Sozialgericht Bayreuth Urteil, 29. Mai 2018 - S 4 SO 121/17

bei uns veröffentlicht am29.05.2018

Gericht

Sozialgericht Bayreuth

Tenor

I. Unter Abänderung des Bescheides vom 21. April 2017 und des Änderungsbescheides vom 26. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberfranken vom 21. August 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 06. Dezember 2017 wird die Beklagte verurteilt, der Klägerin auch ab dem 1. November.2017 bis zum 31. Dezember 2018 die Hälfte der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt höhere Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), 4. Abschnitt (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung), für die Kosten der Unterkunft.

Die 1959 geborene Klägerin ist verheiratet. Ihr Ehegatte bezieht Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Die Klägerin bewohnt seit Jahren eine 77,47 m² große Wohnung in O. als Mitglied der Baugenossenschaft O. e.G. Aus der Betriebskostenabrechnung vom 22.05.2016 ergibt sich, dass die Wohnung zentral mit Öl beheizt wird und die Gesamtheizfläche 3.965,54 m² beträgt. Die Warmwasserbereitung erfolgt dezentral.

Die Stadt A-Stadt als kommunaler Träger beauftragte die Firma A. & K., Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien, Stadtentwicklung mit beschränkter Haftung, H., mit der Erarbeitung eines Konzepts zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft. Dieses Konzept wurde mit Anfragen bei großen Vermietern erstellt. Auf der Grundlage der Adressdatenbank des regionalen Müllentsorgungsunternehmens wurden auch kleine, private Vermieter angeschrieben.

Die dadurch gewonnenen Daten wurden zum Stichtag 01.06.2016 in die Berechnungen eingestellt. Angebotsmieten wurden für den Zeitraum März bis August 2016 ermittelt. Beobachtet wurden dabei die Internet-Immobiliensuchportale, Tagespresse und Anzeigenblätter sowie die Internetseiten der großen Wohnungsanbieter.

Insgesamt seien 4.620 Bestandsmieten und 262 Angebotsmieten in der Mietkategorie 3 nach Extremwertkappung einbezogen worden. Die Summe der Nachfrage im unteren Marktsegment (Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II, Wohngeldempfängerhaushalte, Empfänger nach dem SGB XII, Geringverdiener ohne Leistungsbezug und Leistungsempfänger AsylbLG) betrage 6.710 bei insgesamt 23.580 Haushalten. In Bayern würden 49,2% der Wohnungen von den Eigentümern selbstgenutzt. Für die Stadt O. stünden damit ca. 15.500 Wohnungen zur Verfügung.

Bei der Analyse wären 1474 Wohnungen einbezogen, entsprechend 9,5%. Weitere Einschränkung gälten hinsichtlich Wohnungen mit Freundschaftsmieten, mietpreisreduzierte Werkswohnungen, Wohnungen in Heimen, gewerblich oder teilgewerblich genutzte Wohnungen, möblierte Wohnungen und Ferienwohnungen, die auf dem freien Markt für eine reguläre Vermietung nicht zur Verfügung stünden.

Nach der Anlage 5 wurde die Berücksichtigung von Flüchtlingen im schlüssigen Konzept bewertet. Es wären derzeit keine sicheren Abschätzungen möglich, wie viele Asylberechtigte und Flüchtlinge etwa in einem Jahr in einer Stadt oder einem Landkreis tatsächlich als Bedarfsgemeinschaft wohnen würden. Eine konkrete Berücksichtigung der derzeit hohen Asylbewerberzahlen sei im schlüssigen Konzept erst dann sinnvoll, wenn belastbare lokale Daten vorlegen. Dies dürfte erst ab Mitte 2017 der Fall sein, wenn die Asylverfahren in größerem Umfang abgeschlossen sind und sich auch Aussagen über die weitere lokale Verteilung dieser Gruppen treffen lassen. So sei zum Beispiel derzeit in der Diskussion, eine Wohnortzuweisung für Asylberechtigte vorzunehmen und damit die Freizügigkeit einzuschränken. Veränderungen in der lokalen Situation werden dann im Rahmen einer regionalen Fortschreibung des schlüssigen Konzepts nach 2 Jahren berücksichtigt. A. & K. empfehle insbesondere zur Berücksichtigung lokaler Gegebenheiten die Fortschreibung mit einem Angebotsmietenindex. Die Erhebung von Angebotsmieten ermögliche die passgenaue Fortschreibung in den regionalen Mietkategorien und eine Prüfung der abstrakten Angemessenheit. Bei gravierenden Veränderungen in der Nachfrage- oder Angebotssituation bei den Bedarfsgemeinschaften hat eine vorgezogene Fortschreibung oder Prüfung der Richtwerte anhand einer Angebotsmietenserhebung auch bereits nach einem Jahr erfolgen.

Der Stadtrat der Stadt O. hat das Ergebnis der Untersuchung mit Beschluss vom 27.03.2017 bestätigt. Der Bericht wurde als „grundsicherungsrelevanter Mietspiegel“ in öffentlicher Sitzung beschlossen. Der Oberbürgermeister der Stadt O. führte in der vorangehenden Diskussion aus, dass nach seiner Wahrnehmung man in O. nicht zu wenig günstigen Wohnraum habe. Man müsse die Dinge ehrlich ansprechen und auch feststellen, dass viele sozial Schwache oder anerkannte Flüchtlinge nach O. kämen, da man hier den günstigen Wohnraum habe.

Eine amtliche Bekanntmachung erfolgte in der Tageszeitung F. vom 29.05.2017. Dabei wurde lediglich die Bruttokaltmiete für die verschiedenen Wohnungsgrößen erwähnt.

Zunächst wurden der Klägerin Leistungen mit Bescheid vom 09.12.2016 ab 01.01.2017 bewilligt. Diese Verfügung wurde hinsichtlich der Unterkunftskosten mit Bescheid vom 21.04.2017 nach § 48 SGB X aufgehoben. Die neuen Angemessenheitsgrenzen für die Übernahme von Unterkunftskosten würden ab 01.04.2017 gelten. Für einen Zeitraum von maximal 6 Monaten würden ihre tatsächlichen Unterkunftskosten weiterhin gewährt, damit die Klägerin ausreichend Zeit habe, ihre Unterkunftskosten durch geeignete Maßnahmen zu senken (Gespräch mit dem Vermieter, Untervermietung, Wohnungswechsel). Ab 01.11.2017 werde ihr hälftiger Anteil an der neuen Angemessenheitsgrenze für einen 2-Personen-Haushalt in Höhe von 345,80 € anerkannt. Nach den Hinweisen des Bescheides werde die bewilligte Sozialhilfe zunächst nur für einen Monat unter dem Vorbehalt gewährt, dass sich die vom Hilfesuchenden angegebenen und der Bewilligung zu Grunde gelegten Verhältnisse nicht änderten. In der Anlage Berechnung der HLU bzw. Grundsicherung nach SGB XII (Stand: ab 01.11.2017) wurden von den tatsächlichen Kosten in Höhe von 417,10 € 71,30 € abgezogen. Der Klägerin wurde ein hälftiger Anteil von 172,90 € für die Kaltmiete gewährt. Heizkosten von 48,00 € wurden ohne Abzüge ebenfalls hälftig übernommen.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 26.04.2017 Widerspruch ein.

Die Klägerin legte die Betriebskostenabrechnung vom 22.05.2017 vor. Der Klägerin und ihrem Mann wurden Betriebskosten in Höhe von 133,31 € erstattet.

Mit Änderungsbescheid vom 26.05.2017 wurde der Bescheid vom 21.04.2017 hinsichtlich der Einkommensanrechnung aufgehoben. Es erfolge eine Anrechnung des hälftigen Anteils aus dem Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung. Der Bescheid werde Gegenstand des laufenden Widerspruchsverfahrens. Nach der zum Bestandteil des Bescheides erklärten Anlage „Berechnung der HLU bzw. Grundsicherung nach SGB XII (Stand: ab 01.07.2017)“ würden die hälftigen tatsächlichen Kosten der Unterkunft ohne Abzüge übernommen.

Im Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberfranken vom 21.08.2017 wurde der Widerspruch vom 26.04.2017 zurückgewiesen. Die Klägerin habe keine konkreten Einwendungen gegen das Konzept der Stadt O. bei der Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten geltend gemacht.

Mit diesem Ergebnis des Verwaltungsverfahrens zeigt sich die Klägerin nicht einverstanden und erhebt am 15.09.2017 Klage zum Sozialgericht Bayreuth. Die Kosten der Klägerin für Unterkunft und Heizung seien nicht unangemessen. Die im Widerspruchsverfahren aufgeworfenen Fragen seien nicht beantwortet. Es gäbe keine rechtskräftige Entscheidung des Sozialgerichts Bayreuth, die die Schlüssigkeit der vorausgegangenen Konzepte bestätigt habe. A. & K. lege keine schlüssigen Konzepte im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vor. Der Vergleichsraum sei falsch bestimmt worden; das Sozialgericht Bayreuth habe den Landkreis O. als zu groß angesehen. Die von A. & K. vorgenommene Clustereinteilung sei zweifelhaft.

Am 16.10.2017 meint die Klägerin unter Vorlage von 2 Zeitungsartikeln der F., dass aktuell ca. 1800 „geduldete Asylbewerber“ in der Stadt lebten. Es sei zu vermuten, dass unter diesen Begriff Asylbewerber und Asylberechtigte zusammengefasst sein, sodass ein zusätzlicher erheblicher Wohnbedarf bestehe. Dieser Bedarf sei von A. & K. zwangsläufig nicht berücksichtigt worden.

Aspekte der Unschlüssigkeit trägt die Klägerin im Schreiben vom 14.12.2017 vor. Vorauszahlungen seien zum Stichtag 01.06.2016 bei den Vermietern abgefragt worden. Der Erhebungsbogen vom September 2016 enthalte aber keine Erläuterung, welche Betriebskosten tatsächlich ermittelt wurden. Aus Seite 25 des Gutachtens ergebe sich, dass in den Angebotsmieten möglicherweise keine Betriebskosten erfasst worden sind. Im Gutachten werde auf Seite 22 ausgeführt, dass die Erhebungen durch die Datensätze des Jobcenters ergänzt worden seien. Auch hier wären Fragebögen erst vom September 2016 ausgegeben worden. Es sei eine Extremwertkappung vorgenommen, obwohl bereits Mieten der Leistungsberechtigten nur aus dem einfachen Wohnungsmarkt abgefragt worden seien.

Die Klägerin meinte an 30.01.2018, dass im Gebiet der Beklagten 2.900 Bedarfsgemeinschaft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bestünden. Die Beklagte solle darlegen, wie hoch der Anteil der unangemessenen Haushalte sei. Das Konzept müsse berücksichtigen, dass ein ausreichendes Angebot für die Kostensenkungsverpflichteten vorhanden sein müsse.

Die Auskunft der Beklagten vom 27.03.2018 zur Suche nach angemessenen Unterkünften sei schon deshalb fraglich, da zwischen Januar und März 2017 das Konzept noch nicht in Kraft gewesen war. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 12.12.2017 müsse bei Konzepten das Regelungskonzept des § 22b SGB II beachtet werden. Nach Abs. 3 müssten spezielle Regelungen für besondere Personen zum Beispiel mit Schwerbehinderung getroffen werden. Dies gelte auch für § 35a SGB XII. Zu denken wäre auch an den besonderen Bedarf für ältere Menschen.

Am 17.05.2018 verweist die Klägerin auf die Stadtratssitzung vom 14.05.2018 zur Fortschreibung des Konzepts. Auch nach der Aktualisierung hätten 43% der Personen Kosten oberhalb der neuen Angemessenheitsgrenzen für Unterkunft und Heizung. Es sei ein enormer Anteil an Bedarfsgemeinschaften festzustellen, deren Kosten der Unterkunft nicht vollständig übernommen würden. Es werde auf die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28.03.2018 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Bescheides vom 21.04.2017 und des Änderungsbescheides vom 26.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberfranken vom 21.08.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 06.12.2017 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin auch ab dem 01.11.2017 bis zum 31.12.2018 die Hälfte der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist zu der Frage, ob der Vergleichsraum hinreichend definiert sei, auf eine Stellungnahme der Firma A. & K..

Auf Nachfrage des Gerichts teilte der Beklagte mit Schreiben vom 27.03.2018 unter anderem mit, dass zum Stand Oktober 2017 1800 anerkannte Flüchtlinge und Familienangehörige in O. lebten. Diese seien in normalen Wohnungen untergebracht. Die Personen fragten auch als Bedarfsgemeinschaften den normalen Wohnungsbestand nach. Der Zuzug der Flüchtlinge und Ausländer lasse eine nicht unerhebliche Änderung der Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums für die Zukunft eintreten. Allerdings stelle sich für den laufenden Rechtsstreit die Frage, weshalb knapp 1900 Personen, die noch dazu in vielen Fällen vorher in ganz anderen Teilen Bayerns untergebracht waren oder über geringste sprach- bzw. Ortskenntnisse verfügten, im gleichen Zeitraum problemlos in der Lage gewesen wären, sich angemessenen Wohnraum im Stadtgebiet zu suchen, während die Klägerin hierzu offenbar nicht in der Lage gewesen sei.

Am 10.04.2018 meint die Beklagte das im Bereich des Jobcenters O. 2.576 Bedarfsgemeinschaften vorhanden wären. 46,82% der Bedarfsgemeinschaften wären über der aktuellen Mietobergrenze. Daten zum Stichtag 01.04.2017 könnten nicht vorgelegt werden. Einer Würdigung des besonderen Bedarfs im kommunalen Konzept bedürfe es nicht, da eine konkrete und einzelfallbezogene Angemessenheitsprüfung im Anschluss an die wohnungsmarktbezogene abstrakte Prüfung erfolge.

Mit Bescheid vom 06.12.2017 wurden die Leistungen der Grundsicherung mit Wirkung zum 01.01.2018 bis 31.12.2018 neu festgesetzt. Die Umrechnung erfolge wegen Erhöhung der Regelbedarfsstufe. Der Änderungsbescheid werde gemäß § 96 Gegenstand des laufenden Klageverfahrens. Nach der Anlage des Bescheids wurden ab 01.01.2018 Aufwendungen für die Kaltmiete erneut um 71,30 € gemindert.

Im Erörterungstermin am 06.02.2018 teilte die Beklagte mit, dass Grundsicherungsempfänger nach dem SGB XII in 601 Bedarfsgemeinschaften vorhanden wären. 171 Bedarfsgemeinschaften wiesen unangemessene Kosten der Unterkunft und Heizung auf.

Die Klägerin teilte in der mündlichen Verhandlung am 29.05.2017 mit, dass die Betriebskostenabrechnung 2017 noch nicht vorliege. Sie stellte klar, dass allein die Erstattung der Kosten der Unterkunft und Heizung Gegenstand des Verfahrens ist und sich durch den Änderungsbescheid vom 06.12.2017 die Anfechtung der Hinweise, Auflagen und Verpflichtungen erledigt habe. Die Anzahl der geprüften Angebotsmieten und die der Nachfrage in den wechselverpflichteten Bedarfsgemeinschaften würden eklatant auseinanderklaffen. Der beschriebene Zuzug von anerkannten Flüchtlingen sei in einem Zeitraum erfolgt, als das derzeitige Konzept noch nicht in Kraft gesetzt worden war und deshalb die Wohngeldtabelle galt. Es sei zu erwarten, dass die Vermieter bei der Preisgestaltung dieser Neuvertragsschlüsse auf angemessene Kosten der Wohngeldtabelle reagiert haben. Daraus generiere sich ein hoher Anteil von Bedarfsgemeinschaften, die von der Kostensenkung betroffen wären.

Die Beklagte gab bekannt, dass die Stadt unverändert keine Datenbank über verfügbaren Wohnraum aufgestellt habe.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakte und die Behördenakten verwiesen.

Gründe

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 21.04.2017 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 26.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberfranken vom 21.08.2017 über die Höhe der Grundsicherungsleistungen im Zeitraum 01.11.2017 bis 31.12.2018. Die Beklagte hat den ursprünglich unbefristeten Bewilligungsbescheid mit Änderungsbescheid vom 06.12.2017 auf den Zeitraum bis 31.12.2018 (entsprechend § 44 Abs. 3 SGB XII) begrenzt. Die Klägerin hat sich durch die Antragsfassung mit dieser Nebenbestimmung einverstanden erklärt.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 29.05.2018 ihren Prozessvortrag allein auf die Kosten der Unterkunft beschränkt und damit den Streitgegenstand eingegrenzt (BSG Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 42/13 R - Rn. 14).

Die Klage ist zulässig und begründet, da die Bescheide die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende hinsichtlich der zu erstattenden Kosten der Unterkunft und Heizung zu niedrig festgesetzt haben. Die Beklagte hat keine wirksame Kostensenkung vorgenommen (1), das kommunale Konzept zur Festsetzung der angemessenen Unterkunftskosten ist unwirksam (2) und die Beklagte konnte das Vorhandensein einer Wohnungsalternative nicht hinreichend glaubhaft machen (3)

Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zur Hälfte. Sie bewohnt (allein) zusammen mit ihrem Ehemann die Wohnung in O.. Ehegatten, bei denen ein Partner Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II und der anderen Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII bezieht, bilden zusammen eine Bedarfsgemeinschaft (BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 58/06 R -, Rn. 31). Die Anteile für Kosten der Unterkunft und Heizung sind nach Kopfteilen zu bemessen (BSG aaO. Rn. 33).

Kostensenkung

Ein Anspruch auf Erstattung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft folgt schon aus der Tatsache, dass die Beklagte keine wirksame Kostensenkungsaufforderung erlassen hat. Das Kostensenkungsverfahren war unvollständig und missverständlich.

Die Beklagte hat im Bescheid vom 21.04.2017 die Aufforderung zur Kostensenkung nur auf die Bruttokaltmiete erstreckt. Das Kostensenkungsprodukt setzt aber ein Überschreiten der Bruttokaltmiete und der Heizkosten voraus (BSG, Urteil vom 16.04.2013 - B 14 AS 28/12 R -, Rn. 39 ff.)

Zudem wurde im Änderungsbescheid vom 26.05.2017 kein Bezug zur Kostensenkungsaufforderung vom 21.04.2017 hergestellt. Gegenstand des Änderungsbescheides waren richtigerweise auch die Kosten der Unterkunft, da Guthaben aus Betriebskostenabrechnung angerechnet wurde. Zutreffend mindert ein Guthaben die Kosten der Unterkunft im Zuflussmonat (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 14 AS 83/12 R -, Rn. 11).

In der Anlage zum Bescheid vom 26.05.2017 befindet sich ein Berechnungsblatt. Dieses setzt die Kosten der Unterkunft ab 01.07.2017 fest, ohne dass auf die Anhebung der Unterkunftskosten ab 01.11.2017 hingewiesen wird. Eine Endbefristung der nicht abgesenkten Unterkunftskosten wurde nicht vorgenommen.

Die Klägerin durfte deshalb davon ausgehen, dass der spätere Bescheid vom 26.05.2017 die Kostensenkung aus dem früheren Bescheid vom 21.04.2017 rückgängig macht. Widersprüchliches Verhalten führt zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung (Nguyen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 35 SGB XII, Rn. 98).

Der Absenkung der Unterkunftskosten ab 01.01.2018 (Bescheid vom 06.12.2017) geht damit keine aktuelle Kostensenkungsaufforderung voraus.

Konzept der Stadt zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten Das kommunale Konzept der Stadt O. („Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel“), verabschiedet durch Stadtratsbeschluss vom 27.03.2017 auf der Grundlage des Methodenberichts der Firma A. & K. vom Februar 2017 ist unwirksam. Die Verwaltungsvorschrift ist ordnungsgemäß beschlossen (a), aber nur unzureichend bekannt gemacht worden (d). Das Konzept konnte zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums am 01.11.2017 keine Geltung mehr beanspruchen (e).

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 36 Abs. 1, 2 Satz 1, 2 SGB XII, wonach Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind. Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den nach der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie als Bedarf der Personen ohne eigene Mittel nur anzuerkennen, als es diesen nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Im Fall der Klägerin war die Bestimmung der angemessenen Kosten durch die Beklagte durch ein schlüssiges Konzept unwirksam.

Für die Prüfung der Angemessenheit besteht ein mehrstufiges Verfahren: Zunächst ist die Größe der Wohnung unter Zugrundelegung der landesrechtlichen Wohnraumförderbestimmungen festzustellen und zu überprüfen, ob diese angemessen ist.

Angemessen ist eine Wohnung nach dem Wohnungsstandard ferner nur, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Es genügt jedoch insoweit, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist. Die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, darf die angemessene Mietobergrenze nicht überschreiten. Als letzter Prüfungsschritt ist zu ermitteln, ob nach der Struktur des Wohnungsmarktes am konkreten Wohnort der Leistungsberechtigte tatsächlich auch die Möglichkeit hat, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können.

Die Wohnfläche der Klägerin ist bis zu einem Wert von 77,47 m² unangemessen groß. Nach Nr. 22.2 Wohnraumförderbestimmungen 2012, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Innern für Bau und Verkehr vom 11.01.2012 (AllMBl 2012, S. 20, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 01.12.2015, AllMBl 2015, S. 545) sind für eine Zweipersonenbedarfsgemeinschaft 65 m² angemessen.

Die Überschreitung der angemessenen Wohnungsgröße wäre grundsicherungsrechtlich unbeachtlich, wenn das Produkt aus angemessener Miete pro m² und tatsächlicher Wohnfläche, ausgedrückt in der Höhe des Mietzinses, gleichwohl angemessen wäre, etwa, weil der Standard der Wohnung nach unten abweicht. Das ist wäre der Fall, wenn die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin und ihres Mannes im konkreten Fall die kommunale Angemessenheitsobergrenze unterschreiten würden.

Der Klägerin kann aber das kommunale Konzept vom 27.03.2017 nicht entgegengehalten werden.

a. Verfahren zum Erlass des Konzepts

Neben der Bekanntmachung haben sich keine weiteren Fehler bei Erlass der Verwaltungsvorschrift eingestellt. Insbesondere haben der zuständige Rechtsträger und das zuständige Organ gehandelt. Das Konzept ist von der Stadt O. erlassen. Der Stadtrat ist nach Art. 29 Gemeindeordnung (GO) - Allzuständigkeit des Stadtrats - das berufene Organ. Eine Zuständigkeit des Oberbürgermeisters (Art. 37 GO) ist nicht ersichtlich.

b. Bekanntgabe

Das Bundesverwaltungsgericht hatte in der Entscheidung vom 05.11.2004 (5 CN 1/03) vermerkt, dass Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber Dritten bekannt zu machen sind. Für die Bekanntgabe ist eine selektive, erläuternde Wiedergabe des Inhalts der Verwaltungsvorschrift nicht ausreichend (Leitsätze nach Juris). Die Entscheidung ist zur Pauschalierung von Sozialhilfeleistungen nach § 101a BSHG ergangen (Rn. 23). Überprüft werden können (abstrakt-generelle) Regelungen der Exekutive, die rechtliche Außenwirkung gegenüber den Bürgern entfalten und auf diese Weise dessen subjektiv-öffentlichen Rechte unmittelbar berühren. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt dabei Bezug auf die Regelsatzfestsetzung durch Verwaltungsvorschrift (Rn. 24). In der Subsumtion der pauschalierten Sozialhilfefestsetzung meint das Gericht, dass diese nicht nur eine binnenrechtlich wirkende, allein die Verwaltung bindende Bemessungsrichtlinie darstelle. Sie wären anspruchskonkretisierend, sie gäben den Anspruch des Hilfeempfängers auf Hilfe zum Lebensunterhalt in Bezug auf die von den Ausführungsbestimmungen erfassten Bedarfe in gleicher Weise die abschließende Gestalt, wie dies in Bezug auf den Regelbedarf im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 BSHG infolge der Regelsätze erfolgt (Rn. 27). Dem rechtsstaatlichen Publikationsgebot könne nicht durch an den Hilfeempfänger verteilte Merkblätter entsprochen werden (Rn. 30). Das Publikationsgebot habe auch das Bundesverfassungsgericht bei der Bekanntmachung einer Strafgefangene bindende Verwaltungsvorschrift und das Schrifttum angenommen. Es sei im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz, GG) sowie in der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) begründet (Rn. 31). Der Pflicht zur Publikation von Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber den Betroffenen genüge auf jeden Fall die Publikation in dem für den Verwaltungsträger für die Veröffentlichung von Rechtsnormen vorgeschriebenen amtlichen Medium. Ob auch eine andere Art und Weise der Bekanntmachung zum Beispiel durch eine unmittelbare Übergabe des Vorschriftentextes an den Betroffenen ausreichend wäre, bedürfe in dem Verfahren keine Erörterung und Entscheidung (Rn. 33). Fehle die gebotene Bekanntgabe, sei die Verwaltungsvorschrift mit Außenwirkung nicht wirksam (Rn. 34).

Berlit (jurisPR-BVerwG 7/2005 Anm. 1) spricht in der Anmerkung zu der Entscheidung bei der strikten Publikationspflicht für Verwaltungsvorschrift mit unmittelbarer Außenwirkung für Dritte von einer rechtsstaatlichen Selbstverständlichkeit.

c. Zuordnung des kommunalen Konzepts

Das Konzept der Stadt O. vom 27.03.2017 ist eine Verwaltungsvorschrift, die die subjektiv-öffentlichen Rechte Dritter berührt.

Sie ist damit anspruchskonkretisierende Verwaltungsvorschrift; dies ist der Begriff des Sozialrechts für normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften.

Zur Funktion normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften ist auf die Wesentlichkeitstheorie zu verweisen. Nach dieser Theorie ist unter Umständen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen ein Parlamentsgesetz erforderlich. Dies hat das Bundesverfassungsgericht bei der Bemessung des Regelsatzes für erforderlich gehalten (Urteil vom 09.02.2012) und hat damit mit der langen Tradition, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Bundessozialhilfegesetz und dem SGB XII festzulegen, gebrochen (auf diesen Zusammenhang verweist Gutzler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-​SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 40 SGB XII, Rn. 4). Das Bundesverwaltungsgericht orientiert sich an der Regelsatzfortschreibung.

Wenn nun ein vergleichbar wesentliches Element der SGB II-Leistungen durch den kommunalen Träger im Wege einer Verwaltungsvorschrift festgelegt wird, treffen ihn die Obliegenheiten wie beim Erlass einer Rechtsnorm.

Leistungsbezieher erhalten bei Anwendung des Konzepts nicht die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und auch nicht Kosten nach der Wohngeldtabelle mit Sicherheitszuschlag. Der Beklagte kann nicht auf das nachfolgende Kostensenkungsverfahren verweisen, da schon aus Gründen der Gleichbehandlung das kommunale Konzept durch eine Umzugsaufforderung durchgesetzt wird - das Konzept wirkt damit unmittelbar, das BVerwG hält ein unmittelbares „Berühren“ der subjektiv-öffentlichen Rechte für ausreichend.

Die Erstattungsmöglichkeit der verauslagten Kosten wird - in vielen Fällen erheblich - beeinträchtigt. Die Leistungsbezieher werden zwar beim Umzug aus dem Bereich eines anderen Trägers durch das Genehmigungserfordernis vor dem Abschluss nicht erstattungsfähiger Mietverhältnisse geschützt. Gleichwohl ist beim Inkrafttreten des Konzepts auch die Fallgestaltung zu beobachten, dass bislang angemessene Unterkunftskosten nach Inkrafttreten des Konzepts unangemessen geworden sind. Ein dann im Regelfall notwendiger Umzug beeinflusst schon deshalb subjektiv-öffentliche Rechte der Leistungsbezieher, da damit unter Umständen Schäden am Umzugsgut einhergehen.

Auch das Kostensenkungsverfahren beseitigt die unmittelbare Rechtsbetroffenheit nicht. Wie bei jeder Verwaltungsvorschrift ist der exekutive Hoheitsträger verpflichtet, die Geeignetheit der konkreten Fallgestaltung auf die Gestaltungswirkung der Verwaltungsvorschrift zu überprüfen.

„Ob und inwieweit solche individuellen Abweichungen zulässig sind, hängt von Charakter und Inhalt der Verwaltungsvorschriften ab. Die individuelle Abweichung von den Verwaltungsvorschriften kann beispielsweise bei den Ermessensrichtlinien nicht nur erlaubt, sondern sogar geboten sein. Denn wenn das Gesetz Ermessensbereiche eröffnet, räumt es der Verwaltung nicht nur die Freiheit ein, an administrativen Zwecken und Erkenntnissen orientierte Entscheidungsmaßstäbe zu setzen, sondern es bezweckt auch eine Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und erstrebt damit die in das Gesetz nicht einfüllbare Gerechtigkeit des Einzelfalls an.“ (Ossenbühl in: Isensee/Kirchhof, Handbuch der Staatsrechts, 3. Aufl. 2007, Bd. 5, § 104, Rn. 61)

„Abweichungen von den normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften sind nur bei atypischen Sachverhalten zulässig, die ihrerseits in der Verwaltungsvorschriften nicht berücksichtigt worden sind oder für die die Verwaltungsvorschrift selbst schon Ausnahmen statuiert“ (Ossenbühl aaO. Rn. 73).

Für die Außenwirkung sprechen auch folgende Argumente: Bei einer Publikation der Verwaltungsvorschrift könnten neu in den Leistungsbezug eintretende Personen schon weit vor dem Eintritt des Bezugs eine angemessene Wohnung wählen. Da das schlüssige Konzept auch für Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gilt, können sich Arbeitnehmer bei der Wohnungswahl an der Angemessenheitsgrenze orientieren, bei denen schon jetzt absehbar ist, dass sie beim Bezug von Altersrente auf die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angewiesen sein werden.

Vermieter könnten sich etwa bei der Modernisierung von Wohnungen bei Zeiten mit der Frage beschäftigen, ob die Wohnung von Leistungsberechtigten bezogen werden kann. Dies ist für die Unwägbarkeiten bei einer Investitionsrechnung von besonderer Bedeutung, da bei angemessenen Wohnraum ein Leerstand weniger wahrscheinlich ist. Verallgemeinernd lässt sich feststellen, dass die Kostengrenzen der Jobcenter preisbildend sind (Siebel-Huffmann, NJW 2017 S. 3772 in einer Anmerkung zum Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10.10.2017 - 1 BvR 617/14).

Die Festlegung der Angemessenheitsgrenze berührt auch sicherheitsbehördliche Maßnahmen der Obdachlosenunterbringung, wie Wolf/Wolf (SRa 2018, Seite 41 ff.) ausführlich darstellen.

Schließlich ist anzumerken, dass das kommunale Konzept tendenziell wirkungsgleich wie eine Satzung nach § 22 a SGB II ist. Damit ist das kommunale Konzept auch normersetzend. § 22 a Abs. 2 sieht auch die Möglichkeit der Pauschalierung vor und entspricht damit dem Tatbestand, der der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.11.2004 zugrunde gelegen hat.

Deshalb zieht das Sozialgericht Dortmund (Urteil vom 01.12.2016 - S 19 AS 965/15 - Rn. 29) einen Erst-Recht-Schluss zur Schaffung der notwendigen Transparenz durch Bekanntmachung für ein schlichtes Konzept, das in einem nicht rechtsförmlichen Verfahren zustande gekommen ist, jedoch für die Leistungsberechtigten dieselben Regelungswirkungen zeitigt wie eine Satzung.

Zusammenfassend ist festzustellen: Das schlüssige Konzept der Stadt O. vom 27.03.2017 auf der Grundlage des Methodenberichts der Firma A. & K. vom Februar 2017 ist eine anspruchskonkretisierende Verwaltungsvorschrift. Eine solche ist aufgrund der grundrechtsgestaltenden Wirkung wirkungsgleich wie eine Rechtsnorm. Bildlich gesprochen: Die Verwaltungsvorschrift hat eine halbe Stufe auf der Normpyramide nach oben zur Satzung genommen.

d. Bekanntmachung ist kein schlichtes Ordnungsgebot Das BVerwG hat festgestellt, dass bei fehlender und gebotener Bekanntgabe die Verwaltungsvorschrift mit Außenwirkung nicht wirksam ist (Rn. 34).

Das Gericht schließt sich dieser Auffassung an. Nicht überzeugend ist die Auffassung des SG Dortmund (aaO), wonach die fehlende Bekanntmachung nicht zur Unanwendbarkeit des Konzepts führt, da Veröffentlichung und Begründung lediglich eine objektive Rechtspflicht seien. Das Gericht bezieht sich dabei auf Maurer (Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl. 2011, Rn. 36). Dieser Autor referiert die Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und sieht in der Entscheidung vom 05.11.2004 den Schlusspunkt. Diese hält aber die Bekanntmachung für eine Wirksamkeitsvoraussetzung.

Zutreffend verknüpft Ossenbühl (in Isensee/Kirchhof, Handbuch der Staatsrechts, 3.Aufl. 2007, Bd. 5, § 104, Rn. 82 f.) die Publikationspflicht mit der Außenwirkung von Verwaltungsvorschriften; . „Die Verkündung ist rechtsstaatlich notwendige Voraussetzung für die Normentstehung“.

Im Kontext mit der Pauschalierung der Kosten der Unterkunft weist Nguyen (in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-​SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 35 SGB XII, Rn. 169) darauf hin, dass Verwaltungsvorschriften mit abstrakt generellen Regelungen der Exekutive unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als Rechtsnormen einzustufen sind, die zu ihrer Wirksamkeit ordnungsgemäß zu veröffentlichen sind.

Zwischen Ordnungsvorschrift und Wirksamkeitsvoraussetzung zu differenzieren, erscheint auch zirkelschlüssig. Ist eine Außenwirkung zu bejahen, folgt daraus auch eine Außenkundgabepflicht. Jede andere Auffassung würde der undemokratischen und rechtsstaatsfremden Arkanverwaltung des preußischen Obrigkeitsstaats entsprechen, die unter der Geltung des Grundgesetzes nicht statthaft ist.

e. keine andere Wertung durch das Urteil des Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht vom 31.01.2017 Das Gericht meint, dass es einer formellen Bekanntmachung für die Wirksamkeit eines Konzepts nicht bedarf:

„Anderes folgt entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts … Zwar hat das BVerwG entschieden, dass derartige Verwaltungsvorschriften wegen ihrer unmittelbare Außenwirkung gegenüber Dritten wie Rechtsnormen bekanntzumachen sind (BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 - 5 CN 1/03 - BVerwGE 122, 264, juris, Rn. 31). Diese besonderen Verwaltungsvorschriften unterscheiden sich aber von Angemessenheitsrichtlinien wesentlich dadurch, dass - gedeckt allein durch die Experimentierklausel des § 101a BSHG - eine Pauschalierung der Leistungen abweichend vom formellgesetzlichen Leistungskatalog angeordnet haben. Demgegenüber wird mit den Angemessenheitsrichtlinien der formellgesetzliche Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II lediglich konkretisiert. Dass diese Konkretisierung ohne formale Bekanntmachung Wirkungen entfalten muss, ergibt sich im Übrigen auch aus der Rechtsprechung des BSG, verpflichtet es doch die Sozialgerichte - wie im vorliegenden Falle geschehen - dazu, ein den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept nicht entsprechendes Trägerkonzept in eigener Verantwortung nachzubessern . . . Zumindest in einem solchen Fall kann es aber eine formale Bekanntmachung des im gerichtlichen Verfahren erst statuierten Konzepts im Anwendungszeitraum noch gar nicht gegeben haben.“ (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 31. Januar 2017 - L 6 AS 194/15 -, Rn. 139).

Diese Argumente erscheinen der erkennenden Kammer nicht überzeugend.

Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht sieht ein Differenzierungskriterium in Verwaltungsvorschriften, die Pauschalierungen festsetzen und solchen, die eine Obergrenze statuieren. Dabei hat dieses Gericht aber nicht erwogen, dass Pauschalierungen im Sozialrecht bedarfsdeckend auszugestalten sind. Dies hat das Bundessozialgericht etwa für den Anspruch auf Ersterstattung festgelegt: Pauschalen müssen „so bemessen sein, dass der Hilfebedürftige mit dem gewährten Betrag seinen Bedarf auf Erstausstattung (ausgehend von einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen) in vollem Umfang befriedigen kann, denn die Gewährung von Pauschalbeträgen führt nicht zu einer Verkürzung des Leistungsanspruchs gegenüber der Gewährung durch Sachleistung oder der individuell bestimmten Geldleistung“ (BSG, Urteil vom 13.04.2011 - B 14 AS 53/10 R -, Rn. 23).

„Pauschalen sind Instrumente des Gesetzgebers, vor allem in den klassischen Bereichen der Massenverwaltung, bestimmte Aufwendungen rechtlich zu konkretisieren, ohne dass es einer Ermittlung oder Überprüfung des tatsächlichen Aufwands im konkreten Einzelfall bedarf. Pauschalen begrenzen den Verwaltungsaufwand und dienen der Verwaltungspraktikabilität.“ (Nguyen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 35 SGB XII, Rn. 159).

Dies hat Auswirkungen auf die Eingriffsintensität. Der im Sozialleistungsverhältnis von Pauschalen Betroffene erfährt in aller Regel keine Verkürzung seiner Ansprüche. Im Gegenteil: hat er einen geringeren Geldbetrag als durch die Pauschale gedeckt aufgewendet, steht dem gleichwohl ein Anspruch auf höhere Erstattung zu.

Anders eine Mietobergrenze. Es sei nur exemplarisch auf den Einzelfall der Stadt O. Bezug genommen: 46,82% verweilten in der bisherigen Wohnung, um die bisherigen Lebensumstände wahren zu könne. Für annähernd die Hälfte der SGB II Bedarfsgemeinschaften und für ca. 1/3 der SGB XII-Bedarfsgemeinschaften führt dies zu einer faktischen Kürzung der Regelleistung, die das Menschenwürde bestimmte Existenzminimum garantieren soll.

Eingriffsintensive Verwaltungsvorschriften bedürfen aber der Bekanntmachung „erst recht“.

Weiter stellt das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht auf die Nachbesserungspflicht von Gerichten bei unzureichenden Verwaltungsvorschriften ab. Die Nachbesserungspflicht ist keineswegs eine Besonderheit kommunaler Konzepte. Bei normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften kann das Gericht prüfen, ob sich die Norm innerhalb der im Gesetz zum Ausdruck kommenden Wertungen hält, also innerhalb der von der Norm gesetzten Grenzen bleibt (Ossenbühl aaO. Rn. 73). Ist dies nicht der Fall, greift die allgemeine Auslegungsverpflichtung der Gerichte. Dies ist eine aus dem Gewaltenteilungsprinzip und Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Selbstverständlichkeit. Da Gerichte außerhalb der abstrakten Normenkontrolle keine (negative) Rechtsetzungsbefugnis in Anspruch nehmen können, wirkt das Unwirksamkeitsverdikt einer Inzidentprüfung der Verwaltungsvorschrift nur zwischen den Beteiligten. Die Anmaßung einer Allgemeinverbindlichkeit durch Bekanntmachung der Gerichtsentscheidung wäre ein Verstoß gegen die Gewaltenteilung.

d. Umfang der Bekanntmachung

Der Beklagte hat lediglich die Bruttokaltmiete je nach Umfang der Bedarfsgemeinschaft öffentlich bekannt gemacht; dies ist aber nicht ausreichend.

Die erkennende Kammer hat schon in der Vergangenheit festgestellt, dass allein die Bekanntmachung der ermittelten Kostenobergrenzen nicht ausreichend sein dürfte (Urteil vom 27.10.2016 - S 4 AS 1092/14 -, Rn. 69). Das Bundesverwaltungsgericht hat - wie bereits ausgeführt - eine selektive Wiedergabe nicht ausreichend erachtet, Ossenbühl (aaO. Rn. 84) stellt dazu fest, dass sich die Mindestanforderungen an die Verkündung nach den personellen, zeitlichen und räumlichen Dimensionen der durch den Inhalt der Verwaltungsvorschriften angesprochenen Personenkreise bemessen.

Durch die Verwaltungsvorschrift werden etwa Personen angesprochen, die bei aktuell stattfindenden Wohnungswechsel und absehbarer zukünftige Hilfebedürftigkeit schon jetzt die Erstattungsfähigkeit ihrer zukünftigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erfahren wollen. Für diesen Personenkreis ist nicht nur die Bruttokaltmiete, sondern auch der Hinweis auf das Kostensenkungsprodukt (grundlegend BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 40 AS 60/12 R -, Rn. 21 ff.) essenziell. Eine vergleichsweise neu gebaute Wohnung mag oberhalb der angemessenen Bruttokaltmiete liegen, aber durch Planung nach der aktuellen Energieeinsparverordnung besonders geringe Heizkosten aufweisen. Der Wohnungswechsler wird durch die alleinige Bekanntmachung der Bruttokaltmiete vom Bezug einer solchen Wohnung abgehalten, obwohl er einen Anspruch auf Erstattung der tatsächlichen Kosten haben könnte.

Rechtsfolge ist damit die Unwirksamkeit des Konzepts.

e. Überholung des Konzepts durch einen Preissprung Das Konzept vom 27.03.2017 hat sich zudem überholt. Im Hinblick auf den Zuzug von Flüchtlingen hat das Konzept eine Angebotsmietenerhebung auch bereits nach einem Jahr für erforderlich gehalten, wenn es zu gravierenden Veränderungen in der Nachfrage- oder Angebotssituation bei den Bedarfsgemeinschaften gekommen ist.

Mit dieser Bedingung nahm das Konzept die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Preissprung vorweg. Das Bundessozialgericht hat in der Entscheidung vom 12.12.2017 (B 4 AS 33/16 R -, Rn. 19) eine bloße Fortschreibung mit dem Verbraucherpreisindex dann für nicht möglich erachtet, wenn Preissprünge vorliegen, die über reine Schwankungen am Wohnungsmarkt deutlich hinausgehen müssen, die nicht nur punktuell vorliegen, sondern die Marktentwicklung über längere Zeiträume in aussagekräftiger Weise in einer Verlaufsbeurteilung widerspiegeln.

Eine derartige Marktentwicklung ist in der Stadt O. im Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des Konzepts am 01.06.2016 und dem geplanten Wirksamwerden der Kostensenkungsaufforderung am 01.11.2017 eingetreten.

Hierfür sprechen die Zahlen, die das I. Institut ermittelt hat. Der Preisspiegel Bayern Wohnimmobilien Herbst 2017 sowie eine ergänzende telefonische Auskunft wurden zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Es haben sich gegenüber Frühjahr 2017 erhebliche Preissteigerungen ergeben. Diese beziehen sich bei Mietwohnungen auf „Altbau“ und „Bestand“. Unter Altbau werden Mietwohnungen vor 1950, und als Bestand solche ab 1950 definiert (Preisspiegel Seite 32). Neubauwohnungen mit Erstvermietung sind im Preisspiegel nicht gelistet (Preisspiegel Seite 21). Untersucht wurden nur Neuvertragsmieten (Preisspiegel Seite 32). Die Objekte wurden in einfachen Wohnwert (vor allem keine Ausstattung mit einem zentralen Heizungssystem), mittlerer Wohnwert mit normalen Ausstattung (zentrale Heizanlage, neuzeitliche sanitäre Einrichtung und Lage der Wohnungen in allgemeinen Wohngebieten mit gemischter Bevölkerungsstruktur), guter Wohnwert mit gehobener Durchschnitt (keine extravaganten Spitzenwohnungen und mit Lage in reinen Wohngebieten) sowie sehr guter Wohnwert durch ein hochwertiges Objekt mit erstklassiger Ausstattung in sehr guten Wohnlagen definiert. Es ergibt sich folgendes Zahlenbild:

Mietwohnungen Altbau Mietwohnungen Bestand

Einfacher Wohnwert Mittlerer Wohnwert Guter Wohnwert Sehr guter Wohnwert Einfacher Wohnwert Mittlerer Wohnwert Guter Wohnwert Sehr guter Wohnwert

Frühjahr 2017 3,00 € 3,80 € 4,80 € 6,50 € 3,30 € 4,30 € 5,00 € 7,00 €

Herbst 2017 3,20 € 4,00 € 5,00 € 6,80 € 3,40 € 4,50 € 5,10 € 7,00 €

Differenz 0,20 € 0,20 € 0,20 € 0,30 € 0,10 € 0,20 € 0,10 € - €

Prozent 6,25% 5,00% 4,00% 4,41% 2,94% 4,44% 1,96% 0,00%

Aus den Zahlen erschließt sich, dass im guten und sehr guten Wohnwert eine geringe Mietensteigerung stattgefunden hat. Altbau- und Mietwohnungen (Bestand) haben aber eine erhebliche Preissteigerung erfahren. Der rechnerische Durchschnitt aus Preissteigerung für einfacher und mittlerer Wohnwert jeweils im Altbau und Bestand liegt bei 4,6% in einem halben Jahr.

Der von der Preissteigerung überproportional betroffene Wohnungsmarkt entspricht dem Bereich, in dem die Bezieher der SGB II Leistungen, der SGB XII Leistungen, aber auch der Leistungsbezieher nach dem AsylbLG, die dezentral untergebracht sind, ihre Wohnungen „im unteren Drittel“ des Wohnungsmarktes nachsuchen.

Ursache dieser Preissteigerung ist nach Auffassung der Kammer ein besonderer Zuzug von Ausländern. Die Stadt hat mitgeteilt, dass im Juni 2016 422 Ausländer gemeldet waren, im November 2017 1836. Die ca. 1400 zusätzlichen Nachfragenden haben den Markt beeinflusst. In elastischen Preismärkten kann unterstellt werden, dass die zusätzliche Nachfrage bei gering steigerungsfähigem Angebot (zum Beispiel Aufschub von Abbruch und Neubau der Mietwohnungen) zu einer Preissteigerung geführt haben.

Die Preissteigerung konnte im Konzept vom 27.03.2017 auf der Grundlage des Stichtags vom 01.06.2016 nicht abgebildet werden. Das Konzept hat 4620 Bestandsmieten und 262 Angebotsmieten in der Mietkategorie 3 (Gebiet der Beklagten) einbezogen. Das Konzept ermittelt das relevante untere Marktsegment (Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II, Wohngeldempfängerhaushalte, Empfänger nach dem SGB XII, Geringverdiener ohne Leistungsbezug und Leistungsempfänger AsylbLG) mit 6710 bei insgesamt 23.580 Haushalten. Damit liegt auf der Hand, dass die Prognose verfügbaren Wohnraums im für angemessen gehaltenen Preisniveau im November 2017 bei Zuzug von ca. 1400 Personen (auch wenn nicht 1400 Haushalte neu gebildet wurden) überholt war.

Die Würdigung des Gerichts steht keineswegs im Widerspruch zu den Feststellungen des Oberbürgermeisters der Beklagten bei der Beschlussfassung über die Verwaltungsvorschrift am 27.03.2017. Die in der Vergangenheit niedrigeren Preise und die vergleichsweise hohe Verfügbarkeit von Wohnraum hat vermutlich eine besondere Sogwirkung auf diejenigen gehabt, die im Kalenderjahr 2017 ohnehin umzugswillig waren. Denkbar wäre etwa, dass bestimmte Migrantengruppen sich schwerpunktmäßig in O. angesiedelt haben. Nach Beobachtung dieses Phänomens, das bereits frühzeitig in der Tagespresse beschrieben wurde und dass die Reaktionen der Kommunalpolitik nach sich gezogen hat (Zeitungsartikel in der F. vom 07.09.2017 „Freistaat siedelt Flüchtlinge aus O. um“ und vom 27.09.2017 „N. [der Oberbürgermeister] erhöht den Druck auf München“), war die Bedingung der Firma A. & K. zum Erfordernis der Angebotsmietenfortschreibung erkennbar eingetreten.

Damit können weitere Rügen der Klägerin, insbesondere die mangelnde Konformität des Konzepts gegenüber der satzungsrechtlicheren Vorschrift des § 35a in Verbindung mit § 22b Abs. 3 SGB II dahingestellt bleiben.

Vorhandene Wohnungsalternative

Die Klägerin kann sich - auch wenn keine entsprechende Suche dokumentiert ist - auf eine fehlende angemessene Wohnungsalternative berufen.

Grundsätzlich ist eine Kostensenkung dann nicht möglich, wenn die objektive Unmöglichkeit einer Unterkunftsalternative besteht. Zwar wird eine solche einerseits nur in seltenen Ausnahmefällen zu begründen sein (BSG, Urteil vom 19.02.2009 - 4 AS 30/08 R -, Rn. 36). Andererseits liegt im Bereich der Beklagten ein besonders hoher Anteil an kostensenkungsverpflichteten Haushalten vor. Zudem konkurrierten diese Wohnungssuchenden zumindest im Sommer und Herbst 2017 mit zahlreichen zuziehenden Flüchtlingen und Ausländern.

Das Bayerische Landessozialgericht hat unterstellt, dass bei einem Großteil der unangemessen wohnenden Bedarfsgemeinschaften die Senkung der Unterkunftskosten nur durch die Suche nach einer neuen, angemessenen Wohnung möglich ist. Bei einem Anteil von 59,6% würde dies zu einer Erhöhung der Perzentilgrenzen für Einpersonenhaushalte führen müssen. Ohne diese wäre mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht ausreichend angemessener Wohnraum angeboten (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 28. März 2018 - L 11 AS 52/16 -, Rn. 55 f.).

Im Fall der Klägerin besteht über alle Größen der Bedarfsgemeinschaft ein Anteil von Wechselpflichtigen von 46,82%. Wenn zudem die erhöhte Nachfragesituation einbezogen wird, führt dies zumindest zu einer substantiierten Darlegungslast über verfügbaren angemessenen Wohnraum. Dies wird in der Regel nicht ohne Wohnungsdatenbank (zum Beispiel aus den Umzugsgenehmigungen) möglich sein, über die aber die Beklagte nicht verfügt.

Da sich die Klägerin keine wirksame Kostensenkungsaufforderung vorhalten lassen muss, hat sie Anspruch auf Erstattung der hälftigen tatsächlichen Kosten, die gegenwärtig 232,55 € betragen. Im Hinblick auf die alsbald zu erwartende Betriebskostenabrechnung 2017 hat die Klägerin zutreffend keine Bezifferung des Klageantrags vorgenommen, da keine sichere Prognose der tatsächlichen Kosten im streitgegenständlichen Zeitraum möglich ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs., 1 Satz 1 SGG.

Die Berufung war zuzulassen; sie ist nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulässig, da die der Klage zu Grunde liegende Geldleistung gegenwärtig weniger als 750,00 € beträgt. Die damit notwendige Entscheidung über die Zulassung der Berufung beruht auf § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die Rechtssache hat grundlegende Bedeutung. Die Rechtsbeständigkeit des Konzepts der Stadt O. vom 27.03.2017 („Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel“) ist bislang obergerichtlich nicht geklärt. Die Berufung liegt im allgemeinen Interesse, um die Rechtseinheit (auch im Hinblick auf die Verfahren den Jobcenter O.) zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Auflage 2017, § 144, Rn. 28).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Bayreuth Urteil, 29. Mai 2018 - S 4 SO 121/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Bayreuth Urteil, 29. Mai 2018 - S 4 SO 121/17

Referenzen - Gesetze

Sozialgericht Bayreuth Urteil, 29. Mai 2018 - S 4 SO 121/17 zitiert 14 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 44 Antragserfordernis, Erbringung von Geldleistungen, Bewilligungszeitraum


(1) Leistungen nach diesem Kapitel werden auf Antrag erbracht. Gesondert zu beantragen sind Leistungen zur Deckung von Bedarfen nach § 42 Nummer 2 in Verbindung mit den §§ 31 und 33 sowie zur Deckung der Bedarfe nach § 42 Nummer 3 in Verbindung mit §

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 36 Sonstige Hilfen zur Sicherung der Unterkunft


(1) Schulden können nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22b Inhalt der Satzung


(1) In der Satzung ist zu bestimmen,1.welche Wohnfläche entsprechend der Struktur des örtlichen Wohnungsmarktes als angemessen anerkannt wird und2.in welcher Höhe Aufwendungen für die Unterkunft als angemessen anerkannt werden.In der Satzung kann auc

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 35a Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur, Aufwendungen bei Wohnungswechsel, Direktzahlung


(1) Als Bedarf für Unterkunft werden auch die unabweisbaren Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 90 Absatz 2 Nummer 8 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie in d

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Sozialgericht Bayreuth Urteil, 29. Mai 2018 - S 4 SO 121/17 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Sozialgericht Bayreuth Urteil, 29. Mai 2018 - S 4 SO 121/17 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Sozialgericht Bayreuth Urteil, 27. Okt. 2016 - S 4 AS 1092/14

bei uns veröffentlicht am 27.10.2016

Tenor I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 08. August 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2014 sowie in der Fassung der Änderun

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 28. März 2018 - L 11 AS 52/16

bei uns veröffentlicht am 28.03.2018

Tenor I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.10.2015 wird zurückgewiesen. II. Der Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten. I

Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 10. Okt. 2017 - 1 BvR 617/14

bei uns veröffentlicht am 10.10.2017

Tenor Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Gründe I.

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 31. Jan. 2017 - L 6 AS 194/15

bei uns veröffentlicht am 31.01.2017

Tenor Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 27. August 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Beklagte hat den Klägern ein Viertel der notwendigen auße

Bundessozialgericht Urteil, 04. Juni 2014 - B 14 AS 42/13 R

bei uns veröffentlicht am 04.06.2014

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 10. Mai 2013 - S 17 AS 119/13 - aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 12. Dez. 2013 - B 14 AS 83/12 R

bei uns veröffentlicht am 12.12.2013

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Oktober 2012 aufgehoben und der Rechtstreit an das Sozialgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zu

Bundessozialgericht Urteil, 16. Apr. 2013 - B 14 AS 28/12 R

bei uns veröffentlicht am 16.04.2013

Tenor Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 14. Dezember 2011 geändert. Die Bescheid

Referenzen

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) In der Satzung ist zu bestimmen,

1.
welche Wohnfläche entsprechend der Struktur des örtlichen Wohnungsmarktes als angemessen anerkannt wird und
2.
in welcher Höhe Aufwendungen für die Unterkunft als angemessen anerkannt werden.
In der Satzung kann auch die Höhe des als angemessen anerkannten Verbrauchswertes oder der als angemessen anerkannten Aufwendungen für die Heizung bestimmt werden. Bei einer Bestimmung nach Satz 2 kann sowohl eine Quadratmeterhöchstmiete als auch eine Gesamtangemessenheitsgrenze unter Berücksichtigung der in den Sätzen 1 und 2 genannten Werte gebildet werden. Um die Verhältnisse des einfachen Standards auf dem örtlichen Wohnungsmarkt realitätsgerecht abzubilden, können die Kreise und kreisfreien Städte ihr Gebiet in mehrere Vergleichsräume unterteilen, für die sie jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmen.

(2) Der Satzung ist eine Begründung beizufügen. Darin ist darzulegen, wie die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ermittelt wird. Die Satzung ist mit ihrer Begründung ortsüblich bekannt zu machen.

(3) In der Satzung soll für Personen mit einem besonderen Bedarf für Unterkunft und Heizung eine Sonderregelung getroffen werden. Dies gilt insbesondere für Personen, die einen erhöhten Raumbedarf haben wegen

1.
einer Behinderung oder
2.
der Ausübung ihres Umgangsrechts.

(1) Leistungen nach diesem Kapitel werden auf Antrag erbracht. Gesondert zu beantragen sind Leistungen zur Deckung von Bedarfen nach § 42 Nummer 2 in Verbindung mit den §§ 31 und 33 sowie zur Deckung der Bedarfe nach § 42 Nummer 3 in Verbindung mit § 34 Absatz 5 und nach § 42 Nummer 5.

(2) Ein Antrag nach Absatz 1 wirkt auf den Ersten des Kalendermonats zurück, in dem er gestellt wird, wenn die Voraussetzungen des § 41 innerhalb dieses Kalendermonats erfüllt werden. Leistungen zur Deckung von Bedarfen nach § 42 werden vorbehaltlich Absatz 4 Satz 2 nicht für Zeiten vor dem sich nach Satz 1 ergebenden Kalendermonat erbracht.

(3) Leistungen zur Deckung von Bedarfen nach § 42 werden in der Regel für einen Bewilligungszeitraum von zwölf Kalendermonaten bewilligt. Sofern über den Leistungsanspruch nach § 44a vorläufig entschieden wird, soll der Bewilligungszeitraum nach Satz 1 auf höchstens sechs Monate verkürzt werden. Bei einer Bewilligung nach dem Bezug von Bürgergeld nach dem Zweiten Buch, der mit Erreichen der Altersgrenze nach § 7a des Zweiten Buches endet, beginnt der Bewilligungszeitraum erst mit dem Ersten des Monats, der auf den sich nach § 7a des Zweiten Buches ergebenden Monat folgt.

(4) Leistungen zur Deckung von wiederkehrenden Bedarfen nach § 42 Nummer 1, 2 und 4 werden monatlich im Voraus erbracht. Für Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 42 Nummer 3 sind die §§ 34a und 34b anzuwenden.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 10. Mai 2013 - S 17 AS 119/13 - aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für alle Instanzen keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2013.

2

Die miteinander verheirateten Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer eines 2003 erworbenen Grundstücks mit selbst bewohntem Wohnhaus von 85 m² Wohnfläche, für dessen Erwerb sie der 1946 geborenen vormaligen Eigentümerin (im Folgenden: Voreigentümerin) und deren 1939 geborenem Ehemann eine Rente auf Lebenszeit in Höhe von monatlich 440 Euro zu entrichten haben. Bei Zahlungsverzug von mehr als drei Monatsraten ist die Voreigentümerin zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, ohne dass ein Ausgleich für die bis dahin empfangenen Zahlungen zu leisten wäre (Ziffern III. 1. und 2. des notariellen Übergabevertrages vom 16.6.2003 mit Nachtrag vom 20.2.2004).

3

Das beklagte Jobcenter bewilligte den Klägern für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.7.2013 Arbeitslosengeld II (Alg II) zunächst in Höhe der Regelbedarfe sowie eines Mehrbedarfs für dezentrale Warmwasseraufbereitung (Bescheid vom 16.1.2013). Auf den Widerspruch wegen der Nichtberücksichtigung der Rentenzahlungen an die Voreigentümerin setzte der Beklagte das Alg II wie zuvor in Höhe der Regelbedarfe sowie des Mehrbedarfs fest und anerkannte als Bedarfe für Unterkunft und Heizung je Kläger 107,46 Euro für die Zeit vom 1.2. bis 28.2.2013 und 58,51 Euro bzw 58,50 Euro für die Zeit vom 1.5. bis 31.5.2013 für Betriebskosten (Änderungsbescheide vom 30.1.2013). Den Widerspruch im Übrigen wies er zurück, da die Rente der Tilgung für ein Darlehen zur Finanzierung eines Eigenheims gleich stehe und daher nicht nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II berücksichtigungsfähig sei(Widerspruchsbescheid vom 31.1.2013).

4

Auf Klage - beschränkt auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung - hat das Sozialgericht (SG) den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 16.1.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.1.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2013 zur Gewährung weiterer Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich je 220 Euro für die Zeit vom 1.2.2013 bis 31.7.2013 verurteilt (Urteil vom 10.5.2013): Aufwendung für Unterkunft sei jede Zahlungsverpflichtung, die eine Wohnraumüberlassung zum Gegenstand habe und deren Nichterfüllung einen Räumungsanspruch des Gläubigers begründen könne. In diesem Sinne sei die monatliche Zahlungspflicht hier ein Leibrentenversprechen, das ähnlich einer Mietzahlung oder eines in Raten zu zahlenden Kaufpreises die Gegenleistung für die Überlassung von Wohnraum sei und bei dem im Falle des Zahlungsverzugs mit mehr als drei Monatsraten ein Rücktrittsrecht und Rückübereignungsanspruch zugunsten der Übergeberin bestehe. Diese Zahlungen seien nicht mit Tilgungsraten zu vergleichen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Immobilieneigentum zu entrichten seien; sie sicherten allein den bereits erlangten Vermögensvorteil und dienten nicht unmittelbar der Vermögensmehrung.

5

Mit der mit Zustimmung der Kläger eingelegten und vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt der Beklagte die Verletzung von § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Die Leibrentenzahlungen seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu Tilgungsleistungen keine berücksichtigungsfähigen Aufwendungen iS dieser Vorschrift, denn sie seien Gegenleistung für die Eigentumsübertragung am Hausgrundstück und damit als Ratenzahlungen eines seiner Höhe nach unbestimmten, weil bis zum Tod der Berechtigten zu zahlenden Kaufpreises zu verstehen. Bei vollständiger Erfüllung werde Lastenfreiheit des Grundstücks erreicht. Damit führe die Zahlung zu einer Vermögensbildung.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 10. Mai 2013 - S 17 AS 119/13 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das SG entschieden, dass die von den Klägern zu zahlende Rente von 440 Euro monatlich als weiterer Unterkunftsbedarf anzuerkennen ist. Die Rente steht der Tilgung einer ratenweisen Kaufpreisschuld für das Hausgrundstück gleich und ist - da die Tilgung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung der Lebenserwartung der Voreigentümerin noch nicht bereits weitgehend abgeschlossen war - auch nicht ausnahmsweise als Bedarf für Unterkunft anzuerkennen.

9

1. Gegenstand des Verfahrens sind die den Zeitraum von Februar bis Juli 2013 betreffenden Alg II-Bewilligungsbescheide vom 30.1.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2013, wogegen sich die Kläger statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 Sozialgerichtsgesetz) wenden. Nicht (mehr) Verfahrensgegenstand ist dagegen der Ausgangsbescheid vom 16.1.2013, nachdem er durch die im laufenden Widerspruchsverfahren ergangenen Änderungsbescheide vom 30.1.2013 vollständig ersetzt worden ist (§ 86 SGG) und sich mangels weitergehender rechtlicher Wirkungen damit erledigt hat (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -).

10

2. In der Sache ist der Streitgegenstand durch den ausschließlich darauf bezogenen Klagantrag wirksam auf die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung - und zwar, da nur der Beklagte die Entscheidung des SG mit der Sprungrevision angefochten hat, begrenzt auf die Höhe der ihnen vom SG insoweit zugesprochenen 220 Euro je Kläger - beschränkt; an der prozessual zulässigen Abtrennbarkeit dieser Leistungen (vgl nur BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (im Folgenden: RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) vom 24.3.2011 (BGBl I 453; insofern in Kraft getreten zum 1.1.2011, im Folgenden: § 19 Abs 1 SGB II nF) auch für Verfahren über Bewilligungsabschnitte nach dem 1.1.2011 nichts geändert (zu Verfahren über zuvor abgeschlossene Bewilligungsabschnitte vgl nur BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 mwN).

11

a) Der Rechtslage bis zum 31.12.2010 haben die Grundsicherungssenate des BSG in ständiger Rechtsprechung entnommen, dass die Gewährung höherer oder überhaupt von Leistungen für Unterkunft und Heizung einen abtrennbaren prozessualen Anspruch bildet, soweit sie - wie vorliegend auch - Gegenstand einer abtrennbaren Verfügung (Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X) des betreffenden Bescheids sind. Zwar sind beim Streit um höhere Leistungen auch im SGB II grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (stRspr; vgl nur BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54Nr 21, RdNr 32). Hiervon hat das BSG indes eine Ausnahme für Unterkunft und Heizung gemacht, weil die Zuständigkeiten für die Regelleistung (heute: Regelbedarf) einerseits und für die Leistungen für Unterkunft und Heizung andererseits nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 SGB II(in der bis zum 31.12.2010 unveränderten Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004, BGBl I 2014) iVm § 19 S 2 bzw 3 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954; seit 1.8.2006: § 19 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 , BGBl I 1706; im Folgenden § 19 S 2 bzw 3 SGB II aF)unterschiedlich und die Leistungen inhaltlich voneinander abgrenzbar waren, es sich rechtlich also um zwei eigenständige Leistungen und Verfügungen handelte (stRspr, grundlegend BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 ff).

12

b) Eigenständige Leistungen in diesem Sinne bilden die Leistungen für den Regelbedarf einerseits und für Unterkunft und Heizung andererseits auch unter Geltung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG. Unverändert sind danach die Zuständigkeiten zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Trägern ungeachtet des im Hinblick auf die Weiterentwicklung von § 19 SGB II (dazu unten c) geringfügig unterschiedlichen Wortlauts von § 6 Abs 1 S 1 SGB II alter und neuer Fassung weiter vom Prinzip geteilter Trägerschaft geprägt, wie es seit Einführung des SGB II gilt(vgl BT-Drucks 15/2816, S 10): Sofern nicht eine einheitliche Zuständigkeit eines kommunalen Trägers nach §§ 6a f SGB II besteht, sind für Unterkunft und Heizung ausschließlich zuständig die kommunalen Träger und für das Alg II sowie das Sozialgeld mit Ausnahme der Kosten von Unterkunft und Heizung die Bundesagentur für Arbeit; daran hat sich im Gefolge des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG nichts geändert (ebenso Rixen/Weißenberg in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 6 RdNr 3; Luik, ebenda § 22 RdNr 31). Eher ist die Trennung der Zuständigkeiten nochmals verdeutlicht durch die Neufassung des § 44b Abs 3 S 1 SGB II(idF des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 mWv 1.1.2011 , BGBl I 1112), wonach die Verantwortung für die recht- und zweckmäßige Erbringung jeweils "ihrer Leistungen" in der gemeinsamen Einrichtung nach § 44b SGB II(idF des GSiOrgWG) ausdrücklich jedem Träger gesondert obliegt (zum Zweck dieser Verantwortlichkeitszuweisung vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20.12.2007 - 2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04 - BVerfGE 119, 331 = SozR 4-4200 § 44b Nr 1 zu § 44 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vgl BR-Drucks 226/10 S 37 sowie Luthe in: Hauck/Noftz, SGB II, K § 44b RdNr 26 ff, Stand 10/2013).

13

c) Nichts anderes folgt aus der partiellen Neufassung von § 19 und § 22 Abs 1 SGB II durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG. Leistungsrechtlich waren die Kosten für Unterkunft und Heizung schon bis zu dessen Inkrafttreten als Teil des Anspruchs auf Alg II gefasst (vgl § 19 S 1 SGB II idF des GSiFoG: Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung). Sachlich bedeutet es deshalb keinen Unterschied, wenn nunmehr die Leistungen, also Alg II und Sozialgeld, den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung "umfassen" (§ 19 Abs 1 S 3 SGB II nF) und nach Maßgabe von § 22 SGB II bei Unterkunft und Heizung "Bedarfe" in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen "anerkannt" werden(§ 22 Abs 1 S 1 Halbs 1 SGB II idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG), während zuvor "Leistungen" zu erbringen waren (§ 22 Abs 1 S 1 Halbs 1 SGB II in der insoweit bis zum 31.12.2010 unveränderten Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt). Das verdeutlicht zwar weiter, dass die Leistungsbereiche in dem Sinne aufeinander bezogen sind, als jeweils nach denselben Maßstäben umfassend zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II, insbesondere die der Hilfebedürftigkeit iS des § 9 SGB II, vorliegen(so bereits BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 21; ebenso BT-Drucks 17/3404 S 97 zu § 19). Jedoch trägt dies nicht die Einschätzung, dass hiermit Änderungen substantieller Art verbunden wären (so aber BT-Drucks 17/3404 S 98 zu § 22: Leistungen für Unterkunft und Heizung sind nunmehr integraler Bestandteil des Arbeitslosengeldes II, das den Bedarf für Unterkunft und Heizung als nicht mehr abtrennbaren Teil enthält). Das wäre angesichts der fortbestehenden organisationsrechtlichen Aufspaltung der Verantwortlichkeiten auch schwerlich möglich: Solange die Trägerschaft für die Kosten von Unterkunft und Heizung einerseits und den Regelbedarf andererseits getrennt ist, können Alg II und Sozialgeld keine einheitliche "Gesamtleistung" bilden (so schon BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 21; ebenso auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 31).

14

d) Ein prozessuales Verbot der abgetrennten Geltendmachung von Leistungen für Unterkunft und Heizung oder den Regelbedarf begründen die Änderungen in § 19 und § 22 Abs 1 SGB II ebenfalls nicht. Zwar stehen dem Gesetzgeber partielle Begrenzungen der grundsätzlich umfassend gewährleisteten Dispositionsmaxime (§ 123 SGG) zu. Dass dies hier geschehen wäre, ist aber nicht hinreichend deutlich. Einerseits ist das in den Materialien zwar angedeutet (vgl BT-Drucks 17/3404 S 98 zu § 22). Andererseits findet eine solche Begrenzung schon im Gesetzestext keinen hinreichend deutlichen Niederschlag, nachdem - wie dargelegt - die Neufassung von § 19 Abs 1 SGB II nF erhebliche Unterschiede zur vorherigen Rechtslage nicht erkennen lässt. Zudem kommt in den Materialien gegenläufig ebenso das Bestreben zum Ausdruck, in Verfahren nach dem SGB II auch künftig Teilelemente abschichten zu können, auch wenn der dazu in Betracht gezogene Ansatz im geltenden Prozessrecht kaum Grundlagen findet (vgl BT-Drucks 17/3404, S 97 zu § 19: "dass … einzelne, dem angefochtenen Leistungsanspruch zugrunde liegende Tatsachen unstreitig gestellt werden"; vgl aus der stRspr hierzu nur BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 58/08 R - BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12; BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 109/11 R - Juris RdNr 26; BSG Urteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 4/11 R - BSGE 112, 54 = SozR 4-3500 § 28 Nr 8, RdNr 14; vgl ebenso Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 19 RdNr 82, Stand 1/2012, und Straßfeld, SGb 2011, 436, 442); auch das spricht dagegen, § 19 Abs 1 SGB II als Sperre der isolierten Geltendmachung der Bedarfe von Unterkunft und Heizung zu verstehen(so im Ergebnis auch: Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 31 ff; Söhngen in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, Stand 6/2013, § 19 RdNr 30; Lauterbach in Gagel, Online-Ausgabe Stand 2014, § 22 SGB II RdNr 8; Nolte, NZS 2013, 10, 12 ff; Straßfeld, SGb 2011, 436, 442; aA : Berlit in Münder, SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 9; S. Knickrehm in Kreikebohm, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 1; offen gelassen Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 1/2012, K § 19 RdNr 81).

15

3. Anspruch auf weitere jeweils 220 Euro monatlich als Leistung auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II iVm §§ 7, 9, 19 SGB II nF haben die Kläger ungeachtet ihrer Hilfebedürftigkeit im Übrigen nicht.

16

a) Bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen im Weiteren sind gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II nF Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen, soweit sie angemessen sind. Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist nach der Rechtsprechung des BSG an den Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind, dh die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten (vgl dazu grundlegend BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10).

17

b) Zu den anzuerkennenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in diesem Sinne rechnen nach gefestigter Rechtsprechung des BSG, von der abzurücken kein Anlass besteht, Tilgungsraten grundsätzlich nicht (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 24; BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 18; BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 23). Die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 35; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 169 ff, Stand 10/2012; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 61). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" nur in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist (vgl aus der Rechtsprechung des erkennenden Senats BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 18; ebenso 4. Senat, BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 23). Im Übrigen ist der Eigentümer grundsätzlich ebenso wenig wie der Mieter davor geschützt, dass sich die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben kann (vgl Entscheidungen des erkennenden Senats, BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8 zur Kostensenkungsaufforderung und BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10 zum Wohnungswechsel wegen unangemessen hoher Unterkunftskosten).

18

c) Nicht ohne Bedeutung ist hiernach entgegen der Auffassung des SG die "vertragliche Ausgestaltung" der im Streit stehenden Aufwendungen. Maßgebend ist vielmehr, ob die von den Klägern entrichteten Zahlungen an die Voreigentümerin wie die Tilgung eines Darlehens zur Wohnraumfinanzierung oder einer Kaufpreisschuld zu werten sind oder ob sie einer (Miet-)Zahlung für die Wohnraumgebrauchsüberlassung gleichen. Das beurteilt sich nach der Rechtsprechung allein danach, wie der zugrunde liegende Vertrag konkret ausgestaltet ist und nicht, wie er auch hätte ausgestaltet sein können (vgl BSG Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 1/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 65 RdNr 21). Entscheidend für die rechtliche Qualifizierung ist bei Grundstückskäufen auf Leibrentenbasis nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), wie eng das Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen Rentenzahlung und Grundstücksgeschäft beschaffen ist. Als Leibrente im eigentlichen Sinne des § 759 BGB erachtet der BGH ein "einheitlich nutzbares Recht …, das dem Berechtigten für die Lebenszeit eines Menschen eingeräumt ist und dessen Erträge aus wiederkehrenden, gleichmäßigen und in gleichen Zeitabständen zu gewährenden Leistungen in Geld oder anderen vertretbaren Sachen bestehen"(BGH Urteil vom 16.12.1965 - II ZR 274/63 - BB 1966, 305 - juris RdNr 22). Der Leibrente zugeordnet wird ein Grundstücksüberlassungsvertrag deshalb nur, wenn die Gegenleistung für dessen Überlassung mit der Einräumung des Stammrechts, aus dem die Einzelansprüche erwachsen, formal bereits als vollständig erbracht anzusehen ist und die Rentenzahlungen deshalb im strengen Sinne nicht Gegenleistung für die Grundstücksüberlassung sind, sondern Erfüllung des bereits vorher gewährten Rentenstammrechts. Steht dagegen nach der konkreten vertraglichen Ausgestaltung die Erfüllung (auch) der einzelnen Zahlungsansprüche in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Grundstücksüberlassung - und hat sich der Überlasser deshalb den Rücktritt vom Vertrag vorbehalten für den Fall, dass der Übernehmer mit Zahlungen in Rückstand gerät - dann bilden die "Rentenzahlungen in ihrer Gesamtheit den Kaufpreis für den Erwerb des Grundstücks" (BGH Beschluss vom 25.4.1991 - III ZR 159/90 - WM 1991, 1644, juris RdNr 2 ff, RdNr 5).

19

d) Hiernach könnten Leibrenten der Miete allenfalls gleich zu stellen sein, wenn es sich um Renten im engeren Sinne des § 759 BGB handelt. Muss dagegen eine "Leibrentenzahlung" bei vorbehaltenem Rücktritt - wie hier vertraglich ausbedungen - als Kaufpreisteil gesehen werden, so ist nicht anzunehmen, dass die Zahlungen nicht der Finanzierung des Grunderwerbs dienen. Maßgeblich ist dann nach der Rechtsprechung des BSG, ob es nach den konkreten Umständen "um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist" (vgl erkennender Senat: BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 18; 4. Senat: BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 23). Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden, nachdem die 2005 - dem Jahr des erstmaligen Bezugs von SGB II-Leistungen der Kläger - 59 Jahre alte Voreigentümerin statistisch eine Lebenserwartung von deutlich über 20 Jahren hatte (Statistisches Bundesamt, Periodensterbetafeln für Deutschland, Allgemeine Sterbetafeln, abgekürzte Sterbetafeln und Sterbetafeln, 1871/1881 bis 2008/2010, S 342).

20

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 14. Dezember 2011 geändert.

Die Bescheide des Beklagten vom 29. Juli 2008, 17. September 2008, 6. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2009 werden geändert und der Beklagte wird verurteilt, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 17,50 Euro für Oktober 2008 zu zahlen.

Die Bescheide des Beklagten vom 24. März 2009, 31. März 2009, 6. Juni 2009, 14. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2009 werden geändert und der Beklagte wird verurteilt, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von jeweils 7 Euro monatlich für August und September 2009 zu zahlen.

Hinsichtlich weiterer Leistungen für Unterkunft und Heizung für November 2008 wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Altenburg zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), insbesondere für Unterkunft und Heizung im Oktober und November 2008 sowie August und September 2009.

2

Die im Jahr 1982 geborene Klägerin zu 1 und ihr am 2002 geborener Sohn, der Kläger zu 2, bei dem ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G, H, RF, Gl festgestellt sind, bewohnten in der strittigen Zeit eine 2,5-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 60,99 m² in K Pro Monat betrug die Grundmiete 322 Euro, hinzu kamen Vorauszahlungen für sonstige Nebenkosten von 22 Euro, Kaltwasser von 53 Euro, Heiz- und Warmwasserkosten von 80 Euro, die zum 1.11.2008 für Kaltwasser auf 61 Euro, Heiz- und Warmwasserkosten auf 92 Euro erhöht wurden (monatliche Aufwendungen insgesamt 477 bzw 497 Euro). Seinem Bescheid vom 20.2.2006 hatte das beklagte Jobcenter als Anlage eine Belehrung über "Rechtsfolgen im Falle unangemessener Aufwendungen für Unterkunft und/oder Heizung" beigefügt und mitgeteilt, den Klägern stehe eine Kaltmiete, einschließlich kalter Betriebskosten von 345 Euro plus Heizkosten ohne Warmwasserbereitung von 60 Euro, insgesamt also 405 Euro pro Monat zu. Von Juli bis September 2006 erbrachte der Beklagte die Leistungen nur noch unter Berücksichtigung dieses Betrags. Von Juli 2007 bis Ende April 2008 lebte eine weitere Person - im Folgenden G - ebenfalls in der Wohnung, ohne mit den Klägern eine Bedarfsgemeinschaft zu bilden, und der Leistungsberechnung wurden dadurch die vollen, auf die Anteile der Kläger entfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zugrunde gelegt.

3

Für Oktober 2008 bis März 2009 bewilligte der Beklagte monatliche Leistungen von 405 Euro für Unterkunft und Heizung an die Kläger (Bescheid vom 29.7.2008, Änderungsbescheid vom 17.9.2008). Nachdem die Klägerin zu 1 den Anstieg der Vorauszahlung zum 1.11.2008 angezeigt hatte, lehnte der Beklagte mit weiterem Bescheid vom 29.9.2008 eine Übernahme der erhöhten Vorauszahlung ab. Nachdem G zum 1.12.2008 wieder in die Wohnung eingezogen war, berücksichtigte der Beklagte ab diesem Zeitpunkt wieder anteilig die vollen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung der Kläger, für Oktober und November verblieb es bei den bewilligten Beträgen (Änderungsbescheid vom 6.2.2009). Der schon zuvor eingelegte Widerspruch der Kläger wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 25.2.2009).

4

Der Beklagte bewilligte aufgrund wechselnden Einkommens der Klägerin zu 1 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von April bis September 2009 den Klägern zunächst nur vorläufig, dann vorübergehend endgültig und schließlich für Juli bis September 2009 wieder vorläufig, wobei er für August und September monatlich von "Kosten der Unterkunft und Heizung" in Höhe von 405 Euro ausging (Bescheide vom 24.3.2009, 31.3.2009, 6.6.2009, 14.7.2009; Widerspruchsbescheid vom 15.7.2009).

5

Das Sozialgericht (SG) hat die erhobenen Klagen verbunden und die Bescheide vom 29.7.2008, 17.9.2008, 6.2.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.2.2009 geändert und den Beklagten verurteilt, an die Kläger "weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft" für Oktober 2008 in Höhe von 44,37 Euro und für November 2008 in Höhe von 50,50 Euro zu zahlen, die Bescheide vom 24.3.2009, 31.3.2009, 6.6.2009, 14.7.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.7.2009 geändert und den Beklagten verurteilt, an die Kläger "weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft" für August und September 2009 in Höhe von 74 Euro monatlich zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Sprungrevision zugelassen (Urteil vom 14.12.2011). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin zu 1 erfülle die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, der Kläger zu 2 bilde mit ihr eine Bedarfsgemeinschaft, da er seinen Lebensunterhalt nicht vollständig aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten könne. Nach den einschlägigen landesrechtlichen Vorschiften sei für einen Haushalt von zwei Personen von einer Wohnfläche von 60 m² auszugehen. Entgegen der Auffassung der Kläger könne zB für Behinderte oder Alleinerziehende keine generelle Erhöhung der angemessenen Wohnfläche auf 75 m² vorgenommen werden. Der Beklagte habe keinerlei Überlegungen zum Vergleichsraum angestellt und weder die Unterkunftsrichtlinie des Saale-Holzland-Kreises noch dessen späteren Bearbeitungsrichtlinien oder die weiter vorgenommenen Modifizierungen genügten den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Aufgrund des Ausfalls lokaler Erkenntnismöglichkeiten seien die tatsächlichen Aufwendungen der Hilfebedürftigen für Unterkunft und Heizung zu übernehmen, begrenzt durch eine aus den Tabellenwerten des Wohngeldgesetzes (WoGG) abgeleitete Angemessenheitsgrenze nach oben. K sei wie der gesamte Saale-Holzland-Kreis nach der ab 1.1.2009 geltenden Wohngeldverordnung der Mietstufe 2 zuzuordnen, nur die Stadt E sei in der Zeit vorher der Stufe 3 zuzuordnen gewesen. Nach der Tabelle zu § 8 WoGG ergebe sich für zwei Haushaltsmitglieder ein Höchstbetrag von 345 Euro einschließlich kalter Betriebskosten. Nach der Tabelle zu § 12 WoGG in der Fassung vom 24.9.2008 (BGBl I 1856), die ab 1.1.2009 gelte, ergebe sich ein Betrag von 380 Euro. Zusammen mit einem angemessenen Zuschlag von 10 % sei in 2008 von 379,50 Euro und im Jahr 2009 von 418 Euro auszugehen.

6

Im Oktober 2008 habe die Bruttokaltmiete 397 Euro betragen, davon habe der Beklagte 345,13 Euro übernommen, die Differenz zum angemessenen Wert von 379,50 Euro seien 34,37 Euro, die der Beklagte noch zu zahlen habe. Im November 2008 habe die Bruttokaltmiete 405 Euro betragen, davon habe der Beklagte 345,13 Euro übernommen, die Differenz zu dem auch in diesem Monat angemessenen Wert von 379,50 Euro seien ebenfalls 34,37 Euro. Im August und September 2009 habe die Bruttokaltmiete ebenfalls jeweils 405 Euro betragen, davon habe der Beklagte wiederum jeweils 345,13 Euro übernommen. Der angemessene Höchstwert von 418 Euro nach dem WoGG plus Zuschlag liege über den tatsächlichen Aufwendungen, sodass pro Monat nur die Differenz zwischen 405 Euro und 345,13 Euro, also 59,87 Euro vom Beklagten noch zu zahlen seien.

7

Hinsichtlich der getrennt zu berechnenden Heizkosten sei, da ein kommunaler Heizspiegel nicht vorliege, vom bundesweiten Heizspiegel auszugehen. Für das Abrechnungsjahr 2008 ergebe sich bei einer Gasheizung und einer Wohnanlage mit insgesamt ca 710 m² zu beheizender Fläche, wie bei den Klägern, als Grenze der angemessenen Kosten 15,20 Euro je Quadratmeter Wohnfläche und Jahr, umgerechnet auf 60 m² pro Monat seien dies 76 Euro (15,20 : 12 x 60). Ausgehend von den festgestellten Heizkostenvorauszahlungen der Kläger für Oktober 2008 von 80 Euro und für November 2008 von 92 Euro verblieben nach der Kürzung um die Kosten der Warmwasserbereitung von 10,13 Euro (6,33 Euro für die Klägerin zu 1 und 3,80 Euro für den Kläger zu 2) für Oktober 2008 Heizkosten von 69,67 Euro und für November 2008 von 81,87 Euro. Nach Abzug der vom Beklagten tatsächlich gezahlten 59,87 Euro ergebe sich für Oktober ein Restanspruch von 10 Euro und für November von 16,13 Euro, weil für diesen Monat nicht auf die Vorauszahlung, sondern die Grenze der angemessenen Heizkosten von 76 Euro abzustellen sei. Für August und September 2009 ergebe sich nach dem bundesweiten Heizspiegel für das Abrechnungsjahr 2009 ein angemessener Betrag von maximal 74 Euro. Die monatliche Heizkostenvorauszahlung der Kläger von 92 Euro liege auch nach Abzug der Kosten der Warmwasserbereitung von 11 Euro über diesem Grenzbetrag, sodass der Beklagte nur die Differenz zwischen seiner tatsächlichen Zahlung von 59,87 Euro und der Angemessenheitsgrenze von 74 Euro zu übernehmen habe, also 14,13 Euro pro Monat. Die Addition der monatlichen Nachzahlbeträge für die Unterkunft und die Heizung ergebe die tenorierten Beträge, im Übrigen sei die Klage abzuweisen.

8

Mit der vom SG zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 22 SGB II und machen insbesondere geltend: Es sei keine ordnungsgemäße Kostensenkungsaufforderung erfolgt, der Beklagte sei von einer unzutreffenden Wohnfläche ausgegangen, da nicht von 60 m², sondern aufgrund von Sonderregelungen für Behinderte und Alleinerziehende in der Thüringer Verwaltungsvorschrift von 75 m² für die Bedarfsgemeinschaft der Kläger auszugehen sei. Hätte das SG diese erhöhte Wohnfläche seiner Entscheidung zugrunde gelegt, hätte es die Aufwendungen der Kläger für Unterkunft und Heizung dem Beklagten in voller Höhe auferlegen müssen. Die Berechnung der Heizkosten sei unzutreffend, weil der Heizkostenspiegel nach Aussage seiner Verfasser kein geeignetes Instrument für die Einzelfallentscheidung nach dem SGB II sei.

9

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 14. Dezember 2011 zu ändern,

1. die Bescheide des Beklagten vom 29. Juli 2008, 17. September 2008, 6. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2009 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 17,50 Euro für Oktober 2008 und in Höhe von 31,37 Euro für November 2008 zu zahlen sowie

2. die Bescheide des Beklagten vom 24. März 2009, 31. März 2009, 6. Juni 2009, 14. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2009 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von jeweils 7 Euro monatlich für August und September 2009 zu zahlen.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Sprungrevision der Kläger ist zum Teil begründet und das Urteil des SG vom 14.12.2011 ist zu ändern. Unter Änderung der entsprechenden Bescheide ist der Beklagte zu verurteilen, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 17,50 Euro für Oktober 2008 (dazu 3.) und von jeweils 7 Euro monatlich für August und September 2009 (dazu 4.) zu zahlen. Hinsichtlich der begehrten weiteren Leistungen für Unterkunft und Heizung für November 2008 ist der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen (dazu 5.).

12

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist neben der Änderung der angefochtenen Vorentscheidungen das Begehren der allein die Revision führenden Kläger auf vollständige Übernahme ihrer tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in den strittigen Monaten.

13

Prozessrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Die Beschränkung des Streitgegenstandes in materiell-rechtlicher Hinsicht allein auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig (vgl nur BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18). Hieran hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453; im Folgenden: SGB II nF) zumindest für laufende Verfahren nichts geändert (BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 mwN).

14

2. Rechtsgrundlage für den von den Klägern geltend gemachten Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung sind § 19 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 Satz 1, Abs 3, § 22 Abs 1, § 28 SGB II. Die Grundvoraussetzungen nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, um Leistungen nach dem SGB II zu erhalten, erfüllte die Klägerin zu 1 in den streitigen Zeiträumen von Oktober bis November 2008 und August bis September 2009 nach den Feststellungen des SG. Anhaltspunkte für einen Ausschlusstatbestand sind nicht zu erkennen (vgl § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4, 5 SGB II). Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2, ihr in ihrem Haushalt lebender 2002 geborener Sohn, der seine Bedarfe nicht aus eigenem Einkommen decken kann, bilden eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 1, 4 SGB II).

15

Zu den im Rahmen des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für die Unterkunft und Heizung, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf solange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 Satz 3 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706).

16

3. Für den Oktober 2008 ist der Beklagte unter Änderung seiner Bescheide vom 29.7.2008, 17.9.2008, 6.2.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.2.2009 zu verurteilen, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 17,50 Euro für Oktober 2008 zu zahlen. Dieser Betrag folgt aus ihren tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung von 477 Euro (Grundmiete 322 Euro, Vorauszahlungen für sonstige Nebenkosten von 22 Euro, Kaltwasser von 53 Euro und Heizkosten 80 Euro), abzüglich den vom Beklagten bewilligten 405 Euro und den vom SG zugesprochenen weiteren 44,37 Euro sowie den Kosten der Warmwasserbereitung von 10,13 Euro (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5) (477 - 405 - 44,37 - 10,13 = 17,50).

17

Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für die Unterkunft und Heizung im Oktober 2008 sind der Berechnung ihrer Leistungen zugrunde zu legen, weil G erst Ende April 2008 - also keine sechs Monate vorher - aus der gemeinsamen und von den Klägern weiterhin bewohnten Wohnung ausgezogen ist; die Höhe der abstrakt oder konkret angemessenen Aufwendungen ist insofern nicht entscheidungserheblich.

18

Die Regelung des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, nach der unangemessene Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung als Bedarf solange - in der Regel jedoch längstens für sechs Monate - zu berücksichtigen sind, wie es nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, die Aufwendungen zu senken, greift auch bei Änderungen in der Bewohnerzahl, wie zB dem Auszug eines Mitbewohners.

19

§ 22 SGB II über die Leistungen für Unterkunft und Heizung knüpft an die einschlägigen sozialhilferechtlichen Vorschriften im Bundesozialhilfegesetz (BSHG) an (BT-Drucks 15/1516 S 57). Diese enthielten ebenfalls eine derartige "Zumutbarkeitsregelung" (so zB BVerwG vom 30.5.1996 - 5 C 14/95 - BVerwGE 101, 194, Juris RdNr 16 ff) zur Übernahme von unangemessenen Kosten der Unterkunft, nicht aber eine Sechs-Monatsgrenze (vgl § 3 Abs 1 DVO zu § 12 BSHG). Die in Rechtsprechung und Literatur vertretene Länge der Frist für die Übernahme unangemessener Kosten schwankte je nach Einzelfall und reichte bis zu neun Monaten (vgl OVG Hamburg vom 13.7.1993 - Bs IV 142/93: 4 Monate nach Auszug des Ehepartners; OVG Lüneburg vom 28.9.1994 - 4 L 5583/93 - info also 1995, 166, Juris RdNr 43: 6 Monate; Hofmann in LPK-BSHG, 5. Aufl 1998, § 12 RdNr 31: 6 Monate; Wenzel in Fichtner, BSHG, 2. Aufl 2003, § 12 RdNr 13 mwN: 6 bis 9 Monate). Die Regelung soll bezwecken, dass eine leistungsberechtigte Person nicht sofort zB bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit gezwungen ist, ihre bisherige Wohnung aufzugeben (so zum BSHG: BVerwG vom 30.5.1996 - 5 C 14/95, aaO; zum SGB II: BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 23). Dieser Zweck greift ebenso, wenn aus einer Haushaltsgemeinschaft eine Person auszieht und der Unterkunftsbedarf für die verbliebene(n) Person(en) unangemessen hoch ist.

20

Wie auch unter dem BSHG ist der Erhalt einer größeren Wohnung mit Hilfe von Leistungen nach dem SGB II zeitlich nicht unbegrenzt schutzwürdig, vielmehr ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut mit der Wendung "in der Regel jedoch längstens für sechs Monate" eine im Regelfall bestehende Grenze. Dementsprechend hat der Senat, wenn der auswärtige Aufenthalt eines Partners im Vorhinein auf unter sechs Monate beschränkt ist, eine Umzugs-Obliegenheit für den verbliebenen Partner der Bedarfsgemeinschaft verneint (BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 23). Auch nach der Literatur zu § 22 SGB II können Änderungen in der Bewohnerzahl die Übernahme von abstrakt unangemessenen Kosten für eine Übergangszeit rechtfertigen, als angemessener Zeitraum zB nach Auszug eines Mitbewohners zur entsprechenden Neuorientierung werden bis zu sechs Monate angesehen(Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 138). Die Sechs-Monatsfrist ist jedoch kein starrer Zeitraum, vielmehr sind Abweichungen nach oben und nach unten zulässig (Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 12/2012, § 22 RdNr 78), wie schon dem Wortlaut der Norm zu entnehmen ist.

21

Gründe für ein Abweichen von dieser Sechs-Monatsfrist sind vorliegend jedoch weder von Amts wegen zu erkennen, noch von einem Beteiligten geltend gemacht worden. Angesichts des Auszugs des G Ende April 2008 lief die Frist erst Ende Oktober 2008 ab und die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für Unterkunft und Heizung für diesen Monat sind zu erbringen.

22

4. Für August und September 2009 ist der Beklagte unter Änderung seiner Bescheide vom 24.3.2009, 31.3.2009, 6.6.2009, 14.7.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.7.2009 zu verurteilen, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von jeweils 7 Euro monatlich zu zahlen. Dieser Betrag folgt aus ihren tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung pro Monat von 497 Euro (Grundmiete 322 Euro, Vorauszahlungen für sonstige Nebenkosten von 22 Euro, Kaltwasser von 61 Euro und Heizkosten 92 Euro), abzüglich den vom Beklagten bewilligten 405 Euro und den vom SG zugesprochenen weiteren 74 Euro sowie den Kosten der Warmwasserbereitung von 11 Euro (vgl BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5) (497 - 405 - 74 - 11 = 7).

23

Der Berechnung der Leistungen sind - aus den zuvor aufgezeigten Gründen - die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für die Unterkunft und Heizung im August und September 2009 zugrunde zu legen, weil G nach seinem zwischenzeitlichen Wiedereinzug ab 1.12.2008 zum 1.5.2009 wieder aus der gemeinsamen und von den Klägern weiterhin bewohnten Wohnung ausgezogen ist und die Sechs-Monatsfrist ab diesem Auszug noch lief.

24

5. Für November 2008 mangelt es an ausreichenden Feststellungen des SG zur Beurteilung, ob den Klägern die beantragten weiteren 31,37 Euro Leistungen für Unterkunft (dafür 25,50 Euro) und Heizung (dafür 5,87 Euro) zustehen. Insoweit ist der Rechtsstreit zurückzuverweisen.

25

Zur Bestimmung der Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, die getrennt zu prüfen sind, auch wenn sie keine eigenständigen Streitgegenstände sind, ist zunächst der jeweils abstrakt angemessene Bedarf unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln. Liegen die tatsächlichen Aufwendungen der leistungsberechtigten Person über diesem Betrag, ist der konkret angemessene Bedarf zu prüfen, einschließlich der Zumutbarkeit einer Kostensenkung und der Durchführung eines Kostensenkungsverfahrens seitens des beklagten Jobcenters (vgl ua BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19 ff; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 12 ff; BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 20 ff).

26

Ob als Leistung für die Unterkunft weitere 25,50 Euro zuzusprechen sind, weil das SG nur 379,50 Euro berücksichtigt hat und die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für die Bruttokaltmiete 405 Euro betrugen (Grundmiete von 322 Euro, sonstige Nebenkosten von 22 Euro, Kaltwasserkosten von 61 Euro), kann nicht abschließend beurteilt werden. Zwar hat das SG den abstrakt angemessenen Unterkunftsbedarf der Kläger zu Recht mit 379,50 Euro bestimmt, jedoch hat es keine Feststellungen dazu getroffen, dass dieser Betrag auch konkret angemessen ist.

27

a) Bei der Ermittlung des abstrakt angemessenen Bedarfs für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen. Alsdann ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen und unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro m² Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums zu zahlen ist. Zu der so ermittelten Nettokaltmiete sind noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen (vgl BSG aaO). Kann kein abstrakt angemessener Bedarf für die Unterkunft ermittelt werden, sind die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, gedeckelt im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben für die Zeit vor dem 1.1.2009 durch die Tabellenwerte der rechten Spalte zu § 8 WoGG aF plus einem Sicherheitszuschlag von 10 % (vgl nur BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 20 ff mwN).

28

Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für die Kläger beträgt 60 m². Dass die abstrakte angemessene Wohnungsgröße für Zweipersonenhaushalte in der strittigen Zeit in Thüringen 60 m² waren, hat das SG unter Hinweis auf die "Richtlinie für die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus in besonderen Gebietskulissen zur Innenstadtstabilisierung im Freistaat Thüringen für das Programmjahr 2008" vom 1.4.2008 als auch der als landesrechtliche Ausführungsbestimmung des Freistaates Thüringen nach § 10 Wohnungsförderungsgesetz ergangenen "Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Bindungen geförderter Wohnungen"(Thüringer Staatsanzeiger 2004, 1669) in der Fassung der Änderung vom 7.11.2008 (Thüringer Staatsanzeiger 2008, 1901) zutreffend festgestellt.

29

Entgegen dem Vorbringen der Revision ist die abstrakt angemessene Wohnungsgröße weder wegen der Alleinerziehung der Klägerin zu 1 noch wegen der Behinderung des Klägers zu 2 zu erhöhen, wie der Senat in seinem Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 19 ff ausführlich begründet hat. Gründe, von dieser Auffassung abzuweichen, sind im vorliegenden Verfahren nicht vorgebracht worden oder zu erkennen.

30

Aufgrund eines örtlichen Vergleichsraums - ausgehend vom Wohnort der Kläger und dem Saale-Holzland-Kreis als Zuständigkeitsbezirk des Beklagten - hat das SG zu Recht ein schlüssiges Konzept des Beklagten und die Möglichkeit entsprechender Nachermittlungen verneint.

31

Überlegungen zur Bestimmung eines maßgeblichen örtlichen Vergleichsraums hat der Beklagte nach den Feststellungen des SG keine angestellt, obwohl dies die logische Voraussetzung zur Entwicklung eines schlüssigen Konzepts ist. Das SG hat zwar seinerseits ebenfalls keinen Vergleichsraum ausdrücklich festgelegt, es hat die Antwort auf diese Frage aber im Unterschied zu den Vorinstanzen in den Urteilen des 4. Senats des BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 17 und des erkennenden Senats vom 14.2.2013 - B 14 AS 61/12 R - nicht dahinstehen lassen, sondern hat seinen weiteren Überlegungen insbesondere bei der Anwendung des WoGG ausgehend vom Wohnort der Kläger den Zuständigkeitsbereich des Beklagten und damit den Saale-Holzland-Kreis zugrunde gelegt. Es hat damit der Anforderung, dass nur ausgehend von einem bestimmten örtlichen Vergleichsraum ein schlüssiges Konzept aufgestellt und überprüft werden sowie bei dessen Nichtvorliegen nur bezogen auf einen bestimmten örtlichen Vergleichsraum eine Entscheidung aufgrund des WoGG erfolgen kann, noch ausreichend Rechnung getragen.

32

Zutreffenderweise hat das SG des Weiteren ein schlüssiges Konzept (vgl dazu insbesondere BSG vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30)des Beklagten zur Bestimmung der Netto-Kaltmiete und die Möglichkeit, ein solches aufgrund von Beweiserhebungen seitens des Gerichts zu ermitteln, verneint. Die Entwicklung eines schlüssigen Konzepts ist im Wesentlichen eine Aufgabe des beklagten Grundsicherungsträgers, und insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume müssen seitens der Gerichte keine unverhältnismäßig aufwändigen Ermittlungen durchgeführt werden, was sie aber andererseits nicht von nachvollziehbaren Darlegungen dazu entbindet, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten für den maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nicht entwickelt werden kann (vgl nur BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 16 mwN).

33

Das SG hat ausführlich begründet, wieso die vom Beklagten seiner Entscheidung zugrunde gelegten Unterkunftsrichtlinie und Überarbeitungshinweise nicht die Voraussetzungen für ein schlüssiges Konzept erfüllen, dass es den Beklagten erfolglos um ergänzende Angaben gebeten habe und auch eigene Ermittlungen keinen Erfolg gezeigte hätten. Dem sind die Beteiligten im Laufe des Revisionsverfahrens nicht entgegengetreten.

34

Daran anschließend hat das SG den abstrakt angemessenen Unterkunftsbedarf der Kläger nach § 8 WoGG und einem Sicherheitszuschlag von 10 % entgegen der Auffassung der Revision mit 379,50 Euro zutreffend ermittelt, weil der Wohnort der Kläger K und der gesamte Saale-Holzland-Kreis mit Ausnahme der sehr weit von K wegliegenden Kreisstadt E der Mietstufe 2 zugeordnet sind.

35

Soweit die Revision meint, schon für November 2008 sei auf das WoGG nF, das erst am 1.1.2009 in Kraft getreten ist, abzustellen, ist dafür keine Begründung zu erkennen.

36

b) Hinsichtlich der konkreten Angemessenheit enthält das Urteil des SG keine weitergehenden Ausführungen und keine speziellen Feststellungen, aufgrund deren die konkrete Angemessenheit des abstrakt angemessenen Unterkunftsbedarfs von 379,50 Euro bejaht werden kann.

37

Angesichts des Alters des Klägers zu 2 von sechs Jahren im strittigen November 2008 und seiner schweren Behinderung sowie der Alleinerziehung der Klägerin zu 1 sind hierzu jedoch Feststellungen notwendig. Gegen die konkrete Angemessenheit des niedrigeren, abstrakt angemessenen Unterkunftsbedarfs und die Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen können Gründe sprechen, die auch einem Umzug entgegenstehen wie Krankheit, Behinderung, Pflegebedürftigkeit, Rücksichtnahme auf schulpflichtige Kinder, Alleinerziehung (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 33 ff; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 33; BSG vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 30 f). Solche Gründe sind vorliegend gegeben und müssen im Hinblick auf die konkrete Angemessenheit näher geprüft werden.

38

6. Für das wiedereröffnete Verfahren vor dem SG ist auf Folgendes hinzuweisen:

39

a) Soweit die Revision das Vorliegen einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung in Frage stellt, kann dem nicht gefolgt werden, weil die Revision sich allein auf die zugrunde gelegte Wohnfläche von 60 m² bezieht, die nach dem oben Gesagten nicht zu beanstanden ist.

40

Ob die dem Bescheid vom 20.2.2006 seitens des Beklagten als Anlage beigefügte Belehrung über "Rechtsfolgen im Falle unangemessener Aufwendungen für Unterkunft und/oder Heizung" und die Mitteilung, den Klägern stände eine Kaltmiete einschließlich kalter Betriebskosten von 345 Euro plus Heizkosten und Warmwasserbereitung von 60 Euro, insgesamt also 405 Euro zu, den Anforderungen an eine wirksame Kostensenkungsaufforderung allgemein und für den November 2008 insbesondere genügt, kann mangels weiterer Feststellungen des SG nicht beurteilt werden.

41

Aus dem bloßen Zeitablauf kann wohl nichts hergeleitet werden, weil der Beklagte die Leistungsberechnung für die Kläger ab September 2006 nach dem als angemessen angesehenen Betrag von 405 Euro für Unterkunft und Heizung vorgenommen hat. Der Beklagte hat erkennbar gemacht, dass er an der Kostensenkungsaufforderung festhält. Hinsichtlich der Höhe der mitgeteilten Beträge bestehen keine Bedenken, weil die 345 Euro Bruttokaltmiete dem maßgeblichen Betrag aus der WoGG-Tabelle entsprechen und damit nicht offensichtlich unzureichend sind, um in K und Umgebung eine Wohnung zu finden

42

b) Ob die Kläger Anspruch auf den geltend gemachten weiteren Heizkostenbedarf von 5,87 Euro über den nach Auffassung des SG zu berücksichtigenden Bedarf von 76 Euro hinaus haben, kann ebenfalls nicht abschließend entschieden werden.

43

Zu Recht hat das SG zur Bestimmung des abstrakt angemessenen Heizkostenbedarfs, weil es vorliegend keinen kommunalen Heizspiegel gibt, den bundesweiten von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund und gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit erstellten Heizkostenspiegel und dessen rechte Spalte mit "zu hohen Kosten" zugrunde gelegt (vgl nur BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 23 mwN). Das SG hat den bundesweiten Heizkostenspiegel für den November 2008 auch zutreffend angewandt und für eine abstrakt angemessene Wohlfläche von 60 m², die in einem Gebäude mit einer gasbeheizten Wohnfläche von ca 710 m² liegt, einen Betrag von 76 Euro zutreffend errechnet (äußerst rechte Spalte mit 15,20 Euro je m² und Jahr, dividiert durch 12 multipliziert mit 60).

44

Ähnlich wie bei dem Unterkunftsbedarf sind seinem Urteil jedoch keine Feststellungen zur konkreten Angemessenheit dieses Wertes zu entnehmen, obwohl sie angesichts der festgestellten Besonderheiten angezeigt gewesen wären.

45

Das SG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Oktober 2012 aufgehoben und der Rechtstreit an das Sozialgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, soweit Aufhebungen und Erstattungen für den November und Dezember 2008 durch den Bescheid des Beklagten vom 11. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2009 und für den Oktober 2009 durch den Bescheid des Beklagten vom 10. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2010 im Streit stehen.

Im Übrigen wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Oktober 2012 geändert und der Bescheid des Beklagten vom 11. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2009 für den Oktober 2006 nur insoweit aufgehoben, wie der Bescheid vom 13. Mai 2006 für mehr als 167,87 Euro aufgehoben und erstattet verlangt werden.

Die weitergehende Revision des Beklagten wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Streitig sind die teilweise Aufhebung der für Unterkunft und Heizung bewilligten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und entsprechende Erstattungsforderungen wegen Betriebskostengutschriften für die Zeit vom 1.10.2006 bis zum 31.10.2009.

2

Die 1965 geborene Klägerin bezog seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie ist Mieterin einer Wohnung von etwa 60 m², für die sie nach Feststellung des Sozialgerichts (SG) eine Nettokaltmiete und Vorschüsse auf die kalten Betriebskosten von durchgängig monatlich 281,45 Euro bzw 77,72 Euro sowie Vorauszahlungen für die Heizung in Höhe von 60,00 Euro (bis August 2006), 76,00 Euro (September 2006 bis August 2007) bzw 72 Euro (September 2007 bis August 2008) zahlte; die Warmwasserbereitung erfolgte über die Erdgasheizung. Hierauf erbrachte das beklagte Jobcenter anteilige Leistungen in von ihm als angemessen angesehener Höhe (für Kaltmiete von November 2005 bis September 2009 monatlich 132,28 Euro und ab Oktober 2009 monatlich 281,25 Euro; für Heizung von Oktober 2005 bis Oktober 2008 monatlich 50,00 Euro und ab November 2008 monatlich 58,64 Euro; für die kalten Betriebskosten 77,72 Euro). Die der Klägerin ausgezahlten Erstattungen nach Abrechnung über die kalten Betriebskosten (336,82 Euro im September 2006; 281,02 Euro im September 2007; 427,71 Euro im Oktober 2008 sowie 317,29 Euro im September 2009) rechnete der Beklagte dagegen in vollem Umfang auf die in den Monaten nach Zufluss als Teil des Arbeitslosengelds II (Alg II) erbrachten Leistungen für Unterkunft und Heizung an und hob die Alg II-Bewilligung insoweit teilweise auf und setzte entsprechende Erstattungen fest (Bescheid vom 11.3.2009 sowie Widerspruchsbescheid vom 6.7.2009: Aufhebung für Oktober 2006 über 258,00 Euro, für November 2006 über 78,82 Euro, für Oktober 2007 über 258,00 Euro, für November 2007 in Höhe von 23,02 Euro sowie für November 2008 über 267,00 Euro und für Dezember 2008 in Höhe von 160,71 Euro; Bescheid vom 10.2.2010 sowie Widerspruchsbescheid vom 17.6.2010: Aufhebung für Oktober 2009 über 317,29 Euro).

3

Das SG hat die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 11.3.2009 und vom 10.2.2010 für die Monate November 2006, November 2007 und Dezember 2008 vollständig und unter Abweisung der weitergehenden Klagen im Übrigen teilweise aufgehoben, soweit die Aufhebungs- und Erstattungsbeträge für Oktober 2006 auf mehr als 161,85 Euro, für Oktober 2007 auf mehr als 122,05 Euro, für November 2008 auf mehr als 257,24 Euro und für Oktober 2009 auf mehr als 298,47 Euro festgesetzt waren (Urteil vom 23.10.2012). Betriebskostenerstattungen seien nach § 22 Abs 1 S 4 SGB II(in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706; im Folgenden: § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF; seit 1.1.2011 im Wesentlichen identisch: § 22 Abs 3 SGB II idF von Art 2 Nr 31 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, , BGBl I 453, im Folgenden: § 22 Abs 3 Halbs 1 SGB II nF) bei den tatsächlichen Aufwendungen eines Leistungsbeziehers für Unterkunft und Heizung und nicht nur bei dem Anteil zu berücksichtigen, auf den der Leistungsträger Leistungen erbracht hat. "Aufwendungen" seien nach § 22 Abs 1 SGB II ausschließlich die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Angesichts der tatsächlichen und durch die Leistungen des Beklagten nur teilweise gedeckten Mietaufwendungen der Klägerin verbleibe danach aus den Rückzahlungen für die Jahre 2006 bis 2008 in Höhe von 1045,55 Euro ein anzurechnender Betrag von 541,14 Euro und aus dem Guthaben von 317,29 Euro im Jahr 2009 ein berücksichtigungsfähiger Wert von 298,47 Euro; für eine weitergehende Aufhebung der Bescheide sei kein Raum.

4

Mit seiner vom SG zugelassenen und mit Zustimmung der Klägerin erhobenen Sprungrevision rügt der Beklagte die Verletzung von § 11 Abs 1 S 1, § 19 und § 22 Abs 1 S 4 SGB II in den jeweils bis 31.12.2010 geltenden Fassungen. Das Einkommen aus Betriebskostenerstattungen sei direkt auf die Geldleistungen des SGB II-Trägers für Unterkunft und Heizung anzurechnen, wie sich aus § 19 S 3 SGB II ergebe. Insoweit bestünden bei der Anrechnung von Betriebskostenguthaben zusätzlich zu den vom Bundessozialgericht (BSG) bereits benannten Besonderheiten (Verweis auf Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R - BSGE 110, 294 = SozR 4-4200 § 22 Nr 55, RdNr 14 ff mwN)keine Besonderheiten. Aufwendungen iS von § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF seien deshalb iS von "angemessene Aufwendungen" zu verstehen.

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Oktober 2012 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

6

Die Klägerin war im Revisionsverfahren nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision des Beklagten ist im Wesentlichen erfolglos. Zu Recht hat das SG entschieden, dass Betriebskostenerstattungen den anzuerkennenden Bedarf für Unterkunft und Heizung bei abgesenkten Leistungen für Unterkunft und Heizung nur anteilig mindern. Für eine den Rechtsstreit vollständig abschließende Entscheidung fehlt es indes zum Teil an ausreichenden Feststellungen des SG; insoweit ist die Revision im Sinne der Aufhebung des Urteils des SG und der Zurückverweisung an das SG begründet (§ 170 Abs 1 S 1, Abs 2 Sozialgerichtsgesetz). Im Übrigen ist die Revision - von rechnerischen Korrekturen in geringem Umfang abgesehen - hingegen unbegründet.

8

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist ausgehend von den Bescheiden des Beklagten und dem für beide Beteiligten teilweise positiven und teilweise negativen Urteil des SG nur noch hinsichtlich des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides des Beklagten vom 11.3.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.7.2009 dessen vollständige Aufhebung für November 2006 über 78,82 Euro, für November 2007 über 23,02 Euro, für Dezember 2008 über 160,71 Euro sowie die teilweise Aufhebung und Beschränkung der Erstattung für Oktober 2006 auf 161,85 Euro anstelle von 258,00 Euro, für Oktober 2007 auf 122,05 Euro anstelle von 258,00 Euro, für November 2008 auf 257,24 Euro anstelle von 267,00 Euro, sowie hinsichtlich des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides des Beklagten vom 10.2.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.6.2010 die teilweise Aufhebung und Beschränkung der Erstattung für Oktober 2009 auf 298,47 Euro anstelle von 317,29 Euro. Da sich nur der Beklagte mit der Revision gegen das beide Beteiligte beschwerende Urteil des SG wendet, darf das Revisionsgericht dieses Urteil nicht zu dessen Nachteil ändern (Verbot der reformatio in peius). Hieraus folgt, dass eine weitere Minderung des Aufhebungs- und Erstattungsbetrages über die aus der Entscheidung des SG sich ergebenden Beträge hinaus von vornherein nicht in Betracht kommt. In diesem Rahmen hat das Revisionsgericht den Sachverhalt jedoch unter allen möglichen Gesichtspunkten zu prüfen.

9

2. Der Sachentscheidung entgegenstehende prozessuale Hindernisse bestehen nicht. Insbesondere ist die Sprungrevision des Beklagten nicht deshalb unzulässig, weil der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der für sie die nach § 161 Abs 1 SGG erforderliche Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision erklärt hat, für das Revisionsverfahren nicht mandatiert und die Klägerin deshalb im Revisionsverfahren nicht vertreten war. Das berührt den Bestand der Zustimmung nicht, weil sie wirksam auch durch einen nur für die 1. Instanz beauftragten Rechtsanwalt erklärt werden kann (vgl BSG 9a. Senat Urteil vom 23.10.1985 - 9a RVs 5/84 - juris RdNr 11; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 161 RdNr 4c mwN). Die Klageerweiterung um die im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 10.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.6.2010 geregelte Aufhebung und Erstattung für Oktober 2009 ist gemäß § 99 Abs 1 SGG zulässig; die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Klage sind insofern ebenfalls erfüllt, insbesondere ist die Monatsfrist des § 87 Abs 1 SGG gewahrt.

10

3. Rechtsgrundlage der Aufhebungs- und Erstattungsbescheide ist § 40 Abs 1 SGB II(in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung aufgrund des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) iVm § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 und § 50 Abs 1 S 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), § 330 Abs 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF. Hiernach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach dessen Erlass Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Ein solches den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II minderndes Einkommen ist nach § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF auch die Erstattung von Betriebskostenguthaben. Danach galt: "Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten der Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten der Haushaltsenergie beziehen, bleiben insoweit außer Betracht." Demgemäß sind Guthaben oder Erstattungen aus Betriebskostenabrechnungen bei der Berechnung des Alg II als Einkommen zu berücksichtigen (stRspr, grundlegend BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R - BSGE 110, 294 = SozR 4-4200 § 22 Nr 55, RdNr 14 ff mwN; BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 159/11 R - juris RdNr 15; BSG Urteil vom 16.10.2012 - B 14 AS 188/11 R - BSGE 112, 85 = SozR 4-4200 § 11 Nr 55, RdNr 13).

11

4. Betriebskostenrückzahlungen mindern den Anspruch auf Alg II gemäß § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF nur dann mit dem vollen Rückzahlungsbetrag, wenn die Aufwendungen der Leistungsberechtigten für Unterkunft und Heizung durch den hierauf entfallenden Alg II-Anteil vollständig gedeckt waren. Wurden dagegen nur abgesenkte Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht, mindern Betriebskostenerstattungen den Alg II - Anspruch in dem bzw den folgenden Monat(en) nur um den Betrag, der nach ihrer Anrechnung auf die tatsächlich aufgebrachten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung - ohne Kosten der Warmwasserbereitung, soweit sie von der Regelleistung nach § 20 Abs 1 SGB II umfasst sind - verbleibt.

12

a) Zusätzlich zu den in der Rechtsprechung des BSG bereits aufgezeigten Besonderheiten der Berücksichtigung von Betriebskostenerstattungen als Einkommen (vgl insbesondere Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R - BSGE 110, 294 = SozR 4-4200 § 22 Nr 55, RdNr 14 ff mwN) trifft § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF eine die allgemeinen Vorschriften verdrängende Sonderregelung auch zu der Frage, nach welchem Modus und demnach in welcher Höhe den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnende Rückzahlungen und Guthaben sich mindernd auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung auswirken. Bis zur Einführung dieser Vorschrift waren entsprechende Zahlungen oder Gutschriften mindernd bei den nach dem SGB II zu erbringenden "Geldleistungen" in Ansatz zu bringen, und zwar zunächst bei denen der Agentur für Arbeit und dann denen der kommunalen Träger (§ 19 S 3 SGB II idF von Art 1 Nr 18 Buchst b des GSiFoG). Abgesehen von möglichen Absetzbeträgen nach § 11 Abs 2 SGB II aF(vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 37 zu § 19 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) erschien dies dem Gesetzgeber insbesondere wegen des Nachrangs zu Lasten der kommunalen Träger als unbillig. Hierauf hat er mit der Einführung von § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF reagiert und damit die Anrechnung von Betriebskostenerstattungen auf das Alg II von der allgemeinen Regel des § 19 SGB II gelöst und sie stattdessen dem Bedarfsermittlungsregime des § 22 SGB II unterstellt(zu den Motiven vgl BT-Drucks 16/1696 S 26 f; siehe auch Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 207 ff). In welcher Höhe dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnende Rückzahlungen und Guthaben den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mindern, bestimmt sich seither ausschließlich nach § 22 SGB II, zunächst nach § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF und seit dem 1.1.2011 nach § 22 Abs 3 SGB II nF. Demzufolge mindern Betriebskostenerstattungen abweichend von der allgemeinen Regel - nunmehr des § 19 Abs 3 S 1 SGB II idF des RBEG - nicht den nach anderen Vorschriften bestimmten Bedarf an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, sondern sie gehen nach Maßgabe der spezialgesetzlichen Anrechnungsbestimmung des § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF in die Bedarfsermittlung selbst - hier für Unterkunft und Heizung - ein.

13

b) Diese Anrechnungsbestimmung sieht ihrem Wortlaut nach eine direkte Minderung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung durch Betriebskostenerstattungen nicht vor. Gemindert durch Betriebskostenrückzahlungen und -guthaben nach § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF - ebenso nunmehr nach § 22 Abs 3 Halbs 1 SGB II nF - werden vielmehr ausschließlich die "Aufwendungen" für Unterkunft und Heizung. Demzufolge reduzieren Betriebskostenerstattungen den Bedarf für Unterkunft und Heizung nur in dem Maße, in dem die Minderung der "Aufwendungen" für Unterkunft und Heizung nach den Regularien des § 22 SGB II auf ihn durchschlägt. Diese Unterscheidung zwischen Aufwendungen und Bedarf ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht deshalb unbeachtlich, weil "Aufwendungen" iS von § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF als "angemessene Aufwendungen" iS von § 22 Abs 1 S 2 SGB II zu verstehen und deshalb mit dem Bedarf für Unterkunft und Heizung deckungsgleich seien. Dagegen spricht schon, dass bei einer solchen Regelungsabsicht unschwer unmittelbar die Minderung des Bedarfs durch Betriebskostenerstattungen hätte angeordnet werden können. Darüber hinaus überzeugt das auch dem Wortlaut nach nicht. Unter "Aufwendungen" werden schon nach allgemeinem Sprachgebrauch tatsächlich aufgebrachte Mittel oder Kosten zur Beschaffung von Gütern verstanden (vgl Brockhaus, Die Enzyklopädie, 20. Aufl 1996, Bd 2 Stichworte "Aufwand, Aufwendungen" und "aufwenden"; Duden, Das große Wörterbuch der Deutschen Sprache, 3. Aufl 1999, Bd 1, Stichwort "Aufwand"). Ebenso liegt es in einer Vielzahl von Vorschriften beim SGB II selbst, etwa in der bei Einführung von § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF geltenden Fassung in dessen § 6b Abs 2 S 1, § 11 Abs 2 Nr 7, § 23 Abs 3 S 6 oder § 46 Abs 1 S 1 sowie in § 22 in dessen Abs 1 S 3; immer sind die tatsächlichen Aufwendungen gemeint. Zielt eine Regelung dagegen auf etwas anderes, ist dies jeweils ausdrücklich kenntlich gemacht, wie durch die Umschreibung der Aufwendungen als "angemessen" oder "erforderlich" etwa in § 22 Abs 1 S 2 oder § 23 Abs 3 S 6 SGB II(in den Fassungen bei Inkrafttreten des GSiFoG). Ohne zusätzliches Attribut spricht daher bereits der Wortlaut dafür, als geminderte "Aufwendungen" ausschließlich die tatsächlichen Ausgaben für Unterkunft und Heizung zu verstehen.

14

c) Eine andere Auslegung wäre auch kaum praktikabel zu vollziehen. Nach seiner Verwaltungspraxis erachtet der Beklagte diejenigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als "angemessen" iS von § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF, die zuletzt als Teil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von ihm bewilligt worden sind. Das überzeugt indes nicht. Anders als der Beklagte möglicherweise meint, vermögen vorangegangene Bewilligungsentscheidungen für spätere Anrechnungsentscheidungen nach § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF bzw nunmehr nach § 22 Abs 3 Halbs 1 SGB II nF formal keine Bindung zu entfalten. Deshalb würde jede Entscheidung über anzurechnende Betriebskostenerstattungen eine erneute Prüfung der Angemessenheit der Kosten von Unterkunft und Heizung für die Vergangenheit erfordern. Das könnte im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft noch ohne erheblichen Zusatzaufwand möglich sein. Zusätzlich wäre nach der Rechtsauffassung des Beklagten aber noch die Angemessenheit der Aufwendungen für das Heizen zu prüfen. Wäre dem zu folgen, würde deshalb jede Anrechnung von Betriebskostenerstattungen die Ermittlung einer Gesamtangemessenheitsgrenze für Unterkunft und Heizung voraussetzen, was - wenn überhaupt - allenfalls mit erheblichem Verwaltungsaufwand leistbar wäre (vgl dazu nur BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 18 ff und zuletzt Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-4200 § 22 Nr 69 vorgesehen). Dass der Gesetzgeber eine solche Prüfungstiefe für die Anrechnung regelmäßig eher geringer Erstattungsbeträge hat anordnen wollen, ist schwerlich anzunehmen; auch das spricht dafür, Betriebskostenvorauszahlungen auf die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung anzurechnen und demzufolge die vom SGB II-Träger zu erbringenden Leistungen nur um den Betrag zu mindern, der hiernach noch verbleibt.

15

d) Dem steht auch der Regelungszweck des § 22 Abs 1 S 4 SGB II nicht entgegen. Hiernach sollen den kommunalen Trägern Guthaben zugutekommen, die wesentlich mit ihren Beiträgen aufgebaut worden sind (BT-Drucks 16/1696 S 26). Dazu bedient sich die Regelung aber einer typisierenden Ausgestaltung, die auf die Aufbringung der Mittel im Einzelnen nicht abstellt, wie der 4. Senat des BSG bereits entschieden hat; von wem konkret die Betriebskostenvorauszahlung in der Vergangenheit aufgebracht worden ist und auf wen demgemäß der zurückerstattete Betrag entfällt, ist für die Anrechnung ohne Bedeutung (BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 139/11 R - BSGE 110, 294 = SozR 4-4200 § 22 Nr 55, RdNr 19). Bei abgesenkten Leistungen für Unterkunft und Heizung ist das regelmäßig auch nicht feststellbar, weil kalte Betriebskosten und Nettokaltmiete Berechnungselemente einer einheitlichen Angemessenheitsprüfung sind (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 36) und demzufolge bei einer nur teilweisen Übernahme der Kosten von Unterkunft und Heizung nicht ausweisbar ist, welcher Anteil der kalten Betriebskosten vom Grundsicherungsträger getragen worden und welcher bei den Leistungsbeziehern verblieben ist. Ist in solchen Fällen ein Teil der Betriebskostenerstattungen wirtschaftlich regelmäßig den Leistungsberechtigten selbst zuzuordnen, so kann die Anrechnung auf ihre tatsächlichen Unterkunftsaufwendungen unproblematisch als Ausgleich dafür angesehen werden, dass die partielle Übernahme der Vorauszahlungen auf die Betriebskosten in der Vergangenheit für die Anrechnung nach § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF ansonsten unbeachtlich ist.

16

e) Nicht den tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iS von § 22 Abs 1 S 4 SGB II zuzurechnen sind hingegen - anders als es das SG seiner Berechnung zu Grunde gelegt hat - die Kosten der Warmwasserbereitung, soweit sie von der Regelleistung nach § 20 Abs 1 SGB II(in den Fassungen bis zur Änderung durch das RBEG) umfasst sind. In diesem Umfang war vom Gesetzgeber bis zur Novellierung des § 20 SGB II durch das RBEG in die Regelleistung nach § 20 SGB II aF ein Anteil für die Kosten der Warmwasserbereitung eingestellt(vgl dazu grundlegend BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5, RdNr 21 ff). Soweit die Warmwasserbereitung - wie hier - über eine zentrale und getrennt abgerechnete Beheizung erfolgt, sind deshalb die nach § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF wegen einer Betriebskostenerstattung zu mindernden Aufwendungen für Heizung jeweils um den Anteil zu kürzen, der in der Regelleistung für die Bereitung von Warmwasser enthalten ist.

17

5. Von diesen Grundsätzen ausgehend erweist sich die Revision des Beklagten im Wesentlichen als unbegründet.

18

a) Keine abschließende Entscheidung ist dem Senat möglich, soweit die Anrechnung von Betriebskostenerstattungen auf die Alg II-Leistungen für die Monate November und Dezember 2008 sowie für Oktober 2009 in Rede steht. Da das SG ausdrückliche Feststellungen zu den tatsächlichen Heizkostenvorauszahlungen der Klägerin nur für den Zeitraum bis August 2008 getroffen hat und auch die weiteren Betragsangaben zur "tatsächlichen Miete" für die nachfolgenden Monate insoweit keinen sicheren Rückschluss erlauben, besteht für eine Anrechnung der Betriebskostenrückzahlungen im Oktober 2008 und September 2009 nach den dargelegten Maßstäben auf die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iS von § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF keine ausreichende Grundlage.

19

b) Abschließend, in der Sache aber nur teilweise erfolgreich ist die Revision des Beklagten, soweit das SG für den Monat Oktober 2006 den Bescheid des Beklagten vom 11.3.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.7.2009 hinsichtlich der den Betrag von 161,85 Euro übersteigenden Summe aufgehoben hat. Unter Absetzung des in der Regelleistung enthaltenen Anteils für die Warmwasserbereitung - wie ausgeführt - in Höhe von 6,22 Euro (vgl BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5, RdNr 24)ergibt sich insoweit ein aufzuhebender bzw zu erstattender Betrag von 167,87 Euro, ausgehend nämlich von einer Betriebskostenrückzahlung von 336,82 Euro und tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iS von § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF in Höhe von 428,95 Euro (281,45 Euro Kaltmiete + 77,72 Euro kalte Betriebskosten + 76,00 Euro Heizkosten - 6,22 Euro Warmwasserbereitung = 428,95 Euro) und einem demzufolge verbliebenen ungedeckten Bedarf im Oktober 2006 von 92,13 Euro (428,95 Euro - 336,82 Euro = 92,13 Euro) und bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung von 260,00 Euro (260,00 Euro - 92,13 Euro = 167,87 Euro).

20

c) Ohne Erfolg bleibt die Revision dagegen in Bezug auf die Monate November 2006, Oktober und November 2007. Insoweit verbleiben im Ergebnis ungeachtet des zu Lasten der Klägerin anzusetzenden Betrages für die Warmwasserbereitung in den Monaten November 2006 und 2007 schon im Ansatz keine weiteren anzurechnenden Restbeträge aus den im September 2006 und 2007 zugeflossenen Betriebskostenerstattungen; das hat das SG zutreffend ausgeführt. Auch für Oktober 2007 ergeben sich keine Änderungen, weil der Aufhebungs- und Erstattungsbetrag auch unter Berücksichtigung der Kosten für die Warmwasserbereitung in Höhe von 6,26 Euro (vgl BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5, RdNr 25)nur bei 116,11 Euro und damit nicht über dem vom SG ausgeurteilten Betrag von 122,05 Euro liegt. Ausgehend von einer Betriebskostenrückzahlung von 281,02 Euro und tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung iS von § 22 Abs 1 S 4 SGB II aF in Höhe von 424,91 Euro (281,45 Euro Kaltmiete + 77,72 Euro kalte Betriebskosten + 72,00 Euro Heizkosten - 6,26 Euro Warmwasserbereitung = 424,91 Euro) und einem demzufolge verbliebenen ungedeckten Bedarf von 143,89 Euro (424,91 Euro - 281,02 Euro = 143,89 Euro) beläuft sich die Überzahlung des Beklagten bei bewilligten Leistungen von 260,00 Euro für Oktober 2007 auf 116,11 Euro (260,00 Euro - 143,89 Euro = 116,11 Euro). Da das SG dem Beklagten einen Betrag von 122,05 Euro zugesprochen hat und dies auf dessen Revision zu seinen Lasten nicht zu korrigieren ist, verbleibt es insoweit auch unter Berücksichtigung der Kosten für die Warmwasserbereitung bei dieser Summe.

21

6. Das SG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Schulden können nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.

(2) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe oder der Stelle, die von ihm zur Wahrnehmung der in Absatz 1 bestimmten Aufgaben beauftragt wurde, unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung sowie
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit des Mieters beruht. Die übermittelten Daten dürfen auch für entsprechende Zwecke der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt und in der Verarbeitung eingeschränkt werden.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen behördliche und gerichtliche Entscheidungen, die einen Anspruch der Beschwerdeführerin auf vollständige Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung verneinten, sowie mittelbar gegen § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

2

1. Die Regelungen zur Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung in § 22 SGB II wurden durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I S. 2954) mit Wirkung zum 1. Januar 2005 eingeführt. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, der sich seitdem inhaltlich nicht verändert hat, lautet seit 1. Januar 2011: "Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind."

3

Die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in einer mehrstufigen Einzelfallprüfung zu ermitteln. Sie errechnet sich aus dem Produkt von angemessener Wohnfläche und dem angemessenen Mietzins pro Quadratmeter ("Produkttheorie"); Maßstab für den angemessenen Mietzins seien "Wohnungen mit bescheidenem Zuschnitt" im Vergleichsraum (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R -, juris, Rn. 24; Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R -, juris, Rn. 13 m.w.N.). Das Bundessozialgericht gibt jedoch keine bestimmte Methode vor, nach der die kommunalen Grundsicherungsträger die Daten über das Mietpreisniveau zu ermitteln haben. Es hat insoweit Mindestanforderungen definiert, die sicherstellen sollen, dass die ermittelten Daten die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes tatsächlich wiedergeben. Eine Datenermittlung, die diese Mindestanforderungen erfüllt, wird als "schlüssiges Konzept" bezeichnet (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, juris, Rn. 18 f.; Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R -, juris, Rn. 20). Ist kein schlüssiges Konzept erstellt worden und kann dies auch nicht nachgeholt werden, zieht das Bundessozialgericht die Tabellenhöchstwerte nach dem Wohngeldgesetz heran (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, juris, Rn. 27), wobei es diese um einen abstrakt-generellen Sicherheitszuschlag von 10 % erhöht (BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 4 AS 16/11 R -, juris, Rn. 22; Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R -, juris, Rn. 30).

4

2. Die Beschwerdeführerin bewohnt seit 1985 alleine eine 77 qm große Dreizimmerwohnung in Freiburg. Seit 2005 bezieht sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch. Das Jobcenter übernahm zunächst die vollen Kosten der Unterkunft und Heizung. Ab August 2005 teilte es der Beschwerdeführerin mehrfach mit, die Mietkosten seien unangemessen hoch.

5

3. Erstmals für den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 31. März 2009 übernahm das Jobcenter die Kosten der Unterkunft und Heizung nur teilweise. Die tatsächliche monatliche Gesamtmiete betrug damals 642 € bei einer Kaltmiete von 497 €; das Jobcenter bewilligte für Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich 439 €, davon für die Kaltmiete 290 € im Monat.

6

Nach erfolglosem Widerspruch erhob die Beschwerdeführerin dagegen Klage beim Sozialgericht. Das Jobcenter gab daraufhin ein Teilanerkenntnis ab und übernahm ab November 2008 einen zusätzlichen monatlichen Betrag von knapp 15 €. Die verbleibende Klage wies das Gericht ab. Die Berufung der Beschwerdeführerin wies das Landessozialgericht zurück. Der herangezogene qualifizierte Mietspiegel könne Grundlage eines schlüssigen Konzepts für die Ermittlung der Vergleichsmiete sein. Die vom Jobcenter zugrunde gelegte Miethöhe und die sich daraus ergebende Obergrenze für einen Einpersonenhaushalt entspreche dem Mietniveau im unteren Segment des Wohnungsmarktes für Wohnungen dieser Größe am Wohnort der Beschwerdeführerin. Leistungsberechtigten seien Wohnungen mit überwiegend einfacher Bodenausstattung - und damit einem Abschlag in Höhe von 6 % -, ohne Gegensprechanlage und Türöffner - mit einem Abschlag in Höhe von 4 % - und an Durchgangsstraßen - mit einem Abschlag in Höhe von 5 % - zumutbar.

7

Auf die Revision der Beschwerdeführerin hob das Bundessozialgericht das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zurück. Das Vorgehen des Landessozialgerichts zur Bestimmung der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung sei grundsätzlich nicht zu beanstanden. Es sei aber zweifelhaft, ob die vorgenommenen Abschläge geeignet seien, um dem angemessenen einfachen, im unteren Marktsegment liegenden Wohnungsstandard Rechnung zu tragen.

8

In der Folge verurteilte das Landessozialgericht aufgrund eines Teilanerkenntnisses das Jobcenter, für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2008 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 487 € und von Januar bis März 2009 in Höhe von 503 € zu zahlen. Im Übrigen wies es die Berufung zurück. Das Teilanerkenntnis beruhe darauf, dass es bei der Neuberechnung auf die Abschläge verzichtet habe, die in der Revisionsentscheidung beanstandet worden seien. Darüber hinaus sei die Berechnung jedoch nicht zu beanstanden gewesen. Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde blieb erfolglos.

9

4. Auch im Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis zum 31. März 2011 übernahm das Jobcenter die Kosten der Unterkunft und Heizung nur teilweise. Die tatsächliche monatliche Gesamtmiete hatte sich zwischenzeitlich auf 706 € erhöht, wobei 524 € auf die Kaltmiete entfielen. Das Jobcenter bewilligte als angemessene Gesamtmiete 461 €, da der Höchstsatz für eine angemessene Kaltmiete in Freiburg 305 € betrage. Im von der Beschwerdeführerin angestrengten Klageverfahren änderte das Jobcenter den Bescheid und gewährte für den Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2010 Leistungen für eine Kaltmiete in Höhe von 354 € und vom 1. Januar bis zum 31. März 2011 in Höhe von 364 €. Die weitergehende Klage der Beschwerdeführerin auf vollständige Kostenübernahme wies das Sozialgericht ab. Berufung und Nichtzulassungsbeschwerde blieben erfolglos.

10

5. Die Beschwerdeführerin macht mit ihrer Verfassungsbeschwerde geltend, in ihrem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG verletzt worden zu sein. Es sei bislang nicht geklärt, ob § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II den vom Bundesverfassungsgericht seit 2010 entwickelten Vorgaben an die Ausgestaltung des Anspruchs auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums genüge. Dies sei zu verneinen. Die gesetzliche Regelung einer Beschränkung der Übernahme der Kosten der Unterkunft, "soweit diese angemessen sind", sei nicht ausreichend bestimmt. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könne das nicht kompensieren, denn die Ausgestaltung des grundrechtlichen Leistungsanspruchs obliege dem Gesetzgeber. Zudem weise die Rechtsprechung inhaltliche Mängel auf. Das vom Bundessozialgericht geforderte schlüssige Konzept werde von vielen Landkreisen wegen des damit verbundenen Aufwands gar nicht erstellt. Weshalb dann die Wohngeldtabelle ein geeigneter Ausgangspunkt zur Bestimmung der angemessenen Kosten sei, habe das Bundessozialgericht nicht begründet. Das Beispiel der Stadt Freiburg verdeutliche, dass die sich ergebende Summe teilweise geringer sei als jene auf Grundlage eines schlüssigen Konzepts.

II.

11

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat weder nach § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

12

1. Soweit gerügt wird, die Heranziehung der Wohngeldtabellenwerte sei nicht tragfähig begründet, ist eine Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin nicht möglich. Die der Beschwerdeführerin zu erstattenden Kosten der Unterkunft sind nicht durch Verwendung von Tabellenwerten, sondern auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts ermittelt worden.

13

2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch im Übrigen nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Rügen hinsichtlich einer Verfassungswidrigkeit der Regelung zur Erstattung der Kosten der Unterkunft und Heizung in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht durchgreifen. Die Vorschrift genügt der aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG folgenden Pflicht des Gesetzgebers, einen konkreten gesetzlichen Anspruch zur Erfüllung des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum zu schaffen. Es ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber keinen Anspruch auf unbegrenzte Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung normiert hat.

14

a) Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG gewährleistet das gesamte Existenzminimum einer Person durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie (vgl. BVerfGE 125, 175 <223>). Dazu gehört das physische Existenzminimum, zu dessen Sicherung die Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu decken sind. Das Grundgesetz selbst gibt insoweit keinen exakt bezifferten Anspruch auf Sozialleistungen vor (vgl. BVerfGE 125, 175 <225 f.>; 132, 134 <165 Rn. 78>). Die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss aber durch ein Gesetz gesichert sein, das einen konkreten Leistungsanspruch enthält (BVerfGE 125, 175 <223>; 132, 134 <160 Rn. 65>); der parlamentarische Gesetzgeber muss den Leistungsanspruch in Tatbestand und Rechtsfolge konkretisieren (BVerfGE 125, 175 <224>; 132, 134 <161 Rn. 67>). Dies schließt die Verwendung unbestimmter, konkretisierungsbedürftiger Begriffe nicht aus, solange sich der Regelungsgehalt der Norm mit den üblichen Auslegungsmethoden und insbesondere aufgrund des systematischen Regelungszusammenhangs bestimmen lässt (vgl. BVerfGE 102, 254 <337>). Die Anforderungen an den Grad der Bestimmtheit einer Norm sind dabei auch von der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und dem Normzweck abhängig (vgl. BVerfGE 49, 168 <181>; 128, 282 <317>; stRspr).

15

b) Die Ausgangsverfahren betreffen Bewilligungszeiträume vor der Einführung der an § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anknüpfenden Regelungen in §§ 22a bis c SGB II. Auch damals war der Leistungsanspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung jedoch hinreichend gesetzlich normiert. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

16

aa) Die Begrenzung der Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung durch das Tatbestandsmerkmal der Angemessenheit lässt sich durch Auslegung hinreichend konkretisieren. Aus § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II folgt, dass für die Angemessenheit die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind. Es ist also der konkrete Bedarf der Leistungsberechtigten einzelfallbezogen zu ermitteln. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfolgt damit anders als § 20 SGB II im Ausgangspunkt einen Individualisierungsgrundsatz. Was angemessen ist, kann des Weiteren in Anknüpfung an die sozialhilferechtliche Vorgängerregelung bestimmt werden, an die der Gesetzgeber mit § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anschließen wollte (vgl. BTDrucks 15/1516, S. 57). In Fortführung der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1996 - 5 C 4/95 -, juris, Rn. 14) stellt das Bundessozialgericht auf die im unteren Preissegment für vergleichbare Wohnungen am Wohnort der Leistungsberechtigten marktüblichen Wohnungsmieten ab (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R -, juris, Rn. 24; Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R -, juris, Rn. 13 m.w.N.).

17

Die Regelung zur Angemessenheit war in der hier maßgeblichen Fassung der Norm auch insoweit hinreichend bestimmt, als der Gesetzgeber zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgegeben hatte, wie die marktüblichen Wohnungsmieten zu ermitteln sind. Der zu ordnende Lebenssachverhalt ist von so unterschiedlichen Faktoren bestimmt, dass die Vorgabe angemessener Kostenerstattung als hinreichend bestimmt anzusehen ist. So muss die Ermittlung der marktüblichen Wohnungsmieten zur Bestimmung des Betrages, der eine menschenwürdige Existenz hinsichtlich dieser Bedarfe tatsächlich sichert, immer die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigen. Dabei ist die Heterogenität des jeweils lokal unterschiedlichen Wohnungsmarktes ebenso zu beachten wie die Tatsache, dass zu den Kosten der Unterkunft regional in unterschiedlichem Maße belastbare Informationen vorliegen. Das stellt auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum "schlüssigen Konzept" in Rechnung, die zudem den erheblichen Ermittlungsaufwand und die praktischen Probleme bei der Ermittlung der marktüblichen Wohnungsmieten verdeutlicht. Vor diesem Hintergrund durfte sich der Gesetzgeber darauf beschränken, die Deckung eines existenzsichernden Bedarfs durch den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit zu gewährleisten, um so der Vielfältigkeit der betroffenen Lebenssachverhalte gerecht zu werden. Das schließt eine weitere Konkretisierung des Leistungsanspruchs oder eine andere Methode zur Bestimmung der Höhe der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht aus.

18

Dem Ziel der Konkretisierungspflicht, dass Normadressaten sich auf Entscheidungen der Verwaltung einstellen können (vgl. BVerfGE 118, 168 <186> m.w.N.), ist verfahrensrechtlich Rechnung getragen worden. Die Reduzierung der Leistung auf die angemessenen Kosten der Unterkunft setzt eine vorherige Aufforderung voraus, sich binnen einer angemessenen Frist eine neue Unterkunft zu suchen. Aus der Aufforderung muss konkret ersichtlich sein, welchen Mietpreis der Leistungsträger als angemessen erachtet (BSG, Urteil vom 1. Juni 2010 - B 4 AS 78/09 R -, juris, Rn. 14 f.; stRspr).

19

bb) Die hier geltend gemachten Einwände gegen die Begrenzung der Übernahme auf angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung greifen auch im Hinblick auf die Höhe des Leistungsanspruchs verfassungsrechtlich nicht durch. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist insoweit entscheidend, dass die Untergrenze eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht unterschritten wird, die gesetzlichen Regeln also tatsächlich eine menschenwürdige Existenz sichern (vgl. BVerfGE 125, 175 <225 f.>; 132, 134 <165 f. Rn. 79>; 137, 34 <73 f. Rn. 77>). Danach ist die Begrenzung auf angemessene Kosten in § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II nicht zu beanstanden. Zwar handelt es sich bei den Kosten für Unterkunft und Heizung um eine der grundrechtsintensivsten Bedarfspositionen, denn sie betreffen die grundlegende Wohn- und Lebenssituation eines Menschen (vgl. BVerfGE 125, 175 <223>; 132, 134 <160 Rn. 64>). Doch ergibt sich daraus keine Verpflichtung, jedwede Unterkunft im Falle einer Bedürftigkeit staatlich zu finanzieren und insoweit Mietkosten unbegrenzt zu erstatten. Die grundrechtliche Gewährleistung bezieht sich nur auf das Existenzminimum.

20

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

21

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 27. August 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägern ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes unter Berücksichtigung höherer Unterkunftskosten für die Monate März und April 2012 und dabei insbesondere über die Höhe der zu berücksichtigenden Bedarfe für Unterkunft.

2

Die am 1972 geborene Klägerin zu 1. bezog gemeinsam mit ihren 3 Kindern, der am 1999 geborenen Klägerin zu 2., dem 2002 geborenen Kläger zu 3. und der am 1997 geborenen Klägerin zu 4. beim Beklagten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

3

Die Kläger bewohnten im streitgegenständlichen Zeitraum und bewohnen noch heute eine 79,65 qm große Wohnung in H., einer ca. 3.200 Einwohner zählenden Gemeinde, die bis zum 31. Dezember 2016 dem Amt M. angehörte und seit 1. Januar 2017 dem Amt G. und M. S. angehört. Die monatliche Nettokaltmiete für die Wohnung betrug im streitigen Zeitraum 570,00 EUR; es waren Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von monatlich 80,00 EUR und Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von monatlich 120,00 EUR zu leisten. Insgesamt betrug die monatliche Bruttokaltmiete im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum 650,00 EUR.

4

Mit Schreiben vom 28. April 2011 wies der Beklagte die Kläger auf die Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten hin und forderte sie zur Kostensenkung auf.

5

Mit Bescheid vom 7. Mai 2012 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Monat März 2012 in Höhe von 1003,02 EUR und für den Monat April in Höhe von 997,87 EUR. Dabei berücksichtigte der Beklagte neben den Regelbedarfen und einem Mehrbedarf für Alleinerziehende zugunsten der Klägerin zu 1. auch Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 674,78 EUR. Diese setzten sich zusammen aus einer anerkannten Bruttokaltmiete von 580,00 EUR und anerkannten Heizkosten in Höhe von 94,78 EUR. Auf die Bedarfe rechnete der Beklagte das um Freibeträge bereinigte Einkommen der Klägerin zu 1. aus abhängiger Beschäftigung, das Kindergeld für die Kläger zu 2. bis 4. und Unterhaltsvorschuss für den Kläger zu 3. an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bewilligungsbescheid Bezug genommen.

6

Den gegen diesen Bescheid am 7. Juni 2012 erhobenen, nicht inhaltlich begründeten Widerspruch der Kläger wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 2012 als unbegründet zurück. Der Bescheid entspreche den gesetzlichen Bestimmungen.

7

Mit ihrer dagegen am Montag, den 13. August 2012, beim Sozialgericht Itzehoe erhobenen Klage haben die Kläger geltend gemacht, gegen den Beklagten Anspruch auf Berücksichtigung der vollen Miete in Höhe von 650,00 EUR bruttokalt zzgl. Heizkosten zu haben. Die Mietwerterhebungen des Beklagten genügten nicht den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept. Deshalb sei die Wohngeldtabelle ergänzend heranzuziehen. Bei Zugrundelegung der Mietstufe IV ergebe sich für 4-Personenhaushalte ein Wert von 600,00 EUR, der noch um einen zehnprozentigen Sicherheitszuschlag zu erhöhen sei. Die sich so ergebende Angemessenheitsgrenze von 660,00 EUR bruttokalt liege oberhalb der tatsächlichen Aufwendungen.

8

Mit Urteil vom 27. August 2015 hat das Sozialgericht der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, den Klägern unter Abänderung der angefochtenen Bescheide höhere Leistungen unter Berücksichtigung einer Bruttokaltmiete in Höhe von 608,00 EUR zzgl. Heizkosten zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

9

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die vom Beklagten festgesetzte Angemessenheitsgrenze von 580,00 EUR bruttokalt schon deshalb nicht auf einem schlüssigen Konzept beruhe, weil der vom Beklagten gebildete, für die Beurteilung der Angemessenheit maßgebende Vergleichsraum höchstrichterlichen Anforderungen nicht standhalte. Als Vergleichsmaßstab sei im Ausgangspunkt die Miete am Wohnort heranzuziehen. Bei kleineren Gemeinden seien aber auch größere räumliche Bereiche in Betracht zu ziehen. Zwar sei insoweit die Wahl eines gesamten Kreisgebiets nicht generell ausgeschlossen. Die im Auftrag des Beklagten erstellte Clusteranalyse zeige aber gerade die Heterogenität des Wohnungsmarktes und der damit verbundenen Preisstruktur innerhalb des Kreises Pinneberg auf, der deshalb keinen einheitlichen Vergleichsraum bilden könne. Vielmehr sei im Ausgangspunkt an die vom Beklagten gebildeten Wohnungsmarkttypen anzuknüpfen. Bei der Bildung dieser Wohnungsmarkttypen habe der Beklagte aber in zu beanstandender Weise außer Acht gelassen, dass das Kreisgebiet durch ein Speckgürtelphänomen zur benachbarten Metropole Hamburg geprägt sei, wodurch sich das südliche Kreisgebiet – auch was die Anbindung an die regionale Infrastruktur anbelange – deutlich vom eher ländlich geprägten nördlichen Kreisgebiet abhebe. Deshalb könnten auch nicht alle Gemeinden und Ämter des vom Beklagten beschriebenen Wohnungsmarkttyps 1 als für die Gemeinde H. relevanter Vergleichsraum zugrunde gelegt werden, sondern allein die südlichen Gemeinden und Ämter unter Ausschluss der nördlichen Ämter H. und R. sowie der Stadt B.. Unter Berücksichtigung der vom Beklagten erhobenen Datengrundlage und in Anwendung der vom Dienstleister des Beklagten erarbeiteten und im Übrigen schlüssig begründeten Methodik ergebe sich für den so verkleinerten Wohnungsmarkttyp 1 ein Angemessenheitsrichtwert von 608,00 EUR bruttokalt. Soweit die Kläger noch höhere Leistungen begehrten, könnten sie diese auch nicht nach Maßgabe des § 22 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) verlangen, weil sie zur Kostensenkung aufgefordert worden seien, die Regelübergangsfrist abgelaufen sei und keine Gründe dargelegt worden seien, die die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Kostensenkung begründeten. Namentlich reiche die pauschale Behauptung mangelnder Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums dafür nicht aus.

10

Das Sozialgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugelassen.

11

Gegen dieses den Klägern am 13. Oktober 2015 und dem Beklagten am 9. Oktober 2015 zugestellte Urteil haben der Beklagte am 9. November 2015 und die Kläger am 13. November 2015 Berufung eingelegt.

12

Zur Begründung nehmen die Kläger auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug. Zu Unrecht habe der Beklagte das gesamte Kreisgebiet als einheitlichen Vergleichsraum zugrunde gelegt. Aber auch die Korrekturen des Sozialgerichts erwiesen sich als rechtsfehlerhaft. Im Übrigen seien formelle Fehler zu rügen. So habe es an einer wirksamen Bekanntgabe des schlüssigen Konzepts durch den Beklagten gefehlt. Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung seien bekannt zu machen eine selektive, erläuternde Wiedergabe ihres Inhalts sei nicht ausreichend.

13

Das in der mündlichen Verhandlung am 31. Januar 2017 abgegebene Teilanerkenntnis des Beklagten dahingehend, für den streitigen Zeitraum Bedarfe für Heizung in Höhe von monatlich 120,00 EUR zu berücksichtigen, haben die Kläger angenommen und beantragen darüber hinaus,

14
1. das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 27. August 2015 und den Bescheid  des Beklagten 7. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2012 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen für den Zeitraum 1. März 2012 bis 30. April 2012 höhere Leistungen unter Berücksichtigung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 770,00 EUR zu gewähren,
15
2. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
16

Der Beklagte beantragt,

17
1. das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 27. August 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
18
2. die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
19

Er ist der Auffassung, dass sein auf Grundlage von Mietwerterhebungen 2011 erstelltes Konzept zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht.

20

Zur Vorbereitung auf den Termin am 30. und 31. Januar 2017 hat der Senat dem Beklagten mit Verfügung vom 17. Januar 2017 aufgegeben, auf der Datengrundlage für die „Mietwerterhebung zur Ermittlung der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg 2011“ zu berechnen, auf welches Perzentil der Bestandsmieten jeweils bezogen auf Wohnungsmarkttyp und Wohnungsgröße iterativ hochgegangen werden müsse, damit der Anteil der Angebotsmieten, die kleiner bzw. gleich dem sich daraus errechneten Nettoquadratmeterpreis (Bestandsmieten) liegen, mindestens 10 % und der Anteil der Neuvertragsmieten, die

21

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 30. und 31. Januar 2017 Beweis erhoben durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen M. K.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 126 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.

22

Die die Klägern betreffenden Akten haben dem Senat vorgelegen. Auf ihren Inhalt wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands Bezug genommen. Außerdem haben vorgelegen

23
die Mietwerterhebung zur Ermittlung der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg, Endbericht, Januar 2011, des Kreises Pinneberg, Fachdienst Soziales, A. & K., B.gesellschaft für W., I. und T. mbH, G. Str., H. (Anlage 1 zur Niederschrift des Senats vom 30./31. Januar 2017),
24
die Indexfortschreibung zur Mietwerterhebung der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg (Stand 30. Oktober 2012) des Kreises Pinneberg, Der Landrat, Fachdienst Soziales – Beratungs- und Prüfteam (Anlage 2 zur Niederschrift des Senats vom 30./31. Januar 2017),
25
das Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft im Kreis Pinneberg, Bericht Januar 2015, des Kreises Pinneberg, Fachdienst Soziales, A. & K., B.gesellschaft für W., I. und T. mbH, G. Str., H. (Anlage 3 zur Niederschrift des Senats vom 30./31. Januar 2017),
26
die Senatsanfrage vom 17. Januar 2017 nebst Stellungnahme und ergänzende Berechnung vom 23. Januar 2017 von A. & K., B.gesellschaft für W., I. und T. mbH, G. Str., H. (Anlage 4 zur Niederschrift des Senats vom 30./31. Januar 2017),
27
die am 31. Januar 2017 im Termin von dem Zeugen K. nachgereichte Tabelle zu den Bestandsmieten vor Extremwertkappung (Anlage 5 zur Niederschrift des Senats vom 30./31. Januar 2017) und
28
 die Niederschrift über den Verhandlungstermin der 10. Kammer vom 9. April 2014 in den Verfahren S 10 AS 31/12, S 10 AS 1781/12, S 10 AS 1791/12 mit den entsprechenden Anlagen und Anfrage Sozialgericht Itzehoe, Mai 2014, A. & K., B.gesellschaft für W., I. und T. mbH, G. Str., H. (Anlage 6 zur Niederschrift des Senats vom 30./31. Januar 2017).
29

Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung geworden. Die Beteiligten haben erklärt, dass ihnen diese Unterlagen bekannt sind, bzw. sie haben Abschriften erhalten.

Entscheidungsgründe

30

Während die Berufung der Kläger zurückzuweisen ist, hat die Berufung des Beklagten Erfolg.

31

A. Die Berufungen sind zulässig. Sie sind form- und fristgerecht erhoben worden. Sie sind – obwohl die Wertgrenze des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von 750,00 EUR jeweils deutlich unterschritten ist – statthaft, weil das Sozialgericht die Berufung im Tenor seiner Entscheidung zugelassen hat.

32

B. Die Berufung des Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und vollumfänglichen Abweisung der Klage. Dementsprechend muss die Berufung der Kläger erfolglos bleiben.

33

I. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) statthafte, form- (§ 90 SGG) und fristgerecht (§ 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG) erhobene und auch im Übrigen zulässige Klage für teilweise begründet erachtet. Der angefochtene Bescheid vom 7. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juli 2012 ist rechtmäßig und beschwert die Kläger nicht. Sie haben für den streitgegenständlichen Zeitraum 1. März 2012 bis 30. April 2012 gegen den Beklagten keinen Anspruch auf höhere als die ihnen bereits bewilligten Leistungen.

34

Die Kläger erfüllen die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen (dazu unter II.), sie haben Aufwendungen für Unterkunft in Höhe von 650,00 EUR (dazu unter III.1.), die jedoch nur in Höhe von 580,00 EUR angemessen sind (dazu unter III.2.). Der Beklagte hat die Mietobergrenzen unter Berücksichtigung der Wohnflächengrenzen (dazu unter III.3.) für den relevanten Vergleichsraum (dazu unter III.4.) grundsätzlich auf Grundlage eines schlüssigen Konzepts (dazu unter III.5.) ermittelt und dabei quadratmeterbezogene Angemessenheitsrichtwerte für die Nettokaltmiete (dazu unter III.6.) und die kalten Betriebskosten (dazu unter III.7) zugrunde gelegt, die nach Modifikationen durch den Senat den für Empfänger existenzsichernder Leistungen in Betracht zu ziehenden Wohnungsmarkt realitätsgerecht abbilden. Die von den Klägern beanstandete unzureichende öffentliche Bekanntgabe des Konzepts steht der Begrenzung der Unterkunftskosten auf das danach angemessene Niveau nicht entgegen (dazu unter III.9). Den Klägern steht die Berücksichtigung höherer Leistungen auch nicht nach Maßgabe des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II (befristeter Bestandsschutz) zu, weil ihnen die Kostensenkung weder unmöglich noch unzumutbar gewesen ist (dazu unter IV.).

35

II. Die Kläger gehören dem Grunde nach zum leistungsberechtigten Personenkreis von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld. Die Klägerin zu 1. ist insbesondere erwerbsfähig i.S. des § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und bildet mit ihren Kinder, den Klägern zu 2. bis 4. eine Bedarfsgemeinschaft, weil diese ihren Bedarf nicht aus eigenen Mittel decken können (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II). Alle Kläger sind hilfebedürftig, weil das im streitgegenständlichen Zeitraum erzielte Einkommen (§ 11 Abs. 1 SGB II) der Klägerin zu 1. den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft nicht gedeckt hat und die Kläger nicht über einzusetzendes Vermögen (§ 12 Abs. 1 SGB II) verfügt haben.

36

Zugunsten der Klägern sind für den streitbefangenen Zeitraum (1. März 2012 bis 30. April 2012) monatlich neben den Regelbedarfen und einem Alleinerziehendenmehrbedarf zugunsten der Klägerin zu 1. in Höhe von 36 % des für maßgebenden Regelbedarfs Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich insgesamt nicht mehr als 700,00 EUR (580,00 EUR kalte Unterkunftskosten zzgl. 120,00 EUR Heizkostenvorauszahlung) anzuerkennen. Unter Berücksichtigung des um Grund- und Erwerbstätigenfreibeträge bereinigten einzusetzenden Erwerbseinkommens der Klägerin zu 1. in Höhe von 231,40 EUR im März 2012 und 236,55 EUR im April 2012, das der Höhe nach nicht in Streit steht, und des den Klägern zu 2. bis 4. zuzurechnenden Kindergeldes und des zugunsten des Klägers zu 3. berücksichtigten Unterhaltsvorschusses ergibt sich ein Anspruch, der durch die mit dem angefochtenen Bewilligungsbescheid bewilligten und die im Teilanerkenntnis des Beklagten vom 31. Januar 2017 zugesicherten weiteren Leistungen vollumfänglich erfüllt wird.

37

III. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt, soweit diese angemessen sind. Nach dieser Vorschrift sind bei den Klägern kalte Unterkunftskosten nach Überzeugung des Senats nur in Höhe von 580,00 EUR zu berücksichtigen. Über die Berücksichtigung der Heizkosten in voller tatsächlicher Höhe besteht hingegen kein Streit mehr; sie sind in Höhe der Vorauszahlung von 120,00 EUR in vollem Umfang als Bedarf anzuerkennen.

38

1. Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für die Unterkunft (ohne Heizung) betragen im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 650,00 EUR. Sie setzen sich zusammen aus 570,00 EUR Nettokaltmietzins und einer monatlichen Vorauszahlung für die kalten Betriebskosten in Höhe von 80,00 EUR.

39

2. Die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin sind jedoch nur bis zu einer Höhe von 580,00 EUR angemessen i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Angemessenheit von Kosten der Unterkunft ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln (vgl. bereits BSG, Urteile vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R – BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 sowie B 7b AS 10/06 R – BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2).

40

In einem ersten Schritt sind dafür die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard zu bestimmen, wobei als angemessen die Aufwendungen für eine solche Wohnung gelten, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist; die Wohnung muss im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 33/08 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 25, Rn. 16). In einem zweiten Schritt wird festgelegt, auf welche konkreten räumlichen Gegebenheiten als räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Anschließend ist zu ermitteln, wie viel für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für die leistungsberechtigte Person maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Dabei ist grundsätzlich nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen. Allgemein vertreten wird heute die so genannte Produkttheorie, wonach nicht beide Faktoren (Wohnungsgröße und Wohnungsstandard – letzterer ausgedrückt durch Quadratmeterpreis) je für sich betrachtet „angemessen“ sein müssen, solange jedenfalls das Produkt aus Wohnfläche (Quadratmeterzahl) und Standard (Mietpreis je Quadratmeter) eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete (Referenzmiete) ergibt (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R – BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19).

41

3. Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße ist auf die Werte zurückzugreifen, welche die Länder aufgrund § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 18/06 R – BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, Rn. 19 und Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R – FEVS 60, 145, Rn. 12 [juris]). Nach Nr. 8.5 der Verwaltungsvorschrift zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung nach Wohnungsbindungsgesetz und Wohnraumförderungsgesetz (VwV-SozWo 2004) vom 17. Juni 2004 (Amtsbl. Schl.-H. 2004, S. 548) in der im Zeitraum vom 23. Januar 2006 bis zum 31. August 2012 geltenden Fassung ist für Alleinstehende eine Wohnungsgröße von bis zu 50 qm angemessen; für 2-, 3- und 4-Personenhaushalte beträgt die angemessene Wohnfläche 60 qm, 75 qm bzw. 85 qm.

42

4. Einheitlicher Vergleichsraum ist vorliegend – wie vom Beklagten zugrunde gelegt – das gesamte Gebiet des Kreises Pinneberg (mit Ausnahme der Hochseeinsel Helgoland).

43

a) Bei der Festlegung des Vergleichsraums, die der Ermittlung der Referenzmiete am Wohnort bzw. im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen dient, geht es darum zu beschreiben, welche ausreichend großen Räume (nicht bloße Orts- oder Stadtteile) der Wohnbebauung auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Einer sog. „Ghettobildung“ wird dadurch begegnet, dass hinsichtlich der Referenzmieten zwar auf Mieten für Wohnungen mit bescheidenem Zuschnitt abgestellt wird, insoweit aber nicht einzelne, besonders heruntergekommene und daher billige Stadtteile herausgegriffen werden dürfen, sondern auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten räumlichen Vergleichsraum abzustellen ist (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R – BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 21).

44

b) Der Senat geht nach diesen Maßgaben ohne weiteres davon aus, dass der Vergleichsraum auf das gesamte Kreisgebiet erstreckt werden kann. Es handelt sich bei dem Kreis Pinneberg mit einer Fläche von 664,28 qkm um einen vergleichsweise kleinflächigen Kreis und einer vergleichsweise großen Bevölkerung (307.471 Einwohner) und einer dementsprechend hohen Bevölkerungsdichte (463 Einwohner/qkm). Er ist damit zugleich der flächenkleinste wie auch der einwohnerstärkste schleswig-holsteinische Kreis. Dementsprechend verfügt er über eine gut ausgebaute Infrastruktur sowohl im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (das gesamte Kreisgebiet gehört dem Hamburger Verkehrsverbund an und bildet damit einen einheitlichen ÖPNV) als auch im Bereich des Individualverkehrs (insbesondere in Gestalt von zwei in Südost-Nordwest-Richtung und Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bundesautobahnen A 7 und A 23 mit insgesamt neun Anschlussstellen im Kreisgebiet und weiteren zwei in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Bundesstraßen B 4 und B 434), die es den Einwohnern erlaubt, zentrale Orte (im Sinne von Mittelzentren und Stadtrandkernen) in kurzen bis sehr kurzen Zeitintervallen zu erreichen und das Kreisgebiet in überschaubarer Zeit zu durchqueren. Pendelzeiten, die denen des § 140 Abs. 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch entsprechen (dazu BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 42, Rn. 24), treten dabei bei den allermeisten Gemeinden des Kreisgebiets bei weitem nicht auf. Die Situation stellt sich – im Hinblick auf die Homogenität des Wohn- und Lebensraums – kaum anders bzw. zumindest nicht ungünstiger dar als in großflächigen mittleren Großstädten (z.B. Münster mit einer Einwohnerzahl von 310.000 und einer Fläche von 303,28 qkm) bzw. in sehr großen Großstädten (z.B. Berlin mit einer Fläche von 891,68 qkm und entsprechend längeren Wegen, die zum Zentrum bzw. zur Durchquerung des Gebiets zurückgelegt werden müssen). Sowohl im Falle von Münster (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 4/13 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 72, Rn. 13) als auch im Falle von Berlin (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 42, Rn. 24) hat die höchstrichterliche Rechtsprechung indes die Festlegung des gesamten Stadtgebiets als einheitlicher Vergleichsraum ausdrücklich gebilligt.

45

Dementsprechend durfte der Beklagte vom Kreisgebiet – mit Ausnahme der Hochseeinsel Helgoland, die dem Kreis Pinneberg lediglich aus pragmatischen Gründen und ohne historische, wirtschaftliche oder landsmannschaftliche Erwägungen zugeschlagen worden war (dazu Wikipedia-Enzyklopädie, Stichwort: Helgoland, online im Internet unter https://de.wikipedia.org, recherchiert am 15. Juni 2017) und die wegen ihrer exponierten Lage über keinen aussagekräftigen Wohnungsmarkt verfügt – als einheitlichem Vergleichsraum ausgehen. Gegen das Kreisgebiet als einheitlicher Wohn- und Lebensraum spricht insbesondere nicht die Tatsache, dass das Kreisgebiet durch ein Speckgürtelphänomen geprägt ist und sowohl städtebaulich als auch verkehrstechnisch auf die angrenzende Millionenstadt Hamburg ausgerichtet ist. Ein homogener Lebensraums setzt weder eine uniforme Siedlungsstruktur voraus noch verlangt er nach einem (immanenten) Zentrum; er kann auch auf ein externes Zentrum hin ausgerichtet sein. Erforderlich ist lediglich, dass das Gebiet insgesamt hinreichend groß ist, um überhaupt einen örtlichen Wohnungsmarkt zu repräsentieren, und andererseits – auch in der Ausrichtung auf ein externes Zentrum – annähernd vergleichbare Wohn- und Lebensverhältnisse erwarten lässt. Davon kann bei dem Gebiet eines langjährig etablierten kleinflächigen Kreis prima facie ausgegangen werden; in der Rechtsprechung der Obergerichte wird die Bezugnahme auf das Kreisgebiet als Vergleichsraum denn auch weitgehend gebilligt (Hessisches LSG, Urteil vom 15. Februar 2013 – L 7 AS 78/12 – juris, Rn. 58; Thüringer LSG, Urteil vom 8. Juli 2015 – L 4 AS 718/14 – juris, Rn. 42). Der Senat hat keine Zweifel daran, dass auch der Kreis Pinneberg nach diesen Maßstäben als einheitlicher Vergleichsraum bewertet werden kann.

46

c) Soweit das Kreisgebiet nach dem Konzept des Beklagten im Wege der so genannten Clusteranalyse in vier Wohnungsmarkttypen untergliedert wird, führt dies nicht dazu, dass mehrere Vergleichsräume im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung entstehen würden (Thüringer LSG, Urteil vom 8. Juli 2015 – L 4 AS 718/14 – juris, Rn. 44; vgl. auch Hessisches LSG, Urteil vom 15. Februar 2013 – L 7 AS 78/12 – juris, Rn. 59). Die Wohnungsmarkttypen sind lediglich das Ergebnis einer empirischen Differenzierung der Preisstruktur innerhalb des Vergleichsraums. Einen homogenen Wohn- und Lebensraum abzubilden, nehmen sie für sich gerade nicht in Anspruch, zumal – das Sozialgericht weist darauf zu recht hin – die den jeweiligen Wohnungsmarkttypen zugeordneten Gemeinden und Ämter teilweise noch nicht einmal aneinandergrenzen. Ob dieses Clustering sachgerecht und nach vertretbaren Prämissen vorgenommen worden ist, ist eine Frage der schlüssigen Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises (dazu unten 6.b). Für die Bildung des Vergleichsraums ist sie prinzipiell ohne Relevanz.

47

Aus den – sich nach der Clusteranalyse ergebenden – Unterschieden in der Preisstruktur in den jeweiligen Wohnungsmarkttypen folgt auch nicht die Verpflichtung, das Kreisgebiet in unterschiedliche Vergleichsräume aufzugliedern, die für sich dann wiederum jeweils den Anforderungen an einen homogenen Wohn- und Lebensraum genügen müssten. Diesem Ansatz liegt offenbar die Vorstellung zugrunde, dass Unterschiede in der Preisstruktur zwischen einzelnen Gemeinden für sich genommen schon das Fehlen eines gemeinsamen homogenen Wohn- und Lebensraums nahelegen. Diese Vorstellung teilt der Senat nicht. Vielmehr ist nach Überzeugung des Senats davon auszugehen, dass bereits innerhalb kleiner und mittlerer Städte in der Form eines Unter- oder Mittelzentrums je nach räumlicher Gliederung unterschiedliche Mietpreisniveaus bestehen können und typischerweise auch bestehen, ohne dass dies zur Festlegung unterschiedlicher Vergleichsräume auf gemeindlicher Ebene führen müsste. Eine kleinteiligere Bestimmung des Vergleichsraums hätte – bezogen auf die konkrete Belegenheit der von den Klägern bewohnten Wohnung – deshalb nicht zwingend ein höheres Maß an empirischer Richtigkeit der ermittelten Angemessenheitsgrenze zur Folge. Einer drohenden Ghettobildung wird in einer Stadt vielmehr dadurch begegnet, dass als Vergleichsmaßstab nicht einzelne, besonders heruntergekommene und daher billige Stadtteile herausgegriffen werden dürfen, sondern auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten Stadtgebiet abzustellen ist (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R – BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 21). Gleiches gilt für größere Räume der Wohnbebauung wie das Gebiet eines Kreises. Auch hier kann der Träger auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten räumlichen Vergleichsraum abstellen (vgl. Luik in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 22 Rn. 82 m.w.N.); es steht ihm aber – ohne dass dies seinen Entscheidungsspielraum bei der Bestimmung des Vergleichsraums von vornherein begrenzen würde – auch frei, aus Gründen einer sozialen Wohn- und Lebensraumgestaltung und mit dem Ziel, die Gefahren drohender Binnenwanderungen innerhalb eines insgesamt noch homogenen Wohn- und Lebensraums weiter zu minimieren, unterschiedliche Angemessenheitsgrenzen innerhalb ein und desselben Vergleichsraums festzusetzen.

48

Ganz generell geht der Senat davon aus, dass Heterogenitäten in Bezug auf die Preisstruktur innerhalb eines Vergleichsraums umso eher hingenommen werden können, je kleiner der Zuschnitt des Vergleichsraums und je günstiger sich die insbesondere verkehrstechnische Infrastruktur darstellt. Daran gemessen vermag der Senat eine Verpflichtung zur Definierung unterschiedlicher Vergleichsräume im Falle des Kreises Pinneberg nicht zu erkennen.

49

5. Für den Wohnort der Kläger, der vom Beklagten dem Wohnungsmarkttyp 1 zugeordnet ist, beträgt der abstrakt angemessene Bruttoquadratmeterpreis bezogen auf den hier streitigen Zeitraum 6,82 EUR, der sich aus der Addition von angemessener Nettokaltmiete (5,40 EUR/qm) und angemessenen Betriebskosten (1,42 EUR/qm) ergibt; bei Multiplikation mit der abstrakt angemessenen Wohnfläche von 85 qm errechnet sich daraus in Anwendung der Produkttheorie eine Angemessenheitsgrenze bei 579,70 EUR bruttokalt, von dem Beklagten aufgerundet auf 580,00 EUR.

50

a) Um ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln innerhalb des Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf Grundlage eines überprüfbaren „schlüssigen Konzepts“ erfolgen (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R – FEVS 60, 145). Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden. Dabei muss der Grundsicherungsträger nicht zwingend, darf aber auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel i.S. der §§ 558c, 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abstellen. Entscheidend ist jedoch, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, das im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und womit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein „angemessenes Maß“ hinreichend nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30).

51

Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall.

52

Schlüssig ist das Konzept nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. erstmals BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, Rn. 19), wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:

53
Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),
54
es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,
55
Angaben über den Beobachtungszeitraum,
56
Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel),
57
Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
58
Validität der Datenerhebung,
59
Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und
60
Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
61

b) Nach Maßgabe dieser Anforderungen verfügt der Beklagte zur Überzeugung des erkennenden Senats grundsätzlich über ein schlüssiges Konzept, das sich sowohl auf die Bestimmung der Nettokaltmiete als auch auf die Bestimmung der kalten Betriebskosten bezieht und damit die Angemessenheitsgrenze für die kalten Unterkunftskosten insgesamt realitätsgerecht abbildet. Soweit das vom Beklagten vorgelegte und im Wesentlichen stimmige Konzept den höchstrichterlichen Vorgaben nicht entspricht, nimmt der Senat im Rahmen seiner eigenen Befugnis zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs nach Mitwirkung des Beklagten Korrekturen vor, die das Konzept insgesamt schlüssig machen.

62

c) Die angemessene Nettokaltmiete bestimmt der Beklagte für den hier streitgegenständlichen Zeitraum nach Maßgabe des unter dem Titel „Mietwerterhebungen zur Ermittlung der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg – Endbericht, Januar 2011“ (im Weiteren: Mietwerterhebung 2011 – Endbericht) vom Kreis Pinneberg herausgegebenen und durch den Dienstleister A. & K. – B.gesellschaft für W., I. und T. mbH erstellten Konzepts in einem mehrstufigen Verfahren, das neben der Bildung von so genannten Wohnungsmarkttypen zur regionalen Differenzierung des Kreises die repräsentativ angelegte Erhebung von Bestandsmieten, die Erhebung von aktuellen Angebotsmieten sowie die Ermittlung von regionalisierten Mietpreisobergrenzen unter Einbeziehung von Bestands- und Angebotsmieten zum Gegenstand hat.

63

Charakteristikum des Konzepts des Beklagten ist die so genannte Clusteranalyse (Verfahren zur Entdeckung von Ähnlichkeitsstrukturen in Datenbeständen), die das Ziel verfolgt, unterschiedliche Wohnungsmarkttypen im Kreisgebiet zu definieren und gegeneinander abzugrenzen. Dabei geht das Konzept davon aus, dass es mithilfe eines strukturdeckenden multivarianten Analyseverfahrens möglich ist, Objekte innerhalb der Grundgesamtheit zu identifizieren und zusammenzufassen, deren Eigenschaften oder Eigenschaftsausprägungen bestimmte Ähnlichkeiten aufweisen. Ziel ist es, Wohnungsmarkttypen so zu definieren, dass sie in sich möglichst homogen und vergleichbar sind, untereinander aber eine möglichst große Unterschiedlichkeit aufweisen. Als Indikatoren, die einen Einfluss auf den Wohnungsmarkt ausüben, sind hier Bevölkerungsdichte, Wohnfläche pro Einwohner, Pro-Kopf-Einkommen, Siedlungsstruktur, Anteil der Bezieher von Transferleistungen, Pendlersaldo, Bodenpreis und die bisherige Wohngeldeinstufung berücksichtigt worden. Aufgrund dieser Clusteranalyse hat der Beklagte vier Wohnungsmarkttypen identifiziert, wobei dem Wohnungsmarkttyp 1 (ländlich strukturiert, eher unterdurchschnittliche Werte bei Bevölkerungsdichte, Bodenrichtwerten und Siedlungsstruktur) die Ämter E.-Land, H., H., M., P. und R. sowie die Städte B. und T., dem Wohnungsmarkttyp 2 (hohe Bevölkerungsdichte, Siedlungsstruktur überwiegend mit Mehrfamilienhäusern, unterdurchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner) die Städte E. und U., dem Wohnungsmarkttyp 3 (überdurchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen und hohe Bodenrichtwerte, überdurchschnittliche Wohnfläche pro Einwohner und unterdurchschnittliche Transferleistungsempfängerquote) die Stadt Q. sowie die Gemeinden H. und R. und dem Wohnungsmarkttyp 4 (an das Hamburger Stadtgebiet angrenzende Gemeinden mit niedrigem Pro-Kopf-Einkommen und geringer Wohnfläche pro Einwohner) die Städte P., S. und W. zugeordnet worden sind (zu den Einzelheiten Mietwerterhebungen 2011 – Endbericht, S. 3 ff.).

64

Die Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen in den einzelnen Wohnungsmarkttypen hat der Beklagte zunächst auf Basis von Bestandsmieten vorgenommen. Die Bestandmieten sind auf Grundlage einer Befragung von Mietern und Vermietern erhoben und sämtliche Daten in einer Datenbank erfasst worden. Die erhobenen Daten sind den Wohnungsgrößenklassen zugeordnet und – nach Ausschluss bestimmter Arten von Wohnungen – einer Extremwertbereinigung auf Basis eines 95%-Konfidenzintervalls unterzogen worden. Für alle Wohnungsgrößenklassen und Wohnungsmarkttypen ist dann zunächst das 40%-Perzentil als oberer Richtwert definiert und auf dieser Grundlage eine vorläufige Angemessenheitsgrenze gebildet worden (zu den Einzelheiten Mietwerterhebungen 2011 – Endbericht, S. 8 ff.).

65

Die so ermittelte vorläufige Angemessenheitsgrenze hat der Beklagte zur Prüfung der „konkreten Angemessenheit“ in etwa gleichzeitig mit vor allem in Immobiliensuchportalen und örtlichen Tageszeitungen veröffentlichten Mietangeboten abgeglichen, um sicherzustellen, dass innerhalb der zuvor auf Grundlage der Bestandsmieten definierten Angemessenheitsgrenze Wohnungen in dem erforderlichen Umfang auch tatsächlich neu angemietet werden können. Zusätzlich zu den so erhobenen Angebotsmieten sind die Bestandsmieten danach ausgewertet worden, welche Mieten bis zu neun Monate vor dem Erhebungsstichtag als Neuvertragsmieten tatsächlich realisiert werden konnten. Im Anschluss hat der Beklagte jeweils das 40%-Perzentil der Angebots- und Neuvertragsmieten (bezogen auf den Mietzins nettokalt pro qm) ermittelt, diese Werte zur auf Grundlage der Bestandsmieten ermittelten Angemessenheitsgrenze (bezogen auf den Mietzins nettokalt pro qm) in Beziehung gesetzt und den Prozentsatz der angebotenen und neuvermieteten Wohnungen im unteren Marktsegment festgestellt, der unterhalb der geltenden Angemessenheitsgrenze angemietet werden kann. Die Ergebnisse dieser Kontrollberechnung haben je nach Wohnungsmarkttyp und Wohnungsgrößenklasse – nach Ansicht des Beklagten ausreichende – Prozentsätze zwischen 2% und 24% bei den Angebotsmieten und zwischen 10% und 74% bei den Neuvertragsmieten ergeben (zu den Einzelheiten Mietwerterhebungen 2011 – Endbericht, S. 18 ff.).

66

Danach hat der Beklagte folgende Angemessenheitsrichtwerte (Mietzins nettokalt pro qm) festgestellt:

67

Größe
in qm

Wohnungs-
markttyp 1

Wohnungs-
markttyp 2

Wohnungs-
markttyp 3

Wohnungs-
markttyp 4

≥ 35 bis ≤ 50

5,38 EUR

5,08 EUR

5,67 EUR

5,80 EUR

> 50 bis ≤ 60

4,91 EUR

5,18 EUR

5,67 EUR

5,24 EUR

> 60 bis ≤ 75

5,60 EUR

4,91 EUR

6,32 EUR

5,10 EUR

> 75 bis ≤ 85

5,40 EUR

4,90 EUR

6,50 EUR

4,75 EUR

> 85 bis ≤ 95

4,90 EUR

4,99 EUR

5,42 EUR

5,12 EUR

68

Zur Bestimmung der angemessenen Betriebskosten hat der Beklagte gesondert nach Wohnungsgrößenklassen und Wohnungsmarkttypen auf die Durchschnittswerte der miterhobenen Betriebskostenvorauszahlungen abgestellt (zu den Einzelheiten Mietwerterhebungen 2011 – Endbericht, S. 18). Daraus errechnen sich im Einzelnen folgende Angemessenheitsrichtwerte (kalte Betriebskosten pro qm):

69

Größe
in qm

Wohnungs-
markttyp 1

Wohnungs-
markttyp 2

Wohnungs-
markttyp 3

Wohnungs-
markttyp 4

≥ 35 bis ≤ 50

1,74 EUR

1,49 EUR

1,50 EUR

1,79 EUR

> 50 bis ≤ 60

1,68 EUR

1,43 EUR

1,41 EUR

1,63 EUR

> 60 bis ≤ 75

1,55 EUR

1,36 EUR

1,43 EUR

1,58 EUR

> 75 bis ≤ 85

1,42 EUR

1,41 EUR

1,44 EUR

1,67 EUR

> 85 bis ≤ 95

1,44 EUR

1,49 EUR

1,43 EUR

1,45 EUR

70

Insgesamt hat der Beklagte auf Grundlage dieser konzeptionellen Überlegungen für den Zeitraum Januar 2011 bis Dezember 2012 folgende Angemessenheitsgrenzen (Bruttokaltmiete) ermittelt und diese dann auf volle Euro-Beträge aufgerundet:

71

Größe
in qm

Wohnungs-
markttyp 1

Wohnungs-
markttyp 2

Wohnungs-
markttyp 3

Wohnungs-
markttyp 4

≥ 35 bis ≤ 50

356,00 EUR

328,50 EUR

358,50 EUR

379,50 EUR

> 50 bis ≤ 60

395,40 EUR

396,60 EUR

424,80 EUR

412,20 EUR

> 60 bis ≤ 75

536,25 EUR

470,25 EUR

581,25 EUR

501,00 EUR

> 75 bis ≤ 85

579,70 EUR

536,35 EUR

674,90 EUR

545,70 EUR

> 85 bis ≤ 95

602,30 EUR

615,60 EUR

650,75 EUR

624,15 EUR

72

6. Zunächst bezogen auf die Ermittlung der Nettokaltmiete als Teilelement des angemessenen Quadratmeterpreises ist das Konzept im Wesentlichen nicht zu beanstanden; es genügt nach Überzeugung des erkennenden Senats den im Urteil des BSG vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, Rn. 19 im Einzelnen beschriebenen Anforderungen an ein schlüssiges Konzept und repräsentiert den tatsächlich für Empfänger von Grundsicherungsleistungen verfügbaren Wohnungsbestand:

73

a) Der Beklagte hat ausreichende Festlegungen zu Art und Weise der Datenerhebung getroffen. Das Bundessozialgericht verlangt insoweit lediglich, dass die Erkenntnisquellen nachvollziehbar offengelegt werden (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R – BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, Rn. 19). Dies ist hier geschehen.

74

So hat der Beklagte Bestandmieten sowohl durch eine Befragung größerer Vermieter als auch – um durch Einbeziehung kleinerer Vermieter einen umfassenderen Überblick über das örtliche Mietniveau zu erlangen – durch eine Mieterbefragung ermittelt und – unter Beachtung datenschutzrechtlicher Bindungen – hinreichend transparent gemacht, auf welche Weise er Zugang zu den benötigten Daten erhalten hat. Dabei ist zur Überzeugung des Senats durch Anhörung des sachverständigen Zeugen K. auch die Vorgehensweise bei der Auswahl der an der Vermieterbefragung beteiligten größeren Vermieter hinreichend offengelegt worden. Der Zeuge hat glaubhaft geschildert, dass die Vermieter nach ihrer Bedeutung als Akteur des örtlichen Wohnungsmarktes insbesondere aufgrund der Größe ihres Wohnungsbestands angeschrieben worden sind und dass – sofern keine Reaktion erfolgt ist – nochmals versucht worden ist, die jeweiligen Vermieter telefonisch zur freiwilligen Teilnahme an der Mietwerterhebung zu bewegen. Er hat glaubhaft versichert, dass unter den großen Vermietern keine Vorauswahl nach qualitativen Kriterien getroffen worden ist, insbesondere was das Mietpreisniveau des vorgehaltenen Wohnungsbestands anbelangt, ferner, dass in die Stichprobe die Rückläufer aller an der Befragung teilnehmenden Wohnungsunternehmen eingegangen sind. Trotz der den Vermieter zugesicherten Anonymität hegt der Senat deshalb keine Zweifel an der Aussagekraft der erhobenen Rohdaten.

75

Auch für die Angebotsmieten, die der Beklagte durch Sichtung der örtlichen Tageszeitungen, der gängigen Internetprotale und – soweit die dortigen Angaben unzureichend waren – durch ergänzende telefonische Befragung der Anbieter erlangt hat, sind nach Überzeugung des Senats ausreichende Feststellungen getroffen worden.

76

Die Daten sind in Datensätzen in elektronischer Form zusammengeführt und den Beteiligten dieses Verfahrens zur Einsicht zur Verfügung gestellt werden. Die Datensätze geben nach Überzeugung des Senats das Ergebnis der Datenerhebung durch den Beklagten vollständig und richtig wieder.

77

b) Die der Konzeptbildung zugrunde liegenden Daten sind in einem genau eingegrenzten Vergleichsraum erhoben worden und erstrecken sich über den gesamten Vergleichsraum; eine „Ghettobildung“, wie sie die höchstrichterliche Rechtsprechung bei der Konzeption der Angemessenheitsgrenzen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu vermeiden sucht, kann so nicht stattfinden.

78

Der Beklagte hat seine Erhebungen nicht auf einzelne Teile des Kreisgebiets als dem hier relevanten Vergleichsraum (dazu oben 4.) beschränkt, sondern von vornherein auf das gesamte Kreisgebiet erstreckt. Dementsprechend weisen die Datensätze Daten für alle Teile des Kreisgebiets aus. Dass z.B. im die Bestandsmieten betreffenden Datensatz Daten aus den Ämtern H. und R. fehlen, steht dem nicht entgegen. Der Beklagte hat diese Gebiete aus seiner Erhebung nicht von vornherein ausgespart, sondern im Rahmen der auf das gesamte Kreisgebiet bezogenen Erhebung für diese Gebiete lediglich keine Rückläufer erzielt. Dies lässt – gerade in Relation zur Vielzahl der Rückläufer aus anderen Gemeinden – Rückschlüsse auf die Substanz des örtlichen Mietwohnungsmarktes zu, ändert aber nichts an dem Umstand, dass die Daten über den gesamten relevanten Vergleichsraum erhoben worden sind.

79

Dass der Beklagte die Daten getrennt nach einzelnen, im Wege der Clusteranalyse bestimmten Wohnungsmarkttypen ausgewertet hat, beanstandet der Senat nicht; das Verfahren der Clusteranalyse ist vom höchstrichterlichen Grundsatz der Methodenfreiheit (dazu BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R – BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81, Rn. 24) gedeckt, vom Beklagten sachgerecht und nach vertretbaren Prämissen durchgeführt und im Methodenbericht hinreichend transparent dargestellt worden (Mietwerterhebungen – Endbericht 2011, S. 3 ff.). Namentlich hält der Senat den Indikatorenkatalog für sachgerecht, um eine entsprechende Binnendifferenzierung nach der Preisstruktur zu gewährleisten. Nicht zu beanstanden ist ferner, dass sich der Beklagte an den administrativen Grenzen orientiert hat und dabei von der kleinsten administrativen Einheit – Amt oder amtsfreie Gemeinde – ausgegangen ist. Der sachverständige Zeuge K. hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass eine Differenzierung auch zwischen amtsangehörigen Gemeinden schon aus erhebungstechnischen Gründen ausscheidet. Dass es wie im Falle der Gemeinden H. und B. dazu kommen kann, dass allein durch eine „Ausamtung“ ein Wechsel des Wohnungsmarkttyps bewirkt wird, ist vor diesem Hintergrund und wegen den jeder Typisierung notwendig innewohnenden Vergröberungen hinzunehmen und bewirkt nicht die Unschlüssigkeit des gewählten Ansatzes.

80

c) Der Beklagte hat in der Begründung seines Konzepts, die im Wesentlichen im Endbericht „Mietwerterhebungen zur Ermittlung der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg“ niedergelegt ist, den Gegenstand der Beobachtung in einer den höchstrichterlichen Anforderungen genügenden Weise nachvollziehbar und schlüssig definiert.

81

Er hat seiner Untersuchung im Grundsatz den gesamten Bestand an Mietwohnungen zugrunde gelegt und damit in die relevante Grundgesamtheit – im Unterschied zu (qualifizierten) Mietspiegeln, die geförderte Wohnungsbestände nicht berücksichtigen dürfen – auch Wohnungen einbezogen, die öffentlichen Mietpreisbildungen unterliegen (Sozialwohnungen). Dabei ist es das Anliegen des Beklagten gewesen, sowohl Substandardwohnungen – d.h. Wohnungen, die nicht wenigstens über die Merkmale „Bad“ und „Sammelheizung“ verfügen – als auch Luxuswohnungen, also solche, die ausdrücklich als solche vermarktet werden bzw. als solche erkennbar sind (weil sie z.B. das Ausstattungsmerkmal „Sauna“ aufweisen) von der Erhebung und Auswertung und damit aus der Stichprobe auszunehmen.

82

Methodisch ist dies im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden. Die Einbeziehung von Sozialwohnungen führt allerdings – wie auch der Beklagte einräumt – gegenüber qualifizierten Mietspiegeln, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ohne Weiteres als Grundlage eines schlüssigen Konzepts dienen können, zu einem regelmäßig niedrigeren Mietzinsniveau. Dies spricht aber nicht grundsätzlich gegen die Einbeziehung der Sozialwohnungen, weil der Zweck eines Mietspiegels ein anderer ist als der von Mietwerterhebungen zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten. Die Nichtberücksichtigung von Sozialwohnungen bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen hätte zur Folge, dass wesentliche Wohnungsbestände, die speziell für die Zielgruppe der Bezieher niedriger Einkommen vermietet werden, unberücksichtigt bleiben würden. Der Senat beanstandet daher nicht die Wertung des Beklagten, diese Wohnungen in seine Betrachtung einzubeziehen.

83

Der Ausschluss insbesondere von Wohnungen, die entweder nicht über ein eigenes Bad oder nicht über eine Sammelheizung verfügen, stellt demgegenüber vom Grundsatz her ausreichend sicher, dass Preise für tendenziell prekäre Mietwohnungen bzw. Substandardwohnungen zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze von vornherein außer Ansatz bleiben. Damit wird der höchstrichterlichen Forderung Rechnung getragen, der Angemessenheitsbetrachtung das untere, nicht jedoch das unterste Marktsegment zugrunde zu legen (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 21). Andererseits kann der Ausschluss von Luxuswohnungen in durch das Gericht nicht zu beanstandender Weise dazu beitragen, dass die Angemessenheitsgrenze nicht durch hochpreisige Mieten verfälscht wird, die nicht mehr den allgemeinen Mietwohnungsmarkt bedienen, sondern ein besonders hochpreisiges Sondersegment.

84

Zusätzlich hat der Beklagte Wohnungen in Einfamilienhäusern, Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich und teilgewerblich genutzte Wohnungen (mit Gewerbemietvertrag), mietpreisreduzierte Werkswohnungen und Wohnungen mit Freundschaftsmieten (d.h. Vermietung zu reduzierten Mieten an Angehörige oder nähere Verwandte) und ferner Wohnungen mit einer Wohnfläche von unter 35 qm und möblierte Apartments ausschließen wollen, weil es sich bei diesen Wohnungen jeweils nachvollziehbar um Objekte handelt, die spezifische Bedürfnisse bedienen aber nicht den allgemeinen Wohnungsmarkt repräsentieren.

85

Insgesamt ist nach Überzeugung des erkennenden Senats durch den Zuschnitt der Grundgesamtheit und die vorgenommenen Ausschlüsse zuverlässig sichergestellt, dass zumindest ein Marktsegment abgebildet wird, dass nach höchstrichterlichen Maßstäben nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 – B 4 AS 44/12 R – NZS 2013, 289, Rn. 13; dazu bereits BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R – BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2).

86

d) Das Konzept des Beklagten enthält ferner hinreichende Angaben über den Beobachtungszeitraum. Der Beklagte hat die Mieter- und Vermieterbefragungen im Zeitraum Juni bis September 2010 mit Stichtag 1. Juli 2010 durchgeführt. Die Recherchen zu den Angebotsmieten wurden im Zeitraum Juni bis November 2010 durchgeführt. Die Neuvertragsmieten wurden für den Zeitraum bis zu neun Monate vor dem Erhebungsstichtag ermittelt, also für den Zeitraum 1. Oktober 2009 bis 30. Juni 2010.

87

Der Senat ist nach Durchführung der mündlichen Verhandlung auch davon überzeugt, dass es sich bei den in die Stichprobe eingegangenen Bestandsmieten (nur) um solche Bestandsmieten handelt, bei denen die Miete innerhalb der letzten vier Jahre neu vereinbart oder geändert worden ist (geänderte Bestandsmieten), wobei der Vierjahreszeitraum vom Stichtag 1. Juli 2010 zurückgerechnet den Zeitraum bis 1. Juli 2006 erfasst. Allerdings wird der Begriff Bestandsmieten im Endbericht „Mietwerterhebungen zur Ermittlung der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg“ nicht definiert, weshalb der sachverständige Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung zunächst davon ausgegangen war, dass in die Auswertung der Bestandmieten alle Mieten bestehender Mietverhältnisse eingegangen sind, also auch diejenigen, die über mehr als vier Jahre unverändert geblieben waren. Der sachverständige Zeuge hat diese Aussage allerdings nach einer Unterbrechung der mündlichen Verhandlung dahingehend korrigiert, dass die Vierjahresgrenze eingehalten worden sei und dies durch die zum Protokoll gereichte Auswertung vom 30. Januar 2017 ( Anlage 5 zum Protokoll) dokumentiert. Die nunmehr überzeugenden Ausführungen des sachverständigen Zeugen in Verbindung mit den schlüssigen Werten der zur Akte gereichten tabellarischen Auswertung belegt nach dem Gesamtzusammenhang der in der mündlichen Verhandlung getroffenen Feststellungen zur vollen Überzeugung des erkennenden Senats, dass der Beklagte seiner Mietwerterhebung 2011 tatsächlich allein geänderte Bestandsmieten zugrunde gelegt hat. Dafür spricht insbesondere auch die Aussage des Vertreters des Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung, dass ihm seitens des mit der Erhebung beauftragten Dienstleisters ein Konzept auf Basis geänderter Bestandsmieten wie bei einem qualifizierten Mietspiegel angeboten worden sei.

88

Die Datengrundlage ist damit auch für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum, der den Zeitraum 1. März bis 30. April 2012 umfasst, noch aktuell genug, um die Angemessenheitsgrenze i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verlässlich zu bestimmen. Eine Alterung des Datenmaterials muss bei der Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz [GG]; vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u.a. – BVerfGE 125, 175), dem die angemessen Unterkunftskosten zuzurechnen sind, in vertretbarem Umfang hingenommen werden. Auch das BSG erkennt an, dass der Aktualität des einem schlüssigen Konzept zu Grunde gelegten Datenmaterials Grenzen gesetzt sind (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 33). Dies zeigt sich schon daran, dass das BSG qualifizierte Mietspiegel zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze grundsätzlich für geeignet erachtet, § 558d Abs. 2 BGB die Aktualitätsanforderungen an qualifizierte Mietspiegel aber gerade dergestalt definiert, dass diese in einem Abstand von zwei Jahren z.B. durch Stichprobenziehung den aktuellen Marktverhältnissen anzupassen und in einem Abstand von vier Jahren neu zu erstellen sind.

89

Dem trägt der Beklagte mit seiner Indexfortschreibung 2013 mit einer Gültigkeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2014 hinreichend Rechnung. Er hat dabei entsprechend den Wertungen des § 558d Abs. 2 BGB auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland zurückgegriffen, um der Steigerung der Grundmieten und Betriebskosten Rechnung zu tragen. Dabei hat er den für Juli 2010 maßgeblichen Indexwert nach der Formel

Abbildung

90

zu dem für Juli 2012 maßgeblichen Indexwert in Relation gesetzt und die prozentuale Veränderung des Indexstands des Monats Juli 2010 zum Indexstand des Monats Juli 2012 mit insgesamt 4,2 % errechnet (zu den Einzelheiten vgl. Kreis Pinneberg, Indexfortschreibung zur Mietwerterhebung zur Ermittlung der KdU-Kosten im Kreis Pinneberg, Stand. 30. Oktober 2012, S. 4 ff.). Auf dieser Grundlage hat er die seit dem 1. Januar 2011 gültigen Richtwerte zum 1. Januar 2013 um diesen Prozentsatz fortgeschrieben.

91

Diese Vorgehensweise beanstandet der Senat nicht. Die Frage, ob sich der als Anpassungsmechanismus herangezogene Verbraucherpreisindex für Deutschland zur Fortschreibung von „Schlüssigen Konzepten“ durchweg als sachgerecht erweist, weil er neben den Wohnkosten den gesamten Individualkonsum berücksichtigt (zweifelnd im Rahmen nicht tragender Erwägungen LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30. Mai 2016 – L 11 AS 39/14 NK – SchHA 2017, 107 – juris Rn. 114), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Ausrichtung am Verbraucherpreisindex begünstigt hier die leistungsberechtigten Personen gegenüber Anpassungsmechanismen, die im Hinblick auf die Aufwendungen für die Unterkunft gegenüber dem allgemeinen Verbraucherpreisindex möglicherweise sachgerechter wären. So ergäbe sich bei Anwendung des Wohnkostenindexes, der die Entwicklung der Wohnungsmieten einschließlich des Mietwerts von Eigentümerwohnungen betrifft, ein deutlich geringerer Wert als der hier zugrunde gelegte. Ausweislich der Klassifikation der Verwendungszwecke „Wohnungsmiete, einschließlich Mietwert von Eigentümerwohnungen“ des Statistischen Bundesamtes für die Jahre 2010 und 2012 ergibt sich für Juli 2010 ein Wohnkostenindex von 100,1 und für Juli 2012 einer von 102,5. Daraus errechnet sich nach der oben genannten Formel ein Prozentsatz von gerundet 2,4 %, der deutlich unterhalb des für die Indexfortschreibung 2013 zugrunde gelegten Prozentsatzes von 4,2 % liegt.

92

Der Beklagte ist auch nicht wegen der Besonderheiten seines Wohnungsmarktes gehalten gewesen, sein Konzept engmaschiger fortzuschreiben. Nicht vorhersehbare Preissprünge, die den Beklagten ggf. dazu hätten veranlassen müssen, die Ausgangsdaten zu korrigieren oder entsprechend anzupassen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 2/10 R – juris, Rn. 21), hat es – dies zeigen auch die Ergebnisse der Mietwerterhebung 2015 – nicht gegeben.

93

e) Die Datenerhebung ist valide. Mit der Validität der Datengrundlage wird eine Aussage darüber getroffen, ob unter Einsatz angemessener statistischer Verfahren mit einem hohen Grad an Genauigkeit tatsächlich das untersucht wurde, was nach der Bestimmung des Beobachtungsgegenstandes untersucht werden sollte (vgl. Thüringer LSG, Urteil vom 8. Juli 2015 – L 4 AS 718/14 – juris, Rn. 70). Diesen Anforderungen wird das Konzept des Beklagten noch gerecht.

94

Allerdings offenbart das Konzept zum Teil Schwächen, was die Umsetzung der Vorgaben zum Beobachtungsgegenstand im Rahmen der konkreten Datenerhebung anbelangt. Dies betrifft zunächst den Ausschluss von Substandardwohnungen. So hat der sachverständige Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass nur im Rahmen der Vermieterbefragung die Erhebung von Substandardwohnungen durch entsprechende Vorgaben des vom Beklagten beauftragten Dienstleisters gegenüber den Wohnungsunternehmen verlässlich ausgeschlossen worden ist, während bei den Mieterbefragungen die Beschaffenheit der Wohnungen mit Rücksicht auf die angestrebte Rückläuferquote – der sachverständige Zeuge hat nachvollziehbar erläutert, dass die Motivation von Mietern zur Teilnahme an Befragungen tendenziell sinkt, je mehr Daten erhoben werden sollen – nicht abgefragt worden ist. Angesichts des geringeren Anteils der durch Mieterbefragungen erfassten Wohnungen an der Gesamtstichprobe von deutlich weniger als einem Drittel, des weitergehenden Ausschlusses von Substandardwohnungen durch Bereinigung der Stichprobe nach Maßgabe des 95%-Konfidenzintervalls und in Anbetracht der Tatsache, dass im Kreisgebiet 99,6 % aller Wohnungen über Dusche und Bad verfügen (Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, Zensus 2011 – Gebäude und Wohnungen sowie Wohnverhältnisse der Haushalt, Kreis Pinneberg am 9. Mai 2011, S. 16) und damit tendenziell aus dem Substandard ausscheiden, geht der Senat allerdings davon aus, dass möglicherweise unerkannt in die Stichprobe eingegangene Substandardwohnungen eine insgesamt zu vernachlässigende Größe ohne substanzielle Auswirkungen auf die ermittelte Angemessenheitsgrenze darstellen.

95

Auch die Durchführung des Ausschlusses von Luxuswohnungen hat nicht eindeutig aufgeklärt werden können. Während im Methodenbericht des Beklagten darauf hingewiesen wird, dass Wohnungen des Luxussegments (von vornherein) von der Erhebung ausgeschlossen worden seien, wenn sie explizit als solche vermarktet bzw. – z.B. wegen Ausweisung des Ausstattungsmerkmals „Sauna“ – als solche erkennbar gewesen seien (Mietwerterhebungen 2011 – Endbericht, S. 9), hat der sachverständige Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung behauptet, dass Luxuswohnungen ausschließlich über das 95%-Konfidenzintervall aus der Stichprobe ausgeschieden worden seien. Der Senat geht davon aus, dass beide Verfahren nebeneinander praktiziert worden sind und misst der Aussage des Zeugen, der nicht mit den operativen Abläufen betraut gewesen ist, insoweit keine überragende Bedeutung zu. Im Ergebnis bedarf diese Frage aber auch keiner abschließenden Erörterung, weil die mögliche Einbeziehung konzeptionell eigentlich ausgeschlossener Luxuswohnungen nur zu einer Erhöhung der Angemessenheitsgrenze führen und sich somit für den leistungsberechtigten Personenkreis nur positiv auswirken kann.

96

Nachvollziehbar und hinreichend dokumentiert ist hingegen der insbesondere durch den Einsatz von Filterfragen bewirkte Ausschluss solchen Wohnraums, der, wie Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich oder teilgewerblich genutzte Wohnungen, mietpreisreduzierte Werkswohnungen, Wohnungen mit Gefälligkeitsmieten, (teil)möblierte Wohnungen, Wohnungen mit einer Wohnfläche von weniger als 35 qm, nach der Bestimmung des Beobachtungsgegenstandes keinen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten gibt.

97

f) Der Umfang der einbezogenen Daten ist repräsentativ. Von einer Repräsentativität ist auszugehen, wenn von einer kleinen Stichprobe zuverlässige Aussagen über eine wesentlich größere Menge getroffen werden können. Dies ist hier nach Überzeugung des Senats ohne weiteres der Fall.

98

Der seitens des Beklagten der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zugrunde gelegten bereinigten Stichprobe von 6.157 Mietdatensätzen steht die vom Beklagten nachvollziehbar näherungsweise bestimmte Grundgesamtheit von maximal ca. 78.920 Mietwohnungen gegenüber. Dabei geht der Beklagte von einem Gesamtwohnungsbestand im Kreis Pinneberg von 143.431 Wohnungen aus, der sich auf 56.109 Wohneinheiten in Einfamilienhäusern, 16.804 Wohneinheiten in Zweifamilienhäusern und 70.518 Wohneinheiten im Geschosswohnungsbau verteilt. Diesen bereinigt er nach seinen konzeptionellen Vorgaben folgerichtig um 56.000 Wohnungen in Einfamilienhäusern sowie zusätzlich um die Hälfte der in Zweifamilienhäusern befindlichen Wohnungen, die er mit nachvollziehbarer Begründung im ländlichen Raum in der Regel als vom Eigentümer bewohnt ansieht (zu den Einzelheiten vgl. Mietwerterhebungen – Endbericht 2011, S. 9 f.). Legte man diese Werte zugrunde, errechnete sich bereits ein Anteil der tabellenrelevanten Mietdatensätze von 7,8 % an der Grundgesamtheit. Allerdings geht der Beklagte bereits – ohne dies weiter zu substantiieren und zahlenmäßig zu qualifizieren – in seinem Konzept davon aus, dass auch im Geschosswohnungsbau ein relevanter Teil der Wohnungen aus von den Eigentümern bewohnten Eigentumswohnungen besteht (Mietwerterhebungen 2011 – Endbericht, S. 10). Die zwischenzeitlich erzielten Ergebnisse des Zensus vom 9. Mai 2011 untermauern diese These, werden danach im Kreis Pinneberg rund 67.060 Wohnungen zu Wohnzwecken (d.h. auch mietfrei) vermietet. Unter Berücksichtigung dieser statistischen Daten umfasst die Stichprobe einen Anteil von 9,18 % des gesamten vorhandenen Mietwohnungsbestands. Dies ist in jedem Falle ausreichend.

99

Zwar hat das Bundessozialgericht – ohne weitere Substantiierung dieser im Rahmen nicht tragender Erwägungen getroffenen Aussage – in einer sehr frühen Entscheidung ausgeführt, dass eine Datengrundlage eine hinreichende Gewähr dafür biete, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben, wenn z.B. die Datenbasis auf mindestens 10% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruhe (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R – juris Rn. 16). Dies schließt es jedoch nicht aus, dass auch bei einer Stichprobe von weniger als 10% der Gesamtheit repräsentative Aussagen erzielt werden können (vgl. bereits LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11. November 2008 – L 13 AS 210/08 – juris Rn. 99; wonach 5,66% des Wohnungsbestandes als ausreichend erachtet worden sind). Inzwischen erkennt die höchstrichterliche Rechtsprechung an, dass wegen des Stichprobenumfangs und der Auswertung eine Anlehnung an den für Mietspiegel geltenden Standard nicht zu beanstanden sei und hat deshalb im Zusammenhang mit einem Regressionsmietspiegel eine Stichprobe von insgesamt nur 3.000 Wohnungen bezogen auf den Gesamtmietwohnungsbestand der Stadt München für ausreichend erachtet (BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 34 f.). An diesen Maßstäben gemessen bestehen an der Repräsentativität einer Stichprobe mit einem Umfang von annähernd 10 % keine ernsthaften Zweifel.

100

g) Die Datenauswertung ist nach Überzeugung des Senats schlüssig unter Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze erfolgt. Die Basis für die Auswertung bildet ein Tabellenraster, das die im Land Schleswig-Holstein geltenden Wohnflächengrenzen im sozialen Wohnungsbau und die im Rahmen der Clusteranalyse definierten Wohnungsmarkttypen erfasst. Für die Auswertung der Bestandsmieten sind zur Erstellung einer einheitlichen Datenbasis die Mietdaten auf die Nettokaltmiete pro Quadratmeter umgerechnet und die Mieten den jeweiligen Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößenklassen im Tabellenraster zugeordnet worden. Diese Vorgehensweise ist methodisch nicht zu beanstanden.

101

Ebenso wenig beanstandet der Senat, dass der Beklagte die gezogenen Stichproben sowohl bei den erhobenen Bestands- als auch bei den Angebots- und Neuvertragsmieten im Wege der Extremwertkappung bereinigt und dabei u.a. besonders hohe Werte für die dann jeweils folgende Bestimmung des 40 %-Perzentils aus der weiteren Auswertung ausgenommen hat (vgl. dazu die jeweils nach Wohnungsmarkttyp und Wohnungsgrößenklasse aufgeschlüsselten Grafiken in Mietwerterhebungen - Endbericht 2011, Anlage 3 – Histogramme der erhobenen Mieten im Kreis Pinneberg, S. 32 ff.). Bei dem Verfahren der Extremwertkappung auf Basis eines 95 %-Konfidenzintervalls handelt es sich um eine wissenschaftlich anerkannte statistische Methode zur Bereinigung von Extremwerten (vgl. Cischinsky/von Malottki/Rodenfels/Vaché, WuM 2014, 239, 244 f.; von Malottki, info also 2014, 99, 104). Extremwerte sind Mietwerte, die sich – am unteren wie am oberen Rand – deutlich von anderen Werten eines Tabellenfeldes unterscheiden und deshalb nachvollziehbar als ungeeignet für die Ziele der Untersuchung gelten können. Dass im Wege der Extremwertbereinigung 230 von insgesamt 6.157 und damit 3,7 % der Mietwerte aus der weiteren Untersuchung ausgenommen worden sind, beeinträchtigt die Repräsentativität der erhobenen Daten nicht.

102

Auch die Anzahl der nach Extremwertkappung den einzelnen Tabellenfeldern zugeordneten Mietwerte genügt statistischen Mindestanforderungen. Sämtliche Tabellenfelder mit Ausnahme des Tabellenfeldes „Wohnungen > 85 qm“ im Wohnungsmarkttyp 1 weisen mit von 25 bis 873 Mietwerten Fallzahlen auf, die auch nach Überzeugung des Senats ohne Weiteres ausreichend sind, um den Anforderungen an qualifizierte Mietspiegel zu genügen. Entsprechendes gilt nach Maßgabe der Besonderheiten des Einzelfalls auch für das besagte Tabellenfeld, das nur mit 12 Mietwerten besetzt ist, während für Tabellenmietspiegel üblicherweise eine Mindestanzahl von 15 Mietwerten je Tabellenfeld vorausgesetzt wird (Mietwerterhebungen 2011 – Endbericht, S. 13 unten). Dabei orientiert sich der Senat zunächst an den Aussagen des sachverständigen Zeugen K. der in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt hat, dass es bei einer statistischen Analyse mindestens einer Anzahl von 10 Fälle bedarf, um einen zuverlässigen Wert zu erhalten und berücksichtigt ferner die wissenschaftliche Lehrmeinung, dass die Stichprobenqualität nicht nur vom Stichprobenumfang, sondern auch von der Streuung des Merkmals in der Grundgesamtheit abhängig ist (Cischinsky/von Malottki/Rodenfels/Vaché, WuM 2014, 239, 244). Die Streuung der Mietwerte im Tabellenfeld „Wohnungen > 85 qm“ im Wohnungsmarkttyp 1 (vgl. Mietwerterhebungen 2011 – Endbericht, S. 35) erweist sich aber zur Überzeugung des erkennenden Senat in Anbetracht der Aussagen des sachverständigen Zeugen nicht als so groß, dass nicht noch von einer ausreichend repräsentativen Teilstichprobe ausgegangen werden könnte.

103

Mit dem 40 %-Perzentil hat der Beklagte auch das untere Wohnungsmarktsegment in nachvollziehbarer Weise unter Beachtung mathematisch-statistischer Grundsätze erfasst. Dabei unterliegt die Frage, wie der jeweilige Träger das untere Marktsegment bestimmen will, im Ausgangspunkt dem Grundsatz der Methodenfreiheit (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R – BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81, Rn. 24). Seinen methodischen Ansatz stützt der Beklagte auf die grundsätzlich tragfähigen Prämissen, dass die Obergrenze des unteren Wohnungsmarktsegments unterhalb des Mittelwertes aller berücksichtigungsfähigen Wohnungen liegt und das untere Marktsegment so groß sein muss, dass ausreichender Wohnraum für alle Leistungsempfänger zur Verfügung steht, sowie eine räumliche Konzentration von Leistungsempfängern (Ghettoisierung) verhindert wird. Die vom Beklagten gewählte Perzentillösung als empirische Ermittlungsmethode (vgl. Thüringer LSG, Urteil vom 8. Juli 2015 – L 4 AS 718/14 – juris, Rn. 74) stellt sich nach Überzeugung des Senats als geeignet dar, das so umrissene einfache Wohnungsmarktsegment abzugrenzen. Die Ermittlung des Perzentils und damit des Referenzwertes für das untere Wohnungsmarktsegment für die jeweiligen Tabellenfelder erfolgt dabei mittels eines nachvollziehbaren Verfahrens unter Berücksichtigung anerkannter mathematisch-statistischer Methoden.

104

Dabei hat der Beklagte das als Ausgangspunkt für das iterative Annäherungsverfahren erforderliche Perzentil in grundsätzlich nicht zu beanstandender Weise nach den regionalen Gegebenheiten unter Berücksichtigung all derjenigen Gruppen gegeneinander abgegrenzt, die Wohnraum im unteren Marktsegment nachfragen und um diesen konkurrieren. In statistischer Hinsicht nicht zu beanstanden ist insbesondere, dass der Beklagte den Anteil der derjenigen Haushalte im Kreis Pinneberg, die existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II und nach dem Dritten und Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) beziehen und die daher bei typisierender Betrachtung insgesamt um Wohnungen im unteren Marktsegment konkurrieren, mit 10 % angegeben hat. Da für den Anteil der Haushalte der Bezieher niedriger Einkommen oberhalb des Grundsicherungsniveaus keine statistischen Werte im Zuständigkeitsbereich des Beklagten vorhanden sind, hat sich der Beklagte in ebenfalls nicht zu beanstandender Weise am bundesweiten Anteil dieser Personengruppe an den Gesamthaushalten orientiert, die für das Jahr 2009 im Rahmen eines Forschungsprojekts „Kosten der Unterkunft und die Wohnungsmärkte“ für das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) vom Dienstleister des Beklagten mit ca. 7,5 % ermittelt worden war (Mietwerterhebungen 2011 – Endbericht, S. 15). Da es sich hierbei um einen Schätzwert handelt, weil statistisch auswertbare Daten nicht vorhanden sind und der Anteil der Personen im Niedriglohnbereich im Zuständigkeitsbereich des Beklagte aufgrund der überwiegend städtisch geprägten Situation überdurchschnittlich hoch sein dürfte, ist dieser Betrag in nicht zu beanstandender Weise auf 10% aufgerundet worden.

105

Bei der Gegenüberstellung der Nachfragergruppen im unteren Marktsegment und der Gesamtheit der Haushalte ist der Dienstleister des Beklagten unter Berücksichtigung eines zusätzlichen Sicherheitszuschlages von 10 % zunächst davon ausgegangen, dass insgesamt 30 % der Haushalte um die Wohnungen im unteren Marktsegment konkurrieren (vgl. Vernehmung des sachverständigen Zeugen Koopmann im Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht Itzehoe am 9. April 2014, Anlage 6, S. 15). Um eine Konzentration der Nachfrage auf wenige Wohnungsbestände zu vermeiden und um über ein ausreichendes Wohnungsangebot zu verfügen, hat er die Obergrenze des unteren Wohnungsmarktsegments mittels eines (iterativen) Annäherungsverfahrens in ebenfalls nicht zu beanstandender Weise auf das 40%-Perzentil festgelegt (Mietwerterhebungen 2011 – Endbericht, S. 15). Einheitlich für alle Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößenklassen ist das 40%-Perzentil der Bestandsmieten als oberer Richtwert definiert worden, d.h. von 100 Mieten sind mindestens 40 gleich oder niedriger als der ermittelte Richtwert. Die 40. der aufsteigend sortierten Bestandsmieten des jeweiligen Tabellenfeldes bildet damit den Referenzwert. Dies ist vom Grundsatz her nicht zu beanstanden, wenngleich der Beklagte bei der Mietwerterhebung 2015 in Weiterentwicklung seines Konzepts den iterativen Ansatz auf die einzelnen Tabellenfelder verdichtet hat und dort in jeweiliger Anwendung des iterativen Verfahrens – dieses wissenschaftlich anerkannte Verfahren beschreibt einen Prozess des mehrfachen Wiederholens gleicher oder ähnlicher Handlungen zur Annäherung an eine Lösung – zu abweichenden Perzentilgrenzen für einzelne Tabellenfelder gelangt ist (Kreis Pinneberg, Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft im Kreis Pinneberg, Januar 2015, S. 31).

106

Ob eine von vornherein nach den einzelnen Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößenklassen aufgeschlüsselte und differenzierende Bewertung unter gesonderter Berücksichtigung der jeweiligen Nachfragergruppen zu anderen, qualitativ besseren Ergebnissen geführt hätte, bedarf nach Ansicht des Senats keiner Entscheidung. Für die Schlüssigkeit des gewählten Konzepts wäre dies ohne Bedeutung. Dabei berücksichtigt der Senat, dass der Antragsgegner bei der Festsetzung des 40%-Perzentils einen prima facie ausreichenden Puffer von 30 Prozentpunkten bezogen auf die Gruppe der SGB II/SGB XII-Leistungsbezieher etabliert hat; die höchstrichterliche Rechtsprechung hat insoweit deutlich niedrigere Werte genügen lassen (BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 70: untere 20% bei einem SGB-II-Leistungsempfängeranteil an allen Haushalten, juris, Rn. 37).

107

Dem iterativen Verfahren immanent und wegen des Grundsatzes der Methodenfreiheit nicht zu beanstanden ist ferner, dass bei der Festlegung des abstrakten Referenzwertes, d.h. der Angemessenheitsgrenze, bereits eine abstrakte Verfügbarkeit bzw. Häufigkeit angemessener Wohnungen mittels einer Gegenprüfung anhand der Angebots- und Neuvertragsmieten berücksichtigt worden ist. Durch die (komparative) Einbeziehung der Angebots- und Neuvertragsmieten bei der Berechnung der Angemessenheitsgrenze soll gewährleistet werden, dass für diese Bruttokaltmiete eine Wohnung auch konkret im jeweiligen Tabellenfeld angemietet werden kann (von Malottki, info also 2012, 99, 101 ff.; vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – B 4 AS 19/11 R – BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, Rn. 26). Es ist daher auch nach Ansicht des Senats sinnvoll, in keinem Falle aber methodisch fehlerhaft, Nachfrageaspekte bereits bei der Festlegung des Referenzwerts zu berücksichtigen.

108

h) Der Senat beanstandet allerdings, dass der Beklagte die aus der Datenauswertung gezogenen Schlüsse nur unvollständig dokumentiert und teilweise eigene konzeptionelle Prämissen nicht eingehalten hat. Zwar enthält das Konzept (kursorische) Ausführungen zu den Ergebnissen der Bestandsmietenauswertungen (Mietwerterhebungen 2011 – Endbericht, S. 14 ff.). Die erforderliche Bewertung des Abgleichs der auf Basis der Bestandsmieten gebildeten Angemessenheitsgrenzen mit den Angebots- und Neuvertragsmieten fehlt allerdings nahezu vollständig. Sie beschränkt sich im Wesentlichen auf die Feststellung, dass „ein Vergleich der Angebotsmieten mit den Neuvertragsmieten … [zeige], dass mit nur einer Ausnahme im Wohnungsmarkttyp 2 (> 85 qm) die Neuvertragsmieten unter den Mieten der Angebote liegen. Dies bestätigt die Annahme, dass die Angebotsmieten nicht den kompletten Wohnungsmarkt widerspiegeln“ (Mietwerterhebungen 2011 – Endbericht, S. 23).

109

Dies genügt nach Ansicht des Senats in keinem Fall, den eigenen methodischen Ansprüchen gerecht zu werden. Denn die Angebotsmietenerhebung hat in erster Linie erfolgen sollen, um nachzuweisen, dass innerhalb der Angemessenheitsgrenzen „tatsächlich auch Wohnungen in dem erforderlichen Umfang neu angemietet werden“ können (Mietwerterhebungen 2011 – Endbericht, S. 18). Zur Frage, ob dieser Nachweis erbracht ist, verhält sich der Endbericht nicht. Zweifel daran bestehen bereits bei bloßer Zugrundelegung des Endberichts, der in den maßgeblichen Tabellen 14-17 sowohl bei den Angebots- als auch bei den Neuvertragsmieten z.T. sehr niedrige Werte dokumentiert.

110

So liegt der Anteilswert der Angebotsmieten unterhalb der quadratmeterbezogenen Angemessenheitsgrenze z.B. im Wohnungsmarkttyp 2 für die Wohnungsgrößenklasse >85 qm bei 2 % (Neuvertragsmieten 19 %), im Wohnungsmarkttyp 3 für die Wohnungsgrößenklasse >85 qm bei 7 % (Neuvertragsmieten kein Wert), im Wohnungsmarkttyp 4 für die Wohnungsgrößenklasse > 50 bis ≤ 60 qm bei 5 % (Neuvertragsmieten 19 %), für die Wohnungsgrößenklasse > 60 bis ≤ 75 qm bei 1 % (Neuvertragsmieten 18 %) für die Wohnungsgrößenklasse > 75 bis ≤ 85 qm bei 0 % (Neuvertragsmieten bei 10 %) und für die Wohnungsgrößenklasse > 85 qm bei 7 % (Neuvertragsmieten 17 %).

111

Das Schweigen des Beklagten zu diesen offensichtlich erläuterungsbedürftigen Werten spricht bereits dafür, dass der Beklagte selbst nicht vom Nachweis überzeugt gewesen ist, dass zu den ermittelten Werten bezogen auf alle Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößenklassen ausreichender Wohnraum tatsächlich anmietbar ist. Zumindest aber hat er nach seinen eigenen Prämissen nicht davon ausgehen können. Denn im nachfolgenden „Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft im Kreis Pinneberg“ führt er aus (Konzept 2015 – Bericht, S. 30):

112

„Wichtig bei der Ableitung der Angemessenheitsgrenzen ist die Verfügbarkeit von entsprechendem Wohnraum auf Basis des Produktwertes der Brutto-Kaltmiete. Hierfür wird ausgewertet, wie hoch der Anteil derjenigen Angebote ist, die zu dem ausgewiesenen Angemessenheitswert verfügbar sind.

113

Als ausreichend für „normale Wohnungsmarktverhältnisse“, also ohne zusätzliche und kurzfristige Nachfrageveränderungen können hier Prozentwerte von 10 % bis 20 % bei den Angebotsmieten betrachtet werden.“

114

Diese Vorgaben hält der Beklagte bezogen auf das Konzept 2011 nicht ein und legt dabei weder dar, dass es sich insoweit um neue statistische Erkenntnisse handelt, noch, dass und warum möglicherweise im Gebiet des Kreises Pinneberg von „normalen Wohnungsmarktverhältnissen“ abweichende Wohnungsmarktverhältnisse vorliegen könnten und wie darauf zu reagieren wäre. Der Senat ist deshalb davon überzeugt, dass die im Konzept 2015 genannten Näherungswerte (10-20 % der Angebotsmieten) bereits dem methodischen Ansatz des hier streitigen Konzepts 2011 zugrunde gelegen haben. Anderenfalls hätte er keine Veranlassung gehabt, die Angebotsmieten überhaupt zu erheben. Seinem konzeptionellen Ansatz ist der Beklagte dann aber in rechtsfehlerhafterweise untreu geworden.

115

i) Dieser Mangel führt jedoch nicht dazu, dass automatisch die Bedarfe für Unterkunft (und Heizung) in tatsächlich entstehender Höhe zu berücksichtigen wären. Vielmehr korrigiert der Senat das Konzept nach eigener Überzeugungsbildung und nach entsprechender Neuberechnung durch den Beklagten mit der Maßgabe, dass das Perzentil der Bestandsmieten in den einzelnen Tabellenfeldern so lange iterativ in Schritten von 5-Prozentpunkten anzuheben ist, bis mindestens 10 % der als Angebotsmieten oder 20 % der als Neuvertragsmieten erhobenen Wohnungen der jeweiligen Größenklasse preislich unterhalb der sich daraus errechnenden Angemessenheitsgrenze liegen.

116

Zu solchen Korrekturen ist der Senat befugt. Zwar ist es nach Maßgabe des § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zuvörderst die Angelegenheit des Grundsicherungsträgers, für seinen Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten sind (BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 25); immerhin sind die auf dem Konzept fußenden Erkenntnisse für den Grundsicherungsträger schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren unabdingbar. Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Gericht auf die bloße Kontrolle der Konzeptbildung durch die Verwaltung beschränkt wäre; es hat den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vielmehr eigenständig auszufüllen und unterliegt in diesem Zusammenhang einer eigenen Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG).

117

Liegt der Entscheidung des Grundsicherungsträgers kein (in jeder Hinsicht) schlüssiges Konzept zu Grunde, ist dieser im gerichtlichen Verfahren gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und gegebenenfalls eine unterbliebene Datenerhebung nachzuholen (BSG, Urteile vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 33/08 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 25, Rn. 22 und vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 50/09 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 29; vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 87/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 73, Rn. 24). Wenn geeignetes Datenmaterial für den Vergleichsraum vorhanden ist, ist dieses im Rahmen der Amtsermittlungspflicht zur Überprüfung der von dem Beklagten gewählten Angemessenheitsgrenze heranzuziehen (BSG, Urteil vom 10. September 2013 – B 4 AS 77/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 70, Rn. 25 unter Verweis auf die Urteile vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 65/09 R – juris, Rn. 28 und – B 14 AS 2/10 R – juris, Rn. 14 sowie – B 14 AS 50/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 42 Rn. 27, die Urteile vom 13. April 2011 – B 14 AS 106/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 46 Rn. 24, – B 14 AS 85/09 R – juris, Rn. 28 und – B 14 AS 32/09 R – juris, Rn. 23, das Urteil vom 20. Dezember 2011 – B 4 AS 19/11 R – BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, Rn. 23, das Urteil vom 22. März 2012 – B 4 AS 16/11 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 59 Rn. 16 f. und das Urteil vom 14. Februar 2013 – B 14 AS 61/12 R – juris, Rn. 22).

118

Nach der Logik der Verantwortungsverteilung für die Erstellung des schlüssigen Konzepts sind dabei zunächst Ermittlungen und Überlegungen des Beklagten aufzugreifen und ggf. unzulängliche Feststellungen der Verwaltung mit deren Unterstützung nachzubessern, um das Konzept um ggf. erkennbar werdende konzeptionelle Schwächen bereinigen zu können (BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 41/08 R – juris, Rn. 22); Korrekturen haben sich also möglichst nahe am bestehenden Konzept zu halten. Das Vorgehen des Senats entspricht dieser Verantwortungsverteilung.

119

Auf das Schreiben des Senats vom 17. Januar 2017, mit welchem der Senat den iterativen Ansatz des Beklagten aufgenommen und vorgegeben hatte, das im Endbericht 2011 tabellenübergreifend ermittelte und angewandte 40%-Perzentil hinsichtlich des mindestens 10% Anteils bei den Angebotsmieten und mindestens 20% Anteils bei den Neuvertragsmieten neu zu berechnen, hat der Beklagte das Konzept in hinreichender Weise nachgebessert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme vom 23. Januar 2017 Bezug genommen.

120

Dabei hat er zwar – unter Änderung des ursprünglichen konzeptionellen Ansatzes – vom zuvor quadratmeterbezogenen Abgleich der Angemessenheitsgrenze mit den Angebots- und Neuvertragsmieten Abstand genommen und prüft nunmehr nur noch den Anteil der als Angebots- bzw. Neuvertragsmieten erhobenen Wohnungen der jeweiligen Größenklasse, die bis zum Angemessenheitsrichtwert bruttokalt tatsächlich anmietbar gewesen wären. Konzeptionell führt er dazu aus, dass durch die Anwendung der Produkttheorie des BSG ein tatsächlich höheres Wohnungsangebot zum Angemessenheitsrichtwert zur Verfügung stehe im Vergleich zur rein quadratmeterbezogenen Betrachtung, weil durch den Verzicht auf Wohnfläche deutlich mehr Wohnungen anmietbar seien, nämlich auch solche, bei denen die Quadratmetermiete zwar über dem jeweiligen Angemessenheitsrichtwert liege, nicht jedoch das Produkt aus Quadratmeterpreis und Fläche.

121

Der Senat billigt jedoch diese konzeptionelle Änderung. Dabei berücksichtigt er wesentlich, dass das Konzept 2011 auf Bestandsmieten beruht, die innerhalb des Vierjahreszeitraums entsprechend § 558d Abs. 2 BGB neu vereinbart oder geändert worden sind und dass das Rohdatenmaterial auch qualitativ mit demjenigen vergleichbar ist, das der Erstellung qualifizierter Mietspiegel zugrunde liegt. Weil die höchstrichterliche Rechtsprechung davon ausgeht, dass bei qualifizierten Mietspiegeln die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung auch für das schlüssige Konzept regelmäßig ausreicht (BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 – B 4 AS 19/11 R – BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, Rn. 24), bedarf es dort der Absicherung der auf Basis der geänderten Bestandmieten ermittelten Angemessenheitsrichtwerte durch Angebotsmietenerhebungen in der Regel nicht mehr. Zwar erreicht der vorliegend erhobene Datenbestand in anderer Hinsicht nicht in gleicher Weise die Überzeugungskraft eines qualifizierten Mietspiegels – anders als dort hat hier eine umfassende verfahrensrechtliche Absicherung durch die beteiligten Interessengruppen nicht stattgefunden (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. Mai 2014 – L 6 AS 18/13 R – juris, Rn. 77); qualitativ kommt er ihm aber schon sehr nah. Dies rechtfertigt es nach Ansicht des erkennenden Senats, die Anforderungen an die Qualität der Gegenprobe durch Angebots- und Neuvertragsmieten zu reduzieren und die Grundannahmen des Beklagten insoweit auf eine Vertretbarkeitskontrolle zu beschränken. Von ihrer Vertretbarkeit der Argumentation des Beklagten ist der Senat indes überzeugt.

122

j) Danach ergeben sich ausgehend vom Ausgangskonzept nur für diese 5 Tabellenfelder neue Angemessenheitsrichtwerte (Nettokaltmiete) in folgender Höhe:

123

Wohnungsmarkttyp 1,
Wohnungsgrößenklasse > 85 qm:

        

479,75 EUR (5,05 EUR/qm);

Wohnungsmarkttyp 3,
Wohnungsgrößenklasse > 85 qm:

        

595,65 EUR (6,27 EUR/qm);

Wohnungsmarkttyp 4,
Wohnungsgrößenklasse > 60 bis ≤ 75 qm:

        

405,00 EUR (5,40 EUR/qm);

Wohnungsmarkttyp 4,
Wohnungsgrößenklasse > 75 bis ≤ 85 qm:

        

466,65 EUR (5,49 EUR/qm);

Wohnungsmarkttyp 4,
Wohnungsgrößenklasse > 85 qm:

        

508,25 EUR (5,35 EUR/qm).

124

Bei allen anderen Tabellenfeldern verbleibt es bei den vom Beklagten festgesetzten Werten, weil mindestens 10 % der Angebotsmieten oder 20 % der Neuvertragsmieten in Höhe oder unterhalb des Angemessenheitsrichtwerts liegen.

125

7. Auch die Bestimmung der angemessenen Betriebskosten als dem zweiten Teilelement des angemessenen Quadratmeterpreises wird den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept gerecht.

126

a) Die Datenerhebung hinsichtlich der kalten Betriebskosten erfolgte über den gesamten Vergleichsraum, da diese im beschriebenen zweistufigen Verfahren gemeinsam als Teilelement neben der Nettokaltmiete mit den Bestandsmieten zum Stichtag 1. Juli 2010 sowohl bei den großen Vermietern als auch im Rahmen der Mieterbefragung erhoben worden sind.

127

b) Auch der Gegenstand der Beobachtung ist nachvollziehbar definiert. Es wurde – wie sich aus den Fragebögen ergibt – die tatsächliche Betriebskostenvorauszahlung der jeweiligen im Bestandsmietendatensatz enthaltenen Wohnung zum Stichtag 1. Juli 2010 (einschließlich der Kosten für Wasser und Abwasser) abgefragt und in den Fragebögen hinreichend deutlich zu den Heiz- und Warmwasserkosten abgegrenzt, da letztere separat angegeben werden sollten. Ein Ausschluss bestimmter Betriebskosten hat nicht stattgefunden.

128

Wie der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Itzehoe vom 9. April 2014 (Anlage 6, S. 13) ausgesagt hat, ist sodann zumindest eine Plausibilitätsprüfung erfolgt, wonach extrem hohe bzw. extrem niedrige Werte ausgeschlossen worden sind. Die sodann erhaltenen Daten sind den jeweiligen Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößenklassen zugeordnet und auf der Basis der konkreten Quadratmeter der jeweiligen Wohnung in einen Quadratmeterpreis umgerechnet worden; anschließend ist für jedes Tabellenfeld der Durchschnitt der zuvor ermittelten Quadratmeterpreise als angemessener Richtwert berechnet worden.

129

c) Hinsichtlich des Beobachtungszeitraums gilt das zu den Bestandsmieten ausgeführte entsprechend. Die kalten Betriebskosten sind ebenfalls zum Stichtag 1. Juli 2010 erhoben worden. Bedenken ergeben sich insofern nicht.

130

d) Die einbezogenen Daten sind hinreichend valide und repräsentativ. Zwar hat der Zeuge K. in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat die konkrete Anzahl der eingeflossenen Werte nicht konkret benennen können. Der Senat geht jedoch davon aus, dass auf der Basis von 5.927 tabellenrelevanten Mietwerten nach Extremwertkappung eine ausreichende Anzahl an Daten für die Ermittlung der durchschnittlichen kalten Betriebskosten vorlag. Denn aufgrund der Abfragung in den Fragebögen hat eine Auswertung nur dann nicht erfolgen können, wenn zu den Fragen zu den kalten Betriebskosten entweder keine oder unvollständige Angaben vorgelegen haben.

131

e) Der Senat zweifelt auch nicht daran, dass bei der Ermittlung der kalten Betriebskosten anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze angewandt worden sind. Es hat zumindest eine Plausibilitätsprüfung stattgefunden, die Ermittlung des Quadratmeterpreises ist auf der Basis der konkreten Wohnung und nicht abstrakt an der maximalen zulässigen Wohnungsgröße des jeweiligen Tabellenfeldes erfolgt. Auch die Vorgehensweise, auf den Durchschnittswert abzustellen, begegnet keinen Bedenken, da die herangezogenen Werte aus dem gesamten Wohnungsmarktsegment stammen. Das BSG hat bereits mehrfach entschieden, dass es zulässig ist, dort, wo statistische Daten zur Bestimmung der Betriebskosten gerade im unteren Wohnsegment nicht vorliegen, auf die Durchschnittswerte aus allen Mietverhältnissen zurückzugreifen (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010 – B 14 AS 50/10 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 42, Rn. 34 und vom 22. August 2012 – B 14 AS 13/12 R – SozR 4-4200 § 22 Nr 64, Rn. 27).

132

f) Die kalten Betriebskosten sind in den Tabellen 10 bis 13, Endbericht 2011, S. 16 ff. tabellenfeldbezogen dargestellt worden. Die gezogenen Schlüsse sind im Ergebnis nachvollziehbar und schlüssig.

133

8. Insgesamt ergeben sich damit nach dem vom Beklagten vorgelegten und vom Senat fortentwickelten Konzept folgende Angemessenheitsgrenzen.

134

Für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2012 (geänderte Werte fett):

135

Größe
in qm

Wohnungs-
markttyp 1

Wohnungs-
markttyp 2

Wohnungs-
markttyp 3

Wohnungs-
markttyp 4

≥ 35 bis ≤ 50

356,00 EUR

328,50 EUR

358,50 EUR

379,50 EUR

> 50 bis ≤ 60

395,40 EUR

396,60 EUR

424,80 EUR

412,20 EUR

> 60 bis ≤ 75

536,25 EUR

470,25 EUR

581,25 EUR

523,50 EUR

> 75 bis ≤ 85

579,70 EUR

536,35 EUR

674,90 EUR

608,60 EUR

> 85 bis ≤ 95

616,55 EUR

615,60 EUR

731,50 EUR

646,00 EUR

136

Für den Zeitraum 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2014 (geänderte Werte fett; Fortschreibung wie im bisherigen Konzept ausgehend vom nach oben gerundeten vollen Eurowert):

137

Größe
in qm

Wohnungs-
markttyp 1

Wohnungs-
markttyp 2

Wohnungs-
markttyp 3

Wohnungs-
markttyp 4

≥ 35 bis ≤ 50

371,99 EUR

342,82 EUR

374,08 EUR

395,96 EUR

> 50 bis ≤ 60

412,63 EUR

413,67 EUR

442,85 EUR

430,35 EUR

> 60 bis ≤ 75

558,51 EUR

490,78 EUR

606,44 EUR

546,01 EUR

> 75 bis ≤ 85

604,36 EUR

559,55 EUR

703,35 EUR

634,58 EUR

> 85 bis ≤ 95

642,91 EUR

641,87 EUR

762,74 EUR

673,13 EUR

138

9. Die Geltung dieser Angemessenheitsrichtwert, die im Falle der Kläger die berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten auf 580,00 EUR bruttokalt begrenzen, ist entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht von einer formellen Bekanntgabe des Konzepts abhängig. Deshalb kann offen bleiben, ob und in welcher Form der Beklagte das Konzept tatsächlich publiziert hat.

139

Soweit die Kläger ihre Forderung nach „Bekanntgabe“ des Konzepts der Sache nach auf einen aus §§ 22a Abs, 1 und 2, 22b Abs. 2 Satz 3 SGB II folgenden Rechtsgedanken stützen, greift dieser Ansatz zu kurz. Das Erfordernis der ortüblichen Bekanntmachung einer Angemessenheitssatzung folgt aus der Rechtsnormqualität der Satzungen; die auf den Mietwerterhebungen 2011 beruhenden Angemessenheitsrichtlinien des Beklagten haben als Verwaltungsvorschriften dagegen allein Innenrechtsqualität. Einer formellen Bekanntmachung bedarf es für ihre Wirksamkeit insoweit nicht. Anderes folgt entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht aus der Rechtsprechung des  Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu auf Grundlage des § 101a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in der Fassung des Gesetzes vom 25. Juni 1999 (BGBl. I S. 1442) ergangenen Pauschalierungsrichtlinien. Zwar hat das BVerwG entschieden, dass derartige Verwaltungsvorschriften wegen ihrer unmittelbare Außenwirkung gegenüber Dritten wie Rechtsnormen bekanntzumachen sind (BVerwG, Urteil vom 25. November 2004 – 5 CN 1/03 – BVerwGE 122, 264, juris, Rn. 31). Diese besonderen Verwaltungsvorschriften unterscheiden sich aber von Angemessenheitsrichtlinien wesentlich dadurch, dass – gedeckt allein durch die Experimentierklausel des § 101a BSHG – eine Pauschalierung der Leistungen abweichend vom formellgesetzlichen Leistungskatalog angeordnet haben. Demgegenüber wird mit den Angemessenheitsrichtlinien der formellgesetzliche Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II lediglich konkretisiert. Dass diese Konkretisierung ohne formale Bekanntmachung Wirkungen entfalten muss, ergibt sich im Übrigen auch aus der Rechtsprechung des BSG, verpflichtet es doch die Sozialgerichte – wie im vorliegenden Falle geschehen – dazu, ein den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept nicht entsprechendes Trägerkonzept in eigener Verantwortung nachzubessern (dazu mit Nachweisen oben 6. i). Zumindest in einem solchen Fall kann es aber eine formale Bekanntmachung des im gerichtlichen Verfahren erst statuierten Konzepts im Anwendungszeitraum noch gar nicht gegeben haben.

140

IV. Den Klägern steht die Berücksichtigung höherer als der bereits berücksichtigten Bedarfe für Unterkunft und Heizung auch nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zu. Soweit danach die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Dabei greift die befristete Bestandsschutzregelung im Falle der Kläger für den hier streitigen Zeitraum nicht mehr, weil die sechsmonatige Übergangsfrist nach Erteilung der Kostensenkungsaufforderung vom 28. April 2011 bereits abgelaufen war.

141

Gründe für die Unmöglichkeit der Kostensenkung sind im Übrigen nicht ersichtlich. Die höchstrichterliche Rechtsprechung geht davon aus, dass die objektive Unmöglichkeit einer Unterkunftsalternative, wenn man auf hinreichend große Vergleichsräume wie vorliegend das gesamte Kreisgebiet abstellt, nur in seltenen Ausnahmefällen zu begründen sein wird, zumal es in Deutschland derzeit keine allgemeine Wohnungsnot gibt und allenfalls in einzelnen Regionen Mangel an ausreichendem Wohnraum herrscht (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263-274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 36). Derartige besondere Umstände liegen hier zur Überzeugung des Senats nicht vor.

142

Auch Umstände, die zugunsten der Klägerin die Unzumutbarkeit der Kostensenkung begründen würden, sind nicht ersichtlich. Die mit einem etwaigen Wohnungswechsel ohnehin verbundenen Umstände begründen auch in der konkreten Lebenssituation der Kläger keine Unzumutbarkeit. Das BSG hat allerdings grundrechtsrelevante Sachverhalte und Härtefälle unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten in Betracht gezogen. Dazu gehört insbesondere die Rücksichtnahme auf das soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger Kinder oder auf Alleinerziehende, die zur Betreuung ihrer Kinder auf eine besondere Infrastruktur angewiesen sind, die bei einem Wohnungswechsel in entferntere Ortsteile möglicherweise verloren ginge und im neuen Wohnumfeld nicht ersetzt werden könnte (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263-274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, Rn. 35). Auch daran gemessen vermag der Senat die Unzumutbarkeit der Kostensenkung im vorliegenden Fall nicht festzustellen. Die Kläger haben dazu nichts vorgetragen. Aufgrund des Alters der Kläger zu 2. bis 4. – alle sind im streitgegenständlichen Zeitraum über zehn Jahre alt gewesen – ist nicht davon auszugehen, dass sie aus schulischen Gründen noch auf eine Wohnung in H. angewiesen gewesen sind. Die Gemeinde verfügt lediglich über eine Grundschule, während weiterführende Schulen im benachbarten W. vorhanden sind. Zumindest ein Wohnungswechsel nach W. erscheint von daher ohne Weiteres zumutbar.

143

C. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens und berücksichtigt das zugunsten der Kläger erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht abgegebene Teilanerkenntnis.

144

D. Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sieht der Senat nicht.


Tenor

I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 08. August 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2014 sowie in der Fassung der Änderungs-, Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 22. November 2014, 19. Januar 2015, 17. Februar 2015 sowie 28. Mai 2015 verpflichtet, den Klägern Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt monatlich 383,10 € sowie für Dezember 2014 weitere Kosten der Stromheizung von 285,27 € zu erstatten.

II. Der Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Kosten der Unterkunft.

Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) heirateten während des laufenden Verfahrens. Die Klägerin zu 3) ist die 2013 geborene Tochter der Klägerin zu 2). Die Kläger bewohnen eine 105,48 m² große Wohnung. In der Wohnung werden ein Öleinzelofen sowie Stromheizungen betrieben.

Der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge beauftragte die Firma A & K mit der Erarbeitung eines Konzepts zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft. Dieses Konzept wurde mit Anfragen bei großen Vermietern erstellt. Auf der Grundlage der Adressdatenbank des regionalen Müllentsorgungsunternehmens wurden auch kleine, private Vermieter angeschrieben. Die dadurch gewonnenen Daten wurden zum Stichtag 01.06.2013 in die Berechnungen eingestellt. Angebotsmieten wurden über einen Zeitraum von elf Monaten erfasst. Beobachtet wurden dabei die Internet-Immobiliensuch-portale, Tagespresse und Anzeigenblätter sowie die Internetseiten der großen Wohnungsanbieter.

A & K legte in der schriftlichen Abfassung des Konzepts dar, dass in Abweichung von den Wohnungsbauförderungsverwaltungsvorschriften in Bayern um 2 m² größere Wohnungen nachgefragt werden. Es wurden Wohnungsmarkttypen aus den Kenngrößen für Bevölkerungsentwicklung, Bevölkerungsdichte, Siedlungsstruktur, Neubautätigkeit, Bodenpreiszentralität und Tourismus gebildet. Die kreisangehörige Stadt, in der die Kläger wohnen, wurde dem Wohnungsmarkttyp I zugeordnet. Dieser ist nach der Erläuterung des Konzepts geprägt durch unterdurchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen und deutlich unterdurchschnittliche Bevölkerungsentwicklung sowie Neubautätigkeit. Der Anteil von Mehrfamilienhäuser (Siedlungsstruktur) sei nur leicht unterdurchschnittlich. Allgemein würden Wohnungen unter 35 m² Wohnfläche ebenso wenig berücksichtigt wie Substandardwohnungen. Unter letzterem wurden Unterkünfte ohne Bad oder Sammelheizung verstanden. Die Abgrenzung des den SGB II- bzw. SGB XII-Leistungsbeziehern zustehenden Wohnungskreises werde über den Preis definiert. Wohnungen, die dem allgemeinen Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung stehen, wurden ausgeschieden.

Im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge existierten etwa 22.000 Wohngebäude mit etwa 42.000 Wohnungen. 16.300 Wohnungen wären zu Wohnzwecken vermietet. Es wären viele leerstehende Altbauten zu beobachten. Mehrere Prozentpunkte der Wohnungen entfielen auf Substandardwohnungen. Aus dem Kreis der kleineren Mieter seien 2.000 angeschrieben worden. Insgesamt würden 3502 Datensätze zu Bestandsmieten und 373 zu Angebotsmieten vorliegen. Es bestehe ein Leerstand von etwa 3.200 Wohnungen.

Der Bericht der Firma A & K wurde als „grundsicherungsrelevanter Mietspiegel“ vom Kreisausschuss des Landkreises Wunsiedel im Fichtelgebirge in öffentlicher Sitzung am 03.02.2014 beschlossen. Im gleichen Beschluss wurde die Verwaltung ermächtigt, in Fällen von nicht grundlegender Bedeutung die Richtlinien zu ändern.

Mit Schreiben vom 21.01.2014 wurden die Kläger auf das Inkrafttreten des schlüssigen Konzepts zum 01.01.2014 hingewiesen. Die Kosten für die von den Klägern bewohnte Wohnung wären danach nicht angemessen. Die Kosten könnten daher noch längstens für die Dauer von 6 Monaten in der tatsächlichen Höhe berücksichtigt werden. Die Kläger wurden aufgefordert, innerhalb dieser 6 Monate ihre Mietkosten durch Umzug in eine kostengünstigere Wohnung, durch Vermieten oder auf andere Weise mindestens auf die Angemessenheitsgrenze zu senken. Im Fall der Klägerin betrage die Angemessenheitsgrenze 333,00 € inklusive Nebenkosten.

Mit Schreiben vom 24.04.2014 wurde die Betriebskostenumlage 2013 abgerechnet. Ab 01.08.2014 haben die Kläger monatlich 383,10 € zu zahlen. Die Grundmiete blieb unverändert bei 300,00 €.

Die Kläger erhielten im Parallelverfahren S 4/17 AS 552/14 mit Schreiben des Beklagten vom 04.08.2014 Kenntnis von dem Bericht der Firma A & K.

Mit Bescheid vom 08.08.2014 wurden den Klägern für den Zeitraum vom 01.09.2014 bis 28.02.2015 vorläufige Leistungen bewilligt. Eine Begründung zur Vorläufigkeit ist - abgesehen vom Zitat der einschlägigen Normen - dem Bescheid nicht zu entnehmen. Es errechneten sich Leistungen von 1392,27 €, wobei auf die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 2) jeweils 507,52 € sowie auf die Klägerin zu 3) 377,23 € entfielen. Den Klägern wurde ein Mehrbedarf für die zentrale Warmwasserbereitung gewährt. Es wurden Kosten der Unterkunft in Höhe von 333,00 € (Grundmiete 300,00 € und Nebenkosten 33,00 €) sowie Kosten der Heizung von 106,20 € berücksichtigt.

Mit Schreiben vom 21.08.2014 erhoben die Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.08.2014. Ein schlüssiges Konzept liege nicht vor, da die zugrundeliegenden Daten älter als 2 Jahre wären. Gleichzeitig wurde beantragt, die Leistungen endgültig festzusetzen.

Mit Bescheid vom 22.08.2014 wurde ein höheres Einkommen des Klägers zu 2) berücksichtigt. Die Kosten der Unterkunft wurden unverändert in Höhe von 333,00 € gewährt.

Der kommunale Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende hat eine Indexfortschreibung der angemessenen Kosten vorgenommen. Dazu bediente er sich des Berichts vom November 2014 „Indexfortschreibung des schlüssigen Konzepts 2012“ der Firma A & K. Es wurde ein Index des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung, Verbraucherpreisindex für Bayern, genutzt, der die Entwicklung der Mietkosten für Bayern wiedergibt (Bericht Seite 2). Daneben wurde ein Index für die Preisentwicklung der kalten Betriebskosten (Wohnungsnebenkosten) angewendet. Die Veränderung zwischen Juni 2012 und Juni 2014 betrug 2,73% hinsichtlich der Wohnungsmieten und 0,39% hinsichtlich der Wohnungsnebenkosten. Eine Untersuchung des örtlichen Wohnungsmarktes oder eine Stichprobe ist dem Bericht nicht zu entnehmen.

Der Bericht über die Indexfortschreibung wurde dem Gericht im Parallelverfahren S 4/17 AS 552/14 mit Schreiben des Beklagten vom 27.05.2015 vorgelegt und den Klägern zur Kenntnis gebracht.

Im Widerspruchsbescheid vom 14.11.2014 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.08.2016 zurückgewiesen. Die Fortschreibung des schlüssigen Konzepts liege noch nicht in endgültiger Fassung vor. Es habe vorläufig entschieden werden müssen, damit die Bedarfsgemeinschaft ihren Lebensunterhalt habe decken können.

Durch Änderungsbescheid vom 22.11.2014 wurden die Leistungen an die neuen Regelbedarfe ab 01.01.2015 angepasst.

Am 01.12.2014 nahm der Kläger zu 2) eine andere Tätigkeit auf.

Mit diesem Ergebnis des Verwaltungsverfahrens zeigen sich die Kläger nicht einverstanden und erheben am 04.12.2014 Klage zum Sozialgericht Bayreuth. Zur Begründung tragen die Kläger vor: Die Kläger hätten Anspruch auf die Erstattung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft, da diese nicht unangemessen seien. Der Beklagte sei der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Schlüssigkeit des angewandten Konzepts nicht nachgekommen.

Die Kläger legten die Heizkostenabrechnung über Heizstrom vom 25.11.2014 vor. Aufgrund der Fälligkeit am 11.12.2014 wären im Monat Dezember weitere Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Bescheides vom 08.08.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2014 sowie in der Fassung der Änderungs-, Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 22.11.2014, 19.01.2015, 17.02.2015 sowie 28.05.2015 den Beklagten zu verurteilen, den Klägern Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt monatlich 383,10 € sowie für Dezember 2014 weitere Kosten der Stromheizung von 285,27 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verwies auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Mit Bescheid vom 19.01.2015 gewährte der Beklagte ab Januar 2015 den neuen Abschlag für die Stromheizung. Am gleichen Tag ergingen Bescheide zur Aufhebung und Erstattung an die Klägerin zu 1) (auch für die Klägerin zu 3) sowie an den Kläger zu 2). Der Kläger zu 2) hatte im Januar 2015 einen Lohnzufluss in Höhe von 2125,45 € (bislang 1256,30 €) gutgeschrieben bekommen.

Mit Bescheiden vom 17.02.2015 wurden die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 19.01.2015 neu berechnet.

Mit Bescheiden vom 28.05.2015 wurden die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 17.02.2015 abgeändert. Aufgrund der Indexfortschreibung würden die Leistungen im Monat Dezember 2014 in Höhe eines Betrages von 2,99 € angehoben. Mit weiterem Bescheid vom 28.05.2015 wurden die Leistungen ab 01.09.2014 ohne Vorläufigkeitsvermerk festgesetzt. Für September bis einschließlich November errechneten sich Leistungen von 1399,27 €. Nunmehr wurden Kosten der Unterkunft von 340,00 € und unveränderte Heizkosten von 106,20 € berücksichtigt. Im Dezember 2015 betrug die Leistungshöhe 1284,71 €. Kosten der Unterkunft wurden mit 300,00 € und Nebenkosten mit 31,46 € berücksichtigt. Heizkosten wurden nicht erstattet.

Im Erörterungstermin am 23.08.2016 kritisierten die Kläger, dass überzahlte Leistungen ab Januar 2015 mit dem Anspruch auf Erstattung der Heizstromkostenrechnung im Dezember 2014 verrechnet worden seien. Sie stellten klar, dass der Streitstoff des vorliegenden Verfahrens auf die Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkt wird. Die Beteiligten verzichteten auf mündliche Verhandlung.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Prozessakten sowie auf die beigezogenen Behördenakten (3 Bände) Bezug genommen.

Gründe

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 08.08.2014 - der nach Änderungs-, Widerspruchssowie Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden (22.08.2014, 14.11.2014, 22.11.2014, 19.01.2015, 17.02.2015) seine endgültige Ausgestaltung im Bescheid vom 28.05.2015 erhalten hat. Die Bescheide regeln die Höhe der SGB II-Leistungen ab 01.09.2014. Zwischen den Beteiligten besteht Übereinstimmung dahingehend, dass aufgrund der umfassenderen Berufstätigkeit des Klägers zu 2) und dem damit verbundenen Einkommen ab 01.01.2015 kein Leistungsanspruch mehr besteht.

Der Streitgegenstand ist durch die Antragstellung auf den abtrennbaren Teil der Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl. etwa BSG Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 42/13 -, Rn. 10) begrenzt.

Die Heizkostennachforderung vom 25.11.2014 ist im Dezember 2015 fällig geworden und damit als einmalige Leistung Gegenstand des Verfahrens (BSG Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 12/10 -, Rn. 14 f.)

Die zulässige Klage ist begründet, da die Bescheide die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende hinsichtlich der zu erstattenden Kosten der Unterkunft zu niedrig festgesetzt haben. Das kommunale Konzept des Landkreises Wunsiedel im Fichtelgebirge ist unwirksam. Die Aufwendungen der Kläger übersteigen den nach der Wohngeldtabelle mit Sicherheitszuschlag angemessenen Umfang nicht.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 1 Sätze 1, 3 SGB II, wonach Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind. Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den nach der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie als Bedarf der Personen nur anzuerkennen, als es diesen nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (Satz 3). Anhaltspunkte für eine Abweichung von der Wertung des Gesetzgebers („in der Regel jedoch längstens“, § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB XII) sind im Fall der Kläger nicht ersichtlich. Die Kläger haben nach Ablauf des Kostensenkungszeitraums (spätestens) ab 01.08.2014 nur Anspruch auf die angemessenen tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Bestimmung der angemessenen Kosten durch den Beklagten durch ein schlüssiges Konzept war unwirksam, da dieses nicht öffentlich bekannt gemacht worden ist und eine Indexfortschreibung unzulässig ist.

Für die Prüfung der Angemessenheit besteht ein mehrstufiges Verfahren: Zunächst ist die Größe der Wohnung unter Zugrundelegung der landesrechtlichen Wohnraumförderbestimmungen festzustellen und zu überprüfen, ob diese angemessen ist.

Angemessen ist eine Wohnung nach dem Wohnungsstandard ferner nur, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Es genügt jedoch insoweit, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist. Die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, darf die angemessene Mietobergrenze nicht überschreiten. Als letzter Prüfungsschritt ist zu ermitteln, ob nach der Struktur des Wohnungsmarktes am konkreten Wohnort der Leistungsberechtigte tatsächlich auch die Möglichkeit hat, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können.

Die Wohnfläche der Kläger überschreitet mit 105,48 m² den als angemessen anzusehenden Wert von 75,00 m² für 3 Personen (Nr. 22.2 Wohnraumförderbestimmungen 2012, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Innern für Bau und Verkehr vom 11.01.2012, AllMBl 2012, S. 20, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom zum 27.05.2014).

Diese Überschreitung der angemessenen Wohnungsgröße wäre grundsicherungsrechtlich unbeachtlich, wenn das Produkt aus angemessener Miete pro m² und tatsächlicher Wohnfläche, ausgedrückt in der Höhe des Mietzinses, gleichwohl angemessen wäre, etwa, weil der Standard der Wohnung nach unten abweicht. Das ist hier der Fall, denn die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger überschreiten im konkreten Fall die Angemessenheitsobergrenze nach der Wohngeldtabelle mit Sicherheitszuschlag für den Vergleichsraum nicht.

Den Klägern kann das kommunale Konzept nicht entgegengehalten werden, das der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge im Anschluss an den Bericht von A & K vom Dezember 2013 erlassen hat und das mit Wirkung ab 01.07.2014 auf der Grundlage des Berichts vom November 2014 fortgeschrieben worden ist. Das Konzept und die Fortschreibung wurden nicht öffentlich bekannt gemacht und sind deshalb unwirksam (1.).

Die fehlende Veröffentlichung ist gerichtsbekannt und auch der Bevollmächtigten der Kläger bekannt geworden (vgl. etwa Vortrag des Beklagten im Verfahren S 4 AS 102/15).

Außerdem hätte eine Indexfortschreibung nicht durchgeführt werden dürfen (2.).

1. Wirksamkeit des kommunalen Konzepts im Abschluss an den Bericht vom Dezember 2013

1.1. Verfahren zum Erlass Neben der Bekanntmachung haben sich keine weiteren Fehler bei Erlass der Verwaltungsvorschrift - die wir eine Rechtsnorm zu behandeln ist (vgl. Nguyen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 35 SGB XII, Rn. 169) - eingestellt. Insbesondere haben der zuständige Rechtsträger und das zuständige Organ gehandelt. Das Konzept ist vom zuständigen Träger der Leistungen, soweit das Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld für den Bedarf der Unterkunft und Heizung geleistet wurde, dem Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge erlassen worden (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II). Das schlüssige Konzept ist nicht deshalb schon unwirksam, weil es nicht durch den Kreistag verabschiedet worden ist. Die Organzuständigkeit der bayerischen Landkreise richtet sich nach Art. 22 Landkreisordnung (LKrO), der von einer Allzuständigkeit des Kreistages ausgeht. Der Kreisausschuss hat lediglich eine vom Kreistag abgeleitete Befugnis (Art. 26 Abs. 2 2. Alternative LKrO). Die Aufgaben des Kreisausschusses in Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge bemessen sich nach der Geschäftsordnung des Kreistags Wunsiedel in der Ausgestaltung der Legislaturperiode 2008-2014 in der Fassung vom 21.10.2010 (Geschäftsordnung). Nach § 31 Satz 1 Geschäftsordnung ist der Kreisausschuss zuständig für alle Verwaltungsaufgaben, die nicht dem Kreistag, weiteren beschließenden Abschlüssen oder dem Landrat vorbehalten sind. Der Erlass der Verwaltungsvorschrift war insbesondere keine Aufgabe im Sinne von Art. 30 Abs. 1 LKrO. Eine Zuständigkeit des Kreistages wurde auch nicht nach § 29 Abs. 2 Geschäftsordnung begründet. Keine der in Nrn. 1 bis 8 aufgezählten enumerativen Zuständigkeiten ist einschlägig. Die Aufgabe war auch nicht dem Landrat nach Art. 34 Abs. 1 Satz 2 Landkreisordnung durch die Geschäftsordnung übertragen. Schließlich war kein anderer Ausschuss zuständig. An beschließenden Ausschüssen hat der Kreistag des Landkreises Wunsiedel im Fichtelgebirge nur den Jugendhilfeausschuss eingesetzt (§ 34 Geschäftsordnung). Möglicherweise thematisch zuständig könnte der Ausschuss für soziale Angelegenheiten sein. Dieser ist aber nach § 36 Abs. 1 4. Spiegelstrich Geschäftsordnung nur ein beratender Ausschuss.

1.2. Bekanntgabe

Das Bundesverwaltungsgericht hatte in der Entscheidung vom 05.11.2004 (5 CN 1/03) vermerkt, dass Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber Dritten bekannt zu machen sind. Für die Bekanntgabe ist eine selektive, erläuternde Wiedergabe des Inhalts der Verwaltungsvorschrift nicht ausreichend (Leitsätze nach Juris). Die Entscheidung ist zur Pauschalierung von Sozialhilfeleistungen nach § 101a BSHG ergangen (Rn. 23). Überprüft werden können (abstrakt-generelle) Regelungen der Exekutive, die rechtliche Außenwirkung gegenüber den Bürgern entfalten und auf diese Weise dessen subjektiv-öffentlichen Rechte unmittelbar berühren. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt dabei Bezug auf die Regelsatzfestsetzung durch Verwaltungsvorschrift (Rn. 24). In der Subsumtion der pauschalierten Sozialhilfefestsetzung meint das Gericht, dass diese nicht nur eine binnenrechtlich wirkende, allein die Verwaltung bindende Bemessungsrichtlinie darstelle. Sie wären anspruchskonkretisierend, sie gäben den Anspruch des Hilfeempfängers auf Hilfe zum Lebensunterhalt in Bezug auf die von den Ausführungsbestimmungen erfassten Bedarfe in gleicher Weise die abschließende Gestalt, wie dies in Bezug auf den Regelbedarf im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 BSHG infolge der Regelsätze erfolgt (Rn. 27). Dem rechtsstaatlichen Publikationsgebot könne nicht durch an den Hilfeempfänger verteilte Merkblätter entsprochen werden (Rn. 30). Das Publikationsgebot habe auch das Bundesverfassungsgericht bei der Bekanntmachung einer Strafgefangene bindende Verwaltungsvorschrift und das Schrifttum angenommen. Es sei im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz, GG) sowie in der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) begründet (Rn. 31). Der Pflicht zur Publikation von Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber den Betroffenen genüge auf jeden Fall die Publikation in dem für den Verwaltungsträger für die Veröffentlichung von Rechtsnormen vorgeschriebenen amtlichen Medium. Ob auch eine andere Art und Weise der Bekanntmachung zum Beispiel durch eine unmittelbare Übergabe des Vorschriftentextes an den Betroffenen ausreichend wäre, bedürfe in dem Verfahren keine Erörterung und Entscheidung (Rn. 33). Fehle die gebotene Bekanntgabe, sei die Verwaltungsvorschrift mit Außenwirkung nicht wirksam (Rn. 34).

Berlit (jurisPR-BVerwG 7/2005 Anm. 1) spricht in der Anmerkung zu der Entscheidung bei der strikten Publikationspflicht für Verwaltungsvorschrift mit unmittelbarer Außenwirkung für Dritte von einer rechtsstaatlichen Selbstverständlichkeit.

1.3. Zuordnung des kommunalen Konzepts

Das schlüssige Konzept des Landkreises Wunsiedel ist nach der Verabschiedung des Berichts von A und K vom Dezember 2013 durch die Kreisausschusssitzung vom 03.02.2014 und der Aufnahme in die Richtlinien eine Verwaltungsvorschrift, die die subjektiv-öffentlichen Rechte berührt. Sie ist damit anspruchskonkretisierende Verwaltungsvorschrift; dies ist der Begriff des Sozialrechts für normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften.

Zur Funktion normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften ist auf die Wesentlichkeitstheorie zu verweisen. Nach dieser Theorie ist unter Umständen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen ein Parlamentsgesetz erforderlich. Dies hat das Bundesverfassungsgericht bei der Bemessung des Regelsatzes für erforderlich gehalten (Urteil vom 09.02.2012) und hat damit mit der langen Tradition, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Bundessozialhilfegesetz und dem SGB XII festzulegen, gebrochen (auf diesen Zusammenhang verweist Gutzler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 40 SGB XII, Rn. 4). Das Bundesverwaltungsgericht orientiert sich an der Regelsatzfortschreibung.

Wenn nun ein vergleichbar wesentliches Element der SGB II-Leistungen durch den kommunalen Träger im Wege einer Verwaltungsvorschrift festgelegt wird, treffen ihn die Obliegenheiten wie beim Erlass einer Rechtsnorm.

Leistungsbezieher erhalten nicht die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und auch nicht Kosten nach der Wohngeldtabelle mit Sicherheitszuschlag. Der Beklagte kann nicht auf das nachfolgende Kostensenkungsverfahren verweisen, da schon aus Gründen der Gleichbehandlung das kommunale Konzept durch eine Umzugsaufforderung durchgesetzt wird - das Konzept wirkt damit unmittelbar, das BVerwG hält ein unmittelbares „Berühren“ der subjektiv-öffentlichen Rechte für ausreichend.

Die Erstattungsmöglichkeit der verauslagten Kosten wird - in vielen Fällen erheblich - beeinträchtigt. Die Leistungsbezieher werden zwar beim Umzug aus dem Bereich eines anderen Trägers durch das Genehmigungserfordernis vor dem Abschluss nicht erstattungsfähiger Mietverhältnisse geschützt. Gleichwohl ist beim Inkrafttreten des Konzepts auch die Fallgestaltung zu beobachten, dass bislang angemessene Unterkunftskosten nach Inkrafttreten des Konzepts unangemessen geworden sind. Ein dann im Regelfall notwendiger Umzug beeinflusst schon deshalb subjektiv-öffentliche Rechte der Leistungsbezieher, da damit unter Umständen Schäden am Umzugsgut einhergehen.

Bei einer Publikation der Verwaltungsvorschrift könnten neu in den Leistungsbezug eintretende Personen schon weit vor dem Eintritt des Bezugs eine angemessene Wohnung wählen. Da das schlüssige Konzept auch für Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gilt, können sich Arbeitnehmer bei der Wohnungswahl an der Angemessenheitsgrenze orientieren, bei denen schon jetzt absehbar ist, dass sie beim Bezug von Altersrente auf die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angewiesen sein werden.

Vermieter könnten sich etwa bei der Modernisierung von Wohnungen bei Zeiten mit der Frage beschäftigen, ob die Wohnung von Leistungsberechtigten bezogen werden kann. Dies ist für die Unwägbarkeiten bei einer Investitionsrechnung von besonderer Bedeutung, da bei angemessenen Wohnraum ein Leerstand weniger wahrscheinlich ist.

Schließlich ist anzumerken, dass das kommunale Konzept tendenziell wirkungsgleich wie eine Satzung nach § 22 a SGB II ist. Damit ist das kommunale Konzept auch normersetzend. § 22 a Abs. 2 sieht auch die Möglichkeit der Pauschalierung vor und entspricht damit dem Tatbestand, der der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.11.2004 zugrunde gelegen hat.

Im Kontext mit der Pauschalierung der Kosten der Unterkunft (allerdings bei § 35 Abs. 3 SGB XII) weist Nguyen (in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 35 SGB XII, Rn. 169) darauf hin, dass Verwaltungsvorschriften mit abstrakt generellen Regelungen der Exekutive unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als Rechtsnormen einzustufen sind, die ordnungsgemäß zu veröffentlichen sind.

Zusammenfassend ist festzustellen: Das schlüssige Konzept des Landkreises Wunsiedel auf der Grundlage der Berichte der Firma A & K vom Dezember 2013 und vom November 2014 ist anspruchskonkretisierende Verwaltungsvorschrift. Eine solche wird aufgrund der grundrechtsgestaltenden Wirkung wirkungsgleich wie eine Rechtsnorm. Bildlich gesprochen: Die Verwaltungsvorschrift hat eine halbe Stufe auf der Normpyramide nach oben zur Satzung genommen.

Damit kam es auf die Schlüssigkeit des Konzepts nicht mehr an. Allerdings hat das Sozialgericht Bayreuth gegenüber anderen Jobcentern, die auf der Grundlage von Berichten der Firma A und K die angemessenen Kosten der Unterkunft festgelegt haben, die Unwirksamkeit des jeweiligen schlüssigen Konzepts festgestellt (Gerichtsbescheid vom 16.08.2016, S 13 AS 941/15 und Urteil vom 14.10.2015, S 17 AS 768/13).

1.4. Kritik am Urteil der erkennenden Kammer vom 26.05.2015 (S 4 AS 102/15), info also 2015, S. 220 ff.

Die Notwendigkeit einer Bekanntmachung des schlüssigen Konzepts im Landkreis Wunsiedel hat die Kammer bereits im rechtskräftigen Urteil vom 26.05.2015 dargelegt.

Diesem Urteil ist namentlich das Sozialgericht Augsburg entgegengetreten (Urteile vom 24.11.2015, S 8 AS 984/15, vom 07.12.2015, S 8 AS 860/15 und vom 31.05.2016, S 8 AS 266/16).

Das Sozialgericht Augsburg vermerkt, dass ein Konzept im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II keine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift sei, wie sich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts(Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R) und des Landessozialgerichts Thüringen (Urteil vom 26.05.2015, L 4 AS 102/15), ergebe (Urteil des Sozialgerichts vom 24.11.2015, aaO., Rn. 40). Der Vorschriftenteil des Konzepts sei allein die ermittelten Kostenobergrenzen (Rn. 41). Der Vergleich mit §§ 22a ff. SGB II trage nicht, weil einer Satzung eine rechtlich andere Qualität und Verbindlichkeit zukommt (Rn. 42). Es bestehe eine ähnliche Situation wie beim Auswahlrecht nach § 200 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch. Es müsste eine unverzügliche Rüge noch im Verwaltungsverfahren erfolgen (Rn. 43).

Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 19.10.2010 (aaO., Rn. 26) argumentiert:

„Die Träger der Grundsicherung entscheiden in Berlin über die Angemessenheit von Unterkunftskosten auf Grundlage der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz des Landes Berlin vom 7.6.2005 (Amtsblatt für Berlin 2005, 3743), für den streitigen Zeitraum geändert mit Verwaltungsvorschriften vom 30.5.2006 (Amtsblatt für Berlin 2006, 2062; im Folgenden: AV-Wohnen). Es handelt sich dabei um bloße Verwaltungsvorschriften, die keine unmittelbare Rechtswirkung für die Betroffenen entfalten. Weder aus den AV-Wohnen selbst noch aus dem Vortrag des Beklagten wird erkennbar, dass den dort genannten Oberwerten (444 Euro für einen Zwei-Personen-Haushalt) ein schlüssiges Konzept im Sinne der zitierten Rechtsprechung des BSG zugrunde liegt. Ob zur Ermittlung des Wertes die Produkttheorie unter Zugrundelegung der oben genannten Wohnungsgrößen angewandt und bezogen auf die verschiedenen Wohnungsgrößen Daten gesammelt und ausgewertet worden sind, wird nicht erkennbar und ist von dem Beklagten nicht vorgetragen. Im Übrigen ist der in den AV-Wohnen genannte Referenzwert schon deshalb zur Bewertung angemessener Wohnkosten ungeeignet, weil er eine Bruttowarmmiete ausweist, obwohl die Beurteilung von Unterkunftskosten von der Beurteilung der Heizkosten unabhängig zu erfolgen hat . . .“

Erkennbar wird, dass das Bundessozialgericht gerade kein schlüssiges Konzept subsumiert hat. Nach dem Willen der erlassenen Stelle war ein solches nicht beabsichtigt. Wegen der Festsetzung eines Gesamtprodukts einschließlich Bruttowarmmiete wäre die Verwaltungsvorschrift auch ungeeignet gewesen.

Das Zitat des Amtsblatts des Landes Berlin deutet eher an, dass die Bekanntmachung zum Prüfraster des Bundessozialgerichts gehört.

Ähnlich gelagert ist auch der Sachverhalt, den das Landessozialgerichts Thüringen beurteilt hat (Urteil vom 08.07.2015 - L 4 AS 718/14 - Rn. 59). Eine alte Richtlinie, die offensichtlich im Januar 2011 nicht mehr gegolten hat, wurde durch ein schlüssiges Konzept (Richtlinie auf der Grundlage der „Mietwerterhebung der A. & K. GmbH vom März 2011“) ersetzt, das offensichtlich formal erst am 01.08.2011 in Kraft getreten ist. Der Hinweis auf die fehlende unmittelbare Rechtswirkung einer Richtlinie als bloße Verwaltungsvorschrift bezieht sich damit auf die alte Richtlinie und das „Interregnum“ bis zum Inkrafttreten des schlüssigen Konzepts auf der Basis eines Berichts vom März 2011, vermutlich der Firma A & K GmbH.

Welche Elemente des Berichts zu veröffentlichen sind, war vom erkennenden Gericht nicht zu entscheiden. Allein die ermittelten Kostenobergrenzen dürften aber nicht ausreichen, da geradezu regelmäßig die kommunalen Gremien Anwendungsmaßgaben bei dem in Kraft setzen der Verwaltungsvorschrift statuiert haben.

Die Analogie einer anspruchskonkretisierenden Verwaltungsvorschrift als halbe Stufe auf der Normpyramide zur Satzung im Verhältnis zu §§ 22a ff. SGB II wurde bereits hinreichend erläutert und wird in der Literatur geteilt (Nguyen, aaO.).

Eine Analogie zur Gutachterauswahl im Unfallversicherungsrecht nach § 200 Abs. 2 SGB VII und zu einer entsprechenden Rügeverpflichtung ist eher fernliegend. Die Rüge formeller Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit einer Norm ist grundsätzlich durch jedermann und jederzeit möglich. Eine Beschränkung vor dem Hintergrund des rechtsstaatlichen Gebots der Rechtssicherheit findet sich etwa in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (Anfechtung binnen Jahresfrist). Eine solche Beschränkung setzt aber eine Bekanntmachung voraus.

2. Wirksamkeit der Indexfortschreibung im Anschluss an den Bericht vom November 2014 Der Beklagte hat die angemessenen Werte der Unterkunft der Fassung des schlüssigen Konzepts entnommen, die dieses durch die rückwirkend zum 01.07.2014 in Kraft gesetzte Indexfortschreibung gefunden hat. Eine Indexfortschreibung ist aber generell unzulässig (2.1.).

Sie hätte vom Kreistag oder Kreisausschuss beschlossen werden müssen (2.2). Sie ist auch unzulässig, da im Bereich des Beklagten besondere örtliche Verhältnisse bestehen (2.3.)

2.1. Die Indexfortschreibung orientiert sich an den Vorschriften für qualifizierte Mietspiegel und zitiert ausdrücklich § 585d BGB.

Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) empfiehlt im Schreiben vom 02.08.2016 (I3/6074-1/4) den kommunalen Trägern der SGB II-Leistungen:

„Im Hinblick auf die zeitlichen Abstände, in denen Daten erhoben werden sollten, verweisen wir auf die in § 22c Abs. 2 SGB II und § 196 Abs. 1 S. 5 BauGB zum Ausdruck kommende Wertung: Um eine möglichst realitätsgerechte und transparente Abbildung des Marktes zu gewährleisten, sind die per Satzung festgesetzten bzw. durch Gutachterausschuss ermittelten Werte zumindest alle zwei Jahre zu überprüfen und ggf. anzupassen. Entsprechend dieser Wertung empfehlen wir grundsätzlich eine den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept genügende Datenerhebung im Abstand von zwei Jahren. Insoweit dürfte die Beschränkung der Kontrolle auf eine “Stichprobe" bzw. Hochrechnung (z.B. analog § 558d Abs. 2 S. 2 BGB) aus unserer Sicht problematisch sein, da es hier um staatliche Leistungen zur Sicherung des verfassungsrechtlichen Existenzminimums geht und nicht um die Grenzen der im zivilrechtlichen Mietverhältnis zulässigen Mieterhöhungen durch den Vermieter. Auch für den Regelbedarf, der zusammen mit dem Bedarf für Unterkunft und Heizung im Wesentlichen den Lebensbedarf abdeckt, werden (soweit keine Neuermittlung aufgrund einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe erfolgt) Daten in relativ geringen zeitlichen Abständen (jährlich nach § 28a Abs. 2 SGB XII) erhoben und die Regelbedarfsstufen dann fortgeschrieben. . .

Der Wohnungsmarkt sollte im Hinblick auf die Einflüsse besonderer Umstände regelmäßig beobachtet werden (z.B. erheblicher Zu- oder Wegzug, deutliche Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur). Entsprechend gravierende Entwicklungen können eine erneute Datenerhebung bereits vor Ablauf von zwei Jahren erfordern. Auch (wiederholte) Rückmeldungen aus der konkret-individuellen Angemessenheitsprüfung, dass Wohnraum zur (in der Vergangenheit ordnungsgemäß festgesetzten) Referenzmiete nun nicht mehr verfügbar ist, dürften Anlass für eine erneute Datenerhebung sein."

Das Sozialgericht Bayreuth macht sich die „Empfehlung“ nach eigener Prüfung zu Eigen. Vor dem Hintergrund einer anspruchskonkretisierenden Verwaltungsvorschrift ist mit den genannten Argumenten von einer verbindlichen Ermittlungspflicht des kommunalen Konzepts durch Neuaufstellung im Turnus von 2 Jahren auszugehen. Das Konzept hätte deshalb zum 01.07.2014 neu erstellt werden müssen. Gerichtsbekannt ist, dass der Beklagte ab 01.07.2016 die Indexfortschreibung nicht mehr anwendet. Ein (neues) schlüssiges Konzept zur Bemessung der angemessenen Kosten der Unterkunft existiert derzeit nicht.

2.2. Nach dem Beschluss des Kreisausschusses vom 03.02.2014 kann diese nur in Fällen von nicht grundlegender Bedeutung die Richtlinie ändern. Die Anpassung mittels Index über alle Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößen hat aber grundlegende Bedeutung.

2.3. Eine Indexfortschreibung nach einem bayernweiten Index ist auch deshalb unzulässig, da im Gebiet des Beklagten gegenüber der Bezugsgröße des Index, dem Gebiet des Freistaats Bayern, besondere Verhältnisse bestehen.

Das Sozialgericht Augsburg verweist insofern auf die Verpflichtung des Bundessozialgerichts methodisch-inhaltlich mindestens eine bestimmte Datenerhebung und Datenauswertung vorzunehmen (Urteil vom 07.12.2015 - S 8 AS 860/15 - Rn. 50, Urteil vom 15.06.2016 - S 11 AS 92/16 - Rn. 49), also zumindest eine Stichprobenverpflichtung.

Auch das Sozialgericht Augsburg hat die maßgeblichen lokalen Verhältnisse gewürdigt („drittgrößte bayerische Stadt“ also Augsburg, Urteil Rn. 56, vgl. auch Urteil vom 15.06.2016 - S 11 AS 92/16 - Rn. 50). Auch im Bereich des Beklagten bestehen Lebensverhältnisse, die mit durchschnittlichen in Bayern nicht vergleichbar sind. Dies ist schon deswegen der Fall, da der Landkreis Wunsiedel „Rekordhalter“ beim Bevölkerungsverlust ist. Das Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung hat in Heft 541 prognostiziert, dass der Bevölkerungsverlust im Jahr 2029 gegenüber 2009 20,9% betragen wird.

Nach der Pressemitteilung der Bayerischen Staatskanzlei (Bericht aus der Kabinettssitzung vom 19.09.2016) haben die Landkreise B-Stadt, Kronach und Wunsiedel in den letzten 10 Jahren Bevölkerungsrückgänge zwischen 7,9 und 10,1% zu vermelden gehabt. In der Kabinettssitzung wurde ein Förderprogramm für Stadt- und Ortskerne aufgelegt, das der Modernisierung und Instandhaltung der leerstehenden Gebäude sowie dem Abbruch von Gebäuden dient.

3. Leistungsanspruch der Kläger

Die Aufwendungen der Kläger für die Bruttokaltmiete halten sich im Rahmen, der durch die Wohngeldtabelle mit Sicherheitszuschlag gesetzt wird. Die tatsächlichen Heizkosten sind zu übernehmen, da der Beklagte bislang keine Kostensenkung hinsichtlich der Heizkosten verlangt hat.

Die Bruttokaltmiete unterschreitet mit 383,10 € den Wert der Wohngeldtabelle von 424,00 € (Mietenstufe 1, zwei Personen) mit Sicherheitszuschlag von 10%, entspricht 466,40 €.

Entsprechend der Antragstellung hat das Gericht den Beklagten verpflichtet, eine Bruttokaltmiete von 383,10 € zu erstatten. Im Hinblick auf die Vielzahl von erlassenen Bescheiden ist diese Vorgehensweise angemessen.

Die Heizkostennachforderung vom 25.11.2014 von 285,27 € ist im Dezember 2015 fällig geworden und damit als einmalige Leistung Gegenstand des Verfahrens (BSG Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 12/10 - Rn. 14 f.). Ein Anspruch auf Erstattung besteht schon deshalb, da eine Kostensenkung hinsichtlich der Heizkosten nicht ergangen ist (BSG, Urteil vom 17.12.2009, - B 4 AS 50/09 R - Rn. 28).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.

Die Berufung ist nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulässig, da die der Klage zu Grunde liegende Geldleistung weniger als 750,00 € beträgt. Die damit notwendige Entscheidung über die Zulassung der Berufung beruht auf § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die Rechtssache hat grundlegende Bedeutung. Die Frage der Publizität eines schlüssigen Konzepts ist bislang von den Sozialgerichten obergerichtlich - soweit ersichtlich - nicht geklärt. Es liegt im allgemeinen Interesse, um die Rechtseinheit (mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts) zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 144, Rn. 28).

(1) In der Satzung ist zu bestimmen,

1.
welche Wohnfläche entsprechend der Struktur des örtlichen Wohnungsmarktes als angemessen anerkannt wird und
2.
in welcher Höhe Aufwendungen für die Unterkunft als angemessen anerkannt werden.
In der Satzung kann auch die Höhe des als angemessen anerkannten Verbrauchswertes oder der als angemessen anerkannten Aufwendungen für die Heizung bestimmt werden. Bei einer Bestimmung nach Satz 2 kann sowohl eine Quadratmeterhöchstmiete als auch eine Gesamtangemessenheitsgrenze unter Berücksichtigung der in den Sätzen 1 und 2 genannten Werte gebildet werden. Um die Verhältnisse des einfachen Standards auf dem örtlichen Wohnungsmarkt realitätsgerecht abzubilden, können die Kreise und kreisfreien Städte ihr Gebiet in mehrere Vergleichsräume unterteilen, für die sie jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmen.

(2) Der Satzung ist eine Begründung beizufügen. Darin ist darzulegen, wie die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ermittelt wird. Die Satzung ist mit ihrer Begründung ortsüblich bekannt zu machen.

(3) In der Satzung soll für Personen mit einem besonderen Bedarf für Unterkunft und Heizung eine Sonderregelung getroffen werden. Dies gilt insbesondere für Personen, die einen erhöhten Raumbedarf haben wegen

1.
einer Behinderung oder
2.
der Ausübung ihres Umgangsrechts.

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.10.2015 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung.

Die 1963 geborene Klägerin bezieht seit 2009 Alg II. Nach dem Auszug ihrer Tochter bewohnt sie seit dem 16.09.2011 alleine eine 77 qm große Wohnung mit Gaszentralheizung in einem Haus mit einer Gesamtwohnfläche von 746 qm in A-Stadt. Die monatlich tatsächlich geforderte Miete beträgt 447 € (Kaltmiete 236 €, Nebenkosten 107,39 € und Heizkosten bei zentraler Warmwasserzubereitung 103,61 €). Im November 2013 erfolgte nach einer Nebenkostenabrechnung eine Gutschrift iHv 356,33 € und im Dezember 2014 iHv 424,14 €.

Zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten wurde im Auftrag des Landkreises A-Stadt und der Stadt A. eine „Mietwerterhebung zur Ermittlung von KdU-Richtwerten“ (Konzept) von der (A& K) für den Bereich Stadt und Landkreis A-Stadt erstellt. Die Stadt A. stelle aufgrund ihrer deutlich anderen Bebauungsstruktur den gesonderten „Wohnungsmarkttyp III“ dar (Seite 8 des Konzeptes). Die Datenerhebung sei von Februar 2012 bis Juli 2012 zum Stichtag 01.03.2012 erfolgt (Seite 13 des Konzeptes). Zur Erlangung eines möglichst umfassenden Überblicks über das örtliche Mietniveau müssten auch die Mieten kleinerer Vermieter in der Erhebung berücksichtigt werden, so dass kleinere Vermieter ebenfalls identifiziert und angeschrieben worden seien. Des weiteren sei der Erhebungsdatensatz durch Daten der Jobcenter der Stadt und des Landkreises unter Sicherstellung, dass es sich nicht um bereits in der Vermieterbefragung erhobene Daten handele, ergänzt worden (Seite 12 des Konzeptes). Nach Vornahme einer Extremwertkappung seien in die Auswertung für die Stadt A. 911 Bestandsmieten (davon 281 für Wohnungen der Größe von 35 qm bis 50 qm) eingestellt worden (Seite 16 des Konzeptes). Zusammen mit den 1.036 Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II gebe es im Bereich der Stadt A. 2.391 Nachfrager für Wohnungen unter 50 qm im unteren Marktsegment (Seite 19 des Konzeptes). Für die Stadt A. seien bei allen Haushaltsgrößen die Richtwerte auf Grundlage eines 33%-Perzentils zu bilden, die beim Überschreiten innerhalb des individuellen homogenen Lebens- und Wohnbereichs einer Einzelfallprüfung unterzogen werden müssten (Seite 20 des Konzeptes). Aus den Bestandsmieten ergeben sich für Wohnungen bis 50 qm aus 281 Mieten eine Nettokaltmiete von 3,43 € je qm und durchschnittliche Betriebskosten iHv 1,31 € je qm, mithin eine Bruttokaltmiete von 237 € (Seite 22 des Konzeptes). Die so vorläufig definierte Angemessenheit müsse auf Verfügbarkeit eines konkreten Wohnungsangebotes überprüft werden, wofür im Zeitraum Januar bis Juni 2012 drei Immobiliensuchportale im Internet, in der örtlichen Tagespresse und in Anzeigenblättern für die Stadt A. ausgewertet worden seien (Seite 25 des Konzeptes). Es würde jedoch ca 40% des Angebotes direkt ohne die Schaltung von Anzeigen, zB unter der Hand oder unter Freunden, vermarktet. Wohnungsunternehmen hätten in der Regel Interessentenlisten, die abgearbeitet würden. Häufig würden nicht alle leer stehenden Wohnungen, sondern nur einige ausgewählte angeboten. Die durchschnittlichen Neuvertragsmieten lägen in der Regel deutlich unterhalb der durchschnittlichen Angebotsmieten, so dass tatsächlich ein wesentlich größeres Wohnungsangebot unterhalb der Obergrenzen zur Verfügung stünde als dies in den ermittelten Angebotsmieten zum Ausdruck komme (Seite 26 des Konzeptes). Für das 33%-Perzentil bei den Wohnungen bis 50 qm in der Stadt A. ergebe sich bei jeweils 47 gültigen Fallzahlen ein Wert von 3,77 € je qm für die Angebotsmieten und ein Wert von 3,45 € je qm für die Neuvertragsmieten (Tabelle 17 des Konzeptes). Der Anteil der Angebotsmieten bis zum Perzentil der Bestandsmieten betrage 19% und bei den Neuvertragsmieten 32% (Tabelle 20 des Konzeptes). 43% des tatsächlichen Angebotes der Wohnungen inklusive wohnungsmarktspezifischer kalter Betriebskosten liege im Bereich bis 237 € (Tabelle 21 des Konzeptes). Im Juni 2014 erfolgte eine Fortschreibung des Konzeptes anhand eines Indexes, der die monatliche Entwicklung der Mietkosten in Bayern wiedergebe (Seite 2 der Fortschreibung). Unter Berechnung der Mietpreisentwicklung für den Zeitraum März 2012 und März 2014 ergebe sich für die Wohnungsmieten ohne Nebenkosten ein Multiplikationsfaktor 1,0264 und für die Wohnungsnebenkosten von 1,0059. Für Wohnungen mit einer Größe bis 50 qm folge daraus eine maximale Bruttokaltmiete iHv 242 €.

Nachdem der Beklagte die Klägerin bereits zuvor auf die Unangemessenheit ihrer Unterkunftskosten hingewiesen hatte, erfolgte auch im Bescheid vom 22.06.2012, mit dem vorläufige Leistungen für den Zeitraum August 2012 bis Januar 2013 bewilligt wurden, der Hinweis, dass ab 01.08.2012 nur noch Unterkunftskosten einschließlich der Nebenkosten iHv 241 € zuzüglich einer Pauschale für Heizkosten, die durch den bundesweiten Heizspiegel begrenzt sei, zugrunde gelegt werden könnten. Die Klägerin werde im Hinblick auf ihre die Höchstgrenzen übersteigenden Unterkunftskosten zur Kostensenkung aufgefordert.

Für den Zeitraum Februar bis Juli 2013 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 28.01.2013 unter Berücksichtigung eines Bedarfs für Unterkunft iHv 237 € und für Heizung iHv 60 € Alg II iHv 679 € monatlich. Einen Antrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Überprüfung ua dieses Bescheides lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 14.05.2013 ab. Auf den dagegen eingelegten Widerspruch bewilligte er mit Änderungsbescheid vom 11.07.2013 Alg II für Februar bis Juli 2013 iHv monatlich 683 € unter Berücksichtigung eines Bedarfs für Unterkunft iHv 241 € monatlich. Den Widerspruch wies er im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2013 zurück. Mit Änderungsbescheid vom 21.11.2013 erkannte der Beklagte weitere 25,42 € monatlich als Bedarf für Heizung an und bewilligte für den Zeitraum Februar bis Juli 2013 monatlich Alg II iHv monatlich 708,42 €. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 18.07.2013 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben (S 17 AS 768/13). Soweit hier zunächst auch eine Zahlung von höherem Alg II für Zeiträume vor Februar 2013 streitgegenständlich war, ist ein Teilanerkenntnis durch den Beklagten abgegeben worden, das die Klägerin angenommen hat.

Für den Zeitraum August 2013 bis Januar 2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 15.07.2013 idF des Änderungsbescheides vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2014 Alg II iHv 708,42 € monatlich. Dabei wurde ein Bedarf für Unterkunft iHv 241 € und für Heizung iHv 85,42 € berücksichtigt. Dagegen hat die Klägerin Klage beim SG erhoben (S 17 AS 58/14).

Für den Zeitraum Februar bis Juli 2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 29.01.2014 (in den Akten des Beklagten mit Datum 27.01.2014) Alg II iHv 708,42 € monatlich. Dabei wurde ein Bedarf für Unterkunft iHv 237 € und für Heizung iHv 85,42 € berücksichtigt. Auf einen Überprüfungsantrag der Klägerin bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 03.12.2014 für die Zeit von März bis Juli 2014 Alg II iHv 718,42 € monatlich unter Ansatz von 242 € als Bedarf für die Unterkunft. Im Übrigen wurde der Überprüfungsantrag abgelehnt. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2015 zurück. Dagegen hat die Klägerin Klage beim SG erhoben (S 17 AS 285/15).

Für den Zeitraum August 2014 bis Januar 2015 bewilligte der Beklagte der Klägerin zunächst mit Bescheid vom 08.07.2014 Alg II iHv 713,42 € monatlich. Dabei wurde ein Bedarf für Unterkunft iHv 237 € und für Heizung iHv 85,42 € berücksichtigt. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein, worauf der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 08.10.2014 ohne weiteren Vorläufigkeitsvorbehalt für die Zeit von August 2014 bis Januar 2015 Alg II iHv 718,42 € unter Ansatz eines Bedarfs für Unterkunft iHv 242 € bewilligte. Im Übrigen wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2014 zurückgewiesen. Dagegen hat die Klägerin Klage beim SG erhoben (S 17 AS 976/14).

Für den Zeitraum Februar bis Juli 2015 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 26.01.2015 Alg II iHv 701 € monatlich und berücksichtigte dabei einen Bedarf für Unterkunft iHv 242 € und für Heizung iHv 60 €. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte nach Erlass eines Änderungsbescheides vom 13.04.2015, mit dem unter Berücksichtigung eines Bedarfs für Heizung iHv 84,58 € Alg II für die Zeit von Februar bis Juli 2015 iHv monatlich 725,58 € bewilligt wurde, mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2015 im Übrigen zurück. Dagegen hat die Klägerin Klage beim SG erhoben (S 17 AS 364/15).

Das SG hat die Klagen unter dem Aktenzeichen S 17 AS 768/13 verbunden.

Zur Begründung ihrer erhobenen Klagen hat die Klägerin ausgeführt, es fehle bis 31.07.2013 an einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung. Ein Änderungsbescheid vom 11.07.2013 liege ihr nicht vor. Das Konzept zur Ermittlung der angemessenen Miete sei unschlüssig. Die zeitliche Basis der erhobenen Daten sei unklar. Im Gutachten werde lediglich als Stichtag der 31.03.2012 angegeben. Abrechnungen von Nebenkosten würden erst jeweils im August des Folgejahres erstellt, ohne dass die Zugrundelegung des Kalenderjahres zwingend sei. Die Daten des Gutachtens beruhten in Teilen auf bloßen Vermutungen, wie ua die Annahme, dass der Unterschied zwischen Betriebskostenvorauszahlungen und tatsächlich zu zahlenden Beträgen zu vernachlässigen sei. Soweit darauf hingewiesen werde, die hohe Fallzahl führe zu einem Ausgleich, sei anzumerken, dass nur 911 Datensätze, die deutlich weniger als zehn Prozent des Mietwohnungsbestandes der Stadt A. ausmachen würden, eingeflossen seien. Dass es sich bei der Stadt A. um eine Hochschulstadt handele und folglich auch Studenten zum Kreis der nachfragenden Bevölkerungsgruppe für günstigen Wohnraum gehörten, sei unberücksichtigt geblieben. Im Rahmen der Indexfortschreibung sei die konkrete Marktentwicklung nicht geprüft worden und man habe auf eine bayerische Gesamtentwicklung abgestellt. Eine Prüfung der ausreichenden Verfügbarkeit von Wohnungen innerhalb der Obergrenze sei unterblieben. Schließlich sei der Stadtratsbeschluss vom 19.10.2012 nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Dies wäre nötig gewesen, da es sich um abstrakt-generelle Regelungen der Exekutive handeln würden, die rechtliche Auswirkungen gegenüber dem Bürger entfalteten und auf diese Weise dessen subjektiv-öffentliche Rechte unmittelbar berührten.

Der Beklagte hat angegeben, bei den kalten Betriebskosten habe man auf die Vorauszahlungen abzustellen, da eine Berücksichtigung wegen unterschiedlicher Abrechnungszeitpunkte der Vermieter kaum möglich sei. Im Mittel würden sich zu hoch angesetzte und zu niedrige Vorauszahlungen wegen der hohen Fallzahlen ausgleichen. Die Studenten seien nicht alle dem unteren Marktsegment zuzuordnen, da ein Teil noch im elterlichen Haushalt lebe, 272 Wohnheimplätze exklusiv für Studierende zur Verfügung stünden, und sich auch der verbleibende Teil nicht zwingend auf das preiswerte Marktsegment beschränke. So würden teilweise kleinere Wohnungen mit höheren Quadratmetermieten in Kauf genommen oder man organisiere sich als Wohngemeinschaft. Auch als Paare könnten Studenten unter Einberechnung elterlicher Unterstützung oft eine höhere Kaufkraft aufbieten als viele Familien.

Zur weiteren Begründung hat der Beklagte verschiedene Stellungnahmen von A& K vorgelegt. Darin ist ausgeführt worden, es sei kein Merkmal zur Identifikation von Sozialwohnungen erhoben worden. Es seien nur noch Rohdaten vorhanden, die den tatsächlichen Berechnungen zugrunde lägen. Hinsichtlich der Differenzierung zwischen Wohnungsunternehmen und privaten Vermietern sei anzumerken, dass große Vermieter nicht zwangsweise Vermieter mit einer hohen Anzahl an Wohnungsbeständen seien, sondern hier auch kleinere Vermieter vertreten seien. Der Begriff „große Vermieter“ solle Wohnungsunternehmen bedeuten, die professionell Wohnungen vermieten. Diese könnten aber auch kleinere Verwaltungen beinhalten. Die „kleineren Vermieter“ seien nicht telefonisch sondern schriftlich kontaktiert worden. Die Unterscheidung sei nach der Erhebungsphase wieder aufgegeben worden. Nach Bereinigung und Vornahme einer Extremwertkappung ergebe sich für die 33%-Perzentile bei Wohnungsunternehmen eine Nettokaltmiete von 3,43 € je qm und bei privaten Vermietern von 3,83 € je qm. Es sei nicht von einem anderen Mietniveau aufgrund der Eigentümerstruktur auszugehen. Die Perzentilwerte seien nur Verteilungskennwerte der Mietdaten und würden keine qualifizierten Aussagen über den Wohnungsmarkt und das Mietpreisniveau zulassen. Etwaige Abweichung bei den erfassten Bestandsmieten seien aber durch einen Vergleich mit den verfügbaren Mietangeboten korrigiert worden. In der Stadt A. seien je nach Wohnungsgrößenklasse 30% bis 44% der Wohnungen zu den Angemessenheitsrichtwerten anmietbar. Zur Eliminierung von Extremwerten sei - wie es auch bei der Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln der Fall sei - ein mathematisches Verfahren angewandt worden, wonach bei normalverteilten Daten 95% aller Werte keine Extremwerte darstellen würden. Für die Berechnung der kalten Betriebskosten sei der Median verwendet worden, nicht das arithmetische Mittel. Der Begriff „Mittelwert“ sei unpräzise. Die Neuvertragsmieten (neun Monate vor Stichtag) seien zur Bestimmung der Höhe des verwendeten Perzentils herangezogen worden. Hinsichtlich der im Konzept erwähnten nicht erfassten Datensätze handele es sich zB um unleserliche oder mit Ausschlussgründen, wie Dienstwohnungen, Freundschaftsmieten etc belegte Wohnungen. Dennoch würden sie einen Teil der Datengrundlage bilden. Fehlerhaft sei das ursprüngliche Konzept, soweit es heiße, es seien auch Daten des Jobcenters Stadt A. einbezogen worden.

Das SG hat den Mitarbeiter von A& K, Herrn J. K., als sachverständigen Zeugen einvernommen. Er hat angegeben, bei den Angebotsmieten sei ein Ausscheiden von Luxuswohnungen möglich gewesen. Dies sei entweder wegen expliziter Vermarktung oder etwa bei sehr hochwertigem Bodenbelag der Fall gewesen. Das Einbeziehen von möblierten Wohnungen sei mit Filterfragen ausgeschlossen worden. Bei den Wohnungsbestandszahlen lasse sich nicht sagen, ob die Wohnungen selbstgenutzt oder fremdvermietet seien. Dopplungen bei der Datenerhebung seien durch Namens- und Adresskontrollen vermieden worden. Unplausible Werte habe man angenommen, wenn zB der qm-Preis 100 € betragen habe, Fragebögen unvollständig ausgefüllt worden seien oder dort nur eine Bruttowarmmiete angegeben gewesen sei. Man habe das 33%-Perzentil bei Ein-Personen-Haushalten in der Stadt A. angesetzt, weil bei dem iterativen Verfahren bzgl anzumietender Wohnungen habe festgestellt werden können, dass dies 43% der Wohnungen gewesen seien. Für die Angebotsmieten seien alle Daten eingeflossen, die erhoben werden konnten und bei denen eine Nettokaltmiete angegeben gewesen sei. Doppellungen seien durch einen Telefonnummernabgleich und anhand der Wohnungsmerkmale vermieden worden.

Mit Urteil vom 14.10.2015 hat das SG den Beklagten unter Abänderung des Überprüfungsbescheides vom 14.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2013 und des Änderungsbescheides vom 21.11.2013 verpflichtet, den Bescheid vom 28.01.2013 abzuändern und der Klägerin Leistungen für Unterkunft und Heizung iHv 394,12 € monatlich für Februar bis Juli 2013 zu zahlen (Ziffer I.), unter Abänderung des Bescheides vom 15.07.2013 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 21.11.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2014 verurteilt, der Klägerin Leistungen für Unterkunft und Heizung iHv 400,37 € monatlich für August bis November 2013 und Januar 2014, sowie iHv 90,67 € für Dezember 2013 zu zahlen (Ziffer II.), unter Abänderung des Überprüfungsbescheides vom 03.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2015 verpflichtet, den Bescheid vom 29.01.2014 (in den Akten des Beklagten mit Datum 27.01.2014) abzuändern, und verurteilt, der Klägerin Leistungen für Unterkunft und Heizung iHv 400,37 € monatlich für Februar bis Juli 2014 zu zahlen (Ziffer III.), unter Abänderung des Bescheides vom 08.07.2014 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 08.10.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2014 verurteilt, der Klägerin Leistungen für Unterkunft und Heizung iHv 398,28 € monatlich für August bis Dezember 2014 und iHv 22,86 € für Januar 2015 zu zahlen (Ziffer IV.), sowie unter Abänderung des Bescheides vom 26.01.2015 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 13.04.2015 und des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2015 verurteilt, der Klägerin Leistungen für Unterkunft und Heizung iHv 398,28 € monatlich für Februar bis Juli 2015 zu zahlen (Ziffer V.), und im Übrigen die Klage abgewiesen (Ziffer VI). Es liege kein schlüssiges Konzept vor. Hinsichtlich der Datenerhebung bestünden Zweifel am Ausschluss von sogenannten Luxuswohnungen. Unter Berücksichtigung der Ausstattungsmerkmale Sauna oder sehr hochwertiger Bodenbeläge bestehe wegen der weiteren Extremwert- und Ausreißerbereinigung die Gefahr, dass das 33%-Perzentil einer bereits mehrfach nach oben gekappten Datengesamtheit erfasst werde. Die erhobenen Bestandsmieten seien teilweise erheblich veraltet und müssten ausgeschieden bzw hochgerechnet werden, um einen Schluss auf das aktuelle Mietniveau ziehen zu können. Auch fehle es an einer Repräsentativität der erhobenen Daten. So seien bei den eingeflossenen 911 Datenpunkten 97,4% auf Wohnungsunternehmen und nur 2,6% auf privat vermietete Wohnungen entfallen. Nach dem Zensus 2011 könnten aber allenfalls 22,14% der Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt eindeutig größeren Wohnungsunternehmen zugerechnet werden, so dass keine repräsentative Abbildung vorliege. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Median der Nettokaltmieten bei Wohnungsunternehmen 3,60 € je qm betrage und etwa dem 5%-Perzentil von 3,56 € je qm bei privaten Vermietern entspreche, sei dies von Relevanz. An den Mängeln ändere auch das iterative Verfahren mit dem Abgleich der Angebots- und Neuvertragsmieten nichts. So seien die Neuvertragsmieten bereits in den Bestandsmieten mit berücksichtigt worden und daher doppelt eingeflossen. Von den festgestellten 47 Angebotsmieten seien für Ein-Personen-Haushalte lediglich 19% oder 8,93 Wohnungen zu den Bedingungen der Mietobergrenze innerhalb eines halben Jahres anmietbar. Es gebe im Gutachten auch keinen Hinweis auf die Zahl der Nachfrager. Ob tatsächlich nur acht Nachfrager im fraglichen Zeitraum vorhanden gewesen seien, sei im Hinblick auf die Zahl der entsprechenden Rechtsstreitigkeiten am SG in Bezug auf Kosten für Unterkunft und Heizung in Frage zu stellen. Zweifel bestünden an der Annahme, dass Neuvertragsmieten in der Regel deutlich unterhalb der Angebotsmieten lägen und ca 40% des Angebotes auf dem Wohnungsmarkt direkt vermarktet würden. Hierfür seien keine Quellen angegeben, und es sei fraglich, ob Grundsicherungsempfänger Zugang zu den direkt vermarkteten Wohnungen hätten. Mangels schlüssigem Konzept, welches für die Vergangenheit nicht oder zumindest nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand nachgebessert werden könne, und der deshalb ebenso fehlerhaften Indexfortschreibung sei auf die Höchstwerte der Tabelle nach § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10% abzustellen. Hieraus ergebe sich eine angemessene Bruttokaltmiete von 321,20 €. Im Hinblick auf die Kostensenkungsaufforderung und die subjektive Möglichkeit zur Senkung der Unterkunftskosten bestehe kein darüber hinausgehender Anspruch. Von den tatsächlichen Heizkosten seien unter Berücksichtigung des jeweiligen bundesweiten Heizspiegels 72,92 € bzw ab August 2013 79,17 € und ab August 2014 77,08 € anzusetzen gewesen. Auf die Leistungen für Unterkunft und Heizungen seien die der Klägerin erstatteten Nebenkosten im Dezember 2013 und Dezember 2014 anzurechnen.

Dagegen hat der Beklagte Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Es seien nur ganz wenige Luxuswohnungen mit hochwertigem Bodenbelag (Marmor) außen vor geblieben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien sowohl Substandardwohnungen wie auch Luxuswohnungen nicht zu berücksichtigen. Unabhängig vom Alter der Mietwohnungen seien die Mieter den tatsächlichen Mietforderungen ausgesetzt. Dies werde im Rahmen der Erhebung der Bestandsmieten dargestellt. Teilweise sei die Dauer der Mietlaufzeit nicht bekannt, da nicht alle Vermieter Angaben zum Datum des Mietvertragsabschlusses gemacht hätten. Eine Differenzierung zwischen Wohnungen von Wohnungsunternehmen und privaten Personen sei nicht zwingend vorzunehmen. Das SG betrachte insofern nur einen Teilaspekt, denn die Betriebskosten seien bei Genossenschaftswohnungen und Wohnungen der großen privaten Wohnungsunternehmen regelmäßig wegen Aufwendungen für Hausmeister, Aufzug etc deutlich höher. Tatsächlich seien laut Endbericht 1.000 weitere kleine Vermieter befragt worden. Damit sei - was maßgeblich wäre - ein ausreichender Bestand abgefragt worden. Mögliche Verzerrungen bei Berücksichtigung eines unzutreffenden Verhältnisses zwischen großen und kleinen Vermietern würden durch das iterative Verfahren korrigiert. Das Mietangebot führe hier keine Unterscheidung durch. Es seien ausreichend viele Daten erhoben worden. In den vom BSG zugelassenen Mietspiegeln seien Stichprobengrößen von nur 1% bis 4% enthalten. Mit Blick auf den Zensus 2011 seien 9,2% aller Mietwohnungen, die zu Wohnzwecken vermietet seien, berücksichtigt worden. Die Angabe, dass nur 8,93 Wohnungen mit dem Betrag der Mietobergrenze anmietbar seien, und die gezogene Schlussfolgerung des SG seien falsch. Vielmehr könnten 19% sämtlicher dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stehenden Wohnungen angemietet werden. Dass die Angebotsmieten höher als die Neuvertragsmieten seien, ergebe sich aus den jeweiligen Medianen, die im Konzept ausgewiesen seien. Auch ein Forschungsbericht der Firma IWU bestätige dies. 43% aller Wohnungen seien zum ermittelten angemessenen Preis anmietbar, womit auch eine Verfügbarkeit unter Berücksichtigung anderer Nachfragegruppen sichergestellt sei. Dass nach einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit für August 2012 von den 1.057 Ein-Personen-Haushalten nur 427 Haushalte unterhalb der ermittelten Angemessenheitsgrenze von 237 € liegen würden, sei nicht erheblich. Etwa 40% der unangemessen wohnenden Leistungsberechtigten würden in zu großen Wohnungen leben. Mit der Methodik des Konzeptes sei die Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums nachgewiesen. Die Frage einer konkreten Anmietbarkeit sei nicht im schlüssigen Konzept zu klären, sondern im jeweiligen konkreten Einzelfall zu prüfen. Bei den zunächst vorgelegten Daten zu den Angebotsmieten habe es sich um ein Büroversehen gehandelt, soweit darin Wohnungen mit einem Quadratmeterpreis von 1 € enthalten gewesen seien. Mit dem iterativen Verfahren seien sowohl Angebots- als auch Neuvertragsmieten ausreichend berücksichtigt worden. Zudem seien die Neuvertragsmieten auch Bestandteil der Bestandsmieten gewesen. Es habe sich daher nicht um eine reine Ergebniskontrolle gehandelt. Die für Bestandsmieten ermittelten kalten Betriebskosten, die regelmäßig auf aktuellen Daten beruhten und nicht willkürlich festgesetzt werden dürften, könnten auf die Angebotsmieten übertragen werden. Auch bei älteren Mietverhältnissen entspreche die Abschlagszahlung dem aktuellen Stand. Eine andere methodische Bewertung sei nicht möglich, da üblicherweise erst nach der ersten Betriebskostenabrechnung ein aktueller, dem Preisniveau entsprechender Stand gewährleistet sei. Heizkosten seien getrennt zu prüfen. Die Nichteinbeziehung der Daten des Beklagten führe nicht zur Unschlüssigkeit des Konzepts. Über die Abfrage bei Vermietern seien zudem auch Daten von Alg II-Beziehern mit eingeflossen.

In den vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen der A& K ist ua ausgeführt worden, es seien lediglich ausdrücklich mit den Merkmalen „Schwimmbad“, „Sauna“ oder „Penthouse“ inserierte Wohnungen als Mietangebot im Luxussegment ausgeschlossen worden. In der Stadt A. sei kein einziges Mietangebot darunter gefallen. Der längere Zeit zurückliegende Abschluss eines Mietvertrages führe nicht dazu, dass die derzeit zu zahlende Miete nicht aktuell sei. Es gehe nicht um die Ermittlung einer ortsüblichen Vergleichsmiete sondern um die Abbildung des unteren Marktsegmentes. Bei der differenzierten Auswertung nach privaten Vermietern bzw Wohnungsunternehmen handele es sich lediglich um Verteilungskennwerte der Mietdaten. Für das Preisniveau hätte es einer Differenzierung nach Wohnungsgrößenklassen bedurft. Auch kleinere Vermieter würden Dienstleistungen von Unternehmen für die Verwaltung in Anspruch nehmen und würden dann bei diesen erfasst. Mit der Differenzierung in der Erhebungsphase habe man gewährleisten wollen, dass große Vermieter, die höchstwahrscheinlich eine große Anzahl von Wohnungen halten und somit große Teile des Wohnungsmarktes abdecken, Daten für die Erhebung zur Verfügung stellen. Mögliche Verzerrungen würden durch die im iterativen Verfahren erfolgte Anpassung der ermittelten Richtwerte an das Preisniveau der Mietangebote korrigiert. Hierbei erfolge eine abstrakte Prüfung des Mietniveaus. Ob zum konkreten Bedarfszeitpunkt tatsächlich eine konkrete Wohnung verfügbar sei, könne nur für den Einzelfall geprüft werden. Je nach Wohnungsgrößenklasse seien unter Berücksichtigung der Angemessenheitsrichtwerte Anteile zwischen 30% und 44% der erhobenen Mietangebote anmietbar, womit eine Versorgung der Transferleistungsberechtigten mit Wohnraum gesichert sei. Um den Wohnungsmarkt so gering wie möglich zu beeinflussen, gleichzeitig aber sicherzustellen, dass ein ausreichendes Wohnungsangebot für Leistungsberechtigte gewährleistet sei, sei mittels iterativen Verfahrens der Umfang des zur Verfügung stehenden Wohnungsangebots an die Nachfrage der Leistungsempfänger im unteren Wohnungsmarktsegment anzupassen. Dabei würde die Nachfragesituation nach günstigem Wohnraum bezogen auf die jeweilige Haushaltsgröße als Ausgangspunkt dienen. Für das dem gegenüberstehende Wohnungsangebot könnten über Bestandsmieten, Neuvertragsmieten und Angebotsmieten drei unterschiedliche Mietpreise bestimmt werden und zueinander in Bezug gesetzt werden. In fast allen Fällen lägen die Neuvertragsmieten unterhalb der Angebotsmieten, da Sozialwohnungen in der Regel nicht inseriert, günstige und interessante Wohnungen von Wohnungsunternehmen über Interessentenlisten vermarktet, nicht jede günstige Wohnung eigenständig und teurere Wohnungen wesentlich intensiver vermarktet werden würden. Es sei auszuwerten, wie hoch der Anteil der Angebote an Wohnungen mit einem angemessenen Produktwert seien. Für „normale Wohnungsmarktverhältnisse“ - also ohne zusätzliche und kurzfristige Nachfrageveränderungen - könnten Prozentwerte von 10% bis 20% bei den Angebotsmieten betrachtet werden. Ein aus den Bestandsmieten definiertes Perzentil bestimme die Ausgangssituation und stelle die Untergrenze der Versorgung mit Wohnraum für Alg II-Empfänger dar. Erhöhte oder reduzierte Perzentile würden dann iterativ geprüft, bis die Angebotsteile als ausreichend unter den aktuellen Marktbedingungen bewertet werden könnten. Der Wert werde dann nochmals in Bezug zu den Neuvertragsmieten gesetzt und hinsichtlich der aktuellen Wohnsituationen der Bedarfsgemeinschaften anhand der SGB II-Daten überprüft. Das veröffentlichte Angebot von Wohnungen dürfte unter Berücksichtigung der üblichen Fluktuation am Wohnungsmarkt von 8% bis 10% nicht einmal zwei Drittel darstellen. Es handele sich im Ergebnis nur um eine Stichprobe des Gesamtmarktes. Da die durchschnittlichen Neuvertragsmieten unter dem Durchschnitt der Angebotsmieten lägen, sei erkennbar, dass ein wesentlich größeres Wohnungsangebot unterhalb der Richtwerte zur Verfügung stehe.

Weiter hat der Beklagte die Anschreiben und Fragebögen an private Vermieter und Wohnungsunternehmen, eine statistische Auswertung zum August 2012 zur Frage, wie viele Leistungsberechtigte in einem Ein-Personen-Haushalt über der Angemessenheitsgrenze des Konzeptes lägen, eine Tabelle zur Höhe der Unterkunftskosten und Heizkosten der Leistungsberechtigten zum Januar 2012 sowie Excel-Dateien ua mit einer überarbeiteten Liste von Angebotsmieten für die Stadt A. vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte des Beklagten erklärt, dass weitere Zahlen und Unterlagen zur Erhebung nicht vorgelegt werden können.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.10.2015 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.10.2015 zurückzuweisen.

Bei den kalten Betriebskosten seien auch die Werte der Jahresabrechnungen zu berücksichtigen. Ausgehend von einem Stichtag zum 28.02.2012 sei davon auszugehen, dass die zugrunde liegenden Betriebskostenvorauszahlungen aus dem Jahre 2010 stammen würden. Im Hinblick auf die Vielzahl betroffener Leistungsbezieher seien die Werte zu niedrig angesetzt. Seit dem 01.03.2016 würden Unterkunftskosten bis zu den Werten der Wohngeldtabelle zzgl eines Zuschlages von 10% berücksichtigt. Es würde eine Vielzahl von bloßen Mutmaßungen angestellt. Die reine Indexfortschreibung ab 01.03.2014 ohne weitere Prüfungen stelle kein schlüssiges Konzept mehr dar. Nachfragen bei Wohnungsgesellschaften und das gelegentliche Durchsehen von Zeitungsinseraten habe bislang nicht zum Auffinden einer passenden Wohnung, die wegen ihrer gesundheitlichen Einschränkungen im Erdgeschoss liegen oder über einen Aufzug verfügen müsse, geführt.

Im Rahmen des Erörterungstermins am 12.07.2017 wurde ein Mitarbeiter von A& K, Herr D., als Zeuge vernommen. Dieser hat angegeben, die Daten des Beklagten seien seinerzeit nicht einbezogen worden, weil sie von dort mit Ausnahme in Bezug auf die Zahl der Bedarfsgemeinschaften nicht zur Verfügung gestellt worden seien. Es habe keine Nachfrage nach weiteren, neben Wasser- und Abwasserkosten getrennt abgerechneten Nebenkosten bei den Vermietern gegeben. Eine spezifische Abrechnung solcher Kosten im Bereich des Beklagten sei nicht bekannt. In Bezug auf die Angebotsmieten sei eine Vollerhebung bezüglich der im Internet und in Zeitungen angebotenen Wohnungen durchgeführt worden. Wie viele Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften unter dem Wert von 237 € gelegen hätten, sei ihm nicht bekannt gewesen. So etwas würde auch nicht für die Erstellung eines Konzeptes berücksichtigt. Eine Prognose über die Zahl künftiger Nachfrager werde nicht angestellt. Es gehe um eine stichtagsbezogene Erhebung. Bezüglich einer Vergabe von Wohnungen bei Wohnungsunternehmen unter der Hand bzw über Wartelisten sei seiner Kenntnis nach keine weitere Erhebung erfolgt. Sofern in der Heftung über die Angebotsmieten eine Vielzahl von Wohnungen mit einem Quadratmeterpreis zu 1 € ausgewiesen seien, gehe er davon aus, dass diese so auch angeboten worden seien. Bei Angebotsmieten würden weder Betriebskosten noch Heizkosten erhoben.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat den Beklagten zu Recht - teilweise unter Aufhebung der Überprüfungsbescheide - unter Abänderung der entsprechenden Bewilligungsbescheide verurteilt, von Februar 2013 bis Juli 2015 weitere Leistungen für Bedarfe der Unterkunft und Heizung zu zahlen. Die entsprechenden Überprüfungs- und Bewilligungsbescheide sind insoweit teilweise rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Soweit die Klägerin darüber hinaus Leistungen begehrt hat, ist die Klage dagegen zu Recht im Übrigen abgewiesen worden.

Streitgegenstand sind höhere Leistungen für die Zeit von Februar 2013 bis Juli 2015. In zulässiger Weise hat die Klägerin den Streitgegenstand auf Leistungen für Bedarfe der Unterkunft und Heizung beschränkt (vgl BSG, Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 78; Urteil vom 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R - BSGE 116, 254; Urteil vom 03.12.2015 - B 4 AS 49/14 R - alle nach juris). Soweit es um die Zeiträume von Februar bis Juli 2013 (Bewilligung zuletzt durch den die vorhergehende, niedrigere Bewilligung ersetzenden Änderungsbescheid vom 21.11.2013) und von Februar bis Juli 2014 (Bewilligung durch Bescheid vom 29.01.2014 - in den Akten des Beklagten mit Datum 27.01.2014 - bzw für März bis Juli 2014 zuletzt durch den die vorhergehende, niedrigere Bewilligung ersetzenden Änderungsbescheid vom 03.12.2014) geht, hat der Beklagte entsprechende Überprüfungsanträge der Klägerin mit Bescheid vom 14.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2013 und mit Bescheid vom 03.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2014 abgelehnt. Dagegen hat die Klägerin zulässigerweise kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklagen erhoben (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG). Hinsichtlich der Zeiträume von August 2013 bis Januar 2014 und von August 2014 bis Juli 2015 hat die Klägerin zutreffend kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) gegen den Änderungsbescheid vom 21.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.01.2014, den Änderungsbescheid vom 08.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2014 und den Änderungsbescheid vom 13.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.05.2015, mit denen der Beklagte lediglich geringe Bedarfe für Unterkunft und Heizung berücksichtigt hat, erhoben. Die diese Zeiträume betreffenden ursprünglichen Bescheide vom 15.07.2013, 08.07.2014 und 20.01.2015, die zunächst geringere Leistungen bewilligt hatten, sind durch die genannten Änderungsbescheide vollständig ersetzt worden (§ 86 SGG). Die ursprünglichen Bewilligungsbescheide sind daher nicht mehr streitgegenständlich, weil sie sich mangels weiterer Wirkung iSv § 39 Abs. 2 SGB X erledigt haben (vgl dazu BSG, Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 42/13 R - juris). Da der bezüglich des Zeitraums August 2014 bis Januar 2015 ergangene Änderungsbescheid vom 08.10.2014 keinen Vorläufigkeitsvorbehalt mehr enthalten hat, stellt dieser unabhängig von seiner Bezeichnung als „Änderungsbescheid“ (vgl dazu: BSG, Urteil vom 05.07.2017 - B 14 AS 36/16 R - juris) bereits eine endgültige Entscheidung für den Bewilligungsabschnitt dar, so dass sich die Frage einer Verpflichtungsklage zum Erlass einer Endgültigkeitserklärung diesbezüglich nicht mehr stellt. Auch in diesem Fall ist die ursprünglich vorläufige Leistungsbewilligung iSv § 86 SGG ersetzt worden und hat sich iSv § 39 Abs. 2 SGB X erledigt (BSG, Urteil vom 05.07.2017 - B 14 AS 36/16 R; Urteil vom 01.12.2016 - B 14 AS 28/15 R; Urteil vom 12.10.2016 - B 4 AS 38/15 R - alle juris).

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Abänderung des Änderungsbescheides vom 21.11.2013 (Februar bis Juli 2013) und des Bescheides vom 29.01.2014 - in den Akten des Beklagten mit Datum 27.01.2014 - (Februar 2014) bzw des Änderungsbescheides vom 03.12.2014 (März bis Juli 2014) sowie zur Bewilligung von weiteren Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung iHv monatlich 67,70 € für Februar bis Juli 2013, iHv 77,95 € für Februar 2014 und iHv monatlich 72,95 € für März bis Juli 2014. Der Beklagte hat insoweit bei Erlass der Bescheide das Recht unrichtig angewandt bzw ist von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist, sodass die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB X iVm § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II vorliegen. Für die Zeiträume von August bis November 2013 und Januar 2014 hat die Klägerin Anspruch auf weitere Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung iHv monatlich 73,95 €, für die Zeit von August bis Dezember 2014 iHv monatlich 70,86 € und für die Zeit von Februar bis Juli 2015 iHv monatlich 71,70 €. Für die Monate Dezember 2013 und Januar 2015 hat das SG einen Anspruch auf Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung iHv 90,67 € bzw 22,86 € als gegeben angesehen. Diese Beträge liegen jedoch unter den vom Beklagten für diese Monate gewährten Leistungen, so dass keine weiteren Leistungen zu erbringen sind. Die Klägerin hat gegen das Urteil des SG keine Berufung oder Anschlussberufung eingelegt. Im Übrigen hat sie für diese Monate im Klageverfahren auch keine höheren Leistungen beantragt, so dass das SG insoweit auch nicht zu Lasten der Klägerin von deren Anträgen abgewichen ist.

Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Anspruch auf Alg II zu. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.04.2007 (BGBl I 554) erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Nach § 9 Abs. 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigen Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Die mangels ausreichenden Einkommens und Vermögens hilfebedürftige, 1963 geborene Klägerin hat die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht, ist erwerbsfähig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in A-Stadt. Der Beklagte hat dem Grunde nach auch Alg II ua für die Zeit von Februar 2013 bis Juli 2015 bewilligt.

Hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung stehen der Klägerin - wie vom SG zutreffend festgestellt - weitere Leistungen zu. So werden nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenze ist in einem gestuften Verfahren zunächst eine abstrakte und dann eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen. Die Angemessenheit der Unterkunftskosten unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (vgl BSG, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R - juris). Eine Wohnung ist angemessen, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (so die ständige Rechtsprechung des BSG, vgl zuletzt Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - juris - mwN).

Nach der maßgeblichen sog Produkttheorie sind die Unterkunftskosten als Produkt der nach Personenzahl angemessenen Wohnungsgröße und dem durchschnittlichen Quadratmeterpreis zu bilden. Hinsichtlich der Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl nur Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R; Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 3) auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen, so dass sich diese grundsätzlich nach den Werten, welche die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.09.2001 (BGBl I 2376) festgelegt haben, bestimmt. Dies sind in Bayern für einen Ein-Personen-Haushalt 50 qm (Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 - WFB 2012 - Bekanntmachung der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 11.01.2012 - AllMBl 2012, 20).

Zur Ermittlung eines angemessenen Quadratmeterpreises bedarf es eines schlüssigen Konzeptes. Darauf, ob dieses förmlich bekanntgemacht werden muss, wie es von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu den Richtlinien für die Pauschalierung nach § 101a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) wegen ihrer unmittelbare Außenwirkung gegenüber Dritten gefordert wurde (vgl BVerwG, Urteil vom 25.11.2004 - 5 CN 1/03 -juris), kommt es letztlich nicht an. Selbst wenn man - nach Ansicht des Senates unzutreffenderweise - davon ausgehen wollte, das Konzept des Beklagten sei mangels förmlicher Rechtmäßigkeit unwirksam, so wäre ein schlüssiges Konzept vom Gericht zur Ausfüllung des Begriffs der Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft heranzuziehen, wenn sonst keine anderweitigen Erkenntnismöglichkeiten gegeben wären. Zudem legt ein solches Konzept nicht allgemeinverbindlich den endgültigen Anspruch des Leistungsberechtigten auf Leistungen für die Unterkunft fest. Vielmehr ist zunächst dessen tatsächliche Miete maßgeblich und es ist unabhängig von den abstrakt angemessenen Kosten in jedem Einzelfall auch die konkrete Angemessenheit zu prüfen, woraus sich ein abweichender Leistungsanspruch ergeben kann. Dem vom Beklagten zugrunde gelegten Konzept kommt damit als Verwaltungsvorschrift allein Innenrechtsqualität im Hinblick auf die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriff der angemessenen Unterkunftskosten zu (vgl dazu auch LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 31.01.2017 - L 6 AS 198/15 - juris).

Das Konzept des Beklagten bzw dessen Fortschreibung ist nicht geeignet, die Angemessenheit des Bedarfs für die Kosten der Unterkunft der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum zu definieren. Ein schlüssiges Konzept muss folgende Mindestvoraussetzungen erfüllen (vgl BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris; Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 70):

– Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen

– Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße)

– Angaben über den Beobachtungszeitraum

– Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel)

– Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten

– Validität der Datenerhebung

– Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung

– Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Für die Erstellung eines Konzeptes ist nach der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße zunächst der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln (vgl BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R; Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 77/12 R - beide nach juris). Überlegungen zur Bestimmung eines maßgeblichen örtlichen Vergleichsraums - insbesondere in Bezug auf die Datenerhebung - sind eine logische Voraussetzung zur Entwicklung eines schlüssigen Konzepts (vgl dazu BSG, Urteil vom 16.04.2013 - B 14 AS 28/12 R - juris). Dabei geht es um die Ermittlung einer (angemessenen) Referenzmiete am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Leistungsberechtigten (vgl BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R; Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R; nach BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R und Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - alle zitiert nach juris). Auch wenn ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, von einem Leistungsberechtigten im Regelfall nicht verlangt werden kann, bedeutet dies jedoch nicht, dass sich der räumliche Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der „Gemeinde“ nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht orientieren muss (vgl BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - juris). Dieser kann größenmäßig in Abhängigkeit davon, ob es sich um einen ländlichen Raum oder ein Ballungszentrum, durchaus unterschiedlich sein (vgl BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris). Insbesondere im ländlichen Raum kann es geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, während in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete, die kommunalverfassungsrechtlich keine selbständigen Einheiten darstellen, in Betracht kommen kann (vgl BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - juris). Für die Bestimmung des Vergleichsraumes bedarf es daher der Festlegung ausreichend großer Räume der Wohnbebauung, die aufgrund räumlicher Nähe (nicht bloße Orts- oder Stadtteile/-bezirke) eine zusammenhängende In-frastruktur und insbesondere verkehrstechnische Verbundenheit aufweisen sowie insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen (vgl BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R; Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - alle nach juris). Um eine sog Ghettobildung zu vermeiden, ist hinsichtlich der Referenzmieten zwar auf Mieten für „Wohnungen mit bescheidenem Zuschnitt“ abzustellen. Insoweit dürfen aber nicht einzelne, besonders heruntergekommene und daher „billige“ Stadtteile bzw Gegenden herausgegriffen werden, sondern es ist auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten Stadtgebiet bzw räumlichen Vergleichsraum abzustellen (vgl BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris). Den besonderen Belangen und der konkreten Situation des jeweiligen Leistungsberechtigten (zB von Alleinerziehenden oder von Familien mit minderjährigen schulpflichtigen Kindern) ist nicht bereits bei der (abstrakt-generell vorzunehmenden) Festlegung der Vergleichsräume, sondern erst bei der konkreten Zumutbarkeit einer Kostensenkung Rechnung zu tragen (vgl BSG, Urteil vom 19.02.2009 - aaO). Der für die Prüfung von Letzterem heranzuziehende Vergleichsraum kann dabei enger zu begrenzen sein als der für die Ermittlung der (abstrakten) Referenzmiete (so auch BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris).

Das Konzept, welches der Beklagte der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze vorliegend zugrunde gelegt hat, enthält keine erkennbare Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Stadt A. als solche einen Vergleichsraum darstellt. Der Bereich der Stadt A. ist lediglich als Wohnungsmarkttyp III neben zwei weiteren Wohnungsmarkttypen, die im Landkreis A-Stadt liegen, angegeben. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass nach den oben genannten Kriterien die Stadt A. in Gänze/als Ganzes einen Vergleichsraum darstellt. Die Stadt A. hat 44.759 Einwohner (Stand 09.05.2011 lt Zensus 2011), und die 26 Stadtteile (https://de.wikipedia.org/wiki/A-Stadt) erstrecken sich über insgesamt 5.803 ha (https://www…..html). Es ist nicht erkennbar, dass vorliegend der Stadt A. als ausreichend großer Raum der Wohnbebauung mit zusammenhängender Infrastruktur eine verkehrstechnische Verbundenheit fehlen oder sie keinen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen könnte. Auch die Beteiligten gehen offensichtlich ohne weiteres davon aus, dass es sich bei der Stadt A. um einen Vergleichsraum handelt.

Die in diesem Vergleichsraum für die Erstellung des Konzepts erhobenen Daten haben jedoch bereits keinen repräsentativen Umfang. Die gewählte Datengrundlage muss auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben, was ua dann der Fall sein kann, wenn die Datenbasis auf mindestens 10% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht (vgl BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R; Urteil vom 23.08.2011 - B 14 AS 91/10 R - alle nach juris). Mangels Vorliegens eines qualifizierten Mietspiegels konnte sich der Beklagte nicht dessen Daten bedienen, sondern war darauf angewiesen, die Daten selbst - bzw durch die beauftragte A& K - unter Einbeziehung örtlicher Akteure des Wohnungsmarktes zu erheben (vgl dazu auch Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage, § 22 Rn 93 f).

Nach der Stellungnahme von A& K vom Januar 2015 gegenüber dem SG wurden für den Bereich der Stadt A. (Wohnungsmarkttyp III) 1.065 Datenpunkte vor Bereinigung ermittelt, die im Umfang von 1.030 Datenpunkten bei Wohnungsunternehmen und von 35 bei privaten Vermieter erhoben worden sind. Als auswertungsrelevant wurden schließlich 887 Datenpunkte von Wohnungsunternehmen und 24 Datenpunkte von privaten Vermietern (insgesamt 911) in die weiteren Berechnungen eingestellt. Maßgeblich für die Prüfung, inwieweit der örtliche Mietwohnungsmarkt zahlenmäßig erfasst worden ist, sind die tabellenrelevanten Datenpunkte vor der Extremwertkappung. Die manuell entfernten Datenpunkte können nicht den Wohnungsmarkt abbilden, da die entsprechenden Angaben entweder unschlüssig oder doppelt gewesen waren und daher keine Aussagekraft über das Niveau des Wohnungsmarktes haben. Letztlich ist deshalb auf die verbleibenden 958 Datenpunkte für den Bereich der Stadt A. vor der - aus statistischen Gründen vorzunehmenden - Extremwertkappung abzustellen.

Ausweislich des Zensus 2011 gab es zum Stichtag 09.05.2011 in der Stadt A. insgesamt 26.782 Wohnungen, von denen 15.964 Wohnungen zu Wohnzwecken vermietet waren (auch mietfrei). Abzuziehen sind hiervon 402 Wohnungen in Wohnheimen, die im Zensus explizit ausgewiesen sind, so dass 15.562 Wohnungen verbleiben. Die im Konzept erfassten 958 Bestandsmieten stellen daher einen Anteil von rund 6,16% dar. Soweit der Beklagte vorträgt, bei den im Zensus benannten Wohnungen handele es sich teilweise auch um Werkswohnungen, Wohnungen in Heimen, möblierte Wohnungen, Ferienwohnungen etc führt dies insgesamt zu keiner anderen Betrachtung. Ferien- und Freizeitwohnungen sind im Zensusbericht eigenständig ausgeführt. Möblierte Wohnungen sind im Zensus nicht extra ausgewiesen, so dass es hier keinen Anhaltspunkt dafür gibt, in welchem Umfang diese herausfallen würden. Möblierte Wohnungen finden sich zudem vor allem in schon ausgeschlossenen Ferienwohnungen oder Wohnungen in Wohnheimen. Dafür, dass weitere möblierte Wohnungen in nennenswertem Umfang tatsächlich in A-Stadt vermietet werden, sind keine belastbaren Daten vom Beklagten vorgelegt worden oder anderweitig ersichtlich. Insofern wurden nach dem im Berufungsverfahren vorgelegten Fragebögen auch nicht bei beiden Vermietergruppen (große und kleine Vermieter) danach gefragt, ob es sich im Einzelfall um möblierte Wohnungen handelt. Bei einem Fragebogen ist eine entsprechende Fragestellung enthalten, im anderen nicht. Somit könnten in die erhobenen Datenpunkte möblierte Wohnungen eingeflossen sein. Schließlich ist nicht ersichtlich, weshalb möblierte Wohnungen, die im Rahmen der Konzepterstellung von der Datenerhebung deshalb ausgeschlossen worden sind, weil eine Unterscheidung zwischen Netto-Kaltmiete und den Zahlungen für die Möblierung nicht möglich sei (so Seite 10 des Konzepts), nicht zum gesamten Wohnungsmarkt zählen sollen.

Sofern der Beklagte für die Datenerhebung noch auf 409 Angebotsmieten verweist, ist dem entgegenzuhalten, dass selbst unter Berücksichtigung dieser Mieten der Anteil am Gesamtwohnungsmarkt lediglich 8,78% betragen würde und eine Quote von 10% nicht erreicht wäre. Es ist zudem nicht auszuschließen, dass es sich bei den angebotenen Wohnungen teilweise um im Zensus als leer stehende Wohnungen (insgesamt 2.067 Wohnungen davon drei in Wohnheimen und 219 in sonstigen Gebäuden mit Wohnraum) ausgewiesene Wohnungen, die im zugrunde gelegten maßgeblichen Gesamtwohnungsbestand von 15.562 Wohnungen enthalten sind, oder um Wohnungen handelt, deren Bestandsmiete bereits erfasst worden ist und die innerhalb des Auswertungszeitraums als Mietangebote inseriert gewesen sein könnten. Damit ist im Ergebnis zur Überzeugung des Senats keine ausreichende Datenbasis für ein schlüssiges Konzept gegeben, da weit weniger als 10% des in Betracht zu ziehenden Wohnungsmarktes erfasst worden sind. Bei Stichprobenuntersuchungen kann nur mit Unsicherheit auf die eigentlich maßgebliche Grundgesamtheit geschlossen werden, wobei die Irrtumswahrscheinlichkeit bei einer größeren absoluten und relativen Stichprobe kleiner ist (vgl dazu auch von Malottki, infoalso 2014, 99). Der Senat hält es daher im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R; Urteil vom 23.08.2011 - B 14 AS 91/10 R - alle nach juris) für erforderlich, dass der Berechnung von Richtwerten im Rahmen eines schlüssigen Konzepts, das sich nicht auf die Daten von qualifizierten Mietspiegeln stützt, eine Datenbasis von mindestens 10% der Wohnungen des in Betracht zu ziehenden Wohnungsmarktes zugrunde gelegt wird.

Dabei kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass bei Mietspiegeln, die nach der Rechtsprechung des BSG (zB Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 81) ebenfalls als Datengrundlage für die Erstellung eines schlüssigen Konzepts zugelassen sind, deutlich kleinere Stichprobengrößen zwischen 1% bis 4% zulässig sind. Bei einem qualifizierten Mietspiegel nach § 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handelt es sich schon aufgrund der zugrunde gelegten Datenerhebung für den Mietspiegel um eine andere Qualität der Daten. So werden in Mietspiegeln Übersichten über die ortsübliche Vergleichsmiete gegeben (§ 558c Abs. 1 BGB). Maßgeblich für die Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete sind die üblichen Entgelte, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden sind (§ 558 Abs. 2 Satz 1 BGB). So ist dort der strukturelle Ansatz schon ein anderer, nämlich dahingehend, dass nur aktuellere Mietzinsvereinbarungen erfasst werden, die längstens vier Jahre zurück liegen. Die Größe der Stichprobe muss deshalb dort in Bezug zu der Gesamtheit der Neuvertragsmieten und nicht zu der Gesamtheit aller zu wohnzwecken vermieteten Wohnungen des gesamten Wohnungsmarktes gesehen werden. Aufgrund der zeitlichen Aktualität ist es zudem offensichtlich, dass ein Mietspiegel den aktuellen Wohnungsmarkt gut abbilden kann. Die alle Zeitpunkte von Mietvertragsabschlüssen umfassende Erhebung der Bestandsmieten im Rahmen des vorliegenden Konzeptes lässt dagegen nur eine wesentlich unzuverlässigere Aussage über die aktuell abgeschlossenen oder abzuschließenden Mietzinsvereinbarungen zu, mithin welcher Bedarf für die Leistungsberechtigten im Hinblick auf die Versorgung mit angemessenem Wohnraum besteht. Bereits das SG hat in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass Mietverhältnisse mit einem Beginn zwischen 1949 und 2012 (Durchschnitt 2002) bzw mit einem Zeitpunkt der letzten Mietänderung zwischen 1994 und 2012 (Durchschnitt 2007) erfasst worden sind. Der Anteil der letztlich berücksichtigen Neuvertragsmieten (entsprechend der Definition im Konzept) betrug bei Ein-Personen-Haushalten in der Stadt A. gerade einmal 47 von 281 relevanten Mietwerten. Um aber auch aus zum Teil älteren Mietverträgen auf die Verhältnisse des aktuellen Wohnungsmarktes schließen zu können, bedarf es daher einer umfangreicheren Datengrundlage, die der Senat vorliegend als nicht erreicht ansieht. Keinesfalls erfolgte eine Berücksichtigung von mindestens 10% des in Betracht kommenden Wohnungsmarktes. Gerade bei älteren Mietverhältnissen besteht die Befürchtung, dass die Miete nicht immer den üblichen Kostensteigerungen angepasst wurde und damit vergleichsweise günstiger ist als bei neueren Mietvertragsabschlüssen. Eine Inflationierung von länger zurückliegenden Mietzinsvereinbarungen anhand eines Mietpreisindexes im Verbraucherpreisindex erfolgte nicht (so offensichtlich in dem der Entscheidung des Sächsischen LSG, Urteil vom 19.12.2013 - L 7 AS 637/12 - zugrundeliegenden Konzepts; nachgehend: BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - beide nach juris).

Der Senat sieht hier keine Möglichkeit, ohne unverhältnismäßigen Aufwand entsprechende Daten im Hinblick auf den Stichtag des Konzepts zum 01.03.2012 nachzuerheben. Auch der Beklagte hat kein entsprechendes Zahlenmaterial vorgelegt. Die Daten der Leistungsberechtigten, welche im Berufungsverfahren vorgelegt worden sind, haben den abweichenden Stand von Januar 2012 und es erscheint nicht möglich zu gewährleisten, dass festgestellt werden kann, welche Mietdaten von Leistungsberechtigten bereits durch die für das Konzept erhobenen Daten bei privaten Vermietern und Wohnungsunternehmen, zu welchen die Leistungsbezieher in einem Mietverhältnis gestanden haben könnten, in die Berechnung mit eingeflossen sind.

Auch der vom SG hervorgehobene Gesichtspunkt der nicht ausreichend repräsentierten Mieten kleinerer Vermieter führt zu einer fehlenden Datenrepräsentativität. Im Konzept selbst ist auf Seite 12 ausdrücklich darauf verwiesen worden, dass es für einen möglichst umfassenden Überblick über das örtliche Mietniveau notwendig sei, auch die Mieten kleinerer Vermieter in der Erhebung zu berücksichtigen. Dies ist jedoch mit der Erhebung von lediglich 35 Datenpunkten von privaten Vermietern im Verhältnis zu 1.030 Datenpunkten von Wohnungsunternehmen nicht geschehen. Auswertungsrelevant waren letztlich nur 24 Datenpunkte privater Vermieter (Anteil 2,63%) im Vergleich zu 887 von Wohnungsunternehmen (Anteil 97,37%). Damit sind die tatsächlichen Verhältnisse des gesamten Wohnungsmarktes nicht ausreichend repräsentativ in den ausgewerteten Bestandsmieten dargestellt worden. Nach dem Zensus 2011 (https://ergebnisse.zensus2011.de/#Static Content:094640000000,GWZ_2_1_1,m,table) waren von 26.782 Wohnungen in der Stadt A. 15.964 Wohnungen zu Wohnzwecken vermietet (ohne Berücksichtigung von Ferienwohnungen, leer stehender Wohnungen und von Eigentümern bewohnter Wohnungen). Von den Wohnungen standen insgesamt 19.634 im Eigentum von Privatpersonen (13.697) und Gemeinschaften von Wohnungseigentümern (5.937). Auf Wohnungsgenossenschaften (4.019), Kommune oder kommunales Wohnungsunternehmen (46), privatwirtschaftliches Wohnungsunternehmen (1.672) und andere privatwirtschaftliche Unternehmen (637), Bund oder Land (21) sowie Organisationen ohne Erwerbszweck (753) entfielen insgesamt 7.148 Wohnungen (https://ergebnisse.zensus2011.de/#StaticContent: 094640000000,GWZ_1_1_4,m,table). Selbst alle 7.148 im Eigentum von Genossenschaften, Unternehmen und sonstiger als größer anzusehender Vermieter stehenden Wohnungen hatten allenfalls einen Anteil von 44,78% an allen zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen. Die Annahme von A& K in der Stellungnahme gegenüber dem SG vom 11.04.2016, wonach die professionellen, „großen“ Vermieter, die höchstwahrscheinlich eine hohe Anzahl an Wohnungen halten und somit große Teile des Wohnungsmarktes abdecken, lässt sich damit gerade nicht belegen. Die im Datenbestand der für das Konzept erhobenen Bestandsmieten enthaltenen Daten von Wohnungsunternehmen mit einem Anteil von 97,37% sind daher keinesfalls repräsentativ und geeignet, die Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes sachgerecht abzubilden. Es ist demnach weder nachvollziehbar dargetan noch ersichtlich, dass Wohnungsunternehmen in der Stadt A. im wesentlichen Umfang nahezu alleine beherrschen (vgl zu der Problematik auch Bayerisches LSG, Urteil vom 14.12.2017 - L 7 AS 408/15 - juris).

Sofern der Beklagte darauf verweist, dass die Unterscheidung nach dem Erhebungsverfahren wieder aufgegeben worden ist und etwaige Verzerrungen durch das iterative Verfahren wieder ausgeglichen würden, überzeugt dies nicht. Für die Bestimmung der Perzentilgrenzen der Bestandsmieten bedarf es einer repräsentativen Datengrundlage. Die hierfür von A& K selbst aufgestellten Anforderungen wurden aber nicht eingehalten. Sofern weiter ausgeführt worden ist, viele private Vermieter würden auch über Wohnungsunternehmen ihre Wohnungen verwalten lassen, so dass diese dort erfasst worden seien, ist hierfür keinerlei Nachweis erbracht und die insofern aufgestellte Vermutung nicht belegt worden. Unabhängig davon wird auch nicht dargelegt, in welchem Umfang dies der Fall sein soll, so dass eine Repräsentativität der Daten insofern nicht nachvollzogen werden kann. Bei Datenerhebung hätte durch ein geeignetes Verfahren sichergestellt werden müssen, dass die selbst gesetzten Prämissen zur sachgerechten Abbildung des Wohnungsmarktes auch eingehalten werden können. Eine nachträgliche Ermittlung ist hier erkennbar nicht möglich. Dass ein unterschiedliches Niveau der im Konzept dargestellten Nettokaltmiete gegeben ist, zeigt die Stellungnahme von A& K für das SG vom Januar 2015 in der Tabelle 14. Hier wird für das 33%-Perzentil der Mieten von Wohnungsunternehmen ein Wert von 3,43 € je qm und bei privaten Vermietern von 3,83 € je qm ausgewiesen. Beim Median sind es 3,60 € je qm gegenüber 4,13 € je qm. Die Mieten privater Vermieter waren daher um 11,66% bzw 14,72% höher als bei Wohnungsunternehmen. Das Mietniveau dieser beiden Vermietergruppen ist demnach signifikant unterschiedlich. Da für die angemessenen kalten Betriebskosten die durchschnittlichen Betriebskosten aller Ein-Personen-Haushalte der Stadt A. im Konzept zugrunde gelegt wurden, kann der Tabelle 17 zu den unterschiedlichen Betriebskosten bei Wohnungsunternehmen und privaten Vermietern keine Aussage entnommen werden. Im Übrigen wäre aber selbst bei Bildung einer Bruttokaltmiete aus den Werten der Tabellen 14 und 17 immer noch ein höheres Mietenniveau bei den privaten Vermietern feststellbar. Es ist nicht erkennbar, dass es einer weiteren Differenzierung nach Wohnungsgrößenklassen für das Treffen weiterer Feststellungen zum Preisniveau bedurft hätte. Entsprechende Daten, die einen anderen Schluss zulassen könnten, wurden im Übrigen auch vom Beklagten nicht vorgelegt. Es kann daher gerade nicht ausgeschlossen werden, dass hauptsächlich Daten von großen Wohnungsunternehmen mit einem großen Bestand von Wohnungen in Häusern mit vielen Mieteinheiten in einzelnen wenigen Stadtteilen eingeflossen sein könnten.

Da damit der in Betracht kommende Wohnungsmarkt nicht repräsentativ in den erhobenen Bestandsmieten abgebildet ist, führt auch eine Überprüfung der Versorgung von Tranferleistungsberechtigten mit Wohnraum alleine durch die Angebotsmieten im Rahmen des iterativen Verfahrens nicht zur zutreffenden Erfassung des Mietpreisniveaus von Wohnungen mit einfachem Standard.

Nicht nachvollziehbar ist anhand der vorliegenden Rohdaten über die Bestands- und die Angebotsmieten, ob angemessene Wohnungen auch in verschiedenen Stadtteilen der Stadt A. verfügbar sind. Zur Vermeidung einer Ghettoisierung muss eine Konzentration Leistungsberechtigter auf bestimmte Stadtbezirke verhindert werden (vgl dazu BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 70; Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 81). Es muss die Möglichkeit bestehen, auch außerhalb eines „preiswerten Brennpunktgebietes“ angemessenen Wohnraum anmieten zu können (vgl dazu Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage, § 22b Rn 9). In welchen Stadtteilen von A-Stadt vorliegend Bestandsmieten erhoben worden sind, und ob es auch in verschiedenen Stadtteilen Angebote von Wohnungen gibt, die im Rahmen der Angemessenheitsgrenzen angemietet werden können, kann nicht festgestellt werden. Es ist desbezüglich nicht ersichtlich, dass noch eine weitere Aufklärung möglich ist, zumal auf Seite 3 des Konzepts angegeben ist, dass zur Erfüllung der einschlägigen Datenschutzbestimmungen umgehend alle nicht mehr benötigten personenbezogenen Daten (Adressdaten) gelöscht worden sind. Es erfolgte auch trotz Aufforderung durch den Senat mit Schreiben vom 27.11.2017 (Erinnerung vom 08.01.2018) keine ergänzende Darstellung, in welchen Stadtteilen die erhobenen Angebotsmieten liegen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Wohnungsangebote bis zur Perzentilgrenze auf - im Extremfall - einen oder zwei Stadtteile beschränken und daher ein Großteil der über den Mietobergrenzen lebenden Leistungsberechtigten zur Kostensenkung auf die Angebote in diesem Gebiet beschränkt wären. Damit ist nicht hinreichend gewährleistet, dass eine Ghettoisierung vermieden wird.

Es kann daher dahinstehen, ob sich eine mangelnde Validität der Datengrundlage auch daraus ergeben kann, dass das Konzept widersprüchliche Angaben enthält. So sind entgegen der Angaben im Konzept (dort heißt es auf Seite 12: „Des weiteren wurden der Erhebungsdatensatz durch Daten der Jobcenter ergänzt. Aus den Datensätzen der Jobcenter in der Stadt und im Landkreis A-Stadt wurden die tatsächlich anfallenden Kaltmieten und die Wohnflächen erhoben.“) die Daten des Beklagten über die Unterkunftskosten der Leistungsberechtigten nach dem SGB II tatsächlich nicht mit einbezogen worden, was erst im Laufe des Klageverfahrens beim SG im Januar 2015 aus einer Stellungnahme von A& K entnommen werden konnte. Auch im Hinblick auf die vom Senat angeforderte Übersicht über die Angebotsmieten enthielt zunächst eine Vielzahl von Wohnungen mit einem Quadratmeterpreis von 1 €, deren Richtigkeit der Zeuge D. zunächst noch bestätigt hat. Andererseits wurde vom Beklagten mitgeteilt, es habe sich um ein Büroversehen gehandelt und es wurde eine neue Aufstellung über die erhobenen Angebotsmieten ohne Datenpunkte mit Quadratmeterpreisen von 1 € vorgelegt. So stellt sich die Frage, ob tatsächlich mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass auch an anderen Stellen die im Konzept selbst angegebenen Anforderungen an die Datenerhebung erfüllt sind und immer die zutreffenden Datenpunkte mit richtigen Angaben verwendet worden sind. So fällt auch auf, dass in den Erhebungsbögen bezüglich einer Gruppe von Vermietern, die im Berufungsverfahren vorgelegt worden sind, nicht danach gefragt wird, ob die Wohnungen über ein Bad, ein WC in der Wohnung und eine Sammelheizung verfügen. Im Fragebogen an die andere Vermietergruppe sind diese Fragen ausdrücklich gestellt. Insofern könnten Substandardwohnungen, die von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand gehören, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist (vgl BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 70; Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 81), im Rahmen der Befragung nicht hinreichend sicher ausgeschlossen worden sein. Schließlich wird im Rahmen der Erläuterung des iterativen Verfahrens in der Stellungnahme von A& K vom 11.04.2016 in Abb 1 dargestellt, dass hier für die (vorläufige) Bestimmung von Mietobergrenzen auf der Basis von Bestandsmieten auch die Wohnsituation der Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB XII analysiert werde und hierauf Einfluss nehme. Wenn aber die Daten des Jobcenters zur Erstellung des Konzepts nicht vorlagen und auch für das Konzept keine Auswertung vorgenommen wurde, wie viele Leistungsempfänger tatsächlich innerhalb der 33%-Perzentilgrenze der Bestandsmieten liegen, drängt sich die Frage auf, wie dies geschehen sein soll. Alleine die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften im Rahmen der allgemeinen Nachfragesituation zu berücksichtigen, erscheint als nicht ausreichend.

Im Übrigen ergibt sich die Unschlüssigkeit des Konzepts zur Überzeugung des Senats aus der Nichtberücksichtigung der Tatsache, dass unter Annahme der festgelegten Angemessenheitsgrenze nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit im August 2012 nur 427 Ein-Personen-Haushalte von insgesamt 1.057 Leistungsberechtigten in solchen Haushalten einer Bruttokaltmietenforderung von bis zu 237 € ausgesetzt waren. Danach haben 630 Haushalte (abstrakt) die Angemessenheitsgrenze überschritten, mithin 59,6%. Davon lagen 345 Haushalte (entspricht 32,6%) sogar mehr als 10% über den Richtwerten. Bei Bestandsdatensätzen von Leistungsberechtigten im Vergleichsraum handelt es sich grundsätzlich um Daten aus dem sogenannten einfachen Segment, so dass bei diesen der Spannenoberwert, dh der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne, zu berücksichtigen wäre, um Zirkelschlüsse zu vermeiden (vgl dazu BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 85 - mit Verweis auf BSG, Urteil vom 23.08.2011 - B 14 AS 91/10 R - juris; Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 51). Folglich würde danach die vom Beklagten zugrunde gelegte Angemessenheitsgrenze lediglich etwas mehr als das untere Drittel von Mieten darstellen, die bereits dem einfachen Segment entstammen. Demnach kann die mit 237 € festgelegte Mietobergrenze für Ein-Personen-Haushalte in A-Stadt schon deshalb nicht schlüssig den einfachen Wohnungsbestand definieren (zu einem schlüssigen Konzept, welches als Mietobergrenze mindestens den Spannoberwert von 80% der Bestandswohnungen der Leistungsberechtigten annimmt: Sächsisches LSG, Urteil vom 01.06.2017 - L 7 AS 917/14 - juris).

Unabhängig davon hätte eine entsprechende Feststellung in jedem Fall auch unter dem Aspekt der Nachfragesituation zu einer Erhöhung der Perzentilgrenze für Ein-Personen-Haushalte führen müssen, damit tatsächlich von einer ausreichenden Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums in der Stadt A. hätte ausgegangen werden können (vgl hierzu § 22a Abs. 3 SGB II zur Notwendigkeit einer Berücksichtigung der Verfügbarkeit im Rahmen einer Satzung, der zur Auslegung der Anforderungen an den Angemessenheitsbegriff in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II herangezogen werden kann: BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 06.10.2017 - 1 BvL 2/15 und 5/15 - alle juris). Selbst wenn bei einigen Ein-Personen-Haushalten Gründe vorliegen könnten, die im konkreten Einzelfall einen höheren Bedarf für die Kosten der Unterkunft als angemessen erscheinen lässt, so würde doch ein Großteil der 630 unangemessen wohnenden Bedarfsgemeinschaften zur Senkung der Unterkunftskosten nach einer neuen, angemessenen Wohnung suchen müssen. Auch wenn die Vollauswertung der Print- und Internetangebote nicht alle tatsächlichen Wohnungsangebote erfasst, wird mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht ausreichend angemessener Wohnraum angeboten. In der Stellungnahme vom 11.04.2016 führt A& K aus, das veröffentlichte Angebot betrage nicht einmal zwei Drittel der tatsächlich neu abgeschlossenen Mietverhältnisse. Nach den erhobenen Angebotsmieten, die der Beklagte vorgelegt hat, wurden mit einer Nettokaltmiete von unter 171,50 € (33%-Perzentil des qm-Preises der Bestandsmieten x 50 qm) gerade einmal 14 Wohnungen angeboten. Selbst wenn dies nicht einmal Zweidrittel des tatsächlichen Wohnungsangebots sein sollte, wären bei Annahme einer Quote von 50% auf ein Jahr hochgerechnet lediglich 56 angemessene Wohnungsangebote verfügbar. Diesem Angebot würden alleine mehrere Hundert unangemessen wohnende Leistungsberechtigte nach dem SGB II in Ein-Personen-Haushalten gegenüber stehen. Hinzu kämen noch weitere Nachfrager aus anderen Gruppen unterer Einkommensbezieher, Empfänger von Wohngeld und Leistungsberechtigte nach dem SGB XII sowie Studenten. Der Hinweis des Beklagten, dass die durchschnittlichen Neuvertragsmieten der Höhe nach unter den Angebotsmieten liege, weshalb von einem größeren Wohnungsangebot unterhalb der Richtwerte auszugehen sei, verfängt nicht. Die von A& K ausgewerteten Neuvertragsmieten hatten einen Mietvertragsabschluss innerhalb von neun Monaten vor dem Stichtag am 01.03.2012, während die Angebotsmieten im Zeitraum von Januar bis Juni 2012 recherchiert wurden (Seite 25 des Konzepts). Eine zeitliche Kongruenz der erhobenen Datengruppen liegt insofern nicht vor, so dass eine hinreichende Vergleichbarkeit nicht gegeben ist. So könnte zB auch ein Anstieg des Mietpreisniveaus bei angebotenen Wohnungen ab März bis Juni 2012 einen solchen Unterschied begründet haben. Da hier im Hinblick auf die Vielzahl unangemessen wohnender Leistungsberechtigter eine verstärkte Nachfragesituation zu berücksichtigen gewesen wäre, können die vom Beklagten offensichtlich angenommenen Perzentilwerte von 10% bis 20% bei den Angebotsmieten für normale Wohnungsmarktverhältnisse vorliegend nicht als maßgeblich angesehen werden und eine Anmietbarkeit von 30% bis 44% der erhobenen Mietangebote wäre nicht ausreichend, um die Versorgung der Transferleistungsberechtigten mit angemessenen Wohnraum zu versorgen. Ebenso überzeugt der pauschale Verweis darauf, dass nach den Daten des Beklagten ca 40% der Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften in zu großen Wohnungen wohnen würden, nicht. Dies könnte auch dem Umstand geschuldet sein, dass angemessene Wohnungen von einer Größe von bis zu 50qm im Bereich der Stadt A. nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen, alleinstehende Leistungsberechtigte daher gezwungen sein könnten, größere Wohnungen anmieten zu müssen. Den Daten aus dem Zensus 2011 kann hierzu keine weitere Information entnommen werden, da hier für die Statistik der Wohnungsgrößen nur ein Intervall von 40 qm bis 59 qm definiert wird.

Ohne dass es streitentscheidend hier darauf ankäme, bestehen aber auch Zweifel daran, ob durch die Prüfung der aufgefundenen Mietangebote allein anhand der Nettokaltmiete und die Hinzurechnung der durchschnittlichen Betriebskosten aus den Bestandsmieten ein ausreichendes Angebot an Wohnungen mit angemessenen Mietkosten nachgewiesen werden kann. So führt der Beklagte bei den Bestandsmieten selbst aus, es komme auf die monatlichen Abschlagszahlungen und nicht auf die anhand von Jahresabrechnungen ermittelten Betriebskosten an. Für die Prüfung der Angemessenheit einer anzumietenden Wohnung im Vorfeld eines Umzuges nach § 22 Abs. 4 und Abs. 6 SGB II ist die tatsächliche Abschlagsforderung maßgeblich, da hier wie auch in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf die Bruttokaltmiete abzustellen ist (vgl dazu auch Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage, § 22 Rn 186). Sollte zB eine nach der Nettokaltmiete angemessene Wohnung mit hohen Vorauszahlungen für kalte Betriebskosten belastet sein, die auch objektiv prognostisch zu erwarten sind, weil es zB eine Hausverwaltung und einen Aufzug gibt, könnte diese im Ergebnis nach ihrer Bruttokaltmiete unangemessen sein. Eine solche Wohnung würde daher als unangemessen anzusehen sein, obwohl sie bei isolierter Betrachtung der Nettokaltmiete im Rahmen des vorliegenden Konzeptes für angemessen erachtet worden wäre. Dass ein ausreichendes Angebot an verfügbaren angemessenen Wohnungen im Rahmen eines schlüssigen Konzepts festzustellen sein dürfte, ergibt sich daraus, dass bei Vorliegen eines schlüssigen Konzeptes vermutet werden kann, dass zu den darin festgelegten Mietobergrenzen Wohnraum auch tatsächlich angemietet werden kann (für ein aus den Daten eines qualifizierten Mietspiegels erstellten schlüssigen Konzept: BSG, Urteil vom 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 46). Der Leistungsberechtigte hat dann nachzuweisen, dass es ihm nicht möglich ist, eine entsprechende Wohnung zu finden, will er einen höheren Bedarf für Unterkunft geltend machen. Würde man dies nicht als Anforderung an ein schlüssiges Konzept ansehen, wäre jeweils der Jobcenter in der Pflicht in jedem Einzelfall konkret nachzuweisen, dass es dem Leistungsberechtigten möglich gewesen ist, eine Wohnung innerhalb der Angemessenheitsgrenzen anzumieten, weil entsprechender Wohnraum tatsächlich ausreichend angeboten wird.

Schließlich ist dem Konzept auch nicht zu entnehmen, worin die Rechtfertigung zu sehen ist, im Landkreis A-Stadt für Ein-Personen-Haushalte auf eine 40%-Perzentilgrenze abzustellen, während in der Stadt A. eine 33%-Perzentilgrenze zugrunde gelegt wurde. Unter Berücksichtigung der Werte der Tabellen 10 und 11 des Konzeptes ergibt sich im Landkreis A-Stadt bei den Nachfragegruppen ein Anteil an Ein-Personen-Haushalten von 42,35% (3.457 von insgesamt 8.163) und in der Stadt A. von 39,46% (2.391 von insgesamt 6.060). Dass sich die im Konzept festgestellte überproportionale Vertretung von Ein-Personen-Haushalten nur auf den Landkreis beziehen soll, ist weder im Konzept festgehalten noch ergibt sich diese aus den nur unwesentlich differierenden Anteilen. Gleiches gilt für die größere Anzahl von Angebotsmieten für größere Wohnungen. Hier stehen im Landkreis (Wohnungsmarkttyp I und II) 46 Angebotsmieten für Wohnungen bis 50 qm 313 Angebotsmieten für größere Wohnungen gegenüber, während in der Stadt A. 47 Angebotsmieten für Wohnungen bis 50 qm ausgewiesen werden und 297 für größere Wohnungen (Tabellen 18 bis 20 des Konzepts). Hier kann ebenfalls kein signifikanter Unterschied erkannt werden und ein solcher wurde im Konzept auch nicht dargelegt.

Da auch die Fortschreibung des Konzepts 2014 auf dem Konzept aus 2012 beruht und lediglich mithilfe eines Indexes angepasst worden ist, liegt auch für die Zeit ab 2014 kein schlüssiges Konzept vor. Es kann daher dahinstehen, ob und in welcher Form die Entwicklung der Wohnungsmarktsituation vor einer Fortschreibung anhand eines Verbraucherpreisindexes zu erfolgen hat und ob dies hier geschehen ist. So spricht auch § 22b Abs. 2 SGB II, der zur Auslegung des Angemessenheitsbegriffs in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II herangezogen werden kann (vgl dazu BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 06.10.2017 - 1 BvL 2/15 und 5/15 - alle juris), von einer Überprüfung der Werte nach zwei Jahren und einer dann gegebenenfalls vorzunehmenden neuen Festsetzung.

Für den Senat ist es nicht möglich, noch ein schlüssiges Konzept für die Bestimmung der angemessenen Mietobergrenze im streitgegenständlichen Zeitraum zu entwickeln. Es liegt eine Ausfall von lokalen Erkenntnismöglichkeiten vor. Die umfassende Ermittlung der Daten sowie die Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts ist Angelegenheit des Beklagten und von diesem bereits im Verwaltungsverfahren vorzunehmen (vgl zum Ganzen: BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 73). Aufgrund des Zeitablaufs ist es nicht bzw nur unter völlig unverhältnismäßigem Aufwand möglich, die für ein schlüssiges Konzept noch notwendigen Daten zu ermitteln. So ist nicht ersichtlich, wie weitere Daten zu den Bestandsmieten 2012 ermitteltet werden könnten, um eine hinreichend repräsentative Datengrundlage hinsichtlich des Wohnungsmarktes zu erlangen. Der Beklagte hat mit Ausnahme der Daten zu den Leistungsberechtigten nach dem SGB II keine weiteren Daten vorgelegt. Eine Ergänzung der erhobenen Bestandsmieten durch diese Daten ist nicht möglich, da sich in den an das SG übersandten Rohdaten zu den Bestandsmieten keine Adressinformationen mehr befinden, die nach den Ausführungen im Konzept zu den Datenschutzbestimmungen offensichtlich bereits gelöscht worden sind. Damit kann nicht bestimmt werden, ob und welche Daten hier bereits erfasst worden sind. Aber auch in Bezug auf die repräsentative Berücksichtigung von kleineren Vermietern ist keine Möglichkeit ersichtlich, wie weiter ermittelt werden kann, welche Daten, die bei den Wohnungsunternehmen erfasst worden sind, tatsächlich kleineren Vermietern zugeordnet werden könnten. Dies ergibt sich auch nicht aus den Daten der Leistungsberechtigten. Für die Frage nach der Vermeidung einer Ghettoisierung kann ebenfalls anhand der verwendeten Daten nicht mehr bestimmt werden, in welchem Stadtteil die jeweiligen Wohnungen liegen. Trotz Aufforderung durch das Gericht wurden auch zu den Angebotsmieten insofern keine weiteren Informationen vorgelegt. Insgesamt hat der Bevollmächtigte des Beklagten zuletzt in der mündlichen Verhandlung erklärt, es könnten keine weiteren Daten vorgelegt werden.

Es ist daher ein Erkenntnisausfall gegeben, der es notwendig macht, auf die Tabellenwerte des WoGG zurückzugreifen (vgl dazu BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 73; Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 44/12 R - juris; Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 59). Nach dem maßgeblichen Höchstwert der Tabelle nach § 12 WoGG (in der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung) zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10% (vgl dazu BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris) ergibt sich für die Stadt A. mit Mietenstufe I nach der rechten Spalte ein Höchstwert von 292 € für einen Ein-Personen-Haushalt. Unter Berücksichtigung eines 10%-Zuschlages folgt hieraus eine Mietobergrenze bei Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften bezüglich der Bruttokaltmiete von 321,20 €.

Auf die Frage, ob sich ein höherer Anspruch hinsichtlich des Bedarfs für Unterkunft bei der Klägerin im Hinblick auf eine fehlende konkrete Verfügbarkeit einer angemessenen Wohnung ergeben könnte, ist nicht einzugehen, da vorliegend alleine der Beklagte Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt hat.

Für die Bedarfe für Heizung hat das SG die Angemessenheit zutreffend unter Berücksichtigung der jeweils gültigen Bundesheizspiegel bestimmt. Demnach sind für die Zeit bis Juli 2013 ein angemessener Bedarf für Heizung iHv 72,92 € monatlich [soweit im Urteil ein Wert von 2,10 € je qm angegeben ist, der für die zentrale Warmwasserzubereitung hinzuzurechnen sei, handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler; im Bundesheizspiegel 2012 ist hierfür ein Wert von 2,30 € angegeben, der ausweislich des Endergebnisses von 72,92 € auch in die Berechnung eingestellt worden ist: (15,20 € je qm + 2,30 € je qm) x 50 qm / 12 = 72,92 €], für die Zeit ab August 2013 iHv 79,17 € monatlich und für die Zeit ab August 2014 iHv 77,08 € zugrunde zu legen. Die Angemessenheit der vom SG angesetzten Werte für die Bedarfe für Heizung sind von den Beteiligten auch nicht bestritten worden. Der Senat folgt den Ausführungen des SG und sieht insofern von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Klägerin hat demnach einen Anspruch auf Berücksichtigung der vom SG festgestellten Bedarfe für Unterkunft und Heizung, so dass der Beklagte zu Recht zur Zahlung weiterer Leistungen hierfür verurteilt bzw zur Abänderung diesbezüglicher Bescheide verpflichtet worden ist. Die Berufung des Beklagten war folglich zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.