Sozialgericht Düsseldorf Urteil, 05. März 2015 - S 45 R 1190/14

ECLI:ECLI:DE:SGD:2015:0305.S45R1190.14.00
bei uns veröffentlicht am05.03.2015

Tenor

Es wird unter Aufhebung des Bescheids vom 12.12.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.05.2014 festgestellt, dass das Beschäftigungsverhältnis der Beigeladenen bei der Klägerin ab Februar 2013 nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt wurde und insoweit auch nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterfällt. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen Kosten der Klägerin. Die Sprungrevision wird zugelassen.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7 Beschäftigung


(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. (1a) Eine B

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7a Feststellung des Erwerbsstatus


(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsste

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 161


(1) Gegen das Urteil eines Sozialgerichts steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht im Urteil oder auf Antrag durch Beschluß zugelassen wird. D

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 7 Freiwillige Versicherung


(1) Personen, die nicht versicherungspflichtig sind, können sich für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Dies gilt auch für Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben. (2) Nach bindender Bewilli

Handelsgesetzbuch - HGB | § 407 Frachtvertrag


(1) Durch den Frachtvertrag wird der Frachtführer verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern. (2) Der Absender wird verpflichtet, die vereinbarte Fracht zu zahlen. (3) Die Vorschriften dieses U

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Sozialgericht Aachen Urteil, 10. Juni 2014 - S 13 R 73/14

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Tenor Die Bescheide der Beklagten vom 25.06.2013 und die Widerspruchsbescheide vom 08.01.2014 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Zusteller/Kurierdienstfahrer bei der Klägerin in der Zeit vom 01.07.

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Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Juni 2011 wird zurückgewiesen.Die Beklagte erstattet auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren. Tatbestand   1 Der Kläger wend

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. Sept. 2011 - 9 AZR 416/10

bei uns veröffentlicht am 20.09.2011

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. April 2010 - 16 Sa 1502/09 - aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat.

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(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Personen, die nicht versicherungspflichtig sind, können sich für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Dies gilt auch für Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben.

(2) Nach bindender Bewilligung einer Vollrente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente ist eine freiwillige Versicherung nicht zulässig, wenn der Monat abgelaufen ist, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wurde.

(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.

(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.

(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.

(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.

(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.

(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte

1.
zustimmt und
2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von 14.400 EUR Existenzgründungszuschuss für die Zeit vom 02.08.2004 bis 01.08.2007.
Der im Jahr 1954 geborene Kläger war arbeitslos gemeldet und bezog Arbeitslosenhilfe von der Beklagten in Ergänzung zu einer Unfallrente der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik in Höhe von rund 349 EUR monatlich. Einkünfte aus einer geringfügigen Beschäftigung als Fahrer für die T. GmbH in Höhe von 150 EUR monatlich meldete der Kläger regelmäßig der Beklagten unter Vorlage entsprechender Nebentätigkeitsbescheinigungen.
Am 14.07.2004 beantragte der Kläger die Bewilligung von Existenzgründungszuschuss für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit für Kleintransporte und Kurierdienst. Auf dem eingereichten Formular beantwortete er die Frage nach einer persönlichen Abhängigkeit von einem Auftraggeber insbesondere durch örtliche, zeitliche, inhaltliche oder fachliche Weisungen mit Nein. Eine Einbindung in die Organisation eines Auftraggebers insbesondere durch die Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des Auftraggebers oder durch die Arbeit mit Arbeitsmitteln des Auftraggebers beantwortete der Kläger ebenfalls mit nein. Er sei unter anderem in der Gestaltung der Preise frei und genieße zeitliche, örtliche und inhaltliche unternehmerische Freiheit und habe einen eigenen Kundenstamm. Im Anhang zu diesem Vordruck befand sich ein Hinweis zu den Kriterien zur Abgrenzung selbständiger Tätigkeit von abhängiger Beschäftigung. Dort findet sich unter anderem folgender Abschnitt:
„Beispiele für verbreitete Betätigungsfelder in der Scheinselbständigkeit:
Unterfrachtführer (Selbstfahrer), Kurierfahrer, die nur für eine Firma arbeiten, […]“.
Mit Bescheid vom 27.07.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Existenzgründungszuschuss für die Zeit vom 02.08.2004 bis 01.08.2005 in Höhe von 600 EUR monatlich. Zum 02.08.2004 meldete der Kläger ein entsprechendes Gewerbe an. Ab 02.08.2004 übernahm er Tätigkeiten bei der Firma T. GmbH. Weitere Auftraggeber hatte der Kläger nicht. Er fuhr mit Fahrzeugen der Firma T. GmbH Medikamente und Gerätschaften zu verschiedenen Apotheken. Dazu wurde er nach einem festen Stundensatz entlohnt, den er mithilfe von Rechnungen bei der T. geltend machte, auf denen er auch Mehrwertsteuer auswies.
Am 06.07.2005 beantragte der Kläger auf einem entsprechenden Vordruck der Beklagten die Weitergewährung des Existenzgründungszuschusses. Mit Ausnahme eines Wohnortwechsels gab er keine Änderungen an. Dem Vordruck war erneut ein entsprechender Hinweis auf die mögliche Scheinselbständigkeit von Kurierfahrern angefügt.
Mit Bescheid vom 06.10.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Existenzgründungszuschuss in Höhe von 360 EUR monatlich für die Zeit vom 02.08.2005 bis 01.08.2006.
Am 01.08.2006 beantragte der Kläger erneut die Weitergewährung von Existenzgründungszuschuss. Änderungen hätten sich nicht ergeben. Mit Bescheid vom 02.08.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Existenzgründungszuschuss in Höhe von 240 EUR monatlich in der Zeit vom 02.08.2006 bis 01.08.2007.
Im Rahmen einer polizeilichen Vernehmung am 27.08.2008 aufgrund eines anderen Sachverhalts kam beim Polizeipräsidium K. der Verdacht einer Scheinselbständigkeit des Klägers auf. Dort erklärte der Kläger im Rahmen einer Zeugenvernehmung, er sei selbständig und beliefere Apotheken mit Medikamenten. Dazu benutze er einen Kleintransporter, der der Firma T. gehöre, von der er seine Aufträge erhalte. Für diese Firma arbeite er seit sechs Jahren. Seit vier Jahren beliefere er immer dieselben Apotheken in der S.. Das Polizeipräsidium K. übersandte die Zeugenaussage an die Beklagte und bat um Bezifferung eines eventuellen Schadens. Das angestrengte Strafverfahren wurde im Hinblick auf den hiesigen Rechtsstreit vorläufig eingestellt.
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Die Beklagte kam zu dem Ergebnis, dass bei der ersten Bewilligung des Existenzgründungszuschusses bereits ein Arbeitsverhältnis zur T. GmbH bestanden habe. Außerdem fahre der Kläger ausschließlich für diese Firma.
11 
Mit Schreiben vom 21.10.2008 hörte die Beklagte den Kläger dahingehend an, dass er Existenzgründungszuschuss ab 02.08.2004 zu Unrecht bezogen habe. Er habe bei der Polizei angegeben, dass er bereits seit ca. 2002 für die T. GmbH fahre. Es habe also bei Antragstellung ein Arbeitsverhältnis bestanden. Außerdem fahre er ausschließlich für diese Firma, so dass der Verdacht auf eine Scheinselbständigkeit bestehe. Es könnten die Voraussetzungen von §§ 48 oder 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) erfüllt sein.
12 
Der Kläger teilte dazu mit (Schreiben vom 25.10.2008), dass er seit 2002 in Teilzeit, das heißt mit einem minimalen Entgelt geringfügig für die Firma T. GmbH tätig gewesen sei. Er habe dann eine Ich-AG gegründet und die T. GmbH habe ihm eine Tour angeboten. In den folgenden Jahren sei er ausschließlich Touren dieser Firma gefahren, weil ganz einfach der Kontakt bestanden habe.
13 
Mit Bescheid vom 30.10.2008 nahm die Beklagten „die Entscheidung“ über die Bewilligung von Existenzgründungszuschuss vom 02.08.2004 bis 01.08.2007 ganz zurück und forderte den Kläger zur Zahlung vom 14.400 EUR zu Unrecht gewährter Leistungen auf. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe grob fahrlässig oder vorsätzlich unvollständige oder falsche Angaben gemacht. Deshalb sei die Bewilligung zu Unrecht erfolgt.
14 
Dagegen erhob der Kläger am 12.11.2008 Widerspruch, zu dessen Begründung er ausführte, er habe seit 2002 einen Minijob bei der T. GmbH gehabt. Er habe dann von der T. GmbH das Angebot bekommen, eine Nachtschicht zu übernehmen für einen Kollegen, der - ebenfalls als Selbständiger - habe aufhören wollen. Er habe diese Chance aufgegriffen und sich nach Beratung selbständig gemacht. Er habe von Anfang nicht nur diese Nachtschicht bei der Firma T. fahren wollen sondern habe sich verschiedentlich bei anderen Firmen beworben, um auch von dort Aufträge zu bekommen und mehr Geld zu verdienen. Dazu gehörten die Firma F. Medikamenten-Großhandel, für die er einige Tage gefahren sei, ohne Geld dafür zu bekommen. Bei der Firma F. C. aus F. habe er einen Auftrag bekommen und sei auch einige Tage gefahren, habe aber feststellen müssen, dass der Zeitaufwand zu hoch gewesen sei, so dass er danach nicht mehr verkehrssicher habe fahren können. Eine amerikanische Firma mit Sitz in B. habe ihn als Vertreter eingestellt, diese Tätigkeit habe er aber nicht ausüben können, weil er den ganzen Tag habe unterwegs sein müssen und keine Zeit gehabt habe, sich auszuruhen. Eine weitere Tätigkeit bei einer Firma B. habe um 3.00 Uhr angefangen, das sei aber eine Zeit gewesen, zu der er mit seiner Tätigkeit für die T. noch unterwegs gewesen sei. Eine angebotene Tätigkeit bei der Firma D. habe er nicht ausüben können, weil er zum Bewegen der dort zu transportierenden schweren Lasten rein körperlich nicht in der Lage sei. Eine weitere Unternehmerin habe ihn als Subunternehmer engagieren wollen, für seine Tätigkeit aber kein Geld gezahlt. Er habe auch Versuche unternommen, mit seinem eigenen Fahrzeug zu fahren, aber diese seien alle erfolglos gewesen. Er habe nie vorgehabt nur für eine Firma zu fahren, habe immer mehr Aufträge erhalten wollen. Es sei richtig, dass er die Fahrten der T. GmbH nach einem bestimmten Plan ausführen müsse. Jede Nacht müsse er bestimmte Punkte anfahren, um dort Waren abzuliefern. Seit August 2008 sei es ihm endlich gelungen, eine weitere Tour zu bekommen, er fahre nunmehr auch für die Firma K., R., Medikamente aus. Diese habe er seit 2004 stets gesucht, aber nie gefunden.
15 
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe keine selbständige Tätigkeit sondern eine abhängige Beschäftigung aufgenommen, weil er nur einen Auftraggeber gehabt habe, und habe deshalb keinen Anspruch auf Existenzgründungszuschuss gehabt. Die Bewilligungsbescheide seien deshalb allesamt rechtswidrig gewesen.
16 
Dagegen erhob der Kläger am 17.12.2008 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG), zu deren Begründung er im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholte, von ihm an verschiedene Firma ausgestellte Rechnungen aus den Jahren 2008, 2009 und 2010 sowie einen Leasingvertrag über einen VW Caddy aus dem Jahr 2009 vorlegte.
17 
Das SG hörte in der mündlichen Verhandlung vom 22.06.2011 den Kläger persönlich und Herrn A. Q. als Zeugen. Der Kläger hat angegeben, von 1999 bis 2004 täglich eine Stunde bei der Firma T. gearbeitet zu haben. Das seien allerdings ganz andere Touren gewesen als in der Selbständigkeit. Als Selbständiger habe er bis abends 22.30 Uhr in eine Halle in M. fahren müssen und die dort in Wannen abgepackten Medikamente einladen müssen. Man habe ihm dann gesagt, welche Apotheken er beliefern solle. Wenn es neue Apotheken zu beliefern gebe, sage man ihm vorher Bescheid. Als zeitliche Vorgabe habe lediglich gegolten, dass die Apotheken bis zu deren Öffnung um 8.00 Uhr bzw. 8.30 Uhr beliefert sein müssten. Er habe selbst entscheiden können, in welcher Reihenfolge er die Apotheken beliefere. Als geringfügig Beschäftigter habe er die Medikamente auf einem Parkplatz in K. abgeholt. Er habe auch nicht jeden Monat das gleiche verdient, der Verdienst habe von der Anzahl der Tage im Monate abgehangen. Er habe andere beauftragen können, aber der Stundenlohn habe nur 9,20 EUR betragen, da sei er lieber selbst gefahren. Seit 2004 sei er mit einem Transporter der Firma T. gefahren. Wenn er mit dem eigenen Auto gefahren wäre, hätte er einen höheren Stundenlohn bekommen nur er habe damals kein eigenes Auto gehabt. Inzwischen fahre er den Transporter immer noch, er habe aber auch drei eigene Autos und vier Mitarbeiter. Es habe mit der T. keine schriftliche Vereinbarung gegeben, diese habe ihm theoretisch immer sagen können, morgen ist Schluss. Er stelle der Firma Rechnungen. Auf den Stundenlohn von 9,20 EUR schlage er noch die Mehrwertsteuer auf. Auch die anderen Fahrer der Firma T. seien selbständig. Er habe versucht, andere Touren zu erhalten, aber das sei ihm nicht gelungen, weil er nicht tags und nachts tätig sein könne.
18 
Der Zeuge Q. hat angegeben, dass die Touren eigentlich schon festgelegt seien, damit man evt. vertauschte Medikamente hinterher noch nachvollziehen könne. Er selbst habe sowohl Fahrzeuge der T. als auch eigene benutzt. Für die Nachttouren seien größere Fahrzeuge erforderlich, so dass insofern die Fahrzeuge der T. besser seien. Für Benutzung der eigenen Fahrzeuge hätten höhere Stundensätze gegolten. Er habe den Urlaub nicht mit der Firma T. abgesprochen, er habe auch jemand anderen schicken können, weil es der Firma egal gewesen sei, wer die Tour fahre. Er selbst habe damals den Auftrag von der T. angenommen, um aus der Scheinselbständigkeit herauszukommen. Es sei außerdem immer besser, mehrere Auftraggeber zu haben. Mit dem Kläger habe er sich immer wieder ausgetauscht, ob er Aufträge hatte und woher man Aufträge bekommen könne. Er habe schon ein finanzielles Risiko gehabt, z.B. sei ihm die Nachttour wegen einer angeblich hohen Fehlerquote weggenommen worden.
19 
Mit Urteil vom 22.06.2011 hob das SG die angefochtenen Bescheide auf. Zur Begründung führte es aus, allein die Tatsache, dass der Kläger über lange Zeit nur einen Kunden gehabt habe, führe nicht zu einer Scheinselbständigkeit. Es sei zwar de facto so, dass er von der Firma T. GmbH wirtschaftlich abhängig gewesen sei, weil er nur von dieser Aufträge gehabt habe. Umgekehrt sei es aber nicht so, dass jeder Selbständige, der über längere Zeit nur noch einen Auftraggeber habe, plötzlich zu einem abhängig Beschäftigen werde. Es sei nicht rechtliche Voraussetzung, auch mal Aufträge ablehnen zu können. Der Kläger sei nicht persönlich von der Firma T. abhängig und ihr auch nicht rechtlich wie ein Arbeitnehmer verpflichtet gewesen.
20 
Gegen das ihr am 19.07.2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 03.08.2011 eingelegte Berufung der Beklagten zu deren Begründung sie vorträgt, vorliegend überwiegten die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen. Der Kläger sei als Kurierfahrer ohne eigenen PKW für die Firma T. GmbH tätig gewesen. Er habe kein Unternehmerrisiko getragen. Er habe weder eigenes Kapital eingesetzt noch habe er neben seiner Arbeitskraft im nennenswerten Umfang Sachmittel eingesetzt. Das werde auch nicht durch eine größere Freiheit bei der Gestaltung der Tätigkeit ausgeglichen, denn die Firma T. GmbH habe die Touren festgelegt. Die Beantragung des Existenzgründungszuschusses sei ausschließlich zur Aufnahme der Tätigkeit bei der T. GmbH erfolgt. Die feste Pauschale entspreche der Entlohnung eines Arbeitnehmers.
21 
Die Beklagte beantragt,
22 
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Juni 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
24 
die Berufung zurückzuweisen.
25 
Zur Begründung bezieht er sich auf das Urteil des SG und meint, dass eindeutig eine selbständige Tätigkeit vorliege. Er habe auch insofern ein Unternehmerrisiko getragen, als er mittelbar die Nutzung der Fahrzeuge der Firma T. gezahlt habe, weil er einen geringeren Stundensatz erhalten habe. Es sei auch nicht ungewöhnlich, dass ein Transportunternehmer, der sich gerade selbständig gemacht habe, nur einen Auftraggeber habe. Es sei auch üblich, dass mit Subunternehmern feste Stundensätze vereinbart würden. Nach der Begründung der Beklagten sei jeder selbständige Taxifahrer automatisch abhängig beschäftigt. Das gelte auch für Rechtsanwälte, Ärzte und andere Selbständige, die schon gesetzlich zur Abrechnung nach festen Sätzen verpflichtet seien. Außerdem sei es ihm rechtlich und tatsächlich möglich gewesen, weitere Aufträge anzunehmen, denn er sei für die Firma T. nachts gefahren, so dass er tagsüber unproblematisch weitere Aufträge habe annehmen können. Für die Beurteilung müsse auch die Tatsache berücksichtigt werden, dass es ihm nunmehr gelungen sei, mehrere Auftraggeber zu finden, vier Mitarbeiter (den ersten im Jahr 2009) zu beschäftigen und drei eigene Autos zu betreiben. Es könne nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen zu sein, ihn dafür zu bestrafen, dass es einige Jahre gedauert habe, bis er mit seiner selbständigen Tätigkeit Fuß gefasst habe, denn das sei ja gerade der Sinn des Existenzgründungszuschusses. Es solle ihm das Risiko genommen werden, sich zunächst nur langsam am Markt etablieren zu können. Es könne deshalb nicht jetzt mit dem Argument, die Etablierung habe zu lange gedauert, dieser Existenzgründungszuschuss wieder zurück gefordert werden. Der Kläger hat Geschäftsunterlagen betreffend die Jahre 2006 und später sowie Mitarbeiter- und Autoleasingverträge ab 2009 vorgelegt.
26 
Der Berichterstatter hat die Firma T. GmbH schriftlich befragt. Sie hat unter dem 16.04.2012 mitgeteilt, der Kläger sei ab 01.07.1999 als geringfügig Beschäftiger für sie tätig gewesen. Das Einkommen sei regelmäßig der Beklagten gemeldet worden. Ab 02.08.2004 habe er sich selbständig gemacht und Optiker, Apotheken und diverse Techniker in ihrem Auftrag beliefert. Feste Verträge hätten bisher nicht bestanden. Das sei nicht notwendig gewesen, weil der Kläger frei in seinen Entscheidungen handeln könne.
27 
Die nunmehr zuständige Berichterstatterin hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 28.11.2012 erörtert und E. K. als Zeugin gehört. Der Kläger hat im Rahmen der Erörterung angegeben, dass ihm irgendjemand - wohl der Berater bei der Beklagten - gesagt habe, er solle auf zwei oder drei Beinen stehen. Er habe deshalb immer wieder versucht, weitere Touren zu bekommen. Die Touren seien aber ab 8.00 Uhr morgens gewollt gewesen und für die T. GmbH sei er erst ab 4.00 Uhr fertig gewesen, so dass er die Ruhezeiten nicht habe einhalten können. Jetzt habe er eine andere Firma gefunden, für die er ab 12.00 Uhr fahren könne. Er habe damals bei mehreren Firmen sog. Probetouren durchgeführt. Dafür habe er keinen Cent gesehen. Das seien teilweise dubiose Firmen gewesen, die diese Art von Ausnutzung Dritter systematisch betrieben hätten. Man habe auch mal versucht, die Vergütung einzuklagen, aber er habe teilweise nicht einmal die richtigen Namen gekannt.
28 
Die Zeugin E. K. ist Geschäftsführerin und Gesellschafterin der T. GmbH. Sie hat angegeben, der Kläger habe sehr lange auf dem Arbeitsmarkt gesucht und nichts gefunden. Er habe auch gewusst, dass bei ihnen die größeren Touren alle von Selbständigen gemacht würden. Bei der T. GmbH seien eigentlich nur im Bürobereich Festangestellte tätig und im ganz kleinen Rahmen bei Zeitungszustellungen. Ganz am Anfang habe man mit Festangestellten angefangen, das habe sich aber finanziell nicht rentiert, deshalb habe man auf das System mit den Selbständigen umgestellt. Die Minijobber bekämen 10 EUR die Stunde, weil sie meist mit eigenen Fahrzeugen, zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs seien. Selbständigen mit eigenen Fahrzeugen würden 15,50 EUR pro Stunde, bei Benutzung firmeneigener Fahrzeuge für Tagtouren 7,50 EUR und Nachttouren 9,20 EUR pro Stunde gezahlt. Es sei auch nicht so, dass Fahrer, die schneller führen, weniger für eine Tour gezahlt bekämen. Man habe einen zeitlichen Richtwert und der würde im Prinzip ausgezahlt, obwohl man im Sommer die Touren in der Regel schneller und im Winter etwas langsamer fahren könne. Bei Betriebsprüfungen sei bisher nie beanstandet worden, dass die Selbständigen eigentlich nicht selbständig seien. Die Fahrer müssten pro Tour bestimmte Punkte anfahren, die Reihenfolge sei ihrem Ermessen überlassen. Normalerweise bekämen die Fahrer einen Vertrag, in dem die zu fahrende Tour, der Stundenlohn, die ungefähre Dauer und die Verpflichtung zur Stellung einer Urlaubsvertretung vermerkt seien. Es sei inzwischen aufgefallen, dass der Kläger und auch weitere ungefähr seit dem gleichen Zeitraum tätige Fahrer keinen schriftlichen Vertrag erhalten hätten. Es gebe jetzt auch Kündigungsfristen. Inzwischen mache man auch Verträge betreffend die Nutzung der Transporter. Selbstverständlich könnten die Fahrer andere Touren annehmen, da mische sie sich nicht ein. Sie gehe davon aus, dass alle Selbständigen auch andere Touren führen. Konkret habe sie nicht nachgefragt, aber aus den Gesprächen habe sich das ergeben.
29 
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
30 
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten der Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Karlsruhe, zwei Bände Unterlagen des Klägers und die beim Senat angefallenen Akten.

Entscheidungsgründe

 
31 
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist aber unbegründet. Das SG hat den Bescheid vom 30.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.12.2008 zu Recht aufgehoben.
32 
Der Senat kann gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben.
33 
Die Ermächtigungsgrundlage für die angefochtenen Bescheide findet sich in § 45 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 SGB X.
34 
Der angefochtene Bescheid ist nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil er verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist, denn der vor Erlass des Bescheids vom 30.10.2008 begangene Verfahrensfehler wurde im Widerspruchsverfahren geheilt.
35 
Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift. Die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen sind solche, auf die die Behörde - vorliegend die Beklagte - den Verfügungssatz der beabsichtigten Entscheidung zumindest auch zu stützen beabsichtigt. Beurteilungsmaßstab für die Entscheidungserheblichkeit ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung der Behörde (von Wulffen in: von Wulffen, Kommentar zum SGB X, § 24 Rn. 9 mwN). Tatsachen sind solche, die den objektiven und den subjektiven Tatbestand der von der Behörde für maßgeblich gehaltenen Norm betreffen, die Anhörung muss also z.B. auch Tatsachen betreffend eventuell notwendigen Vorsatz oder Fahrlässigkeit umfassen.
36 
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Beklagte hat den Kläger vor Erlass des Bescheids vom 30.10.2008 nicht zu den subjektiven Tatsachen angehört, denn sie hat ihm nicht einmal mitgeteilt, dass sie von einem vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vorgehen des Klägers ausging.
37 
Dieser Fehler wurde aber im Widerspruchsverfahren geheilt. Nach § 41 Abs. 2 SGB X können Handlungen nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X, d.h. Anhörungen, bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, denn der Kläger war mit Erlass des Ausgangsbescheids der Beklagten bekannt, dass diese davon ausging, dass er grob fahrlässig handelte, indem er die Tätigkeit für nur einen Auftraggeber nicht mitteilte. Er hatte Gelegenheit, sich im Widerspruchsverfahren dazu zu äußern.
38 
Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch hinreichend bestimmt, § 33 Abs. 1 SGB X. Zwar bezeichnet der Bescheid vom 30.10.2008 die aufzuhebenden Bescheide als „die Entscheidung“ und gibt damit nicht zu erkennen, dass nicht ein sondern drei Bewilligungsbescheide aufgehoben werden sollen. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Entscheidung hinreichend bestimmt ist, denn jedenfalls aus dem Widerspruchsbescheid vom 02.12.2008 wird deutlich, dass die dort mit Datum bezeichneten Bewilligungsbescheide „allesamt“ betreffend den näher bezeichneten Zeitraum rückwirkend aufgehoben werden sollen.
39 
Der angefochtene Bescheid ist aber materiell rechtswidrig, denn die Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 45 SGB X liegen nicht vor. Nach § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) darf ein Verwaltungsakt unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 auch nachdem er unanfechtbar geworden ist mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit er rechtswidrig ist und ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet hat. Er darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf seinen Bestand vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist, § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Richtung unvollständig oder unrichtig gemacht hat oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakt kannte oder grob fahrlässig nicht kannte. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist die Bewilligung von Existenzgründungszuschuss auch für die Vergangenheit zurückzunehmen, § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
40 
Die Bescheide vom 27.07.2004, 06.10.2005 und 02.08.2006 waren nicht rechtswidrig, denn dem Kläger stand für den gesamten Zeitraum vom 02.08.2004 bis 01.08.2007 Existenzgründungszuschuss zu. Nach § 421l Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der hier maßgeblichen Fassung des 3. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I S. 2848) konnten Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, einen monatlichen Existenzgründungszuschuss in Anspruch nehmen, wenn weitere - hier vorliegende - Voraussetzungen erfüllt waren. Der Begriff der selbständigen Tätigkeit ist insofern abzugrenzen von demjenigen der abhängigen Beschäftigung. Selbständig ist die Tätigkeit, wenn sie mit einem Unternehmerrisiko verbunden ist, ein Weisungsrecht Dritter fehlt und die Befugnis besteht, über die eigene Arbeitskraft, die Arbeitszeit und den Arbeitsort im Wesentlichen frei zu verfügen (Brandts in: Niesel, Kommentar zum SGB III, 3. Aufl. 2005, § 421l Rn. 9).
41 
Beschäftigung ist demgegenüber die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, § 7 Abs. 1 SGB IV. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSG, Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 15). Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (BSG, Urteil vom 04.06.1998 – B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13).
42 
Indizien für eine Beschäftigung sind der Abschluss eines Arbeitsvertrags, Anwesenheits- und Zeitkontrollen, Arbeitsplätze in den Räumen des Arbeitgebers, Arbeitszeit nach Vorgaben des Arbeitgebers, fehlende eigene Betriebsmittel, bezahlter Urlaub, feste gleich bleibende Vergütung, Verbuchung als Lohnsteuer, wirtschaftliche Abhängigkeit und der Wille der Vertragspartner. Für eine selbständige Tätigkeit sprechen die Vorhaltung eigenen Arbeitsmaterials, die Verbuchung der Einnahmen mit Umsatzsteuer, die Beschäftigung und Bezahlung eigenen Personals, die eigene Gewerbeanmeldung, das Unternehmerrisiko, das Vergütungsrisiko (vgl. Segebrecht, JurisPK SGB IV, 2. Aufl. § 7 Rn. 117).
43 
Der alleinige Einsatz der eigenen Arbeitskraft schließt die Annahme einer selbständigen Tätigkeit nicht von vorneherein aus (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R, Juris - zu Freelance Piloten; BAG, Urteil vom 27.06.2001 - 5 AZR 561/99, BAGE 98, 146 zur Arbeitnehmereigenschaft von Kurierdienstfahrern; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.2007 - L 5 R 5/06, Juris zu Kurierfahrern). Allerdings ist die alleinige „Vermietung“ der eigenen Arbeitskraft als Fahrer ohne im Besitz eines Fahrzeugs zu sein, ein starkes Indiz für eine abhängige Beschäftigung (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.11.2008 - L 4 KR 4098/06, Juris und sozialgerichtsbarkeit.de). Weiterhin ist die Tätigkeit eines Kurierfahrers, der nur für einen Auftraggeber tätig war, in der Rechtsprechung wiederholt als abhängige Beschäftigung beurteilt worden (LSG Bayern, Urteil vom 26.03.2009 - L 9 AL 33/06, Juris; LSG Schleswig Holstein - Urteil vom 20.11.2001 - L 1 KR 42/01, Juris, NZS 2002, 650; SG Leipzig, Urteil vom 02.12.2009 - S 8 KR 155/08, Juris).
44 
Im vorliegenden Fall stellt sich die Tätigkeit des Klägers nach ihren Gesamtumständen als selbständige Tätigkeit dar.
45 
Gegen eine selbständige Tätigkeit und für eine abhängige Beschäftigung bei der T. GmbH spricht zunächst die Tatsache, dass der Kläger bereits vor Anmeldung seiner selbständigen Tätigkeit als Kurierfahrer und für Kleintransporte für die T. tätig war. Diese Tätigkeit unterschied sich aber grundlegend von der nachfolgenden Tätigkeit. Zunächst wurden ihm als abhängig Beschäftigten ausschließlich kurzfristige Tagtouren gegeben, die zu einem festen Stundensatz vergütet wurden und die jeweils zu einem bestimmten Empfänger durchzuführen waren. Darüber hinaus war der Kläger als Springer tätig, d.h. er half aus, wenn andere Mitarbeiter nicht fahren konnten. Die Tätigkeit war von vorneherein als geringfügige Beschäftigung konzipiert und sollte nicht darüber hinaus gehen. Die spätere Tätigkeit unterscheidet sich insofern von dieser Tätigkeit als der Kläger vor allem Nachttouren erhielt, auf denen die T. allein selbständige Subunternehmer einsetzte, die sie also gar nicht (mehr) an ihre Angestellten vergab. Diese Tätigkeit wurde zwar auch nach einem festen Stundensatz vergütet, aber nach der Aussage von Frau K. im Erörterungstermin vom 28.11.2012 wurde dieser feste Stundensatz eher lax gehandhabt. Faktisch wurde ein fester Satz für eine bestimmte Tour gewährt. Weiterhin lud der Kläger als geringfügig Beschäftigter die Medikamente nicht selbständig beim Auftraggeber der Firma T. , sondern übernahm diese von einem Dritten auf einem dafür verabredeten Parkplatz, während er sich als Selbständiger unmittelbar zum Depot der Firma P. begab.
46 
Für eine abhängige Beschäftigung spricht weiterhin, dass der Kläger zumindest teilweise den Weisungen der T. GmbH unterlag, denn er musste in einem bestimmten Zeitrahmen die Medikamente bei der Firma P. einladen und diese auch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt an den jeweiligen Apotheken abgeliefert haben. Weiterhin fuhr er täglich dieselben Apotheken an, die ihm von der T. GmbH vorgegeben waren. Zeitliche Vorgaben als solche schließen aber nicht von vorneherein eine selbständige Tätigkeit aus, denn sie sind auch unter Selbständigen durchaus üblich, wenn sie durch Sachzwänge bedingt sind. Das ist vorliegend schon daraus erkennbar, dass die zeitlichen Vorgaben nicht von der Firma T. GmbH selbst gemacht wurden, sondern sich aus den Öffnungszeiten des Depots der Firma P. und den Öffnungszeiten der Apotheken ergaben. Die Reihenfolge der Anfahrten an die Apotheken blieb den Fahrern überlassen, so dass der Kläger insofern über seine Zeit dazwischen frei verfügen konnte und z.B. den Transporter der T. GmbH - nach Absprache - zwischenzeitlich irgendwo abstellen und einen anderen Kurzauftrag mit einem eigenen Fahrzeug hätte erledigen können.
47 
Weiterhin spricht für eine abhängige Beschäftigung des Klägers die Nutzung der Fahrzeuge der T. GmbH. Er nutzte insofern Betriebsmittel der T. GmbH und war darauf angewiesen, dass diese ihm die Fahrzeuge zur Verfügung stellte, ihn mit den Papieren und Schlüsseln zu den Fahrzeugen ausstattete und diese auch versicherte. Das spricht für eine gewisse weitere Eingliederung in den Betrieb der T. GmbH, die die Fahrzeuge nicht auf unbestimmte Zeit zur Verfügung stellte, sondern sie tagsüber und zu anderen Zeiten von anderen Personen nutzen ließ, die einen eigenen Schlüssel hatten. Dem steht allerdings die Tatsache gegenüber, dass der Kläger für die Nutzung des Fahrzeugs der T. GmbH insofern bezahlte, als ihm für die Touren ein erheblich geringerer Stundensatz zustand als Fahrern, die mit eigenen Fahrzeugen fuhren. Jetzt hat der Kläger nach eigenem Vorbringen drei eigene Fahrzeuge, so dass er mit eigenen Betriebsmitteln auch das typische Unternehmerrisiko zu tragen hat.
48 
Schließlich spricht für eine abhängige Beschäftigung des Klägers, dass er im gesamten Bezugszeitraum des Existenzgründungszuschusses ausschließlich für die T. GmbH tätig war und damit tatsächlich wirtschaftlich von ihr abhängig war. Dem steht aber gegenüber, dass die T. GmbH ihm gegenüber weder ein Verbot der Annahme weiterer Aufträge noch ein Konkurrenzverbot noch jegliche sonstige Einschränkung hinsichtlich weiterer Aufträge ausgesprochen hatte. Der Umfang der Tätigkeit für die T. GmbH war auch nicht so groß, dass es dem Kläger faktisch unmöglich war, weitere Aufträge anzunehmen. Der Kläger war tatsächlich nachts im Rahmen von täglich ca. 6 bis 6,5 Stunden für die T. GmbH tätig. Daneben war es ihm - auch unter Einhaltung notwendiger Ruhezeiten - möglich weitere mehr als nur geringfügige Aufträge tagsüber anzunehmen und durchzuführen.
49 
Der Kläger hat sich auch um weitere Aufträge bemüht und tatsächlich mehrfach für andere Firmen Fahrten übernommen. Das steht zur Überzeugung des Senats aufgrund seiner Angaben im Widerspruchsverfahren fest, die im Wesentlichen mit seinen Angaben vor dem Sozialgericht und dem Senat im Erörterungstermin am 28.11.2012 sowie der Aussage von Herrn Q. vor dem Sozialgericht im Einklang stehen, der darüber berichtete, dass man sich über die Möglichkeit der Erlangung weiterer Aufträge ausgetauscht habe. Auch die Aussage der Zeugin K. passt dazu, die angegeben hat, dass sie davon ausgehe, dass alle ihrer Fahrer noch weitere Auftraggeber hätten. Dem entspricht auch der heutige Auftragstand des Klägers, der zwischenzeitlich neben der Firma T. GmbH weitere Auftraggeber hat und auch mit eigenen Kleinsttransportern Aufträge erledigt.
50 
Für eine selbständige Tätigkeit spricht auch, dass zwischen dem Kläger und der T. keine Urlaubsregelung getroffen wurde und der Kläger tatsächlich seine Aufträge auch durch Dritte durchführen lassen konnte. Weiterhin spricht für die selbständige Tätigkeit des Klägers, dass er seine Leistung weiteren Auftraggebern anbot, also Eigenwerbung betrieb und dass er seine Tätigkeit als Gewerbe anmeldete und Mehrwertsteuer abführte und in seinen Rechnungen auswies.
51 
Das Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers in der Zeit vom 02.08.2004 bis 01.08.2007 stellt sich als typischer Fall einer im Aufbau befindlichen Tätigkeit als selbständiger Kurierfahrer und Kleintransporteur dar, der zunächst einen Auftraggeber hatte und durch beständiges Suchen und Eigenwerbung weitere Aufträge erreichen konnte. Im Ergebnis ist der Kläger als typischer Existenzgründer genau den Weg gegangen, der durch § 421l SGB III gefördert werden sollte.
52 
Es kann daher dahinstehen, ob die subjektiven Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bescheide zur Bewilligung von Existenzgründungszuschuss vorlagen, weil der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat.
53 
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
54 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
55 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.

Gründe

 
31 
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist aber unbegründet. Das SG hat den Bescheid vom 30.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.12.2008 zu Recht aufgehoben.
32 
Der Senat kann gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben.
33 
Die Ermächtigungsgrundlage für die angefochtenen Bescheide findet sich in § 45 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 SGB X.
34 
Der angefochtene Bescheid ist nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil er verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist, denn der vor Erlass des Bescheids vom 30.10.2008 begangene Verfahrensfehler wurde im Widerspruchsverfahren geheilt.
35 
Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu äußern bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in seine Rechte eingreift. Die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen sind solche, auf die die Behörde - vorliegend die Beklagte - den Verfügungssatz der beabsichtigten Entscheidung zumindest auch zu stützen beabsichtigt. Beurteilungsmaßstab für die Entscheidungserheblichkeit ist die materiell-rechtliche Rechtsauffassung der Behörde (von Wulffen in: von Wulffen, Kommentar zum SGB X, § 24 Rn. 9 mwN). Tatsachen sind solche, die den objektiven und den subjektiven Tatbestand der von der Behörde für maßgeblich gehaltenen Norm betreffen, die Anhörung muss also z.B. auch Tatsachen betreffend eventuell notwendigen Vorsatz oder Fahrlässigkeit umfassen.
36 
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Beklagte hat den Kläger vor Erlass des Bescheids vom 30.10.2008 nicht zu den subjektiven Tatsachen angehört, denn sie hat ihm nicht einmal mitgeteilt, dass sie von einem vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vorgehen des Klägers ausging.
37 
Dieser Fehler wurde aber im Widerspruchsverfahren geheilt. Nach § 41 Abs. 2 SGB X können Handlungen nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X, d.h. Anhörungen, bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, denn der Kläger war mit Erlass des Ausgangsbescheids der Beklagten bekannt, dass diese davon ausging, dass er grob fahrlässig handelte, indem er die Tätigkeit für nur einen Auftraggeber nicht mitteilte. Er hatte Gelegenheit, sich im Widerspruchsverfahren dazu zu äußern.
38 
Der angefochtene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist auch hinreichend bestimmt, § 33 Abs. 1 SGB X. Zwar bezeichnet der Bescheid vom 30.10.2008 die aufzuhebenden Bescheide als „die Entscheidung“ und gibt damit nicht zu erkennen, dass nicht ein sondern drei Bewilligungsbescheide aufgehoben werden sollen. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Entscheidung hinreichend bestimmt ist, denn jedenfalls aus dem Widerspruchsbescheid vom 02.12.2008 wird deutlich, dass die dort mit Datum bezeichneten Bewilligungsbescheide „allesamt“ betreffend den näher bezeichneten Zeitraum rückwirkend aufgehoben werden sollen.
39 
Der angefochtene Bescheid ist aber materiell rechtswidrig, denn die Voraussetzungen für eine Rücknahme nach § 45 SGB X liegen nicht vor. Nach § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) darf ein Verwaltungsakt unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 auch nachdem er unanfechtbar geworden ist mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden, soweit er rechtswidrig ist und ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet hat. Er darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf seinen Bestand vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist, § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Richtung unvollständig oder unrichtig gemacht hat oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakt kannte oder grob fahrlässig nicht kannte. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist die Bewilligung von Existenzgründungszuschuss auch für die Vergangenheit zurückzunehmen, § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
40 
Die Bescheide vom 27.07.2004, 06.10.2005 und 02.08.2006 waren nicht rechtswidrig, denn dem Kläger stand für den gesamten Zeitraum vom 02.08.2004 bis 01.08.2007 Existenzgründungszuschuss zu. Nach § 421l Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der hier maßgeblichen Fassung des 3. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I S. 2848) konnten Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, einen monatlichen Existenzgründungszuschuss in Anspruch nehmen, wenn weitere - hier vorliegende - Voraussetzungen erfüllt waren. Der Begriff der selbständigen Tätigkeit ist insofern abzugrenzen von demjenigen der abhängigen Beschäftigung. Selbständig ist die Tätigkeit, wenn sie mit einem Unternehmerrisiko verbunden ist, ein Weisungsrecht Dritter fehlt und die Befugnis besteht, über die eigene Arbeitskraft, die Arbeitszeit und den Arbeitsort im Wesentlichen frei zu verfügen (Brandts in: Niesel, Kommentar zum SGB III, 3. Aufl. 2005, § 421l Rn. 9).
41 
Beschäftigung ist demgegenüber die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, § 7 Abs. 1 SGB IV. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSG, Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R, veröffentlicht in Juris, Rn. 15). Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (BSG, Urteil vom 04.06.1998 – B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13).
42 
Indizien für eine Beschäftigung sind der Abschluss eines Arbeitsvertrags, Anwesenheits- und Zeitkontrollen, Arbeitsplätze in den Räumen des Arbeitgebers, Arbeitszeit nach Vorgaben des Arbeitgebers, fehlende eigene Betriebsmittel, bezahlter Urlaub, feste gleich bleibende Vergütung, Verbuchung als Lohnsteuer, wirtschaftliche Abhängigkeit und der Wille der Vertragspartner. Für eine selbständige Tätigkeit sprechen die Vorhaltung eigenen Arbeitsmaterials, die Verbuchung der Einnahmen mit Umsatzsteuer, die Beschäftigung und Bezahlung eigenen Personals, die eigene Gewerbeanmeldung, das Unternehmerrisiko, das Vergütungsrisiko (vgl. Segebrecht, JurisPK SGB IV, 2. Aufl. § 7 Rn. 117).
43 
Der alleinige Einsatz der eigenen Arbeitskraft schließt die Annahme einer selbständigen Tätigkeit nicht von vorneherein aus (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R, Juris - zu Freelance Piloten; BAG, Urteil vom 27.06.2001 - 5 AZR 561/99, BAGE 98, 146 zur Arbeitnehmereigenschaft von Kurierdienstfahrern; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.2007 - L 5 R 5/06, Juris zu Kurierfahrern). Allerdings ist die alleinige „Vermietung“ der eigenen Arbeitskraft als Fahrer ohne im Besitz eines Fahrzeugs zu sein, ein starkes Indiz für eine abhängige Beschäftigung (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.11.2008 - L 4 KR 4098/06, Juris und sozialgerichtsbarkeit.de). Weiterhin ist die Tätigkeit eines Kurierfahrers, der nur für einen Auftraggeber tätig war, in der Rechtsprechung wiederholt als abhängige Beschäftigung beurteilt worden (LSG Bayern, Urteil vom 26.03.2009 - L 9 AL 33/06, Juris; LSG Schleswig Holstein - Urteil vom 20.11.2001 - L 1 KR 42/01, Juris, NZS 2002, 650; SG Leipzig, Urteil vom 02.12.2009 - S 8 KR 155/08, Juris).
44 
Im vorliegenden Fall stellt sich die Tätigkeit des Klägers nach ihren Gesamtumständen als selbständige Tätigkeit dar.
45 
Gegen eine selbständige Tätigkeit und für eine abhängige Beschäftigung bei der T. GmbH spricht zunächst die Tatsache, dass der Kläger bereits vor Anmeldung seiner selbständigen Tätigkeit als Kurierfahrer und für Kleintransporte für die T. tätig war. Diese Tätigkeit unterschied sich aber grundlegend von der nachfolgenden Tätigkeit. Zunächst wurden ihm als abhängig Beschäftigten ausschließlich kurzfristige Tagtouren gegeben, die zu einem festen Stundensatz vergütet wurden und die jeweils zu einem bestimmten Empfänger durchzuführen waren. Darüber hinaus war der Kläger als Springer tätig, d.h. er half aus, wenn andere Mitarbeiter nicht fahren konnten. Die Tätigkeit war von vorneherein als geringfügige Beschäftigung konzipiert und sollte nicht darüber hinaus gehen. Die spätere Tätigkeit unterscheidet sich insofern von dieser Tätigkeit als der Kläger vor allem Nachttouren erhielt, auf denen die T. allein selbständige Subunternehmer einsetzte, die sie also gar nicht (mehr) an ihre Angestellten vergab. Diese Tätigkeit wurde zwar auch nach einem festen Stundensatz vergütet, aber nach der Aussage von Frau K. im Erörterungstermin vom 28.11.2012 wurde dieser feste Stundensatz eher lax gehandhabt. Faktisch wurde ein fester Satz für eine bestimmte Tour gewährt. Weiterhin lud der Kläger als geringfügig Beschäftigter die Medikamente nicht selbständig beim Auftraggeber der Firma T. , sondern übernahm diese von einem Dritten auf einem dafür verabredeten Parkplatz, während er sich als Selbständiger unmittelbar zum Depot der Firma P. begab.
46 
Für eine abhängige Beschäftigung spricht weiterhin, dass der Kläger zumindest teilweise den Weisungen der T. GmbH unterlag, denn er musste in einem bestimmten Zeitrahmen die Medikamente bei der Firma P. einladen und diese auch bis zu einem bestimmten Zeitpunkt an den jeweiligen Apotheken abgeliefert haben. Weiterhin fuhr er täglich dieselben Apotheken an, die ihm von der T. GmbH vorgegeben waren. Zeitliche Vorgaben als solche schließen aber nicht von vorneherein eine selbständige Tätigkeit aus, denn sie sind auch unter Selbständigen durchaus üblich, wenn sie durch Sachzwänge bedingt sind. Das ist vorliegend schon daraus erkennbar, dass die zeitlichen Vorgaben nicht von der Firma T. GmbH selbst gemacht wurden, sondern sich aus den Öffnungszeiten des Depots der Firma P. und den Öffnungszeiten der Apotheken ergaben. Die Reihenfolge der Anfahrten an die Apotheken blieb den Fahrern überlassen, so dass der Kläger insofern über seine Zeit dazwischen frei verfügen konnte und z.B. den Transporter der T. GmbH - nach Absprache - zwischenzeitlich irgendwo abstellen und einen anderen Kurzauftrag mit einem eigenen Fahrzeug hätte erledigen können.
47 
Weiterhin spricht für eine abhängige Beschäftigung des Klägers die Nutzung der Fahrzeuge der T. GmbH. Er nutzte insofern Betriebsmittel der T. GmbH und war darauf angewiesen, dass diese ihm die Fahrzeuge zur Verfügung stellte, ihn mit den Papieren und Schlüsseln zu den Fahrzeugen ausstattete und diese auch versicherte. Das spricht für eine gewisse weitere Eingliederung in den Betrieb der T. GmbH, die die Fahrzeuge nicht auf unbestimmte Zeit zur Verfügung stellte, sondern sie tagsüber und zu anderen Zeiten von anderen Personen nutzen ließ, die einen eigenen Schlüssel hatten. Dem steht allerdings die Tatsache gegenüber, dass der Kläger für die Nutzung des Fahrzeugs der T. GmbH insofern bezahlte, als ihm für die Touren ein erheblich geringerer Stundensatz zustand als Fahrern, die mit eigenen Fahrzeugen fuhren. Jetzt hat der Kläger nach eigenem Vorbringen drei eigene Fahrzeuge, so dass er mit eigenen Betriebsmitteln auch das typische Unternehmerrisiko zu tragen hat.
48 
Schließlich spricht für eine abhängige Beschäftigung des Klägers, dass er im gesamten Bezugszeitraum des Existenzgründungszuschusses ausschließlich für die T. GmbH tätig war und damit tatsächlich wirtschaftlich von ihr abhängig war. Dem steht aber gegenüber, dass die T. GmbH ihm gegenüber weder ein Verbot der Annahme weiterer Aufträge noch ein Konkurrenzverbot noch jegliche sonstige Einschränkung hinsichtlich weiterer Aufträge ausgesprochen hatte. Der Umfang der Tätigkeit für die T. GmbH war auch nicht so groß, dass es dem Kläger faktisch unmöglich war, weitere Aufträge anzunehmen. Der Kläger war tatsächlich nachts im Rahmen von täglich ca. 6 bis 6,5 Stunden für die T. GmbH tätig. Daneben war es ihm - auch unter Einhaltung notwendiger Ruhezeiten - möglich weitere mehr als nur geringfügige Aufträge tagsüber anzunehmen und durchzuführen.
49 
Der Kläger hat sich auch um weitere Aufträge bemüht und tatsächlich mehrfach für andere Firmen Fahrten übernommen. Das steht zur Überzeugung des Senats aufgrund seiner Angaben im Widerspruchsverfahren fest, die im Wesentlichen mit seinen Angaben vor dem Sozialgericht und dem Senat im Erörterungstermin am 28.11.2012 sowie der Aussage von Herrn Q. vor dem Sozialgericht im Einklang stehen, der darüber berichtete, dass man sich über die Möglichkeit der Erlangung weiterer Aufträge ausgetauscht habe. Auch die Aussage der Zeugin K. passt dazu, die angegeben hat, dass sie davon ausgehe, dass alle ihrer Fahrer noch weitere Auftraggeber hätten. Dem entspricht auch der heutige Auftragstand des Klägers, der zwischenzeitlich neben der Firma T. GmbH weitere Auftraggeber hat und auch mit eigenen Kleinsttransportern Aufträge erledigt.
50 
Für eine selbständige Tätigkeit spricht auch, dass zwischen dem Kläger und der T. keine Urlaubsregelung getroffen wurde und der Kläger tatsächlich seine Aufträge auch durch Dritte durchführen lassen konnte. Weiterhin spricht für die selbständige Tätigkeit des Klägers, dass er seine Leistung weiteren Auftraggebern anbot, also Eigenwerbung betrieb und dass er seine Tätigkeit als Gewerbe anmeldete und Mehrwertsteuer abführte und in seinen Rechnungen auswies.
51 
Das Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers in der Zeit vom 02.08.2004 bis 01.08.2007 stellt sich als typischer Fall einer im Aufbau befindlichen Tätigkeit als selbständiger Kurierfahrer und Kleintransporteur dar, der zunächst einen Auftraggeber hatte und durch beständiges Suchen und Eigenwerbung weitere Aufträge erreichen konnte. Im Ergebnis ist der Kläger als typischer Existenzgründer genau den Weg gegangen, der durch § 421l SGB III gefördert werden sollte.
52 
Es kann daher dahinstehen, ob die subjektiven Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bescheide zur Bewilligung von Existenzgründungszuschuss vorlagen, weil der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat.
53 
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
54 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
55 
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.

Tenor

Die Bescheide der Beklagten vom 25.06.2013 und die Widerspruchsbescheide vom 08.01.2014 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Zusteller/Kurierdienstfahrer bei der Klägerin in der Zeit vom 01.07.2012 bis 31.10.2013 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden ist und aus dieser Tätigkeit keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Der Streitwert wird endgültig auf 8.540,00 EUR festgesetzt.


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Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. April 2010 - 16 Sa 1502/09 - aufgehoben, soweit es der Klage stattgegeben hat.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bocholt vom 16. Oktober 2009 - 2 Ca 1497/09 - wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin und ihr Sohn sind gemeinschaftliche Erben des am 16. April 2009 verstorbenen Ehemanns der Klägerin (Erblasser).

2

Der Erblasser war seit dem 23. April 2001 bis zu seinem Tod als Kraftfahrer bei der Beklagten mit einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst iHv. 2.000,00 Euro in einer Fünf-Tage-Woche beschäftigt. Der jährliche Urlaubsanspruch des Erblassers betrug 28 Arbeitstage. Seit dem 14. April 2008 war er durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. In den Jahren 2008 und 2009 war ihm kein Urlaub gewährt worden.

3

Nachdem die Klägerin - unter Fristsetzung bis zum 5. Juni 2009 - von der Beklagten erfolglos die Abgeltung des Urlaubs des Erblassers verlangte, hat sie schließlich Mitte 2009 Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben.

4

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte habe den Urlaub aus den Jahren 2008 und 2009, den sie dem Erblasser nicht gewährt habe, abzugelten. Die bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses andauernde Erkrankung des Erblassers stehe dem erhobenen Urlaubsabgeltungsanspruch nicht entgegen. Die anderslautende bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei aufgrund der Vorgaben des Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG insoweit abzuändern. Denn Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG eröffne die finanzielle Vergütung von Mindesturlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die einen nach § 1922 BGB übertragbaren Vermögensanspruch darstelle.

5

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.692,31 Euro brutto Urlaubsabgeltung zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2009 zu zahlen;

        

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft nach Herrn H 3.692,31 Euro brutto Urlaubsabgeltung zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juni 2009 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Urlaubsanspruch sei mit dem Tod des Erblassers erloschen. Ein Abgeltungsanspruch habe deshalb nicht entstehen können.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht dem Hilfsantrag teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, insgesamt 35 Urlaubstage aus den Jahren 2008 und 2009 mit einem Gesamtbetrag iHv. 3.230,50 Euro brutto nebst anteiliger Zinsen abzugelten. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagte begehrt mit der Revision die Abweisung der Klage, soweit das Landesarbeitsgericht ihr stattgegeben hat.

Entscheidungsgründe

8

A. Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, die Beklagte sei verpflichtet, an die Erbengemeinschaft Urlaubsabgeltung in Höhe von 3.230,50 Euro brutto nach § 7 Abs. 4 BUrlG iVm. § 1922 Abs. 1, §§ 2032, 2039 BGB zu zahlen.

9

I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, die Klage sei zulässig.

10

Die Klägerin ist prozessführungsbefugt, obwohl sie nur Miterbin neben ihrem Sohn ist. § 2039 Satz 1 BGB verleiht dem einzelnen Miterben die Prozessführungsbefugnis zur Durchsetzung von Ansprüchen, die der Erbengemeinschaft gegen Dritte zustehen(vgl. Palandt/Weidlich BGB 70. Aufl. § 2039 Rn. 6 ff.). Deshalb kann die Klägerin als Miterbin gemäß § 1922 Abs. 1, § 2032 Abs. 1, § 2039 Satz 1 BGB etwaige zum Nachlass gehörende Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis - wie den behaupteten Urlaubsabgeltungsanspruch - für die Erbengemeinschaft gerichtlich geltend machen. Ob das behauptete Recht tatsächlich besteht, ist eine Frage der Begründetheit der Klage.

11

II. Die Klage ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts erwarb die Erbengemeinschaft gegen die Beklagte als ehemalige Arbeitgeberin des Erblassers keinen Anspruch auf Zahlung einer Urlaubsabgeltung in Höhe von 3.230,50 Euro brutto nach § 7 Abs. 4 BUrlG iVm. § 1922 Abs. 1 BGB.

12

1. Dabei kann dahinstehen, ob die Annahme des Landesarbeitsgerichts zutrifft, dass ein entstandener Urlaubsabgeltungsanspruch im Hinblick auf die neuere Senatsrechtsprechung zur Urlaubsabgeltung bei dauernder Arbeitsunfähigkeit (vgl. grundlegend BAG 24. März 2009 9 AZR 983/07 - Rn. 47 ff., BAGE 130, 119; fortgeführt von BAG 23. März 2010 9 AZR 128/09 - Rn. 70, AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16; 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 18, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17)als reine Geldforderung nunmehr vererbbar ist und nach § 1922 Abs. 1 BGB in den Nachlass fällt(vgl. hierzu näher AnwK-ArbR/Düwell 2. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 141). Denn vorliegend ist bereits kein Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG entstanden, der nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erben hätte übergehen können.

13

2. Zwar traten die Klägerin und ihr Sohn als Erben mit dem Erbfall im Wege der Universalsukzession (§ 1922 Abs. 1 BGB) in sämtliche Rechtsverhältnisse des Erblassers mit der Folge ein, dass sie aus diesen Rechtsverhältnissen des Erblassers berechtigt und verpflichtet wurden. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch des Erblassers, der Teil der Erbmasse hätte sein können, bestand jedoch nicht. Der Urlaubsanspruch des Erblassers ging mit dessen Tod unter und konnte sich nicht in einen Abgeltungsanspruch iSv. § 7 Abs. 4 BUrlG umwandeln.

14

a) Es entspricht bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass kein Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG entsteht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers beendet wird(vgl. zuletzt BAG 20. Januar 1998 - 9 AZR 601/96 - zu I 2 b der Gründe; 23. Juni 1992 - 9 AZR 111/91 - zu 2 der Gründe, BAGE 70, 348; 26. April 1990 - 8 AZR 517/89 - zu I 1 b der Gründe, BAGE 65, 122).

15

aa) Im Streitfall endete das Arbeitsverhältnis zwischen dem Erblasser und der Beklagten aufgrund des Todes des Erblassers. Wenn die Pflicht zur Arbeitsleistung - wie hier - nicht übertragbar ist, endet das Arbeitsverhältnis mit dem Tod des Arbeitnehmers (vgl. BAG 16. Mai 2000 9 AZR 277/99 - zu I 2 d der Gründe, AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 20 = EzA BGB § 611 Aufhebungsvertrag Nr. 36). Dies folgt mittelbar aus § 613 Satz 2 BGB. Der Arbeitnehmer hat die von ihm geschuldete Arbeitsleistung im Regelfall in Person zu erbringen. Mangels Übertragbarkeit der Arbeitspflicht geht sie nicht gemäß § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erben über. Der Ausnahmefall einer übertragbaren Arbeitspflicht lag hier nicht vor.

16

bb) Gleiches gilt nach bisheriger Rechtsprechung für den Urlaubsanspruch. Danach setzt der Anspruch auf Abgeltung von Urlaub nach § 7 Abs. 4 BUrlG voraus, dass der Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses lebt(BAG 23. Juni 1992 - 9 AZR 111/91 - zu 1 und 2 der Gründe, BAGE 70, 348 ). Endet das Arbeitsverhältnis hingegen mit dem Tod des Arbeitnehmers, so erlischt mit der Beendigung zugleich der Urlaubsanspruch. Es kann deshalb kein Urlaubsabgeltungsanspruch mehr entstehen (vgl. BAG 23. Juni 1992 - 9 AZR 111/91 - zu 3 der Gründe, aaO; 26. April 1990 - 8 AZR 517/89 - zu I 1 b der Gründe, BAGE 65, 122; so auch weiterhin das überwiegende Schrifttum: ErfK/Dörner/Gallner 11. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 51; ErfK/Preis § 613 BGB Rn. 6; HWK/Schinz 4. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 118; Arnold/Tillmanns/Zimmermann BUrlG 2. Aufl. § 1 Rn. 66; Staudinger/Richardi/Fischinger (2011) § 613 BGB Rn. 15; aA Schipper/Polzer NZA 2011, 80; ArbG Potsdam 15. Februar 2011 - 3 Ca 1512/10 -).

17

Der Urlaubsabgeltungsanspruch wurde lange Zeit ebenso wie die Arbeitspflicht als höchstpersönlich und nicht übertragbar angesehen. Das mit der Surrogation begründete Merkmal der Erfüllbarkeit des Freistellungsanspruchs im fiktiv fortbestehenden Arbeitsverhältnis (Kern der sog. Surrogatstheorie; vgl. BAG 5. Dezember 1995 - 9 AZR 871/94 - BAGE 81, 339) hat der Senat jedoch in seiner reformierten Rechtsprechung zur Umsetzung der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Schultz-Hoff aufgegeben (vgl. grundlegend BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 44 ff., BAGE 130, 119; fortgeführt von BAG 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 70, AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16; 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 17, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17). Danach ist der Urlaubsabgeltungsanspruch nur noch ein reiner Geldanspruch. Davon bleibt die Rechtsnatur des Urlaubsanspruchs unberührt; denn Urlaub kann nur dem Arbeitnehmer durch Freistellung von dessen (höchstpersönlicher) Arbeitspflicht gewährt werden (vgl. BAG 28. August 2001 - 9 AZR 611/99 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 99, 5). Inhalt des Urlaubsanspruchs ist deshalb nach §§ 1, 3 BUrlG die Beseitigung der Arbeitspflicht für die Dauer der Urlaubszeit. Da die Arbeitspflicht nach § 613 BGB regelmäßig an die Person des Arbeitnehmers gebunden ist, können solche Pflichten, auf die der Urlaubsanspruch bezogen ist, nach dem Tode des Arbeitnehmers - als dem zur Arbeit Verpflichteten - nicht mehr entstehen. Ein Urlaubsanspruch entfällt daher schon deshalb, weil ein Arbeitgeber ihn nicht erfüllen könnte. Zudem endet das Arbeitsverhältnis zugleich mit dem Tod des Arbeitnehmers (arg. § 613 BGB ), sodass ein Urlaubsanspruch nach dem Bundesurlaubsgesetz nicht in Betracht kommt. Aus diesem Grunde scheidet ebenso das Entstehen eines Urlaubsabgeltungsanspruchs iSv. § 7 Abs. 4 BUrlG aus Anlass dieser Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus, weil der Arbeitnehmer als möglicher Anspruchsinhaber eines Abgeltungsanspruchs, der nur in seiner Person entstehen könnte, nicht mehr lebt(vgl. BAG 26. April 1990 - 8 AZR 517/89 - zu I 1 b der Gründe, BAGE 65, 122; fortgeführt von BAG 23. Juni 1992 - 9 AZR 111/91 - zu 2 der Gründe, BAGE 70, 348). Entsteht aber kein Abgeltungsanspruch in der Person des Arbeitnehmers, kann er auch nicht in den Nachlass fallen. Hieran hält der Senat im Ergebnis fest.

18

b) Nach Aufgabe des Merkmals der Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs (grundlegend BAG 24. März 2009 -  9 AZR 983/07  - Rn. 44 ff., BAGE 130, 119; fortgeführt von BAG 23. März 2010 -  9 AZR 128/09  - Rn. 70, AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16) kann das Entstehen eines Abgeltungsanspruchs nach § 7 Abs. 4 BUrlG aus folgenden Gründen nicht mehr verneint werden: Der Arbeitnehmer hätte bei(fiktivem) Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wegen Arbeitsunfähigkeit nicht freigestellt werden können und deshalb müsse der Abgeltungsanspruch als Surrogat des Urlaubsanspruchs ebenso wie der Urlaubsanspruch untergehen (vgl. BAG 20. Januar 2008 - 9 AZR 601/96 - zu I 2 b der Gründe; so auch noch Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 218). Nunmehr gilt Folgendes:

19

aa) Der für die Gesetzesauslegung maßgebliche Wortlaut des § 7 Abs. 4 BUrlG bestimmt, dass der Urlaub abzugelten ist, soweit er „wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden“ kann. Den Grund für das Entstehen des Abgeltungsanspruchs stellt demnach die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Der zu diesem Zeitpunkt noch bestehende Urlaubsanspruch wird nach § 7 Abs. 4 BUrlG mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch einen Abgeltungsanspruch ersetzt. Maßgeblicher Zeitpunkt für dessen Entstehen ist damit das Ende des Arbeitsverhältnisses.

20

(1) Der Abgeltungsanspruch entsteht folglich nicht bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem feststeht, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Termin enden wird und eine Urlaubsnahme nicht möglich ist (so aber Compensis DB 1992, 888, 892). Vielmehr entsteht dieser nach dem insoweit klaren Wortlaut des § 7 Abs. 4 BUrlG erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

21

(2) Zudem folgt bereits aus der Formulierung des § 7 Abs. 4 BUrlG selbst, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein noch offener Urlaubsanspruch bestehen muss, der sodann wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann und deshalb kraft Gesetzes abzugelten ist. So heißt es ausdrücklich in § 7 Abs. 4 BUrlG: „Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses … nicht mehr gewährt werden...“ Ein Urlaubsabgeltungsanspruch kann danach nur dann entstehen, wenn der Arbeitnehmer bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch einen Urlaubsanspruch hatte (vgl. auch ErfK/Dörner/Gallner § 7 BUrlG Rn. 51).

22

bb) Mit dem Tod des Arbeitnehmers erlischt dessen regelmäßig höchstpersönliche Leistungspflicht im Sinne des § 613 Satz 1 BGB. Hieraus folgt zugleich, dass auch alle Ansprüche auf Befreiung von dieser Arbeitspflicht untergehen (vgl. ErfK/Preis § 613 BUrlG Rn. 5). Verstirbt ein Arbeitnehmer, so erlischt bereits deshalb zugleich auch sein auf Befreiung von der Arbeitspflicht gerichteter Urlaubsanspruch. Der Urlaubsabgeltungsanspruch kann damit nicht vor dem Tod des Arbeitnehmers, der erst zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, entstanden sein. § 7 Abs. 4 BUrlG statuiert insoweit mittelbar ein Abgeltungsverbot im bestehenden Arbeitsverhältnis. Im Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion zum BUrlG vom 23. Januar 1962 war dies noch klarer formuliert. Nach dessen § 6 Abs. 3 sollte eine Abgeltung des Urlaubs nur statthaft sein, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr als Freizeit gewährt werden kann(BT-Drucks. IV/142, abgedr. in RdA 1962, 142). Nur für den Fall, dass der Arbeitnehmer infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Urlaub ganz oder teilweise nicht mehr erhalten kann, sollte die Abgeltung erlaubt sein. Die Regelung soll eine Ausnahme vom finanziellen Abgeltungsverbot allein für den Fall der Beendigung zulassen, um den Arbeitnehmer vor völligem Anspruchsverlust wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu schützen (vgl. auch HK-ArbR/Holthaus 2. Aufl. § 7 BUrlG Rn. 99). Dabei kann dahinstehen, ob sich der Urlaubsanspruch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses oder erst danach in einen Abgeltungsanspruch umwandelt. Der mit dem Tod des Arbeitnehmers untergehende Urlaubsanspruch kann sich jedenfalls nicht zeitgleich in einen Abgeltungsanspruch umwandeln. Anspruchsuntergang und gleichzeitige Umwandlung des Anspruchs schließen sich aus.

23

cc) Schließlich spricht der systematische Kontext des § 7 Abs. 4 BUrlG dafür, dass der Tod als Auslöser für einen Abgeltungsanspruch nach dieser Norm ausscheidet. Denn § 7 Abs. 4 BUrlG stellt einen besonders geregelten Fall des Leistungsstörungsrechts dar, der die allgemeinen Regelungen des § 275 ff. BGB, die ansonsten bei Unmöglichkeit von Leistungen gelten, verdrängt (vgl. hierzu auch HWK/Schinz § 7 BUrlG Rn. 111). Die Erfüllung des eigentlichen Urlaubsanspruchs durch Freistellung ist wegen der Beendigung nicht mehr möglich. An dessen Stelle tritt sodann (als Ersatzanspruch) der Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Stirbt der Arbeitnehmer, ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ursächlich für die Unmöglichkeit, den Urlaubsanspruch zu erfüllen (so auch HK-ArbR/Holthaus § 7 BUrlG Rn. 102; Friese Urlaubsrecht Rn. 458, 463; aA Schipper/Polzer NZA 2011, 80, 81). Denn stirbt der Arbeitnehmer, so folgt daraus zugleich auch, dass auch der auf die Beseitigung der nach § 613 Satz 1 BGB regelmäßig höchstpersönlichen Arbeitspflicht gerichtete Urlaubsanspruch mit dem Tod untergeht. Dementsprechend führt gerade nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern vielmehr bereits der Tod des Arbeitnehmers zum Untergang des Urlaubsanspruchs.

24

dd) Dem steht nicht entgegen, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für das Entstehen des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach § 7 Abs. 4 BUrlG grundsätzlich nicht auf die Art der Beendigung ankommt(vgl. etwa BAG 18. Oktober 1990 - 8 AZR 490/89 - zu 3 b der Gründe, BAGE 66, 134). So ist die Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich unerheblich. Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht nicht nur bei Beendigung wegen Befristung, Kündigung oder Aufhebungsvertrag, sondern etwa auch bei Eintritt einer auflösenden Bedingung (vgl. zum Erreichen der Altersgrenze: BAG 21. April 1966 - 5 AZR 510/65 - AP BUrlG § 7 Nr. 3). Insbesondere ist es irrelevant, welche Arbeitsvertragspartei die Beendigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst hat. Deshalb entsteht der Urlaubsabgeltungsanspruch auch, wenn der Arbeitnehmer die Beendigung verschuldet hat (vgl. BAG 18. Juni 1980 - 6 AZR 328/78 - zu 1 b der Gründe, AP BUrlG § 13 Unabdingbarkeit Nr. 6 = EzA BUrlG § 13 Nr. 14). Ebenso wenig kommt es darauf an, auf welchem rechtlichen Weg die Beendigung herbeigeführt wird.

25

Die einzige Ausnahme von diesem Grundsatz bildet nach der Rechtsprechung der Tod des Arbeitnehmers (vgl. BAG 23. Juni 1992 - 9 AZR 111/91 - zu 2 der Gründe, BAGE 70, 348; 26. April 1990 - 8 AZR 517/89 - zu I 1 b der Gründe, BAGE 65, 122).

26

c) Diese Grundsätze stehen im Einklang mit Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (sog. Arbeitszeitrichtlinie; ABl. EU L 299 vom 18. November 2003 S. 9).

27

aa) Danach darf der jedem Arbeitnehmer nach Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie zustehende bezahlte Mindestjahresurlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden. Damit geht auch die Richtlinie grundsätzlich von einem Abgeltungsverbot im laufenden Arbeitsverhältnis aus (vgl. so bereits zur Vorgängerrichtlinie 93/104/EG in der Fassung der Richtlinie 2000/34 /EG: EuGH 6. April 2006 - C-124/05 - [Federatie Nederlandse Vakbeweging] Rn. 29 ff., Slg. 2006, I-3423). Wenn das Arbeitsverhältnis endet, ist es nicht mehr möglich, bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Deshalb sieht die Regelung des Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie für diesen Fall einen Anspruch vor, der den bezahlten Mindesturlaub durch eine finanzielle Vergütung ersetzt. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass dem Arbeitnehmer wegen der Unmöglichkeit der Urlaubsgewährung aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jeder Genuss des bezahlten Jahresurlaubsanspruchs, selbst in finanzieller Form, verwehrt wird (vgl. EuGH 20. Januar 2009 -  C-350/06 und C-520/06  - [Schultz-Hoff] Rn. 56, Slg. 2009, I-179).

28

bb) Aus diesen sowohl von § 7 Abs. 4 BUrlG als auch von Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie verfolgten Zwecken(Abgeltungsverbot des Urlaubsanspruchs des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis einerseits sowie Schutz des Arbeitnehmers vor völligem Anspruchsverlust bei Beendigung durch eine finanzielle Vergütung anderseits) folgt zugleich, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nur in der Person des ausgeschiedenen Arbeitnehmers entstehen kann. Denn sowohl die Normierung des Abgeltungsverbots im laufenden Arbeitsverhältnis als auch die Zuerkennung einer finanziellen Vergütung im Falle der Beendigung - anstelle des dem Arbeitnehmer sonst zustehenden Urlaubs - knüpfen an dessen Person an.

29

cc) Unerheblich ist im Streitfall der Umstand, dass der Erblasser bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig erkrankt war.

30

Denn Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie steht lediglich einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegen, nach denen der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugszeitraums und/oder eines im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraums auch dann erlischt, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat, weshalb er seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte(vgl. EuGH 20. Januar 2009 -  C-350/06 und C-520/06  - [Schultz-Hoff] Rn. 49, 52, Slg. 2009, I-179). Dies führt jedoch lediglich dazu, dass entsprechend der neueren Senatsrechtsprechung der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch bei andauernder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht mehr nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG befristet ist.

31

Hingegen beruht das Erlöschen des Urlaubsanspruchs bei Versterben des Arbeitnehmers nicht auf einer nationalen Befristungsregelung. Vielmehr führt der Tod des Arbeitnehmers zum Untergang des Urlaubsanspruchs.

32

Zudem handelt es sich bei dem Anspruch jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nach Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union um einen besonders bedeutsamen Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaft. Der Arbeitnehmer muss regelmäßig über eine tatsächliche Ruhezeit verfügen können, damit ein wirksamer Schutz seiner Sicherheit und seiner Gesundheit sichergestellt ist. Nur für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis beendet wird, lässt Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie zu, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub durch eine finanzielle Vergütung ersetzt wird. Mit dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub wird das Ziel verfolgt, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen (vgl. EuGH 20. Januar 2009 -  C-350/06 und C-520/06  - [Schultz-Hoff] Rn. 22 ff., Slg. 2009, I-179). Dies belegt, dass die Regelung des Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie ihrem Zweck nach dem Schutz des Arbeitnehmers dient. Dieser Zweck kann jedoch nur zu Lebzeiten des Arbeitnehmers erfüllt werden. Es wird an die Person des Arbeitnehmers angeknüpft. Deshalb steht ebenso wie Art. 7 Abs. 2 auch Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie einem Erlöschen des Urlaubsanspruchs bei Tod des Arbeitnehmers mit der Folge des Nichtentstehens eines Urlaubsabgeltungsanspruchs nicht entgegen.

33

d) Dementsprechend scheidet auch eine erstmalige unmittelbare und originäre Anspruchsentstehung in der Person des Erben aus (vgl. hierzu auch Arnold/Tillmanns/Zimmermann § 1 Rn. 66; aA wohl Schipper/Polzer NZA 2011, 80, 81). Das gilt unabhängig davon, dass § 7 Abs. 4 BUrlG den Anspruchsinhaber nicht ausdrücklich benennt, zumal § 7 Abs. 4 BUrlG kein eigenes Forderungsrecht des Erben normiert, das durch den Tod des Arbeitnehmers ausgelöst wird, wie dies etwa § 844 ff. BGB bei unerlaubten Handlungen für Ersatzansprüche Dritter bei Tötung vorsehen. Selbst wenn man also mit dem Landesarbeitsgericht davon ausgeht, dass es sich beim Abgeltungsanspruch um eine Geldleistung ohne strikte Zweckbindung oder um eine Art finanzielle Abfindung (so AnwK-ArbR/Düwell § 7 BUrlG Rn. 141) handelt, ändert dies nichts daran, dass dieser zunächst eine Entstehung in der Person des Arbeitnehmers voraussetzt.

34

Ob der Urlaubsabgeltungsanspruch vererbbar ist, ist eine hiervon zu trennende Frage, die im Streitfall nicht entscheidungserheblich ist. Dies hat das Landesarbeitsgericht außer Acht gelassen.

35

3. Der Erblasser erwarb auch nicht noch zu Lebzeiten ein Anwartschaftsrecht auf Urlaubsabgeltung, das als vermögenswertes Recht nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erben hätte, übergehen und dort zum Vollrecht erstarken können. Denn die Voraussetzungen für ein entsprechendes Anwartschaftsrecht sind nicht erfüllt.

36

a) Dies entspricht schon der bisherigen Senatsrechtsprechung. Danach besteht neben dem Urlaubsanspruch kein Anwartschaftsrecht auf Urlaubsabgeltung, das als vermögenswertes Recht nach § 1922 BGB auf die Erben übergehen und dort zum Vollrecht erstarken könnte. Dies hat der Senat allerdings damit begründet, dass der Abgeltungsanspruch unter den im Gesetz oder im Tarifvertrag genannten Voraussetzungen als Surrogat anstelle des untergehenden Urlaubsanspruchs und damit seinerseits als Vollrecht nur in der Person des Arbeitnehmers entstehe. Sterbe dieser, so entstehe der Anspruch nicht (vgl. BAG 23. Juni 1992 - 9 AZR 111/91 - zu 3 der Gründe, BAGE 70, 348).

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b) Diese Begründung lässt sich nicht mehr aufrechterhalten. Sie beruht noch auf der Surrogatstheorie. Der Senat hat infolge der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache Schultz-Hoff die Surrogatstheorie, jedenfalls für den Fall der andauernden Arbeitsunfähigkeit, aufgegeben. Danach stellt der Urlaubsabgeltungsanspruch zumindest bei andauernder Arbeitsunfähigkeit eine auf finanzielle Vergütung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie gerichtete reine Geldforderung dar(vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 17 ff., EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17; 23. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 44 ff., BAGE 130, 119).

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c) Ein Anwartschaftsrecht entsteht immer dann, wenn von einem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann (vgl. Palandt/Ellenberger Einf. v. § 158 BGB Rn. 9 mwN). Eine solche gesicherte Rechtsposition besteht hinsichtlich des Urlaubsabgeltungsanspruchs im bestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht. Denn während des laufenden Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer nur Anspruch auf Freistellung von der Arbeitspflicht. Dies folgt bereits aus dem sich aus § 7 Abs. 4 BUrlG ergebenden Abgeltungsverbot. Danach darf der Urlaub nur abgegolten werden, soweit er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden kann. Dieses Abgeltungsverbot steht der Annahme entgegen, ein Urlaubsabgeltungsanspruch entstehe im laufenden Arbeitsverhältnis. Im laufenden Arbeitsverhältnis ist der Urlaubsanspruch durch Freistellung des Arbeitnehmers zu erfüllen. Demgegenüber entsteht der Urlaubsabgeltungsanspruch erst unmittelbar mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses anstelle des noch bestehenden Urlaubsanspruchs in der Person des Arbeitnehmers. Es steht deshalb im laufenden Arbeitsverhältnis nicht fest, ob überhaupt ein Abgeltungsanspruch entstehen kann. Zunächst und vorrangig ist der Urlaub durch Freistellung zu gewähren.

39

d) Ein Anwartschaftsrecht könnte hier ohnehin nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers zu einem Vollrecht auf Urlaubsabgeltung erstarken. Denn wie bereits unter A II 2 dargelegt, geht der Anspruch des Erblassers auf Urlaub stets mit dessen Tod unter und kann sich nicht in einen Abgeltungsanspruch umwandeln.

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4. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts konnte ein Urlaubsabgeltungsanspruch auch nicht als werdendes Recht auf die Erben nach § 1922 Abs. 1 BGB übergehen.

41

a) Hierzu hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, der Umstand, dass der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt seines Todes einen Geldleistungsanspruch nicht besessen habe, stehe der Vererbbarkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs nicht entgegen. Zwar entstehe dieser, da die Urlaubsabgeltung das Ende des Arbeitsverhältnisses voraussetze, erst mit dem Tod des Arbeitnehmers. Doch handele es sich insoweit um einen noch „nicht fertigen, im Werden begriffenen Anspruch“, dessen Vererbbarkeit bei nicht höchstpersönlichen Angelegenheiten grundsätzlich anerkannt sei.

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b) Zutreffend ist insoweit allein, dass im Rahmen der Gesamtrechts-nachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB Erben grundsätzlich auch in werdende Rechte, sog. Rechtsverkehrslagen, eintreten (vgl. Palandt/Weidlich § 1922 Rn. 26; Staudinger/Marotzke (2008) § 1922 BGB Rn. 303 ff.; MünchKommBGB/Leipold 5. Aufl. § 1922 Rn. 41). Denn der Tod unterbricht die rechtlichen Beziehungen des Menschen in dem Zustand, in welchem sie sich gerade befinden. Deshalb können auf den Erben auch vorgefundene noch im Werden begriffene Rechte und Rechtsbeziehungen übergehen, zu deren vollständiger Entstehung es noch weiterer Ereignisse oder Willenserklärungen bedarf. In der Person des Erben kann sich die Entstehung eines Rechts in dieser Situation in derselben Weise vollenden, wie dies bei Fortleben des Erblassers möglich gewesen wäre (vgl. MünchKommBGB/Leipold aaO; Bamberger/Roth/Müller-Christmann BGB 2. Aufl. § 1922 Rn. 48).

43

c) Bei einem (unterstellten) Fortleben des Erblassers über den 16. April 2009 hinaus würde das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten unverändert fortbestehen. Für einen Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG wäre von vornherein überhaupt kein Raum. Vielmehr stände dem Erblasser der - wegen der seit 14. April 2008 andauernden Arbeitsunfähigkeit - nicht realisierbare gesetzliche Mindest- und vertragliche Mehrurlaub aus den Jahren 2008 und 2009 weiterhin zu. Der gesetzliche Mindesturlaub aus dem Jahr 2008 war wegen der andauernden Arbeitsunfähigkeit nach der maßgeblichen neueren Senatsrechtsprechung nicht nach § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG befristet(vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 18, EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17). Entsprechendes gilt auch für den vertraglichen Mehrurlaub. Zwar können die Parteien des Einzelarbeitsvertrags Urlaubsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie gewährleisteten und von § 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Mindestjahresurlaubsanspruch von vier Wochen übersteigen, frei regeln, doch müssen für einen Regelungswillen der Arbeitsvertragsparteien, der zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen vertraglichen Ansprüchen unterscheidet, im Rahmen der Auslegung nach §§ 133, 157 BGB deutliche Anhaltspunkte bestehen(vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 25, aaO; 24. März 2009 9 AZR 983/07  - Rn. 81 ff., BAGE 130, 119 ). Im Streitfall gibt es jedoch, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, keine Anhaltspunkte, die auf eine Ausnahme von der Regel des „Gleichlaufs“ der Ansprüche hindeuten. Der Arbeitsvertrag, der den Erblasser und die Beklagte verband, enthält keine abweichende Regelung für den übergesetzlichen Mehrurlaub. Deshalb war auch dessen Abgeltung an die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 BUrlG gebunden und daher nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich.

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Der Tod unterbricht im vorliegenden Fall gerade nicht die „Vollendung“ des Urlaubsabgeltungsanspruchs, da bei Fortleben des Ehemanns der Klägerin mangels Beendigung des Arbeitsverhältnisses schon kein Urlaubsabgeltungsanspruch entstanden wäre. Dies hat das Landesarbeitsgericht übersehen.

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d) Darüber hinaus ist die finanzielle Abgeltung des nicht verfallenen gesetzlichen Mindesturlaubs im bestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich verboten. Es handelte sich unter Verstoß gegen § 1 iVm. § 13 Abs. 1 BUrlG letztlich um einen „Abkauf“ von Urlaub(vgl. HWK/Schinz § 7 BUrlG Rn. 98). Von einem Abgeltungsverbot im bestehenden Arbeitsverhältnis geht zudem auch Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeitrichtlinie aus, wonach der bezahlte Mindestjahresurlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden darf. Deshalb steht Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie nationalen Rechtsvorschriften entgegen, die es während der Dauer des Arbeitsverhältnisses erlauben, dass die Tage eines Jahresurlaubs, die nicht in einem bestimmten Jahr genommen werden, durch eine finanzielle Vergütung in einem späteren Jahr ersetzt werden(vgl. so bereits zur Vorgängerrichtlinie 93/104/EG in der Fassung der Richtlinie 2000/34 /EG: EuGH 6. April 2006 - C-124/05 - [Federatie Nederlandse Vakbeweging] Rn. 29 ff., Slg. 2006, I-3423 ).

46

e) Überdies ist der Ausgangspunkt der Überlegungen des Landesarbeitsgerichts unzutreffend, dass der Urlaubsanspruch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers nicht erloschen sei und ein Urlaubsabgeltungsanspruch bestehe.

47

5. Die Klägerin beruft sich ohne Erfolg hilfsweise auf Schadensersatz.

48

Es bestand kein Anspruch des Erblassers gegenüber der Beklagten auf Schadensersatz, der nach § 1922 Abs. 1 BGB auf die Erben hätte übergehen können. Ein Schadensersatzanspruch nach § 275 Abs. 1 und Abs. 4, § 280 Abs. 1 und Abs. 3, § 283 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1, § 249 BGB kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber sich gegenüber dem Erblasser bereits zu dessen Lebzeiten in Verzug mit der Leistung befand. Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Beklagte konnte bis zum Tod des Erblassers mit der Urlaubsgewährung schon deshalb nicht in Verzug geraten, da dessen Urlaubsanspruch aufgrund der andauernden Arbeitsunfähigkeit nicht erfüllbar war. Erst recht war die Beklagte nicht mit der Urlaubsabgeltung in Verzug, da dem Erblasser ein solcher Anspruch mangels Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu Lebzeiten nicht zustand.

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B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Düwell    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Ropertz    

        

    Faltyn    

                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Gegen das Urteil eines Sozialgerichts steht den Beteiligten die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht im Urteil oder auf Antrag durch Beschluß zugelassen wird. Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag oder, wenn die Revision im Urteil zugelassen ist, der Revisionsschrift beizufügen.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 vorliegen. Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden. Die Ablehnung der Zulassung ist unanfechtbar.

(3) Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluß ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist oder der Frist für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung von neuem, sofern der Antrag in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war. Läßt das Sozialgericht die Revision durch Beschluß zu, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(4) Die Revision kann nicht auf Mängel des Verfahrens gestützt werden.

(5) Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.