Sozialgericht Aachen Urteil, 25. Feb. 2014 - S 12 SB 655/13


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
3Bei dem am 00.00.0000 geborenen Kläger stellte der Beklagte mit Bescheid vom 08.06.2009 aufgrund eines Tinnitus mit Konzentrations- und Schlafstörungen, einer Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule bei Bandscheibenprotrusion L5/S1, LWS-Syndrom und HWS-Syndrom, einer Funktionseinschränkungen der unteren Gliedmaße bei Faszikulationen des linken Oberschenkels mit Oberschenkelatrophie, einer Fettleber und Funktionsbeeinträchtigungen von Herz und Kreislauf einen GdB von 20 fest.
4Der Kläger stellte am 23.11.2012 einen Änderungsantrag. Hierbei gab er an er leide unter Funktionsbeeinträchtigungen durch einen beiderseitigen chronischen, dekompensierten komplexen Tinnitus Grad IV, Anpassungsstörungen mit Angst und Depressionen, Innenohrschwerhörigkeit mit Hochtonabfall beidseitig, HWS-/LWS- Syndrom, Hypothyreose, hypertrophischer obstruktiver Kardiomyopathie, Muskelfaszikulationen, Bluthochdruck und Leberverfettung. Durch den Tinnitus erleide er schwerste psychische Beeinträchtigungen. Seine Erwerbsfähigkeit im bisherigen Beruf massivst eingeschränkt, da die Arbeit mit hohen Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit verbunden sei und auch seine soziale Kompetenz sei erheblich eingeschränkt. Er leide unter diversen körperlichen, geistigen, seelischen sowie beruflichen Beeinträchtigungen. Dem Antrag fügte er Arztberichte des Arztes für Allgemeinmedizin Trevisan, des Neurologen Dr. W., der nuklearmedizinischen Klinik des Universitätsklinikums E., der Gastroenterolgen Dres L., der Orthopädin Dr. G., der Klinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde und Plastische Kopf- und Halschirurgie des Universitätsklinikums B., des Kardiologen Dr. W. und des Radiolgen Dr. I. sowie einen Entlassungsbericht der MediClin C. Kliniken betreffend einen stationären Aufenthalt vom 28.08.2012 bis 18.09.2012 bei. Der Beklagte holte darüber hinaus einen Befundbericht der Hausärzte U., des Facharztes für psychotherapeutische Medizin und Psychoanalyse Dr. T., der HNO-Ärztin Dr. W. sowie des HNO Arztes Doktor N. ein. Frau Dr. W. kam für den medizinischen Dienst des Beklagten zu der Einschätzung, der Tinnitus des Klägers sei mit einem GdB von 30, die psychischen Beeinträchtigungen mit einem GdB von 20 sowie die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule, die Funktionseinschränkungen der unteren Gliedmaße, die Fettleber sowie die vom zu uns Beeinträchtigung von Herz und Kreislauf mit einem GdB von jeweils 10 in Ansatz zu bringen. Der Gesamtgrad der Behinderung sei mit 40 festzustellen.
5Mit Bescheid vom 06.03.2013 stellte der Beklagte beim Kläger ab dem 23.11.2012 einen GdB von 40 fest.
6Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 26.03.2013 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, insbesondere die Bewertung des Tinnitus und der psychischen Beeinträchtigungen sei zu gering bemessen. Ihm stehe mindestens ein GdB von 50 zu.
7Nach gutachterlicher Stellungnahme der Sozialmedizinerin Palm-Römer wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2013 als unbegründet zurück.
8Am 28.06.2013 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Klage erhoben. Der Klage beigefügt war ein sozialmedizinisches Gutachten des MDK Nordrhein vom 16.04.2013 wonach beim Kläger für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Revisor in einem Bankunternehmen aufgrund der hohen Anforderungen an die Konzentration wegen des chronischen dekompensierten Tinnitus mit Innenohrschwerhörigkeit im Hochtonbereich weiterhin von einer Arbeitsunfähigkeit auszugehen sei.
9Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten des Neurologen Dr. W., des Facharztes für Allgemeinmedizin, psychotherapeutische Medizin – Psychotherapie und Psychoanalyse – Dr. T., der Praktischen Ärztin U., des Kardiolgen Dr. W., des Urologen und Andrologen Dr. Q., der HNO-Ärztin Dr. W., der Orthopädin Dr. G. sowie des HNO-Arztes Dr. N. Der Kläger hat überdies ein im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung Bund eingeholtes Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. zu den Akten gereicht. Das Gericht hat schließlich ein Gutachten des Facharztes für Innere Medizin/Rheumatologie/Psychosomatische Medizin und Psychotherapie/Psychoanalyse L. eingeholt, welches dieser – nach Untersuchung des Klägers am 02.12.2013 – am 10.12.2013 erstattet hat.
10Mit Bescheid vom 07.01.2014 hat die Deutsche Rentenversicherung Bund dem Kläger ab dem 01.06.2013 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt.
11Am 25.02.2014 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, in dem der Kläger im Wesentlichen ausgeführt hat, er halte den GdB von 40 nicht für zutreffend.
12Der Kläger hat, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, beantragt,
13den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 06.03.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2013 zu verurteilen, seinen GdB ab dem 23.11.2012 mit 50 zu bewerten.
14Der Beklagte hat beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren und nimmt insbesondere Bezug auf die Stellungnahmen seines ärztlichen Beraters Dr. N. sowie die Ausführungen des Gutachters L.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht beschwert, da diese rechtmäßig sind. Ihm steht derzeit kein höherer GdB als 40 zu.
20Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion oder geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft dargestellt. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
21Die Bemessung des Gesamt-GdB hat dabei in mehreren Schritten zu erfolgen und ist tatrichterliche Aufgabe (BSG Beschluss vom 09.12.2010 – B 9 SB 35/10 B = juris Rn. 5 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
22Zunächst sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinn von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. Sodann sind diese den in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Schließlich ist unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen in einer Gesamtschau der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Urteil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris Rn. 18 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
23Nach Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetzes (BVG) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungsmedizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze), die wegen § 69 Abs. 1, Satz 4 SGB IX auch im Schwerbehindertenrecht zur Anwendung kommt, sind zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung rechnerische Methoden, insbesondere eine Addition der Einzelgrade der Behinderung, nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad der Behinderung bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist gemäß Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu beachten, dass leichtere Gesundheitsstörungen mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren Behinderungen kumulativ nebeneinander vorliegen. Auch bei Leiden mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Gesamtausmaßes der Behinderung zu schließen.
24Schließlich sind bei der Festlegung des Gesamt-GdB zudem die Auswirkungen im konkreten Fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen feste GdB-Werte angegeben sind (BSG Urteil vom 02.12.2010 – B 9 SB 4/10 R = juris Rn. 25; vgl. auch Teil A Ziffer 3 lit. b) Versorgungsmedizinische Grundsätze).
25Der Kläger leidet zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung unter
261. einer depressiv, ängstlichen Anpassungsstörung bei Ohrgeräuschen (Tinnitus) 2. einem statisch degenerativen Wirbelsäulen-Syndrom 3. einer hypertrophen obstruktiven Cardio-Myopathie 4. Prostataadenom Stadium I
27Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Befund- und Arztberichte sowie den Gutachten des Dr. M. und des Herrn L. fest.
28Die Gutachten beruhen auf umfangreichen Untersuchungen, die von erfahrenen medizinischen Gutachtern unter Einsatz von diversen Hilfsmitteln durchgeführt worden sind. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit und Vollständigkeit der in den Gutachten erhobenen medizinischen Befunde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. Substantiierte Einwendungen gegen die medizinischen Feststellungen sind von den Beteiligten nicht vorgebracht worden. Lediglich über die sozialmedizinische Bewertung konnte zwischen den Beteiligten keine Einigkeit erzielt werden.
29Der Kläger klagt nach den Feststellungen seiner behandelnden Fachärzte für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Dr. W. und Dr. N. seit etwa 2005 über starken Tinnitus mit Schlafstörungen und ausgeprägten Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit. Aufgetreten sei das Geräusch erstmalig im Rahmen einer Radiojod-Therapie. Der Tinnitus wurde durch die behandelnden Ärzte durch audiometrische Untersuchungen (Tinnitus-matching) diagnostisch gesichert und als sog. subjektiver Tinnitus qualifiziert (vgl. hierzu Strutz/Mann, Praxis der HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie, 2. Aufl. 2010, S. 302; Delb/D Amelio/Archonti/Schonecke, Tinnitus, 2002, S. 18). Im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme in den MediClin C. Kliniken vom 28.08.2012 bis zum 18.09.2012 wurde der Tinnitus als chronisch dekompensierter Tinnitus Grad IV beschrieben (vgl. zu der Einteilung in Schweregrade Hesse, Tinnitus, 2008, S. 83; Delb/D Amelio/Archonti/Schonecke, Tinnitus, 2002, S. 44).
30Bei dieser Sachlage liegt der Schwerpunkt der sozialmedizinischen Bewertung gemäß Teil B Ziffer 5.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze auf den psychischen Begleiterscheinungen (vgl. dazu auch Reiß, Facharztwissen HNO-Heilkunde: Differenzierte Diagnostik und Therapie, 2009, S. 1066 f.; Hesse, Tinnitus, 2008, S 183).
31In diesem Zusammenhang war zum einen das für die Deutsche Rentenversicherung Bund erstellte Gutachten des Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. M. auszuwerten. Der Gutachter diagnostizierte beim Kläger neben einem Tinnitus (ICD 10 H 93.1) das Vorliegen einer länger andauernden depressiven Entwicklung bei Überforderung (ICD 10 F 43.21). Der Gutachter führt aus, der Kläger klage über Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, Unruhe, Nervosität, Abgeschlagenheit, Lustlosigkeit, Tagesmüdigkeit, Antriebslosigkeit, Geräuschempfindlichkeit sowie Faszikulationen im linken Bein. Maßgeblich für die Beurteilung des GdB sind freilich nicht die Diagnosen sondern die Auswirkungen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen (vgl. dazu auch BSG Urteil vom 17.04.2013 – B 9 SB 3/12 R = juris Rn. 28).
32Der Gutachter Dr. M. bechreibt, dass der Kläger einmal in der Woche Tischtennis spielt und ins Fitnessstudio und in die Sauna geht. Abends spiele er mit Familienangehörigen einfache Kartenspiele. Er begleite seine Ehefrau an Wochenende bei der Erledigung von Einkäufen. Seine persönlichen Interessen könne der Kläger weitgehend persönlich vertreten, benötige hierbei jedoch in zunehmendem Maße die Hilfe seiner Frau. Der Kläger habe einen Behandlungsversuch beim Psychotherapeuten unternommen. Eine medikamentöse Behandlung der depressiven Symptomatik erfolge nicht. Es sei in der Vergangenheit fünf bis sechs Wochen Citalopram (ein Wirkstoff aus der Gruppe der sogenannten Antidepressiva und selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer - SSRI). eingenommen worden, allerdings habe sich hierbei kein Erfolg eingestellt. Dr. M. vertrat in seinem Gutachten die Auffassung, der Kläger bedürfe einer ambulanten wenn nicht gar einer stationären Psychotherapie. Er sei aufgrund seiner chronifizierten Erkrankung und der massiven Symptomatik nicht arbeits- und auch nicht erwerbsfähig.
33Neben dem Gutachten des Dr. M. sind zudem die Feststellungen des Herrn L. zu berücksichtigen, der den Kläger im Auftrag des Gerichts etwa drei Monate später erneut untersucht hat.
34Der Kläger schilderte dem Gutachter gegenüber, dass er gegen 23:00 Uhr zu Bett gehe und um 6:30 Uhr aufstehe. Morgens sei er meist unausgeschlafen. Er frühstücke zusammen mit seiner Frau. Wenn diese dann zur Arbeit fahre lege er sich meistens noch einmal auf die Couch und beginne mit einer Neurostimulation. Er habe einen ganzen Katalog von Ablenkungsstrategien wie Malen und Musikhören. Letzteres würde gut funktionieren und seinen Tinnitus übertönen, außerdem mache er Autogenes Training. Er würde oft alleine längere Waldspaziergänge unternehmen. Er habe zuhause ein Ergometer stehen welches er auch regelmäßig benutze. Seine Frau komme zur Mittagszeit für eine Stunde nach Hause, sie essen dann gemeinsam, danach lege er sich zum Mittagsschlaf hin. Im Nachmittag besuche er häufig in der Nachbarschaft seinen Schwiegervater und trinke mit ihm eine Tasse Kaffee. Einmal in der Woche gehe er zum Fitness, mache danach Sauna und treffe sich in einer Hobbygruppe zum Tischtennis. Abends werde dann meist zusammen gegessen, häufig spielten sie noch mit dem Schwiegervater ein Kartenspiel und wenn dieser gegen 21:00 Uhr zu Bett gehe schauten sie gelegentlich nochmal etwas fern um dann gegen 23:00 Uhr ins Bett zu gehen. Im Haushalt mache er nicht viel, sie hätten eine Haushaltshilfe, er würde jedoch ab und zu mal staubsaugen, mal rasenmähen, dann habe er ein anderes Geräusch im Kopf. Einen Freundes – und Bekanntenkreis habe er nicht mehr er habe sich gänzlich hieraus zurückgezogen. Er sei früher sehr aktiv gewesen im Musikverein und im Tischtennisclub im Ort, jetzt wurde er keine Veranstaltungen mehr besuchen. Auch kulturelle Veranstaltungen, wie Kino, Theater und Konzerte würde er nicht mehr besuchen, lediglich versuche er einmal im Jahr zum Neujahrskonzert des Musikvereins zu gehen, wenn es ihm gelinge. Häufig nähmen sie am Wochenende den Schwiegervater mit zu einem gemeinsamen Spaziergang und gingen dann noch gemeinsam in ein Café. Ansonsten habe er keine regelmäßigen Termine. Er würde nicht zu gern in Urlaub fahren, aber er mache es seiner Frau zu liebe, damit diese mal rauskomme. Im Sommer führen Sie zwei Wochen, im Frühjahr eine Woche, meist in den Schwarzwald in eine ihnen bekannte Unterkunft. Dort würde er sich heimisch fühlen und brauche keine Eingewöhnung.
35Hinsichtlich des psychischen Befundes stellte der Gutachter fest, dass keine Bewusstseinsstörungen oder Orientierungsstörungen vorliegen. Der Kläger war zeitlich, örtlich, situativ und zur eigenen Person voll orientiert. Aufmerksamkeit – und Gedächtnisstörungen konnte nicht festgestellt werden. Formale Denkstörungen, überwertige Ideen, Zwänge, Phobien, ein Wahnsystem oder Sinnestäuschungen sowie schwere Ich- und Persönlichkeitsstörungen konnten ausgeschlossen werden. Der Kläger konnte gegenüber dem Gutachter angemessen über seine Beschwerden berichten, die glaubhaft und ernst vorgetragen wurden, ohne jegliche Verdeutlichungs – oder Aggravationstendenzen. Im Ausdrucksverhalten erschien der Kläger ausgewogen und angemessen. Von der Stimmung her wirkte er ernst, gedrückt, subdepressiv etwas verunsichert und ängstlich. Im Affektverhalten wirkte er adäquat und angepasst. Das Erscheinungsbild gepflegt, das Benehmen freundlich und höflich. Der Kläger hatte während der anderthalbstündigen Exploration Schwierigkeiten, die Konzentration aufrecht zu erhalten. Der psychische Befund entsprach damit im Wesentlichen dem bei der Untersuchung durch Dr. M.
36Nach den Feststellungen beider Gutachter sowie unter Berücksichtigung der eingeholten Arzt- und Befundberichte geht die Kammer davon aus, dass in Folge des chronfizierten Tinnitus beim Kläger seit Antragstellung sowie bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eingetreten sind, welche gemäß Teil B Ziffer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze mit einem GdB von 40 zu bewerten sind (vgl. hierzu Losch, in Nieder/Losch/Thomann, Behinderungen zutreffend einschätzen und begutachten, 2012, B 5, S 113). Entgegen der Auffassung des Klägers sind jedenfalls derzeit mittelgradigen Anpassungsschwierigkeiten noch nicht objektiviert. Hinweise, die für eine dauerhafte schwere psychische Störung sprechen, haben sich durch die Beweisaufnahme nicht ergeben. Der Kläger hat gegenüber dem Gutachter L. angegeben, er habe einen ganzen Katalog von Ablenkungsstrategien wie Malen und Musik hören. Insbesondere Letzteres würde gut funktionieren und seinen Tinnitus übertönen, außerdem mache er Autogenes Training. Eine kontinuierliche psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung des Klägers hat nicht stattgefunden. Die zunächst begonnen Medikation mit Citalopram wurde nach kurzer Zeit wieder eingestellt. Eine neue Medikation wurde nicht versucht. Soweit der Kläger darauf verweist, dass ihm vom Rentenversicherungsträger eine volle Erwerbsminderungsrente auf Dauer bewilligt worden ist, so ist dieser Aspekt zweifellos bei der Frage der psychischen Belastung durch den Tinnitus zu berücksichtigen. Die Annahme mittelgradiger sozialer Anpassungsschwierigkeiten würde neben den Auswirkungen im Berufsleben aber auch erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und eine affektive Nivellierung voraussetzen (vgl. Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats BMA am 18./19.03.1998 – zitiert Wendler/Schillings, Versorgungsmedizinische Grundsätze, 5. Aufl. 2012, S. 126 f.; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil vom 18.08.2011 – L 7 SB 106/07 = juris). Trotz der vom Rentenversicherungsträger angenommenen Erwerbsunfähigkeit des Klägers, steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass beim Kläger in zahlreichen Bereichen, welche der Betrachtungsweise des ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (Hrsg.), Version 2005) zugrunde liegen, nur geringe Beeinträchtigungen objektiviert sind. So kann der Kläger noch voll selbständig die täglichen Routinen der Selbstversorgung durchführen. Er kümmert sich ebenfalls eigenständig und umfassend um seine Gesundheitsvorsorge (Fitnesstraining, Ergometer-Training, Sauna, Tischtennis, Neurostimulation). Er übernimmt Aufgaben im häuslichen Bereich. Das Verhältnis zu seiner Ehefrau wird als harmonisch beschrieben. Auch zum Schwiegervater hat er ein gutes Verhältnis. Es werden gemeinsam Spiele gespielt. Der Kläger und seine Ehefrau fahren – auch wenn dem Kläger nach eigenen Angaben nicht so wichtig ist – regelmäßig in Urlaub. Dort gefällt es ihm nach eigenen Angaben auch. Die soziale Betätigung ist zwar nach den Darstellungen des Klägers in den letzten Jahren sehr zurückgegangen. So nimmt er nicht mehr aktiv am Vereinsleben des Musikvereins teil und auch das Engagement im Tischtennisverein hat sich erheblich reduziert. Soziale Interaktion findet aber weiterhin statt. So spielt der Kläger einmal wöchentlich weiter noch Tischtennis. Der Kläger ist auch durchaus in der Lage seine bürokratischen Angelegenheiten zu regeln. Hiervon ist die Kammer aufgrund der Darstellungen im Gutachten, nicht zuletzt aber auch aufgrund der persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung überzeugt. Es zeigt sich letztlich, dass der Kläger in verschiedenen Bereichen durchaus zwar eingeschränkt, keinesfalls aber in besonders starkem Maße. Selbst wenn man – was unter Berücksichtigung des Gutachtens des Dr. M. durchaus fraglich erscheint – davon ausgeht, dass der Kläger tatsächlich für jedwede Berufe erwerbsunfähig wäre, so zeigt das verblieben Aktivitäts- und Partizipationsniveau, dass eine Schwerbehinderung beim Kläger nicht vorliegt. Es sind vielmehr durchaus wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit objektiviert, wobei im Hinblick auf die Dauer der Beschwerden und die Chronifizierung der hier eingeräumte Bewerungsspielraum nach oben ausgeschöpft werden kann. Der GdB für den Tinnitus mit Folgeerscheinungen ist daher insgesamt mit 40 zu bewerten. Soweit der behandelnde Allgemeinmediziner und Facharzt für psychotherapeutische Medizin Dr. T. hier Ende 2012 noch einen GdB von ca. 30 in Ansatz gebracht hat, erscheint dies der Kammer zu gering bemessen.
37Die daneben beschrieben Innenohrschwerhörigkeit ist ohne wesentliche Auswirkungen auf das Sprachgehör und bedingt – dies steht für die Kammer aufgrund der eingeholten Befundberichte der behandelnden HNO-Ärzte fest - gemäß Teil B Ziffer 5 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze keinen eigenen GdB.
38Für den Bereich der Wirbelsäule ist gemäß Teil B Ziffer 18.9 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von 10 in Ansatz zu bringen.
39Der Kläger gab gegenüber dem Gutachter L. an, er habe Probleme im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule, ansonsten habe er im ganzen Bewegungsappart keine Beschwerden und Einschränkungen. Im Rahmen der Untersuchung beschrieb der Gutachter einen in allen drei Etagen weitgehend normale physiologische Schwingung. Die Beweglichkeit wurde in allen drei Etagen als aktiv ausreichend möglich beschrieben. Schmerzen bei der Bewegung wurden im Rahmen der Untersuchung nicht geklagt. Die Wirbelsäule selbst zeigte keinen Klopfschmerz, die längs der Wirbelsäule gelegene Muskulatur war nicht wesentlich verspannt. Über den linken Kreuz-Darmbein-Fugen war eine Druckschmerzhaftigkeit zu verzeichnen. Der Finger-Boden-Abstand wurde mit 20 cm ermittelt, das Maß nach Schober mit 10/16 cm (vgl. zum Maß nach Schober, Wülker (Hrsg.), Orthopädie und Unfallchirurgie, 2. Aufl. 2010, S 224). Damit zeigte sich auch die Lendenwirbelsäule weitestgehend altersentsprechend normgerecht. Die Hals- und Brustwirbelsäule zeigten bei der Untersuchung keine besonderen Auffälligkeiten. Soweit im Verfahren die Orthopädin Dr. G. einen GdB von 20 in Vorschlag gebracht hatte, ist dies mit den Versorgungsmedizinschen Grundsätzen nicht in Übereinstimmung zu bringen, da sie selbst ausführte, den Kläger zuletzt im November 2011 gesehen zu haben, weswegen sie seit dieser Zeit von einer schmerzarmen Periode ausgehe. Voraussetzung für einen GdB von 20 wäre das Vorliegen mittelgradiger funktioneller Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt. Diese liegen – unter Berücksichtigung der Erhebung des Herrn Kohl und der Feststellung, dass seit mehr als zwei Jahren eine fachorthopädische Behandlung nicht stattgefunden hat – keinesfalls vor. Für den Bereich der oberen und der unteren Extremitäten ist – auch unter Berücksichtigung der vom Kläger beschriebenen Faszikulationen – gemäß Teil B Ziffer 18.13 bzw. 18.14 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze kein GdB in Ansatz zu bringen.
40Die beim Kläger ebenfalls von seinem behandelnden Kardiologen diagnostizierte hypertrophe obstruktive Cardio-Myopathie (vgl. dazu Prinz/Farr/Hering/Horstkotte/Faber, The diagnosis and treatment of hypertrophic cardiomyopathy. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(13): 209–15, abrufbar unter: http://www.aerzteblatt.de/archiv/81891/Diagnostik-und- Therapie-bei-hypertropher-Kardiomyopathie) zeitigt beim Kläger keine Beeinträchtigung im täglichen Leben. Der Kläger war ergometrisch bei 150 Watt belastbar, es bestand eine gute linksventrikuläre Funktion. Gemäß Teil B Ziffer 9.1. ist hierfür ein GdB nicht in Ansatz zu bringen.
41Das beim Kläger diagnostizierte Prostataadenom wurde vom behandelnden Urologen als ein solches in Stadium I beschrieben. Hierunter versteht man eine mehr oder weniger ausgeprägte Vergrößerung der Prostata ohne Miktionsstörungen (vgl. Barlet, in: Comberg/Klimm, Allgemeinmedizin, 4. Aufl. 2004, S 451 f.). Ein GdB ist hierfür gemäß Teil B Ziffer 13.5 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze nicht in Ansatz zu bringen. Das Gleiche gilt für die beim Kläger vorliegende – und mit L-Thyroxin behandelte – Schilddrüsenunterfunktion gemäß Teil B Ziffer 15.6 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze. Auf der Grundlage der oben ermittelten Einzel-GdB-Werte ist für den streitbefangenen Zeitraum nach § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze der Gesamt-GdB des Klägers mit 40 zu bewerten. § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchtigungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammenschau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigengutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrachtungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris).
42Im vorliegenden Fall stehen die mit chronischen dekompensierten Tinnitus einhergehenden Beeinträchtigungen mit einem GdB von 40 absolut im Vordergrund. Eine Erhöhung dieses GdB durch weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen kommt nicht in Betracht, da diese entsprechend den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze höchstens mit einem GdB von 10 zu bewerten sind, und daher in der Regel an der Bildung des Gesamt-GdB nicht teilnehmen. Ausnahmen, die im vorliegenden Fall eine Berücksichtigung gleichwohl erforderlich machten, liegen nicht vor. Insgesamt ist der GdB des Klägers daher mit 40 zu bewerten. Die Feststellung eines höheren GdB kommt nach Auffassung der Kammer beim Kläger derzeit nicht in Betracht. Insbesondere nicht die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft, wie oben ausführlich dargelegt worden ist.
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(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.
(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch
- a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung, - b)
eine Kriegsgefangenschaft, - c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit, - d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist, - e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen, - f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.
(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.
(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.
(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muß, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1 174, 1 524 oder 1 876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.
(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt.
(3) Während einer stationären Behandlung wird die Pflegezulage nach den Absätzen 1 und 2 Empfängern von Pflegezulage nach den Stufen I und II bis zum Ende des ersten, den übrigen Empfängern von Pflegezulage bis zum Ablauf des zwölften auf die Aufnahme folgenden Kalendermonats weitergezahlt.
(4) Über den in Absatz 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus wird die Pflegezulage während einer stationären Behandlung bis zum Ende des Kalendermonats vor der Entlassung nur weitergezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte erhalten ein Viertel der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder der Elternteil bis zum Beginn der stationären Behandlung zumindest einen Teil der Pflege wahrgenommen hat. Daneben wird die Pflegezulage in Höhe der Kosten weitergezahlt, die aufgrund eines Pflegevertrages entstehen, es sei denn, die Kosten hätten durch ein den Beschädigten bei Abwägung aller Umstände zuzumutendes Verhalten, insbesondere durch Kündigung des Pflegevertrages, vermieden werden können. Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhalten, soweit eine stärkere Beteiligung der schon bis zum Beginn der stationären Behandlung unentgeltlich tätigen Pflegeperson medizinisch erforderlich ist, abweichend von Satz 2 ausnahmsweise Pflegezulage bis zur vollen Höhe nach Absatz 1, in Fällen des Satzes 3 jedoch nicht über den nach Absatz 2 Satz 2 aus der pauschalen Pflegezulage verbleibenden Betrag hinaus.
(5) Tritt Hilflosigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gleichzeitig mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung oder während einer stationären Behandlung ein, besteht für die Zeit vor dem Kalendermonat der Entlassung kein Anspruch auf Pflegezulage. Für diese Zeit wird eine Pflegebeihilfe gezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte, die mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben, erhalten eine Pflegebeihilfe in Höhe eines Viertels der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I. Soweit eine stärkere Beteiligung der Ehegatten, Lebenspartner oder eines Elternteils oder die Beteiligung einer Person, die den Beschädigten nahesteht, an der Pflege medizinisch erforderlich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen eine Pflegebeihilfe bis zur Höhe der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I gezahlt werden.
(6) Für Beschädigte, die infolge der Schädigung dauernder Pflege im Sinne des Absatzes 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist den Beschädigten von ihren Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wären. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen der Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.