Sozialgericht Aachen Beschluss, 22. Aug. 2014 - S 6 SF 61/14
Tenor
Das Gesuch des Klägers, den Sachverständigen Dr. I. wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.
1
Gründe:
2I.
3Im zugrundeliegenden Hauptsachverfahren (Az.: S 6 U 000/00) streiten die Beteiligten darum, ob in den Folgen des Arbeitsunfalls, den der Kläger am 00.00.0000 erlitten hat, eine wesentliche Änderung in Form einer Verschlimmerung eingetreten ist. Das Gericht hat mit Beweisanordnung vom 00.00.000 von Amts wegen den niedergelassenen Facharzt für Chirurgie Dr. I. (B.) zum Sachverständigen ernannt, der als Durchgangsarzt zugelassen ist. Nachdem der Sachverständige den Termin zur körperlichen Untersuchung für den 00.00.0000 anberaumt hatte, nahm der Kläger mit ihm am 00.00.0000 fernmündlich Kontakt auf und erklärte, er "klage gegen die Begutachtung". Am 00.00.0000 lehnte der Kläger den Sachverständigen Dr. I. wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung führte er aus, auf der Internethomepage der Praxis des Sachverständigen werde dieser mit dem Logo "DGUV" (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V.) angepriesen. Er (der Kläger) habe Misstrauen gegenüber den Durchgangsärzten, weil diese nach seiner Meinung überwiegend von den Berufsgenossenschaften bestellt würden und auch meistens deren Meinung verträten. Wenn ein Arzt aber überwiegend für eine Berufsgenossenschaft tätig ist, bestehe die Besorgnis der Befangenheit. Es müssten dieselben Grundsätze herangezogen werden wie im Arzthaftungsrecht. Das Gericht hat daraufhin eine Stellungnahme von Dr. I. vom 00.00.0000 eingeholt. Darin hat Dr. I. ausgeführt, er fühle sich nicht befangen. Es bestehe keine persönliche Beziehung zu Behörden und auch keine Vereinbarung mit Berufsgenossenschaften als beratender Arzt. Das Logo der DGUV sei auf seiner Internetseite unter der Rubrik "Leistungsspektren" abgebildet. Es diene der Information der Patienten, die dadurch erführen, dass er als Durchgangsarzt auch für die Behandlung von Arbeits-, Wege- und Schulunfälle zugelassen sei. Mit diesem Logo erfolge eine Verlinkung zur DGUV, damit sich interessierte Patienten über die Inhalte und das Verfahren im Rahmen der Gesetzlichen Unfallversicherung informieren könnten.
4Das Gericht hat einen Ausdruck der Internethomepage der Praxis des Sachverständigen beigezogen und ausgewertet und eine ergänzende Stellungnahme von Dr. I. vom 00.00.0000 eingeholt. Darin hat dieser bekräftigt, er sei weder für die Beklagte noch für andere Berufsgenossenschaften als Beratungsarzt tätig.
5Hinsichtlich der weiteren wesentlichen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte verwiesen.
6II.
7Das Ablehnungsgesuch ist zulässig, jedoch unbegründet.
8Nach §§ 118 Abs. 1 Satz Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 406 Abs. 1, § 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) findet die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn der Beteiligte bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Sachverständigen ihm gegenüber zu zweifeln (BSG, Beschluss vom 18.7.2007 – B 13 R 28/06 R = juris; BGH, Beschluss vom 17.12.2009 – III ZB 55/09 = MDR 2010, 462; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.01.2014 – L 8 R 1000/13 B = juris). Der Grund, der das Misstrauen rechtfertigt, muss bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise vom Standpunkt der Partei aus vorliegen. Rein subjektive Vorstellungen und Gedankengänge des Antragstellers scheiden aus (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10.06.2014 – L 2 SF 50/14 AB = juris)
9Diese Voraussetzungen liegen in der Person des Sachverständigen Dr. I. nicht vor. Soweit der Kläger an dessen Unvoreingenommenheit zweifelt, weil sich auf der Internethomepage der Praxis des Sachverständigen das Logo der DGUV findet, so liegt bei vernünftiger Würdigung kein Grund vor, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Denn bei objektiver Betrachtung wird der Sachverständige keineswegs – wie der Kläger meint – von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (dem gemeinsamen Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, der Unfallkassen und Gemeindeunfallversicherungsverbände) angepriesen. Vielmehr ist die Abbildung des Logos als Hinweis darauf zu verstehen, dass der Sachverständige durch Verwaltungsakt des zuständigen Landesverbandes der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung als Durchgangsarzt zugelassen wurde und damit für die (Erst-)behandlung von Arbeitsunfällen besonderes qualifiziert ist. Hintergrund ist die besondere Ausgestaltung im materiellen Recht der Gesetzlichen Unfallversicherung, das den am Heilverfahren beteiligten Ärzten eine besondere Sachkunde und Erfahrung abverlangt (näher § 34 Abs. 3 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) sowie dem hierauf beruhenden Vertrag gem. § 34 Abs. 3 SGB VII zwischen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV), Berlin, dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-SpV), Kassel, einerseits und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, K.d.ö.R., Berlin, andererseits über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen (abrufbar unter http://www.dguv.de/medien/inhalt/rehabilitation/verguetung/documents/aerzte.pdf). Danach müssen die am Durchgangsarztverfahren beteiligten Ärzte eine besondere Erfahrung und Sachkunde aufweisen und sie müssen ferner eine bestimmte personelle und sächliche Ausstattung vorweisen können. Die Zulassung als Durchgangsarzt ist für die Ärzte mit mannigfachen Pflichten verbunden (zu den einzelnen Voraussetzungen siehe Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger nach § 34 SGB VII zur Beteiligung am Durchgangsarztverfahren in der Fassung vom 01.01.2011, abrufbar unter http://www.dguv.de/medien/landesverbaende/de/med reha/documents/d arzt3.pdf). Die vielschichtigen Anforderungen des materiellen Rechtes sowie das besondere Durchgangsarztverfahren sind den wenigsten Patienten im Detail geläufig. Als zugelassener Durchgangsarzt verfolgt der Sachverständige Dr. I. mit Abbildung des Logos der DGUV bei objektiver Betrachtung das legitime Anliegen, den Patienten zu informieren und ihm zu helfen, sich im Durchgangsarztverfahren zu Recht zu finden. Dies ergibt sich für die Kammer daraus, dass das Logo sich lediglich unter der Rubrik "Schul- und Arbeitsunfälle" findet und das Durchgangsarztverfahren hier kurz erläutert wird. Eine wie auch immer geartete Weisungsabhängigkeit oder besondere Nähe zur DGUV ist mit der Zulassung als Durchgangsarzt nicht verbunden und wird durch die Verwendung des Logos auch nicht impliziert. Auch aus seiner Zulassung als Durchgangsarzt folgen keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen Dr. I. Die Kammer hat vielmehr bewusst einen Arzt ausgewählt, der über eine besondere Sachkunde verfügt und imstande ist, die schwierigen Kausalitätsfragen, welche sich im Recht der Gesetzlichen Unfallversicherung stellen (können), adäquat zu beantworten. Dem entspricht die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der sich aus der Beauftragung eines Sachverständigen, der auch als Durchgangsarzt zugelassen ist, keine Besorgnis der Befangenheit ableiten lässt (exemplarisch etwa LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.07.1996 – L 2 U 1617/96 B = juris).
10Soweit der Kläger demgegenüber auf die Grundsätze des Arzthaftungsrechts verweist, verkennt er, dass diese eine gänzlich andere Regelungsmaterie betreffen als die Zulassung von Durchgangsärzten, die durch Verwaltungsakt des zuständigen Landesverbandes der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung erfolgt und öffentlich-rechtlich geprägt ist.
11Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 172 Abs. 2 SGG in der Fassung von Art. 7 Nr. 11 Buchstabe a) des BUK-Neuorganisationsgesetzes vom 19.10.2013, BGBl. 2013 I, 3836).
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(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.
(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.
(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.
(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.
(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.
(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Wert des Beschwerdegegenstands: 4.796,53 €
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger nimmt das beklagte Land wegen einer nach seiner Auffassung unrichtigen Entscheidung des Landgerichts Berlin in einem zivilrechtlichen Berufungsverfahren gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG auf Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage unter Hinweis auf § 839 Abs. 2 BGB (Spruchrichterprivileg) abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 28. Mai 2009 hat das Kammergericht darauf hingewiesen , dass beabsichtigt sei, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlusswege als unbegründet zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2009 hat der Kläger die am Hinweisbeschluss beteiligte Richterin am Amtsgericht K. als befangen abgelehnt. Die Richterin, die sich wohl zur Erprobung beim Kammergericht befinde, strebe offensichtlich ein Beförderungsamt an. Dabei sei sie auf das Wohlwollen der Senatorin für Justiz angewiesen, die im vorliegenden Rechtsstreit das beklagte Land vertrete. Deshalb müsse er besorgen , dass die Richterin versucht sein werde, nicht zu Ungunsten des Beklagten zu entscheiden. Es liege daher ein Grund vor, der geeignet sei, Misstrauen in die Unparteilichkeit der Richterin zu rechtfertigen.
- 2
- Mit Beschluss vom 3. Juli 2009 hat das Kammergericht das Ablehnungsersuchen als unbegründet zurückgewiesen. Die Tatsache, dass ein Richter über eine gegen seinen Dienstherrn gerichtete Klage zu entscheiden habe, stelle keinen Umstand dar, der geeignet sei, seine Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Hierbei könne nicht danach differenziert werden, ob es sich um einen noch nicht planmäßig ernannten Richter oder einen Richter auf Lebenszeit handele; beide genössen die volle sachliche Unabhängigkeit. Hieran ändere nichts, dass die persönliche Unabhängigkeit bei einem zur obergerichtlichen Erprobung abgeordneten Richter ähnlich wie bei einem Proberichter nicht uneingeschränkt gewährleistet sei. Denn im Rahmen seiner Erprobung solle der Richter gerade unter Beweis stellen, dass er nicht nur fachlich, sondern auch charakterlich in der Lage sei, ein Beförderungsamt auszuüben. Dies gelinge ihm nicht durch ein angepasstes Verhalten, sondern durch die allein dem Recht und dem Gesetz verpflichtete Streitentscheidung. Im Übrigen sei die Annahme des Klägers auch keineswegs zutreffend, wonach eine zukünftige Beförderung der abgelehnten Richterin allein vom Wohlwollen der Senatorin für Justiz abhänge, welche die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit vertrete. Das Verfahren für die Wahl, Berufung und Beförderung von Richtern in Berlin stelle sicher, dass Beförderungsentscheidungen allein aufgrund der fachlichen und persönlichen Eignung eines Richters getroffen würden und nicht davon abhingen, ob er in einem Einzelfall zugunsten oder zu Ungunsten seines Dienstherrn entschieden habe.
- 3
- Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
- 4
- Die Richterin am Amtsgericht K. hat ihre Erprobung am 31. Juli 2009 beendet. An ihre Stelle ist im 9. Zivilsenat des Kammergerichts als neuer Erprobungsrichter Richter am Landgericht Dr. S. getreten. Diesen hat der Kläger zwischenzeitlich ebenfalls mit gleich lautender Begründung wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
II.
- 5
- Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
- 6
- Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Entscheidend ist insoweit, ob eine Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung eines Richters zu zweifeln (BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 2002 - XI ZR 388/01 - NJW 2002, 2396; vom 2. Oktober 2003 - V ZB 22/03 - NJW 2004, 164; vom 6. April 2006 - V ZB 194/05 - NJW 2006, 2492, 2494, Rn. 26; vom 14. Juni 2006 - IV ZR 219/04 - FamRZ 2006, 1440; BVerfGE 98, 134, 137; BVerfG, NJW 2000, 2808).
- 7
- Die Tatsache, dass sich die abgelehnte Richterin zur Erprobung beim Kammergericht befunden hat, ist nicht geeignet, aus der Sicht einer vernünftigen Partei Misstrauen an ihrer Unparteilichkeit zu wecken.
- 8
- a) Allerdings hat das Landgericht Berlin (NJW 1956, 1492) die Ablehnung von Gerichtsassessoren in einem Fall für begründet erachtet, in dem der obersten Dienstbehörde sowie dem mitverklagten Senator für Justiz persönlich der Vorwurf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung gemacht wurde. Zur Begründung hat die Kammer darauf verwiesen, dass Gerichtsassessoren (heute: Richter auf Probe gemäß § 12 Abs. 1 DRiG) nicht in gleicher Weise gegenüber ihrer obersten Dienstbehörde persönlich unabhängig seien wie die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter. Ihre Laufbahn sowie ihre Übernahme als Richter auf Lebenszeit hingen wesentlich von den Entscheidungen des Senators für Justiz ab. Wenn ein Kläger bei dieser Rechtsstellung der beiden abgelehnten Gerichtsassessoren besorge, dass sie ihrer obersten Dienstbehörde in einem Rechtsstreit nicht unbefangen gegenüberstehen könnten, in dem dieser der persönliche Vorwurf vorsätzlicher unerlaubter Handlung gemacht werde, sei dies von seinem Standpunkt aus richtig.
- 9
- b) Ob dieser Entscheidung, die überwiegend auf Ablehnung gestoßen ist (KG, MDR 1995, 1164; MünchKommZPO/Gehrlein, 3. Aufl., § 42, Rn. 12; Musielak /Heinrich, ZPO, 7. Aufl., § 42, Rn. 16; Prütting/Gehrlein/Mannebeck, ZPO, § 42, Rn. 14; Schneider, DRiZ 1978, 42, 45; kritisch auch Stein/Jonas/Bork, 22. Aufl., § 42 Rn. 5; zustimmend aber unter Bezugnahme auf die besonderen Umstände des Falles: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl., § 42, Rn. 20, Stichwort "Dienstherr"; verallgemeinernd Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 42, Rn. 11, 12a), gefolgt werden könnte, bedarf hier keiner Ent- scheidung. Abgesehen davon, dass es - anders als im oben angesprochenen Fall - nicht um den Vorwurf eines pflichtwidrigen Verhaltens des Dienstherrn geht, unterscheidet sich die Situation eines zur Erprobung bei einem Obergericht abgeordneten Richters grundlegend von der Stellung eines Richters auf Probe. Ersterer ist - im Unterschied zum Richter auf Probe (siehe dazu BGHZ 130, 304, 308) - bereits hauptamtlich und planmäßig endgültig als Richter angestellt und untersteht damit uneingeschränkt dem Schutz des Art. 97 Abs. 2 GG. Seine sachliche und persönliche Unabhängigkeit wird durch die Erprobung nicht beeinträchtigt (BGHZ 162, 333, 339 f). Zwar mag der Erfolg der Erprobung beim Obergericht Einfluss auf die weitere richterliche Laufbahn haben. Die diesbezügliche Beurteilung der Erprobungsleistung erfolgt allerdings durch die Behördenleitung des Obergerichts, nicht unmittelbar durch den Dienstherrn. Die hinter dem klägerischen Ablehnungsantrag stehende Annahme, eine Berufsrichterin würde sich bei ihrer Entscheidung in Amtshaftungsprozessen von der Erwägung leiten lassen, dass eine klageabweisende Entscheidung ihrem Dienstherrn besser gefalle und sich insoweit dann auf ihren weiteren beruflichen Lebensweg positiv auswirken könne, erscheint dem Senat abwegig. Eine vernünftige Partei darf darauf vertrauen, dass ein Berufsrichter willens, in der Lage und stets bereit ist, dem Recht zu dienen und seine Entscheidung danach auszurichten. Hieran ändert die Tatsache der Erprobung, auch wenn diese notwendige Voraussetzung für eine Beförderung ist, nichts. Die Erprobung ist mit der richterlichen Unabhängigkeit vereinbar; vom Erprobungsrichter wird erwartet , dass er seine Entscheidung nicht vom angestrebten Ziel der Beförderung abhängig macht (BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 2006 - 2 BvR 957/05 - juris, Rn. 7).
- 10
- Die gegenteilige Annahme ließe sich im Übrigen nicht auf die zur Erprobung bei einem Obergericht tätigen Richter beschränken, sondern müsste im Falle ihrer Berechtigung auf jeden Berufsrichter übertragen werden, dessen Laufbahn noch nicht abgeschlossen ist und der deshalb noch befördert werden kann. Damit wären Amtshaftungsprozesse gegen die Anstellungskörperschaften (Land oder Bund) der jeweils zur Entscheidung berufenen Richter nicht mehr justiziabel. Würde der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt als ein vernünftiger und verständiger Umstand gewürdigt werden, der geeignet ist, die Unparteilichkeit eines Richters in Zweifel zu ziehen, hieße dies letztlich, die rechtsethischen Wurzeln des richterlichen Berufs zu leugnen und die verfassungsrechtliche Institution der dritten Staatsgewalt schlechthin in Frage zu stellen. Dass in einem Fall, in dem der Staat Partei ist, letzten Endes kein Dritter, sondern der Staat über sich selbst zu Gericht sitzt, da Gerichte Organe dieses Staates sind, ist im gewaltengeteilten Staatsaufbau des Grundgesetzes mit seiner unabhängigen Justiz kein Grund, die gerichtliche Tätigkeit in Frage zu stellen (BVerfGE 4, 331, 346). Aus dem Dienstverhältnis allein kann eine Befangenheit der mit Amtshaftungsansprüchen befassten Richter daher nicht abge- leitet werden (Senat, Beschluss vom 16. Februar 1959 - III ARZ 4/59 - DRiZ 1959, 153).
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 12.02.2009 - 13 O 187/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 03.07.2009 - 9 U 63/09 -
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 11.10.2013 geändert. Das Gesuch des Klägers auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. H wegen Besorgnis der Befangenheit ist begründet.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger begehrt in der Hauptsache Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung trägt er vor allem vor, er leide unter einer massiven Schädigung der Hals- und Lendenwirbelsäule, welche mit einer ausgeprägten Schmerzsymptomatik und Bewegungseinschränkungen einhergehe und irreversibel sei.
4Das Sozialgericht (SG) hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt, die zum Teil auch ihnen vorliegende Arztberichte übersandt haben. Diese enthalten u.a. den Bericht über ein MRT der Lendenwirbelsäule vom 22.4.2010 mit der Beurteilung des Vorliegens von Narbengewebe und eines kleinen medialen Bandscheibenvorfalls im Segment L5/S1 sowie den Bericht über ein MRT der Halswirbelsäule vom 20.1.2011 mit der Beurteilung degenerativer Veränderungen der Segmente C4 bis C 7. Der behandelnde Chirurg T hat in seinem Befundbericht vom 27.2.2013 ein deutliches degeneratives Wirbelsäulensyndrom bei Zustand nach Bandscheibenoperation vom 22.4.2009 beschrieben.
5Das SG hat daraufhin Beweis erhoben durch Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. Dr. C unter Berücksichtigung eines Zusatzgutachtens des Orthopäden Dr. H. Dr. H hat in seinem Gutachten die Arztberichte betreffend die MRT-Untersuchungen wiedergegeben. Er hat die Hals- und die Lendenwirbelsäule geröntgt und dabei einen "altersgemäßen Normbefund" erhoben. Als Diagnosen hat er sodann u.a. gestellt: Cervialgie bei freier Funktion, nativradiologisch ohne wesentlichen pathologischen Befund, MRT-Befund siehe oben; Dorsolumbalgie mit pseudoradikulärer Ausstrahlung, bei leicht reduzierter Funktion, nativradiologisch ohne wesentlichen pathologischen Befund, MRT-Befund siehe oben. Der Kläger könne noch leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten verrichten.
6Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 27.8.2013 vorgetragen, nach Schilderung des Klägers habe die persönliche Exploration durch den Sachverständigen Dr. H lediglich eine gute Viertelstunde gedauert. Es sei dem Kläger so vorgekommen, dass der Gutachter unvorbereitet gewesen sei. Die anschließende Untersuchung habe nur wenige Minuten gedauert. Der Sachverständige habe den ihm vom Kläger vorgelegten zeitlich letzten MRT-Befund nebst Bildern mit dem Kommentar zurückgewiesen, dass diese ohnehin zu alt seien und er sie deswegen erst gar nicht ansehen werde. Umso mehr verwundere es, dass der Gutachter sodann lediglich eine Röntgenuntersuchung veranlasst habe, auf welcher das Gutachten nunmehr basiere. Bei den geklagten Beschwerden des Klägers sei eine MRT-Untersuchung der Hals- und der Lendenwirbelsäule unerlässlich gewesen. Folglich verwundere es auch nicht, dass der Gutachter insoweit zu einem "altersgemäßen Normbefund" gekommen sei. Der Klägerbevollmächtigte hat u.a. folgende Frage an Dr. H formuliert:
7"2. Wäre ggf. eine neurologische Zusatzuntersuchung notwendig gewesen? Ggf. durch Hinzuziehung eines neurologischen Ergänzungsgutachters?
8...
94. Bzgl. der HWS wurde ein ‚altersgemäßer Normbefund‘ festgestellt. Wie ist dies in Einklang zu bringen mit den aktenkundigen Vorbefunden? Hinsichtlich der HWS weisen wir ausdrücklich auf den MRT-Befund des Strahleninstituts Köln vom 21.1.2011 hin, mit welchem dem Kläger deutliche degenerative Defekte in den Bereichen C4/5, C5/6 und C6/7 attestiert werden. Dieser Befund war bei Gutachtenerstellung über 2 Jahre alt; hätte hier nicht eine neue MRT-Untersuchung erfolgen müssen, zumal der Kläger über persistierende Beschwerden klagt?
105. Bezgl. der LWS wurde ein ‚altersgemäßer Normbefund‘ festgestellt. Wie ist dies in Einklang zu bringen mit den aktenkundigen Vorbefunden, insbesondere dem mehrfach aktenkundigen Rezidiv-Bandscheibenvorfall im Bereich LW5/SW1?"
11In seiner auf Anforderung des SG erstatteten ergänzenden Stellungnahme vom 8.9.2013 hat Dr. H den Vortrag des Klägerbevollmächtigten zur Dauer der Begutachtung und zur Frage, ob er ausreichend vorbereitet gewesen sei, als "vollständig falsch" bezeichnet. Ein weiterer Absatz der Stellungnahme beginnt mit den Worten "Hätte die Klagevertretung mein Gutachten gelesen bzw. auch verstanden " Sodann heißt es:
12"Ferner moniert die Klagevertretung meine gutachterliche Bewertung der durchgeführten Röntgenaufnahmen der HWS und LWS. Aus dem Briefkopf der Klagevertretung ist nicht zu entnehmen, dass die Klagevertretung über eine abgeschlossene Ausbildung als Arzt verfügt, speziell auch mit Kenntnissen in der Röntgendiagnostik. Ferner lagen der Klagevertretung die Röntgenbilder im Original nicht vor. Somit ist der erhobene Vorwurf gutachterlich als vollständig unqualifiziert zurückzuweisen."
13Auf Frage 2 hat der Sachverständige geantwortet: "Ein verständiger Blick in das Gutachten des Kollegen Dr. Dr. C durch den Klagevertreter hätte helfen können, dieser ist Facharzt für Nervenheilkunde, also ein voll ausgebildeter Neurologe mit weiterer Zusatzausbildung. Der Einwand der Klagevertretung zeugt von vollständiger Unkenntnis."
14Auf diese ihm mit gerichtlicher Verfügung vom 1.10.2013 zur Stellungnahme binnen fünf Wochen hin übersandten Stellungnahme hat der Kläger den Sachverständigen Dr. H wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (Schriftsatz v. 8.10.2013). Seine Äußerungen seien durchweg geeignet, vernünftige Zweifel an seiner Neutralität und Unparteilichkeit zu begründen.
15Das SG hat den Antrag abgelehnt (Beschluss v. 11.10.2013). Dem Kläger sei zu konzedieren, dass der Sachverständige zugespitzt formuliert habe und es sicherlich dienlicher gewesen wäre, wenn er sich weiterhin einer nüchternen Sprache bedient hätte. Allerdings reagiere er auf Vorwürfe des Klägers betreffend die Dauer der Untersuchung und die mangelnde Vorbereitung des Sachverständigen. Der Kläger habe weiterhin seine Verwunderung zum Ausdruck gebracht, dass der Gutachter lediglich eine Röntgenuntersuchung veranlasst habe. Es könne nicht angehen, dass ein Bevollmächtigter im Rahmen seiner engagierten Prozessvertretung überspitzte Formulierungen zum Teil herabwürdigenden Inhalts gegen einen Sachverständigen äußere, wenn dieser daraufhin ebenfalls pointiert reagiere, jedoch zugleich die Besorgnis der Befangenheit äußere. Dr. H erstatte seit Jahren unbeanstandet Gutachten für die Sozialgerichtsbarkeit. Oberflächlichkeit oder mangelnde Vorbereitung seien ihm noch nie vorgeworfen worden.
16Gegen diesen seinem Prozessbevollmächtigten am 23.10.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die am 23.10.2013 beim SG erhobene Beschwerde, mit der der Kläger sich auf den Inhalt seines Ablehnungsgesuchs bezieht.
17II.
18Die Beschwerde ist zulässig (1.) und begründet (2.).
191. Die fristgerecht erhobene Beschwerde ist statthaft. Die Neufassung des § 172 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), wonach Beschlüsse der Sozialgerichte über die Ablehnung von Sachverständigen nicht mit der Beschwerde angefochten werden können, ist erst am 25.10.2013 in Kraft getreten (Art. 7 Nr. 11 Buchst. b) i.V.m. Art. 17 Abs. 1 BUK-Neuorganisationsgesetz v. 19.10.2013, BGBl. 2013 I, 3836, ausgegeben am 24.10.2013). Der dort bezeichnete Termin der Verkündung des Gesetzes entspricht dem der Ausgabe des Bundesgesetzblatts (vgl. Art 82 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz [GG]). Zu diesem Zeitpunkt war die Beschwerde bereits anhängig, da sie fristwahrend auch zum SG erhoben werden konnte (§ 173 Satz 1 SGG). Sie wird daher nach allgemeinen Grundsätzen intertemporären Rechts nicht von dem Beschwerdeausschluss erfasst (vgl. BVerfG, Beschluss v. 7.7.1992, 2 BvR 1631/90 u.a., BVerfGE 87, 48 ff.).
202. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Antrag des Klägers auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. H ist zulässig (a)) und begründet (b)).
21a) Der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass er ohne sein Verschulden gehindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 406 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO)). Denn der Ablehnungsgrund ergibt sich erst aus der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 8.9.2013, auf deren Übersendung der Kläger unverzüglich, jedenfalls aber innerhalb der ihm vom SG gesetzten Frist zur Stellungnahme (vgl. zur Maßgeblichkeit dieser Frist BGH, Beschluss v. 15.3.2005, VI ZB 74/04, NJW 2005, 1869 f.), reagiert hat.
22b) Nach §§ 118 Abs. 1 Satz SGG i.V.m. §§ 406 Abs. 1, § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen.
23aa) Entscheidend ist insoweit, ob der Beteiligte bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Sachverständigen ihm gegenüber zu zweifeln (BSG, Beschluss v. 18.7.2007, B 13 R 28/06 R, juris; BGH, Beschluss v. 17.12.2009, III ZB 55/09, MDR 2010, 462; Senat, Beschluss v. 2.11.2010, L 8 R 921/10 B, MedSach 2013, 245 m.w.N.). Die Besorgnis der Befangenheit kann sich dabei auch aus unangemessener Kritik an der Person des Prozessbevollmächtigten des Klägers ergeben. Zwar darf der Sachverständige auf Kritik seitens eines Beteiligten in angemessener Weise scharf reagieren. Anders liegt es aber dann, wenn er in Wortwahl und Ausmaß der persönlichen Abwertung des Prozessbevollmächtigten die Grenzen einer adäquaten und nachvollziehbaren Reaktion auf diese Kritik überschreitet. (OLG Köln, Beschluss v. 3.12.2012, 17 W 141/12, BauR 2013, 498 ff.; OLG Nürnberg, Beschluss v. 8.9.2011, 8 U 2204/08, MDR 2012, 365; OLG Hamm, Beschluss v. 20.1.2010, 1 W 85/09, MDR 2010, 653; OLG Frankfurt, Beschluss v. 12.1.2009, 8 W 78/08, Ges 2009, 502 f.; KG, Beschluss v. 6.9.2007, 12 W 52/07, MDR 2008, 528; OLG Brandenburg, Beschluss v. 30.4.2002, 12 W 7/02, MDR 2002, 192).
24bb) Nach diesen Grundsätzen ist die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. H vom 8.9.2013 geeignet, auch aus Sicht eines vernünftigen und objektiven Beteiligten Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit zu begründen.
25(1) Der Sachverständige hat den Prozessbevollmächtigten des Klägers in dieser Stellungnahme entgegen der Ansicht des SG nicht nur pointiert, sondern in zum Teil sogar persönlich herabwürdigender Weise angegriffen. Das gilt namentlich für den Vorwurf, der Klägervertreter habe das Gutachten nicht gelesen, und die Bezeichnungen "vollständig unqualifiziert" und "vollständige Unkenntnis".
26(2) Diese Herabwürdigungen des Klägerbevollmächtigten stellen keine angemessene Reaktion auf dessen Schriftsatz vom 27.8.2013 dar, sondern gehen weit darüber hinaus.
27(a) Gerade wenn der Sachverständige, wie das SG ausgeführt hat, seit Jahren Gerichtsgutachten erstattet, muss ihm bewusst sein, dass die Gerichte nur solche Gutachten verwerten dürfen, die vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei sind (BSG, Urteil v. 4.6.2002, B 2 U 20/01 R, juris). Auf insoweit bestehende Bedenken gegen ein Gerichtsgutachten dürfen und müssen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte im Rahmen ihrer Verpflichtung, ihre Mandanten vor Rechtsverlusten zu schützen und vor Fehlentscheidungen der Gerichte oder Behörden zu bewahren (§ 1 Abs. 3 Berufsordnung für Rechtsanwälte), im Rahmen des Parteivortrags daher hinweisen (zur Verpflichtung, dabei auch gegen ein Sachverständigengutachten vorzugehen, vgl. BGH, Urteil v. 16.6.2005, IX ZR 27/04, NJW 2005, 3071). Sie sind dabei auch berechtigt und verpflichtet, Einwände gegen die Vollständigkeit der Anamnese- und Befunderhebung vorzutragen. Zur Wahrung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 62 SGG) haben sie des Weiteren einen Anspruch auf Vorlage sachdienlicher Fragen an den Sachverständigen (§§ 397, 402 ZPO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 116 Satz 2 SGG). Dabei müssen sie ihre Einwendungen gegen ein Gerichtsgutachten nicht etwa auf sachverständigen Rat stützen oder in medizinischen Bibliotheken Recherchen anstellen, sondern sie sind berechtigt, diese Einwendungen jedenfalls zunächst ohne fremde Hilfe vorzubringen (BGH, Urteil v. 8.6.2004, VI ZR 199/03, NJW 2004, 2825).
28(b) Vor diesem Hintergrund hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers zunächst mit der Wiedergabe der Beanstandungen seines Mandanten zur Dauer der Anamnese- und Befunderhebung und zu der seinem Eindruck nach unzureichenden Vorbereitung des Sachverständigen diesem keinen Anlass gegeben, ihn in der ergänzenden Stellungnahme herabwürdigend zu behandeln. Das gilt auch, wenn die dahingehenden Schilderungen des Klägers gegenüber seinem Bevollmächtigten unzutreffend sein sollten. Denn der Klägervertreter, der selbst bei der Begutachtung nicht anwesend war, hat sich insoweit darauf beschränkt, den subjektiven Eindruck des Klägers aus der Untersuchungssituation zu schildern, und dies auch der Sprachform nach deutlich gemacht ("nach Schilderung des Klägers", "Dem Kläger kam es hierbei so vor").
29(c) Nichts anderes gilt für die von dem Klägervertreter an den Sachverständigen gestellten ergänzenden Fragen 4. und 5. Der Sachverständige hat zwar die Arztberichte über die MRT-Untersuchungen in seinem Gutachten wiedergegeben, die Aufnahmen aber offenbar selbst nicht in Augenschein genommen. Den Arztberichten nach hat sich auf diesen Aufnahmen ein pathologischer Befund gezeigt. Der Sachverständige hat seinerseits Röntgenuntersuchungen durchgeführt, die demgegenüber einen "altersgemäßen Normbefund" ergeben haben. Wie ein "altersgemäßer Normbefund" in Einklang zu bringen ist mit dem Ergebnis der MRT-Untersuchungen und ob eine erneute MRT geboten gewesen wäre, ist eine sachdienliche Frage, die jedenfalls ein medizinisch nicht ausgebildeter Rechtsanwalt im Rahmen einer verantwortungsvollen Prozessführung stellen darf, ohne sich dafür vom Sachverständigen als "vollständig unqualifiziert" bezeichnen lassen zu müssen. Das gilt umso mehr, als Dr. H dem Vortrag, er habe den ihm vorgelegten MRT-Befund dem Kläger gegenüber als "zu alt" bezeichnet und daher nicht in Augenschein genommen, nicht entgegengetreten ist.
30cc) Unerheblich ist, ob das SG bei anderen Begutachtungen positive Erfahrungen mit dem Sachverständigen Dr. H gemacht hat. Für die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit kommt es nicht auf die Sichtweise des Gerichts, sondern die vernünftige Würdigung durch den ablehnenden Beteiligten an.
31Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
32Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem Sachverständigen Dr. S. besteht.
Der Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) begehrt im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (Az.: S 15 U 186/09) die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls vom 23. Februar 1994; zwei weitere Unfälle im Jahre 2004 hätten die Beschwerdesymptomatik verschärft. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 15. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 2009 ab.
Das Sozialgericht hat mit Beweisanordnung vom 25. März 2011 zunächst den Orthopäden Dr. M. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Mit Schriftsatz vom 7. April 2011 hat der Bf. diesen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, da der Sachverständige eng mit der Berufsgenossenschaft verbunden sei. Das Gericht hat daraufhin den Sachverständigen entbunden und mit Beschluss vom 20. April 2011 die Beweisanordnung dahingehend abgeändert, dass mit der Gutachtenserstellung der Orthopäde Dr. E. S. beauftragt worden ist.
Mit Gutachten vom 28. Juli 2011 hat dieser nach ambulanter Untersuchung in den Untersuchungsräumen des Sozialgerichts Nürnberg als Unfallfolgen verheilte Verstauchungen der Wirbelsäule, einen unter Verformung verheilten Bruch des 3. oder 4. Brustwirbels und eine verheilte Schädelprellung festgestellt. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage unter 10 v. H. Mit Schreiben vom 13. September 2011 hat das Sozialgericht dem Bf. das Gutachten zur Stellungnahme bis 21. Oktober 2011 übersandt. Mit Schriftsätzen vom 17. und 18. Oktober 2011 sowie vom 10. Juli 2012 hat der Bf. umfassend zu den Gutachten Stellung genommen. In dem Schriftsatz vom 18. Oktober 2011 hat er ausgeführt, dass Dr. S. nach seiner Kenntnis auffallend viele Gutachten für das Sozialgericht Nürnberg, B-Stadt und das Bayer. Landessozialgericht fertige. Hier könne man vermuten, dass seitens des Gutachters die wirtschaftliche Abhängigkeit von Folgeaufträgen eine gewisse Rolle spiele; die Besorgnis der Befangenheit sei hier angebracht. Im Übrigen hat der Bf. vielfache inhaltliche Kritik an dem Gutachten geübt, z. B. eine lückenhafte Anamnese oder die Unterlassung notwendiger Untersuchungen gerügt. Der Bf. hat weiterhin vorgetragen, dass Dr. S. die notwendige Sachkunde und Fachkompetenz fehle um seine komplexe Erkrankung beurteilen zu können. Das Gutachten sei unrichtig, weil es der wahren Sachlage nicht entspreche. Dr. S. hätte mit der von ihm getroffenen Schlussfolgerung seine Kompetenz weit überschritten. Zudem habe Dr. S. formale Begutachtungsstandards nicht eingehalten. Der Vorwurf des Bf., Dr. S. stehe in einem Vertragsverhältnis zum Gericht und sei daher wirtschaftlich abhängig und befangen, ist gemäß Schriftsatz des in der Zwischenzeit Bevollmächtigten des Klägers vom 1. März 2013 nicht mehr aufrechterhalten worden. Es würden aber die anderen erhobenen Vorwürfe aufrecht erhalten. Gewichtig erscheine hierbei insbesondere, dass in dem Kellerraum die CT-Bilder von diesem nicht zur Kenntnis genommen worden seien. Der Gutachter habe das Gutachten trotzdem erstellt. Dies müsse unmöglich sein angesichts des für ihn fehlenden Kotakts zu den ursprünglichen bilddiagnostischen Feststellungen. Allein auf die schriftlichen Texte habe sich der Gutachter nicht stützen dürfen. Er habe sich ferner deutlich über seine eigene Fachkompetenz hinaus geäußert. Im Übrigen sei bereits mit klägerischem Schriftsatz vom 10. Juli 2012 die Einholung eines biomechanischen Gutachtens beantragt worden.
Dr. S. hat sich mit Stellungnahme vom 2. August 2013 zu den erhobenen Vorwürfen geäußert. Berichte über Funktionsaufnahmen an der Wirbelsäule hätten in ausreichendem Maße in den Gutachtenakten vorgelegen. Tatsächlich sei es auch so, dass CD`s und DVD`s auf den Computern in den Untersuchungsräumen des Sozialgerichts Nürnberg nur eingeschränkt verwertbar seien. Das schließe aber nicht aus, dass er in seinen eigenen Untersuchungsräumen eine kompetente PC-Anlage habe. Auf die zahlreichen Röntgenbefunde, die in dem Gutachten aufgeführt und von ihm eingesehen worden seien, hat er hingewiesen.
Der Bf. hat mit Schriftsatz vom 26. September 2013 den Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen aufrecht erhalten.
Das Sozialgericht hat das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 16. Januar 2014 zurückgewiesen. Der Gutachter habe sich mit den an ihn herangetragenen Beweisfragen auseinandergesetzt. Seine - für den Kläger in der Sache nachteiligen - Ausführungen ließen nicht erkennen, dass er sich seiner Aufgabe voreingenommen gestellt hätte. Sie ergäben auch weder nach ihrem Inhalt noch im Hinblick auf ihre Formulierung Anlass zu der Annahme, dass sich der Sachverständige von unsachlichen Erwägungen hätte leiten lassen. Nach Ansicht des Gerichts habe Dr. S. die Begutachtung des Klägers entsprechend der gängigen formalen Begutachtungsstandards vorgenommen und die vom Gericht gestellten Beweisfragen in nicht zu beanstandender Weise abgearbeitet. Das Gutachten sei von Sachlichkeit und gebotener Neutralität geprägt. Bei den vom Kläger vorgetragenen zahlreichen Kritikpunkten an dem Inhalt des Gutachtens von Dr. S. und auch bei der Kritik an dessen Fachkompetenz handele es sich um Vorwürfe, die die Fähigkeit des Sachverständigen in Zweifel ziehen, nicht dagegen seine Unparteilichkeit. Diese Vorwürfe könnten daher eine Besorgnis der Befangenheit des Dr. S. nicht begründen. Der Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten des Bf. mit Empfangsbekenntnis am 23. Januar 2014 zugestellt worden.
Zur Begründung der hiergegen am 21. Februar 2014 beim Sozialgericht eingelegten Beschwerde hat der Bf. auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 15. Februar 2014 verwiesen und ausgeführt, es lägen entgegen dem Beschluss des Sozialgerichts objektive Anhaltspunkte dafür vor, die auf eine Befangenheit des ärztlichen Sachverständigen schließen ließen. Der Sachverständige nehme eine „Alibirolle“ ein, was insbesondere die Beurteilung der mitgebrachten Röntgenaufnahmen auf CD`s betreffe. Diese hätten überhaupt nicht inhaltlich erfasst werden können, weil eine entsprechende Ausstattung in dem Untersuchungsraum des Gerichts nicht vorhanden gewesen sei. Ferner seien Ausführungen in dem Gutachten sowie die Bewertung der MdE mit unter 10 v. H. nicht zutreffend. Auch die Tatsache, dass der Sachverständige von sich aus nicht das biomechanische Gutachten als Grundlage seiner eigenen Beurteilung als notwendig ansehe und zuvor fordere, zeige eine „Alibiposition“. Ferner habe das Gericht das rechtliche Gehör des Bf. verletzt; dessen Argumentation insbesondere bezüglich der Schmerzproblematik sei klar und deutlich gewesen. Da das Sozialgericht hiervor die Ohren verschließe, werde hilfsweise eine „Gehörsrüge“ erhoben. Der Bf. sei durchgehend auf Schmerzmittel angewiesen und habe sich mehrfach in Schmerzkliniken aufgehalten. Auch dies sei Folge des Unfalls.
Die Beklagte hat sich zu der Beschwerde nicht geäußert.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist unbegründet.
Nach § 118 Abs. 1 SGG sind im sozialgerichtlichen Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) anzuwenden. Nach § 406 Abs. 2 S. 1, 411 Abs. 1 ZPO ist der Ablehnungsantrag bei dem Gericht oder dem Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung zu stellen - zu einem späteren Zeitpunkt nach § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO nur dann, wenn der Antragsteller Gründe nennen kann, dass er die Befangenheit ohne sein Verschulden erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend machen konnte. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn erst aus dem schriftlich abgefassten Gutachten der Ablehnungsgrund ersichtlich wird. In diesem Fall endet die Frist für den Ablehnungsantrag mit dem Ablauf der Frist, die das Gericht den Beteiligten zur Stellungnahme zum Gutachten eingeräumt hat. Zweck dieser Regelung ist die Beschleunigung des gerichtlichen Verfahrens. Da sich vorliegend die geltend gemachte Besorgnis der Befangenheit aus dem Gutachten selbst ergibt und hierbei vom Gericht eine Frist zur Stellungnahme bis 21.Oktober 2011 gesetzt worden war, war der Schriftsatz vom 18. Oktober 2011, eingegangen am 20. Oktober 2011, der bei Auslegung bereits ein Ablehnungsgesuch enthielt, als fristgemäß anzusehen.
Nach §§ 406 Abs. 1 S. 1, 42 Abs. 1 und 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Der Grund, der das Misstrauen rechtfertigt, muss bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise vom Standpunkt der Partei aus vorliegen. Rein subjektive Vorstellungen und Gedankengänge des Antragsteller scheiden aus (Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 42 Rdnr. 9).
Allerdings rechtfertigen sachliche Mängel eines Gutachtens, wie sie vom Bf. vorgebracht werden, eine Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit nicht - hierzu ist jedoch auch auf die Stellungnahme des Sachverständigen zu dem klägerischen Vorbringen hinzuweisen. Dies gilt insbesondere für die Auswertung mitgebrachter Röntgenaufnahmen, die Beurteilung der vorliegenden Befunde, die Diagnoseerstellung oder auch die Bewertung der MdE im Rahmen der begehrten Verletztenrente. Eventuelle Unzulänglichkeiten treffen beide Parteien und können lediglich dazu führen, die Rechte des Prozessrechts in Anspruch zu nehmen, insbesondere ein neues Gutachten einzuholen (vgl. § 412 ZPO). Derartige Mängel eines Gutachtens können allenfalls ein Gutachten entwerten. Die inhaltliche Bewertung des Gutachtens obliegt dem entscheidenden Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 S. 1 SGG) und kann nicht in ein Verfahren wegen Besorgnis der Befangenheit vorgezogen werden. Es ist auch dem Sozialgericht die Entscheidung zu überlassen, ob vor abschließender medizinischer Beurteilung ein biomechanisches Gutachten einzuholen wäre - ggf. wäre dann zu entscheiden, ob eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen anzufordern oder ein neues Gutachten in Auftrag zu geben wäre.
Ähnliches gilt für die vom Bf. angezweifelte Fachkompetenz des Sachverständigen. Unabhängig davon, dass grundsätzlich bei dem Sachverständigen keine Anhaltspunkte für das Fehlen der Kompetenz auf orthopädischem Fachgebiet gegeben sind, würde dies lediglich einen Mangel des Gutachtens darstellen, der beide Parteien betrifft und keinen Grund für die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit darstellen würde.
Der klägerische Vorwurf der finanziellen Abhängigkeit des Sachverständigen von der Beauftragung durch bayerische Sozialgerichte wurde ausdrücklich nicht mehr aufrecht erhalten.
Das Sozialgericht hat damit zutreffend den Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. S. zurückgewiesen.
Die hilfsweise erhobene „Gehörsrüge“ im Sinne der Anhörungsrüge nach § 178 a SGG ist unzulässig. Gemäß § 178 a Abs. 1 S. 1 SGG ist auf Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben (§ 178 a Abs. 2 S. 1 SGG). Die Anhörungsrüge ist bereits wegen des Versäumnisses dieser Frist als unzulässig zu verwerfen (§ 178 a Abs. 4 S. 1 SGG). Der Beschluss, gegen den sich der Bf. wendet, wurde dem Prozessbevollmächtigten gemäß Empfangsbekenntnis am 23. Januar 2014 zugestellt. Die zweiwöchige Frist begann somit am 24. Januar 2014 und endete mit Ablauf des 6. Februar 2014. Die Anhörungsrüge ging jedoch erst am 21. Februar 2014 beim Sozialgericht und am 27. Februar 2014 beim Bayer. Landessozialgericht ein. Darüber hinaus handelt es sich bei dem Beschluss des Sozialgerichts nicht um eine gerichtliche Entscheidung, gegen die ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist (§ 178 a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG). Eine Anhörungsrüge findet nur statt gegen Endentscheidungen. Der Senat kann offenlassen, ob eine Anhörungsrüge „hilfsweise“ erhoben werden kann. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG. Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG bzw. § 178 a Abs. 4 S. 3 SGG unanfechtbar.
(1) Die Unfallversicherungsträger haben alle Maßnahmen zu treffen, durch die eine möglichst frühzeitig nach dem Versicherungsfall einsetzende und sachgemäße Heilbehandlung und, soweit erforderlich, besondere unfallmedizinische oder Berufskrankheiten-Behandlung gewährleistet wird. Sie können zu diesem Zweck die von den Ärzten und Krankenhäusern zu erfüllenden Voraussetzungen im Hinblick auf die fachliche Befähigung, die sächliche und personelle Ausstattung sowie die zu übernehmenden Pflichten festlegen. Sie können daneben nach Art und Schwere des Gesundheitsschadens besondere Verfahren für die Heilbehandlung vorsehen.
(2) Die Unfallversicherungsträger haben an der Durchführung der besonderen unfallmedizinischen Behandlung die Ärzte und Krankenhäuser zu beteiligen, die den nach Absatz 1 Satz 2 festgelegten Anforderungen entsprechen.
(3) Die Verbände der Unfallversicherungsträger sowie die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (Kassenärztliche Bundesvereinigungen) schließen unter Berücksichtigung der von den Unfallversicherungsträgern gemäß Absatz 1 Satz 2 und 3 getroffenen Festlegungen mit Wirkung für ihre Mitglieder Verträge über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte und Zahnärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung. Dem oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist rechtzeitig vor Abschluß Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, sofern in den Verträgen die Verarbeitung von personenbezogenen Daten geregelt werden sollen.
(4) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben gegenüber den Unfallversicherungsträgern und deren Verbänden die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die Durchführung der Heilbehandlung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht.
(5) Kommt ein Vertrag nach Absatz 3 ganz oder teilweise nicht zustande, setzt ein Schiedsamt mit der Mehrheit seiner Mitglieder innerhalb von drei Monaten den Vertragsinhalt fest. Wird ein Vertrag gekündigt, ist dies dem zuständigen Schiedsamt mitzuteilen. Kommt bis zum Ablauf eines Vertrags ein neuer Vertrag nicht zustande, setzt ein Schiedsamt mit der Mehrheit seiner Mitglieder innerhalb von drei Monaten nach Vertragsablauf den neuen Inhalt fest. In diesem Fall gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrags bis zur Entscheidung des Schiedsamts vorläufig weiter.
(6) Die Verbände der Unfallversicherungsträger und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen bilden je ein Schiedsamt für die medizinische und zahnmedizinische Versorgung. Das Schiedsamt besteht aus drei Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und drei Vertretern der Verbände der Unfallversicherungsträger sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. § 89 Absatz 6 des Fünften Buches sowie die aufgrund des § 89 Absatz 11 des Fünften Buches erlassenen Rechtsverordnungen gelten entsprechend.
(7) Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsämter nach Absatz 6 führt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
(8) Die Beziehungen zwischen den Unfallversicherungsträgern und anderen als den in Absatz 3 genannten Stellen, die Heilbehandlung durchführen oder an ihrer Durchführung beteiligt sind, werden durch Verträge geregelt. Soweit die Stellen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ausführen oder an ihrer Ausführung beteiligt sind, werden die Beziehungen durch Verträge nach § 38 des Neunten Buches geregelt.
(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen
- 1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte, - 2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn - a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint, - b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder - c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
- 3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193, - 4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.