Sozialgericht Karlsruhe Entscheidung, 27. März 2018 - S 1 U 3506/17

27.03.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger am 11.09.2015 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der 1989 geborene, seit September 2014 als Kfz-Mechaniker beschäftigte Kläger suchte am 11.09.2015 den Chirurgen Prof. Dr. L. auf und klagte über Schmerzen im rechten Kniegelenk, auch in Ruhe und ausstrahlend in die Rückseite des Oberschenkels. Er sei an diesem Tag während der Verrichtung seiner Arbeit aus einem Lkw ausgestiegen. Nach wenigen Metern Gehen habe er plötzlich einschießende Schmerzen im rechten Kniegelenk verspürt. Prof. Dr. L. erhob ein humpelndes Gangbild, einen geringen Gelenkserguss sowie einen Druckschmerz über dem medialen und (stärker) dem lateralen Gelenkspalt des rechten Kniegelenks. Röntgenologisch zeigten sich die knöchernen Konturen und Strukturen in beiden Ebenen regelrecht bei regelrechter Gelenkstellung. Hinweise für eine Fraktur, Luxation oder Subluxationsstellung konnte Prof. Dr. L. nicht objektivieren. Er diagnostizierte als Gesundheitsstörung eine Knieprellung rechts mit Verdacht auf eine Außenmeniskusläsion (vgl. Durchgangsarztbericht vom 15.09.2015). In der Unfallanzeige seines Arbeitgebers vom 14.09.2015 gab der Kläger als Ursache seiner Kniegelenksbeschwerden an, er habe nach dem Aussteigen aus einem Lkw einen stechenden Schmerz im rechten Knie verspürt.
Mit Schriftsatz seines damaligen Bevollmächtigten vom 18.04.2017 beantragte der Kläger die Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheides hinsichtlich des Ereignisses vom 11.09.2015. Die Beklagte lehnte daraufhin die Gewährung einer Entschädigung aufgrund des vorgenannten Ereignisses mit der Begründung ab, der vom Kläger geschilderte Hergang „beim Gehen“ sei eine willentlich gesteuerte, kontrollierte Körperbewegung gewesen. Das Ereignis stelle daher rechtlich kein äußeres Ereignis im Sinne des gesetzlichen Begriffs eines Arbeitsunfalls dar. Auch seien die von Prof. Dr. L. diagnostizierten Gesundheitsstörungen nicht Folge dieses Ereignisses, nachdem weder der Durchgangsarztbericht noch die Unfallanzeige des Arbeitgebers Hinweise für ein Anstoßen oder Verdrehen des rechten Kniegelenks enthielten (Bescheid vom 10.05.2017, Widerspruchsbescheid vom 07.09.2017).
Deswegen hat der Kläger am 13.11.2017 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben.
Er beantragt – teilweise sinngemäß -,
den Bescheid vom 10. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. September 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 11. September 2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
10 
Mit Schreiben vom 27.02.2018 hat das Gericht den Beteiligten mitgeteilt, es erwäge eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. An dieser Absicht hat die Kammer im Schreiben vom 21.03.2018 festgehalten.
11 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes; zum Wahlrecht des Versicherten zwischen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage oder einer Kombination aus Anfechtungs- und Feststellungsklage bezüglich der Feststellung eines Ereignisses als Arbeitsunfall: vgl. BSG vom 15.05.2012 – B 2 U 8/11 R -, Rdnr. 13 m. w. N. und BSG vom 05.07.2016 – B 2 U 5/15 R -, Rdnr. 11 ) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Auch zur Überzeugung des erkennenden Gerichts ist nicht erwiesen (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG), dass der Kläger am 11.09.2015 einen Arbeitsunfall erlitten hat. Hierüber konnte die Kammer ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGG).
13 
1. Der Kläger stand zwar am 11.09.2015 während der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit als Kfz-Mechaniker dem Grunde nach unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Unfallversicherung -). Er hat an diesem Tag indes keinen Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII erlitten.
14 
Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Ein Arbeitsunfall eines Versicherten setzt danach voraus, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls einen gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden unmittelbaren oder mittelbaren Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Tatbestandsvoraussetzung eines Arbeitsunfalls (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 24, Rdnr. 9 m.w.N.).
15 
2. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn während der Verrichtung seiner versicherten Tätigkeit als Kfz-Mechaniker am 11.09.2015 hat sich kein Unfall ereignet.
16 
a) Der Begriff des Unfallereignisses erstreckt sich auch auf Geschehnisse, die im Rahmen der versicherten Tätigkeit „üblich“ sind. Die gesetzliche Unfallversicherung schützt gerade, aber auch nur diejenigen Verrichtungen, die in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen. Der Begriff des Unfallereignisses setzt auch kein außergewöhnliches Geschehen voraus. Vielmehr genügt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch ein alltäglicher Vorgang wie z.B. das Stolpern über die eigenen Füße oder das Aufschlagen auf den Boden, weil auch dadurch ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkt (vgl. u.a. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, Rdnr. 10 und BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 42, Rdnr. 14). Auch durch die versicherte Tätigkeit bedingte Unfälle des täglichen Lebens sind versichert (so bereits BSGE 9, 222, 224). Ebenfalls stehen der Bewertung eines Vorgangs als „Unfall“ auch körpereigene Bewegungen wie Heben, Laufen, Schieben, Tragen usw. nicht entgegen, weil es sich auch dabei um äußere Vorgänge handelt (vgl. LSG Baden-Württemberg, HV-Info 12/1996, Seite 905 und vom 19.05.1999 - L 2 U 752/99 - ; LSG Rheinland-Pfalz vom 24.06.2003 - L 3 U 4/03 - und Sächs. LSG, HVBG-Info 2001, 1960). Solange jedoch der Versicherte in seiner von ihm willentlich herbeigeführten und von ihm kontrollierten Einwirkung und damit in seiner Eigenbewegung nicht beeinträchtigt ist, wirkt kein äußeres Ereignis auf seinen Körper (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 42, Rdnr. 16; BGH, NJW-RR 1989, 217 und LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2009 - L 1 U 3612/08 -, Rdnr. 32 ). Denn ein „Unfall“ ist typischerweise dadurch gekennzeichnet, dass ein normaler Geschehensablauf plötzlich durch einen ungewollten Vorfall unterbrochen wird (vgl. BSGE 61, 113, 115 und BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 42, Rdnr. 14). Deshalb genügt für die Bejahung des Tatbestandsmerkmals „Unfall“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII bei einem willentlich gesteuerten Handeln des Versicherten eine dabei aufgetretene ungewollte Einwirkung infolge einer Fehlbelastung oder eines sonstigen überraschenden Moments (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, Rdnr. 12; LSG Sachsen-Anhalt vom 12.04.2013 - L 6 U 80/10 -, Rdnr. 27 und LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2009 - L 1 U 3612/08 -, Rdnr. 32 ).
17 
b) Gemessen daran hat der Kläger am 11.09.2015 einen Unfall deswegen nicht erlitten, weil sich sowohl beim Aussteigen aus dem LKW als auch dem anschließenden Zurücklegen der Gehstrecke kein Vorgang ereignet hat, durch dessen Ablauf zeitlich begrenzt von außen auf seinen Körper eingewirkt worden wäre. Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens, insbesondere seiner anamnestischen Angaben sowohl gegenüber dem erstbehandelnden Arzt, Prof. Dr. L., als auch seiner Hergangsschilderung in der Unfallanzeige seines Arbeitgebers, steht fest, dass der Kläger am 11.09.2015 nach dem Aussteigen aus einem Lkw und dem Zurücklegen weniger Meter Gehstrecke plötzlich einschießende Schmerzen im rechten Kniegelenk verspürte. Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesundheitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu Selbstschädigungen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, Rdnr. 12). Nicht geschützt sollen Unfälle sein, die auf aus dem Menschen selbst kommenden Ereignissen beruhen (vgl. BSG vom 29.02.1984 - 2 RU 24/83 -, Rdnr. 15 und BSG vom 18.03.1997 - 2 RU 8/96 -, Rdnr. 22, jeweils m.w.N. ). Das ist hier der Fall. Denn das Aussteigen aus dem LKW wie auch das anschließende Gehen waren vom Willen des Klägers getragene und gesteuerte Eigenbewegungen. Dieses innere und durch seine Willensbildung und Kraftanstrengung von ihm gesteuerte und kontrollierte Geschehen schloss eine Auswirkung von außen gerade aus. Eine irgendwie geartete Einwirkung von außen, eine plötzliche Ablenkung, eine Fehlgängigkeit, z. B. Stolpern, Umknicken, Fallen oder Anstoßen, oder sonstige überraschende Momente sind dabei ersichtlich nicht aufgetreten. Die völlig vom Willen des Klägers gesteuerte Handlung wies mithin – abgesehen vom Auftreten von Schmerzen am rechten Kniegelenk – kein Überraschungsmoment auf. Dem entsprechend hat Prof. Dr. L. bei der Erstuntersuchung auch keine äußeren Verletzungszeichen erhoben und neben einem suprapatellaren Gelenkerguss bei der radiologischen Untersuchung auch keine Hinweise für eine Fraktur, Luxation oder Subluxationsstellung im rechten Kniegelenk objektiviert.
18 
Zwar muss die Einwirkung auf den Körper des Versicherten nicht äußerlich sichtbar sein, z. B. bei radioaktiven Strahlen oder elektromagnetischen Wellen (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56). Ggf. genügt auch eine starke Sonneneinstrahlung, die von außen mittelbar zu einem Kreislaufkollaps führt, der dann als Arbeitsunfall anzuerkennen ist (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 13, Rdnr. 13). Auch eine geistig-seelische Einwirkung kann genügen (vgl. BSGE 18, 173, 175). Ganz verzichtet werden kann auf eine Einwirkung aus den oben unter 2. a) genannten Gründen jedoch nicht.
19 
c) Damit lag bis zum Auftreten der Schmerzen im Bereich des rechten Kniegelenks des Klägers kein Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung vor, weil es an einem plötzlichen und von außen wirkenden Ereignis fehlte (vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2009 – L 1 U 3612/08 -, Rdnr. 27; LSG Sachsen-Anhalt vom 26.08.2010 – L 6 U 69/09 -, Rdnr. 22 und LSG Berlin-Brandenburg vom 22.06.2012 – L 3 U 259/09 -, Rdnr. 21 ; ferner zuletzt Gerichtsbescheid des erkennenden Gerichts vom 18.04.2017 – S 1 U 3794/16 - ).
20 
3. Zu Recht hat deshalb die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide die Anerkennung des Ereignisses vom 11.09.2015 als Arbeitsunfall abgelehnt. Das Klagebegehren musste daher erfolglos bleiben.
21 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Gründe

 
12 
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes; zum Wahlrecht des Versicherten zwischen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage oder einer Kombination aus Anfechtungs- und Feststellungsklage bezüglich der Feststellung eines Ereignisses als Arbeitsunfall: vgl. BSG vom 15.05.2012 – B 2 U 8/11 R -, Rdnr. 13 m. w. N. und BSG vom 05.07.2016 – B 2 U 5/15 R -, Rdnr. 11 ) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Auch zur Überzeugung des erkennenden Gerichts ist nicht erwiesen (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG), dass der Kläger am 11.09.2015 einen Arbeitsunfall erlitten hat. Hierüber konnte die Kammer ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil sie der Auffassung ist, dass die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 105 Abs. 1 Satz 1 SGG).
13 
1. Der Kläger stand zwar am 11.09.2015 während der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit als Kfz-Mechaniker dem Grunde nach unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Unfallversicherung -). Er hat an diesem Tag indes keinen Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII erlitten.
14 
Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Ein Arbeitsunfall eines Versicherten setzt danach voraus, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls einen gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden unmittelbaren oder mittelbaren Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Tatbestandsvoraussetzung eines Arbeitsunfalls (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 24, Rdnr. 9 m.w.N.).
15 
2. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn während der Verrichtung seiner versicherten Tätigkeit als Kfz-Mechaniker am 11.09.2015 hat sich kein Unfall ereignet.
16 
a) Der Begriff des Unfallereignisses erstreckt sich auch auf Geschehnisse, die im Rahmen der versicherten Tätigkeit „üblich“ sind. Die gesetzliche Unfallversicherung schützt gerade, aber auch nur diejenigen Verrichtungen, die in einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen. Der Begriff des Unfallereignisses setzt auch kein außergewöhnliches Geschehen voraus. Vielmehr genügt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch ein alltäglicher Vorgang wie z.B. das Stolpern über die eigenen Füße oder das Aufschlagen auf den Boden, weil auch dadurch ein Teil der Außenwelt auf den Körper einwirkt (vgl. u.a. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, Rdnr. 10 und BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 42, Rdnr. 14). Auch durch die versicherte Tätigkeit bedingte Unfälle des täglichen Lebens sind versichert (so bereits BSGE 9, 222, 224). Ebenfalls stehen der Bewertung eines Vorgangs als „Unfall“ auch körpereigene Bewegungen wie Heben, Laufen, Schieben, Tragen usw. nicht entgegen, weil es sich auch dabei um äußere Vorgänge handelt (vgl. LSG Baden-Württemberg, HV-Info 12/1996, Seite 905 und vom 19.05.1999 - L 2 U 752/99 - ; LSG Rheinland-Pfalz vom 24.06.2003 - L 3 U 4/03 - und Sächs. LSG, HVBG-Info 2001, 1960). Solange jedoch der Versicherte in seiner von ihm willentlich herbeigeführten und von ihm kontrollierten Einwirkung und damit in seiner Eigenbewegung nicht beeinträchtigt ist, wirkt kein äußeres Ereignis auf seinen Körper (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 42, Rdnr. 16; BGH, NJW-RR 1989, 217 und LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2009 - L 1 U 3612/08 -, Rdnr. 32 ). Denn ein „Unfall“ ist typischerweise dadurch gekennzeichnet, dass ein normaler Geschehensablauf plötzlich durch einen ungewollten Vorfall unterbrochen wird (vgl. BSGE 61, 113, 115 und BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 42, Rdnr. 14). Deshalb genügt für die Bejahung des Tatbestandsmerkmals „Unfall“ im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII bei einem willentlich gesteuerten Handeln des Versicherten eine dabei aufgetretene ungewollte Einwirkung infolge einer Fehlbelastung oder eines sonstigen überraschenden Moments (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, Rdnr. 12; LSG Sachsen-Anhalt vom 12.04.2013 - L 6 U 80/10 -, Rdnr. 27 und LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2009 - L 1 U 3612/08 -, Rdnr. 32 ).
17 
b) Gemessen daran hat der Kläger am 11.09.2015 einen Unfall deswegen nicht erlitten, weil sich sowohl beim Aussteigen aus dem LKW als auch dem anschließenden Zurücklegen der Gehstrecke kein Vorgang ereignet hat, durch dessen Ablauf zeitlich begrenzt von außen auf seinen Körper eingewirkt worden wäre. Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens, insbesondere seiner anamnestischen Angaben sowohl gegenüber dem erstbehandelnden Arzt, Prof. Dr. L., als auch seiner Hergangsschilderung in der Unfallanzeige seines Arbeitgebers, steht fest, dass der Kläger am 11.09.2015 nach dem Aussteigen aus einem Lkw und dem Zurücklegen weniger Meter Gehstrecke plötzlich einschießende Schmerzen im rechten Kniegelenk verspürte. Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesundheitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu Selbstschädigungen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, Rdnr. 12). Nicht geschützt sollen Unfälle sein, die auf aus dem Menschen selbst kommenden Ereignissen beruhen (vgl. BSG vom 29.02.1984 - 2 RU 24/83 -, Rdnr. 15 und BSG vom 18.03.1997 - 2 RU 8/96 -, Rdnr. 22, jeweils m.w.N. ). Das ist hier der Fall. Denn das Aussteigen aus dem LKW wie auch das anschließende Gehen waren vom Willen des Klägers getragene und gesteuerte Eigenbewegungen. Dieses innere und durch seine Willensbildung und Kraftanstrengung von ihm gesteuerte und kontrollierte Geschehen schloss eine Auswirkung von außen gerade aus. Eine irgendwie geartete Einwirkung von außen, eine plötzliche Ablenkung, eine Fehlgängigkeit, z. B. Stolpern, Umknicken, Fallen oder Anstoßen, oder sonstige überraschende Momente sind dabei ersichtlich nicht aufgetreten. Die völlig vom Willen des Klägers gesteuerte Handlung wies mithin – abgesehen vom Auftreten von Schmerzen am rechten Kniegelenk – kein Überraschungsmoment auf. Dem entsprechend hat Prof. Dr. L. bei der Erstuntersuchung auch keine äußeren Verletzungszeichen erhoben und neben einem suprapatellaren Gelenkerguss bei der radiologischen Untersuchung auch keine Hinweise für eine Fraktur, Luxation oder Subluxationsstellung im rechten Kniegelenk objektiviert.
18 
Zwar muss die Einwirkung auf den Körper des Versicherten nicht äußerlich sichtbar sein, z. B. bei radioaktiven Strahlen oder elektromagnetischen Wellen (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56). Ggf. genügt auch eine starke Sonneneinstrahlung, die von außen mittelbar zu einem Kreislaufkollaps führt, der dann als Arbeitsunfall anzuerkennen ist (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 13, Rdnr. 13). Auch eine geistig-seelische Einwirkung kann genügen (vgl. BSGE 18, 173, 175). Ganz verzichtet werden kann auf eine Einwirkung aus den oben unter 2. a) genannten Gründen jedoch nicht.
19 
c) Damit lag bis zum Auftreten der Schmerzen im Bereich des rechten Kniegelenks des Klägers kein Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung vor, weil es an einem plötzlichen und von außen wirkenden Ereignis fehlte (vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2009 – L 1 U 3612/08 -, Rdnr. 27; LSG Sachsen-Anhalt vom 26.08.2010 – L 6 U 69/09 -, Rdnr. 22 und LSG Berlin-Brandenburg vom 22.06.2012 – L 3 U 259/09 -, Rdnr. 21 ; ferner zuletzt Gerichtsbescheid des erkennenden Gerichts vom 18.04.2017 – S 1 U 3794/16 - ).
20 
3. Zu Recht hat deshalb die Beklagte durch die angefochtenen Bescheide die Anerkennung des Ereignisses vom 11.09.2015 als Arbeitsunfall abgelehnt. Das Klagebegehren musste daher erfolglos bleiben.
21 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.

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Sozialgericht Karlsruhe Entscheidung, 27. März 2018 - S 1 U 3506/17 zitiert 11 §§.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

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Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

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(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

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(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem G

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die gerichtliche Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Am 5.5.2006 brachte sie während ihrer Freistellungsphase aufgrund vereinbarter Altersteilzeit ihrem Arbeitgeber ein von ihm auszufüllendes Formular für eine sog Vorausbescheinigung von Arbeitsentgelt, um sie sodann beim Rentenversicherungsträger vorzulegen, damit dieser ihr nahtlos zum Eintritt in den Ruhestand Rente wegen Alters in richtiger Höhe zahlen sollte. Dabei stolperte sie auf einer Treppe im Betriebsbereich, stürzte auf ihr linkes Handgelenk und erlitt dadurch einen Speichenbruch des linken Unterarms.

3

Die Beklagte lehnte es ab, deswegen einen Arbeitsunfall festzustellen (Bescheid vom 17.8.2006; Widerspruchsbescheid vom 17.1.2007). Von einer versicherten Tätigkeit sei nicht auszugehen, da die Abgabe der Bescheinigung im eigenwirtschaftlichen Interesse der Klägerin gelegen habe.

4

Die Klagen und die Berufung sind erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 29.3.2010 und Urteil des Bayerischen LSG vom 8.2.2011). Das LSG hat ausgeführt: Ein sachlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit als Beschäftigte und der Überbringung des Formulars liege nicht vor. Das private Interesse der Klägerin im Rahmen ihrer Sozialversicherungsangelegenheit stehe hierbei im Vordergrund. Soweit auch Belange des Arbeitgebers berührt seien, beträfen diese weder seine unmittelbaren Pflichten aus dem Arbeitsvertrag noch seine allgemeine Fürsorgepflicht. Dass die Gewährung von Altersrente zugleich Voraussetzung für die Gewährung einer Betriebsrente sei und dass der Arbeitgeber bei fehlerhafter oder verspäteter Ausstellung der Bescheinigung sich möglicherweise schadensersatzpflichtig mache, rechtfertige kein anderes Ergebnis. Zwar habe das BSG einen Arbeitnehmer auf dem Weg zum Personalbüro als versichert angesehen, wenn er dort eine Arbeitsbescheinigung abholen wollte, die er für die weitere Aufenthaltserlaubnis benötige (Urteil vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78). Während der Arbeitgeber die Ausstellung der Arbeitsbescheinigung aufgrund seiner Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis schulde, diene die Vorausbescheinigung jedoch wesentlich dem eigenwirtschaftlichen Interesse der Realisierung von Sozialleistungsansprüchen.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 8 Abs 1 SGB VII. Das Überbringen des Formulars für eine Vorausbescheinigung des Arbeitgebers stehe im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Die ordnungsgemäße Ausfüllung einer Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI stelle neben der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis eine eigene gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers dar und habe daher nicht ausschließlich in ihrem privaten Interesse gelegen. Eine unrichtige oder verspätete Ausstellung der Bescheinigung hätte nicht nur dazu geführt, dass die Klägerin nicht nahtlos die rentenversicherungsrechtliche Altersrente erhalten hätte. Der Bezug der Altersrente sei auch Voraussetzung für den Bezug der betrieblichen Altersrente gewesen. Die Ausstellung der Bescheinigung habe also im Hinblick auf ihre möglicherweise entstehenden Schadensersatzansprüche im wirtschaftlichen Interesse des Arbeitgebers gelegen. Sie habe ohne weiteres der Auffassung sein können, mit der Überbringung des Formulars und der beabsichtigten gemeinsamen Ausfüllung desselben mit dem zuständigen Mitarbeiter des Arbeitgebers, eine sich aus ihrem Arbeitsverhältnis ergebende Nebenpflicht zu erfüllen. Schließlich müsse die Entscheidung des BSG (Urteil vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78) - anders als das LSG meint - aufgrund der in beiden Fällen vergleichbaren Motivation der Arbeitnehmer zur Zurechnung der Abgabe des Formulars zur versicherten Tätigkeit führen. In beiden Fällen bestehe eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis.

6

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 2011 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29. März 2010 aufzuheben und unter Aufhebung der die Feststellung eines Versicherungsfalls ablehnenden Entscheidung in dem Bescheid der Beklagten vom 17. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2007 festzustellen, dass das Ereignis vom 5. Mai 2006 ein Arbeitsunfall der Klägerin ist.

7

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend. Die Entscheidung des BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - sei nicht einschlägig. Die Klägerin habe die Vorausbescheinigung zur Berechnung ihrer Altersrente und nicht für ihre Arbeitstätigkeit benötigt. Mangels Aufforderung zum Tätigwerden sei auch die Motivationslage in beiden Fällen unterschiedlich gewesen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat die zulässige Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen, da das SG ihre zulässigen Klagen zutreffend als unbegründet abgewiesen hat.

10

Gemäß § 54 Abs 1 iVm § 55 Abs 1 Nr 1, § 56 SGG ist die Kombination einer Anfechtungs- mit einer Feststellungsklage zulässig.

11

Die Anfechtungsklage richtet sich zulässig gegen die Ablehnung des von der Klägerin bei der Beklagten verfolgten Anspruchs auf Feststellung des geltend gemachten Arbeitsunfalls.

12

Die Feststellungsklage ist statthaft auf die gerichtliche Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses iS des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG, nämlich des geltend gemachten Versicherungsfalls, gerichtet. Der Eintritt eines Versicherungsfalls iS des § 7 Abs 1 SGB VII bedeutet die Begründung eines konkreten, nach Inhalt und Umfang durch den Versicherungsfall bestimmten Leistungsrechtsverhältnisses zwischen dem Versicherten und einem bestimmten Unfallversicherungsträger, aus dem konkrete Rechte auf Versicherungsleistungen entstehen können, aber nicht müssen.

13

Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen gerichtlichen Feststellung, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, also das Leistungsrechtsverhältnis besteht. Insbesondere fehlt es hieran nicht deshalb, weil sie nach ständiger Rechtsprechung des BSG zulässig auch eine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Arbeitsunfalls, also auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes, erheben könnte. Der prozessuale Nachrang der Feststellungsklage im Verhältnis zu den (Gestaltungs- und) Leistungsklagen (Verpflichtungsklagen, allgemeine Leistungsklagen) besteht nur, wenn das jeweilige Rechtsschutzbegehren umfassend und effektiv durch eine dieser spezieller ausgestalteten Klagen verfolgt werden kann. Die Feststellungsklage ist aber gerade bei der Entscheidung über das Vorliegen eines Versicherungsfalls jedenfalls gleich rechtsschutzintensiv, da die gerichtliche Feststellung des Versicherungsfalls mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit für die Beteiligten auch materiell rechtskräftig wird (§§ 141 Abs 1, 179, 180 SGG). Allerdings kann die Verpflichtungsklage dem maßgeblichen (§ 123 SGG) Begehren des Verletzten im Einzelfall eher entsprechen. Daher erkennt das BSG ein Wahlrecht des Verletzten zwischen einer zulässigen Feststellungs- und einer zulässigen Verpflichtungsklage an (zuletzt BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 12 mwN; BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - Juris RdNr 9 mwN - UV-Recht Aktuell 2010, 897 und BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 8 mwN).

14

Die Klagen sind, wie die Vorinstanzen richtig gesehen haben, nicht begründet.

15

Die Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die Ablehnung der Feststellung eines Arbeitsunfalls durch die Beklagte rechtmäßig und die Klägerin dadurch nicht in einem ihr zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht verletzt ist (§ 54 Abs 2 S 1 SGG). Sie hat nämlich gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, da kein Arbeitsunfall vorliegt. Deswegen ist der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig und auch die Feststellungsklage unbegründet, weil das umstrittene Rechtsverhältnis nicht besteht.

16

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung eines Arbeitsunfalls vom 5.5.2006.

17

Der Versicherte kann vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung eines Versicherungsfalls, hier eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII, beanspruchen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

18

Nach § 8 Abs 1 S 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit, S 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 S 2).

19

Ein Arbeitsunfall setzt danach voraus: Eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis muss den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Diese Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese Einwirkung muss schließlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität; vgl ua BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 16; BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 9/10 R - BSGE 107, 197 = SozR 4-2700 § 2 Nr 17, RdNr 10; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 30 RdNr 10 mwN).

20

Die Klägerin hat keine versicherte Tätigkeit verrichtet, war also keine Versicherte und hat deshalb keinen Arbeitsunfall erlitten, als sie ihrem Arbeitgeber das Formular für eine Vorausbescheinigung von Arbeitsentgelt für den Rentenversicherungsträger brachte und dabei auf einer Treppe im Betriebsbereich stürzte. Versicherter ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer (in der freiwilligen Versicherung nach § 6 Abs 1 SGB VII nur kraft Antrags iS des Abs 2 aaO) versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt.

21

Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese auch als "Handlungstendenz" bezeichnete subjektive Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten ist eine innere Tatsache.

22

Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes, soweit die Intention objektiviert ist (sog objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung (erst recht nicht eine niedrigere Vorsatzstufe) reicht hingegen nicht.

23

Zwar liegt die objektive Grundvoraussetzung der Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, das von außen beobachtbare Handeln an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit, mit dem Begehen der Treppe vor. Dieses sehr unspezifische Verhalten lässt aber aus sich heraus keinen Schluss auf die Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes einer versicherten Tätigkeit zu. Jedoch steht es in natürlicher Handlungseinheit mit der Überbringung des Formulars, dessen Ausfüllung als Vorausbescheinigung die Klägerin von ihrem Arbeitgeber beanspruchte. Daher kommt, wie die Vorinstanzen zutreffend angesprochen haben, als einziger Tatbestand einer versicherten Tätigkeit der der Beschäftigtenversicherung, also die Tätigkeit als "Beschäftigte" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII in Betracht.

24

Die Klägerin hat die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift sind "Beschäftigte" versichert.

25

Das Gesetz stellt für die Versicherteneigenschaft nicht abstrakt auf einen rechtlichen "Status" als "Beschäftigter" ab. In der gesetzlichen Unfallversicherung sind Rechte auf Versicherungsleistungen nach den §§ 26 ff SGB VII bei Arbeitsunfällen iS des § 8 Abs 1 S 1 SGB VII nur wegen solcher Unfälle vorgesehen, die infolge "einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" entstanden sind. Die Tatbestände der versicherten Tätigkeiten sind jeweils gesondert materiell gesetzlich bestimmt und begründen eigenständige "Sparten" der gesetzlichen Unfallversicherung mit eigenen Schutzbereichen. Nur wenn, solange und soweit jemand den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eine eigene Verrichtung erfüllt, ist er gegen Unfälle (§ 8 Abs 1 S 2 SGB VII) versichert, die rechtlich wesentlich durch diese Verrichtung verursacht werden.

26

Deswegen reicht die Fiktion einer Beschäftigung für Personen nach § 7 Abs 1a SGB IV, die wegen Altersteilzeit von der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt sind, zur Begründung der Versicherteneigenschaft nicht aus. § 7 Abs 1 und 1a SGB IV lassen die unfallversicherungsrechtliche Bedeutung des Rechtsbegriffs "Beschäftigte" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII unberührt, soweit sie davon abweichen(§ 1 Abs 3 SGB IV). Erforderlich ist auch bei solchen Freigestellten stets die tatsächliche Verrichtung einer Beschäftigung.

27

1. Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als "Beschäftigter" setzt tatbestandlich voraus, dass der Verletzte eine eigene Tätigkeit(vgl auch § 121 Abs 1 SGB VII) in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII).

28

Das ist nur der Fall, wenn

-       

seine Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen,

-       

er eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht,

-       

er eigene unternehmensbezogene Rechte aus der Beschäftigung ausübt.

29

a) Für die Verrichtung einer Tätigkeit als Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII kommt es nach dem Wortlaut dieser Vorschrift im Zusammenhang des SGB VII objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile nur für das Unternehmen des anderen bringen soll. Denn nur unter diesen Voraussetzungen ist nicht der die Tätigkeit Verrichtende selbst Unternehmer im unfallversicherungsrechtlichen Sinne (§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII), sondern der andere, der durch sie unmittelbar begünstigt wird. Der "Beschäftigte" verrichtet seine Beschäftigung also nur, wenn er Handlungen in Unterordnung zur selbständigen Tätigkeit eines anderen und zu deren unmittelbaren Förderung vornimmt.

30

b) Auch die Entstehungsgeschichte des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII führt zu diesem Ergebnis.

31

Nach den Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz ) vom 7.8.1996 (BGBl I 1254) erfasst § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV(vgl BT-Drucks 13/2204, S 74 zu § 2 Abs 1 SGB VII). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2).

32

§ 7 Abs 1 SGB IV ist mit Wirkung vom 1.7.1977 durch Gesetz vom 23.12.1976 (BGBl I 3845, 3846) eingeführt worden. Eine entsprechende Vorschrift gab es bis dahin nicht. Der Begriff der Beschäftigung war jedoch Gegenstand einer umfangreichen Rechtsprechung zu allen Bereichen des Sozialversicherungsrechts, die mit der Begriffsbestimmung zu § 7 SGB IV im Wesentlichen übereinstimmt. Nach § 7 Abs 1 SGB IV liegt eine Beschäftigung zwar immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht; sie kann allerdings auch ohne ein Arbeitsverhältnis gegeben sein (vgl BT-Drucks 7/4122, S 31). Hierin ist eine Konkretisierung und behutsame Weiterentwicklung der in der Rechtsprechung bereits vorher herausgearbeiteten Rechtsgrundsätze zu sehen (vgl Knospe in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand August 2009, K § 7 RdNr 9 unter Hinweis auf BSGE 37, 10, 13; 41, 24, 25; 41, 41, 53; vgl zur Entwicklung des § 7 SGB IV in der Folgezeit: Seewald in Kasseler Kommentar, § 7 SGB IV RdNr 1, Stand April 2012 sowie Rittweger in BeckOK SGB IV, § 7 RdNr 1, Stand 1.3.2012). Auch Dienstleistungsverhältnisse anderer Art werden erfasst, soweit das Handeln des Dienstverpflichteten sich in das Unternehmen des Dienstberechtigten einfügt und dessen unmittelbarer Förderung dient.

33

Ein Verletzter hat nach den allgemeinen Anhaltspunkten des § 7 Abs 1 SGB VII dann eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII ausgeübt, wenn er sich in ein fremdes Unternehmen (eine fremde Arbeitsorganisation) eingliedert und seine konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Art der Verrichtung, unterordnet(vgl hierzu etwa BSG vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 - BSGE 51, 164, 167 = SozR 2400 § 2 Nr 16 mwN sowie BSG vom 17.3.1992 - 2 RU 22/91 - SozR 3-2200 § 539 Nr 16 S 57). Naturgemäß ist dieses Weisungsrecht besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt; es genügt für die Unterordnung unter die Tätigkeit des anderen die "funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess" (vgl hierzu schon BSG vom 14.12.1999 - B 2 U 38/98 R - BSGE 85, 214, 216 = SozR 3-2200 § 539 Nr 48 S 202 mwN).

34

c) Ferner sind die unfallversicherungsrechtlichen Bedeutungen der Begriffe des "Beschäftigten" und der Verrichtung einer Beschäftigung iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII eigenständig nach dem Zweck dieses Versicherungstatbestandes im Gefüge des SGB VII zu bestimmen.

35

Die Schutzzwecke der Beschäftigtenversicherung und ihre Stellung im Rechtssystem begrenzen den Anwendungsbereich des Versicherungstatbestandes des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gleichfalls auf die oben umschriebenen Voraussetzungen.

36

Zweck der Beschäftigtenversicherung ist vor allem anderen der umfassende Unfallversicherungsschutz aller Beschäftigten vor und bei Gesundheitsschäden (oder Tod) infolge der Verrichtung der Beschäftigung, unabhängig davon, ob ein anderer den Unfall überhaupt mitverursacht und ggf dabei rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat.

37

Die Versicherung zielt primär auf die Verhütung von Gesundheitsschäden und Tod infolge der Gefahren ab, denen die Beschäftigten gerade durch die Verrichtung der Beschäftigung in Eingliederung in den fremdbestimmten Unternehmensbereich ausgesetzt sind (Prävention nach §§ 14 ff SGB VII). Ferner wird ihnen, falls die Prävention versagt, bei Gesundheitsschäden eine umfassende medizinische Rehabilitation sowie berufliche und soziale Teilhabe gesichert. Zudem werden sie gegen die wirtschaftlichen Folgen einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit geschützt. Bei unfallbedingtem Tod sollen auch ihre Familienangehörigen gegen den Unterhaltsverlust abgesichert werden.

38

Daneben soll die Beschäftigtenversicherung auch den sog Betriebsfrieden nach Unfällen infolge der Verrichtung der Beschäftigung schützen, wenn umstritten sein könnte, ob der Unternehmer (oder ein ihm gesetzlich gleichgestellter Dritter) den Gesundheitsschaden oder den Tod mitverursacht und ggf dabei rechtswidrig und fahrlässig oder sogar grob fahrlässig gehandelt hat und dem Verletzten deswegen nach Zivilrecht/Arbeitsrecht haftet. Da die Versicherung dem Verletzten die Schadensfolgen weitgehend ausgleicht, besteht insoweit kein Bedarf für einen Rechtsstreit zwischen dem Verletzten und dem Unternehmer (oder ihm gleichgestellten Dritten), wenn dieser nicht vorsätzlich gehandelt hat. Deshalb entzieht das SGB VII dem Verletzten insoweit seine ggf nach Zivilrecht entstandenen Schadensersatzansprüche (einschließlich der Schmerzensgeldansprüche) gegen den Unternehmer (§§ 104 bis 109 SGB VII).

39

Schließlich bezweckt sie auch eine gerechte Lastenverteilung unter den beitragszahlenden Unternehmern, die durch ihre Umlagebeiträge zu ihrer Berufsgenossenschaft den Versicherungsschutz in der Beschäftigtenversicherung bezahlen. Ein Unternehmer, der den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig mitverursacht hat, haftet dem Unfallversicherungsträger (also mittelbar auch den anderen Unternehmern) auf Ersatz der Ausgaben für Versicherungsleistungen an den Verletzten (§§ 110 bis 113 SGB VII).

40

Die Beschäftigtenversicherung hat also in diesem Sinne und in diesen Grenzen eine möglicherweise gegebene zivilrechtliche Haftung der Unternehmer (oder gleichgestellter Dritter) gegenüber den Beschäftigten aus Gefährdungshaftung, Delikt oder aus der Verletzung von arbeitsrechtlichen Schutz- oder Fürsorgepflichten ersetzt (vgl BSG vom 19.12.2000 - B 2 U 37/99 R - BSGE 87, 224 = SozR 3-2200 § 548 Nr 41; Gitter/Nunius in Schulin, HS-UV, § 5 RdNr 28, 51, 119; zu §§ 539 Abs 1 Nr 1, 636 ff RVO: BSG vom 25.10.1989 - 2 RU 26/88 - SozR 2200 § 548 Nr 96; ferner auch BSG vom 26.6.2007 - B 2 U 17/06 R - BSGE 98, 285 = SozR 4-2700 § 105 Nr 2, RdNr 16 ff).

41

Sie bildet jeher den Kern des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl schon § 95 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6.7.1884, RGBl 69; §§ 898 f RVO vom 19.7.1911, RGBl 509; die Vorläufervorschrift in § 636 Abs 1 RVO). Sie versichert im genannten Sinn die Beschäftigten unter weitgehendem Ausschluss ihrer zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche nur gegen solche Gesundheits- und Lebensgefahren, die sich spezifisch daraus ergeben, dass sie Tätigkeiten für einen anderen unter Eingliederung in dessen Tätigkeit und nur zu dessen unmittelbarem Vorteil verrichten.

42

2. Auch die Entwicklung der Rechtsprechung des BSG zu § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII und dessen Vorgängervorschriften führt zu dem Ergebnis, dass nur unter den drei oben genannten Voraussetzungen eine Beschäftigung verrichtet wird.

43

a) Nach der Rechtsprechung des BSG wird eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII verrichtet, wenn der Verletzte zumindest dazu ansetzt, eine ihn gegenüber dem Unternehmer treffende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis tatsächlich zu erfüllen.

44

aa) Dies ist dann der Fall, wenn die Verrichtung eine Hauptpflicht des Beschäftigten erfüllt, weil sie die vertragsgemäß geschuldete Arbeits- oder Dienstleistung ist (vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 18; BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 19; BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - Juris RdNr 26 - SozR 4-2700 § 8 Nr 11).

45

bb) Der Tatbestand der versicherten Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird auch erfüllt, wenn die Verrichtung eine Nebenpflicht des Beschäftigten gegenüber dem Unternehmer aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllen soll.

46

Als Nebenpflichten kommen vor allem die Mitwirkungspflichten des Beschäftigten als Gläubiger von Leistungspflichten des Unternehmers (§§ 293 ff BGB) und die Pflichten zur Rücksichtnahme auf dessen Rechte, Rechtsgüter und Interessen in Betracht. Diese seit dem 1.1.2002 in § 241 Abs 2 BGB ausdrücklich normierte Pflicht wurde zuvor aus § 242 BGB hergeleitet(BAG vom 22.1.2009 - 8 AZR 161/08 - Juris RdNr 27, NZA 2009, 608; vgl auch Müller-Glöge in Münchener Kommentar zum BGB, § 611, RdNr 985 f). Arbeitsrechtlich muss jeder Vertragspartner seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis so erfüllen, seine Rechte so ausüben und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Vertragspartners so wahren, wie dies unter Berücksichtigung der wechselseitigen Belange verlangt werden kann (vgl BAG vom 16.2.2012 - 6 AZR 553/10 - Juris RdNr 12, zur Veröffentlichung in BAGE vorgesehen; BAG vom 13.8.2009 - 6 AZR 330/08 - Juris RdNr 31 - BAGE 131, 325; BAG vom 19.5.2010 - 5 AZR 162/09 - Juris RdNr 26 - BAGE 134, 296; Müller-Glöge in Münchener Kommentar zum BGB, § 611, RdNr 984, 1074). Gleiches gilt für Beschäftigte und Unternehmer, die nicht durch ein Arbeitsverhältnis, sondern durch ein anderes Beschäftigungsverhältnis miteinander verbunden sind. Auch für den Beschäftigten zählt dazu die sog Treuepflicht, sich im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses so zu verhalten, dass Leben, Körper, Eigentum und sonstige absolute Rechtsgüter des Unternehmers nicht verletzt werden (vgl dazu BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16).

47

Das BSG hat bisher zumeist nicht zwischen Haupt- oder Nebenpflichten des Beschäftigten unterschieden. Die Erfüllung des Tatbestandes des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII (bzw nach früherem Sprachgebrauch: der innere Zusammenhang zwischen der Verrichtung und der versicherten Tätigkeit) wurde als gegeben erachtet, wenn die Verrichtung Teil der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung des Beschäftigten war, bzw dann, wenn der Beschäftigte zur Erfüllung einer sich aus seinem Arbeitsvertrag ergebenden Verpflichtung handelte(vgl BSG vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - Juris RdNr 14 - UV-Recht Aktuell 2009, 1040; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 31/07 R - Juris RdNr 11 - UV-Recht Aktuell 2009, 485; so auch noch einleitend, später aber differenzierend BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 30.1.2007 - B 2 U 8/06 R - Juris RdNr 12 - UV-Recht Aktuell 2007, 860; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 14; BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - Juris RdNr 26 - SozR 4-2700 § 8 Nr 11).

48

Es hat aber seit dem genannten Urteil vom 18.3.2008, insbesondere in seinen Entscheidungen vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - (SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 19) und vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - (Juris RdNr 18 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - SGb 2012, 148 ), ausdrücklich die Erfüllung beider Pflichtenarten aus dem Beschäftigungsverhältnis als Verrichtung einer versicherten Beschäftigung anerkannt (vgl auch BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32 RdNr 21). Es hat schon im Urteil vom 18.3.2008 (B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16 ff) entschieden, dass auch die Erfüllung allein einer Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis den Tatbestand der versicherten Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII zu erfüllen vermag. Den Arbeitnehmer treffe die aus § 241 Abs 2 BGB folgende Nebenpflicht, sich bei der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses so zu verhalten, dass Leben, Körper, Eigentum und sonstige absolute Rechtsgüter des Arbeitgebers nicht verletzt werden. Das Aufstellen eines Warndreiecks sei eine Nebenpflicht eines Beschäftigten, der in Verrichtung der Beschäftigung mit dem Pkw des Unternehmers an einem Verkehrsunfall beteiligt sei. Dadurch würden die Unfallstelle gesichert, der nachfolgende Verkehr gewarnt und damit Folgeschäden vermieden, die sich zu Lasten des Unternehmers auswirken könnten (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16 ff). Es hat dazu festgestellt, dass der Verletzte durch sein Handeln objektiv seine Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt hatte. Daher kam es nicht darauf an, ob er dabei das Rechtsbewusstsein hatte, auch einer Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis nachzukommen, oder ob er in erster Linie sich und andere schützen und seiner allgemeinen Verkehrssicherungspflicht genügen wollte. Das Bewusstsein, dem Unternehmer rechtlich zu der Handlung verpflichtet zu sein, ist weder notwendige subjektive Voraussetzung des Versicherungstatbestandes der Beschäftigung noch einer Verrichtung einer Beschäftigung. Es reicht, wenn die Intention auch darauf gerichtet war, etwas zu tun, das objektiv dem Unternehmer geschuldet war.

49

cc) Eigene Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber dem Unternehmer erfüllt der Verletzte auch, wenn er Mitwirkungshandlungen vornimmt, die ihm zu dem Zweck obliegen (vgl §§ 241 Abs 2, 293 ff BGB), dass der Unternehmer seine ihm aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber dem Beschäftigten treffenden Haupt- oder Nebenpflichten erfüllen kann.

50

Das ist der Fall bei Handlungen des Verletzten zwecks Empfangnahme des Lohnes (BSG vom 1.12.1960 - 5 RKn 69/59 - BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO unter Bezugnahme auf RVA EuM Bd 20, 31; 26, 165; 33, 270) oder zur Geltendmachung von (vermeintlichen) Fehlern bei der Lohnabrechnung (BSG vom 1.12.1960 - 5 RKn 69/59 - BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO) oder zum Abtransport von Deputatholz als Teil der Vergütung (BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 21/98 R - SozR 3-2200 § 548 Nr 34). In diesen Fällen ist der Beschäftigte zivilrechtlich gehalten, dem Unternehmer zu ermöglichen, seine Hauptpflicht (§ 611 Abs 1 BGB) zu erfüllen, die Vergütung zur rechten Zeit, am rechten Ort, in rechter Weise und in richtiger Höhe zu leisten (vgl BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 21/98 R - SozR 3-2200 § 548 Nr 34 ua unter Hinweis auf BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO aF; BSGE 41, 207 = SozR 2200 § 548 Nr 16; BSGE 43, 119, 121 = SozR 2200 § 548 Nr 28).

51

Gleiches gilt für eine ggf bestehende Obliegenheit des Beschäftigten, dem Unternehmer die Erfüllung seiner Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis zu ermöglichen. Solche Nebenpflichten des Beschäftigten können sich aus § 241 Abs 2 BGB, der nicht nur in Arbeitsverhältnissen gilt, ergeben. Voraussetzung ist, dass eine solche Haupt- oder Nebenpflicht des Unternehmers bereits entstanden ist und er sie nur erfüllen kann, wenn der Beschäftigte in bestimmter und ihm zumutbarer Weise mitwirkt. Denn der Beschäftigte und der Unternehmer müssen bei ihrem Zusammenwirken jeweils auf das Wohl und die berechtigten Interessen des anderen Rücksicht nehmen (vgl BAG vom 16.11.2010 - 9 AZR 573/09 - BAGE 136, 156 mwN; vgl zu den Einzelheiten Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Aufl 2012, § 611 BGB RdNr 610 ff).

52

In diesem Sinn hat das BSG die Verrichtung einer Beschäftigung in einer Mitwirkungshandlung gesehen, als ein Beschäftigter den Weg zum Ort seiner bisherigen Tätigkeit zurücklegte, um sich dort seine Arbeitspapiere aushändigen zu lassen. Der Beschäftigte hatte den Unternehmer in gebotener Rücksichtnahme auf die Belange seines bisherigen Arbeitgebers durch die (beabsichtigte) Empfangnahme der Arbeitspapiere von der diesem obliegenden (nachgehenden) Nebenpflicht entlastet, ihm seine Arbeitspapiere - nach erfolglosem ersten Abholversuch - auf seine Rechnung und Gefahr zu übersenden (BSG vom 30.8.1963 - 2 RU 68/60 - BSGE 20, 23, 25 = SozR Nr 43 zu § 543 RVO aF). Die Verrichtung einer Beschäftigung lag auch bei einer Mitwirkungshandlung des Verletzten vor, der vom Arbeitgeber eine Arbeitsbescheinigung abholte, die er auf Verlangen der Ausländerbehörde für seine weitere Aufenthaltserlaubnis und damit für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses benötigte. Er hat vom Arbeitgeber eine Handlung begehrt, die dieser ihm aus dem Arbeitsverhältnis schuldete; das Abholen der Bescheinigung war vertragsgemäße arbeitsrechtliche Nebenpflicht des Beschäftigten (BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - Juris RdNr 11 - SozR 2200 § 548 Nr 78).

53

b) Keine Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII durch Erfüllung einer Nebenpflicht liegt hingegen dann vor, wenn der Verletzte zur Mitwirkungshandlung bei der Pflichtenerfüllung des Unternehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht verpflichtet war. Dasselbe gilt, wenn die Pflicht des Unternehmers nur entstanden ist, weil der Beschäftigte nach freiem Ermessen ein Recht gegen ihn ausgeübt hatte, das nicht auf die Förderung des Unternehmens gerichtet ist und auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, die den Unternehmer hoheitlich für den Staat zugunsten von Verwaltungsverfahren in Dienst nimmt. In beiden Fällen erfüllt nämlich der Beschäftigte keine Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis, sondern begibt er sich freiwillig in den unternehmerischen Gefahrenbereich, um daraus unmittelbar nur eigene Vorteile zu erlangen (sog eigenwirtschaftliche Verrichtung).

54

War er zur Mitwirkung nicht verpflichtet, unterlag er dem unternehmerischen Gefahrenbereich nicht kraft des Beschäftigungsverhältnisses, sondern kraft freien Entschlusses, wie zB bei einer Gefälligkeit. Entstand die Pflicht des Unternehmers nicht aus dem Beschäftigungsverhältnis, sondern durch die freiwillige Ausübung eines anderweitig begründeten Rechts des Beschäftigten, ist seine Mitwirkungshandlung an der Durchsetzung seines eigenen Rechts nicht "der Beschäftigung geschuldet", sondern allein der Verfolgung eigener Interessen, also gleichfalls ein freiwilliger Eintritt in den unternehmerischen Gefahrenbereich. Das wird durch die Beschäftigtenversicherung nicht versichert. Denn sie soll nur gegen solche Gefahren begründet werden, denen der Beschäftigte wegen der Ausübung seiner Beschäftigung im fremden Gefahrenbereich, nicht aber aus eigenem Entschluss in Verfolgung nur eigener Belange ausgesetzt ist. Haupt- und Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis sind also nur solche, die das Zusammenwirken des Unternehmers mit dem Beschäftigten zur Förderung der Unternehmenszwecke betreffen. In beiden Fallgruppen fehlt es an der aus der Beschäftigung entstehenden Nebenpflicht des Beschäftigten, in der zweiten außerdem an der Förderung der Unternehmenszwecke.

55

In der arbeitsrechtlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass den Arbeitgeber treffende öffentlich-rechtliche Pflichten (zumeist aus dem Steuer- und Sozialversicherungsrecht), die an das Arbeitsverhältnis tatbestandlich anknüpfen und durch die der Arbeitgeber hoheitlich für den Staat in Dienst genommen wird, zugleich zivilrechtliche (arbeitsrechtliche) Nebenpflichten des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis gegenüber dem Arbeitnehmer sind. Sie werden arbeitsrechtlich als Konkretisierungen der privatrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verstanden (vgl die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen; BAG vom 29.3.2001 - 6 AZR 653/99 - NZA 2003, 105; BAG vom 11.6.2003 - 5 AZB 1/03 - BAGE 106, 269 ; BAG vom 15.1.1992 - 5 AZR 15/91 - BAGE 69, 204, 210 ; BAG vom 13.5.1970 - 5 AZR 385/69 - BAGE 22, 332 ; BAG vom 30.1.1969 - 5 AZR 229/68 - BB 1969, 407 ; BAG vom 2.6.1960 - 2 AZR 168/59 - BB 1960, 983 ; Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Aufl 2011, § 106, RdNr 56 mwN; Ring in Handkommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl 2010, § 611 BGB, RdNr 658; vgl zum Begriff der Fürsorgepflicht auch Boemke in Handkommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl 2010, § 611 BGB, RdNr 378 mwN, danach stellt die Fürsorgepflicht selbst keine eigenständige Pflicht, sondern ein Bündel einzelner Nebenpflichten dar und soll nach im Vordringen befindlicher Auffassung sogar ganz fallen gelassen werden).

56

Hierauf ist nicht näher einzugehen, da es für die Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII nicht entscheidend auf die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht des Arbeitgebers oder deren öffentlich-rechtliche "Konkretisierungen" ankommt. Entscheidend ist, ob der Beschäftigte zur Mitwirkung an der Erfüllungshandlung des Arbeitgebers aus dem Beschäftigungsverhältnis verpflichtet war. Falls überhaupt eine Mitwirkungspflicht bestand, ist er nicht "aus dem Beschäftigungsverhältnis" zur Mitwirkung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber seine Handlung nur deshalb vornehmen muss, weil der Beschäftigte ein Recht ohne Bindungen aus dem Beschäftigungsverhältnis im ausschließlich eigenen Interesse ausgeübt hat, das ihm durch öffentliches Recht verliehen wurde.

57

c) Ferner verrichtet der Verletzte eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII, wenn er in der vertretbaren, aber objektiv irrigen Annahme handelt, dazu aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet zu sein. Die Annahme dieser Pflicht ist vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht. Die durchgeführte Verrichtung muss objektiviert darauf ausgerichtet sein, die angenommene Pflicht zu erfüllen.

58

Die Einbeziehung dieser Fallgruppe der vermeintlichen Pflichterfüllung durch den Beschäftigten rechtfertigt sich aus dem genannten ersten Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung. Jeder, der etwas in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dessen unmittelbarem Vorteil tut, muss, außer bei völliger Weisungsabhängigkeit, seine Pflichten kennen. Er kann durch die Beschäftigung aber auch in Umstände geraten, in denen er sofort entscheiden muss, ob ihn eine Haupt- oder Nebenpflicht zur Vornahme bestimmter Handlungen trifft. Dies ist ggf Teil seiner Pflichten aus seiner Beschäftigung.

59

In diesem Sinne hat das BSG die Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII bejaht, als ein Versicherter aus gutem Grund der Auffassung sein konnte, sich "betriebsdienlich" zu verhalten(BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14 unter Verweis auf BSGE 20, 215, 218 = SozR Nr 67 zu § 542 RVO aF; BSG SozR Nr 30 zu § 548 RVO; BSGE 52, 57, 59 = SozR 2200 § 555 Nr 5). Daher liegt bei einem "nur" eigenwirtschaftlichen Zwecken dienenden Verhalten, also bei einer Handlung mit der Absicht (dolus directus ersten Grades), nur andere Zwecke zu verfolgen als die Erfüllung des Versicherungstatbestandes der Beschäftigung, auch dann keine Verrichtung einer Beschäftigung vor, wenn das Handeln zugleich dem Unternehmen objektiv nützlich ist (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14 unter Bezugnahme auf BSG vom 25.10.1989 - 2 RU 26/88 - SozR 2200 § 548 Nr 96; BSG vom 20.1.1987 - 2 RU 15/86 - SozR 2200 § 539 Nr 119). Entscheidend ist nur, ob der Verletzte von seinem Standpunkt aufgrund objektiver Anhaltspunkte der Auffassung sein durfte, seine Verrichtung sei von ihm geschuldet, um den Interessen des Unternehmens zu dienen. Dafür reichen aber subjektive Vorstellungen ohne bestätigende objektive Anhaltspunkte nicht aus.

60

d) Den Tatbestand einer versicherten Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt ein Verletzter schließlich auch dann, wenn er handelt, um eigene unternehmensbezogene Rechte wahrzunehmen. Dabei handelt es sich um die Wahrnehmung von Rechten, die die Regelung innerbetrieblicher Belange zum Gegenstand haben und/oder den Zusammenhalt in der Belegschaft und mit der Unternehmensführung fördern. Hierzu zählen ua:

die Teilnahme an Betriebsversammlungen (vgl hierzu etwa Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 40; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 179, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 103, Stand Mai 2010),

die Tätigkeit als Betriebsratsmitglied bei der Ausübung der im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Aufgaben (vgl etwa BSG vom 20.5.1976 - 8 RU 76/75 - BSGE 42, 36, 37 = SozR 2200 § 539 Nr 19 RdNr 18 und BSG vom 20.2.2001 - B 2 U 7/00 R - SozR 3-2200 § 539 Nr 54; vgl ferner Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 38; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 180, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 102, Stand Mai 2010),

und die Tätigkeiten zur Vorbereitung und Durchführung der zur Bildung der Räte erforderlichen Wahlen (Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 40; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 180, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 103, Stand Mai 2010; vgl hierzu insgesamt zuletzt auch Krasney, SGb 2012, 130).

61

3. Die Klägerin hat vor ihrem Treppensturz keine versicherte Beschäftigung im Sinne der abschließend aufgeführten Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII verrichtet.

62

Nach § 194 Abs 1 S 1 SGB VI(in der bis zum 31.12.2007 geltenden und damit hier maßgeblichen Fassung, die die Vorschrift durch das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21.7.2004 - BGBl I 1791 - erhalten hatte ) haben die Arbeitgeber auf Verlangen des Beschäftigten, der für die Zeit nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses eine Altersrente beantragt hat, die Pflicht, das voraussichtliche Arbeitsentgelt bis zu drei Monate im Voraus zu bescheinigen (vgl Finke in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 194 RdNr 1, Stand Juli 1996).

63

Die Klägerin beabsichtigte, von ihrem Arbeitgeber eine sog Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI zu verlangen. Dazu wollte sie ihm das einschlägige Formular vorlegen und hatte sich deshalb auf das Betriebsgelände begeben. Sie hatte also mit der Verrichtung, deren unfallversicherungsrechtliche Bedeutung hier umstritten ist, begonnen.

64

Die Abgabe des Formulars für eine Vorausbescheinigung erfüllt aber weder eine vertragliche Haupt- oder Nebenleistungspflicht der Klägerin aus ihrem Beschäftigungsverhältnis (s sogleich unter a>). Ferner durfte die Klägerin nicht annehmen, sie treffe eine solche Pflicht (dazu unter b>). Schließlich hat sie auch keine unternehmensbezogenen Rechte wahrgenommen (dazu unter c>).

65

a) Die Abgabe des Formulars für die Ausstellung der Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI ist augenfällig keine sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergebende Hauptpflicht der Klägerin.

66

Sie hat damit auch keine gegenüber dem Unternehmer treffende Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt, sondern, wie die Vorinstanzen richtig gesehen haben, nur eigene Vorteile angestrebt. Mit ihrem Vortrag, sie habe auch abstrakt denkbare mittelbare Schadensersatzansprüche aus verzögerter Betriebsrentenzahlung vom Arbeitgeber abwehren wollen, hat sie keine solche eigene Nebenpflicht dargetan. Sie hat nicht zur Abwendung von Gefahren, die absolut geschützte Rechtsgüter des Unternehmers betrafen, gehandelt, sondern Gefahren bedacht, die allenfalls mittelbar seinen Vermögensinteressen drohten. Nach den Feststellungen des LSG gab es aber keine allgemeine oder spezielle Vermögensfürsorgepflicht der Klägerin für ihren Arbeitgeber. Hierfür sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich.

67

Die beabsichtigte Vorlage des Formulars erfüllte auch keine sie treffende Mitwirkungspflicht, dem Unternehmer dabei Hilfe zu leisten, eine ihm aus dem Beschäftigungsverhältnis ihr gegenüber obliegende Haupt- oder Nebenleistungspflicht zu erfüllen.

68

Die begehrte Ausstellung der Vorausbescheinigung durch den Arbeitgeber ist für die Erfüllung seiner Hauptleistungspflicht gegenüber der Klägerin - nämlich seiner Pflicht zur Vergütung iS des § 611 Abs 1 BGB - offensichtlich ohne rechtlichen Belang. Eine Mitwirkungspflicht der Klägerin zur Ermöglichung der Hauptleistung des Arbeitgebers bestand somit nicht.

69

Sie hatte zudem keine Mitwirkungspflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber ihrem Arbeitgeber, von diesem die Ausstellung einer Vorausbescheinigung zu verlangen und ihm dies dann durch Vorlage des Formulars zu ermöglichen. Aufgrund ihrer Beschäftigung war sie nicht verpflichtet, vom Unternehmer die Vorausbescheinigung zu verlangen, die ausschließlich der Durchsetzung ihres allein gegen den Rentenversicherungsträger gerichteten Rechts auf nahtlose richtige Zahlung der dort beantragten Altersrente diente.

70

Dass der Unternehmer allein aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses, ohne § 194 SGB VI, nicht verpflichtet war, eine Vorausbescheinigung zu erteilen, liegt auf der Hand. Daher bestand allein auf dieser Grundlage keine Mitwirkungspflicht der Klägerin. Notwendige Voraussetzungen der Entstehung dieser Pflicht waren das Bestehen einer gesetzlichen Vorschrift, die dem Beschäftigten das Recht gegen den Arbeitgeber gewährt, nach freiem Willen die Ausstellung der Bescheinigung zu verlangen, und die Ausübung dieses Rechts. Dieses dient allein dem privaten Interesse der Klägerin an richtiger Rentenzahlung durch den Rentenversicherungsträger. Dasselbe gilt daher auch für ihre Mitwirkung an der Ausstellung der Vorausbescheinigung durch den Arbeitgeber, dessen Unternehmen dadurch nicht berührt wird.

71

Entgegen der Ansicht der Klägerin unterscheidet sich ihr Fall grundlegend von dem der Erteilung einer Arbeitsbescheinigung zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis, die auch die Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses ermöglichte. Der Arbeitnehmer hat, wie oben schon gesagt, vom Arbeitgeber eine Handlung begehrt, die dieser ihm unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis schuldete; das Abholen der Bescheinigung war vertragsgemäße arbeitsrechtliche Nebenpflicht des Beschäftigten (vgl BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78).

72

b) Die Klägerin hat ferner keine objektiv nicht geschuldete Handlung vorgenommen in der vertretbaren, aber irrigen Annahme, damit eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen. Die Annahme dieser Pflicht ist nur vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) aufgrund objektiver Anhaltspunkte und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 18/85 - BSGE 59, 291 = SozR 2200 § 539 Nr 115 und BSG vom 27.6.1991 - 2 RU 17/90 - Juris RdNr 15; vgl auch Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 34 f, Stand Mai 2010).

73

Objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin der Auffassung sein durfte, eine vermeintliche eigene Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sind jedoch nicht ersichtlich. Die von ihr angenommene Vermögensbetreuungspflicht für das Vermögen des Arbeitgebers besteht nicht.

74

c) Schließlich hat die Klägerin durch die beabsichtigte Formularabgabe auch kein eigenes unternehmensbezogenes Recht wahrgenommen. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Handlung die Regelung innerbetrieblicher Belange zum Gegenstand hatte oder sie den Zusammenhalt in der Belegschaft und mit der Unternehmensführung förderte. Vielmehr ging es nur um das eigenwirtschaftliche Interesse an der sofort richtigen Altersrente.

75

4. Das Berufungsgericht hat schließlich auch zu Recht darauf hingewiesen, dass eine versicherte Tätigkeit im Sinne einer sog gemischten Tätigkeit nicht vorliegt. Es liegt mit dem Gehen auf der Treppe vor der Abgabe des Formulars für eine Vorausbescheinigung nämlich nur eine einzige Verrichtung vor. Gemischte Tätigkeiten setzen (zumindest) zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraus, von denen (wenigstens) eine den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt.

76

Das LSG hat schließlich auch richtig erkannt, dass diese einzige Verrichtung auch nicht auf einer gemischten Motivationslage beruhte. Denn es hat schon nicht festgestellt, dass die Klägerin mit dem Weg zur Vorlage des Formulars zusätzlich noch eine andere Intention hatte als diejenige, die Vorausbescheinigung des Arbeitgebers und dadurch sofort die angestrebte Rentenhöhe zu erhalten.

77

5. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Januar 2015 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 29. April 2014 zurückgewiesen.

Kosten sind für den gesamten Rechtsstreit nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Arbeitsunfalls streitig.

2

Die Klägerin ist beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz beschäftigt. Sie arbeitet aufgrund einer Dienstvereinbarung mit ihrem Arbeitgeber zur Regelung der Telearbeit auf einem in ihrer Wohnung eingerichteten Telearbeitsplatz. Die Arbeitsmittel werden danach vom Dienstherrn zur Verfügung gestellt und dürfen nicht für private Zwecke genutzt werden. Die häusliche Arbeitsstätte wird hingegen von der Klägerin kostenlos bereit gestellt. Der Arbeitsplatz ist im Dachgeschoss des Wohngebäudes gelegen, in dem sich außerdem ein kleines Bad, das Arbeitszimmer des Ehemanns der Klägerin sowie ein Schlafraum befinden. Diese Räume sind über eine Treppe zu erreichen. Im Erdgeschoss liegen Küche, Wohnzimmer und ein weiteres Bad.

3

Die Klägerin, die unter Asthma sowie COPD leidet und daher mehrmals am Tag viel trinken muss, arbeitete am 21.9.2012 an ihrem Telearbeitsplatz. Weil die mitgenommenen Wasserflaschen bereits leer waren, verließ sie ihren Arbeitsplatz, um in der Küche Wasser zu holen. Auf der Treppe rutschte sie ab, knickte mit dem linken Fuß um und erlitt dadurch eine Metatarsale V Schrägfraktur links.

4

Die beklagte Unfallkasse lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab (Bescheid vom 11.10.2012, Widerspruchsbescheid vom 5.11.2012). Das SG Mainz hat die Klage abgewiesen. Ein Weg zur Nahrungsaufnahme sei nur dann vom Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst, wenn er durch die Notwendigkeit geprägt sei, persönlich am Beschäftigungsort anwesend zu sein. Die Klägerin habe hingegen den von ihr beherrschten privaten Bereich nicht verlassen und sich nur Risiken ausgesetzt, die aus dem privaten Bereich stammten (Urteil vom 29.4.2014). Das LSG Rheinland-Pfalz hat das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Unfallkasse verurteilt, eine Metatarsale V Schrägfraktur links als Folge des Arbeitsunfalls vom 21.9.2012 anzuerkennen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Betriebsweg zurückgelegt. Insoweit komme es darauf an, ob der Ort, an dem sich der Unfall ereignet hat, wesentlich auch Betriebszwecken diene. Das sei der Fall, weil die Klägerin ihren Arbeitsplatz ausschließlich über die Treppe erreichen könne. Das Begehen der Treppe habe zum Unfallzeitpunkt auch im inneren Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit gestanden. Zwar sei die Nahrungsaufnahme grundsätzlich dem unversicherten privaten Bereich zuzuordnen. Allerdings seien die Voraussetzungen, unter denen die Rechtsprechung des BSG Unfallversicherungsschutz auf Wegen zum Ort der Nahrungsaufnahme im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit grundsätzlich anerkenne, erfüllt. Das Handlungsziel der Klägerin sei auf die Aufrechterhaltung der Arbeitskraft gerichtet gewesen. Darüber hinaus habe die Notwendigkeit bestanden, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein. Dass sich die Klägerin die Arbeitszeit frei einteilen könne, stehe dem Unfallversicherungsschutz nicht entgegen. Die vom BSG in einer früheren Entscheidung angesprochene Gefahr des "Versicherungsschutzes rund um die Uhr" rechtfertige nicht dessen grundlegende Einschränkung (Urteil des LSG vom 27.1.2015).

5

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 8 Abs 1 SGB VII. Das BSG fordere die ständige und nicht nur gelegentliche Nutzung der Treppe zu betrieblichen Zwecken. Weil die Treppe aber nicht nur genutzt werde, um die Arbeitsstätte, sondern auch die anderen Räumlichkeiten im Dachgeschoss zu erreichen, habe das Begehen der Treppe nicht wesentlich dem Zweck des Unternehmens, hier der Telearbeit, gedient.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Januar 2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 29. April 2014 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Die Arbeitsstätte sei vom privaten Lebensbereich innerhalb der Wohnung abgegrenzt. Um ihrer Telearbeit nachgehen zu können, sei sie auf die Nutzung der Treppe angewiesen. Sie dürfe nicht gegenüber Beschäftigten benachteiligt werden, die ihrer Arbeit außerhalb der Wohnung nachgingen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet. Das LSG hat zu Unrecht auf die Berufung der Klägerin entschieden, dass das Abrutschen von einer Treppenstufe auf dem Weg von ihrem Telearbeitsplatz zur Küche, um Wasser zu holen, als Arbeitsunfall anzuerkennen ist. Die Ablehnung eines Arbeitsunfalls im Bescheid der Beklagten vom 11.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Daher war das die Klage abweisende Urteil des SG wiederherzustellen.

10

Die Klägerin begehrt zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG), die Ablehnungsentscheidung der Beklagten aufzuheben und die Unfallkasse zu verurteilen, einen am 21.9.2012 erlittenen Arbeitsunfall anzuerkennen. Zwar hat sie sowohl vor dem SG als auch dem LSG jeweils zuletzt neben der Aufhebung der angegriffenen Verwaltungsakte beantragt, die Beklagte zu verurteilen, eine Metatarsale V Schrägfraktur links als Folge des Arbeitsunfalls anzuerkennen. Gleichwohl hat sie damit nicht die Feststellung einer Unfallfolge iS des § 55 Abs 1 Nr 3 SGG(vgl hierzu BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1), sondern angesichts dieser zwischen den Beteiligten nicht streitigen Unfallerstverletzung vielmehr die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Arbeitsunfalls geltend gemacht. Davon sind auch die Vorinstanzen ausgegangen. Auch wenn das LSG die Beklagte verurteilt hat, die Metatarsale V Schrägfraktur links als Folge des Arbeitsunfalls anzuerkennen, setzt es sich in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils - ebenso wie das SG - lediglich mit den Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls auseinander. Allein in diesem Zusammenhang wird die Schrägfraktur als unzweifelhaft eingetretener Gesundheitserstschaden als Tatbestandsmerkmal eines (vermeintlichen) Arbeitsunfalls zugrunde gelegt.

11

Dass die Klägerin vor dem SG zunächst nur die Feststellung eines Arbeitsunfalls beantragt hatte (Feststellungsklage iS des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG), steht der Zulässigkeit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nicht entgegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats haben die Verletzten ein Wahlrecht zwischen einer zulässigen Feststellungs- und einer zulässigen Verpflichtungsklage (BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 13 mwN). Der Übergang von der einen zu der anderen Klage ist jedenfalls bei einem Streit um die Feststellung eines Versicherungsfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung eine nach § 99 Abs 3 SGG zulässige Antragsänderung(BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 42 RdNr 9).

12

Die Klage ist indes unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls durch die Beklagte.

13

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; stRspr, vgl zuletzt BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55 RdNr 9; BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 53 RdNr 11; BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 50 RdNr 10 und - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 49 RdNr 14; BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47 RdNr 12; BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20; BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f).

14

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Klägerin hat zwar einen Unfall und dadurch - wie bereits ausgeführt - einen Gesundheitserstschaden erlitten. Sie war auch als Beschäftigte kraft Gesetzes versichert. Ihre Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - das Hinabsteigen der Treppe - stand aber nicht in einem sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit. Zum Unfallzeitpunkt übte sie weder ihre Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII aus(dazu 1.) noch legte sie im Zusammenhang mit dieser einen Betriebsweg zurück (dazu 2.). Die Klägerin befand sich auch nicht auf einem versicherten Weg zum Ort der Nahrungsaufnahme und wird deshalb nicht in höherrangigem Recht verletzt (dazu 3.). Schließlich war sie im Unfallzeitpunkt nicht durch die Wegeunfallversicherung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII geschützt(dazu 4.).

15

1. Versicherter iS des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestands der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese innere Tatsache der subjektiven Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten wird als "Handlungstendenz" bezeichnet. Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestands, soweit die Intention objektiviert ist (sog objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung reicht hingegen nicht (zur Handlungstendenz zuletzt BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55 RdNr 14 mwN; BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 14 mwN; BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 50 RdNr 12 und - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 49 RdNr 18).

16

Das Hinabsteigen der Treppe zum Unfallzeitpunkt ist ein solches von außen beobachtbares Handeln an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit. Bei dieser Tätigkeit war die objektivierte Handlungstendenz der Klägerin aber nicht auf die Erfüllung des gesetzlichen Versicherungstatbestands als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gerichtet.

17

Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigte liegt vor, wenn die Verletzte zur Erfüllung eines von ihr begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen(vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder die Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, sie treffe eine solche Pflicht, oder sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt(BSG vom 23.4.2015 -B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 33 RdNr 14 mwN; BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 53 RdNr 12; BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff; BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f; BSG vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 13).

18

Das Holen des Wassers gehörte unzweifelhaft nicht zu der sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergebenden Hauptpflicht der Klägerin. Sie hat dadurch auch keine aus dem Beschäftigungsverhältnis resultierende Nebenpflicht erfüllt. Eine arbeitsrechtliche Verpflichtung zu gesundheitsfördernden, der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit dienenden Handlungen besteht grundsätzlich nicht (vgl Schäfer NZA 1992, 529, 530). Etwas anderes gilt bei einem bereits arbeitsunfähigen Arbeitnehmer. Ihm wird aufgrund seiner Treue- und Rücksichtnahmepflicht gegenüber seinem Arbeitgeber abverlangt, sich so zu verhalten, dass er möglichst bald wieder gesund wird, und alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. Ein pflichtwidriges Verhalten liegt daher vor, wenn ein Arbeitnehmer bei bescheinigter Arbeitsunfähigkeit den Heilungserfolg durch gesundheitswidriges Verhalten gefährdet (BAG vom 2.3.2006 - 2 AZR 53/05 - Juris RdNr 23 f). Zu diesem Personenkreis zählt die Klägerin aber nicht. Sie hat ferner keine objektiv nicht geschuldete Handlung vorgenommen in der vertretbaren, aber irrigen Annahme, damit eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen. Die Annahme dieser Pflicht ist nur vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) aufgrund objektiver Anhaltspunkte und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht (BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 72). Solche objektiven Anhaltspunkte sind jedoch weder festgestellt noch ersichtlich. Schließlich hat die Klägerin durch das beabsichtigte Holen von Wasser auch kein eigenes unternehmensbezogenes, innerbetrieblichen Belangen dienendes Recht wahrgenommen.

19

2. Die Klägerin befand sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf einem Betriebsweg iS des § 8 Abs 1 Satz 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Ein im unmittelbaren Betriebsinteresse liegender Weg kommt grundsätzlich nur außerhalb des (privaten) Wohngebäudes in Betracht (dazu a). Befinden sich die Wohnung und die Arbeitsstätte im selben Gebäude, ist ein Betriebsweg ausnahmsweise auch im häuslichen Bereich denkbar, wenn er in Ausführung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt wird. Das war bei der Klägerin nicht der Fall (dazu b).

20

a) Betriebswege sind Wege, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden, Teil der versicherten Tätigkeit sind und damit der Betriebsarbeit gleichstehen (BSG vom 12.1.2010 - B 2 U 35/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 36 RdNr 16 mwN; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 25/07 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 8 RdNr 24; BSG vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R - BSGE 98, 20 = SozR 4-2700 § 8 Nr 21, RdNr 14 mwN; BSG vom 6.5.2003 - B 2 U 33/02 R - Juris RdNr 15 mwN; BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 3 S 16 f). Sie werden im unmittelbaren Betriebsinteresse unternommen, unterscheiden sich von Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit iS von § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII dadurch, dass sie der versicherten Tätigkeit nicht lediglich vorausgehen oder sich ihr anschließen(BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 48 RdNr 13). Sie sind nicht auf das Betriebsgelände beschränkt, sondern können auch außerhalb der Betriebsstätte anfallen (BSG vom 28.2.1990 - 2 RU 34/89 - SozR 3-2200 § 539 Nr 1 S 2).

21

Sowohl bei Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit als auch bei einem direkt von der Wohnung aus angetretenen Betriebsweg (Dienstweg oder Dienstreise) beginnt die versicherte Tätigkeit allerdings grundsätzlich erst mit dem Durchschreiten der Außentür des Gebäudes (Mehr- oder Einfamilienhaus), in dem sich die Wohnung des Versicherten befindet. Diese vom BSG stets beibehaltene Grenze zwischen dem unversicherten häuslichen Lebensbereich und dem versicherten Zurücklegen eines (Betriebs-)Weges ist im Interesse der Rechtssicherheit bewusst starr gezogen, weil sie an objektive Merkmale anknüpft, die im allgemeinen leicht feststellbar sind. Damit wird zugleich der die gesetzliche Unfallversicherung kennzeichnenden Freistellung des Unternehmers von der Haftung für Betriebsgefahren Rechnung getragen. Das BSG hat im Interesse der Rechtssicherheit insbesondere auch deshalb keine Veranlassung gesehen, die bisherige Rechtsprechung zur Außentür als der Grenze zwischen häuslichem Bereich und versichertem Weg aufzugeben oder zu modifizieren, weil mit der verbreiteten Einführung von Telearbeit am PC eine Verlagerung vieler den Unternehmen dienenden Verrichtungen in den häuslichen Bereich einhergeht (BSG vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R - BSGE 98, 20 = SozR 4-2700 § 8 Nr 21, RdNr 14; BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 3 S 17). Daran hält der Senat weiterhin fest. Da sich der Unfall der Klägerin nicht außerhalb des Wohngebäudes ereignet hat, ist nur Raum für einen Betriebsweg innerhalb des häuslichen Bereichs.

22

b) Den Weg zur Küche hat die Klägerin indes nicht in unmittelbarem betrieblichen, sondern in eigenwirtschaftlichem Interesse zurückgelegt. Unfallversicherungsschutz an der Unfallstelle könnte hier zwar unter dem Gesichtspunkt eines versicherten Betriebswegs ausnahmsweise dann bestehen, wenn der Weg bereits zwischen dem häuslichen Arbeitszimmer - und nicht erst nach Durchschreiten der Außentür - und der Küche als Weg in Ausführung der versicherten Tätigkeit anzusehen wäre. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

23

Wie der Senat bereits entschieden hat (BSG vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R - BSGE 98, 20 = SozR 4-2700 § 8 Nr 21, RdNr 15 und - B 2 U 28/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 20 RdNr 17), greift die unter a) aufgezeigte Grenzziehung durch die Außentür des Wohngebäudes nicht, wenn sich sowohl die Wohnung des Versicherten als auch seine Arbeitsstätte im selben Haus befinden. In diesem Zusammenhang hat der Senat auf rechtliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Zurechnung von Wegen zur versicherten Tätigkeit vor allem in zwei Fallgestaltungen hingewiesen. Bei der ersten Fallgestaltung handelt es sich um Unfälle, die sich in Räumen oder auf Treppen ereignen, die weder eindeutig der Privatwohnung noch der Betriebsstätte zugeordnet werden können. Insoweit ist zur Entscheidung über den Versicherungsschutz darauf abgestellt worden, ob der Ort, an dem sich der Unfall ereignete, auch Betriebszwecken (wesentlich) dient, ob der rein persönliche Lebensbereich schon verlassen wurde oder wie sich der Nutzungszweck zum Unfallzeitpunkt darstelle. Als Kriterium für die Wesentlichkeit wurden eine ständige und nicht nur gelegentliche Nutzung des Unfallorts für betriebliche Zwecke angeführt. Die zweite - hier aber nicht einschlägige - Fallgestaltung betraf Unfälle im rein persönlichen Wohnbereich, bei denen die Situation durch eine Art Rufbereitschaft und die Notwendigkeit, sofort zu handeln, geprägt war (BSG vom 12.12.2006, aaO, RdNr 15 ff und 18 ff, jeweils mit zahlreichen Nachweisen).

24

Der Senat hat Zweifel, ob an dieser Rechtsprechung, die bei der Feststellung eines Betriebswegs im häuslichen Bereich an die Häufigkeit der Nutzung des konkreten Unfallorts anknüpft, festzuhalten ist (vgl hierzu auch LSG Baden-Württemberg vom 25.2.2016 L 10 U 1241/14 - Juris, Revision anhängig unter B 2 U 9/16 R). Ob das Ausmaß der Nutzung auch weiterhin ein sachgerechtes Beurteilungskriterium bildet, kann jedenfalls im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, denn die im Urteil des Senats vom 12.12.2006 (aaO) in Bezug genommenen Entscheidungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sich der jeweils zugrunde liegende Unfall auf einem Weg zur Ausübung der versicherten Tätigkeit ereignet hatte. Demgegenüber ist die Klägerin auf dem Weg von der Arbeitsstätte zur Küche und damit in den persönlichen Lebensbereich ausgerutscht.

25

Unabhängig von dem konkreten Umfang der betrieblichen oder privaten Nutzung der in das Dachgeschoss führenden Treppe vermag entgegen der Auffassung des LSG allein der Umstand, dass die Klägerin darauf angewiesen ist, die Treppe zu benutzen, um ihrer Beschäftigung überhaupt nachgehen zu können, das unmittelbare Betriebsinteresse nicht zu begründen. Entscheidend ist vielmehr, welche konkrete Verrichtung mit welchem Zweck sie in dem Moment des Unfalls ausübte. Da es außer in der Schifffahrt (vgl § 10 SGB VII) keinen Betriebsbann gibt, sind nicht alle Verrichtungen eines Beschäftigten während der Arbeitszeit und auf der Arbeitsstätte versichert. Dementsprechend stehen auch nicht alle Wege eines Beschäftigten während der Arbeitszeit und/oder auf der Arbeitsstätte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern nur solche Wege, bei denen ein sachlicher Zusammenhang zwischen der nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit und dem Zurücklegen des Weges gegeben ist, weil der Weg durch die Ausübung des Beschäftigungsverhältnisses oder den Aufenthalt auf der Betriebsstätte bedingt ist. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Zurücklegen von Wegen in aller Regel nicht die Ausübung der versicherten Tätigkeit selbst darstellt, sondern zu der eigentlichen Tätigkeit, weswegen das Beschäftigungsverhältnis eingegangen wurde, in einer mehr (zB Betriebswege) oder weniger engen Beziehung (zB Weg zur Arbeit) steht (BSG vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R - BSGE 98, 20 = SozR 4-2700 § 8 Nr 21, RdNr 13). Ob ein Weg im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, bestimmt sich wiederum nach der objektivierten Handlungstendenz des Versicherten, also danach, ob der Versicherte eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 48 RdNr 13 mwN). Diese für außerhalb des Wohngebäudes zurückgelegte Wege geltende ständige Rechtsprechung des Senats ist auch bei Wegen innerhalb der häuslichen Sphäre von der Arbeitsstätte in den persönlichen Lebensbereich heranzuziehen.

26

Nach Maßgabe dieser Grundsätze war die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls nicht im unmittelbaren Betriebsinteresse tätig. Sie ist die Treppe nicht hinabgestiegen, um ihre versicherte Beschäftigung auszuüben, sondern um in der Küche Wasser zum Trinken zu holen und demnach einer typischen eigenwirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen. Als sich der Unfall ereignete, hatte sie ihre Arbeitsstätte verlassen und bereits den persönlichen häuslichen Lebensbereich erreicht. Ihre als Beschäftigte des Landesbetriebs versicherte Tätigkeit war mangels entgegenstehender Feststellungen und Anhaltspunkte spätestens mit dem Verlassen des Arbeitszimmers beendet. Daher kann offenbleiben, inwieweit innerhalb eines zur Telearbeit eingerichteten Arbeitsraumes Unfallversicherungsschutz besteht. Dass gerade die versicherte Tätigkeit ein besonderes Durstgefühl verursacht hätte (vgl hierzu zusammenfassend BSG vom 24.2.2000 - B 2 U 20/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 2 mwN) und die Klägerin unabhängig von ihrer Erkrankung betriebsbedingt veranlasst gewesen wäre, sich Wasser zu besorgen, ist vom LSG weder festgestellt noch ersichtlich.

27

Dass die Ausübung einer Beschäftigung in einem Home-Office zu einer Verlagerung von den Unternehmen dienenden Verrichtungen in den häuslichen Bereich führt (zum Unfallversicherungsschutz bei häuslicher Telearbeit vgl Spellbrink, NZS 2016, 527; Leube, SGb 2012, 380; Wolber, SozVers 1997, 239), rechtfertigt auch in diesem Zusammenhang keine andere Beurteilung. Die betrieblichen Interessen dienende Arbeit in der Wohnung eines Versicherten nimmt dieser außerhalb des konkreten Arbeitszimmers oder -raums nicht den Charakter der häuslichen Lebenssphäre (vgl BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 3 S 17). Die der privaten Wohnung innewohnenden Risiken hat nicht der Arbeitgeber zu verantworten und vermag der Versicherte selbst am besten zu beherrschen. Der Wohnbereich ist dem Versicherten im Regelfall besser bekannt als anderen. Für die mit ihm einhergehenden Gefahren ist der Versicherte selbst verantwortlich. Kraft seiner Verfügungsmacht über die Wohnung kann er die private Risikosphäre durch entsprechendes Verhalten weitgehend beseitigen oder zumindest reduzieren. In der häuslichen Lebenssphäre vermag sich mangels einer betrieblichen Gefahrengemeinschaft ein betriebsbezogenes Haftungsrisiko nicht zu verwirklichen.

28

Auch ist es dem Arbeitgeber außerhalb des Betriebsgeländes regelmäßig verwehrt, präventive, gefahrenreduzierende Maßnahmen zu ergreifen. Unternehmer sind zwar für die Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe verantwortlich (§ 21 Abs 1 SGB VII). Ungeachtet der Frage, inwieweit Arbeitgeber rechtlich durchsetzbar in die Lage versetzt sein müssen, diese Verantwortung in Bezug auf betriebliche Arbeitsplätze im häuslichen Bereich nachzukommen, beschränkt sich die Verpflichtung zur Durchführung von Präventionsmaßnahmen aber auf die jeweilige Betriebsstätte, zu der jedenfalls häusliche Örtlichkeiten außerhalb eines räumlich abgegrenzten Home-Office nicht zählen. Zudem ist zu beachten, dass es den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung außerhalb der Betriebsstätten ihrer Mitglieder (der Arbeitgeber) nur bedingt möglich ist, präventiv zu handeln. Die Unfallversicherungsträger haben mit allen geeigneten Mitteln ebenfalls für die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu sorgen; sie sollen dabei auch den Ursachen von arbeitsbedingten Gefahren für Leben und Gesundheit nachgehen (§ 14 Abs 1 SGB VII). In diesem Zusammenhang obliegt ihnen die Überwachung des nach § 21 Abs 1 SGB VII den Unternehmern übertragenen Arbeitsschutzes durch fachkundige Aufsichtspersonen(§ 17 Abs 1, § 18 SGB VII). Im Rahmen der Überwachung sind die Aufsichtspersonen insbesondere befugt, zu den Betriebs- und Geschäftszeiten Grundstücke und Betriebsstätten zu betreten, zu besichtigen und zu prüfen (§ 19 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB VII idF des Unfallversicherungsmodernisierungsgesetzes vom 30.10.2008, BGBl I 2130). Eine solche Maßnahme kann auch für Wohnräume zu jeder Tages- und Nachtzeit getroffen werden. Insoweit ist das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art 13 GG) eingeschränkt. Allerdings muss die Überwachung von Wohnräumen zur Verhütung dringender Gefahren geboten sein (§ 19 Abs 2 Satz 3 und 4 SGB VII idF des UVMG, aaO; zur Prävention und Überwachung häuslicher Arbeitsplätze vgl auch Spellbrink, NZS 2016, 527, 530; Leube, SGb 2012, 380, 384). Sowohl Arbeitgeber als auch die Unfallversicherungsträger sind demnach nur eingeschränkt zu präventiven, der sicheren Gestaltung der Arbeitsplätze dienenden Maßnahmen in der Lage. Daher ist es sachgerecht und nicht unbillig, das vom häuslichen und damit persönlichen Lebensbereich ausgehende Unfallrisiko den Versicherten und nicht der gesetzlichen Unfallversicherung, mit der gerade die Unternehmerhaftung abgelöst werden soll, anzulasten (vgl BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 3 S 18 mwN).

29

3. Die Klägerin befand sich zum Unfallzeitpunkt auch nicht auf einem versicherten Weg zum Ort einer Nahrungsaufnahme. Insoweit liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG nicht vor. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dieser ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG vom 19.12.2012 - 1 BvL 18/11 - BVerfGE 133, 1 RdNr 44 mwN; BVerfG vom 30.3.2007 - 1 BvR 3144/06 - SozR 4-2700 § 9 Nr 10 RdNr 18 mwN). Solche rechtfertigenden Gründe sind hier gegeben.

30

Das Zurücklegen eines Weges durch einen Beschäftigten mit der Handlungstendenz, sich an einem vom Ort der Tätigkeit verschiedenen Ort Nahrungsmittel zu besorgen oder einzunehmen, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich versichert (vgl BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 48 RdNr 20; BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - UV-Recht Aktuell 2010, 897, Juris RdNr 15; BSG vom 20.2.2001 - B 2 U 6/00 R - Juris RdNr 20 mwN; BSG vom 27.6.2000 - B 2 U 22/99 R - SozR 3-2200 § 548 Nr 38 S 135 f mwN). Dieser Versicherungsschutz beruht darauf, dass der während einer Arbeitspause zurückgelegte Weg zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln für den alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz in zweierlei Hinsicht mit der Betriebstätigkeit verknüpft ist. Zum einen dient die beabsichtigte Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit im Gegensatz zur bloßen Vorbereitungshandlung vor der Arbeit der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit. Zum anderen handelt es sich um einen Weg, der in seinem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt ist, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten. Aufgrund des Zusammentreffens dieser beiden betriebsbezogenen Merkmale, des Handlungsziels und der Betriebsbedingtheit des Weges, ist der wesentliche innere Zusammenhang zwischen dem Betrieb und einem zur Nahrungsaufnahme zurückgelegten Weg angenommen worden (vgl BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 48 RdNr 21 mwN; BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 30 f; BSG vom 2.7.1996 - 2 RU 34/95 - SozR 3-2200 § 550 Nr 15 S 55 mwN).

31

Diese Betriebsbedingtheit des Weges liegt bei der Klägerin entgegen der Rechtsansicht des LSG gerade nicht vor. Sie ist jedenfalls nicht bereits darin zu sehen, dass die Klägerin den Weg zur Küche über die Treppe deshalb zurücklegen musste, weil sie sich zuvor in ihrem Arbeitszimmer aufgehalten hatte. Die Klägerin unterlag hinsichtlich der beabsichtigten Flüssigkeitszufuhr keinen betrieblichen Vorgaben oder Zwängen. Es stand vielmehr in ihrem Belieben, ob und wann sie sich wegen des nicht betriebs-, sondern krankheitsbedingten Trinkbedürfnisses Wasser aus der Küche holt. Der Weg zur Küche war weder räumlich durch einen außerhalb der Wohnung gelegenen Betriebsort vorgegeben noch innerhalb eines zeitlichen Rahmens zu erledigen und stand in keinem Zusammenhang mit bereits erbrachter Arbeit. Dieser vom LSG nicht gesehene, aber offenkundige grundlegende Unterschied steht der von der Klägerin geforderten gebotenen Gleichbehandlung mit Versicherten, die außerhalb der Wohnung einer Beschäftigung nachgehen, entgegen (vgl insoweit auch BSG vom 31.10.1968 - 2 RU 122/66 - Juris RdNr 18; BSG vom 29.6.1971 - 2 RU 117/69 - Juris RdNr 20 f; BSG vom 25.1.1977 - 2 RU 57/75 - SozR 2200 § 550 Nr 24 S 53; BSG vom 19.5.1983 - 2 RU 44/82 - BSGE 55, 139, 140 = SozR 2200 § 550 Nr 54 S 136; BSG vom 6.12.1989 - 2 RU 5/89 - SozR 2200 § 548 Nr 97 S 275; BSG vom 11.5.1995 - 2 RU 30/94 - Juris RdNr 16). Auch die weitere Überlegung des LSG, dass Unfallversicherungsschutz gleichheitswidrig nicht an der Möglichkeit einer freien Arbeitszeiteinteilung und einer schwierigen Beweislage scheitern dürfe, überzeugt nicht. Das Berufungsgericht übersieht insoweit, dass vorliegend nicht die Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Arbeitszeit oder Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsaufklärung, sondern das Zurücklegen eines Wegs mit dem Ziel, eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit innerhalb des persönlichen Lebens- und Risikobereichs zu verrichten, den Versicherungsschutz ausschließt.

32

4. Die Klägerin war zum Unfallzeitpunkt schließlich nicht durch die Wegeunfallversicherung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII geschützt. Danach zählt zu den versicherten Tätigkeiten zwar auch das Zurücklegen des mit einer gemäß §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Allerdings beginnt und endet der Weg zur oder von der Arbeit nach ständiger Rechtsprechung des Senats erst mit dem Durchschreiten der Außentür des Hauses, in dem die Wohnung liegt (BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47 RdNr 14; BSG vom 4.9.2007 - B 2 U 39/06 R - Juris RdNr 10; BSG vom 12.12.2006 - B 2 U 28/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 20 RdNr 16 und - B 2 U 1/06 R - BSGE 98, 20 = SozR 4-2700 § 8 Nr 21, RdNr 14). Die Wegeunfallversicherung erstreckt sich damit nicht auf Unfälle innerhalb des Gebäudes, in dem sich die Wohnung des Verletzten befindet. Der Unfall der Klägerin hat sich indes innerhalb ihrer Wohnung ereignet.

33

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26.06.2008 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer am 02.08.2006 erfolgten Verletzung des Klägers als Arbeitsunfall im Streit.
Der 1955 geborene Kläger erlitt am 02.08.2006 bei seiner Tätigkeit als Industriemeister für die Glas ... GmbH in Ravensburg eine Bizepssehnenruptur. Im Durchgangsarztbericht des Dr. R vom 02.08.2006 ist angegeben, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit beim Hochheben einer schweren Glasscheibe einen plötzlichen, stechenden Schmerz im Bereich des rechten Oberarmes verspürt habe. Der Kläger habe einen distalen Bizepssehnenabriss [= Riss der vom Körper weiter entfernten kurzen Bizepssehne, welche anders als die lange körpernahe Bizepssehne aus einem einzelnen Strang besteht] rechts erlitten.
Aus einer Magnetresonanztomographie vom 09.08.2006 geht hervor, dass wahrscheinlich ein kompletter Abriss der Bizepssehne an der Tuberositas ulnae ohne Hinweis auf einen knöchernen Ausriss erfolgt sei. Am 11.08.2006 wurde deswegen im Städtischen Krankenhaus „14 Nothelfer“ in Weingarten eine Reinsertion der Bizepssehne in das Tuberkulum radii rechts vorgenommen. Der Kläger sei mit einer mindestens 14 Wochen lang zu tragenden Oberarmgipsschiene bei einem komplikationslosen postoperativen Verlauf entlassen worden.
Der Arbeitgeber gab zu dem Vorfall am 25.08.2006 an, dass das Geschehen sich in der Produktionshalle ereignet habe. Beim Anheben einer Glasscheibe von einem Transportgestell - die rechte Hand habe unten angefasst und die linke oben die Glasscheibe gehalten - sei die Sehne des rechten Bizepsmuskels gerissen. Diese Angaben bestätigte auch der Kläger in seiner Auskunft vom 21.08.2006. Er habe sofort mit der Arbeit aufgehört, da er brennende und ziehende Schmerzen verspürt habe. Seinen Arm habe er in Schutzhaltung positioniert und sofort seinen Arzt aufgesucht.
Mit Bescheid vom 05.09.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 02.08.2006 als Arbeitsunfall ab. Der Bizepssehnenabriss sei bei einem willentlichen, von außen unbeeinflussten Geschehensablauf ohne Fehlgängigkeit eingetreten. Die Muskulatur und das Skelettsystem seien so aufeinander abgestimmt, das ihr Zusammenwirken keines ihrer Teile beschädigen könne. Die Verletzung der Bizepssehne bei einem normalen Bewegungsablauf sei daher kein Unfall im Sinne des Gesetzes. Die berufliche Tätigkeit sei lediglich ein Anlassgeschehen gewesen. Hiervon machte die Beklagte auch Mitteilungen an die behandelnden Ärzte des Klägers. Bei der Krankenkasse des Klägers meldete die Beklagte vorsorglich einen Erstattungsanspruch an.
Mit Widerspruch vom 21.09.2006 machte der Kläger geltend, dass das Anheben einer Glasscheibe nicht zu seinen täglichen Arbeiten gehöre. Der Unfall sei unstreitig bei seiner Arbeit passiert und daher als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zum Beheben eines Fehlers an der Glasscheibe sei es notwendig gewesen, die Scheibe umzustellen. Dabei habe er die Scheibe gegriffen und sie anheben wollen. Um die Scheibe (ein Parallelogramm) anzuheben, habe er den gestreckten rechten Arm nach außen drehen müssen, was keiner normalen Hebehaltung entspreche. Um die Scheibe dann in der Balance zu halten, sei eine zusätzliche seitliche Drehung von Arm und Handgelenk notwendig gewesen. Außerdem sei er gedanklich mehr bei der Fehlersuche an der Glasscheibe gewesen als sich auf das Anheben der Scheibe zu konzentrieren. Hierbei sei dann die Sehne gerissen.
Die Beklagte holte bei der Techniker Krankenkasse (TK) ein Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers ein, aus welchem sich keine einschlägigen Vorerkrankungen ergaben. Außerdem forderte die Beklagte beim Krankenhaus Weingarten den Operationsbericht des Klägers an.
Mit Schreiben vom 09.11.2006 wies die Beklagte den Kläger dann darauf hin, dass ihrer Auffassung nach die Schädigung nur gelegentlich der ausgeübten Tätigkeit aufgetreten sei und nach menschlichem Ermessen auch bei jedem anderen ähnlich gelagerten Umstand außerhalb der Tätigkeit ohne besonderen Anlass ein Ausbruch hätte erfolgen können. Es fehle daher an dem notwendigen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsschädigung (haftungsausfüllende Kausalität). Bei der ausgeübten Tätigkeit, dem Anheben einer Glasscheibe, habe es sich um einen üblichen Arbeitsvorgang ohne äußere Gewalteinwirkung auf den Muskel und ohne eine plötzliche unvorhergesehene Beanspruchung des Bizepsmuskels gehandelt. Damit habe es an einem wesentlichen Unfallmerkmal, nämlich einer plötzlichen von außen auf den Körper einwirkenden Gewalt gefehlt. Das Anheben der Glasscheibe habe nur eine Gelegenheit für den festgestellten Bizepssehnenriss, nicht jedoch dessen wesentliche Ursache dargestellt.
Nachdem der Kläger seinen Widerspruch aufrecht erhielt, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2006 aus den von ihr angeführten Gründen als unbegründet zurück.
10 
Der Kläger hat am 05.01.2007 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege ein durch ein äußeres Ereignis ausgelöster Arbeitsunfall auch dann vor, wenn dem Vorgang kein besonderes oder ungewöhnliches Ereignis zugrunde liege. Gleichgültig sei auch, welche Stärke und Kraft die Einwirkung von außen beinhalte. Die Rechtsprechung habe auch festgelegt, dass es nicht notwendig sei, dass ein äußerlich sichtbares und feststellbares Ereignis auf den Verunfallten eingewirkt habe. Es sei ausreichend für die Annahme eines äußeren Ereignisses, dass ein bloßer Kraftaufwand, welcher bei der Tätigkeit notwendig gewesen sei, zu dem Unfall geführt habe (unter Berufung auf BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R -). In dieser Entscheidung habe das BSG auch entschieden, dass eine willentliche Handlung für sich alleine genommen noch nicht ausreiche, um ein Unfallgeschehen zu verneinen. Eine notwendige äußere Einwirkung sei auch dann gegeben, soweit in Fällen eines gewollten Handelns eine ungewollte Einwirkung zu verzeichnen sei. Dies sei im vorliegenden Fall geschehen, weil der Kläger bei einer willentlichen Tätigkeit, dem Anheben der Scheibe, eine Verletzung erlitten habe. Da eine Vorschädigung nicht erkennbar sei, handele es sich auch nicht um eine bloße Gelegenheitsursache, sondern das Anheben der Scheibe sei die wesentliche Ursache für den Abriss der Bizepssehne gewesen. Das BSG habe in der zitierten Entscheidung auch entschieden, dass die bloße Überwindung von Gegenkräften für die Beurteilung, ob ein Arbeitsunfall vorliege oder nicht, ausreichend sein könne. In der vorliegend getätigten Kraftanstrengung zum Anheben der Scheibe sei eine solche Überwindung einer Gegenkraft zu sehen. Schließlich wäre die Beklagte dafür beweispflichtig, dass bei dem Kläger eine degenerative Veranlagung vorgelegen habe, welche die erfolgte Schädigung auszulösen geeignet gewesen wäre.
11 
In ihrer Klageerwiderung berief auch die Beklagte sich auf das vom Klägerbevollmächtigten zitierte Urteil des BSG. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Fällen liege darin, dass der Kläger vorliegend willentlich eine Glasscheibe angehoben habe, deren Gewicht ihm bekannt gewesen sei, während in dem vom BSG entschiedenen Fall der Kraftaufwand (beim Anheben eines größeren Steinblocks) nicht absehbar gewesen sei und in dieser Folge die Schädigung eingetreten sei. Beim Kläger hätten sich die aufeinander abgestimmten Körperteile im rechten Arm, insbesondere Sehnen und Muskeln, auf den absehbaren Kraftaufwand für das Anheben der Scheibe einstellen können. Dies sei kein Vorgang, der nach der Rechtsprechung (LSG Baden-Württemberg vom 07.11.2006 - L 1 U 4027/06 -) und anerkannter Fachliteratur (Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 502) einen Riss der körperfernen Bizepssehne rechtlich wesentlich verursache. Eine plötzliche Fehlgängigkeit, die zu einer maximalen Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne hätte führen können, sei den klägerischen Angaben nicht zu entnehmen. Schließlich sei auch das vom Klägerbevollmächtigten zitierte Urteil des BSG innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit umstritten (unter Hinweis auf SG Augsburg vom 07.11.2005 - S 5 U 184/04; HVBG-Info 005/2006, S. 565, 582). Danach werde weiterhin auch die Auffassung vertreten, dass auch eine erhebliche Kraftanstrengung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht ausreiche. Eine extensive Auslegung dieses BSG-Urteils würde dazu führen, quasi jeden Körperschaden während einer betrieblichen Verrichtung als Arbeitsunfall anzuerkennen. Voraussetzung wäre dann lediglich, dass sich der Versicherte hierbei körperlich angestrengt habe, womit das in § 8 Abs. 1 in SGB VII geforderte Merkmal der Plötzlichkeit indes bedeutungslos würde; dies sei weder vom Gesetz abgedeckt noch sozialpolitisch gewollt.
12 
Das SG hat anschließend ein traumatologisch-orthopädisches Gutachten vom 09.05.2007 bei Dr. H. vom Universitätsklinikum Freiburg eingeholt. Beim Kläger sei es zu einer distalen Bizepssehnenläsion gekommen, als dieser eine ca. 25 kg schwere Glasscheibe mit gestrecktem Arm angehoben und hernach noch in Beugestellung des Kniegelenkes während des Anhebens versucht habe, den Ellbogen zu beugen und zu supinieren. Der Befund einer distalen Bizepssehnenläsion sei durch die Kernspintomographie bestätigt worden. Die Histologie habe darüber hinaus das Fehlen degenerierten Sehnengewebes nachgewiesen, welches als Hinweis für chronisch wiederkehrende Einblutungen und somit ein mehrzeitiges Geschehen sprechen könnte. Gegen die Annahme einer traumatischen Sehnenruptur spreche der nicht ganz typische Unfallhergang mit einer aktiven Beugung eines nahezu vollständig gestreckten Ellenbogens. Nach der aktuellen Literatur komme die distale Bizepssehnenruptur fast ausschließlich bei muskelkräftigen Männern im Alter zwischen 30 und 60 Jahren vor, vermehrt bei Rauchern. Es sei wahrscheinlich, dass die vom Kläger geschilderten besonderen Umstände die distale Bizepssehnenruptur hervorgerufen hätten. Der Schaden wäre nicht bei einer das Maß der alltäglichen Belastung nicht überschreitenden Anstrengung etwa zur selben Zeit und etwa im selben Umfang eingetreten. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ab dem 31.01.2007 werde vom 31.06.2007 bis 06.05.2007 mit 10 % und vom 07.05.2007 bis auf weiteres ebenfalls mit 10 % eingeschätzt. Diese Aussage wurde in einer ergänzenden Stellungnahme vom 14.06.2007 dahingehend korrigiert, dass bereits ab dem 31.01.2007 von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 10 % auszugehen sei.
13 
Die Beklagte ist dem Gutachten des Dr. H. entgegengetreten, weil dieser aufgrund des Fehlens degenerativer Veränderungen lediglich im Umkehrschluss davon ausgehe, dass es sich bei dem willkürlichen Hebevorgang der Fensterscheibe um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Das medizinische Bild sei jedoch für die Frage, ob ein Arbeitsunfall vorliege, nicht das entscheidende, sondern lediglich ein hilfreiches Kriterium. Degenerative Veränderungen seien im Verletzungsbereich nicht immer nachweisbar. Der Umkehrschluss des Gutachters sei auch deswegen bereits nicht zulässig. Aus den Ausführungen des Gutachters komme zum Ausdruck, dass die bloße Verrichtung betrieblicher Tätigkeiten schon als Unfall qualifiziert werden könne, was nicht zutreffe.
14 
In einer zweiten ergänzenden Stellungnahme zu den Einwendungen der Beklagten hat der Gutachter ausgeführt, dass er davon ausgegangen sei, der Kläger habe die Glasscheibe willentlich angehoben, wobei es zunächst nicht zu einer Ruptur gekommen sei. Erst anschließend, als bei maximal gespanntem Muskel die Glasscheibe weiter habe angehoben werden sollen, sei die Bizepssehnenruptur aufgetreten. Insofern sei dies auch nach Schönberger/Mertens/Valentin (a.a.O. S. 502) ein tendenziell analoger Vorgang wie beispielsweise das unerwartet schwere Anheben eines Gegenstandes mit gebeugtem Ellenbogen aus den Beinen heraus. Auch nach der von der Beklagten zitierten Literaturstelle sei die genaue Unfallanamnese in Kombination mit der feingeweblichen Untersuchung geeignet, die Entstehung der Ruptur zu klären. Insofern sei das Gutachten dahingehend zu ergänzen, dass der Unfallhergang in der Tat nicht ganz typisch sei, unter Abwägung der feingeweblichen Untersuchung jedoch mehr für als gegen eine traumatische distale Bizepssehnenruptur spreche.
15 
Anschließend hat das SG die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 als unbegründet abgewiesen. Das im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehende Anheben der Glasscheibe habe beim Kläger nicht zu einer zeitlich begrenzten Einwirkung von außen und somit nicht zu einem Unfallereignis im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung geführt. Zwar sei ein besonderes, ungewöhnliches Geschehen nicht erforderlich, jedoch müsse die Einwirkung von außen feststehen. Das Kriterium der Einwirkung von außen diene der Abgrenzung von Gesundheitsschädigungen aufgrund innerer Ursachen sowie aufgrund vorsätzlicher Selbstschädigungen. Die Annahme einer äußeren Einwirkung scheide aus, wenn die Einwirkung auf Umständen beruhe, für die eine in körperlicher oder seelischer Hinsicht besondere Veranlagung des Betroffenen oder dessen willentliches Verhalten die wesentliche Ursache gewesen sei. Ein geplantes, willentliches Herbeiführen einer Einwirkung widerspreche dem Begriff des Unfalls (BSGE 61, 113). Im Falle eines gewollten Handelns mit einer ungewollten Einwirkung könne zwar eine äußere Einwirkung im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII vorliegen. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall. Das Anheben der Glasscheibe durch den Kläger sei planmäßig und ohne Störung durch äußere Umstände (z.B. Gefahr des Entgleitens der Scheibe oder das Hängenbleiben der Scheibe) verlaufen, weshalb der Kläger keine unerwartet auftretende Gegenkraft überwinden habe müssen. Dies unterscheide den Ablauf grundsätzlich von demjenigen, welcher der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R) zugrunde gelegen habe. Dies habe der gerichtliche Sachverständige Dr. H. auf Nachfrage eingeräumt, in dem er den Unfallhergang als „in der Tat nicht ganz typisch“ bezeichnet habe. Der Gutachter könne sich daher zur Begründung eines von außen einwirkenden Ereignisses nur auf das Ergebnis der feingeweblichen Untersuchung eines entnommenen Sehnenpartikels berufen. Die hieraus gezogene Folgerung sei jedoch nicht zwingend. Die Beklagte weise in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass solche Untersuchungen mit dem Problem behaftet seien, dass sie nur einen indirekten Schluss auf den Zustand des Sehnengewebes im Rissbereich selbst erlaubten. Dem vom Kläger hervorgehobenen Umstand, dass das Anheben von Glasscheiben nicht zu seinen üblichen Aufgaben gehöre, weshalb er die Glasscheibe möglicherweise nicht physiologisch korrekt angefasst habe, messe der Gutachter offenbar keine Bedeutung für die Außeneinwirkung zu. Dem sei zu folgen, weil es sich hierbei nicht um Faktoren handele, die geeignet seien, dem geplanten, willentlichen Herbeiführen einer Einwirkung die Qualität eines Ereignisses im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zu verleihen. Das Urteil wurde dem Klägerbevollmächtigten am 15.07.2008 zugestellt.
16 
Der Bevollmächtigte des Klägers hat am 31.07.2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG lasse sich aus dem Gutachten des Dr. H. der Nachweis entnehmen, dass ein Arbeitsunfall vorliege. Aus Sicht des Sachverständigen sei aus medizinischer Sicht insoweit sogar eine eindeutige Beurteilungslage gegeben. Richtig sei, dass der Kläger bei dem Unfall keinen Schlag oder ein ähnliches, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis erlitten habe. Es sei aber ausreichend, dass eine äußere Einwirkung auf den Körper einwirke und ein gewolltes Handeln eine ungewollte Einwirkung erziele. Unzweifelhaft seien Vorschädigungen nicht gegeben, weswegen von einem Unfallhergang und vom Fehlen einer Gelegenheitsursache auszugehen sei. Da der Gutachter auch bereits aufgrund seiner eigenen Feststellungen zur Bejahung eines Arbeitsunfalls komme, habe er sich selbstverständlich nicht mit der Fragestellung auseinander gesetzt, ob eine physiologisch nicht korrekte Herangehensweise an das Anheben der Scheibe ebenfalls einen Unfall nachvollziehbar erscheinen lasse; eine Schlussfolgerung aus insoweit unterlassenen Beurteilungen des Gutachters sei jedoch nicht statthaft, da der Gutachter bereits aufgrund seiner Feststellungen von einem Arbeitsunfall ausgehe.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26.06.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2006 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 02.08.2006 (Ruptur der distalen Bizepssehne rechts) einen Arbeitsunfall darstellt.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Vorgang vom 02.08.2006 sei willentlich durchgeführt worden und nicht von einer Fehlgängigkeit geprägt gewesen. Ein Arbeitsunfall liege daher nicht vor. Daher sei auch der diagnostizierte Schaden der Bizepssehne nicht die Folge eines Arbeitsunfalls, für den eine Leistungspflicht bestünde.
22 
Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Verfügung vom 10.10.2008 darauf hingewiesen, dass die Sache entscheidungsreif sei und es sich bei den aufgeworfenen Fragen durchgehend um vom Gericht zu entscheidende Rechtsfragen handele (Definition des Arbeitsunfalls im Rechtssinne, Feststellung des wesentlichen Zusammenhangs). Weitere Ermittlungen, insbesondere auf medizinischem Gebiet, seien daher nicht geboten. Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und Gerichtsakten Bezug genommen.
23 
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die nach den §§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).
26 
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Mit der Formulierung „infolge eines Versicherungsfalls“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Leistungen nur gewährt werden können, wenn Gesundheitsstörungen durch den Arbeitsunfall rechtlich wesentlich verursacht worden sind.
27 
Entsprechend den Ausführungen des SG fehlt es vorliegend an dem Erfordernis eines von außen auf den Körper des Klägers wirkenden Ereignisses, welches für die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII erforderlich wäre. Andererseits lag durch die Willens- und Kraftanstrengung des Klägers bei dem Vorfall ein inneres und vom Kläger gesteuertes Geschehen vor, welches eine solche Einwirkung von außen gerade ausschloss.
28 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 a.a.O., RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
29 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, Vorb. v. § 249 RdNr. 58 ff. m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursa-chen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
30 
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ur-sache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Be-deutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vor-handenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschei-nungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, son-dern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
31 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfol-gen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststel-lung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
32 
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die erlittene Bizepssehnenruptur nicht vor. Das SG weist zu Recht darauf hin, dass nach dem vom Kläger geschilderten Ablauf der Ereignisse eine von diesem vollkommen kontrollierte Hebesituation vorlag. Der Kläger hat eine schwere Fensterscheibe angehoben und hierbei untersucht, wobei er sich voll auf diese Tätigkeit konzentrieren konnte. Eine Einwirkung von außen, eine plötzliche Ablenkung oder sonstige überraschende Momente sind hierbei nicht aufgetreten. Die völlig vom Willen des Klägers gesteuerte Handlung wies - abgesehen vom Eintritt der Verletzung - keinerlei Überraschungsmoment auf und ließ dem Kläger auch noch den Handlungsspielraum, während des Hebevorgangs die Scheibe wie beabsichtigt auf Unregelmäßigkeiten hin zu inspizieren. Ein ruckartiges, reflexhaftes Nachfassen mit maximaler Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne, welches insofern die Verletzung im Sinne eines Arbeitsunfalls möglich gemacht haben könnte, ist den Angaben des Klägers nicht zu entnehmen (vgl. den Beschluss des erkennenden Senat vom 07.11.2006 - L 1 U 4027/06 -).
33 
Nach der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R), auf welche sich beide Beteiligte berufen, ist für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte Ereignis kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich; alltägliche Vorgänge wie Stolpern o.ä. genügen. Dies soll der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden aufgrund von inneren Ursachen, wie Herzinfarkt, Kreislaufkollaps u.ä. dienen, wenn diese während der versicherten Tätigkeit auftreten, sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen. Ein schlichter Sturz auf einem versicherten Weg genügt danach, es sei denn, der Unfall ist infolge einer nichtbetriebsbedingten krankhaften Erscheinung eingetreten und zur Schwere der Verletzung hat keine Gefahr mitgewirkt, der der Kläger auf dem Weg ausgesetzt war. Ist eine innere Ursache nicht feststellbar, liegt ein Arbeitsunfall vor (BSG a.a.O. m.w.N.).
34 
Zwar ist auch vorliegend entsprechend den Ausführungen des Gutachters Dr. H. eine innere Ursache nicht feststellbar, doch rechtfertigt dies noch nicht den von dem Gutachter vorgenommenen Umkehrschluss, eine solche könne nicht vorgelegen haben. Wenn eine solche innere Ursache möglicherweise bestünde, trüge die Beklagte gegebenenfalls entsprechend den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten für ihr Vorliegen die Feststellungslast (vgl. hierzu Bayerisches LSG, Urteil vom 22.03.2006 - L 2 U 43/04 -). Vorliegend ist jedoch das Vorliegen eines Merkmals zweifelhaft, welches zur Begriffsdefinition des Unfalls nach § 8 SGB VII gehört und für dessen Vorliegen die Feststellungslast beim Kläger liegt.
35 
Anders als in dem vorliegenden Fall war es in dem Fall, welcher der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 zugrunde lag, zu einem überraschenden und insbesondere von dem dortigen Versicherten nicht mehr kontrollierbaren Ereignis gekommen, als dieser beim Anheben eines festgefrorenen 70 kg schweren Steines auf unerwartete Gegenkräfte gestoßen ist und hierbei während der Kraftentfaltung spüren musste, dass er sich ein zu hohes Gewicht vorgenommen hatte. Damit ist der vorliegende Fall des Anhebens einer nur 25 kg schweren Glasscheibe nicht vergleichbar, zumal der Hebevorgang für den Kläger offensichtlich bereits deswegen keinerlei Schwierigkeiten beinhaltete, weil der Kläger hierbei nach eigenen Angaben noch die Glasscheibe auf Unregelmäßigkeiten untersuchen konnte. Damit fehlt dem vorliegenden Fall jegliches Ereignis im Sinne eines plötzlichen Vorfalls, sieht man von der eingetretenen Verletzung an der Bizepssehne selbst einmal ab. Auch lag kein Fall einer als außergewöhnliche Anstrengung in einer betriebsbezogenen Stresssituation zu bewertenden Arbeit vor (vgl. BSGE 62, 220 = SozR 2200 § 589 Nr. 10 zum Fall einer Hausschlachtung durch den Versicherten, wenn diese zu erheblicher Atemnot führt, der Versicherte zusammenbricht und innerhalb einer Stunde verstirbt). Ob eine außergewöhnliche Kraftanstrengung allein betrachtet insoweit im Rechtssinn ausreichen kann (ablehnend mit Darstellung der älteren Rechtsprechung SG Augsburg, Urteil vom 07.11.2005 - S 5 U 184/04 -, HVBG-Info 005/2006, S. 565-582), lässt der Senat dahinstehen, da ein solcher Fall vorliegend nicht zu entscheiden ist.
36 
Das BSG verlangt in seiner von beiden Beteiligten zitierten Entscheidung für ein von außen wirkendes Ereignis zusätzlich zu Recht, dass von der Einwirkung als einem unfreiwilligen Element des Geschehensablaufs auszugehen ist, was hier jedenfalls auch nicht gegeben ist (BSGE 61, 113, 115 = SozR 2200 § 1252 Nr. 6 S. 20).
37 
Zwar muss die Einwirkung nicht äußerlich sichtbar sein (BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - mit Hinweis auf BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56: Störung eines Herzschrittmachers durch Kurzwellen eines elektrischen Geräts), ganz verzichtet werden kann hierauf jedoch nicht. Auch in der vom BSG in seiner Entscheidung vom 12.04.2005 zitierten Entscheidung vom 02.05.2001 (B 2 U 18/00 R; HVBG-Info 2001, 1713: Körperlich anstrengendes Heben einer Bohrsonde, während dessen der Versicherte auf einmal einen Schmerz im Halsbereich verspürte und anschließend eine Subarachnoidalblutung erlitt) lag aufgrund des Hebens einer besonders schweren Last ein Sachverhalt zugrunde, welcher mit dem Vorliegenden insoweit nicht vergleichbar ist.
38 
Das Fehlen einer anderen bekannten Verursachung des Bizepssehnenabriss erlaubt nicht den Schluss, dass die Tätigkeit des Hebevorganges der Fensterscheibe die rechtlich wesentliche Bedingung für die Schädigung im oben genannten Sinne war. Zwar läge es insofern nahe, den Hebevorgang mangels anderer möglicher Ursachen für maßgeblich zu halten, doch ist dies irrelevant, sofern ebenfalls kein von außen plötzlich einwirkendes Ereignis im zuvor beschriebenen Sinn festgestellt werden kann.
39 
Nach der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 502) ist ein plötzlicher Schmerz beim Anheben eines Gegenstandes kein für die vorliegende Verletzung geeigneter Vorgang. Gleiches gilt für beim Schippen mit einer Schaufel auftretende Schmerzen oder sonstige willentliche Kraftanstrengungen ohne zusätzliche Einwirkung. Die geschilderten geeigneten Vorgänge (direkter Schlag eines Gegenstandes in die Ellenbeuge, Fehlschlag mit schwerem Hammer, plötzliche Bewegung von muskulär fixierten Gelenken, direkte Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung) hingegen erfüllen durchgängig das Kriterium der plötzlichen, ungewollten Einwirkung von außen. Die distale Bizepssehnenruptur beruht nach Schönberger/Mehrtens/Valentin im Übrigen in 50 % der Fälle auf degenerativen Erscheinungen.
40 
Insoweit kann auch die von dem Gutachter Dr. H. (in der ergänzenden Stellungnahme vom 09.07.2007) vorgenommene Analogie zwischen den bei Schönberger/Mehrtens/Valentin genannten geeigneten Fallgruppen (a.a.O., S. 502) und dem vorliegenden Sachverhalt nicht nachvollzogen werden, weil es vorliegend gerade an dem auch von Schönberger/Mehrtens/Valentin als wesentlich beschriebenen Umstand einer plötzlichen Einwirkung von außen, sei es auch nur in der Gestalt eines plötzlichen, unerwarteten zusätzlichen Kraftaufwandes (etwa durch Nachfassen beim Abrutschen des Tragegegenstandes), gerade fehlt.
41 
Da ein von außen einwirkendes unfreiwilliges und plötzliches Ereignis nicht feststellbar ist, sind die Einwände des Klägerbevollmächtigten nicht einschlägig, dass die Beklagte für eine Gelegenheitsursache oder andere Ursache (etwa Veranlagung oder degenerative Vorschädigung) beweispflichtig sei.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
43 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
24 
Die nach den §§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).
26 
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Mit der Formulierung „infolge eines Versicherungsfalls“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Leistungen nur gewährt werden können, wenn Gesundheitsstörungen durch den Arbeitsunfall rechtlich wesentlich verursacht worden sind.
27 
Entsprechend den Ausführungen des SG fehlt es vorliegend an dem Erfordernis eines von außen auf den Körper des Klägers wirkenden Ereignisses, welches für die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII erforderlich wäre. Andererseits lag durch die Willens- und Kraftanstrengung des Klägers bei dem Vorfall ein inneres und vom Kläger gesteuertes Geschehen vor, welches eine solche Einwirkung von außen gerade ausschloss.
28 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 a.a.O., RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
29 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, Vorb. v. § 249 RdNr. 58 ff. m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursa-chen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
30 
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ur-sache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Be-deutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vor-handenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschei-nungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, son-dern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
31 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfol-gen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststel-lung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
32 
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die erlittene Bizepssehnenruptur nicht vor. Das SG weist zu Recht darauf hin, dass nach dem vom Kläger geschilderten Ablauf der Ereignisse eine von diesem vollkommen kontrollierte Hebesituation vorlag. Der Kläger hat eine schwere Fensterscheibe angehoben und hierbei untersucht, wobei er sich voll auf diese Tätigkeit konzentrieren konnte. Eine Einwirkung von außen, eine plötzliche Ablenkung oder sonstige überraschende Momente sind hierbei nicht aufgetreten. Die völlig vom Willen des Klägers gesteuerte Handlung wies - abgesehen vom Eintritt der Verletzung - keinerlei Überraschungsmoment auf und ließ dem Kläger auch noch den Handlungsspielraum, während des Hebevorgangs die Scheibe wie beabsichtigt auf Unregelmäßigkeiten hin zu inspizieren. Ein ruckartiges, reflexhaftes Nachfassen mit maximaler Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne, welches insofern die Verletzung im Sinne eines Arbeitsunfalls möglich gemacht haben könnte, ist den Angaben des Klägers nicht zu entnehmen (vgl. den Beschluss des erkennenden Senat vom 07.11.2006 - L 1 U 4027/06 -).
33 
Nach der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R), auf welche sich beide Beteiligte berufen, ist für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte Ereignis kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich; alltägliche Vorgänge wie Stolpern o.ä. genügen. Dies soll der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden aufgrund von inneren Ursachen, wie Herzinfarkt, Kreislaufkollaps u.ä. dienen, wenn diese während der versicherten Tätigkeit auftreten, sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen. Ein schlichter Sturz auf einem versicherten Weg genügt danach, es sei denn, der Unfall ist infolge einer nichtbetriebsbedingten krankhaften Erscheinung eingetreten und zur Schwere der Verletzung hat keine Gefahr mitgewirkt, der der Kläger auf dem Weg ausgesetzt war. Ist eine innere Ursache nicht feststellbar, liegt ein Arbeitsunfall vor (BSG a.a.O. m.w.N.).
34 
Zwar ist auch vorliegend entsprechend den Ausführungen des Gutachters Dr. H. eine innere Ursache nicht feststellbar, doch rechtfertigt dies noch nicht den von dem Gutachter vorgenommenen Umkehrschluss, eine solche könne nicht vorgelegen haben. Wenn eine solche innere Ursache möglicherweise bestünde, trüge die Beklagte gegebenenfalls entsprechend den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten für ihr Vorliegen die Feststellungslast (vgl. hierzu Bayerisches LSG, Urteil vom 22.03.2006 - L 2 U 43/04 -). Vorliegend ist jedoch das Vorliegen eines Merkmals zweifelhaft, welches zur Begriffsdefinition des Unfalls nach § 8 SGB VII gehört und für dessen Vorliegen die Feststellungslast beim Kläger liegt.
35 
Anders als in dem vorliegenden Fall war es in dem Fall, welcher der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 zugrunde lag, zu einem überraschenden und insbesondere von dem dortigen Versicherten nicht mehr kontrollierbaren Ereignis gekommen, als dieser beim Anheben eines festgefrorenen 70 kg schweren Steines auf unerwartete Gegenkräfte gestoßen ist und hierbei während der Kraftentfaltung spüren musste, dass er sich ein zu hohes Gewicht vorgenommen hatte. Damit ist der vorliegende Fall des Anhebens einer nur 25 kg schweren Glasscheibe nicht vergleichbar, zumal der Hebevorgang für den Kläger offensichtlich bereits deswegen keinerlei Schwierigkeiten beinhaltete, weil der Kläger hierbei nach eigenen Angaben noch die Glasscheibe auf Unregelmäßigkeiten untersuchen konnte. Damit fehlt dem vorliegenden Fall jegliches Ereignis im Sinne eines plötzlichen Vorfalls, sieht man von der eingetretenen Verletzung an der Bizepssehne selbst einmal ab. Auch lag kein Fall einer als außergewöhnliche Anstrengung in einer betriebsbezogenen Stresssituation zu bewertenden Arbeit vor (vgl. BSGE 62, 220 = SozR 2200 § 589 Nr. 10 zum Fall einer Hausschlachtung durch den Versicherten, wenn diese zu erheblicher Atemnot führt, der Versicherte zusammenbricht und innerhalb einer Stunde verstirbt). Ob eine außergewöhnliche Kraftanstrengung allein betrachtet insoweit im Rechtssinn ausreichen kann (ablehnend mit Darstellung der älteren Rechtsprechung SG Augsburg, Urteil vom 07.11.2005 - S 5 U 184/04 -, HVBG-Info 005/2006, S. 565-582), lässt der Senat dahinstehen, da ein solcher Fall vorliegend nicht zu entscheiden ist.
36 
Das BSG verlangt in seiner von beiden Beteiligten zitierten Entscheidung für ein von außen wirkendes Ereignis zusätzlich zu Recht, dass von der Einwirkung als einem unfreiwilligen Element des Geschehensablaufs auszugehen ist, was hier jedenfalls auch nicht gegeben ist (BSGE 61, 113, 115 = SozR 2200 § 1252 Nr. 6 S. 20).
37 
Zwar muss die Einwirkung nicht äußerlich sichtbar sein (BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - mit Hinweis auf BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56: Störung eines Herzschrittmachers durch Kurzwellen eines elektrischen Geräts), ganz verzichtet werden kann hierauf jedoch nicht. Auch in der vom BSG in seiner Entscheidung vom 12.04.2005 zitierten Entscheidung vom 02.05.2001 (B 2 U 18/00 R; HVBG-Info 2001, 1713: Körperlich anstrengendes Heben einer Bohrsonde, während dessen der Versicherte auf einmal einen Schmerz im Halsbereich verspürte und anschließend eine Subarachnoidalblutung erlitt) lag aufgrund des Hebens einer besonders schweren Last ein Sachverhalt zugrunde, welcher mit dem Vorliegenden insoweit nicht vergleichbar ist.
38 
Das Fehlen einer anderen bekannten Verursachung des Bizepssehnenabriss erlaubt nicht den Schluss, dass die Tätigkeit des Hebevorganges der Fensterscheibe die rechtlich wesentliche Bedingung für die Schädigung im oben genannten Sinne war. Zwar läge es insofern nahe, den Hebevorgang mangels anderer möglicher Ursachen für maßgeblich zu halten, doch ist dies irrelevant, sofern ebenfalls kein von außen plötzlich einwirkendes Ereignis im zuvor beschriebenen Sinn festgestellt werden kann.
39 
Nach der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 502) ist ein plötzlicher Schmerz beim Anheben eines Gegenstandes kein für die vorliegende Verletzung geeigneter Vorgang. Gleiches gilt für beim Schippen mit einer Schaufel auftretende Schmerzen oder sonstige willentliche Kraftanstrengungen ohne zusätzliche Einwirkung. Die geschilderten geeigneten Vorgänge (direkter Schlag eines Gegenstandes in die Ellenbeuge, Fehlschlag mit schwerem Hammer, plötzliche Bewegung von muskulär fixierten Gelenken, direkte Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung) hingegen erfüllen durchgängig das Kriterium der plötzlichen, ungewollten Einwirkung von außen. Die distale Bizepssehnenruptur beruht nach Schönberger/Mehrtens/Valentin im Übrigen in 50 % der Fälle auf degenerativen Erscheinungen.
40 
Insoweit kann auch die von dem Gutachter Dr. H. (in der ergänzenden Stellungnahme vom 09.07.2007) vorgenommene Analogie zwischen den bei Schönberger/Mehrtens/Valentin genannten geeigneten Fallgruppen (a.a.O., S. 502) und dem vorliegenden Sachverhalt nicht nachvollzogen werden, weil es vorliegend gerade an dem auch von Schönberger/Mehrtens/Valentin als wesentlich beschriebenen Umstand einer plötzlichen Einwirkung von außen, sei es auch nur in der Gestalt eines plötzlichen, unerwarteten zusätzlichen Kraftaufwandes (etwa durch Nachfassen beim Abrutschen des Tragegegenstandes), gerade fehlt.
41 
Da ein von außen einwirkendes unfreiwilliges und plötzliches Ereignis nicht feststellbar ist, sind die Einwände des Klägerbevollmächtigten nicht einschlägig, dass die Beklagte für eine Gelegenheitsursache oder andere Ursache (etwa Veranlagung oder degenerative Vorschädigung) beweispflichtig sei.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
43 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26.06.2008 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer am 02.08.2006 erfolgten Verletzung des Klägers als Arbeitsunfall im Streit.
Der 1955 geborene Kläger erlitt am 02.08.2006 bei seiner Tätigkeit als Industriemeister für die Glas ... GmbH in Ravensburg eine Bizepssehnenruptur. Im Durchgangsarztbericht des Dr. R vom 02.08.2006 ist angegeben, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit beim Hochheben einer schweren Glasscheibe einen plötzlichen, stechenden Schmerz im Bereich des rechten Oberarmes verspürt habe. Der Kläger habe einen distalen Bizepssehnenabriss [= Riss der vom Körper weiter entfernten kurzen Bizepssehne, welche anders als die lange körpernahe Bizepssehne aus einem einzelnen Strang besteht] rechts erlitten.
Aus einer Magnetresonanztomographie vom 09.08.2006 geht hervor, dass wahrscheinlich ein kompletter Abriss der Bizepssehne an der Tuberositas ulnae ohne Hinweis auf einen knöchernen Ausriss erfolgt sei. Am 11.08.2006 wurde deswegen im Städtischen Krankenhaus „14 Nothelfer“ in Weingarten eine Reinsertion der Bizepssehne in das Tuberkulum radii rechts vorgenommen. Der Kläger sei mit einer mindestens 14 Wochen lang zu tragenden Oberarmgipsschiene bei einem komplikationslosen postoperativen Verlauf entlassen worden.
Der Arbeitgeber gab zu dem Vorfall am 25.08.2006 an, dass das Geschehen sich in der Produktionshalle ereignet habe. Beim Anheben einer Glasscheibe von einem Transportgestell - die rechte Hand habe unten angefasst und die linke oben die Glasscheibe gehalten - sei die Sehne des rechten Bizepsmuskels gerissen. Diese Angaben bestätigte auch der Kläger in seiner Auskunft vom 21.08.2006. Er habe sofort mit der Arbeit aufgehört, da er brennende und ziehende Schmerzen verspürt habe. Seinen Arm habe er in Schutzhaltung positioniert und sofort seinen Arzt aufgesucht.
Mit Bescheid vom 05.09.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 02.08.2006 als Arbeitsunfall ab. Der Bizepssehnenabriss sei bei einem willentlichen, von außen unbeeinflussten Geschehensablauf ohne Fehlgängigkeit eingetreten. Die Muskulatur und das Skelettsystem seien so aufeinander abgestimmt, das ihr Zusammenwirken keines ihrer Teile beschädigen könne. Die Verletzung der Bizepssehne bei einem normalen Bewegungsablauf sei daher kein Unfall im Sinne des Gesetzes. Die berufliche Tätigkeit sei lediglich ein Anlassgeschehen gewesen. Hiervon machte die Beklagte auch Mitteilungen an die behandelnden Ärzte des Klägers. Bei der Krankenkasse des Klägers meldete die Beklagte vorsorglich einen Erstattungsanspruch an.
Mit Widerspruch vom 21.09.2006 machte der Kläger geltend, dass das Anheben einer Glasscheibe nicht zu seinen täglichen Arbeiten gehöre. Der Unfall sei unstreitig bei seiner Arbeit passiert und daher als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zum Beheben eines Fehlers an der Glasscheibe sei es notwendig gewesen, die Scheibe umzustellen. Dabei habe er die Scheibe gegriffen und sie anheben wollen. Um die Scheibe (ein Parallelogramm) anzuheben, habe er den gestreckten rechten Arm nach außen drehen müssen, was keiner normalen Hebehaltung entspreche. Um die Scheibe dann in der Balance zu halten, sei eine zusätzliche seitliche Drehung von Arm und Handgelenk notwendig gewesen. Außerdem sei er gedanklich mehr bei der Fehlersuche an der Glasscheibe gewesen als sich auf das Anheben der Scheibe zu konzentrieren. Hierbei sei dann die Sehne gerissen.
Die Beklagte holte bei der Techniker Krankenkasse (TK) ein Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers ein, aus welchem sich keine einschlägigen Vorerkrankungen ergaben. Außerdem forderte die Beklagte beim Krankenhaus Weingarten den Operationsbericht des Klägers an.
Mit Schreiben vom 09.11.2006 wies die Beklagte den Kläger dann darauf hin, dass ihrer Auffassung nach die Schädigung nur gelegentlich der ausgeübten Tätigkeit aufgetreten sei und nach menschlichem Ermessen auch bei jedem anderen ähnlich gelagerten Umstand außerhalb der Tätigkeit ohne besonderen Anlass ein Ausbruch hätte erfolgen können. Es fehle daher an dem notwendigen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsschädigung (haftungsausfüllende Kausalität). Bei der ausgeübten Tätigkeit, dem Anheben einer Glasscheibe, habe es sich um einen üblichen Arbeitsvorgang ohne äußere Gewalteinwirkung auf den Muskel und ohne eine plötzliche unvorhergesehene Beanspruchung des Bizepsmuskels gehandelt. Damit habe es an einem wesentlichen Unfallmerkmal, nämlich einer plötzlichen von außen auf den Körper einwirkenden Gewalt gefehlt. Das Anheben der Glasscheibe habe nur eine Gelegenheit für den festgestellten Bizepssehnenriss, nicht jedoch dessen wesentliche Ursache dargestellt.
Nachdem der Kläger seinen Widerspruch aufrecht erhielt, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2006 aus den von ihr angeführten Gründen als unbegründet zurück.
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Der Kläger hat am 05.01.2007 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege ein durch ein äußeres Ereignis ausgelöster Arbeitsunfall auch dann vor, wenn dem Vorgang kein besonderes oder ungewöhnliches Ereignis zugrunde liege. Gleichgültig sei auch, welche Stärke und Kraft die Einwirkung von außen beinhalte. Die Rechtsprechung habe auch festgelegt, dass es nicht notwendig sei, dass ein äußerlich sichtbares und feststellbares Ereignis auf den Verunfallten eingewirkt habe. Es sei ausreichend für die Annahme eines äußeren Ereignisses, dass ein bloßer Kraftaufwand, welcher bei der Tätigkeit notwendig gewesen sei, zu dem Unfall geführt habe (unter Berufung auf BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R -). In dieser Entscheidung habe das BSG auch entschieden, dass eine willentliche Handlung für sich alleine genommen noch nicht ausreiche, um ein Unfallgeschehen zu verneinen. Eine notwendige äußere Einwirkung sei auch dann gegeben, soweit in Fällen eines gewollten Handelns eine ungewollte Einwirkung zu verzeichnen sei. Dies sei im vorliegenden Fall geschehen, weil der Kläger bei einer willentlichen Tätigkeit, dem Anheben der Scheibe, eine Verletzung erlitten habe. Da eine Vorschädigung nicht erkennbar sei, handele es sich auch nicht um eine bloße Gelegenheitsursache, sondern das Anheben der Scheibe sei die wesentliche Ursache für den Abriss der Bizepssehne gewesen. Das BSG habe in der zitierten Entscheidung auch entschieden, dass die bloße Überwindung von Gegenkräften für die Beurteilung, ob ein Arbeitsunfall vorliege oder nicht, ausreichend sein könne. In der vorliegend getätigten Kraftanstrengung zum Anheben der Scheibe sei eine solche Überwindung einer Gegenkraft zu sehen. Schließlich wäre die Beklagte dafür beweispflichtig, dass bei dem Kläger eine degenerative Veranlagung vorgelegen habe, welche die erfolgte Schädigung auszulösen geeignet gewesen wäre.
11 
In ihrer Klageerwiderung berief auch die Beklagte sich auf das vom Klägerbevollmächtigten zitierte Urteil des BSG. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Fällen liege darin, dass der Kläger vorliegend willentlich eine Glasscheibe angehoben habe, deren Gewicht ihm bekannt gewesen sei, während in dem vom BSG entschiedenen Fall der Kraftaufwand (beim Anheben eines größeren Steinblocks) nicht absehbar gewesen sei und in dieser Folge die Schädigung eingetreten sei. Beim Kläger hätten sich die aufeinander abgestimmten Körperteile im rechten Arm, insbesondere Sehnen und Muskeln, auf den absehbaren Kraftaufwand für das Anheben der Scheibe einstellen können. Dies sei kein Vorgang, der nach der Rechtsprechung (LSG Baden-Württemberg vom 07.11.2006 - L 1 U 4027/06 -) und anerkannter Fachliteratur (Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 502) einen Riss der körperfernen Bizepssehne rechtlich wesentlich verursache. Eine plötzliche Fehlgängigkeit, die zu einer maximalen Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne hätte führen können, sei den klägerischen Angaben nicht zu entnehmen. Schließlich sei auch das vom Klägerbevollmächtigten zitierte Urteil des BSG innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit umstritten (unter Hinweis auf SG Augsburg vom 07.11.2005 - S 5 U 184/04; HVBG-Info 005/2006, S. 565, 582). Danach werde weiterhin auch die Auffassung vertreten, dass auch eine erhebliche Kraftanstrengung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht ausreiche. Eine extensive Auslegung dieses BSG-Urteils würde dazu führen, quasi jeden Körperschaden während einer betrieblichen Verrichtung als Arbeitsunfall anzuerkennen. Voraussetzung wäre dann lediglich, dass sich der Versicherte hierbei körperlich angestrengt habe, womit das in § 8 Abs. 1 in SGB VII geforderte Merkmal der Plötzlichkeit indes bedeutungslos würde; dies sei weder vom Gesetz abgedeckt noch sozialpolitisch gewollt.
12 
Das SG hat anschließend ein traumatologisch-orthopädisches Gutachten vom 09.05.2007 bei Dr. H. vom Universitätsklinikum Freiburg eingeholt. Beim Kläger sei es zu einer distalen Bizepssehnenläsion gekommen, als dieser eine ca. 25 kg schwere Glasscheibe mit gestrecktem Arm angehoben und hernach noch in Beugestellung des Kniegelenkes während des Anhebens versucht habe, den Ellbogen zu beugen und zu supinieren. Der Befund einer distalen Bizepssehnenläsion sei durch die Kernspintomographie bestätigt worden. Die Histologie habe darüber hinaus das Fehlen degenerierten Sehnengewebes nachgewiesen, welches als Hinweis für chronisch wiederkehrende Einblutungen und somit ein mehrzeitiges Geschehen sprechen könnte. Gegen die Annahme einer traumatischen Sehnenruptur spreche der nicht ganz typische Unfallhergang mit einer aktiven Beugung eines nahezu vollständig gestreckten Ellenbogens. Nach der aktuellen Literatur komme die distale Bizepssehnenruptur fast ausschließlich bei muskelkräftigen Männern im Alter zwischen 30 und 60 Jahren vor, vermehrt bei Rauchern. Es sei wahrscheinlich, dass die vom Kläger geschilderten besonderen Umstände die distale Bizepssehnenruptur hervorgerufen hätten. Der Schaden wäre nicht bei einer das Maß der alltäglichen Belastung nicht überschreitenden Anstrengung etwa zur selben Zeit und etwa im selben Umfang eingetreten. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ab dem 31.01.2007 werde vom 31.06.2007 bis 06.05.2007 mit 10 % und vom 07.05.2007 bis auf weiteres ebenfalls mit 10 % eingeschätzt. Diese Aussage wurde in einer ergänzenden Stellungnahme vom 14.06.2007 dahingehend korrigiert, dass bereits ab dem 31.01.2007 von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 10 % auszugehen sei.
13 
Die Beklagte ist dem Gutachten des Dr. H. entgegengetreten, weil dieser aufgrund des Fehlens degenerativer Veränderungen lediglich im Umkehrschluss davon ausgehe, dass es sich bei dem willkürlichen Hebevorgang der Fensterscheibe um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Das medizinische Bild sei jedoch für die Frage, ob ein Arbeitsunfall vorliege, nicht das entscheidende, sondern lediglich ein hilfreiches Kriterium. Degenerative Veränderungen seien im Verletzungsbereich nicht immer nachweisbar. Der Umkehrschluss des Gutachters sei auch deswegen bereits nicht zulässig. Aus den Ausführungen des Gutachters komme zum Ausdruck, dass die bloße Verrichtung betrieblicher Tätigkeiten schon als Unfall qualifiziert werden könne, was nicht zutreffe.
14 
In einer zweiten ergänzenden Stellungnahme zu den Einwendungen der Beklagten hat der Gutachter ausgeführt, dass er davon ausgegangen sei, der Kläger habe die Glasscheibe willentlich angehoben, wobei es zunächst nicht zu einer Ruptur gekommen sei. Erst anschließend, als bei maximal gespanntem Muskel die Glasscheibe weiter habe angehoben werden sollen, sei die Bizepssehnenruptur aufgetreten. Insofern sei dies auch nach Schönberger/Mertens/Valentin (a.a.O. S. 502) ein tendenziell analoger Vorgang wie beispielsweise das unerwartet schwere Anheben eines Gegenstandes mit gebeugtem Ellenbogen aus den Beinen heraus. Auch nach der von der Beklagten zitierten Literaturstelle sei die genaue Unfallanamnese in Kombination mit der feingeweblichen Untersuchung geeignet, die Entstehung der Ruptur zu klären. Insofern sei das Gutachten dahingehend zu ergänzen, dass der Unfallhergang in der Tat nicht ganz typisch sei, unter Abwägung der feingeweblichen Untersuchung jedoch mehr für als gegen eine traumatische distale Bizepssehnenruptur spreche.
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Anschließend hat das SG die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 als unbegründet abgewiesen. Das im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehende Anheben der Glasscheibe habe beim Kläger nicht zu einer zeitlich begrenzten Einwirkung von außen und somit nicht zu einem Unfallereignis im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung geführt. Zwar sei ein besonderes, ungewöhnliches Geschehen nicht erforderlich, jedoch müsse die Einwirkung von außen feststehen. Das Kriterium der Einwirkung von außen diene der Abgrenzung von Gesundheitsschädigungen aufgrund innerer Ursachen sowie aufgrund vorsätzlicher Selbstschädigungen. Die Annahme einer äußeren Einwirkung scheide aus, wenn die Einwirkung auf Umständen beruhe, für die eine in körperlicher oder seelischer Hinsicht besondere Veranlagung des Betroffenen oder dessen willentliches Verhalten die wesentliche Ursache gewesen sei. Ein geplantes, willentliches Herbeiführen einer Einwirkung widerspreche dem Begriff des Unfalls (BSGE 61, 113). Im Falle eines gewollten Handelns mit einer ungewollten Einwirkung könne zwar eine äußere Einwirkung im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII vorliegen. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall. Das Anheben der Glasscheibe durch den Kläger sei planmäßig und ohne Störung durch äußere Umstände (z.B. Gefahr des Entgleitens der Scheibe oder das Hängenbleiben der Scheibe) verlaufen, weshalb der Kläger keine unerwartet auftretende Gegenkraft überwinden habe müssen. Dies unterscheide den Ablauf grundsätzlich von demjenigen, welcher der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R) zugrunde gelegen habe. Dies habe der gerichtliche Sachverständige Dr. H. auf Nachfrage eingeräumt, in dem er den Unfallhergang als „in der Tat nicht ganz typisch“ bezeichnet habe. Der Gutachter könne sich daher zur Begründung eines von außen einwirkenden Ereignisses nur auf das Ergebnis der feingeweblichen Untersuchung eines entnommenen Sehnenpartikels berufen. Die hieraus gezogene Folgerung sei jedoch nicht zwingend. Die Beklagte weise in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass solche Untersuchungen mit dem Problem behaftet seien, dass sie nur einen indirekten Schluss auf den Zustand des Sehnengewebes im Rissbereich selbst erlaubten. Dem vom Kläger hervorgehobenen Umstand, dass das Anheben von Glasscheiben nicht zu seinen üblichen Aufgaben gehöre, weshalb er die Glasscheibe möglicherweise nicht physiologisch korrekt angefasst habe, messe der Gutachter offenbar keine Bedeutung für die Außeneinwirkung zu. Dem sei zu folgen, weil es sich hierbei nicht um Faktoren handele, die geeignet seien, dem geplanten, willentlichen Herbeiführen einer Einwirkung die Qualität eines Ereignisses im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zu verleihen. Das Urteil wurde dem Klägerbevollmächtigten am 15.07.2008 zugestellt.
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Der Bevollmächtigte des Klägers hat am 31.07.2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG lasse sich aus dem Gutachten des Dr. H. der Nachweis entnehmen, dass ein Arbeitsunfall vorliege. Aus Sicht des Sachverständigen sei aus medizinischer Sicht insoweit sogar eine eindeutige Beurteilungslage gegeben. Richtig sei, dass der Kläger bei dem Unfall keinen Schlag oder ein ähnliches, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis erlitten habe. Es sei aber ausreichend, dass eine äußere Einwirkung auf den Körper einwirke und ein gewolltes Handeln eine ungewollte Einwirkung erziele. Unzweifelhaft seien Vorschädigungen nicht gegeben, weswegen von einem Unfallhergang und vom Fehlen einer Gelegenheitsursache auszugehen sei. Da der Gutachter auch bereits aufgrund seiner eigenen Feststellungen zur Bejahung eines Arbeitsunfalls komme, habe er sich selbstverständlich nicht mit der Fragestellung auseinander gesetzt, ob eine physiologisch nicht korrekte Herangehensweise an das Anheben der Scheibe ebenfalls einen Unfall nachvollziehbar erscheinen lasse; eine Schlussfolgerung aus insoweit unterlassenen Beurteilungen des Gutachters sei jedoch nicht statthaft, da der Gutachter bereits aufgrund seiner Feststellungen von einem Arbeitsunfall ausgehe.
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Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26.06.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2006 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 02.08.2006 (Ruptur der distalen Bizepssehne rechts) einen Arbeitsunfall darstellt.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Vorgang vom 02.08.2006 sei willentlich durchgeführt worden und nicht von einer Fehlgängigkeit geprägt gewesen. Ein Arbeitsunfall liege daher nicht vor. Daher sei auch der diagnostizierte Schaden der Bizepssehne nicht die Folge eines Arbeitsunfalls, für den eine Leistungspflicht bestünde.
22 
Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Verfügung vom 10.10.2008 darauf hingewiesen, dass die Sache entscheidungsreif sei und es sich bei den aufgeworfenen Fragen durchgehend um vom Gericht zu entscheidende Rechtsfragen handele (Definition des Arbeitsunfalls im Rechtssinne, Feststellung des wesentlichen Zusammenhangs). Weitere Ermittlungen, insbesondere auf medizinischem Gebiet, seien daher nicht geboten. Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und Gerichtsakten Bezug genommen.
23 
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die nach den §§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).
26 
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Mit der Formulierung „infolge eines Versicherungsfalls“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Leistungen nur gewährt werden können, wenn Gesundheitsstörungen durch den Arbeitsunfall rechtlich wesentlich verursacht worden sind.
27 
Entsprechend den Ausführungen des SG fehlt es vorliegend an dem Erfordernis eines von außen auf den Körper des Klägers wirkenden Ereignisses, welches für die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII erforderlich wäre. Andererseits lag durch die Willens- und Kraftanstrengung des Klägers bei dem Vorfall ein inneres und vom Kläger gesteuertes Geschehen vor, welches eine solche Einwirkung von außen gerade ausschloss.
28 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 a.a.O., RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
29 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, Vorb. v. § 249 RdNr. 58 ff. m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursa-chen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
30 
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ur-sache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Be-deutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vor-handenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschei-nungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, son-dern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
31 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfol-gen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststel-lung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
32 
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die erlittene Bizepssehnenruptur nicht vor. Das SG weist zu Recht darauf hin, dass nach dem vom Kläger geschilderten Ablauf der Ereignisse eine von diesem vollkommen kontrollierte Hebesituation vorlag. Der Kläger hat eine schwere Fensterscheibe angehoben und hierbei untersucht, wobei er sich voll auf diese Tätigkeit konzentrieren konnte. Eine Einwirkung von außen, eine plötzliche Ablenkung oder sonstige überraschende Momente sind hierbei nicht aufgetreten. Die völlig vom Willen des Klägers gesteuerte Handlung wies - abgesehen vom Eintritt der Verletzung - keinerlei Überraschungsmoment auf und ließ dem Kläger auch noch den Handlungsspielraum, während des Hebevorgangs die Scheibe wie beabsichtigt auf Unregelmäßigkeiten hin zu inspizieren. Ein ruckartiges, reflexhaftes Nachfassen mit maximaler Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne, welches insofern die Verletzung im Sinne eines Arbeitsunfalls möglich gemacht haben könnte, ist den Angaben des Klägers nicht zu entnehmen (vgl. den Beschluss des erkennenden Senat vom 07.11.2006 - L 1 U 4027/06 -).
33 
Nach der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R), auf welche sich beide Beteiligte berufen, ist für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte Ereignis kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich; alltägliche Vorgänge wie Stolpern o.ä. genügen. Dies soll der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden aufgrund von inneren Ursachen, wie Herzinfarkt, Kreislaufkollaps u.ä. dienen, wenn diese während der versicherten Tätigkeit auftreten, sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen. Ein schlichter Sturz auf einem versicherten Weg genügt danach, es sei denn, der Unfall ist infolge einer nichtbetriebsbedingten krankhaften Erscheinung eingetreten und zur Schwere der Verletzung hat keine Gefahr mitgewirkt, der der Kläger auf dem Weg ausgesetzt war. Ist eine innere Ursache nicht feststellbar, liegt ein Arbeitsunfall vor (BSG a.a.O. m.w.N.).
34 
Zwar ist auch vorliegend entsprechend den Ausführungen des Gutachters Dr. H. eine innere Ursache nicht feststellbar, doch rechtfertigt dies noch nicht den von dem Gutachter vorgenommenen Umkehrschluss, eine solche könne nicht vorgelegen haben. Wenn eine solche innere Ursache möglicherweise bestünde, trüge die Beklagte gegebenenfalls entsprechend den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten für ihr Vorliegen die Feststellungslast (vgl. hierzu Bayerisches LSG, Urteil vom 22.03.2006 - L 2 U 43/04 -). Vorliegend ist jedoch das Vorliegen eines Merkmals zweifelhaft, welches zur Begriffsdefinition des Unfalls nach § 8 SGB VII gehört und für dessen Vorliegen die Feststellungslast beim Kläger liegt.
35 
Anders als in dem vorliegenden Fall war es in dem Fall, welcher der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 zugrunde lag, zu einem überraschenden und insbesondere von dem dortigen Versicherten nicht mehr kontrollierbaren Ereignis gekommen, als dieser beim Anheben eines festgefrorenen 70 kg schweren Steines auf unerwartete Gegenkräfte gestoßen ist und hierbei während der Kraftentfaltung spüren musste, dass er sich ein zu hohes Gewicht vorgenommen hatte. Damit ist der vorliegende Fall des Anhebens einer nur 25 kg schweren Glasscheibe nicht vergleichbar, zumal der Hebevorgang für den Kläger offensichtlich bereits deswegen keinerlei Schwierigkeiten beinhaltete, weil der Kläger hierbei nach eigenen Angaben noch die Glasscheibe auf Unregelmäßigkeiten untersuchen konnte. Damit fehlt dem vorliegenden Fall jegliches Ereignis im Sinne eines plötzlichen Vorfalls, sieht man von der eingetretenen Verletzung an der Bizepssehne selbst einmal ab. Auch lag kein Fall einer als außergewöhnliche Anstrengung in einer betriebsbezogenen Stresssituation zu bewertenden Arbeit vor (vgl. BSGE 62, 220 = SozR 2200 § 589 Nr. 10 zum Fall einer Hausschlachtung durch den Versicherten, wenn diese zu erheblicher Atemnot führt, der Versicherte zusammenbricht und innerhalb einer Stunde verstirbt). Ob eine außergewöhnliche Kraftanstrengung allein betrachtet insoweit im Rechtssinn ausreichen kann (ablehnend mit Darstellung der älteren Rechtsprechung SG Augsburg, Urteil vom 07.11.2005 - S 5 U 184/04 -, HVBG-Info 005/2006, S. 565-582), lässt der Senat dahinstehen, da ein solcher Fall vorliegend nicht zu entscheiden ist.
36 
Das BSG verlangt in seiner von beiden Beteiligten zitierten Entscheidung für ein von außen wirkendes Ereignis zusätzlich zu Recht, dass von der Einwirkung als einem unfreiwilligen Element des Geschehensablaufs auszugehen ist, was hier jedenfalls auch nicht gegeben ist (BSGE 61, 113, 115 = SozR 2200 § 1252 Nr. 6 S. 20).
37 
Zwar muss die Einwirkung nicht äußerlich sichtbar sein (BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - mit Hinweis auf BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56: Störung eines Herzschrittmachers durch Kurzwellen eines elektrischen Geräts), ganz verzichtet werden kann hierauf jedoch nicht. Auch in der vom BSG in seiner Entscheidung vom 12.04.2005 zitierten Entscheidung vom 02.05.2001 (B 2 U 18/00 R; HVBG-Info 2001, 1713: Körperlich anstrengendes Heben einer Bohrsonde, während dessen der Versicherte auf einmal einen Schmerz im Halsbereich verspürte und anschließend eine Subarachnoidalblutung erlitt) lag aufgrund des Hebens einer besonders schweren Last ein Sachverhalt zugrunde, welcher mit dem Vorliegenden insoweit nicht vergleichbar ist.
38 
Das Fehlen einer anderen bekannten Verursachung des Bizepssehnenabriss erlaubt nicht den Schluss, dass die Tätigkeit des Hebevorganges der Fensterscheibe die rechtlich wesentliche Bedingung für die Schädigung im oben genannten Sinne war. Zwar läge es insofern nahe, den Hebevorgang mangels anderer möglicher Ursachen für maßgeblich zu halten, doch ist dies irrelevant, sofern ebenfalls kein von außen plötzlich einwirkendes Ereignis im zuvor beschriebenen Sinn festgestellt werden kann.
39 
Nach der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 502) ist ein plötzlicher Schmerz beim Anheben eines Gegenstandes kein für die vorliegende Verletzung geeigneter Vorgang. Gleiches gilt für beim Schippen mit einer Schaufel auftretende Schmerzen oder sonstige willentliche Kraftanstrengungen ohne zusätzliche Einwirkung. Die geschilderten geeigneten Vorgänge (direkter Schlag eines Gegenstandes in die Ellenbeuge, Fehlschlag mit schwerem Hammer, plötzliche Bewegung von muskulär fixierten Gelenken, direkte Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung) hingegen erfüllen durchgängig das Kriterium der plötzlichen, ungewollten Einwirkung von außen. Die distale Bizepssehnenruptur beruht nach Schönberger/Mehrtens/Valentin im Übrigen in 50 % der Fälle auf degenerativen Erscheinungen.
40 
Insoweit kann auch die von dem Gutachter Dr. H. (in der ergänzenden Stellungnahme vom 09.07.2007) vorgenommene Analogie zwischen den bei Schönberger/Mehrtens/Valentin genannten geeigneten Fallgruppen (a.a.O., S. 502) und dem vorliegenden Sachverhalt nicht nachvollzogen werden, weil es vorliegend gerade an dem auch von Schönberger/Mehrtens/Valentin als wesentlich beschriebenen Umstand einer plötzlichen Einwirkung von außen, sei es auch nur in der Gestalt eines plötzlichen, unerwarteten zusätzlichen Kraftaufwandes (etwa durch Nachfassen beim Abrutschen des Tragegegenstandes), gerade fehlt.
41 
Da ein von außen einwirkendes unfreiwilliges und plötzliches Ereignis nicht feststellbar ist, sind die Einwände des Klägerbevollmächtigten nicht einschlägig, dass die Beklagte für eine Gelegenheitsursache oder andere Ursache (etwa Veranlagung oder degenerative Vorschädigung) beweispflichtig sei.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
43 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
24 
Die nach den §§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).
26 
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Mit der Formulierung „infolge eines Versicherungsfalls“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Leistungen nur gewährt werden können, wenn Gesundheitsstörungen durch den Arbeitsunfall rechtlich wesentlich verursacht worden sind.
27 
Entsprechend den Ausführungen des SG fehlt es vorliegend an dem Erfordernis eines von außen auf den Körper des Klägers wirkenden Ereignisses, welches für die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII erforderlich wäre. Andererseits lag durch die Willens- und Kraftanstrengung des Klägers bei dem Vorfall ein inneres und vom Kläger gesteuertes Geschehen vor, welches eine solche Einwirkung von außen gerade ausschloss.
28 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 a.a.O., RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
29 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, Vorb. v. § 249 RdNr. 58 ff. m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursa-chen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
30 
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ur-sache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Be-deutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vor-handenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschei-nungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, son-dern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
31 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfol-gen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststel-lung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
32 
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die erlittene Bizepssehnenruptur nicht vor. Das SG weist zu Recht darauf hin, dass nach dem vom Kläger geschilderten Ablauf der Ereignisse eine von diesem vollkommen kontrollierte Hebesituation vorlag. Der Kläger hat eine schwere Fensterscheibe angehoben und hierbei untersucht, wobei er sich voll auf diese Tätigkeit konzentrieren konnte. Eine Einwirkung von außen, eine plötzliche Ablenkung oder sonstige überraschende Momente sind hierbei nicht aufgetreten. Die völlig vom Willen des Klägers gesteuerte Handlung wies - abgesehen vom Eintritt der Verletzung - keinerlei Überraschungsmoment auf und ließ dem Kläger auch noch den Handlungsspielraum, während des Hebevorgangs die Scheibe wie beabsichtigt auf Unregelmäßigkeiten hin zu inspizieren. Ein ruckartiges, reflexhaftes Nachfassen mit maximaler Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne, welches insofern die Verletzung im Sinne eines Arbeitsunfalls möglich gemacht haben könnte, ist den Angaben des Klägers nicht zu entnehmen (vgl. den Beschluss des erkennenden Senat vom 07.11.2006 - L 1 U 4027/06 -).
33 
Nach der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R), auf welche sich beide Beteiligte berufen, ist für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte Ereignis kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich; alltägliche Vorgänge wie Stolpern o.ä. genügen. Dies soll der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden aufgrund von inneren Ursachen, wie Herzinfarkt, Kreislaufkollaps u.ä. dienen, wenn diese während der versicherten Tätigkeit auftreten, sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen. Ein schlichter Sturz auf einem versicherten Weg genügt danach, es sei denn, der Unfall ist infolge einer nichtbetriebsbedingten krankhaften Erscheinung eingetreten und zur Schwere der Verletzung hat keine Gefahr mitgewirkt, der der Kläger auf dem Weg ausgesetzt war. Ist eine innere Ursache nicht feststellbar, liegt ein Arbeitsunfall vor (BSG a.a.O. m.w.N.).
34 
Zwar ist auch vorliegend entsprechend den Ausführungen des Gutachters Dr. H. eine innere Ursache nicht feststellbar, doch rechtfertigt dies noch nicht den von dem Gutachter vorgenommenen Umkehrschluss, eine solche könne nicht vorgelegen haben. Wenn eine solche innere Ursache möglicherweise bestünde, trüge die Beklagte gegebenenfalls entsprechend den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten für ihr Vorliegen die Feststellungslast (vgl. hierzu Bayerisches LSG, Urteil vom 22.03.2006 - L 2 U 43/04 -). Vorliegend ist jedoch das Vorliegen eines Merkmals zweifelhaft, welches zur Begriffsdefinition des Unfalls nach § 8 SGB VII gehört und für dessen Vorliegen die Feststellungslast beim Kläger liegt.
35 
Anders als in dem vorliegenden Fall war es in dem Fall, welcher der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 zugrunde lag, zu einem überraschenden und insbesondere von dem dortigen Versicherten nicht mehr kontrollierbaren Ereignis gekommen, als dieser beim Anheben eines festgefrorenen 70 kg schweren Steines auf unerwartete Gegenkräfte gestoßen ist und hierbei während der Kraftentfaltung spüren musste, dass er sich ein zu hohes Gewicht vorgenommen hatte. Damit ist der vorliegende Fall des Anhebens einer nur 25 kg schweren Glasscheibe nicht vergleichbar, zumal der Hebevorgang für den Kläger offensichtlich bereits deswegen keinerlei Schwierigkeiten beinhaltete, weil der Kläger hierbei nach eigenen Angaben noch die Glasscheibe auf Unregelmäßigkeiten untersuchen konnte. Damit fehlt dem vorliegenden Fall jegliches Ereignis im Sinne eines plötzlichen Vorfalls, sieht man von der eingetretenen Verletzung an der Bizepssehne selbst einmal ab. Auch lag kein Fall einer als außergewöhnliche Anstrengung in einer betriebsbezogenen Stresssituation zu bewertenden Arbeit vor (vgl. BSGE 62, 220 = SozR 2200 § 589 Nr. 10 zum Fall einer Hausschlachtung durch den Versicherten, wenn diese zu erheblicher Atemnot führt, der Versicherte zusammenbricht und innerhalb einer Stunde verstirbt). Ob eine außergewöhnliche Kraftanstrengung allein betrachtet insoweit im Rechtssinn ausreichen kann (ablehnend mit Darstellung der älteren Rechtsprechung SG Augsburg, Urteil vom 07.11.2005 - S 5 U 184/04 -, HVBG-Info 005/2006, S. 565-582), lässt der Senat dahinstehen, da ein solcher Fall vorliegend nicht zu entscheiden ist.
36 
Das BSG verlangt in seiner von beiden Beteiligten zitierten Entscheidung für ein von außen wirkendes Ereignis zusätzlich zu Recht, dass von der Einwirkung als einem unfreiwilligen Element des Geschehensablaufs auszugehen ist, was hier jedenfalls auch nicht gegeben ist (BSGE 61, 113, 115 = SozR 2200 § 1252 Nr. 6 S. 20).
37 
Zwar muss die Einwirkung nicht äußerlich sichtbar sein (BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - mit Hinweis auf BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56: Störung eines Herzschrittmachers durch Kurzwellen eines elektrischen Geräts), ganz verzichtet werden kann hierauf jedoch nicht. Auch in der vom BSG in seiner Entscheidung vom 12.04.2005 zitierten Entscheidung vom 02.05.2001 (B 2 U 18/00 R; HVBG-Info 2001, 1713: Körperlich anstrengendes Heben einer Bohrsonde, während dessen der Versicherte auf einmal einen Schmerz im Halsbereich verspürte und anschließend eine Subarachnoidalblutung erlitt) lag aufgrund des Hebens einer besonders schweren Last ein Sachverhalt zugrunde, welcher mit dem Vorliegenden insoweit nicht vergleichbar ist.
38 
Das Fehlen einer anderen bekannten Verursachung des Bizepssehnenabriss erlaubt nicht den Schluss, dass die Tätigkeit des Hebevorganges der Fensterscheibe die rechtlich wesentliche Bedingung für die Schädigung im oben genannten Sinne war. Zwar läge es insofern nahe, den Hebevorgang mangels anderer möglicher Ursachen für maßgeblich zu halten, doch ist dies irrelevant, sofern ebenfalls kein von außen plötzlich einwirkendes Ereignis im zuvor beschriebenen Sinn festgestellt werden kann.
39 
Nach der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 502) ist ein plötzlicher Schmerz beim Anheben eines Gegenstandes kein für die vorliegende Verletzung geeigneter Vorgang. Gleiches gilt für beim Schippen mit einer Schaufel auftretende Schmerzen oder sonstige willentliche Kraftanstrengungen ohne zusätzliche Einwirkung. Die geschilderten geeigneten Vorgänge (direkter Schlag eines Gegenstandes in die Ellenbeuge, Fehlschlag mit schwerem Hammer, plötzliche Bewegung von muskulär fixierten Gelenken, direkte Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung) hingegen erfüllen durchgängig das Kriterium der plötzlichen, ungewollten Einwirkung von außen. Die distale Bizepssehnenruptur beruht nach Schönberger/Mehrtens/Valentin im Übrigen in 50 % der Fälle auf degenerativen Erscheinungen.
40 
Insoweit kann auch die von dem Gutachter Dr. H. (in der ergänzenden Stellungnahme vom 09.07.2007) vorgenommene Analogie zwischen den bei Schönberger/Mehrtens/Valentin genannten geeigneten Fallgruppen (a.a.O., S. 502) und dem vorliegenden Sachverhalt nicht nachvollzogen werden, weil es vorliegend gerade an dem auch von Schönberger/Mehrtens/Valentin als wesentlich beschriebenen Umstand einer plötzlichen Einwirkung von außen, sei es auch nur in der Gestalt eines plötzlichen, unerwarteten zusätzlichen Kraftaufwandes (etwa durch Nachfassen beim Abrutschen des Tragegegenstandes), gerade fehlt.
41 
Da ein von außen einwirkendes unfreiwilliges und plötzliches Ereignis nicht feststellbar ist, sind die Einwände des Klägerbevollmächtigten nicht einschlägig, dass die Beklagte für eine Gelegenheitsursache oder andere Ursache (etwa Veranlagung oder degenerative Vorschädigung) beweispflichtig sei.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
43 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die gerichtliche Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Am 5.5.2006 brachte sie während ihrer Freistellungsphase aufgrund vereinbarter Altersteilzeit ihrem Arbeitgeber ein von ihm auszufüllendes Formular für eine sog Vorausbescheinigung von Arbeitsentgelt, um sie sodann beim Rentenversicherungsträger vorzulegen, damit dieser ihr nahtlos zum Eintritt in den Ruhestand Rente wegen Alters in richtiger Höhe zahlen sollte. Dabei stolperte sie auf einer Treppe im Betriebsbereich, stürzte auf ihr linkes Handgelenk und erlitt dadurch einen Speichenbruch des linken Unterarms.

3

Die Beklagte lehnte es ab, deswegen einen Arbeitsunfall festzustellen (Bescheid vom 17.8.2006; Widerspruchsbescheid vom 17.1.2007). Von einer versicherten Tätigkeit sei nicht auszugehen, da die Abgabe der Bescheinigung im eigenwirtschaftlichen Interesse der Klägerin gelegen habe.

4

Die Klagen und die Berufung sind erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 29.3.2010 und Urteil des Bayerischen LSG vom 8.2.2011). Das LSG hat ausgeführt: Ein sachlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit als Beschäftigte und der Überbringung des Formulars liege nicht vor. Das private Interesse der Klägerin im Rahmen ihrer Sozialversicherungsangelegenheit stehe hierbei im Vordergrund. Soweit auch Belange des Arbeitgebers berührt seien, beträfen diese weder seine unmittelbaren Pflichten aus dem Arbeitsvertrag noch seine allgemeine Fürsorgepflicht. Dass die Gewährung von Altersrente zugleich Voraussetzung für die Gewährung einer Betriebsrente sei und dass der Arbeitgeber bei fehlerhafter oder verspäteter Ausstellung der Bescheinigung sich möglicherweise schadensersatzpflichtig mache, rechtfertige kein anderes Ergebnis. Zwar habe das BSG einen Arbeitnehmer auf dem Weg zum Personalbüro als versichert angesehen, wenn er dort eine Arbeitsbescheinigung abholen wollte, die er für die weitere Aufenthaltserlaubnis benötige (Urteil vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78). Während der Arbeitgeber die Ausstellung der Arbeitsbescheinigung aufgrund seiner Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis schulde, diene die Vorausbescheinigung jedoch wesentlich dem eigenwirtschaftlichen Interesse der Realisierung von Sozialleistungsansprüchen.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 8 Abs 1 SGB VII. Das Überbringen des Formulars für eine Vorausbescheinigung des Arbeitgebers stehe im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Die ordnungsgemäße Ausfüllung einer Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI stelle neben der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis eine eigene gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers dar und habe daher nicht ausschließlich in ihrem privaten Interesse gelegen. Eine unrichtige oder verspätete Ausstellung der Bescheinigung hätte nicht nur dazu geführt, dass die Klägerin nicht nahtlos die rentenversicherungsrechtliche Altersrente erhalten hätte. Der Bezug der Altersrente sei auch Voraussetzung für den Bezug der betrieblichen Altersrente gewesen. Die Ausstellung der Bescheinigung habe also im Hinblick auf ihre möglicherweise entstehenden Schadensersatzansprüche im wirtschaftlichen Interesse des Arbeitgebers gelegen. Sie habe ohne weiteres der Auffassung sein können, mit der Überbringung des Formulars und der beabsichtigten gemeinsamen Ausfüllung desselben mit dem zuständigen Mitarbeiter des Arbeitgebers, eine sich aus ihrem Arbeitsverhältnis ergebende Nebenpflicht zu erfüllen. Schließlich müsse die Entscheidung des BSG (Urteil vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78) - anders als das LSG meint - aufgrund der in beiden Fällen vergleichbaren Motivation der Arbeitnehmer zur Zurechnung der Abgabe des Formulars zur versicherten Tätigkeit führen. In beiden Fällen bestehe eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis.

6

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 2011 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29. März 2010 aufzuheben und unter Aufhebung der die Feststellung eines Versicherungsfalls ablehnenden Entscheidung in dem Bescheid der Beklagten vom 17. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2007 festzustellen, dass das Ereignis vom 5. Mai 2006 ein Arbeitsunfall der Klägerin ist.

7

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend. Die Entscheidung des BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - sei nicht einschlägig. Die Klägerin habe die Vorausbescheinigung zur Berechnung ihrer Altersrente und nicht für ihre Arbeitstätigkeit benötigt. Mangels Aufforderung zum Tätigwerden sei auch die Motivationslage in beiden Fällen unterschiedlich gewesen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat die zulässige Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen, da das SG ihre zulässigen Klagen zutreffend als unbegründet abgewiesen hat.

10

Gemäß § 54 Abs 1 iVm § 55 Abs 1 Nr 1, § 56 SGG ist die Kombination einer Anfechtungs- mit einer Feststellungsklage zulässig.

11

Die Anfechtungsklage richtet sich zulässig gegen die Ablehnung des von der Klägerin bei der Beklagten verfolgten Anspruchs auf Feststellung des geltend gemachten Arbeitsunfalls.

12

Die Feststellungsklage ist statthaft auf die gerichtliche Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses iS des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG, nämlich des geltend gemachten Versicherungsfalls, gerichtet. Der Eintritt eines Versicherungsfalls iS des § 7 Abs 1 SGB VII bedeutet die Begründung eines konkreten, nach Inhalt und Umfang durch den Versicherungsfall bestimmten Leistungsrechtsverhältnisses zwischen dem Versicherten und einem bestimmten Unfallversicherungsträger, aus dem konkrete Rechte auf Versicherungsleistungen entstehen können, aber nicht müssen.

13

Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen gerichtlichen Feststellung, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, also das Leistungsrechtsverhältnis besteht. Insbesondere fehlt es hieran nicht deshalb, weil sie nach ständiger Rechtsprechung des BSG zulässig auch eine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Arbeitsunfalls, also auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes, erheben könnte. Der prozessuale Nachrang der Feststellungsklage im Verhältnis zu den (Gestaltungs- und) Leistungsklagen (Verpflichtungsklagen, allgemeine Leistungsklagen) besteht nur, wenn das jeweilige Rechtsschutzbegehren umfassend und effektiv durch eine dieser spezieller ausgestalteten Klagen verfolgt werden kann. Die Feststellungsklage ist aber gerade bei der Entscheidung über das Vorliegen eines Versicherungsfalls jedenfalls gleich rechtsschutzintensiv, da die gerichtliche Feststellung des Versicherungsfalls mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit für die Beteiligten auch materiell rechtskräftig wird (§§ 141 Abs 1, 179, 180 SGG). Allerdings kann die Verpflichtungsklage dem maßgeblichen (§ 123 SGG) Begehren des Verletzten im Einzelfall eher entsprechen. Daher erkennt das BSG ein Wahlrecht des Verletzten zwischen einer zulässigen Feststellungs- und einer zulässigen Verpflichtungsklage an (zuletzt BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 12 mwN; BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - Juris RdNr 9 mwN - UV-Recht Aktuell 2010, 897 und BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 8 mwN).

14

Die Klagen sind, wie die Vorinstanzen richtig gesehen haben, nicht begründet.

15

Die Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die Ablehnung der Feststellung eines Arbeitsunfalls durch die Beklagte rechtmäßig und die Klägerin dadurch nicht in einem ihr zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht verletzt ist (§ 54 Abs 2 S 1 SGG). Sie hat nämlich gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, da kein Arbeitsunfall vorliegt. Deswegen ist der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig und auch die Feststellungsklage unbegründet, weil das umstrittene Rechtsverhältnis nicht besteht.

16

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung eines Arbeitsunfalls vom 5.5.2006.

17

Der Versicherte kann vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung eines Versicherungsfalls, hier eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII, beanspruchen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

18

Nach § 8 Abs 1 S 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit, S 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 S 2).

19

Ein Arbeitsunfall setzt danach voraus: Eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis muss den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Diese Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese Einwirkung muss schließlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität; vgl ua BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 16; BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 9/10 R - BSGE 107, 197 = SozR 4-2700 § 2 Nr 17, RdNr 10; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 30 RdNr 10 mwN).

20

Die Klägerin hat keine versicherte Tätigkeit verrichtet, war also keine Versicherte und hat deshalb keinen Arbeitsunfall erlitten, als sie ihrem Arbeitgeber das Formular für eine Vorausbescheinigung von Arbeitsentgelt für den Rentenversicherungsträger brachte und dabei auf einer Treppe im Betriebsbereich stürzte. Versicherter ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer (in der freiwilligen Versicherung nach § 6 Abs 1 SGB VII nur kraft Antrags iS des Abs 2 aaO) versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt.

21

Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese auch als "Handlungstendenz" bezeichnete subjektive Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten ist eine innere Tatsache.

22

Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes, soweit die Intention objektiviert ist (sog objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung (erst recht nicht eine niedrigere Vorsatzstufe) reicht hingegen nicht.

23

Zwar liegt die objektive Grundvoraussetzung der Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, das von außen beobachtbare Handeln an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit, mit dem Begehen der Treppe vor. Dieses sehr unspezifische Verhalten lässt aber aus sich heraus keinen Schluss auf die Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes einer versicherten Tätigkeit zu. Jedoch steht es in natürlicher Handlungseinheit mit der Überbringung des Formulars, dessen Ausfüllung als Vorausbescheinigung die Klägerin von ihrem Arbeitgeber beanspruchte. Daher kommt, wie die Vorinstanzen zutreffend angesprochen haben, als einziger Tatbestand einer versicherten Tätigkeit der der Beschäftigtenversicherung, also die Tätigkeit als "Beschäftigte" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII in Betracht.

24

Die Klägerin hat die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift sind "Beschäftigte" versichert.

25

Das Gesetz stellt für die Versicherteneigenschaft nicht abstrakt auf einen rechtlichen "Status" als "Beschäftigter" ab. In der gesetzlichen Unfallversicherung sind Rechte auf Versicherungsleistungen nach den §§ 26 ff SGB VII bei Arbeitsunfällen iS des § 8 Abs 1 S 1 SGB VII nur wegen solcher Unfälle vorgesehen, die infolge "einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" entstanden sind. Die Tatbestände der versicherten Tätigkeiten sind jeweils gesondert materiell gesetzlich bestimmt und begründen eigenständige "Sparten" der gesetzlichen Unfallversicherung mit eigenen Schutzbereichen. Nur wenn, solange und soweit jemand den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eine eigene Verrichtung erfüllt, ist er gegen Unfälle (§ 8 Abs 1 S 2 SGB VII) versichert, die rechtlich wesentlich durch diese Verrichtung verursacht werden.

26

Deswegen reicht die Fiktion einer Beschäftigung für Personen nach § 7 Abs 1a SGB IV, die wegen Altersteilzeit von der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt sind, zur Begründung der Versicherteneigenschaft nicht aus. § 7 Abs 1 und 1a SGB IV lassen die unfallversicherungsrechtliche Bedeutung des Rechtsbegriffs "Beschäftigte" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII unberührt, soweit sie davon abweichen(§ 1 Abs 3 SGB IV). Erforderlich ist auch bei solchen Freigestellten stets die tatsächliche Verrichtung einer Beschäftigung.

27

1. Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als "Beschäftigter" setzt tatbestandlich voraus, dass der Verletzte eine eigene Tätigkeit(vgl auch § 121 Abs 1 SGB VII) in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII).

28

Das ist nur der Fall, wenn

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seine Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen,

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er eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht,

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er eigene unternehmensbezogene Rechte aus der Beschäftigung ausübt.

29

a) Für die Verrichtung einer Tätigkeit als Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII kommt es nach dem Wortlaut dieser Vorschrift im Zusammenhang des SGB VII objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile nur für das Unternehmen des anderen bringen soll. Denn nur unter diesen Voraussetzungen ist nicht der die Tätigkeit Verrichtende selbst Unternehmer im unfallversicherungsrechtlichen Sinne (§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII), sondern der andere, der durch sie unmittelbar begünstigt wird. Der "Beschäftigte" verrichtet seine Beschäftigung also nur, wenn er Handlungen in Unterordnung zur selbständigen Tätigkeit eines anderen und zu deren unmittelbaren Förderung vornimmt.

30

b) Auch die Entstehungsgeschichte des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII führt zu diesem Ergebnis.

31

Nach den Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz ) vom 7.8.1996 (BGBl I 1254) erfasst § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV(vgl BT-Drucks 13/2204, S 74 zu § 2 Abs 1 SGB VII). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2).

32

§ 7 Abs 1 SGB IV ist mit Wirkung vom 1.7.1977 durch Gesetz vom 23.12.1976 (BGBl I 3845, 3846) eingeführt worden. Eine entsprechende Vorschrift gab es bis dahin nicht. Der Begriff der Beschäftigung war jedoch Gegenstand einer umfangreichen Rechtsprechung zu allen Bereichen des Sozialversicherungsrechts, die mit der Begriffsbestimmung zu § 7 SGB IV im Wesentlichen übereinstimmt. Nach § 7 Abs 1 SGB IV liegt eine Beschäftigung zwar immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht; sie kann allerdings auch ohne ein Arbeitsverhältnis gegeben sein (vgl BT-Drucks 7/4122, S 31). Hierin ist eine Konkretisierung und behutsame Weiterentwicklung der in der Rechtsprechung bereits vorher herausgearbeiteten Rechtsgrundsätze zu sehen (vgl Knospe in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand August 2009, K § 7 RdNr 9 unter Hinweis auf BSGE 37, 10, 13; 41, 24, 25; 41, 41, 53; vgl zur Entwicklung des § 7 SGB IV in der Folgezeit: Seewald in Kasseler Kommentar, § 7 SGB IV RdNr 1, Stand April 2012 sowie Rittweger in BeckOK SGB IV, § 7 RdNr 1, Stand 1.3.2012). Auch Dienstleistungsverhältnisse anderer Art werden erfasst, soweit das Handeln des Dienstverpflichteten sich in das Unternehmen des Dienstberechtigten einfügt und dessen unmittelbarer Förderung dient.

33

Ein Verletzter hat nach den allgemeinen Anhaltspunkten des § 7 Abs 1 SGB VII dann eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII ausgeübt, wenn er sich in ein fremdes Unternehmen (eine fremde Arbeitsorganisation) eingliedert und seine konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Art der Verrichtung, unterordnet(vgl hierzu etwa BSG vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 - BSGE 51, 164, 167 = SozR 2400 § 2 Nr 16 mwN sowie BSG vom 17.3.1992 - 2 RU 22/91 - SozR 3-2200 § 539 Nr 16 S 57). Naturgemäß ist dieses Weisungsrecht besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt; es genügt für die Unterordnung unter die Tätigkeit des anderen die "funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess" (vgl hierzu schon BSG vom 14.12.1999 - B 2 U 38/98 R - BSGE 85, 214, 216 = SozR 3-2200 § 539 Nr 48 S 202 mwN).

34

c) Ferner sind die unfallversicherungsrechtlichen Bedeutungen der Begriffe des "Beschäftigten" und der Verrichtung einer Beschäftigung iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII eigenständig nach dem Zweck dieses Versicherungstatbestandes im Gefüge des SGB VII zu bestimmen.

35

Die Schutzzwecke der Beschäftigtenversicherung und ihre Stellung im Rechtssystem begrenzen den Anwendungsbereich des Versicherungstatbestandes des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gleichfalls auf die oben umschriebenen Voraussetzungen.

36

Zweck der Beschäftigtenversicherung ist vor allem anderen der umfassende Unfallversicherungsschutz aller Beschäftigten vor und bei Gesundheitsschäden (oder Tod) infolge der Verrichtung der Beschäftigung, unabhängig davon, ob ein anderer den Unfall überhaupt mitverursacht und ggf dabei rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat.

37

Die Versicherung zielt primär auf die Verhütung von Gesundheitsschäden und Tod infolge der Gefahren ab, denen die Beschäftigten gerade durch die Verrichtung der Beschäftigung in Eingliederung in den fremdbestimmten Unternehmensbereich ausgesetzt sind (Prävention nach §§ 14 ff SGB VII). Ferner wird ihnen, falls die Prävention versagt, bei Gesundheitsschäden eine umfassende medizinische Rehabilitation sowie berufliche und soziale Teilhabe gesichert. Zudem werden sie gegen die wirtschaftlichen Folgen einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit geschützt. Bei unfallbedingtem Tod sollen auch ihre Familienangehörigen gegen den Unterhaltsverlust abgesichert werden.

38

Daneben soll die Beschäftigtenversicherung auch den sog Betriebsfrieden nach Unfällen infolge der Verrichtung der Beschäftigung schützen, wenn umstritten sein könnte, ob der Unternehmer (oder ein ihm gesetzlich gleichgestellter Dritter) den Gesundheitsschaden oder den Tod mitverursacht und ggf dabei rechtswidrig und fahrlässig oder sogar grob fahrlässig gehandelt hat und dem Verletzten deswegen nach Zivilrecht/Arbeitsrecht haftet. Da die Versicherung dem Verletzten die Schadensfolgen weitgehend ausgleicht, besteht insoweit kein Bedarf für einen Rechtsstreit zwischen dem Verletzten und dem Unternehmer (oder ihm gleichgestellten Dritten), wenn dieser nicht vorsätzlich gehandelt hat. Deshalb entzieht das SGB VII dem Verletzten insoweit seine ggf nach Zivilrecht entstandenen Schadensersatzansprüche (einschließlich der Schmerzensgeldansprüche) gegen den Unternehmer (§§ 104 bis 109 SGB VII).

39

Schließlich bezweckt sie auch eine gerechte Lastenverteilung unter den beitragszahlenden Unternehmern, die durch ihre Umlagebeiträge zu ihrer Berufsgenossenschaft den Versicherungsschutz in der Beschäftigtenversicherung bezahlen. Ein Unternehmer, der den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig mitverursacht hat, haftet dem Unfallversicherungsträger (also mittelbar auch den anderen Unternehmern) auf Ersatz der Ausgaben für Versicherungsleistungen an den Verletzten (§§ 110 bis 113 SGB VII).

40

Die Beschäftigtenversicherung hat also in diesem Sinne und in diesen Grenzen eine möglicherweise gegebene zivilrechtliche Haftung der Unternehmer (oder gleichgestellter Dritter) gegenüber den Beschäftigten aus Gefährdungshaftung, Delikt oder aus der Verletzung von arbeitsrechtlichen Schutz- oder Fürsorgepflichten ersetzt (vgl BSG vom 19.12.2000 - B 2 U 37/99 R - BSGE 87, 224 = SozR 3-2200 § 548 Nr 41; Gitter/Nunius in Schulin, HS-UV, § 5 RdNr 28, 51, 119; zu §§ 539 Abs 1 Nr 1, 636 ff RVO: BSG vom 25.10.1989 - 2 RU 26/88 - SozR 2200 § 548 Nr 96; ferner auch BSG vom 26.6.2007 - B 2 U 17/06 R - BSGE 98, 285 = SozR 4-2700 § 105 Nr 2, RdNr 16 ff).

41

Sie bildet jeher den Kern des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl schon § 95 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6.7.1884, RGBl 69; §§ 898 f RVO vom 19.7.1911, RGBl 509; die Vorläufervorschrift in § 636 Abs 1 RVO). Sie versichert im genannten Sinn die Beschäftigten unter weitgehendem Ausschluss ihrer zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche nur gegen solche Gesundheits- und Lebensgefahren, die sich spezifisch daraus ergeben, dass sie Tätigkeiten für einen anderen unter Eingliederung in dessen Tätigkeit und nur zu dessen unmittelbarem Vorteil verrichten.

42

2. Auch die Entwicklung der Rechtsprechung des BSG zu § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII und dessen Vorgängervorschriften führt zu dem Ergebnis, dass nur unter den drei oben genannten Voraussetzungen eine Beschäftigung verrichtet wird.

43

a) Nach der Rechtsprechung des BSG wird eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII verrichtet, wenn der Verletzte zumindest dazu ansetzt, eine ihn gegenüber dem Unternehmer treffende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis tatsächlich zu erfüllen.

44

aa) Dies ist dann der Fall, wenn die Verrichtung eine Hauptpflicht des Beschäftigten erfüllt, weil sie die vertragsgemäß geschuldete Arbeits- oder Dienstleistung ist (vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 18; BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 19; BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - Juris RdNr 26 - SozR 4-2700 § 8 Nr 11).

45

bb) Der Tatbestand der versicherten Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird auch erfüllt, wenn die Verrichtung eine Nebenpflicht des Beschäftigten gegenüber dem Unternehmer aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllen soll.

46

Als Nebenpflichten kommen vor allem die Mitwirkungspflichten des Beschäftigten als Gläubiger von Leistungspflichten des Unternehmers (§§ 293 ff BGB) und die Pflichten zur Rücksichtnahme auf dessen Rechte, Rechtsgüter und Interessen in Betracht. Diese seit dem 1.1.2002 in § 241 Abs 2 BGB ausdrücklich normierte Pflicht wurde zuvor aus § 242 BGB hergeleitet(BAG vom 22.1.2009 - 8 AZR 161/08 - Juris RdNr 27, NZA 2009, 608; vgl auch Müller-Glöge in Münchener Kommentar zum BGB, § 611, RdNr 985 f). Arbeitsrechtlich muss jeder Vertragspartner seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis so erfüllen, seine Rechte so ausüben und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Vertragspartners so wahren, wie dies unter Berücksichtigung der wechselseitigen Belange verlangt werden kann (vgl BAG vom 16.2.2012 - 6 AZR 553/10 - Juris RdNr 12, zur Veröffentlichung in BAGE vorgesehen; BAG vom 13.8.2009 - 6 AZR 330/08 - Juris RdNr 31 - BAGE 131, 325; BAG vom 19.5.2010 - 5 AZR 162/09 - Juris RdNr 26 - BAGE 134, 296; Müller-Glöge in Münchener Kommentar zum BGB, § 611, RdNr 984, 1074). Gleiches gilt für Beschäftigte und Unternehmer, die nicht durch ein Arbeitsverhältnis, sondern durch ein anderes Beschäftigungsverhältnis miteinander verbunden sind. Auch für den Beschäftigten zählt dazu die sog Treuepflicht, sich im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses so zu verhalten, dass Leben, Körper, Eigentum und sonstige absolute Rechtsgüter des Unternehmers nicht verletzt werden (vgl dazu BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16).

47

Das BSG hat bisher zumeist nicht zwischen Haupt- oder Nebenpflichten des Beschäftigten unterschieden. Die Erfüllung des Tatbestandes des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII (bzw nach früherem Sprachgebrauch: der innere Zusammenhang zwischen der Verrichtung und der versicherten Tätigkeit) wurde als gegeben erachtet, wenn die Verrichtung Teil der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung des Beschäftigten war, bzw dann, wenn der Beschäftigte zur Erfüllung einer sich aus seinem Arbeitsvertrag ergebenden Verpflichtung handelte(vgl BSG vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - Juris RdNr 14 - UV-Recht Aktuell 2009, 1040; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 31/07 R - Juris RdNr 11 - UV-Recht Aktuell 2009, 485; so auch noch einleitend, später aber differenzierend BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 30.1.2007 - B 2 U 8/06 R - Juris RdNr 12 - UV-Recht Aktuell 2007, 860; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 14; BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - Juris RdNr 26 - SozR 4-2700 § 8 Nr 11).

48

Es hat aber seit dem genannten Urteil vom 18.3.2008, insbesondere in seinen Entscheidungen vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - (SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 19) und vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - (Juris RdNr 18 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - SGb 2012, 148 ), ausdrücklich die Erfüllung beider Pflichtenarten aus dem Beschäftigungsverhältnis als Verrichtung einer versicherten Beschäftigung anerkannt (vgl auch BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32 RdNr 21). Es hat schon im Urteil vom 18.3.2008 (B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16 ff) entschieden, dass auch die Erfüllung allein einer Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis den Tatbestand der versicherten Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII zu erfüllen vermag. Den Arbeitnehmer treffe die aus § 241 Abs 2 BGB folgende Nebenpflicht, sich bei der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses so zu verhalten, dass Leben, Körper, Eigentum und sonstige absolute Rechtsgüter des Arbeitgebers nicht verletzt werden. Das Aufstellen eines Warndreiecks sei eine Nebenpflicht eines Beschäftigten, der in Verrichtung der Beschäftigung mit dem Pkw des Unternehmers an einem Verkehrsunfall beteiligt sei. Dadurch würden die Unfallstelle gesichert, der nachfolgende Verkehr gewarnt und damit Folgeschäden vermieden, die sich zu Lasten des Unternehmers auswirken könnten (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16 ff). Es hat dazu festgestellt, dass der Verletzte durch sein Handeln objektiv seine Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt hatte. Daher kam es nicht darauf an, ob er dabei das Rechtsbewusstsein hatte, auch einer Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis nachzukommen, oder ob er in erster Linie sich und andere schützen und seiner allgemeinen Verkehrssicherungspflicht genügen wollte. Das Bewusstsein, dem Unternehmer rechtlich zu der Handlung verpflichtet zu sein, ist weder notwendige subjektive Voraussetzung des Versicherungstatbestandes der Beschäftigung noch einer Verrichtung einer Beschäftigung. Es reicht, wenn die Intention auch darauf gerichtet war, etwas zu tun, das objektiv dem Unternehmer geschuldet war.

49

cc) Eigene Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber dem Unternehmer erfüllt der Verletzte auch, wenn er Mitwirkungshandlungen vornimmt, die ihm zu dem Zweck obliegen (vgl §§ 241 Abs 2, 293 ff BGB), dass der Unternehmer seine ihm aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber dem Beschäftigten treffenden Haupt- oder Nebenpflichten erfüllen kann.

50

Das ist der Fall bei Handlungen des Verletzten zwecks Empfangnahme des Lohnes (BSG vom 1.12.1960 - 5 RKn 69/59 - BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO unter Bezugnahme auf RVA EuM Bd 20, 31; 26, 165; 33, 270) oder zur Geltendmachung von (vermeintlichen) Fehlern bei der Lohnabrechnung (BSG vom 1.12.1960 - 5 RKn 69/59 - BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO) oder zum Abtransport von Deputatholz als Teil der Vergütung (BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 21/98 R - SozR 3-2200 § 548 Nr 34). In diesen Fällen ist der Beschäftigte zivilrechtlich gehalten, dem Unternehmer zu ermöglichen, seine Hauptpflicht (§ 611 Abs 1 BGB) zu erfüllen, die Vergütung zur rechten Zeit, am rechten Ort, in rechter Weise und in richtiger Höhe zu leisten (vgl BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 21/98 R - SozR 3-2200 § 548 Nr 34 ua unter Hinweis auf BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO aF; BSGE 41, 207 = SozR 2200 § 548 Nr 16; BSGE 43, 119, 121 = SozR 2200 § 548 Nr 28).

51

Gleiches gilt für eine ggf bestehende Obliegenheit des Beschäftigten, dem Unternehmer die Erfüllung seiner Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis zu ermöglichen. Solche Nebenpflichten des Beschäftigten können sich aus § 241 Abs 2 BGB, der nicht nur in Arbeitsverhältnissen gilt, ergeben. Voraussetzung ist, dass eine solche Haupt- oder Nebenpflicht des Unternehmers bereits entstanden ist und er sie nur erfüllen kann, wenn der Beschäftigte in bestimmter und ihm zumutbarer Weise mitwirkt. Denn der Beschäftigte und der Unternehmer müssen bei ihrem Zusammenwirken jeweils auf das Wohl und die berechtigten Interessen des anderen Rücksicht nehmen (vgl BAG vom 16.11.2010 - 9 AZR 573/09 - BAGE 136, 156 mwN; vgl zu den Einzelheiten Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Aufl 2012, § 611 BGB RdNr 610 ff).

52

In diesem Sinn hat das BSG die Verrichtung einer Beschäftigung in einer Mitwirkungshandlung gesehen, als ein Beschäftigter den Weg zum Ort seiner bisherigen Tätigkeit zurücklegte, um sich dort seine Arbeitspapiere aushändigen zu lassen. Der Beschäftigte hatte den Unternehmer in gebotener Rücksichtnahme auf die Belange seines bisherigen Arbeitgebers durch die (beabsichtigte) Empfangnahme der Arbeitspapiere von der diesem obliegenden (nachgehenden) Nebenpflicht entlastet, ihm seine Arbeitspapiere - nach erfolglosem ersten Abholversuch - auf seine Rechnung und Gefahr zu übersenden (BSG vom 30.8.1963 - 2 RU 68/60 - BSGE 20, 23, 25 = SozR Nr 43 zu § 543 RVO aF). Die Verrichtung einer Beschäftigung lag auch bei einer Mitwirkungshandlung des Verletzten vor, der vom Arbeitgeber eine Arbeitsbescheinigung abholte, die er auf Verlangen der Ausländerbehörde für seine weitere Aufenthaltserlaubnis und damit für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses benötigte. Er hat vom Arbeitgeber eine Handlung begehrt, die dieser ihm aus dem Arbeitsverhältnis schuldete; das Abholen der Bescheinigung war vertragsgemäße arbeitsrechtliche Nebenpflicht des Beschäftigten (BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - Juris RdNr 11 - SozR 2200 § 548 Nr 78).

53

b) Keine Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII durch Erfüllung einer Nebenpflicht liegt hingegen dann vor, wenn der Verletzte zur Mitwirkungshandlung bei der Pflichtenerfüllung des Unternehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht verpflichtet war. Dasselbe gilt, wenn die Pflicht des Unternehmers nur entstanden ist, weil der Beschäftigte nach freiem Ermessen ein Recht gegen ihn ausgeübt hatte, das nicht auf die Förderung des Unternehmens gerichtet ist und auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, die den Unternehmer hoheitlich für den Staat zugunsten von Verwaltungsverfahren in Dienst nimmt. In beiden Fällen erfüllt nämlich der Beschäftigte keine Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis, sondern begibt er sich freiwillig in den unternehmerischen Gefahrenbereich, um daraus unmittelbar nur eigene Vorteile zu erlangen (sog eigenwirtschaftliche Verrichtung).

54

War er zur Mitwirkung nicht verpflichtet, unterlag er dem unternehmerischen Gefahrenbereich nicht kraft des Beschäftigungsverhältnisses, sondern kraft freien Entschlusses, wie zB bei einer Gefälligkeit. Entstand die Pflicht des Unternehmers nicht aus dem Beschäftigungsverhältnis, sondern durch die freiwillige Ausübung eines anderweitig begründeten Rechts des Beschäftigten, ist seine Mitwirkungshandlung an der Durchsetzung seines eigenen Rechts nicht "der Beschäftigung geschuldet", sondern allein der Verfolgung eigener Interessen, also gleichfalls ein freiwilliger Eintritt in den unternehmerischen Gefahrenbereich. Das wird durch die Beschäftigtenversicherung nicht versichert. Denn sie soll nur gegen solche Gefahren begründet werden, denen der Beschäftigte wegen der Ausübung seiner Beschäftigung im fremden Gefahrenbereich, nicht aber aus eigenem Entschluss in Verfolgung nur eigener Belange ausgesetzt ist. Haupt- und Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis sind also nur solche, die das Zusammenwirken des Unternehmers mit dem Beschäftigten zur Förderung der Unternehmenszwecke betreffen. In beiden Fallgruppen fehlt es an der aus der Beschäftigung entstehenden Nebenpflicht des Beschäftigten, in der zweiten außerdem an der Förderung der Unternehmenszwecke.

55

In der arbeitsrechtlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass den Arbeitgeber treffende öffentlich-rechtliche Pflichten (zumeist aus dem Steuer- und Sozialversicherungsrecht), die an das Arbeitsverhältnis tatbestandlich anknüpfen und durch die der Arbeitgeber hoheitlich für den Staat in Dienst genommen wird, zugleich zivilrechtliche (arbeitsrechtliche) Nebenpflichten des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis gegenüber dem Arbeitnehmer sind. Sie werden arbeitsrechtlich als Konkretisierungen der privatrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verstanden (vgl die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen; BAG vom 29.3.2001 - 6 AZR 653/99 - NZA 2003, 105; BAG vom 11.6.2003 - 5 AZB 1/03 - BAGE 106, 269 ; BAG vom 15.1.1992 - 5 AZR 15/91 - BAGE 69, 204, 210 ; BAG vom 13.5.1970 - 5 AZR 385/69 - BAGE 22, 332 ; BAG vom 30.1.1969 - 5 AZR 229/68 - BB 1969, 407 ; BAG vom 2.6.1960 - 2 AZR 168/59 - BB 1960, 983 ; Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Aufl 2011, § 106, RdNr 56 mwN; Ring in Handkommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl 2010, § 611 BGB, RdNr 658; vgl zum Begriff der Fürsorgepflicht auch Boemke in Handkommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl 2010, § 611 BGB, RdNr 378 mwN, danach stellt die Fürsorgepflicht selbst keine eigenständige Pflicht, sondern ein Bündel einzelner Nebenpflichten dar und soll nach im Vordringen befindlicher Auffassung sogar ganz fallen gelassen werden).

56

Hierauf ist nicht näher einzugehen, da es für die Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII nicht entscheidend auf die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht des Arbeitgebers oder deren öffentlich-rechtliche "Konkretisierungen" ankommt. Entscheidend ist, ob der Beschäftigte zur Mitwirkung an der Erfüllungshandlung des Arbeitgebers aus dem Beschäftigungsverhältnis verpflichtet war. Falls überhaupt eine Mitwirkungspflicht bestand, ist er nicht "aus dem Beschäftigungsverhältnis" zur Mitwirkung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber seine Handlung nur deshalb vornehmen muss, weil der Beschäftigte ein Recht ohne Bindungen aus dem Beschäftigungsverhältnis im ausschließlich eigenen Interesse ausgeübt hat, das ihm durch öffentliches Recht verliehen wurde.

57

c) Ferner verrichtet der Verletzte eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII, wenn er in der vertretbaren, aber objektiv irrigen Annahme handelt, dazu aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet zu sein. Die Annahme dieser Pflicht ist vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht. Die durchgeführte Verrichtung muss objektiviert darauf ausgerichtet sein, die angenommene Pflicht zu erfüllen.

58

Die Einbeziehung dieser Fallgruppe der vermeintlichen Pflichterfüllung durch den Beschäftigten rechtfertigt sich aus dem genannten ersten Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung. Jeder, der etwas in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dessen unmittelbarem Vorteil tut, muss, außer bei völliger Weisungsabhängigkeit, seine Pflichten kennen. Er kann durch die Beschäftigung aber auch in Umstände geraten, in denen er sofort entscheiden muss, ob ihn eine Haupt- oder Nebenpflicht zur Vornahme bestimmter Handlungen trifft. Dies ist ggf Teil seiner Pflichten aus seiner Beschäftigung.

59

In diesem Sinne hat das BSG die Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII bejaht, als ein Versicherter aus gutem Grund der Auffassung sein konnte, sich "betriebsdienlich" zu verhalten(BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14 unter Verweis auf BSGE 20, 215, 218 = SozR Nr 67 zu § 542 RVO aF; BSG SozR Nr 30 zu § 548 RVO; BSGE 52, 57, 59 = SozR 2200 § 555 Nr 5). Daher liegt bei einem "nur" eigenwirtschaftlichen Zwecken dienenden Verhalten, also bei einer Handlung mit der Absicht (dolus directus ersten Grades), nur andere Zwecke zu verfolgen als die Erfüllung des Versicherungstatbestandes der Beschäftigung, auch dann keine Verrichtung einer Beschäftigung vor, wenn das Handeln zugleich dem Unternehmen objektiv nützlich ist (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14 unter Bezugnahme auf BSG vom 25.10.1989 - 2 RU 26/88 - SozR 2200 § 548 Nr 96; BSG vom 20.1.1987 - 2 RU 15/86 - SozR 2200 § 539 Nr 119). Entscheidend ist nur, ob der Verletzte von seinem Standpunkt aufgrund objektiver Anhaltspunkte der Auffassung sein durfte, seine Verrichtung sei von ihm geschuldet, um den Interessen des Unternehmens zu dienen. Dafür reichen aber subjektive Vorstellungen ohne bestätigende objektive Anhaltspunkte nicht aus.

60

d) Den Tatbestand einer versicherten Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt ein Verletzter schließlich auch dann, wenn er handelt, um eigene unternehmensbezogene Rechte wahrzunehmen. Dabei handelt es sich um die Wahrnehmung von Rechten, die die Regelung innerbetrieblicher Belange zum Gegenstand haben und/oder den Zusammenhalt in der Belegschaft und mit der Unternehmensführung fördern. Hierzu zählen ua:

die Teilnahme an Betriebsversammlungen (vgl hierzu etwa Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 40; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 179, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 103, Stand Mai 2010),

die Tätigkeit als Betriebsratsmitglied bei der Ausübung der im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Aufgaben (vgl etwa BSG vom 20.5.1976 - 8 RU 76/75 - BSGE 42, 36, 37 = SozR 2200 § 539 Nr 19 RdNr 18 und BSG vom 20.2.2001 - B 2 U 7/00 R - SozR 3-2200 § 539 Nr 54; vgl ferner Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 38; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 180, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 102, Stand Mai 2010),

und die Tätigkeiten zur Vorbereitung und Durchführung der zur Bildung der Räte erforderlichen Wahlen (Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 40; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 180, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 103, Stand Mai 2010; vgl hierzu insgesamt zuletzt auch Krasney, SGb 2012, 130).

61

3. Die Klägerin hat vor ihrem Treppensturz keine versicherte Beschäftigung im Sinne der abschließend aufgeführten Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII verrichtet.

62

Nach § 194 Abs 1 S 1 SGB VI(in der bis zum 31.12.2007 geltenden und damit hier maßgeblichen Fassung, die die Vorschrift durch das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21.7.2004 - BGBl I 1791 - erhalten hatte ) haben die Arbeitgeber auf Verlangen des Beschäftigten, der für die Zeit nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses eine Altersrente beantragt hat, die Pflicht, das voraussichtliche Arbeitsentgelt bis zu drei Monate im Voraus zu bescheinigen (vgl Finke in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 194 RdNr 1, Stand Juli 1996).

63

Die Klägerin beabsichtigte, von ihrem Arbeitgeber eine sog Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI zu verlangen. Dazu wollte sie ihm das einschlägige Formular vorlegen und hatte sich deshalb auf das Betriebsgelände begeben. Sie hatte also mit der Verrichtung, deren unfallversicherungsrechtliche Bedeutung hier umstritten ist, begonnen.

64

Die Abgabe des Formulars für eine Vorausbescheinigung erfüllt aber weder eine vertragliche Haupt- oder Nebenleistungspflicht der Klägerin aus ihrem Beschäftigungsverhältnis (s sogleich unter a>). Ferner durfte die Klägerin nicht annehmen, sie treffe eine solche Pflicht (dazu unter b>). Schließlich hat sie auch keine unternehmensbezogenen Rechte wahrgenommen (dazu unter c>).

65

a) Die Abgabe des Formulars für die Ausstellung der Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI ist augenfällig keine sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergebende Hauptpflicht der Klägerin.

66

Sie hat damit auch keine gegenüber dem Unternehmer treffende Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt, sondern, wie die Vorinstanzen richtig gesehen haben, nur eigene Vorteile angestrebt. Mit ihrem Vortrag, sie habe auch abstrakt denkbare mittelbare Schadensersatzansprüche aus verzögerter Betriebsrentenzahlung vom Arbeitgeber abwehren wollen, hat sie keine solche eigene Nebenpflicht dargetan. Sie hat nicht zur Abwendung von Gefahren, die absolut geschützte Rechtsgüter des Unternehmers betrafen, gehandelt, sondern Gefahren bedacht, die allenfalls mittelbar seinen Vermögensinteressen drohten. Nach den Feststellungen des LSG gab es aber keine allgemeine oder spezielle Vermögensfürsorgepflicht der Klägerin für ihren Arbeitgeber. Hierfür sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich.

67

Die beabsichtigte Vorlage des Formulars erfüllte auch keine sie treffende Mitwirkungspflicht, dem Unternehmer dabei Hilfe zu leisten, eine ihm aus dem Beschäftigungsverhältnis ihr gegenüber obliegende Haupt- oder Nebenleistungspflicht zu erfüllen.

68

Die begehrte Ausstellung der Vorausbescheinigung durch den Arbeitgeber ist für die Erfüllung seiner Hauptleistungspflicht gegenüber der Klägerin - nämlich seiner Pflicht zur Vergütung iS des § 611 Abs 1 BGB - offensichtlich ohne rechtlichen Belang. Eine Mitwirkungspflicht der Klägerin zur Ermöglichung der Hauptleistung des Arbeitgebers bestand somit nicht.

69

Sie hatte zudem keine Mitwirkungspflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber ihrem Arbeitgeber, von diesem die Ausstellung einer Vorausbescheinigung zu verlangen und ihm dies dann durch Vorlage des Formulars zu ermöglichen. Aufgrund ihrer Beschäftigung war sie nicht verpflichtet, vom Unternehmer die Vorausbescheinigung zu verlangen, die ausschließlich der Durchsetzung ihres allein gegen den Rentenversicherungsträger gerichteten Rechts auf nahtlose richtige Zahlung der dort beantragten Altersrente diente.

70

Dass der Unternehmer allein aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses, ohne § 194 SGB VI, nicht verpflichtet war, eine Vorausbescheinigung zu erteilen, liegt auf der Hand. Daher bestand allein auf dieser Grundlage keine Mitwirkungspflicht der Klägerin. Notwendige Voraussetzungen der Entstehung dieser Pflicht waren das Bestehen einer gesetzlichen Vorschrift, die dem Beschäftigten das Recht gegen den Arbeitgeber gewährt, nach freiem Willen die Ausstellung der Bescheinigung zu verlangen, und die Ausübung dieses Rechts. Dieses dient allein dem privaten Interesse der Klägerin an richtiger Rentenzahlung durch den Rentenversicherungsträger. Dasselbe gilt daher auch für ihre Mitwirkung an der Ausstellung der Vorausbescheinigung durch den Arbeitgeber, dessen Unternehmen dadurch nicht berührt wird.

71

Entgegen der Ansicht der Klägerin unterscheidet sich ihr Fall grundlegend von dem der Erteilung einer Arbeitsbescheinigung zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis, die auch die Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses ermöglichte. Der Arbeitnehmer hat, wie oben schon gesagt, vom Arbeitgeber eine Handlung begehrt, die dieser ihm unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis schuldete; das Abholen der Bescheinigung war vertragsgemäße arbeitsrechtliche Nebenpflicht des Beschäftigten (vgl BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78).

72

b) Die Klägerin hat ferner keine objektiv nicht geschuldete Handlung vorgenommen in der vertretbaren, aber irrigen Annahme, damit eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen. Die Annahme dieser Pflicht ist nur vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) aufgrund objektiver Anhaltspunkte und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 18/85 - BSGE 59, 291 = SozR 2200 § 539 Nr 115 und BSG vom 27.6.1991 - 2 RU 17/90 - Juris RdNr 15; vgl auch Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 34 f, Stand Mai 2010).

73

Objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin der Auffassung sein durfte, eine vermeintliche eigene Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sind jedoch nicht ersichtlich. Die von ihr angenommene Vermögensbetreuungspflicht für das Vermögen des Arbeitgebers besteht nicht.

74

c) Schließlich hat die Klägerin durch die beabsichtigte Formularabgabe auch kein eigenes unternehmensbezogenes Recht wahrgenommen. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Handlung die Regelung innerbetrieblicher Belange zum Gegenstand hatte oder sie den Zusammenhalt in der Belegschaft und mit der Unternehmensführung förderte. Vielmehr ging es nur um das eigenwirtschaftliche Interesse an der sofort richtigen Altersrente.

75

4. Das Berufungsgericht hat schließlich auch zu Recht darauf hingewiesen, dass eine versicherte Tätigkeit im Sinne einer sog gemischten Tätigkeit nicht vorliegt. Es liegt mit dem Gehen auf der Treppe vor der Abgabe des Formulars für eine Vorausbescheinigung nämlich nur eine einzige Verrichtung vor. Gemischte Tätigkeiten setzen (zumindest) zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraus, von denen (wenigstens) eine den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt.

76

Das LSG hat schließlich auch richtig erkannt, dass diese einzige Verrichtung auch nicht auf einer gemischten Motivationslage beruhte. Denn es hat schon nicht festgestellt, dass die Klägerin mit dem Weg zur Vorlage des Formulars zusätzlich noch eine andere Intention hatte als diejenige, die Vorausbescheinigung des Arbeitgebers und dadurch sofort die angestrebte Rentenhöhe zu erhalten.

77

5. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Januar 2015 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 29. April 2014 zurückgewiesen.

Kosten sind für den gesamten Rechtsstreit nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Arbeitsunfalls streitig.

2

Die Klägerin ist beim Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz beschäftigt. Sie arbeitet aufgrund einer Dienstvereinbarung mit ihrem Arbeitgeber zur Regelung der Telearbeit auf einem in ihrer Wohnung eingerichteten Telearbeitsplatz. Die Arbeitsmittel werden danach vom Dienstherrn zur Verfügung gestellt und dürfen nicht für private Zwecke genutzt werden. Die häusliche Arbeitsstätte wird hingegen von der Klägerin kostenlos bereit gestellt. Der Arbeitsplatz ist im Dachgeschoss des Wohngebäudes gelegen, in dem sich außerdem ein kleines Bad, das Arbeitszimmer des Ehemanns der Klägerin sowie ein Schlafraum befinden. Diese Räume sind über eine Treppe zu erreichen. Im Erdgeschoss liegen Küche, Wohnzimmer und ein weiteres Bad.

3

Die Klägerin, die unter Asthma sowie COPD leidet und daher mehrmals am Tag viel trinken muss, arbeitete am 21.9.2012 an ihrem Telearbeitsplatz. Weil die mitgenommenen Wasserflaschen bereits leer waren, verließ sie ihren Arbeitsplatz, um in der Küche Wasser zu holen. Auf der Treppe rutschte sie ab, knickte mit dem linken Fuß um und erlitt dadurch eine Metatarsale V Schrägfraktur links.

4

Die beklagte Unfallkasse lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab (Bescheid vom 11.10.2012, Widerspruchsbescheid vom 5.11.2012). Das SG Mainz hat die Klage abgewiesen. Ein Weg zur Nahrungsaufnahme sei nur dann vom Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst, wenn er durch die Notwendigkeit geprägt sei, persönlich am Beschäftigungsort anwesend zu sein. Die Klägerin habe hingegen den von ihr beherrschten privaten Bereich nicht verlassen und sich nur Risiken ausgesetzt, die aus dem privaten Bereich stammten (Urteil vom 29.4.2014). Das LSG Rheinland-Pfalz hat das Urteil des SG sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Unfallkasse verurteilt, eine Metatarsale V Schrägfraktur links als Folge des Arbeitsunfalls vom 21.9.2012 anzuerkennen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Betriebsweg zurückgelegt. Insoweit komme es darauf an, ob der Ort, an dem sich der Unfall ereignet hat, wesentlich auch Betriebszwecken diene. Das sei der Fall, weil die Klägerin ihren Arbeitsplatz ausschließlich über die Treppe erreichen könne. Das Begehen der Treppe habe zum Unfallzeitpunkt auch im inneren Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit gestanden. Zwar sei die Nahrungsaufnahme grundsätzlich dem unversicherten privaten Bereich zuzuordnen. Allerdings seien die Voraussetzungen, unter denen die Rechtsprechung des BSG Unfallversicherungsschutz auf Wegen zum Ort der Nahrungsaufnahme im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit grundsätzlich anerkenne, erfüllt. Das Handlungsziel der Klägerin sei auf die Aufrechterhaltung der Arbeitskraft gerichtet gewesen. Darüber hinaus habe die Notwendigkeit bestanden, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein. Dass sich die Klägerin die Arbeitszeit frei einteilen könne, stehe dem Unfallversicherungsschutz nicht entgegen. Die vom BSG in einer früheren Entscheidung angesprochene Gefahr des "Versicherungsschutzes rund um die Uhr" rechtfertige nicht dessen grundlegende Einschränkung (Urteil des LSG vom 27.1.2015).

5

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 8 Abs 1 SGB VII. Das BSG fordere die ständige und nicht nur gelegentliche Nutzung der Treppe zu betrieblichen Zwecken. Weil die Treppe aber nicht nur genutzt werde, um die Arbeitsstätte, sondern auch die anderen Räumlichkeiten im Dachgeschoss zu erreichen, habe das Begehen der Treppe nicht wesentlich dem Zweck des Unternehmens, hier der Telearbeit, gedient.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Januar 2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 29. April 2014 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Die Arbeitsstätte sei vom privaten Lebensbereich innerhalb der Wohnung abgegrenzt. Um ihrer Telearbeit nachgehen zu können, sei sie auf die Nutzung der Treppe angewiesen. Sie dürfe nicht gegenüber Beschäftigten benachteiligt werden, die ihrer Arbeit außerhalb der Wohnung nachgingen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet. Das LSG hat zu Unrecht auf die Berufung der Klägerin entschieden, dass das Abrutschen von einer Treppenstufe auf dem Weg von ihrem Telearbeitsplatz zur Küche, um Wasser zu holen, als Arbeitsunfall anzuerkennen ist. Die Ablehnung eines Arbeitsunfalls im Bescheid der Beklagten vom 11.10.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.11.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Daher war das die Klage abweisende Urteil des SG wiederherzustellen.

10

Die Klägerin begehrt zulässig mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG), die Ablehnungsentscheidung der Beklagten aufzuheben und die Unfallkasse zu verurteilen, einen am 21.9.2012 erlittenen Arbeitsunfall anzuerkennen. Zwar hat sie sowohl vor dem SG als auch dem LSG jeweils zuletzt neben der Aufhebung der angegriffenen Verwaltungsakte beantragt, die Beklagte zu verurteilen, eine Metatarsale V Schrägfraktur links als Folge des Arbeitsunfalls anzuerkennen. Gleichwohl hat sie damit nicht die Feststellung einer Unfallfolge iS des § 55 Abs 1 Nr 3 SGG(vgl hierzu BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1), sondern angesichts dieser zwischen den Beteiligten nicht streitigen Unfallerstverletzung vielmehr die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Arbeitsunfalls geltend gemacht. Davon sind auch die Vorinstanzen ausgegangen. Auch wenn das LSG die Beklagte verurteilt hat, die Metatarsale V Schrägfraktur links als Folge des Arbeitsunfalls anzuerkennen, setzt es sich in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils - ebenso wie das SG - lediglich mit den Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls auseinander. Allein in diesem Zusammenhang wird die Schrägfraktur als unzweifelhaft eingetretener Gesundheitserstschaden als Tatbestandsmerkmal eines (vermeintlichen) Arbeitsunfalls zugrunde gelegt.

11

Dass die Klägerin vor dem SG zunächst nur die Feststellung eines Arbeitsunfalls beantragt hatte (Feststellungsklage iS des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG), steht der Zulässigkeit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nicht entgegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats haben die Verletzten ein Wahlrecht zwischen einer zulässigen Feststellungs- und einer zulässigen Verpflichtungsklage (BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 13 mwN). Der Übergang von der einen zu der anderen Klage ist jedenfalls bei einem Streit um die Feststellung eines Versicherungsfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung eine nach § 99 Abs 3 SGG zulässige Antragsänderung(BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 42 RdNr 9).

12

Die Klage ist indes unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls durch die Beklagte.

13

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; stRspr, vgl zuletzt BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55 RdNr 9; BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 53 RdNr 11; BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 50 RdNr 10 und - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 49 RdNr 14; BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47 RdNr 12; BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20; BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f).

14

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Klägerin hat zwar einen Unfall und dadurch - wie bereits ausgeführt - einen Gesundheitserstschaden erlitten. Sie war auch als Beschäftigte kraft Gesetzes versichert. Ihre Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - das Hinabsteigen der Treppe - stand aber nicht in einem sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit. Zum Unfallzeitpunkt übte sie weder ihre Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII aus(dazu 1.) noch legte sie im Zusammenhang mit dieser einen Betriebsweg zurück (dazu 2.). Die Klägerin befand sich auch nicht auf einem versicherten Weg zum Ort der Nahrungsaufnahme und wird deshalb nicht in höherrangigem Recht verletzt (dazu 3.). Schließlich war sie im Unfallzeitpunkt nicht durch die Wegeunfallversicherung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII geschützt(dazu 4.).

15

1. Versicherter iS des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestands der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese innere Tatsache der subjektiven Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten wird als "Handlungstendenz" bezeichnet. Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestands, soweit die Intention objektiviert ist (sog objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung reicht hingegen nicht (zur Handlungstendenz zuletzt BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55 RdNr 14 mwN; BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 14 mwN; BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 50 RdNr 12 und - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 49 RdNr 18).

16

Das Hinabsteigen der Treppe zum Unfallzeitpunkt ist ein solches von außen beobachtbares Handeln an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit. Bei dieser Tätigkeit war die objektivierte Handlungstendenz der Klägerin aber nicht auf die Erfüllung des gesetzlichen Versicherungstatbestands als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gerichtet.

17

Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigte liegt vor, wenn die Verletzte zur Erfüllung eines von ihr begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen(vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl § 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder die Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, sie treffe eine solche Pflicht, oder sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt(BSG vom 23.4.2015 -B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 33 RdNr 14 mwN; BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 53 RdNr 12; BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff; BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f; BSG vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 13).

18

Das Holen des Wassers gehörte unzweifelhaft nicht zu der sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergebenden Hauptpflicht der Klägerin. Sie hat dadurch auch keine aus dem Beschäftigungsverhältnis resultierende Nebenpflicht erfüllt. Eine arbeitsrechtliche Verpflichtung zu gesundheitsfördernden, der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit dienenden Handlungen besteht grundsätzlich nicht (vgl Schäfer NZA 1992, 529, 530). Etwas anderes gilt bei einem bereits arbeitsunfähigen Arbeitnehmer. Ihm wird aufgrund seiner Treue- und Rücksichtnahmepflicht gegenüber seinem Arbeitgeber abverlangt, sich so zu verhalten, dass er möglichst bald wieder gesund wird, und alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. Ein pflichtwidriges Verhalten liegt daher vor, wenn ein Arbeitnehmer bei bescheinigter Arbeitsunfähigkeit den Heilungserfolg durch gesundheitswidriges Verhalten gefährdet (BAG vom 2.3.2006 - 2 AZR 53/05 - Juris RdNr 23 f). Zu diesem Personenkreis zählt die Klägerin aber nicht. Sie hat ferner keine objektiv nicht geschuldete Handlung vorgenommen in der vertretbaren, aber irrigen Annahme, damit eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen. Die Annahme dieser Pflicht ist nur vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) aufgrund objektiver Anhaltspunkte und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht (BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 72). Solche objektiven Anhaltspunkte sind jedoch weder festgestellt noch ersichtlich. Schließlich hat die Klägerin durch das beabsichtigte Holen von Wasser auch kein eigenes unternehmensbezogenes, innerbetrieblichen Belangen dienendes Recht wahrgenommen.

19

2. Die Klägerin befand sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf einem Betriebsweg iS des § 8 Abs 1 Satz 1 iVm § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Ein im unmittelbaren Betriebsinteresse liegender Weg kommt grundsätzlich nur außerhalb des (privaten) Wohngebäudes in Betracht (dazu a). Befinden sich die Wohnung und die Arbeitsstätte im selben Gebäude, ist ein Betriebsweg ausnahmsweise auch im häuslichen Bereich denkbar, wenn er in Ausführung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt wird. Das war bei der Klägerin nicht der Fall (dazu b).

20

a) Betriebswege sind Wege, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden, Teil der versicherten Tätigkeit sind und damit der Betriebsarbeit gleichstehen (BSG vom 12.1.2010 - B 2 U 35/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 36 RdNr 16 mwN; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 25/07 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 8 RdNr 24; BSG vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R - BSGE 98, 20 = SozR 4-2700 § 8 Nr 21, RdNr 14 mwN; BSG vom 6.5.2003 - B 2 U 33/02 R - Juris RdNr 15 mwN; BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 3 S 16 f). Sie werden im unmittelbaren Betriebsinteresse unternommen, unterscheiden sich von Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit iS von § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII dadurch, dass sie der versicherten Tätigkeit nicht lediglich vorausgehen oder sich ihr anschließen(BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 48 RdNr 13). Sie sind nicht auf das Betriebsgelände beschränkt, sondern können auch außerhalb der Betriebsstätte anfallen (BSG vom 28.2.1990 - 2 RU 34/89 - SozR 3-2200 § 539 Nr 1 S 2).

21

Sowohl bei Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit als auch bei einem direkt von der Wohnung aus angetretenen Betriebsweg (Dienstweg oder Dienstreise) beginnt die versicherte Tätigkeit allerdings grundsätzlich erst mit dem Durchschreiten der Außentür des Gebäudes (Mehr- oder Einfamilienhaus), in dem sich die Wohnung des Versicherten befindet. Diese vom BSG stets beibehaltene Grenze zwischen dem unversicherten häuslichen Lebensbereich und dem versicherten Zurücklegen eines (Betriebs-)Weges ist im Interesse der Rechtssicherheit bewusst starr gezogen, weil sie an objektive Merkmale anknüpft, die im allgemeinen leicht feststellbar sind. Damit wird zugleich der die gesetzliche Unfallversicherung kennzeichnenden Freistellung des Unternehmers von der Haftung für Betriebsgefahren Rechnung getragen. Das BSG hat im Interesse der Rechtssicherheit insbesondere auch deshalb keine Veranlassung gesehen, die bisherige Rechtsprechung zur Außentür als der Grenze zwischen häuslichem Bereich und versichertem Weg aufzugeben oder zu modifizieren, weil mit der verbreiteten Einführung von Telearbeit am PC eine Verlagerung vieler den Unternehmen dienenden Verrichtungen in den häuslichen Bereich einhergeht (BSG vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R - BSGE 98, 20 = SozR 4-2700 § 8 Nr 21, RdNr 14; BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 3 S 17). Daran hält der Senat weiterhin fest. Da sich der Unfall der Klägerin nicht außerhalb des Wohngebäudes ereignet hat, ist nur Raum für einen Betriebsweg innerhalb des häuslichen Bereichs.

22

b) Den Weg zur Küche hat die Klägerin indes nicht in unmittelbarem betrieblichen, sondern in eigenwirtschaftlichem Interesse zurückgelegt. Unfallversicherungsschutz an der Unfallstelle könnte hier zwar unter dem Gesichtspunkt eines versicherten Betriebswegs ausnahmsweise dann bestehen, wenn der Weg bereits zwischen dem häuslichen Arbeitszimmer - und nicht erst nach Durchschreiten der Außentür - und der Küche als Weg in Ausführung der versicherten Tätigkeit anzusehen wäre. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

23

Wie der Senat bereits entschieden hat (BSG vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R - BSGE 98, 20 = SozR 4-2700 § 8 Nr 21, RdNr 15 und - B 2 U 28/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 20 RdNr 17), greift die unter a) aufgezeigte Grenzziehung durch die Außentür des Wohngebäudes nicht, wenn sich sowohl die Wohnung des Versicherten als auch seine Arbeitsstätte im selben Haus befinden. In diesem Zusammenhang hat der Senat auf rechtliche Schwierigkeiten hinsichtlich der Zurechnung von Wegen zur versicherten Tätigkeit vor allem in zwei Fallgestaltungen hingewiesen. Bei der ersten Fallgestaltung handelt es sich um Unfälle, die sich in Räumen oder auf Treppen ereignen, die weder eindeutig der Privatwohnung noch der Betriebsstätte zugeordnet werden können. Insoweit ist zur Entscheidung über den Versicherungsschutz darauf abgestellt worden, ob der Ort, an dem sich der Unfall ereignete, auch Betriebszwecken (wesentlich) dient, ob der rein persönliche Lebensbereich schon verlassen wurde oder wie sich der Nutzungszweck zum Unfallzeitpunkt darstelle. Als Kriterium für die Wesentlichkeit wurden eine ständige und nicht nur gelegentliche Nutzung des Unfallorts für betriebliche Zwecke angeführt. Die zweite - hier aber nicht einschlägige - Fallgestaltung betraf Unfälle im rein persönlichen Wohnbereich, bei denen die Situation durch eine Art Rufbereitschaft und die Notwendigkeit, sofort zu handeln, geprägt war (BSG vom 12.12.2006, aaO, RdNr 15 ff und 18 ff, jeweils mit zahlreichen Nachweisen).

24

Der Senat hat Zweifel, ob an dieser Rechtsprechung, die bei der Feststellung eines Betriebswegs im häuslichen Bereich an die Häufigkeit der Nutzung des konkreten Unfallorts anknüpft, festzuhalten ist (vgl hierzu auch LSG Baden-Württemberg vom 25.2.2016 L 10 U 1241/14 - Juris, Revision anhängig unter B 2 U 9/16 R). Ob das Ausmaß der Nutzung auch weiterhin ein sachgerechtes Beurteilungskriterium bildet, kann jedenfalls im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, denn die im Urteil des Senats vom 12.12.2006 (aaO) in Bezug genommenen Entscheidungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sich der jeweils zugrunde liegende Unfall auf einem Weg zur Ausübung der versicherten Tätigkeit ereignet hatte. Demgegenüber ist die Klägerin auf dem Weg von der Arbeitsstätte zur Küche und damit in den persönlichen Lebensbereich ausgerutscht.

25

Unabhängig von dem konkreten Umfang der betrieblichen oder privaten Nutzung der in das Dachgeschoss führenden Treppe vermag entgegen der Auffassung des LSG allein der Umstand, dass die Klägerin darauf angewiesen ist, die Treppe zu benutzen, um ihrer Beschäftigung überhaupt nachgehen zu können, das unmittelbare Betriebsinteresse nicht zu begründen. Entscheidend ist vielmehr, welche konkrete Verrichtung mit welchem Zweck sie in dem Moment des Unfalls ausübte. Da es außer in der Schifffahrt (vgl § 10 SGB VII) keinen Betriebsbann gibt, sind nicht alle Verrichtungen eines Beschäftigten während der Arbeitszeit und auf der Arbeitsstätte versichert. Dementsprechend stehen auch nicht alle Wege eines Beschäftigten während der Arbeitszeit und/oder auf der Arbeitsstätte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern nur solche Wege, bei denen ein sachlicher Zusammenhang zwischen der nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit und dem Zurücklegen des Weges gegeben ist, weil der Weg durch die Ausübung des Beschäftigungsverhältnisses oder den Aufenthalt auf der Betriebsstätte bedingt ist. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Zurücklegen von Wegen in aller Regel nicht die Ausübung der versicherten Tätigkeit selbst darstellt, sondern zu der eigentlichen Tätigkeit, weswegen das Beschäftigungsverhältnis eingegangen wurde, in einer mehr (zB Betriebswege) oder weniger engen Beziehung (zB Weg zur Arbeit) steht (BSG vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R - BSGE 98, 20 = SozR 4-2700 § 8 Nr 21, RdNr 13). Ob ein Weg im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, bestimmt sich wiederum nach der objektivierten Handlungstendenz des Versicherten, also danach, ob der Versicherte eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 48 RdNr 13 mwN). Diese für außerhalb des Wohngebäudes zurückgelegte Wege geltende ständige Rechtsprechung des Senats ist auch bei Wegen innerhalb der häuslichen Sphäre von der Arbeitsstätte in den persönlichen Lebensbereich heranzuziehen.

26

Nach Maßgabe dieser Grundsätze war die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls nicht im unmittelbaren Betriebsinteresse tätig. Sie ist die Treppe nicht hinabgestiegen, um ihre versicherte Beschäftigung auszuüben, sondern um in der Küche Wasser zum Trinken zu holen und demnach einer typischen eigenwirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen. Als sich der Unfall ereignete, hatte sie ihre Arbeitsstätte verlassen und bereits den persönlichen häuslichen Lebensbereich erreicht. Ihre als Beschäftigte des Landesbetriebs versicherte Tätigkeit war mangels entgegenstehender Feststellungen und Anhaltspunkte spätestens mit dem Verlassen des Arbeitszimmers beendet. Daher kann offenbleiben, inwieweit innerhalb eines zur Telearbeit eingerichteten Arbeitsraumes Unfallversicherungsschutz besteht. Dass gerade die versicherte Tätigkeit ein besonderes Durstgefühl verursacht hätte (vgl hierzu zusammenfassend BSG vom 24.2.2000 - B 2 U 20/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 2 mwN) und die Klägerin unabhängig von ihrer Erkrankung betriebsbedingt veranlasst gewesen wäre, sich Wasser zu besorgen, ist vom LSG weder festgestellt noch ersichtlich.

27

Dass die Ausübung einer Beschäftigung in einem Home-Office zu einer Verlagerung von den Unternehmen dienenden Verrichtungen in den häuslichen Bereich führt (zum Unfallversicherungsschutz bei häuslicher Telearbeit vgl Spellbrink, NZS 2016, 527; Leube, SGb 2012, 380; Wolber, SozVers 1997, 239), rechtfertigt auch in diesem Zusammenhang keine andere Beurteilung. Die betrieblichen Interessen dienende Arbeit in der Wohnung eines Versicherten nimmt dieser außerhalb des konkreten Arbeitszimmers oder -raums nicht den Charakter der häuslichen Lebenssphäre (vgl BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 3 S 17). Die der privaten Wohnung innewohnenden Risiken hat nicht der Arbeitgeber zu verantworten und vermag der Versicherte selbst am besten zu beherrschen. Der Wohnbereich ist dem Versicherten im Regelfall besser bekannt als anderen. Für die mit ihm einhergehenden Gefahren ist der Versicherte selbst verantwortlich. Kraft seiner Verfügungsmacht über die Wohnung kann er die private Risikosphäre durch entsprechendes Verhalten weitgehend beseitigen oder zumindest reduzieren. In der häuslichen Lebenssphäre vermag sich mangels einer betrieblichen Gefahrengemeinschaft ein betriebsbezogenes Haftungsrisiko nicht zu verwirklichen.

28

Auch ist es dem Arbeitgeber außerhalb des Betriebsgeländes regelmäßig verwehrt, präventive, gefahrenreduzierende Maßnahmen zu ergreifen. Unternehmer sind zwar für die Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe verantwortlich (§ 21 Abs 1 SGB VII). Ungeachtet der Frage, inwieweit Arbeitgeber rechtlich durchsetzbar in die Lage versetzt sein müssen, diese Verantwortung in Bezug auf betriebliche Arbeitsplätze im häuslichen Bereich nachzukommen, beschränkt sich die Verpflichtung zur Durchführung von Präventionsmaßnahmen aber auf die jeweilige Betriebsstätte, zu der jedenfalls häusliche Örtlichkeiten außerhalb eines räumlich abgegrenzten Home-Office nicht zählen. Zudem ist zu beachten, dass es den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung außerhalb der Betriebsstätten ihrer Mitglieder (der Arbeitgeber) nur bedingt möglich ist, präventiv zu handeln. Die Unfallversicherungsträger haben mit allen geeigneten Mitteln ebenfalls für die Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu sorgen; sie sollen dabei auch den Ursachen von arbeitsbedingten Gefahren für Leben und Gesundheit nachgehen (§ 14 Abs 1 SGB VII). In diesem Zusammenhang obliegt ihnen die Überwachung des nach § 21 Abs 1 SGB VII den Unternehmern übertragenen Arbeitsschutzes durch fachkundige Aufsichtspersonen(§ 17 Abs 1, § 18 SGB VII). Im Rahmen der Überwachung sind die Aufsichtspersonen insbesondere befugt, zu den Betriebs- und Geschäftszeiten Grundstücke und Betriebsstätten zu betreten, zu besichtigen und zu prüfen (§ 19 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB VII idF des Unfallversicherungsmodernisierungsgesetzes vom 30.10.2008, BGBl I 2130). Eine solche Maßnahme kann auch für Wohnräume zu jeder Tages- und Nachtzeit getroffen werden. Insoweit ist das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art 13 GG) eingeschränkt. Allerdings muss die Überwachung von Wohnräumen zur Verhütung dringender Gefahren geboten sein (§ 19 Abs 2 Satz 3 und 4 SGB VII idF des UVMG, aaO; zur Prävention und Überwachung häuslicher Arbeitsplätze vgl auch Spellbrink, NZS 2016, 527, 530; Leube, SGb 2012, 380, 384). Sowohl Arbeitgeber als auch die Unfallversicherungsträger sind demnach nur eingeschränkt zu präventiven, der sicheren Gestaltung der Arbeitsplätze dienenden Maßnahmen in der Lage. Daher ist es sachgerecht und nicht unbillig, das vom häuslichen und damit persönlichen Lebensbereich ausgehende Unfallrisiko den Versicherten und nicht der gesetzlichen Unfallversicherung, mit der gerade die Unternehmerhaftung abgelöst werden soll, anzulasten (vgl BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 3 S 18 mwN).

29

3. Die Klägerin befand sich zum Unfallzeitpunkt auch nicht auf einem versicherten Weg zum Ort einer Nahrungsaufnahme. Insoweit liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG nicht vor. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dieser ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG vom 19.12.2012 - 1 BvL 18/11 - BVerfGE 133, 1 RdNr 44 mwN; BVerfG vom 30.3.2007 - 1 BvR 3144/06 - SozR 4-2700 § 9 Nr 10 RdNr 18 mwN). Solche rechtfertigenden Gründe sind hier gegeben.

30

Das Zurücklegen eines Weges durch einen Beschäftigten mit der Handlungstendenz, sich an einem vom Ort der Tätigkeit verschiedenen Ort Nahrungsmittel zu besorgen oder einzunehmen, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats grundsätzlich versichert (vgl BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 48 RdNr 20; BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - UV-Recht Aktuell 2010, 897, Juris RdNr 15; BSG vom 20.2.2001 - B 2 U 6/00 R - Juris RdNr 20 mwN; BSG vom 27.6.2000 - B 2 U 22/99 R - SozR 3-2200 § 548 Nr 38 S 135 f mwN). Dieser Versicherungsschutz beruht darauf, dass der während einer Arbeitspause zurückgelegte Weg zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln für den alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz in zweierlei Hinsicht mit der Betriebstätigkeit verknüpft ist. Zum einen dient die beabsichtigte Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit im Gegensatz zur bloßen Vorbereitungshandlung vor der Arbeit der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit. Zum anderen handelt es sich um einen Weg, der in seinem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt ist, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten. Aufgrund des Zusammentreffens dieser beiden betriebsbezogenen Merkmale, des Handlungsziels und der Betriebsbedingtheit des Weges, ist der wesentliche innere Zusammenhang zwischen dem Betrieb und einem zur Nahrungsaufnahme zurückgelegten Weg angenommen worden (vgl BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 48 RdNr 21 mwN; BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 30 f; BSG vom 2.7.1996 - 2 RU 34/95 - SozR 3-2200 § 550 Nr 15 S 55 mwN).

31

Diese Betriebsbedingtheit des Weges liegt bei der Klägerin entgegen der Rechtsansicht des LSG gerade nicht vor. Sie ist jedenfalls nicht bereits darin zu sehen, dass die Klägerin den Weg zur Küche über die Treppe deshalb zurücklegen musste, weil sie sich zuvor in ihrem Arbeitszimmer aufgehalten hatte. Die Klägerin unterlag hinsichtlich der beabsichtigten Flüssigkeitszufuhr keinen betrieblichen Vorgaben oder Zwängen. Es stand vielmehr in ihrem Belieben, ob und wann sie sich wegen des nicht betriebs-, sondern krankheitsbedingten Trinkbedürfnisses Wasser aus der Küche holt. Der Weg zur Küche war weder räumlich durch einen außerhalb der Wohnung gelegenen Betriebsort vorgegeben noch innerhalb eines zeitlichen Rahmens zu erledigen und stand in keinem Zusammenhang mit bereits erbrachter Arbeit. Dieser vom LSG nicht gesehene, aber offenkundige grundlegende Unterschied steht der von der Klägerin geforderten gebotenen Gleichbehandlung mit Versicherten, die außerhalb der Wohnung einer Beschäftigung nachgehen, entgegen (vgl insoweit auch BSG vom 31.10.1968 - 2 RU 122/66 - Juris RdNr 18; BSG vom 29.6.1971 - 2 RU 117/69 - Juris RdNr 20 f; BSG vom 25.1.1977 - 2 RU 57/75 - SozR 2200 § 550 Nr 24 S 53; BSG vom 19.5.1983 - 2 RU 44/82 - BSGE 55, 139, 140 = SozR 2200 § 550 Nr 54 S 136; BSG vom 6.12.1989 - 2 RU 5/89 - SozR 2200 § 548 Nr 97 S 275; BSG vom 11.5.1995 - 2 RU 30/94 - Juris RdNr 16). Auch die weitere Überlegung des LSG, dass Unfallversicherungsschutz gleichheitswidrig nicht an der Möglichkeit einer freien Arbeitszeiteinteilung und einer schwierigen Beweislage scheitern dürfe, überzeugt nicht. Das Berufungsgericht übersieht insoweit, dass vorliegend nicht die Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Arbeitszeit oder Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsaufklärung, sondern das Zurücklegen eines Wegs mit dem Ziel, eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit innerhalb des persönlichen Lebens- und Risikobereichs zu verrichten, den Versicherungsschutz ausschließt.

32

4. Die Klägerin war zum Unfallzeitpunkt schließlich nicht durch die Wegeunfallversicherung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII geschützt. Danach zählt zu den versicherten Tätigkeiten zwar auch das Zurücklegen des mit einer gemäß §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Allerdings beginnt und endet der Weg zur oder von der Arbeit nach ständiger Rechtsprechung des Senats erst mit dem Durchschreiten der Außentür des Hauses, in dem die Wohnung liegt (BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47 RdNr 14; BSG vom 4.9.2007 - B 2 U 39/06 R - Juris RdNr 10; BSG vom 12.12.2006 - B 2 U 28/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 20 RdNr 16 und - B 2 U 1/06 R - BSGE 98, 20 = SozR 4-2700 § 8 Nr 21, RdNr 14). Die Wegeunfallversicherung erstreckt sich damit nicht auf Unfälle innerhalb des Gebäudes, in dem sich die Wohnung des Verletzten befindet. Der Unfall der Klägerin hat sich indes innerhalb ihrer Wohnung ereignet.

33

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet mündliche Verhandlung statt.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26.06.2008 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer am 02.08.2006 erfolgten Verletzung des Klägers als Arbeitsunfall im Streit.
Der 1955 geborene Kläger erlitt am 02.08.2006 bei seiner Tätigkeit als Industriemeister für die Glas ... GmbH in Ravensburg eine Bizepssehnenruptur. Im Durchgangsarztbericht des Dr. R vom 02.08.2006 ist angegeben, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit beim Hochheben einer schweren Glasscheibe einen plötzlichen, stechenden Schmerz im Bereich des rechten Oberarmes verspürt habe. Der Kläger habe einen distalen Bizepssehnenabriss [= Riss der vom Körper weiter entfernten kurzen Bizepssehne, welche anders als die lange körpernahe Bizepssehne aus einem einzelnen Strang besteht] rechts erlitten.
Aus einer Magnetresonanztomographie vom 09.08.2006 geht hervor, dass wahrscheinlich ein kompletter Abriss der Bizepssehne an der Tuberositas ulnae ohne Hinweis auf einen knöchernen Ausriss erfolgt sei. Am 11.08.2006 wurde deswegen im Städtischen Krankenhaus „14 Nothelfer“ in Weingarten eine Reinsertion der Bizepssehne in das Tuberkulum radii rechts vorgenommen. Der Kläger sei mit einer mindestens 14 Wochen lang zu tragenden Oberarmgipsschiene bei einem komplikationslosen postoperativen Verlauf entlassen worden.
Der Arbeitgeber gab zu dem Vorfall am 25.08.2006 an, dass das Geschehen sich in der Produktionshalle ereignet habe. Beim Anheben einer Glasscheibe von einem Transportgestell - die rechte Hand habe unten angefasst und die linke oben die Glasscheibe gehalten - sei die Sehne des rechten Bizepsmuskels gerissen. Diese Angaben bestätigte auch der Kläger in seiner Auskunft vom 21.08.2006. Er habe sofort mit der Arbeit aufgehört, da er brennende und ziehende Schmerzen verspürt habe. Seinen Arm habe er in Schutzhaltung positioniert und sofort seinen Arzt aufgesucht.
Mit Bescheid vom 05.09.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 02.08.2006 als Arbeitsunfall ab. Der Bizepssehnenabriss sei bei einem willentlichen, von außen unbeeinflussten Geschehensablauf ohne Fehlgängigkeit eingetreten. Die Muskulatur und das Skelettsystem seien so aufeinander abgestimmt, das ihr Zusammenwirken keines ihrer Teile beschädigen könne. Die Verletzung der Bizepssehne bei einem normalen Bewegungsablauf sei daher kein Unfall im Sinne des Gesetzes. Die berufliche Tätigkeit sei lediglich ein Anlassgeschehen gewesen. Hiervon machte die Beklagte auch Mitteilungen an die behandelnden Ärzte des Klägers. Bei der Krankenkasse des Klägers meldete die Beklagte vorsorglich einen Erstattungsanspruch an.
Mit Widerspruch vom 21.09.2006 machte der Kläger geltend, dass das Anheben einer Glasscheibe nicht zu seinen täglichen Arbeiten gehöre. Der Unfall sei unstreitig bei seiner Arbeit passiert und daher als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zum Beheben eines Fehlers an der Glasscheibe sei es notwendig gewesen, die Scheibe umzustellen. Dabei habe er die Scheibe gegriffen und sie anheben wollen. Um die Scheibe (ein Parallelogramm) anzuheben, habe er den gestreckten rechten Arm nach außen drehen müssen, was keiner normalen Hebehaltung entspreche. Um die Scheibe dann in der Balance zu halten, sei eine zusätzliche seitliche Drehung von Arm und Handgelenk notwendig gewesen. Außerdem sei er gedanklich mehr bei der Fehlersuche an der Glasscheibe gewesen als sich auf das Anheben der Scheibe zu konzentrieren. Hierbei sei dann die Sehne gerissen.
Die Beklagte holte bei der Techniker Krankenkasse (TK) ein Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers ein, aus welchem sich keine einschlägigen Vorerkrankungen ergaben. Außerdem forderte die Beklagte beim Krankenhaus Weingarten den Operationsbericht des Klägers an.
Mit Schreiben vom 09.11.2006 wies die Beklagte den Kläger dann darauf hin, dass ihrer Auffassung nach die Schädigung nur gelegentlich der ausgeübten Tätigkeit aufgetreten sei und nach menschlichem Ermessen auch bei jedem anderen ähnlich gelagerten Umstand außerhalb der Tätigkeit ohne besonderen Anlass ein Ausbruch hätte erfolgen können. Es fehle daher an dem notwendigen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsschädigung (haftungsausfüllende Kausalität). Bei der ausgeübten Tätigkeit, dem Anheben einer Glasscheibe, habe es sich um einen üblichen Arbeitsvorgang ohne äußere Gewalteinwirkung auf den Muskel und ohne eine plötzliche unvorhergesehene Beanspruchung des Bizepsmuskels gehandelt. Damit habe es an einem wesentlichen Unfallmerkmal, nämlich einer plötzlichen von außen auf den Körper einwirkenden Gewalt gefehlt. Das Anheben der Glasscheibe habe nur eine Gelegenheit für den festgestellten Bizepssehnenriss, nicht jedoch dessen wesentliche Ursache dargestellt.
Nachdem der Kläger seinen Widerspruch aufrecht erhielt, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2006 aus den von ihr angeführten Gründen als unbegründet zurück.
10 
Der Kläger hat am 05.01.2007 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege ein durch ein äußeres Ereignis ausgelöster Arbeitsunfall auch dann vor, wenn dem Vorgang kein besonderes oder ungewöhnliches Ereignis zugrunde liege. Gleichgültig sei auch, welche Stärke und Kraft die Einwirkung von außen beinhalte. Die Rechtsprechung habe auch festgelegt, dass es nicht notwendig sei, dass ein äußerlich sichtbares und feststellbares Ereignis auf den Verunfallten eingewirkt habe. Es sei ausreichend für die Annahme eines äußeren Ereignisses, dass ein bloßer Kraftaufwand, welcher bei der Tätigkeit notwendig gewesen sei, zu dem Unfall geführt habe (unter Berufung auf BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R -). In dieser Entscheidung habe das BSG auch entschieden, dass eine willentliche Handlung für sich alleine genommen noch nicht ausreiche, um ein Unfallgeschehen zu verneinen. Eine notwendige äußere Einwirkung sei auch dann gegeben, soweit in Fällen eines gewollten Handelns eine ungewollte Einwirkung zu verzeichnen sei. Dies sei im vorliegenden Fall geschehen, weil der Kläger bei einer willentlichen Tätigkeit, dem Anheben der Scheibe, eine Verletzung erlitten habe. Da eine Vorschädigung nicht erkennbar sei, handele es sich auch nicht um eine bloße Gelegenheitsursache, sondern das Anheben der Scheibe sei die wesentliche Ursache für den Abriss der Bizepssehne gewesen. Das BSG habe in der zitierten Entscheidung auch entschieden, dass die bloße Überwindung von Gegenkräften für die Beurteilung, ob ein Arbeitsunfall vorliege oder nicht, ausreichend sein könne. In der vorliegend getätigten Kraftanstrengung zum Anheben der Scheibe sei eine solche Überwindung einer Gegenkraft zu sehen. Schließlich wäre die Beklagte dafür beweispflichtig, dass bei dem Kläger eine degenerative Veranlagung vorgelegen habe, welche die erfolgte Schädigung auszulösen geeignet gewesen wäre.
11 
In ihrer Klageerwiderung berief auch die Beklagte sich auf das vom Klägerbevollmächtigten zitierte Urteil des BSG. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Fällen liege darin, dass der Kläger vorliegend willentlich eine Glasscheibe angehoben habe, deren Gewicht ihm bekannt gewesen sei, während in dem vom BSG entschiedenen Fall der Kraftaufwand (beim Anheben eines größeren Steinblocks) nicht absehbar gewesen sei und in dieser Folge die Schädigung eingetreten sei. Beim Kläger hätten sich die aufeinander abgestimmten Körperteile im rechten Arm, insbesondere Sehnen und Muskeln, auf den absehbaren Kraftaufwand für das Anheben der Scheibe einstellen können. Dies sei kein Vorgang, der nach der Rechtsprechung (LSG Baden-Württemberg vom 07.11.2006 - L 1 U 4027/06 -) und anerkannter Fachliteratur (Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 502) einen Riss der körperfernen Bizepssehne rechtlich wesentlich verursache. Eine plötzliche Fehlgängigkeit, die zu einer maximalen Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne hätte führen können, sei den klägerischen Angaben nicht zu entnehmen. Schließlich sei auch das vom Klägerbevollmächtigten zitierte Urteil des BSG innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit umstritten (unter Hinweis auf SG Augsburg vom 07.11.2005 - S 5 U 184/04; HVBG-Info 005/2006, S. 565, 582). Danach werde weiterhin auch die Auffassung vertreten, dass auch eine erhebliche Kraftanstrengung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht ausreiche. Eine extensive Auslegung dieses BSG-Urteils würde dazu führen, quasi jeden Körperschaden während einer betrieblichen Verrichtung als Arbeitsunfall anzuerkennen. Voraussetzung wäre dann lediglich, dass sich der Versicherte hierbei körperlich angestrengt habe, womit das in § 8 Abs. 1 in SGB VII geforderte Merkmal der Plötzlichkeit indes bedeutungslos würde; dies sei weder vom Gesetz abgedeckt noch sozialpolitisch gewollt.
12 
Das SG hat anschließend ein traumatologisch-orthopädisches Gutachten vom 09.05.2007 bei Dr. H. vom Universitätsklinikum Freiburg eingeholt. Beim Kläger sei es zu einer distalen Bizepssehnenläsion gekommen, als dieser eine ca. 25 kg schwere Glasscheibe mit gestrecktem Arm angehoben und hernach noch in Beugestellung des Kniegelenkes während des Anhebens versucht habe, den Ellbogen zu beugen und zu supinieren. Der Befund einer distalen Bizepssehnenläsion sei durch die Kernspintomographie bestätigt worden. Die Histologie habe darüber hinaus das Fehlen degenerierten Sehnengewebes nachgewiesen, welches als Hinweis für chronisch wiederkehrende Einblutungen und somit ein mehrzeitiges Geschehen sprechen könnte. Gegen die Annahme einer traumatischen Sehnenruptur spreche der nicht ganz typische Unfallhergang mit einer aktiven Beugung eines nahezu vollständig gestreckten Ellenbogens. Nach der aktuellen Literatur komme die distale Bizepssehnenruptur fast ausschließlich bei muskelkräftigen Männern im Alter zwischen 30 und 60 Jahren vor, vermehrt bei Rauchern. Es sei wahrscheinlich, dass die vom Kläger geschilderten besonderen Umstände die distale Bizepssehnenruptur hervorgerufen hätten. Der Schaden wäre nicht bei einer das Maß der alltäglichen Belastung nicht überschreitenden Anstrengung etwa zur selben Zeit und etwa im selben Umfang eingetreten. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ab dem 31.01.2007 werde vom 31.06.2007 bis 06.05.2007 mit 10 % und vom 07.05.2007 bis auf weiteres ebenfalls mit 10 % eingeschätzt. Diese Aussage wurde in einer ergänzenden Stellungnahme vom 14.06.2007 dahingehend korrigiert, dass bereits ab dem 31.01.2007 von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 10 % auszugehen sei.
13 
Die Beklagte ist dem Gutachten des Dr. H. entgegengetreten, weil dieser aufgrund des Fehlens degenerativer Veränderungen lediglich im Umkehrschluss davon ausgehe, dass es sich bei dem willkürlichen Hebevorgang der Fensterscheibe um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Das medizinische Bild sei jedoch für die Frage, ob ein Arbeitsunfall vorliege, nicht das entscheidende, sondern lediglich ein hilfreiches Kriterium. Degenerative Veränderungen seien im Verletzungsbereich nicht immer nachweisbar. Der Umkehrschluss des Gutachters sei auch deswegen bereits nicht zulässig. Aus den Ausführungen des Gutachters komme zum Ausdruck, dass die bloße Verrichtung betrieblicher Tätigkeiten schon als Unfall qualifiziert werden könne, was nicht zutreffe.
14 
In einer zweiten ergänzenden Stellungnahme zu den Einwendungen der Beklagten hat der Gutachter ausgeführt, dass er davon ausgegangen sei, der Kläger habe die Glasscheibe willentlich angehoben, wobei es zunächst nicht zu einer Ruptur gekommen sei. Erst anschließend, als bei maximal gespanntem Muskel die Glasscheibe weiter habe angehoben werden sollen, sei die Bizepssehnenruptur aufgetreten. Insofern sei dies auch nach Schönberger/Mertens/Valentin (a.a.O. S. 502) ein tendenziell analoger Vorgang wie beispielsweise das unerwartet schwere Anheben eines Gegenstandes mit gebeugtem Ellenbogen aus den Beinen heraus. Auch nach der von der Beklagten zitierten Literaturstelle sei die genaue Unfallanamnese in Kombination mit der feingeweblichen Untersuchung geeignet, die Entstehung der Ruptur zu klären. Insofern sei das Gutachten dahingehend zu ergänzen, dass der Unfallhergang in der Tat nicht ganz typisch sei, unter Abwägung der feingeweblichen Untersuchung jedoch mehr für als gegen eine traumatische distale Bizepssehnenruptur spreche.
15 
Anschließend hat das SG die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 als unbegründet abgewiesen. Das im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehende Anheben der Glasscheibe habe beim Kläger nicht zu einer zeitlich begrenzten Einwirkung von außen und somit nicht zu einem Unfallereignis im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung geführt. Zwar sei ein besonderes, ungewöhnliches Geschehen nicht erforderlich, jedoch müsse die Einwirkung von außen feststehen. Das Kriterium der Einwirkung von außen diene der Abgrenzung von Gesundheitsschädigungen aufgrund innerer Ursachen sowie aufgrund vorsätzlicher Selbstschädigungen. Die Annahme einer äußeren Einwirkung scheide aus, wenn die Einwirkung auf Umständen beruhe, für die eine in körperlicher oder seelischer Hinsicht besondere Veranlagung des Betroffenen oder dessen willentliches Verhalten die wesentliche Ursache gewesen sei. Ein geplantes, willentliches Herbeiführen einer Einwirkung widerspreche dem Begriff des Unfalls (BSGE 61, 113). Im Falle eines gewollten Handelns mit einer ungewollten Einwirkung könne zwar eine äußere Einwirkung im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII vorliegen. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall. Das Anheben der Glasscheibe durch den Kläger sei planmäßig und ohne Störung durch äußere Umstände (z.B. Gefahr des Entgleitens der Scheibe oder das Hängenbleiben der Scheibe) verlaufen, weshalb der Kläger keine unerwartet auftretende Gegenkraft überwinden habe müssen. Dies unterscheide den Ablauf grundsätzlich von demjenigen, welcher der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R) zugrunde gelegen habe. Dies habe der gerichtliche Sachverständige Dr. H. auf Nachfrage eingeräumt, in dem er den Unfallhergang als „in der Tat nicht ganz typisch“ bezeichnet habe. Der Gutachter könne sich daher zur Begründung eines von außen einwirkenden Ereignisses nur auf das Ergebnis der feingeweblichen Untersuchung eines entnommenen Sehnenpartikels berufen. Die hieraus gezogene Folgerung sei jedoch nicht zwingend. Die Beklagte weise in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass solche Untersuchungen mit dem Problem behaftet seien, dass sie nur einen indirekten Schluss auf den Zustand des Sehnengewebes im Rissbereich selbst erlaubten. Dem vom Kläger hervorgehobenen Umstand, dass das Anheben von Glasscheiben nicht zu seinen üblichen Aufgaben gehöre, weshalb er die Glasscheibe möglicherweise nicht physiologisch korrekt angefasst habe, messe der Gutachter offenbar keine Bedeutung für die Außeneinwirkung zu. Dem sei zu folgen, weil es sich hierbei nicht um Faktoren handele, die geeignet seien, dem geplanten, willentlichen Herbeiführen einer Einwirkung die Qualität eines Ereignisses im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zu verleihen. Das Urteil wurde dem Klägerbevollmächtigten am 15.07.2008 zugestellt.
16 
Der Bevollmächtigte des Klägers hat am 31.07.2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG lasse sich aus dem Gutachten des Dr. H. der Nachweis entnehmen, dass ein Arbeitsunfall vorliege. Aus Sicht des Sachverständigen sei aus medizinischer Sicht insoweit sogar eine eindeutige Beurteilungslage gegeben. Richtig sei, dass der Kläger bei dem Unfall keinen Schlag oder ein ähnliches, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis erlitten habe. Es sei aber ausreichend, dass eine äußere Einwirkung auf den Körper einwirke und ein gewolltes Handeln eine ungewollte Einwirkung erziele. Unzweifelhaft seien Vorschädigungen nicht gegeben, weswegen von einem Unfallhergang und vom Fehlen einer Gelegenheitsursache auszugehen sei. Da der Gutachter auch bereits aufgrund seiner eigenen Feststellungen zur Bejahung eines Arbeitsunfalls komme, habe er sich selbstverständlich nicht mit der Fragestellung auseinander gesetzt, ob eine physiologisch nicht korrekte Herangehensweise an das Anheben der Scheibe ebenfalls einen Unfall nachvollziehbar erscheinen lasse; eine Schlussfolgerung aus insoweit unterlassenen Beurteilungen des Gutachters sei jedoch nicht statthaft, da der Gutachter bereits aufgrund seiner Feststellungen von einem Arbeitsunfall ausgehe.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26.06.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2006 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 02.08.2006 (Ruptur der distalen Bizepssehne rechts) einen Arbeitsunfall darstellt.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Vorgang vom 02.08.2006 sei willentlich durchgeführt worden und nicht von einer Fehlgängigkeit geprägt gewesen. Ein Arbeitsunfall liege daher nicht vor. Daher sei auch der diagnostizierte Schaden der Bizepssehne nicht die Folge eines Arbeitsunfalls, für den eine Leistungspflicht bestünde.
22 
Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Verfügung vom 10.10.2008 darauf hingewiesen, dass die Sache entscheidungsreif sei und es sich bei den aufgeworfenen Fragen durchgehend um vom Gericht zu entscheidende Rechtsfragen handele (Definition des Arbeitsunfalls im Rechtssinne, Feststellung des wesentlichen Zusammenhangs). Weitere Ermittlungen, insbesondere auf medizinischem Gebiet, seien daher nicht geboten. Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und Gerichtsakten Bezug genommen.
23 
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die nach den §§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).
26 
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Mit der Formulierung „infolge eines Versicherungsfalls“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Leistungen nur gewährt werden können, wenn Gesundheitsstörungen durch den Arbeitsunfall rechtlich wesentlich verursacht worden sind.
27 
Entsprechend den Ausführungen des SG fehlt es vorliegend an dem Erfordernis eines von außen auf den Körper des Klägers wirkenden Ereignisses, welches für die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII erforderlich wäre. Andererseits lag durch die Willens- und Kraftanstrengung des Klägers bei dem Vorfall ein inneres und vom Kläger gesteuertes Geschehen vor, welches eine solche Einwirkung von außen gerade ausschloss.
28 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 a.a.O., RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
29 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, Vorb. v. § 249 RdNr. 58 ff. m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursa-chen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
30 
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ur-sache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Be-deutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vor-handenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschei-nungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, son-dern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
31 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfol-gen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststel-lung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
32 
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die erlittene Bizepssehnenruptur nicht vor. Das SG weist zu Recht darauf hin, dass nach dem vom Kläger geschilderten Ablauf der Ereignisse eine von diesem vollkommen kontrollierte Hebesituation vorlag. Der Kläger hat eine schwere Fensterscheibe angehoben und hierbei untersucht, wobei er sich voll auf diese Tätigkeit konzentrieren konnte. Eine Einwirkung von außen, eine plötzliche Ablenkung oder sonstige überraschende Momente sind hierbei nicht aufgetreten. Die völlig vom Willen des Klägers gesteuerte Handlung wies - abgesehen vom Eintritt der Verletzung - keinerlei Überraschungsmoment auf und ließ dem Kläger auch noch den Handlungsspielraum, während des Hebevorgangs die Scheibe wie beabsichtigt auf Unregelmäßigkeiten hin zu inspizieren. Ein ruckartiges, reflexhaftes Nachfassen mit maximaler Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne, welches insofern die Verletzung im Sinne eines Arbeitsunfalls möglich gemacht haben könnte, ist den Angaben des Klägers nicht zu entnehmen (vgl. den Beschluss des erkennenden Senat vom 07.11.2006 - L 1 U 4027/06 -).
33 
Nach der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R), auf welche sich beide Beteiligte berufen, ist für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte Ereignis kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich; alltägliche Vorgänge wie Stolpern o.ä. genügen. Dies soll der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden aufgrund von inneren Ursachen, wie Herzinfarkt, Kreislaufkollaps u.ä. dienen, wenn diese während der versicherten Tätigkeit auftreten, sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen. Ein schlichter Sturz auf einem versicherten Weg genügt danach, es sei denn, der Unfall ist infolge einer nichtbetriebsbedingten krankhaften Erscheinung eingetreten und zur Schwere der Verletzung hat keine Gefahr mitgewirkt, der der Kläger auf dem Weg ausgesetzt war. Ist eine innere Ursache nicht feststellbar, liegt ein Arbeitsunfall vor (BSG a.a.O. m.w.N.).
34 
Zwar ist auch vorliegend entsprechend den Ausführungen des Gutachters Dr. H. eine innere Ursache nicht feststellbar, doch rechtfertigt dies noch nicht den von dem Gutachter vorgenommenen Umkehrschluss, eine solche könne nicht vorgelegen haben. Wenn eine solche innere Ursache möglicherweise bestünde, trüge die Beklagte gegebenenfalls entsprechend den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten für ihr Vorliegen die Feststellungslast (vgl. hierzu Bayerisches LSG, Urteil vom 22.03.2006 - L 2 U 43/04 -). Vorliegend ist jedoch das Vorliegen eines Merkmals zweifelhaft, welches zur Begriffsdefinition des Unfalls nach § 8 SGB VII gehört und für dessen Vorliegen die Feststellungslast beim Kläger liegt.
35 
Anders als in dem vorliegenden Fall war es in dem Fall, welcher der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 zugrunde lag, zu einem überraschenden und insbesondere von dem dortigen Versicherten nicht mehr kontrollierbaren Ereignis gekommen, als dieser beim Anheben eines festgefrorenen 70 kg schweren Steines auf unerwartete Gegenkräfte gestoßen ist und hierbei während der Kraftentfaltung spüren musste, dass er sich ein zu hohes Gewicht vorgenommen hatte. Damit ist der vorliegende Fall des Anhebens einer nur 25 kg schweren Glasscheibe nicht vergleichbar, zumal der Hebevorgang für den Kläger offensichtlich bereits deswegen keinerlei Schwierigkeiten beinhaltete, weil der Kläger hierbei nach eigenen Angaben noch die Glasscheibe auf Unregelmäßigkeiten untersuchen konnte. Damit fehlt dem vorliegenden Fall jegliches Ereignis im Sinne eines plötzlichen Vorfalls, sieht man von der eingetretenen Verletzung an der Bizepssehne selbst einmal ab. Auch lag kein Fall einer als außergewöhnliche Anstrengung in einer betriebsbezogenen Stresssituation zu bewertenden Arbeit vor (vgl. BSGE 62, 220 = SozR 2200 § 589 Nr. 10 zum Fall einer Hausschlachtung durch den Versicherten, wenn diese zu erheblicher Atemnot führt, der Versicherte zusammenbricht und innerhalb einer Stunde verstirbt). Ob eine außergewöhnliche Kraftanstrengung allein betrachtet insoweit im Rechtssinn ausreichen kann (ablehnend mit Darstellung der älteren Rechtsprechung SG Augsburg, Urteil vom 07.11.2005 - S 5 U 184/04 -, HVBG-Info 005/2006, S. 565-582), lässt der Senat dahinstehen, da ein solcher Fall vorliegend nicht zu entscheiden ist.
36 
Das BSG verlangt in seiner von beiden Beteiligten zitierten Entscheidung für ein von außen wirkendes Ereignis zusätzlich zu Recht, dass von der Einwirkung als einem unfreiwilligen Element des Geschehensablaufs auszugehen ist, was hier jedenfalls auch nicht gegeben ist (BSGE 61, 113, 115 = SozR 2200 § 1252 Nr. 6 S. 20).
37 
Zwar muss die Einwirkung nicht äußerlich sichtbar sein (BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - mit Hinweis auf BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56: Störung eines Herzschrittmachers durch Kurzwellen eines elektrischen Geräts), ganz verzichtet werden kann hierauf jedoch nicht. Auch in der vom BSG in seiner Entscheidung vom 12.04.2005 zitierten Entscheidung vom 02.05.2001 (B 2 U 18/00 R; HVBG-Info 2001, 1713: Körperlich anstrengendes Heben einer Bohrsonde, während dessen der Versicherte auf einmal einen Schmerz im Halsbereich verspürte und anschließend eine Subarachnoidalblutung erlitt) lag aufgrund des Hebens einer besonders schweren Last ein Sachverhalt zugrunde, welcher mit dem Vorliegenden insoweit nicht vergleichbar ist.
38 
Das Fehlen einer anderen bekannten Verursachung des Bizepssehnenabriss erlaubt nicht den Schluss, dass die Tätigkeit des Hebevorganges der Fensterscheibe die rechtlich wesentliche Bedingung für die Schädigung im oben genannten Sinne war. Zwar läge es insofern nahe, den Hebevorgang mangels anderer möglicher Ursachen für maßgeblich zu halten, doch ist dies irrelevant, sofern ebenfalls kein von außen plötzlich einwirkendes Ereignis im zuvor beschriebenen Sinn festgestellt werden kann.
39 
Nach der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 502) ist ein plötzlicher Schmerz beim Anheben eines Gegenstandes kein für die vorliegende Verletzung geeigneter Vorgang. Gleiches gilt für beim Schippen mit einer Schaufel auftretende Schmerzen oder sonstige willentliche Kraftanstrengungen ohne zusätzliche Einwirkung. Die geschilderten geeigneten Vorgänge (direkter Schlag eines Gegenstandes in die Ellenbeuge, Fehlschlag mit schwerem Hammer, plötzliche Bewegung von muskulär fixierten Gelenken, direkte Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung) hingegen erfüllen durchgängig das Kriterium der plötzlichen, ungewollten Einwirkung von außen. Die distale Bizepssehnenruptur beruht nach Schönberger/Mehrtens/Valentin im Übrigen in 50 % der Fälle auf degenerativen Erscheinungen.
40 
Insoweit kann auch die von dem Gutachter Dr. H. (in der ergänzenden Stellungnahme vom 09.07.2007) vorgenommene Analogie zwischen den bei Schönberger/Mehrtens/Valentin genannten geeigneten Fallgruppen (a.a.O., S. 502) und dem vorliegenden Sachverhalt nicht nachvollzogen werden, weil es vorliegend gerade an dem auch von Schönberger/Mehrtens/Valentin als wesentlich beschriebenen Umstand einer plötzlichen Einwirkung von außen, sei es auch nur in der Gestalt eines plötzlichen, unerwarteten zusätzlichen Kraftaufwandes (etwa durch Nachfassen beim Abrutschen des Tragegegenstandes), gerade fehlt.
41 
Da ein von außen einwirkendes unfreiwilliges und plötzliches Ereignis nicht feststellbar ist, sind die Einwände des Klägerbevollmächtigten nicht einschlägig, dass die Beklagte für eine Gelegenheitsursache oder andere Ursache (etwa Veranlagung oder degenerative Vorschädigung) beweispflichtig sei.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
43 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
24 
Die nach den §§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).
26 
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Mit der Formulierung „infolge eines Versicherungsfalls“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Leistungen nur gewährt werden können, wenn Gesundheitsstörungen durch den Arbeitsunfall rechtlich wesentlich verursacht worden sind.
27 
Entsprechend den Ausführungen des SG fehlt es vorliegend an dem Erfordernis eines von außen auf den Körper des Klägers wirkenden Ereignisses, welches für die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII erforderlich wäre. Andererseits lag durch die Willens- und Kraftanstrengung des Klägers bei dem Vorfall ein inneres und vom Kläger gesteuertes Geschehen vor, welches eine solche Einwirkung von außen gerade ausschloss.
28 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 a.a.O., RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
29 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, Vorb. v. § 249 RdNr. 58 ff. m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursa-chen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
30 
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ur-sache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Be-deutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vor-handenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschei-nungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, son-dern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
31 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfol-gen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststel-lung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
32 
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die erlittene Bizepssehnenruptur nicht vor. Das SG weist zu Recht darauf hin, dass nach dem vom Kläger geschilderten Ablauf der Ereignisse eine von diesem vollkommen kontrollierte Hebesituation vorlag. Der Kläger hat eine schwere Fensterscheibe angehoben und hierbei untersucht, wobei er sich voll auf diese Tätigkeit konzentrieren konnte. Eine Einwirkung von außen, eine plötzliche Ablenkung oder sonstige überraschende Momente sind hierbei nicht aufgetreten. Die völlig vom Willen des Klägers gesteuerte Handlung wies - abgesehen vom Eintritt der Verletzung - keinerlei Überraschungsmoment auf und ließ dem Kläger auch noch den Handlungsspielraum, während des Hebevorgangs die Scheibe wie beabsichtigt auf Unregelmäßigkeiten hin zu inspizieren. Ein ruckartiges, reflexhaftes Nachfassen mit maximaler Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne, welches insofern die Verletzung im Sinne eines Arbeitsunfalls möglich gemacht haben könnte, ist den Angaben des Klägers nicht zu entnehmen (vgl. den Beschluss des erkennenden Senat vom 07.11.2006 - L 1 U 4027/06 -).
33 
Nach der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R), auf welche sich beide Beteiligte berufen, ist für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte Ereignis kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich; alltägliche Vorgänge wie Stolpern o.ä. genügen. Dies soll der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden aufgrund von inneren Ursachen, wie Herzinfarkt, Kreislaufkollaps u.ä. dienen, wenn diese während der versicherten Tätigkeit auftreten, sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen. Ein schlichter Sturz auf einem versicherten Weg genügt danach, es sei denn, der Unfall ist infolge einer nichtbetriebsbedingten krankhaften Erscheinung eingetreten und zur Schwere der Verletzung hat keine Gefahr mitgewirkt, der der Kläger auf dem Weg ausgesetzt war. Ist eine innere Ursache nicht feststellbar, liegt ein Arbeitsunfall vor (BSG a.a.O. m.w.N.).
34 
Zwar ist auch vorliegend entsprechend den Ausführungen des Gutachters Dr. H. eine innere Ursache nicht feststellbar, doch rechtfertigt dies noch nicht den von dem Gutachter vorgenommenen Umkehrschluss, eine solche könne nicht vorgelegen haben. Wenn eine solche innere Ursache möglicherweise bestünde, trüge die Beklagte gegebenenfalls entsprechend den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten für ihr Vorliegen die Feststellungslast (vgl. hierzu Bayerisches LSG, Urteil vom 22.03.2006 - L 2 U 43/04 -). Vorliegend ist jedoch das Vorliegen eines Merkmals zweifelhaft, welches zur Begriffsdefinition des Unfalls nach § 8 SGB VII gehört und für dessen Vorliegen die Feststellungslast beim Kläger liegt.
35 
Anders als in dem vorliegenden Fall war es in dem Fall, welcher der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 zugrunde lag, zu einem überraschenden und insbesondere von dem dortigen Versicherten nicht mehr kontrollierbaren Ereignis gekommen, als dieser beim Anheben eines festgefrorenen 70 kg schweren Steines auf unerwartete Gegenkräfte gestoßen ist und hierbei während der Kraftentfaltung spüren musste, dass er sich ein zu hohes Gewicht vorgenommen hatte. Damit ist der vorliegende Fall des Anhebens einer nur 25 kg schweren Glasscheibe nicht vergleichbar, zumal der Hebevorgang für den Kläger offensichtlich bereits deswegen keinerlei Schwierigkeiten beinhaltete, weil der Kläger hierbei nach eigenen Angaben noch die Glasscheibe auf Unregelmäßigkeiten untersuchen konnte. Damit fehlt dem vorliegenden Fall jegliches Ereignis im Sinne eines plötzlichen Vorfalls, sieht man von der eingetretenen Verletzung an der Bizepssehne selbst einmal ab. Auch lag kein Fall einer als außergewöhnliche Anstrengung in einer betriebsbezogenen Stresssituation zu bewertenden Arbeit vor (vgl. BSGE 62, 220 = SozR 2200 § 589 Nr. 10 zum Fall einer Hausschlachtung durch den Versicherten, wenn diese zu erheblicher Atemnot führt, der Versicherte zusammenbricht und innerhalb einer Stunde verstirbt). Ob eine außergewöhnliche Kraftanstrengung allein betrachtet insoweit im Rechtssinn ausreichen kann (ablehnend mit Darstellung der älteren Rechtsprechung SG Augsburg, Urteil vom 07.11.2005 - S 5 U 184/04 -, HVBG-Info 005/2006, S. 565-582), lässt der Senat dahinstehen, da ein solcher Fall vorliegend nicht zu entscheiden ist.
36 
Das BSG verlangt in seiner von beiden Beteiligten zitierten Entscheidung für ein von außen wirkendes Ereignis zusätzlich zu Recht, dass von der Einwirkung als einem unfreiwilligen Element des Geschehensablaufs auszugehen ist, was hier jedenfalls auch nicht gegeben ist (BSGE 61, 113, 115 = SozR 2200 § 1252 Nr. 6 S. 20).
37 
Zwar muss die Einwirkung nicht äußerlich sichtbar sein (BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - mit Hinweis auf BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56: Störung eines Herzschrittmachers durch Kurzwellen eines elektrischen Geräts), ganz verzichtet werden kann hierauf jedoch nicht. Auch in der vom BSG in seiner Entscheidung vom 12.04.2005 zitierten Entscheidung vom 02.05.2001 (B 2 U 18/00 R; HVBG-Info 2001, 1713: Körperlich anstrengendes Heben einer Bohrsonde, während dessen der Versicherte auf einmal einen Schmerz im Halsbereich verspürte und anschließend eine Subarachnoidalblutung erlitt) lag aufgrund des Hebens einer besonders schweren Last ein Sachverhalt zugrunde, welcher mit dem Vorliegenden insoweit nicht vergleichbar ist.
38 
Das Fehlen einer anderen bekannten Verursachung des Bizepssehnenabriss erlaubt nicht den Schluss, dass die Tätigkeit des Hebevorganges der Fensterscheibe die rechtlich wesentliche Bedingung für die Schädigung im oben genannten Sinne war. Zwar läge es insofern nahe, den Hebevorgang mangels anderer möglicher Ursachen für maßgeblich zu halten, doch ist dies irrelevant, sofern ebenfalls kein von außen plötzlich einwirkendes Ereignis im zuvor beschriebenen Sinn festgestellt werden kann.
39 
Nach der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 502) ist ein plötzlicher Schmerz beim Anheben eines Gegenstandes kein für die vorliegende Verletzung geeigneter Vorgang. Gleiches gilt für beim Schippen mit einer Schaufel auftretende Schmerzen oder sonstige willentliche Kraftanstrengungen ohne zusätzliche Einwirkung. Die geschilderten geeigneten Vorgänge (direkter Schlag eines Gegenstandes in die Ellenbeuge, Fehlschlag mit schwerem Hammer, plötzliche Bewegung von muskulär fixierten Gelenken, direkte Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung) hingegen erfüllen durchgängig das Kriterium der plötzlichen, ungewollten Einwirkung von außen. Die distale Bizepssehnenruptur beruht nach Schönberger/Mehrtens/Valentin im Übrigen in 50 % der Fälle auf degenerativen Erscheinungen.
40 
Insoweit kann auch die von dem Gutachter Dr. H. (in der ergänzenden Stellungnahme vom 09.07.2007) vorgenommene Analogie zwischen den bei Schönberger/Mehrtens/Valentin genannten geeigneten Fallgruppen (a.a.O., S. 502) und dem vorliegenden Sachverhalt nicht nachvollzogen werden, weil es vorliegend gerade an dem auch von Schönberger/Mehrtens/Valentin als wesentlich beschriebenen Umstand einer plötzlichen Einwirkung von außen, sei es auch nur in der Gestalt eines plötzlichen, unerwarteten zusätzlichen Kraftaufwandes (etwa durch Nachfassen beim Abrutschen des Tragegegenstandes), gerade fehlt.
41 
Da ein von außen einwirkendes unfreiwilliges und plötzliches Ereignis nicht feststellbar ist, sind die Einwände des Klägerbevollmächtigten nicht einschlägig, dass die Beklagte für eine Gelegenheitsursache oder andere Ursache (etwa Veranlagung oder degenerative Vorschädigung) beweispflichtig sei.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
43 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26.06.2008 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer am 02.08.2006 erfolgten Verletzung des Klägers als Arbeitsunfall im Streit.
Der 1955 geborene Kläger erlitt am 02.08.2006 bei seiner Tätigkeit als Industriemeister für die Glas ... GmbH in Ravensburg eine Bizepssehnenruptur. Im Durchgangsarztbericht des Dr. R vom 02.08.2006 ist angegeben, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit beim Hochheben einer schweren Glasscheibe einen plötzlichen, stechenden Schmerz im Bereich des rechten Oberarmes verspürt habe. Der Kläger habe einen distalen Bizepssehnenabriss [= Riss der vom Körper weiter entfernten kurzen Bizepssehne, welche anders als die lange körpernahe Bizepssehne aus einem einzelnen Strang besteht] rechts erlitten.
Aus einer Magnetresonanztomographie vom 09.08.2006 geht hervor, dass wahrscheinlich ein kompletter Abriss der Bizepssehne an der Tuberositas ulnae ohne Hinweis auf einen knöchernen Ausriss erfolgt sei. Am 11.08.2006 wurde deswegen im Städtischen Krankenhaus „14 Nothelfer“ in Weingarten eine Reinsertion der Bizepssehne in das Tuberkulum radii rechts vorgenommen. Der Kläger sei mit einer mindestens 14 Wochen lang zu tragenden Oberarmgipsschiene bei einem komplikationslosen postoperativen Verlauf entlassen worden.
Der Arbeitgeber gab zu dem Vorfall am 25.08.2006 an, dass das Geschehen sich in der Produktionshalle ereignet habe. Beim Anheben einer Glasscheibe von einem Transportgestell - die rechte Hand habe unten angefasst und die linke oben die Glasscheibe gehalten - sei die Sehne des rechten Bizepsmuskels gerissen. Diese Angaben bestätigte auch der Kläger in seiner Auskunft vom 21.08.2006. Er habe sofort mit der Arbeit aufgehört, da er brennende und ziehende Schmerzen verspürt habe. Seinen Arm habe er in Schutzhaltung positioniert und sofort seinen Arzt aufgesucht.
Mit Bescheid vom 05.09.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 02.08.2006 als Arbeitsunfall ab. Der Bizepssehnenabriss sei bei einem willentlichen, von außen unbeeinflussten Geschehensablauf ohne Fehlgängigkeit eingetreten. Die Muskulatur und das Skelettsystem seien so aufeinander abgestimmt, das ihr Zusammenwirken keines ihrer Teile beschädigen könne. Die Verletzung der Bizepssehne bei einem normalen Bewegungsablauf sei daher kein Unfall im Sinne des Gesetzes. Die berufliche Tätigkeit sei lediglich ein Anlassgeschehen gewesen. Hiervon machte die Beklagte auch Mitteilungen an die behandelnden Ärzte des Klägers. Bei der Krankenkasse des Klägers meldete die Beklagte vorsorglich einen Erstattungsanspruch an.
Mit Widerspruch vom 21.09.2006 machte der Kläger geltend, dass das Anheben einer Glasscheibe nicht zu seinen täglichen Arbeiten gehöre. Der Unfall sei unstreitig bei seiner Arbeit passiert und daher als Arbeitsunfall anzuerkennen. Zum Beheben eines Fehlers an der Glasscheibe sei es notwendig gewesen, die Scheibe umzustellen. Dabei habe er die Scheibe gegriffen und sie anheben wollen. Um die Scheibe (ein Parallelogramm) anzuheben, habe er den gestreckten rechten Arm nach außen drehen müssen, was keiner normalen Hebehaltung entspreche. Um die Scheibe dann in der Balance zu halten, sei eine zusätzliche seitliche Drehung von Arm und Handgelenk notwendig gewesen. Außerdem sei er gedanklich mehr bei der Fehlersuche an der Glasscheibe gewesen als sich auf das Anheben der Scheibe zu konzentrieren. Hierbei sei dann die Sehne gerissen.
Die Beklagte holte bei der Techniker Krankenkasse (TK) ein Vorerkrankungsverzeichnis des Klägers ein, aus welchem sich keine einschlägigen Vorerkrankungen ergaben. Außerdem forderte die Beklagte beim Krankenhaus Weingarten den Operationsbericht des Klägers an.
Mit Schreiben vom 09.11.2006 wies die Beklagte den Kläger dann darauf hin, dass ihrer Auffassung nach die Schädigung nur gelegentlich der ausgeübten Tätigkeit aufgetreten sei und nach menschlichem Ermessen auch bei jedem anderen ähnlich gelagerten Umstand außerhalb der Tätigkeit ohne besonderen Anlass ein Ausbruch hätte erfolgen können. Es fehle daher an dem notwendigen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsschädigung (haftungsausfüllende Kausalität). Bei der ausgeübten Tätigkeit, dem Anheben einer Glasscheibe, habe es sich um einen üblichen Arbeitsvorgang ohne äußere Gewalteinwirkung auf den Muskel und ohne eine plötzliche unvorhergesehene Beanspruchung des Bizepsmuskels gehandelt. Damit habe es an einem wesentlichen Unfallmerkmal, nämlich einer plötzlichen von außen auf den Körper einwirkenden Gewalt gefehlt. Das Anheben der Glasscheibe habe nur eine Gelegenheit für den festgestellten Bizepssehnenriss, nicht jedoch dessen wesentliche Ursache dargestellt.
Nachdem der Kläger seinen Widerspruch aufrecht erhielt, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2006 aus den von ihr angeführten Gründen als unbegründet zurück.
10 
Der Kläger hat am 05.01.2007 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege ein durch ein äußeres Ereignis ausgelöster Arbeitsunfall auch dann vor, wenn dem Vorgang kein besonderes oder ungewöhnliches Ereignis zugrunde liege. Gleichgültig sei auch, welche Stärke und Kraft die Einwirkung von außen beinhalte. Die Rechtsprechung habe auch festgelegt, dass es nicht notwendig sei, dass ein äußerlich sichtbares und feststellbares Ereignis auf den Verunfallten eingewirkt habe. Es sei ausreichend für die Annahme eines äußeren Ereignisses, dass ein bloßer Kraftaufwand, welcher bei der Tätigkeit notwendig gewesen sei, zu dem Unfall geführt habe (unter Berufung auf BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R -). In dieser Entscheidung habe das BSG auch entschieden, dass eine willentliche Handlung für sich alleine genommen noch nicht ausreiche, um ein Unfallgeschehen zu verneinen. Eine notwendige äußere Einwirkung sei auch dann gegeben, soweit in Fällen eines gewollten Handelns eine ungewollte Einwirkung zu verzeichnen sei. Dies sei im vorliegenden Fall geschehen, weil der Kläger bei einer willentlichen Tätigkeit, dem Anheben der Scheibe, eine Verletzung erlitten habe. Da eine Vorschädigung nicht erkennbar sei, handele es sich auch nicht um eine bloße Gelegenheitsursache, sondern das Anheben der Scheibe sei die wesentliche Ursache für den Abriss der Bizepssehne gewesen. Das BSG habe in der zitierten Entscheidung auch entschieden, dass die bloße Überwindung von Gegenkräften für die Beurteilung, ob ein Arbeitsunfall vorliege oder nicht, ausreichend sein könne. In der vorliegend getätigten Kraftanstrengung zum Anheben der Scheibe sei eine solche Überwindung einer Gegenkraft zu sehen. Schließlich wäre die Beklagte dafür beweispflichtig, dass bei dem Kläger eine degenerative Veranlagung vorgelegen habe, welche die erfolgte Schädigung auszulösen geeignet gewesen wäre.
11 
In ihrer Klageerwiderung berief auch die Beklagte sich auf das vom Klägerbevollmächtigten zitierte Urteil des BSG. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Fällen liege darin, dass der Kläger vorliegend willentlich eine Glasscheibe angehoben habe, deren Gewicht ihm bekannt gewesen sei, während in dem vom BSG entschiedenen Fall der Kraftaufwand (beim Anheben eines größeren Steinblocks) nicht absehbar gewesen sei und in dieser Folge die Schädigung eingetreten sei. Beim Kläger hätten sich die aufeinander abgestimmten Körperteile im rechten Arm, insbesondere Sehnen und Muskeln, auf den absehbaren Kraftaufwand für das Anheben der Scheibe einstellen können. Dies sei kein Vorgang, der nach der Rechtsprechung (LSG Baden-Württemberg vom 07.11.2006 - L 1 U 4027/06 -) und anerkannter Fachliteratur (Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, S. 502) einen Riss der körperfernen Bizepssehne rechtlich wesentlich verursache. Eine plötzliche Fehlgängigkeit, die zu einer maximalen Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne hätte führen können, sei den klägerischen Angaben nicht zu entnehmen. Schließlich sei auch das vom Klägerbevollmächtigten zitierte Urteil des BSG innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit umstritten (unter Hinweis auf SG Augsburg vom 07.11.2005 - S 5 U 184/04; HVBG-Info 005/2006, S. 565, 582). Danach werde weiterhin auch die Auffassung vertreten, dass auch eine erhebliche Kraftanstrengung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht ausreiche. Eine extensive Auslegung dieses BSG-Urteils würde dazu führen, quasi jeden Körperschaden während einer betrieblichen Verrichtung als Arbeitsunfall anzuerkennen. Voraussetzung wäre dann lediglich, dass sich der Versicherte hierbei körperlich angestrengt habe, womit das in § 8 Abs. 1 in SGB VII geforderte Merkmal der Plötzlichkeit indes bedeutungslos würde; dies sei weder vom Gesetz abgedeckt noch sozialpolitisch gewollt.
12 
Das SG hat anschließend ein traumatologisch-orthopädisches Gutachten vom 09.05.2007 bei Dr. H. vom Universitätsklinikum Freiburg eingeholt. Beim Kläger sei es zu einer distalen Bizepssehnenläsion gekommen, als dieser eine ca. 25 kg schwere Glasscheibe mit gestrecktem Arm angehoben und hernach noch in Beugestellung des Kniegelenkes während des Anhebens versucht habe, den Ellbogen zu beugen und zu supinieren. Der Befund einer distalen Bizepssehnenläsion sei durch die Kernspintomographie bestätigt worden. Die Histologie habe darüber hinaus das Fehlen degenerierten Sehnengewebes nachgewiesen, welches als Hinweis für chronisch wiederkehrende Einblutungen und somit ein mehrzeitiges Geschehen sprechen könnte. Gegen die Annahme einer traumatischen Sehnenruptur spreche der nicht ganz typische Unfallhergang mit einer aktiven Beugung eines nahezu vollständig gestreckten Ellenbogens. Nach der aktuellen Literatur komme die distale Bizepssehnenruptur fast ausschließlich bei muskelkräftigen Männern im Alter zwischen 30 und 60 Jahren vor, vermehrt bei Rauchern. Es sei wahrscheinlich, dass die vom Kläger geschilderten besonderen Umstände die distale Bizepssehnenruptur hervorgerufen hätten. Der Schaden wäre nicht bei einer das Maß der alltäglichen Belastung nicht überschreitenden Anstrengung etwa zur selben Zeit und etwa im selben Umfang eingetreten. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ab dem 31.01.2007 werde vom 31.06.2007 bis 06.05.2007 mit 10 % und vom 07.05.2007 bis auf weiteres ebenfalls mit 10 % eingeschätzt. Diese Aussage wurde in einer ergänzenden Stellungnahme vom 14.06.2007 dahingehend korrigiert, dass bereits ab dem 31.01.2007 von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 10 % auszugehen sei.
13 
Die Beklagte ist dem Gutachten des Dr. H. entgegengetreten, weil dieser aufgrund des Fehlens degenerativer Veränderungen lediglich im Umkehrschluss davon ausgehe, dass es sich bei dem willkürlichen Hebevorgang der Fensterscheibe um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Das medizinische Bild sei jedoch für die Frage, ob ein Arbeitsunfall vorliege, nicht das entscheidende, sondern lediglich ein hilfreiches Kriterium. Degenerative Veränderungen seien im Verletzungsbereich nicht immer nachweisbar. Der Umkehrschluss des Gutachters sei auch deswegen bereits nicht zulässig. Aus den Ausführungen des Gutachters komme zum Ausdruck, dass die bloße Verrichtung betrieblicher Tätigkeiten schon als Unfall qualifiziert werden könne, was nicht zutreffe.
14 
In einer zweiten ergänzenden Stellungnahme zu den Einwendungen der Beklagten hat der Gutachter ausgeführt, dass er davon ausgegangen sei, der Kläger habe die Glasscheibe willentlich angehoben, wobei es zunächst nicht zu einer Ruptur gekommen sei. Erst anschließend, als bei maximal gespanntem Muskel die Glasscheibe weiter habe angehoben werden sollen, sei die Bizepssehnenruptur aufgetreten. Insofern sei dies auch nach Schönberger/Mertens/Valentin (a.a.O. S. 502) ein tendenziell analoger Vorgang wie beispielsweise das unerwartet schwere Anheben eines Gegenstandes mit gebeugtem Ellenbogen aus den Beinen heraus. Auch nach der von der Beklagten zitierten Literaturstelle sei die genaue Unfallanamnese in Kombination mit der feingeweblichen Untersuchung geeignet, die Entstehung der Ruptur zu klären. Insofern sei das Gutachten dahingehend zu ergänzen, dass der Unfallhergang in der Tat nicht ganz typisch sei, unter Abwägung der feingeweblichen Untersuchung jedoch mehr für als gegen eine traumatische distale Bizepssehnenruptur spreche.
15 
Anschließend hat das SG die Klage mit Urteil vom 26.06.2008 als unbegründet abgewiesen. Das im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehende Anheben der Glasscheibe habe beim Kläger nicht zu einer zeitlich begrenzten Einwirkung von außen und somit nicht zu einem Unfallereignis im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung geführt. Zwar sei ein besonderes, ungewöhnliches Geschehen nicht erforderlich, jedoch müsse die Einwirkung von außen feststehen. Das Kriterium der Einwirkung von außen diene der Abgrenzung von Gesundheitsschädigungen aufgrund innerer Ursachen sowie aufgrund vorsätzlicher Selbstschädigungen. Die Annahme einer äußeren Einwirkung scheide aus, wenn die Einwirkung auf Umständen beruhe, für die eine in körperlicher oder seelischer Hinsicht besondere Veranlagung des Betroffenen oder dessen willentliches Verhalten die wesentliche Ursache gewesen sei. Ein geplantes, willentliches Herbeiführen einer Einwirkung widerspreche dem Begriff des Unfalls (BSGE 61, 113). Im Falle eines gewollten Handelns mit einer ungewollten Einwirkung könne zwar eine äußere Einwirkung im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII vorliegen. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall. Das Anheben der Glasscheibe durch den Kläger sei planmäßig und ohne Störung durch äußere Umstände (z.B. Gefahr des Entgleitens der Scheibe oder das Hängenbleiben der Scheibe) verlaufen, weshalb der Kläger keine unerwartet auftretende Gegenkraft überwinden habe müssen. Dies unterscheide den Ablauf grundsätzlich von demjenigen, welcher der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R) zugrunde gelegen habe. Dies habe der gerichtliche Sachverständige Dr. H. auf Nachfrage eingeräumt, in dem er den Unfallhergang als „in der Tat nicht ganz typisch“ bezeichnet habe. Der Gutachter könne sich daher zur Begründung eines von außen einwirkenden Ereignisses nur auf das Ergebnis der feingeweblichen Untersuchung eines entnommenen Sehnenpartikels berufen. Die hieraus gezogene Folgerung sei jedoch nicht zwingend. Die Beklagte weise in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass solche Untersuchungen mit dem Problem behaftet seien, dass sie nur einen indirekten Schluss auf den Zustand des Sehnengewebes im Rissbereich selbst erlaubten. Dem vom Kläger hervorgehobenen Umstand, dass das Anheben von Glasscheiben nicht zu seinen üblichen Aufgaben gehöre, weshalb er die Glasscheibe möglicherweise nicht physiologisch korrekt angefasst habe, messe der Gutachter offenbar keine Bedeutung für die Außeneinwirkung zu. Dem sei zu folgen, weil es sich hierbei nicht um Faktoren handele, die geeignet seien, dem geplanten, willentlichen Herbeiführen einer Einwirkung die Qualität eines Ereignisses im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII zu verleihen. Das Urteil wurde dem Klägerbevollmächtigten am 15.07.2008 zugestellt.
16 
Der Bevollmächtigte des Klägers hat am 31.07.2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG lasse sich aus dem Gutachten des Dr. H. der Nachweis entnehmen, dass ein Arbeitsunfall vorliege. Aus Sicht des Sachverständigen sei aus medizinischer Sicht insoweit sogar eine eindeutige Beurteilungslage gegeben. Richtig sei, dass der Kläger bei dem Unfall keinen Schlag oder ein ähnliches, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis erlitten habe. Es sei aber ausreichend, dass eine äußere Einwirkung auf den Körper einwirke und ein gewolltes Handeln eine ungewollte Einwirkung erziele. Unzweifelhaft seien Vorschädigungen nicht gegeben, weswegen von einem Unfallhergang und vom Fehlen einer Gelegenheitsursache auszugehen sei. Da der Gutachter auch bereits aufgrund seiner eigenen Feststellungen zur Bejahung eines Arbeitsunfalls komme, habe er sich selbstverständlich nicht mit der Fragestellung auseinander gesetzt, ob eine physiologisch nicht korrekte Herangehensweise an das Anheben der Scheibe ebenfalls einen Unfall nachvollziehbar erscheinen lasse; eine Schlussfolgerung aus insoweit unterlassenen Beurteilungen des Gutachters sei jedoch nicht statthaft, da der Gutachter bereits aufgrund seiner Feststellungen von einem Arbeitsunfall ausgehe.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 26.06.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2006 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 02.08.2006 (Ruptur der distalen Bizepssehne rechts) einen Arbeitsunfall darstellt.
19 
Die Beklagte beantragt,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Vorgang vom 02.08.2006 sei willentlich durchgeführt worden und nicht von einer Fehlgängigkeit geprägt gewesen. Ein Arbeitsunfall liege daher nicht vor. Daher sei auch der diagnostizierte Schaden der Bizepssehne nicht die Folge eines Arbeitsunfalls, für den eine Leistungspflicht bestünde.
22 
Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Verfügung vom 10.10.2008 darauf hingewiesen, dass die Sache entscheidungsreif sei und es sich bei den aufgeworfenen Fragen durchgehend um vom Gericht zu entscheidende Rechtsfragen handele (Definition des Arbeitsunfalls im Rechtssinne, Feststellung des wesentlichen Zusammenhangs). Weitere Ermittlungen, insbesondere auf medizinischem Gebiet, seien daher nicht geboten. Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und Gerichtsakten Bezug genommen.
23 
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die nach den §§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).
26 
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Mit der Formulierung „infolge eines Versicherungsfalls“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Leistungen nur gewährt werden können, wenn Gesundheitsstörungen durch den Arbeitsunfall rechtlich wesentlich verursacht worden sind.
27 
Entsprechend den Ausführungen des SG fehlt es vorliegend an dem Erfordernis eines von außen auf den Körper des Klägers wirkenden Ereignisses, welches für die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII erforderlich wäre. Andererseits lag durch die Willens- und Kraftanstrengung des Klägers bei dem Vorfall ein inneres und vom Kläger gesteuertes Geschehen vor, welches eine solche Einwirkung von außen gerade ausschloss.
28 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 a.a.O., RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
29 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, Vorb. v. § 249 RdNr. 58 ff. m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursa-chen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
30 
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ur-sache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Be-deutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vor-handenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschei-nungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, son-dern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
31 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfol-gen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststel-lung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
32 
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die erlittene Bizepssehnenruptur nicht vor. Das SG weist zu Recht darauf hin, dass nach dem vom Kläger geschilderten Ablauf der Ereignisse eine von diesem vollkommen kontrollierte Hebesituation vorlag. Der Kläger hat eine schwere Fensterscheibe angehoben und hierbei untersucht, wobei er sich voll auf diese Tätigkeit konzentrieren konnte. Eine Einwirkung von außen, eine plötzliche Ablenkung oder sonstige überraschende Momente sind hierbei nicht aufgetreten. Die völlig vom Willen des Klägers gesteuerte Handlung wies - abgesehen vom Eintritt der Verletzung - keinerlei Überraschungsmoment auf und ließ dem Kläger auch noch den Handlungsspielraum, während des Hebevorgangs die Scheibe wie beabsichtigt auf Unregelmäßigkeiten hin zu inspizieren. Ein ruckartiges, reflexhaftes Nachfassen mit maximaler Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne, welches insofern die Verletzung im Sinne eines Arbeitsunfalls möglich gemacht haben könnte, ist den Angaben des Klägers nicht zu entnehmen (vgl. den Beschluss des erkennenden Senat vom 07.11.2006 - L 1 U 4027/06 -).
33 
Nach der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R), auf welche sich beide Beteiligte berufen, ist für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte Ereignis kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich; alltägliche Vorgänge wie Stolpern o.ä. genügen. Dies soll der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden aufgrund von inneren Ursachen, wie Herzinfarkt, Kreislaufkollaps u.ä. dienen, wenn diese während der versicherten Tätigkeit auftreten, sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen. Ein schlichter Sturz auf einem versicherten Weg genügt danach, es sei denn, der Unfall ist infolge einer nichtbetriebsbedingten krankhaften Erscheinung eingetreten und zur Schwere der Verletzung hat keine Gefahr mitgewirkt, der der Kläger auf dem Weg ausgesetzt war. Ist eine innere Ursache nicht feststellbar, liegt ein Arbeitsunfall vor (BSG a.a.O. m.w.N.).
34 
Zwar ist auch vorliegend entsprechend den Ausführungen des Gutachters Dr. H. eine innere Ursache nicht feststellbar, doch rechtfertigt dies noch nicht den von dem Gutachter vorgenommenen Umkehrschluss, eine solche könne nicht vorgelegen haben. Wenn eine solche innere Ursache möglicherweise bestünde, trüge die Beklagte gegebenenfalls entsprechend den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten für ihr Vorliegen die Feststellungslast (vgl. hierzu Bayerisches LSG, Urteil vom 22.03.2006 - L 2 U 43/04 -). Vorliegend ist jedoch das Vorliegen eines Merkmals zweifelhaft, welches zur Begriffsdefinition des Unfalls nach § 8 SGB VII gehört und für dessen Vorliegen die Feststellungslast beim Kläger liegt.
35 
Anders als in dem vorliegenden Fall war es in dem Fall, welcher der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 zugrunde lag, zu einem überraschenden und insbesondere von dem dortigen Versicherten nicht mehr kontrollierbaren Ereignis gekommen, als dieser beim Anheben eines festgefrorenen 70 kg schweren Steines auf unerwartete Gegenkräfte gestoßen ist und hierbei während der Kraftentfaltung spüren musste, dass er sich ein zu hohes Gewicht vorgenommen hatte. Damit ist der vorliegende Fall des Anhebens einer nur 25 kg schweren Glasscheibe nicht vergleichbar, zumal der Hebevorgang für den Kläger offensichtlich bereits deswegen keinerlei Schwierigkeiten beinhaltete, weil der Kläger hierbei nach eigenen Angaben noch die Glasscheibe auf Unregelmäßigkeiten untersuchen konnte. Damit fehlt dem vorliegenden Fall jegliches Ereignis im Sinne eines plötzlichen Vorfalls, sieht man von der eingetretenen Verletzung an der Bizepssehne selbst einmal ab. Auch lag kein Fall einer als außergewöhnliche Anstrengung in einer betriebsbezogenen Stresssituation zu bewertenden Arbeit vor (vgl. BSGE 62, 220 = SozR 2200 § 589 Nr. 10 zum Fall einer Hausschlachtung durch den Versicherten, wenn diese zu erheblicher Atemnot führt, der Versicherte zusammenbricht und innerhalb einer Stunde verstirbt). Ob eine außergewöhnliche Kraftanstrengung allein betrachtet insoweit im Rechtssinn ausreichen kann (ablehnend mit Darstellung der älteren Rechtsprechung SG Augsburg, Urteil vom 07.11.2005 - S 5 U 184/04 -, HVBG-Info 005/2006, S. 565-582), lässt der Senat dahinstehen, da ein solcher Fall vorliegend nicht zu entscheiden ist.
36 
Das BSG verlangt in seiner von beiden Beteiligten zitierten Entscheidung für ein von außen wirkendes Ereignis zusätzlich zu Recht, dass von der Einwirkung als einem unfreiwilligen Element des Geschehensablaufs auszugehen ist, was hier jedenfalls auch nicht gegeben ist (BSGE 61, 113, 115 = SozR 2200 § 1252 Nr. 6 S. 20).
37 
Zwar muss die Einwirkung nicht äußerlich sichtbar sein (BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - mit Hinweis auf BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56: Störung eines Herzschrittmachers durch Kurzwellen eines elektrischen Geräts), ganz verzichtet werden kann hierauf jedoch nicht. Auch in der vom BSG in seiner Entscheidung vom 12.04.2005 zitierten Entscheidung vom 02.05.2001 (B 2 U 18/00 R; HVBG-Info 2001, 1713: Körperlich anstrengendes Heben einer Bohrsonde, während dessen der Versicherte auf einmal einen Schmerz im Halsbereich verspürte und anschließend eine Subarachnoidalblutung erlitt) lag aufgrund des Hebens einer besonders schweren Last ein Sachverhalt zugrunde, welcher mit dem Vorliegenden insoweit nicht vergleichbar ist.
38 
Das Fehlen einer anderen bekannten Verursachung des Bizepssehnenabriss erlaubt nicht den Schluss, dass die Tätigkeit des Hebevorganges der Fensterscheibe die rechtlich wesentliche Bedingung für die Schädigung im oben genannten Sinne war. Zwar läge es insofern nahe, den Hebevorgang mangels anderer möglicher Ursachen für maßgeblich zu halten, doch ist dies irrelevant, sofern ebenfalls kein von außen plötzlich einwirkendes Ereignis im zuvor beschriebenen Sinn festgestellt werden kann.
39 
Nach der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 502) ist ein plötzlicher Schmerz beim Anheben eines Gegenstandes kein für die vorliegende Verletzung geeigneter Vorgang. Gleiches gilt für beim Schippen mit einer Schaufel auftretende Schmerzen oder sonstige willentliche Kraftanstrengungen ohne zusätzliche Einwirkung. Die geschilderten geeigneten Vorgänge (direkter Schlag eines Gegenstandes in die Ellenbeuge, Fehlschlag mit schwerem Hammer, plötzliche Bewegung von muskulär fixierten Gelenken, direkte Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung) hingegen erfüllen durchgängig das Kriterium der plötzlichen, ungewollten Einwirkung von außen. Die distale Bizepssehnenruptur beruht nach Schönberger/Mehrtens/Valentin im Übrigen in 50 % der Fälle auf degenerativen Erscheinungen.
40 
Insoweit kann auch die von dem Gutachter Dr. H. (in der ergänzenden Stellungnahme vom 09.07.2007) vorgenommene Analogie zwischen den bei Schönberger/Mehrtens/Valentin genannten geeigneten Fallgruppen (a.a.O., S. 502) und dem vorliegenden Sachverhalt nicht nachvollzogen werden, weil es vorliegend gerade an dem auch von Schönberger/Mehrtens/Valentin als wesentlich beschriebenen Umstand einer plötzlichen Einwirkung von außen, sei es auch nur in der Gestalt eines plötzlichen, unerwarteten zusätzlichen Kraftaufwandes (etwa durch Nachfassen beim Abrutschen des Tragegegenstandes), gerade fehlt.
41 
Da ein von außen einwirkendes unfreiwilliges und plötzliches Ereignis nicht feststellbar ist, sind die Einwände des Klägerbevollmächtigten nicht einschlägig, dass die Beklagte für eine Gelegenheitsursache oder andere Ursache (etwa Veranlagung oder degenerative Vorschädigung) beweispflichtig sei.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
43 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
24 
Die nach den §§ 143 f., 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet.
25 
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -).
26 
Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -). Insbesondere nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Mit der Formulierung „infolge eines Versicherungsfalls“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Leistungen nur gewährt werden können, wenn Gesundheitsstörungen durch den Arbeitsunfall rechtlich wesentlich verursacht worden sind.
27 
Entsprechend den Ausführungen des SG fehlt es vorliegend an dem Erfordernis eines von außen auf den Körper des Klägers wirkenden Ereignisses, welches für die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII erforderlich wäre. Andererseits lag durch die Willens- und Kraftanstrengung des Klägers bei dem Vorfall ein inneres und vom Kläger gesteuertes Geschehen vor, welches eine solche Einwirkung von außen gerade ausschloss.
28 
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr., vgl. stellvertretend BSG vom 12.04.2005 a.a.O., RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
29 
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adä-quanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 67. Aufl. 2008, Vorb. v. § 249 RdNr. 58 ff. m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Aus-gangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht wer-den kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursa-chen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
30 
Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. Ist jedoch eine Ur-sache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Be-deutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vor-handenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erschei-nungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, son-dern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung aus-gelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006, a.a.O.).
31 
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfol-gen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststel-lung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.N.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
32 
Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Senats eine unfallbedingte Kausalität für die erlittene Bizepssehnenruptur nicht vor. Das SG weist zu Recht darauf hin, dass nach dem vom Kläger geschilderten Ablauf der Ereignisse eine von diesem vollkommen kontrollierte Hebesituation vorlag. Der Kläger hat eine schwere Fensterscheibe angehoben und hierbei untersucht, wobei er sich voll auf diese Tätigkeit konzentrieren konnte. Eine Einwirkung von außen, eine plötzliche Ablenkung oder sonstige überraschende Momente sind hierbei nicht aufgetreten. Die völlig vom Willen des Klägers gesteuerte Handlung wies - abgesehen vom Eintritt der Verletzung - keinerlei Überraschungsmoment auf und ließ dem Kläger auch noch den Handlungsspielraum, während des Hebevorgangs die Scheibe wie beabsichtigt auf Unregelmäßigkeiten hin zu inspizieren. Ein ruckartiges, reflexhaftes Nachfassen mit maximaler Steigerung der Spannung von Muskel und Sehne, welches insofern die Verletzung im Sinne eines Arbeitsunfalls möglich gemacht haben könnte, ist den Angaben des Klägers nicht zu entnehmen (vgl. den Beschluss des erkennenden Senat vom 07.11.2006 - L 1 U 4027/06 -).
33 
Nach der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 (B 2 U 27/04 R), auf welche sich beide Beteiligte berufen, ist für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte Ereignis kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich; alltägliche Vorgänge wie Stolpern o.ä. genügen. Dies soll der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden aufgrund von inneren Ursachen, wie Herzinfarkt, Kreislaufkollaps u.ä. dienen, wenn diese während der versicherten Tätigkeit auftreten, sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen. Ein schlichter Sturz auf einem versicherten Weg genügt danach, es sei denn, der Unfall ist infolge einer nichtbetriebsbedingten krankhaften Erscheinung eingetreten und zur Schwere der Verletzung hat keine Gefahr mitgewirkt, der der Kläger auf dem Weg ausgesetzt war. Ist eine innere Ursache nicht feststellbar, liegt ein Arbeitsunfall vor (BSG a.a.O. m.w.N.).
34 
Zwar ist auch vorliegend entsprechend den Ausführungen des Gutachters Dr. H. eine innere Ursache nicht feststellbar, doch rechtfertigt dies noch nicht den von dem Gutachter vorgenommenen Umkehrschluss, eine solche könne nicht vorgelegen haben. Wenn eine solche innere Ursache möglicherweise bestünde, trüge die Beklagte gegebenenfalls entsprechend den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten für ihr Vorliegen die Feststellungslast (vgl. hierzu Bayerisches LSG, Urteil vom 22.03.2006 - L 2 U 43/04 -). Vorliegend ist jedoch das Vorliegen eines Merkmals zweifelhaft, welches zur Begriffsdefinition des Unfalls nach § 8 SGB VII gehört und für dessen Vorliegen die Feststellungslast beim Kläger liegt.
35 
Anders als in dem vorliegenden Fall war es in dem Fall, welcher der Entscheidung des BSG vom 12.04.2005 zugrunde lag, zu einem überraschenden und insbesondere von dem dortigen Versicherten nicht mehr kontrollierbaren Ereignis gekommen, als dieser beim Anheben eines festgefrorenen 70 kg schweren Steines auf unerwartete Gegenkräfte gestoßen ist und hierbei während der Kraftentfaltung spüren musste, dass er sich ein zu hohes Gewicht vorgenommen hatte. Damit ist der vorliegende Fall des Anhebens einer nur 25 kg schweren Glasscheibe nicht vergleichbar, zumal der Hebevorgang für den Kläger offensichtlich bereits deswegen keinerlei Schwierigkeiten beinhaltete, weil der Kläger hierbei nach eigenen Angaben noch die Glasscheibe auf Unregelmäßigkeiten untersuchen konnte. Damit fehlt dem vorliegenden Fall jegliches Ereignis im Sinne eines plötzlichen Vorfalls, sieht man von der eingetretenen Verletzung an der Bizepssehne selbst einmal ab. Auch lag kein Fall einer als außergewöhnliche Anstrengung in einer betriebsbezogenen Stresssituation zu bewertenden Arbeit vor (vgl. BSGE 62, 220 = SozR 2200 § 589 Nr. 10 zum Fall einer Hausschlachtung durch den Versicherten, wenn diese zu erheblicher Atemnot führt, der Versicherte zusammenbricht und innerhalb einer Stunde verstirbt). Ob eine außergewöhnliche Kraftanstrengung allein betrachtet insoweit im Rechtssinn ausreichen kann (ablehnend mit Darstellung der älteren Rechtsprechung SG Augsburg, Urteil vom 07.11.2005 - S 5 U 184/04 -, HVBG-Info 005/2006, S. 565-582), lässt der Senat dahinstehen, da ein solcher Fall vorliegend nicht zu entscheiden ist.
36 
Das BSG verlangt in seiner von beiden Beteiligten zitierten Entscheidung für ein von außen wirkendes Ereignis zusätzlich zu Recht, dass von der Einwirkung als einem unfreiwilligen Element des Geschehensablaufs auszugehen ist, was hier jedenfalls auch nicht gegeben ist (BSGE 61, 113, 115 = SozR 2200 § 1252 Nr. 6 S. 20).
37 
Zwar muss die Einwirkung nicht äußerlich sichtbar sein (BSG vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - mit Hinweis auf BSG SozR 2200 § 548 Nr. 56: Störung eines Herzschrittmachers durch Kurzwellen eines elektrischen Geräts), ganz verzichtet werden kann hierauf jedoch nicht. Auch in der vom BSG in seiner Entscheidung vom 12.04.2005 zitierten Entscheidung vom 02.05.2001 (B 2 U 18/00 R; HVBG-Info 2001, 1713: Körperlich anstrengendes Heben einer Bohrsonde, während dessen der Versicherte auf einmal einen Schmerz im Halsbereich verspürte und anschließend eine Subarachnoidalblutung erlitt) lag aufgrund des Hebens einer besonders schweren Last ein Sachverhalt zugrunde, welcher mit dem Vorliegenden insoweit nicht vergleichbar ist.
38 
Das Fehlen einer anderen bekannten Verursachung des Bizepssehnenabriss erlaubt nicht den Schluss, dass die Tätigkeit des Hebevorganges der Fensterscheibe die rechtlich wesentliche Bedingung für die Schädigung im oben genannten Sinne war. Zwar läge es insofern nahe, den Hebevorgang mangels anderer möglicher Ursachen für maßgeblich zu halten, doch ist dies irrelevant, sofern ebenfalls kein von außen plötzlich einwirkendes Ereignis im zuvor beschriebenen Sinn festgestellt werden kann.
39 
Nach der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 502) ist ein plötzlicher Schmerz beim Anheben eines Gegenstandes kein für die vorliegende Verletzung geeigneter Vorgang. Gleiches gilt für beim Schippen mit einer Schaufel auftretende Schmerzen oder sonstige willentliche Kraftanstrengungen ohne zusätzliche Einwirkung. Die geschilderten geeigneten Vorgänge (direkter Schlag eines Gegenstandes in die Ellenbeuge, Fehlschlag mit schwerem Hammer, plötzliche Bewegung von muskulär fixierten Gelenken, direkte Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung) hingegen erfüllen durchgängig das Kriterium der plötzlichen, ungewollten Einwirkung von außen. Die distale Bizepssehnenruptur beruht nach Schönberger/Mehrtens/Valentin im Übrigen in 50 % der Fälle auf degenerativen Erscheinungen.
40 
Insoweit kann auch die von dem Gutachter Dr. H. (in der ergänzenden Stellungnahme vom 09.07.2007) vorgenommene Analogie zwischen den bei Schönberger/Mehrtens/Valentin genannten geeigneten Fallgruppen (a.a.O., S. 502) und dem vorliegenden Sachverhalt nicht nachvollzogen werden, weil es vorliegend gerade an dem auch von Schönberger/Mehrtens/Valentin als wesentlich beschriebenen Umstand einer plötzlichen Einwirkung von außen, sei es auch nur in der Gestalt eines plötzlichen, unerwarteten zusätzlichen Kraftaufwandes (etwa durch Nachfassen beim Abrutschen des Tragegegenstandes), gerade fehlt.
41 
Da ein von außen einwirkendes unfreiwilliges und plötzliches Ereignis nicht feststellbar ist, sind die Einwände des Klägerbevollmächtigten nicht einschlägig, dass die Beklagte für eine Gelegenheitsursache oder andere Ursache (etwa Veranlagung oder degenerative Vorschädigung) beweispflichtig sei.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
43 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.