Sozialgericht München Gerichtsbescheid, 09. März 2016 - S 21 KA 14/14

bei uns veröffentlicht am09.03.2016
nachgehend
Bayerisches Landessozialgericht, L 12 KA 35/16, 11.01.2017

Gericht

Sozialgericht München

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 29.12.2010 (Quartal 3/2006), abgeändert durch Abhilfebescheid vom 13.12.2011, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2013, wird insoweit abgeändert, als die Rückforderungssumme auf 6.601,72 € reduziert wird.

II. Der Bescheid der Beklagten vom 8.3.2011 (Quartal 4/2006), abgeändert durch Abhilfebescheid vom 13.12.2011, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2013, wird insoweit abgeändert, als die Rückforderung auf 9.177,85 € reduziert wird.

III. Der Bescheid der Beklagten vom 10.6.2011 (Quartal 1/2007), abgeändert durch Abhilfebescheid vom 13.12.2011, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2013, wird insoweit abgeändert, als die Rückforderung auf 9.935,01 € reduziert wird.

IV. Der Bescheid der Beklagten vom 29.8.2011 (Quartale 2/2007 bis 3/2010) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2013, wird insoweit abgeändert, als die Rückforderung auf 147.334,10 € reduziert wird.

V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger ein Drittel und die Beklagte zwei Drittel.

Tatbestand

Streitig ist die Aufhebung von Honorarbescheiden und die Neufestsetzung der Honorare im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung für die Quartale 3/2006 bis 3/2010 wegen missbräuchlicher Nutzung der Kooperationsform einer Praxisgemeinschaft und die damit verbundene Honorarrückforderung in Höhe von 485.252,36 €.

Die Klägerin ist ein zum 1.7.2004 zugelassenes Medizinisches Versorgungszentrum in A-Stadt, -Straße .2004 bis 30.4.2005 und ab 1.10.2010 bei der Klägerin angestellt. Vom 1.5.2005 bis 30.9.2010 war Frau Dr. St. als hausärztliche Internistin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und in eigener Praxis niedergelassen. Die Klägerin und die Praxis von Frau Dr. St. wurden in einer Praxisgemeinschaft unter der Anschrift A-Straße, A-Stadt betrieben.

Seit der Gründung waren bei der Klägerin u.a. die folgenden Ärzte tätig:

Name

tätig seit

Versorgungsbereich

C.,

vertragsärztlich

1.7.2004

fachärztlich

K.

vertragsärztlich

1.7.2004

fachärztlich

von S., C.

angestellt

1.7.2004

hausärztlich, mit Genehmigung zur Abrechnung fachärztlicher Leistungen

angestellt

17.4.2008

fachärztlich

von S., M.

angestellt

1.7.2005

fachärztlich

angestellt

1.4.2006

hausärztlich

angestellt

1.7.2009

fachärztlich

U.

angestellt

1.4.2007

fachärztlich, ausgeschieden zum 30.9.2008

S-2

angestellt

1.10.2008

fachärztlich

Die Honoraransprüche der Klägerin wurden mit den Bescheiden der Beklagten vom 10.1.2007 (Quartal 3/2006) auf 425.228,30 €, 11.4.2007 (Quartal 4/2006) auf 405,980,23 €, 10.7.207 (Quartal 1/2007) auf 451.824,34 €, 10.10.2007 (Quartal 2/2007) auf 387.302,69 €, 9.1.2008 (Quartal 3/2007) auf 361.535,05 €, 9.4.2008 (Quartal 4/2007) auf 383.160,81 €, 9.7.2008 (Quartal 1/2008) auf 395.444,54 €, 9.10.2008 (Quartal 2/2008) auf 405.111,85 €, 10.3.2009 (Quartal 3/2008) auf 381.517,58 €, 21.4.2009 (Quartal 4/2008) auf 457.833,43 €, 23.9.2009 (Quartal 1/2009) auf 468.597,93 €, 17.2.2010 (Quartal 2/2009) auf 471.416,79 €, 21.4.2010 (Quartal 3/2009) 434.719,47 €, 19.5.2010 (Quartal 4/2009) auf 456.079,00 €, 18.8.2010 (Quartal 1/2010) auf 530.701,59 €, 17.11.2010 (Quartal 2/2010) auf 474.745,32 € und 16.2.2011 (Quartal 3/2010) auf 409.888,90 € festgesetzt.

Die Beklagte leitete mit Schreiben vom 5.2.2010 eine Plausibilitätsprüfung wegen Auffälligkeiten in den Quartalen 2/2006 bis 2/2008 bei verschiedenen GOP ein, die später auf die Quartale 1/2006 bis 2/2009 ausgeweitet wurde. Diese Plausibilitätsprüfung wurde beendet durch die Rückzahlungsvereinbarung vom 14.5.2010 über 10.976,41 €.

Wegen einer auffällig hohen Zahl an Patienten, die sowohl bei Frau Dr. St. als auch bei der Klägerin behandelt wurden, bat die Beklagte mit Schreiben vom 30.7.2010 um das Einverständnis zur gegenseitigen Offenlegung der Abrechnungsdaten. Dieses Einverständnis wurde am 5.11.2010 erteilt. Der von der Beklagten eingeschaltete Fachexperte Herr Dr. H. kam im Prüfbericht vom 26.10.2010 zu dem Ergebnis, das Überweisungsverhalten zwischen den Praxen sei nicht plausibel. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 18.11.2010 mit, die Plausibilitätsprüfung sei abgeschlossen und bot eine Rückzahlungsvereinbarung wegen gemeinsamer Patienten in den Quartalen 3/2006 bis 4/2008 an. Diese wurde von der Klägerin abgelehnt.

Mit einer gemeinsamen Stellungnahme vom 8.12.2010 schilderten Herr Dr. C., Frau Dr. K. und Frau Dr. St. den Ablauf in beiden Praxen und die Gründe für die Behandlung von Patienten durch die Klägerin und Frau Dr. St.

Die Beklagte hob mit Bescheid vom 29.12.2010 den Honorarbescheid für das Quartal 3/2006 auf, setzte das Honorar neu fest und forderte die Differenz in Höhe von 24.179,62 € von der Klägerin zurück. Die Klägerin erhob am 13.1.2011 fristwahrend Widerspruch.

In einem ersten Plausibilitätsgespräch vom 12.1.2011 kündigte die Beklagte an, auch die Abrechnungsdaten der Folgequartale zu überprüfen. Herr Dr. C. teilte nach der in den Akten der Beklagten vorhandenen Niederschrift mit, die Überweisungsscheine seien jedenfalls noch elektronisch vorhanden.

Die Beklagte forderte mit Schreiben vom 19.1.2011 und erneut mit Schreiben vom 1.3.2011 sämtliche Überweisungsscheine und Befundberichte für die gemeinsamen Patienten (lt. beigefügter Liste) in den Quartalen 3/2006 bis 2/2010 an. Diese wurden durch die Klägerin in der Folgezeit nicht vorgelegt.

Mit weiterem Bescheid vom 8.3.2011 hob die Beklagte den Honorarbescheid für das Quartal 4/2006 auf, setzte das Honorar neu fest und forderte die Differenz in Höhe von 26.154,06 € von der Klägerin zurück. Die Klägerin erhob am 7.4.2011 fristwahrend Widerspruch.

Mit Schreiben vom 21.3.2011 begründete die Bevollmächtigte des Klägers den Widerspruch für das Quartal 3/2006. Sie beanstandete eine mangelhafte Prüfung durch den Fachexperten der Klägerin, die fehlende Berücksichtigung entlastender Argumente der Klägerin sowie eine fehlerhafte Schadensberechnung. Die bisherige Rechtsprechung zur missbräuchlichen Nutzung der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft passe nicht auf die Situation der Klägerin. Mit Schreiben vom 5.4.2011 wurde eine von Herrn Dr. C. angefertigte detaillierte Aufstellung aller berechtigten gemeinsamen Behandlungen vorgelegt. Danach würden sich etwa 58% aller gemeinsamen Behandlungen erklären lassen. Hinsichtlich des Quartals 4/2006 wird auf den Vortrag zum Quartal 3/2006 verwiesen und eine entsprechende Aufstellung zu den gemeinsamen Patienten vorgelegt. Auch danach würden sich etwa 58% der gemeinsamen Behandlungen erklären lassen.

In einem zweiten Plausibilitätsgespräch am 11.5.2011 wurde nach der Niederschrift der Beklagten vereinbart, die Quartale 3/2006, 4/2006 und 1/2008 als Referenzquartale zu prüfen. Zu einer von der Beklagten zu übersendenden Patientenliste könne die Klägerin bis 30.6.2011 Stellung nehmen und Dokumentationen vorlegen. Die angekündigte Patientenliste wurde durch die Beklagte mit Schreiben vom 12.5.2011 übersandt.

Mit Bescheid vom 10.6.2011 hob die Beklagte den Honorarbescheid für das Quartal 1/2007 auf, setzte das Honorar neu fest und forderte die Differenz in Höhe von 31.666,55 € zurück. Die Klägerin legte am 7.7.2011 fristwahrend Widerspruch ein. Die Begründung vom 28.7.2011 wiederholte im Wesentlichen die Argumente aus dem Schriftsatz vom 21.3.2011.

Am 18.7.2011 übersandte die Klägerin der Beklagten eine von der A-FIRMA GmbH erstellte fiktive Honorarberechnung für das Quartal 1/2010 auf der Basis der Abrechnungsdaten der Klägerin und von Frau Dr. St. unter Annahme einer Gemeinschaftspraxis. Den Erläuterungen der A-FIRMA GmbH zu dieser Berechnung ist zu entnehmen, dass die Berechnung anhand der Honorarbescheide beider Praxen und der RLV-Bescheide für beide Praxen durchgeführt wurde. Aufgabe sei gewesen, die Auswirkungen einer kalkulatorischen Berufsausübungsgemeinschaft zwischen dem MVZ und der Praxis Dr. St. zu berechnen. Von der Gesamtfallzahl sei die Anzahl der gleichen Patienten abgezogen worden. Mit dem Ergebnis sei eine Quote berechnet worden, die dann auf die Fallzahlen beider Praxen angewandt und so das RLV anhand der reduzierten Fallzahlen beider Praxen neu berechnet worden sei. Bei einer kalkulatorischen BAG sei zu berücksichtigen, dass ein Zuschlag von 5% auf das RLV wegen der weiteren Fachgruppe anfallen würde. Nach der Berechnung der A-FIRMA GmbH würde für das Quartal 1/2010 bei gemeinsamer Betrachtung des MVZ und der Praxis Dr. St. ein RLV von insgesamt 327.779,48 € zustehen, dem abgerechnete RLV-Leistungen von 338.170,48 € gegenüberstehen. Dadurch würde ein Honorarverlust von etwa 10.391,00 € eintreten.

Mit der Widerspruchsbegründung vom 3.11.2011 wurde eine weitere Stellungnahme der A-FIRMA GmbH zum Quartal 1/2008 vorgelegt. Der Stellungnahme vorausgeschickt wird, dass eine KV-Abrechnung aufgrund einer Vielzahl von Sonderregelungen nicht möglich gewesen sei. Dies sei aus Sicht der A-FIRMA GmbH aber auch nicht erforderlich, da die Auswirkungen der Trennung des MVZ und der Praxis Dr. St. einzeln betrachtet werden könnten. Nach der Berechnung der A-FIRMA GmbH habe die Trennung keinen Einfluss auf das Punktzahlvolumen gehabt, da dieses arztbezogen ermittelt werde. Allein aus der Minderung der Fallzahl wegen des Abzugs der gemeinsam behandelten Patienten ergebe sich ein geringeres Punktzahlvolumen, welches aber nicht auch nicht überschritten werde. Die Herausrechnung von doppelt erbrachten Leistungen ergebe einen Betrag von 1.281,11 €.

Mit Bescheid vom 29.8.2011 hob die Beklagte die Honorarbescheide für die Quartale 2/2007 bis 3/2010 auf, setzte die Honorare neu fest und forderte die Differenz in Höhe von 492.861,60 € zurück. Die Klägerin legte dagegen am 22.9.2011 Widerspruch ein, welchen sie mit Schreiben vom 3.11.2011 im Wesentlichen unter Wiederholung des bisherigen Vortrages begründete. Berechtigte Behandlungen durch die Praxisgemeinschafts-Partner würden nicht berücksichtigt und bei der Schadensberechnung sei eine Kürzung maximal bis auf das Niveau einer fiktiven Gemeinschaftspraxis zulässig.

Zur Begründung der Bescheide vom 29.12.2010, 8.3.2011, 10.6.2011 und 29.8.2011 führte die Beklagte aus, dass das MVZ und Frau Dr. St. faktisch eine Gemeinschaftspraxis gebildet hätten. Das Erbringen vertragsärztlicher Leistungen in der Form einer ungenehmigten Gemeinschaftspraxis verstoße gegen § 33 Abs. 3 Ärzte-ZV (Genehmigungspflicht), § 15 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 14 Abs. 1 EKV-Ä (Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung), § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV (Vertretungsregelung) und § 73 Abs. 1 S. 1 SGB V (Arztwechsel nur aus wichtigen Grund). Die Beklagte führte für ihre Feststellungen jeweils Beispielsfälle an und fügte den Bescheiden vom 29.12.2010, 8.3.2011, 10.6.2011 und 29.8.2011 jeweils eine Liste der gemeinsamen Patienten bei.

Die Beklagte habe die Quartale 3/2006, 4/2006 und 1/2008 als Referenzquartale einer eingehenden Prüfung unterzogen und dabei festgestellt, dass im Quartal 3/2006 79,62%, im Quartal 4/2006 91,30% und im Quartal 1/2008 85,48% der gemeinsamen Patienten implausibel seien. Daraus sei eine Mischquote von 85,48% gebildet worden, die auf die übrigen Quartale angewendet worden sei.

Zur Berechnung der Rückforderung erläuterte die Klägerin, es seien die gemeinsamen Fälle von Frau Dr. St. und dem MVZ ermittelt worden. Das Gesamthonorar beider Praxen wurde aus den Honoraren Regionalkassen und den Honoraren Ersatzkassen, jeweils abzüglich der integrierten Versorgung, beider Praxen errechnet. Von der Summe der Gesamtfallzahl beider Praxen seien die Zahl der gemeinsamen Patienten abgezogen worden. Der Fallwert sei aus dem Gesamthonorar beider Praxen, dividiert durch die Gesamtfallzahl abzüglich gemeinsamer Patienten ermittelt worden. Dieser Fallwert sei mit der Zahl der gemeinsamen Patienten multipliziert worden. Diese Gesamtrückforderung sei dann direkt proportional zu den Honoraranteilen von Frau Dr. St. und des MVZ verteilt worden. Wegen der Ungenauigkeiten bei der Schätzung sei ein Sicherheitsabschlag von 20% berücksichtigt worden.

Im Bescheid vom 29.8.2011 ist zusätzlich eine Richtigstellung bzg. der GOP 01436 in den Quartalen 1/2008 bis 3/2010 in Höhe von 10.142,72 € enthalten. Auch für die fehlerhafte Abrechnung der GOP 01436 wurden im Bescheid vom 29.8.2011 jeweils Beispielsfälle für alle Quartale 1/2008 bis 3/2010 benannt. Die Klage wurde insoweit im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.1.2016 zurückgenommen, so dass die Richtigstellung bzgl. der GOP 01436 nicht mehr S.gegenständlich ist.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheide vom 29.12.2010, 8.3.2011, 10.6.2011 und 29.8.2011 verwiesen.

Die Beklagte half den Widersprüchen bezüglich der Quartale 3/2006, 4/2006 und 1/2007 mit Bescheid vom 13.12.2011 teilweise ab. Nach Vorlage von Patientendokumentationen für die Quartale 3/2006, 4/2006 und 1/2008 würden gemeinsame Behandlungen teilweise als berechtigt anerkannt. Die Rückforderungssummen würden unter Berücksichtigung eines 20%igen Sicherheitsabschlages berechnet.

Mit Schriftsatz vom 31.12.2012 machte die Bevollmächtigte geltend, dass nach der Rechtsprechung des BayLSG Patienten mit fachärztlichen Leistungen bei der Klägerin bei der Schadensberechnung herauszunehmen wären. Vorgelegt werden als Anlage E3 und E4 Listen der gemeinsamen Patienten in den Quartalen 3/2006 und 4/2006 mit Anmerkungen der Klägerin sowie als Anlagen E7 bis E9 die Dokumentationen für die fachärztlichen Patienten in den Quartalen 3/2006, 4/2006 und 1/2007. Mit weiterem Schriftsatz vom 16.7.2013 wurde bemängelt, dass die fehlende Fachgebietsgleichheit trotz hausärztlicher Zulassung bei der Klägerin nicht berücksichtigt wurde. Für die Schadensberechnung sei eine patientengenaue Prüfung und medizinischer Sachverstand nötig. Erläutert wurde nochmals die Motivation für die Gründung der Praxisgemeinschaft.

Die Beklagte gab mit Widerspruchsbescheid vom 11.12.2013 den Widersprüchen teilweise insoweit statt, als die Rückforderungssummen niedriger festgesetzt wurden. Diese stellen sich nach dem Widerspruchsbescheid wie folgt dar:

3/2006

15.897,05 €

4/2006

20.869,64 €

1/2007

23.592,78 €

2/2007 – 3/2010

435.035,61 €

Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Begründung des Widerspruchsbescheides wiederholt im Wesentlichen die Begründung der Ausgangsbescheide und geht auf die in den Widersprüchen vorgetragenen Argumente der Klägerin ein. Nach erneuter Überprüfung der Referenzquartale 3/2006 und 4/2006 wurden weitere gemeinsame Behandlungen als plausibel anerkannt, woraus sich eine neue Berechnung der Mischquote ergab, die jetzt 80,97% beträgt. Die Berechnung der Rückforderung wurde im Wesentlichen beibehalten, nur der Sicherheitsabschlag wurde auf 25% erhöht. Wegen der Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid vom 11.12.2013 verwiesen.

Die Klägerin erhob am 10.1.2014 Klage zum Sozialgericht München. Ein Gestaltungsmissbrauch habe nicht vorgelegen. Die Praxis von Frau Dr. St. sei von der Klägerin vollständig getrennt gewesen und habe über einen eigenen Praxisstempel, eigene Rezeptformulare, eigene Privatabrechnung und eigene KV-Abrechnungsnummer verfügt. Die Buchung der Einnahmen sei auf unterschiedliche Bankkonten erfolgt. Frau Dr. St. habe ihr Einkommen nur über den eigenen Praxisumsatz ohne Beteiligung am Umsatz des MVZ erzielt. Sie sei auch unabhängig in Therapie und Diagnostik gewesen. Das konkrete Leistungsangebot der Klägerin sei nicht hausärztlich ausgerichtet gewesen, auch wenn hausärztlich zugelassene Ärzte tätig waren. Durch die Klägerin seien keine hausarzttypischen GOP wie etwa der Chronikerzuschlag abgerechnet worden.

Es habe nachvollziehbare Gründe für die Trennung in eine hausärztliche Einzelpraxis und das fachärztliche MVZ gegeben. Die Beklagte selbst habe auf Infoveranstaltungen den Hinweis gegeben, dass es innerhalb einer BAG nicht mehr gestattet sein solle, dass der hausärztlich zugelassene Arzt den fachärztlich zugelassenen Arzt vertritt und über dessen LANR Leistungen abrechnet. Dies sei vom BSG so bestätigt worden (BSG, Urteil vom 14.12.2011, Az. B 6 KA 31/10 R).

Die Aussagekraft des Prüfberichts werde angezweifelt.

Die Höhe der Rückforderung sei falsch. Eine Schätzung sei unzulässig, da eine genaue Schadensberechnung durch Zusammenführung der Abrechnungsdaten beider Praxen und Berechnung des Honorars für eine fiktive Gemeinschaftspraxis möglich gewesen wäre. Die Klägerin habe hierzu bereits im Widerspruchsverfahren eine entsprechende Berechnung der A-FIRMA GmbH eingereicht. Das der Beklagten zustehende Schätzungsermessen sei falsch ausgeübt worden. Anlass der Schätzung sei nur der unsubstantiierte Bericht des beauftragten medizinischen Fachexperten gewesen. Als Referenzquartale habe die Beklagte nur diejenigen Quartale zugrunde gelegt, in denen Herr Dr. von S. noch über eine Zulassung als hausärztlicher Internist verfügte. Die so ermittelte Quote sei auch für Quartale angewendet worden, in denen bereits eine fachärztliche Zulassung vorlag. Die Schadensberechnung sei auch deshalb nicht haltbar, weil der durchschnittliche Fallwert des MVZ inklusive der fachärztlichen Anteile berechnet worden sei. Im Übrigen sei die Fallwertberechnung auch nicht nachvollziehbar.

Mit Schriftsatz vom 10.9.2014 vertiefte die Klägerin ihren Vortrag und legte unter anderem dar, dass die Patientenkartei entsprechend den damaligen Anforderungen auf einem gemeinsamen Server durch Anlage zwei getrennter Praxen getrennt gewesen sei. Auch nach dieser Trennung sei der Zugriff auf die auf der Versichertenkarte gespeicherten Daten wechselseitig möglich gewesen. Die Patienten seien bei der Terminvergabe jeweils gefragt worden, in welcher Praxis ein Termin gewünscht sei.

Die Beklagte habe im Rahmen der Schadensberechnung völlig unberücksichtigt gelassen, dass die Klägerin die ihr zugewiesenen Budgets und Regelleistungsvolumina nie ausgeschöpft hat und daher Budgets bzw. Regelleistungsvolumina für die Schadensberechnung unerheblich sind.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 16.10.2015 eine Stellungnahme von Herrn Dr. C. zu den von der Beklagten als Beispiele genannten Fälle für implausibel gewertete gemeinsame Behandlungsfälle (Anlage 2 der Beklagten) vorgelegt. In der Mehrzahl der Fälle habe es sich um eindeutig indizierte Facharztüberweisungen gehandelt, zu einem geringen Teil um Vertretungen und in wenigen Fällen um reine Laborbestimmungen oder akute Notfälle. Wegen der Einzelheiten wird auf die mit Schriftsatz vom 16.10.2015 vorgelegte Stellungnahme verwiesen.

Die Klägerin beantragt gemäß Klageschrift,

die Bescheide der Beklagten vom 29.12.2010 (Quartal 3/2006), vom 8.3.2011 (Quartal 4/2006), vom 10.6.2011 (Quartal 1/2007), jeweils in Form des Abhilfebescheides vom 13.12.2011, und den Bescheid der KV Bayerns vom 29.8.2011 (Quartale 2/2007 bis 3/2010) – allesamt in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2013 – aufzuheben;

hilfsweise:

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 29.12.2010 (Quartal 3/2006), vom 8.3.2011 (Quartal 4/2006), vom 10.6.2011 (Quartal 1/2007), jeweils in Form des Abhilfebescheides vom 13.12.2011, und den Bescheid der KV Bayerns vom 29.8.2011 (Quartale 2/2007 bis 3/2010) – allesamt in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2013 – zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts über die Widersprüche neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte wies mit ihrer Klageerwiderung vom 3.7.2014 darauf hin, dass für einen Gestaltungsmissbrauch hinreichend Anhaltspunkte vorliegen würden. Es habe eine klare Trennung der Praxen, insbesondere eine EDV-technische Trennung der Praxen gefehlt. Auch der von der Praxisgemeinschaft verwendete Briefkopf sei ein deutliches Indiz für eine nach außen hin sichtbare Trennung der Praxen. Die Rechtsprechung zur faktischen Gemeinschaftspraxis sei anwendbar. Nach den Abrechnungsdaten seien hausärztliche Leistungen auch bei der Klägerin erbracht worden. Die Rechtsprechung des BSG sei schon nach dem Wortlaut der Entscheidungen nicht auf die entschiedenen Konstellationen beschränkt. Die zwischen der Klägerin und Frau Dr. St. getätigten Überweisungen seien vielfach nicht nachvollziehbar. Es hätten etwa regelhaft Überweisungen zur Laboruntersuchung von Frau Dr. St. an das MVZ stattgefunden, wobei Frau Dr. St. häufig auch selbst Laborleistungen erbracht habe. Bei Überweisungen von dritten Ärzten an einen fachärztlichen Internisten habe häufig ein Erstkontakt bei Frau Dr. St. stattgefunden und sei von dort eine Weiterüberweisung an die Klägerin erfolgt. Ein Grund für die Zwischenschaltung von Frau Dr. St. sei nicht ersichtlich.

Die Schadensberechnung hätte aufgrund der vorliegenden Unterlagen stattgefunden. Die Klägerin sei im Verwaltungsverfahren mehrfach aufgefordert worden, vollständige Patientendokumentationen vorzulegen, die Anhaltspunkte für eine konkrete Berechnung hätten liefern können. Eine Vorlage sei aber nicht erfolgt. Die Berechnung eines fiktiven Honorars unter Annahme einer Gemeinschaftspraxis sei nicht möglich, weil die zusätzlich zu berücksichtigenden Problematiken wie Wirtschaftlichkeitsprüfung, Zuweisung von RLV, Abrechnungsausschlüsse nicht korrekt abgebildet werden könnten. Darauf weise auch die von der Klägerin eingeschaltete A-FIRMA GmbH in ihrer Berechnung zum Quartal 1/2008 hin. Grundlage der Schadensberechnung sei eine patientengenaue Auswertung der Quartale 3/2006 und 4/2006 unter Einbeziehung der im Widerspruchsverfahren vorgelegten Unterlagen gewesen. Die Einschätzung der medizinischen Fachexperten sei nur ergänzend herangezogen worden. Die Referenzquartale seien auch nicht ungeeignet, da Herr Dr. von S. nach Aussage der Klägerin nie hausärztlich tätig war und damit der Wechsel von der hausärztlichen zur fachärztlichen Versorgung ohne Einfluss auf die Abrechnung geblieben sein müsste. Die Einordnung der Praxisgemeinschaft als fachgebietsgleich oder fachgebietsübergreifend sei nicht maßgebend für die Beurteilung der missbräuchlichen Nutzung der Kooperationsform gewesen. Entscheidend sei, dass sich bei einem Missbrauch der Kooperationsform die Abrechnung der beteiligten Praxen insgesamt als fehlerhaft darstelle. Das von der Rechtsprechung zugestandene weite Schätzungsermessen rechtfertige die vorgenommene Berechnung.

Ergänzend wird mit Schriftsatz vom 19.1.2015 geltend gemacht, dass die von der Klägerin geltend gemachten berechtigten Vertretungen nicht nachgewiesen sind. Im Übrigen habe auch die Klägerin selbst im Verwaltungsverfahren die Einschaltung von Frau Dr. St. bei hohem Patientenaufkommen bei der Klägerin dargestellt.

Die Beklagte legte mit Schreiben vom 14.12.2015 eine Stellungnahme ihres medizinischen Fachexperten zu der mit Schriftsatz des Klägers vom 16.10.2015 übermittelten Aufstellung vor. Nach dieser Stellungnahme wurden eine Reihe der von der Beklagten benannten Beispielsfälle für implausible gemeinsame Behandlungsfälle nun als plausibel anerkannt. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegte Stellungnahme des medizinischen Fachexperten verwiesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 28.1.2016 schlossen die Klägerin und die Beklagte einen Vergleich, der durch die Klägerin innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen wurde. Die Parteien hatten auf Anhörung in der mündlichen Verhandlung für den Fall des Widerrufs des Vergleichs ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid erklärt.

Die Klägerin trug in ihrem Schriftsatz vom 14.2.2016 vor, dass entgegen der in der bisherigen Rechtsprechung behandelten Fälle Grundpauschalen und Komplexleistungen nicht doppelt abgerechnet worden seien. Die wenigen parallel abgerechneten GOP seien mehrfach ansetzbar gewesen. Damit würde die wesentliche Grundlage für die Rückforderung fehlen. Im Weiteren wiederholte und vertiefte die Klägerin ihre bereits mit früheren Schriftsätzen und im Termin zur mündlichen Verhandlungen erhobenen Angriffe gegen die Bescheide und das Vorgehen der Beklagten.

Wegen der Einzelheiten wird im Übrigen auf die beigezogenen Akten der Beklagten (Ordner 1 bis 13), insbesondere die angefochtenen Bescheide und die klägerische Stellungnahme vom 8.12.2010, sowie die Gerichtsakte verwiesen.

Gründe

I.

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 29.12.2010 (Quartal 3/2006), 8.3.2011 (Quartal 4/2006) und 10.6.2011 (Quartal 1/2007), diese abgeändert durch Abhilfebescheid vom 13.12.2011, sowie der Bescheid vom 29.8.2011 (Quartale 2/2007 bis 3/2010), alle jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2013, sind zum Teil rechtswidrig und verletzen die Klägerin insoweit in ihren Rechten, als ein zu niedriges Honorar in den Streitgegenständlichen Quartalen festgesetzt und zu hohe Honorarrückzahlungen gefordert wurden.

1. Das Gericht konnte nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten nach vorheriger Anhörung einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid zugestimmt haben.

2. Die von der Beklagten ausgesprochenen Aufhebungen der Honorarbescheide vom 10.1.2007 (Quartal 3/2006), 11.4.2007 (Quartal 4/2006), 10.7.207 (Quartal 1/2007), 10.10.2007 (Quartal 2/2007), 9.1.2008 (Quartal 3/2007), 9.7.2008 (Quartal 1/2008), 9.10.2008 (Quartal 2/2008), 10.3.2009 (Quartal 3/2008), 21.4.2009 (Quartal 4/2008), 23.9.2009 (Quartal 1/2009),17.2.2010 (Quartal 2/2009), 21.4.2010 (Quartal 3/2009), 19.5.2010 (Quartal 4/2009), 18.8.2010 (Quartal 1/2010), 17.11.2010 (Quartal 2/2010) und 16.2.2011 (Quartal 3/2010) sind rechtmäßig.

Die von der Beklagten ausgesprochene Aufhebung des Honorarbescheides vom 9.4.2008 (Quartal 4/2007) ist dagegen rechtswidrig, weil die Beklagte in diesem Quartal nicht mindestens eine grob fahrlässige Falschabrechnung nachgewiesen hat.

a) Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide § 106a Abs. 1 und 2 S. 1 SGB V. Danach stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest. Eine Richtigstellung hat demnach zu erfolgen, wenn ein Vertragsarzt bei seiner Quartalsabrechnung Gebührenordnungspositionen ansetzt, deren Tatbestand durch seine Leistungen nicht erfüllt ist oder die er aus anderen Gründen nicht in Ansatz bringen darf. Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderung besteht nicht nur im Falle rechnerischer oder gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat, etwa Leistungen innerhalb einer nicht der Zulassung entsprechenden Kooperationsform erbringt (BSG, Urteil vom 22.3.2006, Az. B 6 KA 76/04 R; Rn. 11, 13ff.).

Nach der Rechtsprechung des BSG kann über die Berichtigung einzelner Leistungspositionen hinausgehend der gesamte Honorarbescheid aufgehoben und das Quartalshonorar neu festgesetzt werden, wenn die Honorarabrechnung des Vertragsarztes erwiesenermaßen einen Fehlansatz aufweist, bei dem ihm - wie vorliegend - grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Denn in diesem Fall erfüllt die jeder Quartalsabrechnung beizufügende sogenannte Sammelerklärung nicht mehr ihre Garantiefunktion und gilt damit als nicht wirksam abgegeben, sodass die gesamte quartalsbezogene Honorarabrechnung zu Fall kommt (BSG, Urteil vom 17.9.1997, Az. 6 RKa 86/95). Die Aufhebung des gesamten Honorarbescheids hat zur Folge, dass das Honorar insgesamt neu festzusetzen ist, wobei eine Schätzung erfolgen kann.

b) Die Kooperationsform einer Praxisgemeinschaft wurde durch die Klägerin und Frau Dr. St. missbräuchlich genutzt und das Ausscheiden von Frau Dr. St. aus dem MVZ zum 1.5.2005 nicht tatsächlich umgesetzt.

Für die berufliche Kooperation im Status einer Gemeinschaftspraxis im Sinne des § 33 Abs. 2 S. 1 Ärzte-ZV ist kennzeichnend, dass sich mehrere Ärzte des gleichen Fachgebiets oder ähnlicher Fachgebiete zur gemeinsamen und gemeinschaftlichen Ausübung des ärztlichen Berufs in einer Praxis zusammenschließen, wobei – über die gemeinsame Nutzung der Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Personal hinaus – die gemeinschaftliche Behandlung von Patienten und die gemeinschaftliche Karteiführung und Abrechnung in den Vordergrund treten (vgl. BSG, Urteil vom 22.3.2006, Az. B 6 KA 76/04 Rn. 14). Die Organisation der Behandlung von Patienten, der Karteiführung und der Abrechnung stellt sich bei einem MVZ ähnlich dar, auch hier findet eine gemeinschaftliche ärztliche Behandlung und gemeinsame Karteiführung statt. Bei der Praxisgemeinschaft handelt es sich dagegen um eine Organisationsgemeinschaft, die nicht der gemeinsamen, in der Regel jederzeit austauschbaren ärztlichen Behandlung an gemeinsamen Patienten dient. Inhalt ist vielmehr die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Personal durch mehrere Ärzte mit dem vorrangigen Zweck, bestimmte Kosten zur besseren Ausnutzung der persönlichen und sachlichen Mittel auf mehrere Ärzte umzulegen. Es verbleibt bei der selbständigen Praxisführung mit verschiedenem Patientenstamm und jeweils eigener Patientenkartei (BSG, a.a.O., Rn. 15).

aa) Nach der Rechtsprechung des BSG (begründet mit Urteil vom 22.3.2006, Az. B 6 KA 76/04 R (Rn. 20), fortgesetzt mit Beschluss vom 5.11.2008, Az. B 6 KA 17/07 B; Beschluss vom 11.5.2011, Az. B 6 KA 1/11 B; Beschluss vom 6.2.2013, Az. B 6 KA 43/12 B; Beschluss vom 2.7.2014, Az. B 6 KA 2/14 B; vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.5.2010, Az. L 3 KA 74/07; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.3.2015, Az. L 7 KA 5/12) ist die für eine Gemeinschaftspraxis kennzeichnende gemeinsame und gemeinschaftliche Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch Behandlung eines gemeinsamen Patientenstammes jedenfalls dann auch ohne weitere Ermittlungen anzunehmen, wenn zwei in der Rechtsform einer Praxisgemeinschaft kooperierende Vertragsärzte desselben Fachgebietes mehr als 50% der Patienten im Quartal gemeinsam behandeln. Bei einer derart hohen Patientenidentität müsse das Patientenaufkommen koordiniert werden, was die für eine Gemeinschaftspraxis typische einheitliche Praxisorganisation erfordert. Ein Gestaltungsmissbrauch liege insbesondere dann vor, wenn unter der Rechtsform der Praxisgemeinschaft eine vormals von diesen Vertragsärzten betriebene Gemeinschaftspraxis unter vergleichbaren Praxisbedingungen faktisch fortgeführt werde.

Diese Rechtsprechung ist auf den hier Streitgegenständlichen Sachverhalt übertragbar. Zwar handelte es sich, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, um keine fachgebietsgleiche Praxisgemeinschaft. Zwischen der hausärztlich tätigen Internistin Frau Dr. St. und den in verschiedenen Schwerpunkten tätigen Internisten des MVZ gibt es im Behandlungsspektrum jedoch ausreichend große potentielle Überschneidungen, die eine Übertragung der Rechtsprechung zu den fachgebietsgleichen Praxisgemeinschaften rechtsfertigen. Nach den von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen zu den jeweils in beiden Praxen behandelten Patienten und den gemeinsam behandelten Patienten auf Seiten 3549 und 3622 (Ordner 3) der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, an denen zu zweifeln für das Gericht kein Anhaltspunkt bestand, wurden ausgehend von der kleineren Praxis der Frau Dr. St. zwischen 49,00% (Quartal 3/2006) und 88,36% (Quartal 3/2008) der Patienten gemeinsam behandelt. Besonders auffällig sind die Quartale 3/2008 bis 4/2009, 2/2010 und 3/2010 mit einem Anteil gemeinsam behandelter Patienten von deutlich über 70%, teilweise über 80% an den abgerechneten Behandlungsfällen von Frau Dr. St.

Die im MVZ vertretenen verschiedenen Schwerpunkte (Gastroenterologie, Kardiologie, Onkologie etc.) rechtfertigen nicht eine Aufteilung der gemeinsam behandelten Patienten auf die unterschiedlichen Schwerpunkte mit dem Ergebnis einer Quote gemeinsamer Patienten je Arzt des MVZ von unter 50%. Die Leistungen der angestellten Ärzte und der im MVZ tätigen Vertragsärzte werden dem MVZ zugerechnet und von diesem gegenüber der Beklagten abgerechnet. Nur dieses selbst tritt der Beklagten als Rechtssubjekt gegenüber (BSG, Urteil vom 11.12.2013, Az. B 6 KA 39/12 R, Rn. 27).

bb) Überdies sieht das Gericht den Missbrauch der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft nicht allein durch die auffällig hohe Quote gemeinsam behandelter Patienten, sondern auch durch weitere Tatsachen, die gegen eine Realisierung der zum 1.5.2005 in der Organisationsform eingetretenen Änderung im Praxisalltag sprechen, als erwiesen an.

(1) Bereits der von der Praxisgemeinschaft verwendete Briefkopf lässt nicht hinreichend deutlich erkennen, dass Frau Dr. St. organisatorisch getrennt vom MVZ ärztlich tätig wird. Beispielhaft wird hier auf die im Rahmen des Verfahrens bei der Beklagten vorgelegten Befundberichte für I. S-3 vom 25.7.2006 (Schilddrüsensonographie vom 25.7.2006), A. K. vom 5.9.2006 (Schilddrüsensonographie vom 5.9.2006) und C. F. vom 24.1.2008 (Abdomensonographie vom 24.1.2008) (alle vorgelegt durch die Beklagte als Blatt 1529, 1549 und 1365 in Ordner 9 von 13) sowie ein Schreiben von Herrn Dr. C. vom 12.3.2010 an die Beklagte (im Rahmen der vorangegangenen Plausibilitätsprüfung) verwiesen. Nach dem Briefkopf tritt eine aus Dr. med. J. C., Dr. med. T. St., Dr. med. K. S2, Dr. med. C. von S., Dr. med. A. K. und Dr. med. M. von S. bestehende „Kooperationsgemeinschaft von Fachärzten für Innere Medizin“ als Behandler auf. Weder für den Patienten noch für andere Außenstehende ist erkennbar, dass ein MVZ besteht, dass Frau Dr. St. und das MVZ getrennte Praxen sind und dass eben keine gemeinsame und gemeinschaftliche Behandlung von Patienten erfolgt. Belegt wird dies durch Entlassungsberichte der A-klinik in A-Stadt vom 7.7.2006, 11.8.2006 und 14.9.2006 im Behandlungsfall Hagn (Bl. 2720, 2748 und 2760 der Verwaltungsakte der Beklagten). Dieser ist adressiert an „Drs. med. von S., Spanl C., K., St.; A-Straße, A-Stadt“. Es wird deutlich, dass auch die Klinik nicht zwischen dem MVZ und der Praxis Dr. St. differenzierte.

Auch ist aus dem von der Praxisgemeinschaft verwendeten Briefkopf nicht ersichtlich, dass Frau Dr. St. über eine hausärztliche Zulassung verfügt. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass dieser Briefkopf vom Ärztlichen Bezirksverband genehmigt worden ist. Es mag sein, dass der Briefkopf den berufsrechtlichen Anforderungen genügt. Den vertragsarztrechtlichen Anforderungen in Bezug auf die Transparenz der gewählten und durch die Zulassungsgremien erteilten Zulassungsform genügt er jedenfalls nicht.

(2) Aus den vorliegenden Unterlagen ist ersichtlich, dass Leistungen, die von einer Praxis erbracht wurden, durch die andere Praxis abgerechnet wurden.

Im Behandlungsfall B. im Quartal 3/2006 wurde im MVZ eine duplexsonographische Untersuchung der Beinvenen am 21.7.2006 durchgeführt und laut Behandlungsausweis abgerechnet. Die Patientin war durch einen Facharzt für Allgemeinmedizin für diese konsiliarische Untersuchung überwiesen worden (Kopie Überweisungsschein als Blatt 2806 der Verwaltungsakte der Beklagten). Der Befundbericht wurde durch Frau Dr. K., MVZ, erstellt (Bl. 2807 der Verwaltungsakte der Beklagten). Die Abrechnung des Befundberichtes erfolgte ausweislich der Behandlungsausweise durch Frau Dr. St.

Im Behandlungsfall A1. wurde im Quartal 1/2008 am 10.1.2008 eine Impfung durch beide Praxen abgerechnet, die Notwendigkeit der Impfung aber nur in der Praxis Dr. St. als Diagnose verschlüsselt. Die Abrechnung wurde von der Klägerin als „Verwaltungsfehler“ eingestanden. Die von Frau Dr. St. erbrachte Impfleistung wurde somit offensichtlich durch die Klägerin abgerechnet.

(3) Aus den vorliegenden Behandlungsausweisen und der Stellungnahme der Klägerin ist ersichtlich, dass Verordnungen von Frau Dr. St. durch das MVZ ausgestellt oder jedenfalls abgerechnet worden sind. Beispielhaft sind hierzu die Behandlungsfälle C. im Quartal 3/2006 und F1. im Quartal 4/2006 zu nennen. Diese Sachverhalte wurden durch die Klägerin eingeräumt.

(4) Auch die Angaben von Herrn Dr. C., Frau Dr. St. und Frau Dr. K. im Schreiben vom 8.12.2010 (Bl. 3745-3749, Ordner 2 von 13) an die Beklagte im Rahmen des Plausibilitätsprüfungsverfahren enthalten deutliche Hinweise auf eine gemeinschaftliche Behandlung von Patienten und die fehlende transparente Trennung der Einzelpraxis Dr. St. und des MVZ. Das im Schreiben vom 8.12.2010 geschilderte Vorgehen, dass Frau Dr. St. bei Überlastung der Fachärzte im MVZ bei Patienten zunächst die körperliche Grunduntersuchung vorgenommen hat, so dass die fachärztlichen Kollegen im MVZ nur noch die gezielten Untersuchungen übernahmen, ist ein deutlicher Hinweis auf eine gemeinsame, arbeitsteilige Behandlung von Patienten, wie sie typisch für eine Gemeinschaftspraxis ist. Die Erläuterung des ärztlichen Leiters des MVZ in der mündlichen Verhandlung vom 28.1.2016, die Überweisung vom Hausarzt an den hausärztlich zugelassenen Internisten zur weiteren internistischen Abklärung und die anschließende Weiterüberweisung an den fachärztlichen Internisten sei in A-Stadt gängige Praxis, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Zum einen soll die Überweisung nach § 24 Abs. 4 BMV-Ä, § 27 Abs. 5 EKV-Ä nicht auf den Namen eines bestimmten Arztes, sondern auf eine Gebiets-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung ausgestellt werden. Zum anderen ist die Überweisung an Vertragsärzte der gleichen Arztgruppe u.a. nur zulässig zur Inanspruchnahme besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die vom behandelnden Vertragsarzt nicht erbracht werden (§ 24 Abs. 4 BMV-Ä, § 27 Abs. 4 EKV-Ä). Eine gezielte Überweisung von Dritten an Frau Dr. St. würde die Vorgaben des BMV-Ä und EKV-Ä verletzen. Nicht nachgewiesen ist, dass Frau Dr. St. besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Rahmen ihrer hausärztlichen Zulassung erbrachte, die von anderen hausärztlich zugelassenen Vertragsärzten in der Region nicht erbracht wurden und daher eine Überweisung innerhalb der gleichen Arztgruppe gerechtfertigt gewesen wäre. Eine Überprüfung der Überweisungen, auf die hin Frau Dr. St. und im Wege der Weiterüberweisung auch das MVZ tätig geworden ist, war nicht möglich, da die Klägerin die Überweisungen trotz mehrfacher Anforderung durch die Beklagte im Verwaltungs- und Vorverfahren nicht vorgelegt hat.

(5) Den vorliegenden Behandlungsausweisen ist zu entnehmen, dass durch Frau Dr. St. oft Überweisungen an das MVZ vorgenommen wurden, wobei im MVZ nur Laborbestimmungen und keine weiteren Leistungen erfolgten. Beispielhaft zu nennen sind hier die Behandlungsfälle B1. vom 4.8.2006, D. vom 13.9.2006, E. vom 28.7.2006, I. vom 20.7.2006, C. vom 31.1.2007, D2. vom 24.1.2007 und K. vom 19.1.2007. Die Klägerin hat hierzu erläutert, dass es sich wegen des relativ geringen Umfangs der Praxis von Frau Dr. St. nicht gelohnt habe, dass diese ein eigenes Labor und eine eigene Verbindung zu einem Großlabor unterhält. Diese Erläuterung vermochte das Gericht nicht zu überzeugen. Zum einen hätte gerade die Kooperationsform der Praxisgemeinschaft es ermöglicht, dass vorhandene Labor gemeinsam zu nutzen. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, was einer eigenen Anbindung von Frau Dr. St. an ein Großlabor im Wege gestanden hätte. Rein wirtschaftliche Gründe rechtfertigen es nicht, Behandlungsfälle auf mehrere Praxen aufzuteilen.

(6) Auch die Erklärung der hohen Zahl gemeinsamer Patienten mit der Übernahme einer kollegialen Vertretung durch das MVZ bei Abwesenheit von Frau Dr. St. führt zu keiner anderen Beurteilung. Kollegiale Vertretungen mindern den Anteil gemeinsamer Patienten nicht (BSG, Beschluss vom 6.2.2013, Az. B 6 KA 43/12 B, Orientierungssatz: „Ein „Herausrechnen“ der Fälle „kollegialer Vertretung“ kommt nicht in Betracht.“). Nach den Angaben der Klägerin hat Frau Dr. St. regelmäßig nur an 3-4 Tagen pro Woche Sprechstunden angeboten und war insgesamt im Durchschnitt nur etwa 30 Stunden pro Woche (vertrags)ärztlich tätig. Mit diesen Arbeitszeiten konnte sie aber offenbar eine Versorgung ihrer Patienten nicht sicherstellen, wenn regelmäßig Ärzte des MVZ die Behandlung der Patienten während der Abwesenheit von Frau Dr. St. übernahmen. Die regelhafte Übernahme der Behandlung von Patienten von Frau Dr. St. durch das MVZ in Zeiten, in denen sie nicht in ihrer Praxis anwesend war, ist nach dem Beschluss des BSG vom 2.7.2014, Az. B 6 KA 2/14 B gerade ein Indiz für die gemeinsame Praxisführung. Aufeinander abgestimmte Sprechzeiten und Anwesenheitszeiten, die ein gegenseitiges „Einspringen“ bei der Behandlung ermöglichen, sind kennzeichnend für die Kooperationsform der Gemeinschaftspraxis (BSG, a.a.O., Rn. 11).

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach den vorliegenden Akten keine Vertreterscheine bei den gemeinsam von Frau Dr. St. und dem MVZ behandelten Patienten angelegt worden sind. Eine Quantifizierung der von der Klägerin reklamierten kollegialen Vertretungen konnte damit auch nicht erfolgen.

(7) Das Vorhandensein eines eigenen Vertragsarztstempels, eigener Rezeptvordrucke und Formulare, einer eigenen KV-Abrechnung etc. beweist nicht die für Dritte transparente Trennung der Praxen. Die von der Klägerin vorgebrachten Argumente sind bereits zwingend mit der Zulassung von Frau Dr. St. verbunden (vgl. etwa § 37 Abs. 1 BMV-Ä, § 22 Abs. 1 EKV-Ä). Auch kann aus der Tatsache, dass etwa Patienten ein Rezept mit einem eindeutigen Praxisstempel erhalten habe, nicht geschlossen werden, dass damit die Trennung der Praxen transparent im Alltag gelebt wurde und vor allem die Patienten auch hinreichend auf die Trennung hingewiesen wurde.

(8) Das Argument der Klägerin, die Trennung von Frau Dr. St. und dem MVZ sei nur erfolgt, weil die Vertretungsmöglichkeiten innerhalb des MVZ ungeklärt waren, überzeugte nicht. Nach dem Vortrag der Klägerin habe die Beklagte in Infoveranstaltungen darauf hingewiesen, dass es innerhalb einer BAG nicht mehr gestattet sein solle, dass der hausärztlich zugelassene Arzt den fachärztlich zugelassenen Arzt vertritt und über dessen LANR Leistungen abrechnet. Es ist nicht ersichtlich, warum zur Vermeidung dieses Problems die Herauslösung von Frau Dr. St. aus dem MVZ notwendig gewesen sein sollte, zumal Frau Dr. von S. ebenfalls vom 1.4.2006 bis 30.6.2009 dem hausärztlichen Versorgungsbereich zugeordnet war und zum 1.4.2006 noch vom fachärztlichen in den hausärztlichen Versorgungsbereich wechselte. In der gewählten Konstruktion einer Trennung von MVZ und Praxis Dr. St. war es Frau Dr. St. nicht möglich, fachärztliche Leistungen in Vertretung der Ärzte des MVZ zu erbringen und über die LANR des fachärztlichen Kollegen abzurechnen. Dies hätte jedenfalls auch innerhalb des MVZ bewerkstelligt werden können.

c) Zwischen der Einzelpraxis von Frau Dr. St. und dem MVZ wurden in großem Umfang Patienten überwiesen. In Anbetracht der unter b) dargelegten missbräuchlichen Nutzung der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft ist zweifelhaft, ob und in welchen Fällen diese Überweisungen zwischen Frau Dr. St. und dem MVZ berechtigt waren. Eine Überprüfung konnte nicht erfolgen, da die Klägerin die Überweisungsscheine und Patientendokumentationen nicht vorgelegt hat. Unzutreffend ist die von der Klägerin geäußerte Auffassung, sie sei an der Vorlage dieser Unterlagen gegenüber der Beklagten aus Gründen des Datenschutzes und der ärztlichen Schweigepflicht gehindert. Die Verpflichtung und gleichzeitig die Berechtigung zur Vorlage dieser Unterlagen ergibt sich aus § 295 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 1a SGB V (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.11.2013, L 24 KA 69/12 Rn. 27). Die Überweisungen blieben damit zweifelhaft, insbesondere die „Vorschaltung“ von Frau Dr. St. bei Überweisungen durch Dritte zur Durchführung von Untersuchungen, die nur von den fachärztlichen Internisten des MVZ erbracht werden konnten. Diese verbleibenden Zweifel gehen im Rahmen der Beweiswürdigung zu Lasten der Klägerin, da diese ihren Mitwirkungspflichten im Verwaltungsverfahren und ihrer Darlegungs- und Beweislast im Klageverfahren (vgl. SG Marburg, Urteil vom 5.3.2014, Az. S 11 KA 129/12, richterlicher Hinweis hierzu mit gerichtlichem Schreiben vom 10.8.2015) nicht nachgekommen ist.

d) Von den von der Klägerin in den Streitgegenständlichen Bescheiden benannten Beispielsfällen für grob fahrlässige Falschabrechnungen in den Quartalen 3/2006 bis 3/2010 haben sich im Verlauf des Klageverfahrens die genannten Beispielsfälle nur für das Quartal 4/2007 nicht erwiesen. Grob fahrlässige Falschabrechnungen sind nur für die Quartale 3/2006 - 3/2007 und 1/2008 - 3/2010 nachgewiesen.

aa) In den Quartalen 3/2006 bis 3/2007 hat die Beklagte für jedes Quartal mindestens einen Beispielsfall einer implausiblen gemeinsamen Behandlung und damit einer Falschabrechnung nachgewiesen.

(1) Im Quartal 3/2006 wurde die Patientin A. A2. nach dem Behandlungsausweis der Praxis Dr. St. von einem Fremdarzt (ANR 6444516) an einen Internisten zur Mit-/Weiterbehandlung mit dem Auftrag/Diagnose/Verdacht „z.A. AVK“ überwiesen. Entgegen der Darstellung durch Herrn Dr. C. in der mit Schriftsatz vom 16.10.2015 vorgelegten Stellungnahme erfolgte die Überweisung ausweislich des Behandlungsausweises nicht wegen unklarer Beinbeschwerden, sondern zum Ausschluss einer arteriellen Verschlusskrankheit. Die dafür notwendige duplexsonographische Untersuchung konnte durch Frau Dr. St. nicht durchgeführt werden (so auch die Stellungnahme Dr. C.), so dass unklar bleibt, weshalb eine Behandlung zunächst bei Frau Dr. St. erfolgte und von da eine Weiterüberweisung an das MVZ zu Mit-/Weiterbehandlung allerdings ohne Angabe in der Rubrik Auftrag/Diagnose/Verdacht.

Eine ähnliche Konstellation findet sich im Behandlungsfall B.. Nach dem Behandlungsausweis des MVZ erfolgte eine Überweisung von einem Fremdarzt (ANR 6485713) zur konsiliarischen Untersuchung mit dem Auftrag/Diagnose/Verdacht „Bitte ven. Doppler bd. Beine Z.A. einer Thrombose“. Diese Untersuchung wurde im MVZ abgerechnet. Nach dem Behandlungsausweis der Praxis Dr. St. erfolgte eine Überweisung vom MVZ an Frau Dr. St. zur Mit-/Weiterbehandlung ohne Auftrag/Diagnose/Verdacht. Dort wurden dann u.a. die hausärztliche Grundpauschale und ein Ganzkörperstatus abgerechnet, aber auch ein Befundbericht. Dieser wurde vom MVZ nicht abgerechnet, obwohl dort die angeforderte konsiliarische Untersuchung „venöser Doppler“ durchgeführt wurde. Ein Grund für die Überweisung des MVZ an Frau Dr. St. ist nicht erkennbar. Auch die vorgelegte klägerische Stellungnahme trägt nicht zu Aufklärung bei. Danach soll der Überweisungsschein des Fremdarztes bei Frau Dr. St. vorgelegt worden sein und Frau Dr. St. soll an das MVZ weiterüberwiesen haben. Dieser Ablauf ist nicht durch den Überweisungsschein oder die Patientendokumentation belegt.

Ein weiteres Beispiel für das Quartal 3/2006 ist der Behandlungsfall B1.. Dieser wurde durch die Praxis Dr. St. mit Originalschein abgerechnet für Behandlungen am 4.8.2006 (hausärztlicher Ordinationskomplex GOP 03111, Beratung GOP 03120, Betreuung von Patienten mit chronisch-internistischer Grunderkrankung GOP 03210 Abdomensonographie GOP 33042) und 10.8.2006. Durch das MVZ wurden aufgrund einer Überweisung von Frau Dr. St. zur Mit-/Weiterbehandlung am 4.8.2006 ausschließlich Laboruntersuchungen abgerechnet. Die klägerische Stellungnahme konstatiert die ausschließliche Laboruntersuchung lediglich.

(2) Im Quartal 4/2006 wurde im Behandlungsfall B3. durch die Praxis Dr. St. mit Originalschein am 25.10.2006 der hausärztliche Ordinationskomplex GOP 03112, eine Beratung GOP 03120 und die Betreuung von Patienten mit chronisch-internistischer Grunderkrankung GOP 03210 abgerechnet. Durch das MVZ erfolgte eine Abrechnung als Überweisung von Frau Dr. St. zur Mit-/Weiterbehandlung ohne Auftrag/Diagnose/Verdacht. Am 25.10.2006 wurde durch das MVZ eine FSME-Schutzimpfung (GOP 89102) abgerechnet, als Diagnose jedoch angegeben Z.25.1 – Notwendigkeit der Impfung gegen Grippe. Weitere Behandlungen wurden am 6.12.2006 durch das MVZ abgerechnet, an diesem Tag erfolgte auch die Einlesung der Versichertenkarte im MVZ. Nach der klägerischen Stellungnahme vom 16.10.2015 soll die Eintragung der Impfung versehentlich beim MVZ erfolgt sein. Die Klägerin räumt hier bereits selbst ein, dass jedenfalls die Abrechnung für den 25.10.2006 falsch ist.

Im Behandlungsfall F1. erfolgte die Abrechnung durch die Praxis Dr. St. mittels Originalschein. Abgerechnet wurden Leistungen für den 18.10.2006 und 13.12.2006. Durch das MVZ erfolgte eine Abrechnung mittels Überweisungsschein – Überweisung von Frau Dr. St. – für den Behandlungstag 13.12.2006. Abgerechnet wurde für den Behandlungstag 13.12.2006 der Konsultationskomplex GOP 13215, der einen Arzt-Patienten-Kontakt voraussetzt. Nach der klägerischen Stellungnahme handele es sich um einen Rezeptausdruck im MVZ als Verwaltungsfehler. Auffällig ist, dass die Versichertenkarte in beiden Praxen am 18.10.2006 eingelesen wurde, obwohl am 18.10.2006 keine Behandlung im MVZ abgerechnet wurde. Auffällig ist weiterhin die Angabe eines Überweisungsscheins, obwohl es sich wohl nicht um eine Überweisung gehandelt hat. Dieser Behandlungsfall erweckt den Anschein, als wären Überweisungsscheine der Praxis Dr. St. durch das MVZ „nach Bedarf“ ohne medizinische Notwendigkeit erstellt worden. Denn selbst wenn das Rezept als Verwaltungsfehler versehentlich durch MVZ ausgestellt worden ist (wobei sich die Frage nach der Trennung der Patientenkartei stellt), wäre eine Abrechnung ohne eine Überweisung durch Frau Dr. St. allenfalls als Originalschein, dann aber unter Berücksichtigung der Zuzahlung, möglich gewesen.

(3) Im Quartal 1/2007 wurden im Behandlungsfall A1. durch die Praxis Dr. St. mittels Originalschein Behandlungen am 8.1.2007, 15.2.2007, 7.3.2007 und 29.3.2007 abgerechnet. Am 8.1.2007 erfolgte unter anderem die Abrechnung des Verwaltungskomplexes GOP 01430. Das MVZ rechnet aufgrund einer Überweisung durch Frau Dr. St. am 8.1.2007 die GOP 80112 und 93432B ab. Nach der klägerischen Stellungnahme soll die Weiterverordnung der Blutdruckdauermedikation im MVZ vertretungsweise in Abwesenheit der Hausärztin erfolgt sein. Diese Darstellung ist nach den vorliegenden Behandlungsausweisen nicht plausibel. Wenn Frau Dr. St. am 8.1.2007 nicht anwesend gewesen sein sollte, ist die Ausstellung einer Überweisung an das MVZ am gleichen Tag fragwürdig. Auch ist nicht zu erklären, warum dann in der Praxis Dr. St. die für die Ausstellung eines Wiederholungsrezepts vorgesehene GOP 01430 abgerechnet wird. Auch hier entsteht wieder der Eindruck, als wären Überweisungsscheine der Praxis Dr. St. durch das MVZ „nach Bedarf“ ohne medizinische Notwendigkeit erstellt worden.

Im Behandlungsfall D2. wurden durch die Praxis Dr. St. mittels Originalschein Behandlungen am 24.1.2007, 26.1.2007, 1.2.2007, 14.2.2007, 21.2.2007 und 28.3.2007 abgerechnet. Durch das MVZ erfolgte auf eine Überweisung von Frau Dr. St. zur Mit-/Weiterbehandlung ohne Auftrag/Diagnose/Verdacht die Abrechnung von Laborleistungen ohne sonstige Leistungen am 24.1.2007, 26.1.2007, 7.2.2007 und 14.2.2007. Am 28.3.2007 wurde ein internistischer Konsultationskomplex GOP 13215 abgerechnet. Nach der klägerischen Stellungnahme sei die Labordiagnostik im MVZ erfolgt. Ein medizinischer Grund für die Durchführung der Labordiagnostik im MVZ wurde nicht dargelegt. Die am 26.1.2007 und 7.2.2007 durch das MVZ abgerechneten GOP 32057 und 32089 wurden am 28.3.2007 auch durch Frau Dr. St. abgerechnet. Es ist daher davon auszugehen, dass Frau Dr. St. sehr wohl in der Lage war, eigene Laboruntersuchungen durchzuführen. Auch wurde nicht erläutert, warum am 28.3.2007 parallel zur Behandlung durch Frau Dr. St. mit Abrechnung eines Konsultationskomplexes und einer Beratung durch das MVZ die GOP 13215 abgerechnet wurde.

(4) Die Praxis Dr. St. rechnete im Quartal 2/2007 im Behandlungsfall A3. aufgrund einer Überweisung vom Fremdarzt (ANR 7019230) Behandlungen am 5.4.2007 und 29.5.2007 (u.a. Abdomensonographie) ab. Das MVZ rechnete aufgrund einer Überweisung durch Frau Dr. St. zur Mit-/Weiterbehandlung Behandlungen am 5.4.2007 (Labor, fachinternistischer Basiskomplex GOP 13250, Abdomensonographie GOP 33042), 11.4.2007, 15.5.2007 und 29.6.2007 (jeweils internistischer Konsultationskomplex und am 15.5.2007 und 29.6.2007 auch Beratung GOP 13220) ab. In der klägerischen Stellungnahme wird ausgeführt, wegen schlechten Allgemeinzustandes und Verhärtung unter einer Operationsnarbe nach Nephrektomie links sei eine Vorstellung im gastroenterologischen Schwerpunkt des MVZ erfolgt. Diese Angabe ist mangels Vorlage der Patientendokumentation nicht nachzuvollziehen, weil dem vorliegenden Behandlungsausweis des MVZ nicht entnommen werden kann, dass wegen einer Verhärtung der Operationsnarbe untersucht wurde. Nur im Behandlungsausweis von Frau Dr. St. ist als Diagnose auch der Verlust der Niere angegeben.

(5) Im Quartal 3/2007 rechnete Frau Dr. St. im Behandlungsfall A4. mittels Originalschein Behandlungen am 5.7.2007, 12.7.2007 und 19.7.2007 ab. Das MVZ rechnete aufgrund einer Überweisung von Frau Dr. St. am 5.7.2007 (nur Laborleistungen), 10.9.2007, 11.9.2007 und 18.9.2007 ab. Nach der klägerischen Stellungnahme sei im MVZ Vertretung und ergänzende Blutdruckbehandlung erfolgt. Diese Angabe ist mangels Vorlage der Patientendokumentation nicht nachvollziehbar. Auch wurde nicht angegeben, wann eine Vertretung von Frau Dr. St. erfolgt sein soll.

(6) In den für die Quartale 3/2006 bis 3/2007 beispielhaft dargelegten Behandlungsfällen wurden durch die Klägerin Leistungen gegenüber der Beklagten grob fahrlässig unberechtigt abgerechnet. Im Behandlungsfall B3. wurde auch nach der Darstellung der Klägerin eine Impfung, die von Frau Dr. St. durchgeführt wurde, durch das MVZ abgerechnet. Von einem bloßen Versehen kann nicht ausgegangen werden, da in der Patientenkartei des MVZ eine Impfung nicht enthalten sein kann. Die Abrechnung der Impfung durch das MVZ setzt einen Zugriff auf die Patientenkartei von Frau Dr. St. und voraus, was einen mindestens grob fahrlässigen Verstoß gegen ärztliche und vertragsärztlichen Pflichten bedeutet.

Auch die Abrechnung in den Behandlungsfällen F1. (4/2006) und A1. (1/2007) für die Ausstellung von Rezepten ist als grob fahrlässig zu bewerten. In beiden Fällen ist bereits die Existenz einer Überweisung von Frau Dr. St. an das MVZ nicht plausibel. Im Fall F1. wurde der Fehler bei der Abrechnung auch eingestanden. Die sich nach den Behandlungsausweisen darstellende Vorgehensweise belegt eine deutliche Verletzung vertragsärztlicher Sorgfaltspflichten.

Die alleinige Erbringung und Abrechnung von Laborleistungen durch das MVZ auf Überweisung durch Frau Dr. St. ist durch die Vorgaben des BMV-Ä und EKV-Ä nicht gedeckt. Diese grundlegenden vertragsärztlichen Regelungen in den §§ 24 BMV-Ä, 27 EKV-Ä mussten der Klägerin auch bekannt sein. In den Behandlungsfällen B1. (3/2006), D2. (1/2007) und A4. (3/2007) ist ebenso von einer grob fahrlässigen unberechtigten Abrechnung auszugehen.

Die Abrechnung in den Behandlungsfällen A2., B. und A3. waren wie auch in den anderen Behandlungsfällen in dieser Weise nur möglich, weil das MVZ und Frau Dr. St. die Trennung der Praxen nicht tatsächlich umgesetzt hatten. Anderenfalls hätte eine gemeinsame Behandlung von Patienten in der praktizierten Weise nicht erfolgen können. Die Regelung des § 33 Abs. 3 Ärzte-ZV zur Genehmigungsbedürftigkeit einer Gemeinschaftspraxis bzw. des § 32b Abs. 2 Ärzte-ZV zur Genehmigungsbedürftigkeit einer Anstellung müssen der Klägerin als grundlegende vertragsärztlichen Regelungen bekannt gewesen sein. Ihre Verletzung beruht damit nicht lediglich auf einem Versehen, sondern auf einer mindestens grob fahrlässigen Verletzung der sich daraus ergebenden Pflichten zur Einholung einer Genehmigung für die Kooperation als Gemeinschaftspraxis oder zur tatsächlichen und vollständigen Trennung der Praxen und Behandlungen.

bb) Das MVZ hat in den Quartalen 1/2008 bis 3/2010 die GOP 01436 abgerechnet, ohne dass deren Leistungsinhalt erfüllt war. Diese ist nur abrechenbar bei der Diagnostik und/oder Behandlung im Rahmen einer Überweisung zur Durchführung von Auftragsleistungen (Indikations- oder Definitionsauftrag) oder bei einer Überweisung zur Mit-/Weiterbehandlung zur Erbringung von Leistungen nach den Kapiteln 31.1 (präoperative GOP), 31.2 (ambulante Operationen), 31.4 (postoperative Überwachungskomplexe) oder 31.5 (Anästhesien im Zusammenhang mit Eingriffen des Kapitels 31.2) EBM. Das MVZ hat die GOP 01436 jedoch u.a. auch bei Behandlungsfällen angesetzt, die mit der Scheinart 00 (Originalschein) abgerechnet wurden. Hierzu wird auf die von der Beklagten im Bescheid vom 29.8.2011, S. 21, angeführten Beispielsfälle für die Quartale 1/2008 bis 3/2010 verwiesen. Bei Originalfällen ist der Leistungsinhalt der GOP 01436 unter keinen Umständen erfüllt, da alle Leistungsvarianten der GOP 01436 ein Tätigwerden auf Überweisung voraussetzen. Gerade bei den Originalfällen ist es offensichtlich, dass eine Abrechnung der GOP 01436 nicht in Frage kommt. Die Abrechnung ist daher mindestens als grob fahrlässig anzusehen, weil die schlichte Lektüre des EBM ausreichend gewesen wäre, den Fehler in der Abrechnung zu erkennen. Die Garantiewirkung der Sammelerklärung für diese Quartale ist bereits durch die grob fahrlässigen Falschabrechnungen der GOP 01436 aufgehoben.

cc) Die für das Quartal 4/2007 von der Beklagten im Bescheid vom 29.8.2011 benannten Behandlungsfälle K. A5. vom 14.12.2007 und I. B4. vom 11.10.2007 konnten durch die Klägerin im Klageverfahren widerlegt werden. Auf die mit Schriftsatz vom 16.10.2015 vorgelegte Stellungnahme von Herrn Dr. C. zu diesen Behandlungsfällen hat die Beklagte mit der mit Schriftsatz vom 14.12.2015 vorgelegten Stellungnahme ihres medizinischen Fachexperten, Herrn Dr. F., eingeräumt, dass diese gemeinsamen Behandlungen der Patienten plausibel waren. Dieser Auffassung schließt sich auch das Gericht an. Im Fall A5. ist bereits aus den Behandlungsausweisen ersichtlich, dass im MVZ am 14.12.2007 eindeutig fachärztliche (proktologische) Leistungen erfolgten. Durch die Praxis Dr. St. wurden dagegen am 14.12.2007 und 19.12.2007 eine Gesundheitsuntersuchung (GOP 01732) durchgeführt sowie weitere hausärztliche Leistungen erbracht. Im Fall B4. ist zwar auffällig, dass am 11.10.2007, 8.11.2007 und 22.11.2007 jeweils Behandlung im MVZ (Scheinart 24 – auf Überweisung) und in der Praxis Dr. St. (Scheinart 00) – Originalfall) erfolgten. Am 11.10.2007 wurden durch das MVZ nur Laborleistungen abgerechnet/erbracht. Nachdem aber am 8.11.2007 durch das MVZ u.a. der koloskopische Komplex (GOP 13421) und am 22.11.2007 Duplexsonographie-Leistungen nach den GOP 33070 und 33071 abgerechnet/erbracht wurden und überdies die Praxen z.T. unterschiedliche Diagnosen angeben, kann die gemeinsame Behandlung als plausibel angesehen werden. Der Beklagten ist daher für das Quartal 4/2007 der Nachweis mindestens einer grob fahrlässigen Falschabrechnung nicht gelungen. Die Garantiewirkung der Sammelerklärung besteht fort. Eine Aufhebung des gesamten Honorarbescheides für das Quartal 4/2007 ist daher rechtswidrig.

3. Die Beklagte hat den ihr bei der Schätzung des neu festzusetzenden Honorars zustehenden Ermessensspielraum überschritten und rechtswidrig ein zu niedriges Honorar für die Quartale 3/2006 bis 3/2007 und 1/2008 bis 3/2010 und damit eine zu hohe Rückforderung festgesetzt.

Infolge jeweils mindestens einer grob fahrlässigen Falschabrechnung in den Quartalen 3/2006 – 3/2007 und 1/2008 bis 3/2010 entfiel die Garantiefunktion der abgegebenen Sammelerklärungen. Der Klägerin steht Honorar nur noch insoweit zu, als davon auszugehen ist, dass Leistungen tatsächlich und ordnungsgemäß ohne Verstoß gegen vertragsärztliche Vorgaben erbracht wurden. Die Beklagte darf sich hierzu einer Schätzung bedienen und hat insoweit ein weites Schätzungsermessen (BSG, Urteil vom 17.9.1997, A. 6 RKa 86/95, Rn. 23). Dabei besteht kein der Rechtskontrolle der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum (BSG, a.a.O., Rn. 28). Das Gericht hat deshalb die Schätzung nachzuvollziehen und ggf. selbst vorzunehmen. Allerdings kann der Vertragsarzt, der grob fahrlässige Falschabrechnungen und damit die Abgabe einer unrichtigen Sammelerklärung zu verantworten hat, gerade keine möglichst genaue Alternativberechnung beanspruchen (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26. November 2014, L 3 KA 70/12, Rn. 29 juris), sondern muss sich als Folge seines gravierenden Fehlverhaltens auf eine mehr oder weniger grobe Schätzung verweisen lassen. (BayLSG, Urteil vom 11.3.2015, L 12 KA 25/13).

a) Es war daher nicht erforderlich, dass die Beklagte wie von der Klägerin gefordert, alle gemeinsamen Behandlungsfälle der Quartale 3/2006 bis 3/2010 daraufhin überprüft, ob und in welchem Umfang Behandlungen eines Patienten durch Frau Dr. St. und das MVZ gerechtfertigt waren und ob und in welchem Umfang rechtswidrige Honorarvorteile erzielt wurden. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, eventuelle Einsparungen, die sich aus unterschiedlichen Punktwerten der haus- und fachärztlichen Versorgung ergeben, zu berücksichtigen. Maßgebend hier ist allein die Feststellung des Honoraranspruchs der Klägerin, nicht aber ein fiktiver Honoraranspruch von Frau Dr. St. und daraus ggf. entstehende mögliche Kostenvorteile.

Die Beklagte war auch nicht gehalten, die Anzahl und den Honoraranteil der „rein fachärztlichen“ Patienten des MVZ zu ermitteln, da dies eine erheblichen Aufwand bedeutet hätte. Auch die Neuberechnung des Honorars über 16 Quartale unter Zusammenführung der Abrechnungsdaten der Praxis Dr. St. und des MVZ und unter der Annahme einer fiktiven Gemeinschaftspraxis war nicht geboten. Zum einen hatte bereits die von der Klägerin im Vorverfahren hinzugezogene A-FIRMA GmbH für das Quartal 1/2008 konstatiert, dass es eine Fülle von Ausnahme- und Sonderregelungen gebe, die eine Neuberechnung des Honorars erschweren würden. Zum anderen hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf mindestens das Honorar, was eine Gemeinschaftspraxis erzielt hätte. Die insoweit von der Klägerin genannten Gerichtsentscheidungen beanstanden lediglich ein solches Ergebnis nicht und stellen fest, dass jedenfalls nicht mehr Honorar zustehen würde als das, was in der Kooperationsform einer Gemeinschaftspraxis erzielt worden wäre. Damit ist aber nicht festgestellt, dass darüber hinausgehende Honorarkürzungen rechtswidrig wären.

Zu berücksichtigen ist auch, dass die gemeinsame Behandlung von Patienten zum Teil nur für einzelne Behandlungstage und Leistungen, nicht aber insgesamt für das Quartal implausibel war. Insoweit hätte die Klägerin im Behandlungsfall nur einzelne Leistungen, nicht aber den gesamten Behandlungsfall unter Verstoß gegen vertragsarztrechtliche Vorgaben abgerechnet.

b) Auch der Einwand, die Klägerin habe Punktzahlvolumen und Regelleistungsvolumen in den Streitgegenständlichen Quartalen nicht ausgeschöpft, spricht nicht dagegen, das neufestzusetzende Honorar der Klägerin zu schätzen. Es mag sein, das Punktzahlvolumen nicht ausgeschöpft worden sind. Hinsichtlich der Regelleistungsvolumen hat aber auch die von der Klägerin im Vorverfahren eingeschaltete A-FIRMA GmbH hinsichtlich des Quartals 1/2010 festgestellt, dass bei einer Neuberechnung des Regelleistungsvolumens unter Annahme einer gemeinsamen Praxis des MVZ und Frau Dr. St. die abgerechneten vertragsärztlichen Leistungen um 10.391,00 € über dem dann zustehenden Regelleistungsvolumen liegen würden. In diesem Quartal sind auch nach dem Vortrag der Klägerin aufgrund der gewählten, aber nicht gelebten Kooperationsform Honorare erzielt worden, die bei einer den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechenden Kooperationsform nicht erzielt worden wären. Nicht auszuschließen ist, dass dies auch für die übrigen Quartale ab 1/2009 zutrifft.

Auch wenn der Einwand der Klägerin berechtigt wäre, würde er aufgrund des damit verbundenen erheblichen Aufwandes keine Neuberechnung des Honorars auf der Basis einer Prüfung aller gemeinsamen Behandlungsfälle zwingend erfordern. Unabhängig davon wäre eine solche Prüfung für die Beklagte nur möglich gewesen, wenn die Klägerin die vollständigen Dokumentationen für die gemeinsamen Behandlungsfälle und die jeweiligen Überweisungen vorgelegt hätte. Dies ist aber nicht geschehen.

c) Die Beklagte hat bei der vorgenommenen Schätzung des Honorars jedoch nicht ausreichend berücksichtigt, dass die vom MVZ erzielten Fallwerte die von Frau Dr. St. erzielten Fallwerte deutlich überstiegen. Bei einer Gegenüberstellung der Fallwerte, berechnet nach den vorgelegten Unterlagen der Beklagten unter Berücksichtigung der von der Beklagten im Wege der Rückzahlungsvereinbarung umgesetzten sachlich-rechnerischen Berichtigungen ergibt sich folgendes Ergebnis:

Quartal

Honorar St (Bl. 3636).

Fallzahl St (Bl. 3549 +3591).

Fallwert St.

Honorar MVZ (Bl. 3634 + 3635)

Fallzahl MVZ (Bl. 3549 und 3591)

Fallwert MVZ

3/2006

25.910,38 €

402

64,45 €

419.695,80 €

2739

153,23 €

4/2006

28.477,70 €

417

68,29 €

398.730,62 €

2618

152,30 €

1/2007

32.745,66 €

484

67,66 €

450.888,41 €

2874

156,89 €

2/2007

29.498,95 €

504

58,53 €

386.315,96 €

2686

143,83 €

3/2007

26.938,83 €

460

58,56 €

360.581,09 €

2608

138,26 €

4/2007

28.298,89 €

458

61,79 €

382.055,18 €

2834

134,81 €

1/2008

32.745,52 €

591

55,41 €

389.656,54 €

3054

127,59 €

2/2008

35.411,98 €

663

53,41 €

404.223,53 €

3008

134,38 €

3/2008

31.344,67 €

567

55,28 €

380.527,62 €

2926

130,05 €

4/2008

29.262,13 €

481

60,84 €

456.617,57 €

3145

145,19 €

1/2009

36.552,52 €

1253

29,17 €

467.360,38 €

3318

140,86 €

2/2009

27.882,80 €

569

49,00 €

470.594,03 €

3284

143,30 €

3/2009

29.370,76 €

478

61,45 €

434.039,21 €

3427

126,65 €

4/2009

25.825,31 €

440

58,69 €

455.365,49 €

3627

125,55 €

1/2010

30.518,00 €

597

51,12 €

529.997,12 €

3842

137,95 €

2/2010

26.776,10 €

482

55,55 €

474.335,28 €

3639

130,35 €

3/2010

25.445,39 €

462

55,08 €

409.733,62 €

3476

117,88 €

Der durchschnittliche Fallwert des MVZ war über alle Quartale mehr als doppelt so hoch als der durchschnittliche Fallwert der Praxis Dr. St.. Dies liegt nach Einschätzung des Gerichts vor allem daran, dass im MVZ zahlreiche rein fachärztliche Leistungen erbracht worden, für die ein höherer Honorar zu erzielen war als für die in der hausärztlichen Praxis von Frau Dr. St. zu erbringenden Leistungen. Die von der Beklagten im Rahmen ihrer „Mischberechnung“ ermittelten Fallwerte unter Einbeziehung der Honorare beider Praxen tragen weder diesem Umstand noch der deutlich niedrigeren Fallzahl der Praxis Dr. St. ausreichend Rechnung. Sie sind über alle Quartale nahezu so hoch wie die Fallwerte des MVZ, was auf eine massive Verzerrung der Fallwerte für die gemeinsam behandelten Fälle hinweist. Durch die Beklagte blieb auch unberücksichtigt, dass nach den vorliegenden Behandlungsausweisen keine systematische Doppelabrechnung von Fällen, etwa Ansatz des hausärztlichen Ordinationskomplexes nach GOP 03111 bei Dr. St. und Ansatz des internistischen Ordinationskomplexes nach GOP 13211 bzw. des fachinternistischen Basiskomplexes nach GOP 13250 beim MVZ erkennbar ist. Das Abrechnungsbild stellt sich nach den vorliegenden Behandlungsfällen eher so da, dass Behandlungsfälle gesplittet wurden und der jeweils anderen Praxis die Abrechnung von GOP ermöglicht wurde. Die von der Beklagten gewählte Berechnungsmethode eines Mischfallwertes ermittelt aber eher den Honorarzuwachs durch eine Verdoppelung der Abrechnung.

Die Unangemessenheit der Berechnungsweise der Beklagten zeigt sich auch daran, dass die Beklagte von der Klägerin allein für den Komplex Praxisgemeinschaft ein Honorar von 485.252,36 € für die Quartale 3/2006 bis 3/2010 zurückforderte, das um anderweitige Honorarberichtigungen verminderte Honorar Regional- und Ersatzkassen von Frau Dr. St. im gleichen Zeitraum aber nur 503.005,59 betrug. Nach Auskunft der Klägerin und der Beklagten hatte die Beklagte gegenüber Frau Dr. St. für den Komplex Praxisgemeinschaft für die Quartale 3/2006 bis 3/2010 Honorare von etwa 40.000 € zurückgefordert. Die Rückforderungen für den Komplex Praxisgemeinschaft belaufen sich somit auf etwa 525.000 € und übersteigen das von der Praxis Dr. St. im gleichen Zeitraum erzielte Honorar. Dies wäre allenfalls gerechtfertigt, wenn Patienten zu 100% gemeinsam behandelt worden wären und eine systematische Doppelabrechnung erkennbar wäre.

Das Gericht hält im Wege der gebotenen eigenen Schätzung die Berechnungsweise der Beklagten mit Ausnahme des Fallwertes für prinzipiell geeignet. Anstelle des von der Beklagten ermittelten Fallwertes ist nach Auffassung des Gericht die Heranziehung des durchschnittlichen Fallwertes der Praxis Dr. St. ein geeigneter Weg, die nicht eindeutig zustehenden Honorare für die gemeinsam behandelten Patienten zu quantifizieren. Denn nach den Behandlungsausweisen ist problematisch vor allem, inwieweit eine Behandlung durch Frau Dr. St. überhaupt gerechtfertigt war (vor allem bei Überweisung anderer Ärzte zu bestimmten Untersuchungen) und inwieweit eine Mitbehandlung hausärztlicher Patienten durch das MVZ angezeigt war. Dies wird durch den Fallwert der hausärztlichen Praxis von Frau Dr. St. eher abgebildet als ein im Wesentlichen auf höher dotierten fachärztlichen Leistungen des MVZ beruhender Fallwert.

d) Die Vorgehensweise der Beklagten, die Quartale 3/2006 und 4/2006 nach einer eingehenden Prüfung als Referenzquartale heranzuziehen und eine daraus ermittelte Quote implausibler gemeinsamer Patienten auf die übrigen Quartale zu übertragen, ist nicht zu beanstanden. Dagegen spricht auch nicht, dass im MVZ ab dem Quartal 2/2008 nur noch eine hausärztliche Internistin und ab dem Quartal 3/2009 kein hausärztlicher Internist mehr tätig war. Die Klägerin führte selbst aus, dass auch die hausärztlichen Internisten im MVZ nur fachärztlich tätig waren und nur in äußerst geringem Umfang hausärztliche GOP abrechneten, wenn nach dem EBM keine andere Abrechnung möglich war. Eine deutliche Veränderung der Abrechnungswerte bzw. eine deutliche Veränderung hinsichtlich des Anteils implausibler gemeinsamer Patienten ab den Quartalen 2/2008 und 3/2009 ist daher nicht zu erwarten.

e) Eine Überprüfung der von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden benannten Beispielsfälle hat ergeben, dass einige dieser gemeinsamen Behandlungsfälle in den Referenzquartalen als plausibel anzusehen sind, so dass für die Quartale 3/2006 und 4/2006 die Quote implausibler gemeinsamer Patienten neu zu ermitteln und die Mischquote für die übrigen Quartale neu zu ermitteln ist.

aa) Die für das Quartal 3/2006 von der Beklagten im Bescheid vom 29.12.2010 benannten Behandlungsfälle D., D2., F., C. G., S. J. und R. K. konnten durch die Klägerin im Klageverfahren widerlegt werden. Auf die mit Schriftsatz vom 16.10.2015 vorgelegte Stellungnahme von Herrn Dr. C. zu diesen Behandlungsfällen hat die Beklagte mit der mit Schriftsatz vom 14.12.2015 vorgelegten Stellungnahme ihres medizinischen Fachexperten, Herrn Dr. F., eingeräumt, dass diese gemeinsamen Behandlungen der Patienten plausibel waren. Dieser Auffassung schließt sich auch das Gericht an. Hinsichtlich der übrigen Behandlungsfälle, zu denen die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.10.2015 Stellung genommen hat, konnte sich das Gericht ohne Vorlage der Patientendokumentation nicht davon überzeugen, dass diese gemeinsamen Behandlungen plausibel waren.

Aufgrund der nun als plausibel nachgewiesenen Patienten ergibt sich für das Quartal 3/2006, dass die gemeinsame Behandlung von 197 Patienten noch in 145 Behandlungsfällen implausibel ist. Das entspricht einer Quote von 73,60%.

bb) Die für das Quartal 4/2006 von der Beklagten im Bescheid vom 29.12.2010 benannten Behandlungsfälle F., G2., J. J2., N. K., K2. und K3. konnten durch die Klägerin im Klageverfahren widerlegt werden. Auf die mit Schriftsatz vom 16.10.2015 vorgelegte Stellungnahme von Herrn Dr. C. zu diesen Behandlungsfällen hat die Beklagte mit der mit Schriftsatz vom 14.12.2015 vorgelegten Stellungnahme ihres medizinischen Fachexperten, Herrn Dr. F., eingeräumt, dass diese gemeinsamen Behandlungen der Patienten plausibel waren. Dieser Auffassung schließt sich auch das Gericht an. Hinsichtlich der übrigen Behandlungsfälle, zu denen die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.10.2015 Stellung genommen hat, konnte sich das Gericht ohne Vorlage der Patientendokumentation nicht davon überzeugen, dass diese gemeinsamen Behandlungen plausibel waren.

Aufgrund der nun als plausibel nachgewiesenen Patienten ergibt sich für das Quartal 3/2006, dass die gemeinsame Behandlung von 234 Patienten noch in 192 Behandlungsfällen implausibel ist. Das entspricht einer Quote von 82,05%.

cc) Die aus den Quartalen 3/2006 und 4/2006 ermittelte Mischquote beträgt 77,83%. Daraus ergeben sich für die Quartale 1/2007 bis 3/2007 und 1/2008 bis 3/2010 implausible gemeinsame Behandlungsfälle wie folgt:

Quartal

gemeinsame Pat.

77,83% davon implausibel

1/2007

271

210

2/2007

271

210

3/2007

266

207

4/2007

271

210

1/2008

310

241

2/2008

331

257

3/2008

501

389

4/2008

413

321

1/2009

1.035

805

2/2009

465

361

3/2009

352

273

4/2009

332

258

1/2010

355

276

2/2010

355

276

3/2010

353

274

dd) Bei Anwendung des Berechnungsganges der Beklagten entsprechend der Anlage zum Widerspruchsbescheid ergeben sich bei Verwendung des Fallwertes von Frau Dr. St. und der unter aa) bis cc) ermittelten Anzahl implausibler gemeinsamer Behandlungsfälle folgende unberechtigte Honoraranteile:

Quartal

Fallwert Dr. St.

implausible Pat.

Honorar implausible Pat.

Anteil MVZ in %

Anteil MVZ in €

abzgl. Sicherheitsabschlag 25%

3/2006

64,45 €

145

9.345,25 €

94,19

8.802,29 €

6.601,72 €

4/2006

68,29 €

192

13.111,68 €

93,33

12.237,13 €

9.177,85 €

1/2007

67,66 €

210

14.208,60 €

93,23

13.246,68 €

9.935,01 €

2/2007

58,53 €

210

12.291,30 €

92,91

11.419,85 €

8.564,89 €

3/2007

58,56 €

207

12.121,92 €

93,05

11.279,45 €

8.459,58 €

1/2008

55,41 €

241

13.353,81 €

92,25

12.318,89 €

9.239,17 €

2/2008

53,41 €

257

13.726,37 €

91,95

12.621,40 €

9.466,05 €

3/2008

55,28 €

389

21.503,92 €

92,39

19.867,47 €

14.900,60 €

4/2008

60,84 €

321

19.529,64 €

93,98

18.353,96 €

13.765,47 €

1/2009

29,17 €

805

23.481,85 €

92,75

21.779,42 €

16.334,56 €

2/2009

49,00 €

361

17.689,00 €

94,41

16.700,18 €

12.525,14 €

3/2009

61,45 €

273

16.775,85 €

93,66

15.712,26 €

11.784,20 €

4/2009

58,69 €

258

15.142,02 €

94,63

14.328,89 €

10.746,67 €

1/2010

51,12 €

276

14.109,12 €

94,56

13.341,58 €

10.006,19 €

2/2010

55,55 €

276

15.331,80 €

94,66

14.513,08 €

10.884,81 €

3/2010

55,08 €

274

15.091,92 €

94,15

14.209,04 €

10.656,78 €

173.048,68 €

Die in dieser Höhe für die Quartale 3/2006 bis 3/2007 und 1/2008 bis 3/2010 zur Unrecht gezahlten Honorare wurden von der Beklagten zu Recht zurückgefordert.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 VwGO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 105


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 73 Kassenärztliche Versorgung, Verordnungsermächtigung


(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere1.die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Ther

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106a Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen


(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 295 Übermittlungspflichten und Abrechnung bei ärztlichen Leistungen


(1) Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sind verpflichtet,1.die von ihnen festgestellten Arbeitsunfähigkeitsdaten,2.in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten

Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - ZO-Ärzte | § 32


(1) Der Vertragsarzt hat die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben. Bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung kann er sich innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Mon

Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - ZO-Ärzte | § 33


(1) Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte ist zulässig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind hiervon zu unterrichten. Nicht zulässig ist die gemeins

Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - ZO-Ärzte | § 32b


(1) Der Vertragsarzt kann Ärzte nach Maßgabe des § 95 Abs. 9 und 9a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anstellen. In den Bundesmantelverträgen sind einheitliche Regelungen zu treffen über den zahlenmäßigen Umfang der Beschäftigung angestellter Ärzte

Referenzen - Urteile

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Sozialgericht München Gerichtsbescheid, 09. März 2016 - S 21 KA 14/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Sozialgericht München Gerichtsbescheid, 09. März 2016 - S 21 KA 14/14 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Beschluss, 02. Juli 2014 - B 6 KA 2/14 B

bei uns veröffentlicht am 02.07.2014

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 11. Dez. 2013 - B 6 KA 39/12 R

bei uns veröffentlicht am 11.12.2013

Tenor Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 20. Juni 2012 sowie der Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom

Bundessozialgericht Beschluss, 06. Feb. 2013 - B 6 KA 43/12 B

bei uns veröffentlicht am 06.02.2013

Tenor Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 30. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 14. Dez. 2011 - B 6 KA 31/10 R

bei uns veröffentlicht am 14.12.2011

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31. August 2010 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Beschluss, 11. Mai 2011 - B 6 KA 1/11 B

bei uns veröffentlicht am 11.05.2011

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 10. November 2010 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte ist zulässig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind hiervon zu unterrichten. Nicht zulässig ist die gemeinsame Beschäftigung von Ärzten und Zahnärzten; dies gilt nicht für medizinische Versorgungszentren.

(2) Die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist zulässig unter allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern an einem gemeinsamen Vertragsarztsitz (örtliche Berufsausübungsgemeinschaft). Sie ist auch zulässig bei unterschiedlichen Vertragsarztsitzen der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft (überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft), wenn die Erfüllung der Versorgungspflicht des jeweiligen Mitglieds an seinem Vertragsarztsitz unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte und Psychotherapeuten in dem erforderlichen Umfang gewährleistet ist sowie das Mitglied und die bei ihm angestellten Ärzte und Psychotherapeuten an den Vertragsarztsitzen der anderen Mitglieder nur in zeitlich begrenztem Umfang tätig werden. Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistungen, ist zulässig, sofern diese nicht einer Umgehung des Verbots der Zuweisung von Versicherten gegen Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile nach § 73 Absatz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch dient. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt oder wenn der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht. Die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, stellt keine persönlich erbrachte anteilige Leistung in diesem Sinne dar.

(3) Die Berufsausübungsgemeinschaft bedarf der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses. Für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften mit Vertragsarztsitzen in mehreren Zulassungsbezirken einer Kassenärztlichen Vereinigung wird der zuständige Zulassungsausschuss durch Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung sowie den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bestimmt. Hat eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft Mitglieder in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen, so hat sie den Vertragsarztsitz zu wählen, der maßgeblich ist für die Genehmigungsentscheidung sowie für die auf die gesamte Leistungserbringung dieser überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft anzuwendenden ortsgebundenen Regelungen, insbesondere zur Vergütung, zur Abrechnung sowie zu den Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen. Die Wahl hat jeweils für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren unwiderruflich zu erfolgen. Die Genehmigung kann mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Anforderungen nach Absatz 2 erforderlich ist; das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln.

(1) Der Vertragsarzt hat die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben. Bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung kann er sich innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Monaten vertreten lassen. Eine Vertragsärztin kann sich in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung bis zu einer Dauer von zwölf Monaten vertreten lassen. Dauert die Vertretung länger als eine Woche, so ist sie der Kassenärztlichen Vereinigung mitzuteilen. Der Vertragsarzt darf sich grundsätzlich nur durch einen anderen Vertragsarzt oder durch einen Arzt, der die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 erfüllt, vertreten lassen. Überschreitet innerhalb von zwölf Monaten die Dauer der Vertretung einen Monat, kann die Kassenärztliche Vereinigung beim Vertragsarzt oder beim Vertreter überprüfen, ob der Vertreter die Voraussetzungen nach Satz 5 erfüllt und keine Ungeeignetheit nach § 21 vorliegt.

(2) Die Beschäftigung von Assistenten gemäß § 3 Abs. 3 bedarf der Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung. Im Übrigen darf der Vertragsarzt einen Vertreter oder einen Assistenten nur beschäftigen,

1.
wenn dies im Rahmen der Aus- oder Weiterbildung oder aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erfolgt,
2.
während Zeiten der Erziehung von Kindern bis zu einer Dauer von 36 Monaten, wobei dieser Zeitraum nicht zusammenhängend genommen werden muss, und
3.
während der Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung bis zu einer Dauer von sechs Monaten.
Die Beschäftigung von Ärzten als Weiterbildungsassistenten nach Satz 2 Nummer 1 erste Alternative ist bei Antrag auf Teilnahme zur vertragsärztlichen Versorgung auch nach Abschluss der Weiterbildung zulässig für die Zeit bis zur Entscheidung über den Antrag. Die Kassenärztliche Vereinigung kann die in Satz 2 Nummer 2 und 3 genannten Zeiträume verlängern. Für die Beschäftigung eines Vertreters oder Assistenten ist die vorherige Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung erforderlich. Die Dauer der Beschäftigung ist zu befristen. Die Genehmigung ist zu widerrufen, wenn die Beschäftigung eines Vertreters oder Assistenten nicht mehr begründet ist; sie kann widerrufen werden, wenn in der Person des Vertreters oder Assistenten Gründe liegen, welche beim Vertragsarzt zur Entziehung der Zulassung führen können.

(3) Die Beschäftigung eines Assistenten darf nicht der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs dienen. In den Fällen der Beschäftigung eines Assistenten im Rahmen der Weiterbildung nach § 75a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch hat die Kassenärztliche Vereinigung im Verteilungsmaßstab nach § 87b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch festzulegen, in welchem Umfang abweichend von Satz 1 und § 87b Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch eine Vergrößerung der Kassenpraxis zulässig ist; bei der Festlegung ist insbesondere der von der Praxis zu zahlende Anhebungsbetrag nach § 75a Absatz 1 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu berücksichtigen.

(4) Der Vertragsarzt hat Vertreter und Assistenten zur Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31. August 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Im Streit stehen sachlich-rechnerische Richtigstellungen.

2

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft) zweier im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Fachärzte. Dr. G. ist Internist mit Schwerpunkt Gastroenterologie und nimmt an der fachärztlichen Versorgung teil, Dr. S. als Internist ohne Schwerpunktbezeichnung an der hausärztlichen Versorgung. Dr. S. Antrag auf gleichzeitige Teilnahme an der haus- und fachärztlichen Versorgung wurde vom Zulassungsausschuss durch Beschluss vom 19.12.2006 abgelehnt.

3

Nachdem die Beklagte die Abrechnung der vom hausärztlichen Praxispartner erbrachten fachärztlichen Leistungen zunächst nicht beanstandet hatte, wies sie die Klägerin mit Schreiben vom 13.12.2005 darauf hin, dass im Falle einer praxisinternen Vertretung hinsichtlich der Abrechnungsgenehmigung auf den Status des ausführenden, nicht den des vertretenen Arztes abzustellen sei, und stellte sodann mit Bescheiden vom 25.1.2007, 1.6.2007 und 19.10.2007 die Abrechnungen der Klägerin in den Quartalen IV/2006, I/2007 sowie III/2007 sachlich-rechnerisch richtig. Gegen die Berichtigung von Leistungen nach der Nr 13400 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) - "Zusatzpauschale Ösophago-Gastroduodenoskopie" - in den Behandlungsfällen, in denen die Leistungen von dem an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Dr. S. erbracht wurden, erhob die Klägerin ohne Erfolg Widersprüche und Klage (Widerspruchsbescheide vom 8.5.2008, Urteil des SG vom 13.1.2010). Das LSG hat auch die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 31.8.2010).

4

Zur Begründung hat es - unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des SG - ausgeführt, nach den Vorschriften des seit dem 1.4.2005 geltenden EBM-Ä könnten Leistungen nach Nr 13400 EBM-Ä ausschließlich von Fachärzten der Inneren Medizin, die nicht an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen, berechnet werden. Dr. S. könne, nachdem er sich für die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung entschieden habe, Leistungen aus dem fachärztlichen Bereich des EBM-Ä nicht erbringen und abrechnen; sein Antrag, sowohl im haus- wie auch im fachärztlichen Bereich tätig zu sein, sei durch den Zulassungsausschuss bestandskräftig abgelehnt worden. Die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit erweitere nicht den persönlichen Zulassungsstatus der Partner der Gemeinschaftspraxis. Etwas anderes käme einer Aufhebung der gesetzlich angeordneten Trennung der Versorgungsbereiche gleich und würde zugleich die Kompetenz des Zulassungsausschusses, im Einzelfall über befristete und sachlich beschränkte Ausnahmen von dieser Trennung zu entscheiden, außer Kraft setzen. Innerhalb einer Gemeinschaftspraxis sei jeder Arzt nur aus dem mit der Zulassung erworbenen Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Behandlung berechtigt. Die im Bescheid über die Genehmigung einer versorgungsbereichsübergreifenden Gemeinschaftspraxis erwähnte "Vertretung" durch den jeweils anderen Partner betreffe ausdrücklich nur den Bereich einer "erlaubten" Vertretung. Auch aus der Vertretungsregelung des § 32 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) ergebe sich nichts anderes. Erfolge die Vertretung durch einen anderen Vertragsarzt, sei dies nur im Rahmen des diesem erlaubten Spektrums möglich. Anders als ein "externer" Vertreter - ein Arzt, der die Voraussetzungen nach § 3 Abs 2 Ärzte-ZV erfülle - rücke der vertretende Vertragsarzt nicht an die Stelle des Vertretenen, sondern nehme die Vertretung im Rahmen seiner vertragsärztlichen Zulassung wahr und bleibe damit an seinen Versorgungsbereich gebunden.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht. Dr. S. sei als Vertreter im Versorgungsbereich seines Praxispartners tätig geworden und damit bestimme sich sein zugelassener Tätigkeitsbereich nach dem Zulassungsbereich für den Vertretenen. Es stelle eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung der Klägerin dar, wenn jeder nicht zugelassene Internist für den fachärztlich tätigen Praxispartner in dessen Versorgungsbereich tätig werden dürfe, nicht aber der hausärztlich tätige Gemeinschaftspraxispartner. Einziger Grund für diese Benachteiligung könne eine Missbrauchsgefahr sein; ein Missbrauchsfall liege jedoch nicht vor. Durch die begehrte Vertretungsmöglichkeit werde keinesfalls die grundsätzliche Trennung zwischen den beiden Versorgungsbereichen ausgehebelt, da der Vertretungsfall eine Ausnahme darstelle, deren enge Voraussetzungen eindeutig geregelt seien. Gerade wenn die Partner einer Gemeinschaftspraxis in unterschiedlichen Versorgungsbereichen zugelassen seien, müsse der ausfallende Partner vertreten werden. Im Übrigen besitze Dr. S., dem die Durchführung von Koloskopien genehmigt worden sei, eine der Gastroskopie "zumindest verwandte Zulassung".

6

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 31.8.2010 und des SG Mainz vom 13.1.2010 sowie die Bescheide der Beklagten vom 25.1.2007, 1.6.2007 und 19.10.2007 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 8.5.2008 aufzuheben, soweit die von Dr. S. als Vertreter von Dr. G. erbrachten Leistungen nach Nr 13400 EBM-Ä gekürzt worden sind.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angefochtenen Urteile für zutreffend. Die Möglichkeit, fachärztliche Leistungen als "Vertreter" des fachärztlichen Praxispartners abrechnen zu dürfen, scheitere daran, dass der hausärztlich tätige Internist die Leistungen aus dem fachärztlichen Bereich nicht abrechnen dürfe. Es sei bereits zweifelhaft, ob es bei einer Gemeinschaftspraxis überhaupt eine Vertretung im rechtlichen Sinne gebe. Weil die Leistungen von der Gemeinschaftspraxis abgerechnet würden, greife auch der Einwand nicht, dass im beschriebenen "Vertretungs"-Fall die Leistungen dem fachärztlichen Internisten zugerechnet würden. Der Vertreter müsse über eine mit der Zulassung des Vertretenen identische oder zumindest fachverwandte Zulassung verfügen; im Vertretungsfall sei für die Abrechnung von Leistungen der Zulassungsstatus des Vertreters maßgebend. Dieser könne nur Leistungen abrechnen, die nach den Bestimmungen des EBM-Ä seinem Zulassungsstatus und "Genehmigungsspektrum" zugeordnet seien. Der fachärztlich tätige Partner könne durchaus vertreten werden, nur nicht durch den hausärztlich tätigen Praxispartner; dieser dürfe nur fachärztlich tätig werden, wenn ihm auf der Grundlage des § 73 Abs 1a Satz 3 SGB V eine versorgungsbereichsübergreifende Tätigkeit erlaubt worden sei.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, dass die Beklagte die von der Klägerin abgerechneten Leistungen nach der Nr 13400 EBM-Ä, soweit sie von deren Mitglied Dr. S. erbracht wurden, zu Recht sachlich-rechnerisch richtig gestellt hat.

10

1. Die Beklagte ist aufgrund von § 106a Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V, der durch Art 1 Nr 83 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190, 2217) mit Wirkung zum 1.1.2004 (Art 37 Abs 1 GMG) eingefügt worden ist, gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte festzustellen und die Abrechnungen nötigenfalls richtigzustellen.

11

2. Die auf dieser Grundlage vorgenommenen sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sind rechtmäßig. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Vergütung für die von Dr. S. erbrachten Leistungen nach der Nr 13400 EBM-Ä.

12

a. Bei den streitbefangenen Leistungen handelt sich um Leistungen, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich zugeordnet sind: Gemäß der Vorbemerkung in Nr 13.3.3 EBM-Ä kann die Gebührenposition Nr 13400 EBM-Ä von Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie (Nr 1) sowie von allen in der Präambel zu Nr 13.1 EBM-Ä unter 1. aufgeführten Vertragsärzten (Nr 2 Satz 2) - dh von (allen) Fachärzten für Innere Medizin, die nicht an der hausärztlichen Versorgung gemäß § 73 Abs 1a SGB V teilnehmen - berechnet werden. Somit können derartige Leistungen von einem im hausärztlichen Versorgungsbereich tätigen Internisten wie Dr. S. nicht abgerechnet werden.

13

b. Diese Beschränkung der Abrechenbarkeit unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.

14

aa. Durch das Gesetz (§ 73 Abs 1 Satz 1 SGB V) wird vorgegeben, die vertragsärztliche Versorgung in eine hausärztliche und eine fachärztliche Versorgung zu gliedern; die Regelungen sind verfassungsgemäß (stRspr von BSG und BVerfG, vgl zB BSGE 80, 256, 258 ff = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 S 3 ff; BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 1 RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 3 RdNr 13; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 4 RdNr 12; BVerfG , NJW 1999, 2730, 2731 = SozR 3-2500 § 73 Nr 3 S 16 f).

15

Zur Umsetzung der Vorgaben des § 73 Abs 1 SGB V auf der Ebene des Bewertungsmaßstabs als Verzeichnis der abrechnungsfähigen Leistungen bestimmt § 87 Abs 2a Satz 1 SGB V(der inhaltlich § 87 Abs 2a Satz 5 in der vom 1.1.2004 bis zum 31.3.2007 geltenden Fassung entspricht), dass alle im EBM-Ä aufgeführten Leistungen in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern sind. Die Zuordnung der Leistungen hat entsprechend der in § 73 Abs 1 SGB V festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung mit der Maßgabe zu erfolgen, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen solche der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung und solche der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen. Inhalt der Regelung ist damit - neben der Gliederung des EBM-Ä - zugleich die Festlegung der von der jeweiligen Gruppe abrechenbaren Leistungen.

16

bb. Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, welche - wie Dr. S. die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben, nehmen zwingend nur daran teil (§ 73 Abs 1a Satz 1 Nr 3 SGB V). Eine gleichzeitige Teilnahme an der hausärztlichen und an der fachärztlichen Versorgung ist grundsätzlich ausgeschlossen (BSGE 80, 256, 257 = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 S 2; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 4 RdNr 12). Mit den im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen (§ 73 Abs 1a Satz 3 bis 5 SGB V)ist die Zuordnung der Arztgruppen zur haus- oder fachärztlichen Versorgung umfassend und abschließend geregelt; weitere Ausnahmen sind auch unter verfassungsrechtlichen Erwägungen nicht erforderlich (BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 4 RdNr 14 mwN). Ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 73 Abs 1a Satz 3 SGB V für Dr. S. wurde vom Zulassungsausschuss bestandskräftig abgelehnt.

17

cc. Auf dieser Rechtsgrundlage hat der Bewertungsausschuss in seinem Beschluss vom 20.6.2000 (DÄ 2000, A-1920 ff) ua die streitbefangenen Leistungen (seinerzeit Nr 740 und 741 des EBM-Ä 1999) ausschließlich dem fachärztlichen Versorgungsbereich zugeordnet (s DÄ 2000, A-1924). Der Ausschluss hausärztlicher Internisten von der Erbringung gastroenterologischer Leistungen ist auch mit Verfassungsrecht vereinbar (zu den Anforderungen vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 37 f), denn diese Leistungen gehören nicht zum Kernbereich des internistischen Fachgebiets in dem Sinne, dass eine internistische Tätigkeit ohne das Angebot spezieller gastroenterologischer Leistungen nicht sinnvoll ausgeübt werden könnte(BSG SozR 4-2500 § 121 Nr 4 RdNr 31). Dies steht zwischen den Beteiligten dem Grunde nach auch nicht im Streit.

18

3. Der Ausschluss der Abrechenbarkeit von Leistungen nach der Nr 13400 EBM-Ä für im hausärztlichen Versorgungsbereich tätige Vertragsärzte erfasst auch Ärzte, die in einer fachübergreifenden bzw versorgungsbereichsübergreifenden Gemeinschaftspraxis tätig sind. Abweichendes ergibt sich weder aus dem Charakter einer Gemeinschaftspraxis (a.) noch aus den für eine Vertretung geltenden Regelungen (b.).

19

a. Aus der Genehmigung der gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nach § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV folgt nicht, dass damit zugleich die "gemeinsame" Erbringung und Abrechnung aller Leistungen unabhängig von Fachgebietsgrenzen, Qualifikationsanforderungen oder sonstigen für die Leistungserbringung bzw -abrechnung maßgeblichen rechtlichen Vorgaben gestattet wird.

20

aa. Die Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft) ist durch eine gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte der gleichen oder ähnlicher Fachrichtung in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxiseinrichtung, gemeinsamer Karteiführung und Abrechnung sowie mit gemeinsamem Personal auf gemeinsame Rechnung geprägt (vgl BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 18; BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14; s schon BSG Urteil vom 19.8.1992 - 6 RKa 35/90 - MedR 1993, 279 = USK 92205 S 1052). Die Behandlung eines Patienten in einem Quartal durch verschiedene Mitglieder der Gemeinschaftspraxis stellt sich als ein einziger Behandlungsfall dar (BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14). Die Genehmigung der gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit bewirkt, dass die Partner ihre Leistungen unter einer gemeinsamen Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen KÄV abrechnen können; die Gemeinschaftspraxis tritt dieser dementsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21). Sie stellt rechtlich gesehen eine Praxis dar (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21; BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 38/09 R = USK 2010-148 S 1307; s auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 57 RdNr 15). Eine Gemeinschaftspraxis erwirbt der KÄV gegenüber Honoraransprüche und wird ggf zur Rückzahlung überzahlten Honorars verpflichtet (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 23).

21

bb. Dass die erbrachten vertragsärztlichen Leistungen nicht den einzelnen Ärzten, sondern der Gemeinschaftspraxis als solcher zugeordnet werden, bedeutet aber nicht, dass die in ihr tätigen Ärzte von den für alle übrigen Ärzte geltenden Fachgebietsbegrenzungen und Qualifikationsanforderungen befreit sind. Der Umstand, dass Gemeinschaftspraxen auch zwischen Ärzten verschiedener Fachgebiete zulässig sind (vgl BSGE 55, 97 = SozR 5520 § 33 Nr 1), ändert hieran nichts.

22

Der Senat hat wiederholt dargelegt, dass dann, wenn sich Ärzte unterschiedlicher Fachrichtungen zu einer Gemeinschaftspraxis zusammenschließen, jeder der beteiligten Ärzte auf die Grenzen seines Fachgebiets beschränkt bleibt (BSG SozR 3-2500 § 87 Nr 20 S 103; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 47 S 398; vgl auch BSG Urteil vom 19.8.1992 - 6 RKa 35/90 - MedR 1993 S 279 = USK 92205 S 1052). Bereits in seinem Urteil zur grundsätzlichen Zulässigkeit fachübergreifender Gemeinschaftspraxen hatte der Senat ausgeführt, dass beim Zusammengehen von Ärzten verschiedener Fachgruppen vor allem darauf zu achten ist, dass das berufsrechtliche Gebot der Fachgebietsbeschränkung eingehalten wird (BSGE 55, 97, 102 = SozR 5520 § 33 Nr 1 S 6). Die Genehmigung einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis darf nicht dazu führen, dass "die Leistungserbringung durch einen dazu nicht berechtigten Arzt - zB wegen seiner auf ein bestimmtes Fachgebiet beschränkten Zulassung oder mangels eines erforderlichen Befähigungsnachweises … - nicht verhindert werden kann" (BSGE aaO S 103 = SozR aaO S 7). Diese Beschränkung auf das Fachgebiet ändert indessen nichts daran, dass die Gemeinschaftspraxis als solche die Patienten unter einem einheitlichen Namen behandelt und unter diesem Namen die Leistungsabrechnung gegenüber der KÄV vornimmt (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 47 S 398).

23

cc. Beschränkungen der gemeinsamen und gemeinschaftlichen vertragsärztlichen Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis ergeben sich nicht allein aus Qualifikationsanforderungen und berufsrechtlichen Fachgebietsgrenzen, sondern auch durch andere (vertragsarzt-)rechtliche Regelungen, wie etwa die durch § 73 Abs 1 Satz 1 SGB V vorgegebene Trennung der Versorgungsbereiche. Die dem zugrunde liegenden Ziele einer Stärkung der Funktion des Hausarztes, der Begrenzung der ständigen Zunahme spezieller fachärztlicher Leistungen und der Beseitigung ökonomischer Fehlentwicklungen (vgl hierzu ua BSGE 80, 256, 262 = SozR 3-2500 § 73 Nr 1 S 6 f)müssen auch bei der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis beachtet werden.

24

Gerade bei fach- und versorgungsbereichsübergreifenden Gemeinschaftspraxen ist eine eindeutige Abgrenzung der jeweiligen Leistungs- und Versorgungsbereiche erforderlich, weil die Gefahr besteht, dass andernfalls die Fachgebietsgrenzen, insbesondere aber die gesetzlich vorgegebene Trennung der haus- und fachärztlichen Versorgungsbereiche unterlaufen würde. Dies gilt namentlich bei Gemeinschaftspraxen zwischen haus- und fachärztlich tätigen Internisten, denn es liegt nahe, dass Internisten, die sich aufgrund rechtlicher Vorgaben für eine ausschließlich hausärztliche bzw ausschließlich fachärztliche Tätigkeit entscheiden mussten, bei einer Außerkraftsetzung der Versorgungsbereichsgrenzen für Gemeinschaftspraxen - sei es aus fachlichem Interesse, sei es aus praktischen Erwägungen - die Gelegenheit nutzen werden, zwischen den Versorgungsbereichen zu wechseln.

25

Gegenüber den mit der generalisierenden Trennung der Versorgungsbereiche verbundenen Zielen müssen die Interessen der Gemeinschaftspraxispartner an einfachen "Vertretungs"möglichkeiten, aber auch die Interessen der Patienten an einer Behandlung durch einen ihnen vertrauten Leistungserbringer zurücktreten. Damit werden die Patienten einer Gemeinschaftspraxis gegenüber den in Einzelpraxen behandelten Patienten keineswegs schlechter, sondern diesen lediglich gleichgestellt, da auch Patienten eines in hausärztlicher Einzelpraxis tätigen Internisten nicht beanspruchen können, von diesem auch fachärztlich behandelt zu werden.

26

dd. Eine Abrechnungsberechtigung für Dr. S. ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Bescheid über die Genehmigung der gemeinschaftlichen Berufsausübung. Wenn dort ausgeführt wird, die Ärzte seien darüber belehrt worden, dass der Vertragsarzt seine Tätigkeit - vom Fall einer erlaubten Vertretung abgesehen - persönlich auszuüben hat, wird damit allein auf den Inhalt des § 32 Abs 1 Ärzte-ZV Bezug genommen. Anhaltspunkte für die Annahme, der Zulassungsausschuss habe den Gemeinschaftspraxispartnern das Recht auf wechselseitige "Vertretung" eingeräumt, lassen sich daraus nicht entnehmen.

27

b. Eine Berechtigung zur ausnahmsweisen Abrechnung fachärztlicher Leistungen ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer "Vertretung" des Dr. G. durch den Gemeinschaftspraxispartner Dr. S. Nach § 32 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV können sich Vertragsärzte bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung - Vertragsärztinnen nach Satz 3 auch bei Schwangerschaft - in gewissem zeitlichen Umfang vertreten lassen.

28

aa. Einer Anwendung der für eine Vertretung iS des § 32 Abs 1 Ärzte-ZV geltenden Regelungen steht bereits entgegen, dass diese Regelungen auf die in einer Gemeinschaftspraxis tätigen Partner insoweit keine Anwendung finden, als die Behandlung durch einen anderen Arzt der Gemeinschaftspraxis keine "Vertretung" des Vertragsarztes darstellt. Dies hat der Senat bereits wiederholt entschieden (BSG Urteil vom 19.8.1992 - 6 RKa 35/90 - MedR 1993, 279 = USK 92205; BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14) und entspricht auch der herrschenden Meinung im Schrifttum (vgl Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, Vertragszahnärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 7. Aufl 2009, § 32 RdNr 16; Bäune in Bäune/Meschke/Rothfuß, Komm zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, 2007, § 32 RdNr 12; Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 20 RdNr 6).

29

Das BSG hat dies damit begründet, dass die Gemeinschaftspraxis der KÄV gegenüber wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit auftritt (BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14) und sich die für Vertragsärzte geltenden Vertretungsregelungen auf die Praxis als Gesamtheit beziehen (BSG MedR 1993, 279 = USK 92205 S 1052). "Behandelnder Arzt" in einer Gemeinschaftspraxis ist "die" Gemeinschaft und nicht der einzelne Arzt, der ihr angehört (Wenner aaO § 20 RdNr 6). Einer Vertretung bedarf es in einer Gemeinschaftspraxis nur, wenn der Ausfall eines Partners nicht durch die weiterhin tätigen anderen Partner aufgefangen werden kann (vgl BSG MedR 1993, 279 = USK 92205 S 1052; BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14) und deshalb ein externer Arzt - evtl Vertragsarzt - herangezogen werden muss. Welche Vorgaben - etwa wegen der gleichzeitigen urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit von Praxispartnern - für eine Vertretung durch Ärzte gelten, die nicht Partner der Gemeinschaftspraxis sind, bedarf hier keiner näheren Klärung, weil Dr. S. der Klägerin angehört.

30

Gegen die Annahme eines Vertretungsfalles innerhalb einer Gemeinschaftspraxis sprechen auch praktische Erwägungen. Zum einen kommt eine Vertretung nur bei Vorliegen der in § 32 Abs 1 Satz 2 und 3 Ärzte-ZV genannten Gründe (Urlaub, Krankheit, Fortbildung, Wehrübung und Schwangerschaft) in Betracht. Der keineswegs seltene Fall, dass Ärzte einer Gemeinschaftspraxis jeweils nur an bestimmten Wochentagen in der Praxis tätig werden (sei es, um hierdurch längere Sprechzeiten je Wochentag zu erzielen, sei es, um Zeit für andere Tätigkeiten zu haben), wird hiervon nicht erfasst. Zum anderen ist nach § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV eine Vertretung der KÄV mitzuteilen, wenn sie länger als eine Woche dauert; auch gewährt § 32 Abs 1 Satz 6 Ärzte-ZV der KÄV ein Prüfrecht, wenn die Vertretung innerhalb eines Zwölf-Monats-Zeitraums länger als einen Monat dauert. Damit wäre der reguläre Urlaub der Gemeinschaftspraxispartner in allen Fällen anzeigepflichtig und Prüfungsgrund. All dies ist mit dem Grundgedanken einer gemeinschaftlich ausgeübten vertragsärztlichen Tätigkeit nicht vereinbar.

31

Dies gilt auch für fach- und versorgungsbereichsübergreifende Gemeinschaftspraxen. Die einzige Abweichung zu fachgleichen Gemeinschaftspraxen besteht darin, dass das Spektrum der vertragsärztlichen Tätigkeiten, die wechselseitig von den Partnern der Gemeinschaftspraxis wahrgenommen werden können, hier naturgemäß geringer ist. Zu beachten ist jedoch, dass fachübergreifende Gemeinschaftspraxen (jedenfalls) dann zulässig sind, sofern sich die verschiedenen Fachgebiete teilweise decken und in sinnvoller Weise für eine gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit eignen (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 47 S 398 unter Bezugnahme auf BSGE 55, 97, 105 = SozR 5520 § 33 Nr 1 S 9). Eine fachübergreifende Gemeinschaftspraxis, in der wegen bestehender Fachgebiets- und Versorgungsbereichsgrenzen eine gemeinsame Behandlung der Patienten (nahezu) ausgeschlossen ist, dürfte somit nicht zulassungsfähig sein.

32

bb. Selbst wenn man aber die für eine Vertretung geltenden Regelungen zugrunde legen würde, ergäbe sich hieraus für den hausärztlich tätigen (praxisinternen) "Vertreter" nicht die Berechtigung, "vertretungsweise" Leistungen zu erbringen, die dem fachärztlichen Versorgungsbereich seines Praxispartners zugeordnet sind. Denn die Tätigkeit des Vertreters unterliegt - ebenso wie die des Vertretenen - Beschränkungen durch spezielle Qualifikationsanforderungen (1), durch das Erfordernis der Gebietsgleichheit (2) sowie durch Abrechnungsbestimmungen (3). Letztere stünden einer praxisinternen "Vertretung" durch Dr. S. entgegen.

33

(1) Leistungen, für die ein spezieller Qualifikationsnachweis erforderlich ist, dürfen nur dann von einem Vertreter erbracht (und vom vertretenen Vertragsarzt abgerechnet) werden, wenn der Vertreter die hierfür erforderliche Qualifikation besitzt (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 6 S 33, 35; Pawlita in jurisPK-SGB V, Stand Dezember 2011, § 95 RdNr 324; Schallen aaO § 32 RdNr 33; Hess in Kasseler Komm, Stand April 2010, § 98 SGB V RdNr 60). Die Qualifikationserfordernisse nach § 135 Abs 2 SGB V iVm bundesmantelvertraglichen Bestimmungen müssen in der Person des Arztes erfüllt sein, der die Leistungen tatsächlich erbracht hat(BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 6 S 33).

34

Dies ergibt sich bereits aus § 14 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte(; dem entsprechend: § 20 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen). Danach hat sich der vertretene Arzt dann, wenn Vertreter Leistungen erbringen, für die eine Qualifikation gemäß § 11 BMV-Ä(bzw § 39 EKV-Ä) Voraussetzung ist, darüber zu vergewissern, dass die Qualifikationsvoraussetzungen erfüllt sind (Satz 1 aaO). Sind diese Qualifikationsvoraussetzungen nicht erfüllt, dürfen die Leistungen, die eine besondere Qualifikation erfordern, nicht erbracht werden (Satz 2 aaO). Die erwähnten Qualifikationsanforderungen beziehen sich auf ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse oder Erfahrungen (Fachkunde) sowie einer besonderen Praxisausstattung oder weiterer Anforderungen an die Strukturqualität bedürfen (§ 11 Abs 1 Satz 1 BMV-Ä). Die Voraussetzungen ergeben sich aus den Anlagen zu diesem Vertrag (Satz 2 aaO). Derartige Qualitätssicherungsvereinbarungen bzw -richtlinien gibt es jedoch für Leistungen nach Nr 13400 EBM-Ä (Zusatzpauschale Ösophago-Gastroduodenoskopie) nicht.

35

(2) Besondere Anforderungen an Vertreter ergeben sich jedoch nicht allein aus speziellen Qualifikationsanforderungen, sondern bestehen auch darüber hinaus. So ist von einem Vertreter zu fordern, dass er die gleiche Gebietsbezeichnung wie der Vertretene führt.

36

Nach § 32 Abs 1 Satz 5 Ärzte-ZV darf sich ein Vertragsarzt grundsätzlich nur durch einen anderen Vertragsarzt oder durch einen Arzt, der die Voraussetzungen des § 3 Abs 2 Ärzte-ZV erfüllt, vertreten lassen. Auch im Falle einer Vertretung durch einen nicht zugelassenen Arzt muss dieser die Voraussetzungen für die Eintragung in das Arztregister nach § 3 Abs 2 Ärzte-ZV erfüllen, also die Approbation als Arzt besitzen sowie den erfolgreichen Abschluss einer allgemeinmedizinischen Weiterbildung oder einer Weiterbildung in einem anderen Fachgebiet mit der Befugnis zum Führen einer entsprechenden Gebietsbezeichnung(bzw eine nach § 95a Abs 4 und 5 SGB V - dh nach EU-Recht - anerkannte Qualifikation) nachweisen.

37

Das somit für alle als Vertreter tätigen Ärzte bestehende Erfordernis einer abgeschlossenen Weiterbildung ist bei sachorientierter Auslegung dahingehend zu interpretieren, dass ein prinzipiell gleicher Qualifikationsstandard von Vertragsarzt und Vertreter gefordert wird (vgl BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 6 S 34 f), also keine Weiterbildung in einem beliebigen Fachgebiet genügt, sondern der Vertreter (wie der angestellte Arzt) derselben oder zumindest einer unmittelbar verwandten Gebietsgruppe angehören muss wie der Vertretene (vgl BSGE 78, 291, 296 = SozR 3-5520 § 32b Nr 2 S 6; in diesem Sinne auch Schallen aaO § 32 RdNr 25, 28; Bäune aaO, § 32 RdNr 12; Pawlita aaO, § 95 RdNr 324).

38

Bezüglich der Anstellung von Ärzten hat der Senat zu der bis zum 31.12.2006 geltenden Rechtslage bereits entschieden, dass eine Beschäftigung bei einem für ein bestimmtes Fachgebiet zugelassenen Vertragsarzt unabhängig von sonstigen Voraussetzungen nur dann zulässig ist, wenn auch der zur Anstellung vorgesehene Arzt die für dieses Fachgebiet vorgeschriebene Weiterbildung durchlaufen hat und die betreffende Gebietsbezeichnung führen darf (BSGE 78, 291, 294 = SozR 3-5520 § 32b Nr 2 S 4). Der Senat hatte das Erfordernis einer übereinstimmenden gebietsärztlichen Qualifikation vorrangig aus der auch für die vertragsärztliche Tätigkeit geltenden Fachgebietsbindung abgeleitet. Durch eine - nach außen hin nicht in Erscheinung tretende - andersartige Qualifikation des angestellten Arztes durften die Fachgebietsbeschränkungen nicht unterlaufen werden, und durch die Beschäftigung eines Arztes, der für das vom Praxisinhaber vertretene Gebiet nicht ausgebildet ist, durfte die mit der Spezialisierung bezweckte qualitativ hochwertige fachärztliche Versorgung nicht in Frage gestellt werden (BSGE aaO S 294 f = SozR aaO S 5). Der Patient, der eine Facharztpraxis aufsucht, tut dies in der Erwartung, dort von dem entsprechenden Spezialisten behandelt zu werden (BSGE aaO S 295 = SozR aaO S 5; vgl auch Schallen aaO, § 32 RdNr 29).

39

Inwieweit dieser Standpunkt, der grundsätzlich gleichermaßen für die Vertretung eines Vertragsarztes galt, seit dem 1.1.2007 aufrechterhalten werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll durch die Neufassung des § 95 Abs 9 SGB V durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) dem Vertragsarzt offenbar auch die Anstellung fachfremder Ärzte ermöglicht werden(s Regierungsentwurf zum VÄndG, BT-Drucks 16/2474 S 22 zu Art 1 Nr 5 Buchst f). Das ergibt sich allerdings nur im Umkehrschluss aus der Regelung zur Anstellung in überversorgten Gebieten (§ 95 Abs 9 Satz 2 SGB V) sowie - mittelbar - aus der hierzu gegebenen Begründung; hier soll an dem Grundsatz der Fachgebietsidentität von anstellendem und angestelltem Arzt festgehalten werden (BT-Drucks aaO S 22; s auch Bäune aaO, § 32b RdNr 32). Ob die Anstellung von fachfremden Ärzten unter dem Aspekt der Qualitätssicherung tatsächlich in dem weiten Umfang möglich ist, den die Vertragspartner in § 14a Abs 2 BMV-Ä bzw § 20a Abs 2 EKV-Ä eröffnet haben, kann hier offenbleiben. Ebenso kann offenbleiben, ob die für die Anstellung von Ärzten geltende Neuregelung angesichts der vorerwähnten Qualitätssicherungsaspekte ohne eine spezifische gesetzliche Regelung überhaupt auf den Bereich der Vertretung übertragen werden könnte.

40

Denn auch dieser Gesichtspunkt stünde einer praxisinternen "Vertretung" durch Dr. S. nicht entgegen, da dieser als Internist die für die Erbringung gastroskopischer Leistungen erforderliche Qualifikation besitzt. Ein Abrechnungsausschluss ergibt sich daher auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Fachfremdheit, denn die Fachgebietsgrenzen ergeben sich aus der Berufsordnung; diese kennt aber kein "Fachgebiet" des hausärztlichen Internisten einerseits und des fachärztlichen Internisten andererseits.

41

(3) Eine weitere Einschränkung der Berechtigung des Vertreters, vertragsärztliche Leistungen zu erbringen und abzurechnen, ergibt sich schließlich aus Abrechnungsbestimmungen, namentlich solchen des EBM-Ä. Sofern die Abrechnungsbestimmungen die Leistungserbringung (und deren Abrechnung) bestimmten Arztgruppen zuweisen, ist auch der Vertreter hieran gebunden. Dem steht nicht entgegen, dass die Leistungen nicht durch den Vertreter, sondern durch den Vertretenen als eigene Leistungen abgerechnet werden (vgl BSGE 93, 79 = SozR 4-5525 § 32 Nr 1, RdNr 17). Da die Zuordnung der Leistungen zu bestimmten Arztgruppen (auch) der Qualitätssicherung dient, kann nicht die fachliche Qualifikation des Abrechnenden maßgeblich sein, sondern es ist auf die Qualifikation desjenigen abzustellen, der die Leistung erbringt. Vertragsärztliche Leistungen, die gemäß den für ihre Abrechnung maßgeblichen Bestimmungen nur von bestimmten Arztgruppen erbracht und abgerechnet werden dürfen, darf mithin auch nur ein Vertreter erbringen, der dieser Arztgruppe angehört, also seine Weiterbildung in diesem Fachgebiet abgeschlossen hat.

42

Darüber hinaus sind von Vertretern (grundsätzlich) auch Regelungen in den Abrechnungsbestimmungen zu beachten, die die gesetzlich vorgegebene Trennung der Versorgungsbereiche umsetzen. Hinsichtlich der erforderlichen Zugehörigkeit zum fachärztlichen Versorgungsbereich ist allerdings zwischen zugelassenen Vertragsärzten als Vertretern und nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten als Vertretern iS des § 3 Abs 2 Ärzte-ZV zu unterscheiden. Denn die Zuordnung zum haus- bzw fachärztlichen Versorgungsbereich erfasst naturgemäß nur die Ärzte, die als Vertragsärzte zugelassen sind, nicht aber als Vertreter tätige Nicht-Vertragsärzte. Daher kann auch nur von als Vertreter tätigen Vertragsärzten gefordert werden, dass sie die Grenzen ihres Versorgungsbereiches einhalten.

43

Die Gebührenposition nach Nr 13400 EBM-Ä kann gemäß der Vorbemerkung in Nr 13.3.3 iVm der Nr 1 der Präambel Nr 13.1 EBM-Ä nur von Fachärzten für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie sowie von allen übrigen Fachärzten für Innere Medizin, die nicht an der hausärztlichen Versorgung gemäß § 73 Abs 1a SGB V teilnehmen, berechnet werden. Somit müssen die Ärzte eine Weiterbildung auf dem Gebiet der Inneren Medizin abgeschlossen haben sowie - jedenfalls wenn sie zugelassene Vertragsärzte sind - an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Da Dr. S. an der hausärztlichen Versorgung teilnimmt, ist dieser unabhängig von einer berufsrechtlichen Qualifikation für gastroskopische Leistungen nicht zur Abrechnung der strittigen Leistungen berechtigt.

44

Die Teilnahme des Dr. S. an der hausärztlichen Versorgung stünde seiner Berechtigung, in Vertretung von Dr. G. die Leistungen nach Nr 13400 EBM-Ä zu erbringen, auch dann entgegen, wenn er seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht gemeinsam mit Dr. G. ausüben würde. Der Zulassungsstatus des Vertragsarztes und seine Zuordnung zu einem der beiden Versorgungsbereiche iS des § 73 Abs 1 Satz 1 SGB V sind unteilbar. Aus der Bindung an den gesetzlich vorgegebenen oder gewählten Versorgungsbereich kann sich ein Vertragsarzt nicht dadurch lösen, dass er als Vertreter eines anderen Vertragsarztes tätig wird. Auch das dient der Durchsetzung der gesetzlich vorgegebenen Trennung der Versorgungsbereiche und der Sicherung der Behandlungsqualität. Ein hausärztlich tätiger Internist, der in der eigenen Praxis Ösophago-Gastroduodenoskopien vertragsärztlich nicht erbringen darf, verfügt typischerweise für diese Leistung nicht über eine durch die Behandlungsroutine gestützte Erfahrung, die derjenigen des fachärztlich tätigen Kollegen entspricht. Damit entfällt von vornherein der von der Klägerin angeführte Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot (Art 3 Abs 1 GG) wegen einer Benachteiligung der Gemeinschaftspraxis. Diesen sieht die Klägerin darin, dass Dr. S. die streitbefangenen Leistungen in Vertretung von Dr. G. erbringen dürfte, wenn er in Einzelpraxis als hausärztlicher Internist tätig wäre. Die dieser hypothetischen Erwägung zugrunde liegende Prämisse trifft - wie soeben dargelegt - nicht zu.

45

Schließlich ist das Gleichbehandlungsgebot auch nicht dadurch verletzt, dass - wie die Klägerin geltend macht - ein nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Internist in Vertretung von Dr. G. auch die Leistungen nach Nr 13400 EBM-Ä erbringen dürfte. Letzteres trifft zwar zu, indiziert aber keinen Gleichheitsverstoß. Der vertragsärztliche Status im Sinne einer Vielzahl von Berechtigungen und Verpflichtungen unterscheidet den zugelassenen vom nicht zugelassenen Arzt so grundlegend, dass unterschiedliche rechtliche Vorgaben für die Ausübung der ähnlichen Tätigkeit im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG grundsätzlich "ungleiche Sachverhalte" betreffen. Das BVerfG hat es zudem wiederholt gebilligt, dass das Vertragsarztrecht den zugelassenen Arzt weitergehenden Einschränkungen unterwirft (s hierzu etwa BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 25; BVerfG Beschluss vom 1.2.2011 - 1 BvR 2383/10 - NZS 2012, 62, 63). Im Übrigen ist die Vertretung für die Berufsausübung des Vertragsarztes generell von untergeordneter Bedeutung.

46

4. In einer fach- und versorgungsbereichsübergreifenden Gemeinschaftspraxis bzw Berufsausübungsgemeinschaft ist mithin der dem jeweils anderen Versorgungsbereich zugeordnete Gemeinschaftspraxispartner nicht berechtigt, bei Abwesenheit des Partners vertragsärztliche Leistungen abzurechnen, die dessen Versorgungsbereich zugewiesen sind. Vielmehr bedarf es in diesen Fällen einer Vertretung durch einen - externen - Arzt, der die vorstehend dargestellten Voraussetzungen erfüllt.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Klägerin die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

(1) Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte ist zulässig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind hiervon zu unterrichten. Nicht zulässig ist die gemeinsame Beschäftigung von Ärzten und Zahnärzten; dies gilt nicht für medizinische Versorgungszentren.

(2) Die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist zulässig unter allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern an einem gemeinsamen Vertragsarztsitz (örtliche Berufsausübungsgemeinschaft). Sie ist auch zulässig bei unterschiedlichen Vertragsarztsitzen der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft (überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft), wenn die Erfüllung der Versorgungspflicht des jeweiligen Mitglieds an seinem Vertragsarztsitz unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte und Psychotherapeuten in dem erforderlichen Umfang gewährleistet ist sowie das Mitglied und die bei ihm angestellten Ärzte und Psychotherapeuten an den Vertragsarztsitzen der anderen Mitglieder nur in zeitlich begrenztem Umfang tätig werden. Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistungen, ist zulässig, sofern diese nicht einer Umgehung des Verbots der Zuweisung von Versicherten gegen Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile nach § 73 Absatz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch dient. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt oder wenn der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht. Die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, stellt keine persönlich erbrachte anteilige Leistung in diesem Sinne dar.

(3) Die Berufsausübungsgemeinschaft bedarf der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses. Für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften mit Vertragsarztsitzen in mehreren Zulassungsbezirken einer Kassenärztlichen Vereinigung wird der zuständige Zulassungsausschuss durch Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung sowie den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bestimmt. Hat eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft Mitglieder in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen, so hat sie den Vertragsarztsitz zu wählen, der maßgeblich ist für die Genehmigungsentscheidung sowie für die auf die gesamte Leistungserbringung dieser überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft anzuwendenden ortsgebundenen Regelungen, insbesondere zur Vergütung, zur Abrechnung sowie zu den Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen. Die Wahl hat jeweils für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren unwiderruflich zu erfolgen. Die Genehmigung kann mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Anforderungen nach Absatz 2 erforderlich ist; das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 10. November 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8306 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Streitig ist die Rückforderung vertragsärztlicher Leistungen wegen missbräuchlicher Nutzung der Rechtsform der Praxisgemeinschaft.

2

Der Kläger, ein Facharzt für Allgemeinmedizin, der im Quartal I/2002 zusammen mit Dr. W., ebenfalls Facharzt für Allgemeinmedizin, eine Praxisgemeinschaft führte, hatte in diesem Quartal insgesamt 1108 Behandlungsfälle. 661 dieser Patienten (59,66 %) waren in diesem Quartal auch bei Dr. W. in Behandlung.

3

Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung forderte vom Kläger Honorar von 8306,04 Euro zurück: Die Differenz zu dem Vergütungsanspruch einer hypothetischen Gemeinschaftspraxis betrage 17 827,95 Euro, wovon 8306,04 Euro auf den Kläger entfielen. Dieser und Dr. W. hätten die Praxisgemeinschaft arbeitsteilig wie eine genehmigungspflichtige Gemeinschaftspraxis betrieben (Bescheid vom 22.6.2004; Widerspruchsbescheid vom 6.9.2005).

4

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 25.4.2007; Urteil des LSG vom 10.11.2010). In dem Urteil des LSG ist ausgeführt, die von der Beklagten vorgenommene sachlich-rechnerische Richtigstellung sei rechtmäßig. Der Kläger habe sich Honorareinnahmen verschafft, die er bei korrekter Zusammenarbeit innerhalb der Praxisgemeinschaft nicht hätte erlangen können. Der Kläger und Dr. W. hätten die von ihnen gewählte Rechtsform einer Praxisgemeinschaft - in der jeder eine eigene Praxis mit einem eigenen Patientenstamm und eine eigene ausschließlich ihm zur Verfügung stehende Patientenkartei führt und die nur organisatorisch mit der anderen Praxis verbunden ist - nicht entsprechend dieser Struktur praktiziert. Dies ergebe sich schon aus dem gemeinschaftlichen Patientenanteil von mehr als 50 %. Das BSG habe deutlich gemacht, dass schon ein gemeinschaftlicher Patientenanteil von 20 % eine Abrechnungsauffälligkeit darstelle. Dieser Wert sei mit 29,34 % auch dann überschritten, wenn die vom Kläger geltend gemachten 334 "urlaubsbedingt zulässigen Vertretungsfälle" herausgerechnet würden. Eine Überschreitung der Quote von 20 % reiche jedenfalls in Verbindung mit anderen Umständen, die für eine Zusammenarbeit nach Art einer Gemeinschaftspraxis sprächen, für die Annahme eines Formenmissbrauchs aus.

5

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

6

II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

7

1. Das Vorbringen des Klägers, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG), entspricht zwar bei wohlwollender Betrachtung den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG. Seine Beschwerde ist mithin zulässig. Sie ist aber unbegründet, denn nicht alle Erfordernisse für die Revisionszulassung sind erfüllt.

8

Eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt insbesondere dann, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (hierzu s zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (siehe die BVerfG-Angaben in BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 sowie BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 16 RdNr 4 f).

9

           

Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage lautet - verkürzt - dahin,

ob die Rechtsprechung des BSG zur Praxisgemeinschaft nach Umwandlung aus einer Gemeinschaftspraxis ohne Weiteres auf Fälle angewandt werden kann, in denen originär eine Praxisgemeinschaft gegründet wurde und nie eine Gemeinschaftspraxis betrieben worden war.

10

Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig, denn die Antwort auf sie lässt sich ohne Weiteres aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung ableiten.

11

Das BSG hat in seinem Urteil vom 22.3.2006 (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6) ausgeführt, dass bei missbräuchlicher Nutzung der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft iS des § 33 Abs 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte bzw Vertragszahnärzte (in der bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung) Honorarbescheide korrigiert werden können. Ein derartiger Formenmissbrauch liegt vor, wenn Ärzte oder Zahnärzte ihre Zusammenarbeit im Innen- und Außenverhältnis so gestalten, wie dies für eine Gemeinschaftspraxis (heute: Berufsausübungsgemeinschaft) typisch ist. Eine solche Form der Kooperation kann - wie auch im vorliegenden Fall gemäß den Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) - zu einem hohen Anteil an Patienten führen, an deren Behandlung sowohl der betroffene Arzt als auch der bzw die Kollege(n) gemeinsam beteiligt sind. Ein hoher gemeinsamer Patientenanteil spricht stets dafür, dass die Rechtsform der Praxisgemeinschaft im Praxisalltag nicht transparent realisiert wurde (BSG vom 22.3.2006 aaO RdNr 18 f). Zur Frage, ab welcher Größenordnung ein in diesem Sinne auffälliger Anteil gemeinsam behandelter Patienten vorliegt, wird in dem Urteil zwar nicht abschließend Stellung genommen. Es wird aber auf die Richtlinien hingewiesen, die die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen vereinbart haben und nach denen bereits bei 20 % Patientenidentität - bzw bei 30 % im Falle gebietsübergreifender/versorgungsübergreifender Praxisgemeinschaften - eine Abrechnungsauffälligkeit anzunehmen ist (BSG aaO RdNr 19; zum Quotenmaßstab siehe auch BSG Beschlüsse vom 17.9.2008 - B 6 KA 65/07 B - RdNr 10 - und vom 5.11.2008 - B 6 KA 17/07 B - RdNr 12). Jedenfalls dann, wenn zwei kooperierende Vertragsärzte desselben Fachgebiets mehr als 50 % der Patienten gemeinsam behandeln, liegt eine für eine Gemeinschaftspraxis kennzeichnende gemeinschaftliche Ausübung der ärztlichen Tätigkeit mit Behandlung eines gemeinsamen Patientenstamms vor; eine Patientenidentität von so großem Ausmaß ist nur vorstellbar mit Hilfe der Koordinierung des Patientenaufkommens in einer für Gemeinschaftspraxen typischen einheitlichen Praxisorganisation (BSG vom 22.3.2006 aaO RdNr 20).

12

Es liegt ohne Weiteres auf der Hand, dass diese Maßstäbe auch dann gelten, wenn die Partner von vornherein die Rechtsform der Praxisgemeinschaft wählen. Dem Senatsurteil vom 22.3.2006 lag zwar die spezielle Konstellation einer Praxisgemeinschaft nach Umwandlung der Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft zugrunde. Die Ausführungen in dem Urteil sind aber nicht auf diese Konstellation beschränkt. Dort ist ausgeführt, dass "ein Gestaltungsmissbrauch bei einer so hohen Quote von Doppelbehandlungen insbesondere dann vor[liegt], wenn unter der Rechtsform einer Praxisgemeinschaft eine vormals von diesen Vertragsärzten betriebene Gemeinschaftspraxis unter vergleichbaren Praxisbedingungen faktisch fortgeführt wird" (BSG aaO RdNr 20). Bereits diese Wendung "insbesondere" zeigt, dass die Grundsätze zum Formenmissbrauch auch für andere Konstellationen gelten. Liegt ein hoher gemeinsamer Patientenanteil vor, wie er im Regelfall nur in einer für Gemeinschaftspraxen typischen einheitlichen Praxisorganisation koordiniert werden kann, und wurde die Rechtsform der Praxisgemeinschaft im Praxisalltag nicht transparent realisiert (vgl BSG aaO RdNr 18, 20), so gilt stets die Vermutung eines Gestaltungsmissbrauchs, auch dann, wenn originär eine Praxisgemeinschaft gegründet wurde und nie eine Gemeinschaftspraxis betrieben worden war. Damit lässt sich die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage ohne Weiteres auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats beantworten. Zu ihrer Klärung bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens.

13

Im Übrigen hat das LSG in seinem Urteil substantiiert dargelegt, welchen zusätzlichen Umständen - über eine außerordentlich hohe Quote von Doppelbehandlungen hinaus - es weitere Anzeichen für das Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs entnommen hat (s LSG-Urteil S 10-12; zu dem allem vgl Senatsurteil vom 22.3.2006 aaO sowie Beschlüsse vom 17.9.2008 aaO und vom 5.11.2008 aaO). Eine ungeklärte Frage grundsätzlicher Bedeutung ist insoweit weder aufgeworfen noch ersichtlich.

14

2. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG abgesehen.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

16

Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Die Bemessung des Streitwerts erfolgt entsprechend dem Rückforderungsbetrag.

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 30. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 400 413 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Kläger wenden sich gegen Honorarrückforderungen für die Quartale I bis IV/2002. Sie nehmen als Fachärzte für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil und betreiben eine Praxisgemeinschaft. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) stellte im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung fest, dass in den streitbefangenen Quartalen in der Praxisgemeinschaft zwischen 86,92 % und 92,81 % der Patienten eines Arztes auch bei dessen Praxisgemeinschaftspartnern behandelt wurde. Sie kürzte daraufhin die Honoraransprüche der Kläger für die streitbefangenen Quartale um insgesamt ca 400 000 Euro. Die Widersprüche hiergegen waren erfolglos. Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben, weil eine missbräuchliche Ausnutzung der Rechtsform der Praxisgemeinschaft nicht erwiesen sei. Das LSG hat mit dem angefochtenen Urteil das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Bei der von der KÄV festgestellten Quote von Doppelbehandlungen sei ohne Weiteres von einem Gestaltungsmissbrauch auszugehen.

2

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger, die eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG sowie einen Verfahrensmangel gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend machen.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger hat keinen Erfolg.

4

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG(vgl dazu BVerfGE 91, 93, 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 5 RdNr 3 ). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (hierzu s zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Die Bedeutung über den Einzelfall hinaus ist nicht gegeben, wenn die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des vorliegenden Einzelfalls einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 50/07 B - RdNr 6 iVm 11). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (s die BVerfG-Angaben in BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 sowie BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 16 RdNr 4 f; BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5).

5

Soweit die Kläger die Frage stellen, ob im Rahmen von Praxisgemeinschaften, bei denen ggf Patientenidentitäten von über 20 % vorhanden sind, kollegiale Vertretungen - nicht Vertretungen iS des § 32 Zulassungsverordnung - zu berücksichtigen sind, richtet sich dies offenbar gegen die von der Beklagten festgestellte Größenordnung der Patientenidentitäten. In dieselbe Richtung gehen die Fragen, ob ein Patient, der während eines Urlaubs seines Hausarztes in kollegialer Vertretung zu einem anderen Hausarzt in dessen Praxis geht, die mit derjenigen des Urlaubenden in Praxisgemeinschaft verbunden ist, einen gemeinsamen Fall darstellt und ob bei Nicht-Vorhalten eines Notdienstes seitens einer KÄV - hier der Beklagten - die wechselseitigen Notdienstangebote rund um die Uhr außerhalb der Zeiten des regulären Notdienstes (im ländlichen Gebiet) die Annahme rechtfertigten, dass eine gemeinsame Behandlung nicht vorliegt. Es kann offen bleiben, ob die Darlegungen der Kläger zur grundsätzlichen Bedeutung dieser Fragen den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügen. Die Fragen sind jedenfalls weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig.

6

Das BSG hat bereits festgestellt, dass jedenfalls dann, wenn in einer Praxisgemeinschaft kooperierende Vertragsärzte desselben Fachgebiets mehr als 50 % der Patienten in einem Quartal gemeinsam behandeln, tatsächlich die für eine Gemeinschaftspraxis kennzeichnende gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit stattfindet (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 20). Der Senat hat die Vermutung des Gestaltungsmissbrauchs damit begründet, dass bei einer Patientenidentität von mehr als 50 % das Patientenaufkommen wie bei einer Gemeinschaftspraxis koordiniert werden müsse. Die Verpflichtung der hausärztlichen Präsenz auch in sprechstundenfreien Zeiten ggf in Kooperation mit anderen hausärztlichen Praxen nach § 2 Abs 3 Nr 1 des Vertrages über die hausärztliche Versorgung stellt die Vermutung des Gestaltungsmissbrauchs nicht in Frage. Da ab der vom Senat bisher herangezogenen Grenze von 50 % Umfang und Häufigkeit der Behandlung gemeinsamer Patienten gerade als Indiz für eine gemeinsame Praxisführung zu werten sind, kommt ein "Herausrechnen" der Fälle "kollegialer Vertretung" nicht in Betracht. Bei Patientenidentitäten, wie sie bei den Klägern vorlagen, steht außer Zweifel, dass sie sich nicht durch Vertretungsfälle im üblichen Umfang erklären lassen (vgl dazu Clemens in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a RdNr 175). Der Senat hat zur Höhe der Rückforderung im Übrigen ausgeführt, dass in Fällen des Gestaltungsmissbrauchs auf die Abrechnungsregelungen für die Gemeinschaftspraxis zurückgegriffen werden kann. Dementsprechend ist die Beklagte vorgegangen. Dass innerhalb einer Gemeinschaftspraxis eine Vertretung grundsätzlich nicht abgerechnet werden kann, hat der Senat zuletzt am 14.12.2011 entschieden (SozR 4-2500 § 106a Nr 8 RdNr 28).

7

Die Vermutung des Gestaltungsmissbrauchs ist in diesem Zusammenhang auch nicht an den Umstand geknüpft, dass eine zuvor bestehende Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft umgewandelt wurde. Insofern hat der Senat lediglich ausgeführt, dass ein Gestaltungsmissbrauch insbesondere dann vorliege, wenn unter der Rechtsform der Praxisgemeinschaft eine vormals von diesen Vertragsärzten betriebene Gemeinschaftspraxis unter vergleichbaren Praxisbedingungen faktisch fortgeführt werde (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 20). Eine Beschränkung der Annahme des Gestaltungsmissbrauchs auf diese Sachverhalte lässt sich dem nicht entnehmen (vgl auch Beschluss des Senats vom 11.5.2011 - B 6 KA 1/11 B - juris RdNr 12).

8

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung und der konkreten Fallgestaltung stellen sich die Fragen:

        

"Ist von einer gemeinsamen Behandlung der Patienten und des Patientenstammes in jedem Fall zu sprechen, wenn die Patienten - ausgehend von der Praxis eines Praxisgemeinschaftspartners zu mehr als 50 % - in der Praxis eines anderen Partners behandelt werden und zwar aufgrund von (berechtigten) kollegialen Urlaubsvertretungen und (berechtigten) Notdienstvertretungen?"

        

und:   

        

"Wird eine Überweisung an einen Praxisgemeinschaftspartner gleicher Fachrichtung zu einer gemeinsamen Behandlung eines Patienten, auch wenn der Überweisende nicht die Qualifikationen hat, um die angeforderten Leistungen des Überweisungsempfängers zu erbringen?"

nicht mehr. Zum einen ist bei einem bestimmten Vom-Hundert-Satz gemeinsam behandelter Patienten in einer fachgebietsgleichen Praxisgemeinschaft ein Missbrauch der Rechtsform ohne Weiteres anzunehmen (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 19). Zum anderen fehlt es an der Darlegung der Klärungsfähigkeit dieser Fragen. Wenn etwa im Widerspruchsbescheid für das Quartal IV/2002 festgestellt wird, dass bei einer Gesamtzahl von 2757 Fällen 1309 Fälle von allen drei Ärzten behandelt wurden und dabei der überwiegende Teil in der Behandlungskombination "eigene Leistung/Vertreterfall" abgerechnet wurde, ist nicht erkennbar, dass - soweit die Vertretungsregelungen überhaupt Anwendung finden können - berechtigte Vertretungen das Bild grundsätzlich verändern könnten. Zu den Überweisungen ist festgestellt, dass sie ausschließlich zur Mit- und Weiterbehandlung, nicht aber mit einem Auftrag ausgestellt wurden.

9

Soweit die Kläger fragen,

        

"Kann eine Praxisgemeinschaft als Organisationsform überhaupt noch zwischen Ärzten gleicher Fachrichtung, also zwischen Ärzten desselben Fachgebietes, in Betracht kommen, wenn aufgrund spezifischer Genehmigungen mindestens des einen Arztes der Praxisgemeinschaft im Gegensatz zu derjenigen/denjenigen des anderen Arztes/der anderen Ärzte von vornherein eine - von hier aus so gesehene: berechtigte - Mehrfachinanspruchnahme erfolgen wird?"

fehlt es an Darlegungen sowohl zur Klärungsbedürftigkeit dieser allgemein gehaltenen Frage als auch zu ihrer Klärungsfähigkeit. Es ist nicht zweifelhaft, dass eine Praxisgemeinschaft zwischen Vertragsärzten gleicher Fachrichtungen mit jeweils spezifischem Leistungsspektrum zulässig ist. Ebensowenig ist allerdings zweifelhaft, dass das unterschiedliche Leistungsprofil keine Patientenidentität in dem hier festgestellten Umfang rechtfertigen kann. Auch insoweit ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass Überweisungen nach den Feststellungen des LSG ausschließlich zur Mit- und Weiterbehandlung, nicht aber mit einem Auftrag ausgestellt wurden.

10

Auch hinsichtlich der Frage,

        

"Ist es nicht nur rechtlich möglich, sondern rechtlich sogar geboten, Regelungen wie im vom erkennenden Senat am 27.6.2012 entschiedenen Fall der KZV HH zu treffen"

ist ein konkreter Bezug zu dem hier streitigen Fall nicht zu erkennen. In der genannten Entscheidung hat der Senat im Übrigen nicht in Frage gestellt, dass ein auffälliger Anteil an Mehrfacheinlesungen Anlass zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen geben kann (SozR 4-2500 § 85 Nr 71 RdNr 25 ff).

11

Schließlich sind für die Fragen,

        

"Ist es rechtens, wenn zur Ermittlung sogenannter missbräuchlicher Patientenidentitäten bei mehr als zwei in Praxisgemeinschaft kooperierenden Vertragsärzte desselben Fachgebietes die Anzahl der Patientenidentitäten zwischen jeweils dem einen Vertragsarzt und seinen Praxisgemeinschaftspartnern aufaddiert werden, ohne auf das Vorliegen einer sachlichen Berechtigung abzustellen?"

        

Und     

        

"Müssen in einem solchen Fall Korrekturen bei anerkannten Vertretungsscheinen, sei es wegen Urlaub oder Notdienst und Überweisungen anerkannt und durchgeführt werden?"

unter Auswertung der Rechtsprechung des Senats weder die Klärungsbedürftigkeit noch die Klärungsfähigkeit im konkreten Fall ausreichend dargelegt. Das gesamte Vorbringen der Kläger zielt darauf ab, die Anknüpfung an den Umfang der Patientenidentität erneut zur Überprüfung zu stellen. Ein hinreichender Anlass dafür ist von ihnen nicht dargetan.

12

2. Auch ein Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG liegt nicht vor. Soweit die Kläger den Tatbestand des LSG-Urteils für falsch halten, handelt es sich bereits nicht um einen Verfahrensmangel, der mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann. Die Kläger hätten insoweit vielmehr einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 139 SGG stellen müssen. Da es sich bei dem von den Klägern beanstandeten Text um die Wiedergabe des Inhalts des Widerspruchsbescheids handelt und das LSG in seiner Begründung maßgeblich auf die hohe Quote der Doppelbehandlungen abgestellt hat, kann die angefochtene Entscheidung darüber hinaus auch nicht auf dem geltend gemachten Mangel beruhen.

13

Soweit die Kläger ausführen, sie seien durch die Aussage "Ob sich ein gewisser Anteil der Mehrfachbehandlungen durch berechtigte Vertretungen, namentlich in Urlaubszeiten, erklären lässt, fällt angesichts der Dimension der ermittelten Doppelbehandlungen nicht mehr entscheidend ins Gewicht; auch das BSG hat keine diesbezügliche Differenzierung getroffen." überrascht worden, ist dies nicht nachvollziehbar. Sie selbst haben die Bedeutung der berechtigten Vertretungsfälle im Verfahren thematisiert. Der Anspruch auf rechtliches Gehör, den die Kläger offenbar als verletzt ansehen, soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (vgl BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 mwN; BVerfGE 84, 188, 190). Er soll sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen miteinbezogen wird (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 216 f). Art 103 Abs 1 GG gebietet aber nicht, dass das Gericht vor seiner Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist (BVerfG vom 27.11.2008 - 2 BvR 1012/08 - Juris RdNr 6; BVerfGE 86, 133, 145, jeweils mwN). Auch aus § 62 SGG ergibt sich keine Pflicht des Prozessgerichts, vor einer Entscheidung die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte mit den Beteiligten zu erörtern, soweit sie bereits aus dem Verfahrensstand ersichtlich sind(vgl BSG SozR 3-1500 § 112 Nr 2). Eine Überraschungsentscheidung liegt nur dann vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bislang nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht rechnen musste (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 17). Das ist hier nicht der Fall. Dass das LSG eine nach Auffassung der Kläger nicht nachvollziehbare Begründung gegeben hat, vermag einen Verfahrensfehler nicht zu begründen.

14

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach tragen die Kläger die Kosten des von ihnen erfolglos geführten Rechtsmittels nach Kopfteilen (§ 154 Abs 2, § 159 Satz 1 VwGO iVm § 100 Abs 1 ZPO).

15

4. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Seine Bemessung erfolgt entsprechend dem streitigen Regressbetrag.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 13 295 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Im Streit steht die Rechtmäßigkeit von Honorarrückforderungen für die Quartale I/2002 bis IV/2002.

2

Der Kläger hatte zunächst mit dem ebenfalls als Urologe an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Dr. B. in einer Gemeinschaftspraxis kooperiert. Seit Ende 1997 betrieb er zusammen mit diesem Arzt eine Praxisgemeinschaft. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) stellte im Rahmen einer auf das Quartal I/2002 bezogenen erweiterten Plausibilitätsprüfung fest, dass 474 Patienten (33,59 % bzw 30,03 %) zugleich bei beiden Ärzten in Behandlung waren und dass das Einlesedatum der Chipkarte überwiegend identisch war. Wegen der auffällig erhöhten Patientenidentität stellte die Beklagte die Honorarabrechnung für dieses Quartal mit Bescheid vom 5.7.2004 richtig und forderte Honorar in Höhe von 2625,56 Euro zurück. Entsprechendes erfolgte mit Bescheid vom 6.6.2006 für die Quartale II/2002 bis IV/2002; zurückgefordert wurden Beträge von 3509,22 Euro (Quartal II/2002), 3712,54 Euro (Quartal III/2002) bzw 3447,25 Euro (Quartal IV/2002). Die hiergegen erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.3.2008 zurück. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 4.5.2011, Beschluss des LSG vom 11.12.2013).

3

Das LSG hat ausgeführt, die Beklagte sei zur Richtigstellung befugt, weil der Kläger sich durch eine missbräuchliche Zusammenarbeit mit Dr. B. Honorarvorteile verschafft habe, die er bei einer pflichtgemäßen Zusammenarbeit innerhalb der Praxisgemeinschaft nicht hätte erlangen können. Eine missbräuchliche Nutzung der Kooperationsform Praxisgemeinschaft könne auch bei einer Patientenidentität von 20 % bis 50 % vorliegen, wenn sich anhand der Umstände des Einzelfalles ergebe, dass die Ärzte tatsächlich wie die Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis zusammenarbeiteten. Vorliegend seien im Quartal I/2002 30,03 % der vom Kläger behandelten Patienten (bzw 24,9 % nach Abzug berechtigter Vertretungsfälle) auch von Dr. B. oder von beiden Ärzten behandelt worden. Im Quartal II/2002 seien dies 31,4 % gewesen, im Quartal III/2002 32,5 % (bzw 25,1 % nach Abzug berechtigter Vertretungsfälle) sowie im Quartal IV/2002 29,75 % (bzw 22,4 %). Zudem lägen Indizien vor, die für eine Zusammenarbeit in einer Gemeinschaftspraxis sprächen, nämlich die planmäßig erfolgte Behandlung von Heimbewohnern mit aufeinander abgestimmten An- und Abwesenheitszeiten für Hausbesuche in den Altenheimen sowie die abgestimmte Wahrnehmung von ambulanten Operationen. Bestätigt würde dies durch das Ergebnis der vorgenommenen Stichprobenüberprüfungen, insbesondere durch die überwiegend identischen Diagnosen; schließlich könne nicht außer Betracht bleiben, dass es dem Kläger und seinem Partner gelungen sei, seit 1996 die Zahl der "Fälle" im Rahmen ihrer "Praxisgemeinschaft" insgesamt mehr als zu verdoppeln.

4

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.

5

II. Die zulässige Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

6

Die Revisionszulassung setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 5 RdNr 3). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (hierzu s zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f sowie BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Nichts anderes gilt, wenn kein vernünftiger Zweifel an der Richtigkeit der vom LSG dazu gegebenen Auslegung bestehen kann, weil sich die Beantwortung bereits ohne Weiteres aus der streitigen Norm selbst ergibt (vgl hierzu BSG Beschluss vom 2.4.2003 - B 6 KA 83/02 B - Juris RdNr 4). Die Bedeutung über den Einzelfall hinaus ist nicht gegeben, wenn die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des vorliegenden Einzelfalls einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 50/07 B - RdNr 6 iVm 11). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (s die BVerfG-Angaben in BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 sowie BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 16 RdNr 4 f).

7

Die Rechtsfrage,

        

ob es bei einer Patientenidentität zwischen 20 % und 50 % keinen die Annahme einer missbräuchlichen Nutzung der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft - und somit die rechnerische Kürzung des Honorars auf das einer fiktiven BAG - rechtfertigenden weiteren Umstand darstellt, wenn ein Vertragsarzt und sein Praxisgemeinschafts-Kollege
a) Heimpatienten "im Wechsel" mit Hausbesuchen versorgen und/oder
b) bei durch die Versorgung von Versicherten

                 

(1) mit Hausbesuchen und/oder
(2) mit ambulanten Operationen im nahe gelegenen Krankenhaus

        

bedingter Abwesenheit eines Arztes seine Patienten vom jeweils anderen als eigene behandelt haben, und unter Berücksichtigung der sich aus diesen Umständen ergebenden Fälle der Anteil identischer Patienten unter 20 % sinkt,

ist nicht klärungsbedürftig, weil sich die Antwort aus der Rechtsprechung des Senats ergibt.

8

Danach liegt eine missbräuchliche Nutzung der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft vor, wenn Ärzte oder Zahnärzte ihre Zusammenarbeit im Innen- und Außenverhältnis so gestalten, wie dies für eine Gemeinschaftspraxis (heute: Berufsausübungsgemeinschaft) typisch ist (vgl BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 6 KA 1/11 B - Juris RdNr 11). Ein hoher Anteil von Patienten, an deren Behandlung sowohl der von der Prüfung betroffene Arzt als auch Kollegen derselben Praxisgemeinschaft beteiligt sind, indiziert eine missbräuchliche Nutzung der Kooperationsform (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 19; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 17/07 B - Juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 8.12.2010 - B 6 KA 46/10 B - RdNr 14; BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 6 KA 1/11 B - RdNr 11). Ein hoher gemeinsamer Patientenanteil spricht stets dafür, dass die Rechtsform der Praxisgemeinschaft im Praxisalltag nicht transparent realisiert wurde (BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 6 KA 1/11 B - RdNr 11), sondern tatsächlich die für eine Gemeinschaftspraxis kennzeichnende Ausübung der ärztlichen Tätigkeit stattfindet (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 20; BSG Beschluss vom 6.2.2013 - B 6 KA 43/12 B - RdNr 6). Bei hoher Patientenidentität muss das Patientenaufkommen koordiniert werden, was wiederum die für die Gemeinschaftspraxis typische einheitliche Praxisorganisation erfordert (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 20; BSG Beschluss vom 6.2.2013 - B 6 KA 43/12 B - RdNr 6). Ein Formenmissbrauch ist nicht erst bei einer Patientenidentität von mehr als 50 % anzunehmen; vielmehr hat der Senat ausdrücklich betont, dass auch deutlich unter 50 % liegende Quoten ausreichen können (BSG Beschluss vom 17.9.2008 - B 6 KA 65/07 B - RdNr 10).

9

Soweit sich die Frage des Klägers darauf bezieht, ob die wechselweise Versorgung von Heimpatienten bzw die wechselweise Durchführung von ambulanten Operationen einen die Annahme einer missbräuchlichen Nutzung "rechtfertigenden" Umstand darstellt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung des Senats immer von einer hohen Quote der gemeinsamen Behandlung von Patienten ausgegangen ist, die grundsätzlich die Annahme eines Rechtsformmissbrauchs trägt. Weitere Umstände, die auf einen Missbrauch hindeuten, hat der Senat mehrfach angesprochen (Beschlüsse vom 5.11.2008 - B 6 KA 17/07 B - Juris RdNr 12; vom 8.12.2010 - B 6 KA 46/10 B - Juris RdNr 15), aber nicht gefordert, dass neben einer auffälligen Patientenidentität stets zusätzliche Sachverhalte eines Formenmissbrauchs gegeben sein müssen. Er entzieht sich einer generellen Festlegung, ob bei einer nur in geringem Maße auffälligen Patientenidentität und plausiblen Erklärungen dafür die Feststellung eines Formenmissbrauchs das Vorliegen weiterer Anhaltspunkte erfordert. Jedenfalls im Regelfall ist nach der Rechtsprechung des Senats bei einem bestimmten Vom-Hundert-Satz gemeinsam behandelter Patienten ein Missbrauch der Rechtsform "ohne Weiteres" anzunehmen (BSG Beschluss vom 6.2.2013 - B 6 KA 43/12 B - RdNr 8).

10

Zudem sind die vom Kläger angeführten Gesichtspunkte nicht geeignet, eine hohe Patientenidentität zu "rechtfertigen" bzw der Annahme einer missbräuchlichen Nutzung entgegenzustehen. Zum einen hat der Senat bereits entschieden, dass Fälle einer "kollegialen Vertretung" nicht aus der Zahl der von beiden Ärzten behandelten Fällen heraus zu rechnen sind (BSG Beschluss vom 6.2.2013 - B 6 KA 43/12 B - RdNr 6). Dies hat der Senat damit begründet, dass Umfang und Häufigkeit der gemeinsamen Behandlung von Patienten gerade als Indiz für eine gemeinsame Praxisführung zu werten seien; bei hohen Patientenidentitäten stehe außer Zweifel, dass sie sich nicht durch Vertretungsfälle im üblichen Umfang erklären ließen. Dass innerhalb einer Gemeinschaftspraxis eine Vertretung grundsätzlich nicht abgerechnet werden kann, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (Urteil vom 14.12.2011, SozR 4-2500 § 106a Nr 8 RdNr 28).

11

Zum anderen ist die zwischen dem Kläger und Dr. B. abgestimmte Behandlung von Heimbewohnern durch abwechselnde Hausbesuche in den Altenheimen mit aufeinander abgestimmten An- und Abwesenheitszeiten der beiden Ärzte in ihren Praxen sowie die ebenfalls aufeinander abgestimmte Durchführung von ambulanten Operationen im Krankenhaus nur deswegen durchführbar, weil der Kläger sowie Dr. B. ihre Praxisorganisation so gestaltet haben, wie sie für eine Gemeinschaftspraxis bzw Berufsausübungsgemeinschaft kennzeichnend ist. Seinen "Hausbesuchstag" konnte der Kläger nur durchführen, weil Dr. B. regelhaft - wie der Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft - für die Versorgung seiner Patienten zur Verfügung stand. Entsprechendes gilt für die Durchführung ambulanter Operationen.

12

Auch die vom Kläger angeführten "versorgungsbedingten Besonderheiten" rechtfertigen seine Vorgehensweise nicht. Es mag durchaus sinnvoll sein, Hausbesuche in Heimen an bestimmten Tagen zu "bündeln". Es steht dem Kläger sowie Dr. B. frei, hierzu die Organisationsform der Berufsausübungsgemeinschaft zu wählen, so wie sie dies bereits in der Vergangenheit (bis 1997) getan hatten.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger auch die Kosten des von ihm ohne Erfolg durchgeführten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

14

Die Festsetzung des Streitwerts entspricht den Festsetzungen der Vorinstanz vom 11.12.2013, die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG).

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 20. Juni 2012 sowie der Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. Mai 2012 aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Heranziehung des Klägers zum ärztlichen Bereitschaftsdienst aufgrund einer Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ).

2

Der Kläger ist als Facharzt für Innere Medizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit vollem Versorgungsauftrag in W. zugelassen und nimmt aufgrund dieser Tätigkeit grundsätzlich am ärztlichen Bereitschaftsdienst teil. Auf seinen Antrag hin wurde er jedoch von der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) für die Zeit vom 1.4.2009 bis zum 31.3.2010 aufgrund seiner Teilnahme am Notarztdienst vom Bereitschaftsdienst befreit. Seit dem 13.1.2009 ist der Kläger zudem in dem MVZ am K. in C. im Umfang von 10 Wochenstunden angestellt.

3

Mit Bescheid vom 10.2.2009 zog die Beklagte den Kläger ab dem 13.1.2009 aufgrund seiner Anstellung in dem MVZ in vollem Umfang zu dem allgemeinen Bereitschaftsdienst im Bereich C. heran. Die Zuordnung zum Bereitschaftsdienst in W. aufgrund der Niederlassung bleibe hiervon unberührt. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück. Hiergegen erhob der Kläger Klage vor dem SG Dresden.

4

Mit Schreiben vom 16.5.2012 gab die Beklagte aufgrund einer Änderung der Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstordnung (KBO) zum 1.7.2012 ein Teilanerkenntnis dahingehend ab, dass der Kläger zukünftig entsprechend seiner Anstellung im MVZ nur noch mit dem Faktor 0,25 zum Bereitschaftsdienst herangezogen werde.

5

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 20.6.2012 ab. Die Heranziehung des Klägers zum Bereitschaftsdienst in der Stadt C. mit dem Anrechnungsfaktor 0,25 sei nicht zu beanstanden. Gemäß § 1 KBO sei der Kläger als in einem MVZ angestellter Arzt grundsätzlich zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst verpflichtet. Insoweit habe das Sächsische LSG in einem Urteil vom 14.12.2011 (L 1 KA 257/10) bereits entschieden, dass die Heranziehung eines in einem MVZ angestellten Arztes zum Bereitschaftsdienst auf der Grundlage der KBO jedenfalls dann rechtmäßig sei, wenn dieser Mitglied der KÄV sei. Da der Kläger aufgrund seiner Zulassung mit Vertragsarztsitz in W. Mitglied der Beklagten sei, sei die Heranziehung zum Bereitschaftsdienst somit dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Dieser Teilnahmeverpflichtung stehe auch nicht der Umfang der Tätigkeit des Klägers in dem MVZ entgegen. Gemäß § 95 Abs 1 Satz 2 SGB V werde zwar das MVZ als solches zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen mit der Folge der Verpflichtung zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst. Die Zulassung bewirke gemäß § 95 Abs 3 SGB V jedoch, dass die in dem MVZ angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des MVZ zuständigen KÄV würden, sodass für sie die vertragsarztrechtlichen Pflichten gälten. Das zugelassene MVZ werde erst mit der genehmigten Anstellung eines Arztes zur Ausübung der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet. Hieraus folge, dass der Versorgungsauftrag in einem MVZ durch die angestellten Ärzte ausgeübt werde. Aufgrund dieses Zusammenhangs zwischen Zulassung des MVZ und statusähnlicher Anstellungsgenehmigung sei von einem Gestaltungsspielraum der KÄV bei der Ausgestaltung der KBO auszugehen, der es rechtfertige, das MVZ selbst oder die angestellten Ärzte unmittelbar zu verpflichten. In die Berufsausübungsfreiheit des MVZ werde nicht dadurch eingegriffen, dass dieses die angestellten Ärzte nicht selbst zum Bereitschaftsdienst einteilen könne. Die Entscheidung der Beklagten für die unmittelbare Heranziehung im MVZ angestellter Ärzte solle der mit einer Einteilung zum Bereitschaftsdienst durch das MVZ verbundenen Gefahr der faktischen Befreiung einzelner Ärzte begegnen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit, die nur einen Beschäftigungsumfang mit einem Anrechnungsfaktor von 0,25 habe, zwar eine zulässige Gestaltung, jedoch im Gesetz für die Struktur von MVZ nicht typisierend angelegt sei. Es leuchte daher nicht ein, dass der Umfang der Anstellungsgenehmigung mit der daraus folgenden Mitgliedschaft nach § 77 Abs 3 SGB V dafür maßgeblich sein solle, ob der angestellte Arzt von der Beklagten zum Bereitschaftsdienst herangezogen werden könne. Nach dem Teilanerkenntnis der Beklagten sei auch der Umfang der Teilnahmeverpflichtung nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger hilfsweise einen Anspruch auf die vollständige Befreiung vom Bereitschafsdienst nach § 8 KBO geltend gemacht habe, fehle es bereits an einem Ausgangsbescheid sowie dem gemäß § 78 SGG durchzuführenden Widerspruchsverfahren. Die Klage sei daher insoweit unzulässig.

6

Seine Sprungrevision begründet der Kläger damit, dass die in § 1 Abs 1, Abs 3 KBO getroffene Regelung zur unmittelbaren Heranziehung angestellter Ärzte rechtswidrig und damit nichtig sei. Grundsätzlich sei die Beklagte zwar ermächtigt, Regelungen über die Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten zu erlassen. Indes nehme gemäß § 95 Abs 1 SGB V lediglich das MVZ und nicht der angestellte Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung teil und § 95 Abs 3 Satz 2 SGB V berechtige und verpflichte demnach auch nur das zugelassene MVZ. Demzufolge träfen die aus der vertragsärztlichen Versorgung resultierenden Verpflichtungen nicht den angestellten Arzt. Das SG habe insoweit verkannt, dass es sich bei dem MVZ nicht um eine Organisationsgemeinschaft, sondern um einen Teilnahmestatus handele. Dies ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des BSG, nach der die grundsätzliche Verpflichtung eines jeden Vertragsarztes zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst aus seinem Zulassungsstatus folge. Die Anstellungsgenehmigung vermittele dem angestellten Arzt keinen einer Zulassung vergleichbaren Status als Leistungserbringer. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Satzungsautonomie nur befugt sei, den Bereitschaftsdienst gegenüber ihren Mitgliedern zu regeln. Nach § 77 Abs 3 Satz 2 SGB V seien angestellte Ärzte jedoch nur dann Mitglieder der KÄV, wenn sie mindestens halbtags angestellt seien. In geringerem Umfang angestellte Ärzte unterlägen folglich nicht der Satzungsgewalt der Beklagten. Auch aus diesem Grund verstoße § 1 Abs 3 KBO gegen höherrangiges Recht und sei folglich nichtig.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Dresden vom 20.6.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.2.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.9.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.5.2012 aufzuheben.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Der Heranziehung zum Bereitschaftsdienst stehe weder das Anstellungsverhältnis an sich noch der geringe Beschäftigungsumfang entgegen. § 1 Abs 3 KBO verstoße auch nicht gegen § 77 Abs 3 SGB V. Hintergrund der Regelung sei, dass nur bei einer Beschäftigung im Umfang von mindestens einer halben Stelle die Inanspruchnahme mitgliedschaftlicher Selbstverwaltungsrechte in den KÄVen als gerechtfertigt angesehen werde. Dieser Ausschluss bestimmter Selbstverwaltungsrechte stehe jedoch nicht der Einbeziehung in den Bereitschaftsdienst entgegen. Diese sei vielmehr durch den personenbezogenen Charakter der erteilten Genehmigung zur Anstellung derjenigen Ärzte gerechtfertigt, durch die das MVZ den Versorgungsauftrag erfülle. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass ihr, der Beklagten, bei der Ausgestaltung der KBO ein Gestaltungsspielraum zustehe, der die direkte Verpflichtung des angestellten Arztes ermögliche.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Sprungrevision des Klägers ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte war nicht berechtigt, den Kläger aufgrund seiner Anstellung im MVZ zum ärztlichen Bereitschaftsdienst in C. heranzuziehen. Daher waren die angefochtenen Bescheide über die Heranziehung des Klägers zum Bereitschaftsdienst ebenso wie das klagabweisende Urteil des SG aufzuheben.

11

1. § 1 Abs 1 Satz 1 KBO in der seit dem 1.7.2012 geltenden Fassung (KVS Mitteilungen 2012, Beilage Heft 6, S 21) sieht - ebenso wie in der vom 1.7.2011 bis zum 30.6.2012 geltenden Fassung (KVS Mitteilungen 2011, Beilage Heft 6, S 1) - vor, dass alle vertragsärztlich tätigen zugelassenen Ärzte und alle vertragsarztrechtlich angestellten Ärzte (angestellte Ärzte in Vertragsarztpraxen, angestellte Ärzte in einem MVZ sowie in zugelassenen Einrichtungen nach § 311 Abs 2 SGB V tätige Ärzte) zur Teilnahme am kassenärztlichen Bereitschaftsdienst der Beklagten verpflichtet sind, sofern nicht wichtige Gründe (§ 8 KBO) einer solchen Verpflichtung entgegenstehen. § 1 Abs 3 Satz 1 KBO bestimmt, dass die Vertragsärzte zum kassenärztlichen Bereitschaftsdienst grundsätzlich gleichmäßig und unter Berücksichtigung des Umfangs ihrer Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung heranzuziehen sind.

12

2. Durch diese Regelungen wird der Kläger bezogen auf seine Tätigkeit als angestellter Arzt in einem MVZ indes nicht wirksam zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst verpflichtet, weil sie gegen höherrangiges Gesetzesrecht verstoßen, soweit sie auch die in MVZ angestellten Ärzte unmittelbar zur Teilnahme am Notfall- bzw Bereitschaftsdienst (im Folgenden: Bereitschaftsdienst) verpflichten.

13

a. Die KBO, auf deren Grundlage die beklagte KÄV den Kläger zum Bereitschaftsdienst heranziehen möchte, ist nach den für den Senat gemäß § 202 SGG iVm § 560 ZPO maßgebenden Feststellungen des SG zum Landesrecht(zur fehlenden Revisibilität der Notdienstordnungen vgl BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 18; SozR 3-2500 § 75 Nr 2 S 5 f) alleine von der Beklagten und damit ohne Beteiligung der Ärztekammer erlassen worden. Davon zu unterscheiden sind die auf landesrechtlicher Grundlage ergangenen berufsrechtlichen Bestimmungen, die in anderen Bundesländern durch die von den Ärztekammern erlassenen Berufsordnungen konkretisiert werden und auf deren Grundlage niedergelassene Ärzte unabhängig von der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zum Bereitschaftsdienst herangezogen werden. Nicht selten werden übereinstimmende Bereitschaftsdienstordnungen durch Ärztekammer und KÄV erlassen, die den Bereitschaftsdienst einheitlich organisieren (vgl BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3; SozR 3-2500 § 75 Nr 2; SozR Nr 28 zu § 12 SGG; BVerwG Beschluss vom 17.9.2009 - 3 B 67/09; BVerwGE 65, 362; Hess in Kasseler Komm, Stand September 2013, § 75 SGB V RdNr 23 f mwN). Da im vorliegenden Verfahren die Heranziehung des Klägers durch die beklagte KÄV im Streit steht und es auch nicht um die Heranziehung auf der Grundlage einer gemeinsam mit der Ärztekammer erlassenen Bereitschaftsdienstordnung geht, ist allein zu entscheiden, ob der Kläger auf der Grundlage der bestehenden vertragsarztrechtlichen Bestimmungen und der dazu ergangenen Satzung der Beklagten zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst verpflichtet ist.

14

b. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats folgt die grundsätzliche Verpflichtung eines jeden Vertragsarztes zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst aus seinem Zulassungsstatus (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 11 RdNr 14; SozR 4-2500 § 75 Nr 7 RdNr 13; SozR 4-2500 § 75 Nr 5 RdNr 10; Urteil vom 12.10.1994 - 6 RKa 29/93 - Juris RdNr 10; Urteil vom 11.6.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122, 124; BSGE 44, 252, 256 = SozR 2200 § 368n Nr 12 S 34). Die Zulassung ist ein statusbegründender Akt (BSGE 83, 135, 137 = SozR 3-2500 § 95 Nr 18 S 65), der nach der Rechtsprechung des Senats eine höchstpersönliche Rechtsposition des Vertragsarztes und auch des MVZ schafft (so ausdrücklich im Hinblick auf ein MVZ: BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24, RdNr 21). Mit der Zuteilung dieses Status ist die Berechtigung und Verpflichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung (§ 95 Abs 3 SGB V) sowie die Teilnahme an der Honorarverteilung (vgl § 85 Abs 4 SGB V) notwendig verbunden. Mit der Zulassung als Vertragsarzt hat sich der Arzt freiwillig einer Reihe von Einschränkungen seiner ärztlichen Berufsausübung unterworfen, die mit der Einbeziehung in ein öffentlich-rechtliches Versorgungssystem notwendig verbunden sind. Zu diesen der Berufsausübung im vertragsärztlichen Bereich immanenten Einschränkungen gehört auch die Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst, ohne den eine ausreichende Versorgung der Versicherten nicht gewährleistet ist (BSGE 44, 252, 256 = SozR 2200 § 368n Nr 12 S 34). Die Teilnahme am Bereitschaftsdienst hat der Gesetzgeber als Annex zur Niederlassung in freier Praxis ausgestaltet (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 23; SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 22). Der auf Antrag verliehene Status der Zulassung bedingt grundsätzlich, in zeitlicher Hinsicht umfassend - dh auch in den Zeiten außerhalb der Sprechstunden - für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Durch den von der KÄV organisierten Bereitschaftsdienst wird der Arzt in die Lage versetzt, dieser Verpflichtung nachzukommen, ohne "rund um die Uhr" persönlich verfügbar zu sein. Mit der Ausgestaltung und Organisation dieses Bereitschaftsdienstes wird die KÄV ihrer Verpflichtung nach § 75 Abs 1 Satz 2 SGB V zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung auch zu den sprechstundenfreien Zeiten gerecht. Dem entspricht die Pflicht der in freier Praxis (vgl § 32 Abs 1 Satz 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte<Ärzte-ZV>) tätigen zugelassenen Ärzte ebenso wie der zugelassenen MVZ zur Teilnahme an diesem Bereitschaftsdienst.

15

c. Anders als die zugelassenen, in eigener Praxis niedergelassenen Vertragsärzte und die MVZ sind Ärzte, die - wie der Kläger - in einem MVZ angestellt sind, nicht unmittelbar gegenüber der KÄV zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst verpflichtet. Zugelassen wird gemäß § 95 Abs 1 Satz 1 SGB V das MVZ und nicht der dort angestellte Arzt. Dem entsprechend richtet sich auch die Pflicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 72 Abs 1, § 95 Abs 3 Satz 2 SGB V an das zugelassene MVZ. Etwas anderes folgt auch nicht aus § 4 Abs 1 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)/§ 8 Abs 1 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) in der seit dem 1.7.2007 geltenden Fassung (DÄ 2007, A-1684, A-1687/DÄ 2007, A-1691, A-1694). Danach nehmen angestellte Ärzte in Vertragsarztpraxen und in MVZ "im Rahmen ihres Status" an der vertragsärztlichen Versorgung teil; sie haben die sich aus der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ergebenden Pflichten zu beachten, auch wenn sie nicht Mitglieder der KÄV sind. Die Regelung beschränkt die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung damit ausdrücklich auf den durch den Status als angestellter Arzt vermittelten Rahmen. Eine Gleichstellung mit zugelassenen Ärzten bezogen auf die Heranziehung zum Bereitschaftsdienst unmittelbar durch die KÄV kann daraus nicht hergeleitet werden kann. Die angestellten Ärzte nehmen nur vermittelt über die Zulassung des MVZ an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Zwar ist der Status des angestellten Arztes dem des Vertragsarztes angenähert (vgl BSG SozR 3-5525 § 32b Nr 1 S 5 mwN) und der Gesetzgeber ist bereits bei Einführung des § 95 Abs 9 SGB V sowie des § 32b Ärzte-ZV durch das Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung(Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992, BGBl I 2266) zum 1.1.1993 mit der Möglichkeit für Vertragsärzte, einen angestellten Arzt ganztägig in ihrer Praxis zu beschäftigen, davon ausgegangen, dass es sich bei der Tätigkeit als angestellter Arzt um eine vollwertige berufliche Beschäftigungsmöglichkeit für Ärzte handelt, die keine Kassenzulassung haben (BT-Drucks 12/3608 S 93). Ungeachtet seiner arbeitsrechtlichen Stellung und seiner Weisungsgebundenheit erfüllt der angestellte Arzt in fachlich-medizinischer Hinsicht dieselbe Funktion wie der zugelassene Arzt (BSGE 78, 291, 295 = SozR 3-5520 § 32b Nr 2 S 6). Die Eignung des anzustellenden Arztes muss nach § 32b Abs 2 Satz 3 iVm § 21 Ärzte-ZV derjenigen eines Vertragsarztes entsprechen. Die vertragsärztlichen Fortbildungspflichten gelten gemäß § 95d Abs 5 SGB V auch für angestellte Ärzte. Weiterhin werden angestellte Ärzte im Rahmen der Bedarfsplanung bei der Feststellung des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades gemäß § 101 Abs 1 Nr 1, Satz 7 SGB V berücksichtigt. All dies ändert jedoch nichts daran, dass der angestellte Arzt seine Leistungen nicht selbst gegenüber der KÄV abrechnet, dass er nicht das wirtschaftliche Risiko der Praxis mitträgt (vgl dazu im Einzelnen BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 38 f mwN) und dass der Status des angestellten Arztes und die daraus folgenden Pflichten im Bereich der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nicht mit denen des zugelassenen Vertragsarztes identisch sind.

16

(aa) Ein der Zulassung entsprechender Status wird dem angestellten Arzt auch nicht durch die Anstellungsgenehmigung vermittelt. Gemäß § 95 Abs 2 Satz 7 SGB V bedarf die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen MVZ der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Anstellungsmöglichkeit ist jedoch nicht als Recht des anzustellenden Arztes, sondern als ausschließliches Recht des MVZ bzw des zugelassenen Praxisinhabers ausgestaltet (BSGE 78, 291, 293 = SozR 3-5520 § 32b Nr 2 S 3). Adressat der Anstellungsgenehmigung ist also das MVZ, das durch diese zur Anstellung eines Arztes in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis berechtigt wird - nicht der angestellte Arzt (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 21; BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 39/11 R - Juris RdNr 22; entsprechend bezogen auf das Verhältnis von anstellendem Vertragsarzt und angestelltem Arzt: BSGE 78, 291, 292 f = SozR 3-5520 § 32b Nr 2 S 3 mwN). Aus diesem Grund ist der anzustellende oder bereits angestellte Arzt im Rechtsstreit über die Anstellungsgenehmigung nicht notwendig beizuladen (BSG Urteil vom 23.3.2011 - B 6 KA 8/10 R - Juris RdNr 11 = SozR 4-2500 § 103 Nr 7, jedoch insoweit nicht abgedruckt). Auch die Umwandlung einer genehmigten Anstellung in eine Zulassung ist gemäß § 95 Abs 2 Satz 8 iVm Abs 9b SGB V von einem Antrag des MVZ abhängig. Sofern angestellte Ärzte in einem MVZ tätig werden, bildet die Anstellungsgenehmigung die Grundlage dafür, dass das MVZ den ihm gesetzlich zugewiesenen Auftrag erfüllen kann; das MVZ ist auf die öffentlich-rechtliche Genehmigung angewiesen (vgl Möller, GesR 2004, 456, 460). Umgekehrt bildet die Genehmigung die rechtliche Grundlage dafür, dass der angestellte Arzt in das System der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen wird und demnach Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung zu deren Lasten behandeln darf. Der Status des angestellten Arztes im MVZ ist damit stets von dem des zugelassenen MVZ abgeleitet (BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 21; BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 39/11 R - Juris RdNr 22).

17

(bb) Auch der Umstand, dass ein angestellter Arzt, sofern er mindestens halbtags beschäftigt ist, gemäß § 95 Abs 3 Satz 2 iVm § 77 Abs 3 SGB V Mitglied der KÄV wird und damit ihrer Satzungsgewalt unterliegt, hat nicht zur Folge, dass er bezogen auf die Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst einem zugelassenen Arzt gleichzustellen wäre. Anders als bei dem Vertragsarzt, der gemäß § 95 Abs 3 Satz 1 SGB V mit der Zulassung Mitglied der für ihn zuständigen KÄV wird, fallen Zulassung und Mitgliedschaft in der KÄV bei angestellten Ärzten im MVZ auseinander. Während die Zulassung dem MVZ erteilt wird, sind die dort angestellten Ärzte über ihre Mitgliedschaft an der Selbstverwaltung der KÄV zu beteiligen (vgl BT-Drucks 15/1525 S 108). Ausschlaggebend für die Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst ist aus den og Gründen die Zulassung. Ärzte wie der Kläger, die mit weniger als einer halben Stelle im MVZ beschäftigt sind, werden im Übrigen seit der Änderung des § 77 Abs 3 SGB V durch Art 1 Nr 3 des Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze (Vertragsarztrechtsänderungsgesetz - VÄndG) vom 22.12.2006 (BGBl I 3439) mit Wirkung vom 1.1.2007 aufgrund dieser Anstellung nicht mehr Mitglied der KÄV. Zwar ist der Kläger aufgrund seines gleichzeitig bestehenden Status als zugelassener Arzt mit Sitz in W. Mitglied der Beklagten, jedoch könnte ihm seine Tätigkeit als angestellter Arzt nicht die Mitgliedschaft bei der Beklagten vermitteln.

18

d. Die ständige Rechtsprechung des Senats, nach der die Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst aus der Zulassung folgt (vgl oben 2.b.), ist nicht durch die gesetzlichen Änderungen der letzten Jahre in Frage gestellt. Zwar wurde diese Rechtsprechung zu einer Zeit entwickelt, als das SGB V weder die - mit dem GSG zum 1.1.1993 eingeführte - Möglichkeit einer Anstellung von Ärzten durch niedergelassene Vertragsärzte noch den Teilnahmestatus von MVZ und die Anstellung von Ärzten durch diese vorsah. Das MVZ wurde erst durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) mit Wirkung zum 1.1.2004 in § 95 Abs 1 SGB V eingeführt. Indes sprechen die dabei verfolgten gesetzgeberischen Ziele sowie Aufbau und Struktur dieses neuen Leistungserbringertyps gegen eine Übertragung der mit der Zulassung verbundenen Pflichten im Bereich der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung auf die dort angestellten Ärzte.

19

Wie der Senat in einer Entscheidung vom 28.9.2005 (SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 23 ff) im Einzelnen dargelegt hat, kann der Bereitschaftsdienst - jedenfalls wenn er nicht in speziellen Notdienstpraxen durchgeführt wird - in der Regel nur sinnvoll geleistet werden, wenn die Infrastruktur der ärztlichen Praxis zur Verfügung steht. Über die Betriebsmittel und die Infrastruktur des MZV kann jedoch nicht der dort angestellte Arzt, sondern allein das zugelassene MVZ selbst verfügen, das auch für die internen organisatorischen Abläufe und den Einsatz des ärztlichen Personals verantwortlich ist (vgl BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24, RdNr 27). Die damit verbundene Möglichkeit des angestellten Arztes im MVZ, seine Pflichten im technisch-administrativen Bereich zu reduzieren, war eines der Ziele der Einführung von MVZ als Leistungserbringer im SGB V (vgl BT-Drucks 15/1525 S 108; BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24, RdNr 28). Der in einem MVZ angestellte Arzt kann auch nicht eigenverantwortlich über seine Arbeitszeit verfügen, sondern hat als Arbeitnehmer neben arbeitsvertraglichen Vorgaben Anordnungen zu beachten, zu denen sein Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts befugt ist. Die Einteilung eines angestellten Arztes zum Bereitschaftsdienst unmittelbar durch die KÄV würde die Gefahr einander widerstreitender Pflichten des angestellten Arztes begründen und jedenfalls eine Abstimmung der den Bereitschaftsdienst organisierenden Stellen mit dem MVZ erforderlich machen. Daher wäre die unmittelbare Heranziehung des angestellten Arztes im Vergleich zur Inanspruchnahme des MVZ (im Umfang seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung) für die KÄV auch nicht mit wesentlichen Vorteilen verbunden.

20

Gleichzeitig würden die mit der Einführung von MVZ verbundenen Ziele durch einen unmittelbaren Durchgriff der KÄV auf die im MVZ beschäftigten Ärzte in Frage gestellt. Ein wesentliches Kennzeichen der Anstellung in Abgrenzung zur freiberuflichen Tätigkeit in eigener Praxis ist es gerade, dass der Arzt aufgrund eines Arbeitsvertrages in einem definierten zeitlichen Umfang tätig werden kann. Diesen zeitlichen Rahmen kann er im Einzelfall verbindlich mit seinem Arbeitgeber vereinbaren. Dabei werden auch individuelle Arbeitszeitmodelle ermöglicht, die zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen (vgl Kassenärztliche Bundesvereinigung, MVZ-Survey 2011 S 31; Kaya, Rechtsfragen medizinischer Versorgungszentren auf Gründungs- und Zulassungsebene, 2012, S 82). Durch die unmittelbare Heranziehung zum Bereitschaftsdienst würden angestellte Ärzte mit Nachteilen einer freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit belastet, ohne gleichzeitig von deren Vorteilen profitieren zu können.

21

e. Die Beklagte ist nicht berechtigt, den Kreis der Ärzte, die zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst verpflichtet sind, über Satzungsrecht auf angestellte Ärzte zu erweitern. Zwar werden in der Rechtsprechung des BSG keine hohen Anforderungen an die gesetzlichen Grundlagen für den Erlass einer Bereitschaftsdienstordnung in der Form einer Satzung gestellt, soweit sie den Bereitschaftsdienst von Vertragsärzten zum Gegenstand haben, weil sich Vertragsärzte bereits mit der Zulassung freiwillig Einschränkungen ihrer ärztlichen Berufsausübung unterworfen haben. Vor diesem Hintergrund sind die bundesgesetzlichen Vorschriften zum Sicherstellungauftrag, der auch die Einrichtung eines Bereitschaftsdienstes umfasst, als ausreichend angesehen worden (BSGE 44, 252, 256 f = SozR 2200 § 368n Nr 12 S 33 f; BSG Urteil vom 15.4.1980 - 6 RKa 8/78 - Juris RdNr 11; zu der berufsrechtlichen Verpflichtung zum allgemeinen ärztlichen Bereitschaftsdienst vgl dagegen BVerwGE 41, 261). Die nähere Ausgestaltung durfte der Gesetzgeber den einzelnen KÄVen überlassen (vgl § 81 SGB V). Dabei hat die KÄV - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - nach ständiger Rechtsprechung einen weiten Gestaltungsspielraum etwa hinsichtlich der Frage, ob der Bereitschaftsdienst flächendeckend einheitlich oder in Gestalt von hausärztlichen und fachärztlichen Bereitschaftsdiensten organisiert wird (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 5 RdNr 12, 14)und ob der Bereitschaftsdienst in eigener Praxis oder in einer zentralen Notdienstpraxis durchzuführen ist (BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 11 RdNr 17). Bei der Erstreckung der Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst auf angestellte Ärzte handelt es sich indes nicht um eine Frage der Ausgestaltung des Bereitschaftsdienstes durch Satzung, zu der die KÄV berechtigt ist. Vielmehr will die Beklagte mit der KBO angestellte Ärzte und damit einen Personenkreis in den Bereitschaftsdienst einbeziehen, der gesetzlich nicht zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung verpflichtet ist. Damit überschreitet die Beklagte den Rahmen einer zulässigen Ausgestaltung und setzt sich in Widerspruch insbesondere zu § 95 Abs 3 Satz 2 SGB V, der die Pflicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung den zugelassenen MVZ und nicht den dort angestellten Ärzten überträgt(s oben 2.c.). Eine von § 95 Abs 3 Satz 2 SGB V abweichende Regelung kann der Senat auch § 4 Abs 1 Satz 2 BMV-Ä/§ 8 Abs 1 Satz 2 EKV-Ä in der seit dem 1.7.2007 geltenden Fassung (DÄ 2007, A-1684, A-1687/DÄ 2007, A-1691, A-1694) nicht entnehmen, weil darin keine - über § 95 Abs 3 Satz 2 SGB V hinausgehende - "Pflicht zur Teilnahme" auch der angestellten Ärzte an der vertragsärztlichen Versorgung geregelt wird, sondern allein die Beachtung der sich aus der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ergebenden Pflichten. Eine Grundlage für die Heranziehung angestellter Ärzte in MVZ zum Bereitschaftsdienst unmittelbar durch die KÄV stellt auch diese bundesmantelvertragliche Vorschrift nicht dar.

22

Eine Heranziehung angestellter Ärzte zum Bereitschaftsdienst allein auf der Grundlage einer Satzungsregelung der Beklagten begegnet im Übrigen aus einem weiteren Grund rechtlichen Bedenken: § 77 Abs 3 Satz 2 SGB V beschränkt die Mitgliedschaft in der für ihren Arztsitz zuständigen KÄV auf angestellte Ärzte, die mindestens halbtags beschäftigt sind. Daraus folgt, dass angestellte Ärzte, die nicht wenigstens halbtags beschäftigt sind, schon mangels mitgliedschaftlicher Legitimation nicht durch Satzung der Beklagten in den Bereitschaftsdienst einbezogen werden können. Zwar ist die Erstreckung von Satzungsbestimmungen einer Körperschaft über den Kreis ihrer Mitglieder hinaus nicht generell ausgeschlossen (vgl zB Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, 2000, S 199 ff). Ausnahmen sind jedoch auf eng begrenzte Randbereiche zu beschränken (Hänlein, Rechtsquellen im Sozialversicherungsrecht, 2001, S 319; ähnlich: Clemens in Festschrift für Böckenförde, S 259, 271 ff mwN). Intensivere Eingriffe in die Rechte von Externen (sog Außenseitern) bedürfen einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigung und Vorprägung (vgl Möstl in Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl 2010, § 20 RdNr 13). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist es nicht zu beanstanden, wenn Ärzte, die nicht Mitglied der KÄV sind (Nicht-Vertragsärzte), auf der Grundlage einer Satzung der KÄV zu einer Umlage für die Inanspruchnahme der genutzten Infrastruktur herangezogen werden, wenn sie sich am Bereitschaftsdienst beteiligen (BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 6; SozR 3-2500 § 81 Nr 5). Dabei hat der Senat maßgeblich darauf abgestellt, dass die Ärzte, die zu der Umlage herangezogen werden, nicht zur Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst verpflichtet sind, sondern sich aus freien Stücken und in Kenntnis der damit verbundenen vertraglichen und satzungsrechtlichen Bestimmungen an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligen (vgl BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 6 RdNr 13; SozR 3-2500 § 81 Nr 5 S 13). In der Heranziehung eines Arztes zum Bereitschaftsdienst gegen seinen Willen liegt hingegen ein intensiverer Eingriff in die durch Art 12 Abs 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit dieses Arztes (Hänlein, aaO), der einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung bedarf. Daran fehlt es bei der Heranziehung von Ärzten, die nicht Mitglied der Beklagten sind, zum vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst. Dass es dem Gesetzgeber bei dem Ausschluss der nicht wenigstens halbtags beschäftigten Ärzte von der Mitgliedschaft bei der KÄV nach der Begründung zum Entwurf eines VÄndG in erster Linie darum gegangen war, diese von der Inanspruchnahme der Selbstverwaltungsrechte in der KÄV auszuschließen (vgl BT-Drucks 16/2474 S 20), ändert nichts daran, dass damit auch der Legitimation für satzungsrechtliche Eingriffe in Rechte dieses Personenkreises die Grundlage entzogen werden kann. Ebenso wenig wie sich die Disziplinargewalt der KÄV auf Ärzte erstreckt, die weniger als halbtags beschäftigt sind (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 21; BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 39/11 R - Juris RdNr 22), durfte die Beklagte diesem Personenkreis durch Satzungsregelung die Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst auferlegen. Die davon abweichenden Bestimmungen der KBO sind auch aus diesem Grund rechtswidrig.

23

Eine Beschränkung der Heranziehung zum Bereitschaftsdienst auf Ärzte, die mindestens halbtags beschäftigt sind, geriete indes in Konflikt mit der aus Art 3 Abs 1 GG folgenden Verpflichtung der Beklagten, alle Ärzte gleichmäßig zum Bereitschaftsdienst heranzuziehen (vgl BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 7, RdNr 14 f; SozR 4-2500 § 75 Nr 5, RdNr 18; Urteil vom 11.6.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122, 124 = Juris RdNr 13; Urteil vom 15.4.1980 - 6 RKa 8/78 - Juris RdNr 15). Auch dies spricht für eine Heranziehung des MVZ zum Bereitschaftsdienst entsprechend des Umfangs seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und gegen die Heranziehung der einzelnen dort angestellten Ärzte bzw Vertragsärzte. Die Festlegung, in welchem Umfang die dort angestellten Ärzte und Vertragsärzte für Tätigkeiten im Bereitschaftsdienst eingesetzt werden, obliegt dann der Verantwortung des MVZ für die interne Organisation (vgl BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24, RdNr 27 f). Anders als die Anerkennung als Belegarzt (vgl BSG SozR 4-2500 § 121 Nr 6 RdNr 20), hat die Heranziehung des MVZ zum Bereitschaftsdienst nicht mit Bezug auf den einzelnen dort tätigen Arzt zu erfolgen.

24

f. Einer Heranziehung von MVZ zum Bereitschaftsdienst steht weder entgegen, dass ein MVZ selbst nicht Mitglied der KÄV ist, noch dass in MVZ auch Vertragsärzte tätig werden können.

25

(aa) Durch Satzungsbestimmungen, die die Ausgestaltung des Bereitschaftsdienstes regeln, kann die KÄV wirksam Regelungen auch bezogen auf MVZ treffen, obwohl ein MVZ selbst nicht Mitglied der KÄV ist. Die Verpflichtung des MVZ zur Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst folgt unmittelbar aus dessen Zulassung (vgl 2.b.), sodass in der Satzung lediglich die nähere Ausgestaltung zu regeln ist. Mit der auf Antrag des MVZ erteilten Zulassung hat dieses die Pflicht zur Mitwirkung an der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung übernommen (§ 95 Abs 3 Satz 2 SGB V). Daraus folgt notwendig, dass auch die zur Umsetzung dieses Sicherstellungsauftrags von der KÄV erlassene Bereitschaftsdienstordnung für das MVZ verbindlich sein muss. Mittelbar besteht im Übrigen auch eine Bindung über die Person des ärztliche Leiters. Der ärztliche Leiter, der gemäß § 95 Abs 1 Satz 3 SGB V(in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011, BGBl I 2983) in dem MVZ tätig sein muss und der die Verantwortung für die Steuerung der ärztlichen Betriebsabläufe hat, ist als Mitglied der KÄV deren Satzungsgewalt unterworfen (vgl BSG Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 33/10 R - MedR 2012, 695 RdNr 18; einschränkend bezogen auf die Organisation von Abläufen, die die Gewährleistung einer korrekten Abrechnung von Leistungen und die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung zum Gegenstand haben: BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24, RdNr 27 ff). Daraus folgt im Übrigen, dass der ärztliche Leiter wenigstens halbtags im MVZ beschäftigt sein muss (ebenso: Makoski/Krapohl, GesR 2013, 705, 706).

26

(bb) Der Heranziehung des MVZ anstelle der dort beschäftigten Ärzte zum Bereitschaftsdienst steht auch nicht entgegen, dass im MVZ gemäß § 95 Abs 1 Satz 2 SGB V neben angestellten Ärzten auch Vertragsärzte und damit Ärzte tätig werden können, die über eine eigene Zulassung verfügen. Allerdings ist das Verhältnis der Zulassung des Vertragsarztes, der im MVZ tätig ist, zur Zulassung des MVZ nicht eindeutig geklärt (vgl Lindenau, GesR 2005, 494, 496 f; Möller, MedR 2007, 263, 269 mwN). Überwiegend wird in der Literatur davon ausgegangen, dass die Zulassung des Vertragsarztes "ruht" oder "überlagert" wird, solange er seine vertragsärztlichen Leistungen für das zugelassene MVZ erbringt (Behnsen, Das Krankenhaus 2004, 698, 699; Dahm/Möller/Ratzel, Rechtshandbuch MVZ, S 149 f; Hess in Kasseler Komm, Stand September 2013, § 95 SGB V RdNr 13; Kaya, Rechtsfragen medizinischer Versorgungszentren auf Gründungs- und Zulassungsebene, 2012, S 289 f; Konerding, Der Vertragsarztsitz im MVZ, 2009, S 96 f; Lindenau, Das MVZ, 2008, RdNr 204; ders, GesR 2005, 494, 497; Möller, MedR 2007, 263, 270; Niggehoff in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, 2. Aufl 2014, S 576; Schallen, Zulassungsverordnung, 8. Aufl 2012, Vorbem zu § 18 RdNr 38; aA Pawlita in jurisPK-SGB V, 2. Aufl, § 95 RdNr 74). Der Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens lässt die Gründe für die wenig konsistente Regelung erkennen: Der Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Gesundheitssystems (Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz) vom 16.6.2003 (BT-Drucks 15/1170) hatte allein die Tätigkeit von angestellten Ärzten in den noch als "Gesundheitszentren" bezeichneten Einrichtungen vorgesehen. An die Stelle dieses Gesetzentwurfs ist dann - als Ergebnis von Konsensverhandlungen der damaligen Regierungskoalition (Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen) mit der Fraktion der CDU/CSU - der Entwurf eines GMG vom 8.9.2003 (BT-Drucks 15/1525) getreten, der wesentliche Regelungen aus dem Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz übernahm, jedoch zusätzlich die Möglichkeit einer Tätigkeit von Vertragsärzten in MVZ vorsah (vgl Behnsen, Das Krankenhaus 2004, 602, 604; Konerding, aaO, S 55 ff). Hinweise zu der Frage, in welchem Verhältnis die Zulassung des MVZ zur Zulassung eines dort tätigen Vertragsarztes steht, sind auch der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen. Offenbar ging es nicht zuletzt darum, politischen Überzeugungen zur Bedeutung der Freiberuflichkeit der ärztlichen Tätigkeit Ausdruck zu geben (vgl BT-Drucks 15/1600 S 9; Konerding, Der Vertragsarztsitz im MVZ, 2009, S 55 ff; Lindenau, GesR 2005, 494, 496).

27

Einer abschließenden Klärung des Verhältnisses der beiden Zulassungen zueinander bedarf es indes auch für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht. Ausschlaggebend ist, dass nicht der zugelassene Arzt im MVZ, sondern das zugelassene MVZ selbst der KÄV als Rechtssubjekt gegenübertritt. Leistungserbringer ist das MVZ und nicht der dort tätige Vertragsarzt, dessen Leistungen dem MVZ zugerechnet und grundsätzlich über das MVZ abgerechnet werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 121 Nr 6 RdNr 21). Während ihrer Tätigkeit im MVZ stehen Vertragsärzte bezogen auf ihre Rechte und Pflichten im System der vertragsärztlichen Versorgung im Wesentlichen den dort angestellten Ärzten gleich (vgl Kaya, aaO, S 292; Konerding, Der Vertragsarztsitz im MVZ, 2009, S 96 f). Damit ist es jedenfalls für die hier maßgebende Frage der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung im Bereitschaftsdienst nicht von Bedeutung, ob das MVZ seine Leistungen durch angestellte Ärzte oder (auch) durch dort tätige Vertragsärzte erbringt. Anknüpfungspunkt für die Verpflichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ist in beiden Fällen das MVZ als zugelassener Leistungserbringer und nicht der im MVZ tätige Arzt.

28

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen (§ 154 Abs 1 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 30. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 400 413 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Kläger wenden sich gegen Honorarrückforderungen für die Quartale I bis IV/2002. Sie nehmen als Fachärzte für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil und betreiben eine Praxisgemeinschaft. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) stellte im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung fest, dass in den streitbefangenen Quartalen in der Praxisgemeinschaft zwischen 86,92 % und 92,81 % der Patienten eines Arztes auch bei dessen Praxisgemeinschaftspartnern behandelt wurde. Sie kürzte daraufhin die Honoraransprüche der Kläger für die streitbefangenen Quartale um insgesamt ca 400 000 Euro. Die Widersprüche hiergegen waren erfolglos. Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben, weil eine missbräuchliche Ausnutzung der Rechtsform der Praxisgemeinschaft nicht erwiesen sei. Das LSG hat mit dem angefochtenen Urteil das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Bei der von der KÄV festgestellten Quote von Doppelbehandlungen sei ohne Weiteres von einem Gestaltungsmissbrauch auszugehen.

2

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger, die eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG sowie einen Verfahrensmangel gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend machen.

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger hat keinen Erfolg.

4

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung iS des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG(vgl dazu BVerfGE 91, 93, 107 = SozR 3-5870 § 10 Nr 5 S 31; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 5 RdNr 3 ). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (hierzu s zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Die Bedeutung über den Einzelfall hinaus ist nicht gegeben, wenn die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des vorliegenden Einzelfalls einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 50/07 B - RdNr 6 iVm 11). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (s die BVerfG-Angaben in BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 sowie BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 16 RdNr 4 f; BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5).

5

Soweit die Kläger die Frage stellen, ob im Rahmen von Praxisgemeinschaften, bei denen ggf Patientenidentitäten von über 20 % vorhanden sind, kollegiale Vertretungen - nicht Vertretungen iS des § 32 Zulassungsverordnung - zu berücksichtigen sind, richtet sich dies offenbar gegen die von der Beklagten festgestellte Größenordnung der Patientenidentitäten. In dieselbe Richtung gehen die Fragen, ob ein Patient, der während eines Urlaubs seines Hausarztes in kollegialer Vertretung zu einem anderen Hausarzt in dessen Praxis geht, die mit derjenigen des Urlaubenden in Praxisgemeinschaft verbunden ist, einen gemeinsamen Fall darstellt und ob bei Nicht-Vorhalten eines Notdienstes seitens einer KÄV - hier der Beklagten - die wechselseitigen Notdienstangebote rund um die Uhr außerhalb der Zeiten des regulären Notdienstes (im ländlichen Gebiet) die Annahme rechtfertigten, dass eine gemeinsame Behandlung nicht vorliegt. Es kann offen bleiben, ob die Darlegungen der Kläger zur grundsätzlichen Bedeutung dieser Fragen den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügen. Die Fragen sind jedenfalls weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig.

6

Das BSG hat bereits festgestellt, dass jedenfalls dann, wenn in einer Praxisgemeinschaft kooperierende Vertragsärzte desselben Fachgebiets mehr als 50 % der Patienten in einem Quartal gemeinsam behandeln, tatsächlich die für eine Gemeinschaftspraxis kennzeichnende gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit stattfindet (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 20). Der Senat hat die Vermutung des Gestaltungsmissbrauchs damit begründet, dass bei einer Patientenidentität von mehr als 50 % das Patientenaufkommen wie bei einer Gemeinschaftspraxis koordiniert werden müsse. Die Verpflichtung der hausärztlichen Präsenz auch in sprechstundenfreien Zeiten ggf in Kooperation mit anderen hausärztlichen Praxen nach § 2 Abs 3 Nr 1 des Vertrages über die hausärztliche Versorgung stellt die Vermutung des Gestaltungsmissbrauchs nicht in Frage. Da ab der vom Senat bisher herangezogenen Grenze von 50 % Umfang und Häufigkeit der Behandlung gemeinsamer Patienten gerade als Indiz für eine gemeinsame Praxisführung zu werten sind, kommt ein "Herausrechnen" der Fälle "kollegialer Vertretung" nicht in Betracht. Bei Patientenidentitäten, wie sie bei den Klägern vorlagen, steht außer Zweifel, dass sie sich nicht durch Vertretungsfälle im üblichen Umfang erklären lassen (vgl dazu Clemens in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106a RdNr 175). Der Senat hat zur Höhe der Rückforderung im Übrigen ausgeführt, dass in Fällen des Gestaltungsmissbrauchs auf die Abrechnungsregelungen für die Gemeinschaftspraxis zurückgegriffen werden kann. Dementsprechend ist die Beklagte vorgegangen. Dass innerhalb einer Gemeinschaftspraxis eine Vertretung grundsätzlich nicht abgerechnet werden kann, hat der Senat zuletzt am 14.12.2011 entschieden (SozR 4-2500 § 106a Nr 8 RdNr 28).

7

Die Vermutung des Gestaltungsmissbrauchs ist in diesem Zusammenhang auch nicht an den Umstand geknüpft, dass eine zuvor bestehende Gemeinschaftspraxis in eine Praxisgemeinschaft umgewandelt wurde. Insofern hat der Senat lediglich ausgeführt, dass ein Gestaltungsmissbrauch insbesondere dann vorliege, wenn unter der Rechtsform der Praxisgemeinschaft eine vormals von diesen Vertragsärzten betriebene Gemeinschaftspraxis unter vergleichbaren Praxisbedingungen faktisch fortgeführt werde (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 20). Eine Beschränkung der Annahme des Gestaltungsmissbrauchs auf diese Sachverhalte lässt sich dem nicht entnehmen (vgl auch Beschluss des Senats vom 11.5.2011 - B 6 KA 1/11 B - juris RdNr 12).

8

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung und der konkreten Fallgestaltung stellen sich die Fragen:

        

"Ist von einer gemeinsamen Behandlung der Patienten und des Patientenstammes in jedem Fall zu sprechen, wenn die Patienten - ausgehend von der Praxis eines Praxisgemeinschaftspartners zu mehr als 50 % - in der Praxis eines anderen Partners behandelt werden und zwar aufgrund von (berechtigten) kollegialen Urlaubsvertretungen und (berechtigten) Notdienstvertretungen?"

        

und:   

        

"Wird eine Überweisung an einen Praxisgemeinschaftspartner gleicher Fachrichtung zu einer gemeinsamen Behandlung eines Patienten, auch wenn der Überweisende nicht die Qualifikationen hat, um die angeforderten Leistungen des Überweisungsempfängers zu erbringen?"

nicht mehr. Zum einen ist bei einem bestimmten Vom-Hundert-Satz gemeinsam behandelter Patienten in einer fachgebietsgleichen Praxisgemeinschaft ein Missbrauch der Rechtsform ohne Weiteres anzunehmen (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 19). Zum anderen fehlt es an der Darlegung der Klärungsfähigkeit dieser Fragen. Wenn etwa im Widerspruchsbescheid für das Quartal IV/2002 festgestellt wird, dass bei einer Gesamtzahl von 2757 Fällen 1309 Fälle von allen drei Ärzten behandelt wurden und dabei der überwiegende Teil in der Behandlungskombination "eigene Leistung/Vertreterfall" abgerechnet wurde, ist nicht erkennbar, dass - soweit die Vertretungsregelungen überhaupt Anwendung finden können - berechtigte Vertretungen das Bild grundsätzlich verändern könnten. Zu den Überweisungen ist festgestellt, dass sie ausschließlich zur Mit- und Weiterbehandlung, nicht aber mit einem Auftrag ausgestellt wurden.

9

Soweit die Kläger fragen,

        

"Kann eine Praxisgemeinschaft als Organisationsform überhaupt noch zwischen Ärzten gleicher Fachrichtung, also zwischen Ärzten desselben Fachgebietes, in Betracht kommen, wenn aufgrund spezifischer Genehmigungen mindestens des einen Arztes der Praxisgemeinschaft im Gegensatz zu derjenigen/denjenigen des anderen Arztes/der anderen Ärzte von vornherein eine - von hier aus so gesehene: berechtigte - Mehrfachinanspruchnahme erfolgen wird?"

fehlt es an Darlegungen sowohl zur Klärungsbedürftigkeit dieser allgemein gehaltenen Frage als auch zu ihrer Klärungsfähigkeit. Es ist nicht zweifelhaft, dass eine Praxisgemeinschaft zwischen Vertragsärzten gleicher Fachrichtungen mit jeweils spezifischem Leistungsspektrum zulässig ist. Ebensowenig ist allerdings zweifelhaft, dass das unterschiedliche Leistungsprofil keine Patientenidentität in dem hier festgestellten Umfang rechtfertigen kann. Auch insoweit ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass Überweisungen nach den Feststellungen des LSG ausschließlich zur Mit- und Weiterbehandlung, nicht aber mit einem Auftrag ausgestellt wurden.

10

Auch hinsichtlich der Frage,

        

"Ist es nicht nur rechtlich möglich, sondern rechtlich sogar geboten, Regelungen wie im vom erkennenden Senat am 27.6.2012 entschiedenen Fall der KZV HH zu treffen"

ist ein konkreter Bezug zu dem hier streitigen Fall nicht zu erkennen. In der genannten Entscheidung hat der Senat im Übrigen nicht in Frage gestellt, dass ein auffälliger Anteil an Mehrfacheinlesungen Anlass zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen geben kann (SozR 4-2500 § 85 Nr 71 RdNr 25 ff).

11

Schließlich sind für die Fragen,

        

"Ist es rechtens, wenn zur Ermittlung sogenannter missbräuchlicher Patientenidentitäten bei mehr als zwei in Praxisgemeinschaft kooperierenden Vertragsärzte desselben Fachgebietes die Anzahl der Patientenidentitäten zwischen jeweils dem einen Vertragsarzt und seinen Praxisgemeinschaftspartnern aufaddiert werden, ohne auf das Vorliegen einer sachlichen Berechtigung abzustellen?"

        

Und     

        

"Müssen in einem solchen Fall Korrekturen bei anerkannten Vertretungsscheinen, sei es wegen Urlaub oder Notdienst und Überweisungen anerkannt und durchgeführt werden?"

unter Auswertung der Rechtsprechung des Senats weder die Klärungsbedürftigkeit noch die Klärungsfähigkeit im konkreten Fall ausreichend dargelegt. Das gesamte Vorbringen der Kläger zielt darauf ab, die Anknüpfung an den Umfang der Patientenidentität erneut zur Überprüfung zu stellen. Ein hinreichender Anlass dafür ist von ihnen nicht dargetan.

12

2. Auch ein Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG liegt nicht vor. Soweit die Kläger den Tatbestand des LSG-Urteils für falsch halten, handelt es sich bereits nicht um einen Verfahrensmangel, der mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden kann. Die Kläger hätten insoweit vielmehr einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 139 SGG stellen müssen. Da es sich bei dem von den Klägern beanstandeten Text um die Wiedergabe des Inhalts des Widerspruchsbescheids handelt und das LSG in seiner Begründung maßgeblich auf die hohe Quote der Doppelbehandlungen abgestellt hat, kann die angefochtene Entscheidung darüber hinaus auch nicht auf dem geltend gemachten Mangel beruhen.

13

Soweit die Kläger ausführen, sie seien durch die Aussage "Ob sich ein gewisser Anteil der Mehrfachbehandlungen durch berechtigte Vertretungen, namentlich in Urlaubszeiten, erklären lässt, fällt angesichts der Dimension der ermittelten Doppelbehandlungen nicht mehr entscheidend ins Gewicht; auch das BSG hat keine diesbezügliche Differenzierung getroffen." überrascht worden, ist dies nicht nachvollziehbar. Sie selbst haben die Bedeutung der berechtigten Vertretungsfälle im Verfahren thematisiert. Der Anspruch auf rechtliches Gehör, den die Kläger offenbar als verletzt ansehen, soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (vgl BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 mwN; BVerfGE 84, 188, 190). Er soll sicherstellen, dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen miteinbezogen wird (BVerfGE 22, 267, 274; 96, 205, 216 f). Art 103 Abs 1 GG gebietet aber nicht, dass das Gericht vor seiner Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist (BVerfG vom 27.11.2008 - 2 BvR 1012/08 - Juris RdNr 6; BVerfGE 86, 133, 145, jeweils mwN). Auch aus § 62 SGG ergibt sich keine Pflicht des Prozessgerichts, vor einer Entscheidung die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte mit den Beteiligten zu erörtern, soweit sie bereits aus dem Verfahrensstand ersichtlich sind(vgl BSG SozR 3-1500 § 112 Nr 2). Eine Überraschungsentscheidung liegt nur dann vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bislang nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht rechnen musste (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 17). Das ist hier nicht der Fall. Dass das LSG eine nach Auffassung der Kläger nicht nachvollziehbare Begründung gegeben hat, vermag einen Verfahrensfehler nicht zu begründen.

14

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach tragen die Kläger die Kosten des von ihnen erfolglos geführten Rechtsmittels nach Kopfteilen (§ 154 Abs 2, § 159 Satz 1 VwGO iVm § 100 Abs 1 ZPO).

15

4. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Seine Bemessung erfolgt entsprechend dem streitigen Regressbetrag.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 11. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 13 295 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Im Streit steht die Rechtmäßigkeit von Honorarrückforderungen für die Quartale I/2002 bis IV/2002.

2

Der Kläger hatte zunächst mit dem ebenfalls als Urologe an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Dr. B. in einer Gemeinschaftspraxis kooperiert. Seit Ende 1997 betrieb er zusammen mit diesem Arzt eine Praxisgemeinschaft. Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) stellte im Rahmen einer auf das Quartal I/2002 bezogenen erweiterten Plausibilitätsprüfung fest, dass 474 Patienten (33,59 % bzw 30,03 %) zugleich bei beiden Ärzten in Behandlung waren und dass das Einlesedatum der Chipkarte überwiegend identisch war. Wegen der auffällig erhöhten Patientenidentität stellte die Beklagte die Honorarabrechnung für dieses Quartal mit Bescheid vom 5.7.2004 richtig und forderte Honorar in Höhe von 2625,56 Euro zurück. Entsprechendes erfolgte mit Bescheid vom 6.6.2006 für die Quartale II/2002 bis IV/2002; zurückgefordert wurden Beträge von 3509,22 Euro (Quartal II/2002), 3712,54 Euro (Quartal III/2002) bzw 3447,25 Euro (Quartal IV/2002). Die hiergegen erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.3.2008 zurück. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 4.5.2011, Beschluss des LSG vom 11.12.2013).

3

Das LSG hat ausgeführt, die Beklagte sei zur Richtigstellung befugt, weil der Kläger sich durch eine missbräuchliche Zusammenarbeit mit Dr. B. Honorarvorteile verschafft habe, die er bei einer pflichtgemäßen Zusammenarbeit innerhalb der Praxisgemeinschaft nicht hätte erlangen können. Eine missbräuchliche Nutzung der Kooperationsform Praxisgemeinschaft könne auch bei einer Patientenidentität von 20 % bis 50 % vorliegen, wenn sich anhand der Umstände des Einzelfalles ergebe, dass die Ärzte tatsächlich wie die Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis zusammenarbeiteten. Vorliegend seien im Quartal I/2002 30,03 % der vom Kläger behandelten Patienten (bzw 24,9 % nach Abzug berechtigter Vertretungsfälle) auch von Dr. B. oder von beiden Ärzten behandelt worden. Im Quartal II/2002 seien dies 31,4 % gewesen, im Quartal III/2002 32,5 % (bzw 25,1 % nach Abzug berechtigter Vertretungsfälle) sowie im Quartal IV/2002 29,75 % (bzw 22,4 %). Zudem lägen Indizien vor, die für eine Zusammenarbeit in einer Gemeinschaftspraxis sprächen, nämlich die planmäßig erfolgte Behandlung von Heimbewohnern mit aufeinander abgestimmten An- und Abwesenheitszeiten für Hausbesuche in den Altenheimen sowie die abgestimmte Wahrnehmung von ambulanten Operationen. Bestätigt würde dies durch das Ergebnis der vorgenommenen Stichprobenüberprüfungen, insbesondere durch die überwiegend identischen Diagnosen; schließlich könne nicht außer Betracht bleiben, dass es dem Kläger und seinem Partner gelungen sei, seit 1996 die Zahl der "Fälle" im Rahmen ihrer "Praxisgemeinschaft" insgesamt mehr als zu verdoppeln.

4

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.

5

II. Die zulässige Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

6

Die Revisionszulassung setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 5 RdNr 3). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (hierzu s zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f sowie BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Nichts anderes gilt, wenn kein vernünftiger Zweifel an der Richtigkeit der vom LSG dazu gegebenen Auslegung bestehen kann, weil sich die Beantwortung bereits ohne Weiteres aus der streitigen Norm selbst ergibt (vgl hierzu BSG Beschluss vom 2.4.2003 - B 6 KA 83/02 B - Juris RdNr 4). Die Bedeutung über den Einzelfall hinaus ist nicht gegeben, wenn die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des vorliegenden Einzelfalls einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl zB BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 50/07 B - RdNr 6 iVm 11). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (s die BVerfG-Angaben in BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 sowie BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 16 RdNr 4 f).

7

Die Rechtsfrage,

        

ob es bei einer Patientenidentität zwischen 20 % und 50 % keinen die Annahme einer missbräuchlichen Nutzung der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft - und somit die rechnerische Kürzung des Honorars auf das einer fiktiven BAG - rechtfertigenden weiteren Umstand darstellt, wenn ein Vertragsarzt und sein Praxisgemeinschafts-Kollege
a) Heimpatienten "im Wechsel" mit Hausbesuchen versorgen und/oder
b) bei durch die Versorgung von Versicherten

                 

(1) mit Hausbesuchen und/oder
(2) mit ambulanten Operationen im nahe gelegenen Krankenhaus

        

bedingter Abwesenheit eines Arztes seine Patienten vom jeweils anderen als eigene behandelt haben, und unter Berücksichtigung der sich aus diesen Umständen ergebenden Fälle der Anteil identischer Patienten unter 20 % sinkt,

ist nicht klärungsbedürftig, weil sich die Antwort aus der Rechtsprechung des Senats ergibt.

8

Danach liegt eine missbräuchliche Nutzung der Kooperationsform der Praxisgemeinschaft vor, wenn Ärzte oder Zahnärzte ihre Zusammenarbeit im Innen- und Außenverhältnis so gestalten, wie dies für eine Gemeinschaftspraxis (heute: Berufsausübungsgemeinschaft) typisch ist (vgl BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 6 KA 1/11 B - Juris RdNr 11). Ein hoher Anteil von Patienten, an deren Behandlung sowohl der von der Prüfung betroffene Arzt als auch Kollegen derselben Praxisgemeinschaft beteiligt sind, indiziert eine missbräuchliche Nutzung der Kooperationsform (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 19; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 17/07 B - Juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 8.12.2010 - B 6 KA 46/10 B - RdNr 14; BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 6 KA 1/11 B - RdNr 11). Ein hoher gemeinsamer Patientenanteil spricht stets dafür, dass die Rechtsform der Praxisgemeinschaft im Praxisalltag nicht transparent realisiert wurde (BSG Beschluss vom 11.5.2011 - B 6 KA 1/11 B - RdNr 11), sondern tatsächlich die für eine Gemeinschaftspraxis kennzeichnende Ausübung der ärztlichen Tätigkeit stattfindet (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 20; BSG Beschluss vom 6.2.2013 - B 6 KA 43/12 B - RdNr 6). Bei hoher Patientenidentität muss das Patientenaufkommen koordiniert werden, was wiederum die für die Gemeinschaftspraxis typische einheitliche Praxisorganisation erfordert (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 20; BSG Beschluss vom 6.2.2013 - B 6 KA 43/12 B - RdNr 6). Ein Formenmissbrauch ist nicht erst bei einer Patientenidentität von mehr als 50 % anzunehmen; vielmehr hat der Senat ausdrücklich betont, dass auch deutlich unter 50 % liegende Quoten ausreichen können (BSG Beschluss vom 17.9.2008 - B 6 KA 65/07 B - RdNr 10).

9

Soweit sich die Frage des Klägers darauf bezieht, ob die wechselweise Versorgung von Heimpatienten bzw die wechselweise Durchführung von ambulanten Operationen einen die Annahme einer missbräuchlichen Nutzung "rechtfertigenden" Umstand darstellt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung des Senats immer von einer hohen Quote der gemeinsamen Behandlung von Patienten ausgegangen ist, die grundsätzlich die Annahme eines Rechtsformmissbrauchs trägt. Weitere Umstände, die auf einen Missbrauch hindeuten, hat der Senat mehrfach angesprochen (Beschlüsse vom 5.11.2008 - B 6 KA 17/07 B - Juris RdNr 12; vom 8.12.2010 - B 6 KA 46/10 B - Juris RdNr 15), aber nicht gefordert, dass neben einer auffälligen Patientenidentität stets zusätzliche Sachverhalte eines Formenmissbrauchs gegeben sein müssen. Er entzieht sich einer generellen Festlegung, ob bei einer nur in geringem Maße auffälligen Patientenidentität und plausiblen Erklärungen dafür die Feststellung eines Formenmissbrauchs das Vorliegen weiterer Anhaltspunkte erfordert. Jedenfalls im Regelfall ist nach der Rechtsprechung des Senats bei einem bestimmten Vom-Hundert-Satz gemeinsam behandelter Patienten ein Missbrauch der Rechtsform "ohne Weiteres" anzunehmen (BSG Beschluss vom 6.2.2013 - B 6 KA 43/12 B - RdNr 8).

10

Zudem sind die vom Kläger angeführten Gesichtspunkte nicht geeignet, eine hohe Patientenidentität zu "rechtfertigen" bzw der Annahme einer missbräuchlichen Nutzung entgegenzustehen. Zum einen hat der Senat bereits entschieden, dass Fälle einer "kollegialen Vertretung" nicht aus der Zahl der von beiden Ärzten behandelten Fällen heraus zu rechnen sind (BSG Beschluss vom 6.2.2013 - B 6 KA 43/12 B - RdNr 6). Dies hat der Senat damit begründet, dass Umfang und Häufigkeit der gemeinsamen Behandlung von Patienten gerade als Indiz für eine gemeinsame Praxisführung zu werten seien; bei hohen Patientenidentitäten stehe außer Zweifel, dass sie sich nicht durch Vertretungsfälle im üblichen Umfang erklären ließen. Dass innerhalb einer Gemeinschaftspraxis eine Vertretung grundsätzlich nicht abgerechnet werden kann, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (Urteil vom 14.12.2011, SozR 4-2500 § 106a Nr 8 RdNr 28).

11

Zum anderen ist die zwischen dem Kläger und Dr. B. abgestimmte Behandlung von Heimbewohnern durch abwechselnde Hausbesuche in den Altenheimen mit aufeinander abgestimmten An- und Abwesenheitszeiten der beiden Ärzte in ihren Praxen sowie die ebenfalls aufeinander abgestimmte Durchführung von ambulanten Operationen im Krankenhaus nur deswegen durchführbar, weil der Kläger sowie Dr. B. ihre Praxisorganisation so gestaltet haben, wie sie für eine Gemeinschaftspraxis bzw Berufsausübungsgemeinschaft kennzeichnend ist. Seinen "Hausbesuchstag" konnte der Kläger nur durchführen, weil Dr. B. regelhaft - wie der Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft - für die Versorgung seiner Patienten zur Verfügung stand. Entsprechendes gilt für die Durchführung ambulanter Operationen.

12

Auch die vom Kläger angeführten "versorgungsbedingten Besonderheiten" rechtfertigen seine Vorgehensweise nicht. Es mag durchaus sinnvoll sein, Hausbesuche in Heimen an bestimmten Tagen zu "bündeln". Es steht dem Kläger sowie Dr. B. frei, hierzu die Organisationsform der Berufsausübungsgemeinschaft zu wählen, so wie sie dies bereits in der Vergangenheit (bis 1997) getan hatten.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger auch die Kosten des von ihm ohne Erfolg durchgeführten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

14

Die Festsetzung des Streitwerts entspricht den Festsetzungen der Vorinstanz vom 11.12.2013, die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG).

(1) Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sind verpflichtet,

1.
die von ihnen festgestellten Arbeitsunfähigkeitsdaten,
2.
in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages und, soweit für die Überprüfung der Zulässigkeit und Richtigkeit der Abrechnung erforderlich, der Uhrzeit der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen, bei zahnärztlicher Behandlung mit Zahnbezug und Befunden,
3.
in den Abrechnungsunterlagen sowie auf den Vordrucken für die vertragsärztliche Versorgung ihre Arztnummer, in Überweisungsfällen die Arztnummer des überweisenden Arztes und bei der Abrechnung von Leistungen nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 die Arztnummer des Arztes, bei dem der Termin vermittelt wurde, sowie die Angaben nach § 291a Absatz 2 Nummer 1 bis 10 maschinenlesbar
aufzuzeichnen und zu übermitteln. Die Diagnosen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 sind nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der jeweiligen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen deutschen Fassung zu verschlüsseln. Das Bundesministerium für Gesundheit kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beauftragen, den in Satz 2 genannten Schlüssel um Zusatzkennzeichen zur Gewährleistung der für die Erfüllung der Aufgaben der Krankenkassen notwendigen Aussagefähigkeit des Schlüssels zu ergänzen. Von Vertragsärzten durchgeführte Operationen und sonstige Prozeduren sind nach dem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen Schlüssel zu verschlüsseln. In dem Schlüssel nach Satz 4 können durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auch Voraussetzungen für die Abrechnung der Operationen und sonstigen Prozeduren festgelegt werden. Das Bundesministerium für Gesundheit gibt den Zeitpunkt des Inkrafttretens der jeweiligen Fassung des Diagnosenschlüssels nach Satz 2 sowie des Prozedurenschlüssels nach Satz 4 im Bundesanzeiger bekannt. Von dem in Satz 6 genannten Zeitpunkt an sind der Diagnoseschlüssel nach Satz 2 sowie der Operationen- und Prozedurenschlüssel nach Satz 4 verbindlich und für die Abrechnung der erbrachten Leistungen zu verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kann bei Auslegungsfragen zu den Diagnosenschlüsseln nach Satz 2 und den Prozedurenschlüsseln nach Satz 4 Klarstellungen und Änderungen mit Wirkung auch für die Vergangenheit vornehmen, soweit diese nicht zu erweiterten Anforderungen an die Verschlüsselung erbrachter Leistungen führen. Für das Verfahren der Festlegung des Diagnoseschlüssels nach Satz 2 sowie des Operationen- und Prozedurenschlüssels nach Satz 4 gibt sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Verfahrensordnung, die der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit bedarf und die auf der Internetseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zu veröffentlichen ist. Die Angaben nach Satz 1 Nummer 1 sind unter Angabe der Diagnosen sowie unter Nutzung des sicheren Übermittlungsverfahrens nach § 311 Absatz 6 über die Telematikinfrastruktur unmittelbar elektronisch an die Krankenkasse zu übermitteln; dies gilt nicht für Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, die nicht an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sind.

(1a) Für die Erfüllung der Aufgaben nach § 106d sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte verpflichtet und befugt, auf Verlangen der Kassenärztlichen Vereinigungen die für die Prüfung erforderlichen Befunde vorzulegen.

(1b) Ärzte, Einrichtungen und medizinische Versorgungszentren, die ohne Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Krankenkassen oder ihren Verbänden Verträge über Modellvorhaben nach § 64e, zu besonderen Versorgungsformen (§ 140a) oder zur Versorgung nach den §§ 73b, 132e oder 132f abgeschlossen haben, psychiatrische Institutsambulanzen sowie Leistungserbringer, die gemäß § 116b Abs. 2 an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung teilnehmen, übermitteln die in Absatz 1 genannten Angaben, bei Krankenhäusern einschließlich ihres Institutionskennzeichens, an die jeweiligen Krankenkassen im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern; vertragsärztliche Leistungserbringer können in den Fällen des § 116b die Angaben über die Kassenärztliche Vereinigung übermitteln. Das Nähere regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit Ausnahme der Datenübermittlung der Leistungserbringer, die gemäß § 116b Absatz 2 an der ambulanten spezialärztlichen Versorgung teilnehmen, sowie der psychiatrischen Institutsambulanzen. Die psychiatrischen Institutsambulanzen übermitteln die Angaben nach Satz 1 zusätzlich an die Datenstelle nach § 21 Absatz 1 Satz 1 des Krankenhausentgeltgesetzes. Die Selbstverwaltungspartner nach § 17b Absatz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes vereinbaren für die Dokumentation der Leistungen der psychiatrischen Institutsambulanzen nach Satz 1 sowie für die Durchführung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 101 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2b zu beschließenden Bestimmungen bis spätestens zum 1. Januar 2018 einen bundeseinheitlichen Katalog, der nach Art und Umfang der Leistung sowie der zur Leistungserbringung eingesetzten personellen Kapazitäten getrennt nach Berufsgruppen und Fachgebieten differenziert, sowie das Nähere zur Datenübermittlung nach Satz 3; für die Umsetzung des Prüfauftrags nach § 17d Absatz 1 Satz 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes vereinbaren sie dabei auch, ob und wie der Prüfauftrag auf der Grundlage der Daten einer Vollerhebung oder einer repräsentativen Stichprobe der Leistungen psychiatrischer Institutsambulanzen sachgerecht zu erfüllen ist. § 21 Absatz 4, Absatz 5 Satz 1 und 2 sowie Absatz 6 des Krankenhausentgeltgesetzes ist für die Vereinbarung zur Datenübermittlung entsprechend anzuwenden. Für die Vereinbarung einer bundeseinheitlichen Dokumentation der Leistungen der psychiatrischen Institutsambulanzen gilt § 21 Absatz 4 und 6 des Krankenhausentgeltgesetzes entsprechend mit der Maßgabe, dass die Schiedsstelle innerhalb von sechs Wochen entscheidet. Die Schiedsstelle entscheidet innerhalb von sechs Wochen nach Antrag einer Vertragspartei auch über die Tatbestände nach Satz 4 zweiter Halbsatz, zu denen keine Einigung zustande gekommen ist. In Fällen der Verträge nach den §§ 73b und 140a sind als zusätzliche Angabe je Diagnose auch die Vertragsnummern nach § 293a Absatz 1 Satz 4 zu übermitteln; Satz 1 gilt entsprechend.

(2) Für die Abrechnung der Vergütung übermitteln die Kassenärztlichen Vereinigungen im Wege elektronischer Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern den Krankenkassen für jedes Quartal für jeden Behandlungsfall folgende Daten:

1.
Angaben nach § 291a Absatz 2 Nummer 1, 6 und 7,
2.
Arzt- oder Zahnarztnummer, in Überweisungsfällen die Arzt- oder Zahnarztnummer des überweisenden Arztes und bei der Abrechnung von Leistungen nach § 73 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 die Arztnummer des Arztes, bei dem der Termin vermittelt wurde,
3.
Art der Inanspruchnahme,
4.
Art der Behandlung,
5.
Tag und, soweit für die Überprüfung der Zulässigkeit und Richtigkeit der Abrechnung erforderlich, die Uhrzeit der Behandlung,
6.
abgerechnete Gebührenpositionen mit den Schlüsseln nach Absatz 1 Satz 5, bei zahnärztlicher Behandlung mit Zahnbezug und Befunden,
7.
Kosten der Behandlung,
8.
den Nachweis über die Erfüllung der Meldepflicht nach § 36 des Implantateregistergesetzes,
9.
bei der Abrechnung von Leistungen im Rahmen von Verträgen nach den §§ 73b und 140a, an denen eine Kassenärztliche Vereinigung beteiligt ist, je Diagnose die Angabe der jeweiligen Vertragsnummer nach § 293a Absatz 1 Satz 4.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen übermitteln für die Durchführung der Programme nach § 137g die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137f festgelegten Angaben versichertenbezogen an die Krankenkassen, soweit sie an der Durchführung dieser Programme beteiligt sind. Die Kassenärztlichen Vereinigungen übermitteln den Krankenkassen die Angaben nach Satz 1 für Versicherte, die an den Programmen nach § 137f teilnehmen, versichertenbezogen. § 137f Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt.

(2a) Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sowie Leistungserbringer, die ohne Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Krankenkassen oder ihren Verbänden Verträge zu besonderen Versorgungsformen (§ 140a) oder zur Versorgung nach § 73b abgeschlossen haben, sowie Leistungserbringer, die gemäß § 116b Abs. 2 an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung teilnehmen, sind verpflichtet, die Angaben gemäß § 292 aufzuzeichnen und den Krankenkassen zu übermitteln; vertragsärztliche Leistungserbringer können in den Fällen des § 116b die Angaben über die Kassenärztliche Vereinigung übermitteln.

(3) Die Vertragsparteien der Verträge nach § 82 Abs. 1 und § 87 Abs. 1 vereinbaren als Bestandteil dieser Verträge das Nähere über

1.
Form und Inhalt der Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen,
2.
Form und Inhalt der im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Vordrucke,
3.
die Erfüllung der Pflichten der Vertragsärzte nach Absatz 1,
4.
die Erfüllung der Pflichten der Kassenärztlichen Vereinigungen nach Absatz 2, insbesondere auch Form, Frist und Umfang der Übermittlung der Abrechnungsunterlagen an die Krankenkassen oder deren Verbände,
5.
Einzelheiten der Datenübermittlung einschließlich einer einheitlichen Datensatzstruktur und der Aufbereitung von Abrechnungsunterlagen nach den §§ 296 und 297.
Die Vertragsparteien nach Satz 1 vereinbaren bis zum 30. September 2021 eine Verkürzung der Frist der Übermittlung der Abrechnungsunterlagen nach Satz 1 Nummer 4.

(4) Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen und medizinischen Versorgungszentren haben die für die Abrechnung der Leistungen notwendigen Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung im Wege elektronischer Datenübertragung, die unter Anwendung des sicheren Übermittlungsverfahrens nach § 311 Absatz 6 über die Telematikinfrastruktur erfolgen kann, oder maschinell verwertbar auf Datenträgern zu übermitteln. Das Nähere regelt die Kassenärztliche Bundesvereinigung. Dies umfasst im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte für die Abrechnung und Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen die Vorgabe von verbindlichen Regelungen zur Vergabe und Übermittlung der Schlüssel nach Absatz 1 Satz 6 sowie von Prüfmaßstäben erstmals bis zum 30. Juni 2020 mit Wirkung zum 1. Januar 2022. Die Regelungen und die Prüfmaßstäbe nach Satz 3 sind danach jährlich zu aktualisieren; die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat gegenüber den nach Satz 3 zu Beteiligenden das Verfahren nachvollziehbar und transparent zu begründen, Anforderungen für die Zertifizierung von Software, Softwareteilen und Komponenten nach Satz 6 darzulegen und die Erläuterungen auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. Die Regelungen und die Prüfmaßstäbe nach Satz 3 gelten auch für Leistungserbringer nach § 27b Absatz 3, den §§ 73b, 76 Absatz 1a, den §§ 116, 116a, 116b Absatz 2, den §§ 117 bis 119, 119c, 120 Absatz 1a, den §§ 121a, 137f und 140a sowie für die Leistungserbringung nach § 115b. Die Regelungen und die Prüfmaßstäbe nach Satz 3 sind auch Gegenstand der durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung durchzuführenden Zertifizierung von Software, Softwareteilen und Komponenten, soweit diese außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung zur Anwendung kommen sollen; das Zertifizierungsverfahren hat zudem die Einhaltung der ärztlichen Pflicht zur Übermittlung der Vertragsnummer nach Absatz 1b Satz 8 in Verträgen nach den §§ 73b und 140a zu gewährleisten. Die Vorgabe von verbindlichen Regelungen zur Vergabe und Übermittlung der Schlüssel sowie von Prüfmaßstäben nach Satz 3 und die jährliche Aktualisierung nach Satz 4 sind im Einvernehmen mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft zu beschließen, sofern Schlüssel nach Absatz 1 Satz 6 wesentlich von Leistungserbringern nach Satz 5, mit Ausnahme von Leistungserbringern nach den §§ 73b und 140a, vergeben werden.

(5) (weggefallen)

(1) Die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und Praxiseinrichtungen sowie die gemeinsame Beschäftigung von Hilfspersonal durch mehrere Ärzte ist zulässig. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind hiervon zu unterrichten. Nicht zulässig ist die gemeinsame Beschäftigung von Ärzten und Zahnärzten; dies gilt nicht für medizinische Versorgungszentren.

(2) Die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist zulässig unter allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern an einem gemeinsamen Vertragsarztsitz (örtliche Berufsausübungsgemeinschaft). Sie ist auch zulässig bei unterschiedlichen Vertragsarztsitzen der Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft (überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft), wenn die Erfüllung der Versorgungspflicht des jeweiligen Mitglieds an seinem Vertragsarztsitz unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte und Psychotherapeuten in dem erforderlichen Umfang gewährleistet ist sowie das Mitglied und die bei ihm angestellten Ärzte und Psychotherapeuten an den Vertragsarztsitzen der anderen Mitglieder nur in zeitlich begrenztem Umfang tätig werden. Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistungen, ist zulässig, sofern diese nicht einer Umgehung des Verbots der Zuweisung von Versicherten gegen Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile nach § 73 Absatz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch dient. Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn sich der Beitrag des Arztes auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung der übrigen Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt oder wenn der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht. Die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, stellt keine persönlich erbrachte anteilige Leistung in diesem Sinne dar.

(3) Die Berufsausübungsgemeinschaft bedarf der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses. Für überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften mit Vertragsarztsitzen in mehreren Zulassungsbezirken einer Kassenärztlichen Vereinigung wird der zuständige Zulassungsausschuss durch Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung sowie den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bestimmt. Hat eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft Mitglieder in mehreren Kassenärztlichen Vereinigungen, so hat sie den Vertragsarztsitz zu wählen, der maßgeblich ist für die Genehmigungsentscheidung sowie für die auf die gesamte Leistungserbringung dieser überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft anzuwendenden ortsgebundenen Regelungen, insbesondere zur Vergütung, zur Abrechnung sowie zu den Abrechnungs-, Wirtschaftlichkeits- und Qualitätsprüfungen. Die Wahl hat jeweils für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren unwiderruflich zu erfolgen. Die Genehmigung kann mit Auflagen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Anforderungen nach Absatz 2 erforderlich ist; das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln.

(1) Der Vertragsarzt kann Ärzte nach Maßgabe des § 95 Abs. 9 und 9a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anstellen. In den Bundesmantelverträgen sind einheitliche Regelungen zu treffen über den zahlenmäßigen Umfang der Beschäftigung angestellter Ärzte unter Berücksichtigung der Versorgungspflicht des anstellenden Vertragsarztes.

(2) Die Anstellung bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Für den Antrag gelten § 4 Abs. 2 bis 4 und § 18 Abs. 2 bis 4 entsprechend. § 21 gilt entsprechend. § 95d Abs. 5 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(3) Der Vertragsarzt hat den angestellten Arzt zur Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten.

(4) Über die angestellten Ärzte führt die Kassenärztliche Vereinigung (Registerstelle) ein besonderes Verzeichnis.

(5) Auf Antrag des Vertragsarztes ist eine nach Absatz 2 genehmigte Anstellung vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen oder halben Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(6) Die Beschäftigung eines Vertreters für einen angestellten Arzt ist zulässig; § 32 Absatz 1 und 4 gilt entsprechend. Die Beschäftigung eines Vertreters für einen angestellten Arzt ist für die Dauer von sechs Monaten zulässig, wenn der angestellte Arzt freigestellt ist oder das Anstellungsverhältnis durch Tod, Kündigung oder andere Gründe beendet ist. Hat der angestellte Arzt einen gesetzlichen Anspruch auf Freistellung, ist eine Vertretung für die Dauer der Freistellung zulässig.

(7) § 26 gilt entsprechend.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.