Sozialgericht Bayreuth Urteil, 27. Okt. 2016 - S 4 AS 1092/14

bei uns veröffentlicht am27.10.2016

Gericht

Sozialgericht Bayreuth

Tenor

I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 08. August 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2014 sowie in der Fassung der Änderungs-, Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 22. November 2014, 19. Januar 2015, 17. Februar 2015 sowie 28. Mai 2015 verpflichtet, den Klägern Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt monatlich 383,10 € sowie für Dezember 2014 weitere Kosten der Stromheizung von 285,27 € zu erstatten.

II. Der Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Kosten der Unterkunft.

Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) heirateten während des laufenden Verfahrens. Die Klägerin zu 3) ist die 2013 geborene Tochter der Klägerin zu 2). Die Kläger bewohnen eine 105,48 m² große Wohnung. In der Wohnung werden ein Öleinzelofen sowie Stromheizungen betrieben.

Der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge beauftragte die Firma A & K mit der Erarbeitung eines Konzepts zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft. Dieses Konzept wurde mit Anfragen bei großen Vermietern erstellt. Auf der Grundlage der Adressdatenbank des regionalen Müllentsorgungsunternehmens wurden auch kleine, private Vermieter angeschrieben. Die dadurch gewonnenen Daten wurden zum Stichtag 01.06.2013 in die Berechnungen eingestellt. Angebotsmieten wurden über einen Zeitraum von elf Monaten erfasst. Beobachtet wurden dabei die Internet-Immobiliensuch-portale, Tagespresse und Anzeigenblätter sowie die Internetseiten der großen Wohnungsanbieter.

A & K legte in der schriftlichen Abfassung des Konzepts dar, dass in Abweichung von den Wohnungsbauförderungsverwaltungsvorschriften in Bayern um 2 m² größere Wohnungen nachgefragt werden. Es wurden Wohnungsmarkttypen aus den Kenngrößen für Bevölkerungsentwicklung, Bevölkerungsdichte, Siedlungsstruktur, Neubautätigkeit, Bodenpreiszentralität und Tourismus gebildet. Die kreisangehörige Stadt, in der die Kläger wohnen, wurde dem Wohnungsmarkttyp I zugeordnet. Dieser ist nach der Erläuterung des Konzepts geprägt durch unterdurchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen und deutlich unterdurchschnittliche Bevölkerungsentwicklung sowie Neubautätigkeit. Der Anteil von Mehrfamilienhäuser (Siedlungsstruktur) sei nur leicht unterdurchschnittlich. Allgemein würden Wohnungen unter 35 m² Wohnfläche ebenso wenig berücksichtigt wie Substandardwohnungen. Unter letzterem wurden Unterkünfte ohne Bad oder Sammelheizung verstanden. Die Abgrenzung des den SGB II- bzw. SGB XII-Leistungsbeziehern zustehenden Wohnungskreises werde über den Preis definiert. Wohnungen, die dem allgemeinen Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung stehen, wurden ausgeschieden.

Im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge existierten etwa 22.000 Wohngebäude mit etwa 42.000 Wohnungen. 16.300 Wohnungen wären zu Wohnzwecken vermietet. Es wären viele leerstehende Altbauten zu beobachten. Mehrere Prozentpunkte der Wohnungen entfielen auf Substandardwohnungen. Aus dem Kreis der kleineren Mieter seien 2.000 angeschrieben worden. Insgesamt würden 3502 Datensätze zu Bestandsmieten und 373 zu Angebotsmieten vorliegen. Es bestehe ein Leerstand von etwa 3.200 Wohnungen.

Der Bericht der Firma A & K wurde als „grundsicherungsrelevanter Mietspiegel“ vom Kreisausschuss des Landkreises Wunsiedel im Fichtelgebirge in öffentlicher Sitzung am 03.02.2014 beschlossen. Im gleichen Beschluss wurde die Verwaltung ermächtigt, in Fällen von nicht grundlegender Bedeutung die Richtlinien zu ändern.

Mit Schreiben vom 21.01.2014 wurden die Kläger auf das Inkrafttreten des schlüssigen Konzepts zum 01.01.2014 hingewiesen. Die Kosten für die von den Klägern bewohnte Wohnung wären danach nicht angemessen. Die Kosten könnten daher noch längstens für die Dauer von 6 Monaten in der tatsächlichen Höhe berücksichtigt werden. Die Kläger wurden aufgefordert, innerhalb dieser 6 Monate ihre Mietkosten durch Umzug in eine kostengünstigere Wohnung, durch Vermieten oder auf andere Weise mindestens auf die Angemessenheitsgrenze zu senken. Im Fall der Klägerin betrage die Angemessenheitsgrenze 333,00 € inklusive Nebenkosten.

Mit Schreiben vom 24.04.2014 wurde die Betriebskostenumlage 2013 abgerechnet. Ab 01.08.2014 haben die Kläger monatlich 383,10 € zu zahlen. Die Grundmiete blieb unverändert bei 300,00 €.

Die Kläger erhielten im Parallelverfahren S 4/17 AS 552/14 mit Schreiben des Beklagten vom 04.08.2014 Kenntnis von dem Bericht der Firma A & K.

Mit Bescheid vom 08.08.2014 wurden den Klägern für den Zeitraum vom 01.09.2014 bis 28.02.2015 vorläufige Leistungen bewilligt. Eine Begründung zur Vorläufigkeit ist - abgesehen vom Zitat der einschlägigen Normen - dem Bescheid nicht zu entnehmen. Es errechneten sich Leistungen von 1392,27 €, wobei auf die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 2) jeweils 507,52 € sowie auf die Klägerin zu 3) 377,23 € entfielen. Den Klägern wurde ein Mehrbedarf für die zentrale Warmwasserbereitung gewährt. Es wurden Kosten der Unterkunft in Höhe von 333,00 € (Grundmiete 300,00 € und Nebenkosten 33,00 €) sowie Kosten der Heizung von 106,20 € berücksichtigt.

Mit Schreiben vom 21.08.2014 erhoben die Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.08.2014. Ein schlüssiges Konzept liege nicht vor, da die zugrundeliegenden Daten älter als 2 Jahre wären. Gleichzeitig wurde beantragt, die Leistungen endgültig festzusetzen.

Mit Bescheid vom 22.08.2014 wurde ein höheres Einkommen des Klägers zu 2) berücksichtigt. Die Kosten der Unterkunft wurden unverändert in Höhe von 333,00 € gewährt.

Der kommunale Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende hat eine Indexfortschreibung der angemessenen Kosten vorgenommen. Dazu bediente er sich des Berichts vom November 2014 „Indexfortschreibung des schlüssigen Konzepts 2012“ der Firma A & K. Es wurde ein Index des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung, Verbraucherpreisindex für Bayern, genutzt, der die Entwicklung der Mietkosten für Bayern wiedergibt (Bericht Seite 2). Daneben wurde ein Index für die Preisentwicklung der kalten Betriebskosten (Wohnungsnebenkosten) angewendet. Die Veränderung zwischen Juni 2012 und Juni 2014 betrug 2,73% hinsichtlich der Wohnungsmieten und 0,39% hinsichtlich der Wohnungsnebenkosten. Eine Untersuchung des örtlichen Wohnungsmarktes oder eine Stichprobe ist dem Bericht nicht zu entnehmen.

Der Bericht über die Indexfortschreibung wurde dem Gericht im Parallelverfahren S 4/17 AS 552/14 mit Schreiben des Beklagten vom 27.05.2015 vorgelegt und den Klägern zur Kenntnis gebracht.

Im Widerspruchsbescheid vom 14.11.2014 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.08.2016 zurückgewiesen. Die Fortschreibung des schlüssigen Konzepts liege noch nicht in endgültiger Fassung vor. Es habe vorläufig entschieden werden müssen, damit die Bedarfsgemeinschaft ihren Lebensunterhalt habe decken können.

Durch Änderungsbescheid vom 22.11.2014 wurden die Leistungen an die neuen Regelbedarfe ab 01.01.2015 angepasst.

Am 01.12.2014 nahm der Kläger zu 2) eine andere Tätigkeit auf.

Mit diesem Ergebnis des Verwaltungsverfahrens zeigen sich die Kläger nicht einverstanden und erheben am 04.12.2014 Klage zum Sozialgericht Bayreuth. Zur Begründung tragen die Kläger vor: Die Kläger hätten Anspruch auf die Erstattung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft, da diese nicht unangemessen seien. Der Beklagte sei der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Schlüssigkeit des angewandten Konzepts nicht nachgekommen.

Die Kläger legten die Heizkostenabrechnung über Heizstrom vom 25.11.2014 vor. Aufgrund der Fälligkeit am 11.12.2014 wären im Monat Dezember weitere Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Bescheides vom 08.08.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2014 sowie in der Fassung der Änderungs-, Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 22.11.2014, 19.01.2015, 17.02.2015 sowie 28.05.2015 den Beklagten zu verurteilen, den Klägern Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt monatlich 383,10 € sowie für Dezember 2014 weitere Kosten der Stromheizung von 285,27 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verwies auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.

Mit Bescheid vom 19.01.2015 gewährte der Beklagte ab Januar 2015 den neuen Abschlag für die Stromheizung. Am gleichen Tag ergingen Bescheide zur Aufhebung und Erstattung an die Klägerin zu 1) (auch für die Klägerin zu 3) sowie an den Kläger zu 2). Der Kläger zu 2) hatte im Januar 2015 einen Lohnzufluss in Höhe von 2125,45 € (bislang 1256,30 €) gutgeschrieben bekommen.

Mit Bescheiden vom 17.02.2015 wurden die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 19.01.2015 neu berechnet.

Mit Bescheiden vom 28.05.2015 wurden die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 17.02.2015 abgeändert. Aufgrund der Indexfortschreibung würden die Leistungen im Monat Dezember 2014 in Höhe eines Betrages von 2,99 € angehoben. Mit weiterem Bescheid vom 28.05.2015 wurden die Leistungen ab 01.09.2014 ohne Vorläufigkeitsvermerk festgesetzt. Für September bis einschließlich November errechneten sich Leistungen von 1399,27 €. Nunmehr wurden Kosten der Unterkunft von 340,00 € und unveränderte Heizkosten von 106,20 € berücksichtigt. Im Dezember 2015 betrug die Leistungshöhe 1284,71 €. Kosten der Unterkunft wurden mit 300,00 € und Nebenkosten mit 31,46 € berücksichtigt. Heizkosten wurden nicht erstattet.

Im Erörterungstermin am 23.08.2016 kritisierten die Kläger, dass überzahlte Leistungen ab Januar 2015 mit dem Anspruch auf Erstattung der Heizstromkostenrechnung im Dezember 2014 verrechnet worden seien. Sie stellten klar, dass der Streitstoff des vorliegenden Verfahrens auf die Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkt wird. Die Beteiligten verzichteten auf mündliche Verhandlung.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Prozessakten sowie auf die beigezogenen Behördenakten (3 Bände) Bezug genommen.

Gründe

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 08.08.2014 - der nach Änderungs-, Widerspruchssowie Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden (22.08.2014, 14.11.2014, 22.11.2014, 19.01.2015, 17.02.2015) seine endgültige Ausgestaltung im Bescheid vom 28.05.2015 erhalten hat. Die Bescheide regeln die Höhe der SGB II-Leistungen ab 01.09.2014. Zwischen den Beteiligten besteht Übereinstimmung dahingehend, dass aufgrund der umfassenderen Berufstätigkeit des Klägers zu 2) und dem damit verbundenen Einkommen ab 01.01.2015 kein Leistungsanspruch mehr besteht.

Der Streitgegenstand ist durch die Antragstellung auf den abtrennbaren Teil der Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl. etwa BSG Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 42/13 -, Rn. 10) begrenzt.

Die Heizkostennachforderung vom 25.11.2014 ist im Dezember 2015 fällig geworden und damit als einmalige Leistung Gegenstand des Verfahrens (BSG Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 12/10 -, Rn. 14 f.)

Die zulässige Klage ist begründet, da die Bescheide die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende hinsichtlich der zu erstattenden Kosten der Unterkunft zu niedrig festgesetzt haben. Das kommunale Konzept des Landkreises Wunsiedel im Fichtelgebirge ist unwirksam. Die Aufwendungen der Kläger übersteigen den nach der Wohngeldtabelle mit Sicherheitszuschlag angemessenen Umfang nicht.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 1 Sätze 1, 3 SGB II, wonach Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind. Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den nach der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie als Bedarf der Personen nur anzuerkennen, als es diesen nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (Satz 3). Anhaltspunkte für eine Abweichung von der Wertung des Gesetzgebers („in der Regel jedoch längstens“, § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB XII) sind im Fall der Kläger nicht ersichtlich. Die Kläger haben nach Ablauf des Kostensenkungszeitraums (spätestens) ab 01.08.2014 nur Anspruch auf die angemessenen tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Bestimmung der angemessenen Kosten durch den Beklagten durch ein schlüssiges Konzept war unwirksam, da dieses nicht öffentlich bekannt gemacht worden ist und eine Indexfortschreibung unzulässig ist.

Für die Prüfung der Angemessenheit besteht ein mehrstufiges Verfahren: Zunächst ist die Größe der Wohnung unter Zugrundelegung der landesrechtlichen Wohnraumförderbestimmungen festzustellen und zu überprüfen, ob diese angemessen ist.

Angemessen ist eine Wohnung nach dem Wohnungsstandard ferner nur, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Es genügt jedoch insoweit, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist. Die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, darf die angemessene Mietobergrenze nicht überschreiten. Als letzter Prüfungsschritt ist zu ermitteln, ob nach der Struktur des Wohnungsmarktes am konkreten Wohnort der Leistungsberechtigte tatsächlich auch die Möglichkeit hat, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können.

Die Wohnfläche der Kläger überschreitet mit 105,48 m² den als angemessen anzusehenden Wert von 75,00 m² für 3 Personen (Nr. 22.2 Wohnraumförderbestimmungen 2012, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Innern für Bau und Verkehr vom 11.01.2012, AllMBl 2012, S. 20, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom zum 27.05.2014).

Diese Überschreitung der angemessenen Wohnungsgröße wäre grundsicherungsrechtlich unbeachtlich, wenn das Produkt aus angemessener Miete pro m² und tatsächlicher Wohnfläche, ausgedrückt in der Höhe des Mietzinses, gleichwohl angemessen wäre, etwa, weil der Standard der Wohnung nach unten abweicht. Das ist hier der Fall, denn die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger überschreiten im konkreten Fall die Angemessenheitsobergrenze nach der Wohngeldtabelle mit Sicherheitszuschlag für den Vergleichsraum nicht.

Den Klägern kann das kommunale Konzept nicht entgegengehalten werden, das der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge im Anschluss an den Bericht von A & K vom Dezember 2013 erlassen hat und das mit Wirkung ab 01.07.2014 auf der Grundlage des Berichts vom November 2014 fortgeschrieben worden ist. Das Konzept und die Fortschreibung wurden nicht öffentlich bekannt gemacht und sind deshalb unwirksam (1.).

Die fehlende Veröffentlichung ist gerichtsbekannt und auch der Bevollmächtigten der Kläger bekannt geworden (vgl. etwa Vortrag des Beklagten im Verfahren S 4 AS 102/15).

Außerdem hätte eine Indexfortschreibung nicht durchgeführt werden dürfen (2.).

1. Wirksamkeit des kommunalen Konzepts im Abschluss an den Bericht vom Dezember 2013

1.1. Verfahren zum Erlass Neben der Bekanntmachung haben sich keine weiteren Fehler bei Erlass der Verwaltungsvorschrift - die wir eine Rechtsnorm zu behandeln ist (vgl. Nguyen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 35 SGB XII, Rn. 169) - eingestellt. Insbesondere haben der zuständige Rechtsträger und das zuständige Organ gehandelt. Das Konzept ist vom zuständigen Träger der Leistungen, soweit das Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld für den Bedarf der Unterkunft und Heizung geleistet wurde, dem Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge erlassen worden (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II). Das schlüssige Konzept ist nicht deshalb schon unwirksam, weil es nicht durch den Kreistag verabschiedet worden ist. Die Organzuständigkeit der bayerischen Landkreise richtet sich nach Art. 22 Landkreisordnung (LKrO), der von einer Allzuständigkeit des Kreistages ausgeht. Der Kreisausschuss hat lediglich eine vom Kreistag abgeleitete Befugnis (Art. 26 Abs. 2 2. Alternative LKrO). Die Aufgaben des Kreisausschusses in Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge bemessen sich nach der Geschäftsordnung des Kreistags Wunsiedel in der Ausgestaltung der Legislaturperiode 2008-2014 in der Fassung vom 21.10.2010 (Geschäftsordnung). Nach § 31 Satz 1 Geschäftsordnung ist der Kreisausschuss zuständig für alle Verwaltungsaufgaben, die nicht dem Kreistag, weiteren beschließenden Abschlüssen oder dem Landrat vorbehalten sind. Der Erlass der Verwaltungsvorschrift war insbesondere keine Aufgabe im Sinne von Art. 30 Abs. 1 LKrO. Eine Zuständigkeit des Kreistages wurde auch nicht nach § 29 Abs. 2 Geschäftsordnung begründet. Keine der in Nrn. 1 bis 8 aufgezählten enumerativen Zuständigkeiten ist einschlägig. Die Aufgabe war auch nicht dem Landrat nach Art. 34 Abs. 1 Satz 2 Landkreisordnung durch die Geschäftsordnung übertragen. Schließlich war kein anderer Ausschuss zuständig. An beschließenden Ausschüssen hat der Kreistag des Landkreises Wunsiedel im Fichtelgebirge nur den Jugendhilfeausschuss eingesetzt (§ 34 Geschäftsordnung). Möglicherweise thematisch zuständig könnte der Ausschuss für soziale Angelegenheiten sein. Dieser ist aber nach § 36 Abs. 1 4. Spiegelstrich Geschäftsordnung nur ein beratender Ausschuss.

1.2. Bekanntgabe

Das Bundesverwaltungsgericht hatte in der Entscheidung vom 05.11.2004 (5 CN 1/03) vermerkt, dass Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber Dritten bekannt zu machen sind. Für die Bekanntgabe ist eine selektive, erläuternde Wiedergabe des Inhalts der Verwaltungsvorschrift nicht ausreichend (Leitsätze nach Juris). Die Entscheidung ist zur Pauschalierung von Sozialhilfeleistungen nach § 101a BSHG ergangen (Rn. 23). Überprüft werden können (abstrakt-generelle) Regelungen der Exekutive, die rechtliche Außenwirkung gegenüber den Bürgern entfalten und auf diese Weise dessen subjektiv-öffentlichen Rechte unmittelbar berühren. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt dabei Bezug auf die Regelsatzfestsetzung durch Verwaltungsvorschrift (Rn. 24). In der Subsumtion der pauschalierten Sozialhilfefestsetzung meint das Gericht, dass diese nicht nur eine binnenrechtlich wirkende, allein die Verwaltung bindende Bemessungsrichtlinie darstelle. Sie wären anspruchskonkretisierend, sie gäben den Anspruch des Hilfeempfängers auf Hilfe zum Lebensunterhalt in Bezug auf die von den Ausführungsbestimmungen erfassten Bedarfe in gleicher Weise die abschließende Gestalt, wie dies in Bezug auf den Regelbedarf im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 BSHG infolge der Regelsätze erfolgt (Rn. 27). Dem rechtsstaatlichen Publikationsgebot könne nicht durch an den Hilfeempfänger verteilte Merkblätter entsprochen werden (Rn. 30). Das Publikationsgebot habe auch das Bundesverfassungsgericht bei der Bekanntmachung einer Strafgefangene bindende Verwaltungsvorschrift und das Schrifttum angenommen. Es sei im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz, GG) sowie in der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) begründet (Rn. 31). Der Pflicht zur Publikation von Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber den Betroffenen genüge auf jeden Fall die Publikation in dem für den Verwaltungsträger für die Veröffentlichung von Rechtsnormen vorgeschriebenen amtlichen Medium. Ob auch eine andere Art und Weise der Bekanntmachung zum Beispiel durch eine unmittelbare Übergabe des Vorschriftentextes an den Betroffenen ausreichend wäre, bedürfe in dem Verfahren keine Erörterung und Entscheidung (Rn. 33). Fehle die gebotene Bekanntgabe, sei die Verwaltungsvorschrift mit Außenwirkung nicht wirksam (Rn. 34).

Berlit (jurisPR-BVerwG 7/2005 Anm. 1) spricht in der Anmerkung zu der Entscheidung bei der strikten Publikationspflicht für Verwaltungsvorschrift mit unmittelbarer Außenwirkung für Dritte von einer rechtsstaatlichen Selbstverständlichkeit.

1.3. Zuordnung des kommunalen Konzepts

Das schlüssige Konzept des Landkreises Wunsiedel ist nach der Verabschiedung des Berichts von A und K vom Dezember 2013 durch die Kreisausschusssitzung vom 03.02.2014 und der Aufnahme in die Richtlinien eine Verwaltungsvorschrift, die die subjektiv-öffentlichen Rechte berührt. Sie ist damit anspruchskonkretisierende Verwaltungsvorschrift; dies ist der Begriff des Sozialrechts für normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften.

Zur Funktion normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften ist auf die Wesentlichkeitstheorie zu verweisen. Nach dieser Theorie ist unter Umständen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen ein Parlamentsgesetz erforderlich. Dies hat das Bundesverfassungsgericht bei der Bemessung des Regelsatzes für erforderlich gehalten (Urteil vom 09.02.2012) und hat damit mit der langen Tradition, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Bundessozialhilfegesetz und dem SGB XII festzulegen, gebrochen (auf diesen Zusammenhang verweist Gutzler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 40 SGB XII, Rn. 4). Das Bundesverwaltungsgericht orientiert sich an der Regelsatzfortschreibung.

Wenn nun ein vergleichbar wesentliches Element der SGB II-Leistungen durch den kommunalen Träger im Wege einer Verwaltungsvorschrift festgelegt wird, treffen ihn die Obliegenheiten wie beim Erlass einer Rechtsnorm.

Leistungsbezieher erhalten nicht die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und auch nicht Kosten nach der Wohngeldtabelle mit Sicherheitszuschlag. Der Beklagte kann nicht auf das nachfolgende Kostensenkungsverfahren verweisen, da schon aus Gründen der Gleichbehandlung das kommunale Konzept durch eine Umzugsaufforderung durchgesetzt wird - das Konzept wirkt damit unmittelbar, das BVerwG hält ein unmittelbares „Berühren“ der subjektiv-öffentlichen Rechte für ausreichend.

Die Erstattungsmöglichkeit der verauslagten Kosten wird - in vielen Fällen erheblich - beeinträchtigt. Die Leistungsbezieher werden zwar beim Umzug aus dem Bereich eines anderen Trägers durch das Genehmigungserfordernis vor dem Abschluss nicht erstattungsfähiger Mietverhältnisse geschützt. Gleichwohl ist beim Inkrafttreten des Konzepts auch die Fallgestaltung zu beobachten, dass bislang angemessene Unterkunftskosten nach Inkrafttreten des Konzepts unangemessen geworden sind. Ein dann im Regelfall notwendiger Umzug beeinflusst schon deshalb subjektiv-öffentliche Rechte der Leistungsbezieher, da damit unter Umständen Schäden am Umzugsgut einhergehen.

Bei einer Publikation der Verwaltungsvorschrift könnten neu in den Leistungsbezug eintretende Personen schon weit vor dem Eintritt des Bezugs eine angemessene Wohnung wählen. Da das schlüssige Konzept auch für Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gilt, können sich Arbeitnehmer bei der Wohnungswahl an der Angemessenheitsgrenze orientieren, bei denen schon jetzt absehbar ist, dass sie beim Bezug von Altersrente auf die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angewiesen sein werden.

Vermieter könnten sich etwa bei der Modernisierung von Wohnungen bei Zeiten mit der Frage beschäftigen, ob die Wohnung von Leistungsberechtigten bezogen werden kann. Dies ist für die Unwägbarkeiten bei einer Investitionsrechnung von besonderer Bedeutung, da bei angemessenen Wohnraum ein Leerstand weniger wahrscheinlich ist.

Schließlich ist anzumerken, dass das kommunale Konzept tendenziell wirkungsgleich wie eine Satzung nach § 22 a SGB II ist. Damit ist das kommunale Konzept auch normersetzend. § 22 a Abs. 2 sieht auch die Möglichkeit der Pauschalierung vor und entspricht damit dem Tatbestand, der der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.11.2004 zugrunde gelegen hat.

Im Kontext mit der Pauschalierung der Kosten der Unterkunft (allerdings bei § 35 Abs. 3 SGB XII) weist Nguyen (in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 35 SGB XII, Rn. 169) darauf hin, dass Verwaltungsvorschriften mit abstrakt generellen Regelungen der Exekutive unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als Rechtsnormen einzustufen sind, die ordnungsgemäß zu veröffentlichen sind.

Zusammenfassend ist festzustellen: Das schlüssige Konzept des Landkreises Wunsiedel auf der Grundlage der Berichte der Firma A & K vom Dezember 2013 und vom November 2014 ist anspruchskonkretisierende Verwaltungsvorschrift. Eine solche wird aufgrund der grundrechtsgestaltenden Wirkung wirkungsgleich wie eine Rechtsnorm. Bildlich gesprochen: Die Verwaltungsvorschrift hat eine halbe Stufe auf der Normpyramide nach oben zur Satzung genommen.

Damit kam es auf die Schlüssigkeit des Konzepts nicht mehr an. Allerdings hat das Sozialgericht Bayreuth gegenüber anderen Jobcentern, die auf der Grundlage von Berichten der Firma A und K die angemessenen Kosten der Unterkunft festgelegt haben, die Unwirksamkeit des jeweiligen schlüssigen Konzepts festgestellt (Gerichtsbescheid vom 16.08.2016, S 13 AS 941/15 und Urteil vom 14.10.2015, S 17 AS 768/13).

1.4. Kritik am Urteil der erkennenden Kammer vom 26.05.2015 (S 4 AS 102/15), info also 2015, S. 220 ff.

Die Notwendigkeit einer Bekanntmachung des schlüssigen Konzepts im Landkreis Wunsiedel hat die Kammer bereits im rechtskräftigen Urteil vom 26.05.2015 dargelegt.

Diesem Urteil ist namentlich das Sozialgericht Augsburg entgegengetreten (Urteile vom 24.11.2015, S 8 AS 984/15, vom 07.12.2015, S 8 AS 860/15 und vom 31.05.2016, S 8 AS 266/16).

Das Sozialgericht Augsburg vermerkt, dass ein Konzept im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II keine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift sei, wie sich aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts(Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R) und des Landessozialgerichts Thüringen (Urteil vom 26.05.2015, L 4 AS 102/15), ergebe (Urteil des Sozialgerichts vom 24.11.2015, aaO., Rn. 40). Der Vorschriftenteil des Konzepts sei allein die ermittelten Kostenobergrenzen (Rn. 41). Der Vergleich mit §§ 22a ff. SGB II trage nicht, weil einer Satzung eine rechtlich andere Qualität und Verbindlichkeit zukommt (Rn. 42). Es bestehe eine ähnliche Situation wie beim Auswahlrecht nach § 200 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch. Es müsste eine unverzügliche Rüge noch im Verwaltungsverfahren erfolgen (Rn. 43).

Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 19.10.2010 (aaO., Rn. 26) argumentiert:

„Die Träger der Grundsicherung entscheiden in Berlin über die Angemessenheit von Unterkunftskosten auf Grundlage der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz des Landes Berlin vom 7.6.2005 (Amtsblatt für Berlin 2005, 3743), für den streitigen Zeitraum geändert mit Verwaltungsvorschriften vom 30.5.2006 (Amtsblatt für Berlin 2006, 2062; im Folgenden: AV-Wohnen). Es handelt sich dabei um bloße Verwaltungsvorschriften, die keine unmittelbare Rechtswirkung für die Betroffenen entfalten. Weder aus den AV-Wohnen selbst noch aus dem Vortrag des Beklagten wird erkennbar, dass den dort genannten Oberwerten (444 Euro für einen Zwei-Personen-Haushalt) ein schlüssiges Konzept im Sinne der zitierten Rechtsprechung des BSG zugrunde liegt. Ob zur Ermittlung des Wertes die Produkttheorie unter Zugrundelegung der oben genannten Wohnungsgrößen angewandt und bezogen auf die verschiedenen Wohnungsgrößen Daten gesammelt und ausgewertet worden sind, wird nicht erkennbar und ist von dem Beklagten nicht vorgetragen. Im Übrigen ist der in den AV-Wohnen genannte Referenzwert schon deshalb zur Bewertung angemessener Wohnkosten ungeeignet, weil er eine Bruttowarmmiete ausweist, obwohl die Beurteilung von Unterkunftskosten von der Beurteilung der Heizkosten unabhängig zu erfolgen hat . . .“

Erkennbar wird, dass das Bundessozialgericht gerade kein schlüssiges Konzept subsumiert hat. Nach dem Willen der erlassenen Stelle war ein solches nicht beabsichtigt. Wegen der Festsetzung eines Gesamtprodukts einschließlich Bruttowarmmiete wäre die Verwaltungsvorschrift auch ungeeignet gewesen.

Das Zitat des Amtsblatts des Landes Berlin deutet eher an, dass die Bekanntmachung zum Prüfraster des Bundessozialgerichts gehört.

Ähnlich gelagert ist auch der Sachverhalt, den das Landessozialgerichts Thüringen beurteilt hat (Urteil vom 08.07.2015 - L 4 AS 718/14 - Rn. 59). Eine alte Richtlinie, die offensichtlich im Januar 2011 nicht mehr gegolten hat, wurde durch ein schlüssiges Konzept (Richtlinie auf der Grundlage der „Mietwerterhebung der A. & K. GmbH vom März 2011“) ersetzt, das offensichtlich formal erst am 01.08.2011 in Kraft getreten ist. Der Hinweis auf die fehlende unmittelbare Rechtswirkung einer Richtlinie als bloße Verwaltungsvorschrift bezieht sich damit auf die alte Richtlinie und das „Interregnum“ bis zum Inkrafttreten des schlüssigen Konzepts auf der Basis eines Berichts vom März 2011, vermutlich der Firma A & K GmbH.

Welche Elemente des Berichts zu veröffentlichen sind, war vom erkennenden Gericht nicht zu entscheiden. Allein die ermittelten Kostenobergrenzen dürften aber nicht ausreichen, da geradezu regelmäßig die kommunalen Gremien Anwendungsmaßgaben bei dem in Kraft setzen der Verwaltungsvorschrift statuiert haben.

Die Analogie einer anspruchskonkretisierenden Verwaltungsvorschrift als halbe Stufe auf der Normpyramide zur Satzung im Verhältnis zu §§ 22a ff. SGB II wurde bereits hinreichend erläutert und wird in der Literatur geteilt (Nguyen, aaO.).

Eine Analogie zur Gutachterauswahl im Unfallversicherungsrecht nach § 200 Abs. 2 SGB VII und zu einer entsprechenden Rügeverpflichtung ist eher fernliegend. Die Rüge formeller Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit einer Norm ist grundsätzlich durch jedermann und jederzeit möglich. Eine Beschränkung vor dem Hintergrund des rechtsstaatlichen Gebots der Rechtssicherheit findet sich etwa in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (Anfechtung binnen Jahresfrist). Eine solche Beschränkung setzt aber eine Bekanntmachung voraus.

2. Wirksamkeit der Indexfortschreibung im Anschluss an den Bericht vom November 2014 Der Beklagte hat die angemessenen Werte der Unterkunft der Fassung des schlüssigen Konzepts entnommen, die dieses durch die rückwirkend zum 01.07.2014 in Kraft gesetzte Indexfortschreibung gefunden hat. Eine Indexfortschreibung ist aber generell unzulässig (2.1.).

Sie hätte vom Kreistag oder Kreisausschuss beschlossen werden müssen (2.2). Sie ist auch unzulässig, da im Bereich des Beklagten besondere örtliche Verhältnisse bestehen (2.3.)

2.1. Die Indexfortschreibung orientiert sich an den Vorschriften für qualifizierte Mietspiegel und zitiert ausdrücklich § 585d BGB.

Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) empfiehlt im Schreiben vom 02.08.2016 (I3/6074-1/4) den kommunalen Trägern der SGB II-Leistungen:

„Im Hinblick auf die zeitlichen Abstände, in denen Daten erhoben werden sollten, verweisen wir auf die in § 22c Abs. 2 SGB II und § 196 Abs. 1 S. 5 BauGB zum Ausdruck kommende Wertung: Um eine möglichst realitätsgerechte und transparente Abbildung des Marktes zu gewährleisten, sind die per Satzung festgesetzten bzw. durch Gutachterausschuss ermittelten Werte zumindest alle zwei Jahre zu überprüfen und ggf. anzupassen. Entsprechend dieser Wertung empfehlen wir grundsätzlich eine den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept genügende Datenerhebung im Abstand von zwei Jahren. Insoweit dürfte die Beschränkung der Kontrolle auf eine “Stichprobe" bzw. Hochrechnung (z.B. analog § 558d Abs. 2 S. 2 BGB) aus unserer Sicht problematisch sein, da es hier um staatliche Leistungen zur Sicherung des verfassungsrechtlichen Existenzminimums geht und nicht um die Grenzen der im zivilrechtlichen Mietverhältnis zulässigen Mieterhöhungen durch den Vermieter. Auch für den Regelbedarf, der zusammen mit dem Bedarf für Unterkunft und Heizung im Wesentlichen den Lebensbedarf abdeckt, werden (soweit keine Neuermittlung aufgrund einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe erfolgt) Daten in relativ geringen zeitlichen Abständen (jährlich nach § 28a Abs. 2 SGB XII) erhoben und die Regelbedarfsstufen dann fortgeschrieben. . .

Der Wohnungsmarkt sollte im Hinblick auf die Einflüsse besonderer Umstände regelmäßig beobachtet werden (z.B. erheblicher Zu- oder Wegzug, deutliche Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur). Entsprechend gravierende Entwicklungen können eine erneute Datenerhebung bereits vor Ablauf von zwei Jahren erfordern. Auch (wiederholte) Rückmeldungen aus der konkret-individuellen Angemessenheitsprüfung, dass Wohnraum zur (in der Vergangenheit ordnungsgemäß festgesetzten) Referenzmiete nun nicht mehr verfügbar ist, dürften Anlass für eine erneute Datenerhebung sein."

Das Sozialgericht Bayreuth macht sich die „Empfehlung“ nach eigener Prüfung zu Eigen. Vor dem Hintergrund einer anspruchskonkretisierenden Verwaltungsvorschrift ist mit den genannten Argumenten von einer verbindlichen Ermittlungspflicht des kommunalen Konzepts durch Neuaufstellung im Turnus von 2 Jahren auszugehen. Das Konzept hätte deshalb zum 01.07.2014 neu erstellt werden müssen. Gerichtsbekannt ist, dass der Beklagte ab 01.07.2016 die Indexfortschreibung nicht mehr anwendet. Ein (neues) schlüssiges Konzept zur Bemessung der angemessenen Kosten der Unterkunft existiert derzeit nicht.

2.2. Nach dem Beschluss des Kreisausschusses vom 03.02.2014 kann diese nur in Fällen von nicht grundlegender Bedeutung die Richtlinie ändern. Die Anpassung mittels Index über alle Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößen hat aber grundlegende Bedeutung.

2.3. Eine Indexfortschreibung nach einem bayernweiten Index ist auch deshalb unzulässig, da im Gebiet des Beklagten gegenüber der Bezugsgröße des Index, dem Gebiet des Freistaats Bayern, besondere Verhältnisse bestehen.

Das Sozialgericht Augsburg verweist insofern auf die Verpflichtung des Bundessozialgerichts methodisch-inhaltlich mindestens eine bestimmte Datenerhebung und Datenauswertung vorzunehmen (Urteil vom 07.12.2015 - S 8 AS 860/15 - Rn. 50, Urteil vom 15.06.2016 - S 11 AS 92/16 - Rn. 49), also zumindest eine Stichprobenverpflichtung.

Auch das Sozialgericht Augsburg hat die maßgeblichen lokalen Verhältnisse gewürdigt („drittgrößte bayerische Stadt“ also Augsburg, Urteil Rn. 56, vgl. auch Urteil vom 15.06.2016 - S 11 AS 92/16 - Rn. 50). Auch im Bereich des Beklagten bestehen Lebensverhältnisse, die mit durchschnittlichen in Bayern nicht vergleichbar sind. Dies ist schon deswegen der Fall, da der Landkreis Wunsiedel „Rekordhalter“ beim Bevölkerungsverlust ist. Das Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung hat in Heft 541 prognostiziert, dass der Bevölkerungsverlust im Jahr 2029 gegenüber 2009 20,9% betragen wird.

Nach der Pressemitteilung der Bayerischen Staatskanzlei (Bericht aus der Kabinettssitzung vom 19.09.2016) haben die Landkreise B-Stadt, Kronach und Wunsiedel in den letzten 10 Jahren Bevölkerungsrückgänge zwischen 7,9 und 10,1% zu vermelden gehabt. In der Kabinettssitzung wurde ein Förderprogramm für Stadt- und Ortskerne aufgelegt, das der Modernisierung und Instandhaltung der leerstehenden Gebäude sowie dem Abbruch von Gebäuden dient.

3. Leistungsanspruch der Kläger

Die Aufwendungen der Kläger für die Bruttokaltmiete halten sich im Rahmen, der durch die Wohngeldtabelle mit Sicherheitszuschlag gesetzt wird. Die tatsächlichen Heizkosten sind zu übernehmen, da der Beklagte bislang keine Kostensenkung hinsichtlich der Heizkosten verlangt hat.

Die Bruttokaltmiete unterschreitet mit 383,10 € den Wert der Wohngeldtabelle von 424,00 € (Mietenstufe 1, zwei Personen) mit Sicherheitszuschlag von 10%, entspricht 466,40 €.

Entsprechend der Antragstellung hat das Gericht den Beklagten verpflichtet, eine Bruttokaltmiete von 383,10 € zu erstatten. Im Hinblick auf die Vielzahl von erlassenen Bescheiden ist diese Vorgehensweise angemessen.

Die Heizkostennachforderung vom 25.11.2014 von 285,27 € ist im Dezember 2015 fällig geworden und damit als einmalige Leistung Gegenstand des Verfahrens (BSG Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 12/10 - Rn. 14 f.). Ein Anspruch auf Erstattung besteht schon deshalb, da eine Kostensenkung hinsichtlich der Heizkosten nicht ergangen ist (BSG, Urteil vom 17.12.2009, - B 4 AS 50/09 R - Rn. 28).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.

Die Berufung ist nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulässig, da die der Klage zu Grunde liegende Geldleistung weniger als 750,00 € beträgt. Die damit notwendige Entscheidung über die Zulassung der Berufung beruht auf § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die Rechtssache hat grundlegende Bedeutung. Die Frage der Publizität eines schlüssigen Konzepts ist bislang von den Sozialgerichten obergerichtlich - soweit ersichtlich - nicht geklärt. Es liegt im allgemeinen Interesse, um die Rechtseinheit (mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts) zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 144, Rn. 28).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Bayreuth Urteil, 27. Okt. 2016 - S 4 AS 1092/14

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Sozialgericht Bayreuth Urteil, 27. Okt. 2016 - S 4 AS 1092/14 zitiert 17 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 35 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 6 Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende


(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:1.die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,2.die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 un

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 558d Qualifizierter Mietspiegel


(1) Ein qualifizierter Mietspiegel ist ein Mietspiegel, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der nach Landesrecht zuständigen Behörde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist. Ent

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 22 Sonderregelungen für Auszubildende


(1) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel. In beso

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 28a Fortschreibung der Regelbedarfsstufen


(1) Für Jahre bis zur nächsten Neuermittlung nach § 28 werden die Regelbedarfsstufen jeweils zum 1. Januar nach den Absätzen 2 bis 5 fortgeschrieben. (2) Zum 1. Januar 2023 werden die Eurobeträge der zum 1. Januar 2022 fortgeschriebenen Regelbeda

Baugesetzbuch - BBauG | § 196 Bodenrichtwerte


(1) Auf Grund der Kaufpreissammlung sind flächendeckend durchschnittliche Lagewerte für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands zu ermitteln (Bodenrichtwerte). In bebauten Gebieten sind Bodenrichtwerte mit dem Wert

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 200 Einschränkung der Übermittlungsbefugnis


(1) § 76 Abs. 2 Nr. 1 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, daß der Unfallversicherungsträger auch auf ein gegenüber einem anderen Sozialleistungsträger bestehendes Widerspruchsrecht hinzuweisen hat, wenn dieser nicht selbst zu einem Hinweis nach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22c Datenerhebung, -auswertung und -überprüfung


(1) Zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sollen die Kreise und kreisfreien Städte insbesondere1.Mietspiegel, qualifizierte Mietspiegel und Mietdatenbanken und2.geeignete eigene statistische Datenerhebungen und -ausw

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(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 51, 57 und 58 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel. In besonderen Härtefällen können Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel als Beihilfe oder Darlehen gewährt werden.

(2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf Auszubildende,

1.
die auf Grund von § 2 Abs. 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung oder auf Grund von § 60 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe haben,
2.
deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder nach § 62 Absatz 1 des Dritten Buches bemisst oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund von § 10 Abs. 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:

1.
die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,
2.
die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Leistungen nach § 27 Absatz 3, soweit diese Leistungen für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet werden, für die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
Zu ihrer Unterstützung können sie Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen; sie sollen einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einrichten.

(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Absatz 1 Satz 1 erfolgen kann.

(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden abweichend von Satz 1 Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; § 35a Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt nur, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem Kapitel, dem Vierten Kapitel oder dem Zweiten Buch bezogen worden sind. Bei Leistungsberechtigten, die in den letzten zwei Jahren vor dem Bezug von Leistungen nach dem Dritten oder Vierten Kapitel Leistungen nach dem Zweiten Buch bezogen haben, wird die nach § 22 Absatz 1 Satz 2 bis 4 des Zweiten Buches bereits in Anspruch genommene Karenzzeit für die weitere Dauer der Karenzzeit nach den Sätzen 2 bis 5 berücksichtigt.

(2) Der Träger der Sozialhilfe prüft zu Beginn der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 die Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, teilt der Träger der Sozialhilfe dies den Leistungsberechtigten mit dem ersten Bewilligungsbescheid mit und unterrichtet sie über die Dauer der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 sowie über das Verfahren nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 3 Satz 2.

(3) Übersteigen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie in tatsächlicher Höhe als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Absatz 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 1 gilt nach Ablauf der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 6 so lange, bis es diesen Personen möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Absatz 1 Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre. Stirbt ein Mitglied der Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar.

(4) Der Träger der Sozialhilfe kann für seinen örtlichen Zuständigkeitsbereich für die Höhe der Bedarfe für Unterkunft eine monatliche Pauschale festsetzen, wenn auf dem örtlichen Wohnungsmarkt hinreichend angemessener freier Wohnraum verfügbar und in Einzelfällen die Pauschalierung nicht unzumutbar ist. Bei der Bemessung der Pauschale sind die tatsächlichen Gegebenheiten des örtlichen Wohnungsmarkts, der örtliche Mietspiegel sowie die familiären Verhältnisse der Leistungsberechtigten, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, zu berücksichtigen. Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend.

(5) Bedarfe für Heizung umfassen auch Aufwendungen für zentrale Warmwasserversorgung. Die Bedarfe können durch eine monatliche Pauschale festgesetzt werden. Bei der Bemessung der Pauschale sind die persönlichen und familiären Verhältnisse, insbesondere Anzahl, Alter und Gesundheitszustand der in der Unterkunft lebenden Personen, die Größe und Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen.

(6) Leben Leistungsberechtigte in einer Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 5 und 6 anzuerkennen. Leben Leistungsberechtigte in einer sonstigen Unterkunft nach § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, so sind Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 42a Absatz 7 anzuerkennen. Für die Bedarfe nach den Sätzen 1 und 2 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 6 nicht.

(7) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 3 und § 35a Absatz 2 Satz 2 gelten entsprechend.

(8) § 22 Absatz 11 und 12 des Zweiten Buches gelten entsprechend.

Tenor

I. Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 03.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016, vom 09.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016 und vom 15.12.2015 geändert durch Bescheide vom 19.02.2016, 27.04.2016 und 30.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.06.2016 verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 15.01. - 31.01.2015 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 40,46 Euro und für die Zeit vom 01.02.2015 - 29.02.2016 in Höhe von monatlich 71,40 Euro, mithin insgesamt 968,66 Euro zu zahlen.

II. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger.

Tatbestand

Die Kläger begehren höhere Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 15.01.2015 bis 29.02.2016.

Die Kläger erhalten Leistungen vom Beklagten nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) seit 15.01.2015. Bis zum 14.01.2015 bezogen sie Leistungen vom Jobcenter S.-Kreis. Der 1966 geborene Kläger zu 2. ist der Partner der 1982 geborenen Klägerin zu 1. Die 2002 und 2013 geborenen Kläger zu 3. und 4. sind die Kinder der Klägerin zu 1.

Die Kläger sind am 15.01.2015 in eine 6-Zimmer-Wohnung mit 147 qm in der D.-Straße in B. eingezogen. Die Kaltmiete beträgt incl. Vorauszahlung auf die Betriebskosten (ohne Heizung) 480,00 Euro. Die Wohnung wird mit Gas beheizt. Die Heizkostenvorauszahlung beträgt 100,00 Euro. Für eine Garage werden laut Mietvertrag weitere 20,00 Euro im Monat fällig.

Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 28.01.2015 Leistungen für die Zeit vom 15.01. bis 30.06.2015, mit Bescheid vom 03.07.2015 für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2015 und mit Bescheid vom 15.12.2015, geändert durch Bescheid vom 19.02.2016, 27.04.2016 und 30.05.2016 für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2016. Die Bewilligung erfolgte jeweils vorläufig. Mit Bescheiden vom 09.11.2015, 07.12.2015 und 17.06.2016 setzte der Beklagte die Leistung für die Zeit vom 15.01.2015 bis 30.06.2016 endgültig fest.

Bei der Berechnung der Leistung berücksichtigte der Beklagte für den Zeitraum vom 15.01.2015 bis 29.02.2016 nicht die tatsächlichen Kosten der Unterkunft sondern lediglich einen Betrag in Höhe von 408,60 Euro monatlich. Die Kosten der Heizung berücksichtigte er mit 100,00 Euro in tatsächlicher Höhe. Für die Zeit vom 01.03. - 30.06.2016 erkannte er mit Änderungsbescheid vom 27.04.2016 die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe an.

Die Kläger haben gegen die Bescheide vom 09.11.2015, 03.07.2015 und 15.12.2015 Widerspruch erhoben, die mit Widerspruchsbescheiden vom 23.11.2015, 17.02.2016 und 21.06.2016 zurückgewiesen wurden.

Die Kläger haben am 23.12.2015, 08.03.2016 und 07.07.2016 Klage erhoben. Sie sind der Ansicht, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe der monatlichen Miete von 580,00 Euro (ohne Berücksichtigung der Miete für die Garage in Höhe von 20,00 Euro) berücksichtigt werden müssten. Die Kläger sind der Ansicht, dass der Beklagte die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung nicht schlüssig ermittelt hat. Eine Darlegung inwieweit die Anforderungen des Bundessozialgerichts an ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft eingehalten würden, bliebe der Beklagte schuldig. Im Übrigen habe das Sozialgericht Bayreuth am 14.10.2015 entschieden, dass die Kosten der Unterkunft im Gebiet der Stadt H. nicht schlüssig ermittelt wurden. Die Ermittlung der kalten Betriebskosten basiere zudem nur auf den Vorauszahlungen und nicht auf den tatsächlichen Kosten.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 03.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016, vom 09.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016 und vom 15.12.2015 geändert durch Bescheide vom 19.02.2016, 27.04.2016 und 30.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.06.2016 zu verurteilen für die Zeit vom 15.01.2015 bis 29.02.2016 höhere Kosten der Unterkunft zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, die Mietwerterhebung sei schlüssig. Sie beruhe auf vermieteten und angebotenen Wohnungen. Es seien über 6 Monate Daten zum Standard der Wohnungen erhoben und nach mathematisch-statistischen Gründen ausgewertet worden.

Der Beklagte übermittelte die Mietwerterhebung zur Ermittlung von KdU-Richtwerten in der Stadt und im Landkreis H. vom September 2012 in der Klage S 13 AS 944/13. Die Erhebung wird diesem Verfahren beigezogen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Prozessakte verwiesen.

Das Gericht hat zu dem Konzept mit Schreiben vom 19.01.2016 in einer anderen Klage, Az. S 13 AS 944/13, einen umfangreichen Fragenkatalog versandt, den der Beklagte mit Schreiben vom 27.04.2016 beantwortete. Die Schreiben wurden zum Gegenstand der anhängigen Klage gemacht.

Gem. den Ausführungen des Beklagten bildet der gesamte Landkreis H. den Vergleichsraum. Entfernungen von bis zu 1,5 Std. zur Aufrechterhaltung des sozialen Umfelds seien in Kauf zu nehmen. Ob der gesamte Landkreis H. tatsächlich einer Bedarfsgemeinschaft als homogener Lebens- und Wohnbereich zugemutet werden könne, könne nur im Einzelfall beurteilt werden.

Innerhalb des Vergleichsraums werden Wohnungsmarkttypen mittels einer sog. „Clusteranalyse“ gebildet. Für den Landkreis H. wurden zwei Wohnungsmarkttypen identifiziert, für die unterschiedliche Mietpreise ermittelt wurden. Die Daten, insgesamt 3.129 Bestands- und 326 Angebotsmieten, seien aus dem gesamten Kreisgebiet erhoben worden. Die Daten seien aus dem gesamten Wohnungsmarkt erhoben, ohne eine Beschränkung auf vorher definierte Segmente. Auf Nachfrage teilte der Beklagte mit, von den 3.129 Bestandsmieten 780 von Wohnungsunternehmen, 473 von privaten Vermietern und 1.876 vom Jobcenter stammen. Wohnungen unter 35 qm, Wohnungen mit Freundschaftsmieten, mietpreisreduzierte Werkswohnungen, Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich oder teilgewerblich genutzte Wohnungen, möblierte Wohnungen und Ferienwohnungen seien ausgeschlossen worden. Außerdem seien Wohnungen ohne das Merkmal „Bad“ und „Sammelheizung“ als sog. Substandardwohnungen und Wohnung des Luxussegments nicht berücksichtigt worden. Allerdings ergab sich bei keiner der ermittelten Wohnungen eine Zuordnung zum Luxussegment.

Der Beklagte hat auch die durchschnittlichen Vorauszahlungen für die kalten Betriebskosten ermittelt. Aus dem Wohnungsmarkttyp I hat er 788 Fallzahlen, aus dem Wohnungsmarkttyp 2 110 Fallzahlen, getrennt nach Wohnungsgröße. Bei den Betriebskosten kommt er je nach Wohnungsgröße und Wohnungsmarkttyp zu unterschiedlichen Ergebnissen. Ein Grund zur Unterscheidung der kalten Betriebskosten nach Wohnungsstandard oder Gebäude- oder Wohnungszustand bestünde nicht.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Prozess- und Behördenakten verwiesen.

Die Klagen S 13 AS 941/15, S 13 AS 188/16 und S 13 AS 518/16 wurden nach Anhörung der Beteiligten zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 28.07.2016 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.

Gründe

Das Gericht kann gemäß § 105 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid und damit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zu dieser Verfahrensweise angehört wurden.

Die Klage ist zulässig und begründet.

Streitgegenstand sind die Bescheide vom 03.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016, vom 09.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2016 und vom 15.12.2015 geändert durch Bescheide vom 19.02.2016, 27.04.2016 und 30.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.06.2016 mit dem der Beklagte Leistungen für die Zeit vom 15.01.2015 bis 30.06.2016 bewilligt hat.

Die Kläger haben die Klage zulässigerweise auf die Kosten der Unterkunft und Heizung und auf die Zeit bis 29.02.2016 beschränkt.

Die Kläger erfüllen die Anspruchsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 SGB II. Ausschlussgründe nach § 7 Abs. 4, 4a oder 5 SGB II liegen nicht vor.

Die Kläger haben nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II Anspruch auf die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, soweit diese angemessen sind.

Kosten für eine Wohnung sind dann angemessen im Sinne des § 22 SGB II, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (BSG Urteil vom 16.05.2012 - B 4 AS 109/11 R - Rn. 14). Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts mit Hilfe der Produkttheorie zu ermitteln, d.h. es ist zu prüfen, ob das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist. Es ist also grundsätzlich zum einen die abstrakt angemessen Wohnungsgröße (1. Faktor), zum anderen der nach den örtlichen Verhältnissen angemessene Mietpreis für Wohnung, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen und keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen (2. Faktor - Mietobergrenze oder sog. „Referenzmiete“) zu ermitteln. Das Produkt dieser beiden Faktoren muss angemessen sein (sog. Produkttheorie BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - Rn. 20; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - Rn. 15; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - Rn. 14; SG Aachen Urteil vom 30.01.2012 - S 14 AS 1061/11; vgl. zur Produkttheorie auch Berlit, in: LPK-SGB II, § 22 Rn. 52; Piepenstock, in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 22 Rn. 68 ff; Breitkreuz, BeckOK SGB II § 22 Rn 10; Lauterbach, in: Gagel, SGB II / SGB III, 46. Erg.-Lfg., 2012, § 22 Rn. 33 ff.).

Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße ist nach dem BSG (z.B. Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 15/09 R -) auf die Werte zurückzugreifen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung festgesetzt haben. In Bayern sind die Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWoBindR) durch Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 12.09.2007 Nr. IIC4-4702-003/07 ergangen. Danach sind für vier Personen bis zu 90 qm angemessen.

Die Kläger sind Mieter einer 147 qm großen Wohnung. Damit überschreitet die Wohnung zwar die Angemessenheitsgrenzen, was aber nicht per se zur Unangemessenheit der Unterkunftskosten führt. Zum einen geht es bei dem hier beschriebenen Prüfungsschritt um eine normative und von den konkreten örtlichen Gegebenheiten unabhängige Konkretisierung, welche Wohnungsgröße abstrakt als angemessen anzusehen ist. Zum anderen stellt der Wortlaut von § 22 SGB II auf die Kostenangemessenheit im Ergebnis und nicht auf die Angemessenheit einzelner Faktoren ab, so dass auch bei Überschreitung der angemessenen Wohnfläche - bei entsprechend niedriger Wohnungsmiete - angemessene Unterkunftskosten vorliegen können. Deshalb ist für die sog. Produkttheorie (vgl. dazu auch Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl., § 22 RdNr. 39 m.w.N.) letztlich das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, entscheidend.

Entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Referenzmiete so festzulegen, dass es dem Leistungsberechtigten grundsätzlich möglich ist, im konkret maßgeblichen räumlichen Vergleichsraum eine angemessene Wohnung anzumieten. Abzustellen ist hierbei - wie oben bereits dargelegt - auf einen einfachen, im unteren Marktsegment liegenden Standard; die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen (BSG Urteil vom 16.05.2012 - B 4 AS 109/11 R - Rn. 14).

Die Festlegung der angemessenen Mietobergrenze hat dabei auf Grundlage eines „schlüssigen Konzepts“ zu erfolgen, welches gewährleisten soll, dass die oben genannten Kriterien auch tatsächlich erfüllt werden.

Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:

  • 1.Datenerhebung ausschließlich in dem genau eingegrenzten und über den gesamten Vergleichsraum (keine Ghettobildung),

  • 2.nachvollziehbare Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z. B. welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,

  • 3.Angaben über den Beobachtungszeitraum‚

  • 4.Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel),

  • 5.Validität der Datenerhebung,

  • 6.Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,

  • 7.Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

  • 8.Angaben über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Zuständig für die Entwicklung eines solchen schlüssigen Konzepts sind die Träger der Grundsicherungsleistungen. Aufgabe der Gerichte ist es, anhand der von dem Grundsicherungsträger gelieferten Daten bzw. der zusätzlich im Rahmen der Amtsermittlungspflicht von ihm angeforderten und zur Verfügung zu stellenden Daten und Unterlagen zu verifizieren, ob die angenommene Mietobergrenze angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II ist (vgl. BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R = juris). Entscheidet der Grundsicherungsträger ohne schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 Hs. 2 SGG grundsätzlich gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und hat eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R = juris Rn. 27; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R = juris Rn. 26; BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R = juris Rn. 22). Zeigt sich, dass sich keine hinreichenden Feststellungen zu den angemessenen Unterkunftskosten für den streitigen Zeitraum und den Vergleichsraum mehr treffen lassen, sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, die allerdings durch die Tabellenwerte des Wohngeldgesetzes (WoGG) in der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben begrenzt werden (BSG Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R = juris; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS50/09 R; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS15/09 R = juris; BSG Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R = juris Rn. 20).

Der Beklagte hat zur Erstellung des geforderten schlüssigen Konzepts die A. & K. Beratungsgesellschaft mbH (A. und K.) beauftragt, die im September 2012 ein entsprechendes Gutachten vorgelegt hat („Mietwerterhebung zur Ermittlung von KdU-Richtwerten in der Stadt und im Landkries H.“ - im Folgenden „Konzept“).

1. Vergleichsraum

Das Konzept der Fa. A. und K. ist nicht schlüssig, weil es an der Bildung und Definition eines Vergleichsraums fehlt. Die Kammer folgt nach eigener Prüfung und Überzeugung im Wesentlichen den Argumenten des SG Dresden, Urteil vom 26.06.2015, Az. S 14 AS 8400/12.

Um die Referenzmiete zu bestimmen, ist die Miete am Wohnort des Leistungsberechtigten als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Dazu ist in einem weiteren Schritt der räumliche Vergleichsraum zu ermitteln. Die Datenerhebung zur Ermittlung der Referenzmiete muss ausschließlich in dem genau eingegrenzten und über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 30, BSGE 104, 192-199).

Zur Festlegung des Vergleichsraums zur Ermittlung einer angemessenen Referenzmiete ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend. Ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, kann von dem Leistungsempfänger im Regelfall nicht verlangt werden (BSG, Urteil vom 07. November 2006 - B 7b AS 10/06 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 2, BSGE 97, 231-242, SozR 4-4200 § 44 Nr. 1, Rn. 26). Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der räumliche Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der „Gemeinde“ nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht orientieren muss. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs kann es - insbesondere im ländlichen Raum - geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen (BSG, Urteil vom 07. November 2006 - B 7b AS 18/06 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 3, BSGE 97, 254-265, SozR 4-4200 § 11 Nr. 1, SozR 4-4225 § 3 Nr. 1, SozR 4-4200 § 11 Nr. 4, SozR 4-4225 § 3 Nr. 1, Rn. 21). Am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen sind mithin ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu definieren, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 19 (betr. München), BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 42 (betr. Berlin) BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 132/10 R-, juris (betr. Bremen), Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22, Rn. 95).

Dem Konzept des Beklagten lässt sich nicht unmittelbar entnehmen, welche Vergleichsräume zur Ermittlung der Richtwerte gebildet wurden. Gemäß Ziffer 3.1 des Konzepts wurden die Richtwerte für drei unterschiedliche „Wohnungsmarktypen“ im Landkreis H. anhand einer sogenannten Clusteranalyse ermittelt. Im Konzept heißt es auf Seite 4, Ziffer 3.1, 2. Absatz, dass die Kommunen eines Wohnungsmarkttyps nicht zwingend räumlich nebeneinander liegen müssen, sondern sich über das Untersuchungsgebiet (Landkreis H.) verteilen können. Auf konkrete Nachfrage des Gerichts erklärte der Beklagte in der dem Schreiben vom 27.04.2016 beigefügten Stellungnahme vom 12.04.2016 (Bl. 68 der Gerichtsakte), dass der Landkreis H. im zugrunde liegenden Konzept den Vergleichsraum bildet.

Der im vorliegenden Verfahren maßgebliche Vergleichsraum erstreckt sich somit auf alle Gemeinden des Landkreises: B., A., D., F., G., C., E., I., K., J., L., P., M., N., O., U., R., V., S., X., Y., Sp., St., T., Tr., W. und Z.

Das Gericht konnte für dieses Gebiet keine Räume der Wohnbebauung erkennen, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden.

Das Gebiet erstreckt sich von B. im Nordwesten über F. im Norden, R. im Osten bis E. und S. im Westen. Zur Infrastruktur und der verkehrstechnischen Verbundenheit der Gemeinden im Landkreis finden sich in dem Bericht der A. und K. GmbH keine ausreichenden Angaben. Ebenso fehlen sonstige Ausführungen, die das Vorliegen eines homogenen Lebens- und Wohnbereich innerhalb des Landkreises begründen würden.

Bei der Bildung des Vergleichsraums wurde demnach nicht berücksichtigt, ob ein homogener Wohn- und Lebensbereich vorliegt.

Vielmehr trifft die A. und K. GmbH eine Unterscheidung nach sog. Wohnungsmarkttypen innerhalb des Vergleichsraums. Ob oder Inwiefern die Gemeinden der Wohnungsmarkttypen einen homogenen Wohn- und Lebensbereich bilden, wird ebenfalls nicht dargestellt.

Nach Ansicht der Kammer kann jedoch von dem Erfordernis der Vergleichsraumbildung anhand der oben genannten Kriterien und damit der Bildung eines homogenen Wohn- und Lebensraums auch für Konzepte, die sich auf ländliche Gebiete erstrecken, kein Abstand genommen werden (vgl. SG Aachen, Urteil vom 24. Februar 2015 - SO 157/14-, SG Magdeburg, Urteil vom 23.04.2015 -S 14 AS 4313/10-). Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabes kann es zwar insbesondere im ländlichen Raum geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R, SG Aachen, Urteil vom 24. Februar 2015 - S 20 SO 157/14 -, Rn. 24). Eine Abkehr von der ursprünglich durch das Bundessozialgericht vorgenommenen Definition des Vergleichsraums geht damit jedoch nicht einher und ist nach Ansicht der Kammer auch nicht vorzunehmen. Auch in ländlichen Regionen muss bei der Ermittlung einer angemessenen Referenzmiete der Wohnort oder das weitere Wohnumfeld maßgebend sein. Auch in ländlichen Gebieten haben Leistungsempfänger ein zu respektierendes Recht auf Verbleib in ihrem sozialen Umfeld, wobei ihnen durchaus nach einem Wohnungswechsel Anfahrtswege zum sozialen Umfeld zuzumuten sind, wie sie Erwerbstätigen (Pendlern) und Schülern zugemutet werden (vgl. BSG v. 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr. 19, Piepenstock in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 22, Rn. 124)

Vorliegend fand zudem im Vergleichsraum eine weitere Unterscheidung anhand des sogenannten multivarianten Verfahrens „Clusteranalyse“ statt. Die Clusteranalyse ist ein statistisches Instrument, um Kommunen mit ähnlichen Strukturen zu ermitteln und zu Wohnungsmarkttypen zusammenzufassen. Auf der Basis von ausgewählten Indikatoren werden mittels der Clusteranalyse die Wohnungstypen definiert.

Die dafür vorliegend gewählten Indikatoren sind nach Auffassung der Kammer jedoch nicht geeignet, eine hinreichende Berücksichtigung der Kriterien herbeizuführen, die nach den Vorgaben des Bundessozialgerichts maßgeblich für die Vergleichsraumbildung sind (so auch SG Dresden, Urteil vom 26.06.2015 - S 14 AS 8400/12 -, Urteil vom 18.02.2015 - S 38 AS 3442/13 - und Urteil vom 20.01.2014 - S 3 AS 4534/11; SG Magdeburg, Urteil vom 23.04.2014 - S 14 AS 4313/10; andere Ansicht: SG Chemnitz, Urteil vom 04.04.2014 - S 22 AS 1185/13).

Als Indikatoren zur Clusterbildung wurden für das Konzept des Beklagten herangezogen: die Bevölkerungsentwicklung, die Bevölkerungsdichte, die Siedlungsstruktur, das Pro-Kopf-Einkommen, die Neubautätigkeit, der Bodenpreis und die Zentralität. Es handelt sich demnach im Wesentlichen um mietpreisbildende Faktoren.

Nach Ansicht der Kammer ist die auf der Basis dieser Indikatoren vorgenommene Wohnungsmarkttypenbildung auch nicht hilfsweise geeignet, um in diesem Gebiet einen Vergleichsraum zur Bildung der Referenzmiete zu begründen.

Die zugrunde gelegten Indikatoren geben weder Auskunft darüber, noch bieten sie hinreichende Anhaltspunkte, inwiefern eine räumliche Nähe der zusammengefassten Gebiete, eine homogene Infrastruktur oder eine verkehrstechnische Verbundenheit vorliegt. Ebenso wenig lassen die Indikatoren darauf genügend Rückschlüsse zu.

Von dem Beklagten wurde mithin eine Vergleichsraumbildung vorgenommen, bei der er sich explizit nicht an dem Kriterium des Vorliegens eines homogenen Lebens- und Wohnbereichs orientiert hat. Innerhalb des Vergleichsraums macht er unterschiedliche Wohnungsmarkttypen mit unterschiedlichen Mietpreisen aus. Dies widerspricht jedoch der Anforderung an ein schlüssiges Konzept, dass die Datenerhebung ausschließlich in dem genau eingegrenzten und über den gesamten Vergleichsraum (keine Ghettobildung) erfolgen muss.

Dies bedeutet somit nach Ansicht der Kammer eine Abkehr von der bisherigen Definition des Vergleichsraums, für die in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend war, der zwar auf das weitere Wohnumfeld des Hilfebedürftigen auszudehnen war, sich jedoch nach den räumlichen, strukturellen und sozialen Gegebenheiten ausgerichtet hat und nicht nach den Mietpreisen. Sinn und Zweck der Vergleichsraumbildung ist es aber nicht vordergründig, eine valide Datengrundlage zur Ermittlung des angemessen Mietpreisniveaus zu erhalten, auch wenn dies bei der Vergleichsraumbildung mit zu berücksichtigen ist. Die wichtigeren Kriterien sind Erreichbarkeit, verkehrstechnische Verbundenheit und Homogenität. Diese Kriterien sind weder geprüft noch anderweitig berücksichtigt worden. Die Vergleichsraumbildung kann auch nicht im gerichtlichen Verfahren nachgeholt und ggf. geheilt werden. Da die erforderliche Datenerhebung aber ausschließlich im Vergleichsraum vorgenommen werden darf, kann nicht auf die Auswertung der Firma A. und K. zurückgegriffen werden, da dementsprechend Daten aus anderen Vergleichsräumen mit einbezogen werden müssten oder sonst eine Verzerrung der Datengrundlage zu befürchten ist.

Die Klägerin wohnt in B. und nach dem vorgelegten Konzept müsste sie sich auch auf Wohnungen in R., U., St. oder Z. verweisen lassen. Ausgeschlossen werden kann diese Möglichkeit nicht, es fehlen allerdings jegliche Überlegungen des Beklagten zur erforderlichen verkehrstechnischen Verbundenheit, wobei davon auszugehen ist, dass innerhalb der Behördenstruktur des Landkreises ausreichende Fachkenntnis zu den hierzu ggf. anzustellenden verkehrsstrukturellen Vorüberlegungen vorhanden ist, da die Planung und Organisation des öffentlichen Nahverkehrs Aufgabe des Landkreises ist.

Es genügt auch nicht, die Prüfung des Angemessenheitswertes im homogenen Lebens- und Wohnbereich auf die Einzelfallprüfung zu verschieben. Das Konzept des Beklagten sieht vor, dass im Einzelfall auf Grundlage von Perzentilen ausgewiesene Richtwerte beim Überschreiten innerhalb des individuellen homogenen Lebens- und Wohnbereichs einer Einzelfallprüfung unterzogen werden müssen (S. 20 des Konzepts). Eine abstrakte Definition oder Vorgabe, nach welchen Kriterien dieser homogene Lebens- und Wohnbereich dann gebildet werden soll, gibt es aber nicht. Vielmehr erfolge auch dies als reine Einzelfallentscheidung. Demnach wird im Einzelfall, wenn Besonderheiten wie Behinderungen oder Krankheiten vorliegen, zwar darauf abgestellt, ob die Miete im homogenen Lebens- und Wohnbereich angemessen ist. Dies genügt jedoch nicht.

Es ist richtig, den besonderen Belangen und der konkreten Situation des jeweiligen Hilfebedürftigen (z.B. von Alleinerziehenden oder von Familien mit minderjährigen schulpflichtigen Kindern) nicht bereits bei der (abstrakt-generell vorzunehmenden) Festlegung der Vergleichsräume, sondern erst im Rahmen der Zumutbarkeitsregelung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II Rechnung zu tragen (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R -, BSGE 102, 263-274, SozR 4-4200 § 22 Nr. 19, Rn. 23). Nicht lediglich in diesen Einzelfällen haben die Leistungsempfänger jedoch ein Recht auf Berücksichtigung der Miete an ihrem Wohnort, bzw. Vergleichsraum als Vergleichsmaßstab. In Einzelfällen bei besonderen persönlichen Belangen muss geprüft werden, ob innerhalb des Vergleichsraums im Sinne eines homogenen Lebens- und Wohnbereichs noch engere Grenzen zu ziehen sind. Aber dies bedeutet nicht, dass nur für diesen Personenkreis überhaupt der homogene Lebens- und Wohnbereich relevant ist. Abgesehen davon, dass eine solche Einzelfallprüfung vorliegend von dem Beklagten für die Kläger ohnehin nicht vorgenommen wurde, ist die Festlegung des Vergleichsraums im Sinne eines homogenen Lebens- und Wohnbereichs bereits auf der abstrakt-generellen Ebene vorzunehmen, sonst entspricht es nicht den grundsätzlichen Anforderungen eines Konzepts. Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 30, BSGE 104, 192-199). Die Prüfung kann nicht auf den einzelnen Sachbearbeiter verschoben werden. Dies ist allein deshalb erforderlich, um Ungleichbehandlungen zu vermeiden.

Da der Landkreis H. mit unterschiedlichen Wohnungsmarkttypen mithin keinen den rechtlichen Anforderungen entsprechenden Vergleichsraum darstellt, beruht der ermittelte Angemessenheitswert nicht auf einem schlüssigen Konzept.

2. Nachvollziehbare Definition des Gegenstandes der Beobachtung/ Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten Lediglich hilfsweise und ergänzend wird mitgeteilt, dass die Kammer der Ansicht ist, dass auch keine nachvollziehbare Definition des Gegenstandes der Beobachtung zu Grunde liegt und das Konzept auch aus diesem Grund nicht schlüssig ist.

Wie bereits vorangestellt, führt das BSG aus:

„Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße.“

Nach den Vorgaben des BSG können sowohl Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand, also des einfachen, mittleren und gehobenen Standards als auch Wohnungen nur einfachen Standards in die Beobachtung einbezogen werden. Zulässig ist z.B. auch Wohnungen mit einer der Höhe nach begrenzten Miete einzubeziehen. Nicht zu berücksichtigen ist hingegen Wohnraum, der keinen zuverlässigen Aufschluss bieten kann wie z.B. Wohnheime (Urteil vom 22. September 2009, Az. B 4 AS 18/09 R).

Der Beklagte geht davon aus, den gesamten Wohnungsmarkt erfasst zu haben, weshalb eine Differenzierung nach dem Standard der erfassten Wohnung anhand von Ausstattungs- und Beschaffungsmerkmalen unterblieben ist. Die Kammer hält den Ansatz grundsätzlich für möglich und schlüssig (anders wohl LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29.04.2014 - L 7 AS 330/13). Allerdings muss dann auch eine ausreichend große Anzahl an Wohnungen untersucht werden und die Auswahl muss gewährleisten, dass sie die tatsächlichen Verhältnisse des gesamten Mietmarktes widerspiegelt.

Vorliegend hat die Firma A. und K. die Mieten durch Befragung der Vermieter erhoben. Die Erhebung erfolgte in einer 1. Stufe bei den größeren Vermietern und Verwaltern und in einer 2. Stufe aus einer Zufallsstichprobe aus allen kleineren Vermietern. Wohnungen ohne Bad und Sammelheizung wurden als „Substandardwohnungen“ genauso wie „Luxuswohnungen“, die z.B. über eine Sauna verfügen, bei der Erhebung nicht berücksichtigt. Wohnungen mit weniger als 35 qm und möblierte Wohnungen wurden ebenfalls nicht berücksichtigt. Insgesamt wurden 3.674 Mieten ermittelt, wovon 3.393 (1.731 Wohnungsmarkttyp I, 543 Wohnungsmarkttyp II und 911 Wohnungsmarkttyp III) bei der Auswertung berücksichtigt wurden. Die Zahl der Wohnungen beläuft sich im Landkreis H. auf 51.262, wovon 29.364 vom Eigentümer bewohnt und 17.233 zu Wohnzwecken vermieteten werden. 38.999 Wohnungen sind im Eigentum von Privatpersonen, 4.805 Wohnungen gehören Wohnungsgenossenschaften, Kommunen, kommunalen oder anderen privatwirtschaftlichen (Wohnungs) Unternehmen (gem. Zensus 2011).

Die Erhebung ist auch nicht ausreichend repräsentativ. Das Verhältnis der im Privatbesitz befindlichen Wohnungen zu den im Eigentum von Privatgesellschaften stehenden Wohnungen beträgt im Landkreis H. fast 90% (38.999 zu 4.805 Wohnungen). Zieht man nun die von Eigentümern bewohnten und daher dem Mietmarkt nicht zur Verfügung stehenden Wohnungen ab, verbleibt immer noch eine Anzahl von 9.635 Wohnungen (38.999 - 29.364) im Landkreis H.. Von den zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen stehen im Landkreis H. somit ca. 55% im Eigentum von Privatpersonen. Hingegen hat die Firma A. und K. bei ihrer Ermittlung fast ausschließlich den durch Wohnungsunternehmen geprägten Mietmarkt abgebildet, ohne dass dieser im Landkreis H. den Mietmarkt im selben Verhältnis ausmacht.

Des Weiteren hat die Firma A. und K. die Angemessenheitsrichtwerte lediglich aufgrund von Bestandsmieten ermittelt. Eine Recherche der aktuellen Angebotsmieten fand nur zur Überprüfung der konkreten Verfügbarkeit statt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 16.06.2015 - Az. B 4 AS 44/14 R -) müssen bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze auch Angebotsmieten einbezogen werden. Anders sei dies nur bei einem Rückgriff auf Mietspiegeldaten, weil hier von vornherein nur solche Mieten berücksichtigt würden, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden sind (vgl. BSG, aaO). Vorliegend sind aber auch Mieten in die Erhebung eingeflossen, die seit mehr als vier Jahren Bestand haben. Das Konzept ist somit auch aus diesem Grund nicht schlüssig.

3. Betriebskosten

Zweifel bestehen auch an der Repräsentativität der kalten Betriebskosten. Die Festlegung des abstrakt angemessenen Quadratmeterpreises hat unter Einschluss eines Referenzwertes für die kalten Betriebskosten zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R, Rn. 31). Die Firma A. und K. hat die kalten Betriebskosten anhand der Vorauszahlungen differenziert nach Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgröße ermittelt. Nach Extremwertkappung sind insgesamt 1.575 Werte (898 für den Landkreis und 677 für die Stadt) in die Ermittlung eingeflossen. Im Landkreis sind somit lediglich 5,2% der zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen in die Erhebung eingeflossen. Soweit ersichtlich, ist nach der Rechtsprechung des BSG eine Datenerhebung von mindestens 10% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes erforderlich (vgl. allgemein zum Umfang der Datenerhebung unter Berücksichtigung des Datenmaterials und der örtlichen Gegebenheiten BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr. 16, 17; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - RdNr. 30 zur grundsätzlichen Eignung der hinter einem Mietspiegel liegenden Daten, die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen). Die Anzahl wird hier nicht erreicht. Da die Daten auch nicht aus einem Mietspiegel stammen, kann die Datenbasis auch nicht ausnahmsweise geringer ausfallen. Die von der Firma A. und K. ermittelten kalten Betriebskosten in Höhe von 0,88 Euro (Wohnungen > 90 qm) bis 1,19 Euro (Wohnungen ≤ 50 qm) weichen auch ganz erheblich von den vom Deutschen Mieterbund für 2013 ermittelten kalten Betriebskosten für Bayern in Höhe von 1,58 Euro ab. Die Firma A. und K. erklärt dies dadurch, dass die vom Deutschen Mieterbund ermittelten Werte auch Kostenkomponenten wie Grundsteuer, Aufzug, Straßenreinigung enthielten, die bei nicht allen Wohnungen anfielen. Dabei wurde von der Kammer bei dem Verweis auf den Wert des Deutschen Mieterbundes die Komponente Aufzug und Gebäudereinigung nicht berücksichtigt. Sonst lägen die Betriebskosten sogar bei 1,87 Euro und nicht nur 1,58 Euro. Der Unterscheid zu den von der Firma A. und K. ermittelten Wert ist signifikant! Es ist auch nicht ersichtlich, wieso die Firma A. und K. für die unterschiedlichen Wohnungsmarktypen unterschiedliche Betriebskosten ermittelt, wenn sie selbst der Ansicht ist, dass die Betriebskosten nicht durch den Wohnungsstandard sondern nur durch das Verbrauchsverhalten beeinflusst werden.

Nach alledem existieren für den streitigen Zeitraum kein schlüssiges Konzept und auch keine anderweitig verwertbaren Daten zur Bestimmung der angemessenen Referenzmiete. Der Erkenntnisausfall hinsichtlich der angemessenen Referenzmiete macht den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG zzgl. eines „Sicherheitszuschlags“ nach generell-abstrakten Kriterien im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich. Das BSG hat bereits entschieden, dass wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung der angemessenen Bruttokaltmiete im Wohngeldrecht (§ 9 Abs. 1 WoGG) auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein „Sicherheitszuschlag“ unter Berücksichtigung genereller, abstrakter Kriterien in Höhe von 10% festzulegen ist (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - RdNr. 25 f; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - RdNr. 20 ff). Unter Berücksichtigung der Mietenstufe I ergibt sich eine Angemessenheitsobergrenze für die Bruttokaltmiete für einen Vier-Personen-Haushalt für die Zeit vom 15.01. - 31.12.2015 von 539,00 Euro (490 Euro zzgl. eines Sicherheitszuschlags von 10%) und für die Zeit vom 01.01. - 29.02.2016 von 577,50 Euro (525 Euro zzgl. eines Sicherheitszuschlags von 10%). Die Obergrenzen werden vorliegend nicht erreicht, so dass die tatsächlichen Kosten der Kläger zu erstatten sind.

Folglich sind den Klägern weitere Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 15.01. - 31.01.2015 in Höhe von 40,46 Euro (480,00 Euro abzgl. 408,60 Euro / 30 Tage x 17 Tage), für die Zeit vom 01.02.2015 - 29.02.2016 in Höhe von monatlich 71,40 Euro (480,00 Euro abzgl. 408,60 Euro), mithin insgesamt 968,66 Euro zu zahlen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Abänderung seiner Bescheide vom 18. Mai 2015 und vom 24. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2015 und des Bescheids vom 4. September 2015 verpflichtet, der Klägerin vom 1. Juli bis zum 30. November 2015 die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung von monatlich 445,40 EUR vorläufig zu bewilligen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte hat zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf höhere vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. Juni bis zum 30. November 2015 hat, indem die tatsächlichen Kosten der Unterkunft anzusetzen sind.

Die 1969 geborene Klägerin bezieht seit Längerem laufende Leistungen zum Lebensunterhalt vom Beklagten. Sie bewohnt eine 2-Zimmer-Wohnung mit knapp 45 qm und zahlt dafür monatlich 325 EUR Grundmiete, 55,40 EUR Betriebskosten und 65 EUR Heizkosten. Im Juni 2012 erklärte sie, nicht zur Senkung ihrer Unterkunftskosten auf damals maximal 335,40 EUR bereit zu sein. Die Klägerin arbeitet zudem Teilzeit für 9,55 EUR Stundenlohn.

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 15. April 2015 hin bewilligte das beklagte Jobcenter der Klägerin mit Bescheid vom 18. Mai 2015 vorläufig Leistungen für die Monate Juni bis November 2015 in Höhe von jeweils 391,05 EUR. An Kosten der Unterkunft und Heizung wurden dabei insgesamt 412,05 EUR angesetzt.

Im Widerspruch wurde geltend gemacht, das Konzept des Beklagten sei nicht schlüssig und deshalb seien zu geringe Kosten der Unterkunft berücksichtigt worden. Zudem sei ein zu hohes vorläufiges Einkommen angenommen worden.

Mit Änderungsbescheid vom 24. Juli 2015 bewilligte der Beklagte nun vorläufige monatliche Leistungen von 458,29 EUR für Juni bis August 2015 und von 467,46 EUR ab September 2015. Dabei wurde nun ab September eine höhere Bruttokaltmiete berücksichtigt.

Im Übrigen wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2015 zurückgewiesen. Ab 1. September 2015 sei das schlüssige Konzept des Beklagten fortgeschrieben worden und dementsprechend seien die Kosten der Unterkunft angepasst worden.

Dagegen hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 31. Juli 2015 Klage zum Sozialgericht Augsburg erheben lassen. Ein schlüssiges Konzept des Beklagten liege nicht vor. Die Erhöhung ab September sei unzureichend, da die Mietsteigerungen deutlich höher ausfielen. Der örtliche Wohnungsmarkt sei nicht ausreichend abgebildet, weil kaum Daten aus einer tatsächlichen Mieterbefragung verwendet worden seien. Bei den kalten Betriebskosten sei nicht klar, ob tatsächlich die letzten Abrechnungen eingeflossen seien. Eine fortwährende Aktualisierung sei erforderlich und mit dem zur Verfügung stehenden Tool auch einfach machbar. Zudem stünden aktuell der Klägerin keine Wohnalternativen zur Verfügung. Die Anwendung von über den Freistaat Bayern erhobenen Daten sei nicht realitäts- und zeitgerecht. Es sei nicht klar, weshalb nicht gegebenenfalls vorhandene Daten zu A-Stadt herangezogen worden seien. A-Stadt habe in den vergangenen Jahren deutlich höhere Mietpreissteigerungen aufzuweisen als der Durchschnitt in Bayern. Ferner verfolge der Mietspiegel nach dem Zivilrecht eine andere Zielrichtung. Eine sachgerechte Anpassung im Grundsicherungsrecht sei nicht mittels eines bayerischen Index ohne Bezug zu den örtlichen Gegebenheiten möglich. So gewährten an A-Stadt angrenzende Träger auch teils wesentlich höhere Bruttokaltmieten. Bereits das ursprüngliche Konzept genüge den Anforderungen nicht und demzufolge auch nicht die Fortschreibung. Außerdem sei das Konzept nicht öffentlich bekannt gemacht worden. Die Klägerin habe auch keine wirksame Kostensenkungsaufforderung erhalten und der Beklagte habe die ausreichende konkrete Verfügbarkeit von Wohnraumalternativen nicht nachgewiesen.

Der Beklagte hat seine Entscheidung, namentlich das Konzept als schlüssig verteidigt. Er hat ausgeführt, die Erhöhung ab September 2015 orientiere sich an den Vorgaben zum qualifizierten Mietspiegel. Für die erstmalige Fortschreibung des Konzepts seien vom Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung entnommene Indizes für Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten verwendet worden. Die Werte für die kalte Grundmiete seien um 3,18%, die für die Betriebskosten um 0,58% erhöht worden. Die Fortschreibung anhand von eines Indexwertes werde auch im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende für zulässig erachtet. Hinsichtlich Datenerhebung und Datenauswertung sei eine grundsätzliche Vergleichbarkeit des Konzepts mit einem qualifizierten Mietspiegel gegeben. Da der Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland nicht nur die Entwicklung der Wohnkosten widerspiegle, sei abweichend davon für die Fortschreibung der Verbraucherpreisindex für Bayern, der als Sondergliederung einen Index für Nettokaltmieten und für Wohnnebenkosten ausweise, als sinnvoll erachtet worden. Indizes speziell für die Stadt A-Stadt oder Schwaben lägen nicht vor. Einen spezifischen Index nur für den grundsicherungsrelevanten Teil des Wohnens gebe es ebenfalls nicht. Es wäre jedoch überraschend, wenn dieser Teil des Wohnungsmarktes eine andere, insbesondere stärker preisgesteigerte Entwicklung genommen haben sollte als der restliche Wohnungsmarkt. Der Indexwert gebe die Mietpreisentwicklung für den Zeitraum April 2013 bis April 2015 wieder und entspreche damit genau einem Zweijahresabstand zur Ersterhebung. Die Fortschreibung zum 1. September 2015 sei dem Umstand geschuldet, dass das ursprüngliche Konzept auch erst zum 1. November 2013 in Kraft gesetzt worden sei. Nach mietrechtlicher Auffassung sei aber auf diesen Zeitpunkt bei der Fortschreibung abzustellen. Zudem hätte ansonsten eine rückwirkende Anpassung zum 1. Mai 2015 erfolgen müssen, die Angemessenheitsgrenzen müssten den Leistungsempfängern aber bekannt sein. Eine alternative Fortschreibung mittels Tool wäre nicht möglich gewesen ohne eine völlig neue Datenerhebung. Dafür stünden keine Kapazitäten zur Verfügung. Eine einfache Fortschreibung durch reine Einspeisung von Angebotsmieten wäre also nicht möglich. Vor der Entscheidung des Stadtrates hätten sich auf immoscout.de am 2. und 6. Juli 2015 17 verfügbare Wohnungen über 30qm im Rahmen der neuen Angemessenheitsgrenzen gefunden.

Mit Bescheid vom 4. September 2015 hat der Beklagte die vorläufigen Leistungen für die Klägerin für September bis November 2015 infolge des Wegfalls von Einkommen erhöht.

Für die Klägerin wird beantragt:

Der Beklagte wird unter Abänderung seiner Bescheide vom 18. Mai 2015 und vom 24. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2015 und des Bescheids vom 4. September 2015 verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 2015 die vorläufig bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 445,40 EUR zu bewilligen.

Für den Beklagten wird beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache zum großen Teil Erfolg.

Die Klägerin hat ab 1. Juli 2015 Anspruch auf Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung von monatlich 445,40 EUR und somit auf entsprechend höhere vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten. Soweit die Bescheide des Beklagten vom 18. Mai und 24. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2015 und des Bescheids vom 4. September 2015 dem entgegenstehen, sind sie rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten.

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 19 Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) umfassen zum einen die Regelbedarfe nach § 20 SGB II, vornehmlich in Form eines altersstufenabhängigen Regelbedarfs, und zum anderen die Bedarfe für Unterkunft und Heizung, § 22 SGB II. Hinzu kommen gegebenenfalls noch Mehrbedarfe oder unabweisbare Bedarfe; dergleichen kommt vorliegend aber nicht infrage.

Was die Kosten für Unterkunft und Heizung anbelangt, schreibt § 22 Abs. 1 SGB II vor, dass diese in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden, soweit diese angemessen sind. Sie sind als Bedarf außerdem so lange anzuerkennen, als es dem Leistungsberechtigten bzw. der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Die Prüfung der Angemessenheit unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle. Dabei werden die Kaltmiete und die Betriebs- bzw. Nebenkosten ohne die Heizkosten (sogenannte kalte Betriebskosten) auf der einen und die Heizkosten auf der anderen Seite gesondert betrachtet. Die Prüfung der Aufwendungen für die Unterkunft erfolgt unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien in mehreren Stufen unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie (vgl. zum Ganzen BSG, Urteile vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R, und vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R). Zunächst wird ermittelt, ob die tatsächlichen Kosten dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien angemessene Unterkunft aufzuwenden wäre. Dazu ist in einem ersten Schritt zu bestimmen, welche Wohnungsgröße für die Bedarfsgemeinschaft abstrakt angemessen ist. Das orientiert sich an den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften zum sozialen Wohnungsbau, in Bayern den Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWOBindR - Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums des Innern vom 27. Februar 2013, AllMBl. S. 133). Nachfolgend ist der abstrakt angemessenen Preises, der pro Quadratmeter anzusetzen ist, zu ermitteln. Dabei ist auf Wohnungsstandards im Vergleichsraum im unteren Bereich abzustellen. Die Wohnung muss nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Anforderungen genügen und darf keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen. Wohnungen gehobenen Standards gehören von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand, der überhaupt für die Bestimmung der Vergleichsmiete abzubilden ist. Die Merkmale Ausstattung, Lage und Bausubstanz müssen im Ergebnis (insofern besteht Methodenfreiheit) beachtet werden. Der zu bildende Vergleichsraum muss genügend groß gewählt werden, aber aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit noch einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden.

Im Anschluss ist aus dem Produkt der so ermittelten abstrakt angemessenen Werte für Wohnungsgröße und Quadratmetermietzins die Vergleichsmiete zu errechnen.

Den für die Bildung der Vergleichsmiete heranzuziehenden angemessenen Quadratmetermietzins hat vorrangig das örtlich zuständige Jobcenter für seinen Bereich zu ermitteln. Falls diesbezügliche Erkenntnismöglichkeiten und - mittel fehlen, kann auf die Werte nach § 12 des Wohngeldgesetzes (WoGG) zuzüglich eines Zuschlages von 10% zurückgegriffen werden.

Bei der Ermittlung des angemessenen Wertes pro Quadratmeter muss das Jobcenter nach einem Konzept vorgehen, das die hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse auf dem relevanten (örtlichen) (Miet-)Wohnungsmarkt widerspiegelt, somit ein „schlüssiges Konzept“ darstellt. Alle Leistungsberechtigten müssen danach in der Lage sein, eine zugleich bedarfsgerechte als auch kostenangemessene Wohnung zu finden.

Das BSG hat folgende methodische wie inhaltliche Mindestvoraussetzungen für ein derartiges schlüssiges Konzept - bei grundsätzlicher Methodenfreiheit des Jobcenters - aufgestellt:

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,

- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z. B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,

- Angaben über den Beobachtungszeitraum,

- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel),

- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,

- Validität der Datenerhebung,

- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

In die Ermittlung des pro Quadratmeter anzusetzenden Betrages sind auch die kalten Betriebskosten einzubeziehen. Dazu sind zunächst örtliche Übersichten heranzuziehen, bei deren Fehlen auch auf bundesweite Übersichten abgestellt werden kann. Hieraus sind sodann Durchschnittswerte zu ermitteln.

Überschreiten die tatsächlichen Kosten für Unterkunft oder Heizung die so gebildeten Werte, ist im letzten Schritt schließlich zu prüfen, ob eine nach den so ermittelten Werten angemessene Unterkunft für den Leistungsberechtigten auch konkret verfügbar ist. Allerdings ist davon auszugehen, dass hierzulande angemessener Wohnraum verfügbar ist, weil keine allgemeine Wohnungsnot herrscht. Wenn zur Erstellung des Konzepts auch Mietwerte erhoben worden sind, ist die Annahme begründet, dass angemessene Wohnungen auch konkret verfügbar sind. Um dies zu widerlegen, muss deshalb der Leistungsberechtigt zunächst konkret darlegen, dass er sich intensiv, aber vergebens um eine Unterkunftsalternative bemüht hat. Erfolgt dies in ausreichender Weise, liegt es am beklagten Jobcenter nachzuweisen, dass dennoch eine angemessene Unterkunft konkret verfügbar war.

Nach diesen Maßstäben ergibt sich ab Juli 2015 ein Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung.

Hinsichtlich der angesetzten Regelbedarfe ist eine Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des Beklagten nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich.

Die Kosten für Heizenergie wurden über den gesamten streitigen Bewilligungszeitraum in tatsächlicher Höhe angesetzt. Insofern besteht schon deswegen keine Basis für einen höheren Anspruch.

Bezüglich der Kosten der Unterkunft in Form der sogenannten Bruttokaltmiete sind ab 1. Juli 2015 jedoch höhere Kosten zu berücksichtigen. Es sind ab dann die tatsächlich zu zahlende Grundmiete und die kalten Nebenkosten von zusammen monatlich 380,40 EUR anzusetzen und nicht nur der vom Beklagten als angemessen erachtete Richtwert von 347,05 EUR bzw. ab September 2015 von 356,22 EUR.

Es gibt keine Gründe, die der Klägerin im streitigen Zeitraum eine Senkung der Unterkunftskosten unmöglich oder unzumutbar gemacht haben. Vor allem sind keine gesundheitlichen Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich, die sie an einem Wechsel der Unterkunft gehindert haben oder ihr Verbleiben in der bisherigen Wohnung erforderten.

Auch hat die Klägerin im Juni 2012 erklärt, nicht zur Senkung ihrer Unterkunftskosten bereit zu sein. Daher bedurfte es einer (weiteren) Kostensenkungsaufforderung nicht.

Allerdings geht das Gericht zum einen davon aus, dass das bisherige, seit 1. November 2013 angewandte Konzept des Beklagten (im Folgenden: ursprüngliches Konzept), spätestens zum 1. Juli 2015 hätte aktualisiert werden müssen. Zum anderen hält das Gericht das seit 1. September 2015 zugrunde gelegte Konzept des Beklagten (im Folgenden: fortgeschriebenes Konzept) für nicht schlüssig und daher für nicht anwendbar zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten im Sinn des § 22 Abs. 1 SGB II.

Das ursprüngliche Konzept des Beklagten, welches seit 1. November 2013 zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten herangezogen wird, hat diese Kammer in mehreren Urteilen für fehlerfrei erachtet (Urteile vom 22. Mai 2015, S 8 AS 121/15 und S 8 AS 167/15). Die Entscheidungen sind dem Beklagten sowie dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bekannt und außerdem veröffentlicht, so dass darauf verwiesen werden kann. Soweit mit der vorliegenden Klage erneut das ursprüngliche Konzept angegriffen wird, hält das Gericht die betreffenden Rügen für nicht durchgreifend und nimmt dazu Bezug auf die genannten Entscheidungen vom 22. Mai 2015.

Im Hinblick auf die seitdem fortgeführte Diskussion ist noch hervorzuheben, dass das Gericht nach wie vor den Einwand für nicht stichhaltig betrachtet (vgl. auch Urteil dieser Kammer vom 24. November 2015, S 8 AS 984/15), bei einem Konzept im Sinn des § 22 Abs. 1 SGB II handle es sich um (normkonkretisierende) Verwaltungsvorschriften (dagegen: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 50/10 R; LSG Thüringen, Urteil vom 8. Juli 2015, L 4 AS 718/14) und deren Anwendung bzw. Wirksamkeit erfordere eine Publikation (so aber nun SG Bayreuth, Urteil vom 26. Mai 2015, S 4 AS 102/15). Diesbezüglich wird Bezug genommen auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 25. November 2004, 5 CN 2/03), wonach Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber Dritten bekannt zu machen sein sollen und für die Bekanntgabe eine selektive, erläuternde Wiedergabe des Inhalts der Verwaltungsvorschrift nicht ausreichen soll. Vorliegend wurde das der Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten zugrunde gelegte Konzept des Beklagten nicht publiziert oder den Klägern vollständig zur Kenntnis gebracht.

Das war aber auch nicht erforderlich. Denn sieht man ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft als Verwaltungsvorschrift an, umfasst der maßgebliche Teil, d. h. der „Vorschriftsteil“ des Konzepts allein die ermittelten Kostenobergrenzen (hier S. 5 des Konzepts). Nur diese Werte sind sozusagen die angewandten Vorschriften. Der darüber hinausgehende Teil des Konzepts ist dann als Weg zu diesen Werten, quasi als Begründung anzusehen. Hinsichtlich des Letzteren ist eine Publikationspflicht aber nicht gegeben, wie etwa auch der Blick auf die Verkündung sonstiger Rechtsnormen zeigt, die sich auch allein im Regelungstext erschöpft. Etwas anderes hat das Bundesverwaltungsgericht auch für die normkonkretisierenden/regelnden Verwaltungsvorschriften nicht angenommen. Dort war es - im Gegensatz zum Konzept des Beklagten - nur so, dass die gesamte Verwaltungsvorschrift regelnden Charakter hatte.

Aus § 22b Abs. 2 SGB II ist nichts anders herzuleiten. Diese Regelung gilt ausschließlich für den Fall, dass durch Satzung die angemessenen Unterkunftskosten bestimmt werden, nicht aber, wenn - wie hier - entsprechend der von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben ein sogenanntes Konzept im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II erstellt wird. Auch wenn die §§ 22a ff. SGB II insbesondere vom BSG entwickelte Überlegungen aufgreifen, ist die Satzungsregelung nicht mit dem Konzept vergleichbar, weil einer Satzung eine rechtlich andere Qualität und Verbindlichkeit zukommt und die Veröffentlichung der Begründung gerade mit Blick auf das Verfahren nach § 55a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statuiert wurde.

Ferner geht das Gericht davon aus, dass eine fehlende Veröffentlichung nur beachtlich ist, wenn sie auch unverzüglich und rechtzeitig, d. h. vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens mit Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids, gerügt wird. Das war hier nicht der Fall. Zu sehen ist nämlich, dass die Veröffentlichung lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung haben kann, nicht aber eine materielle. Sie kann allenfalls der Information und Transparenz dienen, um die Aufklärungsfunktion einer Kostensenkungsaufforderung zu vertiefen. Insofern besteht nach Auffassung des Gerichts eine ähnliche Situation wie beim Auswahlrecht nach § 200 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch. Dort nimmt das BSG eine unverzügliche Rügeobliegenheit an (BSG, Urteil vom 20. Juli 2010, B 2 U 17/09 R), um dem Leistungsträger eine rechtzeitige Reaktion zu ermöglichen. Das wäre im Fall der fehlenden Kenntnis eines Konzepts ebenso relativ einfach umsetzbar und gegebenenfalls dadurch Streit vermeidbar. Also müsste auch hier eine unverzügliche Rüge erfolgen, andernfalls dieser Einwand unbeachtlich wird.

Das Gericht ist aber nun zu der Auffassung gelangt, dass das ursprüngliche Konzept des Beklagten längstens bis 30. Juni 2015 herangezogen werden kann und bereits ab 1. Juli 2015 eine Aktualisierung erforderlich gewesen wäre. In den oben bereits zitierten Entscheidungen dieser Kammer vom 22. Mai 2015 ist ausgeführt worden, dass die Beurteilung (hinsichtlich der Unterkunftskosten) bei Bewilligungszeiträumen ab Mai 2015 anders ausfallen mag und dass Handlungsbedarf nach einer Überprüfung bzw. Fortschreibung des Konzepts mit Ablauf von zwei Jahren ab Datenerhebung Ende April 2013 besteht. Für zukünftige Hauptsacheverfahren betreffend Bewilligungszeiträume ab Mai 2015 werde daher intensiv zu prüfen sein, ob die derzeitigen Referenzwerte des Konzepts weiter aktuell sind und noch angewandt werden können. Das Gericht bejaht das bei nochmaliger Bewertung noch für die Zeit bis einschließlich Juni 2015. Dem liegen folgende Überlegungen zugrunde: Der Beklagte hat zutreffend darauf verwiesen, dass die Verwendung älterer Bestandsmieten, d. h. von Mietverhältnissen älter als vier Jahre, ohne wesentlichen Einfluss geblieben ist. Denn nach der Methodik des ursprünglichen Konzepts wurde ein Spannoberwert verwendet, so dass etwaige besonders günstige Altmietverhältnisse nicht maßgeblich für die Bildung des Referenzwertes waren. Gleichwohl besteht die fortwährende Verpflichtung des Jobcenters bzw. des kommunalen Trägers zur Überprüfung seines Konzepts auf Aktualität. Dem kann er gerecht werden, indem eine umfassende Überprüfung unter Verwendung aktueller Angebotsmieten erfolgt, wenn er nicht neue, aktuelle Mietwerterhebungen durchführt. Weiter ist zu sehen, dass eine rückwirkende Inkraftsetzung eines neuen bzw. fortgeschriebenen Konzepts im Hinblick auf die erforderliche Kenntnis der Leistungsempfänger Probleme aufwerfen würde. So könnte sich die Ablehnung der Zustimmung zu einem Umzug wegen Unangemessenheit der neuen Unterkunft infolge einer nachträglichen Erhöhung der Angemessenheitsgrenzen als unbegründet erweisen, aber kaum mehr korrigiert werden können. Diesem Problem ließe sich zwar auch dadurch begegnen, dass rechtzeitig vor Ablauf von höchstens zwei Jahren ab der vorangegangenen Datenerhebung eine neue durchgeführt wird und die neue Festlegung der Angemessenheitsgrenzen dann entsprechend innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraumes erfolgen kann. Das würde aber auch zur Folge haben, dass sich der Zeitraum, während dessen ein Konzept angewandt werden kann, mit jeder neuen Fortschreibung verkürzen würde, bis er keinen Monat mehr umfassen würde. Ein derartiges Vorgehen kann vom Recht der Grundsicherung nicht gewollt sein. Hinzu kommt, dass sicherlich die Auswertung erhobener Daten und die Beschlussfassung des kommunalen Trägers mit Blick auf die vorgesehenen Verfahrensabläufe gewisse Zeit in Anspruch nehmen werden.

Allerdings kann es auch nicht allein Zufälligkeiten oder den vorhandenen Kapazitäten und Abläufen beim kommunalen Träger überlassen bleiben, welche Zeitspanne zwischen Datenerhebung und Umsetzung durch ein neues Konzept vergeht. Das wäre mit dem Gebot aus § 22 Abs. 1 SGB II, die nach den örtlichen Gegebenheiten angemessenen Unterkunftskosten zu gewähren und damit die Bestreitung des verfassungsrechtlich abgesicherten Existenzminimums im Bereich Wohnen sicherzustellen, nicht vereinbar.

Das Gericht hält es daher für angezeigt, dem kommunalen Träger und dem Jobcenter eine Frist von zwei Monaten zwischen dem Ende der Datenerhebung und der etwaigen Anwendung eines neuen Konzepts zuzubilligen. Mit dieser Frist dürfte ein sachgerechter Ausgleich der verschiedenen im Raum stehenden Interessen und Bedürfnisse erreicht werden können. Das Gericht nimmt dabei auch in den Blick, dass nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a BGB eine fristlose Wohnraumkündigung zulässig ist, wenn ein Mieter mit zwei Monatsmieten oder nicht unerheblichen Teilen davon in Verzug ist. Daraus lässt sich grundsicherungsrechtlich ableiten, dass darunter liegende Zeiträume noch hingenommen werden können, ohne dass für einen Leistungsempfänger seine Unterkunft betreffend nicht mehr hinnehmbar Nachteile daraus folgen müssen. In Bezug auf den kommunalen Träger und das Jobcenter sollte innerhalb von zwei Monaten die Beschlussfassung und Anwendung neuer Mietobergrenzen verwaltungsmäßig umsetzbar sein.

Ausgehend vom Abschluss der Datenerhebung für das ursprüngliche Konzept des Beklagten am 30. April 2013 wäre daher mit Blick auf den Zwei-Jahres-Zeitraum, wie ihn auch § 22c Abs. 2 SGB II bei der sogenannten Satzungslösung für die Überprüfung vorsieht, spätestens bis Ende April 2015 eine neue Datenerhebung oder eine sonstige Überprüfung, etwa mittels Einholung aktueller Angebotsmieten, erforderlich gewesen. Beides ist bis dahin nicht erfolgt.

Daraus leitet das Gericht jedoch nicht ab, dass dann bereits ab Mai 2015 kein schlüssiges Konzept mehr vorliegt und demzufolge die Angemessenheitswerte aus dem ursprünglichen Konzept nicht mehr anzuwenden sind. Denn auch wenn eine Neuerhebung von Daten - fiktiv - erfolgt wäre, wären die bisherigen Werte nach den obigen Darlegungen noch für die zwei anschließenden Monate anwendbar gewesen. Deswegen können auch für die Klägerin für den streitigen Monat Juni 2015 noch keine höheren Unterkunftskosten berücksichtigt werden. Der Beklagte ist insofern fehlerfrei davon ausgegangen, dass nach den für Bayern geltenden Richtwerten (VVWOBindR, siehe oben, dort Ziffer 5.8) für den 1-Personenhaushalt der Klägerin 50qm als abstrakt angemessene Wohnfläche anzusetzen sind und dementsprechend die bereits vom Beklagten zugrunde gelegten 347,05 EUR als maximale Bruttokaltmiete zutreffend sind.

Anders stellt sich die Lage ab 1. Juli 2015 dar. Ab diesem Zeitpunkt wäre ein neues Konzept anzuwenden gewesen bzw. - hätte dies die Überprüfung ergeben - das bisherige Konzept mit dann aktualisierter Grundlage weiterzuführen gewesen.

Mangels entsprechend zeitgerechter Überprüfung können die Richtwerte des ursprünglichen Konzepts auch nicht weiter herangezogen werden. Denn es ist für das Gericht nicht mehr belegt, dass diese Werte ab Juli 2015 noch die aktuellen Verhältnisse auf dem örtlichen Mietwohnungsmarkt in Bezug auf den grundsicherungsrechtlich relevanten Teil widerspiegeln und so den im Sinn von § 22 Abs. 1 SGB II angemessenen Mietzins pro Quadratmeter realitätsgerecht ergeben. So wenden Jobcenter, deren Zuständigkeitsbezirk an den des Beklagten angrenzt (dies sind die Jobcenter A-Stadt-Land und Wittelsbacher Land) ab 1. Juli 2015 bzw. ab 1. August 2015 ebenfalls neue Konzepte an, haben dabei aber zum Teil Mietobergrenzen - gerade für den hier relevanten Bereich der 1-Personen-Haushalte, die nicht nur unwesentlich über den bisherigen des Beklagten liegen. Das mag mit strukturellen Unterschieden der dortigen Wohnungsmärkte im Vergleich zu demjenigen der Großstadt A-Stadt erklärbar sein. Es spricht angesichts der engen räumlichen Verflechtungen zwischen A-Stadt und mehreren angrenzenden Städten wie Gersthofen, Stadtbergen, Königsbrunn und Friedberg aber genauso dafür, dass die bisherigen Werte des Beklagten inzwischen zu niedrig sind. Darauf deutet auch hin, dass seit 1. August 2015 für die Stadt A-Stadt die sogenannte Mietpreisbremse gemäß § 556d Abs. 2 und § 558 Abs. 3 BGB i. V. m. der Wohnungsgebieteverordnung (WoGeV - GVBl 2012, S. 189) in der Fassung der Verordnung vom 14. Juli 2015 (GVBl S. 250) gilt. Diese setzt einen angespannten Mietwohnungsmarkt voraus, also dass die Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Nachdem dies für den gesamten Mietwohnungsmarkt gilt, betrifft es auch den grundsicherungsrechtlich relevanten Teil. Und da die entsprechende Änderungsverordnung zur WoGeV im Juli 2015 erlassen wurde, muss diese Situation spätesten ab dann angenommen werden. Damit werden die Angemessenheitswerte aus dem ursprünglichen Konzept des Beklagten für das Gericht derart infrage gestellt, dass sie ab Juli 2015 nicht mehr herangezogen werden können.

Gleiches gilt für die Zeit ab 1. September 2015, auch wenn der Beklagte ab diesem Zeitpunkt ein neues, das fortgeschriebene Konzept anwendet. Denn dieses Konzept ist methodisch nicht fehlerfrei zustande gekommen und daher sind die so ermittelten Werte nicht geeignet, die grundsicherungsrechtlich angemessenen Unterkunftskosten zu bestimmen.

Während das ursprüngliche Konzept des Beklagten auf einer Mietwerterhebung und den daraus gezogenen Schlüssen für den grundsicherungsrechtlichen Bereich beruht, besteht das seit September 2015 geltende Konzept aus der Fortschreibung der damals ermittelten Richtwerte mittels eines bayernweiten Preisindex. Dieses Vorgehen genügt nicht den Anforderungen des Rechts der Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Das BSG fordert methodisch-inhaltlich mindestens eine bestimmte Datenerhebung und Datenauswertung. Bereits eine Datenerhebung ist für das fortgeschriebene Konzept nur insofern erfolgt, als die für das ursprüngliche Konzept erhobenen Daten der Fortschreibung als Grundklage dienten. Ob dieses Vorgehen bei der Überprüfung und Aktualisierung methodisch zulässig ist, dazu hat sich das BSG, soweit ersichtlich bisher nicht geäußert. Auch der einschlägigen Kommentarliteratur zum SGB II lässt sich zu dieser Frage keine eindeutige Linie entnehmen. Das Gericht will nicht ausschließen, dass eine Fortschreibung mittels eines Index grundsicherungsrechtlich möglich ist. Allerdings nicht in der vorliegend erfolgten Art und Weise.

Die Verwendung eines Indexwertes, der nicht nur die maßgeblichen lokalen Verhältnisse im Bereich des beklagten Jobcenters beinhaltet, sondern darüber hinausgehende, hier bayernweite Verhältnisse abbildet, ist mit den Vorgaben des § 22 Abs. 1 SGB II nicht schlüssig in Einklang zu bringen (in diese Richtung auch SG Dresden, Urteil vom 4. September 2015, S 40 AS 2451/13). Denn diese Norm verlangt, dass das Konzept des Grundsicherungsträgers Gewähr dafür bietet, dass die Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes abgebildet werden. Es liegt aber auf der Hand, dass dies ein bayernweiter Index nicht leisten kann. Denn es ist nicht anzunehmen, dass insbesondere die Verhältnisse des Mietwohnungsmarktes in der Stadt A-Stadt als drittgrößter bayerischer Stadt ausreichend erfasst sind, wenn zu einem großen Teil Daten in den Index einfließen, die aus Gebietskörperschaften stammen, deren Lebensverhältnisse mit denen in A-Stadt nicht vergleichbar sind. Dies gilt vor allem für Faktoren, welche die Mietpreisbildung beeinflussen, wie Bevölkerungsdichte, Arbeitsplätze, Anbindung an das nächste Oberzentrum oder Einkommen der ansässigen Bevölkerung. Deshalb kann der für die Bildung des Indexwertes herangezogene Vergleichsraum, der gesamte Freistaat Bayern, schon ob seiner Größe sicherlich auch nicht als homogener Lebens- und Wohnbereich betrachtet werden.

Hinzu kommt, dass der verwendete Indexwert zwar aufgrund von Kennzahlen für die Entwicklung der Nettomieten und der kalten Betriebskosten gebildet wurde. Allerdings - wie der Beklagte auch einräumt - nicht nur den hier relevanten Teil des Mietwohnungsmarktes umfasst, nämlich Unterkünfte, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Anforderungen genügen und keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen. Ob die Preisentwicklung in diesem Segment tatsächlich derjenigen über den gesamten Markt gleicht, wie der Beklagte meint, oder eben nicht, bleibt für das Gericht völlig offen. Das kann auch nicht daraus geschlossen werden, dass Recherchen des Beklagten bzw. seines kommunalen Trägers Anfang Juli 2015 erbracht haben sollen, dass 17 Wohnungen zu den neuen Angemessenheitswerten verfügbar waren. Das ist schon nicht weiter belegt worden und vor allem nicht ausreichend als repräsentative und valide Grundlage. Dafür hätte es angesichts der fehlenden Mietwerterhebungen einer deutlich umfangreicheren Recherche in der Größenordnung von mindestens 15% der unangemessen wohnenden Bedarfsgemeinschaften bedurft. Nur dann wäre die Annahme begründet, dass für alle betroffenen Bedarfsgemeinschaften je nach Haushaltsgröße angemessene Wohnungsalternativen innerhalb von sechs Monaten verfügbar sind.

Aus diesen Gründen ist das fortgeschriebene Konzept ebenso untauglich zur Festsetzung der angemessenen Unterkunftskosten.

Aufgrund der vorliegenden Umstände ist es nicht möglich, durch weitere Ermittlungen des Gerichts oder des Beklagten bzw. des kommunalen Trägers den angemessenen Quadratmetermietzins zu ermitteln. Es liegen keinerlei spezifische Daten für die Stadt A-Stadt vor und auch keine spezifischen Daten für den grundsicherungsrechtlich maßgeblichen Bereich des Wohnens. Der streitige Zeitraum ist abgelaufen und der Beklagte hat mitgeteilt, dass der kommunale Träger keine Kapazitäten für die erforderliche umfangreiche Datenerhebung hat. Deswegen erachtet das Gericht auch ein Vorgehen gemäß § 131 Abs. 5 SGG für nicht angebracht.

In der Konsequenz daraus sind für die Bestimmung der Mietobergrenze ab 1. Juli 2015 die Werte nach § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitsaufschlages von 10% anzusetzen. Das sind für eine Person in der Stadt A-Stadt 393,80 EUR pro Monat. Die von der Klägerin ab Juli 2015 entrichteten Kosten der Unterkunft liegen unter diesem Betrag und sind daher in ihrer tatsächlichen Höhe voll zu berücksichtigen. Ob mit Blick auf die Anhebung der Werte nach dem WoGG ab 2016 noch ein Sicherheitszuschlag anzusetzen ist, kann in diesem Verfahren offen bleiben.

Damit sind vom Beklagten von Juli bis November 2015 der Leistungsbewilligung Kosten der Unterkunft und Heizung von monatlich 445,40 EUR zugrunde zu legen.

In diesem Umfang ist der Klage deshalb stattzugeben, im Übrigen ist sie abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG und orientiert sich am Ausgang des Verfahrens sowie an der wirtschaftlichen Bedeutung für die Klägerin.

Die Berufung wird gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Soweit ersichtlich, ist ober- oder höchstrichterlich über die Rechtmäßigkeit der Fortschreibung eines Konzepts mittels eines Indexwertes bisher nicht entschieden.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Juni 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Gewährung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) für die Zeit vom 5.8.2007 bis zum 29.2.2008.

2

Der 1957 geborene Kläger (ursprünglich Kläger zu 1) und der 1977 geborene chinesische Staatsangehörige Y, der das vorliegende Verfahren im Klage- und Berufungsverfahren als Kläger zu 2 betrieben hatte, waren im streitigen Zeitraum eingetragene Lebenspartner nach dem Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz ). Sie bezogen seit dem 1.1.2005 von dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Für die von ihnen bewohnte 61,44 qm große 2,5 Zimmerwohnung in Berlin-Schöneberg zahlten sie nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg im streitigen Zeitraum eine Miete einschließlich Heizkosten von insgesamt 532,49 Euro monatlich. Der Beklagte teilte ihnen mit Schreiben vom 29.1.2007 mit, dass ihre KdU nicht angemessen seien. Für einen Zwei-Personen-Haushalt gelte insoweit ein Richtwert in Höhe von 444 Euro. Sie seien daher verpflichtet, ihre KdU zu senken. Er, der Beklagte, sei bereit, die tatsächlichen KdU noch für sechs Monate nach Zugang seines Schreibens zu übernehmen.

3

Mit Bescheid vom 27.6.2007 gewährte der Beklagte dem Kläger und seinem Partner für die Zeit vom 1.7.2007 bis zum 31.8.2007 Leistungen in Höhe von 916,49 Euro monatlich. Als Bedarf legte er dabei jeweils den Regelsatz für Partner einer Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 312 Euro und berücksichtigungsfähige KdU in Höhe von 532,49 Euro zugrunde. Hierauf rechnete er zunächst Einkommen an. Nach Widerspruch wegen der Berücksichtigung von Einkommen und nachdem Y mitgeteilt hatte, er werde vom 2.8.2007 an für voraussichtlich vier Monate wegen familiärer Verpflichtungen nach Peking reisen, bewilligte der Beklagte dem Kläger für August 2007 Leistungen in Höhe von insgesamt 578,24 Euro (312 Euro Regelleistung und 266,24 Euro KdU). Der Bescheid berücksichtige als Änderungen die unerlaubte Ortsabwesenheit des Y Dadurch sei dessen Leistungsanspruch weggefallen (Änderungsbescheid vom 7.8.2007). Mit Bescheid vom 23.8.2007 in der Fassung des Bescheides vom 25.9.2007 gewährte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1.9.2007 bis zum 29.2.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 534 Euro monatlich (312 Euro Regelleistung und 222 Euro KdU). Die hiergegen gerichteten Widersprüche blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheide vom 25.9.2007 und 26.9.2007).

4

Während des hiergegen vor dem Sozialgericht (SG) Berlin geführten Klageverfahrens kehrte Y am 6.12.2007 nach Deutschland zurück. Für die Zeit vom 6.12.2007 bis zum 29.2.2008 bewilligte ihm der Beklagte daraufhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 534 Euro monatlich (für Dezember 2007 anteilig in Höhe von 437,60 Euro; Bescheid vom 28.12.2007).

5

Das SG hat den Beklagten mit Urteil vom 18.1.2008 verurteilt, dem Kläger für die Zeit der Ortsabwesenheit des Y Leistungen in Höhe des Regelsatzes für Alleinstehende von 347 Euro zu gewähren. Während der Ortsabwesenheit des Y sei zwar nicht die Bedarfsgemeinschaft aufgelöst worden, weil keine dauerhafte Trennungsabsicht vorgelegen habe. Jedoch seien mit der Abreise das gemeinsame Wirtschaften aus einem Topf und damit die Grundlage der Bildung des Mischregelsatzes entfallen. Zu Recht habe der Beklagte dagegen nur die Hälfte der Kaltmiete und der Nebenkosten berücksichtigt. Dies entspreche der Kopfteilmethode, die solange anzuwenden sei, wie die Kläger eine Bedarfsgemeinschaft bildeten. Die angemessene Bruttokaltmiete für einen Zwei-Personen-Haushalt betrage ausgehend von den obersten Spannenwerten im Berliner Mietspiegel 407,40 Euro (Kaltmiete von 293,40 Euro zuzüglich angemessener kalter Betriebskosten in Höhe von 114 Euro). Zusätzlich gehöre die tatsächliche Heizkostenvorauszahlung abzüglich der Warmwasser- und Kochgaspauschale zu den angemessenen Kosten für Heizung.

6

Die hiergegen vom Kläger und Y zum LSG eingelegten Berufungen sind ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 9.6.2009). Streitgegenstand seien im Berufungsverfahren nach zulässiger Beschränkung des Streitgegenstandes noch der Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 5.8.2007 bis zum 29.2.2008 und des Y für die Zeit nach seiner Rückkehr aus Peking, also vom 7.12.2007 bis zum 29.2.2008. Gegenstand des Verfahrens seien damit die Bescheide des Beklagten vom 27.6.2007, 23.8.2007 und vom 25.9.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25. und 26.9.2007 sowie der Bescheid vom 28.12.2007. Die Änderungsbescheide des Beklagten vom 7.8.2007 und vom 6.9.2007 seien dagegen nicht Gegenstand dieses Verfahrens geworden, denn die Verfügungssätze dieser Bescheide erschöpften sich in der Aufhebung der Leistungsbewilligung für Y ab dem 8.7.2007 bzw ab August 2007 wegen Ortsabwesenheit. Nachdem der Beklagte seine Berufung zurückgenommen habe, sei das erstinstanzliche Urteil im Übrigen insoweit rechtskräftig und damit für die Beteiligten bindend, als das SG den Beklagten verpflichtet habe, dem Kläger für die Dauer der Ortsabwesenheit des Y die höhere Regelleistung nach § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II zu gewähren.

7

Beide Berufungskläger seien Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II(in der für den streitigen Zeitraum geltenden Fassung des Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vom 30.7.2004, BGBl I 2014), insbesondere hätten sie während des streitigen Zeitraums ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB II)gehabt und seien auch hilfebedürftig gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II in Verbindung mit § 9 SGB II gewesen. Neben der Regelleistung nach § 20 SGB II, deren Höhe nicht mehr streitig sei, hätten sie Anspruch auf Leistungen für die KdU in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen seien. Ansprüche auf weitergehende KdU als von dem Beklagten bewilligt ergäben sich nach Bestimmung der abstrakt angemessenen Kosten nach der sog Produkttheorie nicht.

8

Hinsichtlich der Feststellung der angemessenen Wohnungsgröße sei die für Wohnberechtigte im sozialen Wohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zugrunde zu legen, für die in Berlin - in Ermangelung von Richtlinien zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung - Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) - zum einen an die Bestimmungen zur Vergabe von Wohnberechtigungsscheinen zur Belegung von nach dem WoFG belegungsgebundenen Wohnungen(insoweit an die Mitteilung Nr 8/2004 vom 15.12.2004 der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung) und zum anderen - wegen fehlender Bestimmungen über den Mietwohnungsbau - an die Richtlinien über Förderungssätze für eigengenutztes Wohneigentum der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr vom 25.5.1999 (Eigentumsförderungssätze 1999, ABl 1999, 2918 ff) anzuknüpfen sei. Nach Maßgabe dieser Regelungen sei eine Wohnungsgröße von bis zu 60 qm für die Kläger angemessen.

9

Für die weitere Feststellung des angemessenen Unterkunftsbedarfs seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der sich der Senat anschließe, die Kosten für eine Wohnung, "die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist", zu ermitteln. Hierfür seien die sich aus der Berliner Mietspiegeltabelle 2007 (Amtsblatt für Berlin 2007, 1797) ergebenden durchschnittlichen Mittelwerte für einfache Wohnlagen und Ausstattungen für Neu- und Altbauten zugrunde zu legen. Für eine Wohnfläche von vierzig bis unter sechzig Quadratmetern in einfacher Lage ergebe sich eine Nettokaltmiete von gerundet 4,54 Euro pro qm (Summe aus sämtlichen Mittelwerten geteilt durch 9), und also eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von insgesamt 272,40 Euro (4,54 Euro x 60 qm). Hierzu seien als angemessene kalte Betriebskosten die durchschnittlichen kalten Betriebskosten, die regelmäßig mit dem Mietzins zu entrichten seien, unter Zugrundelegung der vom Deutschen Mieterbund (DMB) mit dem "Betriebskostenspiegel 2007" veröffentlichten Angaben (www.mieterbund.de) zu bestimmen, die sich auf 1,79 Euro pro qm (einschließlich Steuern und Abgaben), mithin für eine Wohnung von 60 qm auf 107,40 Euro monatlich beliefen. Zuzüglich einer angemessenen Bruttokaltmiete von insgesamt 379,80 Euro seien Heizkosten in Höhe von 0,85 Euro pro qm (ebenfalls unter Rückgriff auf den Betriebskostenspiegel 2007) als angemessen anzusehen, sodass sich bei einer Wohnungsgröße von 60 qm eine angemessene monatliche Bruttowarmmiete in Höhe von insgesamt 430,80 Euro (379,80 Euro + 51 Euro) ergebe. Zur Überzeugung des Senats stehe in Berlin eine ausreichende Zahl gerade auch von Zwei-Zimmer-Wohnungen in diesem Mietsegment mit dem vorgenannten Mietniveau zur Verfügung. Ein "Bestandsschutz" nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II bestehe nicht mehr. Der Kläger habe auch während der Dauer der Ortsabwesenheit des Y keinen Anspruch auf Leistungen für die KdU in Höhe der gesamten Kosten der Mietwohnung, sondern nur in Höhe der Hälfte dieser Kosten. Besonderheiten, die ein Abweichen vom Prinzip der Aufteilung der Unterkunftskosten nach der Kopfzahl der Wohnungsnutzer rechtfertigen könnten, bestünden im vorliegenden Fall nicht. Unerheblich sei, dass ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft wegen einer länger als sechs Wochen währenden Ortsabwesenheit vorübergehend vom Leistungsbezug ausgeschlossen (vgl § 7 Abs 4a SGB II in Verbindung mit § 3 Abs 4 der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit zur Pflicht des Arbeitslosen, Vorschlägen des Arbeitsamtes zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten zu können vom 23.10.1997 , geändert durch Art 1 1. ÄndAnO vom 16.11.2001 ) und infolgedessen außer Stande gewesen sei, den auf ihn entfallenden Anteil der Unterkunftskosten aufzubringen. Denn insoweit handele es sich um eine von dem Lebenspartner des Klägers selbst zu verantwortende Entscheidung, sich länger als sechs Wochen von seinem Wohnsitz zeit- und ortsfern aufzuhalten. Diese Entscheidung könne den Beklagten nicht verpflichten, dem anderen Hilfebedürftigen nunmehr nicht nur Leistungen für die KdU in Höhe seines Kopfteils, sondern in Höhe der gesamten tatsächlichen KdU zu erbringen.

10

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers. An dem Revisionsverfahren hat sich Y, der mittlerweile vom Kläger dauernd getrennt lebt, nicht beteiligt. Der Kläger rügt die fehlerhafte Anwendung des § 22 Abs 1 SGB II durch das LSG. Während der Ortsabwesenheit des Y liege ein Sachverhalt vor, der ein Abweichen vom Grundsatz der Aufteilung der Unterkunftskosten nach Kopfzahl rechtfertige. Y habe aufgrund der Ortsabwesenheit keinen Beitrag zu den KdU beisteuern können, sodass die bei der Bedarfsgemeinschaft vermuteten Synergieeffekte ausfielen. Es seien für diesen Zeitraum die angemessenen KdU entsprechend einem Ein-Personen-Haushalt in Höhe von 422,50 Euro abzüglich der Warmwasserpauschale in Ansatz zu bringen. Die abstrakte Angemessenheit der Wohnungskosten sei unter Rückgriff auf den günstigsten Spannenhöchstwert innerhalb der verschiedenen Bauklassen für Wohnungen mit Bad und WC in einfacher Wohnlage zu bestimmen, solange der Träger der Grundsicherung dem Hilfebedürftigen nicht die konkrete Möglichkeit der Anmietung von günstigeren Wohnungen nachweise. Nur bei Zugrundelegung des Spannenoberwerts könne ausreichend sicher geschlussfolgert werden, dass eine angemessene Wohnung tatsächlich gefunden werden könne. Dies gelte auch für die kalten Betriebskosten. Zwar ergebe sich nach dem Betriebskostenspiegel des DMB ein deutlich niedrigerer Mittelwert. Dieser bundesdeutsche Wert könne aber nicht maßgeblich sein, sondern es sei auf die mutmaßlichen Betriebskosten aus dem Berliner Mietspiegel für eine konkret in Berlin anzumietende Wohnung zurückzugreifen. Ausgehend von einer Nettokaltmiete in Höhe von 4,71 Euro pro qm (einfache Wohnlage Baujahre 1965-1972), kalten Betriebskosten in Höhe von 2,59 Euro pro qm und Heizkosten in Höhe von 1,15 Euro ergebe sich (bei einer Wohnungsgröße für eine Person in Höhe von 50 qm) eine angemessene Gesamtmiete in Höhe von 422,50 Euro, die um 6,53 Euro für Warmwasser zu bereinigen sei (Hinweis auf LSG Berlin-Brandenburg Beschlüsse vom 4.4.2008 - L 32 AS 458/08 AS ER und vom 5.9.2007 - L 32 AS 1312/07 AS ER). Entsprechend seien die Kosten für einen Zwei-Personen-Haushalt zu berechnen.

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Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Juni 2009 aufzuheben und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Januar 2008 sowie die Bescheide des Beklagten vom 27. Juni 2007, vom 7. August 2007, vom 23. August 2007 und vom 25. September 2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25. September 2007 und 26. September 2007 sowie den Bescheid vom 28. Dezember 2007 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger weitere Kosten der Unterkunft und Heizung abzüglich bereits gezahlter Kosten für den Bewilligungszeitraum

        

vom 5. August 2007 bis 31. August 2007 in Höhe von 370,01 Euro,

        

vom 1. September 2007 bis 30. November 2007 in Höhe von monatlich 411,12 Euro,

        

vom 1. Dezember 2007 bis 6. Dezember 2007 in Höhe von 82,22 Euro,

        

vom 7. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2007 in Höhe von 221,87 Euro,

        

vom 1. Januar 2008 bis 31. Januar 2008 in Höhe von 266,07 Euro und

        

vom 1. Februar 2008 bis 29. Februar 2008 in Höhe von 270,07 Euro

        

zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Er hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht beurteilt werden, ob der Kläger höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II beanspruchen kann, als sie das SG zugesprochen hat.

15

1. Streitgegenstand sind allein Ansprüche des Klägers auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit von August 2007 bis Februar 2008. Der Kläger ist durch das Urteil des SG im Hinblick auf die Höhe der Regelleistung nicht beschwert und hat dementsprechend den Streitstoff in der Sache auf die KdU beschränkt (zur Zulässigkeit einer solchen Beschränkung vgl nur BSGE 97, 217, 222 f = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 S 6 f, jeweils RdNr 18). Er hat bereits im Widerspruchs- und Klageverfahren für den Fall, dass Y höhere KdU nicht zuständen, die gesamten Unterkunftskosten geltend gemacht, sodass er insoweit durch das SG-Urteil beschwert und seine Berufung statthaft ist. Nachdem der Beklagte die von ihm geführte Berufung zurückgenommen hat, ist das SG-Urteil bindend geworden, auch soweit es höhere KdU (nämlich hinsichtlich der Kosten der Heizung) zugesprochen hat als ursprünglich bewilligt. Das LSG wird nach Zurückverweisung des Rechtsstreits die weitergehende, im Revisionsverfahren vorgenommene betragsmäßige Beschränkung des Streitstoffs zu beachten haben.

16

Bei diesem auf die KdU beschränkten Streitgegenstand sind Gegenstand des Verfahrens die Bescheide des Beklagten vom 27.6.2007, vom 7.8.2007, vom 23.8.2007 und vom 25.9.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.9.2007 und 26.9.2007 sowie der Bescheid vom 28.12.2007. Unzutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 7.8.2007 nicht Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Mit diesem als Änderungsbescheid bezeichneten Bescheid sollte ausdrücklich den Änderungen Rechnung getragen werden, die sich aus der Ortsabwesenheit des Y ergeben haben. Der Bescheid beinhaltet damit sinngemäß auch die Regelung, dass aus der Ortsabwesenheit des Y für den Kläger weder ein Anspruch auf höhere Regelleistung noch auf höhere KdU folgt. Diese Regelung hat der Kläger schon mit seinem Widerspruch angegriffen und damit zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Lediglich der ergänzend am 6.9.2007 ergangene, ausschließlich an Y gerichtete Aufhebungsbescheid ist nicht (mehr) Gegenstand des Verfahrens, denn er betrifft nur die Aufhebung von Bewilligungen an Y

17

2. Der Kläger gehört nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)dem Grunde nach zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem SGB II, weil er das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erwerbsfähig und hilfebedürftig ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB II). Auch die rechtliche Würdigung des LSG, er habe im streitigen Zeitraum mit Y in Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB II gelebt, ist nicht zu beanstanden. Nach dem Vortrag des Klägers und seines damaligen Partners, den das LSG bei seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, bestand ein Trennungswille im zweiten Halbjahr 2007 nicht, auf den es insoweit nach § 15 Abs 5 LPartG wie nach § 1567 Abs 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) maßgeblich ankommt(vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 49/09 R - BSGE 105, 291 = SozR 4-4200 § 7 Nr 16).

18

3. a) Leistungen für Unterkunft werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Welche Aufwendungen für die Unterkunft vorliegend tatsächlich angefallen sind, lässt sich den Feststellungen des LSG nicht abschließend entnehmen. Das LSG hat die Gesamtaufwendungen für Unterkunft nicht von denen der Heizung getrennt ausgewiesen. Lediglich aus dem Tatbestand des SG-Urteils lässt sich ersehen, dass sich die tatsächlichen Kosten aus einer Nettokaltmiete in Höhe von 393,27 Euro und 70,68 Euro Betriebskosten sowie einem nicht an den Vermieter zu entrichtenden Abschlag für die Gasversorgung (wohl bei einer Gasetagenheizung) in Höhe von 89 Euro zusammengesetzt haben, von denen der Beklagte nur einen Teil anerkannt hat. Das LSG wird dies nach Zurückverweisung des Rechtsstreits im Einzelnen nachzuvollziehen und die Prüfung der Unterkunftskosten getrennt von den Kosten der Heizung durchzuführen haben (vgl nur BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23).

19

b) Die tatsächlich aufgewandten KdU bis zur Höhe ihrer Angemessenheit stehen dem Kläger in der Zeit vom 5.8.2007 bis zum 6.12.2007 allein zu. Für die Anwendung des Kopfteilprinzips ist in dieser Zeit entgegen der Auffassung des LSG kein Raum, weil der Kläger die Wohnung nach den Feststellungen des LSG während dieser Zeit nicht mit weiteren Personen gemeinsam, sondern allein genutzt hat. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG setzt die Aufteilung der KdU nach Köpfen voraus, dass die Wohnung gemeinsam mit anderen Personen genutzt wird (vgl BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, jeweils RdNr 28; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 9 RdNr 18; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 6 RdNr 13; BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 33; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 4 RdNr 19). Entscheidend ist mithin, dass neben dem Hilfebedürftigen die Wohnung den aktuell bestehenden Unterkunftsbedarf weiterer Personen abdeckt. Daran fehlt es, soweit ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft die Wohnung über einen Zeitraum nicht nutzt, der zu einem Ausschluss von Leistungen nach § 7 Abs 4, 4a SGB II führt. Entgegen der Auffassung des LSG steht der Sinn und Zweck des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs 4a SGB II dem nicht entgegen. Der Leistungsausschluss wegen Ortsabwesenheit nach § 7 Abs 4a SGB II findet - bezogen auf die KdU - seine Begründung gerade darin, dass die Notwendigkeit der Übernahme der Wohnungskosten dann nicht erkennbar ist, wenn die Wohnung nicht genutzt wird. Diesem Ausschluss von KdU entspricht es durchaus, wenn bei der Verteilung der Unterkunftskosten nach Kopfteilen ein nur "fiktiver" Anteil des ortsabwesenden Partners nicht eingestellt wird. Es ist dem verbliebenen Partner einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a oder b SGB II, die trotz der Abwesenheit des Partners ausnahmsweise nicht aufgelöst wird, jedenfalls bei einer im Vorhinein auf bis zu sechs Monate beschränkten Abwesenheit des Partners nicht zumutbar, die KdU vorübergehend zu senken(dazu im Einzelnen unter 4.a). Es geht damit in solchen Konstellationen nicht darum, den verbliebenen Partner in die Lage zu versetzen, etwaigen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten gegenüber seinem ortsabwesenden Partner nachzukommen, sondern es ihm selbst zu ermöglichen, den eigenen Wohnbedarf (zumindest für eine Übergangszeit) voll zu decken.

20

4. Die Angemessenheit von KdU ist unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln (dazu unter a). Alsdann ist festzustellen, ob die angemietete Wohnung dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard entspricht, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Vergleichsmaßstab sind insoweit die räumlichen Gegebenheiten am Wohnort des Hilfebedürftigen (dazu unter b), wobei die örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen sind (dazu unter c). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Im Streitfall ist das der Bestimmung der Kosten zugrunde liegende Konzept damit von den Gerichten in vollem Umfang zu überprüfen und ggf ein solches Konzept durch eigene Ermittlungen zu ergänzen. Diese Prüfung haben weder der Beklagte noch SG und LSG rechtsfehlerfrei vorgenommen.

21

a) Zutreffend hat das LSG eine Wohnungsgröße von 60 qm als angemessen für einen Zwei-Personen-Haushalt zugrunde gelegt. Die im Vorhinein auf vier Monate begrenzte Ortsabwesenheit des Y führt nicht dazu, dass wegen der Prüfung der Angemessenheit auf die Wohnungsgröße für eine Person abzustellen wäre.

22

Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr seit BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 19). Hinsichtlich der Überlassung von gefördertem Mietwohnungsraum gilt § 27 Abs 1 bis 5 WoFG vom 13.9.2001 (BGBI I 2376) iVm § 5 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung (nF) der Bekanntmachung vom 13.9.2001 (BGBl I 2404). Wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße verweist § 27 Abs 4 WoFG(als Nachfolgeregelung zu § 5 Abs 2 WoBindG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung) auf die nach § 10 WoFG von den Ländern festgelegten Wohnungsgrößen. Das Land Berlin hat allerdings zu § 10 WoFG keine Ausführungsvorschriften erlassen. Zu § 5 WoBindG nF und § 27 WoFG liegen nur (unveröffentlichte) Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15.12.2004 vor, die wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße an die zuvor ergangenen Bekanntmachungen anknüpfen (vgl Hinweis 8). Danach darf entsprechend der Bekanntmachung der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen vom 20.10.1995 (Amtsblatt für Berlin 1995, 4462) an Einzelpersonen Wohnraum bis zu 50 qm und an Zwei-Personen-Haushalte Wohnraum von bis zu 60 qm überlassen werden. An diese Regelungen auf Grundlage des § 5 Abs 2 WoBindG aF, die auch nach Inkrafttreten von § 27 WoFG und § 5 WoBindG nF Grundlage für die Belegung von gefördertem Wohnraum sind, ist auch für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs 1 SGB II anzuknüpfen(vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 14). Die weitergehenden Differenzierungen nach der Raumzahl sind für die Auslegung des § 22 Abs 1 SGB II unbeachtlich. Dies haben die für die Grundsicherung zuständigen Senate bereits für andere Bundesländer entschieden, in denen neben der Wohnungsgröße auch die Raumzahl entscheidend ist (vgl für Bayern BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 24; BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, jeweils RdNr 15 ff; BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R, juris RdNr 15; für Rheinland-Pfalz BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 14 und BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 34; für Nordrhein-Westfalen BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 16). Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb für das Land Berlin anderes gelten sollte. Auf die (unterschiedlichen) Wohnungsgrößen in den (zum 31.12.1999 außer Kraft getretenen) Richtlinien der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen für die Förderung der Neuschaffung von Wohnraum im sozialen Wohnungsbau (Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1990 vom 16.7.1990 in der Fassung der Änderungsvorschriften vom 13.12.1992) und den Richtlinien über die Förderung von eigengenutztem Wohneigentum (Eigentumsförderungssätze 1999 vom 25.5.1999), die das LSG ergänzend herangezogen hat, kommt es nicht an. Diese mögen Auswirkungen auf die üblichen Wohnungsgrößen im geförderten Wohnungsbau nach 1992 haben (und damit ohnehin nur für ein Teilsegment des in Bezug zu nehmenden Wohnungsmarktes), es handelt sich aber nicht um Bestimmungen auf Grundlage des § 5 Abs 2 WoBindG aF.

23

Soweit die landesrechtlichen Bestimmungen an die Personenzahl in einem Haushalt anknüpfen, hat der Senat bereits mehrfach entschieden, dass Ausgangspunkt für die Berechnung der Wohnfläche die Zahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ist (vgl nur BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 12 RdNr 21). Dies gilt im Ausgangspunkt auch, wenn Partner der Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a oder b SGB II dauerhaft in getrennten Wohnungen leben, ohne dass ein Trennungswille vorliegt, und eine Haushaltsgemeinschaft deshalb nicht besteht. Insgesamt können KdU nur in einer Höhe beansprucht werden, wie sie Partnern in einer gemeinsamen Wohnung zustehen (BSG Urteil vom 18.2.2010 - BSGE 105, 291 = SozR 4-4200 § 7 Nr 16, jeweils RdNr 17). Besonderheiten hinsichtlich der Feststellung der maßgeblichen Wohnungsgröße sind allerdings für Fälle denkbar, in denen zwar eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a oder b SGB II trotz Auflösung der Haushaltsgemeinschaft wegen eines fehlenden Trennungswillens iS des § 1567 Abs 1 BGB bzw des § 15 Abs 5 LPartG fortbesteht, ein Partner der Bedarfsgemeinschaft aber wegen eines dauerhaften auswärtigen Aufenthalts die Wohnung nicht nutzt und Leistungen nach dem SGB II nicht erhalten kann. Namentlich die Auflösung der Haushaltsgemeinschaft bei längerem Aufenthalt eines Partners außerhalb des in § 7 Abs 4a SGB II genannten Bereichs (wie etwa einem langfristigen Auslandsaufenthalt) oder bei einem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung mit der Folge des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs 4 SGB II (etwa der Verbüßung einer Freiheitsstrafe) kann es für den verbliebenen Partner zumutbar werden lassen, die entstehenden Gesamtkosten zu mindern und seine Wohnverhältnisse an die dauerhafte alleinige Nutzung der Wohnung anzupassen. Der Erhalt einer größeren, für zwei Personen zugeschnittenen Wohnung mit Hilfe von Leistungen nach dem SGB II ist zeitlich nicht unbegrenzt schutzwürdig. Anlass zu weitergehender Festlegung, von welchem Zeitpunkt an Maßnahmen zur Kostensenkung vom Träger nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II verlangt werden können, bietet der vorliegende Fall nicht. Jedenfalls wenn der auswärtige Aufenthalt im Vorhinein auf unter sechs Monate beschränkt ist, ergibt sich eine solche Obliegenheit für den verbliebenen Partner der Bedarfsgemeinschaft nicht.

24

b) Zutreffend hat das LSG bei der Bestimmung der angemessenen KdU als maßgeblichen Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Berlin herangezogen. Ausgangspunkt für die Bestimmung des Vergleichsraumes ist zunächst der Wohnort des Hilfebedürftigen. Nach der Rechtsprechung des BSG muss es sich bei dem Vergleichsraum im Übrigen um einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung handeln, der aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die gegen die Annahme des LSG sprechen, dass es sich bei der Stadt Berlin insgesamt um einen solchen Vergleichsraum handelt. Die Stadt Berlin ist mit einer Einwohnerzahl von rund 3,4 Millionen (Stand 2006; Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg) und einer Fläche von rund 891 qkm zwar nahezu dreimal so groß wie die Stadt München (rund 1,36 Millionen Einwohner bei einer Fläche von rund 310 qkm; Quelle: Statistisches Amt München), für die der 4. Senat des BSG einen homogenen Lebens- und Wohnbereich angenommen hat ( vgl BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19). Die einen Vergleichsraum prägenden Merkmale liegen aber - trotz dieser Größe - auch bezogen auf das Stadtgebiet von Berlin vor. Der öffentliche Nahverkehr ist auf die Erreichbarkeit des Stadtkerns von allen Stadtteilen her ausgerichtet. Von den Randlagen aus ergeben sich in die innerstädtischen Bezirke insoweit lediglich Fahrzeiten, wie sie auch erwerbstätigen Pendlern zugemutet werden (vgl § 121 Abs 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch). Eine Beschränkung auf bestimmte Bezirke (oder Ortsteile) mit besonders verdichteter Bebauung und damit vorwiegend günstigem Wohnraum birgt zudem das Risiko einer Gettoisierung. Außerdem zeigt die Wohnlagenkarte als Anlage zu dem vom LSG in Bezug genommenen Berliner Mietspiegel, dass ohnehin in allen Bezirken auch einfache Wohnlagen, an deren Mietniveau sich die Referenzmieten orientieren (dazu sogleich), vorhanden sind, sodass auch von daher die Bildung eines engeren Vergleichsraums nicht erforderlich erscheint. Es steht nicht zu befürchten, dass mit einem ggf zur Kostensenkung erforderlichen Umzug regelmäßig das nähere soziale Umfeld verlassen werden muss. Soweit ein solcher Umzug über die Orts- oder auch Bezirksgrenzen hinweg im Einzelfall gleichwohl notwendig wird, ist dies im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller Hilfebedürftigen hinzunehmen (vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 18).

25

c) Ausgehend von dem gesamten Stadtgebiet Berlin als dem räumlichen Vergleichsmaßstab lässt sich der den Wohnungsstandard widerspiegelnde angemessene Quadratmeterpreis (die Angemessenheitsgrenze) im streitgegenständlichen Zeitraum mangels ausreichender Feststellungen revisionsgerichtlich nicht abschließend bestimmen. Zugrunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard (BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 24); die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen (BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 20). Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder die Mietobergrenze muss mithin so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten. Die Mietobergrenze ist nach der Rechtsprechung des BSG auf Grundlage eines diese Vorgaben beachtenden schlüssigen Konzepts zu ermitteln ( vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R ).

26

aa) Die Träger der Grundsicherung entscheiden in Berlin über die Angemessenheit von Unterkunftskosten auf Grundlage der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz des Landes Berlin vom 7.6.2005 (Amtsblatt für Berlin 2005, 3743), für den streitigen Zeitraum geändert mit Verwaltungsvorschriften vom 30.5.2006 (Amtsblatt für Berlin 2006, 2062; im Folgenden: AV-Wohnen). Es handelt sich dabei um bloße Verwaltungsvorschriften, die keine unmittelbare Rechtswirkung für die Betroffenen entfalten. Weder aus den AV-Wohnen selbst noch aus dem Vortrag des Beklagten wird erkennbar, dass den dort genannten Oberwerten (444 Euro für einen Zwei-Personen-Haushalt) ein schlüssiges Konzept im Sinne der zitierten Rechtsprechung des BSG zugrunde liegt. Ob zur Ermittlung des Wertes die Produkttheorie unter Zugrundelegung der oben genannten Wohnungsgrößen angewandt und bezogen auf die verschiedenen Wohnungsgrößen Daten gesammelt und ausgewertet worden sind, wird nicht erkennbar und ist von dem Beklagten nicht vorgetragen. Im Übrigen ist der in den AV-Wohnen genannte Referenzwert schon deshalb zur Bewertung angemessener Wohnkosten ungeeignet, weil er eine Bruttowarmmiete ausweist, obwohl die Beurteilung von Unterkunftskosten von der Beurteilung der Heizkosten unabhängig zu erfolgen hat (ausdrücklich bereits BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, jeweils RdNr 19).

27

bb) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das LSG daher in einem dritten Schritt die angemessene Referenzmiete auf Grundlage des Berliner Mietspiegels 2007 (Amtsblatt für Berlin 2007, 1797) bestimmt. Qualifizierte Mietspiegel iS des § 558d BGB (wie der Berliner Mietspiegel) können - wie auch einfache Mietspiegel - Grundlage der Bestimmung der Referenzmiete nach § 22 Abs 1 SGB II sein(vgl bereits BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, juris RdNr 16; BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, jeweils RdNr 25 und zuletzt BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 25). Es ergeben sich aus der Funktion von einfachen und qualifizierten Mietspiegeln im Anwendungsbereich des Mieterhöhungsverfahrens nach §§ 558 ff BGB zwar einige Vorgaben, die für die Ermittlung der grundsicherungsrelevanten Vergleichsmiete nicht in gleichem Maße Bedeutung haben(zum Folgenden auch Butzer/Keller, NZS 2009, 65). Vor allem dürfen bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 Abs 2 BGB, zu deren Darstellung Mietspiegel dienen, nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt werden, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden ist. Daran orientiert sollen (wie dies auch bezogen auf den Berliner Mietspiegel der Fall ist) nur solche Wohnungen zur Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels herangezogen werden (vgl Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Berlin 2002, S 17). Zudem darf bei der Erstellung eines Mietspiegels Wohnraum nicht berücksichtigt werden, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, denn §§ 558 ff BGB finden nur auf frei vermieteten Wohnraum Anwendung. Aus diesem Grund kann gegen die Heranziehung einfacher und qualifizierter Mietspiegel im Anwendungsbereich des § 22 SGB II vor allem eingewandt werden, sie bildeten das Mietniveau hinsichtlich der Bestandsmieten im einfachen Marktsegment nur teilweise, nämlich lediglich bezogen auf sog Neuvertragswohnungen und geänderte Bestandswohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt ab. Allerdings ist - wie bereits ausgeführt - auch bei der Prüfung nach § 22 Abs 1 SGB II letztlich entscheidend, ob im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten wäre für den Fall, dass die Bestandswohnung unangemessen teuer ist. Im Hinblick auf das mit dem Mietspiegel nicht erfasste Marktsegment der preisgebundenen Wohnungen bestehen - jedenfalls bezogen auf Berlin - keine weitergehenden Bedenken. Mit dem Wegfall der Anschlussförderung für Objekte des Sozialen Wohnungsbaus, bei denen die 15jährige Grundförderung ab dem 1.1.2003 endet (dazu BVerwGE 126, 33), und dem Verzicht auf die entsprechenden Belegungsbindungen sank der Anteil mietpreisgebundener Sozialwohnungen bis Ende 2006 auf knapp 12 % des Gesamtwohnungsbestandes (vgl Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin 2007, S 30 unter Bezugnahme auf Daten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung). Hilfebedürftige werden damit in erster Linie auf die Wohnungssuche auf dem freien Wohnungsmarkt angewiesen sein.

28

Sollen aus Daten eines qualifizierten Mietspiegels grundsicherungsrelevante Schlüsse abgeleitet werden, ist eine Beschränkung auf Daten bestimmter Bauklassen grundsätzlich nicht zulässig, wovon das LSG im Ausgangspunkt zutreffend ausgegangen ist (vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 19 RdNr 25). Über das Baualter können zwar sehr vergröbernd Rückschlüsse auf die Bauweise und den Baustandard gezogen werden. Insbesondere liegt der Ausstattungsgrad von Neubauten im Regelfall über dem Ausstattungsgrad in Gebäuden älterer Bauklassen. Gerade Wohnungen, die in der Nachkriegszeit erbaut worden sind, haben häufig einen wesentlich geringeren Ausstattungsgrad. Aus dem Mietspiegel allein lässt sich jedoch nicht ersehen, inwieweit gerade Wohnungen einer bestimmten Baualtersklasse in einem Umfang zur Verfügung stehen, die den Rückschluss zulassen, im konkreten Vergleichsraum sei eine "angemessene" Wohnung tatsächlich anmietbar. Zudem birgt die Verweisung auf bestimmte Bauklassen verdeckt die Gefahr einer Gettoisierung. Solange nicht statistisch valides Material vorliegt, das eine Aussage darüber zulässt, welche Bauklassen in welchem Umfang tatsächlich die gesamte Stadt als Vergleichsraum - und nicht lediglich ganz bestimmte, als sozial problematisch einzuschätzende Teile einer Stadt - prägen, erscheint es nicht zulässig, allein bestimmte Bauklassen in Bezug zu nehmen. Dies gilt auch hinsichtlich der Bauklassen, die den Standard von Neubauten abbilden. Zwar werden eine ganze Anzahl von Neubauten einen Ausstattungsgrad haben, der über das in Bezug zu nehmende Segment nach § 22 SGB II hinausgeht. Eine generelle Festlegung, der Hilfeempfänger sei schlechterdings von der Anmietung einer solchen Wohnung ausgeschlossen, lässt sich aber nicht treffen (vgl auch BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 19 RdNr 25). Erst wenn weitergehendes Material erkennen lässt, dass Gebäude dieser Bauklassen den Mietmarkt des unteren Marktsegments nicht maßgeblich mitprägen, kommt eine Außerachtlassung der Mietpreise für solche Bauklassen in Betracht.

29

Allerdings weist der Berliner Mietspiegel in den Spalten 1 und 3 innerhalb der Bauklassen bis 1918 und bis 1949 Wohnungen mit besonders niedrigem Ausstattungsgrad (Wohnungen ohne Sammelheizung und/oder ohne Bad) gesondert aus. Es handelt sich einerseits um Wohnungen mit "Ofenheizung", bei denen sich der Mieter der Wohnung mit der Versorgung mit Kohlen und der Entsorgung der Asche befassen muss (vgl LG Berlin Urteil vom 15.1.2007 - 67 S 305/06 - juris RdNr 13), und andererseits oder kumulativ um Wohnungen ohne Bad (mit Innen-WC), in denen sich die Bewohner nur mit fließendem Wasser am Waschbecken (sei es in WC oder Küche) waschen, aber nicht duschen können. Zur Bildung eines grundsicherungsrelevanten Mietwertes sind diese Werte nicht mit heranzuziehen, denn auf Wohnungen mit diesem untersten Ausstattungsgrad können Hilfebedürftige bei der Wohnungssuche grundsätzlich nicht verwiesen werden. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, diese Werte seien einzubeziehen, um eine möglichst breite Datenbasis zu erhalten. Wenn solche Wohnungen nicht den unteren, sondern den untersten Standard abbilden, gehören sie von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist. Deshalb dürfen sie in eine Auswertung des qualifizierten Mietspiegels unter dem Blickwinkel des § 22 SGB II nicht einfließen, unabhängig davon, ob sich in diesem Mietsegment (noch) eine nennenswerte Zahl an Wohnungen findet.

30

cc) Die Bildung eines arithmetischen Mittelwerts aus den (verbleibenden) Mittelwerten der Bauklassen als abschließenden Schritt zur Berechnung einer grundsicherungsrelevanten Nettokalt-Vergleichsmiete, wie ihn das LSG vorgenommen hat, erfüllt die Anforderungen an ein mathematisch-statistisch nachvollziehbares Konzept nicht. Die Bildung arithmetischer Werte bietet gerade bei einem so weitgehend ausdifferenzierten Tabellen-Mietspiegel wie dem Berliner Mietspiegel nicht die Gewähr dafür, dass der abgebildete Wert als solcher tatsächlich den Schwerpunkt eines Mietpreises im einfachen Segment abbildet. Die sog Tabellenmethode, nach der der Berliner Mietspiegel erstellt ist, stellt die Daten als Mietspannen nach den einzelnen Wohnwertmerkmalen (hier Bauklassen, Größe der Wohnungen und Lage) in Rasterfeldern zusammen. Zwischen den einzelnen (insgesamt 107 besetzten) Rasterfeldern bestehen keine Beziehungen. Sie spiegeln allein die Datenerhebung in dem einzelnen, mit den drei Parametern beschriebenen Teilmietmarkt wider. Einzelne Felder haben also je nach der Anzahl von Wohnungen, die in diesem Segment vertreten sind, eine unterschiedliche Aussagekraft für den Gesamtmarkt. Weil die Rasterfelder nicht (im Sinne einer gleichmäßigen Verteilung der hier wiedergegebenen Mietpreise) aufeinander aufbauen, bleiben arithmetische Mittelwerte mit einem hohen Grad an Zufälligkeit belastet, besonders wenn einzelne Werte - wie vorliegend der Wert für Neubauwohnungen der letzten 15 Jahre - stark von den übrigen Werten abweichen. Das arithmetische Mittel für sich genommen bietet damit nicht die Gewähr, dass das einfache Mietsegment realistisch abgebildet wird.

31

Das LSG wird daher nach Wiedereröffnung des Berufungsverfahrens zu prüfen haben, ob sich aus den Grundlagendaten des qualifizierten Mietspiegels oder anderen Quellen weitergehende Schlüsse grundsicherungsspezifischer Art ziehen lassen. Solche Rückschlüsse, die aus weitergehendem Material (das etwa auch der Träger der Grundsicherung aufgrund eigener Erhebungen einführen könnte) getroffen werden, müssen gerichtlich überprüfbar sein. Dies trifft auf die Grundlagendaten für qualifizierte Mietspiegel zu. Für einen qualifizierten Mietspiegel ist immer eine Primärdatenerhebung erforderlich, also die Erhebung von Daten, die ausschließlich zum Zweck der Mietspiegelerstellung erhoben wurden. Die Daten der Primärdatenerhebung müssen repräsentativ sein, die gezogene Stichprobe muss ein getreues Abbild des Wohnungsmarktes abgeben (vgl im Einzelnen Börstinghaus in Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl 2008, § 558d RdNr 7). Die Einhaltung der anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze muss in einer öffentlich zugänglichen Dokumentation niedergelegt sein (aaO RdNr 10). Es erscheint damit durchaus sinnvoll, solche Grundlagendaten bei Erstellung eines grundsicherungsrelevanten Konzepts heranzuziehen. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Auswertung dieser bereits vorhandenen Daten zu einem erhöhten (über einfache Rechenschritte hinausgehenden) Aufwand bei den Gerichten führen muss. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist in erster Linie der kommunale Träger für solche notwendig erscheinenden Auswertungen im Rahmen der Mitwirkungspflichten heranzuziehen (grundlegend dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 26). Dies gilt erst recht dann, wenn die vom Grundsicherungsträger bei seiner Entscheidung herangezogenen Daten als Entscheidungsgrundlage ungeeignet sind, wie dies in Berlin mit der AV-Wohnen der Fall ist.

32

Es könnten sich im Ergebnis weitergehender Auswertungen durch den Träger der Grundsicherung durchaus Anhaltspunkte ergeben, dass eine bestimmte Baualtersklasse statistisch nachvollziehbar über alle Bezirke hinweg so häufig vorhanden ist und zugleich den einfachen Standard nachvollziehbar abbildet, dass allein auf diesen Wert (ggf um einen Aufschlag erhöht) zurückzugreifen ist. Lassen sich solche weitergehenden Schlüsse aus vorhandenem Datenmaterial nicht ziehen, bietet es sich an, einen gewichteten arithmetischen Mittelwert nach Verteilung der in der Grundgesamtheit abgebildeten Wohnungen in den jeweiligen Bauklassen zu bilden (dazu Schifferdecker/Irgang/Silbermann, Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 2010, 28; SG Berlin Urteil vom 30.6.2010 - S 174 AS 21949/07 - juris RdNr 46). Ein solcher Mittelwert böte immerhin die Gewähr, dass ein einzelner Wert für eine bestimmte Baualtersklasse entsprechend seiner tatsächlichen Häufigkeit auf dem Markt in einen grundsicherungsrelevanten Mittelwert einfließt. Dabei erscheint es - wovon auch das LSG ausgegangen ist - zulässig, einen Wert auf Grundlage der jeweiligen Mittelwerte der Rasterfelder zu bilden. Er bestimmt eine nach den weiteren Ausstattungsmerkmalen, die im Mietspiegel nicht schon in den Rasterfeldern ihren Niederschlag finden (Bad, Küche, Wohnung, Gebäude, Wohnumfeld), durchschnittliche Wohnung. Also gibt der Mittelwert sowohl die schlecht ausgestatteten Wohnungen in einer bevorzugten, einfachen Wohnlage als auch die gut ausgestatteten Wohnungen in sehr einfachen Wohnlagen (zB an einer Durchgangsstraße) wieder. Mit dem Mittelwert aus der einfachen Wohnlage werden schließlich auch schlechter ausgestattete Wohnungen in mittlerer und guter Wohnlage erfasst.

33

d) Zutreffend geht das LSG davon aus, dass neben der Nettokaltmiete auch die angemessenen Betriebskosten iS des § 556 BGB - mit Ausnahme der Heizkosten - abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das Produkt mit einzubeziehen sind. Schon der Wortlaut des § 22 Abs 1 SGB II zeigt, dass diese Kosten zu den KdU für einen Hilfebedürftigen gehören und nicht - wie die Heizkosten - getrennt erfasst werden sollen. Zur realistischen Abbildung eines abstrakt angemessenen Mietpreises ist die Einbeziehung des Faktors "kalte Betriebskosten" erforderlich. Dies entspricht den mietrechtlichen Vorgaben im Mietwohnungsbau, an denen sich der Gesetzgeber des SGB II wegen der KdU orientiert. Eine vertragliche Vereinbarung über die Umlage der Betriebskosten auf den Mieter erfolgt bei Abschluss eines Mietvertrages nahezu ausnahmslos, denn ohne eine solche Regelung können die in § 556 BGB genannten Betriebskosten vom Vermieter nicht auf den Mieter umgelegt werden (vgl nur Blank in Blank/Börstinghaus, aaO § 556 RdNr 1). Auch der Vermieter von preisgebundenem Wohnraum kann Betriebskosten nur als gesondert abzurechnende Kosten auf den Mieter abwälzen (vgl § 20 der Verordnung über die Ermittlung der zulässigen Miete für preisgebundene Wohnungen - Neubaumietenverordnung - BGBl I 1990, 2204 idF BGBl I 2003, 2346).

34

Eine Umlagevereinbarung bei der Miete über Wohnraum muss die in § 556 Abs 1 und 2 BGB iVm der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche, über die Aufhebung von Betriebskosten und zur Änderung anderer Verordnungen(BetrKV; vom 25.11.2003, BGBl I 2346 ) normierten Vorgaben beachten. Wegen der abstrakt angemessenen Kosten iS des § 22 Abs 1 SGB II sind die dort genannten Betriebskosten maßgebend. Auch insoweit erscheint es zulässig, zur Erstellung eines Konzepts auf bereits vorliegende Daten aus Betriebskostenübersichten zurückzugreifen, im Ausgangspunkt allerdings auf örtliche Übersichten und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte. Insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen ergeben sich regional deutliche Unterschiede, auf die Rücksicht genommen werden muss. Eine weitergehende Gewichtung scheint dagegen nicht notwendig, da nicht erkennbar ist, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten lassen sollten. Neben den (nichtamtlichen) Übersichten in Mietspiegeln kommen auch Übersichten der örtlichen Interessenverbände in Betracht, die an der Anerkennung des Mietspiegels beteiligt waren. Soweit die örtlich erfassten Werte nicht aktuell sind, liegt es nahe, vom Träger der Grundsicherung entsprechende Rückfragen bei den örtlichen Interessenverbänden durchführen zu lassen bzw die Werte an die allgemeine Preisentwicklung anzupassen. Nur wenn sich konkret Anhaltspunkte dafür ergeben, dass vom Deutschen Mieterbund für das gesamte Bundesgebiet aufgestellte Übersichten gerade das örtliche Niveau besser abbilden, kann auf diese zurückgegriffen werden. Solche Gründe, weshalb die Werte des Deutschen Mieterbundes ein realistischeres Bild des örtlichen Preisniveaus von Berlin abgeben sollten, sind bislang nicht ersichtlich.

35

5. Das LSG wird abschließend die Heizkosten getrennt von den Unterkunftskosten zu bestimmen haben (dazu nur BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23). Auszugehen ist dabei zunächst von den tatsächlichen Kosten. Diese Kosten, die nach den Feststellungen des SG in einer Gasabschlagszahlung von 89 Euro monatlich an ein Berliner Gasversorgungsunternehmen bestehen, sind sodann um die Kosten der Warmwasserbereitung zu bereinigen, wenn feststeht, dass die Erwärmung des Wassers wie die Heizung über eine Gasetagenheizung (Gastherme) erfolgt ist (vgl BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5). Ferner lässt sich dem Urteil des SG entnehmen, dass durch den Beklagten von den Gasabschlagszahlungen zusätzlich eine Pauschale für Kochenergie abgezogen worden ist. Soweit die notwendigen Feststellungen des LSG hierzu ergeben, dass vorliegend mit einem Gasherd gekocht wird und die Kosten hierfür ebenfalls in den Gasabschlagszahlungen enthalten sind, ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese Kosten wie die Kosten für das Warmwasser insoweit bereits in der Regelleistung unter der Position Haushaltsenergie enthalten sind. Allerdings erschließt sich dem Senat nicht, woraus sich die Höhe der vom Beklagten und dem SG zugrunde gelegten Pauschale ergeben soll. Maßgeblich kann auch insoweit allein der Anteil sein, der bereits in der Regelleistung für das Kochen (im Regelfall das Kochen mit einem Elektroherd) enthalten ist (vgl BSG aaO RdNr 23 ff). Offenbar vertritt der Beklagte (und ihm folgend das SG Berlin) wie die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Landes Berlin die Auffassung, dieser Anteil sei mit 22,3 Prozent des in der Regelleistung enthalten Anteils für Haushaltsenergie zu bestimmen. Erläuternd heißt es dazu etwa in dem Rundschreiben I Nr 5/2009 der Senatsverwaltung: abrufbar über die Internetpräsenz der Senatsverwaltung: http://www.berlin.de/sen/soziales/berliner-sozialrecht/archiv/rdschr/2009_05_anlage.html) ua über die Pauschalen für Haushaltsenergie (sog Energiepauschalen): "Der Anteil der Pauschale für Haushaltsenergie am Regelsatz insgesamt ist durch die Regelsatzbemessung auf Grundlage der EVS 2003 vorgegeben, die Verteilung der Bestandteile jedoch nicht. Die prozentualen Anteile wurden anhand der in Berlin zugrunde gelegten Werte für das Bezugsjahr 2003 ermittelt." Das LSG wird zu ermitteln haben, ob entsprechende Unterlagen bei der Senatsverwaltung vorliegen, die eine realistische Abbildung des Verbrauchsanteils für die Kochenergie (sei es mit Strom, sei es mit Gas) zulassen. Dies erscheint nach bisherigem Stand zumindest zweifelhaft. Lässt sich ein Bezugspunkt für eine realitätsnahe Schätzung des Energieanteils, der für das Kochen in der Regelleistung enthalten sein soll, nicht finden, hat ein entsprechender Abzug von den Heizkosten im Falle der Versorgung mit Gas für Haushaltsenergie zu unterbleiben.

36

Die tatsächlichen (bereinigten) Kosten für Heizung sind solange als angemessen von dem Beklagten zu übernehmen, wie der nach der Rechtsprechung des Senats maßgebliche Grenzwert nicht überschritten wird (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 25).

37

Das LSG wird abschließend auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben.

(1) § 76 Abs. 2 Nr. 1 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, daß der Unfallversicherungsträger auch auf ein gegenüber einem anderen Sozialleistungsträger bestehendes Widerspruchsrecht hinzuweisen hat, wenn dieser nicht selbst zu einem Hinweis nach § 76 Abs. 2 Nr. 1 des Zehnten Buches verpflichtet ist.

(2) Vor Erteilung eines Gutachtenauftrages soll der Unfallversicherungsträger dem Versicherten mehrere Gutachter zur Auswahl benennen; die betroffene Person ist außerdem auf ihr Widerspruchsrecht nach § 76 Abs. 2 des Zehnten Buches hinzuweisen und über den Zweck des Gutachtens zu informieren.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) § 76 Abs. 2 Nr. 1 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, daß der Unfallversicherungsträger auch auf ein gegenüber einem anderen Sozialleistungsträger bestehendes Widerspruchsrecht hinzuweisen hat, wenn dieser nicht selbst zu einem Hinweis nach § 76 Abs. 2 Nr. 1 des Zehnten Buches verpflichtet ist.

(2) Vor Erteilung eines Gutachtenauftrages soll der Unfallversicherungsträger dem Versicherten mehrere Gutachter zur Auswahl benennen; die betroffene Person ist außerdem auf ihr Widerspruchsrecht nach § 76 Abs. 2 des Zehnten Buches hinzuweisen und über den Zweck des Gutachtens zu informieren.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sollen die Kreise und kreisfreien Städte insbesondere

1.
Mietspiegel, qualifizierte Mietspiegel und Mietdatenbanken und
2.
geeignete eigene statistische Datenerhebungen und -auswertungen oder Erhebungen Dritter
einzeln oder kombiniert berücksichtigen. Hilfsweise können auch die monatlichen Höchstbeträge nach § 12 Absatz 1 des Wohngeldgesetzes berücksichtigt werden. In die Auswertung sollen sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten einfließen. Die Methodik der Datenerhebung und -auswertung ist in der Begründung der Satzung darzulegen.

(2) Die Kreise und kreisfreien Städte müssen die durch Satzung bestimmten Werte für die Unterkunft mindestens alle zwei Jahre und die durch Satzung bestimmten Werte für die Heizung mindestens jährlich überprüfen und gegebenenfalls neu festsetzen.

(1) Auf Grund der Kaufpreissammlung sind flächendeckend durchschnittliche Lagewerte für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands zu ermitteln (Bodenrichtwerte). In bebauten Gebieten sind Bodenrichtwerte mit dem Wert zu ermitteln, der sich ergeben würde, wenn der Boden unbebaut wäre. Es sind Richtwertzonen zu bilden, die jeweils Gebiete umfassen, die nach Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen. Die wertbeeinflussenden Merkmale des Bodenrichtwertgrundstücks sind darzustellen. Die Bodenrichtwerte sind jeweils zu Beginn jedes zweiten Kalenderjahres zu ermitteln, wenn nicht eine häufigere Ermittlung bestimmt ist. Für Zwecke der steuerlichen Bewertung des Grundbesitzes sind Bodenrichtwerte nach ergänzenden Vorgaben der Finanzverwaltung zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt oder sonstigen Feststellungszeitpunkt zu ermitteln. Auf Antrag der für den Vollzug dieses Gesetzbuchs zuständigen Behörden sind Bodenrichtwerte für einzelne Gebiete bezogen auf einen abweichenden Zeitpunkt zu ermitteln.

(2) Hat sich in einem Gebiet die Qualität des Bodens durch einen Bebauungsplan oder andere Maßnahmen geändert, sind bei der nächsten Fortschreibung der Bodenrichtwerte auf der Grundlage der geänderten Qualität auch Bodenrichtwerte bezogen auf die Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der letzten Hauptfeststellung oder dem letzten sonstigen Feststellungszeitpunkt für steuerliche Zwecke zu ermitteln. Die Ermittlung kann unterbleiben, wenn das zuständige Finanzamt darauf verzichtet.

(3) Die Bodenrichtwerte sind zu veröffentlichen und dem zuständigen Finanzamt mitzuteilen. Jedermann kann von der Geschäftsstelle Auskunft über die Bodenrichtwerte verlangen.

(1) Ein qualifizierter Mietspiegel ist ein Mietspiegel, der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der nach Landesrecht zuständigen Behörde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter anerkannt worden ist. Entspricht ein Mietspiegel den Anforderungen, die eine nach § 558c Absatz 5 erlassene Rechtsverordnung an qualifizierte Mietspiegel richtet, wird vermutet, dass er nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde. Haben die nach Landesrecht zuständige Behörde und Interessenvertreter der Vermieter und der Mieter den Mietspiegel als qualifizierten Mietspiegel anerkannt, so wird vermutet, dass der Mietspiegel anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen entspricht.

(2) Der qualifizierte Mietspiegel ist im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung anzupassen. Dabei kann eine Stichprobe oder die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland zugrunde gelegt werden. Nach vier Jahren ist der qualifizierte Mietspiegel neu zu erstellen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anpassung nach Satz 1 und für die Neuerstellung nach Satz 3 ist der Stichtag, zu dem die Daten für den Mietspiegel erhoben wurden. Satz 4 gilt entsprechend für die Veröffentlichung des Mietspiegels.

(3) Ist die Vorschrift des Absatzes 2 eingehalten, so wird vermutet, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben.

(1) Für Jahre bis zur nächsten Neuermittlung nach § 28 werden die Regelbedarfsstufen jeweils zum 1. Januar nach den Absätzen 2 bis 5 fortgeschrieben.

(2) Zum 1. Januar 2023 werden die Eurobeträge der zum 1. Januar 2022 fortgeschriebenen Regelbedarfsstufen zuerst mit der sich nach Absatz 3 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (Basisfortschreibung) und das Ergebnis mit der sich nach Absatz 4 ergebenden Veränderungsrate fortgeschrieben (ergänzende Fortschreibung). Für nachfolgende Fortschreibungen ab dem Jahr 2024 sind jeweils die nicht gerundeten Eurobeträge, die sich aus der Basisfortschreibung des Vorjahres nach Absatz 3 ergeben haben, erneut nach Absatz 3 fortzuschreiben und die sich daraus ergebenden Eurobeträge mit der Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung nach Absatz 4 fortzuschreiben.

(3) Die Veränderungsrate für die Basisfortschreibung ergibt sich aus der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Mischindex). Für die Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate des Mischindexes wird die sich aus der Entwicklung der Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 70 Prozent und die sich aus der Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer ergebende Veränderungsrate mit einem Anteil von 30 Prozent berücksichtigt. Maßgeblich ist jeweils die Veränderungsrate, die sich aus der Veränderung in dem Zwölfmonatszeitraum, der mit dem 1. Juli des Vorvorjahres beginnt und mit dem 30. Juni des Vorjahres endet, gegenüber dem davorliegenden Zwölfmonatszeitraum ergibt.

(4) Maßgeblich für die Veränderungsrate der ergänzenden Fortschreibung der sich nach Absatz 3 ergebenden nicht gerundeten Eurobeträge der Regelbedarfsstufen ist jeweils die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen in dem Dreimonatszeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni des Vorjahres gegenüber dem gleich abgegrenzten Dreimonatszeitraum des Vorvorjahres. § 28 Absatz 5 Satz 3 gilt entsprechend.

(5) Ergeben sich aus der Fortschreibung nach den Absätzen 2 bis 4 für die Regelbedarfsstufen Eurobeträge, die niedriger als die im Vorjahr geltenden Eurobeträge sind, gelten die für das Vorjahr bestimmten Eurobeträge solange weiter, bis sich aus einer nachfolgenden Fortschreibung höhere Eurobeträge ergeben.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beauftragt das Statistische Bundesamt mit der Ermittlung der jährlichen Veränderungsrate

1.
für den Zeitraum nach Absatz 3 für
a)
die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen und
b)
die durchschnittliche Nettolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer,
2.
für den Zeitraum nach Absatz 4 für die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen.

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Abänderung seiner Bescheide vom 18. Mai 2015 und vom 24. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2015 und des Bescheids vom 4. September 2015 verpflichtet, der Klägerin vom 1. Juli bis zum 30. November 2015 die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung von monatlich 445,40 EUR vorläufig zu bewilligen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte hat zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf höhere vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. Juni bis zum 30. November 2015 hat, indem die tatsächlichen Kosten der Unterkunft anzusetzen sind.

Die 1969 geborene Klägerin bezieht seit Längerem laufende Leistungen zum Lebensunterhalt vom Beklagten. Sie bewohnt eine 2-Zimmer-Wohnung mit knapp 45 qm und zahlt dafür monatlich 325 EUR Grundmiete, 55,40 EUR Betriebskosten und 65 EUR Heizkosten. Im Juni 2012 erklärte sie, nicht zur Senkung ihrer Unterkunftskosten auf damals maximal 335,40 EUR bereit zu sein. Die Klägerin arbeitet zudem Teilzeit für 9,55 EUR Stundenlohn.

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 15. April 2015 hin bewilligte das beklagte Jobcenter der Klägerin mit Bescheid vom 18. Mai 2015 vorläufig Leistungen für die Monate Juni bis November 2015 in Höhe von jeweils 391,05 EUR. An Kosten der Unterkunft und Heizung wurden dabei insgesamt 412,05 EUR angesetzt.

Im Widerspruch wurde geltend gemacht, das Konzept des Beklagten sei nicht schlüssig und deshalb seien zu geringe Kosten der Unterkunft berücksichtigt worden. Zudem sei ein zu hohes vorläufiges Einkommen angenommen worden.

Mit Änderungsbescheid vom 24. Juli 2015 bewilligte der Beklagte nun vorläufige monatliche Leistungen von 458,29 EUR für Juni bis August 2015 und von 467,46 EUR ab September 2015. Dabei wurde nun ab September eine höhere Bruttokaltmiete berücksichtigt.

Im Übrigen wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2015 zurückgewiesen. Ab 1. September 2015 sei das schlüssige Konzept des Beklagten fortgeschrieben worden und dementsprechend seien die Kosten der Unterkunft angepasst worden.

Dagegen hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 31. Juli 2015 Klage zum Sozialgericht Augsburg erheben lassen. Ein schlüssiges Konzept des Beklagten liege nicht vor. Die Erhöhung ab September sei unzureichend, da die Mietsteigerungen deutlich höher ausfielen. Der örtliche Wohnungsmarkt sei nicht ausreichend abgebildet, weil kaum Daten aus einer tatsächlichen Mieterbefragung verwendet worden seien. Bei den kalten Betriebskosten sei nicht klar, ob tatsächlich die letzten Abrechnungen eingeflossen seien. Eine fortwährende Aktualisierung sei erforderlich und mit dem zur Verfügung stehenden Tool auch einfach machbar. Zudem stünden aktuell der Klägerin keine Wohnalternativen zur Verfügung. Die Anwendung von über den Freistaat Bayern erhobenen Daten sei nicht realitäts- und zeitgerecht. Es sei nicht klar, weshalb nicht gegebenenfalls vorhandene Daten zu A-Stadt herangezogen worden seien. A-Stadt habe in den vergangenen Jahren deutlich höhere Mietpreissteigerungen aufzuweisen als der Durchschnitt in Bayern. Ferner verfolge der Mietspiegel nach dem Zivilrecht eine andere Zielrichtung. Eine sachgerechte Anpassung im Grundsicherungsrecht sei nicht mittels eines bayerischen Index ohne Bezug zu den örtlichen Gegebenheiten möglich. So gewährten an A-Stadt angrenzende Träger auch teils wesentlich höhere Bruttokaltmieten. Bereits das ursprüngliche Konzept genüge den Anforderungen nicht und demzufolge auch nicht die Fortschreibung. Außerdem sei das Konzept nicht öffentlich bekannt gemacht worden. Die Klägerin habe auch keine wirksame Kostensenkungsaufforderung erhalten und der Beklagte habe die ausreichende konkrete Verfügbarkeit von Wohnraumalternativen nicht nachgewiesen.

Der Beklagte hat seine Entscheidung, namentlich das Konzept als schlüssig verteidigt. Er hat ausgeführt, die Erhöhung ab September 2015 orientiere sich an den Vorgaben zum qualifizierten Mietspiegel. Für die erstmalige Fortschreibung des Konzepts seien vom Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung entnommene Indizes für Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten verwendet worden. Die Werte für die kalte Grundmiete seien um 3,18%, die für die Betriebskosten um 0,58% erhöht worden. Die Fortschreibung anhand von eines Indexwertes werde auch im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende für zulässig erachtet. Hinsichtlich Datenerhebung und Datenauswertung sei eine grundsätzliche Vergleichbarkeit des Konzepts mit einem qualifizierten Mietspiegel gegeben. Da der Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland nicht nur die Entwicklung der Wohnkosten widerspiegle, sei abweichend davon für die Fortschreibung der Verbraucherpreisindex für Bayern, der als Sondergliederung einen Index für Nettokaltmieten und für Wohnnebenkosten ausweise, als sinnvoll erachtet worden. Indizes speziell für die Stadt A-Stadt oder Schwaben lägen nicht vor. Einen spezifischen Index nur für den grundsicherungsrelevanten Teil des Wohnens gebe es ebenfalls nicht. Es wäre jedoch überraschend, wenn dieser Teil des Wohnungsmarktes eine andere, insbesondere stärker preisgesteigerte Entwicklung genommen haben sollte als der restliche Wohnungsmarkt. Der Indexwert gebe die Mietpreisentwicklung für den Zeitraum April 2013 bis April 2015 wieder und entspreche damit genau einem Zweijahresabstand zur Ersterhebung. Die Fortschreibung zum 1. September 2015 sei dem Umstand geschuldet, dass das ursprüngliche Konzept auch erst zum 1. November 2013 in Kraft gesetzt worden sei. Nach mietrechtlicher Auffassung sei aber auf diesen Zeitpunkt bei der Fortschreibung abzustellen. Zudem hätte ansonsten eine rückwirkende Anpassung zum 1. Mai 2015 erfolgen müssen, die Angemessenheitsgrenzen müssten den Leistungsempfängern aber bekannt sein. Eine alternative Fortschreibung mittels Tool wäre nicht möglich gewesen ohne eine völlig neue Datenerhebung. Dafür stünden keine Kapazitäten zur Verfügung. Eine einfache Fortschreibung durch reine Einspeisung von Angebotsmieten wäre also nicht möglich. Vor der Entscheidung des Stadtrates hätten sich auf immoscout.de am 2. und 6. Juli 2015 17 verfügbare Wohnungen über 30qm im Rahmen der neuen Angemessenheitsgrenzen gefunden.

Mit Bescheid vom 4. September 2015 hat der Beklagte die vorläufigen Leistungen für die Klägerin für September bis November 2015 infolge des Wegfalls von Einkommen erhöht.

Für die Klägerin wird beantragt:

Der Beklagte wird unter Abänderung seiner Bescheide vom 18. Mai 2015 und vom 24. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2015 und des Bescheids vom 4. September 2015 verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juni bis zum 30. November 2015 die vorläufig bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 445,40 EUR zu bewilligen.

Für den Beklagten wird beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache zum großen Teil Erfolg.

Die Klägerin hat ab 1. Juli 2015 Anspruch auf Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung von monatlich 445,40 EUR und somit auf entsprechend höhere vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten. Soweit die Bescheide des Beklagten vom 18. Mai und 24. Juli 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2015 und des Bescheids vom 4. September 2015 dem entgegenstehen, sind sie rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten.

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 19 Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) umfassen zum einen die Regelbedarfe nach § 20 SGB II, vornehmlich in Form eines altersstufenabhängigen Regelbedarfs, und zum anderen die Bedarfe für Unterkunft und Heizung, § 22 SGB II. Hinzu kommen gegebenenfalls noch Mehrbedarfe oder unabweisbare Bedarfe; dergleichen kommt vorliegend aber nicht infrage.

Was die Kosten für Unterkunft und Heizung anbelangt, schreibt § 22 Abs. 1 SGB II vor, dass diese in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden, soweit diese angemessen sind. Sie sind als Bedarf außerdem so lange anzuerkennen, als es dem Leistungsberechtigten bzw. der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Die Prüfung der Angemessenheit unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle. Dabei werden die Kaltmiete und die Betriebs- bzw. Nebenkosten ohne die Heizkosten (sogenannte kalte Betriebskosten) auf der einen und die Heizkosten auf der anderen Seite gesondert betrachtet. Die Prüfung der Aufwendungen für die Unterkunft erfolgt unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien in mehreren Stufen unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie (vgl. zum Ganzen BSG, Urteile vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R, und vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R). Zunächst wird ermittelt, ob die tatsächlichen Kosten dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien angemessene Unterkunft aufzuwenden wäre. Dazu ist in einem ersten Schritt zu bestimmen, welche Wohnungsgröße für die Bedarfsgemeinschaft abstrakt angemessen ist. Das orientiert sich an den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften zum sozialen Wohnungsbau, in Bayern den Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWOBindR - Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums des Innern vom 27. Februar 2013, AllMBl. S. 133). Nachfolgend ist der abstrakt angemessenen Preises, der pro Quadratmeter anzusetzen ist, zu ermitteln. Dabei ist auf Wohnungsstandards im Vergleichsraum im unteren Bereich abzustellen. Die Wohnung muss nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Anforderungen genügen und darf keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen. Wohnungen gehobenen Standards gehören von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand, der überhaupt für die Bestimmung der Vergleichsmiete abzubilden ist. Die Merkmale Ausstattung, Lage und Bausubstanz müssen im Ergebnis (insofern besteht Methodenfreiheit) beachtet werden. Der zu bildende Vergleichsraum muss genügend groß gewählt werden, aber aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit noch einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden.

Im Anschluss ist aus dem Produkt der so ermittelten abstrakt angemessenen Werte für Wohnungsgröße und Quadratmetermietzins die Vergleichsmiete zu errechnen.

Den für die Bildung der Vergleichsmiete heranzuziehenden angemessenen Quadratmetermietzins hat vorrangig das örtlich zuständige Jobcenter für seinen Bereich zu ermitteln. Falls diesbezügliche Erkenntnismöglichkeiten und - mittel fehlen, kann auf die Werte nach § 12 des Wohngeldgesetzes (WoGG) zuzüglich eines Zuschlages von 10% zurückgegriffen werden.

Bei der Ermittlung des angemessenen Wertes pro Quadratmeter muss das Jobcenter nach einem Konzept vorgehen, das die hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse auf dem relevanten (örtlichen) (Miet-)Wohnungsmarkt widerspiegelt, somit ein „schlüssiges Konzept“ darstellt. Alle Leistungsberechtigten müssen danach in der Lage sein, eine zugleich bedarfsgerechte als auch kostenangemessene Wohnung zu finden.

Das BSG hat folgende methodische wie inhaltliche Mindestvoraussetzungen für ein derartiges schlüssiges Konzept - bei grundsätzlicher Methodenfreiheit des Jobcenters - aufgestellt:

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,

- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z. B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,

- Angaben über den Beobachtungszeitraum,

- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel),

- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,

- Validität der Datenerhebung,

- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

In die Ermittlung des pro Quadratmeter anzusetzenden Betrages sind auch die kalten Betriebskosten einzubeziehen. Dazu sind zunächst örtliche Übersichten heranzuziehen, bei deren Fehlen auch auf bundesweite Übersichten abgestellt werden kann. Hieraus sind sodann Durchschnittswerte zu ermitteln.

Überschreiten die tatsächlichen Kosten für Unterkunft oder Heizung die so gebildeten Werte, ist im letzten Schritt schließlich zu prüfen, ob eine nach den so ermittelten Werten angemessene Unterkunft für den Leistungsberechtigten auch konkret verfügbar ist. Allerdings ist davon auszugehen, dass hierzulande angemessener Wohnraum verfügbar ist, weil keine allgemeine Wohnungsnot herrscht. Wenn zur Erstellung des Konzepts auch Mietwerte erhoben worden sind, ist die Annahme begründet, dass angemessene Wohnungen auch konkret verfügbar sind. Um dies zu widerlegen, muss deshalb der Leistungsberechtigt zunächst konkret darlegen, dass er sich intensiv, aber vergebens um eine Unterkunftsalternative bemüht hat. Erfolgt dies in ausreichender Weise, liegt es am beklagten Jobcenter nachzuweisen, dass dennoch eine angemessene Unterkunft konkret verfügbar war.

Nach diesen Maßstäben ergibt sich ab Juli 2015 ein Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung.

Hinsichtlich der angesetzten Regelbedarfe ist eine Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des Beklagten nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich.

Die Kosten für Heizenergie wurden über den gesamten streitigen Bewilligungszeitraum in tatsächlicher Höhe angesetzt. Insofern besteht schon deswegen keine Basis für einen höheren Anspruch.

Bezüglich der Kosten der Unterkunft in Form der sogenannten Bruttokaltmiete sind ab 1. Juli 2015 jedoch höhere Kosten zu berücksichtigen. Es sind ab dann die tatsächlich zu zahlende Grundmiete und die kalten Nebenkosten von zusammen monatlich 380,40 EUR anzusetzen und nicht nur der vom Beklagten als angemessen erachtete Richtwert von 347,05 EUR bzw. ab September 2015 von 356,22 EUR.

Es gibt keine Gründe, die der Klägerin im streitigen Zeitraum eine Senkung der Unterkunftskosten unmöglich oder unzumutbar gemacht haben. Vor allem sind keine gesundheitlichen Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich, die sie an einem Wechsel der Unterkunft gehindert haben oder ihr Verbleiben in der bisherigen Wohnung erforderten.

Auch hat die Klägerin im Juni 2012 erklärt, nicht zur Senkung ihrer Unterkunftskosten bereit zu sein. Daher bedurfte es einer (weiteren) Kostensenkungsaufforderung nicht.

Allerdings geht das Gericht zum einen davon aus, dass das bisherige, seit 1. November 2013 angewandte Konzept des Beklagten (im Folgenden: ursprüngliches Konzept), spätestens zum 1. Juli 2015 hätte aktualisiert werden müssen. Zum anderen hält das Gericht das seit 1. September 2015 zugrunde gelegte Konzept des Beklagten (im Folgenden: fortgeschriebenes Konzept) für nicht schlüssig und daher für nicht anwendbar zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten im Sinn des § 22 Abs. 1 SGB II.

Das ursprüngliche Konzept des Beklagten, welches seit 1. November 2013 zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten herangezogen wird, hat diese Kammer in mehreren Urteilen für fehlerfrei erachtet (Urteile vom 22. Mai 2015, S 8 AS 121/15 und S 8 AS 167/15). Die Entscheidungen sind dem Beklagten sowie dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bekannt und außerdem veröffentlicht, so dass darauf verwiesen werden kann. Soweit mit der vorliegenden Klage erneut das ursprüngliche Konzept angegriffen wird, hält das Gericht die betreffenden Rügen für nicht durchgreifend und nimmt dazu Bezug auf die genannten Entscheidungen vom 22. Mai 2015.

Im Hinblick auf die seitdem fortgeführte Diskussion ist noch hervorzuheben, dass das Gericht nach wie vor den Einwand für nicht stichhaltig betrachtet (vgl. auch Urteil dieser Kammer vom 24. November 2015, S 8 AS 984/15), bei einem Konzept im Sinn des § 22 Abs. 1 SGB II handle es sich um (normkonkretisierende) Verwaltungsvorschriften (dagegen: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 50/10 R; LSG Thüringen, Urteil vom 8. Juli 2015, L 4 AS 718/14) und deren Anwendung bzw. Wirksamkeit erfordere eine Publikation (so aber nun SG Bayreuth, Urteil vom 26. Mai 2015, S 4 AS 102/15). Diesbezüglich wird Bezug genommen auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 25. November 2004, 5 CN 2/03), wonach Verwaltungsvorschriften mit unmittelbarer Außenwirkung gegenüber Dritten bekannt zu machen sein sollen und für die Bekanntgabe eine selektive, erläuternde Wiedergabe des Inhalts der Verwaltungsvorschrift nicht ausreichen soll. Vorliegend wurde das der Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten zugrunde gelegte Konzept des Beklagten nicht publiziert oder den Klägern vollständig zur Kenntnis gebracht.

Das war aber auch nicht erforderlich. Denn sieht man ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft als Verwaltungsvorschrift an, umfasst der maßgebliche Teil, d. h. der „Vorschriftsteil“ des Konzepts allein die ermittelten Kostenobergrenzen (hier S. 5 des Konzepts). Nur diese Werte sind sozusagen die angewandten Vorschriften. Der darüber hinausgehende Teil des Konzepts ist dann als Weg zu diesen Werten, quasi als Begründung anzusehen. Hinsichtlich des Letzteren ist eine Publikationspflicht aber nicht gegeben, wie etwa auch der Blick auf die Verkündung sonstiger Rechtsnormen zeigt, die sich auch allein im Regelungstext erschöpft. Etwas anderes hat das Bundesverwaltungsgericht auch für die normkonkretisierenden/regelnden Verwaltungsvorschriften nicht angenommen. Dort war es - im Gegensatz zum Konzept des Beklagten - nur so, dass die gesamte Verwaltungsvorschrift regelnden Charakter hatte.

Aus § 22b Abs. 2 SGB II ist nichts anders herzuleiten. Diese Regelung gilt ausschließlich für den Fall, dass durch Satzung die angemessenen Unterkunftskosten bestimmt werden, nicht aber, wenn - wie hier - entsprechend der von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben ein sogenanntes Konzept im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II erstellt wird. Auch wenn die §§ 22a ff. SGB II insbesondere vom BSG entwickelte Überlegungen aufgreifen, ist die Satzungsregelung nicht mit dem Konzept vergleichbar, weil einer Satzung eine rechtlich andere Qualität und Verbindlichkeit zukommt und die Veröffentlichung der Begründung gerade mit Blick auf das Verfahren nach § 55a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statuiert wurde.

Ferner geht das Gericht davon aus, dass eine fehlende Veröffentlichung nur beachtlich ist, wenn sie auch unverzüglich und rechtzeitig, d. h. vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens mit Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids, gerügt wird. Das war hier nicht der Fall. Zu sehen ist nämlich, dass die Veröffentlichung lediglich verfahrensrechtliche Bedeutung haben kann, nicht aber eine materielle. Sie kann allenfalls der Information und Transparenz dienen, um die Aufklärungsfunktion einer Kostensenkungsaufforderung zu vertiefen. Insofern besteht nach Auffassung des Gerichts eine ähnliche Situation wie beim Auswahlrecht nach § 200 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch. Dort nimmt das BSG eine unverzügliche Rügeobliegenheit an (BSG, Urteil vom 20. Juli 2010, B 2 U 17/09 R), um dem Leistungsträger eine rechtzeitige Reaktion zu ermöglichen. Das wäre im Fall der fehlenden Kenntnis eines Konzepts ebenso relativ einfach umsetzbar und gegebenenfalls dadurch Streit vermeidbar. Also müsste auch hier eine unverzügliche Rüge erfolgen, andernfalls dieser Einwand unbeachtlich wird.

Das Gericht ist aber nun zu der Auffassung gelangt, dass das ursprüngliche Konzept des Beklagten längstens bis 30. Juni 2015 herangezogen werden kann und bereits ab 1. Juli 2015 eine Aktualisierung erforderlich gewesen wäre. In den oben bereits zitierten Entscheidungen dieser Kammer vom 22. Mai 2015 ist ausgeführt worden, dass die Beurteilung (hinsichtlich der Unterkunftskosten) bei Bewilligungszeiträumen ab Mai 2015 anders ausfallen mag und dass Handlungsbedarf nach einer Überprüfung bzw. Fortschreibung des Konzepts mit Ablauf von zwei Jahren ab Datenerhebung Ende April 2013 besteht. Für zukünftige Hauptsacheverfahren betreffend Bewilligungszeiträume ab Mai 2015 werde daher intensiv zu prüfen sein, ob die derzeitigen Referenzwerte des Konzepts weiter aktuell sind und noch angewandt werden können. Das Gericht bejaht das bei nochmaliger Bewertung noch für die Zeit bis einschließlich Juni 2015. Dem liegen folgende Überlegungen zugrunde: Der Beklagte hat zutreffend darauf verwiesen, dass die Verwendung älterer Bestandsmieten, d. h. von Mietverhältnissen älter als vier Jahre, ohne wesentlichen Einfluss geblieben ist. Denn nach der Methodik des ursprünglichen Konzepts wurde ein Spannoberwert verwendet, so dass etwaige besonders günstige Altmietverhältnisse nicht maßgeblich für die Bildung des Referenzwertes waren. Gleichwohl besteht die fortwährende Verpflichtung des Jobcenters bzw. des kommunalen Trägers zur Überprüfung seines Konzepts auf Aktualität. Dem kann er gerecht werden, indem eine umfassende Überprüfung unter Verwendung aktueller Angebotsmieten erfolgt, wenn er nicht neue, aktuelle Mietwerterhebungen durchführt. Weiter ist zu sehen, dass eine rückwirkende Inkraftsetzung eines neuen bzw. fortgeschriebenen Konzepts im Hinblick auf die erforderliche Kenntnis der Leistungsempfänger Probleme aufwerfen würde. So könnte sich die Ablehnung der Zustimmung zu einem Umzug wegen Unangemessenheit der neuen Unterkunft infolge einer nachträglichen Erhöhung der Angemessenheitsgrenzen als unbegründet erweisen, aber kaum mehr korrigiert werden können. Diesem Problem ließe sich zwar auch dadurch begegnen, dass rechtzeitig vor Ablauf von höchstens zwei Jahren ab der vorangegangenen Datenerhebung eine neue durchgeführt wird und die neue Festlegung der Angemessenheitsgrenzen dann entsprechend innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraumes erfolgen kann. Das würde aber auch zur Folge haben, dass sich der Zeitraum, während dessen ein Konzept angewandt werden kann, mit jeder neuen Fortschreibung verkürzen würde, bis er keinen Monat mehr umfassen würde. Ein derartiges Vorgehen kann vom Recht der Grundsicherung nicht gewollt sein. Hinzu kommt, dass sicherlich die Auswertung erhobener Daten und die Beschlussfassung des kommunalen Trägers mit Blick auf die vorgesehenen Verfahrensabläufe gewisse Zeit in Anspruch nehmen werden.

Allerdings kann es auch nicht allein Zufälligkeiten oder den vorhandenen Kapazitäten und Abläufen beim kommunalen Träger überlassen bleiben, welche Zeitspanne zwischen Datenerhebung und Umsetzung durch ein neues Konzept vergeht. Das wäre mit dem Gebot aus § 22 Abs. 1 SGB II, die nach den örtlichen Gegebenheiten angemessenen Unterkunftskosten zu gewähren und damit die Bestreitung des verfassungsrechtlich abgesicherten Existenzminimums im Bereich Wohnen sicherzustellen, nicht vereinbar.

Das Gericht hält es daher für angezeigt, dem kommunalen Träger und dem Jobcenter eine Frist von zwei Monaten zwischen dem Ende der Datenerhebung und der etwaigen Anwendung eines neuen Konzepts zuzubilligen. Mit dieser Frist dürfte ein sachgerechter Ausgleich der verschiedenen im Raum stehenden Interessen und Bedürfnisse erreicht werden können. Das Gericht nimmt dabei auch in den Blick, dass nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a BGB eine fristlose Wohnraumkündigung zulässig ist, wenn ein Mieter mit zwei Monatsmieten oder nicht unerheblichen Teilen davon in Verzug ist. Daraus lässt sich grundsicherungsrechtlich ableiten, dass darunter liegende Zeiträume noch hingenommen werden können, ohne dass für einen Leistungsempfänger seine Unterkunft betreffend nicht mehr hinnehmbar Nachteile daraus folgen müssen. In Bezug auf den kommunalen Träger und das Jobcenter sollte innerhalb von zwei Monaten die Beschlussfassung und Anwendung neuer Mietobergrenzen verwaltungsmäßig umsetzbar sein.

Ausgehend vom Abschluss der Datenerhebung für das ursprüngliche Konzept des Beklagten am 30. April 2013 wäre daher mit Blick auf den Zwei-Jahres-Zeitraum, wie ihn auch § 22c Abs. 2 SGB II bei der sogenannten Satzungslösung für die Überprüfung vorsieht, spätestens bis Ende April 2015 eine neue Datenerhebung oder eine sonstige Überprüfung, etwa mittels Einholung aktueller Angebotsmieten, erforderlich gewesen. Beides ist bis dahin nicht erfolgt.

Daraus leitet das Gericht jedoch nicht ab, dass dann bereits ab Mai 2015 kein schlüssiges Konzept mehr vorliegt und demzufolge die Angemessenheitswerte aus dem ursprünglichen Konzept nicht mehr anzuwenden sind. Denn auch wenn eine Neuerhebung von Daten - fiktiv - erfolgt wäre, wären die bisherigen Werte nach den obigen Darlegungen noch für die zwei anschließenden Monate anwendbar gewesen. Deswegen können auch für die Klägerin für den streitigen Monat Juni 2015 noch keine höheren Unterkunftskosten berücksichtigt werden. Der Beklagte ist insofern fehlerfrei davon ausgegangen, dass nach den für Bayern geltenden Richtwerten (VVWOBindR, siehe oben, dort Ziffer 5.8) für den 1-Personenhaushalt der Klägerin 50qm als abstrakt angemessene Wohnfläche anzusetzen sind und dementsprechend die bereits vom Beklagten zugrunde gelegten 347,05 EUR als maximale Bruttokaltmiete zutreffend sind.

Anders stellt sich die Lage ab 1. Juli 2015 dar. Ab diesem Zeitpunkt wäre ein neues Konzept anzuwenden gewesen bzw. - hätte dies die Überprüfung ergeben - das bisherige Konzept mit dann aktualisierter Grundlage weiterzuführen gewesen.

Mangels entsprechend zeitgerechter Überprüfung können die Richtwerte des ursprünglichen Konzepts auch nicht weiter herangezogen werden. Denn es ist für das Gericht nicht mehr belegt, dass diese Werte ab Juli 2015 noch die aktuellen Verhältnisse auf dem örtlichen Mietwohnungsmarkt in Bezug auf den grundsicherungsrechtlich relevanten Teil widerspiegeln und so den im Sinn von § 22 Abs. 1 SGB II angemessenen Mietzins pro Quadratmeter realitätsgerecht ergeben. So wenden Jobcenter, deren Zuständigkeitsbezirk an den des Beklagten angrenzt (dies sind die Jobcenter A-Stadt-Land und Wittelsbacher Land) ab 1. Juli 2015 bzw. ab 1. August 2015 ebenfalls neue Konzepte an, haben dabei aber zum Teil Mietobergrenzen - gerade für den hier relevanten Bereich der 1-Personen-Haushalte, die nicht nur unwesentlich über den bisherigen des Beklagten liegen. Das mag mit strukturellen Unterschieden der dortigen Wohnungsmärkte im Vergleich zu demjenigen der Großstadt A-Stadt erklärbar sein. Es spricht angesichts der engen räumlichen Verflechtungen zwischen A-Stadt und mehreren angrenzenden Städten wie Gersthofen, Stadtbergen, Königsbrunn und Friedberg aber genauso dafür, dass die bisherigen Werte des Beklagten inzwischen zu niedrig sind. Darauf deutet auch hin, dass seit 1. August 2015 für die Stadt A-Stadt die sogenannte Mietpreisbremse gemäß § 556d Abs. 2 und § 558 Abs. 3 BGB i. V. m. der Wohnungsgebieteverordnung (WoGeV - GVBl 2012, S. 189) in der Fassung der Verordnung vom 14. Juli 2015 (GVBl S. 250) gilt. Diese setzt einen angespannten Mietwohnungsmarkt voraus, also dass die Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Nachdem dies für den gesamten Mietwohnungsmarkt gilt, betrifft es auch den grundsicherungsrechtlich relevanten Teil. Und da die entsprechende Änderungsverordnung zur WoGeV im Juli 2015 erlassen wurde, muss diese Situation spätesten ab dann angenommen werden. Damit werden die Angemessenheitswerte aus dem ursprünglichen Konzept des Beklagten für das Gericht derart infrage gestellt, dass sie ab Juli 2015 nicht mehr herangezogen werden können.

Gleiches gilt für die Zeit ab 1. September 2015, auch wenn der Beklagte ab diesem Zeitpunkt ein neues, das fortgeschriebene Konzept anwendet. Denn dieses Konzept ist methodisch nicht fehlerfrei zustande gekommen und daher sind die so ermittelten Werte nicht geeignet, die grundsicherungsrechtlich angemessenen Unterkunftskosten zu bestimmen.

Während das ursprüngliche Konzept des Beklagten auf einer Mietwerterhebung und den daraus gezogenen Schlüssen für den grundsicherungsrechtlichen Bereich beruht, besteht das seit September 2015 geltende Konzept aus der Fortschreibung der damals ermittelten Richtwerte mittels eines bayernweiten Preisindex. Dieses Vorgehen genügt nicht den Anforderungen des Rechts der Grundsicherung für Arbeitssuchende.

Das BSG fordert methodisch-inhaltlich mindestens eine bestimmte Datenerhebung und Datenauswertung. Bereits eine Datenerhebung ist für das fortgeschriebene Konzept nur insofern erfolgt, als die für das ursprüngliche Konzept erhobenen Daten der Fortschreibung als Grundklage dienten. Ob dieses Vorgehen bei der Überprüfung und Aktualisierung methodisch zulässig ist, dazu hat sich das BSG, soweit ersichtlich bisher nicht geäußert. Auch der einschlägigen Kommentarliteratur zum SGB II lässt sich zu dieser Frage keine eindeutige Linie entnehmen. Das Gericht will nicht ausschließen, dass eine Fortschreibung mittels eines Index grundsicherungsrechtlich möglich ist. Allerdings nicht in der vorliegend erfolgten Art und Weise.

Die Verwendung eines Indexwertes, der nicht nur die maßgeblichen lokalen Verhältnisse im Bereich des beklagten Jobcenters beinhaltet, sondern darüber hinausgehende, hier bayernweite Verhältnisse abbildet, ist mit den Vorgaben des § 22 Abs. 1 SGB II nicht schlüssig in Einklang zu bringen (in diese Richtung auch SG Dresden, Urteil vom 4. September 2015, S 40 AS 2451/13). Denn diese Norm verlangt, dass das Konzept des Grundsicherungsträgers Gewähr dafür bietet, dass die Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes abgebildet werden. Es liegt aber auf der Hand, dass dies ein bayernweiter Index nicht leisten kann. Denn es ist nicht anzunehmen, dass insbesondere die Verhältnisse des Mietwohnungsmarktes in der Stadt A-Stadt als drittgrößter bayerischer Stadt ausreichend erfasst sind, wenn zu einem großen Teil Daten in den Index einfließen, die aus Gebietskörperschaften stammen, deren Lebensverhältnisse mit denen in A-Stadt nicht vergleichbar sind. Dies gilt vor allem für Faktoren, welche die Mietpreisbildung beeinflussen, wie Bevölkerungsdichte, Arbeitsplätze, Anbindung an das nächste Oberzentrum oder Einkommen der ansässigen Bevölkerung. Deshalb kann der für die Bildung des Indexwertes herangezogene Vergleichsraum, der gesamte Freistaat Bayern, schon ob seiner Größe sicherlich auch nicht als homogener Lebens- und Wohnbereich betrachtet werden.

Hinzu kommt, dass der verwendete Indexwert zwar aufgrund von Kennzahlen für die Entwicklung der Nettomieten und der kalten Betriebskosten gebildet wurde. Allerdings - wie der Beklagte auch einräumt - nicht nur den hier relevanten Teil des Mietwohnungsmarktes umfasst, nämlich Unterkünfte, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Anforderungen genügen und keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen. Ob die Preisentwicklung in diesem Segment tatsächlich derjenigen über den gesamten Markt gleicht, wie der Beklagte meint, oder eben nicht, bleibt für das Gericht völlig offen. Das kann auch nicht daraus geschlossen werden, dass Recherchen des Beklagten bzw. seines kommunalen Trägers Anfang Juli 2015 erbracht haben sollen, dass 17 Wohnungen zu den neuen Angemessenheitswerten verfügbar waren. Das ist schon nicht weiter belegt worden und vor allem nicht ausreichend als repräsentative und valide Grundlage. Dafür hätte es angesichts der fehlenden Mietwerterhebungen einer deutlich umfangreicheren Recherche in der Größenordnung von mindestens 15% der unangemessen wohnenden Bedarfsgemeinschaften bedurft. Nur dann wäre die Annahme begründet, dass für alle betroffenen Bedarfsgemeinschaften je nach Haushaltsgröße angemessene Wohnungsalternativen innerhalb von sechs Monaten verfügbar sind.

Aus diesen Gründen ist das fortgeschriebene Konzept ebenso untauglich zur Festsetzung der angemessenen Unterkunftskosten.

Aufgrund der vorliegenden Umstände ist es nicht möglich, durch weitere Ermittlungen des Gerichts oder des Beklagten bzw. des kommunalen Trägers den angemessenen Quadratmetermietzins zu ermitteln. Es liegen keinerlei spezifische Daten für die Stadt A-Stadt vor und auch keine spezifischen Daten für den grundsicherungsrechtlich maßgeblichen Bereich des Wohnens. Der streitige Zeitraum ist abgelaufen und der Beklagte hat mitgeteilt, dass der kommunale Träger keine Kapazitäten für die erforderliche umfangreiche Datenerhebung hat. Deswegen erachtet das Gericht auch ein Vorgehen gemäß § 131 Abs. 5 SGG für nicht angebracht.

In der Konsequenz daraus sind für die Bestimmung der Mietobergrenze ab 1. Juli 2015 die Werte nach § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitsaufschlages von 10% anzusetzen. Das sind für eine Person in der Stadt A-Stadt 393,80 EUR pro Monat. Die von der Klägerin ab Juli 2015 entrichteten Kosten der Unterkunft liegen unter diesem Betrag und sind daher in ihrer tatsächlichen Höhe voll zu berücksichtigen. Ob mit Blick auf die Anhebung der Werte nach dem WoGG ab 2016 noch ein Sicherheitszuschlag anzusetzen ist, kann in diesem Verfahren offen bleiben.

Damit sind vom Beklagten von Juli bis November 2015 der Leistungsbewilligung Kosten der Unterkunft und Heizung von monatlich 445,40 EUR zugrunde zu legen.

In diesem Umfang ist der Klage deshalb stattzugeben, im Übrigen ist sie abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG und orientiert sich am Ausgang des Verfahrens sowie an der wirtschaftlichen Bedeutung für die Klägerin.

Die Berufung wird gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Soweit ersichtlich, ist ober- oder höchstrichterlich über die Rechtmäßigkeit der Fortschreibung eines Konzepts mittels eines Indexwertes bisher nicht entschieden.

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Abänderung seiner Bescheide vom 07.10.2015 und vom 07.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.01.2016 verpflichtet, den Klägern vom 01.09.2015 bis 31.03.2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 658,70 Euro für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.12.2015 und in Höhe von 665 Euro für die Zeit vom 01.01.2016 bis 31.03.2016 zu bewilligen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte erstattet den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die tatsächlichen Kosten der Unterkunft anzusetzen sind und die Kläger damit einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.09.2015 bis 31.03.2016 haben.

Die 1968 geborene Klägerin und ihre 2003 geborene Tochter sowie der 2006 geborene Sohn beziehen seit 2008 immer wieder laufende Leistungen zum Lebensunterhalt vom Beklagten. Sie bewohnen seit 04.08.2008 eine 3-Zimmer-Wohnung mit ca. 75 qm und zahlen dafür seit 01.09.2014 monatlich 500 Euro Grundmiete, 90 EUR Betriebskosten und 90 Euro Heizkosten sowie 50 Euro Miete für die Garage. Im Juli 2014 erhielt die Klägerin vom Beklagten eine Aufforderung zur Senkung ihrer unangemessenen Unterkunftskosten. Sie wurden informiert, dass die angemessene Bruttokaltmiete maximal 495,35 Euro betrage. Die Klägerin zu 1) erklärte, zur Senkung ihrer Unterkunftskosten auf diesen Betrag innerhalb von sechs Monaten bereit zu sein. Die Klägerin arbeitet zudem Teilzeit für 9,55 Euro Stundenlohn. Der Kläger zu 3) erhält Unterhaltsvorschuss, zudem erhalten die Kläger zu 2) und 3) Kindergeld. Die Klägerin zu 1) war in der Zeit vom 15.04.2015 bis 20.07.2016 und vom 01.10.2015 bis 31.01.2016 erwerbstätig.

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 26.02.2015 hin bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 12.03.2015 vorläufig Leistungen für die Zeit vom 01.04.2015 bis 31.03.2016. An Kosten der Unterkunft und Heizung wurden dabei insgesamt 585,36 Euro angesetzt. Der Bescheid wurde am 16.04.2015 für die Zeit vom 01.05.2015 bis 31.03.2016 vorläufig geändert. Der anerkannte Unterkunftskostenbedarf blieb unverändert. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 30.07.2015 wurden für die Zeit vom 01.04.2015 bis 31.03.2016 vorläufig an die Mitteilungen der Kläger angepasste Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bewilligt. Auch hier blieb der Unterkunftskostenbedarf unverändert. Auch im vorläufigen Änderungsbescheid vom 08.09.2015 blieb der anerkannte Unterkunftskostenbedarf unverändert.

Mit Änderungsbescheid vom 07.10.2015 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Leistungen für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.03.2016 und legte hierbei Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 598,47 Euro zugrunde.

Im Widerspruch vom 19.10.2015 macht der Bevollmächtigte der Kläger geltend, dass für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.03.2016 höhere Unterkunftskosten zu gewähren seien, da das Konzept des Beklagten nicht schlüssig sei. Das Konzept sei nicht bekanntgegeben worden. Die Anpassung der Werte zum 01.09.2015 beruhe nicht auf einem den Anforderungen des Bundessozialgerichts (BSG) entsprechenden Verfahren. Die erhobenen Daten seien nicht valide. Auch die angemessene Höhe der kalten Betriebskosten sei nicht in einem rechtmäßigen Verfahren ermittelt worden. Zudem sei die konkrete Angemessenheit nicht gegeben, da zu den Mietobergrenzen kein Wohnraum in ausreichender Zahl verfügbar sei. Es seien daher Unterkunftskosten in Höhe von 568,70 Euro (§ 12 Wohngeldgesetz - WoGG - zuzüglich Sicherheitszuschlag von 10%) zu gewähren.

Mit Änderungsbescheiden vom 07.01.2016 bewilligte der Beklagte vorläufige geänderte Leistungen für November 2015 und März 2016. Dabei wurden Unterkunftskosten weiterhin mit 598,47 Euro berücksichtigt.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2016 als unbegründet zurückgewiesen. Zu der Begründung des Widerspruchs nimmt der Bescheid keine Stellung. Bezüglich des angerechneten Einkommens seien Änderungsbescheide ergangen. Im Übrigen sei der Bescheid nicht rechtswidrig.

Dagegen haben die Kläger durch ihren Prozessbevollmächtigten am 27.01.2016 Klage zum Sozialgericht Augsburg erheben lassen. Die Klage wurde dahingehend begründet, dass ein schlüssiges Konzept des Beklagten zur Bemessung der Unterkunftskosten nicht vorliege.

Die Erhöhung ab September sei unzureichend, da die Mietsteigerungen deutlich höher ausfielen. Das Konzept sei nicht öffentlich bekannt gemacht worden Der örtliche Wohnungsmarkt sei nicht ausreichend abgebildet, weil kaum Daten aus einer tatsächlichen Mieterbefragung verwendet worden seien. Bei den kalten Betriebskosten sei nicht klar, ob tatsächlich die letzten Abrechnungen eingeflossen seien. Eine fortwährende Aktualisierung sei erforderlich und mit dem zur Verfügung stehenden Tool auch einfach machbar. Zudem stünden aktuell der Klägerin keine Wohnalternativen zur Verfügung. Die Anwendung von über den Freistaat Bayern erhobenen Daten sei nicht realitäts- und zeitgerecht. Es sei nicht klar, weshalb nicht gegebenenfalls vorhandene Daten zur Stadt A-Stadt herangezogen worden seien. Die Stadt A-Stadt habe in den vergangenen Jahren deutlich höhere Mietpreissteigerungen aufzuweisen als der Durchschnitt in Bayern. Ferner verfolge der Mietspiegel nach dem Zivilrecht eine andere Zielrichtung. Eine sachgerechte Anpassung im Grundsicherungsrecht sei nicht mittels eines bayerischen Index ohne Bezug zu den örtlichen Gegebenheiten möglich. So würden auch an die Stadt A-Stadt angrenzende Träger teils deutlich höhere Bruttokaltmieten anerkennen. Bereits das ursprüngliche Konzept genüge den Anforderungen des BSG nicht und die Fortschreibung tue dies erst Recht nicht. Der Beklagte habe die ausreichende konkrete Verfügbarkeit von Wohnraumalternativen für die Kläger nicht nachgewiesen. Den Klägern stünden daher Unterkunftskosten in Höhe der nach § 12 WoGG sich ergebenden Beträge zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10%, mithin vom 01.09.2015 bis 31.12.2015 568,70 Euro monatlich und vom 01.01.2016 bis 31.03.2016 688,60 Euro monatlich, zu.

Am 07.12.2015 hat die 8. Kammer des Sozialgerichts Augsburg entschieden, dass die Fortschreibung des Konzepts der Stadt A-Stadt nicht schlüssig ist (vgl. SG A-Stadt, Urteil vom 07.12.2015, S 8 AS 860/15). Der Beklagte hat hiergegen Berufung eingelegt. Das Berufungsverfahren ist noch anhängig.

Der Beklagte hat auf Anforderung des Gerichts sodann auch seine Entscheidung, namentlich das Konzept als schlüssig verteidigt. Er hat ausgeführt, die Erhöhung ab September 2015 orientiere sich an den Vorgaben zum qualifizierten Mietspiegel. Für die erstmalige Fortschreibung des Konzepts seien vom Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung entnommene Indizes für Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten verwendet worden. Die Werte für die kalte Grundmiete seien um 3,18%, die für die Betriebskosten um 0,58% erhöht worden. Die Fortschreibung anhand eines Indexwertes werde auch im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende für zulässig erachtet. Hinsichtlich Datenerhebung und Datenauswertung sei eine grundsätzliche Vergleichbarkeit des Konzepts mit einem qualifizierten Mietspiegel gegeben. Da der Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland nicht nur die Entwicklung der Wohnkosten wiederspiegle, sei abweichend davon für die Fortschreibung der Verbraucherpreisindex für Bayern, der als Sondergliederung einen Index für Nettokaltmieten und für Wohnnebenkosten ausweise, als sinnvoll erachtet worden. Indizes speziell für die Stadt A-Stadt oder Schwaben lägen nicht vor. Einen spezifischen Index nur für den grundsicherungsrelevanten Teil des Wohnens gebe es ebenfalls nicht. Der Indexwert gebe die Mietpreisentwicklung für den Zeitraum April 2013 bis April 2015 wieder und entspreche damit genau einem Zweijahresabstand zur Ersterhebung. Es sei nicht erkennbar, dass in A-Stadt eine stärkere Preissteigerung als in Bayern insgesamt erfolgt sei. Eine alternative Fortschreibung mittels Tool wäre nicht möglich gewesen ohne eine völlig neue Datenerhebung. Dafür stünden keine Kapazitäten zur Verfügung. Im Monat der Absenkung seien 10 Wohnungen bei immoscout zu den alten Angemessenheitsgrenzen verfügbar gewesen. Es sei zudem auch gegen die Entscheidung des Bezirks Schwaben, welcher im Bereich des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) das Unterkunftskostenkonzept ebenfalls für nicht schlüssig erachtet, Rechtsmittel eingelegt worden. Ein Methodenwechsel bei der Fortschreibung sei zulässig. Dieser sei auch bei der Fortschreibung eines qualifizierten Mietspiegels zulässig. Auch hätten andere Sozialgerichte die Indexfortschreibung bei Unterkunftskostenkonzepten anerkannt. Die Werte des Umlandes von A-Stadt seien irrelevant. Bei der Bemessung der Mietobergrenze müsse ein streng eingegrenzter Vergleichsraum festgelegt und betrachtet werden. Dies habe die Stadt A-Stadt getan. Die Werte außerhalb des Stadtgebiets dürften daher keine Rolle spielen. Zudem sei der Landkreis A-Stadt traditionell der Speckgürtel und weise höhere Mietpreise auf.

Der Klägerbevollmächtigte hat hierzu erwidert, dass die WBG A-Stadt mitteilt, dass es nahezu unmöglich sei, innerhalb von sechs Monaten angemessenen Wohnraum in einer Wohnung der WBG zu erhalten. Die vom Beklagten im Rahmen der Klageerwiderung vorgelegten Wohnungsangebote würden zudem einige Wohnungsangebote enthalten, die nicht den Angemessenheitsgrenzen der Stadt A-Stadt entsprechen.

Die Kläger beantragen:

den Bescheid des Beklagten vom 07.10.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 07.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 15.01.2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

Für den Beklagten wird beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die Beteiligten haben erklärt, mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden zu sein. Daher konnte vorliegende Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung ergehen.

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Die Kläger haben für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.12.2015 Anspruch auf die Anerkennung der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 658,70 Euro und in Höhe von 665 Euro für die Zeit vom 01.01.2016 bis 31.03.2016 und somit auf entsprechend höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten. Soweit die Bescheide des Beklagten vom 07.10.2015 und 07.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.01.2016 dem entgegenstehen, sind sie rechtswidrig und verletzten die Kläger in ihren Rechten.

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 19 Abs. 1 SGB II umfassen zum einen die Regelbedarfe nach § 20 SGB II und zum anderen die Bedarfe für Unterkunft und Heizung, § 22 SGB II.

Vorliegend haben die Kläger nach dem Inhalt ihrer Erklärungen den Streitgegenstand in zulässiger Weise auf die Unterkunftskosten beschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2014, B 14 AS 42/13).

Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden Unterkunftskosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Sie sind als Bedarf außerdem so lange anzuerkennen, als es dem Leistungsberechtigten bzw. der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Die Prüfung der Angemessenheit unterliegt dabei der vollen gerichtlichen Kontrolle. Es sind die Kaltmiete und die Betriebs- bzw. Nebenkosten ohne die Heizkosten (sogenannte kalte Betriebskosten) auf der einen und die Heizkosten auf der anderen Seite gesondert zu betrachten. Die Prüfung der Aufwendungen für die Unterkunft erfolgt unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien in mehreren Stufen unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie (vgl. hierzu BSG, Urteile vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R, und vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R). Zunächst wird ermittelt, ob die tatsächlichen Kosten dem entsprechen, was für eine nach abstrakten Kriterien angemessene Unterkunft aufzuwenden wäre. Dazu ist in einem ersten Schritt zu bestimmen, welche Wohnungsgröße für die Bedarfsgemeinschaft abstrakt angemessen ist. Das orientiert sich an den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften zum sozialen Wohnungsbau, in Bayern den Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWOBindR - Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 27. Februar 2013, AllMBl. S. 133). Nachfolgend ist der abstrakt angemessene Preis, der pro Quadratmeter anzusetzen ist, zu ermitteln. Dabei ist auf Wohnungsstandards im Vergleichsraum im unteren Bereich abzustellen. Die Wohnung muss nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Anforderungen genügen und darf keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen. Wohnungen gehobenen Standards gehören von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand, der für die Bestimmung der Vergleichsmiete heranzuziehen ist. Die Merkmale Ausstattung, Lage und Bausubstanz müssen im Ergebnis (soweit Methodenfreiheit besteht) beachtet werden. Der zu bildende Vergleichsraum muss genügend groß gewählt werden, aber aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit noch einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden.

Im Anschluss ist aus dem Produkt der so ermittelten abstrakt angemessenen Werte für Wohnungsgröße und Quadratmetermietzins die Vergleichsmiete zu errechnen.

Den für die Bildung der Vergleichsmiete heranzuziehenden angemessenen Quadratmetermietzins hat vorrangig das örtlich zuständige Jobcenter für seinen Bereich zu ermitteln. Falls diesbezügliche Erkenntnismöglichkeiten und -mittel fehlen, kann auf die Werte nach § 12 WoGG zuzüglich eines Zuschlages von 10% zurückgegriffen werden.

Bei der Ermittlung des angemessenen Wertes pro Quadratmeter muss das Jobcenter nach einem Konzept vorgehen, das die hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse auf dem relevanten (örtlichen) (Miet-)Wohnungsmarkt wiederspiegelt, somit ein "schlüssiges Konzept" darstellt. Alle Leistungsberechtigten müssen danach in der Lage sein, eine zugleich bedarfsgerechte als auch kostenangemessene Wohnung zu finden.

Das BSG hat folgende methodische wie inhaltliche Mindestvoraussetzungen für ein derartiges schlüssiges Konzept - bei grundsätzlicher Methodenfreiheit des Jobcenters - aufgestellt (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R; BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R):

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,

- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z. B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,

- es sind Angaben über den Beobachtungszeitraum erforderlich,

- die Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel) ist festzulegen,

- der Umfang der einbezogenen Daten muss repräsentativ sein,

- es ist die Validität der Datenerhebung erforderlich sowie,

- die Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

- es müssen Angaben über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze) erfolgen.

In die Ermittlung des pro Quadratmeter anzusetzenden Betrages sind auch die kalten Betriebskosten einzubeziehen. Dazu sind zunächst örtliche Übersichten heranzuziehen, bei deren Fehlen auch auf bundesweite Übersichten abgestellt werden kann. Hieraus sind sodann Durchschnittswerte zu ermitteln.

Überschreiten die tatsächlichen Kosten für Unterkunft oder Heizung die so gebildeten Werte, ist im letzten Schritt schließlich zu prüfen, ob eine nach den so ermittelten Werten angemessene Unterkunft für den Leistungsberechtigten auch konkret verfügbar ist. Allerdings ist davon auszugehen, dass hierzulande angemessener Wohnraum verfügbar ist, weil keine allgemeine Wohnungsnot herrscht (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2011 - B 14 AS 91/10 R, Rn. 28 - juris). Wenn zur Erstellung des Konzepts auch Mietwerte erhoben worden sind, ist die Annahme begründet, dass angemessene Wohnungen auch konkret verfügbar sind. Um dies zu widerlegen, muss deshalb der Leistungsberechtigte zunächst konkret darlegen, dass er sich intensiv, aber vergebens um eine Unterkunftsalternative bemüht hat. Erfolgt dies in ausreichender Weise, liegt es am beklagten Jobcenter nachzuweisen, dass dennoch eine angemessene Unterkunft konkret verfügbar war (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R).

Nach diesen Maßstäben ergibt sich ab 01.09.2015 bis 31.12.2015 ein Anspruch der Kläger auf Berücksichtigung der angemessenen Unterkunftskosten nach der Hilfslösung des BSG (s.u.) und ab 01.01.2016 auf Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung.

Die Kosten für Heizenergie wurden über den gesamten streitigen Bewilligungszeitraum in tatsächlicher Höhe angesetzt. Hier sind Fehler daher weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Kläger müssen monatlich 50 Euro für die Garage aufwenden. Hier handelt es sich jedoch nicht um Kosten der Unterkunft (vgl. Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22, Rn. 39). Die Kläger haben daher keinen Anspruch auf Anerkennung dieser Kosten als Unterkunftskostenbedarf. Dies wurde von ihnen auch nicht geltend gemacht.

Bezüglich der Kosten der Unterkunft in Form der sogenannten Bruttokaltmiete sind jedoch ab 01.09.2015 bis 31.12.2015 Kosten in Höhe von monatlich 658,70 Euro und für die Zeit vom 01.01.2016 bis 31.03.2016 in Höhe von 665 Euro anzusetzen.

Es sind keine Gründe vorgetragen oder ersichtlich, die den Klägern im streitigen Zeitraum eine Senkung der Unterkunftskosten unmöglich oder unzumutbar gemacht haben. Die Klägerin hat sich zudem im Juli 2014 zur Senkung ihrer Unterkunftskosten verpflichtet. Es ist jedoch weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass sie dies seitdem überhaupt, geschweige denn erfolglos, getan hätte.

Das Gericht hält jedoch das seit 01.09.2015 der Bemessung der angemessenen Unterkunftskosten zugrunde gelegte Konzept des Beklagten für nicht schlüssig im Sinn der vom BSG aufgestellten und oben dargestellten Anforderungen und daher für nicht anwendbar zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten im Sinn des § 22 Abs. 1 SGB II.

Das ursprüngliche Konzept des Beklagten, welches seit 01.11.2013 zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten herangezogen wird, hat das Sozialgericht Augsburg in mehreren Urteilen für fehlerfrei erachtet (vgl. Urteile vom 22. Mai 2015, S 8 AS 121/15 und S 8 AS 167/15, SG A-Stadt, Urteil vom 29. April 2015 - S 3 AS 393/14 -, juris). Auch die 11. Kammer des Sozialgerichts Augsburg hält das vom Beklagten zum 01.11.2013 aufgestellte Konzept zur Bemessung der Unterkunftskosten aus den in den zitierten Entscheidungen genannten Gründen für schlüssig. Soweit mit der vorliegenden Klage erneut das ursprüngliche Konzept angegriffen werden soll, nimmt die Kammer daher auf die zitierten Entscheidungen Bezug und verweist auf die dortigen jeweiligen Entscheidungsgründe.

Im Hinblick darauf, dass der Einwand, es handele sich bei einem Unterkunftskostenkonzept im Sinn des § 22 Abs. 1 SGB II um (normkonkretisierende) Verwaltungsvorschriften (dagegen: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 50/10 R; LSG Thüringen, Urteil vom 8. Juli 2015, L 4 AS 718/14) und deren Anwendung bzw. Wirksamkeit erfordere eine Publikation (so SG Bayreuth, Urteil vom 26. Mai 2015, S 4 AS 102/15), sich sowohl auf das zum 01.11.2013 in Kraft gesetzte Konzept als auch auf dessen Fortschreibung bezieht, wird die Auffassung der 8. Kammer des Sozialgerichts Augsburg geteilt, dass eine solche Veröffentlichung nicht erforderlich ist.

Hierzu wird auf die Begründung in der Entscheidung vom 07.12.2015, S 8 AS 860/15, verwiesen.

Das vom Beklagten ab 01.09.2015 zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten angewandte Konzept ist methodisch nicht fehlerfrei zustande gekommen. Es ist daher nicht im Sinne der Rechtsprechung des BSG schlüssig und die so ermittelten Werte sind deshalb nicht geeignet, die grundsicherungsrechtlich angemessenen Unterkunftskosten zu bestimmen.

Die Fortschreibung der zum 01.11.2013 ermittelten Richtwerte mittels eines bayernweiten Preisindex genügt nicht den Anforderungen des BSG an ein schlüssiges Konzept. Das BSG fordert methodisch-inhaltlich mindestens eine bestimmte Datenerhebung und Datenauswertung.

Die Verwendung eines Indexwertes, der nicht nur die maßgeblichen lokalen Verhältnisse im Bereich des Beklagten beinhaltet, sondern bayernweite Verhältnisse abbildet, ist auch nach Auffassung der 11. Kammer des Sozialgerichts Augsburg nicht mit den Vorgaben des § 22 Abs. 1 SGB II in Einklang zu bringen. Es wird insoweit auf die Begründung der Entscheidung des Sozialgerichts Augsburg vom 07.12.2015, S 8 AS 860/15, verwiesen. Insbesondere ist auch die 11. Kammer des Sozialgerichts Augsburg ausdrücklich der Auffassung, dass die Verhältnisse des Mietwohnungsmarktes in der Stadt A-Stadt nicht ausreichend erfasst sind, wenn größtenteils Daten in den Index einfließen, die aus Gebietskörperschaften stammen, deren Lebensverhältnisse mit denen in der Stadt A-Stadt nicht vergleichbar sind. Hierauf verweist letztlich sogar der Beklagte selbst, wenn er geltend macht, dass ein Vergleich der Mietobergrenze der Stadt A-Stadt mit den Mietobergrenzen der umliegenden Landkreise nicht erfolgen könne und dürfe, da in diesen Landkreisen ganz andere Verhältnisse herrschen würden. Aber eben gerade diese Werte fließen auch in den gesamtbayerischen Index ein.

Da das Konzept bereits aufgrund der untauglichen Methodik als nicht schlüssig erachtet werden muss, führen auch die im Klageverfahren vorgebrachten weiteren Argumente des Beklagten nicht zur Schlüssigkeit des Konzepts. Denn diese vermögen nichts daran zu ändern, dass die Werte auf Basis einer untauglichen Methode ermittelt worden sind.

Es ist auch nicht möglich, durch weitere Ermittlungen des Gerichts oder des Beklagten bzw. des kommunalen Trägers den angemessenen Quadratmetermietzins zu ermitteln. Es liegen keinerlei spezifische Daten für die Stadt A-Stadt vor und auch keine spezifischen Daten für den grundsicherungsrechtlich maßgeblichen Bereich des Wohnens. Der streitige Zeitraum ist abgelaufen und der Beklagte hat mitgeteilt, dass der kommunale Träger keine Kapazitäten für die erforderliche umfangreiche Datenerhebung hat. Deswegen erachtet das Gericht auch ein Vorgehen gemäß § 131 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für nicht angebracht (vgl. hierzu ebenso SG A-Stadt, Urteil vom 07.12.2015, S 8 AS 860/15).

In der Konsequenz daraus sind für die Bestimmung der Mietobergrenze ab 01.09.2015 die Werte nach § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitsaufschlages von 10% anzusetzen. Das sind in der Zeit vom 01.09.2015 bis 31.12.2015 in der Stadt A-Stadt (Mietenstufe IV) für drei Personen 568,70 Euro pro Monat und für die Zeit ab 01.01.2016 wären dies 688,60 Euro.

Der Sicherheitszuschlag in Höhe von 10% des Tabellenwertes nach § 12 WoGG ist auch nach Aktualisierung der Werte anzusetzen. Der Sicherheitszuschlag ist nämlich nicht aufgrund der fehlenden Aktualität der Werte vom BSG angesetzt worden, sondern dieser ist im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Leistungsberechtigten auf Sicherung des Wohnraums erforderlich, weil beim Fehlen eines schlüssigen Konzepts nicht mit Sicherheit beurteilt werden kann, wie hoch die angemessene Referenzmiete tatsächlich ist (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 4 AS 16/11 R).

Daher sind bei den Klägern in der Zeit vom 01.09.2015 bis 31.12.2015 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 658,70 Euro anzuerkennen. Die von den Klägern ab 01.01.2016 entrichteten Kosten der Unterkunft liegen unter dem Betrag von 688,60 und sind daher in ihrer tatsächlichen Höhe von 665 Euro voll zu berücksichtigen.

In diesem Umfang ist der Klage deshalb stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 193 SGG.

Der Beklagte hat die Zulassung der Berufung am 15.06.2016 beantragt. Die Berufung wird gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da ober- oder höchstrichterlich noch nicht über die Rechtmäßigkeit der Fortschreibung eines Konzepts mittels eines Indexwertes entschieden worden ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.