen. Das anschließende Klageverfahren wurde nach Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 48 Stunden ab dem 1. September 2005 durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet. Ein im Oktober 2005 gestellter Antrag des Klägers auf Ausgleich der zuviel geleisteten Arbeit durch Mehrarbeitsvergütung blieb erfolglos. Im Dezember 2005 und im Juni 2006 erhobene Widersprüche wurden nicht beschieden.

3

Im Klageverfahren hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und in der Berufungsinstanz in Höhe von 1 967,84 € teilweise Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger habe einen Anspruch auf einen Ausgleich von 137,71 Stunden. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

4

Der Kläger sei im geltend gemachten Zeitraum unter Verstoß gegen Unionsrecht zu einer Arbeitszeit von durchschnittlich mehr als 48 Wochenstunden herangezogen worden.

5

Dafür stehe ihm seit dem 1. Januar 2001 ein unionsrechtlicher Entschädigungsanspruch zu. Seitdem habe die Beklagte die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Union offenkundig verkannt. Art und Umfang des Entschädigungsanspruches richteten sich nach nationalem Recht. Als Ausgleich sei zwar vorrangig Dienstbefreiung zu gewähren. Könne der Ausgleichsanspruch erst mit jahrelanger Verspätung durchgesetzt werden und stünden einer Dienstbefreiung zudem zwingende dienstliche Gründe entgegen, sei ein Geldausgleich zu zahlen. Solche zwingenden dienstlichen Gründe habe die Beklagte geltend gemacht. Die Gewährung von Freizeitausgleich für die Beamten des Einsatzdienstes der Feuerwehr in Hamburg, die Zuvielarbeit geleistet hätten, würde den Sicherheitsstandard bei der Feuerwehr absenken.

6

Auszugleichen sei jede Stunde, die der Beamte monatlich über die ohne Ausgleich höchstzulässige Mehrarbeit von fünf Stunden im Monat hinaus Dienst geleistet habe. Da der Geldausgleich die zukünftige Dienstbefreiung ersetze, sei er in Anlehnung an die aktuell geltenden Sätze für Mehrarbeitsvergütung zu berechnen. Diese seien um ein Sechstel zu reduzieren, weil sie auf der Grundlage einer 40-Stunden-Woche berechnet würden, während es um einen Ausgleich für über 48 Stunden in der Woche hinaus geleisteten Dienst gehe.

7

Auf der Grundlage nationalen Rechts bestünden keine darüber hinausgehenden Ansprüche. Der Ausgleichsanspruch aus Treu und Glauben in Verbindung mit den Rechtsgedanken des Mehrarbeitsrechts der Beamten gewähre keine besseren und weitergehenden Rechte. Es könne dahinstehen, ob er durch ein Antragserfordernis zeitlich begrenzt werde. Denn er sei jedenfalls ebenso wie der unionsrechtliche Anspruch teilweise verjährt, soweit er vor dem 1. Januar 2002 entstanden sei. Der Lauf der Verjährungsfrist sei erst durch den 2005 eingelegten Widerspruch gehemmt worden. Der Widerspruch vom März 1999 habe den Lauf der Verjährungsfrist nicht hemmen bzw. unterbrechen können, da er ausschließlich darauf gerichtet gewesen sei, die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit für rechtsunwirksam erklären zu lassen.

8

Mit der hiergegen gerichteten Revision beantragt der Kläger,

die Beklagte zu verpflichten, ihm für die in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis 31. August 2005 zuviel geleistete Arbeit von insgesamt 600 Stunden Entschädigung in Geld nach dem jeweils geltenden Stundensatz für die Mehrarbeitsvergütung nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, hilfsweise Freizeitausgleich zu gewähren, und die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. Februar 2011 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 21. Juni 2007 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

9

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen und das Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. Februar 2011 aufzuheben, soweit das Oberverwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 21. Juni 2007 zurückzuweisen.

10

Der Kläger beantragt,

die Anschlussrevision der Beklagten zurückzuweisen.

11

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist überwiegend begründet, die Anschlussrevision der Beklagten dagegen unbegründet. Der Kläger kann vom 1. April 1999 bis zum 31. August 2005 einen finanziellen Ausgleich im Umfang von 577,5 Stunden nach den im Zeitraum der Zuvielarbeit jeweils geltenden Sätzen der Mehrarbeitsvergütung verlangen. Soweit das Berufungsgericht demgegenüber erst ab Januar 2002 einen Anspruch zuerkannt, vom monatlich zuviel geleisteten Dienst fünf Stunden abgezogen, auf die aktuelle Mehrarbeitsvergütung abgestellt und diese um ein Sechstel reduziert sowie Prozesszinsen erst ab dem Zeitpunkt der Geltendmachung einer Gefährdung des Sicherheitsstandards der Feuerwehr durch Freizeitausgleich durch die Beklagte zuerkannt hat, verstößt das Berufungsurteil gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG).

13

Der Kläger hat vom 1. Januar 1999 bis 31. August 2005 regelmäßig anstelle der unionsrechtlich höchstens zulässigen 48 Wochenstunden 50 Stunden Dienst geleistet. Dies verstieß gegen Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 93/104/EG, ABl EG Nr. L 307 vom 13. Dezember 1993 S. 18) sowie Art. 6 Buchst. b der insoweit inhaltsgleichen Nachfolge-Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG, ABl EG Nr. L 299 vom 18. November 2003 S. 9, Arbeitszeitrichtlinie), sodass die entgegenstehenden Bestimmungen des Arbeitszeitrechts der Beklagten wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts außer Betracht zu bleiben haben (Urteil vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 72.08 - BVerwGE 136, 165 = Buchholz 239.1 § 6 BeamtVG Nr. 6 jeweils Rn. 28). Nach der Begriffsbestimmung des Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG sowie Art. 2 Nr. 1 RL 93/104/EG sind Zeiten des Bereitschaftsdienstes in vollem Umfang in die Berechnung der wöchentlichen Arbeitszeit einzubeziehen, da die Beamten in der Dienststelle anwesend und jederzeit einsatzbereit sein mussten. Die Umsetzungsfrist der im Wesentlichen wortgleichen Vorgängerrichtlinie war bereits seit 1996 abgelaufen (Art. 18 Abs. 1 Buchst. a RL 93/104/EG). Eine Rechtfertigung der unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit als Mehrarbeit war nicht möglich (vgl. Urteil vom 29. September 2011 - BVerwG 2 C 32.10 - BVerwG 140, 351 Rn. 11 - 14 m.w.N.).

14

Für diese unionsrechtswidrig geleistete Zuvielarbeit stehen dem Kläger ein unionsrechtlicher (1) und ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch (2) zu. Die beiden Ansprüche unterscheiden sich zwar in ihren Voraussetzungen, sind aber in der Rechtsfolge (3) gleichgerichtet. Danach ist die pauschal zu errechnende Zuvielarbeit (4) ohne Abzüge auszugleichen, und zwar vorrangig durch Freizeit, hier ausnahmsweise durch Geld (5). Der Geldausgleich ist in Anlehnung an die zum jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Stundensätze für Mehrarbeit im Vollzeitdienst zu gewähren (6). Die danach ab dem 1. April 1999 bestehenden Ansprüche des Klägers sind nicht verjährt (7). Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen bereits ab Klageerhebung (8).

15

1. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch entsteht nach der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Union (EuGH), wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, verleiht dem Geschädigten Rechte (a), der Verstoß gegen diese Norm ist hinreichend qualifiziert (b), und zwischen dem Verstoß und dem Schaden besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang (c). Diese von den nationalen Gerichten zu prüfenden Voraussetzungen sind ab dem 1. Januar 2001 gegeben (vgl. zum Ganzen: EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Rs. C-429/09, Fuß - NZA 2011, 53 Rn. 47 f. m.w.N.).

16

a) Die erste Voraussetzung liegt vor. Art. 6 Nr. 2 RL 93/104/EG sowie Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG verleihen mit der Festsetzung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit dem Einzelnen Rechte, die dieser nach Ablauf der Frist zur Umsetzung in das Arbeitszeitrecht des Beklagten unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 49 f.).

17

b) Die Überschreitung der unionsrechtlich vorgegebenen Wochenarbeitszeit begründet bereits seit 1. Januar 2001 einen hinreichend qualifizierten Verstoß.

18

Ein derartiger Verstoß liegt vor, wenn der Mitgliedstaat die Grenzen, die seinem Umsetzungsermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat. Ob und wann dies der Fall ist, hängt unter anderem davon ab, wie eindeutig die verletzte Vorschrift ist und wie viel Spielraum dem Mitgliedstaat bei der Umsetzung eingeräumt ist. Ist eine Vorschrift der Auslegung fähig und bedürftig, ist ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht erst dann anzunehmen, wenn die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs verkannt worden ist (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 51 f. m.w.N.).

19

Die Festsetzung der Höchstarbeitszeit (48 Stunden in der Woche) durch Art. 6 Nr. 2 RL 93/104/EG sowie Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG ist eindeutig. Sie war gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a RL 93/104/EG bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 23. November 1996 im nationalen Recht zu verankern. Seit dem Urteil des Gerichtshofs der Union vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-303/98, Simap - (Slg. 2000, I-7997) stand zudem fest, dass nach Art. 2 Nr. 1 RL 93/104/EG bei der Festsetzung von Höchstarbeitszeiten Bereitschaftsdienst wie Volldienst zu werten ist. In der Nachfolgerichtlinie ist auch diese Vorschrift wortgleich in Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG übernommen worden. Damit hätte spätestens zum 1. Januar 2001 das Arbeitszeitrecht für die Landesbeamten durch die Beklagte als umsetzungspflichtige Landesgesetz- und Verordnungsgeberin angepasst werden müssen. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte während des hier streitigen Zeitraums nicht nachgekommen (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 3 letzter Halbs. HmbBG a.F. sowie § 1 Abs. 2 ArbzVO Hmb a.F.), obwohl der Gerichtshof diese Rechtsprechung noch mehrfach bestätigt hat (EuGH, Urteile vom 9. September 2003 - Rs. C-151/02, Jaeger - Slg. 2003, I-08415 und vom 5. Oktober 2004 - verb. Rs. C-397/01 bis 403/01, Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8878; Beschluss vom 3. Juli 2001 - Rs. C-241/99 CIG - Slg. 2001, I-5141). Erst im Anschluss an den Beschluss vom 14. Juli 2005 - Rs. C-52/04, Personalrat der Feuerwehr Hamburg - (Slg. 2005, I-7113) hat sie das Arbeitszeitrecht für die Feuerwehrbeamten geändert. Ungeachtet der fehlenden Umsetzung der Richtlinie waren Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen. Ein Träger öffentlicher Gewalt ist auch in seiner Eigenschaft als öffentlicher Arbeitgeber zur Umsetzung des Unionsrechts verpflichtet (EuGH, Urteile vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 39 und 85 sowie vom 15. April 2008 - Rs. C-268/06, Impact - Slg. 2008, I-02483 Rn. 85). Danach hat die Beklagte nicht nur in ihrer Eigenschaft als zuständige Normgeberin durch dessen Nichtumsetzung hinreichend qualifiziert gegen das Unionsrecht verstoßen, sondern auch in ihrer Eigenschaft als Dienstherrin durch die Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs.

20

Entgegen der Auffassung der Beklagten musste nicht erst durch den EuGH geklärt werden, dass die Arbeitszeitrichtlinien auch den Dienst bei der Feuerwehr erfassen. Der Wortlaut der Richtlinien ist insoweit eindeutig. Eines zusätzlichen Indizes für das Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes bedarf es deshalb nicht. Insbesondere hängt die Anwendbarkeit des Unionsrechts nicht davon ab, dass sie vom EuGH für jede einzelne Vorschrift und für jede von den beiden Richtlinien erfasste Beschäftigtengruppe gesondert festgestellt wird. Ob eine eindeutige Vorschrift des Unionsrechts vorliegt, deren Nichtbeachtung die unionsrechtliche Staatshaftung auslöst, ist anhand objektiver Kriterien, für deren Feststellung auf die Rechtsprechung des EuGH zurückzugreifen ist, zu ermitteln; auf ein Verschulden des Mitgliedstaates kommt es nicht an. Deshalb ist es unerheblich, ob der Mitgliedstaat durch seine Organe (so hier der Bundesrat mit Beschluss vom 2. April 2004 - BRDrucks 105/04 -), Behörden oder Gerichte (wie hier insbesondere BAG, Urteil vom 29. Mai 2002 - 5 AZR 370/01 - PersV 2002, 457 ff. und BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - BVerwG 6 P 7.03 - BVerwGE 119, 363 ff. = Buchholz 451.9 Art. 234 EG-Vertrag Nr. 2) die Anwendung der Richtlinien auf den Feuerwehrdienst für zweifelhaft gehalten oder sogar verneint haben.

21

Die Beklagte hatte zur Rechtfertigung ihres Verhaltens darauf abgestellt, dass sie den Feuerwehrdienst nach Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl EG Nr. L 183 S. 1) als von der Anwendung der Arbeitszeitrichtlinien ausgenommen halten durfte. Mit dem EuGH ist demgegenüber festzustellen, dass die Vorschriften insoweit eindeutig und klar sind und keinen Raum für vernünftige Zweifel lassen (Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 54, 57 f.; Beschluss vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - a.a.O. Rn. 36).

22

Bereits nach ihrem eindeutigen Wortlaut erfasst die Ausnahmevorschrift des Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391/EWG keine ganzen Tätigkeitsfelder, sondern nur Ausschnitte ("spezifische Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten"). Deshalb hatte der EuGH bereits im Urteil vom 3. Oktober 2000 - Simap - a.a.O. (Rn. 35) ausgeführt, dass diese Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist. Diese Rechtsprechung hat der Gerichtshof während des hier streitigen Zeitraums noch mehrfach bestätigt (EuGH, Urteile vom 9. September 2003 - Jaeger - a.a.O. Rn. 89 und vom 5. Oktober 2004 - Pfeiffer u.a. - a.a.O. Rn. 52 ff.; Beschluss vom 3. Juli 2001 a.a.O. - CIG - Rn. 28 ff.), wobei er dies in dem Urteil vom 5. Oktober 2004 - Pfeiffer u.a. - (Rn. 52 ff.) näher mit dem Hinweis auf den Wortlaut begründet hat. Im Beschluss vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - (a.a.O. Rn. 42, 48) hat er dies schließlich ausdrücklich in Bezug auf den Feuerwehrdienst festgestellt.

23

Im Übrigen erwähnt Art. 17 Abs. 2 Nr. 2.1 Buchst. c Ziff. iii RL 93/104/EG unter anderem ausdrücklich die Feuerwehrdienste, ebenso die Nachfolgerichtlinie in Art. 17 Abs. 3 Buchst. c Ziff. iii RL 2003/88/EG. Diese Erwähnung wäre überflüssig, wenn die betreffende Tätigkeit bereits ganz vom Anwendungsbereich der beiden Arbeitszeitrichtlinien ausgeschlossen wäre. Sie belegt im Gegenteil eindeutig, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die grundsätzliche Anwendbarkeit dieser Richtlinie auf den Feuerwehrdienst festgelegt, zugleich aber vorgesehen hat, dass unter außergewöhnlichen Umständen von einzelnen Bestimmungen der Richtlinie - hier insbesondere vom kürzeren Bezugszeitraum, nicht aber von der 48-Stunden-Grenze - abgewichen werden kann (vgl. EuGH, Beschluss vom 14. Juli 2005 - Personalrat der Feuerwehr Hamburg - a.a.O. Rn. 60 sowie Urteil vom 5. Oktober 2004 - Pfeiffer u.a. - a.a.O. Rn. 62 zu den in derselben Richtlinienvorschrift ebenfalls erwähnten Ambulanzdiensten).

24

c) Schließlich besteht unzweifelhaft ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß gegen diese Richtlinien und dem Schaden, der durch den Verlust der Ruhezeit entstanden ist, die dem Kläger zugestanden hätte, wenn die in dieser Bestimmung vorgesehene wöchentliche Höchstarbeitszeit eingehalten worden wäre (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 59). Dabei ist es unerheblich, dass zusätzlicher Dienst eines Beamten und der damit verbundene Verlust an Freizeit und Erholungszeit nach nationalem Recht keinen Schaden im Sinne des zivilrechtlichen Schadenersatzrechts darstellt (vgl. dazu Urteile vom 21. Februar 1991 - BVerwG 2 C 48.88 - BVerwGE 88, 60 <63 f.> = Buchholz 237.1 Art. 80 BayLBG Nr. 2 S. 4 f. m.w.N. und vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 6 m.w.N.). Denn auch insoweit ist allein auf das Unionsrecht abzustellen, das hierin einen Schaden sieht (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Tenor 1 und Tenor 4 sowie Rn. 59, 61, 63).

25

d) An weitere Voraussetzungen - etwa an ein Antragserfordernis - ist der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch nicht gebunden (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 78, 84, 86 f., 90). Die im Urteil vom 29. September 2011 (- BVerwG 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 20) zum Ausdruck kommende gegenteilige Ansicht gibt der Senat auf. Die Rechtsfolgen des unionsrechtlichen Ausgleichsanspruchs richten sich nach dem nationalen Recht, wobei Form, Art und Weise der Berechnung der Entschädigung in einem angemessenen Verhältnis zum Schaden stehen müssen, sodass ein effektiver Schutz der Rechte des Einzelnen gewährleistet ist. Danach ist es Sache des nationalen Rechts, ob der Schadenersatz in Form von Freizeitausgleich oder in Form einer finanziellen Entschädigung zu gewähren ist (vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 92 f. 94 ff. jeweils m.w.N.). Da der Verlust an Freizeit nach nationalem Recht kein Schaden ist, ist zur Ausfüllung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf die Rechtsfolgen aus dem nationalrechtlichen Billigkeitsanspruch zurückzugreifen.

26

2. Für die unionsrechtswidrig geleistete Zuvielarbeit steht dem Kläger daneben ein beamtenrechtlicher Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben i.V.m. den Regeln über einen Ausgleich von Mehrarbeit, hier § 76 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F. (entspricht § 61 Abs. 3 Satz 2 und 3 HmbBG) zu (vgl. Urteile vom 29. September 2011 - BVerwG 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351, LS 1 und Rn. 8 f. und vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - a.a.O. S. 6 f.). Der Billigkeitsanspruch setzt voraus, dass der Beamte rechtswidrig zuviel gearbeitet hat. Er kommt aber nur für rechtswidrige Zuvielarbeit in Betracht, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet wurde (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. LS 3 und Rn. 19 f.). Diese Voraussetzungen sind bereits seit dem 1. April 1999 erfüllt.

27

Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts war der Widerspruch des Klägers vom März 1999 ein "Antrag" in diesem Sinne. Insoweit ist aber zunächst klarzustellen, dass normativ geregelte Ansprüche im Beamtenrecht nicht von einer Antragstellung abhängen. Nur wenn es um (nationalrechtliche) Ausgleichsansprüche geht, die nicht im Gesetz geregelt sind - wie der Anspruch auf Zeitausgleich bei rechtswidriger Zuvielarbeit -, bedarf es einer Geltendmachung im Sinne einer Rügeobliegenheit oder Hinweispflicht des Beamten. An die Rüge sind keine hohen Anforderungen zu stellen (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 19). Es genügt, dass der Beamte schriftlich zum Ausdruck bringt, dass er die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt hält. Ein Antrag im rechtstechnischen Sinn ist nicht erforderlich. Insbesondere muss der Beamte nicht bereits Freizeitausgleich, hilfsweise finanziellen Ersatz beantragen oder gar die Ansprüche richtig benennen.

28

Diese Rügeobliegenheit dient dazu, eine Prüfung des Dienstherrn mit dem Ziel herbeizuführen, die Belange des Beamten zu berücksichtigen, und die Dienstpläne entsprechend anzupassen (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 20). Zugleich muss sich der Dienstherr darauf einstellen können, dass ab diesem Zeitpunkt möglicherweise Ausgleichsansprüche auf ihn zukommen. Insofern folgt die Rügeobliegenheit aus der allgemein bei Rechtsverletzungen geltenden Schadensminderungspflicht des Gläubigers. Sie ist zugleich Ausdruck des Grundsatzes, dass Beamte auf die finanziellen Belastungen des Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht nehmen müssen (Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 19).

29

Die Verpflichtung des Beamten, dies zu rügen, gilt auch dann für den Ausgleichsanspruch, wenn er durch einen Verstoß gegen Unionsrecht ausgelöst wird. Der nationale Ausgleichsanspruch entsteht nicht erst bei einem hinreichend qualifizierten, sondern bereits bei einem einfachen Verstoß gegen das Unionsrecht. Deshalb tritt er zum unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hinzu und ergänzt ihn im Vorfeld eines qualifizierten Verstoßes gegen das Unionsrecht. Der Beamte gibt dem Dienstherrn mit der Geltendmachung bereits vor dem Vorliegen eines qualifizierten Verstoßes Anlass zu prüfen, ob die Vorgaben der Richtlinie beachtet sind. Damit dient die Rügeobliegenheit gleichzeitig der effektiven Umsetzung des Unionsrechts zum frühest möglichen Zeitpunkt, denn das Unionsrecht verlangte von vornherein - und nicht etwa erst ab der erstmaligen Klärung durch den EuGH -, dass Bereitschaftsdienst wie Volldienst bei der 48-Stunden-Woche anzurechnen ist.

30

3. Beide Ansprüche sind auf zeitlichen Ausgleich in angemessenem Umfang gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn über mehrere Jahre Zuvielarbeit geleistet wurde (Urteile vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 9 und vom 28. Mai 2003 a.a.O. S. 6 f.). Als angemessen ist der zeitliche Ausgleich von Zuvielarbeit grundsätzlich dann anzusehen, wenn er ebenso lang ist wie der zuvor geleistete rechtswidrig geforderte Dienst. Zeiten des Bereitschaftsdienstes sind in vollem Umfang auszugleichen; ein Abzug von monatlich fünf ausgleichslos zu leistenden Stunden ist nicht zulässig (vgl. Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 15 - 18).

31

Eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes oder ein Abzug von fünf Stunden monatlich wären kein voller Ausgleich für Zuvielarbeit über die wöchentliche Höchstarbeitszeit hinaus und würden dem Sinn und Zweck der unionsrechtlichen Arbeitszeitregelung widersprechen, die die wöchentliche Höchstarbeitszeit zum Schutz der Gesundheit und der Arbeitssicherheit festgelegt hat. Die Sanktionierung einer unionsrechtswidrigen Praxis würde zudem das Gebot verletzen, die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu sichern, weil die Überschreitung der normativ festgelegten Höchstarbeitszeit in diesem Umfang folgenlos bliebe. Zwar sind Beamte grundsätzlich verpflichtet, in gewissem Umfang ausgleichslose Mehrarbeit zu leisten (vgl. § 76 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F., entspricht § 61 Abs. 3 Satz 2 HmbBG, § 88 BBG). Dies gilt jedoch nur bei (rechtmäßiger) Mehrarbeit, nicht aber bei rechtswidrig angeordneter Zuvielarbeit (in Abkehr von den Urteilen vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 35.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 39 S. 9 und - BVerwG 2 C 28.02 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 5). Unabhängig davon darf die unionsrechtlich verbindliche Höchstgrenze der wöchentlichen Arbeitszeit grundsätzlich nicht durch Mehrarbeitsstunden überschritten werden (Art. 6 Buchst. b RL 2003/88/EG sowie Art. 6 Nr. 2 RL 93/104/EG); Abweichungen sind nur im Rahmen der unionsrechtlichen Bestimmungen zulässig (vgl. Art. 17, 18 und 22 RL 2003/88/EG sowie Art. 17 und 18 RL 93/104/EG).

32

4. Die Zuvielarbeit ist pauschal unter Abzug des sechswöchigen Urlaubsanspruchs sowie einer weiteren Woche für die Wochenfeiertage zu errechnen. Darüber hinausgehende Anwesenheitstage sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Abwesenheitszeiten aufgrund von Krankheit, Sonderurlaub, Abordnungen, Fortbildungen, etc. sind nur dann abzuziehen, wenn sie im Jahr einen erheblichen Umfang erreichen. Dies ist anzunehmen, wenn der Beamte deshalb mindestens in Höhe des Jahresurlaubs von sechs Wochen ununterbrochen keinen Feuerwehrdienst geleistet hat.

33

Danach sind von 52 Wochen im Jahr sieben Wochen abzuziehen, sodass der Berechnung der auszugleichenden Zuvielarbeit 45 Wochen mit je zwei Stunden zugrunde zu legen sind. Damit sind im Jahr bei der Hamburger Feuerwehr 90 Stunden, und im Monat 7,5 Stunden, rechtswidrig zu viel gearbeitet worden. Abwesenheitszeiten in erheblichem Umfang sind nicht festgestellt, sodass im gesamten geltend gemachten Zeitraum 600 Stunden Zuvielarbeit angefallen sind. Ansprüche hat der Kläger aber erst ab dem 1. April 1999, sodass bei ihm 577,5 Stunden auszugleichen sind.

34

5. Die so errechneten Zuvielarbeitsstunden sind vorrangig durch Freizeit auszugleichen. Kann aber aus vom Beamten nicht zu vertretenden Gründen ein Freizeitausgleich nicht in angemessener Zeit gewährt werden, so gebieten sowohl der an Treu und Glauben orientierte Interessenausgleich als auch der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz, dass die Ansprüche nicht untergehen, sondern sich in solche auf finanziellen Ausgleich umwandeln. Dies betrifft zunächst Fälle, in denen Feuerwehrbeamte nicht mehr in einem aktiven Beamtenverhältnis zur beklagten Körperschaft stehen. Dies gilt aber auch, wenn - wie hier - zwingende dienstliche Gründe der zeitnahen Gewährung von Freizeitausgleich entgegenstehen.

35

Insofern kann trotz des grundlegenden Unterschieds zwischen rechtmäßiger Mehrarbeit und rechtswidriger Zuvielarbeit auf die Vorschriften des Mehrarbeitsrechts zurückgegriffen werden, weil der Zweck des Ausgleichs von Mehrarbeit der gleiche ist wie derjenige von Zuvielarbeit. In beiden Fällen geht es um einen Ausgleich für eine überobligationsmäßige Heranziehung des Beamten zum Dienst. Hieraus ergibt sich zunächst die Verpflichtung, den Anspruch auf Freizeitausgleich zeitnah zu erfüllen, damit dieser seinen Zweck, die besonderen gesundheitlichen Belastungen der Zuvielarbeit auszugleichen, erreichen kann. Zudem kann ein Beamter nach jahrelangem Verstoß gegen die Arbeitszeitrichtlinien nicht darauf verwiesen werden, nun ebenso lange auf die Erfüllung seines Ausgleichsanspruchs zu warten. Deshalb ist zeitliche Grenze für die Erfüllung des Freizeitausgleichs der sich aus dem Mehrarbeitsrecht ergebende Jahreszeitraum (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 BMVergV, § 76 Abs. 2 Satz 2 HmbBG a.F.) nach der endgültigen Entscheidung über den Ausgleichsanspruch.

36

Kann aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht innerhalb dieses Jahreszeitraums Freizeitausgleich gewährt werden, sieht das Mehrarbeitsrecht dessen Umwandlung in einen Geldanspruch vor (vgl. § 76 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 HmbBG a.F. <§ 61 Abs. 3 Satz 2 und 3 HmbBG>, § 3 Abs. 1 Nr. 3 BMVergV). Zwingende dienstliche Gründe liegen nur dann vor, wenn die Dienstbefreiung mit großer Wahrscheinlichkeit zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Dienstbetriebes führen würde (vgl. Urteil vom 30. März 2006 - BVerwG 2 C 23.05 - Buchholz 236.2 § 76c DRiG Nr. 1 Rn. 17 f. zu einer Teilzeitbeschäftigung).

37

Der Grad der Wahrscheinlichkeit der Gefährdung des Dienstbetriebs wird umso höher, je größer der Kreis der Anspruchsberechtigten ist und je länger die Zeiträume werden, für die eine Vielzahl von Beamten Ansprüche geltend machen können. Eine Kumulation von langjähriger Zuvielarbeit und einer Vielzahl Anspruchsberechtigter führt zwar allein noch nicht dazu, dass der Gewährung von Freizeitausgleich zwingende dienstliche Gründe entgegenstünden. In den Verwaltungsbereichen, die, wie die Feuerwehr, die Polizei und der Strafvollzug, der unmittelbaren Gefahrenabwehr dienen und mit denen der Staat Leib und Leben seiner Bürger unmittelbar schützt, ist nicht hinnehmbar, wenn der Sicherheitsstandard aufgrund fehlenden Personals über einen längeren Zeitraum herabgesenkt werden müsste. Deshalb genügt es für die Annahme einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Dienstbetriebes, wenn der Dienstherr plausibel darlegt, dass die Funktionsfähigkeit der Feuerwehr bei Gewährung von Freizeitausgleich gefährdet wäre, weil die zur Gefahrenabwehr erforderliche personelle Ausstattung nicht mehr erreicht werden könnte. Welche personelle Ausstattung erforderlich ist, unterfällt allerdings allein der Organisationsentscheidung des Dienstherrn.

38

Danach stehen einer Erfüllung der Freizeitausgleichsansprüche des Klägers zwingende dienstliche Gründe entgegen. Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts können die Ausgleichsansprüche der Feuerwehrbeamten - unabhängig davon, ob diese noch im Einsatzdienst tätig sind oder an anderer Stelle, etwa in der Ausbildung der Feuerwehrbeamten - nicht binnen eines Jahres ohne Gefährdung der Einsatzbereitschaft der Hamburger Feuerwehr erfüllt werden. Deshalb haben sich die Ansprüche des Klägers in solche auf Geldausgleich gewandelt.

39

6. Als Anknüpfungspunkt für den danach zu gewährenden Geldausgleich bieten sich allein die im jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Sätze der Mehrarbeitsvergütung an. Auf die Besoldung kann nicht zurückgegriffen werden, da diese kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste darstellt (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - BVerfGE 44, 249 <264>, vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <63> und vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <380>), sondern vielmehr die Gegenleistung des Dienstherrn dafür ist, dass sich der Beamte mit voller Hingabe der Erfüllung seiner Dienstpflichten widmet (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. April 1967 - 2 BvL 3/62 - BVerfGE 21, 329 <345>, vom 15. Oktober 1985 a.a.O. S. 59 und vom 20. März 2007 a.a.O.). Sie ist nicht auf die Entlohnung von Arbeitsstunden, sondern auf die Sicherstellung einer amtsangemessenen Lebensführung gerichtet.

40

Bei dem Wertersatz geht es wie beim Freizeitausgleich, an dessen Stelle er tritt, um einen billigen sowie angemessenen Ausgleich, der zudem dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz entsprechen muss. Eine Ermäßigung des Ausgleichs durch eine geringere Gewichtung des Bereitschaftsdienstes (vgl. § 5 BMVergV) ist daher auch bei einer Umwandlung in einen Geldausgleich aus den bereits dargestellten Gründen unzulässig (vgl. zum Ganzen auch Urteil vom 29. September 2011 a.a.O. Rn. 16 f.). Deshalb darf entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Mehrarbeitsvergütung auch nicht um ein Sechstel reduziert werden. Die regelmäßige Arbeitszeit, auf deren Grundlage die Mehrarbeitsvergütung gewährt wird, beträgt auch für Feuerwehrbeamte 40 und nicht etwa 48 Stunden (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 HmbBG a.F., § 1 Abs. 1 Satz 1 ArbzVO Hmb a.F.). Zu einer Überschreitung dieser Stundenzahl kommt es nur aufgrund einer geringeren Gewichtung der Zeiten des Bereitschaftsdienstes (vgl. § 1 Abs. 2 ArbzVO Hmb a.F.) gegenüber dem Volldienst durch den Landesverordnungsgeber, die aber bei der Bemessung der Mehrarbeitsvergütung ohne Bedeutung ist.

41

7. Nicht nur der nationalrechtliche Ausgleichsanspruch, sondern auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch unterliegt den Verjährungsregeln des nationalen Rechts (vgl. EuGH, Urteile vom 17. November 1998 - Rs. C-228/96, Aprile - Slg. 1998, I-7164 Rn. 19 m.w.N. und vom 11. Juli 2002 - Rs. C-62/00, Marks & Spencer - Slg. 2002, I-6348 Rn. 35 m.w.N.). Fehlen - wie hier - spezielle Verjährungsvorschriften des einschlägigen Fachrechts, so sind die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Dabei ist nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste analog heranzuziehen ist (vgl. Urteile vom 15. Juni 2006 - BVerwG 2 C 10.05 - Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 45 Rn. 19 m.w.N., vom 24. Januar 2007 - BVerwG 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 Rn. 45 = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 20 Rn. 45 m.w.N. und vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 37.07 - BVerwGE 132, 324 Rn. 8 = Buchholz 428.2 § 8 VZOG Nr. 11 Rn. 8 m.w.N.).

42

Da es sich auch beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht um einen Schadenersatzanspruch im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften (§ 199 Abs. 2 und 3 BGB) handelt, unterliegen beide Ansprüche den allgemeinen Verjährungsregelungen und damit nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren. Vorher entstandene Ansprüche unterlagen der 30-jährigen Verjährungsfrist, die aber nach der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB auf die ab dem 1. Januar 2002 gemäß § 195 BGB geltende und an diesem Tage beginnende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren verkürzt worden ist.

43

Bei den monatsweise entstandenen Ausgleichsansprüchen beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des jeweiligen Jahres (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Außerdem muss der Gläubiger von der Person des Schuldners und den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt haben oder diese ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen können (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Dass er aber auch aus dieser Kenntnis die richtigen Rechtsfolgerungen zieht, wird nicht vorausgesetzt. Selbst wenn man aber mit der zivilrechtlichen Rechtsprechung bei einer verworrenen Rechtslage die Verjährungsfrist ausnahmsweise erst mit einer gerichtlichen Klärung der Rechtslage beginnen ließe (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 - juris Rn. 7 = WM 2008, 1077 f.; Urteile vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - juris Rn. 19 = LM BGB § 852 Nr. 150<9/1999> und vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547-549 ), führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hat der Senat den Billigkeitsausgleich erstmals im Urteil vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 C 28.02 - (Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f.) gewährt, jedoch hatte der EuGH bereits 1991 den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch entwickelt (EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und C 9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991, I 5357 Rn. 35; vgl. auch Urteil vom 25. November 2010 - Fuß - a.a.O. Rn. 45). Ein hinreichend qualifizierter Verstoß des Beklagten gegen Unionsrecht ist zudem seit dem Urteil des EuGH vom 3. Oktober 2000 - Rs. C-303/98, Simap - (Slg. 2000, I-7997) anzunehmen, sodass spätestens seitdem hinreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch wegen der Zuvielarbeit erfolgversprechend sein könnte.

44

Der Lauf der Verjährungsfrist wird durch Klageerhebung oder durch den nach § 126 Abs. 3 BRRG im Beamtenrecht vorgeschalteten Widerspruch gemäß § 210 BGB a.F. unterbrochen sowie seit dem 1. Januar 2002 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt (vgl. Urteil vom 9. März 1979 - BVerwG 6 C 11.78 - juris Rn. 12, 13; Beschluss vom 14. April 2011 - BVerwG 2 B 27.10 - juris Rn. 18). Danach wurde die Verjährung der Ansprüche des Klägers bereits durch seinen Widerspruch vom März 1999 unterbrochen. Nach der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB gilt diese Unterbrechung mit Ablauf des 31. Dezember 2001 als beendet und zugleich der Lauf der neuen Verjährungsfrist mit dem Beginn des 1. Januar 2002 als gehemmt. Diese Hemmung endete gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sechs Monate nach Abschluss des vorhergehenden Klageverfahrens, das am 17. November 2005 nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen eingestellt worden war. Der Kläger hatte aber bereits vor Ablauf dieser sechs Monate, nämlich im Dezember 2005 erneut einen verjährungshemmenden Widerspruch eingelegt, sodass die Hemmung weiterhin andauert.

45

Unerheblich ist, dass der Kläger im erledigten Klageverfahren nur Feststellungsklage mit dem Ziel, die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit im Einsatzdienst der Feuerwehr für rechtsunwirksam erklären zu lassen, erhoben hatte. Denn mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zuvielarbeit stand zugleich fest, dass der Kläger einen Anspruch auf Freizeitausgleich für die zuviel gearbeiteten Stunden hatte.

46

8. Einen allgemeinen Grundsatz, der zur Zahlung von Verzugszinsen im öffentlichen Recht verpflichtet, gibt es nicht (vgl. Urteile vom 15. März 1989 - BVerwG 7 C 42.87 - BVerwGE 81, 312 <317 f.> = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 7 S. 6 f., vom 18. Mai 1994 - BVerwG 11 A 1.92 - BVerwGE 96, 45 <59> = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 11 S. 12, vom 24. Januar 2007 - BVerwG 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 20 und vom 28. Juni 2011 - BVerwG 2 C 40.10 - USK 2011, 147, juris Rn. 11).

47

Sofern das einschlägige Fachrecht keine abweichenden Regelungen enthält, können allerdings nach den auch im Verwaltungsprozess anwendbaren Vorschriften der § 291 Satz 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB Rechtshängigkeitszinsen verlangt werden. Nach § 291 Satz 1 BGB hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an eine Geldschuld zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Unerheblich ist insoweit, ob der Anspruch nur hilfsweise geltend gemacht worden war (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 - VIII ZR 296/88 - NJW-RR 1990, 518 f. m.w.N.). Die Geldschuld muss im öffentlichen Recht in der Weise konkretisiert sein, dass ihr Umfang eindeutig bestimmt ist oder rechnerisch unzweifelhaft ermittelt werden kann. Es darf keine weitere Rechtsanwendung erforderlich sein, um den Geldbetrag zu beziffern. Insofern tritt bereits durch eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Geldforderung deren Rechtshängigkeit ein, wenn die Forderung nur dem Grunde nach streitig ist (zum Ganzen Urteile vom 28. Juni 1995 - BVerwG 11 C 22.94 - BVerwGE 99, 53 <55>, vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 28.97 - Buchholz 239.1 § 49 BeamtVG Nr. 5, vom 27. Oktober 1998 - BVerwG 1 C 38.97 - BVerwGE 107, 304 <305 ff.> und vom 22. Februar 2001 - BVerwG 5 C 34.00 - BVerwGE 114, 61 <62 ff.>; Beschluss vom 25. Januar 2006 - BVerwG 2 B 36.05 - Buchholz 240 § 3 BBesG Nr. 7 S. 3).

48

Die Ausgleichsansprüche sind zwar monatsweise entstanden und jeweils sofort fällig, sie waren aber zunächst nur auf Freizeitausgleich gerichtet. An deren Stelle sind Ansprüche auf Ausgleich durch eine Geldentschädigung erst getreten, nachdem die Beklagte schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hatte, dass die Erfüllung der Ansprüche auf Freizeitausgleich eine Gefährdung der uneingeschränkten Einsatzbereitschaft der Feuerwehr herbeiführen könnte. Auch wenn die Beklagte diesen, einem Freizeitausgleich entgegenstehenden zwingenden dienstlichen Grund, geltend machen musste, haftete er den Ausgleichsansprüchen gleichwohl von vornherein an, sodass Rechtshängigkeitszinsen bereits ab Klageerhebung verlangt werden können.

Tatbestand

1

Der Kläger beansprucht finanziellen Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit.

2

Der 1961 geborene Kläger stand bis zu seiner antragsgemäßen Entlassung mit Ablauf des 30. April 2009 als Berufssoldat im Dienst der Beklagten. Von Anfang 2002 bis zu seiner Entlassung leistete er als Oberfeldarzt (BesGr A 15 BBesO) Dienst im Bundeswehrzentralkrankenhaus K. Beruhten die im Rahmen des Dienstes angefallenen Überstunden des Klägers auf zusammenhängenden Einzeldiensten von mehr als zwölf Stunden, wurden sie teilweise aufgrund einer Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums der Verteidigung durch Freizeitausgleich abgegolten. War ein Freizeitausgleich nicht möglich, erhielt der Kläger für diese zusammenhängenden Einzeldienste aufgrund einer Rechtsverordnung eine finanzielle Vergütung.

3

Anfang August 2009 beantragte der Kläger die Auszahlung einer Vergütung für insgesamt 2 360,26 von ihm geleistete Überstunden, für die kein Freizeitausgleich erfolgt sei. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Beschwerde blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers abgewiesen.

4

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zugelassen, soweit dieser einen finanziellen Ausgleich für Mehrarbeit über eine durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinaus beansprucht hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Beklagte unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger für in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. April 2009 geleistete Zuvielarbeit von insgesamt 367,92 Stunden finanziellen Ausgleich nach dem jeweils geltenden Stundensatz für die beamtenrechtliche Mehrarbeitsvergütung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

5

Ausgleichsansprüche für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis Ende Dezember 2005, gleich ob unions- oder nationalrechtlichen Ursprungs, seien verjährt. Für den Zeitraum von Januar 2006 bis Ende April 2009 habe der Kläger unter dem Gesichtspunkt des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs wegen unionsrechtswidrig geleisteter Zuvielarbeit einen Anspruch auf Geldausgleich. Die Höhe des Ausgleichs bemesse sich nach den im jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Sätzen der beamtenrechtlichen Mehrarbeitsvergütung. Die Überschreitung der Arbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum bestimme sich nicht nach der einzelnen Woche. Sachgerecht sei insoweit ein Bezugszeitraum von vier Monaten. Es sei nicht nur der unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaub von vier Wochen, sondern der gesamte Urlaub mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen.

6

Hiergegen wendet sich die bereits vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26. September 2012 in vollem Umfang zurückzuweisen

und

die Anschlussrevision zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen

und

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, dem Kläger für weitere 1 850,89 Stunden finanziellen Ausgleich zu gewähren sowie der Berechnung der Ausgleichszahlung insgesamt die im Zuvielarbeitszeitraum bezogene Besoldung nach BesGr A 15 BBesO (mindestens 24 €/Stunde) zugrunde zu legen, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch setze keine zeitnahe Geltendmachung durch den Betroffenen voraus, verletzt revisibles Recht. Ob sich das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht entscheiden.

9

In dem Zeitraum ab 2006, in dem die Ansprüche des Klägers nicht verjährt sind, sind die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs gegeben (1). Art. 22 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG), der die Anwendung der Begrenzung der Höchstarbeitszeit durch Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ausschließt, ist nicht anwendbar (2). Der Dienstherr muss lediglich die rechtswidrige Zuvielarbeit ausgleichen, die der Berechtigte ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet hat (3). Der noch nicht verfallene Ausgleichsanspruch ist primär auf Ausgleich in Freizeit ausgerichtet. Da diese Form des Ausgleichs aus vom Kläger nicht zu vertretenden Gründen ausscheidet, wandelt sich der Ausgleichsanspruch in einen solchen auf finanziellen Ausgleich um (4). Etwaige Ausgleichansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt (5). Ob der Kläger Zuvielarbeit geleistet hat, bestimmt sich mangels einer anderweitigen Regelung durch den nationalen Normgeber nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum (6). Der gesamte dem Kläger nach nationalem Recht zustehende Urlaub ist mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen (7). Zahlungen wegen zusammenhängender und nicht auszugleichender Dienste führen nicht zu einer Reduzierung der in den betreffenden Siebentageszeiträumen geleisteten Arbeitszeit (8). Für den Geldausgleich sind die Sätze der Mehrarbeitsvergütung für Beamte maßgeblich (9). Vergütungen, die der Kläger wegen zusammenhängender Dienste oder wegen Dienste zu ungünstigen Zeiten erhalten hat, sind nicht anzurechnen (10).

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1. Die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs sind im Zeitraum ab dem Jahr 2006 gegeben. Der unionsrechtliche Haftungsanspruch setzt voraus, dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (stRspr, EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 47 f.).

11

Im Zeitraum von Anfang 2006 bis Ende April 2009 sind zugleich grundsätzlich die Voraussetzungen des dienstrechtlichen Ausgleichsanspruchs aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gegeben (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26). Die beiden Ansprüche sind hinsichtlich der Verjährung sowie der Rechtsfolgen gleichgerichtet (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 14, 26 und 30).

12

a) Nach Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreitet. Diese Vorschrift verleiht dem Einzelnen Rechte, die dieser nach Ablauf der Frist zur Umsetzung der wortgleichen Vorgängerbestimmung des Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG in das Arbeitszeitrecht der Beklagten unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 56 ff.).

13

Entgegen dem Vorbringen der Beklagten ist es unerheblich, ob der Kläger gegenüber der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses gerügt hat, der Dienstplan verstoße gegen die unionsrechtlich zulässige Höchstarbeitszeit. Denn die aus der Richtlinie folgenden Rechte stehen dem Berechtigten unabhängig davon zu, ob er gegenüber dem umsetzungssäumigen Mitgliedstaat die Einhaltung dieser Vorschriften geltend gemacht hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78 m.w.N.).

14

b) Der Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ist auch hinreichend qualifiziert, weil die Beklagte hinsichtlich des Arbeitszeitrechts von Soldaten die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verkannt hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 51 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 18). Die Beklagte hat nicht die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebende Schlussfolgerung (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) berücksichtigt, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind.

15

Die Festsetzung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden einschließlich der Überstunden pro Siebentageszeitraum ist eindeutig. Die Vorgabe war gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung bis zum 23. November 1996 auch für Berufssoldaten in nationales Recht umzusetzen. Art. 288 Abs. 3 AEUV erfordert zur Umsetzung einer Richtlinie eine Rechtsnorm; eine Verwaltungspraxis oder eine Verwaltungsvorschrift reicht hierfür nicht aus. Die der Umsetzung einer Richtlinie dienende innerstaatliche Vorschrift muss, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen, konkret, bestimmt sowie klar sein; ferner muss ihre Verbindlichkeit unbestreitbar sein. Eine Verwaltungspraxis, die nicht normativ begründet oder verfestigt ist, sodass die Verwaltung sie beliebig ändern kann, und die nur unzureichend bekannt ist, ist nicht als eine wirksame Erfüllung der Verpflichtung aus Art. 288 Abs. 3 AEUV anzusehen (EuGH, Urteile vom 30. Mai 1991 - C-361/88 - Slg. 1991, I-2596 Rn. 20 ff. und vom 16. Dezember 1997 - C-316/96 - Slg. 1997, I-7231 Rn. 16).

16

Im streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 ging die Beklagte noch davon aus, die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union erfassten Soldaten generell nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2011 - 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20). Erlasse, Befehle und Verwaltungsvorschriften reichen jedoch zur Umsetzung der auch für Soldaten geltenden Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie nicht aus. Erst durch § 30c SG (in der Fassung des insoweit am 23. Mai 2015 in Kraft getretenen Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetzes vom 13. Mai 2015, BGBl. I S. 706) ist die Arbeitszeit von Soldaten inzwischen normativ geregelt worden.

17

Nach ihrem Art. 1 Abs. 3 gilt die Richtlinie 2003/88/EG unbeschadet ihrer Art. 14, 17, 18 und 19 für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. Nr. L 183 S. 1). Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 RL 89/391/EWG, wonach diese Richtlinie keine Anwendung findet, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, z.B. bei den Streitkräften oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen, ist eng auszulegen (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff. und vom 5. Oktober 2004 - C-397/01 u.a., Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8835 Rn. 53 ff.; Beschluss vom 14. Juli 2005 - C-52/04, Personalrat der Feuerwehr Hamburg - Slg. 2005, I-7111 Rn. 42). Ausgenommen sind nicht die Dienste als solche, sondern nur bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben, die wegen der unbedingten Notwendigkeit, einen wirksamen Schutz des Gemeinwesens zu gewährleisten, eine Ausnahme von den Vorschriften der Richtlinie rechtfertigen. Hierunter fallen lediglich Natur- oder Technologiekatastrophen, Attentate, schwere Unglücksfälle oder andere Ereignisse gleicher Art, deren Schwere und Ausmaß Maßnahmen erfordern, die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sicherheit des Gemeinwesens unerlässlich sind und deren ordnungsgemäße Durchführung in Frage gestellt wäre, wenn alle Vorschriften der Richtlinien beachtet werden müssten. Aus dieser Rechtsprechung folgt ohne Weiteres, dass Soldaten, insbesondere die in den Krankenhäusern der Bundeswehr als Ärzte eingesetzten, nicht vom Anwendungsbereich der Arbeitszeitrichtlinien ausgenommen sind.

18

Ungeachtet der fehlenden Umsetzung der Richtlinie waren Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen. Ein Träger öffentlicher Gewalt ist auch in seiner Eigenschaft als öffentlicher Arbeitgeber zur Umsetzung des Unionsrechts verpflichtet (EuGH, Urteile vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 39 und 85 und vom 15. April 2008 - C-268/06, Impact - Slg. 2008, I-02483 Rn. 85). Danach hat die Beklagte nicht nur in ihrer Eigenschaft als zuständige Normgeberin durch dessen Nichtumsetzung hinreichend qualifiziert gegen das Unionsrecht verstoßen, sondern auch in ihrer Eigenschaft als Dienstherrin durch die Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs.

19

c) Zwischen dem Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG und dem Schaden, der durch den Verlust der Ruhezeit entstanden ist, die dem Kläger zugestanden hätte, wenn diese Vorgabe eingehalten worden wäre, besteht auch ein unmittelbarer Kausalzusammenhang.

20

Unerheblich ist, dass zusätzliche Dienste eines Berufssoldaten und der damit verbundene Verlust an Freizeit und Erholungszeit nach nationalem Recht keinen Schaden im Sinne des zivilrechtlichen Schadensersatzrechts darstellen. Maßgeblich ist insoweit allein auf das Unionsrecht abzustellen, das hierin einen Schaden sieht (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 59, 61 und 63 sowie Tenor 1 und 4; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 24).

21

2. Zur Begründung ihrer Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf finanziellen Ausgleich, weil Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG nicht anwendbar sei und der Kläger damit tatsächlich nicht unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet habe, kann sich die Beklagte nicht auf Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG berufen.

22

Nach Art. 22 RL 2003/88/EG ist es einem Mitgliedstaat freigestellt, Art. 6 RL 2003/88/EG nicht anzuwenden, wenn er die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer einhält und mit den erforderlichen Maßnahmen dafür sorgt, dass kein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangt, im Durchschnitt des Bezugszeitraums von vier Monaten mehr als 48 Stunden innerhalb eines Siebentageszeitraums zu arbeiten, es sei denn der Arbeitnehmer hat sich dazu bereit erklärt.

23

Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG eröffnet den Mitgliedstaaten lediglich die Möglichkeit zur Abweichung von den Vorgaben des Art. 6 RL 2003/88/EG, die der Mitgliedstaat durch den Erlass von zur Umsetzung ausreichenden Rechtsnormen ausnutzen muss. Hat jedoch der Mitgliedstaat, wie hier, von dieser Möglichkeit im streitgegenständlichen Zeitraum nicht durch den Erlass einer Rechtsnorm Gebrauch gemacht, ist Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG für die Entscheidung mit der Folge unerheblich, dass grundsätzlich Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG heranzuziehen ist (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 35 ff. und 50 und vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 33).

24

Im Übrigen merkt der Senat zur Argumentation der Beklagten zum Merkmal "verlangt" im Sinne von Art. 22 RL 2003/88/EG an, dass die Haltung der Beklagten in sich widersprüchlich ist. Die Beklagte hat insoweit geltend gemacht, sie habe den Kläger nie angewiesen, mehr als 48 Stunden wöchentlich Dienst zu leisten, und dieser habe sie durch seine darüber hinausgehende Dienstleistung vor vollendete Tatsachen gestellt, obwohl der Chefarzt des Bundeswehrzentralkrankenhauses im März 2006 auf die Einhaltung der wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden bezogen auf vier Monate gedrungen habe. Die Beklagte lässt dabei unberücksichtigt, dass der Kläger seinen Dienst allein aufgrund und entsprechend der von ihr vorgegebenen Dienstpläne verrichtet hat, die den unionsrechtlichen Vorgaben zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit widersprachen, denen aber der Kläger als Soldat Folge zu leisten hatte.

25

3. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen rechtswidriger Zuvielarbeit setzt - wie der nationale dienstrechtliche Ausgleichsanspruch - voraus, dass der vom Beamten oder Soldaten zuvor geltend gemacht worden ist. Auszugleichen ist die rechtswidrige Zuvielarbeit, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet worden ist (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26).

26

a) Besoldungsansprüche von Beamten und Soldaten ergeben sich unmittelbar aus Gesetz (§ 2 Abs. 1 BBesG), eines Antrages bedarf es daher nicht. Entsprechendes gilt für Versorgungsbezüge (§ 3 Abs. 1 BeamtVG, § 1a Abs. 1 SVG): Rechtsgrund der Alimentierung von Ruhestandsbeamten ist zwar der Versorgungsfestsetzungsbescheid, auch dieser ergeht indes von Amts wegen (§ 49 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 SVG) und bedarf daher weder eines Antrags noch einer Hinweispflicht (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 C 59.11 - BVerwGE 145, 14 Rn. 34).

27

Ansprüche, deren Festsetzung und Zahlung sich nicht unmittelbar aus Gesetz ergeben, bedürfen dagegen einer vorherigen Geltendmachung (BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - BVerfGE 81, 363 <384 f.>; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27). Denn hier ist eine vorgängige Entscheidung über Grund und Höhe der begehrten Zahlung erforderlich.

28

Für Ansprüche wegen rechtswidriger Zuvielarbeit gilt dies in besonderer Weise. Diese sind nicht primär auf die Zahlung eines finanziellen Ausgleichs gerichtet, sondern auf die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands. Durch den Hinweis des Beamten oder Soldaten ist daher zunächst eine Prüfung seines Dienstherrn veranlasst, ob eine Änderung der Arbeitszeitgestaltung erforderlich ist und ob eine rechtswidrige Zuvielarbeit - etwa durch Anpassung der maßgeblichen Dienstpläne - vermieden oder durch die Gewährung von Freizeitausgleich kompensiert werden kann. Ohne entsprechende Rüge muss der Dienstherr nicht davon ausgehen, jeder Beamte werde die Überschreitung der aktuellen Arbeitszeitregelung beanstanden. Auch hinsichtlich der möglichen finanziellen Ausgleichspflicht hat der Dienstherr ein berechtigtes Interesse daran, nicht nachträglich mit unvorhersehbaren Zahlungsbegehren konfrontiert zu werden (BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 - 2 C 7.06 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 39 Rn. 15).

29

Der Soldat oder Beamte wird durch das Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs gegenüber seinem Dienstherrn auch nicht unzumutbar belastet. Denn an die Rüge des Berechtigten sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn sich aus der schriftlichen Äußerung ergibt, dass der Beamte oder Soldat die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt hält. Weder ist ein Antrag im rechtstechnischen Sinne erforderlich noch muss Freizeitausgleich, hilfsweise finanzieller Ausgleich, beantragt oder der finanzielle Ausgleich konkret berechnet werden (BVerwG, Urteile vom 27. Mai 2010 - 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 15 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27).

30

b) Die Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung auch auf den nicht normativ geregelten unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch ist mit Unionsrecht vereinbar (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 20). Soweit der Senat zwischenzeitlich (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 141, 381 Rn. 25; ebenso Beschluss vom 1. Juli 2014 - 2 B 39.13 - Buchholz 237.8 § 80 RhPLBG Nr. 1 Rn. 6 f.), veranlasst durch eine aus heutiger Sicht möglicherweise fehlinterpretierte Aussage des Gerichtshofs der Europäischen Union in dessen Urteil vom 25. November 2010 (C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78, 84, 86 f., 90), Gegenteiliges vertreten hat, hält der Senat daran nicht mehr fest; nach den insoweit eindeutigen Aussagen des Gerichtshofs in dessen Urteil vom 19. Juni 2014 (C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 ff.) ist dies überholt. Voraussetzung für die Vereinbarkeit des genannten Grundsatzes mit Unionsrecht ist, dass den Anforderungen des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes Rechnung getragen ist (EuGH, Urteile vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 bis 115 und Urteil vom 9. September 2015 - C-20/13, Unland - ZBR 2015, 414 Rn. 72).

31

Die den nationalen Gerichten obliegende Prüfung ergibt, dass die Voraussetzungen der beiden unionsrechtlichen Vorgaben in Bezug auf das Gebot der zeitnahen Geltendmachung erfüllt sind. Dem Gebot, dass die Modalitäten zur Durchsetzung des unionsrechtlichen Anspruchs nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz), ist Rechnung getragen. Der - neben dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch bestehende, richterrechtlich entwickelte - Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ist nur gegeben, wenn der Berechtigte diesen gegenüber seinem Dienstherrn schriftlich geltend macht (BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 ff.). Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung ist im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Berechtigten und die Behörde schützt, mit diesen Vorgaben des Unionsrechts vereinbar (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - C-262/09, Meilicke - Slg. 2011, I-5669 Rn. 56 m.w.N.). Zudem sind, wie dargelegt, die Anforderungen an die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs gering. Denn der Berechtigte muss gegenüber dem Dienstherrn lediglich schriftlich zum Ausdruck bringen, er halte die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt.

32

c) Ob der Kläger Ausgleichsansprüche in den Jahren 2002 bis 2005 jeweils entsprechend den genannten Anforderungen geltend gemacht hat, kann dahinstehen. Denn die etwaigen Ausgleichsansprüche sind verjährt (dazu nachfolgend 4.). Auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch, den der Berechtigte rechtzeitig geltend gemacht hat, unterliegt der Verjährung (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19).

33

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat sich der Kläger im Oktober 2007, im Juli 2008 und im August 2009 an seinen Dienstherrn gewandt und die Festsetzung seiner wöchentlichen Arbeitszeit beanstandet. Demgegenüber fehlen für das Jahr 2006 entsprechende Feststellungen, die das Revisionsgericht nicht treffen darf. Im neuerlichen Berufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof deshalb zu prüfen, ob der Kläger auch im Jahr 2006 gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung oder der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses die Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit schriftlich geltend gemacht hat.

34

4. Der primär auf Ausgleich in Zeit gerichtete Anspruch des Klägers ist in einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich umgewandelt, der weder verfallen noch aus anderen Gründen ausgeschlossen ist.

35

a) Der Haftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit ist primär auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Zweck der Begrenzung der Höchstarbeitszeit pro Siebentageszeitraum, den Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, ist nicht durch eine Geldzahlung, sondern durch die Freistellung von der Pflicht zur Dienstleistung zu erreichen.

36

Scheidet aber die Gewährung von Freizeit zum Ausgleich der Zuvielarbeit aus vom Berechtigten nicht zu vertretenden Gründen aus, so gebietet es der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz, dass die entstandenen Ansprüche nicht untergehen, sondern sich in solche auf finanziellen Ausgleich umwandeln (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 34 ff.). Danach sind hier finanzielle Ausgleichsansprüche des Klägers nicht ausgeschlossen, weil die angespannte Personalsituation in der Abteilung des Bundeswehrzentralkrankenhauses, in der der Kläger in führender Funktion Dienst zu leisten hatte, der Gewährung von Freizeit zur Abgeltung der entstandenen Ansprüche entgegenstand.

37

b) Der zum Ausgleich verpflichtete Dienstherr ist auch befugt, den Verfall des Ausgleichsanspruchs vorzusehen, um einem unbegrenzten Anhäufen von Ausgleichsstunden vorzubeugen.

38

Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr vom 20. Oktober 1998 in der Fassung vom 1. Februar 2003 (Erlass über den Ausgleich besonderer zeitlicher Belastungen der Soldaten, BMVg Fü S I 1) sah hier (III.C.16) eine Frist zur Abgeltung von zwölf Monaten vor. Für den Bereich der Bundeswehrkrankenhäuser waren aber wegen der besonderen Anforderungen an das klinische Personal, die zu einem erheblichen Anstieg der Ausgleichsansprüche geführt hatten, Sonderregelungen erlassen worden (Weisungen des Sanitätsführungskommandos vom 23. März 2004 und vom 15. Juni 2007 sowie Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009). Diese sehen aus Gründen des Vertrauensschutzes die Abgeltung der Ansprüche im Zeitraum bis Ende Dezember 2014 vor.

39

c) Auch wenn der Beamte oder Soldat den Entschluss fasst, das Dienstverhältnis zu beenden, steht ihm kein Wahlrecht zwischen Freizeitausgleich und einem Ausgleich in Geld zu (kein "dulde und liquidiere"). Er ist gehalten, sich mit diesem Anliegen so rechtzeitig an seinen Dienstherrn zu wenden, dass diesem noch der Ausgleich der Zuvielarbeitsstunden durch die Gewährung von Freizeit möglich bleibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. September 2011 - 2 B 33.11 - juris Rn. 7 ff. zum Ausgleich der von Lehrern zu leistenden Vorgriffsstunden).

40

Nach diesen Grundsätzen war hier die Umwandlung der Ansprüche auf Freizeitausgleich in solche auf finanziellen Ausgleich nicht ausgeschlossen. Der Kläger hat die Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines Berufssoldaten mehr als drei Monate vor seiner Entlassung beantragt. Dieser Zeitraum ist für die Durchführung des Ausgleichs durch Freistellung vom Dienst als ausreichend anzusehen. Aufgrund der Personalsituation in der Abteilung für Neurochirurgie war dem Bundeswehrkrankenhaus die Freistellung des Klägers vom Dienst bis Ende April 2009 nicht in ausreichendem Maße möglich.

41

5. Etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt. Die Verjährungsfrist endete hinsichtlich des (letzten) Jahres 2005 mit Ablauf des 31. Dezember 2008.

42

a) Fehlen, wie hier, unionsrechtliche Vorgaben zur Verjährung, gelten die Verjährungsregeln des nationalen Rechts. Regelt das einschlägige Fachrecht die Verjährung nicht, so sind die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Dabei ist nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste analog heranzuziehen ist (BVerwG, Urteile vom 15. Juni 2006 - 2 C 10.05 - Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 45 Rn. 19 m.w.N., vom 24. Januar 2007 - 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 Rn. 45 und vom 11. Dezember 2008 - 3 C 37.07 - BVerwGE 132, 324 Rn. 8).

43

Da es sich auch beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht um einen Schadenersatzanspruch im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften (§ 199 Abs. 2 und 3 BGB) handelt, unterliegt der Anspruch den allgemeinen Verjährungsregelungen und damit nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren (§ 195 BGB).

44

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union genügt eine nationalrechtliche Verjährungsfrist von drei Jahren, die auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch angewendet wird, den Vorgaben des Grundsatzes der Gleichwertigkeit und der Effektivität (EuGH, Urteil vom 24. März 2009 - C-445/06, Danske Slagterier - Slg. 2009, I-2119 Rn. 31 f. m.w.N.).

45

b) Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Die unionsrechtswidrige Zuvielarbeit begründet einen einheitlichen Ausgleichsanspruch des betroffenen Soldaten oder Beamten (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 48 zum Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen). Während des aktiven Dienstverhältnisses ist der Anspruch grundsätzlich auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Scheidet diese Form des Ausgleichs aus, so wandelt sich der Anspruch um in einen solchen auf finanzielle Abgeltung. Bei dem letztgenannten Anspruch handelt sich entgegen dem Vorbringen des Klägers aber nicht um einen neuen Anspruch, dessen Verjährung neu zu laufen beginnt. Vielmehr ändert sich lediglich die Form des wegen des Verstoßes gegen die wöchentliche Höchstarbeitszeit gebotenen Ausgleichs. Die Annahme eines einheitlichen Anspruchs, der zwar je nach tatsächlicher Sachlage unterschiedliche Rechtsfolgen hat, aber einheitlich verjährt, entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren Konstellationen (BGH, Urteil vom 28. April 1993 - VIII ZR 109/92 - NJW-RR 1993, 1227 <1228> zur Umwandlung eines Aufwendungsersatzanspruchs).

46

Der Senat hält § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im öffentlichen Recht für anwendbar, wonach der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist auch voraussetzt, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 43, anders Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 50 m.w.N.). Es bedarf aber nicht des Verfahrens nach § 11 VwGO, weil hier auch die zusätzlichen Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Folge erfüllt sind, dass etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers bis zum Jahr 2005 verjährt sind.

47

§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt grundsätzlich voraus, dass der Berechtigte die Tatsachen kennt, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Grundsätzlich ist nicht erforderlich, dass der Berechtigte aus dieser Erkenntnis die richtigen Rechtsfolgerungen zieht. Selbst wenn man aber mit der zivilrechtlichen Rechtsprechung bei einer verworrenen Rechtslage die Verjährungsfrist ausnahmsweise erst mit einer gerichtlichen Klärung der Rechtslage beginnen ließe (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 - NJW-RR 2008, 1237 Rn. 7; Urteile vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - NJW 1999, 2041 <2042 f.> und vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547 ), führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Den Haftungsanspruch eines Berechtigten gegen einen Mitgliedstaat wegen der Verletzung der Pflichten aus dem Unionsrecht hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits 1991 entwickelt (EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991, I 5357 Rn. 35). Der Umfang seiner tatsächlichen Dienstleistung - über 48 Stunden pro Siebentageszeitraum hinaus - war dem Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts bekannt. Auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 (C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) war im Sinne des Erfordernisses des hinreichend qualifizierten Verstoßes der Beklagten gegen das Unionsrecht bei der Festsetzung der Arbeitszeit von Ärzten der Bundeswehrkrankenhäuser auch eindeutig, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind. Seit der Verkündung dieses Urteils bestanden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine auf einen Staatshaftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit gestützte Rechtsverfolgung eines Soldaten erfolgversprechend sein könnte.

48

Dem Vorbringen des Klägers zum Merkmal des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, er habe in den Jahren 2002 bis 2005 nicht wissen können, dass er als Ausgleich für die Zuvielarbeit wegen seiner antragsgemäßen Entlassung zum Ende April 2009 Dienstbefreiung nicht werde in Anspruch nehmen können, so dass "Kenntnis" erst seit dem Jahr 2009 gegeben sei, ist nicht zu folgen. Wie dargelegt, handelt es sich bei dem Anspruch auf Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit um einen einheitlichen Anspruch, so dass die Wandlung des Anspruchsinhalts - Geldzahlung anstelle der Freistellung vom Dienst - unerheblich ist.

49

Auch auf das Urteil des OVG Koblenz vom 29. April 2014 (2 A 11163/13 - NVwZ-RR 2014, 726) kann sich der Kläger zur Begründung seiner Auffassung, er habe erst im Jahr 2009 infolge seiner Entlassung aus dem Dienstverhältnis von seinem Anspruch auf Geldausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis erlangt, nicht stützen. Denn das in diesem Fall maßgebliche Landesrecht regelt beide Ansprüche - Anspruch auf Freizeitausgleich und Anspruch auf Entschädigung wegen Mehrarbeit - gesondert und bestimmt, dass ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich wegen angeordneter Mehrarbeit erst dann angenommen werden kann, wenn feststeht, dass die Mehrarbeit aus zwingenden Gründen nicht durch Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden kann.

50

c) Aufgrund der das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zum Inhalt der Schreiben des Klägers an die Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom Oktober 2007 sowie vom Juli 2008 haben diese die Verjährung nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt. Sie beschränken sich auf Hinweise und Anregungen und überlassen die Konkretisierung der Ansprüche der Beklagten als Dienstherrin. Den Schreiben lässt sich nicht der Hinweis entnehmen, der Kläger sei bereits entschlossen, seinen Anspruch unmittelbar im Klagewege durchzusetzen.

51

Ausgeschlossen ist auch die Annahme der Hemmung der Verjährung nach § 203 Satz 1 BGB wegen schwebender Verhandlungen der Beteiligten. Denn die Beklagte hat auf die beiden genannten Schreiben des Klägers zur Entwicklung der Zahl der Überstunden nicht reagiert.

52

d) Die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung verletzt schließlich weder die Fürsorgepflicht der Beklagten als Dienstherrin noch ist sie ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig.

53

Das Vorbringen des Klägers, in den von der Beklagten vorgegebenen Zeiterfassungsbögen sei nicht auf die Möglichkeit des Verfalls eines Ausgleichsanspruchs hingewiesen worden, sodass die Beklagte ihn von einer zeitnahen Geltendmachung abgehalten habe, ist unbegründet. Die allgemeine Fürsorgepflicht (§ 31 Abs. 1 SG) gebietet dem Dienstherrn nicht, Soldaten oder Beamte auf den Ablauf von Fristen hinzuweisen und sie zur Geltendmachung ihrer Ansprüche anzuhalten (BVerwG, Urteile vom 21. April 1982 - 6 C 34.79 - BVerwGE 65, 197 <203> und vom 30. Januar 1997 - 2 C 10.96 - BVerwGE 104, 55 <57 f.>.).

54

Aus Gründen der sparsamen Haushaltsführung ist der Dienstherr gehalten, gegenüber Ansprüchen von Soldaten oder Beamten die Einrede der Verjährung geltend zu machen. Der Einwand, die Berufung auf die Einrede der Verjährung verstoße gegen Treu und Glauben und sei deshalb unzulässig, setzt ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn voraus. Das nicht notwendig schuldhafte Verhalten des Dienstherrn muss den Berechtigten veranlasst haben, verjährungshemmende Schritte zu unterlassen. Unerheblich ist, ob der Beamte keine Kenntnis von den ihm zustehenden Ansprüchen hatte oder ob er von der rechtzeitigen Geltendmachung bewusst abgesehen hat, weil er nach Treu und Glauben davon ausgehen konnte, der Dienstherr werde sich nicht auf die Verjährung berufen (BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 12 Rn. 23).

55

Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann ein solches qualifiziertes Fehlverhalten der Beklagten nicht festgestellt werden. Die Ausführungen im Protokoll der Abteilungsleiterbesprechung vom 8. Oktober 2007 haben dem Kläger keinen Anlass gegeben, seinerseits Schritte zur Hemmung der Verjährung der ihm zustehenden Ansprüche zu unterlassen. Im Protokoll werden lediglich die vom Kläger im Zeitraum von Anfang September 2005 bis Ende September 2007 geleisteten Überstunden zusammengefasst. Ferner wird ausgeführt, dass "kleine" und "große" Anrechnungsfälle - Ausgleich für zusammenhängende Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden - für den Zeitraum 2004 bis 2006 vollständig finanziell abgerechnet wurden.

56

Auch auf den erst im Revisionsverfahren vorgelegten Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009, der an den Dienstzeitausgleichserlass des Bundesministeriums anknüpft und die Aufrechterhaltung von Ansprüchen auf Freizeitausgleich betrifft, kann sich der Kläger nicht stützen. Denn in diesem Erlass wird ausdrücklich auf den Aspekt der Verjährung von Ansprüchen aufgrund der Vorschrift des § 195 BGB hingewiesen.

57

6. Ob der Kläger unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet hat, bestimmt sich nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum im Sinne von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG.

58

a) Bei der Bestimmung des maßgeblichen Bezugszeitraums hat sich der Verwaltungsgerichtshof auf die Regelung des Art. 16 Buchst. b) RL 2003/88/EG berufen und im Hinblick auf eine allerdings nicht normativ begründete Verwaltungspraxis der Beklagten einen Bezugszeitraum von vier Monaten für sachgerecht erachtet (ebenso OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Januar 2011 - 5 LC 178/09 - DVBl. 2011, 582). Dies verletzt revisibles Recht.

59

Ebenso wie Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG wendet sich auch Art. 16 dieser Richtlinie ("Die Mitgliedstaaten können... vorsehen“) an den Mitgliedstaat. Dieser ist zu der von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG abweichenden Festlegung des Bezugszeitraums ("bis zu vier Monaten") berechtigt, aber nicht verpflichtet. Ob und inwieweit der Mitgliedstaat diese Ermächtigung zu der für den Arbeitnehmer ungünstigen Ausdehnung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monaten ausnutzt, ist Sache der gesetzgebenden Organe des Mitgliedstaates, weil nur sie die zur Umsetzung einer Richtlinie erforderlichen Rechtsnomen erlassen können. Die Ausübung der Ermächtigung ist jedenfalls nicht den das Recht anwendenden nationalen Gerichten in dem Sinne überantwortet, dass diese den Bezugszeitraum nach dem Aspekt der "Sachgerechtigkeit" festlegen können. Um die ihm eingeräumte Befugnis in Anspruch zu nehmen, muss der Mitgliedstaat auch die Entscheidung treffen, sich auf diese Ermächtigung zu berufen. Im Interesse der Rechtssicherheit muss diese Entscheidung des Mitgliedstaates aber bestimmt und klar sein (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 - C-227/09, Accardo - Slg. 2010, I-10273 Rn. 50 f. m.w.N. und Rn. 55).

60

Im Zeitraum bis Ende April 2009 hatte die Beklagte noch nicht von der Möglichkeit zur Erstreckung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monate durch Erlass einer entsprechenden Rechtsnorm Gebrauch gemacht. Die schriftliche Anordnung des Chefarztes des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom März 2006, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit dürfe, bezogen auf vier Monate, 48 Stunden nicht überschreiten, erfüllt nicht die formellen Anforderungen an die Ausnutzung der dem Mitgliedstaat eröffneten Befugnis zur Ausdehnung des Bezugszeitraums.

61

b) Auch die sonstigen Bestimmungen der RL 2003/88/EG, die zu einer Verlängerung des Bezugszeitraums führen können - nach Art. 19 Abs. 2 RL 2003/88/EG bis zu zwölf Monate bei Festlegungen in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen Sozialpartnern -, greifen nicht zu Gunsten der Beklagten ein. Art. 17 Abs. 3 Buchst. c) i) und Art. 18 RL 2003/88/EG setzen jeweils voraus, dass der Mitgliedstaat Regelungen im Sinne von Art. 16 RL 2003/88/EG erlassen hat, die den Anforderungen an die Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht im Sinne von Art. 288 Abs. 3 AEUV genügen. Daran fehlt es aber ebenso wie an der Ausnutzung der genannten Befugnisse ("sind...zulässig" und "kann abgewichen werden") durch den Erlass einer für die Umsetzung erforderlichen Rechtsnorm des innerstaatlichen Normgebers. Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr reichte hierfür als bloße Verwaltungsvorschrift nicht aus.

62

7. Art. 16 Buchst. b Satz 2 RL 2003/88/EG schreibt vor, dass die nach Art. 7 RL 2003/88/EG gewährten Zeiten des bezahlten Jahresurlaubs sowie die Krankheitszeiten bei der Berechnung des Durchschnitts unberücksichtigt bleiben oder neutral sind. Diese Vorgabe des Unionsrechts verlangt, dass ungeachtet der Frage der Umsetzung in innerstaatliches Recht durch eine Rechtsnorm die betreffenden Tage bei der Berechnung mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen sind.

63

Obwohl die Richtlinie lediglich auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen nach Art. 7 RL 2003/88/EG Bezug nimmt, ist auch der darüber hinausgehende, im nationalen Recht begründete Mehrurlaub mit der Soll-Arbeitszeit anzusetzen. Art. 15 RL 2003/88/EG lässt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Dies umfasst auch die Einräumung eines über den unionsrechtlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsanspruchs. Da der Kläger am Urlaubstag von der Pflicht zur Dienstleistung befreit ist und auch der Mehrurlaub der Erholung des Klägers dient, können diese Tage nicht als Ausgleich für eine Überschreitung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum herangezogen werden.

64

Auch Feiertage, die auf Wochentage fallen, sind mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit einzubeziehen und damit zu neutralisieren. Da der Kläger an diesen Tagen nicht zur Dienstleistung verpflichtet war, können sie nicht zum Ausgleich einer etwaigen Überschreitung der Höchstarbeitszeit herangezogen werden. Demgegenüber sind Zeiten, in denen dem Kläger auf Grundlage des Dienstzeitausgleichserlasses ein zeitlicher Ausgleich gewährt wurde, keine Arbeitszeit im Sinne von Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG.

65

8. Zur Arbeitszeit zählen unionsrechtlich sämtliche Zeiten, die vom betreffenden Arbeitnehmer im Rahmen von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit in der Dienststelle abgeleistet worden sind, unabhängig davon, welche Arbeitsleistung er während dieses Dienstes tatsächlich erbracht hat (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7997 Rn. 52). Auch die genaue Bestimmung der Zahl der auszugleichenden Stunden ist Aufgabe des erneut durchzuführenden Berufungsverfahrens.

66

In denjenigen Siebentageszeiträumen, in denen der Kläger wegen zusammenhängender Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden aufgrund der Verordnung über die Vergütung für Soldaten mit besonderer zeitlicher Belastung vom 2. Juni 1989 (- SzBelVergV -, BGBl. I S. 1075) Zahlungen erhalten hat, ist die Arbeitszeit entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht um vier oder acht Stunden zu reduzieren. Denn die finanziellen Vergütungen, die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SzBelVergV nur in Betracht kommen, wenn zum Ausgleich des zusammenhängenden Dienstes Freistellung vom Dienst nicht gewährt werden kann, reduzieren die Zahl der Stunden der unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit nicht. Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz muss jedoch grundsätzlich jede Stunde, die der Kläger innerhalb eines Siebentageszeitraumes über 48 Stunden hinaus gearbeitet hat, ausgeglichen werden.

67

9. Der Geldausgleich hat sich an den jeweils geltenden Stundensätzen der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (- MVergV -, BGBl. I S. 3494) zu orientieren. Zwar unterscheiden sich rechtmäßige Mehrarbeit und unionsrechtswidrige Zuvielarbeit. Dennoch geht es in beiden Fällen um den Ausgleich für eine überobligationsmäßige Heranziehung des Soldaten zum Dienst (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 35).

68

Auf die Besoldung kann nicht zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 39). Denn diese ist kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - BVerfGE 44, 249 <264>, vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <63> und vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <380>), sondern die Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte mit vollem persönlichen Einsatz der Erfüllung seiner Dienstpflichten widmet (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. April 1967 - 2 BvL 3/62 - BVerfGE 21, 329 <345>, vom 15. Oktober 1985 a.a.O. S. 59 und vom 20. März 2007 a.a.O.). Sie ist nicht auf die Entlohnung von Arbeitsstunden, sondern auf die Sicherstellung einer amtsangemessenen Lebensführung gerichtet.

69

Die in § 2 SzBelVergV bestimmten Sätze für zusammenhängende Dienste können nicht herangezogen werden. Denn es handelt sich um Pauschalsätze, die ungeachtet der genauen zeitlichen Inanspruchnahme des Soldaten zu zahlen sind. Der Grundsatz der größtmöglichen Wirksamkeit des Unionsrechts verlangt jedoch, dass für jede nicht anderweitig ausgeglichene Stunde Zuvielarbeit ein finanzieller Ausgleich geleistet wird. Zwar sieht die Verordnung über die Vergütung für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft von Sanitätsoffizieren in Bundeswehrkrankenhäusern vom 27. April 2012 (- SanOffzVerGVEV -, BGBl. I S. 1000) in § 5 Stundensätze vor, die sich nur wenig von denen des § 4 MVergV unterscheiden. Allerdings ist jene Verordnung erst am 1. Januar 2011 in Kraft getreten und galt deshalb im hier streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 noch nicht.

70

10. Die Vergütungen, die dem Kläger aufgrund von §§ 1 und 2 SzBelVergV im Hinblick auf von ihm geleistete zusammenhängende Dienste gezahlt worden sind, sind nicht auf den finanziellen Ausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit anzurechnen. Die beiden Zahlungen betreffen verschiedene Fallkonstellationen und knüpfen an unterschiedliche Belastungen des Soldaten an.

71

Das Entsprechende gilt für die Zahlungen, die der Kläger für Dienste zu ungünstigen Zeiten nach §§ 3 und 4 EZulV erhalten hat. Bei diesen geht es nicht um den Ausgleich für den Verstoß gegen die unionsrechtliche Vorgabe für die höchstzulässige Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum. Vielmehr soll die Erschwerniszulage zumindest finanziell die Nachteile ausgleichen, die einem Besoldungsempfänger durch Dienstleistungen zu Zeiten entstehen, an denen gemeinhin nicht gearbeitet wird.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Für alle Klagen der Beamten, Ruhestandsbeamten, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(2) Für Klagen des Dienstherrn gilt das gleiche.

(3) Für Klagen nach Absatz 1, einschließlich der Leistungs- und Feststellungsklagen, gelten die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung mit folgenden Maßgaben:

1.
Eines Vorverfahrens bedarf es auch dann, wenn die Maßnahme von der obersten Dienstbehörde getroffen worden ist.
2.
Den Widerspruchsbescheid erläßt die oberste Dienstbehörde. Sie kann die Entscheidung für Fälle, in denen sie die Maßnahme nicht selbst getroffen hat, durch allgemeine Anordnung auf andere Behörden übertragen; die Anordnung ist zu veröffentlichen.
3.
Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Abordnung oder die Versetzung haben keine aufschiebende Wirkung.
4.
Eines Vorverfahrens bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Tatbestand

1

Der Kläger beansprucht finanziellen Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit.

2

Der 1961 geborene Kläger stand bis zu seiner antragsgemäßen Entlassung mit Ablauf des 30. April 2009 als Berufssoldat im Dienst der Beklagten. Von Anfang 2002 bis zu seiner Entlassung leistete er als Oberfeldarzt (BesGr A 15 BBesO) Dienst im Bundeswehrzentralkrankenhaus K. Beruhten die im Rahmen des Dienstes angefallenen Überstunden des Klägers auf zusammenhängenden Einzeldiensten von mehr als zwölf Stunden, wurden sie teilweise aufgrund einer Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums der Verteidigung durch Freizeitausgleich abgegolten. War ein Freizeitausgleich nicht möglich, erhielt der Kläger für diese zusammenhängenden Einzeldienste aufgrund einer Rechtsverordnung eine finanzielle Vergütung.

3

Anfang August 2009 beantragte der Kläger die Auszahlung einer Vergütung für insgesamt 2 360,26 von ihm geleistete Überstunden, für die kein Freizeitausgleich erfolgt sei. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Beschwerde blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers abgewiesen.

4

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zugelassen, soweit dieser einen finanziellen Ausgleich für Mehrarbeit über eine durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinaus beansprucht hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Beklagte unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger für in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. April 2009 geleistete Zuvielarbeit von insgesamt 367,92 Stunden finanziellen Ausgleich nach dem jeweils geltenden Stundensatz für die beamtenrechtliche Mehrarbeitsvergütung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

5

Ausgleichsansprüche für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis Ende Dezember 2005, gleich ob unions- oder nationalrechtlichen Ursprungs, seien verjährt. Für den Zeitraum von Januar 2006 bis Ende April 2009 habe der Kläger unter dem Gesichtspunkt des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs wegen unionsrechtswidrig geleisteter Zuvielarbeit einen Anspruch auf Geldausgleich. Die Höhe des Ausgleichs bemesse sich nach den im jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Sätzen der beamtenrechtlichen Mehrarbeitsvergütung. Die Überschreitung der Arbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum bestimme sich nicht nach der einzelnen Woche. Sachgerecht sei insoweit ein Bezugszeitraum von vier Monaten. Es sei nicht nur der unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaub von vier Wochen, sondern der gesamte Urlaub mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen.

6

Hiergegen wendet sich die bereits vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26. September 2012 in vollem Umfang zurückzuweisen

und

die Anschlussrevision zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen

und

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, dem Kläger für weitere 1 850,89 Stunden finanziellen Ausgleich zu gewähren sowie der Berechnung der Ausgleichszahlung insgesamt die im Zuvielarbeitszeitraum bezogene Besoldung nach BesGr A 15 BBesO (mindestens 24 €/Stunde) zugrunde zu legen, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch setze keine zeitnahe Geltendmachung durch den Betroffenen voraus, verletzt revisibles Recht. Ob sich das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht entscheiden.

9

In dem Zeitraum ab 2006, in dem die Ansprüche des Klägers nicht verjährt sind, sind die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs gegeben (1). Art. 22 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG), der die Anwendung der Begrenzung der Höchstarbeitszeit durch Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ausschließt, ist nicht anwendbar (2). Der Dienstherr muss lediglich die rechtswidrige Zuvielarbeit ausgleichen, die der Berechtigte ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet hat (3). Der noch nicht verfallene Ausgleichsanspruch ist primär auf Ausgleich in Freizeit ausgerichtet. Da diese Form des Ausgleichs aus vom Kläger nicht zu vertretenden Gründen ausscheidet, wandelt sich der Ausgleichsanspruch in einen solchen auf finanziellen Ausgleich um (4). Etwaige Ausgleichansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt (5). Ob der Kläger Zuvielarbeit geleistet hat, bestimmt sich mangels einer anderweitigen Regelung durch den nationalen Normgeber nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum (6). Der gesamte dem Kläger nach nationalem Recht zustehende Urlaub ist mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen (7). Zahlungen wegen zusammenhängender und nicht auszugleichender Dienste führen nicht zu einer Reduzierung der in den betreffenden Siebentageszeiträumen geleisteten Arbeitszeit (8). Für den Geldausgleich sind die Sätze der Mehrarbeitsvergütung für Beamte maßgeblich (9). Vergütungen, die der Kläger wegen zusammenhängender Dienste oder wegen Dienste zu ungünstigen Zeiten erhalten hat, sind nicht anzurechnen (10).

10

1. Die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs sind im Zeitraum ab dem Jahr 2006 gegeben. Der unionsrechtliche Haftungsanspruch setzt voraus, dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (stRspr, EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 47 f.).

11

Im Zeitraum von Anfang 2006 bis Ende April 2009 sind zugleich grundsätzlich die Voraussetzungen des dienstrechtlichen Ausgleichsanspruchs aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gegeben (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26). Die beiden Ansprüche sind hinsichtlich der Verjährung sowie der Rechtsfolgen gleichgerichtet (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 14, 26 und 30).

12

a) Nach Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreitet. Diese Vorschrift verleiht dem Einzelnen Rechte, die dieser nach Ablauf der Frist zur Umsetzung der wortgleichen Vorgängerbestimmung des Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG in das Arbeitszeitrecht der Beklagten unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 56 ff.).

13

Entgegen dem Vorbringen der Beklagten ist es unerheblich, ob der Kläger gegenüber der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses gerügt hat, der Dienstplan verstoße gegen die unionsrechtlich zulässige Höchstarbeitszeit. Denn die aus der Richtlinie folgenden Rechte stehen dem Berechtigten unabhängig davon zu, ob er gegenüber dem umsetzungssäumigen Mitgliedstaat die Einhaltung dieser Vorschriften geltend gemacht hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78 m.w.N.).

14

b) Der Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ist auch hinreichend qualifiziert, weil die Beklagte hinsichtlich des Arbeitszeitrechts von Soldaten die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verkannt hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 51 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 18). Die Beklagte hat nicht die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebende Schlussfolgerung (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) berücksichtigt, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind.

15

Die Festsetzung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden einschließlich der Überstunden pro Siebentageszeitraum ist eindeutig. Die Vorgabe war gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung bis zum 23. November 1996 auch für Berufssoldaten in nationales Recht umzusetzen. Art. 288 Abs. 3 AEUV erfordert zur Umsetzung einer Richtlinie eine Rechtsnorm; eine Verwaltungspraxis oder eine Verwaltungsvorschrift reicht hierfür nicht aus. Die der Umsetzung einer Richtlinie dienende innerstaatliche Vorschrift muss, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen, konkret, bestimmt sowie klar sein; ferner muss ihre Verbindlichkeit unbestreitbar sein. Eine Verwaltungspraxis, die nicht normativ begründet oder verfestigt ist, sodass die Verwaltung sie beliebig ändern kann, und die nur unzureichend bekannt ist, ist nicht als eine wirksame Erfüllung der Verpflichtung aus Art. 288 Abs. 3 AEUV anzusehen (EuGH, Urteile vom 30. Mai 1991 - C-361/88 - Slg. 1991, I-2596 Rn. 20 ff. und vom 16. Dezember 1997 - C-316/96 - Slg. 1997, I-7231 Rn. 16).

16

Im streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 ging die Beklagte noch davon aus, die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union erfassten Soldaten generell nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2011 - 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20). Erlasse, Befehle und Verwaltungsvorschriften reichen jedoch zur Umsetzung der auch für Soldaten geltenden Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie nicht aus. Erst durch § 30c SG (in der Fassung des insoweit am 23. Mai 2015 in Kraft getretenen Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetzes vom 13. Mai 2015, BGBl. I S. 706) ist die Arbeitszeit von Soldaten inzwischen normativ geregelt worden.

17

Nach ihrem Art. 1 Abs. 3 gilt die Richtlinie 2003/88/EG unbeschadet ihrer Art. 14, 17, 18 und 19 für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. Nr. L 183 S. 1). Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 RL 89/391/EWG, wonach diese Richtlinie keine Anwendung findet, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, z.B. bei den Streitkräften oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen, ist eng auszulegen (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff. und vom 5. Oktober 2004 - C-397/01 u.a., Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8835 Rn. 53 ff.; Beschluss vom 14. Juli 2005 - C-52/04, Personalrat der Feuerwehr Hamburg - Slg. 2005, I-7111 Rn. 42). Ausgenommen sind nicht die Dienste als solche, sondern nur bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben, die wegen der unbedingten Notwendigkeit, einen wirksamen Schutz des Gemeinwesens zu gewährleisten, eine Ausnahme von den Vorschriften der Richtlinie rechtfertigen. Hierunter fallen lediglich Natur- oder Technologiekatastrophen, Attentate, schwere Unglücksfälle oder andere Ereignisse gleicher Art, deren Schwere und Ausmaß Maßnahmen erfordern, die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sicherheit des Gemeinwesens unerlässlich sind und deren ordnungsgemäße Durchführung in Frage gestellt wäre, wenn alle Vorschriften der Richtlinien beachtet werden müssten. Aus dieser Rechtsprechung folgt ohne Weiteres, dass Soldaten, insbesondere die in den Krankenhäusern der Bundeswehr als Ärzte eingesetzten, nicht vom Anwendungsbereich der Arbeitszeitrichtlinien ausgenommen sind.

18

Ungeachtet der fehlenden Umsetzung der Richtlinie waren Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen. Ein Träger öffentlicher Gewalt ist auch in seiner Eigenschaft als öffentlicher Arbeitgeber zur Umsetzung des Unionsrechts verpflichtet (EuGH, Urteile vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 39 und 85 und vom 15. April 2008 - C-268/06, Impact - Slg. 2008, I-02483 Rn. 85). Danach hat die Beklagte nicht nur in ihrer Eigenschaft als zuständige Normgeberin durch dessen Nichtumsetzung hinreichend qualifiziert gegen das Unionsrecht verstoßen, sondern auch in ihrer Eigenschaft als Dienstherrin durch die Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs.

19

c) Zwischen dem Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG und dem Schaden, der durch den Verlust der Ruhezeit entstanden ist, die dem Kläger zugestanden hätte, wenn diese Vorgabe eingehalten worden wäre, besteht auch ein unmittelbarer Kausalzusammenhang.

20

Unerheblich ist, dass zusätzliche Dienste eines Berufssoldaten und der damit verbundene Verlust an Freizeit und Erholungszeit nach nationalem Recht keinen Schaden im Sinne des zivilrechtlichen Schadensersatzrechts darstellen. Maßgeblich ist insoweit allein auf das Unionsrecht abzustellen, das hierin einen Schaden sieht (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 59, 61 und 63 sowie Tenor 1 und 4; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 24).

21

2. Zur Begründung ihrer Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf finanziellen Ausgleich, weil Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG nicht anwendbar sei und der Kläger damit tatsächlich nicht unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet habe, kann sich die Beklagte nicht auf Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG berufen.

22

Nach Art. 22 RL 2003/88/EG ist es einem Mitgliedstaat freigestellt, Art. 6 RL 2003/88/EG nicht anzuwenden, wenn er die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer einhält und mit den erforderlichen Maßnahmen dafür sorgt, dass kein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangt, im Durchschnitt des Bezugszeitraums von vier Monaten mehr als 48 Stunden innerhalb eines Siebentageszeitraums zu arbeiten, es sei denn der Arbeitnehmer hat sich dazu bereit erklärt.

23

Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG eröffnet den Mitgliedstaaten lediglich die Möglichkeit zur Abweichung von den Vorgaben des Art. 6 RL 2003/88/EG, die der Mitgliedstaat durch den Erlass von zur Umsetzung ausreichenden Rechtsnormen ausnutzen muss. Hat jedoch der Mitgliedstaat, wie hier, von dieser Möglichkeit im streitgegenständlichen Zeitraum nicht durch den Erlass einer Rechtsnorm Gebrauch gemacht, ist Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG für die Entscheidung mit der Folge unerheblich, dass grundsätzlich Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG heranzuziehen ist (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 35 ff. und 50 und vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 33).

24

Im Übrigen merkt der Senat zur Argumentation der Beklagten zum Merkmal "verlangt" im Sinne von Art. 22 RL 2003/88/EG an, dass die Haltung der Beklagten in sich widersprüchlich ist. Die Beklagte hat insoweit geltend gemacht, sie habe den Kläger nie angewiesen, mehr als 48 Stunden wöchentlich Dienst zu leisten, und dieser habe sie durch seine darüber hinausgehende Dienstleistung vor vollendete Tatsachen gestellt, obwohl der Chefarzt des Bundeswehrzentralkrankenhauses im März 2006 auf die Einhaltung der wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden bezogen auf vier Monate gedrungen habe. Die Beklagte lässt dabei unberücksichtigt, dass der Kläger seinen Dienst allein aufgrund und entsprechend der von ihr vorgegebenen Dienstpläne verrichtet hat, die den unionsrechtlichen Vorgaben zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit widersprachen, denen aber der Kläger als Soldat Folge zu leisten hatte.

25

3. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen rechtswidriger Zuvielarbeit setzt - wie der nationale dienstrechtliche Ausgleichsanspruch - voraus, dass der vom Beamten oder Soldaten zuvor geltend gemacht worden ist. Auszugleichen ist die rechtswidrige Zuvielarbeit, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet worden ist (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26).

26

a) Besoldungsansprüche von Beamten und Soldaten ergeben sich unmittelbar aus Gesetz (§ 2 Abs. 1 BBesG), eines Antrages bedarf es daher nicht. Entsprechendes gilt für Versorgungsbezüge (§ 3 Abs. 1 BeamtVG, § 1a Abs. 1 SVG): Rechtsgrund der Alimentierung von Ruhestandsbeamten ist zwar der Versorgungsfestsetzungsbescheid, auch dieser ergeht indes von Amts wegen (§ 49 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 SVG) und bedarf daher weder eines Antrags noch einer Hinweispflicht (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 C 59.11 - BVerwGE 145, 14 Rn. 34).

27

Ansprüche, deren Festsetzung und Zahlung sich nicht unmittelbar aus Gesetz ergeben, bedürfen dagegen einer vorherigen Geltendmachung (BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - BVerfGE 81, 363 <384 f.>; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27). Denn hier ist eine vorgängige Entscheidung über Grund und Höhe der begehrten Zahlung erforderlich.

28

Für Ansprüche wegen rechtswidriger Zuvielarbeit gilt dies in besonderer Weise. Diese sind nicht primär auf die Zahlung eines finanziellen Ausgleichs gerichtet, sondern auf die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands. Durch den Hinweis des Beamten oder Soldaten ist daher zunächst eine Prüfung seines Dienstherrn veranlasst, ob eine Änderung der Arbeitszeitgestaltung erforderlich ist und ob eine rechtswidrige Zuvielarbeit - etwa durch Anpassung der maßgeblichen Dienstpläne - vermieden oder durch die Gewährung von Freizeitausgleich kompensiert werden kann. Ohne entsprechende Rüge muss der Dienstherr nicht davon ausgehen, jeder Beamte werde die Überschreitung der aktuellen Arbeitszeitregelung beanstanden. Auch hinsichtlich der möglichen finanziellen Ausgleichspflicht hat der Dienstherr ein berechtigtes Interesse daran, nicht nachträglich mit unvorhersehbaren Zahlungsbegehren konfrontiert zu werden (BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 - 2 C 7.06 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 39 Rn. 15).

29

Der Soldat oder Beamte wird durch das Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs gegenüber seinem Dienstherrn auch nicht unzumutbar belastet. Denn an die Rüge des Berechtigten sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn sich aus der schriftlichen Äußerung ergibt, dass der Beamte oder Soldat die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt hält. Weder ist ein Antrag im rechtstechnischen Sinne erforderlich noch muss Freizeitausgleich, hilfsweise finanzieller Ausgleich, beantragt oder der finanzielle Ausgleich konkret berechnet werden (BVerwG, Urteile vom 27. Mai 2010 - 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 15 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27).

30

b) Die Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung auch auf den nicht normativ geregelten unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch ist mit Unionsrecht vereinbar (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 20). Soweit der Senat zwischenzeitlich (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 141, 381 Rn. 25; ebenso Beschluss vom 1. Juli 2014 - 2 B 39.13 - Buchholz 237.8 § 80 RhPLBG Nr. 1 Rn. 6 f.), veranlasst durch eine aus heutiger Sicht möglicherweise fehlinterpretierte Aussage des Gerichtshofs der Europäischen Union in dessen Urteil vom 25. November 2010 (C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78, 84, 86 f., 90), Gegenteiliges vertreten hat, hält der Senat daran nicht mehr fest; nach den insoweit eindeutigen Aussagen des Gerichtshofs in dessen Urteil vom 19. Juni 2014 (C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 ff.) ist dies überholt. Voraussetzung für die Vereinbarkeit des genannten Grundsatzes mit Unionsrecht ist, dass den Anforderungen des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes Rechnung getragen ist (EuGH, Urteile vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 bis 115 und Urteil vom 9. September 2015 - C-20/13, Unland - ZBR 2015, 414 Rn. 72).

31

Die den nationalen Gerichten obliegende Prüfung ergibt, dass die Voraussetzungen der beiden unionsrechtlichen Vorgaben in Bezug auf das Gebot der zeitnahen Geltendmachung erfüllt sind. Dem Gebot, dass die Modalitäten zur Durchsetzung des unionsrechtlichen Anspruchs nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz), ist Rechnung getragen. Der - neben dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch bestehende, richterrechtlich entwickelte - Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ist nur gegeben, wenn der Berechtigte diesen gegenüber seinem Dienstherrn schriftlich geltend macht (BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 ff.). Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung ist im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Berechtigten und die Behörde schützt, mit diesen Vorgaben des Unionsrechts vereinbar (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - C-262/09, Meilicke - Slg. 2011, I-5669 Rn. 56 m.w.N.). Zudem sind, wie dargelegt, die Anforderungen an die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs gering. Denn der Berechtigte muss gegenüber dem Dienstherrn lediglich schriftlich zum Ausdruck bringen, er halte die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt.

32

c) Ob der Kläger Ausgleichsansprüche in den Jahren 2002 bis 2005 jeweils entsprechend den genannten Anforderungen geltend gemacht hat, kann dahinstehen. Denn die etwaigen Ausgleichsansprüche sind verjährt (dazu nachfolgend 4.). Auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch, den der Berechtigte rechtzeitig geltend gemacht hat, unterliegt der Verjährung (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19).

33

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat sich der Kläger im Oktober 2007, im Juli 2008 und im August 2009 an seinen Dienstherrn gewandt und die Festsetzung seiner wöchentlichen Arbeitszeit beanstandet. Demgegenüber fehlen für das Jahr 2006 entsprechende Feststellungen, die das Revisionsgericht nicht treffen darf. Im neuerlichen Berufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof deshalb zu prüfen, ob der Kläger auch im Jahr 2006 gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung oder der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses die Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit schriftlich geltend gemacht hat.

34

4. Der primär auf Ausgleich in Zeit gerichtete Anspruch des Klägers ist in einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich umgewandelt, der weder verfallen noch aus anderen Gründen ausgeschlossen ist.

35

a) Der Haftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit ist primär auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Zweck der Begrenzung der Höchstarbeitszeit pro Siebentageszeitraum, den Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, ist nicht durch eine Geldzahlung, sondern durch die Freistellung von der Pflicht zur Dienstleistung zu erreichen.

36

Scheidet aber die Gewährung von Freizeit zum Ausgleich der Zuvielarbeit aus vom Berechtigten nicht zu vertretenden Gründen aus, so gebietet es der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz, dass die entstandenen Ansprüche nicht untergehen, sondern sich in solche auf finanziellen Ausgleich umwandeln (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 34 ff.). Danach sind hier finanzielle Ausgleichsansprüche des Klägers nicht ausgeschlossen, weil die angespannte Personalsituation in der Abteilung des Bundeswehrzentralkrankenhauses, in der der Kläger in führender Funktion Dienst zu leisten hatte, der Gewährung von Freizeit zur Abgeltung der entstandenen Ansprüche entgegenstand.

37

b) Der zum Ausgleich verpflichtete Dienstherr ist auch befugt, den Verfall des Ausgleichsanspruchs vorzusehen, um einem unbegrenzten Anhäufen von Ausgleichsstunden vorzubeugen.

38

Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr vom 20. Oktober 1998 in der Fassung vom 1. Februar 2003 (Erlass über den Ausgleich besonderer zeitlicher Belastungen der Soldaten, BMVg Fü S I 1) sah hier (III.C.16) eine Frist zur Abgeltung von zwölf Monaten vor. Für den Bereich der Bundeswehrkrankenhäuser waren aber wegen der besonderen Anforderungen an das klinische Personal, die zu einem erheblichen Anstieg der Ausgleichsansprüche geführt hatten, Sonderregelungen erlassen worden (Weisungen des Sanitätsführungskommandos vom 23. März 2004 und vom 15. Juni 2007 sowie Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009). Diese sehen aus Gründen des Vertrauensschutzes die Abgeltung der Ansprüche im Zeitraum bis Ende Dezember 2014 vor.

39

c) Auch wenn der Beamte oder Soldat den Entschluss fasst, das Dienstverhältnis zu beenden, steht ihm kein Wahlrecht zwischen Freizeitausgleich und einem Ausgleich in Geld zu (kein "dulde und liquidiere"). Er ist gehalten, sich mit diesem Anliegen so rechtzeitig an seinen Dienstherrn zu wenden, dass diesem noch der Ausgleich der Zuvielarbeitsstunden durch die Gewährung von Freizeit möglich bleibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. September 2011 - 2 B 33.11 - juris Rn. 7 ff. zum Ausgleich der von Lehrern zu leistenden Vorgriffsstunden).

40

Nach diesen Grundsätzen war hier die Umwandlung der Ansprüche auf Freizeitausgleich in solche auf finanziellen Ausgleich nicht ausgeschlossen. Der Kläger hat die Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines Berufssoldaten mehr als drei Monate vor seiner Entlassung beantragt. Dieser Zeitraum ist für die Durchführung des Ausgleichs durch Freistellung vom Dienst als ausreichend anzusehen. Aufgrund der Personalsituation in der Abteilung für Neurochirurgie war dem Bundeswehrkrankenhaus die Freistellung des Klägers vom Dienst bis Ende April 2009 nicht in ausreichendem Maße möglich.

41

5. Etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt. Die Verjährungsfrist endete hinsichtlich des (letzten) Jahres 2005 mit Ablauf des 31. Dezember 2008.

42

a) Fehlen, wie hier, unionsrechtliche Vorgaben zur Verjährung, gelten die Verjährungsregeln des nationalen Rechts. Regelt das einschlägige Fachrecht die Verjährung nicht, so sind die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Dabei ist nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste analog heranzuziehen ist (BVerwG, Urteile vom 15. Juni 2006 - 2 C 10.05 - Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 45 Rn. 19 m.w.N., vom 24. Januar 2007 - 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 Rn. 45 und vom 11. Dezember 2008 - 3 C 37.07 - BVerwGE 132, 324 Rn. 8).

43

Da es sich auch beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht um einen Schadenersatzanspruch im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften (§ 199 Abs. 2 und 3 BGB) handelt, unterliegt der Anspruch den allgemeinen Verjährungsregelungen und damit nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren (§ 195 BGB).

44

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union genügt eine nationalrechtliche Verjährungsfrist von drei Jahren, die auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch angewendet wird, den Vorgaben des Grundsatzes der Gleichwertigkeit und der Effektivität (EuGH, Urteil vom 24. März 2009 - C-445/06, Danske Slagterier - Slg. 2009, I-2119 Rn. 31 f. m.w.N.).

45

b) Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Die unionsrechtswidrige Zuvielarbeit begründet einen einheitlichen Ausgleichsanspruch des betroffenen Soldaten oder Beamten (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 48 zum Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen). Während des aktiven Dienstverhältnisses ist der Anspruch grundsätzlich auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Scheidet diese Form des Ausgleichs aus, so wandelt sich der Anspruch um in einen solchen auf finanzielle Abgeltung. Bei dem letztgenannten Anspruch handelt sich entgegen dem Vorbringen des Klägers aber nicht um einen neuen Anspruch, dessen Verjährung neu zu laufen beginnt. Vielmehr ändert sich lediglich die Form des wegen des Verstoßes gegen die wöchentliche Höchstarbeitszeit gebotenen Ausgleichs. Die Annahme eines einheitlichen Anspruchs, der zwar je nach tatsächlicher Sachlage unterschiedliche Rechtsfolgen hat, aber einheitlich verjährt, entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren Konstellationen (BGH, Urteil vom 28. April 1993 - VIII ZR 109/92 - NJW-RR 1993, 1227 <1228> zur Umwandlung eines Aufwendungsersatzanspruchs).

46

Der Senat hält § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im öffentlichen Recht für anwendbar, wonach der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist auch voraussetzt, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 43, anders Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 50 m.w.N.). Es bedarf aber nicht des Verfahrens nach § 11 VwGO, weil hier auch die zusätzlichen Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Folge erfüllt sind, dass etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers bis zum Jahr 2005 verjährt sind.

47

§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt grundsätzlich voraus, dass der Berechtigte die Tatsachen kennt, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Grundsätzlich ist nicht erforderlich, dass der Berechtigte aus dieser Erkenntnis die richtigen Rechtsfolgerungen zieht. Selbst wenn man aber mit der zivilrechtlichen Rechtsprechung bei einer verworrenen Rechtslage die Verjährungsfrist ausnahmsweise erst mit einer gerichtlichen Klärung der Rechtslage beginnen ließe (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 - NJW-RR 2008, 1237 Rn. 7; Urteile vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - NJW 1999, 2041 <2042 f.> und vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547 ), führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Den Haftungsanspruch eines Berechtigten gegen einen Mitgliedstaat wegen der Verletzung der Pflichten aus dem Unionsrecht hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits 1991 entwickelt (EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991, I 5357 Rn. 35). Der Umfang seiner tatsächlichen Dienstleistung - über 48 Stunden pro Siebentageszeitraum hinaus - war dem Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts bekannt. Auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 (C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) war im Sinne des Erfordernisses des hinreichend qualifizierten Verstoßes der Beklagten gegen das Unionsrecht bei der Festsetzung der Arbeitszeit von Ärzten der Bundeswehrkrankenhäuser auch eindeutig, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind. Seit der Verkündung dieses Urteils bestanden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine auf einen Staatshaftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit gestützte Rechtsverfolgung eines Soldaten erfolgversprechend sein könnte.

48

Dem Vorbringen des Klägers zum Merkmal des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, er habe in den Jahren 2002 bis 2005 nicht wissen können, dass er als Ausgleich für die Zuvielarbeit wegen seiner antragsgemäßen Entlassung zum Ende April 2009 Dienstbefreiung nicht werde in Anspruch nehmen können, so dass "Kenntnis" erst seit dem Jahr 2009 gegeben sei, ist nicht zu folgen. Wie dargelegt, handelt es sich bei dem Anspruch auf Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit um einen einheitlichen Anspruch, so dass die Wandlung des Anspruchsinhalts - Geldzahlung anstelle der Freistellung vom Dienst - unerheblich ist.

49

Auch auf das Urteil des OVG Koblenz vom 29. April 2014 (2 A 11163/13 - NVwZ-RR 2014, 726) kann sich der Kläger zur Begründung seiner Auffassung, er habe erst im Jahr 2009 infolge seiner Entlassung aus dem Dienstverhältnis von seinem Anspruch auf Geldausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis erlangt, nicht stützen. Denn das in diesem Fall maßgebliche Landesrecht regelt beide Ansprüche - Anspruch auf Freizeitausgleich und Anspruch auf Entschädigung wegen Mehrarbeit - gesondert und bestimmt, dass ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich wegen angeordneter Mehrarbeit erst dann angenommen werden kann, wenn feststeht, dass die Mehrarbeit aus zwingenden Gründen nicht durch Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden kann.

50

c) Aufgrund der das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zum Inhalt der Schreiben des Klägers an die Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom Oktober 2007 sowie vom Juli 2008 haben diese die Verjährung nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt. Sie beschränken sich auf Hinweise und Anregungen und überlassen die Konkretisierung der Ansprüche der Beklagten als Dienstherrin. Den Schreiben lässt sich nicht der Hinweis entnehmen, der Kläger sei bereits entschlossen, seinen Anspruch unmittelbar im Klagewege durchzusetzen.

51

Ausgeschlossen ist auch die Annahme der Hemmung der Verjährung nach § 203 Satz 1 BGB wegen schwebender Verhandlungen der Beteiligten. Denn die Beklagte hat auf die beiden genannten Schreiben des Klägers zur Entwicklung der Zahl der Überstunden nicht reagiert.

52

d) Die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung verletzt schließlich weder die Fürsorgepflicht der Beklagten als Dienstherrin noch ist sie ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig.

53

Das Vorbringen des Klägers, in den von der Beklagten vorgegebenen Zeiterfassungsbögen sei nicht auf die Möglichkeit des Verfalls eines Ausgleichsanspruchs hingewiesen worden, sodass die Beklagte ihn von einer zeitnahen Geltendmachung abgehalten habe, ist unbegründet. Die allgemeine Fürsorgepflicht (§ 31 Abs. 1 SG) gebietet dem Dienstherrn nicht, Soldaten oder Beamte auf den Ablauf von Fristen hinzuweisen und sie zur Geltendmachung ihrer Ansprüche anzuhalten (BVerwG, Urteile vom 21. April 1982 - 6 C 34.79 - BVerwGE 65, 197 <203> und vom 30. Januar 1997 - 2 C 10.96 - BVerwGE 104, 55 <57 f.>.).

54

Aus Gründen der sparsamen Haushaltsführung ist der Dienstherr gehalten, gegenüber Ansprüchen von Soldaten oder Beamten die Einrede der Verjährung geltend zu machen. Der Einwand, die Berufung auf die Einrede der Verjährung verstoße gegen Treu und Glauben und sei deshalb unzulässig, setzt ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn voraus. Das nicht notwendig schuldhafte Verhalten des Dienstherrn muss den Berechtigten veranlasst haben, verjährungshemmende Schritte zu unterlassen. Unerheblich ist, ob der Beamte keine Kenntnis von den ihm zustehenden Ansprüchen hatte oder ob er von der rechtzeitigen Geltendmachung bewusst abgesehen hat, weil er nach Treu und Glauben davon ausgehen konnte, der Dienstherr werde sich nicht auf die Verjährung berufen (BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 12 Rn. 23).

55

Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann ein solches qualifiziertes Fehlverhalten der Beklagten nicht festgestellt werden. Die Ausführungen im Protokoll der Abteilungsleiterbesprechung vom 8. Oktober 2007 haben dem Kläger keinen Anlass gegeben, seinerseits Schritte zur Hemmung der Verjährung der ihm zustehenden Ansprüche zu unterlassen. Im Protokoll werden lediglich die vom Kläger im Zeitraum von Anfang September 2005 bis Ende September 2007 geleisteten Überstunden zusammengefasst. Ferner wird ausgeführt, dass "kleine" und "große" Anrechnungsfälle - Ausgleich für zusammenhängende Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden - für den Zeitraum 2004 bis 2006 vollständig finanziell abgerechnet wurden.

56

Auch auf den erst im Revisionsverfahren vorgelegten Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009, der an den Dienstzeitausgleichserlass des Bundesministeriums anknüpft und die Aufrechterhaltung von Ansprüchen auf Freizeitausgleich betrifft, kann sich der Kläger nicht stützen. Denn in diesem Erlass wird ausdrücklich auf den Aspekt der Verjährung von Ansprüchen aufgrund der Vorschrift des § 195 BGB hingewiesen.

57

6. Ob der Kläger unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet hat, bestimmt sich nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum im Sinne von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG.

58

a) Bei der Bestimmung des maßgeblichen Bezugszeitraums hat sich der Verwaltungsgerichtshof auf die Regelung des Art. 16 Buchst. b) RL 2003/88/EG berufen und im Hinblick auf eine allerdings nicht normativ begründete Verwaltungspraxis der Beklagten einen Bezugszeitraum von vier Monaten für sachgerecht erachtet (ebenso OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Januar 2011 - 5 LC 178/09 - DVBl. 2011, 582). Dies verletzt revisibles Recht.

59

Ebenso wie Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG wendet sich auch Art. 16 dieser Richtlinie ("Die Mitgliedstaaten können... vorsehen“) an den Mitgliedstaat. Dieser ist zu der von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG abweichenden Festlegung des Bezugszeitraums ("bis zu vier Monaten") berechtigt, aber nicht verpflichtet. Ob und inwieweit der Mitgliedstaat diese Ermächtigung zu der für den Arbeitnehmer ungünstigen Ausdehnung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monaten ausnutzt, ist Sache der gesetzgebenden Organe des Mitgliedstaates, weil nur sie die zur Umsetzung einer Richtlinie erforderlichen Rechtsnomen erlassen können. Die Ausübung der Ermächtigung ist jedenfalls nicht den das Recht anwendenden nationalen Gerichten in dem Sinne überantwortet, dass diese den Bezugszeitraum nach dem Aspekt der "Sachgerechtigkeit" festlegen können. Um die ihm eingeräumte Befugnis in Anspruch zu nehmen, muss der Mitgliedstaat auch die Entscheidung treffen, sich auf diese Ermächtigung zu berufen. Im Interesse der Rechtssicherheit muss diese Entscheidung des Mitgliedstaates aber bestimmt und klar sein (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 - C-227/09, Accardo - Slg. 2010, I-10273 Rn. 50 f. m.w.N. und Rn. 55).

60

Im Zeitraum bis Ende April 2009 hatte die Beklagte noch nicht von der Möglichkeit zur Erstreckung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monate durch Erlass einer entsprechenden Rechtsnorm Gebrauch gemacht. Die schriftliche Anordnung des Chefarztes des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom März 2006, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit dürfe, bezogen auf vier Monate, 48 Stunden nicht überschreiten, erfüllt nicht die formellen Anforderungen an die Ausnutzung der dem Mitgliedstaat eröffneten Befugnis zur Ausdehnung des Bezugszeitraums.

61

b) Auch die sonstigen Bestimmungen der RL 2003/88/EG, die zu einer Verlängerung des Bezugszeitraums führen können - nach Art. 19 Abs. 2 RL 2003/88/EG bis zu zwölf Monate bei Festlegungen in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen Sozialpartnern -, greifen nicht zu Gunsten der Beklagten ein. Art. 17 Abs. 3 Buchst. c) i) und Art. 18 RL 2003/88/EG setzen jeweils voraus, dass der Mitgliedstaat Regelungen im Sinne von Art. 16 RL 2003/88/EG erlassen hat, die den Anforderungen an die Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht im Sinne von Art. 288 Abs. 3 AEUV genügen. Daran fehlt es aber ebenso wie an der Ausnutzung der genannten Befugnisse ("sind...zulässig" und "kann abgewichen werden") durch den Erlass einer für die Umsetzung erforderlichen Rechtsnorm des innerstaatlichen Normgebers. Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr reichte hierfür als bloße Verwaltungsvorschrift nicht aus.

62

7. Art. 16 Buchst. b Satz 2 RL 2003/88/EG schreibt vor, dass die nach Art. 7 RL 2003/88/EG gewährten Zeiten des bezahlten Jahresurlaubs sowie die Krankheitszeiten bei der Berechnung des Durchschnitts unberücksichtigt bleiben oder neutral sind. Diese Vorgabe des Unionsrechts verlangt, dass ungeachtet der Frage der Umsetzung in innerstaatliches Recht durch eine Rechtsnorm die betreffenden Tage bei der Berechnung mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen sind.

63

Obwohl die Richtlinie lediglich auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen nach Art. 7 RL 2003/88/EG Bezug nimmt, ist auch der darüber hinausgehende, im nationalen Recht begründete Mehrurlaub mit der Soll-Arbeitszeit anzusetzen. Art. 15 RL 2003/88/EG lässt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Dies umfasst auch die Einräumung eines über den unionsrechtlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsanspruchs. Da der Kläger am Urlaubstag von der Pflicht zur Dienstleistung befreit ist und auch der Mehrurlaub der Erholung des Klägers dient, können diese Tage nicht als Ausgleich für eine Überschreitung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum herangezogen werden.

64

Auch Feiertage, die auf Wochentage fallen, sind mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit einzubeziehen und damit zu neutralisieren. Da der Kläger an diesen Tagen nicht zur Dienstleistung verpflichtet war, können sie nicht zum Ausgleich einer etwaigen Überschreitung der Höchstarbeitszeit herangezogen werden. Demgegenüber sind Zeiten, in denen dem Kläger auf Grundlage des Dienstzeitausgleichserlasses ein zeitlicher Ausgleich gewährt wurde, keine Arbeitszeit im Sinne von Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG.

65

8. Zur Arbeitszeit zählen unionsrechtlich sämtliche Zeiten, die vom betreffenden Arbeitnehmer im Rahmen von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit in der Dienststelle abgeleistet worden sind, unabhängig davon, welche Arbeitsleistung er während dieses Dienstes tatsächlich erbracht hat (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7997 Rn. 52). Auch die genaue Bestimmung der Zahl der auszugleichenden Stunden ist Aufgabe des erneut durchzuführenden Berufungsverfahrens.

66

In denjenigen Siebentageszeiträumen, in denen der Kläger wegen zusammenhängender Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden aufgrund der Verordnung über die Vergütung für Soldaten mit besonderer zeitlicher Belastung vom 2. Juni 1989 (- SzBelVergV -, BGBl. I S. 1075) Zahlungen erhalten hat, ist die Arbeitszeit entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht um vier oder acht Stunden zu reduzieren. Denn die finanziellen Vergütungen, die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SzBelVergV nur in Betracht kommen, wenn zum Ausgleich des zusammenhängenden Dienstes Freistellung vom Dienst nicht gewährt werden kann, reduzieren die Zahl der Stunden der unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit nicht. Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz muss jedoch grundsätzlich jede Stunde, die der Kläger innerhalb eines Siebentageszeitraumes über 48 Stunden hinaus gearbeitet hat, ausgeglichen werden.

67

9. Der Geldausgleich hat sich an den jeweils geltenden Stundensätzen der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (- MVergV -, BGBl. I S. 3494) zu orientieren. Zwar unterscheiden sich rechtmäßige Mehrarbeit und unionsrechtswidrige Zuvielarbeit. Dennoch geht es in beiden Fällen um den Ausgleich für eine überobligationsmäßige Heranziehung des Soldaten zum Dienst (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 35).

68

Auf die Besoldung kann nicht zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 39). Denn diese ist kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - BVerfGE 44, 249 <264>, vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <63> und vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <380>), sondern die Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte mit vollem persönlichen Einsatz der Erfüllung seiner Dienstpflichten widmet (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. April 1967 - 2 BvL 3/62 - BVerfGE 21, 329 <345>, vom 15. Oktober 1985 a.a.O. S. 59 und vom 20. März 2007 a.a.O.). Sie ist nicht auf die Entlohnung von Arbeitsstunden, sondern auf die Sicherstellung einer amtsangemessenen Lebensführung gerichtet.

69

Die in § 2 SzBelVergV bestimmten Sätze für zusammenhängende Dienste können nicht herangezogen werden. Denn es handelt sich um Pauschalsätze, die ungeachtet der genauen zeitlichen Inanspruchnahme des Soldaten zu zahlen sind. Der Grundsatz der größtmöglichen Wirksamkeit des Unionsrechts verlangt jedoch, dass für jede nicht anderweitig ausgeglichene Stunde Zuvielarbeit ein finanzieller Ausgleich geleistet wird. Zwar sieht die Verordnung über die Vergütung für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft von Sanitätsoffizieren in Bundeswehrkrankenhäusern vom 27. April 2012 (- SanOffzVerGVEV -, BGBl. I S. 1000) in § 5 Stundensätze vor, die sich nur wenig von denen des § 4 MVergV unterscheiden. Allerdings ist jene Verordnung erst am 1. Januar 2011 in Kraft getreten und galt deshalb im hier streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 noch nicht.

70

10. Die Vergütungen, die dem Kläger aufgrund von §§ 1 und 2 SzBelVergV im Hinblick auf von ihm geleistete zusammenhängende Dienste gezahlt worden sind, sind nicht auf den finanziellen Ausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit anzurechnen. Die beiden Zahlungen betreffen verschiedene Fallkonstellationen und knüpfen an unterschiedliche Belastungen des Soldaten an.

71

Das Entsprechende gilt für die Zahlungen, die der Kläger für Dienste zu ungünstigen Zeiten nach §§ 3 und 4 EZulV erhalten hat. Bei diesen geht es nicht um den Ausgleich für den Verstoß gegen die unionsrechtliche Vorgabe für die höchstzulässige Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum. Vielmehr soll die Erschwerniszulage zumindest finanziell die Nachteile ausgleichen, die einem Besoldungsempfänger durch Dienstleistungen zu Zeiten entstehen, an denen gemeinhin nicht gearbeitet wird.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.