Sozialgericht München Beschluss, 16. Sept. 2016 - S 54 SO 457/16 ER

16.09.2016

Tenor

I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten der anstehenden Kfz-Reparatur iHv 2 631,83 € zu gewähren.

II. Im Übrigen wird der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt.

III. Der Antragsgegner trägt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

Gründe

I

Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darüber, ob der Antragsgegner verpflichtet ist, dem Antragsteller Eingliederungshilfe in Form der Kfz-Hilfe zu gewähren.

Der 1975 geborene Kläger leidet an spinaler Musekelatrophie und ist (elektro-) rollstuhlpflichtig. Ihm sind ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G, aG, H und B anerkannt. Die Pflegekasse gewährt Leistungen nach der Pflegestufe III, insgesamt erhält der Antragsteller Hilfe zur Pflege in Form einer 22,5 Stunden-Assistenz, die durch Leistungen des Antragsgegners im Rahmen der Eingliederungshilfe auf eine 24-Stunden-Assistenz aufgestockt wird. Seinen Lebensunterhalt bestreitet der Antragsteller aus Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII.

Der Antragsteller verfügt über ein abgeschlossenes Hochschulstudium (Diplom-Kommunikationswirt), das der Antragsgegner ua durch Eingliederungshilfe in Form der Kfz-Hilfe unterstützte. Im Anschluss an das Hochschulstudium wurde der Antragsteller mit einer von Prof Dr C. betreuten Dissertation vom FB09 der C. Universität C-Stadt als Doktorand angenommen (Bestätigung vom 28.1.2014).

Am 30.3.2014 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner Eingliederungshilfe in Form der Kfz-Hilfe. Er verfüge über einen aus Stiftungsmitteln angeschafften VW-Bus, der von seinen Assistenten gefahren werde. Er benötige das Auto für Fahrten zur Hochschule, um an Seminaren und Kolloquien teilzunehmen und den Fortgang seiner Promotion mit dem Betreuer zu besprechen, für Fahrten zu Kongressen, Symposien und Tagungen, zu denen er eingeladen werde, für Fahrten zu Bibliotheken und Archiven, zu kulturellen Veranstaltungen, Eltern und Verwandten sowie zu Aktionen, die im Rahmen behindertenpolitischer Aktionen stattfänden.

Der Antragsgegner lehnte die Bewilligung von Hilfe zum Betrieb und zur Instandhaltung des Kfzs ab. Der Antragsteller habe durch das abgeschlossene Hochschulstudium einen angemessenen Beruf erlangt. Es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Studienabschluss keine ausreichende Lebensgrundlage biete. Die Verpflichtung, eine bestmögliche Ausbildung zu unterstützen, bestehe nicht. Für die Eingliederung von Hochschulabsolventen sei zuvorderst die Bundesagentur zuständig. Im Übrigen könne der Antragsteller seine Teilhabeziele durch öffentlich Verkehrsmittel, Taxis oder Behindertenfahrdienste erreichen (Bescheid vom 12.8.2014).

Seinen hiergegen erhobenen Widerspruch begründete der Antragsteller damit, dass er allein durch das abgeschlossene Hochschulstudium einen angemessenen Beruf nicht erlangen könne. Er sei aufgrund seiner Behinderung nicht in der Lage, die an einen Kommunikationswirt in der freien Wirtschaft oder im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit gestellten Anforderungen zu erfüllen. Im Rahmen letzterer stünde ihm weiter der besondere arbeitsrechtliche Schutz schwerbehinderter Menschen (Kündigungsschutz, zusätzlicher Urlaub usw) nicht zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund habe er sich zu einer universitären Laufbahn entschieden, die allerdings grundsätzlich eine Promotion voraussetze. Da die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter das einzige realistisch erreichbare Ziel sei, sei dieses Tätigkeitsprofil als angemessener Beruf im Sinne von § 13 Eingliederungshilfeverordnung anzusehen. Das Ziel der Hochschulhilfe sei damit noch nicht erreicht und die Hilfe entsprechend fortzuführen.

Die Regierung von Oberbayern wies den Widerspruch als unbegründet zurück. Ein Promotionsstudium sei grds keine Ausbildung iS der Eingliederungshilfe. Soweit der Antragsteller auf seine Eingliederung in den Arbeitsmarkt abziele, sei die Sozialhilfe nachrangig. Soweit der Antragsteller das Kfz zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft geltend mache, sei er nicht darauf angewiesen. Ihm sei die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs ergänzt durch die Inanspruchnahme von Behindertenfahrdiensten zumutbar (Widerspruchsbescheid vom 2.4.2015). Die hiergegen erhobene Klage ist beim Sozialgericht rechtshängig (S 54 SO 257/15).

Am 29.8.2016 ließ der Antragsteller weiter einstweiligen Rechtsschutz beantragen. Sein Auto bedürfe dringend der Reparatur (Bremse an der Vorderachse kurz vor der Verschleißgrenze, Bremsscheiben an der Hinterachse: starker Standschaden - Tragbild beschädigt; Zahnriemenwechsel erforderlich, da es andernfalls zu einem Motorschaden kommen könne), die Kosten iHv rd 2 600 € (brutto) bedeute (vgl Angebot der D. GmbH vom 29.7.2016). Im Rahmen seiner Promotion müsse er regelmäßig nach Wien reisen. Die Reparatur sei dringend, da er bereits Mitte Oktober zu Recherchezwecken in die USA reise und dort anschließend vom 26. bis 30.10. an einer Konferenz in den USA teilnehme. Zuvor, also Ende September/Anfang Oktober müsse er noch zu einer Besprechung nach Wien fahren. Er fahre bis zu sechsmal jährlich nach Wien, um sich mit der seine Dissertation betreuenden Professorin zu treffen. Gegen Ende der Dissertation würden diese Treffen noch zunehmen, da der Betreuungsbedarf dann noch steige. In Wien nutze der Antragsteller das Kfz weiter für Fahrten zur Hochschule, zu den Bibliotheken und Fachveranstaltungen. Ein Umzug nach Wien komme nicht in Betracht, da er dort für die Dauer der ersten sechs Monate keine Möglichkeit habe, seinen Lebensunterhalt inkl Hilfe zur Pflege und Eingliederungsbedarf zu bestreiten. Im Rahmen seiner Promotion besuche der Antragsteller schließlich nationale und ca dreimal jährlich auch internationale Kongresse, für die er mit dem Kfz zum Flughafen fahre. Entsprechendes gelte für den Besuch von Filmfestivals. Die Promotion erfordere schließlich zweimal wöchentlich den Besuch von Filmvorstellungen im Kino sowie zweimal monatlich von Lesungen und Ausstellungen.

Privat besuche der Antragsteller dreimal monatlich das Theater bzw die Oper auch außerhalb Münchens und alle zwei Monate seine Eltern, die in 280 km Entfernung lebten. Dreimal monatlich unternehme er Ausflüge zu Seen, Museen und Schlössern.

Der Antragsteller sei nicht in der Lage öffentliche Verkehrsmittel oder einen Fahrdienst zu nutzen. Aufgrund der weit fortgeschrittenen Muskelerkrankung sei die Atemmuskulatur stark eingeschränkt, so dass Atemwegsinfekte eine gravierende Gefahr für ihn darstellten. Sie könnten sich in kürzester Zeit zu einer schweren Bronchitis oder einer bedrohlichen Lungenentzündung entwickeln. Deshalb könne er den „Fußweg“ (wörtliches Zitat) zu bzw das Warten an einer Bushaltestelle nicht bewältigen. Er wäre zu lange ggf widrigen Wetterbedingungen und niedrigen Temperaturen ausgesetzt (vgl Attest der Dr E. vom 13.5.2014). Schließlich seien nicht alle Bahnlinien barrierefrei, so dass sich immer wieder große Lücken im Liniennetz auftäten, die ohne eigenes Kfz nicht überbrückt werden könnten. Das gegensätzliche Attest von Dr F., auf das sich der Antragsgegner stütze, stamme aus 2007 und werde insoweit vom Antragsgegner fehlerhaft interpretiert. Weiter müsse er zusätzliche Hilfsmittel wie einen Ersatz-Rollstuhl, ein Rutschbrett und verschiedene Korsetts mit sich führen (vgl Attest der Dr E. vom 13.5.2014 sowie des Dr G. vom 8.8.2016), die er nur im eigenen Kfz transportieren könne. Andernfalls seien Komplikationen zu befürchten. Unter diesem Gesichtspunkt scheide der Verweis auf Behindertenfahrdienste aus. Nachdem eine Fahrt mit dem Behindertenfahrdienst nach Wien bereits ca 800 € koste, wäre dies schließlich erheblich teurer als die Nutzung des eigenen Kfzs. Hinzu komme die fehlende Flexibilität der Fahrdienste.

Der Anordnungsanspruch des Antragstellers bestehe sowohl im Rahmen der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft als auch im Rahmen der Hochschulhilfe sowie weiter aus Art. 24 Abs. 5 UN-BRK.

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, gegenüber dem Antragsteller vorläufig die Kosten für die Reparatur seines Kfzs zu übernehmen sowie Hilfen für den Betrieb des Kfzs zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen.

Er verweist im Wesentlichen auf die Begründung seiner Verwaltungsentscheidung und ergänzt, dass ein Verweis auf den öffentlichen Personennahverkehr auch dann zulässig sei, wenn sich dessen Nutzung zwar kompliziert aber nicht unmöglich darstelle. Der Personennahverkehr am Wohnort des Antragstellers sei überwiegend barrierefrei und der Antragsteller könne durch die ihn begleitende Assistenzkraft unterstützt werden. Hiergegen stünden auch die vom Antragsteller vorgelegten Atteste nicht. Diese seien unbestimmt („medizinische Gründe“ im Attest vom 8.8.2016 bzw Attest des Dr F. aus 2007, das die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel mit Elektrorollstuhl als sehr eingeschränkt bewerte). Soweit auf die behauptete Gefahr der Unterkühlung auf dem Weg zu öffentlichen Verkehrsmitteln verwiesen werde, könne dieser mit der Nutzung angemessener Kleidung begegnet werden. Auch seien die vom Antragsteller vorgetragenen Teilhabeziele mit denen der Eingliederung in das Arbeitsleben nicht vergleichbar gewichtig. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass Teilhabeleistungen nur in angemessenem Umfang gewährt werden könnten und sich daran zu orientieren hätten, was Nichtbehinderte zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse aufwenden könnten. Nichtbehinderte Grundsicherungsbezieher konzentrierten ihre Teilhabe regelmäßig auf den Nahbereich. Auch gingen sie nicht mehrmals monatlich ins Theater oder in die Oper. Fahrten des Antragstellers zu seinen Eltern dienten bereits nicht der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Schließlich habe der Antragsteller selbst verschiedene Stellenangebote als wissenschaftlicher Mitarbeiter/Promotionsstellen vorgelegt, die eine Promotion gerade nicht erforderten. Selbst wenn man die Notwendigkeit der Promotion unterstelle, sei insoweit der Kfz-Bedarf nicht glaubhaft bzw könne der Antragsteller auch insoweit auf öffentliche Verkehrsmittel verwiesen werden. Eine Entscheidung des Gerichts sei schließlich nicht eilbedürftig, da das Kfz des Antragstellers fahrbereit sei, er auf öffentliche Verkehrsmittel verwiesen werden könne und konkrete irreversible Nachteile, die sich aus einer ggf vorübergehenden Einschränkung der Teilhabe ergeben könnten, weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich seien. Die Erschließung des Nachbereichs sei durch den Elektrorollstuhl und die Assistenz sichergestellt.

Die mit Beschluss vom 31.8.2016 zum Verfahren (notwendig) beigeladene Bundesagentur für Arbeit geht davon aus, dass sie als zuständiger Rehabilitationsträger ausscheide. Für die Hochschulhilfe sei der Antragsgegner zuständig. Weiter seien die materiell-rechtlichen Voraussetzungen nach dem SGB III für die streitige Kfz-Hilfe nicht erfüllt. Das Promotionsstudium sei nicht erforderlich, um den Antragsteller dauerhaft beruflich einzugliedern. Studiengänge außerhalb einer besonderen Einrichtung - wie hier - könnten von ihr nicht gefördert werden. Auch seien laufende Hilfen für Betrieb und Unterhalt des Kfzs nach der KfzHV nicht möglich, da diese Kosten behinderte und nicht behinderte Menschen gleichzeitig träfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vom Antragsgegner vorgelegte Akte sowie die Akte des Gerichts verwiesen.

II

Der zulässige Antrag ist im tenorierten Umfang begründet.

1. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist statthaft als Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG. Der Antragsgegner lehnte die Bewilligung der streitigen Hilfe ab. Die damit vorliegend vom Antragsteller begehrte vorläufige Ausweitung seiner Rechtsposition kann ausschließlich mit der Regelungsanordnung erreicht werden.

2. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn dem Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988, BVerfGE 79, 69/74, vom 19.10.1997, BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002, NJW 2003, 1236).

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung, die sich in der Regel aus der Eilbedürftigkeit ergibt (Anordnungsgrund). Die Angaben hierzu hat der Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (BVerfG vom 22.11.2002, aaO und BVerfG vom 12.05.2005, NVwZ 2005, 927).

Darüber hinaus sind im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG notwendige besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens zu berücksichtigen, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. In diesen Fällen darf bei der Prüfung des Anordnungsanspruchs eine Orientierung an den Erfolgsaussichten des Antragstellers im Hauptsacheverfahren ausschließlich auf einer abschließenden Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen. Dabei dürfen die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller nicht überspannt werden. Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Ist eine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich, ist die Entscheidung auf der Grundlage einer Folgenabwägung zu treffen, in die die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend einzustellen sind (BVerfG vom 12.05.2005, aaO).

3. Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen ist dem Antragsteller im tenorierten Umfang einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren. Dabei ist davon auszugehen, dass ein Anordnungsanspruch des Antragsteller grds möglich (dazu a), im vorliegenden Verfahren aber nicht als glaubhaft nachzuvollziehen ist (dazu b). Im Hinblick auf die nicht nachzuholende gegenwärtige Teilhabe des Antragstellers beruht die Entscheidung auf den im Rahmen der Folgenabwägung überwiegenden Interessen des Antragstellers (dazu c).

a) Ein Anordnungsanspruch des Antragstellers auf die streitige Kfz-Hilfe kann vorliegend sowohl nach dem SGB III als auch nach dem SGB XII bestehen. Erster unter dem Gesichtspunkt der Teilhabe am Arbeitsleben, letzterer insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.

aa) Als Anordnungsanspruch hinsichtlich der streitigen Kfz-Hilfe in Form einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben kommen zunächst als besondere Rehabilitationsleistungen vorrangig §§ 112, 113 Abs. 1 Nr. 2 iVm § 117 Abs. 2 SGB III in Betracht. Danach sind besondere Leistungen zu erbringen, wenn die allgemeinen Leistungen die wegen Art und Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht in erforderlichem Umfang vorsehen. Insoweit käme die Förderung einer Promotion durch die Übernahme von Fahrtkosten als besondere Leistung in Betracht, wenn auf andere Weise keine Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen wäre (vgl BSG, Urteil vom 24.2.2016 - B 8 SO 18/14 R RdNr 20 mwN).

Insoweit wird insbesondere ein - auch gegenüber der Hochschulhilfe - der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII vorrangiger Leistungsanspruch begründet (vgl BSG, aaO), so dass der Einwand der Beigeladenen, ihre fehle jegliche Zuständigkeit nicht ohne weiteres überzeugt. Entsprechendes gilt im Hinblick auf § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KfzHV insoweit, als die Beigeladene darauf hinweist, die vorliegend streitigen Reparaturkosten könnten durch in der KfzHV geregelte Hilfen nicht gedeckt werden. Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass die besonderen Leistungen (nach § 117 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III) ausschließlich in besonderen Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden können. Denn bei solchen nach Abs. 1 S. 1 Nr. 2 steht die „Art oder Schwere der Behinderung“ gerade nicht im Zusammenhang mit Maßnahmen in besonderen Einrichtungen, sondern mit einem Defizit bei den allgemeinen Leistungen (vgl Schubert/Schaumberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, § 117 SGB III RdNr. 61 f, wo die Kfz-Hilfe als mgl besondere Leistung gesehen wird).

Entgegen der in den in der Hauptsache angegriffenen Entscheidungen vertretenen Auffassung gestattet dieser (ggf) vorrangige Leistungsanspruch dem Antragsgegner gerade nicht, entsprechende Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem SGB XII (vgl BSG, aaO) zu verweigern. Insoweit wurde der Antragsgegner vielmehr, nachdem er den Antrag des Antragstellers nicht fristgerecht an die Beigeladene/das zuständige Jobcenter weiterleitete (§ 14 Abs. 1 S. 2 SGB IX) im Außenverhältnis zuständiger Leistungsträger (vgl § 14 Abs. 2 SGB IX; vgl hierzu BSG, aaO, RdNr. 15 mwN).

bb) Unabhängig von den vorrangigen Teilhabeansprüchen nach dem SGB III bzw den entsprechenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem SGB XII, könnte ein Anspruch auf Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft nach § 19 Abs. 3 S. 1 iVm §§ 53, 54 Abs. 1S 1 SGB XII iVm § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX bestehen.

Danach erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Dass der Antragsteller die persönlichen Voraussetzungen dieser Norm erfüllt, ist unstreitig. Insbesondere gewährt der Antragsgegner an anderer Stelle bereits (hier nicht streitige) Leistungen der Eingliederungshilfe.

Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 54 Abs. 1 SGB XII iVm §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX sowie ggf die auf Grundlage des § 60 SGB XII gestützte Eingliederungshilfeverordnung konkretisiert. Nach § 54 Abs. 1 SGB XII iVm § 55 Abs. 2 Nr. 7 SGB IX gehören zu den Teilhabeleistungen insbesondere Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben. Als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft werden die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden (§ 55 Abs. 1 S. 1 SGB IX).

Die vom Antragsteller vorliegend geltend gemachten Anlässe, zu denen er das Kfz nutzt, sind der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zuzuordnen, und zwar - zumindest soweit es nicht unmittelbar um Besprechungen im Rahmen des Promotionsstudiums geht - wohl auch soweit sie vom Antragsteller vorliegend im Zusammenhang mit seiner Promotion vorgetragen werden (zB die mehrmaligen wöchentlichen Kinobesuche und die Teilnahme an Kongressen). Denn auch (und gerade) diese Aktivitäten geben dem Antragsteller die Möglichkeit, am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben. Dies muss insbesondere vor dem Hintergrund des vom Antragsteller absolvierten und aus Mitteln der Eingliederungshilfe unterstützten Hochschulstudiums gelten, nachdem zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auch die Ausübung einer angemessenen Tätigkeit gehört, soweit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht möglich sind (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe e SGB I; vgl Schütze in: Hauck/Noftz, SGB, 09/01, § 55 SGB IX RdNr. 11). Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass die Form, in der der Behinderte am Leben in der Gemeinschaft teilhat, grds der Entscheidung des Behinderten obliegt (BSG, Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 24/11 R RdNr. 17). Dabei ist nachvollziehbar, dass der Antragsteller, dem eine berufliche Tätigkeit derzeit nicht möglich ist, die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzt, um seinem Studium entsprechend tätig zu sein, zB durch Vorträge oder die Teilnahme an entsprechenden Kongressen uä. Insoweit überzeugt schließlich der Ansatz des Antragsgegners, nicht behinderte hilfebedürftige Menschen könnten auch nicht unbegrenzt teilhaben bzw täten dies in erster Linie im Nahbereich nicht bzw nicht uneingeschränkt (vgl BSG, Urteil vom 2.2.2012 - B 8 SO 9/10 R - RdNr. 27 aE).

b) Weder der Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben noch der zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft kann vorliegend allerdings abschließend geprüft werden.

Hinsichtlich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben kann derzeit nicht nachvollzogen werden, ob die streitige Hilfe nach dem abgeschlossenen Hochschulstudium noch geeignet und notwendig ist, um den Antragsteller entsprechend einzugliedern. Insoweit stellt sich zum Einen die Frage, ob - im Hinblick auf die aktuelle Erwerbsunfähigkeit des Antragstellers iS des § 41 Abs. 3 SGB XII, von der aufgrund seines Bezugs von Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII auszugehen ist - die von ihm angestrebte Tätigkeit in Wissenschaft und Lehre überhaupt möglich ist. Dies auch im Hinblick darauf, dass nicht ohne weiteres nachvollzogen werden kann, dass eine entsprechende Tätigkeit (in zeitlicher Hinsicht) weniger anspruchsvoll sein soll, als eine solche in der freien Wirtschaft. Auf der anderen Seite weist der Antragsgegner nicht zu Unrecht darauf hin, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren seinen „angemessenen Beruf“ als den eines wissenschaftlichen Mitarbeiters beschreibt und insoweit auch nach den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen Stellen eine Promotion gerade keine Einstellungsvoraussetzung ist. Insoweit erscheint ua eine (weitergehende) fachliche Einlassung der Beigeladenen (vgl hierz BSG, 24.2.2016 - B 8 SO 18/14 R - RdNr. 18) erforderlich, die im vorliegenden Verfahren nicht möglich ist.

Darüber hinaus kann an Hand der vorliegenden Unterlagen nicht abschließend geklärt werden, ob der Antragsteller auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, den Behindertenfahrdienst oder das Taxi verwiesen werden kann. Insoweit ist unklar, ob ihm dies überhaupt (in jedem Fall) möglich ist (Infektionsgefahr, Möglichkeit der Umsetzung, Mitnahme von Hilfsmitteln). Die hierzu vorliegenden Unterlagen sind zT nicht aktuell bzw soweit sie aktuell sind zT unkonkret, so dass weitere Ermittlungen nötig sind. Dies gilt auch insoweit, als zu klären sein wird, ob der Infektionsgefahr durch entsprechende Kleidung ausreichend begegnet werden kann (zB hinsichtlich der eingeatmeten kalten Luft).

c) Wegen dieser im vorliegenden Verfahren nicht abschließend zu klärenden Tatsachenfragen hat die Entscheidung auf der Grundlage einer Interessenabwägung zu ergehen. So kann ohne die Klärung der aufgeworfenen Fragen der (fehlende) Teilhabeanspruch nicht abschließend geprüft werden. Weiter bedeutet auch die vorübergehende Unmöglichkeit Teilzuhaben einen schwerwiegenden und durch eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu korrigierenden Nachteil.

Diese Möglichkeit der nachträglich nicht mehr zu korrigierenden Grundrechtsverletzung begründet schließlich ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der tenorierten einstweiligen Anordnung. Dies auch im Hinblick darauf, dass dem Antragsteller, für den Fall, dass ihm die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel tatsächlich nicht möglich ist, im Hinblick auf das derzeit vorhandene Kfz anderweitige Mobilitätshilfen wie Gutscheine für Fahrdienste (in dem im vorliegenden Fall erforderlichen Umfang) wohl nicht zur Verfügung stehen.

4. Der Anordnungsinhalt steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 938 Abs. 1 ZPO). Dabei muss die angeordnete Maßnahme notwendig sein, um wesentliche Nachteile abzuwenden (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 86b, RdNr. 30).

Vorliegend ergibt sich die Notwendigkeit einer vorläufigen Übernahme der Reparaturkosten ohne weiteres. Der Antragsteller bezieht fortlaufend existenzsichernde Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII und kann bereits aus diesem Grund die durch den Kostenvoranschlag von Ende Juli 2016 glaubhaft gemachten Reparaturkosten iHv rd 2 600 € nicht „auslegen“. Es ist weiter glaubhaft, dass eine weitere Nutzung des Kfzs ohne die Reparatur zumindest auch im Interesse der Verkehrssicherheit nicht zu verantworten ist.

Nicht glaubhaft ist hingegen, dass auch die vorläufige Übernahme der (sonstigen) laufenden Kosten des Kfzs notwendig ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Diese wurden bislang vom Antragsteller getragen bzw im Hinblick auf das Begehren in der Hauptsache verauslagt. Gründe, aus denen dies nunmehr nicht mehr möglich ist, sind weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Insoweit war der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz demnach abzulehnen.

III

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

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Bundessozialgericht Urteil, 02. Feb. 2012 - B 8 SO 9/10 R

bei uns veröffentlicht am 02.02.2012

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Februar 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Ge

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(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Für Menschen mit Behinderungen können Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern, soweit Art oder Schwere der Behinderung dies erfordern.

(2) Bei der Auswahl der Leistungen sind Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes angemessen zu berücksichtigen. Soweit erforderlich, ist auch die berufliche Eignung abzuklären oder eine Arbeitserprobung durchzuführen.

(1) Für Menschen mit Behinderungen können erbracht werden

1.
allgemeine Leistungen sowie
2.
besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und diese ergänzende Leistungen.

(2) Besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden nur erbracht, soweit nicht bereits durch die allgemeinen Leistungen eine Teilhabe am Arbeitsleben erreicht werden kann.

(1) Die besonderen Leistungen sind anstelle der allgemeinen Leistungen insbesondere zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung, einschließlich Berufsvorbereitung, sowie der wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung zu erbringen, wenn

1.
Art oder Schwere der Behinderung oder die Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben die Teilnahme an
a)
einer Maßnahme in einer besonderen Einrichtung für Menschen mit Behinderungen oder
b)
einer sonstigen, auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ausgerichteten Maßnahme
unerlässlich machen oder
2.
die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang vorsehen.
In besonderen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen können auch Aus- und Weiterbildungen außerhalb des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung gefördert werden.

(2) Leistungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich werden von anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder anderen Leistungsanbietern nach den §§ 57, 60, 61a und 62 des Neunten Buches erbracht.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 6. Februar 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Übernahme von Fahrtkosten zwischen H und B wegen Arbeiten für eine Promotion ab 1.4.2008 als Rehabilitationsleistung.

2

Der 1978 geborene Kläger ist körperlich schwer behindert (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen G, aG und H) und erhält von der Sozialen Pflegeversicherung Leistungen nach Pflegestufe II. Nach erfolgreichem Abschluss einer Lehre zum Bürokaufmann besuchte er ein Gymnasium, das er 2002 mit dem Abitur abschloss. Anschließend nahm er an der Universität L ein Studium auf, legte Anfang 2008 die Hochschulabschlussprüfung in den Studienfächern Mittlere und Neuere Geschichte sowie Philosophie ab und erwarb den Hochschulgrad "Magister". Während des Studiums hatte der Beklagte Kosten für wöchentliche Fahrten durch einen Behindertenfahrdienst von L nach H dem Wohnort des Klägers - und zurück als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) übernommen.

3

Am 3.3.2008 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für Fahrten von H nach B bzw L durch einen Behindertenfahrdienst ab 1.4.2008. Er sei als Doktorand der Universität L angenommen worden; die Anfertigung der Doktorarbeit erfordere regelmäßige, umfangreiche Recherchen im Bundesarchiv B, sodass er wöchentlich von H nach B fahren müsse. Er suche derzeit nach einer geeigneten Wohnmöglichkeit in der Nähe des Bundesarchivs. Gelegentlich seien auch Fahrten nach L zu seinem Doktorvater erforderlich.

4

Der Antrag wurde abgelehnt (Bescheid des Landkreises Harz im Namen des Beklagten vom 17.3.2008, Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 6.7.2009), weil der Kläger mit dem Magistergrad bereits einen berufsqualifizierenden Abschluss erreicht habe. Die Promotion sei zur weiteren Eingliederung in das Erwerbsleben nicht erforderlich, zumal sie keinen weiteren berufsqualifizierenden Abschluss vermittele. In seinem Beruf als Bürokaufmann seien jedenfalls geeignete Arbeitsplätze verfügbar. Die Fahrten zwischen H und B absolvierte der Kläger dann mit einem hierfür angeschafften Pkw, der von Eltern bzw Freunden gefahren wurde, wozu der Kläger selbst wegen seiner Behinderung nicht in der Lage ist.

5

Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 18.9.2012, Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 6.2.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe mit dem Erwerb des Magistergrades einen berufsqualifizierenden Studienabschluss erreicht und damit eine förderungsfähige Ausbildung abgeschlossen. Die Anfertigung einer Promotionsarbeit begründe keinen sozialhilferechtlichen Teilhabebedarf, denn sie sei nicht erforderlich für seine Eingliederung in das Erwerbsleben. Er könne vielmehr den Abschluss als Magister auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwerten, was sich ua aus beim Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands eV und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (BA) eingeholten Stellungnahmen ergebe. Danach stünden auf dem Arbeitsmarkt Stellen für Historiker mit Magisterabschluss zur Verfügung. Die Stellensituation für promovierte Historiker sei nicht wesentlich anders als diejenige für nicht promovierte Historiker.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII und macht zugleich Verfahrensfehler geltend. Das LSG verkenne insbesondere unter Berücksichtigung der Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention die Reichweite des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII, wenn es einen Magistergrad bereits als berufsqualifizierenden Abschluss und unter Berücksichtigung seiner Behinderung eine nachfolgende Promotion nicht als erforderliche Eingliederungsmaßnahme ansehe. Verfahrensfehlerhaft habe das LSG zudem seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, denn es habe über die Beschäftigungsmöglichkeiten behinderter Historiker keine Auskünfte eingeholt, sondern diese in eigener Sachkunde beurteilt, ohne dies den Beteiligten zuvor mitzuteilen.

7

Der Kläger beantragt nunmehr,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 17.3.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.7.2009 rechtswidrig war.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

11

Formal nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17.3.2008, mit dem der nach den bindenden Feststellungen des Landesrechts durch das LSG (§ 163 SGG) zuständige Beklagte (zur Zuständigkeitsordnung in S-A vgl auch BSGE 117, 53 ff RdNr 25 = SozR 4-3500 § 54 Nr 13)die Übernahme der beantragten Kosten abgelehnt hat. Dabei kann offenbleiben, ob das Begehren des Klägers ursprünglich auf die Erteilung einer Zusicherung (§ 34 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -) auf Übernahme wöchentlicher Fahrtkosten durch einen Behindertenfahrdienst ab 1.4.2008 zwischen H und B (die noch im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Ansprüche wegen Fahrten nach L hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren nicht weiter verfolgt) oder auf Beitritt des Beklagten zu einer künftigen Schuld (zur Zulässigkeit und den Wirksamkeitsvoraussetzungen insoweit im Einzelnen vgl BSG SozR 4-3500 § 75 Nr 6 RdNr 16)gegenüber einem Dritten (Behindertenfahrdienst) gerichtet war. Denn der ablehnende Bescheid des Beklagten hat sich dadurch erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X), dass der Kläger die Fahrten mit einem nach der Ablehnungsentscheidung angeschafften Pkw durchgeführt hat.

12

Die für die Nutzung des Pkw angefallenen Kosten könnte der Kläger ggf zwar nach § 15 Abs 1 Satz 4 2. Alt Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) geltend machen, wonach die Kosten selbstbeschaffter Leistungen zu erstatten sind, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (vgl dazu BSGE 102, 126 ff RdNr 11 f = SozR 4-3500 § 54 Nr 3); dieser Anspruch ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Insoweit handelt es sich sowohl im Verhältnis zu einer Zusicherung - als ein der eigentlichen Leistungsbewilligung vorgeschalteter Verwaltungsakt (vgl: BSG, Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - RdNr 13; Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R - RdNr 24) - als auch zum Schuldbeitritt um einen anderen Streitgegenstand, hinsichtlich dessen bislang noch kein Verwaltungsverfahren durchgeführt worden ist. Dieser prozessualen Situation hat der Kläger im Revisionsverfahren dadurch Rechnung getragen, dass er sein Begehren auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der ablehnenden Entscheidung im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG) beschränkt hat. Da dies nicht als Klageänderung gilt (§ 99 Abs 3 Nr 3 SGG)und mit der Umstellung der Klage keine neuen Tatsachen in das Verfahren einzuführen sind, war die Umstellung des Klageantrags ohne Verstoß gegen § 168 Satz 1 SGG auch noch in der Revisionsinstanz zulässig(vgl dazu nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 131 RdNr 8a mwN). Nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung besteht. Dieses liegt mit der möglichen Vorgreiflichkeit der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung für ein nachfolgendes Verfahren über die Kostenerstattung vor.

13

Eine abschließende Entscheidung darüber, ob die ablehnende Entscheidung des Beklagten rechtswidrig war, konnte der Senat jedoch nicht treffen, weil das LSG verfahrensfehlerhaft von der Beiladung der BA nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG abgesehen hat und zwar unabhängig davon, wie das Begehren des Klägers verfahrensrechtlich zutreffend zu behandeln ist oder gewesen wäre (siehe oben). Nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG sind Dritte dann beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung); für die Beiladung genügt die Möglichkeit der Leistungsverpflichtung (vgl BSGE 93, 283 ff RdNr 10 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1).

14

Unter Berücksichtigung des § 14 SGB IX, dessen Anwendungsbereich im vorliegenden Verfahren eröffnet ist, kommt eine Beteiligung der BA als Rehabilitationsträger(§ 6 Abs 1 Nr 2 SGB IX; § 6a SGB IX) für Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2 SGB IX) in Betracht.

15

Nach § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IX stellt der sog erstangegangene Rehabilitationsträger, bei dem Leistungen zur Teilhabe beantragt sind, binnen zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Wird der Antrag - wie hier - nicht weitergeleitet, stellt der - erstangegangene - Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest (§ 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX). Die in § 14 Abs 1 und 2 SGB IX geregelte Zuständigkeit erstreckt sich im Außenverhältnis (behinderter Mensch/Rehabilitationsträger) auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind(vgl auch BSGE 93, 283 ff RdNr 8 mwN = SozR 4-3250 § 14 Nr 1). An der Zuständigkeitsprüfung wie ggf zur Weiterleitung des Antrags vom 3.3.2008 wäre der Beklagte nicht gehindert gewesen, obwohl er schon während des Studiums des Klägers Teilhabeleistungen erbracht hat. Denn mit der Kostenübernahme für Fahrten zur Recherche im Bundesarchiv ist eine im Vergleich zur Fahrtkostenübernahme für das Studium neue Teilhabeleistung beantragt worden (zu diesem Gedanken vgl BSGE 117, 53 ff RdNr 22 = SozR 4-3500 § 54 Nr 13). § 14 SGB IX greift zudem auch dann, wenn zwischen zwei Rehabilitationsträgern, wie hier im Verhältnis Sozialhilfeträger - BA, ein Vorrang-Nachrangverhältnis(vgl § 54 Abs 1 Satz 2 SGB XII)besteht (BSGE 117, 53 ff RdNr 21 = SozR 4-3500 § 54 Nr 13).

16

Dass der ursprüngliche Antrag ggf nur auf eine der eigentlichen Leistungsbewilligung vorgeschaltete Zusicherung gerichtet war, hat von der Notwendigkeit der Beiladung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 14 SGB IX ebenso wenig befreit, wie die Umstellung des Klagebegehrens sie hat entfallen lassen. Sinn und Zweck der Regelung des § 14 SGB IX über die "vorläufige" Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers ist es, durch rasche Zuständigkeitsklärung eine möglichst schnelle Leistungserbringung zu gewährleisten(vgl dazu grundlegend BSGE 93, 283 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 1). Dieser Zielsetzung ist nicht nur im eigentlichen Bewilligungsverfahren (im Wege des Schuldbeitritts) Rechnung zu tragen, sondern gleichermaßen dann, wenn diesem ein Verfahren der Zusicherung vorausgeht, weil der Antragsteller das Risiko nicht eingehen möchte, ggf zu verauslagende Kosten nicht erstattet zu erhalten. Die Interessenlage ist für den Betroffenen gleich. Der auf Erteilung einer Zusicherung angegangene Rehabilitationsträger hat deshalb, leitet er den Antrag nicht weiter, den geltend gemachten Anspruch auch im Zusicherungsverfahren unter allen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen, dh nicht nur nach den für ihn maßgeblichen, zu prüfen (vgl nur: BSGE 93, 283 ff RdNr 9 = SozR 4-3520 § 14 Nr 1; BSGE 101, 207 ff RdNr 29 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 7; BSGE 102, 90 ff RdNr 24 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21 und Nr 26 RdNr 22) und bleibt konsequenterweise auch dann für die Erbringung der - zugesicherten - Leistung gegenüber dem Antragsteller zuständig, wenn die zugesicherte Leistung auf Grundlage eines für ihn "fremden" Leistungsgesetzes erbracht werden muss.

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Nichts anderes gilt, wenn sich das auf Zusicherung oder auf Schuldbeitritt gerichtete Verfahren - wie hier - dadurch erledigt hat, dass sich der Antragsteller die Leistung selbst beschafft und nunmehr im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Rechtswidrigkeit der Ablehnung zur Prüfung durch das Gericht stellt. Auch dann hat der erstangegangene Rehabilitationsträger, wird die Rechtswidrigkeit der Ablehnung festgestellt, nach Maßgabe des dann anzuwendenden Leistungsrechts im Außenverhältnis gegenüber dem Antragsteller die Leistung zu erbringen; die Beteiligungsnotwendigkeit des eigentlich zuständigen Leistungsträgers (hier also ggf der BA) zur Feststellung des Rehabilitationsbedarfs und den ggf in Betracht kommenden Leistungen bleibt von der geänderten prozessualen Situation unberührt.

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Von einer Beiladung der Deutschen Rentenversicherung (Rehabilitationsträger nach § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) hat das LSG allerdings zu Recht abgesehen, denn für deren Leistungspflicht fehlen jedenfalls die nach § 9 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) notwendigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen(vgl § 11 Abs 1, Abs 2a Nr 1 SGB VI). Trotz der Sonderkonstellation des § 6a SGB IX, wonach zwar(vgl § 6a Satz 1 SGB IX) die BA Rehabilitationsträger auch für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte im Sinne des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ist (für die Frage der Zuordnung zum jeweiligen Leistungssystem vgl § 16 SGB II, § 22 Abs 4 Satz 1 Nr 6 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung -), das Jobcenter allerdings über die Leistungen zur Teilhabe entscheidet (§ 6a Satz 4 SGB IX)war eine Beiladung (auch) des Jobcenters nicht geboten. Denn die BA ist vom Gesetzgeber nicht nur formal, sondern - trotz der Alleinentscheidungskompetenz des Jobcenters - gerade in seiner Eigenschaft als fachkundige Stelle für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs und entsprechende Eingliederungsvorschläge als Rehabilitationsträger gesetzlich verankert worden (vgl BT-Drucks 16/1696 S 32 zu VI Nr 1). Auch wenn das Jobcenter nicht an den Entscheidungsvorschlag der BA gebunden ist, ist für die Frage der Beteiligung am Verfahren unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 14 SGB IX auf die Fachkompetenz der BA und nicht die Entscheidungskompetenz des Jobcenters abzustellen.

19

Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG ist bei einer zulässigen Revision von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten (vgl nur: BSGE 102, 1 ff RdNr 28 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9; BSG SozR 1500 § 75 Nr 21; BSG, Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VS 6/01 R -, USK 2003-90; anders bei der unechten notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 2. Alt SGG: BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 4 und BSG, Urteil vom 26.1.2005 - B 12 P 9/03 R -, USK 2005-3 mwN). Zwar kann nach § 168 Satz 2 SGG die Beiladung noch im Revisionsverfahren nachgeholt werden; der Senat ist hierzu allerdings nicht verpflichtet (vgl nur: BSG SozR 4-3500 § 65 Nr 5 RdNr 10; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 18 mwN)und hat davon abgesehen, weil die notwendigen tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) zu einem möglichen Leistungsanspruch nach Maßgabe der Vorschriften des SGB III bzw des SGB II fehlen. Vor einer Beiladung der BA ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das LSG bindend (§ 170 Abs 5 SGG) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) der Beizuladenden verletzt würde (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen stellen damit lediglich Entscheidungshilfen für das LSG dar.

20

Als Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben - die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem SGB XII entsprechen den Leistungen der BA (vgl § 54 Abs 1 Satz 2 SGB XII)- als besondere Rehabilitationsleistungen kämen vorrangig §§ 97, 98 Abs 1 Nr 2 iVm § 102 Abs 1 Nr 2, § 103 Nr 3 SGB III in der bis 31.3.2012 geltenden Fassung in Betracht. Danach sind besondere Leistungen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben anstelle der allgemeinen Leistungen zu erbringen, wenn die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht in erforderlichem Umfang vorsehen. Insoweit käme die Förderung einer Promotion durch die Übernahme von Fahrtkosten als besondere Leistung in Betracht, wenn auf andere Weise keine Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen wäre (§ 109 Abs 2 SGB III iVm § 33 Abs 3 Nr 6, Abs 8 Nr 1 SGB IX iVm § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation - Kraftfahrzeughilfe-Verordnung -; so im Ergebnis auch Luik in Eicher/Schlegel, SGB III aF, § 102 RdNr 37 ff, Stand September 2005; ders in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 117 RdNr 39 ff mwN, Stand April 2013). Dies wird unter Berücksichtigung der konkreten Eingliederungsmöglichkeiten des Klägers im Zeitpunkt der Beendigung seines Magisterstudiums unter Berücksichtigung seiner bis dahin erworbenen beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu beurteilen sein. Erst danach käme ggf die Prüfung der Voraussetzungen nach § 54 SGB XII in Betracht.

21

Das LSG wird ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Zur Vermeidung besonderer Härten können Leistungen auch abweichend von § 2 Abs. 1, §§ 6 und 8 Abs. 1 erbracht werden, soweit dies

1.
notwendig ist, um Leistungen der Kraftfahrzeughilfe von seiten eines anderen Leistungsträgers nicht erforderlich werden zu lassen, oder
2.
unter den Voraussetzungen des § 3 zur Aufnahme oder Fortsetzung einer beruflichen Tätigkeit unumgänglich ist.
Im Rahmen von Satz 1 Nr. 2 kann auch ein Zuschuß für die Beförderung des behinderten Menschen, insbesondere durch Beförderungsdienste, geleistet werden, wenn
1.
der behinderte Mensch ein Kraftfahrzeug nicht selbst führen kann und auch nicht gewährleistet ist, daß ein Dritter das Kraftfahrzeug für ihn führt (§ 3 Abs. 1 Nr. 2), oder
2.
die Übernahme der Beförderungskosten anstelle von Kraftfahrzeughilfen wirtschaftlicher und für den behinderten Menschen zumutbar ist;
dabei ist zu berücksichtigen, was der behinderte Mensch als Kraftfahrzeughalter bei Anwendung des § 6 für die Anschaffung und die berufliche Nutzung des Kraftfahrzeugs aus eigenen Mitteln aufzubringen hätte.

(2) Leistungen nach Absatz 1 Satz 1 können als Darlehen erbracht werden, wenn die dort genannten Ziele auch durch ein Darlehen erreicht werden können; das Darlehen darf zusammen mit einem Zuschuß nach § 6 den nach § 5 maßgebenden Bemessungsbetrag nicht übersteigen. Das Darlehen ist unverzinslich und spätestens innerhalb von fünf Jahren zu tilgen; es können bis zu zwei tilgungsfreie Jahre eingeräumt werden. Auf die Rückzahlung des Darlehens kann unter den in Absatz 1 Satz 1 genannten Voraussetzungen verzichtet werden.

(1) Die besonderen Leistungen sind anstelle der allgemeinen Leistungen insbesondere zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung, einschließlich Berufsvorbereitung, sowie der wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung zu erbringen, wenn

1.
Art oder Schwere der Behinderung oder die Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben die Teilnahme an
a)
einer Maßnahme in einer besonderen Einrichtung für Menschen mit Behinderungen oder
b)
einer sonstigen, auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ausgerichteten Maßnahme
unerlässlich machen oder
2.
die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang vorsehen.
In besonderen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen können auch Aus- und Weiterbildungen außerhalb des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung gefördert werden.

(2) Leistungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich werden von anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder anderen Leistungsanbietern nach den §§ 57, 60, 61a und 62 des Neunten Buches erbracht.

(1) Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrages bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist; bei den Krankenkassen umfasst die Prüfung auch die Leistungspflicht nach § 40 Absatz 4 des Fünften Buches. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung insgesamt nicht zuständig ist, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu und unterrichtet hierüber den Antragsteller. Muss für eine solche Feststellung die Ursache der Behinderung geklärt werden und ist diese Klärung in der Frist nach Satz 1 nicht möglich, soll der Antrag unverzüglich dem Rehabilitationsträger zugeleitet werden, der die Leistung ohne Rücksicht auf die Ursache der Behinderung erbringt. Wird der Antrag bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt, werden bei der Prüfung nach den Sätzen 1 und 2 keine Feststellungen nach § 11 Absatz 2a Nummer 1 des Sechsten Buches und § 22 Absatz 2 des Dritten Buches getroffen.

(2) Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf anhand der Instrumente zur Bedarfsermittlung nach § 13 unverzüglich und umfassend fest und erbringt die Leistungen (leistender Rehabilitationsträger). Muss für diese Feststellung kein Gutachten eingeholt werden, entscheidet der leistende Rehabilitationsträger innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang. Ist für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich, wird die Entscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens getroffen. Wird der Antrag weitergeleitet, gelten die Sätze 1 bis 3 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend; die Frist beginnt mit dem Antragseingang bei diesem Rehabilitationsträger. In den Fällen der Anforderung einer gutachterlichen Stellungnahme bei der Bundesagentur für Arbeit nach § 54 gilt Satz 3 entsprechend.

(3) Ist der Rehabilitationsträger, an den der Antrag nach Absatz 1 Satz 2 weitergeleitet worden ist, nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung insgesamt nicht zuständig, kann er den Antrag im Einvernehmen mit dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger an diesen weiterleiten, damit von diesem als leistendem Rehabilitationsträger über den Antrag innerhalb der bereits nach Absatz 2 Satz 4 laufenden Fristen entschieden wird und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten sinngemäß, wenn der Rehabilitationsträger Leistungen von Amts wegen erbringt. Dabei tritt an die Stelle des Tages der Antragstellung der Tag der Kenntnis des voraussichtlichen Rehabilitationsbedarfs.

(5) Für die Weiterleitung des Antrages ist § 16 Absatz 2 Satz 1 des Ersten Buches nicht anzuwenden, wenn und soweit Leistungen zur Teilhabe bei einem Rehabilitationsträger beantragt werden.

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.

(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.

(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.

(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.

(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren zur Sicherung der Zusammenarbeit nach § 25 Absatz 1 gemeinsame Empfehlungen.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren darüber hinaus gemeinsame Empfehlungen,

1.
welche Maßnahmen nach § 3 geeignet sind, um den Eintritt einer Behinderung zu vermeiden,
2.
in welchen Fällen und in welcher Weise rehabilitationsbedürftigen Menschen notwendige Leistungen zur Teilhabe angeboten werden, insbesondere, um eine durch eine Chronifizierung von Erkrankungen bedingte Behinderung zu verhindern,
3.
über die einheitliche Ausgestaltung des Teilhabeplanverfahrens,
4.
in welcher Weise die Bundesagentur für Arbeit nach § 54 zu beteiligen ist,
5.
wie Leistungen zur Teilhabe nach den §§ 14 und 15 koordiniert werden,
6.
in welcher Weise und in welchem Umfang Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die sich die Prävention, Rehabilitation, Früherkennung und Bewältigung von Krankheiten und Behinderungen zum Ziel gesetzt haben, gefördert werden,
7.
für Grundsätze der Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach § 13,
8.
in welchen Fällen und in welcher Weise der behandelnde Hausarzt oder Facharzt und der Betriebs- oder Werksarzt in die Einleitung und Ausführung von Leistungen zur Teilhabe einzubinden sind,
9.
zu einem Informationsaustausch mit Beschäftigten mit Behinderungen, Arbeitgebern und den in § 166 genannten Vertretungen zur möglichst frühzeitigen Erkennung des individuellen Bedarfs voraussichtlich erforderlicher Leistungen zur Teilhabe sowie
10.
über ihre Zusammenarbeit mit Sozialdiensten und vergleichbaren Stellen.

(3) Bestehen für einen Rehabilitationsträger Rahmenempfehlungen auf Grund gesetzlicher Vorschriften und soll bei den gemeinsamen Empfehlungen von diesen abgewichen werden oder sollen die gemeinsamen Empfehlungen Gegenstände betreffen, die nach den gesetzlichen Vorschriften Gegenstand solcher Rahmenempfehlungen werden sollen, stellt der Rehabilitationsträger das Einvernehmen mit den jeweiligen Partnern der Rahmenempfehlungen sicher.

(4) Die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung können sich bei der Vereinbarung der gemeinsamen Empfehlungen durch ihre Spitzenverbände vertreten lassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen schließt die gemeinsamen Empfehlungen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen ab, soweit die Aufgaben der Pflegekassen von den gemeinsamen Empfehlungen berührt sind.

(5) An der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen werden die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe über die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter sowie die Integrationsämter in Bezug auf Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach Teil 3 über die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen beteiligt. Die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe orientieren sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch an den vereinbarten Empfehlungen oder können diesen beitreten.

(6) Die Verbände von Menschen mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen von Frauen mit Behinderungen sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände werden an der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen beteiligt. Ihren Anliegen wird bei der Ausgestaltung der Empfehlungen nach Möglichkeit Rechnung getragen. Die Empfehlungen berücksichtigen auch die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder.

(7) Die beteiligten Rehabilitationsträger vereinbaren die gemeinsamen Empfehlungen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern auf der Grundlage eines von ihnen innerhalb der Bundesarbeitsgemeinschaft vorbereiteten Vorschlags. Der oder die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wird beteiligt. Hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu einem Vorschlag aufgefordert, legt die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation den Vorschlag innerhalb von sechs Monaten vor. Dem Vorschlag wird gefolgt, wenn ihm berechtigte Interessen eines Rehabilitationsträgers nicht entgegenstehen. Einwände nach Satz 4 sind innerhalb von vier Wochen nach Vorlage des Vorschlags auszuräumen.

(8) Die Rehabilitationsträger teilen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation alle zwei Jahre ihre Erfahrungen mit den gemeinsamen Empfehlungen mit, die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung über ihre Spitzenverbände. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation stellt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern eine Zusammenfassung zur Verfügung.

(9) Die gemeinsamen Empfehlungen können durch die regional zuständigen Rehabilitationsträger konkretisiert werden.

Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.

(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 erfassen

1.
die Anzahl der gestellten Anträge auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe differenziert nach Leistungsgruppen im Sinne von § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5,
2.
die Anzahl der Weiterleitungen nach § 14 Absatz 1 Satz 2,
3.
in wie vielen Fällen
a)
die Zweiwochenfrist nach § 14 Absatz 1 Satz 1,
b)
die Dreiwochenfrist nach § 14 Absatz 2 Satz 2 sowie
c)
die Zweiwochenfrist nach § 14 Absatz 2 Satz 3
nicht eingehalten wurde,
4.
die durchschnittliche Zeitdauer zwischen Erteilung des Gutachtenauftrages in Fällen des § 14 Absatz 2 Satz 3 und der Vorlage des Gutachtens,
5.
die durchschnittliche Zeitdauer zwischen Antragseingang beim leistenden Rehabilitationsträger und der Entscheidung nach den Merkmalen der Erledigung und der Bewilligung,
6.
die Anzahl der Ablehnungen von Anträgen sowie der nicht vollständigen Bewilligung der beantragten Leistungen,
7.
die durchschnittliche Zeitdauer zwischen dem Datum des Bewilligungsbescheides und dem Beginn der Leistungen mit und ohne Teilhabeplanung nach § 19, wobei in den Fällen, in denen die Leistung von einem Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erbracht wurde, das Merkmal „mit und ohne Teilhabeplanung nach § 19“ nicht zu erfassen ist,
8.
die Anzahl der trägerübergreifenden Teilhabeplanungen und Teilhabeplankonferenzen,
9.
die Anzahl der nachträglichen Änderungen und Fortschreibungen der Teilhabepläne einschließlich der durchschnittlichen Geltungsdauer des Teilhabeplanes,
10.
die Anzahl der Erstattungsverfahren nach § 16 Absatz 2 Satz 2,
11.
die Anzahl der beantragten und bewilligten Leistungen in Form des Persönlichen Budgets,
12.
die Anzahl der beantragten und bewilligten Leistungen in Form des trägerübergreifenden Persönlichen Budgets,
13.
die Anzahl der Mitteilungen nach § 18 Absatz 1,
14.
die Anzahl der Anträge auf Erstattung nach § 18 nach den Merkmalen „Bewilligung“ oder „Ablehnung“,
15.
die Anzahl der Rechtsbehelfe sowie der erfolgreichen Rechtsbehelfe aus Sicht der Leistungsberechtigten jeweils nach den Merkmalen „Widerspruch“ und „Klage“,
16.
die Anzahl der Leistungsberechtigten, die sechs Monate nach dem Ende der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen haben, soweit die Maßnahme von einem Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 7 erbracht wurde.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 melden jährlich die im Berichtsjahr nach Absatz 1 erfassten Angaben an ihre Spitzenverbände, die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 6 und 7 jeweils über ihre obersten Landesjugend- und Sozialbehörden, zur Weiterleitung an die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation in einem mit ihr technisch abgestimmten Datenformat. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation wertet die Angaben unter Beteiligung der Rehabilitationsträger aus und erstellt jährlich eine gemeinsame Übersicht. Die Erfassung der Angaben soll mit dem 1. Januar 2018 beginnen und ein Kalenderjahr umfassen. Der erste Bericht ist 2019 zu veröffentlichen.

(3) Der Bund erstattet der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation die notwendigen Aufwendungen für folgende Tätigkeiten:

1.
die Bereitstellung von Daten,
2.
die Datenaufarbeitung und
3.
die Auswertungen über das Rehabilitationsgeschehen.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. September 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung der Kosten für einen behindertengerechten Umbau eines PKW nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).

2

Die 1946 geborene Klägerin ist infolge einer Kinderlähmung an beiden Beinen sowie an der Bauch- und Rückenmuskulatur teilweise gelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen. Bei ihr sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für die Merkzeichen "G", "aG", "H" und "RF" festgestellt worden. Sie erhält eine monatliche Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung, eine monatliche Betriebsrente und bezog ein monatliches Einkommen aus einer Nebentätigkeit; außerdem ist sie Alleineigentümerin einer von ihr allein bewohnten, barrierefrei errichteten 111 m² großen 3-Zimmer-Wohnung. Seit 1993 ist sie ehrenamtlich tätig (insbesondere im Verein M. e.V.) und nimmt im Rahmen dieser Tätigkeit Termine innerhalb und außerhalb ihres Wohnorts wahr.

3

Am 30.5.2007 stellte sie bei dem Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten zur Ausübung ihres Ehrenamtes und zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft für ein behindertengerechtes Fahrzeug, den sie später auf den behindertengerechten Umbau ihres PKW (Einbau eines Rollstuhlverladesystems) beschränkte. Während des Verwaltungsverfahrens erwarb sie einen neuen und behindertengerecht umgebauten PKW zu einem Kaufpreis von insgesamt 32 701,48 Euro (14 186,56 Euro für den Umbau; 18 514,89 Euro für den Kauf des PKW). Sie erhielt hierfür von privaten Stiftungen Zuwendungen in Höhe von insgesamt 31 001,48 Euro; aus dem Verkauf ihres alten, mit einem Rollstuhlverladesystem versehenen Fahrzeugs erzielte sie einen Erlös iHv 1700 Euro (Gesamtbetrag 32 701,48 Euro). Die Zuwendungen der Stiftungen wurden jeweils als Zuschuss gewährt, mit Ausnahme von zweien über insgesamt 9000 Euro (4000 und 5000 Euro), die als Darlehen gezahlt wurden. Die Stiftungen überwiesen die zugewandten Beträge direkt an das Autohaus bzw den Betrieb, der den behindertengerechten Umbau vornahm. Der Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 8.8.2007; Widerspruchsbescheid unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 30.7.2008), weil der Hauptzweck der Kraftfahrzeugversorgung, die Eingliederung in das Arbeitsleben, nicht vorliege. Es sei nicht Aufgabe der Sozialhilfe, durch die Gewährung von Kraftfahrzeughilfe indirekt ehrenamtliche Institutionen zu fördern. Andere, nicht ehrenamtlich bedingte regelmäßige Fahrten seien nicht ersichtlich. Für einzelne sonstige Fahrten sei ein Taxi erheblich kostengünstiger.

4

Während das Sozialgericht (SG) Detmold den Bescheid vom 8.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.7.2008 aufgehoben und den Beklagten "verpflichtet" hat, "der Klägerin die Kostenübernahme für den behindertengerechten Umbau eines Pkw zu bewilligen" (Urteil vom 25.8.2009), hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen (NRW) das Urteil des SG "abgeändert" und die Klage abgewiesen (Urteil vom 15.9.2011). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dem Zusammenspiel zwischen § 8 Abs 1 Satz 2 und § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-Verordnung (Eingliederungshilfe-VO) sei zu entnehmen, dass die beanspruchte Leistung vorrangig als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben vorgesehen sei. Andere Eingliederungszwecke erforderten deshalb eine vergleichbar gewichtige Zielsetzung. Dies sei nur zu bejahen, wenn eine ständige oder jedenfalls regelmäßige, tägliche oder fast tägliche Benutzung des Kraftfahrzeugs erforderlich sei; anderenfalls sei der Behinderte nicht auf das Kraftfahrzeug angewiesen. So liege der Fall bei der Klägerin, weil sie nur zwei bis drei Fahrten monatlich außerhalb des Stadtgebiets von H. unternehme.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der §§ 53, 60 SGB XII iVm § 8 Eingliederungshilfe-VO. Sie macht geltend, die ehrenamtliche Tätigkeit stelle eine der Teilhabe am Arbeitsleben vergleichbar gewichtige Aufgabe dar. Zu Unrecht habe das LSG dabei allein auf regelmäßig anfallende Fahrten außerhalb des Stadtgebiets abgestellt, obwohl weder § 53 SGB XII noch die Eingliederungshilfe-VO eine solche Beschränkung enthielten. Im Übrigen unternehme sie monatlich mehr als zwei bis drei Fahrten außerhalb des Stadtgebiets von H., um ihrem ehrenamtlichen Engagement nachzukommen.

6

Sie beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Beklagte verurteilt wird, die Kosten für die Anschaffung und den Einbau des Rollstuhlverladesystems in ihr Kraftfahrzeug zu erstatten.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für eine abschließende Entscheidung fehlen.

10

Gegenstand des mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG iVm § 56 SGG) geführten Verfahrens ist der Bescheid vom 8.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.7.2008 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte die Übernahme der Kosten für den behindertengerechten Umbau des Kraftfahrzeugs der Klägerin abgelehnt hat. Der beklagte Landschaftsverband Westfalen-Lippe ist der richtige Beklagte iS des § 70 Nr 1 SGG; die Beteiligtenfähigkeit von Behörden in NRW ist seit dem 1.1.2011 mit dem Inkrafttreten des Justizgesetzes NRW vom 26.1.2010 (Gesetz- und Verordnungsblatt NRW 30) entfallen (zu dem hierdurch erfolgten Beteiligtenwechsel BSG SozR 4-3500 § 29 Nr 2 RdNr 11).

11

Er ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe für die Erstattung der Kosten des behindertengerechten Umbaus des PKW als Leistung der Eingliederungshilfe sachlich und örtlich zuständig (§ 98 Abs 1, § 97 Abs 2 iVm § 3 Abs 3 SGB XII, §§ 1, 2 Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land NRW vom 16.12.2004 - GVBl NRW 816 - und § 2 Abs 1 Nr 4 Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes NRW vom 16.12.2004 - GVBl NRW 817). Zwar sieht § 1 Nr 2 Buchst a der Satzung des Beklagten über die Heranziehung der Städte, Kreise und kreisangehörigen Gemeinden zur Durchführung der Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe vom 10.3.2005 iVm § 6 Abs 1 und § 7 Abs 1 Buchst d Landschaftsverbandsordnung für das Land NRW vom 14.7.1994 (GVBl NRW 657, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.10.2012 - GVBl NRW 474) iVm § 3 Abs 1 AGSGB XII eine Heranziehung der kreisfreien Städte und Kreise für die Versorgung von behinderten Menschen mit größeren Hilfsmitteln zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft vor, macht hiervon aber eine Ausnahme bei Kraftfahrzeugen. Ob dazu auch der behindertengerechte Umbau eines Kraftfahrzeugs zählt, kann dahinstehen; denn der Beklagte ist nach § 7 der Satzung ohnehin berechtigt, im Allgemeinen und im Einzelfall selbst tätig zu werden.

12

Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel liegen nicht vor. Insbesondere war weder die für die Klägerin zuständige Krankenkasse noch der Rentenversicherungsträger nach § 75 Abs 1 Satz 2 1. Alt SGG wegen der Nichtweiterleitung des Rehabilitationsantrags durch den Beklagten an diese notwendig beizuladen (dazu später).

13

Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Erstattung der Kosten für Anschaffung und Einbau des Rollstuhlverladesystems ist § 19 Abs 3 Satz 1 SGB XII(in der Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27.12.2003 - BGBl I 3022) iVm §§ 53, 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII(ebenfalls in der Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003) und § 55 Abs 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) iVm § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO(zur Unanwendbarkeit von § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 20). Richtet sich der geltend gemachte Anspruch - wie hier - auf eine Geldleistung, ist es rechtlich unerheblich, ob die Klägerin den Auftrag für den Einbau des Rollstuhlverladesystems zeitlich ggf sogar vor Erlass des Ablehnungsbescheids vom 8.8.2007 erteilt hat; insbesondere stehen §§ 2, 18 SGB XII (Nachrang der Sozialhilfe, Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen(BSG, aaO, RdNr 21).

14

Nach § 53 Abs 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Klägerin ist teilweise gelähmt und deshalb auf einen Rollstuhl angewiesen und damit wesentlich in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, an der Gesellschaft teilzuhaben (s § 1 Nr 1 Eingliederungshilfe-VO), sodass es sich bei der Eingliederung um eine Pflichtleistung handelt.

15

Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 54 Abs 1 SGB XII iVm §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX und die auf Grundlage der Ermächtigung des § 60 SGB XII erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Nach § 54 Abs 1 SGB XII iVm § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX gehört zu den Teilhabeleistungen insbesondere die Versorgung mit anderen als den in § 31 SGB IX (Leistungen zur medizinischen Rehabilitation) genannten Hilfsmitteln oder den in § 33 SGB IX (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) genannten Hilfen. § 9 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO konkretisiert den Begriff des "anderen Hilfsmittels". Danach sind andere Hilfsmittel iS des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm mit den §§ 26, 33 und 55 SGB IX nur solche Hilfsmittel, die dazu bestimmt sind, zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel beizutragen. Nach § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO gehören zu den anderen Hilfsmitteln iS des Abs 1 auch besondere Bedienungseinrichtungen und Zusatzgeräte für Kraftfahrzeuge, wenn der behinderte Mensch wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf ein Kraftfahrzeug angewiesen ist; soweit die Eingliederungshilfe ein Kraftfahrzeug betrifft, muss der behinderte Mensch das Hilfsmittel nicht selbst bedienen können (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25; BVerwGE 55, 31, 33 f). Das Rollstuhlverladesystem kann deshalb ein Hilfsmittel iS von § 9 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO sein.

16

Ob die Klägerin iS des § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO auf ein Kraftfahrzeug "angewiesen" ist, kann allerdings nicht abschließend entschieden werden. Dies beurteilt sich in erster Linie nach dem Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe, eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört es insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern (§ 53 Abs 3 SGB XII). Die Formulierung verdeutlicht, dass es insgesamt ausreicht, die Begegnung und den Umgang mit anderen Menschen im Sinne einer angemessenen Lebensführung zu fördern. Maßgeblich sind im Ausgangspunkt die Wünsche des behinderten Menschen (§ 9 Abs 2 SGB XII); wie sich aus § 9 Abs 3 Eingliederungshilfe-VO ergibt ("im Einzelfall"), gilt ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht(BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25, 26; SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22).

17

Die von der Klägerin ausgeübte ehrenamtliche Tätigkeit gehört in besonderer Weise zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Dies verdeutlicht § 11 Abs 2 Satz 2 SGB XII; danach umfasst die aktive Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft auch ein gesellschaftliches Engagement. Es spielt mithin keine Rolle, dass durch etwaige Eingliederungshilfeleistungen die ehrenamtliche Tätigkeit mittelbar "gefördert" wird; denn in erster Linie soll der Umbau des Fahrzeugs die Mobilität der Klägerin erhöhen oder herstellen und ihr die Teilhabemöglichkeit eröffnen. Ob die Teilhabemöglichkeit in der Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit oder dem Besuch von Sportveranstaltungen oder Musikaufführungen besteht oder mit einer (sonstigen) aktiven Vereinsmitgliedschaft zusammenhängt, obliegt der Entscheidung des Behinderten. Er bestimmt selbst, was er in seiner Freizeit tut und welche Möglichkeiten zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft er ergreift. Gerade ältere, aus dem Arbeitsleben ausgeschiedene Menschen haben ein besonderes Bedürfnis, neue soziale Kontakte zu finden oder alte aufrechtzuerhalten, und nutzen die Möglichkeit, dies in ehrenamtlichen Tätigkeiten zu tun, um ihre Fähigkeiten sinnvoll und gewinnbringend einzusetzen und nicht auf das "Abstellgleis geschoben" zu werden.

18

Das LSG hat bei der Frage, ob die Klägerin auf den behindertengerechten Umbau des Kfz angewiesen ist, zu Unrecht einen rein objektiven Maßstab anhand der Anzahl ehrenamtlich veranlasster Fahrten außerhalb des Stadtgebiets von H. in den Jahren 2009 und 2010 angelegt. Nach der Rechtsprechung des Senats hätten aber die besondere Situation der Klägerin, die auch in der Vergangenheit ein behindertengerecht umgebautes Fahrzeug benutzt hat, sowie ihre individuellen Bedürfnisse und Wünsche unter Einbeziehung von Art und Ausmaß der Behinderung berücksichtigt werden und in die Entscheidung mit einfließen müssen (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 22 f). Weshalb nur Fahrten außerhalb von H. und auch nur ehrenamtlich veranlasste Fahrten - nicht aber andere Fahrten mit dem Ziel der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft - berücksichtigungsfähig sein sollen, ist im Übrigen nicht nachvollziehbar. Dies gilt erst recht, folgte man der Begründung des LSG, dass das Primat der beanspruchten Leistung bei der Teilhabe am Arbeitsleben liege, weil es dann allein auf die Regelmäßigkeit der Nutzung ankommt, nicht aber auf besonders veranlasste Fahrten außerhalb des Nahbereichs abzustellen wäre. Zudem darf die Beurteilung, ob die Klägerin auf das Fahrzeug angewiesen ist, nicht auf die Jahre 2009 und 2010 beschränkt werden, weil der Antrag bereits im Jahr 2007 gestellt und während des Verwaltungsverfahrens der Umbau veranlasst worden ist. Schließlich muss die Frage des "Angewiesenseins" prognostisch beurteilt werden; deshalb ist in die Beurteilung auch die Beanspruchung eines Fahrzeugs in der Vergangenheit mit einzubeziehen, was das LSG unterlassen hat. Die erforderlichen Feststellungen wird das LSG nachholen müssen. Ggf wird es auch prüfen müssen, ob es für die Klägerin - etwa mit Behindertentransporten bzw durch Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel - überhaupt zumutbare Alternativen zum Umbau ihres Fahrzeugs gegeben hätte und ob es ihr zumutbar und technisch auch möglich gewesen wäre, das Rollstuhlverladesystem des alten PKW weiter zu nutzen, oder ob die Anschaffung eines neuen Systems erforderlich oder wirtschaftlich sinnvoller war.

19

§ 8 Abs 1 Satz 2 Eingliederungshilfe-VO rechtfertigt nicht das vom LSG gefundene (andere) Ergebnis. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Senat der Auffassung folgt, dass die Anwendung dieser Vorschrift eine regelmäßige Nutzung des Fahrzeugs (zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs: BVerwGE 55, 31 und 111, 328) im Sinne einer annähernd täglichen Nutzung voraussetzt; denn § 8 Abs 1 Satz 2 Eingliederungshilfe-VO ist nicht bei der Auslegung von § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO heranzuziehen. Nach § 8 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO gilt die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft iS des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm den §§ 33 und 55 SGB IX. Sie wird in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist. Bereits der Wortlaut der Vorschrift zeigt, dass von dieser Hilfeart nur die "Beschaffung" eines Kraftfahrzeugs "insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben" betroffen ist, während § 9 Eingliederungshilfe-VO weiter gefasst ist und Hilfsmittel betrifft, die zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel dienen und nicht in erster Linie zur Teilhabe am Arbeitsleben gewährt werden. § 9 Abs 1 und 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO knüpft insbesondere nicht an die Anspruchsvoraussetzungen des § 8 Eingliederungshilfe-VO an, sondern bestimmt seine Anspruchsvoraussetzungen unabhängig selbst. Deshalb ist (auch) der Anspruch auf Hilfe für besondere Bedienungseinrichtungen und Zusatzgeräte für ein bereits vorhandenes Kraftfahrzeug allein nach § 9 Abs 1 und Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO - unabhängig von § 8 Eingliederungshilfe-VO - zu beurteilen(BVerwG, Beschluss vom 20.12.1990 - 5 B 113/89). Diesem Verständnis entspricht nicht zuletzt Art 20 des - allerdings erst am 26.3.2009 ratifizierten - Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention), wonach die Vertragsstaaten wirksame Maßnahmen treffen, um für Menschen mit Behinderungen "persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit" sicherzustellen, ohne dies auf den Personenkreis beschäftigter Behinderter zu beschränken.

20

Gelangt das LSG nach Zurückverweisung der Sache zu dem Ergebnis, dass die Klägerin auf ein Kraftfahrzeug und dessen Umbau angewiesen ist, wird es weiter zu prüfen haben, ob ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse (§ 19 Abs 3 SGB XII iVm §§ 82 ff SGB XII) der Leistungsgewährung entgegenstehen. Nach § 19 Abs 3 Satz 1 SGB XII wird Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem Fünften Kapitel des SGB XII (nur) geleistet, soweit dem Leistungsberechtigten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist. Dabei ist auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entstehung der Kosten abzustellen (vgl dazu in anderen Konstellationen: BSGE 103, 171 ff RdNr 11 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSGE 104, 219 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1), also auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der gegenüber der Klägerin geltend gemachten Forderung. Wann die Forderung der Firma, die den Umbau vorgenommen hat, fällig geworden ist, ist dem Urteil des LSG nicht zu entnehmen. Fest steht aber, dass das behindertengerecht umgebaute Fahrzeug noch während des Verwaltungsverfahrens angeschafft und zum größten Teil durch verschiedene Stiftungen finanziert worden ist.

21

Ob ein Anspruch schon wegen der durch die Stiftungen erbrachten Leistungen ganz oder zum Teil ausscheidet, kann der Senat anhand der Feststellungen des LSG nicht prüfen. Dies hängt davon ab, wann und mit welchen Mitteln (Zuschüsse, Darlehen, Verkaufserlös aus dem Verkauf des früheren Fahrzeugs) die Rechnung für den Umbau des Fahrzeugs beglichen wurde. Wurde der behindertengerechte Umbau des Fahrzeugs ausschließlich aus (nicht zurückzuzahlenden) Zuschüssen finanziert, hat die Klägerin schon deshalb keinen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe. Da die Kosten für den Umbau des Fahrzeugs - die direkte Zahlung erfolgte an das Autohaus bzw den Betrieb, der den Umbau vorgenommen hat - bereits fällig waren als die Zuschüsse erbracht wurden, sind sie als Einkommen zu berücksichtigen, das nach § 19 Abs 3 SGB XII iVm §§ 82 ff SGB XII zur Bedarfsdeckung einzusetzen ist.

22

Nach § 82 Abs 1 SGB XII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert (die in § 82 Abs 1 SGB XII geregelten Ausnahmen liegen nicht vor). Inwieweit Zuwendungen Dritter als Einkommen außer Betracht bleiben, regelt § 84 SGB XII. Nach dessen Abs 1 bleiben Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege als Einkommen außer Betracht. Dies gilt (aber) nicht, soweit die Zuwendung die Lage der Leistungsberechtigten so günstig beeinflusst, dass daneben Sozialhilfe ungerechtfertigt wäre. Nach Abs 2 dieser Vorschrift sollen auch Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, als Einkommen außer Betracht bleiben, soweit ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten eine besondere Härte bedeuten würde. Soweit die Zuschüsse gerade dazu gewährt worden sind, den Umbau des Fahrzeugs zu finanzieren, müssen sie nach § 84 SGB XII in voller Höhe als Einkommen berücksichtigt werden, gleich ob Abs 1 oder Abs 2 dieser Regelung anwendbar ist; denn zum einen beeinflussen die Zuschüsse die Lage der Klägerin so günstig, dass daneben (zur Vermeidung von Doppelleistungen) Sozialhilfe nicht gerechtfertigt wäre, zum anderen kann die Einkommensberücksichtigung angesichts desselben Zwecks, der mit der Sozialhilfe bzw den Zuschüssen verfolgt wird (nämlich die Finanzierung des Umbaus), keine besondere Härte für die Klägerin bedeuten.

23

Sind die Zuschüsse danach als Einkommen zu werten, ist weiter die Zumutbarkeit des (Umfangs des) Einkommenseinsatzes zu prüfen, die an den besonderen Einkommensgrenzen für Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII, hier insbesondere an § 88 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII, zu messen ist. Danach kann die Aufbringung der Mittel - gleichgültig, ob die Einkommensgrenze über- oder unterschritten wird - auch unter der Einkommensgrenze verlangt werden, wenn - wie hier - von einem anderen Leistungen für einen besonderen Zweck (Umbau des Kraftfahrzeugs) erbracht werden, für den sonst Sozialhilfe zu leisten wäre. Anders als etwa in den Fällen des § 88 Abs 1 Satz 1 Nr 2(Deckung des Bedarfs mit geringfügigen Mitteln; dazu BSGE 103, 171 ff RdNr 26 f = SozR 4-3500 § 54 Nr 5) und Nr 3 SGB XII ist dabei zur Vermeidung von Doppelleistungen die Ermessensbetätigung ("kann") bei der vom Sozialhilfeträger zu treffenden Entscheidung in dem Sinne vorgezeichnet, dass im Regelfall der Einkommenseinsatz verlangt werden muss (sog intendiertes Ermessen); denn es ist kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb Sozialhilfe geleistet werden soll, wenn Leistungen Dritter für denselben Zweck - also den behindertengerechten Umbau des Kraftfahrzeugs - erbracht werden. Die Regelung des § 88 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB XII zeigt im Übrigen, dass derartige Leistungen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zum Entfallen des Bedarfs führen, sondern von atypischen Fallgestaltungen abgesehen (immer) als Einkommen zu qualifizieren und zu berücksichtigen sind, ohne dass es auf den Zeitpunkt des Zuflusses ankommt.

24

Die Fallkonstellation, in der der Umbau (allein) durch Zuschüsse finanziert wird, ist nicht mit der Selbsthilfe im Rahmen von Einsatzgemeinschaften des § 19 Abs 1, 2 oder 3 SGB XII zu vergleichen, bei der ein Mitglied der Einsatzgemeinschaft den Bedarf deckt, ohne dass der Hilfebedürftige zur Rückerstattung verpflichtet ist. Der Senat hat in einem solchen Fall - soweit durch die Bedarfsdeckung nicht nur ohnehin bestehende Unterhaltsansprüche erfüllt wurden - die Pflicht zur Rückerstattung nicht zur Voraussetzung für einen Leistungsanspruch gemacht und damit eine Zuwendung aus sittlicher Pflicht (§ 84 Abs 2 SGB XII) aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes verneint, um die normative Wertung der Vorschriften über die Anspruchsvoraussetzungen und die Einkommensberücksichtigung nicht zu konterkarieren (BSGE 110, 301 ff RdNr 27 = SozR 4-3500 § 54 Nr 8; BSGE 112, 67 ff RdNr 25 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1).

25

Wurde der Umbau auch (maximal 9000 Euro) durch Darlehen finanziert, scheitert daran ein Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Höhe der durch das Darlehen erbrachten Leistungen hingegen nicht. Nach der Rechtsprechung des für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen 14. Senats des Bundessozialgerichts sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert nur dann als Einkommen zu qualifizieren, wenn der damit verbundene wertmäßige Zuwachs dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleibt. Deshalb sind Darlehen, die mit einer zivilrechtlich wirksam vereinbarten Rückzahlungsverpflichtung belastet sind, als eine nur vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht als Einkommen zu berücksichtigen (BSGE 106, 185 ff RdNr 16 = SozR 4-4200 § 11 Nr 30). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat für das Recht der Sozialhilfe an (vgl schon BSGE 112, 67 ff RdNr 26 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1); es ist kein sachlicher Grund erkennbar, der eine funktionsdifferente Auslegung des Einkommensbegriffs rechtfertigen könnte. Entscheidend für die Abgrenzung ist damit allein, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist. Anhaltspunkte für einen unwirksamen Darlehensvertrag sind zwar nicht ersichtlich, eine abschließende Würdigung ist insoweit allerdings vom LSG vorzunehmen.

26

Wurde der Umbau schließlich auch mit dem Erlös aus dem Verkauf des alten Fahrzeugs finanziert, verringert sich der Bedarf für die Umbaukosten um diesen Betrag. Dabei ist es unerheblich, ob der erzielte Kaufpreis über 1700 Euro aufgrund einer Vereinbarung mit dem Kraftfahrzeughändler bzw dem Betrieb, der den Umbau durchgeführt hat, etwa bei Inzahlungnahme des Altfahrzeugs mit dem Rechnungsbetrag "verrechnet" wurde und schon deshalb zum maßgebenden Zeitpunkt (Fälligkeit der Rechnung, dazu oben) ein um den Inzahlungnahmebetrag geringerer Bedarf entstanden ist, oder ob der Kaufpreis für den Altwagen unabhängig von einer Händlerabsprache vor der Entstehung des Bedarfs zugeflossen ist und dann für den Umbau des Neuwagens eingesetzt wurde. Insoweit wäre der Verkaufserlös als Vermögen zu berücksichtigen, ohne dass er als Schonvermögen nach § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII iVm der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs 2 Nr 9 SGB XII (Barbetrags-Verordnung) oder über die Härteregelung des § 90 Abs 3 SGB XII als Ersatz für einen privilegierten PKW geschützt wäre. Angesichts des bloßen Fahrzeugwechsels wäre dies nicht gerechtfertigt, weil der Erwerb des neuen Fahrzeugs - ob als Einkommen oder als Vermögen - privilegiert ist (dazu später).

27

Neben der Frage, wie der Umbau finanziert wurde, und welchen Einfluss etwaige Zuflüsse von Geld oder Geldeswert auf den Bedarf bzw den Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe haben, stellt sich auch die weitere Frage, ob ein Anspruch der Klägerin an ihren sonstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemäß § 19 Abs 3 SGB XII iVm §§ 82 ff SGB XII scheitert. Das LSG hat hierzu - ausgehend von seiner Rechtsauffassung zum fehlenden Angewiesensein auf den PKW, die der Senat nicht teilt - keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die Klägerin verfügte über ein Einkommen. Es ist nicht auszuschließen, dass sie unter Berücksichtigung der Einkommensgrenze des § 85 SGB XII - ggf zusammen mit den Zuwendungen von Stiftungen(dazu oben) - über der Einkommensgrenze einzusetzendes Einkommen (§ 87 SGB XII) erzielt. Bei einmaligen Leistungen (nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII) zur Beschaffung von Bedarfsgegenständen, deren Gebrauch für mindestens ein Jahr bestimmt ist, ist das Einkommen ggf auch für mehrere Monate zu berücksichtigen (§ 87 Abs 3 SGB XII). Bedarfsgegenstände in diesem Sinn sind Gegenstände, die für den individuellen und unmittelbaren Gebrauch durch den Leistungsempfänger bestimmt sind und (in der Regel) einer Abnutzung unterliegen (Lücking in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 87 RdNr 31, Stand Dezember 2004; Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl 2010, § 87 SGB XII RdNr 37). Die Eingliederungshilfe für das Rollstuhlverladesystem ist als eine solche "einmalige Leistung zur Beschaffung von Bedarfsgegenständen" zu qualifizieren; der Gebrauch des Rollstuhlverladesystems ist auch für mehr als ein Jahr bestimmt. Dabei ist sowohl auf die mögliche Nutzungsdauer des konkreten Gegenstandes abzustellen, als auch kumulativ auf die aufgrund des konkreten Bedarfs erforderliche Nutzung (Gutzler in juris PraxisKommentar SGB XII, § 87 SGB XII RdNr 46).

28

Auch ob einsetzbares Vermögen vorhanden ist, hat das LSG ausgehend von seiner Rechtsansicht offen gelassen. Der Senat kann deshalb insbesondere nicht beurteilen, ob die Wohnung der Klägerin privilegiertes Vermögen ist. Nach § 90 SGB XII ist grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen zu berücksichtigen(Abs 1); allerdings darf die Sozialhilfe nicht von dem Einsatz oder der Verwertung bestimmter (Abs 2) bzw privilegierter (Abs 3) Vermögensgegenstände abhängig gemacht werden. Nach § 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs 1 bis 3 SGB XII genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird, abhängig gemacht werden. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.

29

Mit Rücksicht auf den Schutzzweck der Norm erfasst der Begriff des Hausgrundstücks neben bebauten Grundstücken auch Eigentumswohnungen (vgl nur Mecke in jurisPK-SGB XII, § 90 SGB XII RdNr 73). Die Angemessenheit der Größe von Eigentumswohnungen bestimmt sich nach der Rechtsprechung des Senats (weiterhin) nach den Werten des (zum 1.1.2002 aufgehobenen) Zweiten Wohnungsbaugesetzes unter Berücksichtigung der Anzahl der Bewohner (BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 19). Danach gelten Eigentumswohnungen mit bis zu 120 m² für einen Haushalt mit vier Personen nicht als unangemessen groß. Bei einer geringeren Familiengröße sind je fehlender Person 20 m² abzuziehen, wobei eine Reduzierung unter 80 m² in der Regel nicht in Betracht kommt (BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3). Allerdings bedürfen diese Größen je nach den Umständen des Einzelfalles - etwa wegen der Behinderung der Klägerin, die auf einen Rollstuhl angewiesen ist - einer Anpassung nach oben (BSGE 97, 203 ff RdNr 22 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 19). Ob ausgehend von diesen Voraussetzungen die Wohnung der Klägerin, die die Grenze von 80 m² um 31 m² übersteigt, (noch) angemessen und damit geschütztes Vermögen ist, bedarf weiterer Feststellungen zu den Umständen des Einzelfalls. Gleiches gilt für die Frage, ob - unterstellt, die Wohnung ist nicht angemessen - eine Härte iS von § 90 Abs 3 SGB XII zu bejahen ist. Ist auch diese zu verneinen, wird das LSG die Verwertbarkeit der Wohnung genauer unter rechtlichen und tatsächlichen Aspekten (BSGE 100, 131 ff RdNr 15 = SozR 4-3500 § 90 Nr 3) zu prüfen haben.

30

Ob das neu angeschaffte Fahrzeug als Vermögen oder als Einkommen zu qualifizieren ist, bedarf hingegen keiner Entscheidung, weil es in keinem Fall zur Bedarfsdeckung einzusetzen ist, selbst wenn es der Klägerin möglicherweise zumutbar gewesen wäre, ein gebrauchtes Fahrzeug mit erheblich geringerem Wert zu kaufen (vgl dazu BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 23 f). Denn der Einsatz als Einkommen oder als Vermögen würde - unterstellt, die Klägerin ist behinderungsbedingt auf ein Kraftfahrzeug angewiesen (vgl allgemein dazu nur Mecke in jurisPK-SGB XII, § 90 SGB XII RdNr 102 mwN) - entweder nach der für Einkommen geltenden generellen Härteklausel des § 82 Abs 3 Satz 3 SGB XII(vgl dazu: BSGE 108, 241 ff RdNr 24 = SozR 4-3500 § 82 Nr 8; BSGE 106, 62 ff RdNr 32 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6)oder nach der bei Vermögen anzuwendenden Härteregelung des § 90 Abs 3 SGB XII eine (besondere) Härte bedeuten, weil die von den Stiftungen gewährten Zuwendungen (Zuschüsse und Darlehen) - auch der Höhe nach - nur zweckgebunden für den Erwerb bzw die Umrüstung des Fahrzeugs erbracht worden sind, sodass eine Berücksichtigung des PKW als Einkommen oder als Vermögen trotz des den Verkehrswert von 7500 Euro bzw - wegen der Behinderung der Klägerin - von 9500 Euro(vgl § 5 Kraftfahrzeughilfeverordnung; BSGE 99, 77 ff RdNr 16 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5) übersteigenden Betrags für ein angemessenes Kraftfahrzeug (dazu: BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5; BSGE 100, 139 ff RdNr 16 = SozR 4-3500 § 82 Nr 4) unbillig wäre. Ohne Anschaffung des PKW wären keine Beträge geflossen. Das LSG wird jedoch ggf zu ermitteln haben, ob noch weiteres einsetzbares Vermögen vorhanden ist.

31

Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten nach den Vorschriften über die Hilfen zur Gesundheit (§§ 47 ff SGB XII)scheidet hingegen aus. Diese Hilfen entsprechen den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV - (§ 52 Abs 1 Satz 1 SGB XII), sodass eine Hilfsmittelversorgung durch den Sozialhilfeträger aus den gleichen Gründen wie im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) ausgeschlossen ist. Das Rollstuhlverladesystem ist für die Klägerin kein Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 Satz 1 3. Alt SGB V und gehört damit nicht zum Leistungskatalog des SGB V; das Gebot eines möglichst weitgehenden Behinderungsausgleichs, das sich auch auf den Ausgleich von indirekten Folgen der Behinderung erstreckt (vgl: BSGE 93, 176 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7; BSGE 98, 213 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 3 und 29; BSG, Urteil vom 16.9.2004 - B 3 KR 15/04 R), erfordert keine Leistungserbringung. Ein Hilfsmittel ist von der GKV nur dann zu gewähren, wenn es Grundbedürfnisse des täglichen Lebens betrifft, zu denen das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums gehören (BSGE 91, 60 ff RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 S 20 mwN; BSG, Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 12/10 R - RdNr 13 ff). Allerdings ist das in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" krankenversicherungsrechtlich immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst, nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu verstehen (BSG, Urteil vom 18.5.2011, aaO, RdNr 15 ff mwN). Es besteht grundsätzlich kein Anspruch darauf, den Radius der selbstständigen Fortbewegung durch das Auto (erheblich) zu erweitern, selbst wenn im Einzelfall die Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich erledigt werden können; es gilt vielmehr ein abstrakter, von den Besonderheiten des jeweiligen Wohnorts unabhängiger Maßstab (BSGE 98, 213 ff RdNr 17 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15). Nur wenn die Verantwortung der GKV im Einzelfall über die Erschließung des Nahbereichs der Wohnung hinausgeht (zur Sicherung der Schulfähigkeit eines Schülers bzw zum Erwerb einer elementaren Schulausbildung BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 19; bei Anforderungen an die medizinische Versorgung, die regelmäßig im Nahbereich der Wohnung nicht erfüllbar sind BSGE 98, 213 ff RdNr 14 und 17 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15), ist die Erweiterung des Fortbewegungsradius durch Hilfsmittel der GKV zu ermöglichen.

32

Nach den Feststellungen des LSG und den eigenen Angaben der Klägerin dient das Rollstuhlverladesystem in erster Linie zur Ausübung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit im gesamten Bundesgebiet; die ehrenamtliche Tätigkeit wird aber nicht vom Verantwortungsbereich der GKV umfasst. Es ist nicht Aufgabe der GKV, ihren Versicherten die Ausübung einer solchen Tätigkeit zu ermöglichen. Fahrkosten zu ambulanten Behandlungen werden hingegen von der Krankenkasse übernommen, wodurch dem Grundbedürfnis des täglichen Lebens, bei Krankheit und Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, Genüge getan ist, weil im Rahmen der Hilfsmittelgewährung nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V (allein) die notwendige medizinische Versorgung sichergestellt sein muss(BSGE 93, 176 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7). Andere besondere qualitative Elemente, die eine weitergehende Mobilitätshilfe zum mittelbaren Behinderungsausgleich rechtfertigen könnten (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 36 RdNr 17 mwN), sind hier nicht ersichtlich. Dementsprechend scheidet auch ein Anspruch gegen den Beklagten als erstangegangenen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs 2 SGB IX iVm § 33 SGB V und damit eine Beiladung der zuständigen Krankenkasse aus, wobei es ohne Bedeutung ist, ob der Begriff der Teilhabeleistung des § 14 SGB IX eigenständig (weit) oder (nur) nach dem Verständnis des SGB V auszulegen ist(vom Senat offengelassen in: BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 15). Ebenso scheidet ein Anspruch als erstangegangener Träger nach § 14 Abs 2 SGB IX iVm der KfzHV wegen einer Nichtweiterleitung an den Rentenversicherungsträger - und damit dessen Beiladung - aus. Kraftfahrzeughilfe wird nur zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben erbracht (§ 1 KfzHV). Zu Recht hat das LSG deshalb ausgeführt, dass Leistungen nach § 2 Abs 1 Nr 2 KfzHV (behinderungsbedingte Zusatzausstattung) nach § 3 Abs 1 Nr 1 der Verordnung ua nur gewährt werden, wenn der behinderte Mensch infolge seiner Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist, um seinen Arbeits- oder Ausbildungsort oder den Ort einer sonstigen Leistung der beruflichen Bildung zu erreichen, woran es hier mangelt.

33

Das LSG wird ggf auch den Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des Revisionsantrags richtigstellen müssen und über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Februar 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 7934,76 Euro für die Anschaffung und den Einbau eines schwenkbaren Autositzes im Frühjahr 2004.

2

Die 1984 geborene Klägerin ist blind, schwerhörig und teilweise gelähmt (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen "G", "aG", "H", "RF" und "Bl"); sie erhält von der Pflegekasse Leistungen der häuslichen Pflege nach der Pflegestufe III. Die Klägerin wohnte und wohnt in der zum Kreis H gehörenden Stadt Hü und war in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig. Die Kosten des Fahrdienstes für den Weg zwischen Wohnung und WfbM trug der Beklagte; für private Fahrten ist auf Kosten des Kreises H ein Behindertenfahrdienst eingerichtet, den die Klägerin in Anspruch nahm (bis zu vier Fahrten je Monat mit einer Wegstrecke von jeweils bis zu 35 km).

3

Anfang März 2004 wandte sich die Klägerin wegen des behindertengerechten Umbaus eines bereits von ihr bestellten und Ende April 2004 zu einem Preis von 29 815,19 Euro gelieferten Neuwagens an die für sie zuständige gesetzliche Krankenkasse (KK), beantragte aber auch mit einem bei der Stadt Hü abgegebenen, am 22.3.2004 beim Kreis H und nach Weiterleitung (mit Schreiben vom 25.3.2004) beim Beklagten am 26.3.2004 eingegangenem Schreiben die Übernahme der Kosten für den Einbau eines schwenkbaren Autositzes. Zu dieser Zeit bezog die Klägerin neben den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung Blindengeld nach dem (nordrhein-westfälischen) Gesetz über Hilfen für Blinde und Gehörlose in Höhe von 441,50 Euro und von der Bundesagentur für Arbeit (bis zum 22.9.2004) ein Ausbildungsgeld in Höhe von 67 Euro monatlich.

4

Ende 2004 wurden ihr rückwirkend ab 1.4.2004 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gewährt. Ende April 2004 besaß die Klägerin auf einem Girokonto ein Guthaben von 24 362,17 Euro, auf einem Sparkonto ein solches in Höhe von 86,48 Euro, Wertpapiere mit einem Wert von 3529,56 Euro sowie 10 000 Euro, die sie als Darlehen von ihren Eltern erhalten hatte. Außerdem war sie Eigentümerin eines (älteren) Pkw, den sie Anfang Mai 2004 zu einem Preis von 8500 Euro verkaufte; zur gleichen Zeit beauftragte sie eine Firma mit dem Umbau des neuen Pkw zu einem Preis von 10 051,08 Euro. Nachdem die KK die Übernahme der Kosten des behindertengerechten Umbaus des Pkw bereits abgelehnt hatte (bestandskräftiger Bescheid vom 5.4.2004), lehnte der Beklagte die Leistung ebenfalls ab, weil die Klägerin über ausreichendes Vermögen verfüge und den Bedarf selbst bereits gedeckt habe (Bescheid vom 17.5.2004; Widerspruchsbescheid vom 23.2.2005).

5

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 8.8.2007; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22.2.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin könne keine Eingliederungshilfe gemäß §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG für einen behindertengerechten Umbau des Pkw erhalten, weil sie wegen Art und Schwere ihrer Behinderung nicht auf ein Kfz angewiesen gewesen sei(§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-Verordnung). Die Fahrten von und zur WfbM seien durch den Fahrdienst des Beklagten, diejenigen zu medizinischen Behandlungsterminen durch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mit einer Fahrkostenerstattung durch die KK sichergestellt gewesen. Soweit die private Krankenversicherung Therapien über das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus ermögliche oder der Transport der Klägerin zu den einzelnen Behandlungen durch keine Versicherung abgedeckt sei, könne die Klägerin nicht besser gestellt werden, als bedürftige nichtbehinderte Personen. Wegen privater Fahrten sei die Klägerin ihm Rahmen (nur) einer Grundversorgung auf die Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes des Kreises H zu verweisen. Ein Anspruch auf Kostenübernahme als medizinische Leistung scheide wegen des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 BSHG) aus, weil die KK einen entsprechenden Anspruch bereits bestandskräftig abgelehnt habe.

6

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG iVm § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO und § 55 Abs 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Die Klägerin ist der Ansicht, das LSG habe verkannt, dass bei der Auslegung des Begriffs des "Angewiesenseins" auf den Pkw (§ 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) maßgeblich auf Art und Ziel der Teilhabeleistung abzustellen sei. Die Auslegung habe sich deshalb am Leitgedanken des § 1 SGB IX, dem selbstbestimmten Leben in der Gesellschaft, den Wertungen aus Art 2 Abs 1 Grundgesetz (GG), Art 1 Abs 1 GG und dem Diskriminierungsverbot des Art 3 Abs 3 Satz 2 GG zu orientieren. Sie (die Klägerin) benötige den Pkw nicht nur für ihre Transporte aus der WfbM nach Hause wegen Zuckerentgleisungen sowie zu Therapeuten und Ärzten, sondern auch für die Teilnahme an Veranstaltungen inner- und außerhalb des weitläufigen Kreisgebietes H, zum Aufbau neuer und Erhalt bestehender sozialer Kontakte, für Einkaufsfahrten sowie für den Besuch früherer Schulkameraden, für Vereinstreffen in D, M und A und für Familienausflüge.

7

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid vom 17.5.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.2.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr 7934,76 Euro zu zahlen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz), weil das Verfahren an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel leidet und tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für eine abschließende Entscheidung fehlen.

11

Der von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmangel besteht darin, dass es im Hinblick auf § 14 SGB IX an einer Beiladung der Stadt Hü (bzw der KK) mangelt. Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG sind nämlich Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung). Dies ist vorliegend nach Aktenlage für die Stadt H, ggf jedoch auch für die KK, zu bejahen; das LSG wird dies zu prüfen haben. Einer der beiden ist jedenfalls der im Rahmen des § 14 SGB IX zuerst angegangene Rehabilitationsträger, der wegen unterlassener bzw verspäteter Weiterleitung des Antrags nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX für die Entscheidung über die Leistung und für die Erbringung der Leistung zuständig geworden und notwendig am Verfahren zu beteiligen ist. Diese Beiladungspflicht betrifft - wie vorliegend - ua den im Außenverhältnis zuständig gewordenen Rehabilitationsträger bei einer Klage gegen den im Innenverhältnis (eigentlich) zuständigen Rehabilitationsträger (vgl nur BSGE 93, 283 ff RdNr 16 f = SozR 4-3250 § 14 Nr 1).

12

Der Beklagte war und ist als überörtlicher Träger der Sozialhilfe für die Erstattung der Kosten des behindertengerechten Umbaus des PKW als Leistung der Eingliederungshilfe (§ 39 Abs 1 Satz 1 und § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG iVm § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO) sachlich und örtlich zuständig (§§ 97, 100 BSHG iVm §§ 1, 2 Nr 1 des Gesetzes zur Ausführung des BSHG für das Land Nordrhein-Westfalen iVm § 2 Abs 1 Nr 1 der nordrhein-westfälischen VO zur Ausführung des BSHG bzw § 97 Abs 1 und 2 Satz 1 sowie § 98 Abs 1 iVm § 3 Abs 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - und §§ 1, 2 Buchst a Landesausführungsgesetz zum SGB XII für das Land NRW iVm § 2 Abs 1 Nr 4 Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes NRW). Es kann offen bleiben, ob der Senat an die Auslegung des nicht revisiblen Landesrechts (§ 162 SGG) durch das LSG gebunden ist (vgl § 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung; dazu allgemein Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 RdNr 7 ff mwN), wenn die Feststellungen des Berufungsgerichts von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzungen (notwendige echte Beiladung) betreffen; denn das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Beklagte für die Versorgung von behinderten Menschen mit größeren anderen Hilfsmitteln als überörtlicher Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig ist. Zwar sah und sieht § 1 Nr 3 Buchst c der Satzungen des Beklagten über die Heranziehung der Städte, Kreise und kreisangehörigen Gemeinden zur Durchführung der Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe iVm § 6 Abs 1 und § 7 Abs 1 Landschaftsverbandsordnung für das Land NRW eine entsprechende Heranziehung der Kreise vor, die dann in eigenem Namen handeln. Allerdings ist der Beklagte in diesem Einzelfall gleichwohl selbstständig tätig geworden, was ihm nach § 3 der Satzung möglich war. Wegen der "eigentlichen" Zuständigkeit des Beklagten zur Leistungserbringung (ohne Berücksichtigung des § 14 SGB IX) bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob bei einer Klage gegen den intern unzuständigen Leistungsträger der zuständig gewordene erstangegangene Leistungsträger ebenfalls im Wege der echten notwendigen Beiladung am Verfahren zu beteiligen ist oder nicht vielmehr ein Fall der notwendigen unechten Beiladung (anderer Sozialhilfeträger) vorliegt; ohne Bedeutung ist damit auch, ob dann zumindest im Rahmen des § 14 SGB IX die Voraussetzungen der notwendigen unechten Beiladung in der Revisionsinstanz auch ohne entsprechende Rüge zu prüfen wären.

13

Die Stadt Hü ist jedenfalls nach Aktenlage der zuerst angegangene Rehabilitationsträger iS des § 14 SGB IX, der wegen nicht rechtzeitiger Weiterleitung des Antrags im Außenverhältnis für die Leistungserbringung nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX zuständig geworden ist(zur Fristberechnung Bundessozialgericht SozR 4-2500 § 33 Nr 37 RdNr 11). Nach Aussage der Mutter der Klägerin hat diese den Antrag auf Eingliederungshilfe entweder am 1. oder 2.3.2004 persönlich bei der Stadt Hü abgegeben, die diesen offenbar ungeprüft an den Kreis H weitergeleitet hat (dort eingegangen am 22.3.2004). Diesen realistischen Ablauf unterstellt, hätte die Stadt Hü die Zweiwochenfrist des § 14 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB IX keinesfalls eingehalten. Das LSG mag dies nach der Zurückverweisung verifizieren. Dabei wird es zu beachten haben, dass, falls sich dieses Ergebnis nicht bewahrheiten sollte, der Rehabilitationsantrag ggf zuerst bei der KK eingegangen ist; denn die Mutter der Klägerin hat dem Senat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versichert - Unterlagen bei der KK sind nicht mehr vorhanden -, den schriftlichen Antrag an die KK am 2.3.2004 zur Post gegeben zu haben, und die KK hat den Leistungsantrag abgelehnt, ohne ihn an einen anderen Rehabilitationsträger weiterzuleiten.

14

Die Stellung der Stadt Hü als Rehabilitationsträger ergibt sich bereits aus § 69 Abs 1 Sozialgesetzbuch Achtes Buch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) iVm §§ 1, 2 Satz 1 Erstes Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes des Landes NRW und § 1 der nordrhein-westfälischen Verordnung über die Bestimmung Großer kreisangehöriger Städte und Mittlerer kreisangehöriger Städte. Sie beruht aber auch darauf, dass die Stadt Hü vom Kreis H zur Aufgabenwahrnehmung der örtlichen Sozialhilfe durch Delegationssatzungen herangezogen worden ist (§ 96 Abs 1 BSHG iVm § 3 AG-BSHG NRW und der Satzung über die Durchführung der Sozialhilfe im Kreise H vom 7.12.2000, § 99 Abs 1 SGB XII iVm § 3 Abs 1 AG-BSHG NRW und der Satzung über die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB XII im Kreis H vom 30.12.2004). Selbst wenn der nicht binnen zwei Wochen an den Beklagten weitergeleitete Antrag auf Leistungen zur Teilhabe iS des § 14 SGB IX im Rahmen dieses auftragsähnlichen Verhältnisses(vgl: BSGE 99, 137 ff RdNr 11 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 13 f) die Zuständigkeit des Kreises H als örtlichen Trägers der Sozialhilfe (wegen Handelns der Stadt für den Kreis) begründet hätte, wäre im Klageverfahren gleichwohl die herangezogene Stadt Hü die richtige Beklagte iS des § 70 Nr 3 SGG und hier als notwendig Beizuladende anzusehen, denn sie entscheidet im Rahmen der Heranziehung im eigenen Namen(§ 1 Abs 1 der Delegationssatzung).

15

Sollte sich die Zuständigkeit der Stadt Hü als erstangegangenen Rehabilitationsträgers bewahrheiten, wäre (unerheblich ob im Wege der notwendigen echten oder der notwendigen unechten Beiladung) weder die KK noch der Kreis zusätzlich notwendig zu beteiligen, weil die streitgegenständliche Teilhabeleistung dieser Leistungsträger nicht in Betracht kommen. Im Hinblick auf die KK ist bereits zweifelhaft, ob das begehrte Hilfsmittel nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) überhaupt eine Leistung zur Teilhabe iS der §§ 4, 5 Nr 1, 14 SGB IX darstellt; denn die KKen sind abweichend von den Vorschriften des SGB IX (vgl § 7 SGB IX) nur unter den Voraussetzungen des SGB V (vgl § 11 Abs 2, §§ 40 ff SGB V) zur Erbringung medizinischer Rehabilitationsleistungen verpflichtet (BSGE 98, 277 ff RdNr 18 = SozR 4-2500 § 40 Nr 4). Trotz des Aspektes bzw des Ziels der (Wieder-)Herstellung der Gesundheit haben jedoch nicht alle Maßnahmen des SGB V rehabilitativen Charakter in einem Sinn, der dem Verständnis des SGB V über eine Teilhabeleistung entspricht. Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob der Begriff der Teilhabeleistung des § 14 SGB IX eigenständig (weit) oder (nur) nach dem Verständnis des SGB V auszulegen ist. Vorliegend gehörte der schwenkbare Autositz ohnedies nicht zum Leistungskatalog des SGB V, sodass auch nicht entschieden werden muss, ob eine Verurteilung der KK nach deren Beiladung (§ 75 Abs 5 SGG) wegen der bestandskräftigen Ablehnung mit Bescheid vom 5.4.2004 ohnehin ausscheidet. Nichts anderes gilt für eine (zusätzliche) Beiladung des Kreises H, soweit dieser als zuständiger Leistungsträger betreffend einen Anspruch auf Kostenerstattung als Hilfe bei Krankheit nach §§ 36 ff BSHG in Betracht kommt. Diese Hilfen entsprechen den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 38 Abs 1 BSHG), sodass eine Hilfsmittelversorgung durch den Sozialhilfeträger aus den gleichen Gründen wie im SGB V ausgeschlossen ist.

16

Der schwenkbare Autositz ist für die Klägerin kein Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 Satz 1 3. Alt SGB V; das Gebot eines möglichst weitgehenden Behinderungsausgleichs, das sich auch auf den Ausgleich von indirekten Folgen der Behinderung erstreckt (vgl: BSGE 93, 176 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7; BSGE 98, 213 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 3 und 29; BSG, Urteil vom 16.9.2004 - B 3 KR 15/04 R), erfordert gleichwohl keine Leistungserbringung. Ein Hilfsmittel ist von der Gesetzlichen Krankenversicherung nur dann zu gewähren, wenn es Grundbedürfnisse des täglichen Lebens betrifft, zu denen das Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, die Nahrungsaufnahme, das Ausscheiden, die (elementare) Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums gehören (BSGE 91, 60 ff RdNr 9 = SozR 4-2500 § 33 Nr 3 S 20 mwN; BSG, Urteil vom 18.5.2011 - B 3 KR 12/10 R - RdNr 13 ff). Allerdings ist das in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines gewissen körperlichen Freiraums" krankenversicherungsrechtlich immer nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst, nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu verstehen (BSG, Urteil vom 18.5.2011, aaO RdNr 15 ff mwN). Es besteht grundsätzlich kein Anspruch darauf, den Radius der selbstständigen Fortbewegung durch das Auto (erheblich) zu erweitern, selbst wenn im Einzelfall die Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich erledigt werden können; es gilt vielmehr ein abstrakter, von den Besonderheiten des jeweiligen Wohnorts unabhängiger Maßstab (BSGE 98, 213 ff RdNr 17 = SozR 4-2500 § 33 Nr 15).

17

Nach diesen Maßgaben kann die Klägerin die Kostenerstattung für den Einbau und die Anschaffung des schwenkbaren Autositzes nicht nach § 13 Abs 3 Satz 2 SGB V iVm § 15 Abs 1 Satz 4 2. Alt SGB IX und § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V beanspruchen. Nach den Feststellungen des LSG diente der schwenkbare Autositz der Erweiterung ihres persönlichen Aktionsradiusses - über den Nahbereich der Wohnung hinaus - und Transporten zu Ärzten und Therapeuten, die allerdings durch das DRK durchgeführt worden sind, soweit die Behandlungen Leistungen nach dem SGB V waren. Damit war dem Grundbedürfnis des täglichen Lebens, bei Krankheit und Behinderung Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, bereits Genüge getan, weil im Rahmen der Hilfsmittelgewährung nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V (allein) die notwendige medizinische Versorgung sichergestellt sein muss(BSGE 93, 176 ff RdNr 12 = SozR 4-2500 § 33 Nr 7). Andere besondere qualitative Elemente, die eine weitergehende Mobilitätshilfe zum mittelbaren Behinderungsausgleich rechtfertigen könnten (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 36 RdNr 17 mwN), sind hier nicht ersichtlich.

18

Der Senat hat davon abgesehen, die endgültigen Ermittlungen zur Antragstellung bei der Stadt Hü und die notwendige Beiladung der Stadt Hü (bzw ggf der KK) selbst vorzunehmen; insoweit war eine eigene Entscheidung in der Sache untunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Zwar wäre eine Beiladung im Revisionsverfahren mit Zustimmung des Beizuladenden grundsätzlich zulässig (§ 168 Satz 2 SGG). Die genaueren Ermittlungen, wer beizuladen ist, und die Beiladung selbst können jedoch dem LSG überlassen werden, wenn auch ohne den verfahrensrechtlichen Mangel der unterbliebenen Beiladung aus anderen Gründen ohnedies zurückverwiesen werden muss (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Vor einer Beiladung ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das LSG bindend (§ 170 Abs 5 SGG) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 SGG; Art 103 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) des Beizuladenden verletzt würde (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen stellen damit lediglich Entscheidungshilfen für das LSG dar.

19

Rechtsgrundlage des Anspruchs auf Zahlung der Kosten für Anschaffung und Einbau des schwenkbaren Autositzes ist § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 BSHG und § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO iVm § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX; ob insoweit auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entstehung der Kosten (vgl dazu in anderen Konstellationen: BSGE 103, 171 ff RdNr 11 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5; BSGE 104, 219 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 74 Nr 1), also auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der mit der Rechnung vom 28.5.2004 gegenüber der Klägerin geltend gemachten Forderung, oder auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung (Antragstellung) abzustellen ist, kann dahinstehen, weil sich an der Vermögenssituation nur dadurch etwas geändert hat, dass sich die Art der Vermögenswerte (Geld-, Sachwerte) verändert hat und daraus - wie noch ausgeführt wird - keine Verwertungs- bzw Berücksichtigungshindernisse ergeben.

20

Nicht anwendbar ist § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX, weil die Leistung nicht als Sach- sondern als Geldleistung zu erbringen ist. Dies trägt den individuellen Besonderheiten bei einem behindertengerechten Ausbau eines Pkw Rechnung und entspricht allgemein den in der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Zuschussgewährung (§ 6 Abs 1KfzHV). Ob mit dem ab 1.1.2005 ausdrücklich geregelten Vorrang der Geldleistung nach § 10 Abs 3 SGB XII das Verhältnis zwischen Geld- und Sachleistung auch für die Vergangenheit (nur) klargestellt werden sollte(zu den Motiven des Gesetzgebers: BT-Drucks 15/1514, S 56 § 10), kann deshalb dahingestellt bleiben.

21

Richtet sich aber der Anspruch auf eine Geldleistung, ist es rechtlich unerheblich, dass die Klägerin den Auftrag für den Einbau des Schwenksitzes Anfang Mai 2004 und damit zeitlich vor Erlass des Ablehnungsbescheids vom 17.5.2004 erteilt hat; insbesondere stehen §§ 2, 5 BSHG (Nachrang der Sozialhilfe, Leistung erst ab Kenntnis des Sozialhilfeträgers) einer Leistungsgewährung nicht entgegen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) eine Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe nach Kenntniserlangung des Sozialhilfeträgers vom Bedarf, aber noch vor der letzten Behördenentscheidung als anspruchsvernichtend angesehen hat, wenn es dem Hilfesuchenden zuzumuten war, die Entscheidung des Sozialhilfeträgers abzuwarten (vgl BVerwGE 90, 154, 156 mwN), folgt der Senat dieser Rechtsprechung bei einem auf eine Geldleistung gerichteten Primäranspruch nicht. Das Erfordernis einer Eilbedürftigkeit findet keine Stütze im Gesetz; hierfür sprechen auch keine allgemeinen Grundsätze bei nicht rechtzeitiger oder zu Unrecht verweigerter Sachleistung (vgl § 13 Abs 3 SGB V und § 15 Abs 1 Satz 4 SGB IX). Ein von vornherein bestehender Geldleistungsanspruch lässt im Gegenteil keinen Raum für die Umwandlung eines primären Sachleistungsanspruchs in eine sekundäre Geldleistung. Eine Eilbedürftigkeit kann also, abgesehen davon, dass die Selbsthilfe dem Leistungsträger nicht die Möglichkeit nähme, Ermessen nachträglich noch auszuüben, nicht deshalb gefordert werden, weil ein Auswahlermessen des Sozialhilfeträgers über die Leistungserbringung (Sach- oder Geldleistung) beeinträchtigt wäre.

22

Ob ein Anspruch der Klägerin nicht bereits wegen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemäß § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm §§ 79 ff BSHG ausgeschlossen ist, kann der Senat anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilen. Nach § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG wird die Hilfe in besonderen Lebenslagen (nur) gewährt, soweit dem Hilfesuchenden die Aufbringung der Mittel nicht aus dem Einkommen und Vermögen nach den §§ 79 bis 89 BSHG zuzumuten ist. Nach § 88 BSHG ist grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen zu berücksichtigen(Abs 1); allerdings darf die Sozialhilfe nicht von dem Einsatz oder der Verwertung bestimmter (Abs 2) bzw privilegierter (Abs 3) Vermögensgegenstände abhängig gemacht werden.

23

Eine Berücksichtigung des neuen Pkw, der grundsätzlich nach § 88 Abs 1 BSHG verwertbares Vermögen darstellt(vgl BSGE 100, 139 ff RdNr 15 = SozR 4-3500 § 82 Nr 4)war der Klägerin wohl zumutbar; denn im Falle seiner Veräußerung wäre der Schonbetrag nach § 1 Abs 1 Nr 1 Buchst b der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs 2 Nr 8 BSHG vom 11.2.1988 weit überschritten gewesen und eine Härte iS des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG dürfte nicht vorgelegen haben. Ein Härtefall ist bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen vor allem anzunehmen, soweit eine angemessene Lebensführung wesentlich erschwert würde (Satz 2); für das Kfz eines behinderten Menschen ist dies anzunehmen, wenn nach den besonderen Umständen des Einzelfalls die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft erheblich erleichtert wird (vgl: Mecke in juris PraxisKommentar SGB XII, § 90 SGB XII RdNr 102; Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 88 BSHG RdNr 75). Dabei muss allerdings auch das Kfz selbst angemessen sein. Für den Pkw der Klägerin dürfte dies zu verneinen sein; denn es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin auf einen Neuwagen mit einem Anschaffungswert von etwa 30 000 Euro angewiesen war und ein gebrauchtes Fahrzeug mit erheblich geringerem Wert nicht den Ansprüchen in gleicher Weise genügt hätte. Die Entscheidung für einen Gebrauchtwagen ist auch bei Menschen, die nicht auf Sozialhilfemittel angewiesen sind, weit verbreitet und muss nicht mit einem Verzicht auf ein "zuverlässiges" Auto einhergehen (zB bei einem Jahreswagen).

24

Der Klägerin kann dies selbst dann entgegengehalten werden, wenn sich die Verwertung des Pkw wegen des behindertengerechten Umbaus als unwirtschaftlich darstellen sollte; im Streit um die Beihilfe für die Umrüstung muss gerade dieser Gesichtspunkt außer Betracht bleiben, weil die Klägerin eine eventuelle Bedürftigkeit selbst vorsätzlich herbeigeführt haben dürfte (vgl dazu BSGE 100, 131 ff RdNr 25 ff = SozR 4-3500 § 90 Nr 3). Die Verwertung des Pkw wird auch keine Härte iS des § 88 Abs 3 Satz 1 BSHG darstellen, wenn die Klägerin den Kaufpreis aus Landesblindengeld angespart hätte - hierfür ergibt der Sachverhalt ohnedies keinerlei Anhaltspunkte. Der Senat hat bereits früher ausdrücklich offengelassen, ob Blindengeld nicht als Einkommen und Vermögen bei besonderen Sozialhilfeleistungen, die demselben Zweck dienen wie das Blindengeld, zu berücksichtigen ist (BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 15). Selbst wenn im Erwerb des Pkw und dem behindertengerechten Umbau eine zweckentsprechende Verwendung des Landesblindengelds (Ursachenzusammenhang) zu sehen wäre, die durch die Blindheit, nicht durch andere Behinderungen, bedingten Mehraufwendungen auszugleichen (BSG, aaO, RdNr 16), wäre angespartes Landesblindengeld als Vermögen zu berücksichtigen. Die Klägerin hätte deshalb die zur Verfügung stehenden Mittel vorrangig für die Gesamtkosten des Erwerbs eines angemessenen Pkw einschließlich des behindertengerechten Umbaus einsetzen müssen, bevor sie (einzelne) Umbaumaßnahmen aus Sozialhilfemitteln beanspruchen konnte. Ohne Bedeutung ist, ob Vermögensteile für spätere Anschaffungen (Gangtrainer) vorgesehen waren; insbesondere handelt es sich bei einem Gangtrainer nicht um ein Gerät, dessen Anschaffung das Landesblindengeld dient. Ob und inwieweit er Gegenstand eines gesonderten Leistungsanspruchs sein kann, war nicht zu entscheiden.

25

Ob der Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX und § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO dem Grunde nach erfüllt, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ebenfalls nicht beurteilt werden. Nach § 39 Abs 1 BSHG erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Klägerin ist blind, schwerhörig und teilweise gelähmt und damit wesentlich in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, an der Gesellschaft teilzuhaben (s § 1 Nr 4 1. Alt Eingliederungshilfe-VO), sodass es sich bei der Eingliederung um eine Pflichtleistung handelt. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden durch § 40 Abs 1 BSHG und die auf Grundlage der Ermächtigung des § 47 BSHG erlassene Eingliederungshilfe-VO konkretisiert. Nach § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 2 BSHG gehört zu den Leistungen vor allem die Versorgung mit Körperersatzstücken sowie orthopädischen und anderen Hilfsmitteln. Obwohl eine Hilfsmittelgewährung wegen der Identität des Leistungsinhalts mit dem des SGB V (vgl § 40 Abs 1 Satz 1 BSHG) im Rahmen der medizinischen Rehabilitation ausscheidet, bedeutet dies nicht, dass eine Leistungserbringung nicht unter einer anderen Zielsetzung möglich ist; die Abgrenzung zwischen der Hilfsmittelerbringung als Bestandteil der medizinischen und der sozialen Rehabilitation ist nicht am Begriff des Hilfsmittels selbst vorzunehmen, sondern danach, welche Bedürfnisse mit dem Hilfsmittel befriedigt werden sollen, also welchen Zwecken und Zielen das Hilfsmittel dienen soll (BSGE 103, 171 ff RdNr 17 = SozR 4-3500 § 54 Nr 5 mwN; BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 21). Der schwenkbare Autositz kann deshalb ein Hilfsmittel iS des § 9 Abs 1 Eingliederungshilfe-VO sein, weil er dazu bestimmt ist, zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel beizutragen. Zu den "anderen Hilfsmitteln" gehören nach § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO auch besondere Bedienungseinrichtungen und Zusatzgeräte für ein Kfz, wenn der behinderte Mensch wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf ein Kfz angewiesen ist; soweit die Eingliederungshilfe ein Kfz betrifft, muss der behinderte Mensch das Hilfsmittel jedoch nicht selbst bedienen können (vgl nur BVerwGE 55, 31, 33 f).

26

Ob die Klägerin iS des § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO auf ein Kfz angewiesen ist, kann aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend entschieden werden. Dies beurteilt sich in erster Linie nach dem Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe, eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern (§ 39 Abs 3 BSHG). Die Formulierung verdeutlicht, dass es insgesamt ausreicht, die Begegnung und den Umgang mit anderen Menschen im Sinne einer angemessenen Lebensführung zu fördern. Maßgeblich sind im Ausgangspunkt die Wünsche des behinderten Menschen (§ 3 Abs 2 BSHG); wie sich aus § 9 Abs 3 Eingliederungshilfe-VO ergibt ("im Einzelfall") gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht(vgl BSG SozR 4-3500 § 54 Nr 6 RdNr 22).

27

Mit einer solchen am Einzelfall orientierten und die Wünsche des behinderten Menschen berücksichtigenden Auslegung ist die Auffassung des LSG nicht zu vereinbaren, die Hilfsmittelgewährung beschränke sich im Bereich der sozialen Rehabilitation auf eine "sicherzustellende Grundversorgung". Es kann schon nicht beurteilt werden, ob die Besuche der Klägerin bei (ehemaligen) Schulkameraden durch die Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes des Kreises H in zumutbarer Weise - mit "monatlich vier Fahrten á 35 km" durchgeführt werden konnten bzw hätten durchgeführt werden können. Das LSG hätte die - regelmäßigen - Umstände der Besuche (Häufigkeit, Entfernung, Uhrzeit, Dauer etc) und die Modalitäten des Behindertenfahrdienstes (Erreichbarkeit, Anmeldebedingungen, Fahrzeiten etc) untersuchen müssen. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin geltend gemachten Fahrten zu Vereinstreffen in D, M und A, die vom LSG überhaupt nicht berücksichtigt worden sind. Bei der Integration in die Gesellschaft ist darauf zu achten, dass gesellschaftliche Kontakte in ausreichendem Umfang gewährleistet sind. Hier ist vor allem dem besonderen Bedürfnis der Klägerin nach Mitgliedschaft in Vereinen Rechnung zu tragen, die ihre spezifischen Behinderungen berücksichtigen. Vergleichsmaßstab für den Umfang der gesellschaftlichen Kontakte müssen darüber hinaus gleichaltrige nichtbehinderte Personen sein. Die Klägerin (20 Jahre) war in einem Alter, in dem nichtbehinderte Menschen üblicherweise verstärkt gesellschaftliche Aktivitäten entwickeln - nicht selten im Rahmen einer Mitgliedschaft in mehreren Vereinen. Junge Menschen befinden sich in diesem Alter regelmäßig in einer Übergangsphase von der Schulzeit zum Beruf, verbunden mit der Aufrechterhaltung alter und auf der Suche nach neuen dauerhaften Beziehungen. Die Ermöglichung von vier privaten Kontakten im Monat mit Hilfe eines Behindertenfahrdienstes wird diesen Ansprüchen in keiner Weise gerecht. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dies führe zu einer Ungleichbehandlung gegenüber nicht bedürftigen behinderten jungen Menschen. Abgesehen davon, dass Art 3 Abs 3 Satz 2 GG einen besonderen Förderungsauftrag zugunsten behinderter Menschen enthält, lassen die Behinderungen der Klägerin ein Ausweichen auf andere Möglichkeiten der Mobilität, die bedürftige nichtbehinderte junge Menschen besitzen, nicht zu. Inwieweit daneben medizinische Gesichtspunkte von Bedeutung sind bzw angeführt werden können, bedarf zum gegenwärtigen Zeitpunkt keiner Entscheidung.

28

Das LSG wird gegebenenfalls über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen.

(2) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen Alters, wenn sie die Altersgrenze erreicht haben. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:


für den Geburtsjahrgangerfolgt eine Anhebung um Monateauf Vollendung eines Lebensalters von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(3) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.

(3a) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie

1.
in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 des Neunten Buches) oder bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 des Neunten Buches) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder
2.
in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a des Neunten Buches) erhalten.

(4) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 6. Februar 2014 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Übernahme von Fahrtkosten zwischen H und B wegen Arbeiten für eine Promotion ab 1.4.2008 als Rehabilitationsleistung.

2

Der 1978 geborene Kläger ist körperlich schwer behindert (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen G, aG und H) und erhält von der Sozialen Pflegeversicherung Leistungen nach Pflegestufe II. Nach erfolgreichem Abschluss einer Lehre zum Bürokaufmann besuchte er ein Gymnasium, das er 2002 mit dem Abitur abschloss. Anschließend nahm er an der Universität L ein Studium auf, legte Anfang 2008 die Hochschulabschlussprüfung in den Studienfächern Mittlere und Neuere Geschichte sowie Philosophie ab und erwarb den Hochschulgrad "Magister". Während des Studiums hatte der Beklagte Kosten für wöchentliche Fahrten durch einen Behindertenfahrdienst von L nach H dem Wohnort des Klägers - und zurück als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) übernommen.

3

Am 3.3.2008 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten für Fahrten von H nach B bzw L durch einen Behindertenfahrdienst ab 1.4.2008. Er sei als Doktorand der Universität L angenommen worden; die Anfertigung der Doktorarbeit erfordere regelmäßige, umfangreiche Recherchen im Bundesarchiv B, sodass er wöchentlich von H nach B fahren müsse. Er suche derzeit nach einer geeigneten Wohnmöglichkeit in der Nähe des Bundesarchivs. Gelegentlich seien auch Fahrten nach L zu seinem Doktorvater erforderlich.

4

Der Antrag wurde abgelehnt (Bescheid des Landkreises Harz im Namen des Beklagten vom 17.3.2008, Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 6.7.2009), weil der Kläger mit dem Magistergrad bereits einen berufsqualifizierenden Abschluss erreicht habe. Die Promotion sei zur weiteren Eingliederung in das Erwerbsleben nicht erforderlich, zumal sie keinen weiteren berufsqualifizierenden Abschluss vermittele. In seinem Beruf als Bürokaufmann seien jedenfalls geeignete Arbeitsplätze verfügbar. Die Fahrten zwischen H und B absolvierte der Kläger dann mit einem hierfür angeschafften Pkw, der von Eltern bzw Freunden gefahren wurde, wozu der Kläger selbst wegen seiner Behinderung nicht in der Lage ist.

5

Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 18.9.2012, Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 6.2.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe mit dem Erwerb des Magistergrades einen berufsqualifizierenden Studienabschluss erreicht und damit eine förderungsfähige Ausbildung abgeschlossen. Die Anfertigung einer Promotionsarbeit begründe keinen sozialhilferechtlichen Teilhabebedarf, denn sie sei nicht erforderlich für seine Eingliederung in das Erwerbsleben. Er könne vielmehr den Abschluss als Magister auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwerten, was sich ua aus beim Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands eV und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (BA) eingeholten Stellungnahmen ergebe. Danach stünden auf dem Arbeitsmarkt Stellen für Historiker mit Magisterabschluss zur Verfügung. Die Stellensituation für promovierte Historiker sei nicht wesentlich anders als diejenige für nicht promovierte Historiker.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII und macht zugleich Verfahrensfehler geltend. Das LSG verkenne insbesondere unter Berücksichtigung der Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention die Reichweite des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII, wenn es einen Magistergrad bereits als berufsqualifizierenden Abschluss und unter Berücksichtigung seiner Behinderung eine nachfolgende Promotion nicht als erforderliche Eingliederungsmaßnahme ansehe. Verfahrensfehlerhaft habe das LSG zudem seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, denn es habe über die Beschäftigungsmöglichkeiten behinderter Historiker keine Auskünfte eingeholt, sondern diese in eigener Sachkunde beurteilt, ohne dies den Beteiligten zuvor mitzuteilen.

7

Der Kläger beantragt nunmehr,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 17.3.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.7.2009 rechtswidrig war.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).

11

Formal nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 17.3.2008, mit dem der nach den bindenden Feststellungen des Landesrechts durch das LSG (§ 163 SGG) zuständige Beklagte (zur Zuständigkeitsordnung in S-A vgl auch BSGE 117, 53 ff RdNr 25 = SozR 4-3500 § 54 Nr 13)die Übernahme der beantragten Kosten abgelehnt hat. Dabei kann offenbleiben, ob das Begehren des Klägers ursprünglich auf die Erteilung einer Zusicherung (§ 34 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -) auf Übernahme wöchentlicher Fahrtkosten durch einen Behindertenfahrdienst ab 1.4.2008 zwischen H und B (die noch im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Ansprüche wegen Fahrten nach L hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren nicht weiter verfolgt) oder auf Beitritt des Beklagten zu einer künftigen Schuld (zur Zulässigkeit und den Wirksamkeitsvoraussetzungen insoweit im Einzelnen vgl BSG SozR 4-3500 § 75 Nr 6 RdNr 16)gegenüber einem Dritten (Behindertenfahrdienst) gerichtet war. Denn der ablehnende Bescheid des Beklagten hat sich dadurch erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X), dass der Kläger die Fahrten mit einem nach der Ablehnungsentscheidung angeschafften Pkw durchgeführt hat.

12

Die für die Nutzung des Pkw angefallenen Kosten könnte der Kläger ggf zwar nach § 15 Abs 1 Satz 4 2. Alt Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) geltend machen, wonach die Kosten selbstbeschaffter Leistungen zu erstatten sind, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (vgl dazu BSGE 102, 126 ff RdNr 11 f = SozR 4-3500 § 54 Nr 3); dieser Anspruch ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Insoweit handelt es sich sowohl im Verhältnis zu einer Zusicherung - als ein der eigentlichen Leistungsbewilligung vorgeschalteter Verwaltungsakt (vgl: BSG, Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - RdNr 13; Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R - RdNr 24) - als auch zum Schuldbeitritt um einen anderen Streitgegenstand, hinsichtlich dessen bislang noch kein Verwaltungsverfahren durchgeführt worden ist. Dieser prozessualen Situation hat der Kläger im Revisionsverfahren dadurch Rechnung getragen, dass er sein Begehren auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der ablehnenden Entscheidung im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG) beschränkt hat. Da dies nicht als Klageänderung gilt (§ 99 Abs 3 Nr 3 SGG)und mit der Umstellung der Klage keine neuen Tatsachen in das Verfahren einzuführen sind, war die Umstellung des Klageantrags ohne Verstoß gegen § 168 Satz 1 SGG auch noch in der Revisionsinstanz zulässig(vgl dazu nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 131 RdNr 8a mwN). Nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung besteht. Dieses liegt mit der möglichen Vorgreiflichkeit der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung für ein nachfolgendes Verfahren über die Kostenerstattung vor.

13

Eine abschließende Entscheidung darüber, ob die ablehnende Entscheidung des Beklagten rechtswidrig war, konnte der Senat jedoch nicht treffen, weil das LSG verfahrensfehlerhaft von der Beiladung der BA nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG abgesehen hat und zwar unabhängig davon, wie das Begehren des Klägers verfahrensrechtlich zutreffend zu behandeln ist oder gewesen wäre (siehe oben). Nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG sind Dritte dann beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung); für die Beiladung genügt die Möglichkeit der Leistungsverpflichtung (vgl BSGE 93, 283 ff RdNr 10 = SozR 4-3250 § 14 Nr 1).

14

Unter Berücksichtigung des § 14 SGB IX, dessen Anwendungsbereich im vorliegenden Verfahren eröffnet ist, kommt eine Beteiligung der BA als Rehabilitationsträger(§ 6 Abs 1 Nr 2 SGB IX; § 6a SGB IX) für Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2 SGB IX) in Betracht.

15

Nach § 14 Abs 1 Satz 1 SGB IX stellt der sog erstangegangene Rehabilitationsträger, bei dem Leistungen zur Teilhabe beantragt sind, binnen zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Wird der Antrag - wie hier - nicht weitergeleitet, stellt der - erstangegangene - Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest (§ 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX). Die in § 14 Abs 1 und 2 SGB IX geregelte Zuständigkeit erstreckt sich im Außenverhältnis (behinderter Mensch/Rehabilitationsträger) auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind(vgl auch BSGE 93, 283 ff RdNr 8 mwN = SozR 4-3250 § 14 Nr 1). An der Zuständigkeitsprüfung wie ggf zur Weiterleitung des Antrags vom 3.3.2008 wäre der Beklagte nicht gehindert gewesen, obwohl er schon während des Studiums des Klägers Teilhabeleistungen erbracht hat. Denn mit der Kostenübernahme für Fahrten zur Recherche im Bundesarchiv ist eine im Vergleich zur Fahrtkostenübernahme für das Studium neue Teilhabeleistung beantragt worden (zu diesem Gedanken vgl BSGE 117, 53 ff RdNr 22 = SozR 4-3500 § 54 Nr 13). § 14 SGB IX greift zudem auch dann, wenn zwischen zwei Rehabilitationsträgern, wie hier im Verhältnis Sozialhilfeträger - BA, ein Vorrang-Nachrangverhältnis(vgl § 54 Abs 1 Satz 2 SGB XII)besteht (BSGE 117, 53 ff RdNr 21 = SozR 4-3500 § 54 Nr 13).

16

Dass der ursprüngliche Antrag ggf nur auf eine der eigentlichen Leistungsbewilligung vorgeschaltete Zusicherung gerichtet war, hat von der Notwendigkeit der Beiladung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 14 SGB IX ebenso wenig befreit, wie die Umstellung des Klagebegehrens sie hat entfallen lassen. Sinn und Zweck der Regelung des § 14 SGB IX über die "vorläufige" Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers ist es, durch rasche Zuständigkeitsklärung eine möglichst schnelle Leistungserbringung zu gewährleisten(vgl dazu grundlegend BSGE 93, 283 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 1). Dieser Zielsetzung ist nicht nur im eigentlichen Bewilligungsverfahren (im Wege des Schuldbeitritts) Rechnung zu tragen, sondern gleichermaßen dann, wenn diesem ein Verfahren der Zusicherung vorausgeht, weil der Antragsteller das Risiko nicht eingehen möchte, ggf zu verauslagende Kosten nicht erstattet zu erhalten. Die Interessenlage ist für den Betroffenen gleich. Der auf Erteilung einer Zusicherung angegangene Rehabilitationsträger hat deshalb, leitet er den Antrag nicht weiter, den geltend gemachten Anspruch auch im Zusicherungsverfahren unter allen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen, dh nicht nur nach den für ihn maßgeblichen, zu prüfen (vgl nur: BSGE 93, 283 ff RdNr 9 = SozR 4-3520 § 14 Nr 1; BSGE 101, 207 ff RdNr 29 ff = SozR 4-3250 § 14 Nr 7; BSGE 102, 90 ff RdNr 24 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21 und Nr 26 RdNr 22) und bleibt konsequenterweise auch dann für die Erbringung der - zugesicherten - Leistung gegenüber dem Antragsteller zuständig, wenn die zugesicherte Leistung auf Grundlage eines für ihn "fremden" Leistungsgesetzes erbracht werden muss.

17

Nichts anderes gilt, wenn sich das auf Zusicherung oder auf Schuldbeitritt gerichtete Verfahren - wie hier - dadurch erledigt hat, dass sich der Antragsteller die Leistung selbst beschafft und nunmehr im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage die Rechtswidrigkeit der Ablehnung zur Prüfung durch das Gericht stellt. Auch dann hat der erstangegangene Rehabilitationsträger, wird die Rechtswidrigkeit der Ablehnung festgestellt, nach Maßgabe des dann anzuwendenden Leistungsrechts im Außenverhältnis gegenüber dem Antragsteller die Leistung zu erbringen; die Beteiligungsnotwendigkeit des eigentlich zuständigen Leistungsträgers (hier also ggf der BA) zur Feststellung des Rehabilitationsbedarfs und den ggf in Betracht kommenden Leistungen bleibt von der geänderten prozessualen Situation unberührt.

18

Von einer Beiladung der Deutschen Rentenversicherung (Rehabilitationsträger nach § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX) hat das LSG allerdings zu Recht abgesehen, denn für deren Leistungspflicht fehlen jedenfalls die nach § 9 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) notwendigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen(vgl § 11 Abs 1, Abs 2a Nr 1 SGB VI). Trotz der Sonderkonstellation des § 6a SGB IX, wonach zwar(vgl § 6a Satz 1 SGB IX) die BA Rehabilitationsträger auch für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte im Sinne des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) ist (für die Frage der Zuordnung zum jeweiligen Leistungssystem vgl § 16 SGB II, § 22 Abs 4 Satz 1 Nr 6 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung -), das Jobcenter allerdings über die Leistungen zur Teilhabe entscheidet (§ 6a Satz 4 SGB IX)war eine Beiladung (auch) des Jobcenters nicht geboten. Denn die BA ist vom Gesetzgeber nicht nur formal, sondern - trotz der Alleinentscheidungskompetenz des Jobcenters - gerade in seiner Eigenschaft als fachkundige Stelle für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs und entsprechende Eingliederungsvorschläge als Rehabilitationsträger gesetzlich verankert worden (vgl BT-Drucks 16/1696 S 32 zu VI Nr 1). Auch wenn das Jobcenter nicht an den Entscheidungsvorschlag der BA gebunden ist, ist für die Frage der Beteiligung am Verfahren unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 14 SGB IX auf die Fachkompetenz der BA und nicht die Entscheidungskompetenz des Jobcenters abzustellen.

19

Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG ist bei einer zulässigen Revision von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten (vgl nur: BSGE 102, 1 ff RdNr 28 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9; BSG SozR 1500 § 75 Nr 21; BSG, Urteil vom 12.2.2003 - B 9 VS 6/01 R -, USK 2003-90; anders bei der unechten notwendigen Beiladung nach § 75 Abs 2 2. Alt SGG: BSG SozR 4-4200 § 7 Nr 4 und BSG, Urteil vom 26.1.2005 - B 12 P 9/03 R -, USK 2005-3 mwN). Zwar kann nach § 168 Satz 2 SGG die Beiladung noch im Revisionsverfahren nachgeholt werden; der Senat ist hierzu allerdings nicht verpflichtet (vgl nur: BSG SozR 4-3500 § 65 Nr 5 RdNr 10; SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 18 mwN)und hat davon abgesehen, weil die notwendigen tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) zu einem möglichen Leistungsanspruch nach Maßgabe der Vorschriften des SGB III bzw des SGB II fehlen. Vor einer Beiladung der BA ist der Senat indes gehindert, über die von der Revision aufgeworfenen materiellrechtlichen Fragen für das LSG bindend (§ 170 Abs 5 SGG) zu entscheiden, weil anderenfalls das rechtliche Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 Grundgesetz, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention) der Beizuladenden verletzt würde (vgl: BSGE 97, 242 ff RdNr 17 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSGE 103, 39 ff RdNr 14 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1). Die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen stellen damit lediglich Entscheidungshilfen für das LSG dar.

20

Als Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Leistungen der Teilhabe am Arbeitsleben - die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem SGB XII entsprechen den Leistungen der BA (vgl § 54 Abs 1 Satz 2 SGB XII)- als besondere Rehabilitationsleistungen kämen vorrangig §§ 97, 98 Abs 1 Nr 2 iVm § 102 Abs 1 Nr 2, § 103 Nr 3 SGB III in der bis 31.3.2012 geltenden Fassung in Betracht. Danach sind besondere Leistungen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben anstelle der allgemeinen Leistungen zu erbringen, wenn die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht in erforderlichem Umfang vorsehen. Insoweit käme die Förderung einer Promotion durch die Übernahme von Fahrtkosten als besondere Leistung in Betracht, wenn auf andere Weise keine Teilhabe am Arbeitsleben zu erreichen wäre (§ 109 Abs 2 SGB III iVm § 33 Abs 3 Nr 6, Abs 8 Nr 1 SGB IX iVm § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation - Kraftfahrzeughilfe-Verordnung -; so im Ergebnis auch Luik in Eicher/Schlegel, SGB III aF, § 102 RdNr 37 ff, Stand September 2005; ders in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 117 RdNr 39 ff mwN, Stand April 2013). Dies wird unter Berücksichtigung der konkreten Eingliederungsmöglichkeiten des Klägers im Zeitpunkt der Beendigung seines Magisterstudiums unter Berücksichtigung seiner bis dahin erworbenen beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu beurteilen sein. Erst danach käme ggf die Prüfung der Voraussetzungen nach § 54 SGB XII in Betracht.

21

Das LSG wird ggf über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gericht bestimmt nach freiem Ermessen, welche Anordnungen zur Erreichung des Zweckes erforderlich sind.

(2) Die einstweilige Verfügung kann auch in einer Sequestration sowie darin bestehen, dass dem Gegner eine Handlung geboten oder verboten, insbesondere die Veräußerung, Belastung oder Verpfändung eines Grundstücks oder eines eingetragenen Schiffes oder Schiffsbauwerks untersagt wird.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.