Sozialgericht Dortmund Beschluss, 08. Apr. 2015 - S 35 AS 594/15 ER
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 23.01.2015 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15.01.2015, mit dem dieser eine Beschränkung der Leistungen der Antragstellerin auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung festgestellt hat, wird angeordnet. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
I.
1
Gründe:
2Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Rechtmäßigkeit einer gegenüber der Antragstellerin festgestellten Sanktion.
3Die am 21.02.1990 geborene Antragstellerin steht beim Antragsgegner im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Antragstellerin und der Antragsgegner schlossen zuletzt am 25.03.2014 eine Eingliederungsvereinbarung mit einem Gültigkeitszeitraum bis zum 24.09.2014 ab.
4Mit Schreiben vom 24.10.2014 lud der Antragsgegner die Antragstellerin zu einem Meldetermin am 03.11.2014 ein. Der Antragsgegner führte in dem Schreiben aus, dass die berufliche Situation der Antragstellerin besprochen werden solle. Dass in dem Termin eine neue Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden solle, erwähnte er in dem Schreiben nicht. Die Antragstellerin erschien zu dem Termin am 03.11.2014 nicht. Noch am 03.11.2014 erließ der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin einen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt gemäß § 15 Abs.1 Satz 6 SGB II. Zur Begründung führte er aus, dass eine Eingliederungsvereinbarung mit der Antragstellerin sei nicht zustandegekommen sei.
5Unter dem Punkt "Bemühungen von XXX" heißt es unter anderem:
6"Sie unternehmen während der Gültigkeitsdauer der Eingliederungsvereinbarung im Turnus von 1 Monat - beginnend mit dem Datum der Unterzeichnung - jeweils mindestens 8 Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse und legen hierüber im Anschluss an den oben genannten jeweiligen Zeitraum folgende Nachweise vor: Bewerbungen, Eingangsbestätigungen, Einladungen, Absagen etc ... Bei der Stellensuche sind auch befristete Stellenangebote und Stellenangebote von Zeitarbeitsfirmen einzubeziehen."
7Der Bescheid, der der Antragstellerin am 05.11.2014 per Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung. Die Antragstellerin legte in der Folge auch keinen Rechtsbehelf gegen den Bescheid ein.
8Auch zu einem weiteren Meldetermin vom 02.12.2014 erschien die Antragstellerin nicht.
9Mit Schreiben vom 02.12.2014 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin zum möglichen Eintritt einer Sanktion an. Die Antragstellerin habe die ihr obliegenden Eigenbemühungen nicht nachgewiesen. Eine Rückäußerung der Antragstellerin erfolgte hierauf nicht.
10Mit Bescheid vom 18.12.2014 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis zum 31.10.2015 monatliche Leistungen in Gestalt des Regelbedarfs in Höhe von EUR 399,-, von Mehrbedarfen in Höhe von EUR 152,82 sowie von Bedarfen für Unterkunft und Heizung in Höhe von EUR 243,-.
11Mit Bescheid vom 15.01.2015 stellte der Antragsgegner für die Zeit vom 01.02.2015 bis zum 30.04.2015 eine Beschränkung des Arbeitslosengelds II der Antragstellerin auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung fest. Der Bewilligungsbescheid vom 18.12.2014 werde insoweit für den vorgenannten Zeitraum aufgehoben. Gutscheine oder geldwerte Leistungen würden nicht gewährt. Grundlage der Sanktion sei, dass die Antragstellerin die in der - so wörtlich - "Eingliederungsvereinbarung" vom 03.11.2014 festgelegten Eigenbemühungen nicht nachgewiesen habe. Die Antragstellerin habe keinen wichtigen Grund für ihr Verhalten mitgeteilt. Eine Verkürzung des Minderungszeitraumes auf sechs Wochen sei nach Abwägung der im vorliegenden Fall gegebenen Umstände mit den Interessen der Allgemeinheit nicht gerechtfertigt, weil die Antragstellerin ausführlich über die Rechtsfolgen belehrt worden sei. Da die Antragstellerin bislang keine Gutscheine oder geldwerten Leistungen beantragt habe, würden ihr solche auch nicht gewährt. Diese könnten ihr auf Antrag für den Sanktionszeitraum aber noch erbracht werden.
12Ebenfalls mit Bescheid vom 15.01.2015 stellte der Antragsgegner eine weitere Sanktion gegen die Antragstellerin und eine Minderung ihrer Leistungen in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs für den Zeitraum vom 01.02.2015 bis zum 30.04.2015 fest. Der Antragsgegner bezog sich in diesem Zusammenhang auf das Nichterscheinen der Antragstellerin im weiteren Meldetermin vom 02.12.2014.
13Die nunmehr anwaltlich vertretene Antragstellerin erhob am 23.01.2015 Widerspruch gegen beide Sanktionsbescheide. Sie habe sich im Zeitraum vom 02.11.2014 bis zum 06.11.2014 mit ihrer Tochter im XXX in der Kinderklinik befunden. Sie fügte eine entsprechende Bescheinigung des XXX bei.
14Mit Bescheid vom 28.01.2015 gewährte der Antragsgegner der Antagstellerin Sachleistungen in Gestalt von Lebensmittelgutscheinen in Höhe von EUR 200,- für den Zeitraum vom 01.02.2015 bis zum 30.04.2015.
15Am 17.02.2015 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit dem wörtlichen Antrag gestellt, der "Antragstellerin Regelleistungen nach dem SGB II zu bewilligen und auszuzahlen". Die Sanktion sei bereits deshalb rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für den Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes nicht vorgelegen hätten. Ihr sei es nicht möglich gewesen, zum Meldetermin am 03.11.2014 zu erscheinen.
16Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
17die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 23.01.2015 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 15.01.2015, mit dem dieser eine Beschränkung ihrer Leistungen auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung festgestellt hat, anzuordnen.
18Der Antragsgegner beantragt,
19den Antrag abzulehnen.
20Da die Antragstellerin bereits in der Vergangenheit öfter nicht zu Meldeterminen erschienen sei, sei der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes geboten gewesen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
22II.)
23Das wörtlich formulierte einstweilige Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin, ihr "Regelleistungen nach dem SGB II zu bewilligen und auszuzahlen", ist der Sache nach gegen die Vollziehung des Bescheides vom 15.01.2015 gerichtet, mit dem der Antragsgegner eine Beschränkung ihrer Leistungen auf die Leistungen für Unterkunft und Heizungen festgestellt hat.
24Dieses Rechtsschutzbegehren ist ungeachtet seines Wortlauts als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs.1 Satz 1 Nr.2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und nicht - auch nicht gegebenfalls ergänzend - als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung statthaft.
25Gemäß § 86b Abs.1 Satz 1 Nr.2 des Sozialgerichtsgesetzes SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Im vorliegenden Fall entfaltet der von der Antragstellerin am 23.01.2015 erhobene Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom 15.01.2015 keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt zunächst, soweit der Antragsgegner mit diesem eine Beschränkung der Leistungen der Antragstellerin auf die Kosten für Unterkunft und Heizung festgestellt hat. Insoweit greift nämlich § 39 Nr.1 4.Alt. SGB II, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt, keine aufschiebende Wirkung haben. Soweit der Antragsgegner im Sanktionsbescheid vom 15.01.2015 auch eine (teilweise) Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 18.12.2014 verfügt hat, greift § 39 Nr.1 1.Alt. SGB II. Hiernach entfalten auch Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, keine aufschiebende Wirkung.
26Für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs.2 SGG verbleibt hingegen kein Raum. Ein solcher ist gemäß § 86 b Abs.2 Satz 1 SGG ("soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt") nämlich nur ergänzend statthaft, wenn der Antragsteller sein mit dem einstweiligen Rechtsschutzbegehren verfolgtes Ziel nicht vollständig mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86b Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGG erreichen kann. Letzteres ist dann der Fall, wenn der Antragsteller sein Rechtsschutzziel in der Hauptsache nicht allein mit einer isolierten Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs.1 Satz 1 1. Alt. SGG erreichen kann. Entsprechendes ist hier nicht ersichtlich, weil allein die Kassation des angegriffenen Sanktionsbescheides zum Wiederaufleben des ungekürzten Leistungsanspruch der Antragstellerin gemäß dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 18.12.2014 führt. Im vorliegenden Fall ist insbesondere auch nicht erkennbar, dass die Antragstellerin höhere Leistungen begehrt, als der Antragsgegner ihr mit dem Bescheid vom 18.12.2014 bewilligt hat.
27Die Statthaftigkeit eines Antrags nach § 86b Abs.2 SGG ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht daraus, dass die Antragstellerin ihr Begehren ("Auszahlung der Regelleistung") in der Hauptsache bereits mittels einer isolierten Leistungsklage gemäß § 54 Abs.5 SGG erreichen könnte. Zwar ist dies zur Überzeugung der Kammer auch unter Berücksichtigung der seit dem 01.04.2011 geltenden Rechtslage möglich, wenn die Behörde im Falle einer Sanktion nur geminderte Leistungen auszahlt, ohne einen Leistungsbescheid, mit dem ungekürzte Leistungen bewilligt worden sind, im Umfang der Sanktionierung aufzuheben (hierzu ausführlich SG Dortmund, Beschluss vom 26. Mai 2014 – S 35 AS 1758/14 ER –, juris; SG Dortmund, Beschluss vom 13. Juni 2014 – S 32 AS 1173/14 ER –, juris). Im vorliegenden Fall ist eine Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 18.12.2014 in der Höhe der Minderung aber im Sanktionsbescheid vom 15.01.2015 erfolgt.
28Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist auch im Übrigen zulässig und begründet.
29Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGG hat das Gericht eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, die Wirkung des angefochtenen Bescheides (zunächst) zu unterbinden (Aussetzungsinteresse), mit dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners vorzunehmen.
30Diese Abwägung gestaltet sich wie folgt: Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene durch ihn in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird die aufschiebende Wirkung angeordnet, weil dann ein öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht besteht (vgl. z. B. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 12c ff.; Conrads in: LPK-SGB II, 4. Auflage 2012, § 39 Rn. 16). Ist der Hauptsacherechtsbehelf hingegen aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Dabei kann die Klage unter Umständen auch bei einem Verwaltungsakt, der unter Verletzung von Form- oder Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist, ohne Erfolgsaussicht sein, wenn damit zu rechnen ist, dass dieser Fehler noch korrigiert (vgl. § 41 Abs.1, 2 SGB X) wird (vgl. Keller a. a. O. m. w. N.). Sind die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung. Es gilt insoweit der Grundsatz: Je größer die Erfolgsaussichten sind, um so geringer sind die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme wirkt. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, die Klage aber später Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, der Klage aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. Keller a. a. O. m. w. N.). Sofern die vorgenannte Interessenabwägung nicht zu einem Ergebnis führt ("non liquet"), ist die gesetzliche Wertung zu beachten: Aus dem im vorliegenden Fall einschlägigen § 39 Nr.1 SGB II, ergibt sich, dass der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung der Individualinteressen und der öffentlichen Interessen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug prinzipiell Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt.
31Nach diesen Maßgaben war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 23.01.2015 gegen den Sanktionsbescheid des Antragsgegners vom 15.01.2015, mit dem dieser eine Beschränkung ihrer Leistungen auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung festgestellt hat, anzuordnen. Dieser ist nämlich offensichtlich rechtswidrig. Mögliche Ermächtigungsgrundlage für den Sanktionsbescheid des Antragsgegners ist § 31 a Abs.2 SGB II. Danach ist bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, das Arbeitslosengeld II bei einer Pflichtverletzung nach § 31 auf die für die Bedarfe nach § 22 zu erbringenden Leistungen beschränkt. Bei wiederholter Pflichtverletzung nach § 31 entfällt das Arbeitslosengeld II vollständig. Absatz 1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend. Erklären sich erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nachträglich bereit, ihren Pflichten nachzukommen, kann der Träger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles ab diesem Zeitpunkt wieder die für die Bedarfe nach § 22 zu erbringenden Leistungen gewähren. Als - auch vom Antragsgegner in Bezug genommene - Pflichtverletzung der Antragstellerin kommt eine solche nach § 31 Abs.1 SGB II in Betracht. Danach verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie sich trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis weigern, in der Eingliederungsvereinbarung oder in dem diese ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Absatz 1 Satz 6 festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. Dass die Antragstellerin keine Eigenbemühungen in dem im Eingliederungsverwaltungsakt vom 03.11.2014 festgelegten Umfang vorgenommen hat, räumt sie mit ihrem Schriftsatz vom 30.03.2015 selbst ein. Eine Sanktionierung aufgrund der Nichterfüllung im Eingliederungsverwaltungsakt vom 03.11.2014 festgelegten Pflichten konnte gleichwohl nicht erfolgen, weil dieser Eingliederungsverwaltungsakt sich als rechtswidrig erweist. Die Rechtmäßigkeit eines zugrundeliegenden Eingliederungsverwaltungsaktes ist zur Überzeugung der Kammer aber auch Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Sanktion aufgrund einer Pflichtverletzung gemäß § 31 Abs.1 SGB II, solange der Eingliederungsverwaltungsakts nicht bestandskräftig ist. Dies ist vorliegend der Fall, weil der am 03.11.2014 ergangene Eingliederungsverwaltungsakt nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war und für die Einlegung eines Rechtsbehelfs damit die Jahresfrist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG gilt. Die bloße Wirksamkeit beziehungsweise Vollziehbarkeit eines Eingliederungsverwaltungaktes steht der inzidenten Prüfung seiner Rechtmäßigkeit im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung einer Sanktion nicht entgegen.
32Die 32.Kammer des Sozialgerichts Dortmund führt zu dieser Problematik in ihrem Beschluss vom 02. Oktober 2014 – S 32 AS 1991/14 ER – juris (Rn.52) überzeugend aus: "Teilweise wird aber auch vertreten, dass bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Sanktion keine inzidente Rechtmäßigkeitskontrolle des Eingliederungsverwaltungsakts sondern nur eine Kontrolle auf Wirksamkeit und Vollziehbarkeit stattfinde (vgl. SG Berlin, Urteil vom 09.07.2014 – S 205 AS 30970/13 – juris (Rn. 26 ff.) m. w. N.: nur Wirksam- und Vollziehbarkeitskontrolle, ohne Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist auch ein rechtswidriger Eingliederungsverwaltungsakt zunächst zu befolgen; anders LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11 – juris (Rn. 26): Rechtmäßigkeitskontrolle auch bei Bestandskraft durch Annahme eines ggf. konkludent gestellten Überprüfungsantrags gem. § 40 SGB II i. V. m. § 44 SGB X; insoweit zweifelnd: Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER – juris (Rn. 15)). Zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken könnte es sich als vermittelnder Ansatz anbieten, gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt Rechtsschutz in der Hauptsache unbeschränkt zu gewähren, isolierten Eilrechtsschutz nur dann, wenn der Eingliederungsverwaltungsakt dem Adressaten Pflichten mit einer überdurchschnittlichen Belastungswirkung auferlegt, und unbeschränkten Eilrechtsschutz mit vollständiger Rechtmäßigkeitskontrolle in Bezug auf alle im Eingliederungsverwaltungsakt festgelegten Pflichten nur bei einem Eilantrag gegen eine Sanktion (durch die vorstehend beschriebene erweiternde Auslegung dieses Eilantrages), soweit der Eingliederungsverwaltungsakt noch keine Bestandskraft erlangt hat; bei Bestandskraft des Eingliederungsverwaltungsaktes würde hingegen grundsätzlich nur eine inzidente Wirksamkeitskontrolle stattfinden."
33Diesem vorstehend angeführten vermittelnden Ansatz schließt die erkennende Kammer sich unter folgenden Erwägungen an: Zunächst kann eine inzidente Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsakts im Rahmen der Prüfung einer Sanktion nicht mehr stattfinden, wenn dieser Eingliederungsverwaltungsakt bestandskräftig geworden ist. Einer solchen Prüfung stünde nämlich die Regelung des § 77 SGG entgegen. Diese lautet: "Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist." § 77 SGG führt sowohl zu einer formellen als auch materiellen Bindungswirkung des Verwaltungsakts. Der Begriff der materiellen Bindungswirkung bedeutet in der Sache, dass der Verwaltungsakt im Interesse der Rechtssicherheit unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit verbindliche Grundlage des Behördenhandelns wird (Dr. Tilman Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, § 77 SGG, Rn.2). Ab dem Zeitpunkt, zu dem das Gesetz der Rechtssicherheit den Vorrang vor der "materiellen Gerechtigkeit" einräumt, kann zur Überzeugung der Kammer aber auch keine Inzidentprüfung der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts im Rahmen der Prüfung der Tatbestandsmerkmale eines anderen Verwaltungsakts mehr stattfinden. Der vorgenannten materiellen Bindungswirkung des vorgelagerten Verwaltungsaktes würde nämlich ansonsten die Grundlage entzogen; dies gilt umso mehr, wenn die maßgebliche Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten (wie im Fall von Eingliederungsverwaltungsakt und Sanktion) erst auf der zweiten Stufe der Inzidentprüfung stattfindet. An dem vorstehenden Ergebnis ändert es nach Auffassung der Kammer auch nichts, wenn im Hinblick auf den Eingliederungsverwaltungsakt ein Antrag nach § 44 SGB X gestellt worden ist oder noch gestellt werden kann. Die Möglichkeit eines solchen Antrags nach § 44 SGB X setzt die Bestandskraft und damit die materielle Bindungswirkung des Verwaltungsakts aber geradezu voraus. Ein Antrag nach § 44 SGB X ändert die Bestandskraft des Ursprungsbescheids nämlich solange nicht, wie ihm nicht ganz oder teilweise entsprochen worden ist (SG Dortmund, Beschluss vom 02. Oktober 2014 – S 32 AS 1991/14 ER – juris (Rn.31)). Eine Klage auf der Grundlage des § 44 SGB X kann auch nicht zu einer unmittelbaren "Kassation" des Verwaltungsakts führen. Vielmehr kann das Gericht nur in einem "zweistufigen" Verfahren den den Überprüfungsantrag ablehnenden Antrag aufheben und die Behörde zur Aufhebung des zur Überprüfung gestellten Bescheides verpflichten.
34Die vorstehenden Fragen bedürfen im vorliegenden Verfahren aber keiner abschließenden Klärung, weil der Eingliederungsverwaltungsakt noch keine Bestandskraft erlangt hat und eine materielle Bindungswirkung im Sinne des § 77 SGG noch nicht eingetreten ist. Beides tritt nämlich erst ein, wenn ein Verwaltungsakt mit ordentlichen Rechtsbehelfen nicht mehr angefochten werden kann (Dr. Tilman Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, § 77 SGG, Rn.10). Dies ist - wie vorab dargestellt - im Hinblick auf den Eingliederungsverwaltungsakt vom 03.11.2014 in Anbetracht der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung nicht der Fall.
35Eine Rechtsauffassung mit dem Inhalt, dass die bloße Wirksamkeit beziehungsweise Vollziehbarkeit eines Eingliederungsverwaltungsakts dazu führe, dass dem über eine Sanktion entscheidenden Gericht die Inzidentprüfung der Rechtmäßigkeit eines vorgelagerten Verwaltungsakts verwehrt sei, überzeugt dagegen nicht. Zunächst tritt eine inhaltliche Bindung im Sinne des § 77 SGG bei bloßer Wirksamkeit oder Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts gerade nicht ein. Das SG Berlin, das in seinem Urteil vom 09.07.2014 - S 205 AS 30970/13 - juris im Ergebnis diese Auffassung vertritt, scheint argumentativ aber auch gar nicht an diese Bindungswirkung anzuknüpfen. Vielmehr vertritt es die Auffassung, dass die Nichtbefolgung einer durch einen Eingliederungsverwaltungsakt auferlegten Verpflichtung unabhängig von der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsakts oder der auferlegten Pflicht zur Feststellung einer Pflichtverletzung und zu einer Sanktionierung führen könne, wenn der Eingliederungsverwaltungsakt zu dem Zeitpunkt, zu dem der Leistungsempfänger die statuierte Pflicht erfüllen sollte, wirksam und vollziehbar war.
36Es führt nämlich in Rdnr.27 seiner Entscheidung aus: "§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II selbst schreibt keine Inzidentprüfung vor. Voraussetzung ist lediglich, dass der Leistungsberechtigte sich weigert, eine in dem eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt festgelegte Pflicht zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. Der Wortlaut der Vorschrift deutet nicht an, dass es sich um einen rechtmäßigen Eingliederungsverwaltungsakt handeln muss." Allenfalls die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt könne dazu führen, dass der Leistungsempfänger diesen nicht befolgen müsse (SG Berlin,a.a.O - juris (Rn.29).
37Dieser Ansicht vermag die Kammer nicht zu folgen. Der Sinn der Regelungen der §§ 31 ff. SGB II besteht darin, dass der Hilfebedürftige - auch durch Androhung von Einschnitten - dazu angehalten werden soll, die zur Überwindung seiner Hilfebedürftigkeit notwendigen Bemühungen zu unternehmen (Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, Kommentar, 3.Auflage, 2013, zu § 31 SGB II, Rn.4.). Instrumente wie der Eingliederungsverwaltungsakt konkretisieren den Umfang dieser "notwendigen" Bemühungen. Die vom Leistungsträger zu treffende Auswahl ist am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen (Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, a.a.O., Rn.6). In der Sache ist hierbei zu prüfen, in welchem Ausmaß dem Hilfebedürftigen unter Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit Bemühungen abverlangt werden können. Die §§ 31 ff. SGB II verwenden im Hinblick auf die dort näher beschriebenen Verhaltensweisen des Hilfebedürftigen die Begrifflichkeit der "Pflichtverletzung". Eine "Pflicht" des Hilfebedürftigen kann nach Auffassung der Kammer nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen aber nur im Hinblick auf die Befolgung eines Handlungsgebotes bestehen, das rechtmäßig statuiert und auch in der Sache rechtmäßig ist. Nur insoweit können dem Hilfebedürftigen von der Allgemeinheit Bemühungen abverlangt werden und nur insoweit kann er durch die Androhung und Umsetzung von Sanktionen zur Erfüllung dieser Bemühungen angehalten werden. So ist es auch im Rahmen der systematisch als "Vorläufer" der §§ 31 ff. SGB II zu sehenden Sperrzeitenregelung des § 159 (früher § 144) des Dritten Buchs Sozialgesetzbuchs (SGB III) anerkannt, dass eine Sperrzeit wegen eines Meldeversäumnisses gemäß § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr.6 SGB III nur festgestellt werden kann, wenn die Meldeaufforderung rechtmäßig war (Karmanski in Brand, SGB III, Sozialgesetzbuch, Arbeitsförderung, Kommentar, 6.Auflage , 2012, zu § 159 SGB III, Rdnr.109). Auch bei der Meldeaufforderung handelt es sich nach aber herrschender Auffassung um einen Verwaltungsakt (Karmanski in Brand, a.a.O. zu § 309 SGB III, Rdnr.6); auch der Wortlaut des § 159 Abs.1 Satz 2 Nr.6 SGB III sagt nichts dazu aus, dass die Meldeaufforderung rechtmäßig sein müsse. Inwieweit für das durch ein gegenseitiges Aushandeln geprägte Instrument der Eingliederungsvereinbarung gemäß § 15 Abs.1 Satz 1 SGB II anderes gilt (vgl. hierzu ausführlich SG Dortmund, Beschluss vom 02. Oktober 2014 – S 32 AS 1991/14 ER –, juris (Rn. 115 ff.)), kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen.
38Zudem führt die Auffassung der 205.Kammer des SG Berlin zu problematischen prozessualen Konsequenzen:
39a.) Auch wenn ein rechtswidriger Eingliederungsverwaltungsakt nach Widerspruch und Klage "kassiert" würde, müsste es grundsätzlich bei einer Sanktionierung bleiben, denn auch in diesem Fall hätte der Hilfebedürftige zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Pflichtverletzung einer ihm durch wirksamen und vollziehbaren Verwaltungsakt auferlegten Handlungspflicht nicht genügt. Es könnte in diesem Zusammenhang überdies fraglich sein, ob für eine Klage gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wenn dessen Rechtswidrigkeit keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit einer nachträglich festgestellten Sanktion hat (vgl. hierzu Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 12. November 2012 – L 3 AS 618/12 B ER –, juris: Kein Rechtsschutzbedürfnis für das Vorgehen gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt, wenn die Behörde aufgrund eines Verstoßes gegen diesen keine Sanktion festgestellt hat und auch verbindlich erklärt, zukünftig keine Sanktion festzustellen). b.) Maßgeblich wäre es nach Auffassung der 205.Kammer des SG Berlin allein, ob der Verwaltungsakt zum Zeitpunkt der angenommenen Pflichtverletzung wirksam und vollziehbar war. Eine auf einer nur summarischen Prüfung (auch der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsakts) beruhende gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt könnte mithin den Vorwurf der Pflichtverletzung und einer Sanktionierung verhindern, die (alleinige) vollständige Aufhebung desselben im Hauptsacheverfahren aber nicht.
40c.) Die Frage, ob überhaupt eine Pflichtverletzung vorliegt ("Nichtbefolgung eines wirksamen und vollziehbaren Verwaltungsakts"), würde von der Entscheidung des Gerichts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen den Eingliederungsverwaltungsakt abhängig. Das Gericht müsste die Wirkung seiner Entscheidung auf der "zweiten Stufe" damit in eine Interessenabwägung oder Prüfung der Eilbedürftigkeit einbeziehen. Diese Konstellation erscheint umso problematischer, sofern man - wie vorab ausgeführt - das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage gegen einen Eingliederungsverwaltungsakts in Ermangelung einer Relevanz für ein gegen die Sanktion gerichtetes Verfahren für problematisch hält und damit der Hauptsache eigentlich die Erfolgsaussicht absprechen müsste.
41Die nach dem vorstehenden durchzuführende Inzidentprüfung führt zu dem Ergebnis, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 03.11.2014 rechtswidrig war. Diese Rechtswidrigkeit ergibt sich im vorliegenden Fall bereits daraus, dass die Voraussetzungen für seinen Erlass nicht vorlagen. Gemäß § 15 Abs.1 Satz 6 SGB II sollen die grundsätzlich in einer Eingliederungsvereinbarung zu treffenden Regelungen nach § 15 Abs.1 Satz 2 SGB II durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustandekommt. Die Berechtigung, einen Eingliederungsverwaltungsakt zu erlassen, besteht grundsätzlich erst, wenn zuvor Verhandlungen zumindest angeboten oder ohne Ergebnis geführt worden sind. Ein die Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt ohne jede vorausgehende Verhandlung ist bereits aus diesem Grund rechtswidrig. Es reicht dabei nicht aus, lediglich den Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung anzubieten, ohne dass Verhandlungsbereitschaft auf Seiten des Leistungsträgers besteht. Anders stellt sich die Situation dar im Fall der Weigerung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, Verhandlungen zu führen (Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 15, Rn. 142). Im vorliegenden Fall ist aber in keiner Weise erkennbar, dass der Antragsgegner mit der Antragstellerin im Vorfeld des Erlasses des Eingliederungsverwaltungsaktes Verhandlungen mit der Antragstellerin über eine Eingliederungsvereinbarung geführt oder ihr solche Verhandlungen angeboten hat. Ebensowenig ist eine Weigerung der Antragstellerin ersichtlich, entsprechende Verhandlungen zu führen. Die im Vorfeld erlassene Eingliederungsvereinbarung reichte bis zum 24.09.2014. Bei dem Meldetermin vom 03.11.2014 handelt es sich nach dem Stand der Akte um den ersten Versuch des Antragsgegners, mit der Antragstellerin eine neue Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Der Antragsgegner äußert dieses Ziel des Meldetermins in der Einladung vom 24.10.2014 überhaupt nicht, so dass das Nichterscheinen der Antragstellerin im Termin vom 03.11.2014 keinerlei Erklärungswert im Hinblick auf den Abschluss einer Engliederungsvereinbarung hat. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin zwischenzeitlich nachgewiesen hat, dass sie am 03.11.2014 ihre Tochter im Rahmen eines Krankenhausaufenthalts begleitet hat.
42Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des in Rede stehenden Sanktionsbescheides selbst ergeben sich darüberhinaus aus den Ausführungen des Antragsgegners zur Möglichkeit einer Verkürzung der Sanktion auf sechs Wochen gemäß § 31 b Abs.1 Satz 3 SGB II. Ein entsprechender Ermessensnicht- oder -fehlgebrauch führt zur Rechtswidrigkeit der Sanktion im Ganzen (Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 31b, Rn.26). Die Ausführungen des Antragsgegners, dass eine Verkürzung des Sanktionszeitraums nicht in Betracht komme, weil die Antragstellerin umfassend über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung informiert worden sei, sind aber ermessensfehlerhaft. Der Antragsgegner verkennt in diesem Zusammenhang nämlich, dass gemäß § 31 Abs.1 Satz 1 SGB II eine hinreichende Rechtsfolgenbelehrung nicht nur Voraussetzung für eine dreimonatige Sanktion, sondern für jede Sanktion gemäß den §§ 31 ff. SGB II ist.
43Da der Sanktionszeitraum im vorliegenden Fall noch nicht abgelaufen ist, ist ein ergänzender Antrag der Antragstellerin auf Aufhebung der Vollziehung gemäß § 86b Abs.1 Satz 2 SGG nicht erforderlich. Da die Sanktion und die Aufhebungsverfügung außer Vollzug sind, "lebt" der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 18.12.2014 vorläufig "wieder auf" und die Leistungen sind vorläufig so zu gewähren, wie sie in diesem festgesetzt worden waren (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 (Rn. 29))). Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung von § 193 SGG.
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(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag
- 1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, - 2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, - 3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in einem möglichen Hauptsacheverfahren, weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 76,40 EUR für die Zeit vom 01.08.2013 bis zum 31.08.2013, in Höhe von 114,60 EUR für die Zeit vom 01.11.2013 bis zum 30.11.2013, in Höhe von 114,60 EUR für die Zeit vom 01.12.2013 bis zum 31.12.2013 und in Höhe von 114,60 EUR für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.01.2014 auszuzahlen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Der Antragsgegner trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um den Umfang der Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (nachfolgend: SGB II).
4Die am 01.12.1965 geborene Antragstellerin zu 1) und ihr am 10.07.1998 geborener Sohn, der Antragsteller zu 2), für den die Antragstellerin zu 1) das alleinige Sorgerecht innehat, beantragten am 21.03.2013 erstmals Leistungen nach dem SGB II bei dem Antragsgegner. Bei Antragstellung reichte die Antragstellerin zu 1) eine Bescheinigung ihres geschiedenen Ehemannes ein, wonach dieser "meiner geschiedenen Ehefrau" wöchentlich 100 EUR "plus minus 10 EUR" als Unterhalt in Bar zahle.
5Die Antragsteller beziehen Leistungen seit dem 01.03.2013, zunächst auf der Grundlage des Bewilligungsbescheides vom 03.05.2013, der sich auf den Bewilligungszeitraum vom 01.03.2013 bis zum 31.08.2013 bezog. Der Antragsgegner rechnete dabei bei den Antragstellern jeweils ein Einkommen aus "Unterhalt" i. H. v. 200,00 EUR an.
6Mit Schreiben vom 21.06.2013 lud der Antragsgegner die Antragstellerin zu 1) unter Bezugnahme auf § 59 SGB II i. V. m. § 309 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) – Arbeitsförderung – (SGB III) für den 28.06.2013 um 10:30 Uhr zu einem Gespräch über ihre aktuelle berufliche Situation ein. Er wies die Antragstellerin zu 1) dabei unter Bezugnahme auf eine auf der Rückseite des Einladungsschreibens abgedruckte ausführliche Rechtsfolgenbelehrung darauf hin, dass das Arbeitslosengeld II (ALG II) bzw. Sozialgeld um 10 % der für sie nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert werde, wenn sie der Einladung ohne wichtigen Grund nicht Folge leisten sollte. Ferner enthielt das Schreiben einen Hinweis darauf, dass "unter bestimmten Voraussetzungen, wie Notwendigkeit und Eigenleistungsfähigkeit", ( ) Reisekosten erstattet werden" können. Die Antragstellerin zu 1) erschien nicht zu diesem Termin.
7Der Antragsgegner lud daraufhin die Antragstellerin zu 1) mit Schreiben vom 03.07.2013 zu einem neuen Besprechungstermin ein (11.07.2013, 08:45 Uhr) und hörte sie zugleich gem. § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) zu der wegen des Nichterscheinens am 28.06.2013 beabsichtigten Minderung des ALG II an. Das Schreiben enthält zu der Folgeeinladung unter Bezugnahme auf eine auf der Rückseite des Einladungsschreibens abgedruckte ausführliche Rechtsfolgenbelehrung den Hinweis, dass ALG II bzw. Sozialgeld "nochmals um 10 %" der für sie nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert werde, wenn sie der Einladung ohne wichtigen Grund nicht Folge leisten sollte. Die Minderung aufgrund des Nichterscheinens am 28.06.2013 bleibe hiervon unberührt. Zu dem Folgetermin am 11.07.2013 solle die Antragstellerin zu 1) auch Nachweise über ihre Bewerbungsaktivitäten (Kopien der Bewerbungsschreiben) mitbringen. Auch dieses Schreiben enthielt einen Hinweis auf eine mögliche Fahrtkostenerstattung. Die Antragstellerin zu 1) erschien auch zu diesem zweiten Termin nicht und nahm zunächst nicht zu der beabsichtigten Minderung (Sanktion) Stellung.
8Der Antragsgegner lud daraufhin die Antragstellerin zu 1) mit Schreiben vom 11.07.2013 zu einem neuen Besprechungstermin ein (19.07.2013, 10:15 Uhr) und hörte sie zugleich gem. § 24 SGB X zu der wegen des Nichterscheinens am 11.07.2013 beabsichtigten Minderung des ALG II an. Das Schreiben enthält zu der Folgeeinladung unter Bezugnahme auf eine auf der Rückseite des Einladungsschreibens abgedruckte ausführliche Rechtsfolgenbelehrung den Hinweis, dass ALG II bzw. Sozialgeld nochmals um 10 % der für sie nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert werde, wenn sie der Einladung ohne wichtigen Grund nicht Folge leisten sollte. Die Minderung aufgrund des Nichterscheinens am 11.07.2013 bleibe hiervon unberührt. Zu dem Folgetermin solle die Antragstellerin zu 1) auch Nachweise über ihre Bewerbungsaktivitäten mitbringen. Auch dieses Schreiben enthielt einen Hinweis auf eine mögliche Fahrtkostenerstattung. Die Antragstellerin zu 1) erschien auch zu diesem dritten Termin nicht und nahm zunächst nicht zu der beabsichtigten Sanktion Stellung.
9Sodann stellte der Antragsgegner mit an die Antragstellerin zu 1) adressiertem Bescheid vom 22.07.2013 eine Minderung ihres ALG II "für die Zeit vom 1. August 2013 bis 31. Oktober 2013 (Minderungszeitraum) ( ) monatlich um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs, höchstens jedoch in Höhe des Ihnen zustehenden Gesamtbetrages", fest. Hieraus ergebe sich eine Minderung in Höhe von 38,20 EUR in Bezug auf den Regelbedarf. Begründet wurde dieser Sanktionsbescheid mit dem Nichterscheinen zum Meldetermin am 28.06.2013 ohne wichtigen Grund. Der in der Verwaltungsakte (VA) enthaltene, den Aufdruck "Entwurf" tragende Bescheid-Ausdruck (Bl. 85 VA) trägt ein auf den 22.07.2013 datiertes Handzeichen. Zudem ist ihm eine Verfügung vom 22.07.2013 (Bl. 86 VA) beigefügt, die als Ziff. 2 den Text "Sanktionsbescheid raus" enthält und in der sich ferner neben dem unterhalb der Verfügung abgedruckten Text "ALG II angeordnet und zentralen Druck veranlasst" ebenfalls ein Handzeichen mit dem Datum 22.07.2013 befindet.
10Ferner stellte der Antragsgegner mit an die Antragstellerin zu 1) adressiertem Bescheid vom 24.07.2013 (Bl. 90 VA) eine Minderung ihres ALG II "für die Zeit vom 1. August 2013 bis 31. Oktober 2013 (Minderungszeitraum) ( ) monatlich um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs, höchstens jedoch in Höhe des Ihnen zustehenden Gesamtbetrages", fest. Hieraus ergebe sich eine Minderung in Höhe von 38,20 EUR in Bezug auf den Regelbedarf. Begründet wurde dieser Sanktionsbescheid mit dem Nichterscheinen zum Meldetermin am 11.07.2013 ohne wichtigen Grund. Auch dieser Bescheid ist mit einem Handzeichen versehen; ihm ist ansonsten eine "Änderungsverfügung" (Bl. 91 VA) beigefügt, in der der Bearbeitungsschritt "Bescheid erteilen" mit einem auf den 24.07.2013 datierten Handzeichen versehen ist.
11Der Antragsgegner lud nun die Antragstellerin zu 1) mit Schreiben vom 19.07.2013 zu einem neuen Besprechungstermin ein (30.07.2013, 08:30 Uhr) und hörte sie zugleich gem. § 24 SGB X zu der wegen des Nichterscheinens am 19.07.2013 beabsichtigten Minderung des ALG II an. Das Schreiben enthält zu der Folgeeinladung unter Bezugnahme auf eine auf der Rückseite des Einladungsschreibens abgedruckte ausführliche Rechtsfolgenbelehrung den Hinweis, dass ALG II bzw. Sozialgeld nochmals um 10 % der für sie nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert werde, wenn sie der Einladung ohne wichtigen Grund nicht Folge leisten sollte. Die Minderung aufgrund des Nichterscheinens am 19.07.2013 bleibe hiervon unberührt. Zu dem Folgetermin solle die Antragstellerin zu 1) auch Nachweise über ihre Bewerbungsaktivitäten und ausgedruckte Bewerbungsunterlagen mitbringen. Auch dieses Schreiben enthielt einen Hinweis auf eine mögliche Fahrtkostenerstattung. Die Antragstellerin zu 1) erschien auch zu diesem vierten Termin nicht und nahm zunächst nicht zu der beabsichtigten Sanktion Stellung.
12Der Antragsgegner lud daher die Antragstellerin zu 1) mit Schreiben vom 30.07.2013 zu einem neuen Besprechungstermin ein (06.08.2013, 08:30 Uhr) und hörte sie zugleich gem. § 24 SGB X zu der wegen des Nichterscheinens am 30.07.2013 beabsichtigten Minderung des ALG II an. Das Schreiben enthält zu der Folgeeinladung unter Bezugnahme auf eine auf der Rückseite des Einladungsschreibens abgedruckte ausführliche Rechtsfolgenbelehrung den Hinweis, dass ALG II bzw. Sozialgeld nochmals um 10 % der für sie nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gemindert werde, wenn sie der Einladung ohne wichtigen Grund nicht Folge leisten sollte. Die Minderung aufgrund des Nichterscheinens am 30.07.2013 bleibe hiervon unberührt. Zu dem Folgetermin solle die Antragstellerin zu 1) auch Nachweise über ihre Bewerbungsaktivitäten und ausgedruckte Bewerbungsunterlagen mitbringen. Auch dieses Schreiben enthielt einen Hinweis auf eine mögliche Fahrtkostenerstattung. Die Antragstellerin zu 1) erschien auch zu diesem fünften Termin nicht und nahm zunächst nicht zu der beabsichtigten Sanktion Stellung.
13Am 21.08.2013 stellte die Antragstellerin zu 1) für sich und den Antragsteller zu 2) einen Weiterbewilligungsantrag für den Zeitraum ab September 2013. Dabei legte sie Unterlagen über ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters zum 01.10.2013 vor.
14Mit Schreiben vom 23.08.2013 bat der Antragsgegner in Bezug auf das Mieterhöhungsverlangen um Mitteilung, ob diesem zugestimmt worden sei.
15Zudem stellte der Antragsgegner mit zwei an die Antragstellerin zu 1) adressierten Bescheiden vom 23.08.2013 (Bl. 105 und Bl. 106 VA) jeweils eine Minderung ihres ALG II "für die Zeit vom 1. September 2013 bis 30. November 2013 (Minderungszeitraum) ( ) monatlich um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs, höchstens jedoch in Höhe des Ihnen zustehenden Gesamtbetrages", fest. Hieraus ergebe sich eine Minderung in Höhe von 38,20 EUR in Bezug auf den Regelbedarf. Begründet wurden diese Sanktionsbescheide mit dem Nichterscheinen zum Meldetermin am 19.07.2013 (Bl. 105 VA) bzw. am 30.07.2013 (Bl. 106 VA) ohne wichtigen Grund.
16Mit ebenfalls auf den 23.08.2013 datiertem Bescheid (Bl. 198 VA) bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.09.2013 bis zum 28.02.2014. Dabei rechnete er bei den Antragstellern jeweils ein Einkommen aus "Unterhalt" i. H. v. 200,00 EUR an. Für September und Oktober 2013 wurden insgesamt 273,37 EUR bewilligt, für November 2013 349,77 EUR und für Dezember 2013 bis Februar 2014 jeweils 426,17 EUR. In diesem Bescheid ist zudem in Bezug auf die Antragstellerin zu 1) für September und Oktober 2013 als im festgesetzten Leistungsbetrag berücksichtigte Rechnungsposition jeweils ein "Minderungsbetrag aufgrund von Sanktionen" i. H. v. 152,80 EUR erwähnt, für November 2013 ein solcher Betrag von 76,40 EUR und für Dezember 2013 bis Februar 2014 kein Minderungsbetrag.
17Der Antragsgegner lud die Antragstellerin zu 1) außerdem mit weiteren Schreiben vom 02.09.2013 und – nach Nichterscheinen zu diesem Termin – vom 13.09.2013 erneut zu Besprechungsterminen ein (10.09.2013 bzw. 26.09.2013) und hörte sie jeweils zugleich gem. § 24 SGB X zu der wegen des vorangegangenen Nichterscheinens beabsichtigten Minderung des ALG II an. Die Schreiben entsprechen den früheren derartigen Schreiben.
18Mit Schreiben vom 04.09.2013, bei dem Antragsgegner eingegangen am 11.09.2013 (Bl. 109 VA), trug die Antragstellerin zu 1) u. a. vor, dass ihr erwachsener Sohn – der Mieter der Wohnung, in der auch die beiden Antragsteller wohnen – der Mieterhöhung zugestimmt habe, und dass die Unterhaltszahlungen ihres geschiedenen Ehemannes in unregelmäßiger Weise und in geringerer Höhe als bisher veranschlagt erfolgen, und bat um Berücksichtigung. Sie legte eine Kopie eines Schreibens ihres Sohnes bzgl. der Zustimmung zur Mieterhöhung (Bl. 111 VA) und eine Bescheinigung des geschiedenen Ehemannes vor (Bl. 112 VA), aus der sich ergibt, dass er "meiner gesch. Frau" im Juni 300,00 EUR, im Juli 250,00 EUR, im August 200,00 EUR an Unterhalt gezahlt habe und ab September nur noch 200,00 EUR monatlich leisten könne. Ferner "beantragte" sie, sie "vorerst von Einladungen und Maßnahmen frei zu stellen", und begründete diesen Antrag damit, dass sie den Einladungen "aus finanziellen Gründen" nicht Folge leisten könne, "was dann zu Sanktionen führt, die meine Lage noch verschlechtert". Sie habe diese Freistellung bereits beantragt, was aber unbeachtet geblieben sei. Weiterhin beantragte sie "die Aufhebung der Sanktionen".
19Der Sachbearbeiter des Antragsgegners vermerkte auf dem Schreiben des Sohnes (Bl. 111 VA) "? z. d. A." und auf der Bescheinigung des Ex-Ehemannes (Bl. 112 VA) "UH wird SO angerechnet z. d. A.". Eine Antwort erhielten die Antragsteller damals nicht.
20Die Antragstellerin zu 1) erschien auch zu dem Termin am 26.09.2013 nicht.
21Der Antragsgegner stellte daraufhin mit drei an die Antragstellerin zu 1) adressierten Bescheiden vom 10.10.2013 (Bl. 123, 124 und 125 VA) jeweils eine Minderung ihres ALG II "für die Zeit vom 1. November 2013 bis 31. Januar 2014 (Minderungszeitraum) ( ) monatlich um 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs, höchstens jedoch in Höhe des Ihnen zustehenden Gesamtbetrages", fest. Hieraus ergebe sich eine Minderung in Höhe von 38,20 EUR in Bezug auf den Regelbedarf. Begründet wurden diese Sanktionsbescheide mit dem Nichterscheinen zum Meldetermin am 06.08.2013 (Bl. 123 VA) bzw. am 10.09.2013 (Bl. 124 VA) bzw. am 26.09.2013 (Bl. 125 VA) ohne wichtigen Grund.
22Mit Schreiben vom 06.10.2013, bei dem Antragsgegner eingegangen am 09.10.2013 (Bl. 128 VA), nahm die Antragstellerin zu 1) auf die im September eingereichten Unterlagen Bezug und wies erneut auf die unzureichenden Unterhaltszahlungen ihres geschiedenen Ehemannes hin sowie darauf, dass sie sich Geld habe leihen müssen; zudem bat sie um baldige Bearbeitung ihrer Unterlagen. Eine Antwort erhielt die Antragstellerin zu 1) nicht.
23Mit Schreiben vom 25.10.2013 informierte der Antragsgegner die Antragstellerin zu 1) darüber, dass er die ihr bewilligten Leistungen nach dem SGB II wegen ihrer wiederholten Meldeversäumnisse mit Ablauf des 31.10.2013 nach § 40 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i. V. m. § 331 SGB III vorläufig einstelle und – falls nicht innerhalb von 14 Tagen eine schriftliche Stellungnahme und unverzüglich eine persönliche Vorsprache erfolgen sollte – von einer fehlenden Hilfebedürftigkeit ausgehen und die Leistungen der Antragstellerin zu 1) ab dem Einstellungstermin aufheben werde.
24Mit am 07.11.2013 eingegangenem Schreiben vom 02.11.2013 (Bl. 132 VA) bat die Antragstellerin zu 1) erneut um Bearbeitung ihrer Unterlagen und setzte eine Frist. Der Sachbearbeiter des Antragsgegners vermerkte auf dem Schreiben, dass eine Bearbeitung – wie u. a. aus dem Vermerk auf Bl. 112 VA ersichtlich – erfolgt und ansonsten zunächst eine Vorsprache bezüglich der vorläufigen Zahlungseinstellung abzuwarten sei. Eine Antwort erfolgte erneut nicht.
25Mit einem weiteren, ebenfalls am 07.11.2013 bei dem Antragsgegner eingegangenen Schreiben vom 02.11.2013 (Bl. 133 VA) legte die Antragstellerin zu 1) Widerspruch "gegen alle an mich verhängten Sanktionen" ein. Sie vertrat insoweit die Auffassung, dass die Verhängung von Sanktionen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts über die Bestimmung des soziokulturellen Existenzminimums verfassungswidrig sei.
26In einem Änderungsbescheid vom 23.11.2013 (Bl. 90 der Gerichtsakte (GA)) wurde eine Leistung von 43,87 EUR zugunsten des Antragstellers zu 2) für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 28.02.2014 festgesetzt und im dazugehörigen Berechnungsbogen eine Leistung von 0 EUR zugunsten der Antragstellerin zu 1) und eine Leistung von 43,87 EUR zugunsten des Antragstellers zu 2) ausgewiesen; zudem wurden die vorangegangenen Bewilligungsbescheide "insoweit zum 01.01.2014" aufgehoben. Als Begründung wurde ausgeführt, dass die Leistungshöhe mit Wirkung ab dem 01.01.2014 aufgrund der Bekanntmachung der ab dem 01.01.2014 geltenden Regelbedarfe geändert werde.
27Mit Schreiben vom 10.12.2013, beim Antragsgegner eingegangen am 17.12.2013, wies die Antragstellerin zu 1) auf eine erste Mahnung ihres Vermieters hin und bat um Auskunfterteilung bzgl. der Bearbeitung der im September übersandten Unterlagen und des Widerspruchs. Eine Antwort erfolgte offenbar nicht.
28Mit Schreiben vom 05.01.2014 übersandte der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1) ein Formular für einen Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab dem 01.03.2014. Einen solchen Weiterbewilligungsantrag stellte sie zunächst nicht.
29Mit einem an die Antragstellerin zu 1) gerichteten Bescheid vom 06.01.2014 (Bl. 144 VA) hob der Antragsgegner seinen Bescheid über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II vom 23.08.2012 "ab 01.02.2014 ganz" auf. Er begründete dies mit der ausgebliebenen Stellungnahme zu den wiederholten Meldeversäumnissen und der Nichterreichbarkeit für den Außendienst zu verschiedenen Zeitpunkten. Er gehe davon aus, dass Hilfebedürftigkeit nicht mehr vorliege.
30Die Antragstellerin zu 1) erhob hiergegen durch Schreiben vom 29.01.2014, bei dem Antragsgegner eingegangen am 03.02.2014, Widerspruch.
31Über diesen Widerspruch wurde bislang – soweit ersichtlich – noch nicht (ausdrücklich) entschieden.
32Mit Schreiben vom 27.02.2014 bat der Antragsgegner um eine Stellungnahme, gegen welche Sanktionen der Widerspruch vom 07.11.2013 sich konkret richten solle, und wies darauf hin, dass gegen bereits bestandskräftige Sanktionen ein Widerspruch nicht zulässig sei; stattdessen sei ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X möglich.
33Mit Schreiben vom 28.02.2014 (Bl. 154 VA), bei dem Antragsgegner eingegangen am 07.03.2014, begründete die Antragstellerin zu 1) ihren Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 06.01.2014. Sie führte u. a. aus, dass die Meldeversäumnisse "aus finanziellen Notlagen" entstanden seien. Auf diese Situation habe sie mehrfach hingewiesen. Statt dies zu berücksichtigen, seien nur Sanktionsbescheide zugesandt worden.
34Mit Schreiben vom 02.03.2014 (Bl. 156 VA), bei dem Antragsgegner ebenfalls eingegangen am 07.03.2014, antwortete die Antragstellerin zu 1) auf das Schreiben vom 27.02.2014. Sie kritisierte die Bearbeitungsdauer und betonte, dass sie sich mit dem Widerspruch gegen alle bisherigen Sanktionsbescheide wende und hilfsweise deren Überprüfung beantrage. Sie führte zudem erneut aus, dass sie die Sanktionen für verfassungswidrig halte.
35Mit vier Widerspruchsbescheiden vom 21.03.2014 (Bl. 161, 165, 169 und 173 VA) verwarf der Antragsgegner die Widersprüche der Antragstellerin zu 1) gegen die Sanktionsbescheide vom 22.07.2013 und vom 24.07.2013 und gegen die beiden Sanktionsbescheide vom 23.08.2013 wegen Versäumung der Widerspruchsfrist als unzulässig.
36Mit drei weiteren Widerspruchsbescheiden vom 21.03.2014 (Bl. 177, 179 und 181 VA), wies der Antragsgegner die Widersprüche gegen die drei Sanktionsbescheide vom 10.10.2013 als unbegründet zurück.
37Mit Schreiben vom 01.04.2014 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1) zu deren Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 06.01.2014 mit, dass er die mit "Bescheid vom 25.10.2013 ausgesprochene vorläufige Zahlungseinstellung ab dem 01.11.13 bis zum 31.01.14" zurücknehme, und erklärte, dass dieser Bescheid nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens werde.
38Bereits am 25.03.2014 haben die Antragsteller bei Gericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.
39Sie haben zunächst im Wesentlichen vorgetragen, dass der Antragsgegner zu Unrecht mit Bescheiden vom 24.07.2013, 23.08.2013, 23.08.2013, 10.10.2013, 10.10.2013 und nochmals 10.10.2013 Sanktionen ausgesprochen habe. In ihrer finanziellen Situation – wegen der unregelmäßigen bzw. verringerten Unterhaltsleistungen – habe die Antragstellerin zu 1) sich Fahrtkosten zu den Meldeterminen nicht leisten können. Das sei nicht berücksichtigt und ihre Unterlagen seien nicht bearbeitet worden. Mit Bescheid vom 06.01.2014 seien die Leistungen zu Unrecht ganz aufgehoben worden. Ein Abwarten der Widerspruchsentscheidungen und etwaiger Entscheidungen im Klageverfahren sei nicht zumutbar. Das Existenzminimum sei nicht sichergestellt. Das Geld für die Mieten für November bis Januar habe sie sich geliehen, für Februar und März sei die Miete jeweils noch offen. Eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses sei bereits angekündigt worden.
40Am 08.04.2014 hat die Antragstellerin zu 1) nach einem Hinweis des Gerichts auf das Fehlen eines Weiterbewilligungsantrages für die Zeit ab dem 01.03.2014 einen Weiterbewilligungsantrag gestellt, über den bislang nicht entschieden worden ist.
41Ein am 09.04.2014 bei Gericht eingegangenes Schreiben der Antragstellerin zu 1), dem alle sieben Widerspruchsbescheide vom 21.03.2014 zu den Widersprüchen gegen die Sanktionsbescheide vom 22.07.2013, 24.07.2013, 23.08.2013, 23.08.2013, 10.10.2013, 10.10.2013 und 10.10.2013 beigefügt waren, hat das Gericht nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz außer als Stellungnahme im Eilverfahren auch als Klage der Antragsteller gegen die Sanktionsbescheide in Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide ausgelegt. Dieses Klageverfahren wird bei der Kammer unter dem Aktenzeichen S 32 AS 1585/14 geführt.
42Die Antragsteller haben zunächst beantragt,
43ihnen im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig die ihnen zustehenden Leistungen in voller Höhe weiter zu bewilligen.
44Sie haben ihren Antrag auf Hinweis des Gerichts wegen des zunächst fehlenden Weiterbewilligungsantrages für den Zeitraum ab dem 01.03.2014 und, um dem Antragsgegner ausreichend Gelegenheit zur Bescheidung des während des Eilverfahrens nachträglich gestellten Weiterbewilligungsantrags zu geben, mit Schreiben vom 12.05.2014 insoweit zurückgenommen, als er auf vorläufige Verpflichtung zur Erbringung laufender Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.03.2014 gerichtet war.
45Die Antragsteller beantragen nunmehr noch sinngemäß, unter Berücksichtigung ihres gesamten Vorbringens in ihren Schriftsätzen,
46den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihnen die mit den Bewilligungs- und Änderungsbescheiden vom 03.05.2013, 23.08.2013 und 23.11.2013 für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 bewilligten aber bislang aufgrund von Sanktionsbescheiden gemindert ausgezahlten und / oder aufgrund vorläufiger Einstellung oder Aufhebung nicht ausgezahlten Leistungen nach dem SGB II vorläufig vollständig auszuzahlen,
47die aufschiebende Wirkung der Klage S 32 AS 1585/14 gegen die Sanktionsbescheide vom 22.07.2013, 24.07.2013, 23.08.2013, 23.08.2013, 10.10.2013, 10.10.2013 und 10.10.2013 in der Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 21.03.2014 anzuordnen und die Vollziehung aufzuheben,
48die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 03.02.2014 gegen den Aufhebungsbescheid vom 06.01.2014 anzuordnen und die Vollziehung aufzuheben.
49Der Antragsgegner beantragt,
50den Antrag abzulehnen.
51Er hat zunächst vorgetragen, dass die begehrte einstweilige Anordnung schon deshalb ausscheide, weil es an einem Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab dem 01.03.2014 fehle.
52Im weiteren Verlauf des Eilverfahrens haben die Beteiligten – teilweise auf Anfragen des Gerichts – im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
53Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 29.04.2014 u. a. vorgetragen, dem Widerspruch vom 03.02.2014 sei bereits insofern stattgegeben worden, als die vorläufige Zahlungseinstellung "aufgehoben" worden sei. Die zunächst vorläufig eingestellten Leistungen für November, Dezember und Januar seien auch nachträglich per Postscheck (PZZV) ausgezahlt worden. Für November seien 235,17 EUR, für Dezember 311,57 EUR und für Januar 328,65 EUR gezahlt worden (Summe: 875,39 EUR). Die Aufhebung vom 06.01.2014 für den Zeitraum vom 01.02.2014 bis zum 28.02.2014 habe sich nur auf die Leistungen der Antragstellerin zu 1) beziehen sollen; für den Antragsteller zu 2) "wären noch Leistungen zu erbringen". Die Entscheidung vom 06.01.2014 sei jedoch nicht haltbar und werde im Rahmen des noch nicht abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens geprüft. Die Antragstellerin zu 1) habe sämtliche Einladungs- bzw. Meldetermine vehement ignoriert und sich auch im Rahmen ihrer Anhörung weder mündlich noch schriftlich geäußert. Zudem sei sie verschiedentlich nicht erreichbar gewesen. Zu den bisherigen Sanktionsbescheiden seien keine zusätzlichen Aufhebungsentscheidungen getroffen worden; hier habe sich mittlerweile "die Rechtsauffassung geändert"; es bedürfe "eines klarstellenden Verwaltungsaktes", mit dem die letzten maßgeblichen Bewilligungsentscheidungen im Umfang der Minderung aufgehoben werden. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage sei nicht anzuordnen. Das Schreiben vom 04.09.2013 werde nunmehr als Widerspruch gegen die damals bereits ergangenen Sanktionsbescheide gewertet; soweit dieser Widerspruch sich gegen die Bescheide vom 23.08.2013 richte, werde eine Sachbescheidung erfolgen. Auf den am 08.04.2014 gestellten Weiterbewilligungsantrag sei noch keine Bescheidung erfolgt, da zunächst eine mit Schreiben vom 11.04.2014 erbetene, noch nicht erfolgte Vorsprache bei der Arbeitsvermittlung abgewartet werde. Der Antragsgegner hat seinem Schriftsatz eine Auflistung "Ausgezahlte Buchungen" und Horizontalübersichten für November, Dezember und Januar beigefügt (Bl. 107 ff. GA), aus denen sich die vorgetragenen Zahlungen und die dabei berücksichtigten sanktionsbedingten Minderungen ergeben (191,00 EUR im November und jeweils 114,60 EUR in Dezember und Januar).
54Die Antragstellerin zu 1) hat mit Schreiben vom 26.04.2014 vorgetragen, dass sie nicht sagen könne, wann ihr die Sanktionsbescheide zugingen. Der Antragsgegner habe am 04.04.2014 für den Zeitraum von November bis Januar Leistungen in Höhe von 329,58 EUR, 301,90 EUR und 118,35 EUR erbracht (Summe: 749,83 EUR).
55Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 12.05.2014 erwidert, dass die Sanktionen rechtmäßig seien. Die Ausführungen dazu, dass kein Geld für ein Aufsuchen des JobCenters vorhanden gewesen sei, seien nicht nachzuvollziehen und müssen als Schutzbehauptungen gewertet werden. Die Antragstellerin zu 1) habe nicht einmal auf die Anhörungsschreiben geantwortet und auch nie telefonisch ihr Fernbleiben aus finanziellen Gründen entschuldigt. Im Rahmen der Bearbeitung des Weiterbewilligungsantrages sei die Antragstellerin zu 1) mit Schreiben vom 11.04.2014 aufgefordert worden, einen Nachweis über eine Vorsprache bei der Arbeitsvermittlung vorzulegen. Eine Vorsprache bei der Arbeitsvermittlung und auch eine telefonische Kontaktaufnahme haben bislang nicht stattgefunden. Diese "Ignoranz" sei nicht hinnehmbar. Aus diesem Grunde sei eine Weiterbewilligung auch noch nicht erfolgt. Das Sozialgericht werde darum gebeten, darauf hinzuwirken, dass eine Vorsprache kurzfristig erfolgt.
56Die Antragstellerin zu 1) hat mit Schreiben vom 12.05.2014 den Antrag teilweise zurückgenommen (s. o.) und u. a. ausgeführt, dass die vom Antragsgegner übersandten Horizontalübersichten unrichtig seien. Für Januar 2014 seien keine Leistungen erbracht worden. Für November und Dezember 2013 sei jeweils ein Scheck i. H. v. 43,67 EUR übersandt worden. Außerdem seien die Berechnungen fehlerhaft. Der Unterhalt i. H. v. 400 EUR sei seit Juni 2013 "nicht mehr real" und der Mietbetrag habe sich seit Oktober 2013 erhöht. Dies sei dem Antragsgegner bereits schriftlich mitgeteilt worden. Dieser habe aber bislang weder geantwortet, noch Neuberechnungen vorgenommen. Dem Schreiben vom 12.05.2014 waren Kopien von drei im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit ausgestellten Postbank-Zahlungsanweisungen i. H. v. 329,58 EUR, 301,90 EUR und 118,35 EUR beigefügt.
57Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 22.05.2014 vorgetragen, dass nicht zutreffend sei, dass seit Januar 2014 keine Leistungen mehr erbracht würden. Für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 28.02.2014 seien insgesamt Leistungen i. H. v. 801,90 EUR per Scheck erbracht worden. Bezüglich der beanstandeten Bezifferung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung sei der Antragstellerin zuzugeben, dass das Mieterhöhungsverlangen sowie die Zustimmung des Sohnes als Hauptmieter eingereicht worden seien. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen sei die Mieterhöhung um 35,25 EUR zum 01.10.2013 nicht berücksichtigt worden. Die Sachbearbeitung sei angewiesen worden, dies umgehend zu korrigieren. Hinsichtlich der Unterhaltsanrechnung sei festzustellen, dass laufend für die Antragstellerin zu 1) und den Antragsteller zu 2) jeweils Unterhaltsleistungen i. H. v. 200 EUR angerechnet worden seien. Zwar sei eine Bescheinigung des Ehegatten vom 05.09.2013 eingereicht worden, aus der sich ergibt, dass er seiner Unterhaltsverpflichtung nur noch in einem geringeren Umfang nachkommen kann. In dieser Bescheinigung sei jedoch ausdrücklich nur von dem Unterhalt für die Antragstellerin zu 1) die Rede. Aus dem Wortlaut sei nicht zweifelsfrei zu schließen, dass auch die Unterhaltspflichten gegenüber dem Antragsteller zu 2) nicht mehr in vollem Umfang befriedigt werden können. Sofern glaubhafte Nachweise über den Erhalt der geringeren Unterhaltszahlungen vorgelegt werden können, werde die Anrechnung rückwirkend den tatsächlichen Verhältnissen angepasst. Der Antragsgegner hat seinem Schriftsatz A2LL-Übersichten "Ausgezahlte Buchungen" für den Zeitraum von September 2013 bis Februar 2014 und "Einkommen aus Unterhalt" für beide Antragsteller für den Zeitraum seit März 2013 beigefügt sowie eine SAP ERP-Übersicht "Kontenstand: Grundliste". Daraus ergeben sich vier Zahlungen per PZZV für Januar 2014 in Höhe von zusammen 328,65 EUR und ebenfalls vier Zahlungen per PZZV für Februar 2014 in Höhe von zusammen 473,25 EUR sowie die Unterhaltsanrechnung in Höhe von 200 EUR pro Person. Mit weiterem Schriftsatz vom 03.06.2014 hat der Antragsgegner unter anderem ausgeführt, dass sich die Antragstellerin zu 1) trotz anders lautender Ankündigung nicht persönlich bei der Arbeitsvermittlung gemeldet habe.
58Die Antragstellerin zu 1) hat mit Schriftsatz vom 03.06.2014 u. a. vorgetragen, dass die Behauptung des Antragsgegners zu Zahlungen im Zeitraum Januar bis Februar 2014 i. H. v. 801,90 EUR bestritten werde. Sie habe den letzten Scheck Ende November 2013 für Dezember 2013 erhalten. Seitdem habe sie keine Schecks mehr erhalten. Des Weiteren hat sie vorgetragen, dass die Unterhaltszahlungen als Gesamtbetrag anzusehen seien. Die Aufteilung zu je 200 EUR habe der Sachbearbeiter beim Antragsgegner vorgenommen. Ihr "Ex-Mann" zahle nun aber nur noch 200 EUR monatlich als Gesamtbetrag. Genau das besage auch seine Bescheinigung. Daher habe nun das Einkommen bei einem mit 0 EUR und beim anderen auf 200 EUR oder bei beiden auf jeweils 100 EUR angesetzt werden müssen, nicht aber weiterhin auf jeweils 200 EUR. In den Änderungsbescheiden vom 27.05.2014 – die sie ihrem Schreiben beigefügt hat – werde Unterhalt immer noch in Höhe von insgesamt 400 EUR angerechnet. Weiter hat die Antragstellerin in einer dem Schreiben vom 03.06.2014 beigefügten "Zusatzmitteilung" u. a. ausgeführt, dass der Antragsgegner im April eine Nachzahlung von 749,83 EUR und im Mai von 470,40 EUR erbracht habe. Diese Zahlen stimmen mit dem Bildschirmabgleich nicht überein. Mit weiterem Schriftsatz vom 04.06.2014 hat die Antragstellerin zu 1) vorgetragen, dass über einen im Februar 2014 von der Schule des Antragstellers zu 2) für diesen gestellten Antrag auf Leistungen zur Bildung und Teilhabe bislang nicht entschieden worden sei. Das Gericht werde gebeten, den Antragsgegner nach dem Stand der Antragsbearbeitung zu fragen. Zudem hat sie eine neue Bescheinigung ihres geschiedenen Ehemannes vom 04.06.2014 beigefügt, aus der sich ergibt, dass dieser seiner "geschiedenen Familie" seit September 2013 Unterhalt in Höhe von 200 EUR zahle, im November 2013 und im Januar und Mai 2014 seien es nur 150 EUR gewesen.
59Ausweislich der Anlagen zum Schreiben der Antragstellerin vom 04.06.2014 hat der Antragsgegner zwei Änderungsbescheide vom 27.05.2013 erlassen. Der eine betrifft den Monat Februar 2014, der andere den Zeitraum Oktober 2013 bis Januar 2014. Mit dem Bescheid für Februar sind den Antragstellern Leistungen in Höhe von insgesamt 466,75 EUR bewilligt worden und zwar "insoweit" unter Aufhebung der Bescheide vom 23.08.2013 und 23.11.2013, mit der Begründung, dass es "folgende Änderung" gegeben habe: "Anpassung der Kosten der Unterkunft". Sanktionsbedingte Minderungen werden im Bescheid für Februar nicht genannt. Der inhaltlich ansonsten identische Bescheid für Oktober bis Januar sieht unterschiedliche Gesamtleistungen vor, wobei für Oktober als "Minderungsbetrag aufgrund von Sanktionen" ein Betrag von 152,80 EUR genannt wird, für November ein Betrag i. H. v. 191,00 EUR und für Dezember und Januar ein Betrag von jeweils 114,60 EUR. Aus den Berechnungsbögen ergibt sich, dass nunmehr eine Nettokaltmiete ("Grundmiete") von 180,17 EUR statt bislang 156,67 EUR zugrunde gelegt wird (Differenz: 23,50 EUR).
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte S 32 AS 1173/14 ER, den Inhalt der Gerichtsakte zu dem bei der Kammer anhängigen Hauptsacheverfahren S 32 AS 1585/14 sowie den Inhalt der Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen. Diese lagen vor und waren Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung.
61II.
62Der Antrag der Antragsteller war – insbesondere nach der teilweisen Antragsrücknahme in Bezug auf laufende Leistungen ab dem 01.03.2014 – auslegungsbedürftig. Er war entsprechend dem tatsächlichen Begehren der Antragsteller auszulegen. Der vorstehend unter I. wiedergegebene "sinngemäße" Antrag ist das Ergebnis dieser Auslegung. Die Auslegung beruht auf folgenden Erwägungen:
63Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens geht es den Antragstellern, nach der teilweisen Antragsrücknahme, vor allem noch darum, dass der Antragsgegner im Wege vorläufigen Rechtsschutzes verpflichtet wird, ihnen vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 zu gewähren, und zwar in der Höhe, in der Leistungen ohne die Minderungen aufgrund der Sanktionsbescheide vom 22.07.2013, 24.07.2013, 23.08.2013, 23.08.2013, 10.10.2013, 10.10.2013 und 10.10.2013 bewilligt worden sind bzw. wären, und ohne dabei die vorläufige Zahlungseinstellung für die Zeit von November 2013 bis Januar 2014 und die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung für Februar 2014 durch den Bescheid vom 06.01.2014 hinnehmen zu müssen. Streitgegenstand ist damit zunächst die (vorläufige) Erfüllung des Leistungsanspruchs der Antragsteller im Zeitraum August 2013 bis Februar 2014, wie er sich aus dem Bewilligungsbescheid vom 03.05.2013 (betrifft August 2013) und dem Bewilligungsbescheid vom 23.08.2013 (betrifft den restlichen Zeitraum) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.11.2013 (betrifft Änderungen ab dem 01.01.2014) und in der Fassung der beiden während des Eilverfahrens erlassenen Änderungsbescheide vom 27.05.2014 (der eine betrifft Änderungen für die Zeit vom 01.10.2013 bis zum 31.01.2014 und der andere den Februar 2014) – allerdings ohne Abzug sanktionsbedingter Minderungsbeträge, ohne einstweilige Zahlungseinstellung und ohne die Aufhebung vom 06.01.2014 – ergibt. Streitig ist insoweit auch die Frage, ob die Leistungsansprüche der Antragsteller durch Erbringung der bewilligten Leistungen erfüllt worden sind, oder ob noch Leistungen "offen sind".
64Zum Streitgegenstand gehört nach dem Verständnis der Kammer darüber hinaus die Frage, ob der Leistungsanspruch der Antragsteller im genannten Zeitraum über die Höhe der mit den genannten Bewilligungsbescheiden bewilligten Leistungen richtigerweise hinaus geht, ob den Antragstellern also höhere als die bewilligten Leistungen zustehen, und zwar insbesondere wegen – nach dem Vorbringen der Antragsteller – bisher falscher Einkommensanrechnung (Anrechnung zu hoher Unterhaltsleistungen) und Anerkennung zu geringer Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung (Nichtberücksichtigung der mit Zustimmung des Mieters erfolgten Mieterhöhung). Auch diese Frage steht zwischen den Beteiligten im Streit. Streitgegenstand ist damit insgesamt der Leistungsanspruch der Antragsteller im Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 unter Berücksichtigung der Frage nach dessen vollständiger Erfüllung durch Erbringung der Leistungen – hier, da die Antragstellerin zu 1) über kein Konto verfügt, durch Ausstellung und Übermittlung entsprechender Postschecks (PZZV).
65In Bezug auf den streitigen Zeitraum wenden sich die Antragsteller letztlich in erster Linie gegen die Nichtauszahlung bereits bewilligter Leistungen. Die Antragsteller begehren insoweit die Erfüllung der mit den bereits erlassenen Bescheiden begründeten Leistungsansprüche und damit eine Begünstigung, wobei in der Hauptsache keine Anfechtungsklage sondern eine "echte" Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG zu erheben wäre. Daher ist insoweit ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die statthafte Rechtsschutzform (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG: "Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt "; vgl. auch z. B. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86b Rn. 24 m. w. N.), wobei es konkret um eine vorläufige Erweiterung der Rechtsposition der Antragsteller durch Verpflichtung zur Auszahlung weiterer Leistungen und damit um eine "Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis" geht (Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG).
66Diese Bewertung betrifft zum einen die Auszahlung der Beträge von jeweils 38,20 EUR, um die die Leistungen wegen der Sanktionsbescheide im Vergleich zu den in den Bewilligungsbescheiden festgesetzten Beträgen gemindert ausgezahlt wurden, soweit keine Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen erfolgte, also – aus weiter unten noch im Einzelnen darzulegenden Gründen – die Auszahlung von 2 x 38,20 EUR wegen der Sanktionsbescheide vom 22.07.2013 und 24.07.2013, die insoweit eine Minderung im August 2013 gegenüber der Bewilligungsentscheidung vom 03.05.2013 vorsehen, und die Auszahlung von 3 x 3 x 38,20 EUR wegen der drei Sanktionsbescheide vom 10.10.2013, da sie jeweils eine Minderung für November 2013, Dezember 2013 und Januar 2014 gegenüber dem Bewilligungsbescheid vom 23.08.2013 vorsehen. Diese Bewertung betrifft zum anderen die Auszahlung der Beträge, die wegen der vorübergehend erfolgten, später "aufgehobenen" vorläufigen Zahlungseinstellung für den Zeitraum vom 01.11.2013 bis zum 31.01.2014 zunächst nicht ausgezahlt worden waren.
67Soweit es um die vorläufige Gewährung höherer als der bereits gewährten Leistungen geht, geht es ebenfalls um eine "Verpflichtungssituation", denn statthafter Hauptsacherechtsbehelf wäre ebenfalls keine isolierte Anfechtungsklage, sondern eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG. Daher ist auch insoweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung die statthafte Rechtsschutzform.
68Zusätzlich wendet sich jedenfalls die Antragstellerin zu 1) bei verständiger Würdigung unmittelbar gegen die auf Meldeversäumnisse gem. § 32 SGB II gestützten, nur sie beschwerenden Sanktionsbescheide, deren Rechtmäßigkeit zwischen den Beteiligten im Streit steht. Es liegt insoweit nach Meinung der Kammer eine reine "Anfechtungssituation" vor, denn in der Hauptsache ist ein Anfechtungswiderspruch bzw. eine Anfechtungsklage der statthafte Rechtsbehelf gegen Sanktionsfeststellungsbescheide wie die hier streitigen. Denn diese sind die alleinige "Ursache" der Minderung der Leistungen. Hätte dieser Hauptsacherechtsbehelf Erfolg, so wäre in der Folge auch ein diese Sanktionsentscheidung "umsetzender" Bewilligungsbescheid – wie er hier in Gestalt des Bescheides vom 23.08.2013 bezüglich der Sanktionen vom 22.07.2013 und 24.07.2013 für die Minderungen in September und Oktober 2013 und bezüglich der Sanktionen vom 23.08.2013 und 23.08.2013 für die Minderungen von September bis November 2013 vorliegt – aufzuheben bzw. abzuändern, ohne dass es eines gesonderten Widerspruchs gegen den Bewilligungsbescheid bedarf. Denn nach der bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage war Streitgegenstand einer Klage gegen einen Sanktionsbescheid, mit dem die Regelleistung gemindert wird, der Regelleistungsanspruch des Klägers in diesem Zeitraum; eine Sanktion konnte nicht isolierter Streitgegenstand sein, sondern bildete mit einem entsprechenden Bewilligungsbescheid eine rechtliche Einheit (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – juris (Rn. 9); BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 13)). Und daran ist nach vorzugswürdiger Meinung auch nach der seit dem 01.04.2011 geltenden aktuellen Rechtslage festzuhalten (vgl. S. Knickrehm/Hahn in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 31b Rn. 8 m. w. N.; Hessisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER – juris; Sozialgericht (SG) Detmold, Urteil vom 17.10.2013 – S 18 AS 1095/12 – juris (Berufung zugelassen); a. A. Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 85/13 – juris (Revision zugelassen)).
69Bei dieser Sachlage – isolierte Anfechtungsklage als statthafter und ausreichender Hauptsacherechtsbehelf gegen Sanktionsbescheide – ist der Antrag der Antragsteller insoweit als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Sanktionsentscheidungen nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG (vgl. z. B. Krodel in: BeckOK SozR, SGG § 86b Rn. 4; Keller a. a. O. Rn. 7, 24 m. w. N.) auszulegen. Denn gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Widersprüche gegen Sanktionsbescheide haben keine aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 SGB II). Eine einstweilige Anordnung kommt damit insofern grundsätzlich nicht in Betracht, da ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG: "Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt "). Der Antrag ist dabei nicht nur auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gerichtet, sondern auch auf Aufhebung der Vollziehung gem. § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG (vgl. z. B. Keller a. a. O. Rn. 10a m. w. N.), wobei die Aufhebung zu einer Auszahlung aller sanktionsbedingt geminderten Beträge ab Eingreifen der aufschiebenden Wirkung führen soll. Da die aufschiebende Wirkung (der Suspensiveffekt) grundsätzlich rückwirkend mit dem Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsaktes eintritt (vgl. z. B. Keller a. a. O. Rn. 10 und Rn. 19), ist der Antrag insoweit auch auf die Vergangenheit bezogen.
70Der Antrag der Antragstellerin ist, soweit er nach alledem als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auszulegen ist, überwiegend zulässig und insoweit teilweise begründet. Hingegen ist der Antrag, soweit er als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung und Aufhebung der Vollziehung in Bezug auf die Sanktionsentscheidungen und in Bezug auf die Aufhebungsentscheidung vom 06.01.2014 auszulegen war, zum Teil bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.
71In Bezug auf den auf Gewährung der bewilligten Leistungen nach dem SGB II unter Außerachtlassung der sanktionsbedingten Minderungen gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG gilt folgendes:
72Der Antrag ist insoweit – wie ausgeführt – statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das gilt für beide Antragsteller, denn auch in Bezug auf den Antragsteller zu 2) besteht, auch wenn er durch die Sanktionen nicht unmittelbar beschwert ist, eine Rechtsverletzung zumindest möglich. Das gilt insbesondere für die Frage, ob höhere als die gewährten Leistungen zu gewähren sind, weil die Anrechnung des Einkommens und die Übernahme der Mietkosten fehlerhaft erfolgt sind.
73Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt somit voraus, dass ein materieller Anspruch besteht, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (sog. Anordnungsanspruch) und dass der Erlass einer gerichtlichen Entscheidung besonders eilbedürftig ist (sog. Anordnungsgrund).
74Eilbedarf besteht, wenn dem Betroffenen ohne die Eilentscheidung eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – NVwZ 2005, 927 = juris (Rn. 23); BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 – 1 BvR 1087/91 – BVerfGE 93, 1 = juris (Rn. 28)). Der gemäß Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) von den Gerichten zu gewährende effektive Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit. Daraus folgt, dass gerichtlicher Rechtsschutz namentlich in Eilverfahren so weit wie möglich der Schaffung solcher vollendeter Tatsachen zuvorzukommen hat, die dann, wenn sich eine Maßnahme bei (endgültiger) richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist, nicht mehr rückgängig gemacht werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.05.1995 a. a. O.).
75Der geltend gemachte (Anordnungs-)Anspruch und die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 – B 9 V 23/01 B – juris (Rn. 5) m. w. N.), wenn also mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13.03.2013 – L 5 AS 107/13 B ER – juris (Rn. 32) m. w. N.).
76Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 a. a. O. (Rn. 25)). Liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor, ist ein schützenswertes Recht zu verneinen und der Eilantrag abzulehnen. Hat die Hauptsache hingegen offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist dem Eilantrag stattzugeben, wenn die Angelegenheit eine gewisse Eilbedürftigkeit aufweist. Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend einstellt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 a. a. O. (Rn. 26); Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 29, 29a).
77Nach diesen Maßstäben musste der Antrag als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung teilweise – im tenorierten Umfang – Erfolg haben.
78Denn der Antragsgegner hat es versäumt, den Bewilligungsbescheid vom 03.05.2013 im Umfang der durch die Sanktionsfeststellungsbescheide vom 22.07.2013 und 24.07.2013 festgestellten Minderung des Regelbedarfs um insgesamt 20 % für den Monat August 2013 teilweise nach § 48 SGB X aufzuheben. Das gleiche gilt für den Bewilligungsbescheid vom 23.08.2013 und die durch die drei Sanktionsfeststellungsbescheide vom 10.10.2013 für November 2013 bis Januar 2014 festgestellten Minderungen des Regelbedarfs um insgesamt 30 %. Eine entsprechende ausdrückliche Aufhebungsverfügung enthalten weder die genannten Sanktionsfeststellungsbescheide, noch andere Bescheide.
79Für den August 2013 ist eine anderweitige Aufhebungsverfügung nicht ersichtlich.
80Der Antragsgegner hat eine entsprechende Aufhebungsverfügung für den Zeitraum von November 2013 bis Januar 2014, konkret für den Monat Januar 2014, bzgl. der Regelbedarfsminderungen durch die Sanktionsfeststellungsentscheidungen vom 10.10.2013 auch nicht mit dem Änderungsbescheid vom 23.11.2013 (Bl. 90 GA) nachgeholt. Mit diesem Änderungsbescheid wurde eine Leistung von 43,87 EUR zugunsten des Antragstellers zu 2) für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 28.02.2014 festgesetzt und war im dazugehörigen Berechnungsbogen eine Leistung von 0 EUR zugunsten der Antragstellerin zu 1) und eine Leistung von 43,87 EUR zugunsten des Antragstellers zu 2) ausgewiesen; zudem wurden die vorangegangenen Bewilligungsbescheide "insoweit zum 01.01.2014" aufgehoben.
81Zum einen hat der Antragsgegner selbst im Schriftsatz vom 29.04.2014 mitgeteilt, dass er keine zusätzlichen Aufhebungsverfügungen getroffen habe. Schon das spricht gegen eine Auslegung des Bescheides als Aufhebungsentscheidung bzgl. der Sanktionen. Zum anderen wird in der Begründung dieses Bescheides nur angeführt, dass die Leistungshöhe mit Wirkung ab dem 01.01.2014 aufgrund der Bekanntmachung der ab dem 01.01.2014 geltenden Regelbedarfe geändert (erhöht) werde. Auch das spricht dagegen, dass der Bescheid in Bezug auf den Leistungsanspruch der Antragstellerin zu 1) eine belastende Regelungswirkung besitzen sollte, und im Gegenteil dafür, dass der Bescheid lediglich eine die Antragsteller – damals effektiv nur den nicht (oder nicht bewusst) von der Zahlungseinstellung betroffenen Antragsteller zu 2) – begünstigende Regelung enthält. Die Aufhebung erfolgte lediglich "insoweit" und damit aus Sicht der Kammer allein in Bezug auf die Erhöhung des Regelbedarfes, also nur zugunsten der Antragsteller. Bei einer derart eindeutigen, einschränkenden Formulierung des Änderungsgrundes kann nach Auffassung des Gerichts nicht davon ausgegangen werden, dass eine "insoweit" erfolgende Aufhebungsverfügung vorangegangene Bewilligungsbescheide auch in anderer Hinsicht abändern und aufheben kann und soll. Das ließe sich mit dem Gebot der Rechtsklarheit kaum vereinbaren. Das Gericht geht dabei davon aus, dass die Nennung einer Leistung von 0 EUR bzgl. der Antragstellerin zu 1) im Berechnungsbogen nur nachrichtlich die damals kurz zuvor mitgeteilte vorläufige Zahlungseinstellung wiedergeben sollte. Insofern hat der Antragsgegner den Antragstellern mit Schreiben vom 01.04.2014 mitgeteilt, dass an der Zahlungseinstellung nicht festgehalten werde. Zudem ist nunmehr eine erneute Leistungsbewilligung auch für den Einstellungszeitraum durch den einen der beiden Bescheide vom 27.05.2014 erfolgt.
82Der Antragsgegner hat eine Aufhebungsverfügung für den Zeitraum von November 2013 bis Januar 2014 bzgl. der Regelleistungsminderungen durch die Sanktionen vom 10.10.2013 auch im Übrigen nicht nachgeholt, insbesondere nicht mit dem im Verlauf des Eilverfahrens erlassenen Änderungsbescheid vom 27.05.2014 für den Zeitraum ab dem 01.10.2013.
83Denn die dort vorgenommene Änderung betraf ausweislich der Begründung des Bescheides nur die Bedarfe für Unterkunft (Berücksichtigung einer erhöhten Nettokaltmiete ab dem 01.10.2013) und nicht die durch die Sanktionen zu mindernde Regelleistung. Die Aufhebungsverfügung erfolgte ausdrücklich nur "insoweit", also im Umfang der Änderung, und es ist auch ansonsten kein hinreichender Anhaltspunkt dafür gegeben, dass der Antragsgegner mit diesem Bescheid irgendeine Regelung bzgl. der Regelleistung vornehmen wollte.
84Die Bewertung, dass die Änderungs- und Aufhebungsverfügung auf einen Teilaspekt der ursprünglichen Leistungsbewilligung (Kosten der Unterkunft) beschränkt sein sollte, ist dabei auch deshalb sachgerecht bzw. geboten, weil es sich bei den Festsetzungen zu den Leistungen für den Regelbedarf und den Festsetzungen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung jeweils um eigenständige Verfügungen bzw. Verwaltungsakte nach § 31 SGB X handelt, die auch jeweils eigenständig Streitgegenstand eines sozialgerichtlichen Verfahrens sein können (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 8/06 R – juris (Rn. 18 ff.) zur alten Rechtslage; vgl. ferner BSG, Urteil vom 26.05.2011 – B 14 AS 132/10 R – juris (Rn. 11)) und sich hieran auch nach der seit dem 01.01.2011 geltenden aktuellen Rechtslage nichts geändert hat (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.01.2013 – L 2 AS 2313/12 – juris m. w. N.; Luik in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22 Rn. 31 ff.; Piepenstock in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 22 Rn. 229; so wohl nun auch das BSG: vgl. hierzu Ziff. 5 des Terminberichts des BSG Nr. 24/14 vom 05.06.2014 zum Urteil vom 04.06.2014 – B 14 AS 42/13 R – juris).
85Im Bescheid vom 27.05.2014 sind zwar in den jeweiligen Tabellenwerten mit der Bezeichnung "Minderungsbetrag aufgrund von Sanktionen" und damit auch in dem jeweils ausgeworfenen Leistungsbetrag und in den Berechnungsbögen alle bislang für den Änderungszeitraum erlassenen Sanktionsbescheide rechnerisch berücksichtigt. Jedoch reicht dies nach Meinung der Kammer angesichts des sich aus der eindeutigen Begründung des Bescheides ergebenden begrenzten Änderungsgegenstands nicht als Anhaltspunkt für eine "allumfassende" Aufhebungsverfügung aus. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass die Berücksichtigung aller Sanktionen nur der nachrichtlichen Wiedergabe der vorgenommenen Sanktionen dienen sollte, zumal derartige Änderungsbescheide weitgehend automatisiert mit Inhalt gefüllt werden und daher nicht jede Angabe in einem solchen Bescheid zwingend den Rückschluss auf eine inhaltliche Prüfung und auf eine Entscheidung durch einen Sachbearbeiter rechtfertigt.
86Soll ein Änderungsbescheid – wie hier – ausdrücklich nur eine "Anpassung der Kosten der Unterkunft" vornehmen, und soll die Aufhebung nur "insoweit" erfolgen, so spricht daher nach Auffassung der Kammer selbst dann nichts für eine Änderung und Aufhebung auch bzgl. des Regelbedarfs, wenn der Bescheid auch insofern Leistungsbeträge nennt. In einem solchen Fall ist darin keine Regelung nach § 31 SGB X sondern bestenfalls eine "wiederholende Verfügung" zu sehen (vgl. zur Bestimmung des Regelungsgegenstandes eines Bescheides und zur Abgrenzung zwischen wiederholender Verfügung und Zweitbescheid z. B. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 54, Rn. 7a m. w. N.; LSG NRW, Urteil vom 22.03.2012 – L 6 AS 1589/10 – juris (Rn. 19); LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17.11.2010 – L 11 AS 926/10 B – juris (Rn. 11 f.); LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.06.2012 – L 6 AS 48/11 – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 23.03.2011 – L 7 AS 161/11 B ER – juris; LSG NRW, Beschluss vom 23.06.2010 – L 12 AS 405/10 B – n. v.).
87Die danach fehlenden Aufhebungsverfügungen wären nach Auffassung der Kammer erforderlich gewesen, um die Sanktionsfeststellung "auf der Leistungsebene umzusetzen". Ein Sanktionsbescheid nach §§ 31 ff. SGB II "geht ins Leere", wenn für den Sanktionszeitraum bereits – wie hier in den soeben genannten Monaten – Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind und der/die entsprechende(n) Bewilligungsbescheid(e) nicht im Umfang der Minderung nach § 48 SGB X aufgehoben wird/werden.
88Das Bundessozialgericht hatte zu der bis zum 31.03.2011 geltenden früheren Regelung des § 31 Abs. 6 Satz 1 Hs. 1 SGB II entschieden, dass im Rahmen der Festsetzung einer Sanktion die Aufhebung einer bestandskräftigen früheren Bewilligungsentscheidung erforderlich ist, wenn die Behörde mit dieser Leistungen in ungekürzter Höhe bewilligt hatte (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R – juris; vgl. auch BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – juris (Rn. 9); BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 13).
89Hieran ist auch nach der zum 01.04.2011 in Kraft getretenen Neufassung der Regelung (nunmehr § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II) festzuhalten (str.; wie hier SG Dortmund, Beschluss vom 26.05.2014 – S 35 AS 1758/14 ER – bislang n. v.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.02.2014 – L 7 AS 1058/13 B – juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER – juris; sehr ausführlich SG Kassel, Urteil vom 28.08.2013 – S 7 AS 439/13 – juris (Berufung zugelassen); SG Kassel, Beschluss vom 27.06.2013 – S 7 AS 121/13 ER – juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17.06.2013 – L 7 AS 332/13 B ER – juris (Rn. 11); S. Knickrehm/Hahn in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 31b Rn. 7 m. w. N.; a. A. Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 85/13 – juris (Revision zugelassen); SG Detmold, Urteil vom 17.10.2013 – S 18 AS 1095/12 – juris (Berufung zugelassen); SG Trier, Beschluss vom 14.12.2011 – S 4 AS 449/11 ER – juris (Rn. 34 ff.); eine Entscheidung des BSG zu dieser Frage liegt bislang – soweit ersichtlich – nicht vor; eine Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen (NRW) ist der Kammer bislang, mit Ausnahme des Beschlusses vom 04.03.2013 – L 19 AS 1688/12 B – juris (hierzu sogleich näher), ebenfalls nicht bekannt).
90Die von der Gegenauffassung vertretene Differenzierung zwischen dem in § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II genannten "Auszahlungsanspruch", der sich "kraft Gesetzes" mindern soll, und dem im Bewilligungsbescheid geregelten "Leistungsanspruch", der durch die Festsetzung einer Sanktion unberührt bleiben soll mit der Folge, dass die Behörde ohne Weiteres die mit dem ursprünglichen Bescheid gewährten Leistungen nur unter Abzug des Sanktionsbetrages auszahlen muss, ist nach Meinung der Kammer nicht überzeugend.
91Vielmehr stellen sich Leistungsanspruch und Auszahlungsanspruch grundsätzlich als Einheit dar (SG Dortmund, Beschluss vom 26.05.2014 – S 35 AS 1758/14 ER –; S. Knickrehm/Hahn a. a. O.). Die Auszahlung einer Leistung ist generell nur "automatische" Folge ihrer zuvor ausgesprochenen Bewilligung. So hat die Verurteilung einer Behörde zur Auszahlung einer bereits bewilligten Leistung an den Adressaten des Bewilligungsbescheides "aus" dem Bescheid im Wege einer Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG ohne weitere Prüfung der materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen zu erfolgen (SG Dortmund, Beschluss vom 26.05.2014 – S 35 AS 1758/14 ER –). Die 35. Kammer des SG Dortmund hat in ihrer soeben genannten Entscheidung (Beschluss vom 26.05.2014 – S 35 AS 1758/14 ER –) des Weiteren folgendes ausgeführt:
92"Der Erforderlichkeit der Aufhebung eines Bewilligungsbescheides ist auch nicht mit dem Argument zu begegnen, dass die Minderung des Anspruchs nach der Neufassung des § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II kraft Gesetzes eintrete (so aber SG Trier, Beschluss vom 14.12.2011, a.a.O.). Wie vorab dargestellt, hat das Bundessozialgericht noch in seinem Urteil vom 17.12.2009 (a.a.O.) im Rahmen der Festsetzung einer Sanktion die teilweise Aufhebung einer früheren Bewilligungsentscheidung für erforderlich gehalten. Ein "Paradigmenwechsel" zur bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts lässt sich zunächst nicht aus dem im Verhältnis zur früheren Vorschrift des § 31 Abs. 6 Satz 1 1. Hs. SGB II geänderten Wortlaut des § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II ableiten. Letzterer ist wie folgt gefasst:
93"Der Auszahlungsanspruch mindert sich mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt."
94§ 31 Abs. 6 Satz 1 1. Hs. SGB II lautete:
95"Absenkung und Wegfall treten mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung oder den Wegfall der Leistung feststellt, folgt."
96Den nunmehr teilweise angenommenen "Selbstvollzug" der Minderung des Anspruchs hätte man aus der früheren Formulierung des "Eintritts" von "Absenkung und Wegfall" aber mit denselben Argumenten ableiten können wie für die Begrifflichkeit der "Minderung" des Auszahlungsanspruchs. Maßgeblich für die Kammer ist aber, dass auch eine kraft Gesetzes eintretende Anspruchsminderung sich immer nur auf den materiell-rechtlichen Anspruch des Hilfebedürftigen auswirken kann. Der "formalrechtliche" Anspruch "aus" einer bestandskräftigen Bewilligungsentscheidung ist jedoch unabhängig hiervon in der Welt. Will die Behörde diesen beseitigen und die "formalrechtliche" Rechtsposition des Hilfebedürftigen mit seiner materiellen Rechtsposition in Übereinstimmung bringen, muss sie der Bewilligungsentscheidung mit einem "actus contrarius" begegnen und ist in diesem Zusammenhang an das Instrumentarium der §§ 45, 48 SGB X gebunden. Die Feststellung der Minderung der Leistung ist mithin die "Änderung der Verhältnisse", die Voraussetzung für eine Aufhebung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, macht diese jedoch nicht entbehrlich (SG Kassel, Urteil vom 28.08.2013, S 7 AS 439/13 - juris (Rdnr.26)."
97Diesen Ausführungen schließt sich die erkennende Kammer in vollem Umfang an.
98Aus Sicht der Kammer rechtfertigt auch der Beschluss des LSG NRW vom 04.03.2013 – L 19 AS 1688/12 B – juris (insbes. Rn. 19), wonach es sich "bei der sanktionsweisen Absenkung von Leistungen ( ) um eine Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheides" handeln soll, keine andere Bewertung. Zum einen ist es offenbar so, dass in dem dortigen Fall noch die bis zum 31.03.2011 geltende alte Fassung der Sanktionsnormen anwendbar war (vgl. dort Rn. 20). Schon daher ist diese Entscheidung für die Bewertung der §§ 31 ff. SGB II n. F. letztlich nicht sehr "ergiebig". Zum anderen fehlt eine nähere Begründung für diese Aussage. Daher folgt die Kammer dem Hessischen LSG (a. a. O.) in dessen Bewertung, dass eine Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X nicht "automatisch" in jedem Sanktionsfeststellungsbescheid enthalten ist. Ein solcher Schluss lässt sich nach hier vertretener Auffassung auch nicht aus der Rechtsprechung des BSG zur alten Rechtslage (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R – juris (Rn. 13 ff.)) ziehen, wonach neben einer Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X eine zusätzliche Sanktionsfeststellung nicht erforderlich war.
99Auch die fachlichen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit zu §§ 31 ff. SGB II gehen nunmehr in der Fassung vom 22.04.2014 (unter Hinweis auf eine erfolgte Änderung der Rechtsauffassung) davon aus, dass eine Aufhebungsverfügung erforderlich ist. Es heißt dort unter Ziff. 31.28:
100"Trotz der gesetzlichen Formulierung ("mindert sich" = Rechtsfolge tritt kraft Gesetz ein), bedarf es eines klarstellenden VA (Rechtsschutzbedürfnis des Kunden), der die Pflichtverletzung feststellt und die Aufhebung in Höhe des Minderungsbetrages nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X für den letzten maßgeblichen, vorangegangenen Bewilligungs- oder Änderungsbescheid der betroffenen Monate bzw. des betroffenen Monats regelt."
101Daher bleibt bei unterlassener Aufhebung der Bewilligungsentscheidung der durch sie begründete Leistungsanspruch bestehen und ist zu erfüllen.
102Die demnach noch auszuzahlenden Leistungen summieren sich auf 420,20 EUR (für August 2013: 2 x 10 % der Regelleistung = 2 x 38,20 EUR = 76,40 EUR; für November, Dezember und Januar: 3 x 3 x 10 % der Regelleistung = 9 x 38,20 EUR = 343,80 EUR).
103Klarstellend sei erwähnt, dass eine Aufhebungsverfügung für die Umsetzung der Sanktionsbescheide für die anderen Zeiträume (Sanktionsbescheide vom 22.07.2013 und 24.07.2013 für September 2013, Sanktionsbescheide vom 22.07.2013, 24.07.2013, 23.08.2013 und 23.08.2013 für Oktober 2013 und Sanktionsbescheide vom 23.08.2013 und 23.08.2013 für November 2013) nicht erforderlich war, weil für diese zuvor keine Bewilligungsentscheidungen vorlagen, sondern die einschlägigen Bewilligungsentscheidungen von vornherein die sanktionsbedingten Minderungen berücksichtigten.
104In Bezug auf die Auszahlung der mit den nicht aufgehobenen Bewilligungsentscheidungen bewilligten Leistungen besteht nach Meinung der Kammer auch ein Anordnungsgrund, obwohl es um zurückliegende Zeiträume geht und für die Gewährung vorläufiger Leistungen für einen vergangenen Zeitraum im Wege einstweiliger Anordnung ein Anordnungsgrund regelmäßig nur vorliegt, wenn ausnahmsweise ein dringender "Nachholbedarf" – ein Fortwirken des Leistungsrückstandes aus der Vergangenheit bei Verursachung einer gegenwärtigen Notlage – dargetan wird, der befriedigt werden soll (vgl. z. B. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 29a und Rn. 35a). Ob hier ein solcher dringender Nachholbedarf besteht, kann aber aus Sicht der Kammer dahinstehen. Denn aus einem anderen Grund ist hier die Gewährung vorläufiger Leistungen für diese vergangenen Zeiträume im Wege einstweiliger Anordnung geboten.
105Die 35. Kammer des SG Dortmund hat in ihrer o. g. Entscheidung insoweit folgendes ausgeführt:
106"Die Kammer sieht auch einen Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit. Zwar nimmt sie einen solchen im Zusammenhang mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich nur an, wenn der zwischen den Beteiligten streitige Betrag zumindest 30 Prozent der Regelleistung gemäß § 20 SGB II ausmacht. Durch die Vorschrift des § 31a Abs. 3 SGB II (Erbringung ergänzender Sachleistungen nur bei einer Kürzung von 30 Prozent der Regelleistung) und § 43 Abs. 2 SGB II (Aufrechnung bis zu 30 Prozent der Regelleistung) hat der Gesetzgeber nämlich deutlich gemacht, dass er auch eine um diesen Betrag gesenkte Regelleistung für ausreichend hält, um das Existenzminimum zu decken. Diese Voraussetzungen wären im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil der zwischen den Beteiligten streitige Minderungsbetrag monatlich nur EUR 78,20 ausmacht; die Regelleistung des Antragstellers beläuft sich gemäß den §§ 20 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 2 Satz 1 auf monatlich EUR 391,-.
107Die vorgenannten Anforderungen lassen sich zur Überzeugung der Kammer aber nicht auf die hier vorliegende Fallkonstellation übertragen, in der sich der Anordnungsanspruch des Antragstellers daraus ergibt, dass ihm eine von der Behörde bereits bewilligte Leistung zu Unrecht vorenthalten wird (vgl. zu den geringeren Anforderungen an den Anordnungsgrund bei Evidenz des Anordnungsanspruchs auch LSG Hessen, Beschluss vom 03.12.2013, a.a.O. – juris (Rdnr.9)). Die Rechtsschutzform des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG setzt einen entsprechenden Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit nämlich nicht voraus. Diese für den Rechtsschutzsuchenden günstigere prozessuale Ausgestaltung ergibt sich maßgeblich daraus, dass diesem im Anwendungsbereich des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Allgemeinen eine bereits von der Behörde eingeräumte Rechtsposition entzogen werden soll, während er im Anwendungsbereich eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eine Erweiterung seiner Rechtsposition begehrt. In der vorliegenden Fallgestaltung geht es aber eben nicht um die Erweiterung der Rechtsposition des Antragstellers, sondern um die Durchsetzung eines ihm vom Antragsgegner bereits eingeräumten Anspruchs. Überdies wäre ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß §§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die für den Antragsteller statthafte Rechtsschutzform gewesen, wenn der Antragsgegner die Bewilligungsentscheidung ( ) - in Höhe der festgestellten Minderungsbeträge aufgehoben hätte. Es wäre jedoch nicht nachvollziehbar, wenn eine Behörde eine für den Antragsteller nachteilige und damit für sie vorteilhafte Verfahrensposition dadurch bewirken könnte, dass sie bereits bewilligte Leistungen ohne die gebotene Vornahme einer Aufhebungsentscheidung einbehält."
108Diesen Ausführungen schließt sich die erkennende Kammer jedenfalls insoweit an, als die 35. Kammer in Fällen der vorliegenden Art – Nichterfüllung eines bereits eingeräumten Anspruchs – deutlich geringere Anforderungen an den Anordnungsgrund stellt. Abgesehen davon ist hier immerhin im Zeitraum vom 01.11.2013 bis zum 31.01.2014 durch die kumulative dreifache Minderung um 10 %, insgesamt also um 30 %, die von der 35. Kammer angenommene "Schwelle" für die Bejahung eines Anordnungsgrundes von 30 % des Regelbedarfs erreicht. Zudem ist auch der bewilligte aber nicht ausgezahlte Gesamtbetrag so erheblich, dass ein Anordnungsgrund nach Meinung der Kammer nicht verneint werden kann.
109Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat hingegen keinen Erfolg, soweit er auf die vorläufige Gewährung höherer als der zunächst bewilligten Leistungen (aufgrund Anrechnung eines geringeren Unterhalts und Anerkennung einer höheren Nettokaltmiete) gerichtet ist.
110Der Antrag ist insoweit zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung unzulässig.
111Mittlerweile hat der Antragsgegner zum einen durch die beiden Änderungsbescheide vom 27.05.2014 die angestrebte Änderung der Mietkosten nachträglich berücksichtigt, so dass sich dieses Änderungsbegehren jedenfalls dem Grunde nach erledigt hat, und zum anderen durch den Schriftsatz vom 22.05.2014 zu erkennen gegeben, dass er für den Fall, dass "glaubhafte Nachweise" über den Erhalt der geringeren Unterhaltszahlungen vorgelegt werden, auch die Einkommensanrechnung nachträglich anpassen wird. Nachdem die Antragstellerin zu 1) nun eine weitere Bescheinigung ihres ehemaligen Ehemannes über die Unterhaltszahlungen vorgelegt hat, dürfte sich ihr Änderungsbegehren auch insoweit kurzfristig jedenfalls dem Grunde nach erledigen. Für eine einstweilige Anordnung besteht bei dieser Sachlage derzeit kein Rechtsschutzbedürfnis für einen Eilantrag.
112Hilfsweise wäre der Antrag insoweit auch unbegründet. Sollte die Bewilligung der Kosten der Unterkunft der Höhe nach auch nach den beiden Änderungsbescheiden vom 27.05.2014 noch unzureichend sein, was bei summarischer Prüfung bislang nicht erkennbar und auch nicht glaubhaft gemacht worden ist, so wären die Antragsteller auf die Erhebung eines Widerspruchs und ggf. die anschließende Erhebung einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zu verweisen; eine besondere Eilbedürftigkeit ist nicht erkennbar. Denn für die vorläufige Gewährung – hier nur geringfügig – höherer Leistungen für einen vergangenen Zeitraum im Wege einstweiliger Anordnung fehlt es – wie ausgeführt – ganz regelmäßig an einem Anordnungsgrund. Anders ist es nur, wenn ausnahmsweise ein dringender "Nachholbedarf" dargetan wird, der befriedigt werden soll (vgl. z. B. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 29a und Rn. 35a), oder u. U., wenn die vorstehend erörterte Ausnahmekonstellation – Nichterfüllung eines bewilligten Anspruchs – vorliegt. Hier ist bezüglich der Frage der bewilligten Leistungshöhe weder ein Nachholbedarf – ein Fortwirken des Leistungsrückstandes aus der Vergangenheit bei Verursachung einer gegenwärtigen Notlage – glaubhaft gemacht oder ersichtlich, noch geht es um die Nichterfüllung eines bewilligten Anspruchs. Dass die Auszahlung der mit den beiden Änderungsbescheiden vom 27.05.2014 zusätzlich bewilligten Kosten der Unterkunft der Höhe nach unzureichend sein wird, ist bislang nicht erkennbar. Unterstellt man das aber, so ginge es zwar insofern um die Nichterfüllung eines bewilligten Anspruchs; jedoch wäre ein so geringfügiger Betrag im Streit, dass ein Anordnungsgrund nach Meinung der Kammer dennoch zu verneinen wäre. Und auch in Bezug auf eine etwaige unzureichende Anpassung der Einkommensanrechnung in den zu erwartenden Änderungsbescheiden besteht derzeit (noch) kein Anordnungsgrund im Sinne einer Eilbedürftigkeit.
113Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat zudem insofern keinen Erfolg, als er auf Auszahlung der Beträge gerichtet ist, die trotz des Vorliegens des Bewilligungsbescheides vom 23.08.2013 nicht wegen der sanktionsbedingten Minderungen sondern allein wegen der vorläufigen Zahlungseinstellung für den Zeitraum vom 01.11.2013 bis zum 31.01.2014 zunächst nicht ausgezahlt worden waren.
114Insoweit ist er zwar zulässig, aber unbegründet.
115Denn insofern hat der Antragsgegner im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gegen den Aufhebungsbescheid vom 06.01.2014 mit dem Schreiben vom 01.04.2014 mitgeteilt, dass er die mit "Bescheid vom 25.10.2013 ausgesprochene vorläufige Zahlungseinstellung ab dem 01.11.13 bis zum 31.01.14" zurücknehme – wobei es sich bei dem Schreiben vom 25.10.2013 tatsächlich weder der Form nach um einen Bescheid (Verwaltungsakt gem. § 31 SGB X) handelte, da ihm z. B. keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, noch materiell eine Entscheidung durch Verwaltungsakt zulässig gewesen wäre, da nach dem eindeutigen Wortlaut von § 331 Abs. 1 Satz 1 SGB III die Zahlungseinstellung "ohne Erteilung eines Bescheids" vorgenommen wird und es sich bei ihr inhaltlich nicht um eine Regelung im Sinne von § 31 SGB X, sondern um die Ausübung eines gesetzlich statuierten Zurückbehaltungsrechts handelt (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 40 Rn. 90; Eicher/Greiser in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 40 Rn. 121).
116Der Antragsgegner hat die insoweit einbehaltenen Leistungen nach seinem Vortrag auch anschließend ausgezahlt. Dass eine Nachzahlung Anfang April erfolgt ist, ist auch unstreitig. Damit hat sich das Rechtsschutzbegehren der Antragsteller insoweit dem Grunde nach erledigt.
117Soweit noch die Höhe der nachgezahlten Leistungen bzw. die Frage der Vollständigkeit der Erfüllung durch Übermittlung entsprechender Schecks streitig ist, ist nach Meinung der Kammer ein Anordnungsanspruch unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragsgegners und der von ihm eingereichten "Bildschirmabgriffe" nicht hinreichend – also mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – glaubhaft gemacht. Eine nähere Aufklärung dieser Frage ist nach Auffassung der Kammer im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht möglich.
118Zudem besteht insoweit aus Sicht der Kammer kein Anordnungsgrund, da der streitige Differenzbetrag gering ist, so dass die Antragsteller darauf zu verweisen sind, diese Frage zunächst außergerichtlich mit dem Antragsgegner oder notfalls im Rahmen eines regulären Hauptsacheverfahrens (Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG) zu klären. In diesem Rahmen dürfte es sinnvoll sein, nähere Nachforschungen über Zugang und Einlösung der nach Darstellung des Antragsgegners ausgestellten Postschecks anzustellen.
119In Bezug auf den unmittelbar gegen die (Vollziehung der) insgesamt sieben Sanktionsbescheide gerichteten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG und den damit nach dem Inhalt des Vorbringens der Antragsteller (konkludent) mit erhobenen Annexantrag auf Aufhebung der Vollziehung nach § 86 Abs. 1 Satz 2 SGG gilt folgendes:
120Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist – wie bereits dargelegt (s. o.) –statthaft.
121Er ist aber teilweise unzulässig, soweit er sich auf die Minderungen bezieht, gegen deren Auswirkungen mit dem vorliegenden Beschluss eine einstweilige Anordnung erlassen worden ist, denn insoweit fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis. Denn mangels Aufhebungsverfügung geht die Sanktion ohnehin "ins Leere" und kann nicht vollzogen werden bzw. ist der Sanktionsvollzug bereits durch den Erlass der einstweiligen Anordnung beseitigt worden, ohne dass es einer zusätzlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung und einer Aufhebung der Vollziehung nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG (vgl. zu diesem Annexantrag SG Dortmund, Beschluss vom 16.05.2014 – S 32 AS 484/14 ER – juris m. w. N.) bedarf.
122Im Übrigen ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung und Aufhebung der Vollziehung zulässig.
123Die Zulässigkeit scheitert insbesondere nicht (teilweise) daran, dass – wie der Antragsgegner angenommen hat – der Widerspruch in Bezug auf einige der Sanktionen, insbesondere gegen die vom 22.07.2013 und 24.07.2013, wegen Versäumung der einmonatigen Widerspruchsfrist unzulässig war.
124Zwar kommt einem offensichtlich unzulässigen Hauptsacherechtsbehelf, insbesondere einem verfristeten Rechtsbehelf gegen einen bestandskräftig und damit nach § 77 SGG verbindlich gewordenen Verwaltungsakt, keine aufschiebende Wirkung zu (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 23.04.2002 – L 6 RJ 113/02 ER – juris (Rn. 28); Keller a. a. O., § 86a Rn. 10 m. w. N.). Und bei einem offensichtlich unzulässigen Widerspruch könnte auch anschließend erhobene Klage – hier die Klage S 32 AS 1585/14 – keine aufschiebende Wirkung entfalten.
125Die Widersprüche gegen die Sanktionsbescheide wurden aber nicht bzw. nicht offensichtlich zu spät eingelegt. Die beiden Sanktionsbescheide vom 23.08.2013 wurden mit dem als Widerspruch auszulegenden Schreiben vom 04.09.2013, das am 11.09.2013 bei dem Antragsgegner einging, rechtzeitig angefochten. Und die drei Sanktionsbescheide vom 10.10.2013 wurden am 07.11.2013 rechtzeitig ausdrücklich mit Widerspruch angefochten. Zwar spricht die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass die zwei ersten Sanktionsbescheide vom 22.07.2013 und 24.07.2013 der Antragstellerin so frühzeitig zugingen, dass der Widerspruch vom 11.09.2013 zu spät erhoben wurde. Jedoch ist dies nicht zwingend. Der Sanktionsbescheid vom 22.07.2013 trägt keinen ausdrücklichen "Abvermerk" über eine Aufgabe zur Post, sondern allein ein Handzeichen des Sachbearbeiters, und ihm ist eine Verfügung mit dem Text "Sanktionsbescheid raus" beigefügt, in der sich ferner neben dem unterhalb abgedruckten Text "ALG II angeordnet und zentralen Druck veranlasst" ein weiteres Handzeichen befindet. Trotz der Formulierung "Sanktionsbescheid raus" geht das Gericht nicht davon aus, dass in dieser beigefügten Verfügung ein Abvermerk zu sehen ist. Gegen diese Interpretation spricht entscheidend der abgezeichnete Vermerk über die Veranlassung eines "zentralen Drucks" (vgl. hierzu und allgemeinen zum Abvermerk LSG NRW, Beschluss vom 15. November 2011 – L 7 AS 1382/11 B – juris), denn daraus ergibt sich, dass der Bescheid gerade nicht von dem Sachbearbeiter in den Postversand gegeben wurde, sondern elektronisch ein zentraler Druck veranlasst wurde. Bei dieser Sachlage greift die Zugangsfiktion nach § 37 Abs. 2 SGB X nicht ein (vgl. LSG NRW a. a. O.). Nicht wesentlich anders ist die Situation bei dem Sanktionsbescheid vom 24.07.2013, dem eine "Änderungsverfügung" beigefügt ist, in der der Bearbeitungsschritt "Bescheid erteilen" mit einem auf den 24.07.2013 datierten Handzeichen versehen ist. Ein eindeutiger Vermerk über die persönliche Aufgabe zur Post durch den unterzeichnenden Sachbearbeiter dürfte hierin nicht zu sehen sein. Der für den Zeitpunkt der Bekanntgabe als des fristauslösenden Ereignisses beweisbelastete Antragsgegner kann einen Zugang vor dem 11.08.2013 daher nicht nachweisen, so dass von der Zulässigkeit des Widerspruchs auszugehen ist, jedenfalls aber nicht von seiner offensichtlichen Unzulässigkeit ausgegangen werden kann.
126Dem Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
127Es bestehen in Bezug auf den bereits vergangenen Zeitraum noch andauernde konkrete Vollzugsfolgen in Gestalt der sanktionsbedingt geminderten Leistungen. In einem solchen Fall muss ein Eilantrag in der Gestalt eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zulässig sein. Das Rechtsschutzbedürfnis eines Antragstellers, der im einstweiligen Verfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Sanktionsbescheid begehrt, entfällt nicht deshalb durch Zeitablauf, weil der Zeitraum, für den er aufgrund des Sanktionsbescheides wegen einer Pflichtverletzung einen geminderten oder gar keinen Regelbedarf erhält, verstrichen ist (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 30.04.2013 – L 7 AS 521/13 B ER – juris (Rn. 2); LSG NRW, Beschluss vom 06.01.2004 – L 11 B 17/03 KA ER – juris (Rn. 22); ebenso nach dem Verständnis des Gerichts auch Groth, NJW 2007, 2294, obwohl er vom LSG NRW im Beschluss vom 30.04.2013 als Vertreter einer abweichenden Auffassung genannt wird).
128Das ergibt sich zum einen daraus, dass eine besondere Eilbedürftigkeit im Sinne einer gegenwärtigen Notlage bei einem Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG – anders als bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG (Anordnungsgrund) – nicht zwingend erforderlich ist.
129Zum anderen ergibt es sich daraus, dass die vorherige Anordnung oder Feststellung der aufschiebenden Wirkung nach Auffassung der Kammer Voraussetzung für eine Aufhebung der Vollziehung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG ist, durch die der Antragsteller z. B. die Auszahlung einbehaltener Leistungen erreichen kann. Die Möglichkeit der Aufhebung der Vollziehung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG besteht nach Meinung des Gerichts auch nicht nur dann, wenn der Vollzug des angefochtenen Bescheides während des Eilverfahrens stattgefunden hat, sondern auch dann, wenn er schon vor Rechtshängigkeit des Eilantrages geschehen ist. Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG kann daher selbst dann bestehen, wenn der Bescheid – anders als im vorliegenden Fall – bereits in vollem Umfang vollzogen ist, denn der Antragsteller kann einen Anspruch auf vorläufige Rückgängigmachung schon getroffener Maßnahmen haben (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 7a; LSG NRW, Beschluss vom 06.01.2004 a. a. O.).
130Soweit der Antrag nach alledem zulässig ist, ist er jedoch unbegründet.
131Bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, die Wirkung des angefochtenen Bescheides (zunächst) zu unterbinden (Aussetzungsinteresse) mit dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin vorzunehmen.
132Bei der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in der vorliegenden Fallgestaltung, in der es um die Feststellung einer Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs geht, ein Regel-/Ausnahmeverhältnis angeordnet hat: Aus der Wertung des § 39 Nr. 1 SGB II ("Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, 1. der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt") ergibt sich, dass der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung der Individualinteressen und der öffentlichen Interessen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug prinzipiell Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt. In der Regel überwiegt daher das Vollzugsinteresse des Antragsgegners (vgl. z. B. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.12.2012 – L 19 AS 2332/12 B ER – juris; vgl. ferner BSG, Beschluss vom 29.08.2011 – B 6 KA 18/11 R – SozR 4-1500 § 86a Nr. 2 = juris).
133Eine Abweichung von diesem Regel-/Ausnahmeverhältnis durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs kommt daher nur in Betracht, wenn – etwa wegen offenbarer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids oder bei unklaren Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Widerspruch oder Klage) als Ergebnis einer allgemeinen Interessenabwägung – ausnahmsweise das private Interesse der durch den Bescheid belasteten Person überwiegt (vgl. z. B. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 12c ff.; Conradis in: LPK-SGB II, 4. Auflage 2012, § 39 Rn. 16).
134Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene durch ihn in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird seine Vollziehung ausgesetzt, wird m. a. W. die aufschiebende Wirkung angeordnet, weil dann ein öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht besteht. Bei offenbarer Rechtswidrigkeit ist für eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers, anders als bei Entscheidungen nach § 86b Abs. 2 SGG, keine besondere Eilbedürftigkeit erforderlich (vgl. Keller a. a. O. Rn. 12f m. w. N.). Ist der Hauptsacherechtsbehelf hingegen aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Dabei kann die Klage u. U. auch bei einem Verwaltungsakt, der unter Verletzung von Form- oder Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist, ohne Erfolgsaussicht sein, wenn damit zu rechnen ist, dass dieser Fehler noch korrigiert (vgl. § 41 Abs. 1, 2 SGB X) werden wird (vgl. Keller a. a. O. m. w. N.). Sind die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei der Grad der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren mit zu berücksichtigen ist. Es gilt insoweit der Grundsatz: Je größer die Erfolgsaussichten sind, umso geringer sind die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme wirkt. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, die Klage aber später Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, der Klage aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. Keller a. a. O. m. w. N.).
135Nach diesen Maßstäben war hier nicht die aufschiebende Wirkung der Klage S 32 AS 1585/14 anzuordnen (und damit automatisch auch nicht nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG die Vollziehung aufzuheben).
136Das Aussetzungsinteresse der Antragsteller überwiegt hier nicht das Vollziehungsinteresse des Antragsgegners. Die in der Hauptsache angefochtenen Sanktionsbescheide sind weder offensichtlich rechtswidrig, noch ist ein Erfolg der Klage nach Meinung der Kammer auch nur überwiegend wahrscheinlich. Daher verbleibt es bei der Grundregel, dass dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners ein Vorrang zukommt.
137Nach summarischer Prüfung sind die Sanktionsbescheide jedenfalls nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig. Es gab jeweils eine wirksame Meldeaufforderung gem. § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III. Es ist nicht dargetan, dass die Antragstellerin zu 1) die Meldeaufforderungen (Einladungen) nicht erhalten hätte. Die Einladungen betrafen jeweils eine Besprechung der "aktuellen beruflichen Situation" und sollten teilweise auch dazu dienen, die Bewerbungsaktivitäten zu erörtern. Damit lag jeweils ein zulässiger Meldezweck nach § 309 Abs. 2 SGB II vor. Die erforderlichen individuellen Rechtsfolgenbelehrungen waren in den jeweils vorangegangenen Einladungsschreiben enthalten. Bei einer drohenden Sanktion nach § 32 SGB II (Meldeversäumnis) ist es nach Auffassung der Kammer sowohl inhaltlich zutreffend als auch ausreichend, wenn – wie hier – allgemein auf der Rückseite der Einladungsschreiben über die Folgen von Meldepflichtverletzungen belehrt wird und zusätzlich im Text der ersten Einladung konkret darüber belehrt wird, dass bei einem ersten Meldeversäumnis eine Minderung des Arbeitslosengeldes bzw. Sozialgeldes "um 10 Prozent des für Sie ( ) maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten" vorgenommen wird, und in den Folgeeinladungen jeweils darüber, dass bei einem "erneuten" Nichterscheinen "nochmals" eine Minderung des individuell zustehenden Regelbedarfes um 10 % vorgenommen wird. Formelle Fehler des Sanktionsbescheide (Zuständigkeit, Verfahren, Form) sind nicht erkennbar. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Sanktion lagen auch jeweils vor. Meldeversäumnisses lagen jeweils unstreitig objektiv vor. Ein wichtiger Grund für das Nichterscheinen ist für keines der Meldeversäumnisse dargetan oder sonst erkennbar. In Anbetracht des Fehlens jeglicher Kontaktaufnahme mit dem Antragsgegner und der Möglichkeit einer Fahrtkostenerstattung, auf die in allen Einladungen hingewiesen worden ist, können die Einlassungen der Antragstellerin zu 1), dass ihr ein Aufsuchen des Jobcenters aus finanziellen Gründen nicht möglich gewesen sei, nur als Schutzbehauptungen gewertet werden. Die Kammer hält die Sanktionsvorschriften der §§ 31 ff. SGB II und insbesondere den von der Intensität der Leistungsabsenkung her mit 10 % vergleichsweise "milden" § 32 SGB II auch nicht für verfassungswidrig.
138Auch eine allgemeine Abwägung bei – unterstellt – zumindest offenen Erfolgsaussichten führt nicht dazu, dass hier die aufschiebende Wirkung anzuordnen wäre. Es fehlt hier in Anbetracht der Umstände, dass alle Sanktionszeiträume schon seit Januar 2014 beendet sind, der Eilantrag erst Ende März anhängig gemacht wurde, dass unstreitig im April eine erhebliche Nachzahlung von Leistungen erfolgt ist und aufgrund der im vorliegenden Beschluss enthaltenen einstweiligen Anordnung eine weitere erhebliche Leistungsgewährung zu erwarten ist, im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an dem für den Erfolg eines Antrages nach § 86b Abs. 1 SGB II selbst bei einer – hier nicht vorliegenden – hohen Erfolgswahrscheinlichkeit des Hauptsacherechtsbehelfs erforderlichen, zwar nicht "besonderen" aber doch "gewissen Maß an Eilbedürftigkeit" (vgl. hierzu Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Auflage 2012, Seite 126).
139Schließlich ist der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 03.02.2014 gegen den Aufhebungsbescheid vom 06.01.2014 anzuordnen und die Vollziehung aufzuheben, unzulässig, denn für ihn besteht im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Denn der Aufhebungsbescheid hat sich – auch wenn möglicherweise eine entsprechende Abhilfeentscheidung bzw. stattgebende Widerspruchsentscheidung noch nicht vorliegt – dadurch nach § 39 SGB X erledigt, dass der Antragsgegner – wie schon durch die Formulierung im Schriftsatz vom 29.04.2014 abzusehen war, dass der Bescheid vom 06.01.2014 "nicht zu halten" sei – durch einen der beiden Änderungsbescheide vom 27.05.2014 eine erneute Leistungsbewilligung für den Februar 2014 vorgenommen hat, wobei die nun bewilligten Leistungen höher sind, als die mit dem aufgehobenen Bescheid vom 23.08.2014 bewilligten Leistungen. Damit hat sich auch das Widerspruchsverfahren in der Hauptsache erledigt. Für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist bei dieser Lage kein Raum. Insoweit war der Antrag daher abzulehnen.
140Abschließend weist das Gericht vorsorglich, auch wenn ein Anspruch auf laufende Leistungen nach der teilweisen Antragsrücknahme der Antragsteller nicht mehr zum Streitgegenstand gehört, darauf hin, dass es nicht zulässig sein dürfte, eine Entscheidung über den Weiterbewilligungsantrag so lange zurück zu stellen, bis eine Vorsprache beim JobCenter stattgefunden hat bzw. – so die Formulierung im Schreiben des Antragsgegners vom 11.04.2014 an die Antragstellerin zu 1) – eine "Vorsprache bei der Arbeitsvermittlung" nachgewiesen worden ist. Sollte im Hinblick auf für die Leistungsgewährung relevante Fragen ein Verstoß gegen die Mitwirkungsobliegenheit vorliegen, so müsste eine hinreichend bestimmte Mitwirkungsaufforderung nach § 60 SGB I erfolgen und anschließend ggf. eine Versagungsentscheidung nach § 66 SGB I getroffen werden. Anderenfalls wäre eine Sachentscheidung zu treffen. Bei dem Schreiben vom 11.04.2014 handelt es sich nach dem Wortlaut und mangels konkreten Meldetermins nicht um eine Aufforderung nach §§ 59 SGB II, 309 SGB III, sondern um eine Aufforderung zur Mitwirkung nach § 60 SGB I. Es erscheint aber fraglich, ob das Schreiben vom 11.04.2014 den Anforderungen an eine Mitwirkungsaufforderung entspricht. Es erschließt sich dem Gericht noch nicht, inwieweit "ein Nachweis über die Vorsprache bei der Arbeitsvermittlung" eine für die Leistungsgewährung relevante Mitwirkungshandlung darstellen soll. Es dürfte nicht gangbar sein, eine Mitwirkungsaufforderung auf Gründe zu stützen, die nach der Konzeption des SGB II "nur" Anlass für eine Sanktion wegen eines Meldeversäumnisses nach § 32 SGB II sein dürfen. Es ist auch nicht erkennbar, wie bei der Vorsprache bei der Arbeitsvermittlung das Bestehen eines Leistungsanspruches geklärt werden kann. Eine etwaige noch offene Klärung, inwieweit ein solcher Anspruch in der Vergangenheit bestanden hat (vgl. das Schreiben vom 11.04.2014), dürfte ohnehin keine Frage sein, mit der sich eine Versagung laufender Leistung rechtfertigen lässt. Und die Frage, ob die Antragstellerin zu 1) dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung steht (vgl. auch insoweit das Schreiben vom 11.04.2014), erscheint unklar bzw. nicht hinreichend bestimmt. Sollte hier die Frage der Erwerbsfähigkeit angesprochen sein, so wären wohl zunächst Leistungen nach dem SGB II zu gewähren (vgl. auch § 44a Abs. 1 Satz 7 SGB II) und ggf. sodann im Verfahren nach § 44a SGB II zu klären, ob Erwerbsfähigkeit vorliegt. Daher wäre wohl kurzfristig über den Weiterbewilligungsantrag zu entscheiden, falls dies noch nicht geschehen sein sollte.
141Zudem mag die Antragstellerin zu 1) kurzfristig nach §§ 59 SGB II, 309 SGB III zu einem Termin eingeladen werden, wobei es sich zur Vermeidung einer Wiederholung der bisherigen Geschehnisse anbieten könnte, die Antragstellerin zu 1) in dem Einladungsschreiben gesondert (und zusätzlich zu dem dort bereits vorhandenen Textbaustein) darüber zu informieren, dass ihr auf Antrag die Fahrtkosten zur Wahrnehmung des Termins erstattet werden können und auch regelmäßig erstattet werden müssen (vgl. insoweit Bayerisches LSG, Urteil vom 27.03.2012 – L 11 AS 774/10 – juris).
142Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Die Kammer hat es nicht für billig gehalten, eine Kostenquote zu bilden. Sie hat dabei zwar berücksichtigt, dass die Antragsteller ihren Antrag teilweise zurückgenommen und mit ihrem verbleibenden Begehren nur teilweise obsiegt haben. Maßgebliches Gewicht für die Entscheidung hatte jedoch, dass der Antragsgegner durch eine "unübersichtliche" Vorgehensweise, durch die vorübergehend erfolgte vorläufige Zahlungseinstellung, durch die während des Verfahrens durch eine erneute Leistungsbewilligung korrigierte bzw. erledigte Aufhebungsentscheidung vom 06.01.2014 und schließlich durch die nicht nachvollziehbare erhebliche Verzögerung der Bearbeitung der im September 2013 eingereichten Unterlagen über die geänderten Verhältnisse insgesamt Veranlassung für das Verfahren gegeben hat.
(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag
- 1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, - 2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, - 3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird, - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird, - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird, - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird, - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird, - 6.
die erforderliche Hinzuziehung eines Beteiligten nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 können bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Sind mehrere Behörden örtlich zuständig, entscheidet die Behörde, die zuerst mit der Sache befasst worden ist, es sei denn, die gemeinsame Aufsichtsbehörde bestimmt, dass eine andere örtlich zuständige Behörde zu entscheiden hat. Diese Aufsichtsbehörde entscheidet ferner über die örtliche Zuständigkeit, wenn sich mehrere Behörden für zuständig oder für unzuständig halten oder wenn die Zuständigkeit aus anderen Gründen zweifelhaft ist. Fehlt eine gemeinsame Aufsichtsbehörde, treffen die Aufsichtsbehörden die Entscheidung gemeinsam.
(2) Ändern sich im Lauf des Verwaltungsverfahrens die die Zuständigkeit begründenden Umstände, kann die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Behörde zustimmt.
(3) Hat die örtliche Zuständigkeit gewechselt, muss die bisher zuständige Behörde die Leistungen noch solange erbringen, bis sie von der nunmehr zuständigen Behörde fortgesetzt werden. Diese hat der bisher zuständigen Behörde die nach dem Zuständigkeitswechsel noch erbrachten Leistungen auf Anforderung zu erstatten. § 102 Abs. 2 gilt entsprechend.
(4) Bei Gefahr im Verzug ist für unaufschiebbare Maßnahmen jede Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt. Die nach den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs örtlich zuständige Behörde ist unverzüglich zu unterrichten.
Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt,
- 1.
der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt, zurücknimmt, widerruft, entzieht, die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter bei der Eingliederung in Arbeit regelt, - 2.
mit dem zur Beantragung einer vorrangigen Leistung aufgefordert wird oder - 3.
mit dem nach § 59 in Verbindung mit § 309 des Dritten Buches zur persönlichen Meldung bei der Agentur für Arbeit aufgefordert wird.
(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis
- 1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen, - 2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern, - 3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn
- 1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen, - 2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen, - 3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder - 4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.
(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.
(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 67 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.
Tenor
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Vollziehbarkeit zweier Sanktionsbescheide der Antragsgegnerin nach §§ 31 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (nachfolgend: SGB II) und in diesem Zusammenhang um den Umfang der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. SGB II.
4Der am XX.XX.XXXX geborene Antragsteller zu 1) und seine Ehefrau, die am XX.XX.XXXX geborene Antragstellerin zu 2), sind pakistanische Staatsangehörige. Sie beziehen zusammen mit ihren beiden gemeinsamen Kindern seit mehreren Jahren Leistungen nach dem SGB II bei der Antragsgegnerin.
5Am 16.01.2014 schloss die Antragstellerin zu 2) mit der Antragsgegnerin eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II mit dem Ziel "Integration in den 1. Arbeitsmarkt" und der Bezeichnung "Selbstständigkeit" sowie der Angabe "Frist zur Erledigung der Aufgaben: 15.07.2014". In dieser Vereinbarung heißt es unter der Überschrift "Aufgaben des/der Kunden/in" u. a., dass die Antragstellerin zu 2) auf eigenen Wunsch selbstständig bleibe mit einem Imbiss, und dass sie dabei von ihrem Ehemann unterstützt werde. Sie werde "monatlich ab Januar 2014 alle Betriebseinnahmen und -ausgaben in geeigneter Form durch Einnahmen-Überschussrechnungen (EÜR) bzw. Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) immer fristgerecht bis zum 15. des Folgemonats zur Prüfung dem zuständigen Selbstständigenberater/-beraterin vorlegen, um zeitnah eine Tragfähigkeit des Unternehmens und eine Überschuldung prüfen zu lassen". Nach Ablauf eines halben Jahres werde spätestens ein erneutes Beratungsgespräch geführt, in welchem die Tragfähigkeit des Gewerbes besprochen wird. Die Antragstellerin zu 2) verpflichte sich, "im Rahmen der Geschäftstätigkeit ( ) geplante Investitionen (Betriebsausgaben) ab einer Höhe von 250 EUR sowie sämtliche geplanten betrieblichen Ausgaben mit Dauerwirkung (z. B. Mietverträge, Darlehensverträge) vor der tatsächlichen Ausgabe im Vorfeld anzuzeigen, damit die Notwendigkeit und Angemessenheit der Ausgabe geprüft werden kann". Ferner heißt es dort, die Antragstellerin zu 2) werde verpflichtet, "vor Realisierung der geplanten Investition ( ) drei Kostenangebote vorzulegen". Weiterhin werde sie verpflichtet, "die vertragliche Bindung von Arbeitnehmern unabhängig vom Beschäftigungsumfang unverzüglich anzuzeigen und mit dem Selbstständigenberater/-beraterin abzustimmen". Zudem heißt es dort: "Die Einstellung oder Beauftragung von Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern (Ehepartner, Lebensgefährte, Kinder) ist von Ihnen dem Berater/-in vorab bekanntzugeben und die Zustimmung einzuholen. Dies ist erforderlich, damit die Notwendigkeit geprüft werden kann." Außerdem enthält die Vereinbarung Vorgaben zur Erreichbarkeit der Antragstellerin zu 2) bzw. zur Abstimmung beruflich veranlasster Aufenthalte außerhalb des Zeit- und ortsnahen Bereichs. Unter der Überschrift "Aufgaben des/der Berater/in" heißt es im Wesentlichen, dass die Antragsgegnerin "als Ansprechpartner bei Fragen bezüglich der Selbstständigkeit zur Verfügung" stehe. Die Vereinbarung beinhaltet eine Rechtsfolgenbelehrung, nach der das Arbeitslosengeld II im Fall einer ohne den Nachweis eines wichtigen Grundes erfolgten Weigerung, die Pflichten aus der Vereinbarung zu erfüllen, für die Dauer von drei Monaten um 30 % der für die Antragstellerin zu 2) maßgebenden Regelleistung abgesenkt werde, maximal um 105,90 EUR.
6Mit einem an den Antragsteller zu 1) gerichteten Bescheid vom 13.03.2014 senkte die Antragsgegnerin sein Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 % seines maßgebenden Regelbedarfs ab, was nach aktueller Sachlage bedeute, dass sein Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von max. 105,90 EUR abgesenkt werde. Diese Regelung gelte für die Zeit vom 01.04.2014 bis 30.06.2014. Zur Begründung gab die Antragsgegnerin an, dass der Antragsteller zu 1) mit Schreiben vom 30.01.2014 aufgefordert worden sei, eine zumutbare Arbeit als Verpacker/Lagermitarbeiter aufzunehmen bzw. fortzuführen. Der Antragsteller zu 1) sei dieser Aufforderung trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachgekommen. Die vom Antragsteller zu 1) gegebene Begründung für sein Verhalten, dass er sich zum 01.01.2014 selbständig gemacht habe, sei nicht als wichtiger Grund anerkannt worden, da der Imbiss von der Antragstellerin zu 2) und nicht von ihm geführt werde und er nicht ihr Arbeitnehmer sei bzw. hieraus Einkommen erziele. Der Bescheid vom 13.03.2014 wurde dem Antragsteller zu 1) per Postzustellungsurkunde am 20.03.2014 zugestellt.
7Mit Bescheid vom 21.03.2014 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern und den Kindern Leistungen nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 01.04.2014 bis zum 30.09.2014. Die Bewilligung erfolgte nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III vorläufig, soweit zukünftige bzw. noch nicht nachgewiesener Einkünfte auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts angerechnet wurden. Als Einkommen wurden Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit der Antragstellerin zu 2) i. H. v. 610 EUR abzüglich eines Freibetrags von 202 EUR, mithin 408 EUR, angerechnet. Auf Seite 1 dieses Bescheides heißt es, dass "folgende Leistungen" bewilligt werden; im Anschluss hieran folgt eine tabellarische Aufstellung, der man entnehmen kann, dass dem Antragsteller zu 1) Arbeitslosengeld II i. H. v. 263,67 EUR bewilligt wird und der Antragstellerin zu 2) Arbeitslosengeld II i. H. v. 369,59 EUR. Im Berechnungsabschnitt 1 des Bescheides heißt es bei der Berechnung der Leistungen für den April 2014 in Bezug auf den Antragsteller zu 1), dass sein Anspruch i. H. v. 369,57 EUR aufgrund einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II – 1. Pflichtverletzung (30 % vom Regelbedarf) – vom 01.04.2014 bis zum 30.06.2014 um 105,90 EUR gemindert werde.
8Mit einem an die Antragstellerin zu 2) gerichteten Bescheid vom 03.04.2014 senkte die Antragsgegnerin – nach vorangegangener Anhörung (Schreiben vom 13.03.2014) – ihr Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 % ihres maßgebenden Regelbedarfs ab, was nach aktueller Sachlage bedeute, dass ihr Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von max. 105,90 EUR abgesenkt werde. Diese Regelung gelte für die Zeit vom 01.05.2014 bis 31.07.2014. Zur Begründung gab die Antragsgegnerin an, dass die Antragstellerin zu 2) – was zwischen den Beteiligten im vorliegenden Eilverfahren unstreitig ist – die in der Eingliederungsvereinbarung vom 16.01.2014 vereinbarte Verpflichtung, monatlich ab dem Monat Januar 2014 eine Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) bis zum 15. des Folgemonats abzugeben, trotz schriftlicher Rechtsfolgenbelehrung nicht erfüllt habe. Zwar sei die EÜR für den Monat Januar 2014 im Rahmen des Anhörungsverfahrens am 27.03.2014 nachgereicht worden. Jedoch könne darin kein wichtiger Grund gesehen werden, da die EÜR für den Folgemonat Februar 2014 erneut nicht abgegeben worden sei. Der Bescheid vom 03.04.2014 wurde der Antragstellerin zu 2) per Postzustellungsurkunde am 08.04.2014 zugestellt.
9Mit Änderungsbescheid vom 17.04.2014 hob die Antragsgegnerin den Bescheid vom 21.03.2014 "in dem dargestellten Umfang mit Wirkung ab 01.05.2014" nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) wegen des Eintritts einer wesentlichen Änderung gegenüber den Verhältnissen, die beim Erlass jenes Bescheides vorgelegen hatten, auf, und setzte die Leistungen, wiederum nach § 328 SGB III vorläufig, für den Zeitraum ab dem 01.05.2014 neu fest. Die Bewilligungsentscheidung blieb im Hinblick auf den Antragsteller zu 1) gleich. Für die Antragstellerin zu 2) wurde nunmehr Arbeitslosengeld II nur noch i. H. v. 263,69 EUR bewilligt. In Berechnungsabschnitt 1 des Bescheides heißt es hinsichtlich der Berechnung des Anspruchs der Antragstellerin zu 2) für den Mai 2014, dass ihr Anspruch wegen einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB II – 1. Pflichtverletzung (30 % vom Regelbedarf) – vom 01.05.2014 bis zum 31.07.2014 um 105,90 EUR gemindert werde.
10Mit Schreiben vom 03.05.2014 erhob der Antragsteller zu 1) gegen den Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 Widerspruch. Dieser Widerspruch wurde während des vorliegenden Eilverfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2014 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass der Bescheid am 20.03.2014 zugestellt worden sei und dementsprechend der Widerspruch nicht innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist, die am 20.04.2014 abgelaufen sei, erhoben worden sei. Dem in dem Widerspruchsschreiben enthaltenen Wiedereinsetzungsantrag sei nicht stattzugeben gewesen. Der Vortrag, der Bescheid sei erst am 02.05.2014 "aufgefunden worden", rechtfertige keine Wiedereinsetzung. Die Antragsgegnerin legte den verspäteten Widerspruch zu Gunsten des Antragstellers zu 1) auch als Antrag auf Überprüfung des Sanktionsbescheides nach § 44 SGB X aus und wies diesen Überprüfungsantrag ebenfalls mit Bescheid vom 18.06.2014 zurück, da keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des Leistungsbescheides erkennbar seien.
11Mit dem Schreiben vom 03.05.2014 erhob zudem die Antragstellerin zu 2) Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom 03.04.2014. Mit Schreiben vom 18.05.2014 erklärten die Antragsteller den "Widerruf von Anfang an" bzgl. der Eingliederungsvereinbarung zwischen der Antragstellerin zu 2) und der Antragsgegnerin. Sie machten geltend, die Vereinbarung sei sittenwidrig und unzulässig. Es sei keine Leistung der Antragsgegnerin enthalten. Der Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom 03.04.2014 wurde während des vorliegenden Eilverfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2014 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin an, dass ein wichtiger Grund weiterhin nicht benannt worden sei. Die Erklärung, die Eingliederungsvereinbarung widerrufen zu wollen, stelle keinen wichtigen Grund dar.
12Mit dem Schreiben vom 03.05.2014 erhoben die Antragsteller zu 1) und 2) schließlich auch Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 21.03.2014. Sie wandten sich hiermit gegen die darin vorgesehene abgesenkte Gewährung von Arbeitslosengeld II für den Antragsteller zu 1). Dieser Widerspruch wurde während des vorliegenden Eilverfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2014 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin an, dass der Bescheid hinsichtlich der Sanktion nur der Umsetzung des Sanktionsbescheides vom 13.03.2014 diene. Gegen diesen Umsetzungsakt sei ein Widerspruch nicht zulässig, da es sich hierbei nicht um eine Regelung nach § 31 SGB X (Verwaltungsakt) handele. Eine Regelung sei insoweit lediglich in dem Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 getroffen worden.
13Am 20.05.2014 haben die Antragsteller Klage erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Das Klageverfahren wird unter dem Aktenzeichen S 32 AS 2022/14 geführt. Die Kammer hat in jenem Verfahren zunächst darauf hingewiesen, dass die Klage mangels abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens unzulässig sei, soweit sie sich gegen die Sanktionen richtete. Nachdem die Antragsteller bzw. die dortigen Kläger mit Schreiben vom 30.06.2014 auf fünf zwischenzeitlich zugestellte Widerspruchsbescheide Bezug genommen hatten, hat die Kammer mitgeteilt, dass sie davon ausgehe, dass sich die Klage S 32 AS 2022/14 nunmehr (jedenfalls auch) gegen die Sanktionsbescheide vom 13.03.2014 und vom 03.04.2014 in der Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 18.06.2014 und gegen den Bewilligungsbescheid vom 21.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2014 richtet.
14Die Antragsteller tragen vor, dass die gegenüber den Antragstellern jeweils vorgenommenen Kürzungen um 30 % unberechtigt seien. Die Eingliederungsvereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Antragstellerin zu 2) sei widerrufen worden und die darin geregelten Verpflichtungen der Antragstellerin zu 2) seien sittenwidrig und ihnen stehen keine ausreichenden Leistungen der Antragsgegnerin gegenüber. Zudem fordere die Antragsgegnerin, dass die monatlichen Überschussrechnungen der Einnahmen und Ausgaben durch einen Steuerberater o. ä. eingereicht werden. Der Steuerberater der Antragsteller habe sich "längere Zeit im Krankenhaus" befunden habe, was "der Stadt Hamm vorsorglich mitgeteilt" worden sei, und dass er die "Einnahme-Überschussrechnungen für FEB und MRZ 2014 jedoch längst eingereicht" habe. Die Sanktion gegenüber dem Antragsteller zu 1) sei deshalb unberechtigt, weil der Antragstellerin zu 2) in der Eingliederungsvereinbarung auferlegt worden sei, dass der Antragsteller zu 1) ihr helfen solle; die Antragsgegnerin könne dann nicht gleichzeitig vom Antragsteller zu 1) fordern, eine anderweitige Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Von den gekürzten Leistungen können die Antragsteller nicht leben. Sie können im Übrigen auch ihre Selbstständigkeit nicht fortführen. Das Gewerbe (Imbiss) sei mit Schreiben vom 19.05.2014 abgemeldet worden.
15Die Antragsteller beantragen (sinngemäß),
16die aufschiebende Wirkung der Klage S 32 AS 2022/14 gegen den an den Antragsteller zu 1) gerichteten Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014 anzuordnen und die Vollziehung dieses Bescheides aufzuheben, indem die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet wird, dem Antragsteller zu 1) Leistungen nach dem SGB II ohne Berücksichtigung dieser Sanktion zu gewähren;
17die aufschiebende Wirkung der Klage S 32 AS 2022/14 gegen den an die Antragstellerin zu 2) gerichteten Sanktionsbescheid vom 03.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014 in Verbindung mit der Aufhebungsverfügung in dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 anzuordnen und die Vollziehung dieser Bescheide aufzuheben, indem die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet wird, der Antragstellerin zu 2) Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe des Bewilligungsbescheides vom 21.03.2014 zu gewähren.
18Die Antragsgegnerin beantragt,
19den Antrag abzulehnen.
20Sie trägt vor, dass der den Antragsteller zu 1) betreffende Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 bestandskräftig geworden und der erst am 03.05.2014 eingelegte Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2014 wegen Verfristung zurückgewiesen worden sei. Auch der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X, als der der Widerspruch zu Gunsten des Antragstellers zu 1) ausgelegt worden sei, sei mit Bescheid vom 18.06.2014 abgelehnt worden. Eine Eilbedürftigkeit sei nicht zu erkennen, wenn der Antragsteller zu 1) einen Sanktionsbescheid zunächst bestandskräftig werden lässt. Die Eingliederungsvereinbarung sei ein öffentlich-rechtlicher Vertrag und könne nicht von der Antragstellerin zu 2) einseitig widerrufen werden. Die darin von der Antragstellerin zu 2) eingegangene Verpflichtung, monatlich Einnahme-Überschussrechnungen abzugeben, sei für Januar lediglich zu spät, im Rahmen des Anhörungsverfahrens, erfüllt worden; weitere Rechnungen seien nicht eingereicht worden. Der Leistungsbescheid vom 21.03.2014 habe die Sanktion vom 13.03.2014 gegenüber dem Antragsteller zu 1) berücksichtigt. Die Sanktion gegenüber der Antragstellerin zu 2) sei mit dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 umgesetzt worden. Die Umsetzungen Leistungsbescheide enthalten bezüglich der Sanktionen keine eigenständigen Regelungen. Soweit die Antragsteller geltend machen, ihr Gewerbe abgemeldet zu haben und über geringeres Einkommen zu verfügen, seien sie – bislang vergeblich –aufgefordert worden, entsprechende Belege einzureichen.
21Die Antragsteller haben im laufenden Verfahren mehrfach um Fristverlängerung gebeten. Nachdem sich eine Rechtsanwältin als Bevollmächtigte bestellt hatte, erhielt sie Akteneinsicht. Trotz Fristsetzung und Erinnerung ist im Anschluss hieran bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung keine weitere Stellungnahme erfolgt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (Leistungsakten und Integrationsakten) Bezug genommen. Diese lagen vor und waren Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung.
23II.
24Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
25Der Antrag ist auslegungsbedürftig, denn die schriftsätzlich gestellten Anträge sind ihrem Wortlaut nach nicht hinreichend bestimmt i. S. v. § 92 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Gericht hat in einem solchen Fall den Inhalt des Antrags nach Maßgabe von § 123 SGG und dem Rechtsgedanken von § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und nach dem erkennbaren Gegenstand des Klage- bzw. Eilrechtsschutzbegehrens (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGG) durch Auslegung zu ermitteln (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 123 Rn. 3 und Vorbemerkung vor § 60 Rn. 11a; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 92 Rn. 12).
26Da das Begehren der Antragsteller sich erkennbar gegen zwei Sanktionen nach §§ 31, 31a, 31b SGB II und die hierauf zurückzuführende um 30 % des Regelbedarfes verminderte Gewährung von Leistungen nach §§ 19 ff. SGB II im Zeitraum zwischen dem 01.04.2014 und dem 30.06.2014 (Sanktion gegen den Antragsteller zu 1)) bzw. zwischen dem 01.05.2014 und dem 31.07.2014 (Sanktion gegen die Antragstellerin zu 2)) richtet, hat das Gericht den Antrag entsprechend § 133 BGB dahingehend ausgelegt, dass er gegen die Umsetzung bzw. Vollziehung der entsprechenden Sanktionsbescheide bzw. aller der Durchführung der Sanktionen dienenden Bescheide gerichtet ist.
27Der unter Ziff. I genannte Antrag gibt das genaue Ergebnis der Auslegung wieder.
28Als Sanktionsbescheide in diesem Sinne und damit als "Angriffsziele" für einen Eilantrag existieren hier die zwei Sanktionsfeststellungsbescheide nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II vom 13.03.2014 und 03.04.2014. Da es damit, wie es wohl in der Verwaltungspraxis auch regelmäßig der Fall ist, in Bezug auf beide Sanktionen Bescheide nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II, die "die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellen", gibt, kann dahin stehen, ob es nach der seit dem 01.04.2011 geltenden Rechtslage immer eines feststellenden Verwaltungsaktes bedarf (zweifelnd Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 18), oder ob im Einzelfall weiterhin ein Aufhebungsverwaltungsakt nach § 48 SGB X ausreicht, wie es der 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) zu der bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage jedenfalls für die Fälle angenommen hat, in denen die Sanktion einen Zeitraum betrifft, für den bereits ungekürzte Leistungen bewilligt worden waren (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R – juris (Rn. 13); BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 20/09 R – juris (Rn. 12); BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R – juris (Rn. 13-15); offen gelassen vom 14. Senat des BSG im Urteil vom 18.02.2010 – B 14 AS 53/08 R – juris (Rn. 16)).
29Angesichts dessen und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles handelt es sich nach Meinung der Kammer vorliegend entgegen dem "Betreff" der Antragsschrift weder um einen ausschließlichen, noch um einen zusätzlich oder hilfsweise gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG, sondern allein um einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, verbunden mit einem Antrag auf Aufhebung der Vollziehung nach § 86 Abs. 1 Satz 2 SGG. Im Einzelnen ergibt sich das aus folgenden Erwägungen:
30Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Widersprüche und Klagen gegen Sanktionsfeststellungsbescheide nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGB II ("Verwaltungsakt, der die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt") keine aufschiebende Wirkung. Das gleiche gilt für Widersprüche und Klagen gegen Aufhebungsverwaltungsakte gem. § 48 SGB X, vgl. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 Alt. 1 SGB II ("Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt"); dies gilt für Aufhebungen im Allgemeinen und gerade auch dann, wenn sie – wie die hier in dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 enthaltene Aufhebungsverfügung (dazu sogleich) – der Umsetzung eines Sanktionstatbestandes dienen (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 18).
31Eine einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG kommt demgegenüber nur in Betracht, soweit kein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG: "Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt "). Soweit ein Antragsteller sein im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verfolgtes Ziel vollständig mit einem Antrag nach § 86b Abs. 1 SGG erreichen kann, ist der Antrag auf Erlass einer einstweilen Anordnung ausgeschlossen (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 28 m. w. N.). Dies ist dann der Fall, wenn das Rechtsschutzbegehren auf die einstweilige Wiederherstellung des Zustands vor Erlass des Verwaltungsaktes beschränkt ist.
32Für die – ggf. zusätzliche – Anwendung der Eilrechtsschutzform des § 86b Abs. 2 SGG ist daher grundsätzlich nur dann Raum, wenn in der Hauptsache keine isolierte Anfechtungsklage zu erheben ist, sondern eine Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 SGG), eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Abs. 4 SGG), eine isolierte Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) oder eine Feststellungsklage nach § 55 SGG (vgl. Aubel a. a. O.).
33Daher wird auch teilweise vertreten, dass für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG – ggf. als Hilfsantrag zu einem Hauptantrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG – dann Raum ist, wenn in der Hauptsache grundsätzlich ein isolierter Anfechtungsrechtsbehelf zu erheben gewesen wäre, dieser im konkreten Fall, etwa wegen Versäumung der Rechtsbehelfsfrist und wegen Fehlens oder Aussichtslosigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages (§ 67 SGG), offensichtlich unzulässig ist (zu dieser Konstellation später näher), der angefochtene Bescheid damit bestandskräftig und nach § 77 SGG verbindlich geworden ist, aber ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt worden ist.
34Ein Antrag nach § 44 SGB X ändert die Bestandskraft des Ursprungsbescheids so lange nicht, wie ihm nicht ganz oder teilweise entsprochen worden ist (vgl. Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.07.2011 – L 5 AS 226/11 B ER – juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.03.2011 – L 13 AS 82/11 B ER – juris (Rn. 8); LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.01.2011 – L 14 AL 373/10 B ER – juris (Rn. 3); Bayerisches LSG, Beschluss vom 23.09.2010 – L 7 AS 651/10 B ER – juris (Rn. 19)). Einer Klage bzgl. einer Überprüfungsentscheidung kommt daher keine aufschiebende Wirkung gegen die zu überprüfenden Entscheidungen zu; die aufschiebende Wirkung kann in der Folge nicht gem. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG hergestellt werden (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 18.02.2010 – L 5 R 43/10 B ER – juris (Rn. 11)).
35Zudem ist bei Überprüfungsanträgen nach § 44 SGB X in der Hauptsache nicht ein isolierter Anfechtungswiderspruch bzw. eine isolierte Anfechtungsklage der statthafte Rechtsbehelf, sondern im Falle der Nichtbescheidung des Überprüfungsantrages eine Untätigkeitsklage und im Falle eines den Antrag ablehnenden Bescheides eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungsklage und wenn höhere Leistungen gewährt werden sollen eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage: Das Gericht hat auf die Anfechtungsklage nur über die Ablehnung (d. h. negative Feststellung) des geltend gemachten Anspruchs auf Rücknahme des / der nach § 44 SGB X zur Überprüfung gestellten Verwaltungsakte(s) zu entscheiden. Auf die damit verbundene Verpflichtungsklage wird die Verpflichtung des Beklagten zur Rücknahme dieses / dieser Verwaltungsakte(s) ausgeurteilt. Und auf eine weitere Verpflichtungsklage wird die Pflicht zur Neufeststellung ausgeurteilt, sofern nicht diese zweite Verpflichtungsklage entsprechend § 54 Abs. 4 SGG durch eine allgemeine Leistungsklage konsumiert wird (vgl. den Beschluss der Kammer vom 16.05.2014 – S 32 AS 484/14 ER – juris (Rn. 55); BSG, Urteil vom 13.02.2014 – B 4 AS 22/13 R – juris (Rn. 11) m. w. N.; BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 17/13 R – juris (Rn. 12) m. w. N.; BSG, Urteil vom 24.07.2003 – B 4 RA 62/02 R – juris; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 54 Rn. 20c m. w. N.; Baumeister in: juris-PK SGB X, § 44 Rn. 154; a. A. BSG, Urteil vom 05.09.2006 – B 2 U 24/05 R – juris (Rn. 9); Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Auflage 2011, Kapitel IV Rn. 76). Auch wegen dieser in der Hauptsache statthaften Klagekombination ist ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei Überprüfungsanträgen nicht statthaft.
36In Fällen, in denen eine (ggf. teilweise) ablehnende Entscheidung zu einem Leistungsantrag bestandskräftig geworden ist, wird vor diesem Hintergrund teilweise der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG dahingehend, dass vorläufig Leistungen zu gewähren sind, für statthaft gehalten, wenn ein Antrag auf Überprüfung gestellt worden ist, der Antragsteller also einen Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 44 SGB X geltend macht (vgl. den Beschluss der Kammer vom 16.05.2014 – S 32 AS 484/14 ER – juris (Rn. 55 und 120); Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 29c m. w. N.). Das Bayerische LSG hält diese Grundsätze auf Eingriffsbescheide, jdf. auf Aufrechnungsverwaltungsakte, für übertragbar (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 26.03.2014 – L 7 AS 220/14 B ER – juris; vgl. auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 29.04.2014 – L 7 AS 260/14 B ER – juris (Rn. 47 ff.)).
37Erforderlich ist auch nach dieser Auffassung aber, dass der Behörde insoweit vor Eilantragstellung eine ausreichende Bearbeitungsfrist eingeräumt worden ist (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 25.05.2011 – L 7 AS 206/11 B ER – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 23.09.2010 – L 7 AS 651/10 B ER – a. a. O.). An Darlegung und Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes sind dann besonders strenge Anforderungen zu stellen; denn das Unterlassen eines rechtzeitigen Rechtsbehelfs trotz Rechtsbehelfsbelehrung spricht gegen eine Eilbedürftigkeit. Soll ein bestandskräftig gewordener Bescheid in einem Verfahren nach § 44 SGB X zurückgenommen werden, ist es dem Antragsteller im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und gegebenenfalls in einem anschließendem Hauptsacheverfahren abzuwarten (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 25.05.2011 a. a. O. m. w. N.); zur Annahme der Unzumutbarkeit eines solchen Abwartens ist es erforderlich, dass massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse dargelegt und glaubhaft gemacht werden (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 27.05.2013 – L 19 AS 638/13 B ER – juris).
38Der zu einem Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG für den Fall einer bereits erfolgten Vollziehung regelmäßig hinzutretende "Annexantrag" auf Aufhebung der Vollziehung nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG erfasst dabei als unselbstständiger Folgenbeseitigungsanspruch die Rückgängigmachung bereits erfolgter Vollziehungshandlungen, wobei umstritten ist, ob diese Vorschrift die Gerichte nach dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, die Beseitigung rechtswidrig eingetretener Vollzugsfolgen anzuordnen, ob also ein "Automatismus" besteht, oder ob ein Ermessen besteht und eine gesonderte Interessenabwägung durchgeführt werden muss, bei der das öffentliche Interesse an dem Fortbestand des Vollzuges gegen das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung der Vollziehung abzuwägen und auch insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers nach § 39 SGB II, die aufschiebende Wirkung einer Klage auszuschließen, ausreichend zu beachten ist, und bei der der Rechtsschutzanspruch des Bürgers umso stärker ins Gewicht fällt, je schwerer die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme Unabänderliches bewirkt (vgl. hierzu den Beschluss der Kammer vom 16.05.2014 – S 32 AS 484/14 ER – juris (Rn. 113 f.)).
39Vor dem Hintergrund dieses Systems des sozialgerichtlichen Eilrechtsschutzes ist nach Meinung der Kammer bei Sanktionen nach §§ 31 ff. SGB II grundsätzlich die isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG der statthafte und zur Verwirklichung des Rechtsschutzzieles ausreichende Hauptsacherechtsbehelf (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 – L 3 AS 88/12 B ER – juris (Rn. 22)).
40Statthafte und ausreichende Eilrechtsschutzart ist damit grundsätzlich der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Sächsisches LSG a. a. O.; LSG Nordrhein-Westfalen (NRW), Beschluss vom 21.12.2012 – L 19 AS 2332/12 B ER – juris (Rn. 19)), verbunden mit dem Annexantrag auf Aufhebung der Vollziehung nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 30.04.2013 – L 7 AS 521/13 B ER – juris (Rn. 2)).
41Auch bei den im vorliegenden Fall zu beurteilenden Sanktionen ist dies der Fall:
42Die isolierte Anfechtungsklage ist nach Meinung der Kammer die in der Hauptsache statthafte Klageart. Dies gilt sowohl für die Konstellation, in der für den Sanktionszeitraum bereits Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind und der/die entsprechende(n) Bewilligungsbescheid(e) durch einen entsprechenden zusätzlichen Verfügungssatz, der entweder in dem Sanktionsfeststellungsbescheid oder in einem die Sanktion "umsetzenden" Änderungsbescheid enthalten sein kann, im Umfang der Minderung nach § 48 SGB X aufgehoben wird, wie es vorliegend bei der Sanktion gegen die Antragstellerin zu 2) der Fall ist (dazu sogleich näher), als auch für die Konstellation, in der schon die erste den Sanktionszeitraum erfassende Bewilligungsentscheidung Leistungen nach dem SGB II nur in der sich aus der Sanktion ergebenden Höhe festsetzt, wie es hier bei der Sanktion gegen den Antragsteller zu 1) der Fall ist (dazu später näher).
43Nach Auffassung der Kammer bildet in der ersten Konstellation der Sanktionsfeststellungsbescheid nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II mit der Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X eine rechtliche Einheit (Regelungseinheit), und zwar auch dann, wenn der Aufhebungsverfügungssatz nicht in dem Sanktionsfeststellungsbescheid sondern in einem nachfolgenden Änderungsbescheid enthalten ist.
44Die Antragsgegnerin hat hier die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung zugunsten der Antragstellerin zu 2) in dem Bescheid vom 21.03.2014, mit der ungekürzte Leistungen nach dem SGB II u. a. im Sanktionszeitraum bewilligt worden waren, durch einen Verfügungssatz in dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 im Umfang der mit dem Bescheid vom 03.04.2014 gegenüber der Antragstellerin zu 2) ausgesprochenen Sanktion – wie es aus Sicht der Kammer geboten ist (dazu später näher) – teilweise nach § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben.
45In einem solchen Fall ist nach Auffassung der Kammer nicht nur das Sanktionsereignis bzw. der Sanktionsbescheid Streitgegenstand eines Rechtsbehelfsverfahrens, sondern die Regelungseinheit aus dem Sanktionsbescheid und der Aufhebungsverfügung, und in diesem Rahmen der Leistungsanspruch des von der Sanktion betroffenen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Sanktionszeitraum dem Grunde und der Höhe nach (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (insbes. Rn. 12, 13 ff. und 26) zur bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage; vgl. ferner BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – juris (Rn. 9); BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 4 AS 60/07 R – juris (Rn. 12 ff.)).
46Daher ist für den Fall, dass sich die Sanktion als rechtmäßig herausstellt, zu prüfen, ob das Rechtsschutzziel – die Gewährung ungeminderter Leistungen – auf andere Weise ganz oder teilweise erreicht werden kann, ob also aus einem anderen Grund ein höherer Anspruch besteht und die Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X daher ganz oder teilweise (der Höhe nach) rechtswidrig und aufzuheben ist (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 a. a. O. – juris (Rn. 12, 26)). Da es sich bei isolierter Betrachtung sowohl bei einer Sanktion als auch bei einer Aufhebung nach § 48 SGB X um belastende Verwaltungsakte handelt, die im Wege der isolierten Anfechtung angreifbar sind bzw. wären, muss das gleiche dann auch für eine solche Regelungseinheit gelten. Daher ist auch – soweit ersichtlich – allgemein anerkannt, dass Anfechtungswiderspruch und Anfechtungsklage die statthaften Hauptsacherechtsbehelfe gegen kombinierte Sanktionsfeststellungs- und Aufhebungsbescheide sind (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 14 f.); BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 20/09 R – juris (Rn. 12); BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R – juris (Rn. 12)). Nichts anderes kann gelten, wenn – wie hier – die Aufhebungsverfügung nicht im Sanktionsfeststellungsbescheid sondern in einem Änderungsbescheid enthalten ist.
47In Bezug auf die mit dem Bescheid vom 03.04.2014 gegenüber der Antragstellerin zu 2) ausgesprochene Sanktion richtet sich der ausdrücklich gegen den Sanktionsbescheid gerichtete Hauptsacherechtsbehelf, die Klage S 32 AS 2022/14, nach Meinung der Kammer bei dieser Sachlage "automatisch" auch gegen die Aufhebungsverfügung. Damit korrespondierend ist auch der vorliegende Eilantrag nicht nur auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen die Sanktionsverfügung und auf Aufhebung ihrer Vollziehung, sondern auch gegen die Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X und auf Aufhebung ihrer Vollziehung gerichtet. Ist die Aufhebungsverfügung im Sanktionsbescheid enthalten, versteht sich das von selbst; ist sie – wie hier – in einem Änderungsbescheid enthalten, kann wegen der Regelungseinheit nichts anderes gelten.
48Sollte der Hauptsacherechtsbehelf Erfolg haben, so wären die mit dem vorangegangenen Bewilligungsbescheid bewilligten und dadurch bereits titulierten Leistungen endgültig auszuzahlen, ohne dass es einer entsprechenden gerichtlichen Verpflichtung der Antragsgegnerin bedarf (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 29). Und wenn die Sanktion und die Aufhebungsverfügung außer Vollzug sind, "lebt" der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vorläufig "wieder auf" und die Leistungen sind vorläufig so zu gewähren, wie sie in diesem festgesetzt worden waren.
49Da der Sanktionszeitraum aber bereits abgelaufen ist und die Sanktion nebst Aufhebungsverfügung bereits vollzogen worden sind, ist der Antrag nicht nur auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Hauptsacherechtsbehelfs gerichtet, sondern auch auf Aufhebung der Vollziehung gem. § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG, wobei diese zu einer Auszahlung aller aufhebungsbedingt nicht ausgezahlten Leistungen ab Eingreifen der aufschiebenden Wirkung ("Suspensiveffekt") führen soll, also rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsaktes (vgl. z. B. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 10 und Rn. 19).
50Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass nach Meinung der Kammer dann, wenn man nicht von einer Regelungseinheit ausginge, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegenüber dem Sanktionsbescheid in Verbindung mit der Aufhebung der Vollziehung dieses Bescheides zu dem gleichen Ergebnis, dem vorläufigen Wiederaufleben des ursprünglichen Bewilligungsbescheides, führen muss. Denn in dem Erlass und in der Vollziehung eines Aufhebungsverwaltungsaktes nach § 48 SGB X würde bei dieser Betrachtungsweise eine Vollziehung der feststellenden Regelung in dem Sanktionsbescheid liegen. Die Aufhebung der Vollziehung des Sanktionsbescheides muss dazu führen, dass schon dieser "erste Schritt" der Vollziehung unterbleibt, und damit dazu, dass die Antragsgegnerin Leistungen nach dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid und nicht nach dem Änderungsbescheid auszahlen muss.
51Eine einstweilige Anordnung ist in dieser Konstellation anstelle oder neben dieser/-n Anordnung(en) und der Aufhebung der Vollziehung – wie bereits weiter oben allgemein dargelegt worden ist – regelmäßig nicht statthaft (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 – L 3 AS 88/12 B ER – juris (Rn. 22); LSG NRW, Beschluss vom 21.12.2012 – L 19 AS 2332/12 B ER – juris (Rn. 27 ff.); vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 28 f.) bzw. für sie besteht kein Bedürfnis, wenn der Eilantragsteller "nur" die Leistungen ausgezahlt erhalten möchte, die ihm mit dem vorangegangenen Bewilligungsbescheid bewilligt worden waren. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist neben der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zur Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes nur dann erforderlich, wenn die konkret begehrte Leistung von der Verwaltung nicht oder nicht im beantragten Umfang bewilligt worden ist (vgl. den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (insbes. Rn. 61, 64); Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 a. a. O. (Rn. 22); vgl. auch Aubel a. a. O. Rn. 28), wenn also Leistungen beansprucht werden, die höher sind, als sie in dem ungeminderte Leistungen vorsehenden Bewilligungsbescheid vorgesehen sind. Der Anordnungsanspruch würde dann (auch) darauf beruhen, dass die Sanktion aufgrund der Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht vollziehbar ist (vgl. insoweit Sächsisches LSG a. a. O. (Rn. 22 und 46)). Hier gibt es jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Antragstellerin zu 2) höhere als die mit dem Bescheid vom 21.03.2014 bewilligten Leistungen beanspruchen will.
52Eine zusätzliche einstweilige Anordnung könnte man darüber hinaus in Betracht ziehen, soweit die Auszahlung zusätzlicher Leistungen beansprucht wird, die erst mit dem Änderungsbescheid bewilligt worden sind, in dem auch die Aufhebungsverfügung enthalten ist, wenn dieser Änderungsbescheid also nicht nur die Sanktion sondern auch Änderungen zugunsten des Antragstellers umsetzt, und wenn der Antragsteller nicht nur den Sanktionsvollzug verhindern und Leistungen nach Maßgabe des vorangegangenen Bewilligungsbescheides erhalten möchte, sondern auch von den in dem Änderungsbescheid enthaltenen positiven Änderungen profitieren möchte. Denn auch dann begehrt er, dass über die "wiederauflebende" ursprüngliche Bewilligung hinausgehende Leistungen gewährt werden. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in dieser Konstellation nur ausreichend, um das Rechtsschutzziel zu erreichen, wenn man davon ausgeht, dass sich die Aufhebungsverfügung und die begünstigenden Regelungen im Änderungsbescheid so voneinander trennen lassen, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht auch die begünstigenden Regelungen suspendiert. Das kann aber dahinstehen, denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
53Offen bleiben kann hier auch, ob im Einzelfall bei einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 SGB II (Weigerung, in dem eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II festgelegte Pflichten zu erfüllen) ein gegen den Sanktionsfeststellungsbescheid gerichteter Hauptsacherechtsbehelf so auszulegen ist, dass er sich auch gegen den Eingliederungsverwaltungsakt richtet, und ob damit korrespondierend ein Eilantrag nicht nur als Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGG in Bezug auf die Sanktionsfeststellung und ggf. auf die dazugehörige Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X (s. o.) sondern auch auf den Eingliederungsverwaltungsakt auszulegen ist (vgl. Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31 Rn. 53).
54Für eine solche Auslegung kann Veranlassung bestehen, wenn der Eingliederungsverwaltungsakt noch nicht bestandskräftig geworden ist, da so ggf. Rechtsschutzlücken, die wegen des Anspruches auf effektiven Rechtsschutz nach Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) problematisch wären, verhindert werden können (vgl. insoweit auch Sächsisches LSG, Beschluss vom 12.11.2012 – L 3 AS 618/12 B ER – juris (Rn. 17)). Denn es werden verschiedene Ansichten zur Zulässigkeit von Eilrechtsschutz in Bezug auf Sanktionen und Eingliederungsverwaltungsakte vertreten, die zu vollkommen unterschiedlichen Ergebnissen führen können:
55Teilweise wird vertreten, dass ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen Eingliederungsverwaltungsakte regelmäßig als nicht eilbedürftige Maßnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gegen Sanktionen zu bewerten sei und daher nur ausnahmsweise Erfolg haben könne (vgl. SG Dortmund, Beschluss vom 03.09.2014 – S 35 AS 2893/14 ER – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 20.12.2012 – L 7 AS 862/12 B ER – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 24.06.2014 – L 7 AS 446/14 B ER – juris; a. A. offenbar Hessisches LSG, Beschluss vom 16.01.2014 – L 9 AS 846/13 B ER – juris: vollständige Rechtmäßigkeitskontrolle des Eingliederungsverwaltungsakts im Eilverfahren). Teilweise wird aber auch vertreten, dass bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Sanktion keine inzidente Rechtmäßigkeitskontrolle des Eingliederungsverwaltungsakts sondern nur eine Kontrolle auf Wirksamkeit und Vollziehbarkeit stattfinde (vgl. SG Berlin, Urteil vom 09.07.2014 – S 205 AS 30970/13 – juris (Rn. 26 ff.) m. w. N.: nur Wirksam- und Vollziehbarkeitskontrolle, ohne Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist auch ein rechtswidriger Eingliederungsverwaltungsakt zunächst zu befolgen; anders LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11 – juris (Rn. 26): Rechtmäßigkeitskontrolle auch bei Bestandskraft durch Annahme eines ggf. konkludent gestellten Überprüfungsantrags gem. § 40 SGB II i. V. m. § 44 SGB X; insoweit zweifelnd: Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER – juris (Rn. 15)). Zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken könnte es sich als vermittelnder Ansatz anbieten, gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt Rechtsschutz in der Hauptsache unbeschränkt zu gewähren, isolierten Eilrechtsschutz nur dann, wenn der Eingliederungsverwaltungsakt dem Adressaten Pflichten mit einer überdurchschnittlichen Belastungswirkung auferlegt, und unbeschränkten Eilrechtsschutz mit vollständiger Rechtmäßigkeitskontrolle in Bezug auf alle im Eingliederungsverwaltungsakt festgelegten Pflichten nur bei einem Eilantrag gegen eine Sanktion (durch die vorstehend beschriebene erweiternde Auslegung dieses Eilantrages), soweit der Eingliederungsverwaltungsakt noch keine Bestandskraft erlangt hat; bei Bestandskraft des Eingliederungsverwaltungsaktes würde hingegen grundsätzlich nur eine inzidente Wirksamkeitskontrolle stattfinden.
56Diese Fragen können und müssen hier aber offen bleiben, denn vorliegend geht es nicht um einen Eingliederungsverwaltungsakt, sondern um eine Eingliederungsvereinbarung. Eine solche Vereinbarung kann keine Bestandskraft erlangen und unterliegt nach Auffassung der Kammer ohnehin nur einer Wirksamkeitskontrolle nach Maßgabe von § 15 SGB II und §§ 53 ff. SGB X, und zwar unabhängig davon, ob sie unmittelbar oder inzident überprüft wird (dazu später näher). Eine entsprechende Auslegung des Eilantrages ist daher hier jedenfalls nicht angezeigt.
57Nach Auffassung der Kammer existiert auch in der zweiten Konstellation – die hier bei der Sanktion gegen den Antragsteller zu 1) vorliegt – eine Regelungseinheit, und zwar bestehend aus dem Sanktionsfeststellungsbescheid und dem die Sanktion "umsetzenden" Bewilligungsbescheid.
58In Bezug auf die Sanktion gegen den Antragsteller zu 1) ist es so, dass für den Sanktionszeitraum noch keine Bewilligungsentscheidung existierte, die im Umfang der sanktionsbedingten Anspruchsminderung hätte teilweise aufgehoben werden müssen. Vielmehr berücksichtigte der Bewilligungsbescheid vom 21.03.2014 die Sanktion vom 13.03.2014 von vornherein.
59Es handelt sich in dieser Konstellation um eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheids zur Höhe des Arbeitslosengeldes II in dem von der Absenkung betroffenen Zeitraum (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – juris (Rn. 9); so offenbar auch BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 13, 16 und 26); vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11 – juris (Rn. 18)). Eines gesonderten Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Bewilligungsbescheid bedarf es nicht; ausreichend ist ein Rechtsbehelf gegen die Sanktion (vgl. S. Knickrehm/Hahn in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 31b Rn. 8 m. w. N.).
60Nach der bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage konnte nach der jüngeren Rechtsprechung des BSG ein Sanktionsereignis bzw. ein Sanktionsbescheid gemäß § 31 SGB II keinen abtrennbaren Streitgegenstand darstellen, der isoliert von den übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II überprüft werden kann (vgl. bereits die obigen Ausführungen und BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 12 und 13) m. w. N.). Deswegen und wegen der beschriebenen Regelungseinheit aus Sanktionsfeststellungsbescheid und Bewilligungsbescheid wurde angenommen, dass auch in dieser Konstellation nicht die Sanktion als solche Streitgegenstand eines entsprechenden Rechtsbehelfsverfahrens, sondern der Leistungsanspruch im Sanktionszeitraum dem Grunde und der Höhe nach (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – a. a. O.; BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – a. a. O.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11 – a. a. O.).
61Zudem hat das BSG in seiner jüngeren – aber noch zur alten Rechtslage ergangenen – Judikatur die Auffassung vertreten, dass in dieser Konstellation die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft ist (so – ohne nähere Begründung – BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 16); ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11 – a. a. O.; vgl. auch BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – juris (Rn. 10) (dazu sogleich näher)), nachdem es zuvor diese Frage noch ausdrücklich offen gelassen hatte (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 20/09 R – juris (Rn. 12); auch dazu sogleich näher).
62An dieser Bewertung ist aber nach Meinung der Kammer jedenfalls nach der seit dem 01.04.2011 geltenden aktuellen Rechtslage nicht insgesamt festzuhalten, sondern nur insoweit, als prinzipiell eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheids zur Höhe des Arbeitslosengeldes II in dem von der Absenkung betroffenen Zeitraum anzunehmen ist und es deshalb eines gesonderten Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens gegen den Bewilligungsbescheid nicht bedarf.
63Diese rechtliche Einheit kann zwar mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage angefochten werden, wenn – anders als hier – geltend gemacht wird, dass der Bewilligungsbescheid auch unabhängig von der Sanktion eine Beschwer enthält. Jedoch spricht dies nach Meinung der Kammer nicht dagegen, in dem Sanktionsfeststellungsbescheid i. V. m. der ihn im Bewilligungsbescheid umsetzenden "Regelung", bei der es sich im Verhältnis zu dem die Höhe der Minderung regelnden Verfügungssatz des Sanktionsbescheides aber nicht um einen Verwaltungsakt sondern um eine wiederholende Verfügung handelt (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 85/13 – juris (Rn. 40)), einen seinerseits einheitlichen aber vom Rest des Bewilligungsbescheides abtrennbaren Verfügungssatz zu sehen, der in der Hauptsache isoliert mit Anfechtungswiderspruch und Anfechtungsklage angefochten werden und insoweit auch zu einem eigenständigen Streitgegenstand gemacht werden kann (so Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 18 m. w. N.; Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31b Rn. 26.1 (Aktualisierung vom 02.06.2014); Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 85/13 – juris (Leitsatz Nr. 2 und Rn. 25 ff.), das allerdings in diesem Zusammenhang entgegen der hier vertretenen Auffassung (s. u.) annimmt, dass eine Sanktion den Leistungsanspruch unberührt lässt und es daher der teilweisen Aufhebung einer vorangegangenen Bewilligungsentscheidung gem. § 48 SGB X im Umfang der sanktionsbedingten Minderung nicht bedarf; a. A. Hessisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER – juris; Sozialgericht (SG) Detmold, Urteil vom 17.10.2013 – S 18 AS 1095/12 – juris; anders insoweit auch noch der Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (Rn. 65)).
64Nach Meinung der Kammer bedarf es entgegen der vom 4. Senat des BSG im Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – vertretenen Auffassung (juris: Rn. 16) keiner zusätzlichen Leistungsklage, also keiner kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG zum Zwecke der Abänderung des Bewilligungsbescheides durch das Gericht, wenn – wie hier – die Höhe der beanspruchten Leistungen allein von der Sanktion abhängt. Die Kammer tendiert zu der Auffassung, dass dies schon nach der bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage der Fall war. Jedenfalls aber die vorliegend maßgebliche, seit dem 01.04.2011 geltende Rechtslage und die auf ihr beruhende Rechtsanwendungspraxis sprechen dafür, einen isolierten Anfechtungsrechtsbehelf für statthaft zu halten und einen isolierten Streitgegenstand "Sanktion" anzunehmen. Denn das Gesetz sieht nun in § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II zumindest grundsätzlich feststellende Verwaltungsakte vor, die "die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellen", die Praxis setzt dies – soweit ersichtlich – regelmäßig so um, und § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGB II sieht vor, dass gegen diese feststellenden Verwaltungsakte gerichtete Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben. Damit ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass es sich bei der Frage der Sanktion bzw. der Minderung des Anspruchs nicht nur um ein unselbständiges Berechnungselement handelt, sondern um einen eigenständigen Regelungsgegenstand. Wäre der Gesetzgeber der Auffassung gewesen, dass in Konstellationen wie der vorliegenden nur die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft und ein isolierter Streitgegenstand "Sanktion" nicht möglich ist, hätte es auch nahe gelegen, entweder in § 39 Nr. 1 SGB II keine Regelung zu Sanktionsbescheiden aufzunehmen, da statthafte Eilrechtsschutzform dann wohl ohnehin nicht der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sondern der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wäre, oder § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGB II wenigstens so zu formulieren, dass sich daraus der Streitgegenstand "Leistungsanspruch im Sanktionszeitraum dem Grunde und der Höhe nach" entnehmen lässt.
65Es ist daher statthaft und reicht aus, wenn der Sanktionsfeststellungsbescheid angefochten und im Erfolgsfall durch das Gericht aufgehoben wird (ebenso Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 18 m. w. N.). Ähnlich wie bei der o. g. anderen Konstellation (Aufhebung einer vorangegangenen ungekürzten Bewilligung nach § 48 SGB X), bei der davon auszugehen ist, dass die Aufhebung der aus dem Sanktionsfeststellungsbescheid und der Aufhebungsverfügung bestehenden Regelungseinheit durch das Gericht die Behörde auch ohne Verpflichtung durch das Gericht dazu veranlassen wird, die mit dem "wiederauflebenden" Bescheid bewilligten Leistungen auszuzahlen, ist hier bei Aufhebung der Sanktionsfeststellungsregelung durch das Gericht davon auszugehen, dass die Behörde die dem Kläger danach materiell-rechtlich zustehenden, ungeminderten Leistungen gewähren wird.
66Demensprechend hatte das BSG in einer in dem o. g. Urteil vom 17.12.2009 in Bezug genommenen früheren Entscheidung (BSG, Urteil vom 18.08.2005 – B 7a AL 4/05 R – juris), in der es darum ging, dass die Bundesagentur für Arbeit mit entsprechendem Bescheid eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung festgestellt und mit dem nachfolgenden Bewilligungsbescheid eine Bewilligung unter Berücksichtigung der Sperrzeit und der geminderten Anspruchsdauer vorgenommen hatte, zwar auch die These einer Einheit von Sperrzeitbescheid und Bewilligungsbescheid vertreten aber gleichwohl eine "Anfechtungssituation" gesehen, weil es die den Sperrzeitbescheid umsetzenden Regelungen im Bewilligungsbescheid als wiederholende und abtrennbare Verfügungen ansah, deren Aufhebung zu einer ungekürzten Bewilligung führt. Gerade weil die Bewilligungsbescheide im SGB II-Bereich die Minderung, die ja letztlich auch nur eine Umsetzung der maßgeblichen Sanktionsbescheide darstellt, nach oder bei der Darstellung des ungekürzten Leistungsanspruchs gesondert ausweisen (vgl. hier Seite 6 des Bewilligungsbescheides vom 21.03.2014), lässt sich die Argumentation aus dem Urteil vom 18.08.2005 – B 7a AL 4/05 R – auch hier vertreten.
67Das BSG hat zudem auch nach dem Urteil vom 17.12.2009, und zwar im Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – (juris: Rn. 10) zu erkennen gegeben, dass eine Beschränkung des Streitgegenstandes und eine isolierte Anfechtungsklage nicht ausgeschlossen sind, denn dort heißt es: "Das LSG hat das Begehren des Klägers insofern zu Unrecht einschränkend dahingehend ausgelegt (§ 123 SGG), dass er eine gerichtliche Entscheidung lediglich hinsichtlich der Absenkungsentscheidung, nicht jedoch auch hinsichtlich des im streitigen Zeitraum zu zahlenden Alg II begehrt. Der unvertretene Kläger hat weder schriftsätzlich noch in anderer Weise den Streitgegenstand beschränkt." Diese Ausführungen wären sinnlos, wenn eine Einschränkung des Klagebegehrens schon aus Rechtsgründen gar nicht möglich gewesen wäre.
68Die Kammer hält nach alledem die Sichtweise für vorzugswürdig, dass eine Sanktion nach §§ 31 ff. SGB II isolierter Streitgegenstand einer Anfechtungsklage sein kann, und dass eine Klage dementsprechend als isolierte Anfechtungsklage auszulegen ist, wenn – wie hier – die Höhe der beanspruchten Leistungen nach dem klägerischen Vorbringen allein von der Sanktion abhängt. Klargestellt sei dabei aber nochmals, dass die Kammer in der o. g. ersten Konstellation (Sanktion und Aufhebung eines für den Sanktionszeitraum bereits bestehenden, ungekürzte Leistungen bewilligenden Bescheides) annimmt, dass die Anfechtungsklage sich auch auf Aufhebung der Aufhebungsverfügung und der Eilantrag sich auch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Aufhebungsverfügung richtet, weil insofern eine Regelungseinheit zwischen Sanktionsfeststellung und Aufhebungsverfügung besteht.
69Da somit auch in der zweiten Konstellation die isolierte Anfechtungsklage der statthafte Hauptsacherechtsbehelf ist, ist damit grundsätzlich der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nebst Aufhebung der Vollziehung der statthafte Eilrechtsbehelf.
70Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung ist in einem Fall wie dem vorliegenden neben der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zur Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes nicht zusätzlich der Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich und der vorliegende Antrag nicht entsprechend auszulegen. Zur Begründung wird von den Vertretern dieser Auffassung angeführt, dass in einem solchen Fall die begehrte Leistung von der Verwaltung nicht im beantragten Umfang bewilligt worden sei (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 – L 3 AS 88/12 B ER – a. a. O. (Rn. 22) m. w. N.; Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31b Rn. 26; so trotz anderen Prüfungsaufbaus wohl auch SG Kassel, Beschluss vom 27.06.2013 – S 7 AS 121/13 ER – juris (insbes. Rn. 33 und Rn. 53 ff.)). Der Anordnungsanspruch beruht dann gerade darauf, dass die Sanktion aufgrund der Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht vollziehbar ist (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 a. a. O. (Rn. 22, 46); SG Kassel, Beschluss vom 27.06.2013 a. a. O. (Rn. 54, 64)). Jedoch hält die Kammer für den – hier vorliegenden – Fall, dass das Rechtsschutzbegehren nur darauf abzielt, von den Folgen der Sanktion verschont zu bleiben, die Höhe der bewilligten Leistungen also ausschließlich von der Sanktion abhängt, die Gegenauffassung für vorzugswürdig, nach der es keines zusätzlichen Antrags nach § 86b Abs. 2 SGG bedarf und der Grundsicherungsträger vielmehr nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG zur einstweiligen Gewährung von Leistungen ohne Berücksichtigung der Sanktion verpflichtet werden kann (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 29 m. w. N.). Zum einen erscheint es widersinnig, die isolierte Anfechtungsklage für den statthaften Hauptsacherechtsbehelf zu halten und gleichwohl im Eilrechtsschutzverfahren eine Rechtsschutzform für (zusätzlich) erforderlich zu halten, die bei isolierten Anfechtungsklagen eigentlich nicht statthaft ist. Zum anderen wird so vermieden, dass es von zeitlichen Zufälligkeiten (Lage des Sanktionszeitraums) abhängt, ob ein Fall der Aufhebung vorangegangener, ungeminderte Leistungen festsetzender Bewilligungsentscheidungen vorliegt, und dann für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nebst Aufhebung der Vollziehung nach Auffassung der Kammer nur eine gewisse, nicht aber eine besondere Eilbedürftigkeit erforderlich ist, oder ob ein neuer Bewilligungszeitraum betroffen ist, und dann für den Erlass der zusätzlichen einstweiligen Anordnung eine besondere Eilbedürftigkeit i. S. eines Anordnungsgrundes erforderlich ist.
71In Bezug auf die Sanktion gegen den Antragsteller zu 1) kann sodann bereits an dieser Stelle festgehalten werden, dass hier nicht der – weiter oben beschriebene – Sonderfall vorliegt, in dem ein ausdrücklich auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gerichteter Eilantrag entweder ausschließlich oder hilfsweise auch als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Hinblick auf einen gestellten Antrag auf Überprüfung des Sanktionsbescheides nach § 44 SGB X auszulegen ist. Denn der von der Antragsgegnerin zugunsten des Antragstellers zu 1) angenommene Überprüfungsantrag wurde mit Bescheid vom 18.06.2014 zurückgewiesen und es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass hiergegen der erforderliche Widerspruch eingelegt worden wäre. Auch ist der Ablehnungsbescheid vom 18.06.2014 erkennbar nicht Gegenstand des Klageverfahrens S 32 AS 2022/14; die Antragsteller haben sich insoweit nur gegen mehrere während des Klageverfahrens ergangene "Widerspruchsbescheide" gewandt. Ist der Überprüfungsantrag damit bestandskräftig abgelehnt, fehlt es für den Erlass einer einstweiligen Anordnung an einem regelungsfähigen, "offenen" Rechtsverhältnis (vgl. hierzu den Beschluss der Kammer vom 16.05.2014 – S 32 AS 484/14 ER – juris (Rn. 61) m. w. N.). Eine Auslegung als Hilfsantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ergibt vor diesem Hintergrund keinen Sinn.
72Hier liegt schließlich in Bezug auf beide Sanktionen nicht die Sonderkonstellation vor, dass für den Sanktionszeitraum bereits Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind und der/die entsprechende(n) Bewilligungsbescheid(e) nicht durch einen entsprechenden Verfügungssatz im Sanktionsbescheid oder in einem diesen "umsetzenden" Änderungsbescheid im Umfang der Minderung nach § 48 SGB X aufgehoben worden ist/sind. Wenn für den Sanktionszeitraum bereits Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind, ist eine solche teilweise Aufhebung nach umstrittener aber von der Kammer für vorzugswürdig gehaltener Auffassung auch nach der seit dem 01.04.2011 geltenden Rechtslage erforderlich, damit die Sanktion nicht "ins Leere geht" (vgl. hierzu den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (insbes. Rn. 62 f. und Rn. 84 ff.); vgl. ferner SG Dortmund, Beschluss vom 26.05.2014 – S 35 AS 1758/14 ER – juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.02.2014 – L 7 AS 1058/13 B – juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER – juris; SG Kassel, Urteil vom 28.08.2013 – S 7 AS 439/13 – juris (Berufung zugelassen); SG Kassel, Beschluss vom 27.06.2013 – S 7 AS 121/13 ER – juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17.06.2013 – L 7 AS 332/13 B ER – juris; S. Knickrehm/Hahn in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 31b Rn. 7; Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31 Rn. 26.1 (Aktualisierung vom 05.05.2014); so nun auch die fachlichen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit zu §§ 31 ff. SGB II in der Fassung vom 22.04.2014; a. A. Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 85/13 – juris (Revision zugelassen); SG Detmold, Urteil vom 17.10.2013 – S 18 AS 1095/12 – juris (Berufung zugelassen); SG Trier, Beschluss vom 14.12.2011 – S 4 AS 449/11 ER – juris; Burkiczak in: BeckOK SozR SGB II § 31b Rn. 11a; zweifelnd Lauterbach in: Gagel, SGB II / SGB III, 53. Ergänzungslieferung 2014, § 31b Rn. 2; vgl. ferner (ohne Festlegung) LSG NRW, Beschluss vom 08.09.2014 – L 2 AS 1461/14 B – juris).
73Eine solche Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X kann nach Auffassung der Kammer auch nicht in der Formulierung des Sanktionsbescheides, das Arbeitslosengeld II werde nach § 31a SGB II abgesenkt, gesehen werden (vgl. den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 a. a. O. (Rn. 97); Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 a. a. O. (Rn. 5); zweifelnd auch LSG NRW, Beschluss vom 08.09.2014 a. a. O. (Rn. 11); a. M. wohl (zur bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage) LSG NRW, Beschluss vom 04.03.2013 – L 19 AS 1688/12 B – juris (Rn. 19)).
74Das Fehlen einer Aufhebungsverfügung macht nach Auffassung der Kammer zwar nicht den Sanktionsfeststellungsbescheid als solchen ohne weiteres "wirkungslos" und führt damit in einem Anfechtungsklageverfahren gegen diesen Bescheid nicht sofort zu dessen Aufhebung (so aber möglicherweise LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.02.2014 a. a. O. (Rn. 13)). Wirkungslos dürfte ein Sanktionsfeststellungsbescheid aus Sicht der Kammer allenfalls werden, sobald eine rechtmäßige nachträgliche Aufhebung wegen Ablaufs der Frist gem. § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i. V. m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X nicht mehr möglich ist.
75Jedoch kann, so lange es an der gebotenen teilweisen Aufhebung fehlt, in der Hauptsache die Auszahlung der bewilligten Leistungen durch isolierte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend gemacht werden, ohne dass es auf die Rechtmäßigkeit des Sanktionsbescheides ankommt, und dementsprechend im Eilverfahren die vorläufige Auszahlung durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend gemacht werden, ohne dass es einer zusätzlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung bedarf (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 a. a. O. (Rn. 5)), und ohne dass an die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) hohe Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 a. a. O. (Rn. 103 ff.)).
76Die Antragsgegnerin hat hier allerdings – wie bereits erwähnt – die Bewilligungsentscheidung zugunsten der Antragstellerin zu 2) im Bescheid vom 21.03.2014, die die Leistungen nach dem SGB II u. a. im Sanktionszeitraum regelte, durch einen Verfügungssatz in dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 im Umfang der mit dem Bescheid vom 03.04.2014 gegenüber der Antragstellerin zu 2) ausgesprochenen Sanktion teilweise nach § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben.
77Es ist nach alledem zusammenfassend festzustellen, dass es vorliegend um vorläufigen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG i. V. m. § 86 Abs. 1 Satz 2 SGG geht, und nicht (auch) nach § 86b Abs. 2 SGG.
78Genau genommen handelt es sich insofern vorliegend um zwei entsprechende Anträge.
79Erstens ist über den Antrag des Antragstellers zu 1) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Hauptsacherechtsbehelfs – zunächst war dies der Widerspruch vom 03.05.2014, nunmehr, nach Erlass des Widerspruchsbescheides, ist es bei sachdienlicher Auslegung des Rechtsschutzbegehrens (vgl. insoweit Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 – L 3 AS 88/12 B ER – juris (insbes. Rn. 26)) die bei der Kammer anhängige Klage S 32 AS 2022/14 – gegen den an ihn gerichteten Sanktionsbescheid vom 13.03.2014, nunmehr in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014, und auf Aufhebung der Vollziehung dieses Bescheides zu entscheiden. Und zweitens ist über den Antrag der Antragstellerin zu 2) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Hauptsacherechtsbehelfs – zunächst war dies der Widerspruch vom 03.05.2014, nunmehr ist es die bei der Kammer anhängige Klage S 32 AS 2022/14 – gegen den an sie gerichteten Sanktionsbescheid vom 03.04.2014, nunmehr in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014, in Verbindung mit der Aufhebungsverfügung im Änderungsbescheid vom 17.04.2014, und auf Aufhebung der Vollziehung dieser Bescheide zu entscheiden.
80Dabei bilden die beiden Antragsteller im vorliegenden Einzelfall nach Auffassung der Kammer trotz des Umstandes, dass die gegen sie gerichteten Sanktionen jeweils auf unterschiedliche Pflichtverletzungen gestützt wurden, als zusammen klagende Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft i. S. d. § 7 Abs. 2 und 3 SGB II eine gem. § 74 SGG i. V. m. §§ 59, 60 ZPO zulässige (einfache) Streitgenossenschaft (subjektive Antragshäufung), weil sie ihre behaupteten Ansprüche auf ungeminderte SGB II-Leistungen – bei einem großzügigen und auch an Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten orientierten Bewertungsmaßstab – aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund herleiten (vgl. zur Frage der Streitgenossenschaft und zur damit zusammenhängenden Frage der (notwendigen) Beiladung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.03.2006 – L 8 AS 4314/05 – juris (Rn. 18); LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.02.2008 – L 8 AS 3380/07 – juris (Rn. 23); BSG, Urteil vom 13.11.2008 – B 14 AS 24/07 R – juris (Rn. 14); BSG, Urteil vom 23.11.2006 – B 11b AS 1/06 R – juris (Rn. 13)). Denn die Antragsteller vertreten die Auffassung, dass die Sanktion gegenüber dem Antragsteller zu 1) deshalb unzulässig ist, weil sie einen Verstoß gegen eine Pflicht (Arbeitsaufnahme) ahndet, die im Widerspruch zu einer Pflicht aus der Eingliederungsvereinbarung der Antragstellerin zu 2) vom 16.01.2014 (Hilfe bei der selbständigen Tätigkeit der Antragstellerin zu 2)) steht. Dieser Zusammenhang zwischen den sanktionsrelevanten Sachverhalten rechtfertigt es nach Auffassung der Kammer, eine einfache Streitgenossenschaft anzunehmen.
81Der nach alledem statthafte Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG i. V. m. § 86 Abs. 1 Satz 2 SGG ist – bzw. die beiden Anträge sind – nur teilweise zulässig.
82Den Anträgen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG fehlt nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Vollziehungszeitraum der Sanktionsbescheide am 30.06.2014 bzw. 31.07.2014 abgelaufen ist. Denn in Bezug auf diesen bereits vergangenen Zeitraum bestehen noch andauernde konkrete Vollzugsfolgen in Gestalt der aufgrund der Sanktionen gemindert ausgezahlten Geldleistungen. In einem solchen Fall muss ein Eilantrag in der Gestalt eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zulässig sein (vgl. insoweit LSG NRW, Beschluss vom 30.04.2013 – L 7 AS 521/13 B ER – juris (Rn. 2); LSG NRW, Beschluss vom 06.01.2004 – L 11 B 17/03 KA ER – juris (Rn. 22)). Das ergibt sich nach Meinung der Kammer zum einen daraus, dass bei einem Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG – anders als bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG – zwar ein "gewisses Maß an Eilbedürftigkeit" (vgl. hierzu Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Auflage 2012, Seite 126; SG Dortmund, Beschluss vom 03.09.2014 – S 35 AS 2893/14 ER – juris (Rn. 30)) aber keine "besondere" Eilbedürftigkeit im Sinne einer gegenwärtigen Notlage erforderlich ist (a. A. insoweit offenbar Thüringer LSG, Beschluss vom 16.03.2012 – L 4 AS 106/12 B ER – juris und Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 33.1 (allerdings nicht im Rahmen des Rechtsschutzinteresses, sondern im Rahmen der Interessenabwägung)). Zum anderen ergibt es sich daraus, dass die vorherige Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach Auffassung der Kammer Voraussetzung für eine Aufhebung der Vollziehung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG ist. Die Möglichkeit der Aufhebung der Vollziehung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG besteht nach Meinung des Gerichts auch nicht nur, wenn bzw. soweit der Vollzug des angefochtenen Bescheides während des Eilverfahrens stattgefunden hat. Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG kann auch dann bestehen, wenn ein Sanktionsbescheid bereits vor Rechtshängigkeit ganz oder – wie es hier bei beiden Sanktionen der Fall war – teilweise vollzogen ist, denn der Antragsteller kann einen Anspruch auf vorläufige Rückgängigmachung schon getroffener Maßnahmen haben (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 7a; LSG NRW, Beschluss vom 06.01.2004 a. a. O.; Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (Rn. 126 ff.)).
83Jedoch ist der Antrag des Antragstellers zu 1) nach Auffassung der Kammer deshalb unzulässig, weil sein Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid als derjenige Hauptsacherechtsbehelf, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, offensichtlich unzulässig ist.
84Zwar besitzt auch ein unbegründeter Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG und nach herrschender Meinung ist das auch bei einem unzulässigen Rechtsbehelf grundsätzlich der Fall (vgl. Krodel in: BeckOK SozR SGG § 86a Rn. 16-18.2 m. w. N.; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86a Rn. 10 m. w. N.; a. A. Bischofs, SGb 2013, 570 (572)). Nach wohl herrschender und von der Kammer geteilter Auffassung kommt aber einem offensichtlich unzulässigen Hauptsacherechtsbehelf, insbesondere einem offensichtlich verfristeten Rechtsbehelf gegen einen damit bestandskräftig und gem. § 77 SGG verbindlich gewordenen Verwaltungsakt, keine aufschiebende Wirkung zu (vgl. Krodel a. a. O.; Keller a. a. O.).
85Daher scheidet nach ebenfalls wohl herrschender Auffassung in den Fällen, in denen – wie hier aufgrund § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGG – ein Rechtsbehelf kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung hat, eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG dann aus, wenn der Rechtsbehelf offensichtlich unzulässig ist und entweder kein Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt worden ist, oder ein solcher Antrag zwar gestellt worden ist, aber bei prognostischer Betrachtung offensichtlich aussichtslos ist (vgl. z. B. den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (insbes. Rn. 124 ff.); LSG NRW, Beschluss vom 21.12.2012 – L 19 AS 2332/12 B ER – juris (Rn. 29: kein Rechtsschutzbedürfnis); Thüringer LSG, Beschluss vom 23.04.2002 – L 6 RJ 113/02 ER – juris (Rn. 28); Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.11.2010 – L 16 AS 788/10 B ER – juris (Rn. 13); Keller a. a. O. und § 86b Rn. 7 m. w. N.; Krodel in: BeckOK SozR SGG § 86b Rn. 28 und 28.1; weitergehend Bischofs, SGb 2013, 570 (572-573): Antrag unzulässig auch bei nicht offensichtlicher Unzulässigkeit des Hauptsacherechtsbehelfs, zulässig dann nur bei überwiegender Wahrscheinlichkeit einer Wiedereinsetzung).
86Ein solcher Fall der offensichtlichen Unzulässigkeit liegt hier vor. Der Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 ist bestandskräftig und für die Beteiligten und die Gerichte nach § 77 SGG bindend geworden, da die Widerspruchsfrist vor Widerspruchserhebung abgelaufen war. Die Antragsgegnerin hat zu Recht den Widerspruch im Widerspruchsbescheid vom 18.06.2014 als unzulässig zurückgewiesen und in diesem Rahmen auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt.
87Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG ist der Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Hier greift nicht die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG ein, sondern die genannte Monatsfrist. Denn der Antragsteller zu 1) wurde mit dem angefochtenen Bescheid über die Art des möglichen Rechtsbehelfs, die Verwaltungsstelle, bei der er anzubringen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist ("innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe") ordnungsgemäß im Sinne von § 66 SGG belehrt. Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die – wie hier – für den Beginn einer Frist den im Gesetz verwandten Begriff der Bekanntgabe gebraucht, ist weder irreführend noch unrichtig, auch wenn der angefochtene Bescheid – wie hier – in der besonderen Form der Zustellung bekanntgegeben wird; die Bekanntgabe, die den Fristlauf auslöst, besteht dann in der Zustellung (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2014 – B 14 AS 46/13 R – juris).
88Ausweislich der Postzustellungsurkunde (vgl. Bl. 128 der Integrationsakte) wurde dem Antragsteller zu 1) der an ihn adressierte Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 (Az. KJC-5216/2190) am 20.03.2014 im Wege der Ersatzzustellung nach §§ 37 Abs. 5, 65 Abs. 2 SGB X i. V. m. § 3 LZG NRW i. V. m. § 180 ZPO durch Einlegen in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt.
89Gemäß § 64 Abs. 1 SGG beginnt die Widerspruchsfrist mit dem Tag nach der Zustellung. Eine nach Monaten bestimmte Frist wie die Widerspruchsfrist des § 84 SGG endet gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist nach § 64 Abs. 3 SGG mit Ablauf des nächsten Werktags.
90Die Monatsfrist begann damit hier am 21.03.2014 und endete am 22.04.2014 um 24:00 Uhr, da der 20.04.2014, an dem die Frist eigentlich geendet hätte, ein Sonntag und der 21.04.2014 ein gesetzlicher Feiertag (Ostermontag) war.
91Der Widerspruch wurde erst mit dem Schreiben vom 03.05.2014 und damit außerhalb dieser Frist eingelegt.
92Die Postzustellungsurkunde erbringt dabei als öffentliche Urkunde nach (§§ 37 Abs. 5, 65 Abs. 2 SGB X i. V. m. § 3 Abs. 2 Satz 1 LZG NRW i. V. m.) §§ 182 Abs. 1 Satz 2, 418 ZPO den vollen Beweis für die darin beurkundeten Tatsachen. Hier erstreckt sich der durch die Zustellungsurkunde erbrachte Beweis – da eine Zustellung nach § 180 ZPO (Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten) beurkundet wurde – insbesondere auf das Einlegen in den Briefkasten des Antragstellers und damit darauf, dass das Schriftstück in seinen Machtbereich gelangt ist, und auf den Zeitpunkt des Einlegens in den Briefkasten.
93Dieser Beweis kann zwar widerlegt werden, § 418 Abs. 2 ZPO. Jedoch kann der entsprechende Gegenbeweis gegen die Zustellungsurkunde als öffentliche Urkunde nach § 418 Abs. 2 ZPO nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden. Der Gegenbeweis wird nicht schon durch die bloße Behauptung, das betreffende Schriftstück nicht erhalten zu haben, erbracht, weil es für die Wirksamkeit der Zustellung nicht darauf ankommt, ob und wann der Adressat das Schriftstück seinem Briefkasten entnommen und ob er es tatsächlich zur Kenntnis genommen hat; vielmehr erfordert der Gegenbeweis der Unrichtigkeit den Beweis eines anderen als in der Zustellungsurkunde bezeugten Geschehensablaufs; nur so wird ein Fehlverhalten des Zustellers und eine Falschbeurkundung in der Zustellungsurkunde belegt (vgl. BSG, Beschluss vom 13.11.2008 – B 13 R 138/07 B – juris (Rn. 6); LSG NRW, Beschluss vom 11.09.2013 – L 2 AS 1380/13 B ER – juris).
94Im vorliegenden Fall ist weder etwas vorgetragen noch glaubhaft gemacht, was darauf schließen ließe, dass der beurkundete Geschehensablauf nicht zutrifft, die Zustellungsurkunde also unrichtig ist. Der Vortrag des Antragstellers zu 1), er habe den Bescheid erst am 02.05.2014 "aufgefunden", ist irrelevant, denn es kommt nicht auf die tatsächliche Kenntnisnahme bzw. auf deren Zeitpunkt an, sondern nur auf den Zeitpunkt der Zustellung. Mit dem Einlegen in den Briefkasten ist aber die Zustellung bewirkt.
95Eine unverschuldete fehlende bzw. spätere Kenntnisnahme könnte allenfalls ein Anlass für eine Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist nach §§ 84 Abs. 2 Satz 3, 67 SGG sein. Der im Widerspruchsschreiben vom 03.05.2014 gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist aber nach Auffassung der Kammer offensichtlich aussichtslos, so dass die o. g. Ausnahmekonstellation nicht vorliegt, in der trotz Fristversäumnisses wegen eines Wiedereinsetzungsantrages die aufschiebende Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG angeordnet werden kann.
96Nach § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (vgl. § 67 Abs. 2 und 3 SGG). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Maßgeblich für die Frage des Verschuldens ist dasjenige Maß an Sorgfalt, welches einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen entsprechend allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten ist (vgl. z. B. LSG NRW, Beschluss vom 08.04.2014 – L 8 R 829/13 B – juris).
97Hier ist nichts vorgetragen oder gar glaubhaft gemacht worden, das den Schluss zuließe, dass der Antragsteller zu 1) ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, dass er also die genannten Sorgfaltsanforderungen beachtet hat.
98Ein spätes "Auffinden" eines Bescheides ist keine Entschuldigung; vielmehr hätte es einer näheren Darlegung und Glaubhaftmachung bedurft, warum ein "Auffinden" innerhalb der Widerspruchsfrist nicht möglich war. Hier musste der Antragsteller sogar wegen der kurz zuvor erfolgten schriftlichen Anhörung nach § 24 SGB X in Bezug auf die beabsichtigte Sanktion (Anhörungsschreiben vom 19.02.2014), im März / April verstärkt mit der Bekanntgabe bzw. Zustellung eines Sanktionsbescheides rechnen. Dass er sich hierauf eingerichtet hat, ist nicht ansatzweise vorgetragen oder glaubhaft gemacht worden.
99Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass auch die – hier als solche möglicherweise noch fristgerecht erfolgte – Anfechtung des Bewilligungsbescheides vom 21.03.2014 am Eintritt der Bestandskraft des Sanktionsfeststellungsbescheides vom 13.03.2014 nichts ändern kann. Der Bewilligungsbescheid enthält nach Auffassung der Kammer in Bezug auf die Sanktion vom 13.03.2014 keine eigenständig anfechtbaren Regelungen i. S. eines Verwaltungsaktes nach § 31 SGB X sondern nur den Inhalt des Sanktionsbescheides umsetzende "wiederholende Verfügungen". Der Bewilligungsbescheid bzw. diese Bestandteile desselben bildet/n zwar mit dem Sanktionsbescheid eine Regelungseinheit (s. o.). Der Bewilligungsbescheid muss daher nicht gesondert mit Widerspruch angefochten werden. Jedoch muss gerade deshalb stattdessen der Sanktionsbescheid fristgerecht angefochten werden.
100Der Antrag des Antragstellers zu 1) ist daher unzulässig.
101Der Antrag des Antragstellers zu 1) ist aus den soeben genannten Gründen auch – hilfsweise – unbegründet (siehe sogleich).
102Der Antrag der Antragstellerin zu 2) ist zwar zulässig aber unbegründet.
103Bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, die Wirkung des angefochtenen Bescheides (zunächst) zu unterbinden (Aussetzungsinteresse) mit dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners vorzunehmen.
104Bei der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in der vorliegenden Fallgestaltung ein Regel-/Ausnahmeverhältnis angeordnet hat: Aus der Wertung des § 39 Nr. 1 SGB II ergibt sich, dass der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung der Individualinteressen und der öffentlichen Interessen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug prinzipiell Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt. In der Regel überwiegt daher das Vollzugsinteresse des Antragsgegners (vgl. z. B. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.05.2013 – L 19 AS 434/13 B ER – juris; BSG, Beschluss vom 29.08.2011 – B 6 KA 18/11 R – juris).
105Eine Abweichung von diesem Regel-/Ausnahmeverhältnis durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs kommt daher nur in Betracht, wenn – etwa wegen offenbarer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids oder bei unklaren Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Widerspruch oder Klage) als Ergebnis einer allgemeinen Interessenabwägung – ausnahmsweise das private Interesse der durch den Bescheid belasteten Person überwiegt (vgl. z. B. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 12c ff.; Conradis in: LPK-SGB II, 4. Auflage 2012, § 39 Rn. 16).
106Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene durch ihn in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird seine Vollziehung ausgesetzt, wird m. a. W. die aufschiebende Wirkung angeordnet, weil dann ein öffentliches Interesse (oder Interesse eines Dritten) an der Vollziehung nicht besteht. Bei offenbarer Rechtswidrigkeit ist für eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers, anders als bei Entscheidungen nach § 86b Abs. 2 SGG, keine besondere Eilbedürftigkeit erforderlich (vgl. Keller a. a. O. Rn. 12f m. w. N.). Ist der Hauptsacherechtsbehelf hingegen aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Dabei kann die Klage u. U. auch bei einem Verwaltungsakt, der unter Verletzung von Form- oder Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist, ohne Erfolgsaussicht sein, wenn damit zu rechnen ist, dass dieser Fehler noch korrigiert (vgl. § 41 Abs. 1, 2 SGB X) werden wird (vgl. Keller a. a. O. m. w. N.). Sind die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei der Grad der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren mit zu berücksichtigen ist. Es gilt insoweit der Grundsatz: Je größer die Erfolgsaussichten sind, umso geringer sind die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme wirkt. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, die Klage aber später Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, der Klage aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. Keller a. a. O. m. w. N.).
107Nach diesen Maßstäben war hier die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf keine der beiden Sanktionen anzuordnen.
108In Bezug auf den Antrag des Antragstellers zu 1) ist es so, dass die offensichtliche Unzulässigkeit des Hauptsacherechtsbehelfs und seine sich hieraus ergebende Aussichtslosigkeit – wenn man annimmt, dass sie nicht schon zur Unzulässigkeit des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung führt – zumindest im Rahmen der beschriebenen Abwägung zwischen dem Vollziehungs- und dem Aussetzungsinteresse dazu führt, dass sich das Vollziehungsinteresse durchsetzt.
109In Bezug auf den Antrag der Antragstellerin zu 2) bestehen zwar gewisse Zweifel daran, dass der sie betreffende Sanktionsfeststellungsbescheid vom 03.04.2014 i. V. m. der teilweisen Aufhebung der vorangegangenen Bewilligungsentscheidung durch den Änderungsbescheid vom 17.04.2014 rechtmäßig ist. Es liegt aber kein Fall offenbarer Rechtswidrigkeit vor. Vielmehr sind die Erfolgsaussichten der Klage gegen die Sanktionsfeststellung nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht eindeutig zu bestimmen. Im Übrigen bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Antragstellerin zu 2) im Sanktionszeitraum ein höherer Anspruch auf SGB II-Leistungen zugestanden haben könnte und die Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X deshalb unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Sanktion teilweise rechtswidrig sein könnte. Insgesamt sind die sich aus diesen Zweifeln ergebenden Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens S 32 AS 2022/14 nach Auffassung der Kammer nicht so groß, dass sie unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Wertung des § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGB II eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung und eine Aufhebung der Vollziehung rechtfertigen können.
110Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der hier anwendbaren aktuellen Fassung vom 20.12.2011 verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie sich trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis weigern, in der Eingliederungsvereinbarung oder in dem diese ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. Dies gilt nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht, wenn sie einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen. Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II in der hier anwendbaren aktuellen Fassung vom 13.05.2011 mindert sich bei einer Pflichtverletzung nach § 31 SGB II das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 % des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs. Nach § 31b Abs. 1 Sätze 1, 3 und 5 SGB II in der hier anwendbaren aktuellen Fassung vom 13.05.2011 mindert sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt; der Minderungszeitraum beträgt drei Monate; die Feststellung der Minderung ist nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig.
111Die Antragstellerin zu 2) war zunächst i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 8 SGB II erwerbsfähig und auch im Übrigen leistungsberechtigt nach dem SGB II. Jedenfalls ergeben sich aus den Verwaltungsakten keine Zweifel hieran.
112Die Rechtsfolgenbelehrung in der Eingliederungsvereinbarung entspricht bei summarischer Prüfung den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung konkret, verständlich, richtig und vollständig belehrt werden muss, wobei es auf den objektiven Erklärungswert der Belehrung ankommt (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 20, 24); BSG, Urteil vom 18.02.2010 – B 14 AS 53/08 R – juris (Rn. 17)).
113Zudem liegt nach summarischer Beurteilung eine Weigerung vor, die Pflicht aus der Eingliederungsvereinbarung vom 16.01.2014 zu erfüllen, monatlich Einnahmen-Überschussrechnungen (EÜR) oder Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) einzureichen.
114Weigern in diesem Sinne bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise dem Leistungsträger oder dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 21)).
115Eine entsprechende objektive Pflichtverletzung liegt unstreitig in Bezug auf die im Vertrag klar und eindeutig geregelte Pflicht zur Einreichung von EÜR oder GuV für den Monat Januar bis zum 15.02.2014 vor. Dass die EÜR für Januar tatsächlich nachgereicht wurde oder ob – was die Antragsteller behaupten, sich jedoch aus dem Akteninhalt nicht ergibt – für spätere Monate EÜR ein- oder nachgereicht wurden, ist insofern unerheblich.
116Da eine Weigerung nur vorliegt, wenn die Pflichtverletzung vorsätzlich begangen wird, wäre die Sanktion jedoch rechtswidrig, wenn die EÜR nur fahrlässig oder unverschuldet nicht fristgerecht eingereicht worden wäre. Die Antragsteller behaupten, es habe eine mündliche Vorgabe dahingehend gegeben, dass die EÜR durch einen Steuerberater o. ä. erstellt werden muss. Sollte dies zutreffen, dann würde sich dies zwar wohl nicht auf die Wirksamkeit des Vertrages auswirken, da dieser eine solche Vorgabe nicht enthält. Jedoch würde es wohl an einer "Weigerung" fehlen, wenn es der Antragstellerin zu 2) wegen einer (hier bislang nicht hinreichend glaubhaft gemachten) Erkrankung des Steuerberaters nicht möglich oder ggf. aus finanziellen Gründen nicht zumutbar gewesen sein sollte, diese Vorgabe zu erfüllen. Dabei geht die Kammer für das vorliegende Eilverfahren davon aus, dass keine solche mündliche Vorgabe erfolgt ist. Denn die Behauptung der Antragsteller ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Aber auch ohne eine solche Vorgabe dürfte Vorsatz nicht vorliegen, wenn ein beauftragter Steuerberater erkrankt wäre. Ggf. könnte insoweit auch ein wichtiger Grund nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II anzunehmen sein. All dies ist ggf. im Hauptsacheverfahren zu klären. Bei summarischer Bewertung des Sachverhalts ist wegen unzureichender Glaubhaftmachung des Vortrags der Antragsteller davon auszugehen, dass eine Weigerung i. S. einer vorsätzlichen Pflichtverletzung vorliegt.
117Nicht abschließend im Eilverfahren klären lässt sich die Frage, ob die Pflicht zur Einreichung von EÜR bzw. GuV auch wirksam begründet worden ist, oder ob die auf § 15 SGB II beruhende Eingliederungsvereinbarung entweder nur in Bezug auf diese Pflicht oder sogar vollständig unwirksam ist.
118Nach Auffassung der Kammer findet dabei im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 SGB II keine inzidente "Rechtmäßigkeitskontrolle" der Eingliederungsvereinbarung statt, wie sie bei einem Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II – ggf. in Abhängigkeit von dessen Bestandskraft (siehe dazu die obigen Ausführungen) – durchzuführen sein kann, sondern lediglich eine inzidente "Wirksamkeitskontrolle". Eine Absenkung nach §§ 31 ff. SGB II kann nur vorgenommen werden und ein entsprechender Verwaltungsakt ist nur rechtmäßig, wenn eine wirksame und nicht nichtige Eingliederungsvereinbarung vereinbart worden ist; die Rechtswidrigkeit der Vereinbarung ist hingegen nicht von Bedeutung, da auch eine rechtswidrige Eingliederungsvereinbarung wirksam ist und Bindungswirkung entfaltet (str.; vgl. Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 15 Rn. 97; Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31 Rn. 32 ff. m. w. N.). Prüfungsmaßstab der Wirksamkeits- bzw. Nichtigkeitskontrolle sind § 15 SGB II und nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II die §§ 53 ff. SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R – juris (Rn. 33 ff.) m. w. N.).
119Nach Meinung der Kammer sind alle möglicherweise mit dieser Sichtweise trotz intensiver Prüfung der Nichtigkeitsgründe (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 31 Rn. 33) verbundenen Unterschiede zwischen der Intensität des Rechtsschutzes, die bei auf Verstößen gegen Eingliederungsvereinbarungen beruhenden Sanktionen besteht, und derjenigen, die bei auf Verstößen gegen Eingliederungsverwaltungsakte besteht, jedenfalls nach der seit dem 01.04.2011 geltenden Rechtslage hinnehmbar und verfassungsrechtlich unbedenklich, da Hilfebedürftige weder rechtlich noch "faktisch" gezwungen sind, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen; denn die Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a SGB II a. F., wonach die Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, sanktioniert wurde, gilt nicht mehr.
120§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der hier anwendbaren, aktuellen Fassung vom 13.05.2011 sieht vor, dass die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger – bzw. hier aufgrund §§ 6a, 6b SGB II allein die Antragsgegnerin als zugelassener kommunaler Träger ("Optionskommune") – mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren soll (Eingliederungsvereinbarung). Die Eingliederungsvereinbarung soll nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II insbesondere bestimmen, (1.) welche Leistungen die oder der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, (2.) welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müssen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind, (3.) welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu beantragen haben. Nach § 15 Abs. 1 Sätze 3-5 SGB II soll die Eingliederungsvereinbarung für sechs Monate geschlossen und danach eine neue Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden; bei jeder folgenden Eingliederungsvereinbarung sind die bisher gewonnenen Erfahrungen zu berücksichtigen. Aus § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ergibt sich, dass für den – hier nicht vorliegenden – Fall, dass eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt, die Regelungen nach Satz 2 durch Verwaltungsakt erfolgen sollen (Eingliederungsverwaltungsakt).
121Bei der Eingliederungsvereinbarung handelt es sich nach überwiegender Ansicht, die die Kammer für zutreffend hält, um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne der §§ 53 ff. SGB X (vgl. Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 15 Rn. 22 ff. m. w. N.; Sächsisches LSG, Urteil vom 26.05.2011 – L 3 AL 120/09 – juris; BSG, Urteil vom 06.12.2012 – B 11 AL 15/11 R – juris (Rn. 19 ff.) m. w. N.; Bayerisches LSG, Urteil vom 05.12.2012 – L 16 AS 927/11 – juris; so tendenziell auch BSG, Urteil vom 14.02.2013 – B 14 AS 195/11 R – juris (Rn. 18); so nun offenbar auch BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R – juris (Rn. 33 ff.) m. w. N.), wobei die §§ 53 ff. SGB X teilweise von den Spezialregelungen in § 15 SGB II verdrängt werden (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 43).
122Es handelt sich, schon weil nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II die erforderlichen Regelungen im Fall des Nichtzustandekommens einer Vereinbarung durch Verwaltungsakt getroffen werden sollen, um einen "subordinationsrechtlichen" öffentlich-rechtlichen Vertrag gem. § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X; konkret handelt es sich um einen (subordinationsrechtlichen) Austauschvertrag nach § 55 SGB X (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 30 ff., insbes. Rn. 30, 35, 43; BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R – a. a. O.). Nach herrschender Auffassung und jüngerer Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14.02.2013 – B 14 AS 195/11 R – juris (Rn. 18 f.)), ist dabei nicht von einer Gleichrangigkeit der Handlungsformen Vereinbarung und Verwaltungsakt auszugehen, sondern von einem Vorrang der vertraglichen Lösung (vgl. auch Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 24 ff. m. w. N.; anders der 4. Senat des BSG noch im Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 13/09 R – juris).
123Die vorliegende Eingliederungsvereinbarung ist in formaler Hinsicht wirksam zustande gekommen. Der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages richtet sich mangels einer ausdrücklichen Regelung gem. § 61 Satz 2 SGB X nach den einschlägigen zivilrechtlichen Vorschriften. Voraussetzung sind mehrere übereinstimmende, auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete Willenserklärungen (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 44). Da zudem gem. § 56 SGB X der Vertrag in Schriftform abzuschließen ist, ist eine Vertragsurkunde erforderlich und eine eigenhändige Unterschrift der Vertragsparteien (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 47). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, denn es liegen übereinstimmende schriftliche Erklärungen nebst Unterschriften beider Parteien vor.
124Die materielle Wirksamkeit der Vereinbarung ist demgegenüber nicht zweifelsfrei. Es erscheint möglich, dass zumindest einige der in der Vereinbarung geregelten Pflichten unwirksam sind. Prüfungsmaßstab sind außer § 15 SGB II nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II die §§ 53 ff. SGB X; materiell-rechtlich relevant ist insofern in erster Linie § 58 SGB X.
125Nach § 58 Abs. 1 SGB X in der hier anwendbaren, aktuellen Fassung vom 18.01.2001 ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergibt. Nach § 58 Abs. 2 SGB X ist ein Vertrag im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X (subordinationsrechtlicher Vertrages) ferner nichtig, wenn (1.) ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre, (2.) ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 42 SGB X rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war, (3.) die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrages nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 42 SGB X rechtswidrig wäre, (4.) sich die Behörde eine nach § 55 SGB X unzulässige Gegenleistung versprechen lässt. In § 58 Abs. 3 SGB X ist geregelt, dass der Vertrag, wenn die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrages betrifft, im Ganzen nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.
126§ 58 Abs. 2 Nr. 3 SGB X ist vorliegend nicht von Bedeutung, da es nicht um einen Vergleichsvertrag nach § 54 SGB X geht, sondern um einen Austauschvertrag. Relevant sind aber § 58 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, 2 und 4 SGB X.
127Nach summarischer Prüfung ist die Kammer der Auffassung, dass kein Verstoß gegen § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 134 BGB bzw. gegen das Vertragsformverbot des § 53 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 SGB X vorliegt. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. § 134 BGB ist bei öffentlich-rechtlichen Verträgen zwar anwendbar, aber dahin gehend auszulegen, dass nur solche schwerwiegenden (qualifizierten) Gesetzesverstöße zur Nichtigkeit des Vertrages führen, die nach ihrem Sinn und Zweck die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges verbieten oder einen bestimmten Vertragsinhalt ausschließen; ein Verstoß gegen Regelungen des SGB II (oder des SGB III bei entsprechender Anwendbarkeit) führt daher nicht automatisch zur Nichtigkeit des Vertrages (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 101). Aus § 53 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 SGB X, dessen Anwendungsbereich sich insofern mit § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 134 BGB überschneiden dürfte, ergibt sich, dass ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durch Vertrag nur insoweit begründet, geändert oder aufgehoben werden, als Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Die Verwaltung hat dabei stets den rechtsstaatlichen Vorrang des Gesetzes zu beachten (Art. 20 Abs. 3 GG). Sofern der Verwaltung eine bestimmte Handlungsform eindeutig durch Gesetz vorgegeben wird, hat sie dies nach Art 20 Abs. 3 GG zu beachten, ihr steht vor allem unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit gegenüber den von ihrem Handeln Betroffenen insoweit keine Gestaltungsfreiheit zu. Eine Eingliederungsvereinbarung ist daher rechtlich nicht zulässig und nichtig, wenn mit ihr keine Eingliederungsleistungen nach §§ 16 ff. SGB II, sondern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. SGB II geregelt werden (vgl. – unter dem Gesichtspunkt des § 53 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 SGB X – BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R – juris (Rn. 34 ff.) m. w. N.; vgl. auch – offenbar unter dem Gesichtspunkt der §§ 58 Abs. 1 SGB X, 134 BGB – Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 101 und 101.1). Hier enthält die Eingliederungsvereinbarung zwar Regelungen, die sich – zumindest faktisch – auch auf die Mitwirkung bei der Berechnung der Leistungen nach den §§ 19 ff. SGB II auswirken, und zwar die Regelung zu der im vorliegenden Verfahren im Fokus stehenden Verpflichtung, monatlich GuV bzw. EÜR vorzulegen. Jedoch wird in der Vereinbarung die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts – anders als in dem vom BSG im Urteil vom 02.04.2014 entschiedenen Fall – nicht unmittelbar geregelt oder gar mit der Erfüllung dieser Verpflichtung verknüpft.
128Einen Verstoß gegen § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 138 BGB, wonach ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt – insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen –, nichtig ist, sieht die Kammer entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht.
129Sonstige Verstöße gegen § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. Vorschriften des BGB sind nicht erkennbar.
130Auch die Voraussetzungen von § 58 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGB X sind nach der Überzeugung der Kammer nicht erfüllt. Ein Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II mit gleichem Inhalt wäre hier nicht nach § 40 SGB II i. V. m. § 40 SGB X nichtig und es spricht auch nichts dafür, dass eine etwaige Rechtswidrigkeit (nicht nur wegen eines Verfahrens oder Formfehlers i. S. d. § 42 SGB X) beiden Vertragschließenden bekannt gewesen wäre.
131Möglich erscheint ein Verstoß gegen § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X ("sich die Behörde eine nach § 55 SGB X unzulässige Gegenleistung versprechen lässt") i. V. m. § 55 Abs. 1 SGB X. Die Kammer hält jedoch ein Obsiegen der Antragstellerin zu 2) in der Hauptsache für nicht wahrscheinlicher als ein Unterliegen, so dass es im Rahmen der Interessenabwägung nach dem o. g. Entscheidungsmaßstab, auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es um eine Absenkung des Regelbedarfes für einen auf drei Monate beschränkten Zeitraum geht, dabei bleibt, dass sich entsprechend der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 39 Nr. 1 SGB II das Vollziehungsinteresse durchsetzt. Im Einzelnen ist zu § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X folgendes auszuführen:
132Nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X darf die Gegenleistung des Vertragspartners der Behörde – hier die Gegenleistung der Antragstellerin zu 2) – nicht unzulässig i. S. v. § 55 SGB X sein (vgl. hierzu Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 110 ff. und Rn. 54 ff.).
133Nach § 55 Abs. 1 SGB X in der anwendbaren, aktuellen Fassung vom 18.01.2001 kann ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X (subordinationsrechtlicher Vertrag), in dem sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung verpflichtet, geschlossen werden, wenn die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart wird und der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dient; die Gegenleistung muss den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen.
134Ein bestimmter Vertragszweck inkl. einer Vermittlungsstrategie (vgl. hierzu Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 54 ff., 58) ist hier bestimmt worden: Die Vereinbarung nennt als Ziel in Übereinstimmung mit § 15 SGB II die "Integration in den 1. Arbeitsmarkt" wobei dies durch Nennung von "Bezeichnung: Selbständigkeit" und durch die Ausführungen unter der Überschrift "Aufgabe des/der Kunden/in", dass die bereits aufgenommene selbständige Erwerbstätigkeit (Imbiss-Betrieb) beibehalten werden soll, näher konkretisiert wird. Die Kammer ist der Auffassung, dass auch eine selbständige Tätigkeit in diesem Zusammenhang eine "Integration in den 1. Arbeitsmarkt" darstellt und deshalb keine widersprüchliche Zwecksetzung vorliegt, und dass nicht nur die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit einen zulässigen Vertragszweck darstellt (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 61 und 78), sondern auch deren Beibehaltung mit dem Ziel einer schrittweisen Steigerung des Erfolgs und damit einhergehenden Minderung der Hilfebedürftigkeit. Die Eingliederungsvereinbarung enthält auch keine Regelungen, die dem verfolgten Ziel widersprechen. Der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung dient unproblematisch der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 63). Unproblematisch ist auch die Einhaltung des Kopplungsverbots bzw. des Gebots eines sachlichen Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung (vgl. Sonnhoff a. a. O. Rn. 72).
135Zweifel hat die Kammer in Bezug auf die Angemessenheit der Gegenleistungen der Antragstellerin zu 2), die unter der Überschrift "Aufgabe des/der Kunden/in" geregelt sind.
136Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X muss die Gegenleistung den gesamten Umständen nach angemessen sein. Als Ausgestaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Mittel soll sichergestellt sein, dass die Gegenleistung nicht außer Verhältnis zum Inhalt der Leistung der Behörde steht. Es soll verhindert werden, dass sich der Bürger zu einer Leistung verpflichtet, die bei Betrachtung des Gesamtvorgangs außer Verhältnis zu den Leistungen steht, die die Behörde zu erbringen hat. Dem Bürger soll keine unzumutbare Belastung für das Verwaltungshandeln auferlegt werden (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 64 m. w. N.). Allgemein ist von einer Störung des Austauschverhältnisses auszugehen, wenn auf der einen Seite völlig unverbindliche Absichts- und Verpflichtungserklärungen konkreten, die Zumutbarkeit überschreitenden Eigenbemühungen gegenüberstehen. Ein derartiger "Vertrag" ist mangels Angemessenheit nichtig gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X. Ist die Gegenleistung für sich alleine betrachtet bereits eindeutig unzumutbar, liegt ebenfalls keine Angemessenheit vor (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 69, 71 und ferner Rn. 110 ff.).
137Die Zumutbarkeit der Pflicht, monatlich alternativ eine EÜR oder eine GuV einzureichen, ist bei isolierter Betrachtung nach vorläufiger Bewertung zu bejahen, weil es der Antragstellerin zu 2) ohnehin für steuerliche Zwecke obliegt, ihren Gewinn zumindest durch Erstellung von EÜR zu ermitteln. Bei der EÜR handelt es sich um eine Gewinnermittlungsart. Gewerbetreibende, die nicht nach § 140 Abgabenordnung (AO), § 5 Einkommensteuergesetz (EStG) i.&8201;V.&8201;m. §§ 238&8201;ff. Handelsgesetzbuch (HGB) oder nach § 141 AO (nach Aufforderung durch das Finanzamt) verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßige Abschlüsse zu machen, können diese Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG wählen. Die (jährliche) GuV ist demgegenüber in § 242 Abs. 2 und 3 sowie §§ 275 ff. HGB geregelt und als Teil des Jahresabschlusses von Kaufleuten vorzunehmen, die zur Buchführung verpflichtet sind, bzw. von Gewerbetreibenden, die sich freiwillig entscheiden, Bücher zu führen. Der Umstand, dass die vorliegende Vereinbarung eine monatliche Erstellung von EÜR vorsieht, dürfte den für EÜR ohnehin zwangsläufig zu betreibenden Aufwand nur unwesentlich erhöhen.
138Ob die sonstigen Gegenleistungspflichten (Anzeige / Abstimmung bestimmter Investitionen etc.) für sich genommen zumutbar sind, muss aus Sicht der Kammer ebenfalls einer Klärung im Hauptsacheverfahren überlassen bleiben. Es wäre aus vorläufiger Sicht insoweit auch eher von einer bloßen Teilnichtigkeit und nicht von einer Gesamtnichtigkeit auszugehen, da nach Meinung der Kammer anzunehmen wäre, dass die Antragsgegnerin die Eingliederungsvereinbarung auch ohne diese Regelungen abgeschlossen hätte (§ 58 Abs. 3 SGB X), und die vorliegend streitige Sanktion beruht nicht auf Verstößen gegen diese Pflichten.
139Zudem tendiert die Kammer dahin, dass im vorliegenden Fall die mit der Antragstellerin vereinbarte Pflicht zur Vorlage von EÜR / GuV und die sonstigen "Abstimmungs- und Genehmigungspflichten" nicht nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X unzulässig ist, weil sie ihrer Zielrichtung nach der Berechnung der Leistungen nach §§ 19 ff. SGB II dienen soll.
140Das LSG NRW hat in einer Entscheidung zu einem teilweise ähnlichen Fall (Beschluss vom 26.11.2012 – L 2 AS 2052/12 B – juris (Rn. 6)) folgendes ausgeführt:
141"Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze waren die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hier erfüllt, weil gegen die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 29.08.2012 durchgreifende Bedenken bestehen. Zentraler Bestandteil einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II und eines diese Vereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II sind gem. § 15 Abs.1 Satz 2 SGB II Bestimmungen darüber, welche Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält und welche Bemühungen er hierzu in welcher Häufigkeit mindestens unternehmen muss sowie in welcher Form er diese Bemühungen nachweisen muss. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 29.08.2012 bestehen hier bereits deshalb, weil der Antragsgegner dort zwar umfangreiche Verpflichtungen des Antragstellers festgelegt hat, für sich selbst aber über die bereits nach den gesetzlichen Vorschriften des SGB II bestehende Verpflichtung zur "Info und Beratung nach gesetzlichen Vorgaben" keine eigenständigen konkreten Pflichten bestimmt hat. Nach dem Grundsatz des Forderns und Förderns muss die Eingliederungsvereinbarung bzw. der sie ersetzende Verwaltungsakt aber konkrete und bestimmbare Pflichten für beide Vertragspartner enthalten (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 15 Rdnr. 23; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.06.2012 L 19 AS 1045/12 B ER, L 19 AS 1046/12 B ER). Die dem Antragsteller auferlegten Pflichten betreffen zudem nicht Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit durch Ausbau seiner selbständigen Tätigkeit, sondern regeln allein, in welcher Weise er die mit seiner selbständigen Tätigkeit erzielten Einnahmen gegenüber dem Antragsgegner dokumentieren soll und welche unternehmerischen Entscheidung (ungeplante Betriebsausgaben, Einstellung von Personal) er nur nach vorheriger Zustimmung des Antragsgegners vornehmen darf. Der Antragsteller weist diesbezüglich zu Recht darauf hin, dass die im Eingliederungsverwaltungsakt festgelegten Pflichten zur Anzeige ungeplanter Betriebsausgaben, zur Einreichung einer monatlichen/quartalsweisen Gewinn- und Verlustrechnung und zum Nachweis des betriebsbedingten Anteils der Kraftfahrzeugnutzung, keine geeigneten Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit sind ist, sondern allein der Überprüfung seiner Leistungsberechtigung dienen. Diese Überprüfung ist aber nicht der Sinn und Zweck einer Eingliederungsvereinbarung."
142Die Kammer ist der Auffassung, dass in der vorliegenden Vereinbarung anders als bei dem dort entschiedenen Sachverhalt hinreichend deutlich wird, dass es nicht um die Überprüfung der Leistungsberechtigung bzw. die Berechnung der Leistungen gehen soll, sondern dass die Verpflichtungen hier eine Art ständiges "Monitoríng" bzw. eine "Erfolgskontrolle" – in der Vereinbarung ist die Rede von einer zeitnahen Prüfung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Unternehmens und einer Überschuldung – und eine Verhinderung von unwirtschaftlichen unternehmerischen Entscheidungen ermöglichen sollen. Die Ergebnisse der Tragfähigkeitsprüfung sollen offenbar bei der vereinbarten, auf Initiative der Antragstellerin zu 2) möglichen begleitenden Beratung oder spätestens bei dem nach einem halben Jahr erfolgenden nächsten Beratungsgespräch dazu führen können, dass das Ratschläge erteilt werden, dass das Integrationsziel bzw. -konzept im Detail modifiziert wird oder – bei anhaltend fehlender Tragfähigkeit – ganz abgeändert und verlangt wird, dass anstelle einer Fortführung des Imbissbetriebs eine andere Tätigkeit aufgenommen wird (vgl. zur Zulässigkeit derartiger Aufforderungen § 10 Abs. 2 Nr. 5 SGB II). Es scheint nach alledem insgesamt um die Förderung der Erfolgschancen der Eingliederung in Form der Beibehaltung der selbständigen Erwerbstätigkeit zu gehen sowie um die Ermittlung der Tatsachen, die vor dem Hintergrund von § 10 Abs. 2 Nr. 5 SGB II für die Prüfung einer Entscheidung zur Änderung des Eingliederungskonzeptes in Richtung einer Aufnahme einer Arbeit relevant sind, und nicht um die Ermittlung der für die Erbringung der Grundsicherungsleistungen maßgeblichen Tatsachen.
143Die Kammer hält dies bei vorläufiger Bewertung für ein potentiell zulässiges Regelungskonzept (vgl. auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 24.06.2014 – L 7 AS 446/14 B ER – juris zu einem Eingliederungsverwaltungsakt, der eine Pflicht vorsah, "binnen nur einer Woche eine Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2013 und eine Vorschau für das Jahr 2014 vorzulegen", was nach Meinung des LSG – offenbar nur wegen der kurzen Frist – "an der Realität vorbeigeht").
144In Bezug auf die Frage der Angemessenheit ist allerdings festzustellen, dass die Antragsgegnerin nur eine sehr allgemein gehaltene Beratungsverpflichtung übernommen hat, während die Antragstellerin zu 2) inhaltlich und zeitlich konkret festgelegte Nachweispflichten (und sonstige Pflichten) übernommen hat. Dies spricht im Ausgangspunkt gegen eine Angemessenheit und für eine Nichtigkeit nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X.
145Die Kammer tendiert jedoch bei vorläufiger Bewertung zu der Auffassung, dass es der Antragsgegnerin in der hier konkret vorliegenden Einzelsituation, in der sie von der Antragstellerin die Beibehaltung einer selbst gewählten, bereits aufgenommenen selbständigen Erwerbstätigkeit verlangt – bzw. anders formuliert: in der sie ihr die Beibehaltung dieser Tätigkeit für zunächst weitere sechs Monate ausdrücklich zugesteht – nicht zwingend abverlangt werden kann, konkretere Verpflichtungen einzugehen. Andere Verpflichtungen als Beratungstätigkeiten sind bei diesem an und für sich zulässigen Integrationskonzept – bis auf Darlehen und Zuschüsse für die Beschaffung von Sachgütern nach § 16c Abs. 1 SGB II – ohnehin schwer vorstellbar. Ein allgemeines Angebot zur Beratung durch eigene Mitarbeiter kann auch – je nach Qualität und Verfügbarkeit – durchaus sehr hilfreich sein. Zudem ist, wie bereits erwähnt, zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zu 2) ohnehin aus vom SGB II-Leistungsbezug unabhängigen Gründen verpflichtet ist, EÜR zu erstellen, wenn auch nicht unbedingt im Monatsturnus.
146Es wird im Hauptsacheverfahren zu ermitteln und abschließend zu bewerten sein, wie genau das vorliegend von der Antragsgegnerin verfolgte Eingliederungskonzept einer "begleitenden" Analyse der Tragfähigkeit gedacht ist und durchgeführt wird – durch über entsprechende Kompetenzen verfügende eigene Mitarbeiter und / oder durch Hinzuziehung externer fachkundiger Stellen –, und ob im Ergebnis durchgreifende Bedenken dagegen bestehen, in einer Eingliederungsvereinbarung Eigenbemühungen im Hinblick auf die Ermöglichung einer (nicht prognostischen sondern nachträglichen) Tragfähigkeitsanalyse zu vereinbaren, wenn Leistungen nach § 16b SGB II (Einstiegsgeld, das bei einem Antrag nach Aufnahme der Tätigkeit allerdings nicht gewährt werden kann (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 27.03.2013 – L 11 AS 809/10 – juris)) oder nach § 16c Abs. 1 oder Abs. 2 SGB II (Leistungen zur Eingliederung von Selbständigen, die auch bzw. im Fall von Abs. 2 nur nach Aufnahme der Tätigkeit gewährt werden können, insbesondere die "Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten" (im Hinblick auf die spezifische Situation eines Selbständigen, nicht berufliche Kenntnisse) "durch geeignete Dritte") – wie es hier offenbar, auch nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsteller, der Fall ist – zum Zeitpunkt des Abschlusses der Eingliederungsvereinbarung weder gewährt wurden / werden, noch beantragt oder wenigstens zwischen den Beteiligten konkret "im Gespräch" sind. Dabei wird auch abschließend zu ermitteln und zu bewerten sein, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen es ausreicht, als Leistung der Behörde die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Selbständigen-Beratung anzubieten, die offenbar durch eigene Mitarbeiter und nicht wie bei § 16c Abs. 2 SGB II "durch geeignete Dritte" durchgeführt werden soll.
147Die Aussage im Vertrag, dass der Antragsteller zu 1) die Antragstellerin zu 2) bei dem Betrieb des Imbiss‘ "unterstützt", deutet die Kammer vorläufig nicht als einzuhaltende Verpflichtung, dass die Antragstellerin zu 2) auf ihren Ehemann dahingehend einwirken muss, dass er ihr hilft. Bei dieser Auslegung spräche alles dafür, dass diese Regelung nichtig wäre. Die Kammer geht aber davon aus, dass hier nur eine unverbindliche Erwartung formuliert wurde. Für diese Auslegung spricht auch, dass die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller zu 1) eine Sanktion wegen der Nichtaufnahme einer Tätigkeit ausgesprochen hat, die sich mit einer "Pflicht" zur Mithilfe im Imbissbetrieb wohl nicht "vertragen" hätte. Selbst bei einer Auslegung als Pflicht läge nach summarischer Bewertung insoweit aber nur eine Teilnichtigkeit und keine Gesamtnichtigkeit vor, da anzunehmen wäre, dass die Antragsgegnerin die Eingliederungsvereinbarung auch ohne diese Regelung abgeschlossen hätte (§ 58 Abs. 3 SGB X).
148Die Regelungen zur Ortsabwesenheit begegnen keinen Bedenken (vgl. Sonnhoff a. a. O. Rn. 73.1).
149Damit ist im summarischen Verfahren insgesamt keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür festzustellen, dass in der Hauptsache inzident die Unwirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung – als Grundlage der Pflicht, deren Nichterfüllung sanktioniert worden ist – festzustellen sein wird.
150Im Übrigen bestehen keine Bedenken bzgl. der Rechtmäßigkeit der Sanktion
151Ein "Widerruf" der Eingliederungsvereinbarung i. w. S. kommt nicht in Betracht bzw. würde ein solcher der Sanktion nicht die Grundlage entziehen.
152Eine Rechtsgrundlage für einen "Widerruf" i. e. S. ist nicht erkennbar. Eine Anfechtung der Vereinbarung nach § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 142 BGB wegen Irrtums, § 119 BGB, falscher Übermittlung, § 120 BGB, oder arglistiger Täuschung, § 123 BGB, kommt ebenfalls nicht in Betracht. Und § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X sieht zwar bei einer maßgeblichen Änderung der Verhältnisse einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages und bei Unzumutbarkeit ein Kündigungsrecht vor (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.2012 – B 11 AL 15/11 R – juris (Rn. 24 ff.) m. w. N.). Voraussetzung ist zunächst, dass es nachträglich zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gekommen ist. Die Änderung kann sich auf tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse beziehen, sie muss stillschweigende Vertragsgrundlage sein. Hier gab es aber keinerlei Änderung der Verhältnisse.
153Ein wichtiger Grund nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II liegt hier nicht vor (vgl. zum Begriff des wichtigen Grundes BSG, Urteil vom 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R – juris (Rn 29)). Denkbar ist – wie ausgeführt – allenfalls, dass es bereits an einer Weigerung fehlt.
154Der Sanktionsfeststellungsbescheid entspricht schließlich bzgl. des Sanktionszeitraums der gesetzlichen Regelung der § 31b Abs. 1 SGB I, wonach sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats mindert, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt, und die Minderung drei Monate dauert. Wirksam geworden ist der Sanktionsfeststellungsbescheid vom 03.04.2014 durch die Zustellung des Bescheides per Postzustellungsurkunde am 08.04.2014. Der Sanktionszeitraum musste daher am 01.05.2014 beginnen und am 31.07.2014 enden.
155Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
156Die Entscheidung über den mit Einreichung der Eilantragsschrift am 20.05.2014 gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 73a SGG i. V. m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgeblich sind aufgrund des Zeitpunktes der Antragstellung nach § 40 des Gesetzes, betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung (EGZPO), der Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts, die §§ 114 ff. ZPO in der ab dem 01.01.2014 geltenden Fassung. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war unabhängig von den Erfolgsaussichten des Eilantrags gem. § 73a SGG i. V. m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO abzulehnen, da die Antragsteller die nach § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem nach § 117 Abs. 4 ZPO i. V. m. der Prozesskostenhilfevordruckverordnung (PKHVV) vorgeschriebenen Formular und die ebenfalls erforderlichen Belege zur Glaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht eingereicht haben, obwohl die Antragsteller mit der gerichtlichen Eingangsverfügung vom 21.05.2014 unter Setzung einer einwöchigen Frist zur Einreichung dieser Unterlagen aufgefordert und u. a. mit Schreiben vom 20.06.2014 – erneut mit Fristsetzung – hieran erinnert wurden. Damit haben die Antragsteller im vorliegenden Verfahren innerhalb der gesetzten Fristen und darüber hinaus bis zum Abschluss der Instanz nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Gewährung von Prozesskostenhilfe vorliegen.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 22. Juni 2011 und die Bescheide des Beklagten vom 8. und 9. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Februar 2011 insoweit abgeändert, als der Klägerin für Januar und Februar 2011 höhere Leistungen ohne Abzug der Warmwasserpauschale sowie unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs von 364 EUR und um 12 EUR höherer KdU zu gewähren sind. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage wegen des Bescheids vom 9. November 2011 abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass
- 1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird, - 2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über
- 1.
(weggefallen) - 2.
(weggefallen) - 3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4); - 4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen; - 5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.
(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes
- 1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder - 2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.
(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.
(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.
(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.
(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.
(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.
(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Tenor
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Vollziehbarkeit zweier Sanktionsbescheide der Antragsgegnerin nach §§ 31 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (nachfolgend: SGB II) und in diesem Zusammenhang um den Umfang der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. SGB II.
4Der am XX.XX.XXXX geborene Antragsteller zu 1) und seine Ehefrau, die am XX.XX.XXXX geborene Antragstellerin zu 2), sind pakistanische Staatsangehörige. Sie beziehen zusammen mit ihren beiden gemeinsamen Kindern seit mehreren Jahren Leistungen nach dem SGB II bei der Antragsgegnerin.
5Am 16.01.2014 schloss die Antragstellerin zu 2) mit der Antragsgegnerin eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II mit dem Ziel "Integration in den 1. Arbeitsmarkt" und der Bezeichnung "Selbstständigkeit" sowie der Angabe "Frist zur Erledigung der Aufgaben: 15.07.2014". In dieser Vereinbarung heißt es unter der Überschrift "Aufgaben des/der Kunden/in" u. a., dass die Antragstellerin zu 2) auf eigenen Wunsch selbstständig bleibe mit einem Imbiss, und dass sie dabei von ihrem Ehemann unterstützt werde. Sie werde "monatlich ab Januar 2014 alle Betriebseinnahmen und -ausgaben in geeigneter Form durch Einnahmen-Überschussrechnungen (EÜR) bzw. Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) immer fristgerecht bis zum 15. des Folgemonats zur Prüfung dem zuständigen Selbstständigenberater/-beraterin vorlegen, um zeitnah eine Tragfähigkeit des Unternehmens und eine Überschuldung prüfen zu lassen". Nach Ablauf eines halben Jahres werde spätestens ein erneutes Beratungsgespräch geführt, in welchem die Tragfähigkeit des Gewerbes besprochen wird. Die Antragstellerin zu 2) verpflichte sich, "im Rahmen der Geschäftstätigkeit ( ) geplante Investitionen (Betriebsausgaben) ab einer Höhe von 250 EUR sowie sämtliche geplanten betrieblichen Ausgaben mit Dauerwirkung (z. B. Mietverträge, Darlehensverträge) vor der tatsächlichen Ausgabe im Vorfeld anzuzeigen, damit die Notwendigkeit und Angemessenheit der Ausgabe geprüft werden kann". Ferner heißt es dort, die Antragstellerin zu 2) werde verpflichtet, "vor Realisierung der geplanten Investition ( ) drei Kostenangebote vorzulegen". Weiterhin werde sie verpflichtet, "die vertragliche Bindung von Arbeitnehmern unabhängig vom Beschäftigungsumfang unverzüglich anzuzeigen und mit dem Selbstständigenberater/-beraterin abzustimmen". Zudem heißt es dort: "Die Einstellung oder Beauftragung von Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern (Ehepartner, Lebensgefährte, Kinder) ist von Ihnen dem Berater/-in vorab bekanntzugeben und die Zustimmung einzuholen. Dies ist erforderlich, damit die Notwendigkeit geprüft werden kann." Außerdem enthält die Vereinbarung Vorgaben zur Erreichbarkeit der Antragstellerin zu 2) bzw. zur Abstimmung beruflich veranlasster Aufenthalte außerhalb des Zeit- und ortsnahen Bereichs. Unter der Überschrift "Aufgaben des/der Berater/in" heißt es im Wesentlichen, dass die Antragsgegnerin "als Ansprechpartner bei Fragen bezüglich der Selbstständigkeit zur Verfügung" stehe. Die Vereinbarung beinhaltet eine Rechtsfolgenbelehrung, nach der das Arbeitslosengeld II im Fall einer ohne den Nachweis eines wichtigen Grundes erfolgten Weigerung, die Pflichten aus der Vereinbarung zu erfüllen, für die Dauer von drei Monaten um 30 % der für die Antragstellerin zu 2) maßgebenden Regelleistung abgesenkt werde, maximal um 105,90 EUR.
6Mit einem an den Antragsteller zu 1) gerichteten Bescheid vom 13.03.2014 senkte die Antragsgegnerin sein Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 % seines maßgebenden Regelbedarfs ab, was nach aktueller Sachlage bedeute, dass sein Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von max. 105,90 EUR abgesenkt werde. Diese Regelung gelte für die Zeit vom 01.04.2014 bis 30.06.2014. Zur Begründung gab die Antragsgegnerin an, dass der Antragsteller zu 1) mit Schreiben vom 30.01.2014 aufgefordert worden sei, eine zumutbare Arbeit als Verpacker/Lagermitarbeiter aufzunehmen bzw. fortzuführen. Der Antragsteller zu 1) sei dieser Aufforderung trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachgekommen. Die vom Antragsteller zu 1) gegebene Begründung für sein Verhalten, dass er sich zum 01.01.2014 selbständig gemacht habe, sei nicht als wichtiger Grund anerkannt worden, da der Imbiss von der Antragstellerin zu 2) und nicht von ihm geführt werde und er nicht ihr Arbeitnehmer sei bzw. hieraus Einkommen erziele. Der Bescheid vom 13.03.2014 wurde dem Antragsteller zu 1) per Postzustellungsurkunde am 20.03.2014 zugestellt.
7Mit Bescheid vom 21.03.2014 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern und den Kindern Leistungen nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 01.04.2014 bis zum 30.09.2014. Die Bewilligung erfolgte nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III vorläufig, soweit zukünftige bzw. noch nicht nachgewiesener Einkünfte auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts angerechnet wurden. Als Einkommen wurden Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit der Antragstellerin zu 2) i. H. v. 610 EUR abzüglich eines Freibetrags von 202 EUR, mithin 408 EUR, angerechnet. Auf Seite 1 dieses Bescheides heißt es, dass "folgende Leistungen" bewilligt werden; im Anschluss hieran folgt eine tabellarische Aufstellung, der man entnehmen kann, dass dem Antragsteller zu 1) Arbeitslosengeld II i. H. v. 263,67 EUR bewilligt wird und der Antragstellerin zu 2) Arbeitslosengeld II i. H. v. 369,59 EUR. Im Berechnungsabschnitt 1 des Bescheides heißt es bei der Berechnung der Leistungen für den April 2014 in Bezug auf den Antragsteller zu 1), dass sein Anspruch i. H. v. 369,57 EUR aufgrund einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II – 1. Pflichtverletzung (30 % vom Regelbedarf) – vom 01.04.2014 bis zum 30.06.2014 um 105,90 EUR gemindert werde.
8Mit einem an die Antragstellerin zu 2) gerichteten Bescheid vom 03.04.2014 senkte die Antragsgegnerin – nach vorangegangener Anhörung (Schreiben vom 13.03.2014) – ihr Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 % ihres maßgebenden Regelbedarfs ab, was nach aktueller Sachlage bedeute, dass ihr Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von max. 105,90 EUR abgesenkt werde. Diese Regelung gelte für die Zeit vom 01.05.2014 bis 31.07.2014. Zur Begründung gab die Antragsgegnerin an, dass die Antragstellerin zu 2) – was zwischen den Beteiligten im vorliegenden Eilverfahren unstreitig ist – die in der Eingliederungsvereinbarung vom 16.01.2014 vereinbarte Verpflichtung, monatlich ab dem Monat Januar 2014 eine Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) bis zum 15. des Folgemonats abzugeben, trotz schriftlicher Rechtsfolgenbelehrung nicht erfüllt habe. Zwar sei die EÜR für den Monat Januar 2014 im Rahmen des Anhörungsverfahrens am 27.03.2014 nachgereicht worden. Jedoch könne darin kein wichtiger Grund gesehen werden, da die EÜR für den Folgemonat Februar 2014 erneut nicht abgegeben worden sei. Der Bescheid vom 03.04.2014 wurde der Antragstellerin zu 2) per Postzustellungsurkunde am 08.04.2014 zugestellt.
9Mit Änderungsbescheid vom 17.04.2014 hob die Antragsgegnerin den Bescheid vom 21.03.2014 "in dem dargestellten Umfang mit Wirkung ab 01.05.2014" nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) wegen des Eintritts einer wesentlichen Änderung gegenüber den Verhältnissen, die beim Erlass jenes Bescheides vorgelegen hatten, auf, und setzte die Leistungen, wiederum nach § 328 SGB III vorläufig, für den Zeitraum ab dem 01.05.2014 neu fest. Die Bewilligungsentscheidung blieb im Hinblick auf den Antragsteller zu 1) gleich. Für die Antragstellerin zu 2) wurde nunmehr Arbeitslosengeld II nur noch i. H. v. 263,69 EUR bewilligt. In Berechnungsabschnitt 1 des Bescheides heißt es hinsichtlich der Berechnung des Anspruchs der Antragstellerin zu 2) für den Mai 2014, dass ihr Anspruch wegen einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB II – 1. Pflichtverletzung (30 % vom Regelbedarf) – vom 01.05.2014 bis zum 31.07.2014 um 105,90 EUR gemindert werde.
10Mit Schreiben vom 03.05.2014 erhob der Antragsteller zu 1) gegen den Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 Widerspruch. Dieser Widerspruch wurde während des vorliegenden Eilverfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2014 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass der Bescheid am 20.03.2014 zugestellt worden sei und dementsprechend der Widerspruch nicht innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist, die am 20.04.2014 abgelaufen sei, erhoben worden sei. Dem in dem Widerspruchsschreiben enthaltenen Wiedereinsetzungsantrag sei nicht stattzugeben gewesen. Der Vortrag, der Bescheid sei erst am 02.05.2014 "aufgefunden worden", rechtfertige keine Wiedereinsetzung. Die Antragsgegnerin legte den verspäteten Widerspruch zu Gunsten des Antragstellers zu 1) auch als Antrag auf Überprüfung des Sanktionsbescheides nach § 44 SGB X aus und wies diesen Überprüfungsantrag ebenfalls mit Bescheid vom 18.06.2014 zurück, da keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des Leistungsbescheides erkennbar seien.
11Mit dem Schreiben vom 03.05.2014 erhob zudem die Antragstellerin zu 2) Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom 03.04.2014. Mit Schreiben vom 18.05.2014 erklärten die Antragsteller den "Widerruf von Anfang an" bzgl. der Eingliederungsvereinbarung zwischen der Antragstellerin zu 2) und der Antragsgegnerin. Sie machten geltend, die Vereinbarung sei sittenwidrig und unzulässig. Es sei keine Leistung der Antragsgegnerin enthalten. Der Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom 03.04.2014 wurde während des vorliegenden Eilverfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2014 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin an, dass ein wichtiger Grund weiterhin nicht benannt worden sei. Die Erklärung, die Eingliederungsvereinbarung widerrufen zu wollen, stelle keinen wichtigen Grund dar.
12Mit dem Schreiben vom 03.05.2014 erhoben die Antragsteller zu 1) und 2) schließlich auch Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 21.03.2014. Sie wandten sich hiermit gegen die darin vorgesehene abgesenkte Gewährung von Arbeitslosengeld II für den Antragsteller zu 1). Dieser Widerspruch wurde während des vorliegenden Eilverfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2014 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin an, dass der Bescheid hinsichtlich der Sanktion nur der Umsetzung des Sanktionsbescheides vom 13.03.2014 diene. Gegen diesen Umsetzungsakt sei ein Widerspruch nicht zulässig, da es sich hierbei nicht um eine Regelung nach § 31 SGB X (Verwaltungsakt) handele. Eine Regelung sei insoweit lediglich in dem Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 getroffen worden.
13Am 20.05.2014 haben die Antragsteller Klage erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Das Klageverfahren wird unter dem Aktenzeichen S 32 AS 2022/14 geführt. Die Kammer hat in jenem Verfahren zunächst darauf hingewiesen, dass die Klage mangels abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens unzulässig sei, soweit sie sich gegen die Sanktionen richtete. Nachdem die Antragsteller bzw. die dortigen Kläger mit Schreiben vom 30.06.2014 auf fünf zwischenzeitlich zugestellte Widerspruchsbescheide Bezug genommen hatten, hat die Kammer mitgeteilt, dass sie davon ausgehe, dass sich die Klage S 32 AS 2022/14 nunmehr (jedenfalls auch) gegen die Sanktionsbescheide vom 13.03.2014 und vom 03.04.2014 in der Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 18.06.2014 und gegen den Bewilligungsbescheid vom 21.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2014 richtet.
14Die Antragsteller tragen vor, dass die gegenüber den Antragstellern jeweils vorgenommenen Kürzungen um 30 % unberechtigt seien. Die Eingliederungsvereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Antragstellerin zu 2) sei widerrufen worden und die darin geregelten Verpflichtungen der Antragstellerin zu 2) seien sittenwidrig und ihnen stehen keine ausreichenden Leistungen der Antragsgegnerin gegenüber. Zudem fordere die Antragsgegnerin, dass die monatlichen Überschussrechnungen der Einnahmen und Ausgaben durch einen Steuerberater o. ä. eingereicht werden. Der Steuerberater der Antragsteller habe sich "längere Zeit im Krankenhaus" befunden habe, was "der Stadt Hamm vorsorglich mitgeteilt" worden sei, und dass er die "Einnahme-Überschussrechnungen für FEB und MRZ 2014 jedoch längst eingereicht" habe. Die Sanktion gegenüber dem Antragsteller zu 1) sei deshalb unberechtigt, weil der Antragstellerin zu 2) in der Eingliederungsvereinbarung auferlegt worden sei, dass der Antragsteller zu 1) ihr helfen solle; die Antragsgegnerin könne dann nicht gleichzeitig vom Antragsteller zu 1) fordern, eine anderweitige Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Von den gekürzten Leistungen können die Antragsteller nicht leben. Sie können im Übrigen auch ihre Selbstständigkeit nicht fortführen. Das Gewerbe (Imbiss) sei mit Schreiben vom 19.05.2014 abgemeldet worden.
15Die Antragsteller beantragen (sinngemäß),
16die aufschiebende Wirkung der Klage S 32 AS 2022/14 gegen den an den Antragsteller zu 1) gerichteten Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014 anzuordnen und die Vollziehung dieses Bescheides aufzuheben, indem die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet wird, dem Antragsteller zu 1) Leistungen nach dem SGB II ohne Berücksichtigung dieser Sanktion zu gewähren;
17die aufschiebende Wirkung der Klage S 32 AS 2022/14 gegen den an die Antragstellerin zu 2) gerichteten Sanktionsbescheid vom 03.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014 in Verbindung mit der Aufhebungsverfügung in dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 anzuordnen und die Vollziehung dieser Bescheide aufzuheben, indem die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet wird, der Antragstellerin zu 2) Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe des Bewilligungsbescheides vom 21.03.2014 zu gewähren.
18Die Antragsgegnerin beantragt,
19den Antrag abzulehnen.
20Sie trägt vor, dass der den Antragsteller zu 1) betreffende Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 bestandskräftig geworden und der erst am 03.05.2014 eingelegte Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2014 wegen Verfristung zurückgewiesen worden sei. Auch der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X, als der der Widerspruch zu Gunsten des Antragstellers zu 1) ausgelegt worden sei, sei mit Bescheid vom 18.06.2014 abgelehnt worden. Eine Eilbedürftigkeit sei nicht zu erkennen, wenn der Antragsteller zu 1) einen Sanktionsbescheid zunächst bestandskräftig werden lässt. Die Eingliederungsvereinbarung sei ein öffentlich-rechtlicher Vertrag und könne nicht von der Antragstellerin zu 2) einseitig widerrufen werden. Die darin von der Antragstellerin zu 2) eingegangene Verpflichtung, monatlich Einnahme-Überschussrechnungen abzugeben, sei für Januar lediglich zu spät, im Rahmen des Anhörungsverfahrens, erfüllt worden; weitere Rechnungen seien nicht eingereicht worden. Der Leistungsbescheid vom 21.03.2014 habe die Sanktion vom 13.03.2014 gegenüber dem Antragsteller zu 1) berücksichtigt. Die Sanktion gegenüber der Antragstellerin zu 2) sei mit dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 umgesetzt worden. Die Umsetzungen Leistungsbescheide enthalten bezüglich der Sanktionen keine eigenständigen Regelungen. Soweit die Antragsteller geltend machen, ihr Gewerbe abgemeldet zu haben und über geringeres Einkommen zu verfügen, seien sie – bislang vergeblich –aufgefordert worden, entsprechende Belege einzureichen.
21Die Antragsteller haben im laufenden Verfahren mehrfach um Fristverlängerung gebeten. Nachdem sich eine Rechtsanwältin als Bevollmächtigte bestellt hatte, erhielt sie Akteneinsicht. Trotz Fristsetzung und Erinnerung ist im Anschluss hieran bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung keine weitere Stellungnahme erfolgt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (Leistungsakten und Integrationsakten) Bezug genommen. Diese lagen vor und waren Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung.
23II.
24Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
25Der Antrag ist auslegungsbedürftig, denn die schriftsätzlich gestellten Anträge sind ihrem Wortlaut nach nicht hinreichend bestimmt i. S. v. § 92 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Gericht hat in einem solchen Fall den Inhalt des Antrags nach Maßgabe von § 123 SGG und dem Rechtsgedanken von § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und nach dem erkennbaren Gegenstand des Klage- bzw. Eilrechtsschutzbegehrens (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGG) durch Auslegung zu ermitteln (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 123 Rn. 3 und Vorbemerkung vor § 60 Rn. 11a; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 92 Rn. 12).
26Da das Begehren der Antragsteller sich erkennbar gegen zwei Sanktionen nach §§ 31, 31a, 31b SGB II und die hierauf zurückzuführende um 30 % des Regelbedarfes verminderte Gewährung von Leistungen nach §§ 19 ff. SGB II im Zeitraum zwischen dem 01.04.2014 und dem 30.06.2014 (Sanktion gegen den Antragsteller zu 1)) bzw. zwischen dem 01.05.2014 und dem 31.07.2014 (Sanktion gegen die Antragstellerin zu 2)) richtet, hat das Gericht den Antrag entsprechend § 133 BGB dahingehend ausgelegt, dass er gegen die Umsetzung bzw. Vollziehung der entsprechenden Sanktionsbescheide bzw. aller der Durchführung der Sanktionen dienenden Bescheide gerichtet ist.
27Der unter Ziff. I genannte Antrag gibt das genaue Ergebnis der Auslegung wieder.
28Als Sanktionsbescheide in diesem Sinne und damit als "Angriffsziele" für einen Eilantrag existieren hier die zwei Sanktionsfeststellungsbescheide nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II vom 13.03.2014 und 03.04.2014. Da es damit, wie es wohl in der Verwaltungspraxis auch regelmäßig der Fall ist, in Bezug auf beide Sanktionen Bescheide nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II, die "die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellen", gibt, kann dahin stehen, ob es nach der seit dem 01.04.2011 geltenden Rechtslage immer eines feststellenden Verwaltungsaktes bedarf (zweifelnd Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 18), oder ob im Einzelfall weiterhin ein Aufhebungsverwaltungsakt nach § 48 SGB X ausreicht, wie es der 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) zu der bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage jedenfalls für die Fälle angenommen hat, in denen die Sanktion einen Zeitraum betrifft, für den bereits ungekürzte Leistungen bewilligt worden waren (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R – juris (Rn. 13); BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 20/09 R – juris (Rn. 12); BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R – juris (Rn. 13-15); offen gelassen vom 14. Senat des BSG im Urteil vom 18.02.2010 – B 14 AS 53/08 R – juris (Rn. 16)).
29Angesichts dessen und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles handelt es sich nach Meinung der Kammer vorliegend entgegen dem "Betreff" der Antragsschrift weder um einen ausschließlichen, noch um einen zusätzlich oder hilfsweise gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG, sondern allein um einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, verbunden mit einem Antrag auf Aufhebung der Vollziehung nach § 86 Abs. 1 Satz 2 SGG. Im Einzelnen ergibt sich das aus folgenden Erwägungen:
30Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Widersprüche und Klagen gegen Sanktionsfeststellungsbescheide nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGB II ("Verwaltungsakt, der die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt") keine aufschiebende Wirkung. Das gleiche gilt für Widersprüche und Klagen gegen Aufhebungsverwaltungsakte gem. § 48 SGB X, vgl. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 Alt. 1 SGB II ("Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt"); dies gilt für Aufhebungen im Allgemeinen und gerade auch dann, wenn sie – wie die hier in dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 enthaltene Aufhebungsverfügung (dazu sogleich) – der Umsetzung eines Sanktionstatbestandes dienen (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 18).
31Eine einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG kommt demgegenüber nur in Betracht, soweit kein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG: "Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt "). Soweit ein Antragsteller sein im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verfolgtes Ziel vollständig mit einem Antrag nach § 86b Abs. 1 SGG erreichen kann, ist der Antrag auf Erlass einer einstweilen Anordnung ausgeschlossen (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 28 m. w. N.). Dies ist dann der Fall, wenn das Rechtsschutzbegehren auf die einstweilige Wiederherstellung des Zustands vor Erlass des Verwaltungsaktes beschränkt ist.
32Für die – ggf. zusätzliche – Anwendung der Eilrechtsschutzform des § 86b Abs. 2 SGG ist daher grundsätzlich nur dann Raum, wenn in der Hauptsache keine isolierte Anfechtungsklage zu erheben ist, sondern eine Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 SGG), eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Abs. 4 SGG), eine isolierte Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) oder eine Feststellungsklage nach § 55 SGG (vgl. Aubel a. a. O.).
33Daher wird auch teilweise vertreten, dass für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG – ggf. als Hilfsantrag zu einem Hauptantrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG – dann Raum ist, wenn in der Hauptsache grundsätzlich ein isolierter Anfechtungsrechtsbehelf zu erheben gewesen wäre, dieser im konkreten Fall, etwa wegen Versäumung der Rechtsbehelfsfrist und wegen Fehlens oder Aussichtslosigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages (§ 67 SGG), offensichtlich unzulässig ist (zu dieser Konstellation später näher), der angefochtene Bescheid damit bestandskräftig und nach § 77 SGG verbindlich geworden ist, aber ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt worden ist.
34Ein Antrag nach § 44 SGB X ändert die Bestandskraft des Ursprungsbescheids so lange nicht, wie ihm nicht ganz oder teilweise entsprochen worden ist (vgl. Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.07.2011 – L 5 AS 226/11 B ER – juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.03.2011 – L 13 AS 82/11 B ER – juris (Rn. 8); LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.01.2011 – L 14 AL 373/10 B ER – juris (Rn. 3); Bayerisches LSG, Beschluss vom 23.09.2010 – L 7 AS 651/10 B ER – juris (Rn. 19)). Einer Klage bzgl. einer Überprüfungsentscheidung kommt daher keine aufschiebende Wirkung gegen die zu überprüfenden Entscheidungen zu; die aufschiebende Wirkung kann in der Folge nicht gem. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG hergestellt werden (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 18.02.2010 – L 5 R 43/10 B ER – juris (Rn. 11)).
35Zudem ist bei Überprüfungsanträgen nach § 44 SGB X in der Hauptsache nicht ein isolierter Anfechtungswiderspruch bzw. eine isolierte Anfechtungsklage der statthafte Rechtsbehelf, sondern im Falle der Nichtbescheidung des Überprüfungsantrages eine Untätigkeitsklage und im Falle eines den Antrag ablehnenden Bescheides eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungsklage und wenn höhere Leistungen gewährt werden sollen eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage: Das Gericht hat auf die Anfechtungsklage nur über die Ablehnung (d. h. negative Feststellung) des geltend gemachten Anspruchs auf Rücknahme des / der nach § 44 SGB X zur Überprüfung gestellten Verwaltungsakte(s) zu entscheiden. Auf die damit verbundene Verpflichtungsklage wird die Verpflichtung des Beklagten zur Rücknahme dieses / dieser Verwaltungsakte(s) ausgeurteilt. Und auf eine weitere Verpflichtungsklage wird die Pflicht zur Neufeststellung ausgeurteilt, sofern nicht diese zweite Verpflichtungsklage entsprechend § 54 Abs. 4 SGG durch eine allgemeine Leistungsklage konsumiert wird (vgl. den Beschluss der Kammer vom 16.05.2014 – S 32 AS 484/14 ER – juris (Rn. 55); BSG, Urteil vom 13.02.2014 – B 4 AS 22/13 R – juris (Rn. 11) m. w. N.; BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 17/13 R – juris (Rn. 12) m. w. N.; BSG, Urteil vom 24.07.2003 – B 4 RA 62/02 R – juris; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 54 Rn. 20c m. w. N.; Baumeister in: juris-PK SGB X, § 44 Rn. 154; a. A. BSG, Urteil vom 05.09.2006 – B 2 U 24/05 R – juris (Rn. 9); Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Auflage 2011, Kapitel IV Rn. 76). Auch wegen dieser in der Hauptsache statthaften Klagekombination ist ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei Überprüfungsanträgen nicht statthaft.
36In Fällen, in denen eine (ggf. teilweise) ablehnende Entscheidung zu einem Leistungsantrag bestandskräftig geworden ist, wird vor diesem Hintergrund teilweise der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG dahingehend, dass vorläufig Leistungen zu gewähren sind, für statthaft gehalten, wenn ein Antrag auf Überprüfung gestellt worden ist, der Antragsteller also einen Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 44 SGB X geltend macht (vgl. den Beschluss der Kammer vom 16.05.2014 – S 32 AS 484/14 ER – juris (Rn. 55 und 120); Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 29c m. w. N.). Das Bayerische LSG hält diese Grundsätze auf Eingriffsbescheide, jdf. auf Aufrechnungsverwaltungsakte, für übertragbar (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 26.03.2014 – L 7 AS 220/14 B ER – juris; vgl. auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 29.04.2014 – L 7 AS 260/14 B ER – juris (Rn. 47 ff.)).
37Erforderlich ist auch nach dieser Auffassung aber, dass der Behörde insoweit vor Eilantragstellung eine ausreichende Bearbeitungsfrist eingeräumt worden ist (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 25.05.2011 – L 7 AS 206/11 B ER – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 23.09.2010 – L 7 AS 651/10 B ER – a. a. O.). An Darlegung und Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes sind dann besonders strenge Anforderungen zu stellen; denn das Unterlassen eines rechtzeitigen Rechtsbehelfs trotz Rechtsbehelfsbelehrung spricht gegen eine Eilbedürftigkeit. Soll ein bestandskräftig gewordener Bescheid in einem Verfahren nach § 44 SGB X zurückgenommen werden, ist es dem Antragsteller im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und gegebenenfalls in einem anschließendem Hauptsacheverfahren abzuwarten (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 25.05.2011 a. a. O. m. w. N.); zur Annahme der Unzumutbarkeit eines solchen Abwartens ist es erforderlich, dass massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse dargelegt und glaubhaft gemacht werden (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 27.05.2013 – L 19 AS 638/13 B ER – juris).
38Der zu einem Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG für den Fall einer bereits erfolgten Vollziehung regelmäßig hinzutretende "Annexantrag" auf Aufhebung der Vollziehung nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG erfasst dabei als unselbstständiger Folgenbeseitigungsanspruch die Rückgängigmachung bereits erfolgter Vollziehungshandlungen, wobei umstritten ist, ob diese Vorschrift die Gerichte nach dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, die Beseitigung rechtswidrig eingetretener Vollzugsfolgen anzuordnen, ob also ein "Automatismus" besteht, oder ob ein Ermessen besteht und eine gesonderte Interessenabwägung durchgeführt werden muss, bei der das öffentliche Interesse an dem Fortbestand des Vollzuges gegen das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung der Vollziehung abzuwägen und auch insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers nach § 39 SGB II, die aufschiebende Wirkung einer Klage auszuschließen, ausreichend zu beachten ist, und bei der der Rechtsschutzanspruch des Bürgers umso stärker ins Gewicht fällt, je schwerer die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme Unabänderliches bewirkt (vgl. hierzu den Beschluss der Kammer vom 16.05.2014 – S 32 AS 484/14 ER – juris (Rn. 113 f.)).
39Vor dem Hintergrund dieses Systems des sozialgerichtlichen Eilrechtsschutzes ist nach Meinung der Kammer bei Sanktionen nach §§ 31 ff. SGB II grundsätzlich die isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG der statthafte und zur Verwirklichung des Rechtsschutzzieles ausreichende Hauptsacherechtsbehelf (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 – L 3 AS 88/12 B ER – juris (Rn. 22)).
40Statthafte und ausreichende Eilrechtsschutzart ist damit grundsätzlich der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Sächsisches LSG a. a. O.; LSG Nordrhein-Westfalen (NRW), Beschluss vom 21.12.2012 – L 19 AS 2332/12 B ER – juris (Rn. 19)), verbunden mit dem Annexantrag auf Aufhebung der Vollziehung nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 30.04.2013 – L 7 AS 521/13 B ER – juris (Rn. 2)).
41Auch bei den im vorliegenden Fall zu beurteilenden Sanktionen ist dies der Fall:
42Die isolierte Anfechtungsklage ist nach Meinung der Kammer die in der Hauptsache statthafte Klageart. Dies gilt sowohl für die Konstellation, in der für den Sanktionszeitraum bereits Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind und der/die entsprechende(n) Bewilligungsbescheid(e) durch einen entsprechenden zusätzlichen Verfügungssatz, der entweder in dem Sanktionsfeststellungsbescheid oder in einem die Sanktion "umsetzenden" Änderungsbescheid enthalten sein kann, im Umfang der Minderung nach § 48 SGB X aufgehoben wird, wie es vorliegend bei der Sanktion gegen die Antragstellerin zu 2) der Fall ist (dazu sogleich näher), als auch für die Konstellation, in der schon die erste den Sanktionszeitraum erfassende Bewilligungsentscheidung Leistungen nach dem SGB II nur in der sich aus der Sanktion ergebenden Höhe festsetzt, wie es hier bei der Sanktion gegen den Antragsteller zu 1) der Fall ist (dazu später näher).
43Nach Auffassung der Kammer bildet in der ersten Konstellation der Sanktionsfeststellungsbescheid nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II mit der Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X eine rechtliche Einheit (Regelungseinheit), und zwar auch dann, wenn der Aufhebungsverfügungssatz nicht in dem Sanktionsfeststellungsbescheid sondern in einem nachfolgenden Änderungsbescheid enthalten ist.
44Die Antragsgegnerin hat hier die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung zugunsten der Antragstellerin zu 2) in dem Bescheid vom 21.03.2014, mit der ungekürzte Leistungen nach dem SGB II u. a. im Sanktionszeitraum bewilligt worden waren, durch einen Verfügungssatz in dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 im Umfang der mit dem Bescheid vom 03.04.2014 gegenüber der Antragstellerin zu 2) ausgesprochenen Sanktion – wie es aus Sicht der Kammer geboten ist (dazu später näher) – teilweise nach § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben.
45In einem solchen Fall ist nach Auffassung der Kammer nicht nur das Sanktionsereignis bzw. der Sanktionsbescheid Streitgegenstand eines Rechtsbehelfsverfahrens, sondern die Regelungseinheit aus dem Sanktionsbescheid und der Aufhebungsverfügung, und in diesem Rahmen der Leistungsanspruch des von der Sanktion betroffenen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Sanktionszeitraum dem Grunde und der Höhe nach (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (insbes. Rn. 12, 13 ff. und 26) zur bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage; vgl. ferner BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – juris (Rn. 9); BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 4 AS 60/07 R – juris (Rn. 12 ff.)).
46Daher ist für den Fall, dass sich die Sanktion als rechtmäßig herausstellt, zu prüfen, ob das Rechtsschutzziel – die Gewährung ungeminderter Leistungen – auf andere Weise ganz oder teilweise erreicht werden kann, ob also aus einem anderen Grund ein höherer Anspruch besteht und die Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X daher ganz oder teilweise (der Höhe nach) rechtswidrig und aufzuheben ist (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 a. a. O. – juris (Rn. 12, 26)). Da es sich bei isolierter Betrachtung sowohl bei einer Sanktion als auch bei einer Aufhebung nach § 48 SGB X um belastende Verwaltungsakte handelt, die im Wege der isolierten Anfechtung angreifbar sind bzw. wären, muss das gleiche dann auch für eine solche Regelungseinheit gelten. Daher ist auch – soweit ersichtlich – allgemein anerkannt, dass Anfechtungswiderspruch und Anfechtungsklage die statthaften Hauptsacherechtsbehelfe gegen kombinierte Sanktionsfeststellungs- und Aufhebungsbescheide sind (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 14 f.); BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 20/09 R – juris (Rn. 12); BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R – juris (Rn. 12)). Nichts anderes kann gelten, wenn – wie hier – die Aufhebungsverfügung nicht im Sanktionsfeststellungsbescheid sondern in einem Änderungsbescheid enthalten ist.
47In Bezug auf die mit dem Bescheid vom 03.04.2014 gegenüber der Antragstellerin zu 2) ausgesprochene Sanktion richtet sich der ausdrücklich gegen den Sanktionsbescheid gerichtete Hauptsacherechtsbehelf, die Klage S 32 AS 2022/14, nach Meinung der Kammer bei dieser Sachlage "automatisch" auch gegen die Aufhebungsverfügung. Damit korrespondierend ist auch der vorliegende Eilantrag nicht nur auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen die Sanktionsverfügung und auf Aufhebung ihrer Vollziehung, sondern auch gegen die Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X und auf Aufhebung ihrer Vollziehung gerichtet. Ist die Aufhebungsverfügung im Sanktionsbescheid enthalten, versteht sich das von selbst; ist sie – wie hier – in einem Änderungsbescheid enthalten, kann wegen der Regelungseinheit nichts anderes gelten.
48Sollte der Hauptsacherechtsbehelf Erfolg haben, so wären die mit dem vorangegangenen Bewilligungsbescheid bewilligten und dadurch bereits titulierten Leistungen endgültig auszuzahlen, ohne dass es einer entsprechenden gerichtlichen Verpflichtung der Antragsgegnerin bedarf (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 29). Und wenn die Sanktion und die Aufhebungsverfügung außer Vollzug sind, "lebt" der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vorläufig "wieder auf" und die Leistungen sind vorläufig so zu gewähren, wie sie in diesem festgesetzt worden waren.
49Da der Sanktionszeitraum aber bereits abgelaufen ist und die Sanktion nebst Aufhebungsverfügung bereits vollzogen worden sind, ist der Antrag nicht nur auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Hauptsacherechtsbehelfs gerichtet, sondern auch auf Aufhebung der Vollziehung gem. § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG, wobei diese zu einer Auszahlung aller aufhebungsbedingt nicht ausgezahlten Leistungen ab Eingreifen der aufschiebenden Wirkung ("Suspensiveffekt") führen soll, also rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsaktes (vgl. z. B. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 10 und Rn. 19).
50Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass nach Meinung der Kammer dann, wenn man nicht von einer Regelungseinheit ausginge, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegenüber dem Sanktionsbescheid in Verbindung mit der Aufhebung der Vollziehung dieses Bescheides zu dem gleichen Ergebnis, dem vorläufigen Wiederaufleben des ursprünglichen Bewilligungsbescheides, führen muss. Denn in dem Erlass und in der Vollziehung eines Aufhebungsverwaltungsaktes nach § 48 SGB X würde bei dieser Betrachtungsweise eine Vollziehung der feststellenden Regelung in dem Sanktionsbescheid liegen. Die Aufhebung der Vollziehung des Sanktionsbescheides muss dazu führen, dass schon dieser "erste Schritt" der Vollziehung unterbleibt, und damit dazu, dass die Antragsgegnerin Leistungen nach dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid und nicht nach dem Änderungsbescheid auszahlen muss.
51Eine einstweilige Anordnung ist in dieser Konstellation anstelle oder neben dieser/-n Anordnung(en) und der Aufhebung der Vollziehung – wie bereits weiter oben allgemein dargelegt worden ist – regelmäßig nicht statthaft (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 – L 3 AS 88/12 B ER – juris (Rn. 22); LSG NRW, Beschluss vom 21.12.2012 – L 19 AS 2332/12 B ER – juris (Rn. 27 ff.); vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 28 f.) bzw. für sie besteht kein Bedürfnis, wenn der Eilantragsteller "nur" die Leistungen ausgezahlt erhalten möchte, die ihm mit dem vorangegangenen Bewilligungsbescheid bewilligt worden waren. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist neben der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zur Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes nur dann erforderlich, wenn die konkret begehrte Leistung von der Verwaltung nicht oder nicht im beantragten Umfang bewilligt worden ist (vgl. den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (insbes. Rn. 61, 64); Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 a. a. O. (Rn. 22); vgl. auch Aubel a. a. O. Rn. 28), wenn also Leistungen beansprucht werden, die höher sind, als sie in dem ungeminderte Leistungen vorsehenden Bewilligungsbescheid vorgesehen sind. Der Anordnungsanspruch würde dann (auch) darauf beruhen, dass die Sanktion aufgrund der Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht vollziehbar ist (vgl. insoweit Sächsisches LSG a. a. O. (Rn. 22 und 46)). Hier gibt es jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Antragstellerin zu 2) höhere als die mit dem Bescheid vom 21.03.2014 bewilligten Leistungen beanspruchen will.
52Eine zusätzliche einstweilige Anordnung könnte man darüber hinaus in Betracht ziehen, soweit die Auszahlung zusätzlicher Leistungen beansprucht wird, die erst mit dem Änderungsbescheid bewilligt worden sind, in dem auch die Aufhebungsverfügung enthalten ist, wenn dieser Änderungsbescheid also nicht nur die Sanktion sondern auch Änderungen zugunsten des Antragstellers umsetzt, und wenn der Antragsteller nicht nur den Sanktionsvollzug verhindern und Leistungen nach Maßgabe des vorangegangenen Bewilligungsbescheides erhalten möchte, sondern auch von den in dem Änderungsbescheid enthaltenen positiven Änderungen profitieren möchte. Denn auch dann begehrt er, dass über die "wiederauflebende" ursprüngliche Bewilligung hinausgehende Leistungen gewährt werden. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in dieser Konstellation nur ausreichend, um das Rechtsschutzziel zu erreichen, wenn man davon ausgeht, dass sich die Aufhebungsverfügung und die begünstigenden Regelungen im Änderungsbescheid so voneinander trennen lassen, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht auch die begünstigenden Regelungen suspendiert. Das kann aber dahinstehen, denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
53Offen bleiben kann hier auch, ob im Einzelfall bei einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 SGB II (Weigerung, in dem eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II festgelegte Pflichten zu erfüllen) ein gegen den Sanktionsfeststellungsbescheid gerichteter Hauptsacherechtsbehelf so auszulegen ist, dass er sich auch gegen den Eingliederungsverwaltungsakt richtet, und ob damit korrespondierend ein Eilantrag nicht nur als Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGG in Bezug auf die Sanktionsfeststellung und ggf. auf die dazugehörige Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X (s. o.) sondern auch auf den Eingliederungsverwaltungsakt auszulegen ist (vgl. Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31 Rn. 53).
54Für eine solche Auslegung kann Veranlassung bestehen, wenn der Eingliederungsverwaltungsakt noch nicht bestandskräftig geworden ist, da so ggf. Rechtsschutzlücken, die wegen des Anspruches auf effektiven Rechtsschutz nach Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) problematisch wären, verhindert werden können (vgl. insoweit auch Sächsisches LSG, Beschluss vom 12.11.2012 – L 3 AS 618/12 B ER – juris (Rn. 17)). Denn es werden verschiedene Ansichten zur Zulässigkeit von Eilrechtsschutz in Bezug auf Sanktionen und Eingliederungsverwaltungsakte vertreten, die zu vollkommen unterschiedlichen Ergebnissen führen können:
55Teilweise wird vertreten, dass ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen Eingliederungsverwaltungsakte regelmäßig als nicht eilbedürftige Maßnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gegen Sanktionen zu bewerten sei und daher nur ausnahmsweise Erfolg haben könne (vgl. SG Dortmund, Beschluss vom 03.09.2014 – S 35 AS 2893/14 ER – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 20.12.2012 – L 7 AS 862/12 B ER – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 24.06.2014 – L 7 AS 446/14 B ER – juris; a. A. offenbar Hessisches LSG, Beschluss vom 16.01.2014 – L 9 AS 846/13 B ER – juris: vollständige Rechtmäßigkeitskontrolle des Eingliederungsverwaltungsakts im Eilverfahren). Teilweise wird aber auch vertreten, dass bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Sanktion keine inzidente Rechtmäßigkeitskontrolle des Eingliederungsverwaltungsakts sondern nur eine Kontrolle auf Wirksamkeit und Vollziehbarkeit stattfinde (vgl. SG Berlin, Urteil vom 09.07.2014 – S 205 AS 30970/13 – juris (Rn. 26 ff.) m. w. N.: nur Wirksam- und Vollziehbarkeitskontrolle, ohne Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist auch ein rechtswidriger Eingliederungsverwaltungsakt zunächst zu befolgen; anders LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11 – juris (Rn. 26): Rechtmäßigkeitskontrolle auch bei Bestandskraft durch Annahme eines ggf. konkludent gestellten Überprüfungsantrags gem. § 40 SGB II i. V. m. § 44 SGB X; insoweit zweifelnd: Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER – juris (Rn. 15)). Zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken könnte es sich als vermittelnder Ansatz anbieten, gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt Rechtsschutz in der Hauptsache unbeschränkt zu gewähren, isolierten Eilrechtsschutz nur dann, wenn der Eingliederungsverwaltungsakt dem Adressaten Pflichten mit einer überdurchschnittlichen Belastungswirkung auferlegt, und unbeschränkten Eilrechtsschutz mit vollständiger Rechtmäßigkeitskontrolle in Bezug auf alle im Eingliederungsverwaltungsakt festgelegten Pflichten nur bei einem Eilantrag gegen eine Sanktion (durch die vorstehend beschriebene erweiternde Auslegung dieses Eilantrages), soweit der Eingliederungsverwaltungsakt noch keine Bestandskraft erlangt hat; bei Bestandskraft des Eingliederungsverwaltungsaktes würde hingegen grundsätzlich nur eine inzidente Wirksamkeitskontrolle stattfinden.
56Diese Fragen können und müssen hier aber offen bleiben, denn vorliegend geht es nicht um einen Eingliederungsverwaltungsakt, sondern um eine Eingliederungsvereinbarung. Eine solche Vereinbarung kann keine Bestandskraft erlangen und unterliegt nach Auffassung der Kammer ohnehin nur einer Wirksamkeitskontrolle nach Maßgabe von § 15 SGB II und §§ 53 ff. SGB X, und zwar unabhängig davon, ob sie unmittelbar oder inzident überprüft wird (dazu später näher). Eine entsprechende Auslegung des Eilantrages ist daher hier jedenfalls nicht angezeigt.
57Nach Auffassung der Kammer existiert auch in der zweiten Konstellation – die hier bei der Sanktion gegen den Antragsteller zu 1) vorliegt – eine Regelungseinheit, und zwar bestehend aus dem Sanktionsfeststellungsbescheid und dem die Sanktion "umsetzenden" Bewilligungsbescheid.
58In Bezug auf die Sanktion gegen den Antragsteller zu 1) ist es so, dass für den Sanktionszeitraum noch keine Bewilligungsentscheidung existierte, die im Umfang der sanktionsbedingten Anspruchsminderung hätte teilweise aufgehoben werden müssen. Vielmehr berücksichtigte der Bewilligungsbescheid vom 21.03.2014 die Sanktion vom 13.03.2014 von vornherein.
59Es handelt sich in dieser Konstellation um eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheids zur Höhe des Arbeitslosengeldes II in dem von der Absenkung betroffenen Zeitraum (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – juris (Rn. 9); so offenbar auch BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 13, 16 und 26); vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11 – juris (Rn. 18)). Eines gesonderten Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Bewilligungsbescheid bedarf es nicht; ausreichend ist ein Rechtsbehelf gegen die Sanktion (vgl. S. Knickrehm/Hahn in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 31b Rn. 8 m. w. N.).
60Nach der bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage konnte nach der jüngeren Rechtsprechung des BSG ein Sanktionsereignis bzw. ein Sanktionsbescheid gemäß § 31 SGB II keinen abtrennbaren Streitgegenstand darstellen, der isoliert von den übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II überprüft werden kann (vgl. bereits die obigen Ausführungen und BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 12 und 13) m. w. N.). Deswegen und wegen der beschriebenen Regelungseinheit aus Sanktionsfeststellungsbescheid und Bewilligungsbescheid wurde angenommen, dass auch in dieser Konstellation nicht die Sanktion als solche Streitgegenstand eines entsprechenden Rechtsbehelfsverfahrens, sondern der Leistungsanspruch im Sanktionszeitraum dem Grunde und der Höhe nach (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – a. a. O.; BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – a. a. O.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11 – a. a. O.).
61Zudem hat das BSG in seiner jüngeren – aber noch zur alten Rechtslage ergangenen – Judikatur die Auffassung vertreten, dass in dieser Konstellation die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft ist (so – ohne nähere Begründung – BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 16); ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11 – a. a. O.; vgl. auch BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – juris (Rn. 10) (dazu sogleich näher)), nachdem es zuvor diese Frage noch ausdrücklich offen gelassen hatte (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 20/09 R – juris (Rn. 12); auch dazu sogleich näher).
62An dieser Bewertung ist aber nach Meinung der Kammer jedenfalls nach der seit dem 01.04.2011 geltenden aktuellen Rechtslage nicht insgesamt festzuhalten, sondern nur insoweit, als prinzipiell eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheids zur Höhe des Arbeitslosengeldes II in dem von der Absenkung betroffenen Zeitraum anzunehmen ist und es deshalb eines gesonderten Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens gegen den Bewilligungsbescheid nicht bedarf.
63Diese rechtliche Einheit kann zwar mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage angefochten werden, wenn – anders als hier – geltend gemacht wird, dass der Bewilligungsbescheid auch unabhängig von der Sanktion eine Beschwer enthält. Jedoch spricht dies nach Meinung der Kammer nicht dagegen, in dem Sanktionsfeststellungsbescheid i. V. m. der ihn im Bewilligungsbescheid umsetzenden "Regelung", bei der es sich im Verhältnis zu dem die Höhe der Minderung regelnden Verfügungssatz des Sanktionsbescheides aber nicht um einen Verwaltungsakt sondern um eine wiederholende Verfügung handelt (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 85/13 – juris (Rn. 40)), einen seinerseits einheitlichen aber vom Rest des Bewilligungsbescheides abtrennbaren Verfügungssatz zu sehen, der in der Hauptsache isoliert mit Anfechtungswiderspruch und Anfechtungsklage angefochten werden und insoweit auch zu einem eigenständigen Streitgegenstand gemacht werden kann (so Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 18 m. w. N.; Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31b Rn. 26.1 (Aktualisierung vom 02.06.2014); Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 85/13 – juris (Leitsatz Nr. 2 und Rn. 25 ff.), das allerdings in diesem Zusammenhang entgegen der hier vertretenen Auffassung (s. u.) annimmt, dass eine Sanktion den Leistungsanspruch unberührt lässt und es daher der teilweisen Aufhebung einer vorangegangenen Bewilligungsentscheidung gem. § 48 SGB X im Umfang der sanktionsbedingten Minderung nicht bedarf; a. A. Hessisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER – juris; Sozialgericht (SG) Detmold, Urteil vom 17.10.2013 – S 18 AS 1095/12 – juris; anders insoweit auch noch der Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (Rn. 65)).
64Nach Meinung der Kammer bedarf es entgegen der vom 4. Senat des BSG im Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – vertretenen Auffassung (juris: Rn. 16) keiner zusätzlichen Leistungsklage, also keiner kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG zum Zwecke der Abänderung des Bewilligungsbescheides durch das Gericht, wenn – wie hier – die Höhe der beanspruchten Leistungen allein von der Sanktion abhängt. Die Kammer tendiert zu der Auffassung, dass dies schon nach der bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage der Fall war. Jedenfalls aber die vorliegend maßgebliche, seit dem 01.04.2011 geltende Rechtslage und die auf ihr beruhende Rechtsanwendungspraxis sprechen dafür, einen isolierten Anfechtungsrechtsbehelf für statthaft zu halten und einen isolierten Streitgegenstand "Sanktion" anzunehmen. Denn das Gesetz sieht nun in § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II zumindest grundsätzlich feststellende Verwaltungsakte vor, die "die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellen", die Praxis setzt dies – soweit ersichtlich – regelmäßig so um, und § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGB II sieht vor, dass gegen diese feststellenden Verwaltungsakte gerichtete Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben. Damit ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass es sich bei der Frage der Sanktion bzw. der Minderung des Anspruchs nicht nur um ein unselbständiges Berechnungselement handelt, sondern um einen eigenständigen Regelungsgegenstand. Wäre der Gesetzgeber der Auffassung gewesen, dass in Konstellationen wie der vorliegenden nur die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft und ein isolierter Streitgegenstand "Sanktion" nicht möglich ist, hätte es auch nahe gelegen, entweder in § 39 Nr. 1 SGB II keine Regelung zu Sanktionsbescheiden aufzunehmen, da statthafte Eilrechtsschutzform dann wohl ohnehin nicht der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sondern der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wäre, oder § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGB II wenigstens so zu formulieren, dass sich daraus der Streitgegenstand "Leistungsanspruch im Sanktionszeitraum dem Grunde und der Höhe nach" entnehmen lässt.
65Es ist daher statthaft und reicht aus, wenn der Sanktionsfeststellungsbescheid angefochten und im Erfolgsfall durch das Gericht aufgehoben wird (ebenso Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 18 m. w. N.). Ähnlich wie bei der o. g. anderen Konstellation (Aufhebung einer vorangegangenen ungekürzten Bewilligung nach § 48 SGB X), bei der davon auszugehen ist, dass die Aufhebung der aus dem Sanktionsfeststellungsbescheid und der Aufhebungsverfügung bestehenden Regelungseinheit durch das Gericht die Behörde auch ohne Verpflichtung durch das Gericht dazu veranlassen wird, die mit dem "wiederauflebenden" Bescheid bewilligten Leistungen auszuzahlen, ist hier bei Aufhebung der Sanktionsfeststellungsregelung durch das Gericht davon auszugehen, dass die Behörde die dem Kläger danach materiell-rechtlich zustehenden, ungeminderten Leistungen gewähren wird.
66Demensprechend hatte das BSG in einer in dem o. g. Urteil vom 17.12.2009 in Bezug genommenen früheren Entscheidung (BSG, Urteil vom 18.08.2005 – B 7a AL 4/05 R – juris), in der es darum ging, dass die Bundesagentur für Arbeit mit entsprechendem Bescheid eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung festgestellt und mit dem nachfolgenden Bewilligungsbescheid eine Bewilligung unter Berücksichtigung der Sperrzeit und der geminderten Anspruchsdauer vorgenommen hatte, zwar auch die These einer Einheit von Sperrzeitbescheid und Bewilligungsbescheid vertreten aber gleichwohl eine "Anfechtungssituation" gesehen, weil es die den Sperrzeitbescheid umsetzenden Regelungen im Bewilligungsbescheid als wiederholende und abtrennbare Verfügungen ansah, deren Aufhebung zu einer ungekürzten Bewilligung führt. Gerade weil die Bewilligungsbescheide im SGB II-Bereich die Minderung, die ja letztlich auch nur eine Umsetzung der maßgeblichen Sanktionsbescheide darstellt, nach oder bei der Darstellung des ungekürzten Leistungsanspruchs gesondert ausweisen (vgl. hier Seite 6 des Bewilligungsbescheides vom 21.03.2014), lässt sich die Argumentation aus dem Urteil vom 18.08.2005 – B 7a AL 4/05 R – auch hier vertreten.
67Das BSG hat zudem auch nach dem Urteil vom 17.12.2009, und zwar im Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – (juris: Rn. 10) zu erkennen gegeben, dass eine Beschränkung des Streitgegenstandes und eine isolierte Anfechtungsklage nicht ausgeschlossen sind, denn dort heißt es: "Das LSG hat das Begehren des Klägers insofern zu Unrecht einschränkend dahingehend ausgelegt (§ 123 SGG), dass er eine gerichtliche Entscheidung lediglich hinsichtlich der Absenkungsentscheidung, nicht jedoch auch hinsichtlich des im streitigen Zeitraum zu zahlenden Alg II begehrt. Der unvertretene Kläger hat weder schriftsätzlich noch in anderer Weise den Streitgegenstand beschränkt." Diese Ausführungen wären sinnlos, wenn eine Einschränkung des Klagebegehrens schon aus Rechtsgründen gar nicht möglich gewesen wäre.
68Die Kammer hält nach alledem die Sichtweise für vorzugswürdig, dass eine Sanktion nach §§ 31 ff. SGB II isolierter Streitgegenstand einer Anfechtungsklage sein kann, und dass eine Klage dementsprechend als isolierte Anfechtungsklage auszulegen ist, wenn – wie hier – die Höhe der beanspruchten Leistungen nach dem klägerischen Vorbringen allein von der Sanktion abhängt. Klargestellt sei dabei aber nochmals, dass die Kammer in der o. g. ersten Konstellation (Sanktion und Aufhebung eines für den Sanktionszeitraum bereits bestehenden, ungekürzte Leistungen bewilligenden Bescheides) annimmt, dass die Anfechtungsklage sich auch auf Aufhebung der Aufhebungsverfügung und der Eilantrag sich auch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Aufhebungsverfügung richtet, weil insofern eine Regelungseinheit zwischen Sanktionsfeststellung und Aufhebungsverfügung besteht.
69Da somit auch in der zweiten Konstellation die isolierte Anfechtungsklage der statthafte Hauptsacherechtsbehelf ist, ist damit grundsätzlich der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nebst Aufhebung der Vollziehung der statthafte Eilrechtsbehelf.
70Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung ist in einem Fall wie dem vorliegenden neben der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zur Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes nicht zusätzlich der Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich und der vorliegende Antrag nicht entsprechend auszulegen. Zur Begründung wird von den Vertretern dieser Auffassung angeführt, dass in einem solchen Fall die begehrte Leistung von der Verwaltung nicht im beantragten Umfang bewilligt worden sei (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 – L 3 AS 88/12 B ER – a. a. O. (Rn. 22) m. w. N.; Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31b Rn. 26; so trotz anderen Prüfungsaufbaus wohl auch SG Kassel, Beschluss vom 27.06.2013 – S 7 AS 121/13 ER – juris (insbes. Rn. 33 und Rn. 53 ff.)). Der Anordnungsanspruch beruht dann gerade darauf, dass die Sanktion aufgrund der Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht vollziehbar ist (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 a. a. O. (Rn. 22, 46); SG Kassel, Beschluss vom 27.06.2013 a. a. O. (Rn. 54, 64)). Jedoch hält die Kammer für den – hier vorliegenden – Fall, dass das Rechtsschutzbegehren nur darauf abzielt, von den Folgen der Sanktion verschont zu bleiben, die Höhe der bewilligten Leistungen also ausschließlich von der Sanktion abhängt, die Gegenauffassung für vorzugswürdig, nach der es keines zusätzlichen Antrags nach § 86b Abs. 2 SGG bedarf und der Grundsicherungsträger vielmehr nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG zur einstweiligen Gewährung von Leistungen ohne Berücksichtigung der Sanktion verpflichtet werden kann (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 29 m. w. N.). Zum einen erscheint es widersinnig, die isolierte Anfechtungsklage für den statthaften Hauptsacherechtsbehelf zu halten und gleichwohl im Eilrechtsschutzverfahren eine Rechtsschutzform für (zusätzlich) erforderlich zu halten, die bei isolierten Anfechtungsklagen eigentlich nicht statthaft ist. Zum anderen wird so vermieden, dass es von zeitlichen Zufälligkeiten (Lage des Sanktionszeitraums) abhängt, ob ein Fall der Aufhebung vorangegangener, ungeminderte Leistungen festsetzender Bewilligungsentscheidungen vorliegt, und dann für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nebst Aufhebung der Vollziehung nach Auffassung der Kammer nur eine gewisse, nicht aber eine besondere Eilbedürftigkeit erforderlich ist, oder ob ein neuer Bewilligungszeitraum betroffen ist, und dann für den Erlass der zusätzlichen einstweiligen Anordnung eine besondere Eilbedürftigkeit i. S. eines Anordnungsgrundes erforderlich ist.
71In Bezug auf die Sanktion gegen den Antragsteller zu 1) kann sodann bereits an dieser Stelle festgehalten werden, dass hier nicht der – weiter oben beschriebene – Sonderfall vorliegt, in dem ein ausdrücklich auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gerichteter Eilantrag entweder ausschließlich oder hilfsweise auch als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Hinblick auf einen gestellten Antrag auf Überprüfung des Sanktionsbescheides nach § 44 SGB X auszulegen ist. Denn der von der Antragsgegnerin zugunsten des Antragstellers zu 1) angenommene Überprüfungsantrag wurde mit Bescheid vom 18.06.2014 zurückgewiesen und es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass hiergegen der erforderliche Widerspruch eingelegt worden wäre. Auch ist der Ablehnungsbescheid vom 18.06.2014 erkennbar nicht Gegenstand des Klageverfahrens S 32 AS 2022/14; die Antragsteller haben sich insoweit nur gegen mehrere während des Klageverfahrens ergangene "Widerspruchsbescheide" gewandt. Ist der Überprüfungsantrag damit bestandskräftig abgelehnt, fehlt es für den Erlass einer einstweiligen Anordnung an einem regelungsfähigen, "offenen" Rechtsverhältnis (vgl. hierzu den Beschluss der Kammer vom 16.05.2014 – S 32 AS 484/14 ER – juris (Rn. 61) m. w. N.). Eine Auslegung als Hilfsantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ergibt vor diesem Hintergrund keinen Sinn.
72Hier liegt schließlich in Bezug auf beide Sanktionen nicht die Sonderkonstellation vor, dass für den Sanktionszeitraum bereits Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind und der/die entsprechende(n) Bewilligungsbescheid(e) nicht durch einen entsprechenden Verfügungssatz im Sanktionsbescheid oder in einem diesen "umsetzenden" Änderungsbescheid im Umfang der Minderung nach § 48 SGB X aufgehoben worden ist/sind. Wenn für den Sanktionszeitraum bereits Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind, ist eine solche teilweise Aufhebung nach umstrittener aber von der Kammer für vorzugswürdig gehaltener Auffassung auch nach der seit dem 01.04.2011 geltenden Rechtslage erforderlich, damit die Sanktion nicht "ins Leere geht" (vgl. hierzu den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (insbes. Rn. 62 f. und Rn. 84 ff.); vgl. ferner SG Dortmund, Beschluss vom 26.05.2014 – S 35 AS 1758/14 ER – juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.02.2014 – L 7 AS 1058/13 B – juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER – juris; SG Kassel, Urteil vom 28.08.2013 – S 7 AS 439/13 – juris (Berufung zugelassen); SG Kassel, Beschluss vom 27.06.2013 – S 7 AS 121/13 ER – juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17.06.2013 – L 7 AS 332/13 B ER – juris; S. Knickrehm/Hahn in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 31b Rn. 7; Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31 Rn. 26.1 (Aktualisierung vom 05.05.2014); so nun auch die fachlichen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit zu §§ 31 ff. SGB II in der Fassung vom 22.04.2014; a. A. Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 85/13 – juris (Revision zugelassen); SG Detmold, Urteil vom 17.10.2013 – S 18 AS 1095/12 – juris (Berufung zugelassen); SG Trier, Beschluss vom 14.12.2011 – S 4 AS 449/11 ER – juris; Burkiczak in: BeckOK SozR SGB II § 31b Rn. 11a; zweifelnd Lauterbach in: Gagel, SGB II / SGB III, 53. Ergänzungslieferung 2014, § 31b Rn. 2; vgl. ferner (ohne Festlegung) LSG NRW, Beschluss vom 08.09.2014 – L 2 AS 1461/14 B – juris).
73Eine solche Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X kann nach Auffassung der Kammer auch nicht in der Formulierung des Sanktionsbescheides, das Arbeitslosengeld II werde nach § 31a SGB II abgesenkt, gesehen werden (vgl. den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 a. a. O. (Rn. 97); Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 a. a. O. (Rn. 5); zweifelnd auch LSG NRW, Beschluss vom 08.09.2014 a. a. O. (Rn. 11); a. M. wohl (zur bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage) LSG NRW, Beschluss vom 04.03.2013 – L 19 AS 1688/12 B – juris (Rn. 19)).
74Das Fehlen einer Aufhebungsverfügung macht nach Auffassung der Kammer zwar nicht den Sanktionsfeststellungsbescheid als solchen ohne weiteres "wirkungslos" und führt damit in einem Anfechtungsklageverfahren gegen diesen Bescheid nicht sofort zu dessen Aufhebung (so aber möglicherweise LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.02.2014 a. a. O. (Rn. 13)). Wirkungslos dürfte ein Sanktionsfeststellungsbescheid aus Sicht der Kammer allenfalls werden, sobald eine rechtmäßige nachträgliche Aufhebung wegen Ablaufs der Frist gem. § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i. V. m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X nicht mehr möglich ist.
75Jedoch kann, so lange es an der gebotenen teilweisen Aufhebung fehlt, in der Hauptsache die Auszahlung der bewilligten Leistungen durch isolierte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend gemacht werden, ohne dass es auf die Rechtmäßigkeit des Sanktionsbescheides ankommt, und dementsprechend im Eilverfahren die vorläufige Auszahlung durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend gemacht werden, ohne dass es einer zusätzlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung bedarf (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 a. a. O. (Rn. 5)), und ohne dass an die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) hohe Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 a. a. O. (Rn. 103 ff.)).
76Die Antragsgegnerin hat hier allerdings – wie bereits erwähnt – die Bewilligungsentscheidung zugunsten der Antragstellerin zu 2) im Bescheid vom 21.03.2014, die die Leistungen nach dem SGB II u. a. im Sanktionszeitraum regelte, durch einen Verfügungssatz in dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 im Umfang der mit dem Bescheid vom 03.04.2014 gegenüber der Antragstellerin zu 2) ausgesprochenen Sanktion teilweise nach § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben.
77Es ist nach alledem zusammenfassend festzustellen, dass es vorliegend um vorläufigen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG i. V. m. § 86 Abs. 1 Satz 2 SGG geht, und nicht (auch) nach § 86b Abs. 2 SGG.
78Genau genommen handelt es sich insofern vorliegend um zwei entsprechende Anträge.
79Erstens ist über den Antrag des Antragstellers zu 1) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Hauptsacherechtsbehelfs – zunächst war dies der Widerspruch vom 03.05.2014, nunmehr, nach Erlass des Widerspruchsbescheides, ist es bei sachdienlicher Auslegung des Rechtsschutzbegehrens (vgl. insoweit Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 – L 3 AS 88/12 B ER – juris (insbes. Rn. 26)) die bei der Kammer anhängige Klage S 32 AS 2022/14 – gegen den an ihn gerichteten Sanktionsbescheid vom 13.03.2014, nunmehr in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014, und auf Aufhebung der Vollziehung dieses Bescheides zu entscheiden. Und zweitens ist über den Antrag der Antragstellerin zu 2) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Hauptsacherechtsbehelfs – zunächst war dies der Widerspruch vom 03.05.2014, nunmehr ist es die bei der Kammer anhängige Klage S 32 AS 2022/14 – gegen den an sie gerichteten Sanktionsbescheid vom 03.04.2014, nunmehr in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014, in Verbindung mit der Aufhebungsverfügung im Änderungsbescheid vom 17.04.2014, und auf Aufhebung der Vollziehung dieser Bescheide zu entscheiden.
80Dabei bilden die beiden Antragsteller im vorliegenden Einzelfall nach Auffassung der Kammer trotz des Umstandes, dass die gegen sie gerichteten Sanktionen jeweils auf unterschiedliche Pflichtverletzungen gestützt wurden, als zusammen klagende Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft i. S. d. § 7 Abs. 2 und 3 SGB II eine gem. § 74 SGG i. V. m. §§ 59, 60 ZPO zulässige (einfache) Streitgenossenschaft (subjektive Antragshäufung), weil sie ihre behaupteten Ansprüche auf ungeminderte SGB II-Leistungen – bei einem großzügigen und auch an Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten orientierten Bewertungsmaßstab – aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund herleiten (vgl. zur Frage der Streitgenossenschaft und zur damit zusammenhängenden Frage der (notwendigen) Beiladung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.03.2006 – L 8 AS 4314/05 – juris (Rn. 18); LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.02.2008 – L 8 AS 3380/07 – juris (Rn. 23); BSG, Urteil vom 13.11.2008 – B 14 AS 24/07 R – juris (Rn. 14); BSG, Urteil vom 23.11.2006 – B 11b AS 1/06 R – juris (Rn. 13)). Denn die Antragsteller vertreten die Auffassung, dass die Sanktion gegenüber dem Antragsteller zu 1) deshalb unzulässig ist, weil sie einen Verstoß gegen eine Pflicht (Arbeitsaufnahme) ahndet, die im Widerspruch zu einer Pflicht aus der Eingliederungsvereinbarung der Antragstellerin zu 2) vom 16.01.2014 (Hilfe bei der selbständigen Tätigkeit der Antragstellerin zu 2)) steht. Dieser Zusammenhang zwischen den sanktionsrelevanten Sachverhalten rechtfertigt es nach Auffassung der Kammer, eine einfache Streitgenossenschaft anzunehmen.
81Der nach alledem statthafte Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG i. V. m. § 86 Abs. 1 Satz 2 SGG ist – bzw. die beiden Anträge sind – nur teilweise zulässig.
82Den Anträgen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG fehlt nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Vollziehungszeitraum der Sanktionsbescheide am 30.06.2014 bzw. 31.07.2014 abgelaufen ist. Denn in Bezug auf diesen bereits vergangenen Zeitraum bestehen noch andauernde konkrete Vollzugsfolgen in Gestalt der aufgrund der Sanktionen gemindert ausgezahlten Geldleistungen. In einem solchen Fall muss ein Eilantrag in der Gestalt eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zulässig sein (vgl. insoweit LSG NRW, Beschluss vom 30.04.2013 – L 7 AS 521/13 B ER – juris (Rn. 2); LSG NRW, Beschluss vom 06.01.2004 – L 11 B 17/03 KA ER – juris (Rn. 22)). Das ergibt sich nach Meinung der Kammer zum einen daraus, dass bei einem Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG – anders als bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG – zwar ein "gewisses Maß an Eilbedürftigkeit" (vgl. hierzu Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Auflage 2012, Seite 126; SG Dortmund, Beschluss vom 03.09.2014 – S 35 AS 2893/14 ER – juris (Rn. 30)) aber keine "besondere" Eilbedürftigkeit im Sinne einer gegenwärtigen Notlage erforderlich ist (a. A. insoweit offenbar Thüringer LSG, Beschluss vom 16.03.2012 – L 4 AS 106/12 B ER – juris und Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 33.1 (allerdings nicht im Rahmen des Rechtsschutzinteresses, sondern im Rahmen der Interessenabwägung)). Zum anderen ergibt es sich daraus, dass die vorherige Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach Auffassung der Kammer Voraussetzung für eine Aufhebung der Vollziehung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG ist. Die Möglichkeit der Aufhebung der Vollziehung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG besteht nach Meinung des Gerichts auch nicht nur, wenn bzw. soweit der Vollzug des angefochtenen Bescheides während des Eilverfahrens stattgefunden hat. Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG kann auch dann bestehen, wenn ein Sanktionsbescheid bereits vor Rechtshängigkeit ganz oder – wie es hier bei beiden Sanktionen der Fall war – teilweise vollzogen ist, denn der Antragsteller kann einen Anspruch auf vorläufige Rückgängigmachung schon getroffener Maßnahmen haben (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 7a; LSG NRW, Beschluss vom 06.01.2004 a. a. O.; Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (Rn. 126 ff.)).
83Jedoch ist der Antrag des Antragstellers zu 1) nach Auffassung der Kammer deshalb unzulässig, weil sein Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid als derjenige Hauptsacherechtsbehelf, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, offensichtlich unzulässig ist.
84Zwar besitzt auch ein unbegründeter Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG und nach herrschender Meinung ist das auch bei einem unzulässigen Rechtsbehelf grundsätzlich der Fall (vgl. Krodel in: BeckOK SozR SGG § 86a Rn. 16-18.2 m. w. N.; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86a Rn. 10 m. w. N.; a. A. Bischofs, SGb 2013, 570 (572)). Nach wohl herrschender und von der Kammer geteilter Auffassung kommt aber einem offensichtlich unzulässigen Hauptsacherechtsbehelf, insbesondere einem offensichtlich verfristeten Rechtsbehelf gegen einen damit bestandskräftig und gem. § 77 SGG verbindlich gewordenen Verwaltungsakt, keine aufschiebende Wirkung zu (vgl. Krodel a. a. O.; Keller a. a. O.).
85Daher scheidet nach ebenfalls wohl herrschender Auffassung in den Fällen, in denen – wie hier aufgrund § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGG – ein Rechtsbehelf kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung hat, eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG dann aus, wenn der Rechtsbehelf offensichtlich unzulässig ist und entweder kein Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt worden ist, oder ein solcher Antrag zwar gestellt worden ist, aber bei prognostischer Betrachtung offensichtlich aussichtslos ist (vgl. z. B. den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (insbes. Rn. 124 ff.); LSG NRW, Beschluss vom 21.12.2012 – L 19 AS 2332/12 B ER – juris (Rn. 29: kein Rechtsschutzbedürfnis); Thüringer LSG, Beschluss vom 23.04.2002 – L 6 RJ 113/02 ER – juris (Rn. 28); Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.11.2010 – L 16 AS 788/10 B ER – juris (Rn. 13); Keller a. a. O. und § 86b Rn. 7 m. w. N.; Krodel in: BeckOK SozR SGG § 86b Rn. 28 und 28.1; weitergehend Bischofs, SGb 2013, 570 (572-573): Antrag unzulässig auch bei nicht offensichtlicher Unzulässigkeit des Hauptsacherechtsbehelfs, zulässig dann nur bei überwiegender Wahrscheinlichkeit einer Wiedereinsetzung).
86Ein solcher Fall der offensichtlichen Unzulässigkeit liegt hier vor. Der Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 ist bestandskräftig und für die Beteiligten und die Gerichte nach § 77 SGG bindend geworden, da die Widerspruchsfrist vor Widerspruchserhebung abgelaufen war. Die Antragsgegnerin hat zu Recht den Widerspruch im Widerspruchsbescheid vom 18.06.2014 als unzulässig zurückgewiesen und in diesem Rahmen auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt.
87Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG ist der Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Hier greift nicht die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG ein, sondern die genannte Monatsfrist. Denn der Antragsteller zu 1) wurde mit dem angefochtenen Bescheid über die Art des möglichen Rechtsbehelfs, die Verwaltungsstelle, bei der er anzubringen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist ("innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe") ordnungsgemäß im Sinne von § 66 SGG belehrt. Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die – wie hier – für den Beginn einer Frist den im Gesetz verwandten Begriff der Bekanntgabe gebraucht, ist weder irreführend noch unrichtig, auch wenn der angefochtene Bescheid – wie hier – in der besonderen Form der Zustellung bekanntgegeben wird; die Bekanntgabe, die den Fristlauf auslöst, besteht dann in der Zustellung (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2014 – B 14 AS 46/13 R – juris).
88Ausweislich der Postzustellungsurkunde (vgl. Bl. 128 der Integrationsakte) wurde dem Antragsteller zu 1) der an ihn adressierte Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 (Az. KJC-5216/2190) am 20.03.2014 im Wege der Ersatzzustellung nach §§ 37 Abs. 5, 65 Abs. 2 SGB X i. V. m. § 3 LZG NRW i. V. m. § 180 ZPO durch Einlegen in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt.
89Gemäß § 64 Abs. 1 SGG beginnt die Widerspruchsfrist mit dem Tag nach der Zustellung. Eine nach Monaten bestimmte Frist wie die Widerspruchsfrist des § 84 SGG endet gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist nach § 64 Abs. 3 SGG mit Ablauf des nächsten Werktags.
90Die Monatsfrist begann damit hier am 21.03.2014 und endete am 22.04.2014 um 24:00 Uhr, da der 20.04.2014, an dem die Frist eigentlich geendet hätte, ein Sonntag und der 21.04.2014 ein gesetzlicher Feiertag (Ostermontag) war.
91Der Widerspruch wurde erst mit dem Schreiben vom 03.05.2014 und damit außerhalb dieser Frist eingelegt.
92Die Postzustellungsurkunde erbringt dabei als öffentliche Urkunde nach (§§ 37 Abs. 5, 65 Abs. 2 SGB X i. V. m. § 3 Abs. 2 Satz 1 LZG NRW i. V. m.) §§ 182 Abs. 1 Satz 2, 418 ZPO den vollen Beweis für die darin beurkundeten Tatsachen. Hier erstreckt sich der durch die Zustellungsurkunde erbrachte Beweis – da eine Zustellung nach § 180 ZPO (Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten) beurkundet wurde – insbesondere auf das Einlegen in den Briefkasten des Antragstellers und damit darauf, dass das Schriftstück in seinen Machtbereich gelangt ist, und auf den Zeitpunkt des Einlegens in den Briefkasten.
93Dieser Beweis kann zwar widerlegt werden, § 418 Abs. 2 ZPO. Jedoch kann der entsprechende Gegenbeweis gegen die Zustellungsurkunde als öffentliche Urkunde nach § 418 Abs. 2 ZPO nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden. Der Gegenbeweis wird nicht schon durch die bloße Behauptung, das betreffende Schriftstück nicht erhalten zu haben, erbracht, weil es für die Wirksamkeit der Zustellung nicht darauf ankommt, ob und wann der Adressat das Schriftstück seinem Briefkasten entnommen und ob er es tatsächlich zur Kenntnis genommen hat; vielmehr erfordert der Gegenbeweis der Unrichtigkeit den Beweis eines anderen als in der Zustellungsurkunde bezeugten Geschehensablaufs; nur so wird ein Fehlverhalten des Zustellers und eine Falschbeurkundung in der Zustellungsurkunde belegt (vgl. BSG, Beschluss vom 13.11.2008 – B 13 R 138/07 B – juris (Rn. 6); LSG NRW, Beschluss vom 11.09.2013 – L 2 AS 1380/13 B ER – juris).
94Im vorliegenden Fall ist weder etwas vorgetragen noch glaubhaft gemacht, was darauf schließen ließe, dass der beurkundete Geschehensablauf nicht zutrifft, die Zustellungsurkunde also unrichtig ist. Der Vortrag des Antragstellers zu 1), er habe den Bescheid erst am 02.05.2014 "aufgefunden", ist irrelevant, denn es kommt nicht auf die tatsächliche Kenntnisnahme bzw. auf deren Zeitpunkt an, sondern nur auf den Zeitpunkt der Zustellung. Mit dem Einlegen in den Briefkasten ist aber die Zustellung bewirkt.
95Eine unverschuldete fehlende bzw. spätere Kenntnisnahme könnte allenfalls ein Anlass für eine Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist nach §§ 84 Abs. 2 Satz 3, 67 SGG sein. Der im Widerspruchsschreiben vom 03.05.2014 gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist aber nach Auffassung der Kammer offensichtlich aussichtslos, so dass die o. g. Ausnahmekonstellation nicht vorliegt, in der trotz Fristversäumnisses wegen eines Wiedereinsetzungsantrages die aufschiebende Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG angeordnet werden kann.
96Nach § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (vgl. § 67 Abs. 2 und 3 SGG). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Maßgeblich für die Frage des Verschuldens ist dasjenige Maß an Sorgfalt, welches einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen entsprechend allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten ist (vgl. z. B. LSG NRW, Beschluss vom 08.04.2014 – L 8 R 829/13 B – juris).
97Hier ist nichts vorgetragen oder gar glaubhaft gemacht worden, das den Schluss zuließe, dass der Antragsteller zu 1) ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, dass er also die genannten Sorgfaltsanforderungen beachtet hat.
98Ein spätes "Auffinden" eines Bescheides ist keine Entschuldigung; vielmehr hätte es einer näheren Darlegung und Glaubhaftmachung bedurft, warum ein "Auffinden" innerhalb der Widerspruchsfrist nicht möglich war. Hier musste der Antragsteller sogar wegen der kurz zuvor erfolgten schriftlichen Anhörung nach § 24 SGB X in Bezug auf die beabsichtigte Sanktion (Anhörungsschreiben vom 19.02.2014), im März / April verstärkt mit der Bekanntgabe bzw. Zustellung eines Sanktionsbescheides rechnen. Dass er sich hierauf eingerichtet hat, ist nicht ansatzweise vorgetragen oder glaubhaft gemacht worden.
99Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass auch die – hier als solche möglicherweise noch fristgerecht erfolgte – Anfechtung des Bewilligungsbescheides vom 21.03.2014 am Eintritt der Bestandskraft des Sanktionsfeststellungsbescheides vom 13.03.2014 nichts ändern kann. Der Bewilligungsbescheid enthält nach Auffassung der Kammer in Bezug auf die Sanktion vom 13.03.2014 keine eigenständig anfechtbaren Regelungen i. S. eines Verwaltungsaktes nach § 31 SGB X sondern nur den Inhalt des Sanktionsbescheides umsetzende "wiederholende Verfügungen". Der Bewilligungsbescheid bzw. diese Bestandteile desselben bildet/n zwar mit dem Sanktionsbescheid eine Regelungseinheit (s. o.). Der Bewilligungsbescheid muss daher nicht gesondert mit Widerspruch angefochten werden. Jedoch muss gerade deshalb stattdessen der Sanktionsbescheid fristgerecht angefochten werden.
100Der Antrag des Antragstellers zu 1) ist daher unzulässig.
101Der Antrag des Antragstellers zu 1) ist aus den soeben genannten Gründen auch – hilfsweise – unbegründet (siehe sogleich).
102Der Antrag der Antragstellerin zu 2) ist zwar zulässig aber unbegründet.
103Bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, die Wirkung des angefochtenen Bescheides (zunächst) zu unterbinden (Aussetzungsinteresse) mit dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners vorzunehmen.
104Bei der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in der vorliegenden Fallgestaltung ein Regel-/Ausnahmeverhältnis angeordnet hat: Aus der Wertung des § 39 Nr. 1 SGB II ergibt sich, dass der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung der Individualinteressen und der öffentlichen Interessen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug prinzipiell Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt. In der Regel überwiegt daher das Vollzugsinteresse des Antragsgegners (vgl. z. B. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.05.2013 – L 19 AS 434/13 B ER – juris; BSG, Beschluss vom 29.08.2011 – B 6 KA 18/11 R – juris).
105Eine Abweichung von diesem Regel-/Ausnahmeverhältnis durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs kommt daher nur in Betracht, wenn – etwa wegen offenbarer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids oder bei unklaren Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Widerspruch oder Klage) als Ergebnis einer allgemeinen Interessenabwägung – ausnahmsweise das private Interesse der durch den Bescheid belasteten Person überwiegt (vgl. z. B. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 12c ff.; Conradis in: LPK-SGB II, 4. Auflage 2012, § 39 Rn. 16).
106Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene durch ihn in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird seine Vollziehung ausgesetzt, wird m. a. W. die aufschiebende Wirkung angeordnet, weil dann ein öffentliches Interesse (oder Interesse eines Dritten) an der Vollziehung nicht besteht. Bei offenbarer Rechtswidrigkeit ist für eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers, anders als bei Entscheidungen nach § 86b Abs. 2 SGG, keine besondere Eilbedürftigkeit erforderlich (vgl. Keller a. a. O. Rn. 12f m. w. N.). Ist der Hauptsacherechtsbehelf hingegen aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Dabei kann die Klage u. U. auch bei einem Verwaltungsakt, der unter Verletzung von Form- oder Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist, ohne Erfolgsaussicht sein, wenn damit zu rechnen ist, dass dieser Fehler noch korrigiert (vgl. § 41 Abs. 1, 2 SGB X) werden wird (vgl. Keller a. a. O. m. w. N.). Sind die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei der Grad der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren mit zu berücksichtigen ist. Es gilt insoweit der Grundsatz: Je größer die Erfolgsaussichten sind, umso geringer sind die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme wirkt. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, die Klage aber später Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, der Klage aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. Keller a. a. O. m. w. N.).
107Nach diesen Maßstäben war hier die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf keine der beiden Sanktionen anzuordnen.
108In Bezug auf den Antrag des Antragstellers zu 1) ist es so, dass die offensichtliche Unzulässigkeit des Hauptsacherechtsbehelfs und seine sich hieraus ergebende Aussichtslosigkeit – wenn man annimmt, dass sie nicht schon zur Unzulässigkeit des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung führt – zumindest im Rahmen der beschriebenen Abwägung zwischen dem Vollziehungs- und dem Aussetzungsinteresse dazu führt, dass sich das Vollziehungsinteresse durchsetzt.
109In Bezug auf den Antrag der Antragstellerin zu 2) bestehen zwar gewisse Zweifel daran, dass der sie betreffende Sanktionsfeststellungsbescheid vom 03.04.2014 i. V. m. der teilweisen Aufhebung der vorangegangenen Bewilligungsentscheidung durch den Änderungsbescheid vom 17.04.2014 rechtmäßig ist. Es liegt aber kein Fall offenbarer Rechtswidrigkeit vor. Vielmehr sind die Erfolgsaussichten der Klage gegen die Sanktionsfeststellung nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht eindeutig zu bestimmen. Im Übrigen bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Antragstellerin zu 2) im Sanktionszeitraum ein höherer Anspruch auf SGB II-Leistungen zugestanden haben könnte und die Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X deshalb unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Sanktion teilweise rechtswidrig sein könnte. Insgesamt sind die sich aus diesen Zweifeln ergebenden Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens S 32 AS 2022/14 nach Auffassung der Kammer nicht so groß, dass sie unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Wertung des § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGB II eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung und eine Aufhebung der Vollziehung rechtfertigen können.
110Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der hier anwendbaren aktuellen Fassung vom 20.12.2011 verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie sich trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis weigern, in der Eingliederungsvereinbarung oder in dem diese ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. Dies gilt nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht, wenn sie einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen. Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II in der hier anwendbaren aktuellen Fassung vom 13.05.2011 mindert sich bei einer Pflichtverletzung nach § 31 SGB II das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 % des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs. Nach § 31b Abs. 1 Sätze 1, 3 und 5 SGB II in der hier anwendbaren aktuellen Fassung vom 13.05.2011 mindert sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt; der Minderungszeitraum beträgt drei Monate; die Feststellung der Minderung ist nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig.
111Die Antragstellerin zu 2) war zunächst i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 8 SGB II erwerbsfähig und auch im Übrigen leistungsberechtigt nach dem SGB II. Jedenfalls ergeben sich aus den Verwaltungsakten keine Zweifel hieran.
112Die Rechtsfolgenbelehrung in der Eingliederungsvereinbarung entspricht bei summarischer Prüfung den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung konkret, verständlich, richtig und vollständig belehrt werden muss, wobei es auf den objektiven Erklärungswert der Belehrung ankommt (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 20, 24); BSG, Urteil vom 18.02.2010 – B 14 AS 53/08 R – juris (Rn. 17)).
113Zudem liegt nach summarischer Beurteilung eine Weigerung vor, die Pflicht aus der Eingliederungsvereinbarung vom 16.01.2014 zu erfüllen, monatlich Einnahmen-Überschussrechnungen (EÜR) oder Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) einzureichen.
114Weigern in diesem Sinne bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise dem Leistungsträger oder dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 21)).
115Eine entsprechende objektive Pflichtverletzung liegt unstreitig in Bezug auf die im Vertrag klar und eindeutig geregelte Pflicht zur Einreichung von EÜR oder GuV für den Monat Januar bis zum 15.02.2014 vor. Dass die EÜR für Januar tatsächlich nachgereicht wurde oder ob – was die Antragsteller behaupten, sich jedoch aus dem Akteninhalt nicht ergibt – für spätere Monate EÜR ein- oder nachgereicht wurden, ist insofern unerheblich.
116Da eine Weigerung nur vorliegt, wenn die Pflichtverletzung vorsätzlich begangen wird, wäre die Sanktion jedoch rechtswidrig, wenn die EÜR nur fahrlässig oder unverschuldet nicht fristgerecht eingereicht worden wäre. Die Antragsteller behaupten, es habe eine mündliche Vorgabe dahingehend gegeben, dass die EÜR durch einen Steuerberater o. ä. erstellt werden muss. Sollte dies zutreffen, dann würde sich dies zwar wohl nicht auf die Wirksamkeit des Vertrages auswirken, da dieser eine solche Vorgabe nicht enthält. Jedoch würde es wohl an einer "Weigerung" fehlen, wenn es der Antragstellerin zu 2) wegen einer (hier bislang nicht hinreichend glaubhaft gemachten) Erkrankung des Steuerberaters nicht möglich oder ggf. aus finanziellen Gründen nicht zumutbar gewesen sein sollte, diese Vorgabe zu erfüllen. Dabei geht die Kammer für das vorliegende Eilverfahren davon aus, dass keine solche mündliche Vorgabe erfolgt ist. Denn die Behauptung der Antragsteller ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Aber auch ohne eine solche Vorgabe dürfte Vorsatz nicht vorliegen, wenn ein beauftragter Steuerberater erkrankt wäre. Ggf. könnte insoweit auch ein wichtiger Grund nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II anzunehmen sein. All dies ist ggf. im Hauptsacheverfahren zu klären. Bei summarischer Bewertung des Sachverhalts ist wegen unzureichender Glaubhaftmachung des Vortrags der Antragsteller davon auszugehen, dass eine Weigerung i. S. einer vorsätzlichen Pflichtverletzung vorliegt.
117Nicht abschließend im Eilverfahren klären lässt sich die Frage, ob die Pflicht zur Einreichung von EÜR bzw. GuV auch wirksam begründet worden ist, oder ob die auf § 15 SGB II beruhende Eingliederungsvereinbarung entweder nur in Bezug auf diese Pflicht oder sogar vollständig unwirksam ist.
118Nach Auffassung der Kammer findet dabei im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 SGB II keine inzidente "Rechtmäßigkeitskontrolle" der Eingliederungsvereinbarung statt, wie sie bei einem Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II – ggf. in Abhängigkeit von dessen Bestandskraft (siehe dazu die obigen Ausführungen) – durchzuführen sein kann, sondern lediglich eine inzidente "Wirksamkeitskontrolle". Eine Absenkung nach §§ 31 ff. SGB II kann nur vorgenommen werden und ein entsprechender Verwaltungsakt ist nur rechtmäßig, wenn eine wirksame und nicht nichtige Eingliederungsvereinbarung vereinbart worden ist; die Rechtswidrigkeit der Vereinbarung ist hingegen nicht von Bedeutung, da auch eine rechtswidrige Eingliederungsvereinbarung wirksam ist und Bindungswirkung entfaltet (str.; vgl. Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 15 Rn. 97; Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31 Rn. 32 ff. m. w. N.). Prüfungsmaßstab der Wirksamkeits- bzw. Nichtigkeitskontrolle sind § 15 SGB II und nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II die §§ 53 ff. SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R – juris (Rn. 33 ff.) m. w. N.).
119Nach Meinung der Kammer sind alle möglicherweise mit dieser Sichtweise trotz intensiver Prüfung der Nichtigkeitsgründe (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 31 Rn. 33) verbundenen Unterschiede zwischen der Intensität des Rechtsschutzes, die bei auf Verstößen gegen Eingliederungsvereinbarungen beruhenden Sanktionen besteht, und derjenigen, die bei auf Verstößen gegen Eingliederungsverwaltungsakte besteht, jedenfalls nach der seit dem 01.04.2011 geltenden Rechtslage hinnehmbar und verfassungsrechtlich unbedenklich, da Hilfebedürftige weder rechtlich noch "faktisch" gezwungen sind, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen; denn die Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a SGB II a. F., wonach die Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, sanktioniert wurde, gilt nicht mehr.
120§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der hier anwendbaren, aktuellen Fassung vom 13.05.2011 sieht vor, dass die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger – bzw. hier aufgrund §§ 6a, 6b SGB II allein die Antragsgegnerin als zugelassener kommunaler Träger ("Optionskommune") – mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren soll (Eingliederungsvereinbarung). Die Eingliederungsvereinbarung soll nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II insbesondere bestimmen, (1.) welche Leistungen die oder der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, (2.) welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müssen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind, (3.) welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu beantragen haben. Nach § 15 Abs. 1 Sätze 3-5 SGB II soll die Eingliederungsvereinbarung für sechs Monate geschlossen und danach eine neue Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden; bei jeder folgenden Eingliederungsvereinbarung sind die bisher gewonnenen Erfahrungen zu berücksichtigen. Aus § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ergibt sich, dass für den – hier nicht vorliegenden – Fall, dass eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt, die Regelungen nach Satz 2 durch Verwaltungsakt erfolgen sollen (Eingliederungsverwaltungsakt).
121Bei der Eingliederungsvereinbarung handelt es sich nach überwiegender Ansicht, die die Kammer für zutreffend hält, um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne der §§ 53 ff. SGB X (vgl. Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 15 Rn. 22 ff. m. w. N.; Sächsisches LSG, Urteil vom 26.05.2011 – L 3 AL 120/09 – juris; BSG, Urteil vom 06.12.2012 – B 11 AL 15/11 R – juris (Rn. 19 ff.) m. w. N.; Bayerisches LSG, Urteil vom 05.12.2012 – L 16 AS 927/11 – juris; so tendenziell auch BSG, Urteil vom 14.02.2013 – B 14 AS 195/11 R – juris (Rn. 18); so nun offenbar auch BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R – juris (Rn. 33 ff.) m. w. N.), wobei die §§ 53 ff. SGB X teilweise von den Spezialregelungen in § 15 SGB II verdrängt werden (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 43).
122Es handelt sich, schon weil nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II die erforderlichen Regelungen im Fall des Nichtzustandekommens einer Vereinbarung durch Verwaltungsakt getroffen werden sollen, um einen "subordinationsrechtlichen" öffentlich-rechtlichen Vertrag gem. § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X; konkret handelt es sich um einen (subordinationsrechtlichen) Austauschvertrag nach § 55 SGB X (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 30 ff., insbes. Rn. 30, 35, 43; BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R – a. a. O.). Nach herrschender Auffassung und jüngerer Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14.02.2013 – B 14 AS 195/11 R – juris (Rn. 18 f.)), ist dabei nicht von einer Gleichrangigkeit der Handlungsformen Vereinbarung und Verwaltungsakt auszugehen, sondern von einem Vorrang der vertraglichen Lösung (vgl. auch Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 24 ff. m. w. N.; anders der 4. Senat des BSG noch im Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 13/09 R – juris).
123Die vorliegende Eingliederungsvereinbarung ist in formaler Hinsicht wirksam zustande gekommen. Der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages richtet sich mangels einer ausdrücklichen Regelung gem. § 61 Satz 2 SGB X nach den einschlägigen zivilrechtlichen Vorschriften. Voraussetzung sind mehrere übereinstimmende, auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete Willenserklärungen (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 44). Da zudem gem. § 56 SGB X der Vertrag in Schriftform abzuschließen ist, ist eine Vertragsurkunde erforderlich und eine eigenhändige Unterschrift der Vertragsparteien (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 47). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, denn es liegen übereinstimmende schriftliche Erklärungen nebst Unterschriften beider Parteien vor.
124Die materielle Wirksamkeit der Vereinbarung ist demgegenüber nicht zweifelsfrei. Es erscheint möglich, dass zumindest einige der in der Vereinbarung geregelten Pflichten unwirksam sind. Prüfungsmaßstab sind außer § 15 SGB II nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II die §§ 53 ff. SGB X; materiell-rechtlich relevant ist insofern in erster Linie § 58 SGB X.
125Nach § 58 Abs. 1 SGB X in der hier anwendbaren, aktuellen Fassung vom 18.01.2001 ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergibt. Nach § 58 Abs. 2 SGB X ist ein Vertrag im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X (subordinationsrechtlicher Vertrages) ferner nichtig, wenn (1.) ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre, (2.) ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 42 SGB X rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war, (3.) die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrages nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 42 SGB X rechtswidrig wäre, (4.) sich die Behörde eine nach § 55 SGB X unzulässige Gegenleistung versprechen lässt. In § 58 Abs. 3 SGB X ist geregelt, dass der Vertrag, wenn die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrages betrifft, im Ganzen nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.
126§ 58 Abs. 2 Nr. 3 SGB X ist vorliegend nicht von Bedeutung, da es nicht um einen Vergleichsvertrag nach § 54 SGB X geht, sondern um einen Austauschvertrag. Relevant sind aber § 58 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, 2 und 4 SGB X.
127Nach summarischer Prüfung ist die Kammer der Auffassung, dass kein Verstoß gegen § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 134 BGB bzw. gegen das Vertragsformverbot des § 53 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 SGB X vorliegt. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. § 134 BGB ist bei öffentlich-rechtlichen Verträgen zwar anwendbar, aber dahin gehend auszulegen, dass nur solche schwerwiegenden (qualifizierten) Gesetzesverstöße zur Nichtigkeit des Vertrages führen, die nach ihrem Sinn und Zweck die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges verbieten oder einen bestimmten Vertragsinhalt ausschließen; ein Verstoß gegen Regelungen des SGB II (oder des SGB III bei entsprechender Anwendbarkeit) führt daher nicht automatisch zur Nichtigkeit des Vertrages (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 101). Aus § 53 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 SGB X, dessen Anwendungsbereich sich insofern mit § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 134 BGB überschneiden dürfte, ergibt sich, dass ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durch Vertrag nur insoweit begründet, geändert oder aufgehoben werden, als Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Die Verwaltung hat dabei stets den rechtsstaatlichen Vorrang des Gesetzes zu beachten (Art. 20 Abs. 3 GG). Sofern der Verwaltung eine bestimmte Handlungsform eindeutig durch Gesetz vorgegeben wird, hat sie dies nach Art 20 Abs. 3 GG zu beachten, ihr steht vor allem unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit gegenüber den von ihrem Handeln Betroffenen insoweit keine Gestaltungsfreiheit zu. Eine Eingliederungsvereinbarung ist daher rechtlich nicht zulässig und nichtig, wenn mit ihr keine Eingliederungsleistungen nach §§ 16 ff. SGB II, sondern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. SGB II geregelt werden (vgl. – unter dem Gesichtspunkt des § 53 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 SGB X – BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R – juris (Rn. 34 ff.) m. w. N.; vgl. auch – offenbar unter dem Gesichtspunkt der §§ 58 Abs. 1 SGB X, 134 BGB – Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 101 und 101.1). Hier enthält die Eingliederungsvereinbarung zwar Regelungen, die sich – zumindest faktisch – auch auf die Mitwirkung bei der Berechnung der Leistungen nach den §§ 19 ff. SGB II auswirken, und zwar die Regelung zu der im vorliegenden Verfahren im Fokus stehenden Verpflichtung, monatlich GuV bzw. EÜR vorzulegen. Jedoch wird in der Vereinbarung die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts – anders als in dem vom BSG im Urteil vom 02.04.2014 entschiedenen Fall – nicht unmittelbar geregelt oder gar mit der Erfüllung dieser Verpflichtung verknüpft.
128Einen Verstoß gegen § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 138 BGB, wonach ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt – insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen –, nichtig ist, sieht die Kammer entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht.
129Sonstige Verstöße gegen § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. Vorschriften des BGB sind nicht erkennbar.
130Auch die Voraussetzungen von § 58 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGB X sind nach der Überzeugung der Kammer nicht erfüllt. Ein Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II mit gleichem Inhalt wäre hier nicht nach § 40 SGB II i. V. m. § 40 SGB X nichtig und es spricht auch nichts dafür, dass eine etwaige Rechtswidrigkeit (nicht nur wegen eines Verfahrens oder Formfehlers i. S. d. § 42 SGB X) beiden Vertragschließenden bekannt gewesen wäre.
131Möglich erscheint ein Verstoß gegen § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X ("sich die Behörde eine nach § 55 SGB X unzulässige Gegenleistung versprechen lässt") i. V. m. § 55 Abs. 1 SGB X. Die Kammer hält jedoch ein Obsiegen der Antragstellerin zu 2) in der Hauptsache für nicht wahrscheinlicher als ein Unterliegen, so dass es im Rahmen der Interessenabwägung nach dem o. g. Entscheidungsmaßstab, auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es um eine Absenkung des Regelbedarfes für einen auf drei Monate beschränkten Zeitraum geht, dabei bleibt, dass sich entsprechend der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 39 Nr. 1 SGB II das Vollziehungsinteresse durchsetzt. Im Einzelnen ist zu § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X folgendes auszuführen:
132Nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X darf die Gegenleistung des Vertragspartners der Behörde – hier die Gegenleistung der Antragstellerin zu 2) – nicht unzulässig i. S. v. § 55 SGB X sein (vgl. hierzu Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 110 ff. und Rn. 54 ff.).
133Nach § 55 Abs. 1 SGB X in der anwendbaren, aktuellen Fassung vom 18.01.2001 kann ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X (subordinationsrechtlicher Vertrag), in dem sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung verpflichtet, geschlossen werden, wenn die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart wird und der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dient; die Gegenleistung muss den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen.
134Ein bestimmter Vertragszweck inkl. einer Vermittlungsstrategie (vgl. hierzu Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 54 ff., 58) ist hier bestimmt worden: Die Vereinbarung nennt als Ziel in Übereinstimmung mit § 15 SGB II die "Integration in den 1. Arbeitsmarkt" wobei dies durch Nennung von "Bezeichnung: Selbständigkeit" und durch die Ausführungen unter der Überschrift "Aufgabe des/der Kunden/in", dass die bereits aufgenommene selbständige Erwerbstätigkeit (Imbiss-Betrieb) beibehalten werden soll, näher konkretisiert wird. Die Kammer ist der Auffassung, dass auch eine selbständige Tätigkeit in diesem Zusammenhang eine "Integration in den 1. Arbeitsmarkt" darstellt und deshalb keine widersprüchliche Zwecksetzung vorliegt, und dass nicht nur die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit einen zulässigen Vertragszweck darstellt (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 61 und 78), sondern auch deren Beibehaltung mit dem Ziel einer schrittweisen Steigerung des Erfolgs und damit einhergehenden Minderung der Hilfebedürftigkeit. Die Eingliederungsvereinbarung enthält auch keine Regelungen, die dem verfolgten Ziel widersprechen. Der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung dient unproblematisch der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 63). Unproblematisch ist auch die Einhaltung des Kopplungsverbots bzw. des Gebots eines sachlichen Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung (vgl. Sonnhoff a. a. O. Rn. 72).
135Zweifel hat die Kammer in Bezug auf die Angemessenheit der Gegenleistungen der Antragstellerin zu 2), die unter der Überschrift "Aufgabe des/der Kunden/in" geregelt sind.
136Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X muss die Gegenleistung den gesamten Umständen nach angemessen sein. Als Ausgestaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Mittel soll sichergestellt sein, dass die Gegenleistung nicht außer Verhältnis zum Inhalt der Leistung der Behörde steht. Es soll verhindert werden, dass sich der Bürger zu einer Leistung verpflichtet, die bei Betrachtung des Gesamtvorgangs außer Verhältnis zu den Leistungen steht, die die Behörde zu erbringen hat. Dem Bürger soll keine unzumutbare Belastung für das Verwaltungshandeln auferlegt werden (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 64 m. w. N.). Allgemein ist von einer Störung des Austauschverhältnisses auszugehen, wenn auf der einen Seite völlig unverbindliche Absichts- und Verpflichtungserklärungen konkreten, die Zumutbarkeit überschreitenden Eigenbemühungen gegenüberstehen. Ein derartiger "Vertrag" ist mangels Angemessenheit nichtig gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X. Ist die Gegenleistung für sich alleine betrachtet bereits eindeutig unzumutbar, liegt ebenfalls keine Angemessenheit vor (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 69, 71 und ferner Rn. 110 ff.).
137Die Zumutbarkeit der Pflicht, monatlich alternativ eine EÜR oder eine GuV einzureichen, ist bei isolierter Betrachtung nach vorläufiger Bewertung zu bejahen, weil es der Antragstellerin zu 2) ohnehin für steuerliche Zwecke obliegt, ihren Gewinn zumindest durch Erstellung von EÜR zu ermitteln. Bei der EÜR handelt es sich um eine Gewinnermittlungsart. Gewerbetreibende, die nicht nach § 140 Abgabenordnung (AO), § 5 Einkommensteuergesetz (EStG) i.&8201;V.&8201;m. §§ 238&8201;ff. Handelsgesetzbuch (HGB) oder nach § 141 AO (nach Aufforderung durch das Finanzamt) verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßige Abschlüsse zu machen, können diese Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG wählen. Die (jährliche) GuV ist demgegenüber in § 242 Abs. 2 und 3 sowie §§ 275 ff. HGB geregelt und als Teil des Jahresabschlusses von Kaufleuten vorzunehmen, die zur Buchführung verpflichtet sind, bzw. von Gewerbetreibenden, die sich freiwillig entscheiden, Bücher zu führen. Der Umstand, dass die vorliegende Vereinbarung eine monatliche Erstellung von EÜR vorsieht, dürfte den für EÜR ohnehin zwangsläufig zu betreibenden Aufwand nur unwesentlich erhöhen.
138Ob die sonstigen Gegenleistungspflichten (Anzeige / Abstimmung bestimmter Investitionen etc.) für sich genommen zumutbar sind, muss aus Sicht der Kammer ebenfalls einer Klärung im Hauptsacheverfahren überlassen bleiben. Es wäre aus vorläufiger Sicht insoweit auch eher von einer bloßen Teilnichtigkeit und nicht von einer Gesamtnichtigkeit auszugehen, da nach Meinung der Kammer anzunehmen wäre, dass die Antragsgegnerin die Eingliederungsvereinbarung auch ohne diese Regelungen abgeschlossen hätte (§ 58 Abs. 3 SGB X), und die vorliegend streitige Sanktion beruht nicht auf Verstößen gegen diese Pflichten.
139Zudem tendiert die Kammer dahin, dass im vorliegenden Fall die mit der Antragstellerin vereinbarte Pflicht zur Vorlage von EÜR / GuV und die sonstigen "Abstimmungs- und Genehmigungspflichten" nicht nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X unzulässig ist, weil sie ihrer Zielrichtung nach der Berechnung der Leistungen nach §§ 19 ff. SGB II dienen soll.
140Das LSG NRW hat in einer Entscheidung zu einem teilweise ähnlichen Fall (Beschluss vom 26.11.2012 – L 2 AS 2052/12 B – juris (Rn. 6)) folgendes ausgeführt:
141"Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze waren die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hier erfüllt, weil gegen die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 29.08.2012 durchgreifende Bedenken bestehen. Zentraler Bestandteil einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II und eines diese Vereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II sind gem. § 15 Abs.1 Satz 2 SGB II Bestimmungen darüber, welche Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält und welche Bemühungen er hierzu in welcher Häufigkeit mindestens unternehmen muss sowie in welcher Form er diese Bemühungen nachweisen muss. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 29.08.2012 bestehen hier bereits deshalb, weil der Antragsgegner dort zwar umfangreiche Verpflichtungen des Antragstellers festgelegt hat, für sich selbst aber über die bereits nach den gesetzlichen Vorschriften des SGB II bestehende Verpflichtung zur "Info und Beratung nach gesetzlichen Vorgaben" keine eigenständigen konkreten Pflichten bestimmt hat. Nach dem Grundsatz des Forderns und Förderns muss die Eingliederungsvereinbarung bzw. der sie ersetzende Verwaltungsakt aber konkrete und bestimmbare Pflichten für beide Vertragspartner enthalten (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 15 Rdnr. 23; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.06.2012 L 19 AS 1045/12 B ER, L 19 AS 1046/12 B ER). Die dem Antragsteller auferlegten Pflichten betreffen zudem nicht Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit durch Ausbau seiner selbständigen Tätigkeit, sondern regeln allein, in welcher Weise er die mit seiner selbständigen Tätigkeit erzielten Einnahmen gegenüber dem Antragsgegner dokumentieren soll und welche unternehmerischen Entscheidung (ungeplante Betriebsausgaben, Einstellung von Personal) er nur nach vorheriger Zustimmung des Antragsgegners vornehmen darf. Der Antragsteller weist diesbezüglich zu Recht darauf hin, dass die im Eingliederungsverwaltungsakt festgelegten Pflichten zur Anzeige ungeplanter Betriebsausgaben, zur Einreichung einer monatlichen/quartalsweisen Gewinn- und Verlustrechnung und zum Nachweis des betriebsbedingten Anteils der Kraftfahrzeugnutzung, keine geeigneten Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit sind ist, sondern allein der Überprüfung seiner Leistungsberechtigung dienen. Diese Überprüfung ist aber nicht der Sinn und Zweck einer Eingliederungsvereinbarung."
142Die Kammer ist der Auffassung, dass in der vorliegenden Vereinbarung anders als bei dem dort entschiedenen Sachverhalt hinreichend deutlich wird, dass es nicht um die Überprüfung der Leistungsberechtigung bzw. die Berechnung der Leistungen gehen soll, sondern dass die Verpflichtungen hier eine Art ständiges "Monitoríng" bzw. eine "Erfolgskontrolle" – in der Vereinbarung ist die Rede von einer zeitnahen Prüfung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Unternehmens und einer Überschuldung – und eine Verhinderung von unwirtschaftlichen unternehmerischen Entscheidungen ermöglichen sollen. Die Ergebnisse der Tragfähigkeitsprüfung sollen offenbar bei der vereinbarten, auf Initiative der Antragstellerin zu 2) möglichen begleitenden Beratung oder spätestens bei dem nach einem halben Jahr erfolgenden nächsten Beratungsgespräch dazu führen können, dass das Ratschläge erteilt werden, dass das Integrationsziel bzw. -konzept im Detail modifiziert wird oder – bei anhaltend fehlender Tragfähigkeit – ganz abgeändert und verlangt wird, dass anstelle einer Fortführung des Imbissbetriebs eine andere Tätigkeit aufgenommen wird (vgl. zur Zulässigkeit derartiger Aufforderungen § 10 Abs. 2 Nr. 5 SGB II). Es scheint nach alledem insgesamt um die Förderung der Erfolgschancen der Eingliederung in Form der Beibehaltung der selbständigen Erwerbstätigkeit zu gehen sowie um die Ermittlung der Tatsachen, die vor dem Hintergrund von § 10 Abs. 2 Nr. 5 SGB II für die Prüfung einer Entscheidung zur Änderung des Eingliederungskonzeptes in Richtung einer Aufnahme einer Arbeit relevant sind, und nicht um die Ermittlung der für die Erbringung der Grundsicherungsleistungen maßgeblichen Tatsachen.
143Die Kammer hält dies bei vorläufiger Bewertung für ein potentiell zulässiges Regelungskonzept (vgl. auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 24.06.2014 – L 7 AS 446/14 B ER – juris zu einem Eingliederungsverwaltungsakt, der eine Pflicht vorsah, "binnen nur einer Woche eine Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2013 und eine Vorschau für das Jahr 2014 vorzulegen", was nach Meinung des LSG – offenbar nur wegen der kurzen Frist – "an der Realität vorbeigeht").
144In Bezug auf die Frage der Angemessenheit ist allerdings festzustellen, dass die Antragsgegnerin nur eine sehr allgemein gehaltene Beratungsverpflichtung übernommen hat, während die Antragstellerin zu 2) inhaltlich und zeitlich konkret festgelegte Nachweispflichten (und sonstige Pflichten) übernommen hat. Dies spricht im Ausgangspunkt gegen eine Angemessenheit und für eine Nichtigkeit nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X.
145Die Kammer tendiert jedoch bei vorläufiger Bewertung zu der Auffassung, dass es der Antragsgegnerin in der hier konkret vorliegenden Einzelsituation, in der sie von der Antragstellerin die Beibehaltung einer selbst gewählten, bereits aufgenommenen selbständigen Erwerbstätigkeit verlangt – bzw. anders formuliert: in der sie ihr die Beibehaltung dieser Tätigkeit für zunächst weitere sechs Monate ausdrücklich zugesteht – nicht zwingend abverlangt werden kann, konkretere Verpflichtungen einzugehen. Andere Verpflichtungen als Beratungstätigkeiten sind bei diesem an und für sich zulässigen Integrationskonzept – bis auf Darlehen und Zuschüsse für die Beschaffung von Sachgütern nach § 16c Abs. 1 SGB II – ohnehin schwer vorstellbar. Ein allgemeines Angebot zur Beratung durch eigene Mitarbeiter kann auch – je nach Qualität und Verfügbarkeit – durchaus sehr hilfreich sein. Zudem ist, wie bereits erwähnt, zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zu 2) ohnehin aus vom SGB II-Leistungsbezug unabhängigen Gründen verpflichtet ist, EÜR zu erstellen, wenn auch nicht unbedingt im Monatsturnus.
146Es wird im Hauptsacheverfahren zu ermitteln und abschließend zu bewerten sein, wie genau das vorliegend von der Antragsgegnerin verfolgte Eingliederungskonzept einer "begleitenden" Analyse der Tragfähigkeit gedacht ist und durchgeführt wird – durch über entsprechende Kompetenzen verfügende eigene Mitarbeiter und / oder durch Hinzuziehung externer fachkundiger Stellen –, und ob im Ergebnis durchgreifende Bedenken dagegen bestehen, in einer Eingliederungsvereinbarung Eigenbemühungen im Hinblick auf die Ermöglichung einer (nicht prognostischen sondern nachträglichen) Tragfähigkeitsanalyse zu vereinbaren, wenn Leistungen nach § 16b SGB II (Einstiegsgeld, das bei einem Antrag nach Aufnahme der Tätigkeit allerdings nicht gewährt werden kann (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 27.03.2013 – L 11 AS 809/10 – juris)) oder nach § 16c Abs. 1 oder Abs. 2 SGB II (Leistungen zur Eingliederung von Selbständigen, die auch bzw. im Fall von Abs. 2 nur nach Aufnahme der Tätigkeit gewährt werden können, insbesondere die "Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten" (im Hinblick auf die spezifische Situation eines Selbständigen, nicht berufliche Kenntnisse) "durch geeignete Dritte") – wie es hier offenbar, auch nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsteller, der Fall ist – zum Zeitpunkt des Abschlusses der Eingliederungsvereinbarung weder gewährt wurden / werden, noch beantragt oder wenigstens zwischen den Beteiligten konkret "im Gespräch" sind. Dabei wird auch abschließend zu ermitteln und zu bewerten sein, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen es ausreicht, als Leistung der Behörde die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Selbständigen-Beratung anzubieten, die offenbar durch eigene Mitarbeiter und nicht wie bei § 16c Abs. 2 SGB II "durch geeignete Dritte" durchgeführt werden soll.
147Die Aussage im Vertrag, dass der Antragsteller zu 1) die Antragstellerin zu 2) bei dem Betrieb des Imbiss‘ "unterstützt", deutet die Kammer vorläufig nicht als einzuhaltende Verpflichtung, dass die Antragstellerin zu 2) auf ihren Ehemann dahingehend einwirken muss, dass er ihr hilft. Bei dieser Auslegung spräche alles dafür, dass diese Regelung nichtig wäre. Die Kammer geht aber davon aus, dass hier nur eine unverbindliche Erwartung formuliert wurde. Für diese Auslegung spricht auch, dass die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller zu 1) eine Sanktion wegen der Nichtaufnahme einer Tätigkeit ausgesprochen hat, die sich mit einer "Pflicht" zur Mithilfe im Imbissbetrieb wohl nicht "vertragen" hätte. Selbst bei einer Auslegung als Pflicht läge nach summarischer Bewertung insoweit aber nur eine Teilnichtigkeit und keine Gesamtnichtigkeit vor, da anzunehmen wäre, dass die Antragsgegnerin die Eingliederungsvereinbarung auch ohne diese Regelung abgeschlossen hätte (§ 58 Abs. 3 SGB X).
148Die Regelungen zur Ortsabwesenheit begegnen keinen Bedenken (vgl. Sonnhoff a. a. O. Rn. 73.1).
149Damit ist im summarischen Verfahren insgesamt keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür festzustellen, dass in der Hauptsache inzident die Unwirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung – als Grundlage der Pflicht, deren Nichterfüllung sanktioniert worden ist – festzustellen sein wird.
150Im Übrigen bestehen keine Bedenken bzgl. der Rechtmäßigkeit der Sanktion
151Ein "Widerruf" der Eingliederungsvereinbarung i. w. S. kommt nicht in Betracht bzw. würde ein solcher der Sanktion nicht die Grundlage entziehen.
152Eine Rechtsgrundlage für einen "Widerruf" i. e. S. ist nicht erkennbar. Eine Anfechtung der Vereinbarung nach § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 142 BGB wegen Irrtums, § 119 BGB, falscher Übermittlung, § 120 BGB, oder arglistiger Täuschung, § 123 BGB, kommt ebenfalls nicht in Betracht. Und § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X sieht zwar bei einer maßgeblichen Änderung der Verhältnisse einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages und bei Unzumutbarkeit ein Kündigungsrecht vor (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.2012 – B 11 AL 15/11 R – juris (Rn. 24 ff.) m. w. N.). Voraussetzung ist zunächst, dass es nachträglich zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gekommen ist. Die Änderung kann sich auf tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse beziehen, sie muss stillschweigende Vertragsgrundlage sein. Hier gab es aber keinerlei Änderung der Verhältnisse.
153Ein wichtiger Grund nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II liegt hier nicht vor (vgl. zum Begriff des wichtigen Grundes BSG, Urteil vom 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R – juris (Rn 29)). Denkbar ist – wie ausgeführt – allenfalls, dass es bereits an einer Weigerung fehlt.
154Der Sanktionsfeststellungsbescheid entspricht schließlich bzgl. des Sanktionszeitraums der gesetzlichen Regelung der § 31b Abs. 1 SGB I, wonach sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats mindert, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt, und die Minderung drei Monate dauert. Wirksam geworden ist der Sanktionsfeststellungsbescheid vom 03.04.2014 durch die Zustellung des Bescheides per Postzustellungsurkunde am 08.04.2014. Der Sanktionszeitraum musste daher am 01.05.2014 beginnen und am 31.07.2014 enden.
155Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
156Die Entscheidung über den mit Einreichung der Eilantragsschrift am 20.05.2014 gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 73a SGG i. V. m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgeblich sind aufgrund des Zeitpunktes der Antragstellung nach § 40 des Gesetzes, betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung (EGZPO), der Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts, die §§ 114 ff. ZPO in der ab dem 01.01.2014 geltenden Fassung. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war unabhängig von den Erfolgsaussichten des Eilantrags gem. § 73a SGG i. V. m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO abzulehnen, da die Antragsteller die nach § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem nach § 117 Abs. 4 ZPO i. V. m. der Prozesskostenhilfevordruckverordnung (PKHVV) vorgeschriebenen Formular und die ebenfalls erforderlichen Belege zur Glaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht eingereicht haben, obwohl die Antragsteller mit der gerichtlichen Eingangsverfügung vom 21.05.2014 unter Setzung einer einwöchigen Frist zur Einreichung dieser Unterlagen aufgefordert und u. a. mit Schreiben vom 20.06.2014 – erneut mit Fristsetzung – hieran erinnert wurden. Damit haben die Antragsteller im vorliegenden Verfahren innerhalb der gesetzten Fristen und darüber hinaus bis zum Abschluss der Instanz nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Gewährung von Prozesskostenhilfe vorliegen.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis
- 1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen, - 2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern, - 3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn
- 1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen, - 2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen, - 3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder - 4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.
(1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt.
(2) Bei einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer, die oder der vor Eintritt in die Maßnahme nicht arbeitslos war, gelten die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit als erfüllt, wenn sie oder er
- 1.
bei Eintritt in die Maßnahme einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hätte, der weder ausgeschöpft noch erloschen ist, oder - 2.
die Anwartschaftszeit im Fall von Arbeitslosigkeit am Tag des Eintritts in die Maßnahme der beruflichen Weiterbildung erfüllt hätte; insoweit gilt der Tag des Eintritts in die Maßnahme als Tag der Arbeitslosmeldung.
(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn
- 1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe), - 2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung), - 3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen), - 4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme), - 5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme), - 6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung), - 7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung), - 8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis), - 9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.
(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich
- 1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte, - 2.
auf sechs Wochen, wenn - a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder - b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.
(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt
- 1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen, - 2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen, - 3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.
(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.
(1) Arbeitslose haben sich während der Zeit, für die sie einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erheben, bei der Agentur für Arbeit oder einer sonstigen Dienststelle der Bundesagentur persönlich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, wenn die Agentur für Arbeit sie dazu auffordert (allgemeine Meldepflicht). Die Meldung muss bei der in der Aufforderung zur Meldung bezeichneten Stelle erfolgen. Die allgemeine Meldepflicht besteht auch in Zeiten, in denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht.
(2) Die Aufforderung zur Meldung kann zum Zwecke der
- 1.
Berufsberatung, - 2.
Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit, - 3.
Vorbereitung aktiver Arbeitsförderungsleistungen, - 4.
Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren und - 5.
Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch
(3) Die meldepflichtige Person hat sich zu der von der Agentur für Arbeit bestimmten Zeit zu melden. Ist der Meldetermin nach Tag und Tageszeit bestimmt, so ist die meldepflichtige Person der allgemeinen Meldepflicht auch dann nachgekommen, wenn sie sich zu einer anderen Zeit am selben Tag meldet und der Zweck der Meldung erreicht wird. Ist die meldepflichtige Person am Meldetermin arbeitsunfähig, so wirkt die Meldeaufforderung auf den ersten Tag der Arbeitsfähigkeit fort, wenn die Agentur für Arbeit dies in der Meldeaufforderung bestimmt.
(4) Die notwendigen Reisekosten, die der meldepflichtigen Person und einer erforderlichen Begleitperson aus Anlaß der Meldung entstehen, können auf Antrag übernommen werden, soweit sie nicht bereits nach anderen Vorschriften oder auf Grund anderer Vorschriften dieses Buches übernommen werden können.
(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn
- 1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe), - 2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung), - 3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen), - 4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme), - 5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme), - 6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung), - 7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung), - 8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis), - 9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.
(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich
- 1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte, - 2.
auf sechs Wochen, wenn - a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder - b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.
(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt
- 1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen, - 2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen, - 3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.
(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.
Tenor
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Vollziehbarkeit zweier Sanktionsbescheide der Antragsgegnerin nach §§ 31 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (nachfolgend: SGB II) und in diesem Zusammenhang um den Umfang der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. SGB II.
4Der am XX.XX.XXXX geborene Antragsteller zu 1) und seine Ehefrau, die am XX.XX.XXXX geborene Antragstellerin zu 2), sind pakistanische Staatsangehörige. Sie beziehen zusammen mit ihren beiden gemeinsamen Kindern seit mehreren Jahren Leistungen nach dem SGB II bei der Antragsgegnerin.
5Am 16.01.2014 schloss die Antragstellerin zu 2) mit der Antragsgegnerin eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II mit dem Ziel "Integration in den 1. Arbeitsmarkt" und der Bezeichnung "Selbstständigkeit" sowie der Angabe "Frist zur Erledigung der Aufgaben: 15.07.2014". In dieser Vereinbarung heißt es unter der Überschrift "Aufgaben des/der Kunden/in" u. a., dass die Antragstellerin zu 2) auf eigenen Wunsch selbstständig bleibe mit einem Imbiss, und dass sie dabei von ihrem Ehemann unterstützt werde. Sie werde "monatlich ab Januar 2014 alle Betriebseinnahmen und -ausgaben in geeigneter Form durch Einnahmen-Überschussrechnungen (EÜR) bzw. Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) immer fristgerecht bis zum 15. des Folgemonats zur Prüfung dem zuständigen Selbstständigenberater/-beraterin vorlegen, um zeitnah eine Tragfähigkeit des Unternehmens und eine Überschuldung prüfen zu lassen". Nach Ablauf eines halben Jahres werde spätestens ein erneutes Beratungsgespräch geführt, in welchem die Tragfähigkeit des Gewerbes besprochen wird. Die Antragstellerin zu 2) verpflichte sich, "im Rahmen der Geschäftstätigkeit ( ) geplante Investitionen (Betriebsausgaben) ab einer Höhe von 250 EUR sowie sämtliche geplanten betrieblichen Ausgaben mit Dauerwirkung (z. B. Mietverträge, Darlehensverträge) vor der tatsächlichen Ausgabe im Vorfeld anzuzeigen, damit die Notwendigkeit und Angemessenheit der Ausgabe geprüft werden kann". Ferner heißt es dort, die Antragstellerin zu 2) werde verpflichtet, "vor Realisierung der geplanten Investition ( ) drei Kostenangebote vorzulegen". Weiterhin werde sie verpflichtet, "die vertragliche Bindung von Arbeitnehmern unabhängig vom Beschäftigungsumfang unverzüglich anzuzeigen und mit dem Selbstständigenberater/-beraterin abzustimmen". Zudem heißt es dort: "Die Einstellung oder Beauftragung von Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern (Ehepartner, Lebensgefährte, Kinder) ist von Ihnen dem Berater/-in vorab bekanntzugeben und die Zustimmung einzuholen. Dies ist erforderlich, damit die Notwendigkeit geprüft werden kann." Außerdem enthält die Vereinbarung Vorgaben zur Erreichbarkeit der Antragstellerin zu 2) bzw. zur Abstimmung beruflich veranlasster Aufenthalte außerhalb des Zeit- und ortsnahen Bereichs. Unter der Überschrift "Aufgaben des/der Berater/in" heißt es im Wesentlichen, dass die Antragsgegnerin "als Ansprechpartner bei Fragen bezüglich der Selbstständigkeit zur Verfügung" stehe. Die Vereinbarung beinhaltet eine Rechtsfolgenbelehrung, nach der das Arbeitslosengeld II im Fall einer ohne den Nachweis eines wichtigen Grundes erfolgten Weigerung, die Pflichten aus der Vereinbarung zu erfüllen, für die Dauer von drei Monaten um 30 % der für die Antragstellerin zu 2) maßgebenden Regelleistung abgesenkt werde, maximal um 105,90 EUR.
6Mit einem an den Antragsteller zu 1) gerichteten Bescheid vom 13.03.2014 senkte die Antragsgegnerin sein Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 % seines maßgebenden Regelbedarfs ab, was nach aktueller Sachlage bedeute, dass sein Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von max. 105,90 EUR abgesenkt werde. Diese Regelung gelte für die Zeit vom 01.04.2014 bis 30.06.2014. Zur Begründung gab die Antragsgegnerin an, dass der Antragsteller zu 1) mit Schreiben vom 30.01.2014 aufgefordert worden sei, eine zumutbare Arbeit als Verpacker/Lagermitarbeiter aufzunehmen bzw. fortzuführen. Der Antragsteller zu 1) sei dieser Aufforderung trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachgekommen. Die vom Antragsteller zu 1) gegebene Begründung für sein Verhalten, dass er sich zum 01.01.2014 selbständig gemacht habe, sei nicht als wichtiger Grund anerkannt worden, da der Imbiss von der Antragstellerin zu 2) und nicht von ihm geführt werde und er nicht ihr Arbeitnehmer sei bzw. hieraus Einkommen erziele. Der Bescheid vom 13.03.2014 wurde dem Antragsteller zu 1) per Postzustellungsurkunde am 20.03.2014 zugestellt.
7Mit Bescheid vom 21.03.2014 bewilligte die Antragsgegnerin den Antragstellern und den Kindern Leistungen nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum vom 01.04.2014 bis zum 30.09.2014. Die Bewilligung erfolgte nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III vorläufig, soweit zukünftige bzw. noch nicht nachgewiesener Einkünfte auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts angerechnet wurden. Als Einkommen wurden Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit der Antragstellerin zu 2) i. H. v. 610 EUR abzüglich eines Freibetrags von 202 EUR, mithin 408 EUR, angerechnet. Auf Seite 1 dieses Bescheides heißt es, dass "folgende Leistungen" bewilligt werden; im Anschluss hieran folgt eine tabellarische Aufstellung, der man entnehmen kann, dass dem Antragsteller zu 1) Arbeitslosengeld II i. H. v. 263,67 EUR bewilligt wird und der Antragstellerin zu 2) Arbeitslosengeld II i. H. v. 369,59 EUR. Im Berechnungsabschnitt 1 des Bescheides heißt es bei der Berechnung der Leistungen für den April 2014 in Bezug auf den Antragsteller zu 1), dass sein Anspruch i. H. v. 369,57 EUR aufgrund einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II – 1. Pflichtverletzung (30 % vom Regelbedarf) – vom 01.04.2014 bis zum 30.06.2014 um 105,90 EUR gemindert werde.
8Mit einem an die Antragstellerin zu 2) gerichteten Bescheid vom 03.04.2014 senkte die Antragsgegnerin – nach vorangegangener Anhörung (Schreiben vom 13.03.2014) – ihr Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 % ihres maßgebenden Regelbedarfs ab, was nach aktueller Sachlage bedeute, dass ihr Arbeitslosengeld II um einen Betrag in Höhe von max. 105,90 EUR abgesenkt werde. Diese Regelung gelte für die Zeit vom 01.05.2014 bis 31.07.2014. Zur Begründung gab die Antragsgegnerin an, dass die Antragstellerin zu 2) – was zwischen den Beteiligten im vorliegenden Eilverfahren unstreitig ist – die in der Eingliederungsvereinbarung vom 16.01.2014 vereinbarte Verpflichtung, monatlich ab dem Monat Januar 2014 eine Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) bis zum 15. des Folgemonats abzugeben, trotz schriftlicher Rechtsfolgenbelehrung nicht erfüllt habe. Zwar sei die EÜR für den Monat Januar 2014 im Rahmen des Anhörungsverfahrens am 27.03.2014 nachgereicht worden. Jedoch könne darin kein wichtiger Grund gesehen werden, da die EÜR für den Folgemonat Februar 2014 erneut nicht abgegeben worden sei. Der Bescheid vom 03.04.2014 wurde der Antragstellerin zu 2) per Postzustellungsurkunde am 08.04.2014 zugestellt.
9Mit Änderungsbescheid vom 17.04.2014 hob die Antragsgegnerin den Bescheid vom 21.03.2014 "in dem dargestellten Umfang mit Wirkung ab 01.05.2014" nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) wegen des Eintritts einer wesentlichen Änderung gegenüber den Verhältnissen, die beim Erlass jenes Bescheides vorgelegen hatten, auf, und setzte die Leistungen, wiederum nach § 328 SGB III vorläufig, für den Zeitraum ab dem 01.05.2014 neu fest. Die Bewilligungsentscheidung blieb im Hinblick auf den Antragsteller zu 1) gleich. Für die Antragstellerin zu 2) wurde nunmehr Arbeitslosengeld II nur noch i. H. v. 263,69 EUR bewilligt. In Berechnungsabschnitt 1 des Bescheides heißt es hinsichtlich der Berechnung des Anspruchs der Antragstellerin zu 2) für den Mai 2014, dass ihr Anspruch wegen einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB II – 1. Pflichtverletzung (30 % vom Regelbedarf) – vom 01.05.2014 bis zum 31.07.2014 um 105,90 EUR gemindert werde.
10Mit Schreiben vom 03.05.2014 erhob der Antragsteller zu 1) gegen den Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 Widerspruch. Dieser Widerspruch wurde während des vorliegenden Eilverfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2014 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass der Bescheid am 20.03.2014 zugestellt worden sei und dementsprechend der Widerspruch nicht innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist, die am 20.04.2014 abgelaufen sei, erhoben worden sei. Dem in dem Widerspruchsschreiben enthaltenen Wiedereinsetzungsantrag sei nicht stattzugeben gewesen. Der Vortrag, der Bescheid sei erst am 02.05.2014 "aufgefunden worden", rechtfertige keine Wiedereinsetzung. Die Antragsgegnerin legte den verspäteten Widerspruch zu Gunsten des Antragstellers zu 1) auch als Antrag auf Überprüfung des Sanktionsbescheides nach § 44 SGB X aus und wies diesen Überprüfungsantrag ebenfalls mit Bescheid vom 18.06.2014 zurück, da keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des Leistungsbescheides erkennbar seien.
11Mit dem Schreiben vom 03.05.2014 erhob zudem die Antragstellerin zu 2) Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom 03.04.2014. Mit Schreiben vom 18.05.2014 erklärten die Antragsteller den "Widerruf von Anfang an" bzgl. der Eingliederungsvereinbarung zwischen der Antragstellerin zu 2) und der Antragsgegnerin. Sie machten geltend, die Vereinbarung sei sittenwidrig und unzulässig. Es sei keine Leistung der Antragsgegnerin enthalten. Der Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid vom 03.04.2014 wurde während des vorliegenden Eilverfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2014 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin an, dass ein wichtiger Grund weiterhin nicht benannt worden sei. Die Erklärung, die Eingliederungsvereinbarung widerrufen zu wollen, stelle keinen wichtigen Grund dar.
12Mit dem Schreiben vom 03.05.2014 erhoben die Antragsteller zu 1) und 2) schließlich auch Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 21.03.2014. Sie wandten sich hiermit gegen die darin vorgesehene abgesenkte Gewährung von Arbeitslosengeld II für den Antragsteller zu 1). Dieser Widerspruch wurde während des vorliegenden Eilverfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2014 als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin an, dass der Bescheid hinsichtlich der Sanktion nur der Umsetzung des Sanktionsbescheides vom 13.03.2014 diene. Gegen diesen Umsetzungsakt sei ein Widerspruch nicht zulässig, da es sich hierbei nicht um eine Regelung nach § 31 SGB X (Verwaltungsakt) handele. Eine Regelung sei insoweit lediglich in dem Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 getroffen worden.
13Am 20.05.2014 haben die Antragsteller Klage erhoben und um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Das Klageverfahren wird unter dem Aktenzeichen S 32 AS 2022/14 geführt. Die Kammer hat in jenem Verfahren zunächst darauf hingewiesen, dass die Klage mangels abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens unzulässig sei, soweit sie sich gegen die Sanktionen richtete. Nachdem die Antragsteller bzw. die dortigen Kläger mit Schreiben vom 30.06.2014 auf fünf zwischenzeitlich zugestellte Widerspruchsbescheide Bezug genommen hatten, hat die Kammer mitgeteilt, dass sie davon ausgehe, dass sich die Klage S 32 AS 2022/14 nunmehr (jedenfalls auch) gegen die Sanktionsbescheide vom 13.03.2014 und vom 03.04.2014 in der Gestalt der jeweiligen Widerspruchsbescheide vom 18.06.2014 und gegen den Bewilligungsbescheid vom 21.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2014 richtet.
14Die Antragsteller tragen vor, dass die gegenüber den Antragstellern jeweils vorgenommenen Kürzungen um 30 % unberechtigt seien. Die Eingliederungsvereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der Antragstellerin zu 2) sei widerrufen worden und die darin geregelten Verpflichtungen der Antragstellerin zu 2) seien sittenwidrig und ihnen stehen keine ausreichenden Leistungen der Antragsgegnerin gegenüber. Zudem fordere die Antragsgegnerin, dass die monatlichen Überschussrechnungen der Einnahmen und Ausgaben durch einen Steuerberater o. ä. eingereicht werden. Der Steuerberater der Antragsteller habe sich "längere Zeit im Krankenhaus" befunden habe, was "der Stadt Hamm vorsorglich mitgeteilt" worden sei, und dass er die "Einnahme-Überschussrechnungen für FEB und MRZ 2014 jedoch längst eingereicht" habe. Die Sanktion gegenüber dem Antragsteller zu 1) sei deshalb unberechtigt, weil der Antragstellerin zu 2) in der Eingliederungsvereinbarung auferlegt worden sei, dass der Antragsteller zu 1) ihr helfen solle; die Antragsgegnerin könne dann nicht gleichzeitig vom Antragsteller zu 1) fordern, eine anderweitige Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Von den gekürzten Leistungen können die Antragsteller nicht leben. Sie können im Übrigen auch ihre Selbstständigkeit nicht fortführen. Das Gewerbe (Imbiss) sei mit Schreiben vom 19.05.2014 abgemeldet worden.
15Die Antragsteller beantragen (sinngemäß),
16die aufschiebende Wirkung der Klage S 32 AS 2022/14 gegen den an den Antragsteller zu 1) gerichteten Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014 anzuordnen und die Vollziehung dieses Bescheides aufzuheben, indem die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet wird, dem Antragsteller zu 1) Leistungen nach dem SGB II ohne Berücksichtigung dieser Sanktion zu gewähren;
17die aufschiebende Wirkung der Klage S 32 AS 2022/14 gegen den an die Antragstellerin zu 2) gerichteten Sanktionsbescheid vom 03.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014 in Verbindung mit der Aufhebungsverfügung in dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 anzuordnen und die Vollziehung dieser Bescheide aufzuheben, indem die Antragsgegnerin vorläufig verpflichtet wird, der Antragstellerin zu 2) Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe des Bewilligungsbescheides vom 21.03.2014 zu gewähren.
18Die Antragsgegnerin beantragt,
19den Antrag abzulehnen.
20Sie trägt vor, dass der den Antragsteller zu 1) betreffende Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 bestandskräftig geworden und der erst am 03.05.2014 eingelegte Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2014 wegen Verfristung zurückgewiesen worden sei. Auch der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X, als der der Widerspruch zu Gunsten des Antragstellers zu 1) ausgelegt worden sei, sei mit Bescheid vom 18.06.2014 abgelehnt worden. Eine Eilbedürftigkeit sei nicht zu erkennen, wenn der Antragsteller zu 1) einen Sanktionsbescheid zunächst bestandskräftig werden lässt. Die Eingliederungsvereinbarung sei ein öffentlich-rechtlicher Vertrag und könne nicht von der Antragstellerin zu 2) einseitig widerrufen werden. Die darin von der Antragstellerin zu 2) eingegangene Verpflichtung, monatlich Einnahme-Überschussrechnungen abzugeben, sei für Januar lediglich zu spät, im Rahmen des Anhörungsverfahrens, erfüllt worden; weitere Rechnungen seien nicht eingereicht worden. Der Leistungsbescheid vom 21.03.2014 habe die Sanktion vom 13.03.2014 gegenüber dem Antragsteller zu 1) berücksichtigt. Die Sanktion gegenüber der Antragstellerin zu 2) sei mit dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 umgesetzt worden. Die Umsetzungen Leistungsbescheide enthalten bezüglich der Sanktionen keine eigenständigen Regelungen. Soweit die Antragsteller geltend machen, ihr Gewerbe abgemeldet zu haben und über geringeres Einkommen zu verfügen, seien sie – bislang vergeblich –aufgefordert worden, entsprechende Belege einzureichen.
21Die Antragsteller haben im laufenden Verfahren mehrfach um Fristverlängerung gebeten. Nachdem sich eine Rechtsanwältin als Bevollmächtigte bestellt hatte, erhielt sie Akteneinsicht. Trotz Fristsetzung und Erinnerung ist im Anschluss hieran bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung keine weitere Stellungnahme erfolgt.
22Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (Leistungsakten und Integrationsakten) Bezug genommen. Diese lagen vor und waren Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung.
23II.
24Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
25Der Antrag ist auslegungsbedürftig, denn die schriftsätzlich gestellten Anträge sind ihrem Wortlaut nach nicht hinreichend bestimmt i. S. v. § 92 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Gericht hat in einem solchen Fall den Inhalt des Antrags nach Maßgabe von § 123 SGG und dem Rechtsgedanken von § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und nach dem erkennbaren Gegenstand des Klage- bzw. Eilrechtsschutzbegehrens (§ 92 Abs. 1 Satz 1 SGG) durch Auslegung zu ermitteln (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 123 Rn. 3 und Vorbemerkung vor § 60 Rn. 11a; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 92 Rn. 12).
26Da das Begehren der Antragsteller sich erkennbar gegen zwei Sanktionen nach §§ 31, 31a, 31b SGB II und die hierauf zurückzuführende um 30 % des Regelbedarfes verminderte Gewährung von Leistungen nach §§ 19 ff. SGB II im Zeitraum zwischen dem 01.04.2014 und dem 30.06.2014 (Sanktion gegen den Antragsteller zu 1)) bzw. zwischen dem 01.05.2014 und dem 31.07.2014 (Sanktion gegen die Antragstellerin zu 2)) richtet, hat das Gericht den Antrag entsprechend § 133 BGB dahingehend ausgelegt, dass er gegen die Umsetzung bzw. Vollziehung der entsprechenden Sanktionsbescheide bzw. aller der Durchführung der Sanktionen dienenden Bescheide gerichtet ist.
27Der unter Ziff. I genannte Antrag gibt das genaue Ergebnis der Auslegung wieder.
28Als Sanktionsbescheide in diesem Sinne und damit als "Angriffsziele" für einen Eilantrag existieren hier die zwei Sanktionsfeststellungsbescheide nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II vom 13.03.2014 und 03.04.2014. Da es damit, wie es wohl in der Verwaltungspraxis auch regelmäßig der Fall ist, in Bezug auf beide Sanktionen Bescheide nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II, die "die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellen", gibt, kann dahin stehen, ob es nach der seit dem 01.04.2011 geltenden Rechtslage immer eines feststellenden Verwaltungsaktes bedarf (zweifelnd Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 18), oder ob im Einzelfall weiterhin ein Aufhebungsverwaltungsakt nach § 48 SGB X ausreicht, wie es der 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) zu der bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage jedenfalls für die Fälle angenommen hat, in denen die Sanktion einen Zeitraum betrifft, für den bereits ungekürzte Leistungen bewilligt worden waren (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R – juris (Rn. 13); BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 20/09 R – juris (Rn. 12); BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R – juris (Rn. 13-15); offen gelassen vom 14. Senat des BSG im Urteil vom 18.02.2010 – B 14 AS 53/08 R – juris (Rn. 16)).
29Angesichts dessen und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles handelt es sich nach Meinung der Kammer vorliegend entgegen dem "Betreff" der Antragsschrift weder um einen ausschließlichen, noch um einen zusätzlich oder hilfsweise gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG, sondern allein um einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, verbunden mit einem Antrag auf Aufhebung der Vollziehung nach § 86 Abs. 1 Satz 2 SGG. Im Einzelnen ergibt sich das aus folgenden Erwägungen:
30Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Widersprüche und Klagen gegen Sanktionsfeststellungsbescheide nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGB II ("Verwaltungsakt, der die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellt") keine aufschiebende Wirkung. Das gleiche gilt für Widersprüche und Klagen gegen Aufhebungsverwaltungsakte gem. § 48 SGB X, vgl. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 Alt. 1 SGB II ("Verwaltungsakt, der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufhebt"); dies gilt für Aufhebungen im Allgemeinen und gerade auch dann, wenn sie – wie die hier in dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 enthaltene Aufhebungsverfügung (dazu sogleich) – der Umsetzung eines Sanktionstatbestandes dienen (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 18).
31Eine einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG kommt demgegenüber nur in Betracht, soweit kein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG: "Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt "). Soweit ein Antragsteller sein im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verfolgtes Ziel vollständig mit einem Antrag nach § 86b Abs. 1 SGG erreichen kann, ist der Antrag auf Erlass einer einstweilen Anordnung ausgeschlossen (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 28 m. w. N.). Dies ist dann der Fall, wenn das Rechtsschutzbegehren auf die einstweilige Wiederherstellung des Zustands vor Erlass des Verwaltungsaktes beschränkt ist.
32Für die – ggf. zusätzliche – Anwendung der Eilrechtsschutzform des § 86b Abs. 2 SGG ist daher grundsätzlich nur dann Raum, wenn in der Hauptsache keine isolierte Anfechtungsklage zu erheben ist, sondern eine Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 SGG), eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Abs. 4 SGG), eine isolierte Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) oder eine Feststellungsklage nach § 55 SGG (vgl. Aubel a. a. O.).
33Daher wird auch teilweise vertreten, dass für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG – ggf. als Hilfsantrag zu einem Hauptantrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG – dann Raum ist, wenn in der Hauptsache grundsätzlich ein isolierter Anfechtungsrechtsbehelf zu erheben gewesen wäre, dieser im konkreten Fall, etwa wegen Versäumung der Rechtsbehelfsfrist und wegen Fehlens oder Aussichtslosigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages (§ 67 SGG), offensichtlich unzulässig ist (zu dieser Konstellation später näher), der angefochtene Bescheid damit bestandskräftig und nach § 77 SGG verbindlich geworden ist, aber ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt worden ist.
34Ein Antrag nach § 44 SGB X ändert die Bestandskraft des Ursprungsbescheids so lange nicht, wie ihm nicht ganz oder teilweise entsprochen worden ist (vgl. Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 06.07.2011 – L 5 AS 226/11 B ER – juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.03.2011 – L 13 AS 82/11 B ER – juris (Rn. 8); LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.01.2011 – L 14 AL 373/10 B ER – juris (Rn. 3); Bayerisches LSG, Beschluss vom 23.09.2010 – L 7 AS 651/10 B ER – juris (Rn. 19)). Einer Klage bzgl. einer Überprüfungsentscheidung kommt daher keine aufschiebende Wirkung gegen die zu überprüfenden Entscheidungen zu; die aufschiebende Wirkung kann in der Folge nicht gem. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG hergestellt werden (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 18.02.2010 – L 5 R 43/10 B ER – juris (Rn. 11)).
35Zudem ist bei Überprüfungsanträgen nach § 44 SGB X in der Hauptsache nicht ein isolierter Anfechtungswiderspruch bzw. eine isolierte Anfechtungsklage der statthafte Rechtsbehelf, sondern im Falle der Nichtbescheidung des Überprüfungsantrages eine Untätigkeitsklage und im Falle eines den Antrag ablehnenden Bescheides eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungsklage und wenn höhere Leistungen gewährt werden sollen eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage: Das Gericht hat auf die Anfechtungsklage nur über die Ablehnung (d. h. negative Feststellung) des geltend gemachten Anspruchs auf Rücknahme des / der nach § 44 SGB X zur Überprüfung gestellten Verwaltungsakte(s) zu entscheiden. Auf die damit verbundene Verpflichtungsklage wird die Verpflichtung des Beklagten zur Rücknahme dieses / dieser Verwaltungsakte(s) ausgeurteilt. Und auf eine weitere Verpflichtungsklage wird die Pflicht zur Neufeststellung ausgeurteilt, sofern nicht diese zweite Verpflichtungsklage entsprechend § 54 Abs. 4 SGG durch eine allgemeine Leistungsklage konsumiert wird (vgl. den Beschluss der Kammer vom 16.05.2014 – S 32 AS 484/14 ER – juris (Rn. 55); BSG, Urteil vom 13.02.2014 – B 4 AS 22/13 R – juris (Rn. 11) m. w. N.; BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 17/13 R – juris (Rn. 12) m. w. N.; BSG, Urteil vom 24.07.2003 – B 4 RA 62/02 R – juris; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 54 Rn. 20c m. w. N.; Baumeister in: juris-PK SGB X, § 44 Rn. 154; a. A. BSG, Urteil vom 05.09.2006 – B 2 U 24/05 R – juris (Rn. 9); Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Auflage 2011, Kapitel IV Rn. 76). Auch wegen dieser in der Hauptsache statthaften Klagekombination ist ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei Überprüfungsanträgen nicht statthaft.
36In Fällen, in denen eine (ggf. teilweise) ablehnende Entscheidung zu einem Leistungsantrag bestandskräftig geworden ist, wird vor diesem Hintergrund teilweise der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG dahingehend, dass vorläufig Leistungen zu gewähren sind, für statthaft gehalten, wenn ein Antrag auf Überprüfung gestellt worden ist, der Antragsteller also einen Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 44 SGB X geltend macht (vgl. den Beschluss der Kammer vom 16.05.2014 – S 32 AS 484/14 ER – juris (Rn. 55 und 120); Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 29c m. w. N.). Das Bayerische LSG hält diese Grundsätze auf Eingriffsbescheide, jdf. auf Aufrechnungsverwaltungsakte, für übertragbar (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 26.03.2014 – L 7 AS 220/14 B ER – juris; vgl. auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 29.04.2014 – L 7 AS 260/14 B ER – juris (Rn. 47 ff.)).
37Erforderlich ist auch nach dieser Auffassung aber, dass der Behörde insoweit vor Eilantragstellung eine ausreichende Bearbeitungsfrist eingeräumt worden ist (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 25.05.2011 – L 7 AS 206/11 B ER – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 23.09.2010 – L 7 AS 651/10 B ER – a. a. O.). An Darlegung und Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes sind dann besonders strenge Anforderungen zu stellen; denn das Unterlassen eines rechtzeitigen Rechtsbehelfs trotz Rechtsbehelfsbelehrung spricht gegen eine Eilbedürftigkeit. Soll ein bestandskräftig gewordener Bescheid in einem Verfahren nach § 44 SGB X zurückgenommen werden, ist es dem Antragsteller im Regelfall zuzumuten, die Entscheidung im Verwaltungs- und gegebenenfalls in einem anschließendem Hauptsacheverfahren abzuwarten (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 25.05.2011 a. a. O. m. w. N.); zur Annahme der Unzumutbarkeit eines solchen Abwartens ist es erforderlich, dass massive Eingriffe in die soziale und wirtschaftliche Existenz mit erheblichen Auswirkungen auf die Lebensverhältnisse dargelegt und glaubhaft gemacht werden (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 27.05.2013 – L 19 AS 638/13 B ER – juris).
38Der zu einem Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG für den Fall einer bereits erfolgten Vollziehung regelmäßig hinzutretende "Annexantrag" auf Aufhebung der Vollziehung nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG erfasst dabei als unselbstständiger Folgenbeseitigungsanspruch die Rückgängigmachung bereits erfolgter Vollziehungshandlungen, wobei umstritten ist, ob diese Vorschrift die Gerichte nach dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit der Verwaltung grundsätzlich verpflichtet, die Beseitigung rechtswidrig eingetretener Vollzugsfolgen anzuordnen, ob also ein "Automatismus" besteht, oder ob ein Ermessen besteht und eine gesonderte Interessenabwägung durchgeführt werden muss, bei der das öffentliche Interesse an dem Fortbestand des Vollzuges gegen das Interesse des Antragstellers an der Aufhebung der Vollziehung abzuwägen und auch insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers nach § 39 SGB II, die aufschiebende Wirkung einer Klage auszuschließen, ausreichend zu beachten ist, und bei der der Rechtsschutzanspruch des Bürgers umso stärker ins Gewicht fällt, je schwerer die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahme Unabänderliches bewirkt (vgl. hierzu den Beschluss der Kammer vom 16.05.2014 – S 32 AS 484/14 ER – juris (Rn. 113 f.)).
39Vor dem Hintergrund dieses Systems des sozialgerichtlichen Eilrechtsschutzes ist nach Meinung der Kammer bei Sanktionen nach §§ 31 ff. SGB II grundsätzlich die isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG der statthafte und zur Verwirklichung des Rechtsschutzzieles ausreichende Hauptsacherechtsbehelf (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 – L 3 AS 88/12 B ER – juris (Rn. 22)).
40Statthafte und ausreichende Eilrechtsschutzart ist damit grundsätzlich der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (vgl. Sächsisches LSG a. a. O.; LSG Nordrhein-Westfalen (NRW), Beschluss vom 21.12.2012 – L 19 AS 2332/12 B ER – juris (Rn. 19)), verbunden mit dem Annexantrag auf Aufhebung der Vollziehung nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 30.04.2013 – L 7 AS 521/13 B ER – juris (Rn. 2)).
41Auch bei den im vorliegenden Fall zu beurteilenden Sanktionen ist dies der Fall:
42Die isolierte Anfechtungsklage ist nach Meinung der Kammer die in der Hauptsache statthafte Klageart. Dies gilt sowohl für die Konstellation, in der für den Sanktionszeitraum bereits Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind und der/die entsprechende(n) Bewilligungsbescheid(e) durch einen entsprechenden zusätzlichen Verfügungssatz, der entweder in dem Sanktionsfeststellungsbescheid oder in einem die Sanktion "umsetzenden" Änderungsbescheid enthalten sein kann, im Umfang der Minderung nach § 48 SGB X aufgehoben wird, wie es vorliegend bei der Sanktion gegen die Antragstellerin zu 2) der Fall ist (dazu sogleich näher), als auch für die Konstellation, in der schon die erste den Sanktionszeitraum erfassende Bewilligungsentscheidung Leistungen nach dem SGB II nur in der sich aus der Sanktion ergebenden Höhe festsetzt, wie es hier bei der Sanktion gegen den Antragsteller zu 1) der Fall ist (dazu später näher).
43Nach Auffassung der Kammer bildet in der ersten Konstellation der Sanktionsfeststellungsbescheid nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II mit der Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X eine rechtliche Einheit (Regelungseinheit), und zwar auch dann, wenn der Aufhebungsverfügungssatz nicht in dem Sanktionsfeststellungsbescheid sondern in einem nachfolgenden Änderungsbescheid enthalten ist.
44Die Antragsgegnerin hat hier die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung zugunsten der Antragstellerin zu 2) in dem Bescheid vom 21.03.2014, mit der ungekürzte Leistungen nach dem SGB II u. a. im Sanktionszeitraum bewilligt worden waren, durch einen Verfügungssatz in dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 im Umfang der mit dem Bescheid vom 03.04.2014 gegenüber der Antragstellerin zu 2) ausgesprochenen Sanktion – wie es aus Sicht der Kammer geboten ist (dazu später näher) – teilweise nach § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben.
45In einem solchen Fall ist nach Auffassung der Kammer nicht nur das Sanktionsereignis bzw. der Sanktionsbescheid Streitgegenstand eines Rechtsbehelfsverfahrens, sondern die Regelungseinheit aus dem Sanktionsbescheid und der Aufhebungsverfügung, und in diesem Rahmen der Leistungsanspruch des von der Sanktion betroffenen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Sanktionszeitraum dem Grunde und der Höhe nach (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (insbes. Rn. 12, 13 ff. und 26) zur bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage; vgl. ferner BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – juris (Rn. 9); BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 4 AS 60/07 R – juris (Rn. 12 ff.)).
46Daher ist für den Fall, dass sich die Sanktion als rechtmäßig herausstellt, zu prüfen, ob das Rechtsschutzziel – die Gewährung ungeminderter Leistungen – auf andere Weise ganz oder teilweise erreicht werden kann, ob also aus einem anderen Grund ein höherer Anspruch besteht und die Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X daher ganz oder teilweise (der Höhe nach) rechtswidrig und aufzuheben ist (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 a. a. O. – juris (Rn. 12, 26)). Da es sich bei isolierter Betrachtung sowohl bei einer Sanktion als auch bei einer Aufhebung nach § 48 SGB X um belastende Verwaltungsakte handelt, die im Wege der isolierten Anfechtung angreifbar sind bzw. wären, muss das gleiche dann auch für eine solche Regelungseinheit gelten. Daher ist auch – soweit ersichtlich – allgemein anerkannt, dass Anfechtungswiderspruch und Anfechtungsklage die statthaften Hauptsacherechtsbehelfe gegen kombinierte Sanktionsfeststellungs- und Aufhebungsbescheide sind (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 14 f.); BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 20/09 R – juris (Rn. 12); BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R – juris (Rn. 12)). Nichts anderes kann gelten, wenn – wie hier – die Aufhebungsverfügung nicht im Sanktionsfeststellungsbescheid sondern in einem Änderungsbescheid enthalten ist.
47In Bezug auf die mit dem Bescheid vom 03.04.2014 gegenüber der Antragstellerin zu 2) ausgesprochene Sanktion richtet sich der ausdrücklich gegen den Sanktionsbescheid gerichtete Hauptsacherechtsbehelf, die Klage S 32 AS 2022/14, nach Meinung der Kammer bei dieser Sachlage "automatisch" auch gegen die Aufhebungsverfügung. Damit korrespondierend ist auch der vorliegende Eilantrag nicht nur auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen die Sanktionsverfügung und auf Aufhebung ihrer Vollziehung, sondern auch gegen die Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X und auf Aufhebung ihrer Vollziehung gerichtet. Ist die Aufhebungsverfügung im Sanktionsbescheid enthalten, versteht sich das von selbst; ist sie – wie hier – in einem Änderungsbescheid enthalten, kann wegen der Regelungseinheit nichts anderes gelten.
48Sollte der Hauptsacherechtsbehelf Erfolg haben, so wären die mit dem vorangegangenen Bewilligungsbescheid bewilligten und dadurch bereits titulierten Leistungen endgültig auszuzahlen, ohne dass es einer entsprechenden gerichtlichen Verpflichtung der Antragsgegnerin bedarf (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 29). Und wenn die Sanktion und die Aufhebungsverfügung außer Vollzug sind, "lebt" der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vorläufig "wieder auf" und die Leistungen sind vorläufig so zu gewähren, wie sie in diesem festgesetzt worden waren.
49Da der Sanktionszeitraum aber bereits abgelaufen ist und die Sanktion nebst Aufhebungsverfügung bereits vollzogen worden sind, ist der Antrag nicht nur auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Hauptsacherechtsbehelfs gerichtet, sondern auch auf Aufhebung der Vollziehung gem. § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG, wobei diese zu einer Auszahlung aller aufhebungsbedingt nicht ausgezahlten Leistungen ab Eingreifen der aufschiebenden Wirkung ("Suspensiveffekt") führen soll, also rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Verwaltungsaktes (vgl. z. B. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 10 und Rn. 19).
50Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass nach Meinung der Kammer dann, wenn man nicht von einer Regelungseinheit ausginge, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegenüber dem Sanktionsbescheid in Verbindung mit der Aufhebung der Vollziehung dieses Bescheides zu dem gleichen Ergebnis, dem vorläufigen Wiederaufleben des ursprünglichen Bewilligungsbescheides, führen muss. Denn in dem Erlass und in der Vollziehung eines Aufhebungsverwaltungsaktes nach § 48 SGB X würde bei dieser Betrachtungsweise eine Vollziehung der feststellenden Regelung in dem Sanktionsbescheid liegen. Die Aufhebung der Vollziehung des Sanktionsbescheides muss dazu führen, dass schon dieser "erste Schritt" der Vollziehung unterbleibt, und damit dazu, dass die Antragsgegnerin Leistungen nach dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid und nicht nach dem Änderungsbescheid auszahlen muss.
51Eine einstweilige Anordnung ist in dieser Konstellation anstelle oder neben dieser/-n Anordnung(en) und der Aufhebung der Vollziehung – wie bereits weiter oben allgemein dargelegt worden ist – regelmäßig nicht statthaft (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 – L 3 AS 88/12 B ER – juris (Rn. 22); LSG NRW, Beschluss vom 21.12.2012 – L 19 AS 2332/12 B ER – juris (Rn. 27 ff.); vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 28 f.) bzw. für sie besteht kein Bedürfnis, wenn der Eilantragsteller "nur" die Leistungen ausgezahlt erhalten möchte, die ihm mit dem vorangegangenen Bewilligungsbescheid bewilligt worden waren. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist neben der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zur Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes nur dann erforderlich, wenn die konkret begehrte Leistung von der Verwaltung nicht oder nicht im beantragten Umfang bewilligt worden ist (vgl. den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (insbes. Rn. 61, 64); Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 a. a. O. (Rn. 22); vgl. auch Aubel a. a. O. Rn. 28), wenn also Leistungen beansprucht werden, die höher sind, als sie in dem ungeminderte Leistungen vorsehenden Bewilligungsbescheid vorgesehen sind. Der Anordnungsanspruch würde dann (auch) darauf beruhen, dass die Sanktion aufgrund der Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht vollziehbar ist (vgl. insoweit Sächsisches LSG a. a. O. (Rn. 22 und 46)). Hier gibt es jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Antragstellerin zu 2) höhere als die mit dem Bescheid vom 21.03.2014 bewilligten Leistungen beanspruchen will.
52Eine zusätzliche einstweilige Anordnung könnte man darüber hinaus in Betracht ziehen, soweit die Auszahlung zusätzlicher Leistungen beansprucht wird, die erst mit dem Änderungsbescheid bewilligt worden sind, in dem auch die Aufhebungsverfügung enthalten ist, wenn dieser Änderungsbescheid also nicht nur die Sanktion sondern auch Änderungen zugunsten des Antragstellers umsetzt, und wenn der Antragsteller nicht nur den Sanktionsvollzug verhindern und Leistungen nach Maßgabe des vorangegangenen Bewilligungsbescheides erhalten möchte, sondern auch von den in dem Änderungsbescheid enthaltenen positiven Änderungen profitieren möchte. Denn auch dann begehrt er, dass über die "wiederauflebende" ursprüngliche Bewilligung hinausgehende Leistungen gewährt werden. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in dieser Konstellation nur ausreichend, um das Rechtsschutzziel zu erreichen, wenn man davon ausgeht, dass sich die Aufhebungsverfügung und die begünstigenden Regelungen im Änderungsbescheid so voneinander trennen lassen, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht auch die begünstigenden Regelungen suspendiert. Das kann aber dahinstehen, denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
53Offen bleiben kann hier auch, ob im Einzelfall bei einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 SGB II (Weigerung, in dem eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II festgelegte Pflichten zu erfüllen) ein gegen den Sanktionsfeststellungsbescheid gerichteter Hauptsacherechtsbehelf so auszulegen ist, dass er sich auch gegen den Eingliederungsverwaltungsakt richtet, und ob damit korrespondierend ein Eilantrag nicht nur als Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGG in Bezug auf die Sanktionsfeststellung und ggf. auf die dazugehörige Aufhebungsverfügung nach § 48 SGB X (s. o.) sondern auch auf den Eingliederungsverwaltungsakt auszulegen ist (vgl. Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31 Rn. 53).
54Für eine solche Auslegung kann Veranlassung bestehen, wenn der Eingliederungsverwaltungsakt noch nicht bestandskräftig geworden ist, da so ggf. Rechtsschutzlücken, die wegen des Anspruches auf effektiven Rechtsschutz nach Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) problematisch wären, verhindert werden können (vgl. insoweit auch Sächsisches LSG, Beschluss vom 12.11.2012 – L 3 AS 618/12 B ER – juris (Rn. 17)). Denn es werden verschiedene Ansichten zur Zulässigkeit von Eilrechtsschutz in Bezug auf Sanktionen und Eingliederungsverwaltungsakte vertreten, die zu vollkommen unterschiedlichen Ergebnissen führen können:
55Teilweise wird vertreten, dass ein Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen Eingliederungsverwaltungsakte regelmäßig als nicht eilbedürftige Maßnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gegen Sanktionen zu bewerten sei und daher nur ausnahmsweise Erfolg haben könne (vgl. SG Dortmund, Beschluss vom 03.09.2014 – S 35 AS 2893/14 ER – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 20.12.2012 – L 7 AS 862/12 B ER – juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 24.06.2014 – L 7 AS 446/14 B ER – juris; a. A. offenbar Hessisches LSG, Beschluss vom 16.01.2014 – L 9 AS 846/13 B ER – juris: vollständige Rechtmäßigkeitskontrolle des Eingliederungsverwaltungsakts im Eilverfahren). Teilweise wird aber auch vertreten, dass bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Sanktion keine inzidente Rechtmäßigkeitskontrolle des Eingliederungsverwaltungsakts sondern nur eine Kontrolle auf Wirksamkeit und Vollziehbarkeit stattfinde (vgl. SG Berlin, Urteil vom 09.07.2014 – S 205 AS 30970/13 – juris (Rn. 26 ff.) m. w. N.: nur Wirksam- und Vollziehbarkeitskontrolle, ohne Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist auch ein rechtswidriger Eingliederungsverwaltungsakt zunächst zu befolgen; anders LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11 – juris (Rn. 26): Rechtmäßigkeitskontrolle auch bei Bestandskraft durch Annahme eines ggf. konkludent gestellten Überprüfungsantrags gem. § 40 SGB II i. V. m. § 44 SGB X; insoweit zweifelnd: Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER – juris (Rn. 15)). Zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken könnte es sich als vermittelnder Ansatz anbieten, gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt Rechtsschutz in der Hauptsache unbeschränkt zu gewähren, isolierten Eilrechtsschutz nur dann, wenn der Eingliederungsverwaltungsakt dem Adressaten Pflichten mit einer überdurchschnittlichen Belastungswirkung auferlegt, und unbeschränkten Eilrechtsschutz mit vollständiger Rechtmäßigkeitskontrolle in Bezug auf alle im Eingliederungsverwaltungsakt festgelegten Pflichten nur bei einem Eilantrag gegen eine Sanktion (durch die vorstehend beschriebene erweiternde Auslegung dieses Eilantrages), soweit der Eingliederungsverwaltungsakt noch keine Bestandskraft erlangt hat; bei Bestandskraft des Eingliederungsverwaltungsaktes würde hingegen grundsätzlich nur eine inzidente Wirksamkeitskontrolle stattfinden.
56Diese Fragen können und müssen hier aber offen bleiben, denn vorliegend geht es nicht um einen Eingliederungsverwaltungsakt, sondern um eine Eingliederungsvereinbarung. Eine solche Vereinbarung kann keine Bestandskraft erlangen und unterliegt nach Auffassung der Kammer ohnehin nur einer Wirksamkeitskontrolle nach Maßgabe von § 15 SGB II und §§ 53 ff. SGB X, und zwar unabhängig davon, ob sie unmittelbar oder inzident überprüft wird (dazu später näher). Eine entsprechende Auslegung des Eilantrages ist daher hier jedenfalls nicht angezeigt.
57Nach Auffassung der Kammer existiert auch in der zweiten Konstellation – die hier bei der Sanktion gegen den Antragsteller zu 1) vorliegt – eine Regelungseinheit, und zwar bestehend aus dem Sanktionsfeststellungsbescheid und dem die Sanktion "umsetzenden" Bewilligungsbescheid.
58In Bezug auf die Sanktion gegen den Antragsteller zu 1) ist es so, dass für den Sanktionszeitraum noch keine Bewilligungsentscheidung existierte, die im Umfang der sanktionsbedingten Anspruchsminderung hätte teilweise aufgehoben werden müssen. Vielmehr berücksichtigte der Bewilligungsbescheid vom 21.03.2014 die Sanktion vom 13.03.2014 von vornherein.
59Es handelt sich in dieser Konstellation um eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheids zur Höhe des Arbeitslosengeldes II in dem von der Absenkung betroffenen Zeitraum (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – juris (Rn. 9); so offenbar auch BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 13, 16 und 26); vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11 – juris (Rn. 18)). Eines gesonderten Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Bewilligungsbescheid bedarf es nicht; ausreichend ist ein Rechtsbehelf gegen die Sanktion (vgl. S. Knickrehm/Hahn in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 31b Rn. 8 m. w. N.).
60Nach der bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage konnte nach der jüngeren Rechtsprechung des BSG ein Sanktionsereignis bzw. ein Sanktionsbescheid gemäß § 31 SGB II keinen abtrennbaren Streitgegenstand darstellen, der isoliert von den übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II überprüft werden kann (vgl. bereits die obigen Ausführungen und BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 12 und 13) m. w. N.). Deswegen und wegen der beschriebenen Regelungseinheit aus Sanktionsfeststellungsbescheid und Bewilligungsbescheid wurde angenommen, dass auch in dieser Konstellation nicht die Sanktion als solche Streitgegenstand eines entsprechenden Rechtsbehelfsverfahrens, sondern der Leistungsanspruch im Sanktionszeitraum dem Grunde und der Höhe nach (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – a. a. O.; BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – a. a. O.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11 – a. a. O.).
61Zudem hat das BSG in seiner jüngeren – aber noch zur alten Rechtslage ergangenen – Judikatur die Auffassung vertreten, dass in dieser Konstellation die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft ist (so – ohne nähere Begründung – BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 16); ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2012 – L 12 AS 3569/11 – a. a. O.; vgl. auch BSG, Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – juris (Rn. 10) (dazu sogleich näher)), nachdem es zuvor diese Frage noch ausdrücklich offen gelassen hatte (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 – B 4 AS 20/09 R – juris (Rn. 12); auch dazu sogleich näher).
62An dieser Bewertung ist aber nach Meinung der Kammer jedenfalls nach der seit dem 01.04.2011 geltenden aktuellen Rechtslage nicht insgesamt festzuhalten, sondern nur insoweit, als prinzipiell eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheids zur Höhe des Arbeitslosengeldes II in dem von der Absenkung betroffenen Zeitraum anzunehmen ist und es deshalb eines gesonderten Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens gegen den Bewilligungsbescheid nicht bedarf.
63Diese rechtliche Einheit kann zwar mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage angefochten werden, wenn – anders als hier – geltend gemacht wird, dass der Bewilligungsbescheid auch unabhängig von der Sanktion eine Beschwer enthält. Jedoch spricht dies nach Meinung der Kammer nicht dagegen, in dem Sanktionsfeststellungsbescheid i. V. m. der ihn im Bewilligungsbescheid umsetzenden "Regelung", bei der es sich im Verhältnis zu dem die Höhe der Minderung regelnden Verfügungssatz des Sanktionsbescheides aber nicht um einen Verwaltungsakt sondern um eine wiederholende Verfügung handelt (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 85/13 – juris (Rn. 40)), einen seinerseits einheitlichen aber vom Rest des Bewilligungsbescheides abtrennbaren Verfügungssatz zu sehen, der in der Hauptsache isoliert mit Anfechtungswiderspruch und Anfechtungsklage angefochten werden und insoweit auch zu einem eigenständigen Streitgegenstand gemacht werden kann (so Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 18 m. w. N.; Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31b Rn. 26.1 (Aktualisierung vom 02.06.2014); Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 85/13 – juris (Leitsatz Nr. 2 und Rn. 25 ff.), das allerdings in diesem Zusammenhang entgegen der hier vertretenen Auffassung (s. u.) annimmt, dass eine Sanktion den Leistungsanspruch unberührt lässt und es daher der teilweisen Aufhebung einer vorangegangenen Bewilligungsentscheidung gem. § 48 SGB X im Umfang der sanktionsbedingten Minderung nicht bedarf; a. A. Hessisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER – juris; Sozialgericht (SG) Detmold, Urteil vom 17.10.2013 – S 18 AS 1095/12 – juris; anders insoweit auch noch der Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (Rn. 65)).
64Nach Meinung der Kammer bedarf es entgegen der vom 4. Senat des BSG im Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – vertretenen Auffassung (juris: Rn. 16) keiner zusätzlichen Leistungsklage, also keiner kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG zum Zwecke der Abänderung des Bewilligungsbescheides durch das Gericht, wenn – wie hier – die Höhe der beanspruchten Leistungen allein von der Sanktion abhängt. Die Kammer tendiert zu der Auffassung, dass dies schon nach der bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage der Fall war. Jedenfalls aber die vorliegend maßgebliche, seit dem 01.04.2011 geltende Rechtslage und die auf ihr beruhende Rechtsanwendungspraxis sprechen dafür, einen isolierten Anfechtungsrechtsbehelf für statthaft zu halten und einen isolierten Streitgegenstand "Sanktion" anzunehmen. Denn das Gesetz sieht nun in § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II zumindest grundsätzlich feststellende Verwaltungsakte vor, die "die Pflichtverletzung und die Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellen", die Praxis setzt dies – soweit ersichtlich – regelmäßig so um, und § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGB II sieht vor, dass gegen diese feststellenden Verwaltungsakte gerichtete Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben. Damit ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass es sich bei der Frage der Sanktion bzw. der Minderung des Anspruchs nicht nur um ein unselbständiges Berechnungselement handelt, sondern um einen eigenständigen Regelungsgegenstand. Wäre der Gesetzgeber der Auffassung gewesen, dass in Konstellationen wie der vorliegenden nur die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft und ein isolierter Streitgegenstand "Sanktion" nicht möglich ist, hätte es auch nahe gelegen, entweder in § 39 Nr. 1 SGB II keine Regelung zu Sanktionsbescheiden aufzunehmen, da statthafte Eilrechtsschutzform dann wohl ohnehin nicht der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sondern der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wäre, oder § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGB II wenigstens so zu formulieren, dass sich daraus der Streitgegenstand "Leistungsanspruch im Sanktionszeitraum dem Grunde und der Höhe nach" entnehmen lässt.
65Es ist daher statthaft und reicht aus, wenn der Sanktionsfeststellungsbescheid angefochten und im Erfolgsfall durch das Gericht aufgehoben wird (ebenso Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 18 m. w. N.). Ähnlich wie bei der o. g. anderen Konstellation (Aufhebung einer vorangegangenen ungekürzten Bewilligung nach § 48 SGB X), bei der davon auszugehen ist, dass die Aufhebung der aus dem Sanktionsfeststellungsbescheid und der Aufhebungsverfügung bestehenden Regelungseinheit durch das Gericht die Behörde auch ohne Verpflichtung durch das Gericht dazu veranlassen wird, die mit dem "wiederauflebenden" Bescheid bewilligten Leistungen auszuzahlen, ist hier bei Aufhebung der Sanktionsfeststellungsregelung durch das Gericht davon auszugehen, dass die Behörde die dem Kläger danach materiell-rechtlich zustehenden, ungeminderten Leistungen gewähren wird.
66Demensprechend hatte das BSG in einer in dem o. g. Urteil vom 17.12.2009 in Bezug genommenen früheren Entscheidung (BSG, Urteil vom 18.08.2005 – B 7a AL 4/05 R – juris), in der es darum ging, dass die Bundesagentur für Arbeit mit entsprechendem Bescheid eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung festgestellt und mit dem nachfolgenden Bewilligungsbescheid eine Bewilligung unter Berücksichtigung der Sperrzeit und der geminderten Anspruchsdauer vorgenommen hatte, zwar auch die These einer Einheit von Sperrzeitbescheid und Bewilligungsbescheid vertreten aber gleichwohl eine "Anfechtungssituation" gesehen, weil es die den Sperrzeitbescheid umsetzenden Regelungen im Bewilligungsbescheid als wiederholende und abtrennbare Verfügungen ansah, deren Aufhebung zu einer ungekürzten Bewilligung führt. Gerade weil die Bewilligungsbescheide im SGB II-Bereich die Minderung, die ja letztlich auch nur eine Umsetzung der maßgeblichen Sanktionsbescheide darstellt, nach oder bei der Darstellung des ungekürzten Leistungsanspruchs gesondert ausweisen (vgl. hier Seite 6 des Bewilligungsbescheides vom 21.03.2014), lässt sich die Argumentation aus dem Urteil vom 18.08.2005 – B 7a AL 4/05 R – auch hier vertreten.
67Das BSG hat zudem auch nach dem Urteil vom 17.12.2009, und zwar im Urteil vom 22.03.2010 – B 4 AS 68/09 R – (juris: Rn. 10) zu erkennen gegeben, dass eine Beschränkung des Streitgegenstandes und eine isolierte Anfechtungsklage nicht ausgeschlossen sind, denn dort heißt es: "Das LSG hat das Begehren des Klägers insofern zu Unrecht einschränkend dahingehend ausgelegt (§ 123 SGG), dass er eine gerichtliche Entscheidung lediglich hinsichtlich der Absenkungsentscheidung, nicht jedoch auch hinsichtlich des im streitigen Zeitraum zu zahlenden Alg II begehrt. Der unvertretene Kläger hat weder schriftsätzlich noch in anderer Weise den Streitgegenstand beschränkt." Diese Ausführungen wären sinnlos, wenn eine Einschränkung des Klagebegehrens schon aus Rechtsgründen gar nicht möglich gewesen wäre.
68Die Kammer hält nach alledem die Sichtweise für vorzugswürdig, dass eine Sanktion nach §§ 31 ff. SGB II isolierter Streitgegenstand einer Anfechtungsklage sein kann, und dass eine Klage dementsprechend als isolierte Anfechtungsklage auszulegen ist, wenn – wie hier – die Höhe der beanspruchten Leistungen nach dem klägerischen Vorbringen allein von der Sanktion abhängt. Klargestellt sei dabei aber nochmals, dass die Kammer in der o. g. ersten Konstellation (Sanktion und Aufhebung eines für den Sanktionszeitraum bereits bestehenden, ungekürzte Leistungen bewilligenden Bescheides) annimmt, dass die Anfechtungsklage sich auch auf Aufhebung der Aufhebungsverfügung und der Eilantrag sich auch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Aufhebungsverfügung richtet, weil insofern eine Regelungseinheit zwischen Sanktionsfeststellung und Aufhebungsverfügung besteht.
69Da somit auch in der zweiten Konstellation die isolierte Anfechtungsklage der statthafte Hauptsacherechtsbehelf ist, ist damit grundsätzlich der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nebst Aufhebung der Vollziehung der statthafte Eilrechtsbehelf.
70Entgegen einer teilweise vertretenen Auffassung ist in einem Fall wie dem vorliegenden neben der Anordnung der aufschiebenden Wirkung zur Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes nicht zusätzlich der Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich und der vorliegende Antrag nicht entsprechend auszulegen. Zur Begründung wird von den Vertretern dieser Auffassung angeführt, dass in einem solchen Fall die begehrte Leistung von der Verwaltung nicht im beantragten Umfang bewilligt worden sei (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 – L 3 AS 88/12 B ER – a. a. O. (Rn. 22) m. w. N.; Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31b Rn. 26; so trotz anderen Prüfungsaufbaus wohl auch SG Kassel, Beschluss vom 27.06.2013 – S 7 AS 121/13 ER – juris (insbes. Rn. 33 und Rn. 53 ff.)). Der Anordnungsanspruch beruht dann gerade darauf, dass die Sanktion aufgrund der Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht vollziehbar ist (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 a. a. O. (Rn. 22, 46); SG Kassel, Beschluss vom 27.06.2013 a. a. O. (Rn. 54, 64)). Jedoch hält die Kammer für den – hier vorliegenden – Fall, dass das Rechtsschutzbegehren nur darauf abzielt, von den Folgen der Sanktion verschont zu bleiben, die Höhe der bewilligten Leistungen also ausschließlich von der Sanktion abhängt, die Gegenauffassung für vorzugswürdig, nach der es keines zusätzlichen Antrags nach § 86b Abs. 2 SGG bedarf und der Grundsicherungsträger vielmehr nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG zur einstweiligen Gewährung von Leistungen ohne Berücksichtigung der Sanktion verpflichtet werden kann (vgl. Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 29 m. w. N.). Zum einen erscheint es widersinnig, die isolierte Anfechtungsklage für den statthaften Hauptsacherechtsbehelf zu halten und gleichwohl im Eilrechtsschutzverfahren eine Rechtsschutzform für (zusätzlich) erforderlich zu halten, die bei isolierten Anfechtungsklagen eigentlich nicht statthaft ist. Zum anderen wird so vermieden, dass es von zeitlichen Zufälligkeiten (Lage des Sanktionszeitraums) abhängt, ob ein Fall der Aufhebung vorangegangener, ungeminderte Leistungen festsetzender Bewilligungsentscheidungen vorliegt, und dann für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nebst Aufhebung der Vollziehung nach Auffassung der Kammer nur eine gewisse, nicht aber eine besondere Eilbedürftigkeit erforderlich ist, oder ob ein neuer Bewilligungszeitraum betroffen ist, und dann für den Erlass der zusätzlichen einstweiligen Anordnung eine besondere Eilbedürftigkeit i. S. eines Anordnungsgrundes erforderlich ist.
71In Bezug auf die Sanktion gegen den Antragsteller zu 1) kann sodann bereits an dieser Stelle festgehalten werden, dass hier nicht der – weiter oben beschriebene – Sonderfall vorliegt, in dem ein ausdrücklich auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gerichteter Eilantrag entweder ausschließlich oder hilfsweise auch als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Hinblick auf einen gestellten Antrag auf Überprüfung des Sanktionsbescheides nach § 44 SGB X auszulegen ist. Denn der von der Antragsgegnerin zugunsten des Antragstellers zu 1) angenommene Überprüfungsantrag wurde mit Bescheid vom 18.06.2014 zurückgewiesen und es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass hiergegen der erforderliche Widerspruch eingelegt worden wäre. Auch ist der Ablehnungsbescheid vom 18.06.2014 erkennbar nicht Gegenstand des Klageverfahrens S 32 AS 2022/14; die Antragsteller haben sich insoweit nur gegen mehrere während des Klageverfahrens ergangene "Widerspruchsbescheide" gewandt. Ist der Überprüfungsantrag damit bestandskräftig abgelehnt, fehlt es für den Erlass einer einstweiligen Anordnung an einem regelungsfähigen, "offenen" Rechtsverhältnis (vgl. hierzu den Beschluss der Kammer vom 16.05.2014 – S 32 AS 484/14 ER – juris (Rn. 61) m. w. N.). Eine Auslegung als Hilfsantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ergibt vor diesem Hintergrund keinen Sinn.
72Hier liegt schließlich in Bezug auf beide Sanktionen nicht die Sonderkonstellation vor, dass für den Sanktionszeitraum bereits Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind und der/die entsprechende(n) Bewilligungsbescheid(e) nicht durch einen entsprechenden Verfügungssatz im Sanktionsbescheid oder in einem diesen "umsetzenden" Änderungsbescheid im Umfang der Minderung nach § 48 SGB X aufgehoben worden ist/sind. Wenn für den Sanktionszeitraum bereits Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden sind, ist eine solche teilweise Aufhebung nach umstrittener aber von der Kammer für vorzugswürdig gehaltener Auffassung auch nach der seit dem 01.04.2011 geltenden Rechtslage erforderlich, damit die Sanktion nicht "ins Leere geht" (vgl. hierzu den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (insbes. Rn. 62 f. und Rn. 84 ff.); vgl. ferner SG Dortmund, Beschluss vom 26.05.2014 – S 35 AS 1758/14 ER – juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.02.2014 – L 7 AS 1058/13 B – juris; Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 – L 9 AS 614/13 B ER – juris; SG Kassel, Urteil vom 28.08.2013 – S 7 AS 439/13 – juris (Berufung zugelassen); SG Kassel, Beschluss vom 27.06.2013 – S 7 AS 121/13 ER – juris; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17.06.2013 – L 7 AS 332/13 B ER – juris; S. Knickrehm/Hahn in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 31b Rn. 7; Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31 Rn. 26.1 (Aktualisierung vom 05.05.2014); so nun auch die fachlichen Hinweise der Bundesagentur für Arbeit zu §§ 31 ff. SGB II in der Fassung vom 22.04.2014; a. A. Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 85/13 – juris (Revision zugelassen); SG Detmold, Urteil vom 17.10.2013 – S 18 AS 1095/12 – juris (Berufung zugelassen); SG Trier, Beschluss vom 14.12.2011 – S 4 AS 449/11 ER – juris; Burkiczak in: BeckOK SozR SGB II § 31b Rn. 11a; zweifelnd Lauterbach in: Gagel, SGB II / SGB III, 53. Ergänzungslieferung 2014, § 31b Rn. 2; vgl. ferner (ohne Festlegung) LSG NRW, Beschluss vom 08.09.2014 – L 2 AS 1461/14 B – juris).
73Eine solche Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X kann nach Auffassung der Kammer auch nicht in der Formulierung des Sanktionsbescheides, das Arbeitslosengeld II werde nach § 31a SGB II abgesenkt, gesehen werden (vgl. den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 a. a. O. (Rn. 97); Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 a. a. O. (Rn. 5); zweifelnd auch LSG NRW, Beschluss vom 08.09.2014 a. a. O. (Rn. 11); a. M. wohl (zur bis zum 31.03.2011 geltenden Rechtslage) LSG NRW, Beschluss vom 04.03.2013 – L 19 AS 1688/12 B – juris (Rn. 19)).
74Das Fehlen einer Aufhebungsverfügung macht nach Auffassung der Kammer zwar nicht den Sanktionsfeststellungsbescheid als solchen ohne weiteres "wirkungslos" und führt damit in einem Anfechtungsklageverfahren gegen diesen Bescheid nicht sofort zu dessen Aufhebung (so aber möglicherweise LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 10.02.2014 a. a. O. (Rn. 13)). Wirkungslos dürfte ein Sanktionsfeststellungsbescheid aus Sicht der Kammer allenfalls werden, sobald eine rechtmäßige nachträgliche Aufhebung wegen Ablaufs der Frist gem. § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i. V. m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X nicht mehr möglich ist.
75Jedoch kann, so lange es an der gebotenen teilweisen Aufhebung fehlt, in der Hauptsache die Auszahlung der bewilligten Leistungen durch isolierte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG geltend gemacht werden, ohne dass es auf die Rechtmäßigkeit des Sanktionsbescheides ankommt, und dementsprechend im Eilverfahren die vorläufige Auszahlung durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend gemacht werden, ohne dass es einer zusätzlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung bedarf (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 03.12.2013 a. a. O. (Rn. 5)), und ohne dass an die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) hohe Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 a. a. O. (Rn. 103 ff.)).
76Die Antragsgegnerin hat hier allerdings – wie bereits erwähnt – die Bewilligungsentscheidung zugunsten der Antragstellerin zu 2) im Bescheid vom 21.03.2014, die die Leistungen nach dem SGB II u. a. im Sanktionszeitraum regelte, durch einen Verfügungssatz in dem Änderungsbescheid vom 17.04.2014 im Umfang der mit dem Bescheid vom 03.04.2014 gegenüber der Antragstellerin zu 2) ausgesprochenen Sanktion teilweise nach § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben.
77Es ist nach alledem zusammenfassend festzustellen, dass es vorliegend um vorläufigen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG i. V. m. § 86 Abs. 1 Satz 2 SGG geht, und nicht (auch) nach § 86b Abs. 2 SGG.
78Genau genommen handelt es sich insofern vorliegend um zwei entsprechende Anträge.
79Erstens ist über den Antrag des Antragstellers zu 1) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Hauptsacherechtsbehelfs – zunächst war dies der Widerspruch vom 03.05.2014, nunmehr, nach Erlass des Widerspruchsbescheides, ist es bei sachdienlicher Auslegung des Rechtsschutzbegehrens (vgl. insoweit Sächsisches LSG, Beschluss vom 23.06.2014 – L 3 AS 88/12 B ER – juris (insbes. Rn. 26)) die bei der Kammer anhängige Klage S 32 AS 2022/14 – gegen den an ihn gerichteten Sanktionsbescheid vom 13.03.2014, nunmehr in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014, und auf Aufhebung der Vollziehung dieses Bescheides zu entscheiden. Und zweitens ist über den Antrag der Antragstellerin zu 2) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Hauptsacherechtsbehelfs – zunächst war dies der Widerspruch vom 03.05.2014, nunmehr ist es die bei der Kammer anhängige Klage S 32 AS 2022/14 – gegen den an sie gerichteten Sanktionsbescheid vom 03.04.2014, nunmehr in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2014, in Verbindung mit der Aufhebungsverfügung im Änderungsbescheid vom 17.04.2014, und auf Aufhebung der Vollziehung dieser Bescheide zu entscheiden.
80Dabei bilden die beiden Antragsteller im vorliegenden Einzelfall nach Auffassung der Kammer trotz des Umstandes, dass die gegen sie gerichteten Sanktionen jeweils auf unterschiedliche Pflichtverletzungen gestützt wurden, als zusammen klagende Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft i. S. d. § 7 Abs. 2 und 3 SGB II eine gem. § 74 SGG i. V. m. §§ 59, 60 ZPO zulässige (einfache) Streitgenossenschaft (subjektive Antragshäufung), weil sie ihre behaupteten Ansprüche auf ungeminderte SGB II-Leistungen – bei einem großzügigen und auch an Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten orientierten Bewertungsmaßstab – aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund herleiten (vgl. zur Frage der Streitgenossenschaft und zur damit zusammenhängenden Frage der (notwendigen) Beiladung: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.03.2006 – L 8 AS 4314/05 – juris (Rn. 18); LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.02.2008 – L 8 AS 3380/07 – juris (Rn. 23); BSG, Urteil vom 13.11.2008 – B 14 AS 24/07 R – juris (Rn. 14); BSG, Urteil vom 23.11.2006 – B 11b AS 1/06 R – juris (Rn. 13)). Denn die Antragsteller vertreten die Auffassung, dass die Sanktion gegenüber dem Antragsteller zu 1) deshalb unzulässig ist, weil sie einen Verstoß gegen eine Pflicht (Arbeitsaufnahme) ahndet, die im Widerspruch zu einer Pflicht aus der Eingliederungsvereinbarung der Antragstellerin zu 2) vom 16.01.2014 (Hilfe bei der selbständigen Tätigkeit der Antragstellerin zu 2)) steht. Dieser Zusammenhang zwischen den sanktionsrelevanten Sachverhalten rechtfertigt es nach Auffassung der Kammer, eine einfache Streitgenossenschaft anzunehmen.
81Der nach alledem statthafte Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG i. V. m. § 86 Abs. 1 Satz 2 SGG ist – bzw. die beiden Anträge sind – nur teilweise zulässig.
82Den Anträgen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG fehlt nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Vollziehungszeitraum der Sanktionsbescheide am 30.06.2014 bzw. 31.07.2014 abgelaufen ist. Denn in Bezug auf diesen bereits vergangenen Zeitraum bestehen noch andauernde konkrete Vollzugsfolgen in Gestalt der aufgrund der Sanktionen gemindert ausgezahlten Geldleistungen. In einem solchen Fall muss ein Eilantrag in der Gestalt eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zulässig sein (vgl. insoweit LSG NRW, Beschluss vom 30.04.2013 – L 7 AS 521/13 B ER – juris (Rn. 2); LSG NRW, Beschluss vom 06.01.2004 – L 11 B 17/03 KA ER – juris (Rn. 22)). Das ergibt sich nach Meinung der Kammer zum einen daraus, dass bei einem Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG – anders als bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG – zwar ein "gewisses Maß an Eilbedürftigkeit" (vgl. hierzu Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Auflage 2012, Seite 126; SG Dortmund, Beschluss vom 03.09.2014 – S 35 AS 2893/14 ER – juris (Rn. 30)) aber keine "besondere" Eilbedürftigkeit im Sinne einer gegenwärtigen Notlage erforderlich ist (a. A. insoweit offenbar Thüringer LSG, Beschluss vom 16.03.2012 – L 4 AS 106/12 B ER – juris und Aubel in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 39 Rn. 33.1 (allerdings nicht im Rahmen des Rechtsschutzinteresses, sondern im Rahmen der Interessenabwägung)). Zum anderen ergibt es sich daraus, dass die vorherige Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach Auffassung der Kammer Voraussetzung für eine Aufhebung der Vollziehung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG ist. Die Möglichkeit der Aufhebung der Vollziehung gemäß § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG besteht nach Meinung des Gerichts auch nicht nur, wenn bzw. soweit der Vollzug des angefochtenen Bescheides während des Eilverfahrens stattgefunden hat. Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG kann auch dann bestehen, wenn ein Sanktionsbescheid bereits vor Rechtshängigkeit ganz oder – wie es hier bei beiden Sanktionen der Fall war – teilweise vollzogen ist, denn der Antragsteller kann einen Anspruch auf vorläufige Rückgängigmachung schon getroffener Maßnahmen haben (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 7a; LSG NRW, Beschluss vom 06.01.2004 a. a. O.; Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (Rn. 126 ff.)).
83Jedoch ist der Antrag des Antragstellers zu 1) nach Auffassung der Kammer deshalb unzulässig, weil sein Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid als derjenige Hauptsacherechtsbehelf, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, offensichtlich unzulässig ist.
84Zwar besitzt auch ein unbegründeter Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung nach § 86a Abs. 1 SGG und nach herrschender Meinung ist das auch bei einem unzulässigen Rechtsbehelf grundsätzlich der Fall (vgl. Krodel in: BeckOK SozR SGG § 86a Rn. 16-18.2 m. w. N.; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86a Rn. 10 m. w. N.; a. A. Bischofs, SGb 2013, 570 (572)). Nach wohl herrschender und von der Kammer geteilter Auffassung kommt aber einem offensichtlich unzulässigen Hauptsacherechtsbehelf, insbesondere einem offensichtlich verfristeten Rechtsbehelf gegen einen damit bestandskräftig und gem. § 77 SGG verbindlich gewordenen Verwaltungsakt, keine aufschiebende Wirkung zu (vgl. Krodel a. a. O.; Keller a. a. O.).
85Daher scheidet nach ebenfalls wohl herrschender Auffassung in den Fällen, in denen – wie hier aufgrund § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i. V. m. § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGG – ein Rechtsbehelf kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung hat, eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG dann aus, wenn der Rechtsbehelf offensichtlich unzulässig ist und entweder kein Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt worden ist, oder ein solcher Antrag zwar gestellt worden ist, aber bei prognostischer Betrachtung offensichtlich aussichtslos ist (vgl. z. B. den Beschluss der Kammer vom 13.06.2014 – S 32 AS 1173/14 ER – juris (insbes. Rn. 124 ff.); LSG NRW, Beschluss vom 21.12.2012 – L 19 AS 2332/12 B ER – juris (Rn. 29: kein Rechtsschutzbedürfnis); Thüringer LSG, Beschluss vom 23.04.2002 – L 6 RJ 113/02 ER – juris (Rn. 28); Bayerisches LSG, Beschluss vom 22.11.2010 – L 16 AS 788/10 B ER – juris (Rn. 13); Keller a. a. O. und § 86b Rn. 7 m. w. N.; Krodel in: BeckOK SozR SGG § 86b Rn. 28 und 28.1; weitergehend Bischofs, SGb 2013, 570 (572-573): Antrag unzulässig auch bei nicht offensichtlicher Unzulässigkeit des Hauptsacherechtsbehelfs, zulässig dann nur bei überwiegender Wahrscheinlichkeit einer Wiedereinsetzung).
86Ein solcher Fall der offensichtlichen Unzulässigkeit liegt hier vor. Der Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 ist bestandskräftig und für die Beteiligten und die Gerichte nach § 77 SGG bindend geworden, da die Widerspruchsfrist vor Widerspruchserhebung abgelaufen war. Die Antragsgegnerin hat zu Recht den Widerspruch im Widerspruchsbescheid vom 18.06.2014 als unzulässig zurückgewiesen und in diesem Rahmen auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt.
87Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG ist der Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Hier greift nicht die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG ein, sondern die genannte Monatsfrist. Denn der Antragsteller zu 1) wurde mit dem angefochtenen Bescheid über die Art des möglichen Rechtsbehelfs, die Verwaltungsstelle, bei der er anzubringen ist, deren Sitz und die einzuhaltende Frist ("innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe") ordnungsgemäß im Sinne von § 66 SGG belehrt. Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die – wie hier – für den Beginn einer Frist den im Gesetz verwandten Begriff der Bekanntgabe gebraucht, ist weder irreführend noch unrichtig, auch wenn der angefochtene Bescheid – wie hier – in der besonderen Form der Zustellung bekanntgegeben wird; die Bekanntgabe, die den Fristlauf auslöst, besteht dann in der Zustellung (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2014 – B 14 AS 46/13 R – juris).
88Ausweislich der Postzustellungsurkunde (vgl. Bl. 128 der Integrationsakte) wurde dem Antragsteller zu 1) der an ihn adressierte Sanktionsbescheid vom 13.03.2014 (Az. KJC-5216/2190) am 20.03.2014 im Wege der Ersatzzustellung nach §§ 37 Abs. 5, 65 Abs. 2 SGB X i. V. m. § 3 LZG NRW i. V. m. § 180 ZPO durch Einlegen in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt.
89Gemäß § 64 Abs. 1 SGG beginnt die Widerspruchsfrist mit dem Tag nach der Zustellung. Eine nach Monaten bestimmte Frist wie die Widerspruchsfrist des § 84 SGG endet gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist nach § 64 Abs. 3 SGG mit Ablauf des nächsten Werktags.
90Die Monatsfrist begann damit hier am 21.03.2014 und endete am 22.04.2014 um 24:00 Uhr, da der 20.04.2014, an dem die Frist eigentlich geendet hätte, ein Sonntag und der 21.04.2014 ein gesetzlicher Feiertag (Ostermontag) war.
91Der Widerspruch wurde erst mit dem Schreiben vom 03.05.2014 und damit außerhalb dieser Frist eingelegt.
92Die Postzustellungsurkunde erbringt dabei als öffentliche Urkunde nach (§§ 37 Abs. 5, 65 Abs. 2 SGB X i. V. m. § 3 Abs. 2 Satz 1 LZG NRW i. V. m.) §§ 182 Abs. 1 Satz 2, 418 ZPO den vollen Beweis für die darin beurkundeten Tatsachen. Hier erstreckt sich der durch die Zustellungsurkunde erbrachte Beweis – da eine Zustellung nach § 180 ZPO (Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten) beurkundet wurde – insbesondere auf das Einlegen in den Briefkasten des Antragstellers und damit darauf, dass das Schriftstück in seinen Machtbereich gelangt ist, und auf den Zeitpunkt des Einlegens in den Briefkasten.
93Dieser Beweis kann zwar widerlegt werden, § 418 Abs. 2 ZPO. Jedoch kann der entsprechende Gegenbeweis gegen die Zustellungsurkunde als öffentliche Urkunde nach § 418 Abs. 2 ZPO nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden. Der Gegenbeweis wird nicht schon durch die bloße Behauptung, das betreffende Schriftstück nicht erhalten zu haben, erbracht, weil es für die Wirksamkeit der Zustellung nicht darauf ankommt, ob und wann der Adressat das Schriftstück seinem Briefkasten entnommen und ob er es tatsächlich zur Kenntnis genommen hat; vielmehr erfordert der Gegenbeweis der Unrichtigkeit den Beweis eines anderen als in der Zustellungsurkunde bezeugten Geschehensablaufs; nur so wird ein Fehlverhalten des Zustellers und eine Falschbeurkundung in der Zustellungsurkunde belegt (vgl. BSG, Beschluss vom 13.11.2008 – B 13 R 138/07 B – juris (Rn. 6); LSG NRW, Beschluss vom 11.09.2013 – L 2 AS 1380/13 B ER – juris).
94Im vorliegenden Fall ist weder etwas vorgetragen noch glaubhaft gemacht, was darauf schließen ließe, dass der beurkundete Geschehensablauf nicht zutrifft, die Zustellungsurkunde also unrichtig ist. Der Vortrag des Antragstellers zu 1), er habe den Bescheid erst am 02.05.2014 "aufgefunden", ist irrelevant, denn es kommt nicht auf die tatsächliche Kenntnisnahme bzw. auf deren Zeitpunkt an, sondern nur auf den Zeitpunkt der Zustellung. Mit dem Einlegen in den Briefkasten ist aber die Zustellung bewirkt.
95Eine unverschuldete fehlende bzw. spätere Kenntnisnahme könnte allenfalls ein Anlass für eine Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist nach §§ 84 Abs. 2 Satz 3, 67 SGG sein. Der im Widerspruchsschreiben vom 03.05.2014 gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist aber nach Auffassung der Kammer offensichtlich aussichtslos, so dass die o. g. Ausnahmekonstellation nicht vorliegt, in der trotz Fristversäumnisses wegen eines Wiedereinsetzungsantrages die aufschiebende Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG angeordnet werden kann.
96Nach § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (vgl. § 67 Abs. 2 und 3 SGG). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Maßgeblich für die Frage des Verschuldens ist dasjenige Maß an Sorgfalt, welches einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen entsprechend allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten ist (vgl. z. B. LSG NRW, Beschluss vom 08.04.2014 – L 8 R 829/13 B – juris).
97Hier ist nichts vorgetragen oder gar glaubhaft gemacht worden, das den Schluss zuließe, dass der Antragsteller zu 1) ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, dass er also die genannten Sorgfaltsanforderungen beachtet hat.
98Ein spätes "Auffinden" eines Bescheides ist keine Entschuldigung; vielmehr hätte es einer näheren Darlegung und Glaubhaftmachung bedurft, warum ein "Auffinden" innerhalb der Widerspruchsfrist nicht möglich war. Hier musste der Antragsteller sogar wegen der kurz zuvor erfolgten schriftlichen Anhörung nach § 24 SGB X in Bezug auf die beabsichtigte Sanktion (Anhörungsschreiben vom 19.02.2014), im März / April verstärkt mit der Bekanntgabe bzw. Zustellung eines Sanktionsbescheides rechnen. Dass er sich hierauf eingerichtet hat, ist nicht ansatzweise vorgetragen oder glaubhaft gemacht worden.
99Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass auch die – hier als solche möglicherweise noch fristgerecht erfolgte – Anfechtung des Bewilligungsbescheides vom 21.03.2014 am Eintritt der Bestandskraft des Sanktionsfeststellungsbescheides vom 13.03.2014 nichts ändern kann. Der Bewilligungsbescheid enthält nach Auffassung der Kammer in Bezug auf die Sanktion vom 13.03.2014 keine eigenständig anfechtbaren Regelungen i. S. eines Verwaltungsaktes nach § 31 SGB X sondern nur den Inhalt des Sanktionsbescheides umsetzende "wiederholende Verfügungen". Der Bewilligungsbescheid bzw. diese Bestandteile desselben bildet/n zwar mit dem Sanktionsbescheid eine Regelungseinheit (s. o.). Der Bewilligungsbescheid muss daher nicht gesondert mit Widerspruch angefochten werden. Jedoch muss gerade deshalb stattdessen der Sanktionsbescheid fristgerecht angefochten werden.
100Der Antrag des Antragstellers zu 1) ist daher unzulässig.
101Der Antrag des Antragstellers zu 1) ist aus den soeben genannten Gründen auch – hilfsweise – unbegründet (siehe sogleich).
102Der Antrag der Antragstellerin zu 2) ist zwar zulässig aber unbegründet.
103Bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht eine Abwägung des Interesses des Antragstellers, die Wirkung des angefochtenen Bescheides (zunächst) zu unterbinden (Aussetzungsinteresse) mit dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners vorzunehmen.
104Bei der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in der vorliegenden Fallgestaltung ein Regel-/Ausnahmeverhältnis angeordnet hat: Aus der Wertung des § 39 Nr. 1 SGB II ergibt sich, dass der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung der Individualinteressen und der öffentlichen Interessen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug prinzipiell Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt. In der Regel überwiegt daher das Vollzugsinteresse des Antragsgegners (vgl. z. B. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.05.2013 – L 19 AS 434/13 B ER – juris; BSG, Beschluss vom 29.08.2011 – B 6 KA 18/11 R – juris).
105Eine Abweichung von diesem Regel-/Ausnahmeverhältnis durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs kommt daher nur in Betracht, wenn – etwa wegen offenbarer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids oder bei unklaren Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs (Widerspruch oder Klage) als Ergebnis einer allgemeinen Interessenabwägung – ausnahmsweise das private Interesse der durch den Bescheid belasteten Person überwiegt (vgl. z. B. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 12c ff.; Conradis in: LPK-SGB II, 4. Auflage 2012, § 39 Rn. 16).
106Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene durch ihn in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird seine Vollziehung ausgesetzt, wird m. a. W. die aufschiebende Wirkung angeordnet, weil dann ein öffentliches Interesse (oder Interesse eines Dritten) an der Vollziehung nicht besteht. Bei offenbarer Rechtswidrigkeit ist für eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers, anders als bei Entscheidungen nach § 86b Abs. 2 SGG, keine besondere Eilbedürftigkeit erforderlich (vgl. Keller a. a. O. Rn. 12f m. w. N.). Ist der Hauptsacherechtsbehelf hingegen aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Dabei kann die Klage u. U. auch bei einem Verwaltungsakt, der unter Verletzung von Form- oder Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist, ohne Erfolgsaussicht sein, wenn damit zu rechnen ist, dass dieser Fehler noch korrigiert (vgl. § 41 Abs. 1, 2 SGB X) werden wird (vgl. Keller a. a. O. m. w. N.). Sind die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei der Grad der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren mit zu berücksichtigen ist. Es gilt insoweit der Grundsatz: Je größer die Erfolgsaussichten sind, umso geringer sind die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme wirkt. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, die Klage aber später Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, der Klage aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. Keller a. a. O. m. w. N.).
107Nach diesen Maßstäben war hier die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf keine der beiden Sanktionen anzuordnen.
108In Bezug auf den Antrag des Antragstellers zu 1) ist es so, dass die offensichtliche Unzulässigkeit des Hauptsacherechtsbehelfs und seine sich hieraus ergebende Aussichtslosigkeit – wenn man annimmt, dass sie nicht schon zur Unzulässigkeit des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung führt – zumindest im Rahmen der beschriebenen Abwägung zwischen dem Vollziehungs- und dem Aussetzungsinteresse dazu führt, dass sich das Vollziehungsinteresse durchsetzt.
109In Bezug auf den Antrag der Antragstellerin zu 2) bestehen zwar gewisse Zweifel daran, dass der sie betreffende Sanktionsfeststellungsbescheid vom 03.04.2014 i. V. m. der teilweisen Aufhebung der vorangegangenen Bewilligungsentscheidung durch den Änderungsbescheid vom 17.04.2014 rechtmäßig ist. Es liegt aber kein Fall offenbarer Rechtswidrigkeit vor. Vielmehr sind die Erfolgsaussichten der Klage gegen die Sanktionsfeststellung nach § 31b Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht eindeutig zu bestimmen. Im Übrigen bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Antragstellerin zu 2) im Sanktionszeitraum ein höherer Anspruch auf SGB II-Leistungen zugestanden haben könnte und die Aufhebungsentscheidung nach § 48 SGB X deshalb unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Sanktion teilweise rechtswidrig sein könnte. Insgesamt sind die sich aus diesen Zweifeln ergebenden Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens S 32 AS 2022/14 nach Auffassung der Kammer nicht so groß, dass sie unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Wertung des § 39 Nr. 1 Alt. 4 SGB II eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung und eine Aufhebung der Vollziehung rechtfertigen können.
110Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II in der hier anwendbaren aktuellen Fassung vom 20.12.2011 verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie sich trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis weigern, in der Eingliederungsvereinbarung oder in dem diese ersetzenden Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. Dies gilt nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht, wenn sie einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen. Nach § 31a Abs. 1 Satz 1 SGB II in der hier anwendbaren aktuellen Fassung vom 13.05.2011 mindert sich bei einer Pflichtverletzung nach § 31 SGB II das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 % des für die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs. Nach § 31b Abs. 1 Sätze 1, 3 und 5 SGB II in der hier anwendbaren aktuellen Fassung vom 13.05.2011 mindert sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt; der Minderungszeitraum beträgt drei Monate; die Feststellung der Minderung ist nur innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig.
111Die Antragstellerin zu 2) war zunächst i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 8 SGB II erwerbsfähig und auch im Übrigen leistungsberechtigt nach dem SGB II. Jedenfalls ergeben sich aus den Verwaltungsakten keine Zweifel hieran.
112Die Rechtsfolgenbelehrung in der Eingliederungsvereinbarung entspricht bei summarischer Prüfung den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung konkret, verständlich, richtig und vollständig belehrt werden muss, wobei es auf den objektiven Erklärungswert der Belehrung ankommt (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 20, 24); BSG, Urteil vom 18.02.2010 – B 14 AS 53/08 R – juris (Rn. 17)).
113Zudem liegt nach summarischer Beurteilung eine Weigerung vor, die Pflicht aus der Eingliederungsvereinbarung vom 16.01.2014 zu erfüllen, monatlich Einnahmen-Überschussrechnungen (EÜR) oder Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) einzureichen.
114Weigern in diesem Sinne bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise dem Leistungsträger oder dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 92/09 R – juris (Rn. 21)).
115Eine entsprechende objektive Pflichtverletzung liegt unstreitig in Bezug auf die im Vertrag klar und eindeutig geregelte Pflicht zur Einreichung von EÜR oder GuV für den Monat Januar bis zum 15.02.2014 vor. Dass die EÜR für Januar tatsächlich nachgereicht wurde oder ob – was die Antragsteller behaupten, sich jedoch aus dem Akteninhalt nicht ergibt – für spätere Monate EÜR ein- oder nachgereicht wurden, ist insofern unerheblich.
116Da eine Weigerung nur vorliegt, wenn die Pflichtverletzung vorsätzlich begangen wird, wäre die Sanktion jedoch rechtswidrig, wenn die EÜR nur fahrlässig oder unverschuldet nicht fristgerecht eingereicht worden wäre. Die Antragsteller behaupten, es habe eine mündliche Vorgabe dahingehend gegeben, dass die EÜR durch einen Steuerberater o. ä. erstellt werden muss. Sollte dies zutreffen, dann würde sich dies zwar wohl nicht auf die Wirksamkeit des Vertrages auswirken, da dieser eine solche Vorgabe nicht enthält. Jedoch würde es wohl an einer "Weigerung" fehlen, wenn es der Antragstellerin zu 2) wegen einer (hier bislang nicht hinreichend glaubhaft gemachten) Erkrankung des Steuerberaters nicht möglich oder ggf. aus finanziellen Gründen nicht zumutbar gewesen sein sollte, diese Vorgabe zu erfüllen. Dabei geht die Kammer für das vorliegende Eilverfahren davon aus, dass keine solche mündliche Vorgabe erfolgt ist. Denn die Behauptung der Antragsteller ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden. Aber auch ohne eine solche Vorgabe dürfte Vorsatz nicht vorliegen, wenn ein beauftragter Steuerberater erkrankt wäre. Ggf. könnte insoweit auch ein wichtiger Grund nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II anzunehmen sein. All dies ist ggf. im Hauptsacheverfahren zu klären. Bei summarischer Bewertung des Sachverhalts ist wegen unzureichender Glaubhaftmachung des Vortrags der Antragsteller davon auszugehen, dass eine Weigerung i. S. einer vorsätzlichen Pflichtverletzung vorliegt.
117Nicht abschließend im Eilverfahren klären lässt sich die Frage, ob die Pflicht zur Einreichung von EÜR bzw. GuV auch wirksam begründet worden ist, oder ob die auf § 15 SGB II beruhende Eingliederungsvereinbarung entweder nur in Bezug auf diese Pflicht oder sogar vollständig unwirksam ist.
118Nach Auffassung der Kammer findet dabei im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Sanktion nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 SGB II keine inzidente "Rechtmäßigkeitskontrolle" der Eingliederungsvereinbarung statt, wie sie bei einem Eingliederungsverwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II – ggf. in Abhängigkeit von dessen Bestandskraft (siehe dazu die obigen Ausführungen) – durchzuführen sein kann, sondern lediglich eine inzidente "Wirksamkeitskontrolle". Eine Absenkung nach §§ 31 ff. SGB II kann nur vorgenommen werden und ein entsprechender Verwaltungsakt ist nur rechtmäßig, wenn eine wirksame und nicht nichtige Eingliederungsvereinbarung vereinbart worden ist; die Rechtswidrigkeit der Vereinbarung ist hingegen nicht von Bedeutung, da auch eine rechtswidrige Eingliederungsvereinbarung wirksam ist und Bindungswirkung entfaltet (str.; vgl. Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 15 Rn. 97; Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 31 Rn. 32 ff. m. w. N.). Prüfungsmaßstab der Wirksamkeits- bzw. Nichtigkeitskontrolle sind § 15 SGB II und nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II die §§ 53 ff. SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R – juris (Rn. 33 ff.) m. w. N.).
119Nach Meinung der Kammer sind alle möglicherweise mit dieser Sichtweise trotz intensiver Prüfung der Nichtigkeitsgründe (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 31 Rn. 33) verbundenen Unterschiede zwischen der Intensität des Rechtsschutzes, die bei auf Verstößen gegen Eingliederungsvereinbarungen beruhenden Sanktionen besteht, und derjenigen, die bei auf Verstößen gegen Eingliederungsverwaltungsakte besteht, jedenfalls nach der seit dem 01.04.2011 geltenden Rechtslage hinnehmbar und verfassungsrechtlich unbedenklich, da Hilfebedürftige weder rechtlich noch "faktisch" gezwungen sind, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen; denn die Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a SGB II a. F., wonach die Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, sanktioniert wurde, gilt nicht mehr.
120§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der hier anwendbaren, aktuellen Fassung vom 13.05.2011 sieht vor, dass die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger – bzw. hier aufgrund §§ 6a, 6b SGB II allein die Antragsgegnerin als zugelassener kommunaler Träger ("Optionskommune") – mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren soll (Eingliederungsvereinbarung). Die Eingliederungsvereinbarung soll nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II insbesondere bestimmen, (1.) welche Leistungen die oder der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, (2.) welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müssen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind, (3.) welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu beantragen haben. Nach § 15 Abs. 1 Sätze 3-5 SGB II soll die Eingliederungsvereinbarung für sechs Monate geschlossen und danach eine neue Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden; bei jeder folgenden Eingliederungsvereinbarung sind die bisher gewonnenen Erfahrungen zu berücksichtigen. Aus § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ergibt sich, dass für den – hier nicht vorliegenden – Fall, dass eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt, die Regelungen nach Satz 2 durch Verwaltungsakt erfolgen sollen (Eingliederungsverwaltungsakt).
121Bei der Eingliederungsvereinbarung handelt es sich nach überwiegender Ansicht, die die Kammer für zutreffend hält, um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne der §§ 53 ff. SGB X (vgl. Sonnhoff in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 15 Rn. 22 ff. m. w. N.; Sächsisches LSG, Urteil vom 26.05.2011 – L 3 AL 120/09 – juris; BSG, Urteil vom 06.12.2012 – B 11 AL 15/11 R – juris (Rn. 19 ff.) m. w. N.; Bayerisches LSG, Urteil vom 05.12.2012 – L 16 AS 927/11 – juris; so tendenziell auch BSG, Urteil vom 14.02.2013 – B 14 AS 195/11 R – juris (Rn. 18); so nun offenbar auch BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R – juris (Rn. 33 ff.) m. w. N.), wobei die §§ 53 ff. SGB X teilweise von den Spezialregelungen in § 15 SGB II verdrängt werden (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 43).
122Es handelt sich, schon weil nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II die erforderlichen Regelungen im Fall des Nichtzustandekommens einer Vereinbarung durch Verwaltungsakt getroffen werden sollen, um einen "subordinationsrechtlichen" öffentlich-rechtlichen Vertrag gem. § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X; konkret handelt es sich um einen (subordinationsrechtlichen) Austauschvertrag nach § 55 SGB X (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 30 ff., insbes. Rn. 30, 35, 43; BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R – a. a. O.). Nach herrschender Auffassung und jüngerer Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 14.02.2013 – B 14 AS 195/11 R – juris (Rn. 18 f.)), ist dabei nicht von einer Gleichrangigkeit der Handlungsformen Vereinbarung und Verwaltungsakt auszugehen, sondern von einem Vorrang der vertraglichen Lösung (vgl. auch Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 24 ff. m. w. N.; anders der 4. Senat des BSG noch im Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 13/09 R – juris).
123Die vorliegende Eingliederungsvereinbarung ist in formaler Hinsicht wirksam zustande gekommen. Der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages richtet sich mangels einer ausdrücklichen Regelung gem. § 61 Satz 2 SGB X nach den einschlägigen zivilrechtlichen Vorschriften. Voraussetzung sind mehrere übereinstimmende, auf den Abschluss eines Vertrages gerichtete Willenserklärungen (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 44). Da zudem gem. § 56 SGB X der Vertrag in Schriftform abzuschließen ist, ist eine Vertragsurkunde erforderlich und eine eigenhändige Unterschrift der Vertragsparteien (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 47). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, denn es liegen übereinstimmende schriftliche Erklärungen nebst Unterschriften beider Parteien vor.
124Die materielle Wirksamkeit der Vereinbarung ist demgegenüber nicht zweifelsfrei. Es erscheint möglich, dass zumindest einige der in der Vereinbarung geregelten Pflichten unwirksam sind. Prüfungsmaßstab sind außer § 15 SGB II nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II die §§ 53 ff. SGB X; materiell-rechtlich relevant ist insofern in erster Linie § 58 SGB X.
125Nach § 58 Abs. 1 SGB X in der hier anwendbaren, aktuellen Fassung vom 18.01.2001 ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergibt. Nach § 58 Abs. 2 SGB X ist ein Vertrag im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X (subordinationsrechtlicher Vertrages) ferner nichtig, wenn (1.) ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre, (2.) ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 42 SGB X rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war, (3.) die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrages nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 42 SGB X rechtswidrig wäre, (4.) sich die Behörde eine nach § 55 SGB X unzulässige Gegenleistung versprechen lässt. In § 58 Abs. 3 SGB X ist geregelt, dass der Vertrag, wenn die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrages betrifft, im Ganzen nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.
126§ 58 Abs. 2 Nr. 3 SGB X ist vorliegend nicht von Bedeutung, da es nicht um einen Vergleichsvertrag nach § 54 SGB X geht, sondern um einen Austauschvertrag. Relevant sind aber § 58 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, 2 und 4 SGB X.
127Nach summarischer Prüfung ist die Kammer der Auffassung, dass kein Verstoß gegen § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 134 BGB bzw. gegen das Vertragsformverbot des § 53 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 SGB X vorliegt. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. § 134 BGB ist bei öffentlich-rechtlichen Verträgen zwar anwendbar, aber dahin gehend auszulegen, dass nur solche schwerwiegenden (qualifizierten) Gesetzesverstöße zur Nichtigkeit des Vertrages führen, die nach ihrem Sinn und Zweck die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges verbieten oder einen bestimmten Vertragsinhalt ausschließen; ein Verstoß gegen Regelungen des SGB II (oder des SGB III bei entsprechender Anwendbarkeit) führt daher nicht automatisch zur Nichtigkeit des Vertrages (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 101). Aus § 53 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 SGB X, dessen Anwendungsbereich sich insofern mit § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 134 BGB überschneiden dürfte, ergibt sich, dass ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durch Vertrag nur insoweit begründet, geändert oder aufgehoben werden, als Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Die Verwaltung hat dabei stets den rechtsstaatlichen Vorrang des Gesetzes zu beachten (Art. 20 Abs. 3 GG). Sofern der Verwaltung eine bestimmte Handlungsform eindeutig durch Gesetz vorgegeben wird, hat sie dies nach Art 20 Abs. 3 GG zu beachten, ihr steht vor allem unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit gegenüber den von ihrem Handeln Betroffenen insoweit keine Gestaltungsfreiheit zu. Eine Eingliederungsvereinbarung ist daher rechtlich nicht zulässig und nichtig, wenn mit ihr keine Eingliederungsleistungen nach §§ 16 ff. SGB II, sondern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. SGB II geregelt werden (vgl. – unter dem Gesichtspunkt des § 53 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 SGB X – BSG, Urteil vom 02.04.2014 – B 4 AS 26/13 R – juris (Rn. 34 ff.) m. w. N.; vgl. auch – offenbar unter dem Gesichtspunkt der §§ 58 Abs. 1 SGB X, 134 BGB – Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 101 und 101.1). Hier enthält die Eingliederungsvereinbarung zwar Regelungen, die sich – zumindest faktisch – auch auf die Mitwirkung bei der Berechnung der Leistungen nach den §§ 19 ff. SGB II auswirken, und zwar die Regelung zu der im vorliegenden Verfahren im Fokus stehenden Verpflichtung, monatlich GuV bzw. EÜR vorzulegen. Jedoch wird in der Vereinbarung die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts – anders als in dem vom BSG im Urteil vom 02.04.2014 entschiedenen Fall – nicht unmittelbar geregelt oder gar mit der Erfüllung dieser Verpflichtung verknüpft.
128Einen Verstoß gegen § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 138 BGB, wonach ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt – insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen –, nichtig ist, sieht die Kammer entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht.
129Sonstige Verstöße gegen § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. Vorschriften des BGB sind nicht erkennbar.
130Auch die Voraussetzungen von § 58 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGB X sind nach der Überzeugung der Kammer nicht erfüllt. Ein Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II mit gleichem Inhalt wäre hier nicht nach § 40 SGB II i. V. m. § 40 SGB X nichtig und es spricht auch nichts dafür, dass eine etwaige Rechtswidrigkeit (nicht nur wegen eines Verfahrens oder Formfehlers i. S. d. § 42 SGB X) beiden Vertragschließenden bekannt gewesen wäre.
131Möglich erscheint ein Verstoß gegen § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X ("sich die Behörde eine nach § 55 SGB X unzulässige Gegenleistung versprechen lässt") i. V. m. § 55 Abs. 1 SGB X. Die Kammer hält jedoch ein Obsiegen der Antragstellerin zu 2) in der Hauptsache für nicht wahrscheinlicher als ein Unterliegen, so dass es im Rahmen der Interessenabwägung nach dem o. g. Entscheidungsmaßstab, auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es um eine Absenkung des Regelbedarfes für einen auf drei Monate beschränkten Zeitraum geht, dabei bleibt, dass sich entsprechend der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 39 Nr. 1 SGB II das Vollziehungsinteresse durchsetzt. Im Einzelnen ist zu § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X folgendes auszuführen:
132Nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X darf die Gegenleistung des Vertragspartners der Behörde – hier die Gegenleistung der Antragstellerin zu 2) – nicht unzulässig i. S. v. § 55 SGB X sein (vgl. hierzu Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 110 ff. und Rn. 54 ff.).
133Nach § 55 Abs. 1 SGB X in der anwendbaren, aktuellen Fassung vom 18.01.2001 kann ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB X (subordinationsrechtlicher Vertrag), in dem sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung verpflichtet, geschlossen werden, wenn die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart wird und der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dient; die Gegenleistung muss den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen.
134Ein bestimmter Vertragszweck inkl. einer Vermittlungsstrategie (vgl. hierzu Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 54 ff., 58) ist hier bestimmt worden: Die Vereinbarung nennt als Ziel in Übereinstimmung mit § 15 SGB II die "Integration in den 1. Arbeitsmarkt" wobei dies durch Nennung von "Bezeichnung: Selbständigkeit" und durch die Ausführungen unter der Überschrift "Aufgabe des/der Kunden/in", dass die bereits aufgenommene selbständige Erwerbstätigkeit (Imbiss-Betrieb) beibehalten werden soll, näher konkretisiert wird. Die Kammer ist der Auffassung, dass auch eine selbständige Tätigkeit in diesem Zusammenhang eine "Integration in den 1. Arbeitsmarkt" darstellt und deshalb keine widersprüchliche Zwecksetzung vorliegt, und dass nicht nur die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit einen zulässigen Vertragszweck darstellt (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 61 und 78), sondern auch deren Beibehaltung mit dem Ziel einer schrittweisen Steigerung des Erfolgs und damit einhergehenden Minderung der Hilfebedürftigkeit. Die Eingliederungsvereinbarung enthält auch keine Regelungen, die dem verfolgten Ziel widersprechen. Der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung dient unproblematisch der Erfüllung öffentlicher Aufgaben (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 63). Unproblematisch ist auch die Einhaltung des Kopplungsverbots bzw. des Gebots eines sachlichen Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung (vgl. Sonnhoff a. a. O. Rn. 72).
135Zweifel hat die Kammer in Bezug auf die Angemessenheit der Gegenleistungen der Antragstellerin zu 2), die unter der Überschrift "Aufgabe des/der Kunden/in" geregelt sind.
136Gemäß § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X muss die Gegenleistung den gesamten Umständen nach angemessen sein. Als Ausgestaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Mittel soll sichergestellt sein, dass die Gegenleistung nicht außer Verhältnis zum Inhalt der Leistung der Behörde steht. Es soll verhindert werden, dass sich der Bürger zu einer Leistung verpflichtet, die bei Betrachtung des Gesamtvorgangs außer Verhältnis zu den Leistungen steht, die die Behörde zu erbringen hat. Dem Bürger soll keine unzumutbare Belastung für das Verwaltungshandeln auferlegt werden (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 64 m. w. N.). Allgemein ist von einer Störung des Austauschverhältnisses auszugehen, wenn auf der einen Seite völlig unverbindliche Absichts- und Verpflichtungserklärungen konkreten, die Zumutbarkeit überschreitenden Eigenbemühungen gegenüberstehen. Ein derartiger "Vertrag" ist mangels Angemessenheit nichtig gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X. Ist die Gegenleistung für sich alleine betrachtet bereits eindeutig unzumutbar, liegt ebenfalls keine Angemessenheit vor (vgl. Sonnhoff a. a. O. § 15 Rn. 69, 71 und ferner Rn. 110 ff.).
137Die Zumutbarkeit der Pflicht, monatlich alternativ eine EÜR oder eine GuV einzureichen, ist bei isolierter Betrachtung nach vorläufiger Bewertung zu bejahen, weil es der Antragstellerin zu 2) ohnehin für steuerliche Zwecke obliegt, ihren Gewinn zumindest durch Erstellung von EÜR zu ermitteln. Bei der EÜR handelt es sich um eine Gewinnermittlungsart. Gewerbetreibende, die nicht nach § 140 Abgabenordnung (AO), § 5 Einkommensteuergesetz (EStG) i.&8201;V.&8201;m. §§ 238&8201;ff. Handelsgesetzbuch (HGB) oder nach § 141 AO (nach Aufforderung durch das Finanzamt) verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßige Abschlüsse zu machen, können diese Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG wählen. Die (jährliche) GuV ist demgegenüber in § 242 Abs. 2 und 3 sowie §§ 275 ff. HGB geregelt und als Teil des Jahresabschlusses von Kaufleuten vorzunehmen, die zur Buchführung verpflichtet sind, bzw. von Gewerbetreibenden, die sich freiwillig entscheiden, Bücher zu führen. Der Umstand, dass die vorliegende Vereinbarung eine monatliche Erstellung von EÜR vorsieht, dürfte den für EÜR ohnehin zwangsläufig zu betreibenden Aufwand nur unwesentlich erhöhen.
138Ob die sonstigen Gegenleistungspflichten (Anzeige / Abstimmung bestimmter Investitionen etc.) für sich genommen zumutbar sind, muss aus Sicht der Kammer ebenfalls einer Klärung im Hauptsacheverfahren überlassen bleiben. Es wäre aus vorläufiger Sicht insoweit auch eher von einer bloßen Teilnichtigkeit und nicht von einer Gesamtnichtigkeit auszugehen, da nach Meinung der Kammer anzunehmen wäre, dass die Antragsgegnerin die Eingliederungsvereinbarung auch ohne diese Regelungen abgeschlossen hätte (§ 58 Abs. 3 SGB X), und die vorliegend streitige Sanktion beruht nicht auf Verstößen gegen diese Pflichten.
139Zudem tendiert die Kammer dahin, dass im vorliegenden Fall die mit der Antragstellerin vereinbarte Pflicht zur Vorlage von EÜR / GuV und die sonstigen "Abstimmungs- und Genehmigungspflichten" nicht nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X unzulässig ist, weil sie ihrer Zielrichtung nach der Berechnung der Leistungen nach §§ 19 ff. SGB II dienen soll.
140Das LSG NRW hat in einer Entscheidung zu einem teilweise ähnlichen Fall (Beschluss vom 26.11.2012 – L 2 AS 2052/12 B – juris (Rn. 6)) folgendes ausgeführt:
141"Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze waren die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hier erfüllt, weil gegen die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 29.08.2012 durchgreifende Bedenken bestehen. Zentraler Bestandteil einer Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II und eines diese Vereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II sind gem. § 15 Abs.1 Satz 2 SGB II Bestimmungen darüber, welche Leistungen der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält und welche Bemühungen er hierzu in welcher Häufigkeit mindestens unternehmen muss sowie in welcher Form er diese Bemühungen nachweisen muss. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes vom 29.08.2012 bestehen hier bereits deshalb, weil der Antragsgegner dort zwar umfangreiche Verpflichtungen des Antragstellers festgelegt hat, für sich selbst aber über die bereits nach den gesetzlichen Vorschriften des SGB II bestehende Verpflichtung zur "Info und Beratung nach gesetzlichen Vorgaben" keine eigenständigen konkreten Pflichten bestimmt hat. Nach dem Grundsatz des Forderns und Förderns muss die Eingliederungsvereinbarung bzw. der sie ersetzende Verwaltungsakt aber konkrete und bestimmbare Pflichten für beide Vertragspartner enthalten (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 15 Rdnr. 23; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.06.2012 L 19 AS 1045/12 B ER, L 19 AS 1046/12 B ER). Die dem Antragsteller auferlegten Pflichten betreffen zudem nicht Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit durch Ausbau seiner selbständigen Tätigkeit, sondern regeln allein, in welcher Weise er die mit seiner selbständigen Tätigkeit erzielten Einnahmen gegenüber dem Antragsgegner dokumentieren soll und welche unternehmerischen Entscheidung (ungeplante Betriebsausgaben, Einstellung von Personal) er nur nach vorheriger Zustimmung des Antragsgegners vornehmen darf. Der Antragsteller weist diesbezüglich zu Recht darauf hin, dass die im Eingliederungsverwaltungsakt festgelegten Pflichten zur Anzeige ungeplanter Betriebsausgaben, zur Einreichung einer monatlichen/quartalsweisen Gewinn- und Verlustrechnung und zum Nachweis des betriebsbedingten Anteils der Kraftfahrzeugnutzung, keine geeigneten Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit sind ist, sondern allein der Überprüfung seiner Leistungsberechtigung dienen. Diese Überprüfung ist aber nicht der Sinn und Zweck einer Eingliederungsvereinbarung."
142Die Kammer ist der Auffassung, dass in der vorliegenden Vereinbarung anders als bei dem dort entschiedenen Sachverhalt hinreichend deutlich wird, dass es nicht um die Überprüfung der Leistungsberechtigung bzw. die Berechnung der Leistungen gehen soll, sondern dass die Verpflichtungen hier eine Art ständiges "Monitoríng" bzw. eine "Erfolgskontrolle" – in der Vereinbarung ist die Rede von einer zeitnahen Prüfung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Unternehmens und einer Überschuldung – und eine Verhinderung von unwirtschaftlichen unternehmerischen Entscheidungen ermöglichen sollen. Die Ergebnisse der Tragfähigkeitsprüfung sollen offenbar bei der vereinbarten, auf Initiative der Antragstellerin zu 2) möglichen begleitenden Beratung oder spätestens bei dem nach einem halben Jahr erfolgenden nächsten Beratungsgespräch dazu führen können, dass das Ratschläge erteilt werden, dass das Integrationsziel bzw. -konzept im Detail modifiziert wird oder – bei anhaltend fehlender Tragfähigkeit – ganz abgeändert und verlangt wird, dass anstelle einer Fortführung des Imbissbetriebs eine andere Tätigkeit aufgenommen wird (vgl. zur Zulässigkeit derartiger Aufforderungen § 10 Abs. 2 Nr. 5 SGB II). Es scheint nach alledem insgesamt um die Förderung der Erfolgschancen der Eingliederung in Form der Beibehaltung der selbständigen Erwerbstätigkeit zu gehen sowie um die Ermittlung der Tatsachen, die vor dem Hintergrund von § 10 Abs. 2 Nr. 5 SGB II für die Prüfung einer Entscheidung zur Änderung des Eingliederungskonzeptes in Richtung einer Aufnahme einer Arbeit relevant sind, und nicht um die Ermittlung der für die Erbringung der Grundsicherungsleistungen maßgeblichen Tatsachen.
143Die Kammer hält dies bei vorläufiger Bewertung für ein potentiell zulässiges Regelungskonzept (vgl. auch Bayerisches LSG, Beschluss vom 24.06.2014 – L 7 AS 446/14 B ER – juris zu einem Eingliederungsverwaltungsakt, der eine Pflicht vorsah, "binnen nur einer Woche eine Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2013 und eine Vorschau für das Jahr 2014 vorzulegen", was nach Meinung des LSG – offenbar nur wegen der kurzen Frist – "an der Realität vorbeigeht").
144In Bezug auf die Frage der Angemessenheit ist allerdings festzustellen, dass die Antragsgegnerin nur eine sehr allgemein gehaltene Beratungsverpflichtung übernommen hat, während die Antragstellerin zu 2) inhaltlich und zeitlich konkret festgelegte Nachweispflichten (und sonstige Pflichten) übernommen hat. Dies spricht im Ausgangspunkt gegen eine Angemessenheit und für eine Nichtigkeit nach § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X.
145Die Kammer tendiert jedoch bei vorläufiger Bewertung zu der Auffassung, dass es der Antragsgegnerin in der hier konkret vorliegenden Einzelsituation, in der sie von der Antragstellerin die Beibehaltung einer selbst gewählten, bereits aufgenommenen selbständigen Erwerbstätigkeit verlangt – bzw. anders formuliert: in der sie ihr die Beibehaltung dieser Tätigkeit für zunächst weitere sechs Monate ausdrücklich zugesteht – nicht zwingend abverlangt werden kann, konkretere Verpflichtungen einzugehen. Andere Verpflichtungen als Beratungstätigkeiten sind bei diesem an und für sich zulässigen Integrationskonzept – bis auf Darlehen und Zuschüsse für die Beschaffung von Sachgütern nach § 16c Abs. 1 SGB II – ohnehin schwer vorstellbar. Ein allgemeines Angebot zur Beratung durch eigene Mitarbeiter kann auch – je nach Qualität und Verfügbarkeit – durchaus sehr hilfreich sein. Zudem ist, wie bereits erwähnt, zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zu 2) ohnehin aus vom SGB II-Leistungsbezug unabhängigen Gründen verpflichtet ist, EÜR zu erstellen, wenn auch nicht unbedingt im Monatsturnus.
146Es wird im Hauptsacheverfahren zu ermitteln und abschließend zu bewerten sein, wie genau das vorliegend von der Antragsgegnerin verfolgte Eingliederungskonzept einer "begleitenden" Analyse der Tragfähigkeit gedacht ist und durchgeführt wird – durch über entsprechende Kompetenzen verfügende eigene Mitarbeiter und / oder durch Hinzuziehung externer fachkundiger Stellen –, und ob im Ergebnis durchgreifende Bedenken dagegen bestehen, in einer Eingliederungsvereinbarung Eigenbemühungen im Hinblick auf die Ermöglichung einer (nicht prognostischen sondern nachträglichen) Tragfähigkeitsanalyse zu vereinbaren, wenn Leistungen nach § 16b SGB II (Einstiegsgeld, das bei einem Antrag nach Aufnahme der Tätigkeit allerdings nicht gewährt werden kann (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 27.03.2013 – L 11 AS 809/10 – juris)) oder nach § 16c Abs. 1 oder Abs. 2 SGB II (Leistungen zur Eingliederung von Selbständigen, die auch bzw. im Fall von Abs. 2 nur nach Aufnahme der Tätigkeit gewährt werden können, insbesondere die "Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten" (im Hinblick auf die spezifische Situation eines Selbständigen, nicht berufliche Kenntnisse) "durch geeignete Dritte") – wie es hier offenbar, auch nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsteller, der Fall ist – zum Zeitpunkt des Abschlusses der Eingliederungsvereinbarung weder gewährt wurden / werden, noch beantragt oder wenigstens zwischen den Beteiligten konkret "im Gespräch" sind. Dabei wird auch abschließend zu ermitteln und zu bewerten sein, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen es ausreicht, als Leistung der Behörde die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Selbständigen-Beratung anzubieten, die offenbar durch eigene Mitarbeiter und nicht wie bei § 16c Abs. 2 SGB II "durch geeignete Dritte" durchgeführt werden soll.
147Die Aussage im Vertrag, dass der Antragsteller zu 1) die Antragstellerin zu 2) bei dem Betrieb des Imbiss‘ "unterstützt", deutet die Kammer vorläufig nicht als einzuhaltende Verpflichtung, dass die Antragstellerin zu 2) auf ihren Ehemann dahingehend einwirken muss, dass er ihr hilft. Bei dieser Auslegung spräche alles dafür, dass diese Regelung nichtig wäre. Die Kammer geht aber davon aus, dass hier nur eine unverbindliche Erwartung formuliert wurde. Für diese Auslegung spricht auch, dass die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller zu 1) eine Sanktion wegen der Nichtaufnahme einer Tätigkeit ausgesprochen hat, die sich mit einer "Pflicht" zur Mithilfe im Imbissbetrieb wohl nicht "vertragen" hätte. Selbst bei einer Auslegung als Pflicht läge nach summarischer Bewertung insoweit aber nur eine Teilnichtigkeit und keine Gesamtnichtigkeit vor, da anzunehmen wäre, dass die Antragsgegnerin die Eingliederungsvereinbarung auch ohne diese Regelung abgeschlossen hätte (§ 58 Abs. 3 SGB X).
148Die Regelungen zur Ortsabwesenheit begegnen keinen Bedenken (vgl. Sonnhoff a. a. O. Rn. 73.1).
149Damit ist im summarischen Verfahren insgesamt keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür festzustellen, dass in der Hauptsache inzident die Unwirksamkeit der Eingliederungsvereinbarung – als Grundlage der Pflicht, deren Nichterfüllung sanktioniert worden ist – festzustellen sein wird.
150Im Übrigen bestehen keine Bedenken bzgl. der Rechtmäßigkeit der Sanktion
151Ein "Widerruf" der Eingliederungsvereinbarung i. w. S. kommt nicht in Betracht bzw. würde ein solcher der Sanktion nicht die Grundlage entziehen.
152Eine Rechtsgrundlage für einen "Widerruf" i. e. S. ist nicht erkennbar. Eine Anfechtung der Vereinbarung nach § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 142 BGB wegen Irrtums, § 119 BGB, falscher Übermittlung, § 120 BGB, oder arglistiger Täuschung, § 123 BGB, kommt ebenfalls nicht in Betracht. Und § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB X sieht zwar bei einer maßgeblichen Änderung der Verhältnisse einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages und bei Unzumutbarkeit ein Kündigungsrecht vor (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.2012 – B 11 AL 15/11 R – juris (Rn. 24 ff.) m. w. N.). Voraussetzung ist zunächst, dass es nachträglich zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse gekommen ist. Die Änderung kann sich auf tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse beziehen, sie muss stillschweigende Vertragsgrundlage sein. Hier gab es aber keinerlei Änderung der Verhältnisse.
153Ein wichtiger Grund nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II liegt hier nicht vor (vgl. zum Begriff des wichtigen Grundes BSG, Urteil vom 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R – juris (Rn 29)). Denkbar ist – wie ausgeführt – allenfalls, dass es bereits an einer Weigerung fehlt.
154Der Sanktionsfeststellungsbescheid entspricht schließlich bzgl. des Sanktionszeitraums der gesetzlichen Regelung der § 31b Abs. 1 SGB I, wonach sich der Auszahlungsanspruch mit Beginn des Kalendermonats mindert, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung der Leistung feststellt, und die Minderung drei Monate dauert. Wirksam geworden ist der Sanktionsfeststellungsbescheid vom 03.04.2014 durch die Zustellung des Bescheides per Postzustellungsurkunde am 08.04.2014. Der Sanktionszeitraum musste daher am 01.05.2014 beginnen und am 31.07.2014 enden.
155Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
156Die Entscheidung über den mit Einreichung der Eilantragsschrift am 20.05.2014 gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 73a SGG i. V. m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgeblich sind aufgrund des Zeitpunktes der Antragstellung nach § 40 des Gesetzes, betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung (EGZPO), der Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts, die §§ 114 ff. ZPO in der ab dem 01.01.2014 geltenden Fassung. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war unabhängig von den Erfolgsaussichten des Eilantrags gem. § 73a SGG i. V. m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO abzulehnen, da die Antragsteller die nach § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem nach § 117 Abs. 4 ZPO i. V. m. der Prozesskostenhilfevordruckverordnung (PKHVV) vorgeschriebenen Formular und die ebenfalls erforderlichen Belege zur Glaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht eingereicht haben, obwohl die Antragsteller mit der gerichtlichen Eingangsverfügung vom 21.05.2014 unter Setzung einer einwöchigen Frist zur Einreichung dieser Unterlagen aufgefordert und u. a. mit Schreiben vom 20.06.2014 – erneut mit Fristsetzung – hieran erinnert wurden. Damit haben die Antragsteller im vorliegenden Verfahren innerhalb der gesetzten Fristen und darüber hinaus bis zum Abschluss der Instanz nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Gewährung von Prozesskostenhilfe vorliegen.
(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis
- 1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen, - 2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern, - 3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn
- 1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen, - 2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen, - 3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder - 4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.
(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag
- 1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, - 2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, - 3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.