Sozialgericht Nürnberg Urteil, 30. Aug. 2017 - S 22 AS 723/15

bei uns veröffentlicht am30.08.2017

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Rechtsstreit wird um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch - Zweites Buch (SGB II) geführt. Der Beklagte begehrt die Übernahme der Kosten für eine Gleitsichtbrille aus dem Vermittlungsbudget.

Der 1952 geborene Kläger stand im Jahr 2013 im Leistungsbezug beim Beklagten. In dieser Zeit war er zuletzt vom 14.10.2013 bis 23.12.2013 bei der Firma A. GmbH als Finanzbuchhalter nichtselbständig tätig.

Am 13.11.2013 beantragte er die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab Januar 2014.

Noch bevor über den Weiterbewilligungsantrag entschieden wurde, beantragte der Kläger darüber hinaus am 21.01.2014 beim Beklagten die Erstattung der Kosten für eine Gleitsichtbrille (Fassung und Gläser) als Zuschuss aus dem Vermittlungsbudget. Zur Begründung führte er an, dass er stark kurz-und zwischenzeitlich auch altersweitsichtig sei. Er habe daher bei der Arbeit am Computer Schwierigkeiten und sei ohne Brille praktisch arbeitsunfähig. Er habe bei seiner vorherigen Tätigkeit verstärkt Eingabefehler gemacht. Die Brille, die er trage, genüge seinen Anforderungen nicht mehr, weil seine Sehschwäche in den vergangenen Jahren „nicht besser geworden“ sei. Zum Nachweis legte er eine Brillenverordnung von Augenärztin Dr. med. G. vor, wonach eine neue Brille aufgrund von zunehmenden Leseschwierigkeiten im Nahbereich erforderlich sei.

Außerdem fügte er seinem Antrag Angebote verschiedener Augenoptiker zwischen 298,00 € und 803,00 € bei. Die Krankenkasse habe eine Übernahme der Kosten abgelehnt.

Mit Bescheid vom 29.01.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 05.03.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für Januar 2014.

Den Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Gleitsichtbrille aus dem Vermittlungsbudget lehnte der Beklagte mit gesondertem Bescheid vom 13.07.2014 ab. Er begründete dies damit, dass die Gleitsichtbrille nicht aus dem Vermittlungsbudget gefördert werden könne, weil vorrangig die Krankenkasse für den Ausgleich einer Sehschwäche zuständig sei. Im Übrigen müsse der Kläger die Brille aus Rücklagen anschaffen, die er aus dem Regelbedarf bilden könne. Soweit ihm dies nicht möglich sei, komme die Gewährung eines Darlehens in Betracht.

Hiergegen legte der Kläger am 28.07.2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er an, dass der Beklagte die Kosten übernehmen müsse, weil die Krankenkasse nicht leistungspflichtig sei und auch die Rentenversicherung sich nicht für zuständig erklärt habe. Rücklagen aus dem Regelbedarf könne er nicht bilden, da der Betrag bereits für Essen, Getränke und Tabakwaren zu gering sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Krankenkasse sei vorrangig zuständig, auch wenn sie aufgrund der Regelungen des SGB V bei Volljährigen faktisch keine Zuschüsse zu Sehhilfen leiste. Im Rahmen des Vermittlungsbudgets seien allenfalls Arbeitsplatz- und Bildschirmbrillen förderfähig, wenn sie notwendig seien, um ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis aufzunehmen oder an einer Maßnahme teilzunehmen.

Der Kläger hat am 01.09.2014 dagegen Klage erhoben. Es handle sich bei der Gleitsichtbrille um einen regelmäßig wiederkehrenden Sonderbedarf, da die Brille laufend angepasst werden müsse. Im Übrigen sei es verfassungswidrig, wenn kostspielige Aufwendungen für die Gesunderhaltung selbst zu tragen seien.

Der Kläger beantragt,

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 13.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2014 verurteilt, über den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für die Anschaffung einer Brillenfassung sowie die Kosten einer Anschaffung der einfachsten entspiegelten Gleitsichtgläser aus dem Vermittlungsbudget unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er im Wesentlichen darauf, dass eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget bereits deshalb ausscheide, weil es sich weder um eine Arbeitsplatzbrille, noch um eine Bildschirmbrille, sondern um den Ersatz für eine vorhandene normale Brille handle. Ein Darlehen habe der Kläger ausdrücklich nicht beantragt. Ob der weitgehende Leistungsausschluss von Sehhilfen aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung verfassungswidrig sei, könne nur innerhalb dieses Sozialleistungssystems überprüft werden und sei keine Frage, die im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende beantwortet werden könne.

Das Gericht hat die Leistungsakte des Beklagten beigezogen. Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhaltes wegen der Einzelheiten auf die Akte des Beklagten und die Akte des Sozialgerichtes verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg, weil sie unbegründet ist.

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 13.07.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.08.2014, mit dem der Antrag des Klägers auf Förderung einer Gleitsichtbrille aus dem Vermittlungsbudget nach § 16 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 SGB II i.V.m. § 44 SGB III abgelehnt wurde. Die begehrten Leistungen aus dem Vermittlungsbudget sind ein eigener Streitgegenstand (vgl. so wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen, L 2 AS 407/14), zumal mit dem angegriffenen Bescheid ausschließlich über eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget entschieden worden ist. Die Leistungsbewilligung für den Antragsmonat Januar 2014 vom 29.01.2014 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 05.03.2014 ist ohnehin bestandskräftig.

Der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung war nicht gemäß § 75 Abs. 2 SGG notwendig beizuladen, weil aufgrund des vorliegenden Streitgegenstandes ausdrücklich eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget der Bundesagentur für Arbeit begehrt wird, zu deren Leistung der Krankenversicherungsträger wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit gar nicht verurteilt werden könnte (LSG Nordrhein-Westfalen, L 2 AS 407/14 - juris-Rn. 18).

An der Zulässigkeit der Klage bestehen keine Zweifel. Insbesondere ist die Klage auf Verpflichtung zur Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides gerichtet und somit als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsverbescheidungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 11. Auflage 2014, § 54 Rn. 20b). Leistungen aus dem Vermittlungsbudget stellen Ermessensleistungen dar (§ 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II).

Die Klage ist nicht begründet, weil der streitgegenständliche Bescheid nicht zu beanstanden ist. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte über seinen Förderantrag vom 21.01.2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entscheidet.

Rechtsgrundlage für eine Bewilligung von Leistungen aus dem Vermittlungsbudget ist § 16 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 SGB II i.V.m. § 44 SGB III. Danach können erwerbsfähige Empfänger von Leistungen nach dem SGB II bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Dies ist der Fall, wenn die Eingliederungsaussichten dadurch deutlich verbessert werden und ohne sie der gleich Erfolg wahrscheinlich nicht eintreten würde. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget darf die anderen gesetzlichen Leistungen nach dem SGB II und SGB III nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen (§ 16 Abs. 2 Satz 2 SGB II, § 44 Abs. 3 SGB III). Leistungsberechtigte sind verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger vorrangig in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist (§§ 5 Abs. 1 Satz 1, 12a Satz 1, 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II, 44 Abs. 3 Satz 3 SGB III).

Eine Förderung der begehrten Kosten für eine Gleitsichtbrille aus dem Vermittlungsbudget kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil eine „normale Gleitsichtbrille“ vorrangig dem Rechtskreis der gesetzlichen Krankenversicherung zuzurechnen ist.

Die Kosten einer Krankenbehandlung sind bei gesetzlich krankenversicherten Grundsicherungsberechtigten entweder durch das System des SGB V, oder (ergänzend) durch die Regelleistung nach dem SGB II abgedeckt (BSG, Urteil vom 26.05.2011 - B 14 AS 146/10 R). Durch die Versicherung von Leistungsempfängern in der gesetzlichen Krankenversicherung ergibt sich grundsätzlich nicht gegen das Jobcenter, sondern gegen die Krankenkasse ein Anspruch auf Krankenbehandlung, der auch die Versorgung mit notwendigen Hilfsmitteln wie Sehhilfen umfasst (§ 27 SGB V). In § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB V ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen volljährige Versicherte gegen ihre gesetzliche Krankenkasse einen Anspruch auf die Versorgung mit Sehhilfen haben. Der Gesetzgeber gesteht zwar nur denjenigen Versicherten die Versorgung mit einer Sehhilfe zu, die auf beiden Augen an einer schweren Sehbeeinträchtigung leiden. Hintergrund dieses teilweisen Leistungsausschlusses war die Erwägung, dass die Versicherten - obgleich ein durchschnittlicher Betrag von rund 50 € eine medizinisch notwendige Versorgung mit einer Sehhilfe finanziell vollständig abdecke - im Durchschnitt bereit seien, darüber hinaus ca. 150 € für medizinisch nicht notwendige Leistungen (z.B. Entspiegelung und/oder Tönung der Gläser) auszugeben und damit aus nicht medizinischen Gründen schätzungsweise 70 bis 80% der Gesamtkosten einer Sehhilfenversorgung selbst trügen. Der Gesetzgeber ging deshalb davon aus, dass die Leistungsausgrenzung erwachsene Versicherte grundsätzlich finanziell nicht überfordere (BT-Drucks 15/1525 S. 85). Er hält es ausdrücklich für zumutbar, dass auch Empfänger von Leistungen nach dem SGB II die Kosten für Brillen (jedenfalls bis zur Belastungsgrenze) grundsätzlich aus dem Regelbedarf selbst bestreiten müssen (BT-Drs. 17/1465, Seite 8 f., vgl. auch BayLSG, Beschluss vom 29.11.2011, L 11 AS 888/11 B). Anderenfalls würden sie im Vergleich zu den anderen gesetzlich Versicherten bessergestellt. Das Bundessozialgericht hält den weitest gehenden Leistungsausschluss für Sehhilfen im SGB V trotz der dazu in der wissenschaftlichen Literatur vorgebrachten Bedenken (vgl. Wrase, GuP 2014, 58) auch noch für verfassungskonform (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 3 KR 21/15 R).

Da es sich bei der vom Kläger begehrten Brille nach der vorgelegten augenärztlichen Brillenverordnung um eine „normale“ (regelmäßig weit überwiegend im Alltag benötigte) Gleitsichtbrille - und gerade nicht um eine spezielle Arbeitsplatz- oder Bildschirmbrille - handelt, ist die begehrte Versorgung vorrangig dem Rechtskreis des SGB V zuzurechnen. Die Kostenerstattung für eine Arbeitsplatz- oder Bildschirmbrille hat der Kläger auch gar nicht beantragt.

Ob der Kläger dem in § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB V geregelten, vom Bundessozialgericht noch für verfassungskonform angesehenen Leistungsausschluss unterliegt, ist nicht Gegenstand dieses Klageverfahrens und wäre ggf. in einem gesondert gegen die gesetzliche Krankenkasse anzustrengenden Verfahren zu klären. Es ist jedenfalls nicht Aufgabe des SGB II, für Bezieher von Arbeitslosengeld II den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung zu erweitern.

Damit sind schon die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget nicht erfüllt, so dass es auf das Vorliegen möglicher Ermessensfehler (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG, § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I) nicht mehr ankam. Der Kläger muss die Anschaffung der Gleitsichtbrille aus dem Regelbedarf bestreiten.

Bei fehlenden finanziellen Mitteln kann der Beklagte ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II gewähren. Der Kläger hat dies jedoch trotz ausdrücklichen Hinweises des Beklagten sowohl im Ausgangs-, als auch im Widerspruchsbescheid bis zuletzt nicht beantragt, so dass hierüber vom Gericht nicht zu entscheiden war.

Im Ergebnis konnte die Klage somit keinen Erfolg haben und war abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Da die Klage im Ergebnis erfolglos blieb, hat der Beklagte keine Kosten zu erstatten.

Die Berufung war nach § 144 SGG nicht zuzulassen. Unter Berücksichtigung des günstigsten vorgelegten Angebotes für die Anschaffung der Gleitsichtbrille war die Berufungssumme nicht erreicht.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 33 Hilfsmittel


(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen od

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 75


(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 24 Abweichende Erbringung von Leistungen


(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 16 Leistungen zur Eingliederung


(1) Zur Eingliederung in Arbeit erbringt die Agentur für Arbeit Leistungen nach § 35 des Dritten Buches. Sie kann folgende Leistungen des Dritten Kapitels des Dritten Buches erbringen:1.die übrigen Leistungen der Beratung und Vermittlung nach dem Ers

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 39 Ermessensleistungen


(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf p

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 5 Verhältnis zu anderen Leistungen


(1) Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen Anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Ermessensleistungen dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieses Buch entsprechende Leistungen vors

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 44 Förderung aus dem Vermittlungsbudget


(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für

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Tenor I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.08.2017 - S 22 AS 723/15 - wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Gründe

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(1) Zur Eingliederung in Arbeit erbringt die Agentur für Arbeit Leistungen nach § 35 des Dritten Buches. Sie kann folgende Leistungen des Dritten Kapitels des Dritten Buches erbringen:

1.
die übrigen Leistungen der Beratung und Vermittlung nach dem Ersten Abschnitt mit Ausnahme der Leistung nach § 31a,
2.
Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt,
3.
Leistungen zur Berufsausbildung nach dem Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnitts und Leistungen nach § 54a Absatz 1 bis 5,
4.
Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt, mit Ausnahme von Leistungen nach § 82 Absatz 6, und Leistungen nach den §§ 131a und 131b,
5.
Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Ersten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts.
Für Eingliederungsleistungen an erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen nach diesem Buch gelten entsprechend
1.
die §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie § 116 Absatz 1, 2, 5 und 6 des Dritten Buches,
2.
§ 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 3 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
3.
die §§ 127 und 128 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung.
§ 1 Absatz 2 Nummer 4 sowie § 36 und § 81 Absatz 2 und 3 des Dritten Buches sind entsprechend anzuwenden.

(2) Soweit dieses Buch nichts Abweichendes regelt, gelten für die Leistungen nach Absatz 1 die Regelungen des Dritten Buches mit Ausnahme der Verordnungsermächtigung nach § 47 des Dritten Buches sowie der Anordnungsermächtigungen für die Bundesagentur und mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 tritt. § 44 Absatz 3 Satz 3 des Dritten Buches gilt mit der Maßgabe, dass die Förderung aus dem Vermittlungsbudget auch die anderen Leistungen nach dem Zweiten Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen darf. Für die Teilnahme erwerbsfähiger Leistungsberechtigter an einer Maßnahme zur beruflichen Weiterbildung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses werden Leistungen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 in Verbindung mit § 82 des Dritten Buches nicht gewährt, wenn die betreffende Maßnahme auf ein nach § 2 Absatz 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes förderfähiges Fortbildungsziel vorbereitet.

(3) Abweichend von § 44 Absatz 1 Satz 1 des Dritten Buches können Leistungen auch für die Anbahnung und Aufnahme einer schulischen Berufsausbildung erbracht werden.

(3a) Abweichend von § 81 Absatz 4 des Dritten Buches kann die Agentur für Arbeit unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung beauftragen, wenn die Maßnahme den Anforderungen des § 180 des Dritten Buches entspricht und

1.
eine dem Bildungsziel entsprechende Maßnahme örtlich nicht verfügbar ist oder
2.
die Eignung und persönlichen Verhältnisse der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten dies erfordern.
§ 176 Absatz 2 des Dritten Buches findet keine Anwendung.

(3b) Abweichend von § 87a Absatz 2 des Dritten Buches erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte auch im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ein Weiterbildungsgeld, sofern sie die sonstigen Voraussetzungen nach § 87a Absatz 1 des Dritten Buches erfüllen.

(4) Die Agentur für Arbeit als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende kann die Ausbildungsvermittlung durch die für die Arbeitsförderung zuständigen Stellen der Bundesagentur wahrnehmen lassen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Höhe, Möglichkeiten der Pauschalierung und den Zeitpunkt der Fälligkeit der Erstattung von Aufwendungen bei der Ausführung des Auftrags nach Satz 1 festzulegen.

(5) (weggefallen)

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Sie sollen insbesondere bei der Erreichung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungsziele unterstützt werden. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird.

(2) Nach Absatz 1 kann auch die Anbahnung oder die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz gefördert werden.

(3) Die Agentur für Arbeit entscheidet über den Umfang der zu erbringenden Leistungen; sie kann Pauschalen festlegen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind ausgeschlossen. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget darf die anderen Leistungen nach diesem Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 07.01.2014 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Der Klägerin werden Kosten gem. § 192 SGG in Höhe von 225,00 Euro auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 03.12.2014 wird abgelehnt.


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(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 07.01.2014 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Der Klägerin werden Kosten gem. § 192 SGG in Höhe von 225,00 Euro auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 03.12.2014 wird abgelehnt.


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(1) Zur Eingliederung in Arbeit erbringt die Agentur für Arbeit Leistungen nach § 35 des Dritten Buches. Sie kann folgende Leistungen des Dritten Kapitels des Dritten Buches erbringen:

1.
die übrigen Leistungen der Beratung und Vermittlung nach dem Ersten Abschnitt mit Ausnahme der Leistung nach § 31a,
2.
Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt,
3.
Leistungen zur Berufsausbildung nach dem Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnitts und Leistungen nach § 54a Absatz 1 bis 5,
4.
Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt, mit Ausnahme von Leistungen nach § 82 Absatz 6, und Leistungen nach den §§ 131a und 131b,
5.
Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Ersten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts.
Für Eingliederungsleistungen an erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen nach diesem Buch gelten entsprechend
1.
die §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie § 116 Absatz 1, 2, 5 und 6 des Dritten Buches,
2.
§ 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 3 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
3.
die §§ 127 und 128 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung.
§ 1 Absatz 2 Nummer 4 sowie § 36 und § 81 Absatz 2 und 3 des Dritten Buches sind entsprechend anzuwenden.

(2) Soweit dieses Buch nichts Abweichendes regelt, gelten für die Leistungen nach Absatz 1 die Regelungen des Dritten Buches mit Ausnahme der Verordnungsermächtigung nach § 47 des Dritten Buches sowie der Anordnungsermächtigungen für die Bundesagentur und mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 tritt. § 44 Absatz 3 Satz 3 des Dritten Buches gilt mit der Maßgabe, dass die Förderung aus dem Vermittlungsbudget auch die anderen Leistungen nach dem Zweiten Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen darf. Für die Teilnahme erwerbsfähiger Leistungsberechtigter an einer Maßnahme zur beruflichen Weiterbildung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses werden Leistungen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 in Verbindung mit § 82 des Dritten Buches nicht gewährt, wenn die betreffende Maßnahme auf ein nach § 2 Absatz 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes förderfähiges Fortbildungsziel vorbereitet.

(3) Abweichend von § 44 Absatz 1 Satz 1 des Dritten Buches können Leistungen auch für die Anbahnung und Aufnahme einer schulischen Berufsausbildung erbracht werden.

(3a) Abweichend von § 81 Absatz 4 des Dritten Buches kann die Agentur für Arbeit unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung beauftragen, wenn die Maßnahme den Anforderungen des § 180 des Dritten Buches entspricht und

1.
eine dem Bildungsziel entsprechende Maßnahme örtlich nicht verfügbar ist oder
2.
die Eignung und persönlichen Verhältnisse der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten dies erfordern.
§ 176 Absatz 2 des Dritten Buches findet keine Anwendung.

(3b) Abweichend von § 87a Absatz 2 des Dritten Buches erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte auch im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ein Weiterbildungsgeld, sofern sie die sonstigen Voraussetzungen nach § 87a Absatz 1 des Dritten Buches erfüllen.

(4) Die Agentur für Arbeit als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende kann die Ausbildungsvermittlung durch die für die Arbeitsförderung zuständigen Stellen der Bundesagentur wahrnehmen lassen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Höhe, Möglichkeiten der Pauschalierung und den Zeitpunkt der Fälligkeit der Erstattung von Aufwendungen bei der Ausführung des Auftrags nach Satz 1 festzulegen.

(5) (weggefallen)

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Sie sollen insbesondere bei der Erreichung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungsziele unterstützt werden. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird.

(2) Nach Absatz 1 kann auch die Anbahnung oder die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz gefördert werden.

(3) Die Agentur für Arbeit entscheidet über den Umfang der zu erbringenden Leistungen; sie kann Pauschalen festlegen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind ausgeschlossen. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget darf die anderen Leistungen nach diesem Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Zur Eingliederung in Arbeit erbringt die Agentur für Arbeit Leistungen nach § 35 des Dritten Buches. Sie kann folgende Leistungen des Dritten Kapitels des Dritten Buches erbringen:

1.
die übrigen Leistungen der Beratung und Vermittlung nach dem Ersten Abschnitt mit Ausnahme der Leistung nach § 31a,
2.
Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach dem Zweiten Abschnitt,
3.
Leistungen zur Berufsausbildung nach dem Vierten Unterabschnitt des Dritten Abschnitts und Leistungen nach § 54a Absatz 1 bis 5,
4.
Leistungen zur beruflichen Weiterbildung nach dem Vierten Abschnitt, mit Ausnahme von Leistungen nach § 82 Absatz 6, und Leistungen nach den §§ 131a und 131b,
5.
Leistungen zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Ersten Unterabschnitt des Fünften Abschnitts.
Für Eingliederungsleistungen an erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen nach diesem Buch gelten entsprechend
1.
die §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie § 116 Absatz 1, 2, 5 und 6 des Dritten Buches,
2.
§ 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 3 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
3.
die §§ 127 und 128 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung.
§ 1 Absatz 2 Nummer 4 sowie § 36 und § 81 Absatz 2 und 3 des Dritten Buches sind entsprechend anzuwenden.

(2) Soweit dieses Buch nichts Abweichendes regelt, gelten für die Leistungen nach Absatz 1 die Regelungen des Dritten Buches mit Ausnahme der Verordnungsermächtigung nach § 47 des Dritten Buches sowie der Anordnungsermächtigungen für die Bundesagentur und mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 tritt. § 44 Absatz 3 Satz 3 des Dritten Buches gilt mit der Maßgabe, dass die Förderung aus dem Vermittlungsbudget auch die anderen Leistungen nach dem Zweiten Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen darf. Für die Teilnahme erwerbsfähiger Leistungsberechtigter an einer Maßnahme zur beruflichen Weiterbildung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses werden Leistungen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 in Verbindung mit § 82 des Dritten Buches nicht gewährt, wenn die betreffende Maßnahme auf ein nach § 2 Absatz 1 des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes förderfähiges Fortbildungsziel vorbereitet.

(3) Abweichend von § 44 Absatz 1 Satz 1 des Dritten Buches können Leistungen auch für die Anbahnung und Aufnahme einer schulischen Berufsausbildung erbracht werden.

(3a) Abweichend von § 81 Absatz 4 des Dritten Buches kann die Agentur für Arbeit unter Anwendung des Vergaberechts Träger mit der Durchführung von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung beauftragen, wenn die Maßnahme den Anforderungen des § 180 des Dritten Buches entspricht und

1.
eine dem Bildungsziel entsprechende Maßnahme örtlich nicht verfügbar ist oder
2.
die Eignung und persönlichen Verhältnisse der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten dies erfordern.
§ 176 Absatz 2 des Dritten Buches findet keine Anwendung.

(3b) Abweichend von § 87a Absatz 2 des Dritten Buches erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte auch im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses ein Weiterbildungsgeld, sofern sie die sonstigen Voraussetzungen nach § 87a Absatz 1 des Dritten Buches erfüllen.

(4) Die Agentur für Arbeit als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende kann die Ausbildungsvermittlung durch die für die Arbeitsförderung zuständigen Stellen der Bundesagentur wahrnehmen lassen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Höhe, Möglichkeiten der Pauschalierung und den Zeitpunkt der Fälligkeit der Erstattung von Aufwendungen bei der Ausführung des Auftrags nach Satz 1 festzulegen.

(5) (weggefallen)

(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Sie sollen insbesondere bei der Erreichung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungsziele unterstützt werden. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird.

(2) Nach Absatz 1 kann auch die Anbahnung oder die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz gefördert werden.

(3) Die Agentur für Arbeit entscheidet über den Umfang der zu erbringenden Leistungen; sie kann Pauschalen festlegen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind ausgeschlossen. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget darf die anderen Leistungen nach diesem Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.

(1) Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen Anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, werden durch dieses Buch nicht berührt. Ermessensleistungen dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieses Buch entsprechende Leistungen vorsieht.

(2) Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch schließt Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buches aus. Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches sind gegenüber dem Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 2 vorrangig.

(3) Stellen Leistungsberechtigte trotz Aufforderung einen erforderlichen Antrag auf Leistungen eines anderen Trägers nicht, können die Leistungsträger nach diesem Buch den Antrag stellen sowie Rechtsbehelfe und Rechtsmittel einlegen. Der Ablauf von Fristen, die ohne Verschulden der Leistungsträger nach diesem Buch verstrichen sind, wirkt nicht gegen die Leistungsträger nach diesem Buch; dies gilt nicht für Verfahrensfristen, soweit die Leistungsträger nach diesem Buch das Verfahren selbst betreiben. Wird eine Leistung aufgrund eines Antrages nach Satz 1 von einem anderen Träger nach § 66 des Ersten Buches bestandskräftig entzogen oder versagt, sind die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach diesem Buch ganz oder teilweise so lange zu entziehen oder zu versagen, bis die leistungsberechtigte Person ihrer Verpflichtung nach den §§ 60 bis 64 des Ersten Buches gegenüber dem anderen Träger nachgekommen ist. Eine Entziehung oder Versagung nach Satz 3 ist nur möglich, wenn die leistungsberechtigte Person vom zuständigen Leistungsträger nach diesem Buch zuvor schriftlich auf diese Folgen hingewiesen wurde. Wird die Mitwirkung gegenüber dem anderen Träger nachgeholt, ist die Versagung oder Entziehung rückwirkend aufzuheben.

(4) Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Ersten Abschnitt des Dritten Kapitels werden nicht an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld haben.

(5) Leistungen nach den §§ 16a, 16b, 16d sowie 16f bis 16k können auch an erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht werden, sofern ein Rehabilitationsträger im Sinne des Neunten Buches zuständig ist; § 22 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Dritten Buches ist entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von dem beigeladenen Träger der Sozialhilfe die Erstattung von Kosten für Medikamente, die auf Grundlage von ärztlichen Privatrezepten verordnet worden sind.

2

Die im Jahre 1962 geborene Klägerin lebt mit ihrem 1949 geborenen Ehemann, der von der Beigeladenen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhält, sowie ihren 1989 und 1996 geborenen Kindern in einem gemeinsamen Haushalt. Die Klägerin und ihre Kinder erhalten seit 2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), unter anderem für den Bewilligungsabschnitt vom 1.7.2006 bis zum 31.12.2006 (Bescheid vom 20.6.2006).

3

Mit Schreiben vom 7.9.2006 (Eingang bei dem Beklagten am 11.9.2006) machte die Klägerin bei dem Beklagten einen Mehrbedarf "für die chronischen Erkrankungen, chronischen Kopfschmerzen sowie Hautallergie" geltend. Die Kosten für die von ihren Ärzten ausgestellten Privatrezepte seien im Regelsatz nicht enthalten. Am 14.9.2006 beantragte sie zudem einen Mehrbedarf wegen "kostenaufwändiger Ernährung" bei Osteoporose und wies mit Schreiben vom 21.12.2006 auf einen bestehenden Eisenmangel hin. Antrag und Widerspruch blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 4.10.2006; Widerspruchsbescheid vom 19.1.2007). Die hiergegen erhobene Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin legte das SG dahin aus, dass die Klägerin die Übernahme der auf Grundlage der vorgelegten privatärztlichen Rezepte sowie die fortlaufenden Kosten für ein Medikament gegen Eisenmangel in Höhe von 14,67 Euro monatlich begehre, und wies die Klage mit Urteil vom 29.8.2008 ab.

4

Die Berufung der Klägerin zum Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg blieb ohne Erfolg (Urteil vom 17.12.2009). Zulässiger Streitgegenstand sei vorliegend allein der Anspruch auf den geltend gemachten Mehrbedarf durch die entstandenen Kosten für aufgrund von Privatrezepten erworbene Medikamente wegen Kopfschmerzen, Hautallergie und Osteoporose. Der Beklagte habe mit den angefochtenen Bescheiden die Übernahme von Medikamentenkosten nach dem SGB II insoweit versagt, sodass über den geltend gemachten Anspruch vom 7.9.2006 bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem LSG (am 17.12.2009) zu entscheiden sei. Dagegen habe die Klägerin erst mit Schreiben vom 21.12.2006 auf den Eisenmangel hingewiesen, ohne dies erkennbar mit einem Antrag auf Hilfeleistungen zu verbinden. Insoweit sei ein Vorverfahren nicht durchgeführt worden und die Klage also unzulässig. Gegenüber dem Beklagten bestehe ein Anspruch nicht. Die Voraussetzungen nach § 21 SGB II (insbesondere eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs 5 SGB II) lägen nicht vor, da ein sonstiger, nicht ernährungsbedingter medizinischer Bedarf, der von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht abgedeckt werde, in § 21 SGB II nicht genannt und daher kein Mehrbedarf in diesem Sinne sei(Hinweis auf BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2). Unabhängig davon, ob die Klägerin eine darlehensweise Gewährung von Leistungen nach § 23 SGB II überhaupt begehre, liege ein unabweisbarer Bedarf iS des § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht vor. Erst wenn eine Gefährdungslage für das sozialstaatlich unabdingbar gebotene Leistungsniveau entstehe, könne ein Anspruch nach § 23 Abs 1 Satz 1 SGB II entstehen. Zwar seien nach § 34 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen, nach Satz 2 dieser Vorschrift gelte aber eine Ausnahme bei bestimmten nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gälten und zur Anwendung bei dieser Erkrankung mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden könnten. Schon die Tatsache, dass der Klägerin die Arzneimittel nicht aufgrund der vorgenannten Vorschrift verordnet worden seien, spreche gegen eine Bedarfsunterdeckung im vorgenannten Sinne.

5

Auch ein Anspruch gegen den Beigeladenen nach § 73 SGB XII bestehe nicht. Aufgrund der nach den Angaben der Klägerin vollständig aktenkundigen ärztlichen Privatrezepte und Apothekenquittungen für Medikamente sei weder eine Verletzung der klägerischen Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit (Art 2 Abs 2 Satz 1 Grundgesetz ) noch aus Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip ersichtlich. Den streitgegenständlichen Bereich betreffe lediglich ein Privatrezept über Paracetamol Stada 500 (im Wert von ca 1,38 Euro für 20 Stück) sowie für Cetirizin vom 10.7.2009 (5,16 Euro für 20 Stück) und eine Apothekenquittung vom 19.2.2008 (Cetirizin Ratiopharm, 20 Stück für 6,65 Euro). Vor diesem Hintergrund ergäben sich auch keine Anhaltspunkte zu weiteren Ermittlungen.

6

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision. Die Klägerin macht einen Anspruch lediglich noch aus § 73 SGB XII gegen die Beigeladene geltend. Vorliegend streite Art 2 Abs 2 GG für eine analoge Anwendung von § 73 SGB XII. Sie leide unter vielfältigen chronischen Erkrankungen und habe einen atypischen Bedarf an nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, deren Kosten von der Krankenkasse nicht übernommen würden. Solche Kosten für chronisch Kranke seien in der Regelleistung nach § 20 SGB II nicht ausreichend abgebildet. Der für die Gesundheitspflege vorgesehene Anteil sei nicht dazu gedacht, den besonderen notwendigen Bedarf für nicht verschreibungspflichtige Medikamente in einem für chronisch Kranke notwendigen Umfang zu decken. Es sei mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit nicht vereinbar, ihr die benötigten, jedoch nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgeführten Medikamente dauerhaft vorzuenthalten. Der Anspruch sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich um Bagatellbedürfnisse handele. Es handele sich um regelmäßig anfallende Kosten, weil es um die Behandlung chronischer Leiden gehe.

7

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. Dezember 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. August 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 4. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 2007 aufzuheben und den Beigeladenen zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die auf Grundlage von ärztlichen Privatrezepten verordneten Medikamente zu erstatten.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seiner Entscheidung vom 24.3.2010 (1 BvR 395/09 - SozR 4-4200 § 20 Nr 1) klargestellt, dass die sogenannte Härtefallregelung nicht für Zeiten vor der Entscheidung am 9.2.2010 gelten solle. Ansprüche gegenüber dem Beklagten bestünden deshalb nicht.

10

Der Beigeladene beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Sollte es sich bei den begehrten, von den Krankenkassen nicht abgedeckten Leistungen um einen verfassungsrechtlich geschützten Bedarf handeln, sei allein zu prüfen, ob die Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung verfassungskonform auszulegen seien. Wenn die Klägerin tatsächlich einen besonderen Bedarf habe, könne sie diesen mittlerweile nach § 21 Abs 6 SGB II geltend machen. Eine Regelung, wonach solche Kosten von den Trägern der Sozialhilfe zu übernehmen seien, sei nicht ersichtlich.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision ist unbegründet. Allerdings stellt sich die Klage entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nur teilweise als zulässig dar (dazu unter 1.). Soweit die Klägerin zulässigerweise die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 7.9.2006 bis zum 31.12.2006 geltend macht, steht ihr ein Anspruch nicht zu, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben (dazu unter 2.).

13

1. Das von der Klägerin zutreffend im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte Ziel, zusätzlich zur Regelleistung einen Mehrbedarf wegen der Kosten für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu erhalten, ist wegen der Leistungsklage nur teilweise, nämlich hinsichtlich des Zeitraums vom 7.9.2006 bis zum 31.12.2006, zulässig.

14

a) In der Sache macht die Klägerin höhere laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend. Die Gewährung eines Mehrbedarfs kann von der Klägerin entgegen der Auffassung des LSG nicht zulässigerweise zum isolierten Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens bestimmt werden, denn die Regelungen der Beklagten über die laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (mit Ausnahme der Kosten der Unterkunft) lassen sich in rechtlich zulässiger Weise nicht in weitere Streitgegenstände aufspalten (vgl etwa BSGE 104, 48 = SozR 4-1500 § 71 Nr 2, RdNr 11; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 11). Um laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts handelt es sich auch dann, wenn - wie hier - im Laufe des Verfahrens der Anspruch materiell-rechtlich allein noch auf § 73 SGB XII gestützt wird und sich also insoweit gegen den Beigeladenen richtet(zuletzt BSG Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R - juris RdNr 13 und Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 3 RdNr 12). Die weitere Auslegung des Klagebegehrens durch SG und LSG dahin, dass nur die Klägerin, nicht dagegen die übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft höhere laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts begehren, erweist sich als zutreffend (dazu BSG SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 15). Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG fließt der Bedarfsgemeinschaft kein weiteres, nach § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen zu, sodass die Höhe der Ansprüche der Kinder der Klägerin nicht von der Höhe des Bedarfs der Mutter abhängt(vgl § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II).

15

b) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 4.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.1.2007, mit dem der Beklagte den zusätzlich zur Regelleistung geltend gemachten Mehrbedarf abgelehnt hat. Das Vorbringen der Klägerin in ihrem Schreiben vom 7.9.2006 ist dabei dahin auszulegen, dass sie die Notwendigkeit der Gewährung eines Mehrbedarfs wegen der Kosten, die aufgrund der chronischen Erkrankungen behauptet werden, und damit eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen von diesem Zeitpunkt an geltend macht. Auf diesen Antrag hin hat der Beklagte in der Sache die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung mit Wirkung ab Zeitpunkt der geltend gemachten Änderung überprüft. Der Bescheid des Beklagten vom 4.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.1.2007 lässt zwar eine ausdrückliche Bezugnahme auf die mit Bescheid vom 20.6.2006 erfolgte Bewilligung für den Bewilligungsabschnitt vom 1.7.2006 bis zum 31.12.2006 nicht erkennen. Dies allein lässt aber - aus der insoweit für die Auslegung maßgeblichen Sicht eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11) - nicht den Schluss zu, der Beklagte habe abschließend für die Zukunft über den geltend gemachten Mehrbedarf entscheiden wollen. Zu einer solchen Entscheidung mit Bindungswirkung für die Zukunft wäre er wegen der in § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II vorgesehenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen nicht berechtigt gewesen(im Einzelnen Urteil des Senats vom 24.2.2011 - B 14 AS 49/10 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 14). Die Bewilligungsentscheidungen wegen der Folgezeiträume weisen dementsprechend jeweils eigenständige Entscheidungen über "Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (inkl Mehrbedarfe)" aus.

16

In zeitlicher Hinsicht kann sich die Leistungsklage der Klägerin damit zulässigerweise nur auf höhere laufende Leistungen für den Bewilligungsabschnitt vom 1.7.2006 bis zum 31.12.2006 ab der geltend gemachten Änderung der Verhältnisse (hier ab dem 7.9.2006) richten. Die Bewilligungsentscheidungen wegen der Folgezeiträume in den Jahren 2007 und 2008, die nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht Gegenstand des Klage- bzw Berufungsverfahrens nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geworden sind(vgl nur BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 30), hat die Klägerin im Hinblick auf die Höhe der Regelleistung einschließlich der Mehrbedarfe nicht fristgerecht mit einem Rechtsbehelf angegriffen. Sie sind nach Aktenlage bestandskräftig geworden (vgl § 77 SGG), ihre Einbeziehung in das laufende Klage- bzw Berufungsverfahren im Wege der Klageänderung (§ 99 SGG, dazu BSG aaO) scheidet aus. Gleiches gilt schließlich für die Bewilligungsabschnitte für das Jahr 2009, weil die Klägerin insoweit gesonderte Verfahren wegen der Höhe der Regelleistung unter dem Gesichtspunkt eines (seit dem 1.1.2009 von dem Beklagten nicht mehr anerkannten) ernährungsbedingten Mehrbedarfs nach § 21 Abs 5 SGB II anhängig gemacht hat und sie deswegen das vorliegende Verfahren nicht zulässigerweise um den bereits anderweitig rechtshängigen Streit wegen der Höhe der Regelleistung einschließlich der Mehrbedarfe erweitern kann.

17

2. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides misst sich an § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch und § 48 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, hier also der Bescheid vom 20.6.2006 über die Bewilligung der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Dabei sind bei der Frage, ob bzw inwieweit eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse dazu führt, dass der ursprüngliche Bewilligungsbescheid (vom 20.6.2006) abzuändern ist, grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl nur BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 38 RdNr 12 mwN) .

18

Die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 SGB X liegen jedoch nicht vor. Die Klägerin, die nach den Feststellungen des LSG Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II idF des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl I 2014) ist, hat neben einem Anspruch auf Regelleistung, der nach den Feststellungen des LSG und dem Vortrag der Beteiligten dem Grunde und der Höhe nach nicht zweifelhaft ist, keine weiteren Ansprüche auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen der von ihr geltend gemachten Belastungen mit Kosten für nicht verschreibungspflichtige Medikamente. Eine wesentliche Änderung ist damit nicht eingetreten, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben.

19

a) Ein Anspruch auf den geltend gemachten Mehrbedarf ist dabei unter allen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten zu überprüfen. Entgegen der Auffassung des LSG bleiben insbesondere die Aufwendungen wegen des behaupteten Eisenmangels nicht deshalb außer Betracht, weil sie nicht beantragt worden sind. Es genügt, dass die Klägerin auf die bei ihr bestehenden chronischen Erkrankungen und damit auf gesundheitliche Einschränkungen hingewiesen hat, aus denen die geltend gemachten Kosten erwachsen. Ein Mehrbedarf, bei dem es sich um eine laufende Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts handelt, muss nicht gesondert beantragt werden (vgl nur Urteil des Senats vom 6.5.2010 - B 14 AS 3/09 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 14 mwN).

20

b) Der Senat geht im Anschluss an die Rechtsprechung des 7b. Senats des BSG (BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1)davon aus, dass die Regelungen des SGB II in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung keine Erhöhung der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts über die gesetzliche Pauschale hinaus zulassen (zuletzt Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R - juris RdNr 17 zu Kosten, die aufgrund einer Behinderung entstehen; Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 3 RdNr 14 zu Kosten eines Hygienemehrbedarfs bei AIDS und Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15 RdNr 17 zu Mehrkosten einer Schülermonatskarte ). Insbesondere scheidet § 21 Abs 5 SGB II als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Mehrbedarf aus, weil die Klägerin auch hinsichtlich der bestehenden Osteoporose im Ergebnis ihres Vortrages keine kostenaufwändige Ernährungsweise, sondern die Notwendigkeit der ergänzenden Einnahme von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln geltend macht. Ein solcher Anspruch ist von § 21 Abs 5 SGB II nicht erfasst(vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 31). § 23 Abs 1 SGB II als Rechtsgrundlage scheidet ebenfalls aus, weil es sich bei den geltend gemachten zusätzlichen Bedarfen um wiederkehrende Bedarfe handelt, die einer darlehensweisen Gewährung nicht zugänglich sind(vgl BSG Urteil vom 19.8.2010, aaO, unter Hinweis auf SozR 4-4200 § 7 Nr 15). Der Senat geht schließlich davon aus, dass der vom BVerfG geforderte verfassungsrechtliche Anspruch bei unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfen (vgl BVerfGE 125, 175, 252 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 204 ff)nur dann eingreift, wenn nicht bereits aufgrund einfachgesetzlicher Regelungen eine Leistungsgewährung möglich ist (BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 3 RdNr 23; im Einzelnen sogleich).

21

c) Der Klägerin steht aber auch gegen den Beigeladenen ein Anspruch aus § 73 SGB XII nicht zu. Hiernach können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Voraussetzung eines Anspruchs nach § 73 SGB XII ist nach der Rechtsprechung des 7b. Senats, der sich der erkennende Senat angeschlossen hat, eine besondere Bedarfslage, die eine gewisse Nähe zu den speziell in den §§ 47 bis 74 SGB XII geregelten Bedarfslagen aufweist und deren Sicherstellung zugleich aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten ist(vgl BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 22 f; BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 3 RdNr 19 f).

22

Wie der Senat bereits entschieden hat und wovon auch die Vorinstanzen ausgehen, kann es sich hinsichtlich der geltend gemachten Bedarfe dem Grunde nach um Bedürfnisse mit Grundrechtsbezug handeln (hierzu Urteil des Senats vom 28.10.2009 - B 14 AS 44/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 15 RdNr 21). Durch eine nicht ausreichende Versorgung mit Arzneimitteln könnte das Recht der Klägerin auf Leben (Gesundheit) und körperliche Unversehrtheit gemäß Art 2 Abs 2 GG berührt sein (zur Bedeutung dieses Grundrechts im Sozialrecht vgl insbesondere BVerfGE 115, 25 ff = SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Im Hinblick auf die streitigen Kosten einer Krankenbehandlung (hier die Versorgung mit Arzneimitteln) sind jedoch - anders als etwa hinsichtlich der Bedarfe für besondere Hygienemaßnahmen (vgl BSG Urteil vom 19.8.2010 - B 14 AS 13/10 R - SozR 4-3500 § 73 Nr 3 RdNr 17) - unabweisbare Bedarfe, die nicht entweder durch das System des SGB V (dazu unter aa) oder (ergänzend) durch die Regelleistung abgedeckt werden (dazu unter bb), nicht ersichtlich.

23

aa) Das sozialrechtlich zu gewährende menschenwürdige Existenzminimum aus Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG umfasst auch die Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 - BVerfGE 125, 175 ff, 223 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 135; BSG Urteil vom 22.4.2008 - B 1 KR 10/07 R - BSGE 100, 221 = SozR 4-2500 § 62 Nr 6, RdNr 31; BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 108/10 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 33). Der Anspruch auf Existenzsicherung insoweit wird im Fall der Klägerin - wie für den ganz überwiegenden Teil der Hilfebedürftigen - in erster Linie durch ihre Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl § 5 Abs 2a SGB V) abgedeckt, deren Beiträge der Träger der Grundsicherung zahlt (§ 252 Abs 1 Satz 2 SGB V) und der Bund trägt (§ 46 Abs 1 SGB II). Die Klägerin hat als Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V, wenn diese notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern(vgl § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V); vom Anspruch auf Krankenbehandlung ist die Versorgung mit Arzneimitteln erfasst (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V). Apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel (sog OTC-Präparate; OTC = over the counter), deren Kosten die Klägerin vorliegend geltend macht, sind seit dem 1.1.2004 zwar grundsätzlich von der Versorgung nach §§ 31, 34 Abs 1 Satz 1 SGB V ausgeschlossen. Dies gilt allerdings auch hinsichtlich der nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel nicht schlechthin und ausnahmslos, denn § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V ermächtigt den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung des Vertragsarztes ausnahmsweise verordnet werden können. Hiervon hat der G-BA Gebrauch gemacht und seine Arzneimittel-Richtlinien mit Beschluss vom 16.3.2004 um einen Abschnitt F ergänzt (vgl BAnz 2004 S 8905, nunmehr § 12 der Arzneimittel-Richtlinien). Die Verordnung dieser Arzneimittel ist danach ausnahmsweise zulässig, wenn die Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Dabei gilt eine Krankheit als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Ausdrücklich genannt sind (mittlerweile in der Anlage I zu den genannten Richtlinien; zuvor in Abschnitt F 16.4.9 und 16.4.14) verschiedene nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die unter anderem bei den Krankheiten Osteoporose und Eisenmangelanämie (die bei der Klägerin nach ihrem Vortrag vorliegen) unter bestimmten weiteren Voraussetzungen als Therapiestandard gelten (zum Ganzen BSG Urteil vom 6.11.2008 - B 1 KR 6/08 R - BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4).

24

Damit ist ohne weitere Ermittlungen seitens der Träger der Grundsicherung davon auszugehen, dass grundrechtsrelevante Beeinträchtigungen durch eine nicht ausreichende Krankenbehandlung, die durch ergänzende Leistungen der Grundsicherung abzuwenden wären, ausscheiden. Im Grundsatz ist eine Behandlung ua von Osteoporose und Eisenmangelanämie auch durch OTC-Präparate zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung dann gesichert, wenn die Erkrankung lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Gesetzliche oder auf Gesetz beruhende Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen nach dem SGB V und damit insbesondere die Frage, ob sich § 34 Abs 1 SGB V im Einzelnen als verfassungsgemäß darstellt, können nur innerhalb dieses Leistungssystems daraufhin überprüft werden, ob sie im Rahmen des Art 2 Abs 1 GG gerechtfertigt sind(dazu BVerfGE 115, 25 ff = SozR 4-2500 § 27 Nr 5). Die Frage, ob die Kosten für Arzneimittel als Teil einer Krankenbehandlung übernommen werden, muss der Hilfebedürftige gegenüber seiner Krankenkasse klären. Hinsichtlich der therapeutischen Notwendigkeit einer bestimmten Krankenbehandlung und den Anforderungen an ihren Nachweis gelten für Leistungsempfänger nach dem SGB II keine anderen Voraussetzungen als für die übrigen Versicherten nach dem SGB V, die Versicherungsschutz insbesondere aufgrund abhängiger Beschäftigung erlangen (vgl bereits Urteil des Senats vom 15.12.2010 - B 14 AS 44/09 R - juris RdNr 21).

25

bb) Die übrigen Kosten für Gesundheitspflege, die unter anderem für medizinisch notwendige, aber nicht von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse abgedeckte OTC-Präparate unter dem Gesichtspunkt der Eigenverantwortung der GKV-Versicherten auch von Hilfebedürftigen nach dem SGB II selbst zu zahlen sind, sind in der Regelleistung abgebildet und lösen damit grundsätzlich keinen Bedarf nach § 73 SGB XII aus. Im streitigen Zeitraum wird für die Abteilung 06 (Gesundheitspflege) auf der Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 ein Gesamtbetrag in Höhe von 13,19 Euro berücksichtigt (vgl BR-Drucks 206/04). Soweit die Klägerin wegen ihrer chronischen Erkrankungen geltend macht, dieser Betrag reiche nicht aus, richtet sich dieser Angriff im Kern gegen die Höhe der Regelleistung. Bezogen auf die Zeit vor dem 1.1.2011 hat das BVerfG (aaO, RdNr 210 ff) hinsichtlich der Höhe der Regelleistung klargestellt, dass deren rückwirkende Erhöhung ausscheidet. Ohnehin macht die Klägerin wegen der Erkrankungen, die nicht schon in der Anlage I der Arzneimittel-Richtlinien erfasst sind, nach den Feststellungen des LSG keine Kosten geltend, die den in der Regelleistung enthaltenen Betrag übersteigen. Allein die Tatsache, dass auch die weiteren Erkrankungen chronisch sein mögen, führt jedenfalls nicht zu einem Anspruch auf einen höheren Bedarf. Ob der seit dem 1.1.2011 geltende Regelbedarf unter Berücksichtigung (auch) der vom Leistungsberechtigten nach dem SGB II selbst zu tragenden Kosten für Gesundheitspflege ausreichend hoch bestimmt ist, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. April 2015 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch des klagenden Versicherten gegen die beklagte Krankenkasse auf Erstattung der für die Ersatzbeschaffung einer Kontaktlinse im Januar 2010 aufgewendeten Kosten in Höhe von 140 Euro.

2

Der 1941 geborene Kläger erlitt 2007 eine Netzhautablösung im rechten Auge mit fast vollständiger Erblindung dieses Auges. Im Juni 2008 wurde das linke Auge durch einen Metallsplitter verletzt, wodurch sich eine Hornhautnarbe mit Delle, Rosthof und leichter Hornhauttrübung bildete und nunmehr ein irregulärer Hornhautastigmatismus vorliegt. Mit bestmöglicher Korrektur wird auf dem rechten Auge eine Sehfähigkeit von 5 % (Visus 0,05) erreicht. Auf dem linken Auge wird mit Brillenkorrektur eine Sehfähigkeit von höchstens 30 % (Visus 0,3) und mit Einsatz einer Kontaktlinse ein uneingeschränkter Ausgleich der Sehbeeinträchtigung (Visus 1,0) erzielt. Eine relevante Gesichtsfeldeinschränkung besteht nicht.

3

Die Beklagte versorgte den Kläger antragsgemäß mit einer Kontaktlinse für das linke Auge als therapeutische Sehhilfe (Bescheid vom 3.2.2009). Nachdem diese Linse zu Boden gefallen und zerbrochen war, beantragte der Kläger am 30.10.2009 unter Vorlage einer augenärztlichen Verordnung vom 18.9.2009 und eines Kostenvoranschlages des Contaktlinseninstituts K. B. GmbH über 150 Euro die Ersatzbeschaffung. Die Beklagte lehnte den Antrag unter Hinweis auf die zum 7.2.2009 in Kraft getretene neue Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Hilfsmittel-Richtlinie - HilfsM-RL) vom 16.10.2008 ab. Danach seien Kontaktlinsen als therapeutische Sehhilfe bei funktioneller Einäugigkeit nicht mehr verordnungsfähig (§ 17 Abs 1 Nr 16 HilfsM-RL). Die Abgabe der Kontaktlinse zur Verbesserung der Sehschärfe (§ 15 Abs 3 Nr 3 HilfsM-RL)scheide aus, weil der Kläger nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten für Sehhilfen zur Verbesserung der Sehschärfe (§§ 13 bis 16 HilfsM-RL) gehöre; denn bei bestmöglicher Korrektur (§ 12 Abs 1 HilfsM-RL) übersteige die Sehschärfe auf dem besseren linken Auge mit einem Wert von 1,0 den Grenzwert von 0,3, der für die Stufe 1 der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung für beide Augen maßgebend sei. § 33 Abs 2 Satz 2 SGB V weise die Versorgung mit Sehhilfen der Eigenverantwortung der Versicherten zu, wenn sie nicht mindestens der Stufe 1 der WHO-Klassifikation zuzuordnen seien(Bescheid vom 21.12.2009). Das Angebot der Beklagten, ihn mit Kunststoffbrillengläsern als therapeutische Sehhilfe zu versorgen (§ 17 Abs 1 Nr 16 HilfsM-RL), hat der Kläger nicht angenommen. Im Januar 2010 hat er sich die Kontaktlinse aus eigenen Mitteln für 150 Euro beschafft (Rechnung vom 21.1.2010). Der im Widerspruchsver-fahren auf Kostenerstattung (§ 13 Abs 3 SGB V)in Höhe von 140 Euro (Kaufpreis 150 Euro abzüglich 10 Euro Zuzahlung nach § 61 Satz 1 SGB V) umgestellte Antrag blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 31.8.2010).

4

Im Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht, es sei willkürlich, dass nach § 17 Abs 1 Nr 16 HilfsM-RL bei funktioneller Einäugigkeit nur Brillengläser und keine Kontaktlinsen als therapeutische Sehhilfe verordnungsfähig seien. Kontaktlinsen bewirkten den höchstmöglichen Schutz vor Verletzungen der Augen durch Unfälle. Dass nach § 12 Abs 1 HilfsM-RL Kontaktlinsen bei der Visusermittlung prinzipiell einzubeziehen seien, soweit es um Versorgungsfälle nach den §§ 13 bis 16 HilfsM-RL gehe, erscheine rechtlich bedenklich; denn dies habe den absurden Effekt, dass bei Versicherten wie ihm, die mit Brille immer noch sehbehindert seien, aber mit Kontaktlinsen gut sehen könnten, nunmehr keine Kontaktlinsen verordnet werden dürfen, obwohl er die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs 3 Nr 3 HilfsM-RL erfülle. Dies verstoße insbesondere gegen das Ziel, im Bereich des unmittelbaren Behinderungsausgleichs einen möglichst vollständigen funktionellen Ausgleich zu erreichen. Demgemäß sei die Visusermittlung ohne Korrektur durch Sehhilfen durchzuführen, jedenfalls aber auf die bestmögliche Brillenkorrektur zu beschränken.

5

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.4.2013). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 17.4.2015): Der Kläger habe keinen Versorgungsanspruch nach § 15 Abs 3 Nr 3 HilfsM-RL, weil nur sehbehinderte Versicherte anspruchsberechtigt seien, die auf beiden Augen bei bestmöglicher Korrektur durch Brille oder Kontaktlinse eine Sehschärfe von maximal 0,3 aufwiesen. Als therapeutische Sehhilfen seien Kontaktlinsen seit dem 7.2.2009 gar nicht mehr verordnungsfähig (§ 17 Abs 1 Nr 16 HilfsM-RL). Beide Regelungen seien rechtlich unbedenklich.

6

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 33 Abs 1, 2 und 3 SGB V, §§ 12, 15 und 17 HilfsM-RL sowie Art 3 Abs 1 und 3 GG. Die Begründung des Gesetzgebers für den weitgehenden Ausschluss Erwachsener von der Versorgung mit Sehhilfen betreffe nicht Kontaktlinsen, sondern ausschließlich Brillen. Erwachsene Versicherte würden durch die Ausgrenzung der Brillen aus dem Versorgungsauftrag der Krankenkassen in der Regel finanziell nicht überfordert. Das sei bei Kontaktlinsen aber anders. Die Erstversorgung mit zwei formstabilen Kontaktlinsen überschreite regelmäßig einen Betrag von 500 Euro. Außerdem sei dem Hilfsmittelrecht die Erwägung grundsätzlich fremd, dass ein Hilfsmittel gerade dann versagt wird, wenn es geeignet ist, die Behinderung zu überwinden. Das habe das SG Dresden zutreffend erkannt und entsprechend auf das Ausmaß der Sehschwäche vor einer Korrektur durch Sehhilfen abgestellt (Hinweis auf Urteil vom 23.11.2011 - S 18 KR 597/08). Den Gesetzesmaterialien lasse sich nicht entnehmen, dass sich der Gesetzgeber der Konsequenzen einer gegenteiligen Handhabung bewusst gewesen sei. Es sei mit dem Grundgesetz unvereinbar, einem schwer sehbehinderten Menschen eine kostspielige Kontaktlinsenversorgung vorzuenthalten, obwohl er mit diesem Hilfsmittel seine Behinderung vollständig ausgleichen könne. Außerdem empfehle die WHO seit 2010, die Beeinträchtigung der Sehfähigkeit nicht mehr nach bestmöglicher Korrektur mittels Brille bzw Kontaktlinse, sondern nur noch mit gegenwärtig verfügbarer Korrekturmöglichkeit zu ermitteln. Diese Änderung sei in der HilfsM-RL nicht umgesetzt worden.

7

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG Berlin-Brandenburg vom 17. April 2015 und des SG Berlin vom 23. April 2013 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die für die Beschaffung einer Kontaktlinse entstandenen Kosten in Höhe von 140 Euro zu erstatten.

8

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber in der Sache unbegründet. Die Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V scheidet aus, weil die Beklagte die Ersatzversorgung des Klägers mit einer Kontaktlinse zu Recht abgelehnt hat. Der Kläger hat die durch die Selbstbeschaffung der Leistung entstandenen Kosten in Höhe von 150 Euro, wovon abzüglich der Eigenbeteiligung von 10 Euro (§ 61 Satz 1 SGB V) 140 Euro grundsätzlich erstattungsfähig wären, selbst zu tragen, weil der Gesetzgeber die Sehhilfenversorgung für Erwachsene in weitgehendem Maße - und so auch hier - der Eigenverantwortung der Versicherten überlassen hat. Das ist - jedenfalls derzeit - rechtlich nicht zu beanstanden.

10

1. Die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs sind in § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V geregelt: "Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war." Die dem Kläger nach der Ablehnung des Leistungsantrages durch die Beklagte (Bescheid vom 21.12.2009) infolge der Selbstbeschaffung der Kontaktlinse entstandenen Kosten sind nicht erstattungspflichtig, weil dem Kläger kein Sachleistungsanspruch auf Kontaktlinsenversorgung (§ 2 Abs 2 Satz 1, § 33 Abs 3 SGB V) zustand und die Leistungsablehnung daher zu Recht erfolgt ist.

11

2. Rechtsgrundlage des ursprünglich geltend gemachten Versorgungsanspruchs ist § 33 SGB V. Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 33 Abs 1 Satz 4 SGB V umfasst der Anspruch ua auch die Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, wie sie hier der Kläger hinsichtlich seiner zerbrochenen Kontaktlinse begehrt hat.

12

3. Die Versorgung mit Sehhilfen ist in § 33 Abs 2 bis 4 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) gesondert geregelt. Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Abs 1 haben gemäß § 33 Abs 2 Satz 1 SGB V Versicherte nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Für Versicherte, die - wie der Kläger - das 18. Lebensjahr bereits vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie aufgrund ihrer Sehschwäche oder Blindheit, entsprechend der von der WHO empfohlenen Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung, auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen.

13

Die Versorgung mit Kontaktlinsen ist für anspruchsberechtigte Versicherte nach § 33 Abs 3 Satz 1, Abs 2 SGB V ausdrücklich auf medizinisch zwingend erforderliche Ausnahmefälle beschränkt. Bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden dürfen, hat der Gesetzgeber jedoch selbst nicht geregelt. Vielmehr hat er dem GBA die Aufgabe übertragen, dies in Richtlinien zu bestimmen (vgl § 33 Abs 3 Satz 2 SGB V iVm § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V). Dem ist der GBA mit der HilfsM-RL nachgekommen.

14

Nach § 12 Abs 1 Satz 1 HilfsM-RL in der im vorliegenden Erstattungsstreit maßgeblichen Fassung vom 16.10.2008 ist eine Sehhilfe zur Verbesserung der Sehschärfe (§§ 13 bis 16 HilfsM-RL), wie sie der Kläger vorliegend begehrt, bei erwachsenen Versicherten verordnungsfähig, wenn diese entsprechend der von der WHO empfohlenen Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 aufweisen. Diese liegt nach § 12 Abs 1 Satz 2 HilfsM-RL unter anderem vor, wenn die Sehschärfe (Visus) bei bestmöglicher Korrektur mit einer Brillenversorgung oder möglichen Kontaktlinsenversorgung auf dem besseren Auge ≤ 0,3 beträgt oder das beidäugige Gesichtsfeld ≤ 10 Grad bei zentraler Fixation ist. Die Sehschärfenbestimmung hat beidseits auf Basis bester Korrektur mit Brillengläsern oder möglichen Kontaktlinsen zu erfolgen. Eine Visuserhebung mit Kontaktlinsen ist aber nur dann erforderlich, wenn der Versicherte - wie vorliegend der Kläger - eine Kontaktlinse verträgt und eine Kontaktlinse hatte, hat oder haben möchte. Die Voraussetzungen einer solchen Sehbeeinträchtigung sind beim Kläger - worüber Einigkeit zwischen den Beteiligten besteht - nicht erfüllt, da sein Visus auf dem besseren linken Auge bei bestmöglicher Korrektur mit der von ihm begehrten Kontaktlinse 1,0 beträgt und eine relevante Gesichtsfeldeinschränkung nicht vorliegt. Therapeutische Sehhilfen zur Behandlung einer Augenverletzung oder Augenerkrankung können unter den Voraussetzungen des § 17 HilfsM-RL verordnet werden. Einen Sonderfall stellt dabei die Verordnungsfähigkeit von Sehhilfen mit reiner Schutzfunktion dar, weil es dort auf die Frage der tatsächlichen Beeinträchtigung der Sehfähigkeit des geschützten Auges grundsätzlich nicht ankommt (§ 17 Abs 1 Nr 16 HilfsM-RL, § 33 Abs 2 Satz 2 SGB V).

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4. Der Versorgungsanspruch ergibt sich hier nicht aus § 15 Abs 3 Nr 3 HilfsM-RL. Danach können Kontaktlinsen zur Verbesserung der Sehschärfe verordnet werden, wenn der Versicherte - wie der Kläger - unter einem irregulären Astigmatismus leidet und mit der Kontaktlinse eine um mindestens 20 Prozentpunkte verbesserte Sehstärke gegenüber Brillengläsern erreicht wird. Dies war zwar der Fall (Visus 1,0 statt nur 0,3), aber der Kläger gehört nicht zum Personenkreis der Anspruchsberechtigten, weil er mit einem Visus von 1,0 auf dem besseren linken Auge bei Kontaktlinseneinsatz nicht der Stufe 1 der WHO-Klassifikation zuzuordnen ist (§ 33 Abs 2 Satz 2 und Abs 3 Satz 1 SGB V iVm § 12 Abs 1 HilfsM-RL). Dass die Sehstärkenbestimmung unter Einsatz der bestmöglichen Korrektur zu erfolgen hat, ergibt sich nicht nur aus § 12 Abs 1 HilfsM-RL, sondern auch aus der WHO-Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung vom 10.11.1972 (WHO Technical Report Series No. 518, 1973) selbst ("best possible correction"), an der sich der GBA bei Erlass der HilfsM-RL vom 16.10.2008 orientiert hat.

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a) Zu einem anderen Ergebnis könnte man allenfalls dann kommen, wenn man die Verweisung in § 33 Abs 2 Satz 2 SGB V auf die von der WHO empfohlene Klassifikation als dynamische Verweisung verstehen müsste. Denn zum 1.1.2010 hat die WHO ihre 1973 veröffentlichte (WHO Technical Report Series No. 518, 1973) internationale Klassifikation für Sehbeeinträchtigungen aus dem Jahre 1972 dahingehend verändert, dass die Sehschärfe (Visus) künftig nicht mehr zwingend mit bestmöglicher Korrektur, sondern nur mit der Brillen- oder Kontaktlinsenkorrektur zu bestimmen ist, die gegenwärtig vorhanden ist ("with presenting correction, if any"). Bei einer solchen dynamischen Verweisung hätte auch der GBA die Regelung des § 12 Abs 1 HilfsM-RL zum 1.1.2010 entsprechend anpassen müssen, was aber nicht geschehen ist. Da der Kläger bei Antragstellung (30.10.2009) und Entscheidung der Beklagten (21.12.2009) über keine funktionsfähige Kontaktlinse mehr verfügte, hätte die Visusbestimmung nur unter Verwendung der vorhandenen Lesebrille (vgl dazu Arztbericht der Augenklinik der Charité Berlin vom 20.11.2008), aber ohne Korrektur durch Kontaktlinsen erfolgen müssen, und der Kläger wäre wegen der Ausklammerung der Kontaktlinsenkorrektur ohne Weiteres der Stufe 1 zuzuordnen gewesen, sofern die Neuregelung der WHO-Klassifikation schon wirksam gewesen wäre. Das war jedoch nicht der Fall, weil sie erst zum 1.1.2010 eingeführt worden ist. Selbst bei Annahme einer dynamischen Verweisung wäre also die Leistungsablehnung vom 21.12.2009 rechtmäßig gewesen, und der Kläger hätte den Ausgang des am 12.1.2010 eingeleiteten, dann aber ebenfalls erfolglosen Widerspruchsverfahrens abwarten müssen, ehe er zur Selbstbeschaffung der Leistung überging.

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b) Abgesehen davon ist aber auch die Annahme einer dynamischen Verweisung ausgeschlossen, auch wenn sich dies dem Wortlaut der Vorschrift allein nicht entnehmen lässt. Bei einer dynamischen Verweisung führt eine Änderung der in Bezug genommenen Norm dazu, dass auch die verweisende Norm einen anderen Aussageinhalt erhält, ohne dass der Gesetzgeber erneut tätig wird (vgl hierzu Klindt, DVBl 1998, 373 <374>; Ossenbühl, DVBl 1967, 401). Dennoch ist der Gesetzgeber in gewissem Rahmen befugt, im Wege der Verweisung auch auf fremdes, nicht von ihm formuliertes und in Kraft gesetztes Recht eines anderen Kompetenzbereiches Bezug zu nehmen. Dynamische Verweisungen sind dann aber nur in dem Rahmen zulässig, den die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Bundesstaatlichkeit setzen. Unter diesen Gesichtspunkten kann es daher geboten sein, eine Bezugnahme als sogenannte statische Verweisung in dem Sinne auszulegen, dass lediglich die bei Verabschiedung der Verweisungsnorm geltende Fassung der in Bezug genommenen Norm in Geltung gesetzt wird (vgl BVerfG Beschluss vom 17.2.2016 - 1 BvL 8/10 - Juris = NVwZ 2016, 675-681; BVerfG vom 1.3.1978 - 1 BvR 786/70 - BVerfGE 47, 285 <312 ff>). Es spricht nichts dafür, dass der Bundesgesetzgeber die Festlegung der Grenzen des Leistungsanspruchs auf Sehhilfen für erwachsene Versicherte der GKV in die Hand der Organisation der Vereinten Nationen legen wollte, die für die Festlegung der von der WHO empfohlenen Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung zuständig ist und an deren Entscheidungsfindung ggf die 194 Mitgliedsstaaten mitwirken. Dies wäre nicht allein im Hinblick auf das Demokratieprinzip problematisch. Es kann dem Bundesgesetzgeber auch nicht der Wille unterstellt werden, im Falle einer Änderung der Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung durch die WHO den Leistungsanspruch der Versicherten an die jeweils gültige Fassung zu binden, weil die Klassifikation der WHO ganz anderen Zwecken dient und andere Ziele verfolgt und auch sonst keine Gründe ersichtlich sind, die für eine stetige Parallelität beider Normen sprechen. Leistungsausschlüsse und deren Ausnahmen regelt der Gesetzgeber grundsätzlich selbst; teilweise ermächtigt er den GBA innerhalb eines bestimmten, gesetzlich vorgegebenen Rahmens, Leistungsausschlüsse oder Ausnahmen davon zu konkretisieren (vgl ua § 33 Abs 2 Satz 3, Abs 3 Satz 2, § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V). Es spricht nichts dafür, dass er von dieser Regelungssystematik bei § 33 Abs 2 Satz 2 SGB V abweichen wollte. Vielmehr wird in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 15/1525 S 85) ausdrücklich auf den WHO Technical Report Series No. 518, 1973 Bezug genommen, in dem die Sehschärfenbestimmung mit Hilfe bestmöglicher Korrektur ("best possible correction") niedergelegt ist. Bei Wegfall dieser Einschränkung durch die Neufassung, nach der die Sehschärfenbestimmung mit Hilfe der vorhandenen Korrektur erfolgt, würde der Kreis der Berechtigten deutlich ausgeweitet und der erwünschte Einspareffekt für die GKV weitgehend aufgehoben; dies würde dem Zweck der Neufassung des § 33 SGB V im Bereich der Sehhilfen durch das GMG widersprechen. Dazu ist in der Gesetzesbegründung ausgeführt (BT-Drucks 15/1525, S 85 zu Nr 20 <§ 33> Buchst a): "Bei Erwachsenen wird der Leistungsanspruch auf zwingend medizinisch notwendige Ausnahmefälle begrenzt. Derartige Ausnahmen liegen dann vor, wenn Versicherte aufgrund ihrer Sehschwäche oder Blindheit, entsprechend der von der WHO empfohlenen Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung (WHO Technical Report Series No. 518, 1973), auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 aufweisen. Nach dem Kodierungsschlüssel gemäß der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandten Gesundheitsprobleme, 10. Revision (ICD-10), betrifft dies Versicherte, die a) unter Sehschwäche beider Augen (Diagnoseschlüssel H54.2), b) Blindheit eines Auges und Sehschwäche des anderen Auges (Diagnoseschlüssel H54.1) oder c) Blindheit beider Augen (Diagnoseschlüssel H54.0) leiden. Über die genannten Personenkreise hinaus besteht für Versicherte im Rahmen der GKV kein Leistungsanspruch auf die Versorgung mit Sehhilfen. Auf der Grundlage des geltenden Rechts beträgt der Sachleistungsanteil der Krankenkassen bei der Versorgung mit Sehhilfen gegenwärtig im Durchschnitt rund 50 Euro. Obwohl dieser Betrag eine medizinisch notwendige Versorgung finanziell vollständig abdeckt, sind Versicherte im Durchschnitt bereit, darüber hinaus schätzungsweise rund 150 Euro für medizinisch nicht notwendige Leistungen (zB Entspiegelung und/oder Tönung der Gläser) auszugeben. Sie tragen damit aus nicht medizinischen Gründen schätzungsweise 70 bis 80 % der Gesamtkosten einer Sehhilfenversorgung. Vor diesem Hintergrund wird davon ausgegangen, dass die Leistungsausgrenzung erwachsene Versicherte grundsätzlich finanziell nicht überfordert. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich der Wettbewerb auf dem Markt für Sehhilfen durch die vorgenommene Ausgrenzung zum Vorteil der Konsumenten intensivieren wird. Dass dies möglich ist, zeigen die zahlreichen Angebote preisgünstiger Sehhilfen im In- und Ausland".

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Wenn der Anwendung des § 33 Abs 2 SGB V nunmehr die tatsächlich vorhandene und nicht mehr die bestmögliche Korrektur des Sehvermögens durch Sehhilfen zu Grunde gelegt würde, wie es der aktuellen Klassifikation der WHO entspricht, würde der in der Gesetzesbegründung angesprochene Ausnahmefall eines Anspruchs gegen die Krankenkasse zum Regelfall. Nach lebensnaher Betrachtung dürften die Versicherten dann nämlich häufig die Versorgung mit einer Sehhilfe erst beantragen, wenn eine solche nicht mehr bei ihnen vorhanden ist. Warum das der Fall ist, kann die Krankenkasse typischerweise nicht überprüfen. Damit würde aber eine Vielzahl erwachsener Versicherter anspruchsberechtigt, denn die Voraussetzung der Zuordnung zur Stufe 1 der Klassifikation der WHO ohne eine entsprechende Korrektur dürften viele Versicherten erfüllen. Dies kann vom Gesetzgeber, der ersichtlich nur eine Ausnahme zum Leistungsausschluss schaffen wollte, nicht bezweckt gewesen sein.

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c) Der Charakter des § 33 Abs 2 Satz 2 SGB V in der zum 1.1.2004 in Kraft getretenen Fassung des GMG als statische Verweisung auf die WHO-Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigung vom 10.11.1972 (WHO Technical Report Series No. 518, 1973) schließt eine korrigierende Auslegung des § 33 Abs 2 Satz 2 SGB V dahingehend aus, es komme für die Schwere der Sehbehinderung auf die ohne Korrektur durch Brille oder Kontaktlinsen noch vorhandene Sehschärfe an(so aber Urteil des SG Dresden vom 23.11.2011 - S 18 KR 597/08).

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d) Die - hilfsweise geäußerte - Vorstellung des Klägers, die bestehende Beeinträchtigung des Sehvermögens auf der Grundlage der bei einer Versorgung mit Brillen erreichbaren Sehschärfe zu bewerten, ist ebenfalls mit § 33 Abs 2 SGB V nicht vereinbar. Den Gesetzgebungsmaterialien lässt sich nämlich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber nur Brillen grundsätzlich von der Leistungspflicht der GKV ausnehmen wollte. Die Erwägungen aus dem Gesetzgebungsverfahren über die Zumutbarkeit der Selbstversorgung beziehen sich nicht im Besonderen auf Brillen, sondern ganz allgemein auf Sehhilfen (BT-Drucks 15/1525 S 85), zu denen nach dem deutschen krankenversicherungsrechtlichen Sprachgebrauch auch Kontaktlinsen gehören. Die Annahme, dass der Gesetzgeber eigentlich eine abweichende Behandlung von Kontaktlinsen gewollt habe, auch wenn er dies so nicht gesagt habe, überzeugt nicht. Aus den für Sehhilfen geltenden Festbeträgen (vgl dazu www.gkv-spitzenverband.de) ergibt sich schon kein Beleg dafür, dass Kontaktlinsen regelmäßig Aufwendungen verursachen, die weit über den Betrag von 150 Euro hinausgingen, den die Versicherten in der Vergangenheit nach den Feststellungen im Gesetzgebungsverfahren durchschnittlich für ihre Versorgung mit Sehhilfen aufgewandt haben (BT-Drucks 15/1525 S 85). Die Festbeträge belegen vielmehr, dass es auch hochpreisige Brillen gibt. Selbst wenn im Regelfall höhere Preise für Kontaktlinsen anfallen, ist daraus nicht zu schließen, dass die Versicherten in der Vergangenheit nicht bereit waren, den Mehrpreis selbst zu zahlen. Dann ist aber der Grund für die Ausklammerung von Sehhilfen aus der Leistungspflicht der GKV gleichermaßen für Kontaktlinsen gegeben. Die Feststellung, dass Kontaktlinsen anders als Brillen in der Vergangenheit von den Versicherten im Wesentlichen nur genutzt worden sind, wenn wegen einer entsprechenden medizinischen Indikation die Krankenkassen die Mehrkosten getragen haben, hat der Gesetzgeber gerade nicht getroffen. Demgemäß ist der Ausschluss der Leistungspflicht bei Sehhilfen gleichermaßen auf Brillen und Kontaktlinsen zu beziehen.

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5. Die Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung ergibt sich hier auch nicht aus § 17 Abs 1 Nr 16 HilfsM-RL: "Verordnungsfähig sind Kunststoffgläser als Schutzgläser bei Versicherten, die an Epilepsie und/oder an Spastiken erkrankt sind - sofern sie erheblich sturzgefährdet sind - und/oder bei funktionell Einäugigen (funktionell Einäugige: bestkorrigierter Visus mindestens eines Auges von< 0,2). Besteht bei vorstehend genannten Kunststoffgläsern zusätzlich die Notwendigkeit eines Refraktionsausgleichs, sind entsprechende Brillengläser gemäß § 14 mit verordnungsfähig. Kontaktlinsen sind wegen dieser Indikation nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähig". Diese Vorschrift kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass das Verbot der Verordnung von Kontaktlinsen nur dann gilt, wenn die zur Erhöhung der Sehschärfe bestimmten Brillengläser im Einzelfall den gleichen Wirkungsgrad und Gebrauchsvorteil haben wie die Kontaktlinsen. Die bis zum 6.2.2009 von den Krankenkassen vielfach praktizierte Kontaktlinsenversorgung bei funktioneller Einäugigkeit (vgl Schreiben des IKK-Bundesverbandes vom 17.2.2006 an den Zentralverband der Augenoptiker) ist vom GBA durch die Regelung des § 17 Abs 1 Nr 16 HilfsM-RL wirksam ausgeschlossen worden.

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a) Der Kläger macht geltend, die von der Beklagten als therapeutische Sehhilfen angebotenen Brillengläser hätten auf dem besseren linken Auge nur zu einem Visus von 0,3 geführt, wären also im Vergleich zu Kontaktlinsen (Visus 1,0) deutlich weniger geeignet zum Behinderungsausgleich gewesen. Da Sehhilfen dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienten, bestehe nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V, der für alle Arten von Hilfsmitteln gilt, grundsätzlich Anspruch auf einen möglichst weitgehenden Behinderungsausgleich. Dies sei auch bei therapeutischen Sehhilfen nach § 17 Abs 1 Nr 16 HilfsM-RL zu beachten. Die Versorgung mit Sehhilfen bei funktioneller Einäugigkeit diene dem Schutz des noch funktionsfähigen Auges, erfülle daneben und gleichgewichtig aber auch die Ausgleichsfunktion bei erforderlicher Sehschärfenkorrektur. Da Kontaktlinsen ebenfalls das noch funktionsfähige Auge schützten, könne der Versicherte nicht mit einer für die Beseitigung der Sehbeeinträchtigung weniger geeigneten Brille versorgt werden, sondern er habe Anspruch auf die Versorgung mit Kontaktlinsen. Mit Blick auf den von der GKV zu leistenden möglichst vollständigen unmittelbaren Behinderungsausgleich seien die angebotenen Kunststoffbrillengläser eine im Einzelfall nicht geeignete und damit nicht erforderliche Sehhilfe gewesen (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V). Das Verbot der Versorgung mit Kontaktlinsen beschränke sich daher auf jene Fälle, in denen Brillengläser funktionell gleichwertig seien.

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b) Diese Argumentation des Klägers ist nicht tragfähig. Es muss deutlich zwischen allgemeinen und therapeutischen Sehhilfen unterschieden werden. Wer - wie der Kläger - keinen Anspruch auf eine allgemeine Sehhilfe (§§ 13 bis 16 HilfsM-RL) hat, ist auf die Versorgung mit therapeutischen Sehhilfen (§ 17 HilfsM-RL)beschränkt, hier also auf eine Brille zum Schutz des verbliebenen Auges. In diesem Rahmen (§ 33 Abs 2 Satz 2 2. Halbsatz SGB V) kommt es dann nicht darauf an, ob durch Kontaktlinsen die Sehfähigkeit eher als durch eine Schutzbrille verbessert werden kann. Auf den bei einer Schutzbrille als Nebeneffekt mitgewährten notwendigen Refraktionsausgleich besteht kein Anspruch, wenn sich dieser ausschließlich oder erheblich besser mit einer Kontaktlinse verwirklichen lässt, weil es sich insoweit nicht um einen selbständigen Anspruch handelt. Vielmehr schließt der begrenzte Schutzzweck der Regelung des § 17 Abs 1 Nr 16 HilfsM-RL hier den Versorgungsanspruch aus. Der Kläger übersieht, dass die Schwelle der Sehbehinderung, ab der die Krankenkasse für die Verbesserung der Sehfähigkeit überhaupt einzustehen hat, bei ihm nicht erreicht ist, weil er mit Einsatz einer Kontaktlinse auf dem besseren linken Auge einen Visus von 1,0 erreicht und er damit aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten für eine Kontaktlinsenversorgung ausgeschlossen ist (§ 33 Abs 2 und 3 SGB V, § 12 Abs 1 und 2 HilfsM-RL). Die Beklagte ist mit der in Aussicht gestellten Übernahme der Kosten für eine Brille (§ 33 Abs 2 SGB V, §§ 14 und 17 Abs 1 Nr 16 HilfsM-RL) ihrer gesetzlichen Versorgungspflicht nachgekommen.

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c) In der wissenschaftlichen Literatur wird die soeben dargestellte Rechtslage, die einen Anspruch des Klägers ausschließt, deutlich kritisiert (zB Wrase GuP 2014, 79 und NZS 2014, 569). Dabei wird nicht immer klar, ob die Norm und ihre Auswirkungen lediglich rechts- und sozialpolitisch in Frage gestellt und für eine Änderung plädiert wird, oder ob die Leistungsausschlüsse bei der Versorgung mit Sehhilfen zumindest partiell als verfassungswidrig beurteilt werden. Der Senat hält die Kritik an der Regelungssystematik des § 33 Abs 2 SGB V für nicht zwingend (1) und die Norm für verfassungskonform (2), hält es aber für geboten, dass der Gesetzgeber aufgrund der aktuellen Entwicklungen ua im Regelwerk der WHO das Konzept der Versorgung mit Sehhilfen überprüft (3).

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(1) Die Kritik an der Systematik des § 33 Abs 2 SGB V lebt von dem Evidenzerlebnis, es sei absurd, dass nur derjenige Versicherte Anspruch auf Bewilligung einer Sehhilfe hat, dessen Sehfähigkeit mit Einsatz von Sehhilfen nur in beschränktem Maße verbessert werden kann, während derjenige Versicherte, dem mit einer Brille deutlich - bis zum vollständigen Ausgleich der Sehschwäche - geholfen werden kann, deren Kosten in der Regel selbst aufbringen muss. Das kann im Einzelfall - wie auch hier - so sein, die gesetzliche Regelung zielt mit ihrem Verweis auf die Klassifikation der WHO aber auf etwas anderes, nämlich auf die Feststellung des Schweregrades der Erkrankung. Die Verweisung soll auf fachkundiger Basis eine Bewertung ermöglichen, ob die Sehschwäche eines Versicherten ein Ausmaß erreicht hat, das der Blindheit nahe kommt und jedenfalls eine Behinderung bei der visuellen Wahrnehmung der Umwelt darstellt. Damit liegt dem System der WHO vom 10.11.1972 über die Klassifikation der Sehbeeinträchtigungen ein spezieller Begriff der Behinderung ("Sehbehinderung") zugrunde, der von dem im SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - verwandten und auch für das SGB V maßgeblichen Begriff der Behinderung zu unterscheiden ist. Nach § 2 Abs 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Ist ein Mensch in diesem Sinne behindert, kann er nach Maßgabe des § 31 SGB IX sowie des § 33 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln haben. Im günstigsten Fall kann das Hilfsmittel zu einem vollständigen Ausgleich der Behinderung führen, sodass die - ohne das Hilfsmittel vorhandene - Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gänzlich oder weitgehend entfällt. Ist eine Sehschwäche wie zB eine Kurz- oder Weitsichtigkeit durch die Versorgung mit einer Sehhilfe ausgeglichen, besteht nach der WHO-Klassifikation vom 10.11.1972 keine "Sehbeeinträchtigung" und damit auch keine "Sehbehinderung" mehr. Durch die Verweisung des Gesetzgebers in § 33 Abs 2 Satz 2 SGB V auf die WHO-Klassifikation des Schweregrades der Sehbeeinträchtigungen vom 10.11.1972 ist folglich das Tatbestandsmerkmal der Sehbeeinträchtigung nicht anhand der Sehstärke ohne Einsatz von Brillen oder Kontaktlinsen - also lediglich anhand des reinen körperlichen Funktionsdefizits - zu definieren, wie es sonst in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V vorgesehen ist ("eine Behinderung auszugleichen"), sondern unter Einsatz der besten Korrekturmöglichkeit. Erst wenn danach noch eine Sehbeeinträchtigung verbleibt, die zumindest der Stufe 1 der WHO-Klassifikation zuzuordnen ist, kann nach § 33 Abs 2 Satz 2 SGB V Anspruch auf Versorgung mit der - in der gegebenen Situation dann immer noch bestmöglichen - Sehhilfe bestehen.

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Aufgrund der Gesetzessystematik in § 33 Abs 2 SGB V ist es also ausgeschlossen, eine Behinderung wegen Sehschwäche iS des § 33 Abs 2 SGB V ohne Einsatz einer Brille zu messen; Menschen, die ohne Brille kaum handlungs- und bewegungsfähig sind, erhalten auch von den Versorgungsbehörden keinen Grad der Behinderung zuerkannt, wenn die Sehschwäche durch eine Brille ausgeglichen werden kann. Wie stark jemand durch eine Sehschwäche im Alltag tatsächlich beeinträchtigt ist, lässt sich vernünftigerweise erst feststellen, wenn er eine Sehhilfe nutzt.

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Wenn nun der Gesetzgeber formuliert, dass die GKV bei Sehhilfen überhaupt nur für Versicherte im Erwachsenenalter zuständig ist, die trotz Nutzung einer Brille erheblich beeinträchtigt bleiben, ist das nicht zwingend, beschreibt aber ein nachvollziehbares Konzept. Die Regelung des § 33 Abs 2 SGB V hätte auch so konzipiert werden können, dass die Leistungspflicht der GKV maßgeblich vom Nutzen der Sehhilfe abhängt, dass also derjenige Versicherte einen Anspruch hat, dessen Sehfähigkeit durch die Brille vollständig oder jedenfalls weitgehend dem Normal- oder Optimalstandard angenähert werden kann. Das hätte aber zur Folge, dass die hochgradig sehbehinderten Menschen, die mit Hilfe einer Brille nur "etwas mehr" sehen können, wegen des geringen Nutzens nun aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten ausgeschlossen wären.

28

(2) Der Senat hält die Regelung des § 33 Abs 2 Satz 2 SGB V mit ihrer (statischen) Verweisung auf das Regelwerk der WHO trotz der dazu in der wissenschaftlichen Literatur vorgebrachten Bedenken(vgl Wrase, GuP 2014, 58) noch für verfassungskonform (so auch SG Hamburg Urteil vom 14.1.2011 - S 48 KR 905/09 - Juris RdNr 15 ff; im Ergebnis ebenso LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 23.5.2007 - L 16 KR 237/06 - Juris; SG Berlin Urteil vom 23.4.2013 - S 89 KR 2044/10 - Juris RdNr 31; aA SG Dresden Urteil vom 23.11.2011 - S 18 KR 597/08 - Juris RdNr 34). Das Grundgesetz gibt nicht vor, dass sämtliche Gesundheitskosten ohne Ausnahme von den Krankenkassen zu tragen sind. Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist. Vielmehr können zumutbare Eigenleistungen verlangt werden (vgl ua BVerfG Beschluss vom 6.12.2005 - 1 BvR 347/98 - BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - Juris RdNr 8 mwN).

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Der Gesetzgeber gesteht in § 33 Abs 2 Satz 2 SGB V nur den Versicherten die Versorgung mit einer Sehhilfe zu, die auf beiden Augen an einer schweren Sehbeeinträchtigung leiden. Die Schwere einer Erkrankung oder Behinderung ist auch nach der Rechtsprechung des BVerfG ein im Rahmen eines Krankenversicherungssystems naheliegendes Sachkriterium, um innerhalb des Leistungskatalogs zu differenzieren und die Nähe zwischen chronischen Krankheiten und den in Art 3 Abs 3 Satz 2 GG spezifisch geschützten Behinderungen zu berücksichtigen (zu § 34 Abs 1 SGB V vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - Juris, RdNr 17). Zur Differenzierung, wann eine schwere Sehbeeinträchtigung vorliegt, greift der Gesetzgeber auf das Regelwerk der WHO zurück, welches in der damals in Bezug genommenen Fassung bei der Sehschärfenbestimmung auf die bestmögliche Korrektur abstellte. Dieses Vorgehen mag Anlass zur Kritik geben, da die Regelung das nicht intuitiv eingängige Ergebnis zur Folge hat, dass nur der Versicherte Anspruch auf eine Sehhilfe hat, dessen Sehfähigkeit mit Hilfe von Sehhilfen nur sehr beschränkt verbessert werden kann, während der Versicherte, dessen beantragte Sehhilfe zu einem besseren Ergebnis führt, die Kosten selbst tragen muss. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es sich zwar nicht um ein zwingendes, jedoch nachvollziehbares Konzept handelt, wenn sich der Gesetzgeber darauf beschränkt, nur für die Versicherten einen Anspruch zu formulieren, die auch mit bestmöglicher Korrektur (weiterhin) unter einer schweren Sehbeeinträchtigung leiden.Gerade diesen Versicherten verbleiben ggf höhere Kosten, um ihren Alltag trotz der nicht zu korrigierenden schweren Sehbeeinträchtigung zu meistern, als solchen, deren Sehbeeinträchtigung mit der einmaligen Beschaffung einer Sehhilfe behoben werden kann. Das Konzept, auf die korrigierte Sehschärfe abzustellen, findet sich auch bei der Bemessung des Grades der Behinderung (GdB). In der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung heißt es unter Teil B 4 (Sehorgan): "Für die Beurteilung ist in erster Linie die korrigierte Sehschärfe maßgebend".

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Soweit eine gegen Art 3 Abs 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung darin gesehen wird, dass erwachsene Versicherte mit Sehbehinderung hinsichtlich der Hilfsmittelversorgung anders behandelt werden als Versicherte mit anderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen (vgl Wrase, GuP 2014, 58, 62; SG Dresden Urteil vom 23.11.2011 - S 18 KR 597/08), die Anspruch auf einen möglichst weitgehenden Ausgleich des Funktionsdefizits haben (vgl ua BSG Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R - BSGE 107, 44 = SozR 4-2500 § 33 Nr 31, jeweils RdNr 17; zuletzt BSG Urteil vom 30.9.2015 - B 3 KR 14/14 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 48 RdNr 18), ist dem nicht zu folgen. Hintergrund des Leistungsausschlusses in § 33 Abs 2 SGB V war die Erwägung des Gesetzgebers, dass die Versicherten - obgleich ein durchschnittlicher Betrag von rund 50 Euro eine medizinisch notwendige Versorgung mit einer Sehhilfe finanziell vollständig abdecke - im Durchschnitt bereit seien, darüber hinaus ca 150 Euro für medizinisch nicht notwendige Leistungen (zB Entspiegelung und/oder Tönung der Gläser) auszugeben und damit aus nicht medizinischen Gründen schätzungsweise 70 bis 80 % der Gesamtkosten einer Sehhilfenversorgung trügen. Der Gesetzgeber ging deshalb davon aus, dass die Leistungsausgrenzung erwachsene Versicherte grundsätzlich finanziell nicht überfordere (BT-Drucks 15/1525 S 85). Dies unterscheidet die Sehhilfen von vielen anderen Hilfsmitteln wie zB Prothesen, die wesentlich teurer sind. Angesichts der im Regelfall relativ geringen Kosten für eine Sehhilfe einerseits und der Vielzahl der Versicherten, die eine Sehhilfe benötigen anderseits, ist die Regelung insbesondere mit Blick auf die Einsparmöglichkeiten in der gesetzlichen Krankenversicherung als die Ungleichbehandlung rechtfertigend anzusehen und nicht zu beanstanden. Der GKV-Leistungskatalog darf auch von finanzpolitischen Erwägungen mitbestimmt sein.

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Der vorliegende Fall bietet auch keine Anhaltspunkte für verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Sicherung des Existenzminimums nach Art 1 und 2 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip, zu dem auch die medizinisch notwendigen Leistungen gehören. Das könnte allerdings anders zu bewerten sein, wenn die medizinisch notwendige Versorgung mit einer Sehhilfe im Einzelfall besonders kostenaufwendig ist und der betroffene Versicherte nicht über die wirtschaftlichen Mittel zur Selbstversorgung verfügt. Wenn nach dem Grundsicherungsrecht Kosten für medizinische Leistungen, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, grundsätzlich aus dem Regelsatz zu bestreiten sind (so BSG Urteil vom 26.05.2011 - B 14 AS 146/10 R - BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr 13, RdNr 24-26), dürfte eine Zuweisung medizinisch notwendiger Leistungen zum Bereich der Eigenverantwortung ohne Härtefallregelung zumindest verfassungsrechtlich problematisch sein (vgl Wenner in Wallrabenstein/Ebsen , Stand und Perspektiven der Gesundheitsversorgung, 2014, S 115, 130 ff sowie ders in GesR 2009, 169, 174 ).

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(3) Der Gesetzgeber wird sich aber auch damit auseinanderzusetzen haben, dass sich das Regelwerk der WHO inzwischen geändert hat, und prüfen müssen, ob das gegenwärtige Konzept, das allein auf den Schweregrad der Sehbehinderung abstellt und nicht (auch) auf die mit einer Sehhilfe erreichbare Verbesserung des Sehvermögens, selbst wenn dieses so weit eingeschränkt ist, dass die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ohne Sehhilfe nicht möglich ist, noch dem heutigen Verständnis eines unmittelbaren Behinderungsausgleichs entspricht. Dabei sollte der Gesetzgeber auch die grundsicherungsrechtlichen Vorschriften in den Blick nehmen und klären, ob und ggf unter welchen Voraussetzungen etwa bei Personen, die von allen Zuzahlungen nach § 62 SGB V befreit sind und deren Sehfähigkeit gravierend eingeschränkt ist, die Krankenkassen sich an der Versorgung mit Sehhilfen zumindest zu beteiligen haben.

33

Im Regelfall ist eine solche Beteiligung der GKV verfassungsrechtlich allerdings nicht geboten. Geht man von einer Normalbrille (ohne Tönung, Entspiegelung und Gleitsicht) sowie einem günstigen Gestell aus, dürfte die Grenze von 100 Euro kaum überschritten werden. Wer diesen Betrag nicht aufbringen kann, hat ggf nach § 24 Abs 1 SGB II Anspruch auf ein Darlehen vom Jobcenter, weil es sich um einen grundsätzlich aus der Regelleistung zu deckenden Bedarf handelt. Werden monatlich nur 2 % der Regelleistung (also ca 8 Euro) zur Tilgung einbehalten, ist das Darlehen nach einem Jahr getilgt. Damit dürfte der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im SGB V wie im SGB II nicht überschritten sein, zumal Kinder und Jugendliche zu Lasten der Krankenkasse versorgt werden (§ 33 Abs 2 Satz 1 SGB V). Es gibt aber auch Fälle, in denen die benötigte Sehhilfe deutlich teurer ist, und dies gilt insbesondere für Kontaktlinsen, die häufig teurer sind als Brillengläser. Es wird zu prüfen sein, ob für solche Ausnahmefälle eine finanzielle Beteiligung der GKV in Betracht gezogen werden muss, insbesondere, wenn der Betroffene aus medizinischen Gründen angemessen nur mit Kontaktlinsen versorgt werden kann.

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Für den vorliegenden Fall hat dies jedoch keine Auswirkungen. Nach Feststellung des LSG gibt es keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen wäre, die Ersatzbeschaffung der Kontaktlinse für 150 Euro auch außerhalb des Leistungssystems der GKV sicherzustellen; er hat den Kaufpreis aus eigenen Mitteln aufgebracht und am 21.1.2010 bezahlt. Es ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich, dass ihm die Eigenfinanzierung unzumutbar war (vgl zum vergleichbaren Leistungsausschluss nach § 34 Abs 1 SGB V, BVerfG Beschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - Juris RdNr 14).

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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

                          

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Die Hilfsmittel müssen mindestens die im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 2 festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte erfüllen, soweit sie im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 Absatz 1 gelistet oder von den dort genannten Produktgruppen erfasst sind. Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln zum Behinderungsausgleich hängt bei stationärer Pflege nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht der stationären Pflegeeinrichtungen zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig sind, bleibt hiervon unberührt. Für nicht durch Satz 1 ausgeschlossene Hilfsmittel bleibt § 92 Abs. 1 unberührt. Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein Anspruch besteht auch auf solche Hilfsmittel, die eine dritte Person durch einen Sicherheitsmechanismus vor Nadelstichverletzungen schützen, wenn der Versicherte selbst nicht zur Anwendung des Hilfsmittels in der Lage ist und es hierfür einer Tätigkeit der dritten Person bedarf, bei der durch mögliche Stichverletzungen eine Infektionsgefahr besteht oder angenommen werden kann. Zu diesen Tätigkeiten gehören insbesondere Blutentnahmen und Injektionen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in seiner Richtlinie nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 bis zum 31. Januar 2020 die Tätigkeiten, bei denen eine erhöhte Infektionsgefährdung angenommen werden kann. Wählen Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen, haben sie die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen. § 18 Absatz 6a des Elften Buches ist zu beachten.

(2) Versicherte haben bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen entsprechend den Voraussetzungen nach Absatz 1. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, besteht der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie

1.
nach ICD 10-GM 2017 auf Grund ihrer Sehbeeinträchtigung oder Blindheit bei bestmöglicher Brillenkorrektur auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 oder
2.
einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus
aufweisen; Anspruch auf therapeutische Sehhilfen besteht, wenn diese der Behandlung von Augenverletzungen oder Augenerkrankungen dienen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen therapeutische Sehhilfen verordnet werden. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfaßt nicht die Kosten des Brillengestells.

(3) Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen besteht für anspruchsberechtigte Versicherte nach Absatz 2 nur in medizinisch zwingend erforderlichen Ausnahmefällen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92, bei welchen Indikationen Kontaktlinsen verordnet werden. Wählen Versicherte statt einer erforderlichen Brille Kontaktlinsen und liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht vor, zahlt die Krankenkasse als Zuschuß zu den Kosten von Kontaktlinsen höchstens den Betrag, den sie für eine erforderliche Brille aufzuwenden hätte. Die Kosten für Pflegemittel werden nicht übernommen.

(4) Ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nach Absatz 2 besteht für Versicherte, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, nur bei einer Änderung der Sehfähigkeit um mindestens 0,5 Dioptrien; für medizinisch zwingend erforderliche Fälle kann der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Ausnahmen zulassen.

(5) Die Krankenkasse kann den Versicherten die erforderlichen Hilfsmittel auch leihweise überlassen. Sie kann die Bewilligung von Hilfsmitteln davon abhängig machen, daß die Versicherten sich das Hilfsmittel anpassen oder sich in seinem Gebrauch ausbilden lassen.

(5a) Eine vertragsärztliche Verordnung ist für die Beantragung von Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist. Abweichend von Satz 1 können die Krankenkassen eine vertragsärztliche Verordnung als Voraussetzung für die Kostenübernahme verlangen, soweit sie auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichtet haben. § 18 Absatz 6a und § 40 Absatz 6 des Elften Buches sind zu beachten.

(5b) Sofern die Krankenkassen nicht auf die Genehmigung der beantragten Hilfsmittelversorgung verzichten, haben sie den Antrag auf Bewilligung eines Hilfsmittels mit eigenem weisungsgebundenem Personal zu prüfen. Sie können in geeigneten Fällen durch den Medizinischen Dienst vor Bewilligung eines Hilfsmittels nach § 275 Absatz 3 Nummer 1 prüfen lassen, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Eine Beauftragung Dritter ist nicht zulässig.

(6) Die Versicherten können alle Leistungserbringer in Anspruch nehmen, die Vertragspartner ihrer Krankenkasse sind. Vertragsärzte oder Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder Verordnungen bestimmten Leistungserbringern zuweisen, noch die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einem bestimmten Leistungserbringer einzulösen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(7) Die Krankenkasse übernimmt die jeweils vertraglich vereinbarten Preise.

(8) Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, leisten zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebenen Hilfsmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag zu dem von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrag an die abgebende Stelle. Der Vergütungsanspruch nach Absatz 7 verringert sich um die Zuzahlung; § 43c Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung. Die Zuzahlung bei zum Verbrauch bestimmten Hilfsmitteln beträgt 10 vom Hundert des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrags, jedoch höchstens 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf.

(9) Absatz 1 Satz 9 gilt entsprechend für Intraokularlinsen beschränkt auf die Kosten der Linsen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht ein Anspruch.

(2) Für Ermessensleistungen gelten die Vorschriften über Sozialleistungen, auf die ein Anspruch besteht, entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften dieses Gesetzbuchs nichts Abweichendes ergibt.

(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.

(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.

(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für

1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,
2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie
3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht. Leistungen nach Satz 2 werden auch erbracht, wenn Leistungsberechtigte keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung benötigen, den Bedarf nach Satz 1 jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll decken können. In diesem Fall kann das Einkommen berücksichtigt werden, das Leistungsberechtigte innerhalb eines Zeitraumes von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden wird. Die Leistungen für Bedarfe nach Satz 1 Nummer 1 und 2 können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.

(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.

(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.