Sozialgericht Aachen Urteil, 12. Jan. 2016 - S 12 SB 481/14


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des dem Kläger zustehenden Grades der Be-hinderung (GdB) sowie das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens H streitig.
3Bei dem am 00.00.0000 geborenen Kläger stellte der Beklagte mit Bescheid vom 29.08.2012 aufgrund eines bestehenden Diabetes mellitus sowie einer Funktionsein-schränkung der rechten oberen Gliedmaße einen GdB von 60 fest.
4Am 22.08.2013 stellte der Kläger einen Änderungsantrag beim Beklagten. In diesem gab er an, er leide unter eine adhäsiven Kapsulitis (sog. "frozen shoulder") der linken Schulter mit erheblicher chronischer schmerzhafter Bewegungseinschränkung, einer somatoformen Schmerzstörung, einer Depression und einer Bauchdeckenplastik. Neben der Feststellung eines höheren GdB beantragte der Kläger überdies die Fest-stellung der Merkzeichens H.
5Der Beklagte holte Befundberichte des Allgemeinmediziners Dr. L., der Internisten und Diabetologen N. und Dr. X., des Chirurgen Dr. D. und des Neurologen und Psy-chiaters Dr. E. ein und werte diese – zusammen mit Angaben zur Diabetes-Therapie des Klägers (einschließlich eines Auszugs aus einem Blutzuckertagebuch), augen-ärztlichen Stellungnahmen des Dr. Q., eines Arztberichts der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie des Marienhospitals B. vom 16.11.2011, eines Arztberichtes der Chirurgin Dr. I. vom 12.04.2012 sowie eines Arztberichtes der Klinik für Unfallchi-rurgie und Sporttraumatologie des Marienhospitals B. vom 13.11.2012 – durch sei-nen ärztlichen Dienst aus. Dieser kam zu der Einschätzung der Diabetes des Klägers sei weiterhin mit einem GdB von 40 und die Funktionseinschränkung der rechten oberen Gliedmaße weiterhin mit einem GdB von 30 zu bewerten. Der Gesamt-GdB sei mit 60 weiter zutreffend beschrieben. Die Zuerkennung des Merkzeichens H sei medizinisch nicht zu begründen.
6Mit Bescheid vom 17.10.2013 lehnte der Beklagte die Feststellung eines höheren GdB sowie des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inan-spruchnahme des Merkzeichens H ab.
7Unter dem 07.11.2013 legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmäch-tigten, Widerspruch ein, den er damit begründete, der Beklagte habe die beim Kläger bestehenden Probleme der linken Schulter nicht berücksichtigt. Der Kläger müsse zudem bei anhaltendem depressivem Verstimmungszustand Cymbalta® nehmen. Darüber hinaus habe die Pflegekasse festgestellt, dass jedenfalls ein erheblicher Pflegebedarf unterhalb der Pflegestufe I besteh. Hinsichtlich der Pflegestufe laufe ein Gerichtsverfahren (S 4 P 129/13). Dem Widerspruch beigefügt war eine Stellung-nahme des Neurologen und Psychiaters Dr. E. vom 24.02.2014. Der Beklagte zog daraufhin das Pflegegutachten des MDK Nordrhein vom 20.09.2013 bei, in dem eine Pflegestufe I nicht festgestellt werden konnte. Der ärztliche Dienst des Beklagten nahm erneut Stellung und kam zu der Einschät-zung, dass beim Kläger ebenfalls noch eine Anpassungsstörung mit einem GdB von 10 in Ansatz gebracht werden könne. Der Gesamt-GdB ändere sich hierdurch nicht. Auch liege das Merkzeichen H nicht vor.
8Mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2014 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch als unbegründet zurück.
9Am 20.05.2014 hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, Kla-ge erhoben. Er hat ausgeführt, der Beklagte habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass beide Schultergelenke erheblich beeinträchtigt seien. Auch leide er aufgrund der Schmerzsymptomatik unter Schlafstörungen und Depressionen, die ebenfalls höher als mit einem GdB von 10 zu berücksichtigen seien. Die Bauchdeckenplastik sei überhaupt nicht berücksichtigt worden. Hinsichtlich des Merkzeichens H habe der Beklagte verkannt, dass der Kläger aufgrund der beidseitigen Schultersteife rechts und links und den damit verbundenen Schmerzen so gut wie keinerlei Tätigkeiten im Haushalt ausführen könne. Er könne sich weder die Haare waschen noch kämmen. Auch das Zähneputzen sei für ihn nur unzureichend möglich. Ebenso benötige er beim Toilettengang und der übrigen Körperpflege Hilfe. Er könne nicht einmal den eigenen Hund an der Leine spazieren führen. Selbst das Schneiden von Speisen und das Eingießen von Getränken falle ihm schwer. Schwere Sachen könne er nicht tra-gen oder Tätigkeiten über Kopf ausführen.
10Das Gericht hat zunächst Befundberichte des Chirurgen Dr. D., des Allgemeinmedi-ziners E., des Chefarztes der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädische Chirurgie und Sporttraumatologie Dr. X. sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. E. eingeholt. Sodann hat es das Gutachten des Internisten Dr. H. vom 06.10.2014 im Verfahren S 4 P 129/13 beigezogen. Auf Grundlage dieser Unterlagen hat der Kammervorsitzen-de im Rahmen eines Erörterungstermins am 15.04.2015 dem Kläger und dessen Prozessbevollmächtigten dargelegt, er sehe die Voraussetzungen für die Inan-spruchnahme des Merkzeichens H ebensowenig objektiviert wie einen GdB von mehr als 60. Der Kläger hat erklärt, der Pflegegutachter sei kein Orthopäde oder Chirurg, weswegen er die Beeinträchtigungen der Schulter nicht zutreffend habe bewerten können. Die Klage werde nicht zurückgenommen. Das Gericht hat daraufhin ein Gutachten der Fachärztin für Orthopädie, Rheumatologie und spezielle Schmerztherapie Dr. Q.-T. beauftragt, welches dies nach Untersuchung des Klägers am 04.08.2015 gegenüber dem Gericht erstattet hat. Zu diesem Gutachten hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten ausgeführt, der Kläger finde sich in dem Gutachten nicht wieder. Es seien zum Teil wesentliche Sachverhalte falsch wiedergegeben und aus richtig festgestellten Beeinträchtigungen zum Nachteil des Klägers die falschen Schlüsse gezogen worden. Der Gutachterin hat hierzu Stel-lung genommen.
11Am 12.01.2016 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, in dem der Kläger beantragt hat,
12den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2014 zu verurteilen, bei dem Kläger ab dem 22.08.2013 einen höheren GdB als 60 sowie das Vorliegen der ge-sundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens H festzustellen.
13Der Vertreter des Beklagten hat beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Zur Begründung nimmt er insbesondere auf die Stellungnahmen seiner ärztlichen Berater sowie das gerichtlich eingeholte Gutachten Bezug.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezo-gene Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen, de-ren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
17Entscheidungsgründe:
18Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Be-scheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Ihm steht derzeit kein höherer GdB als 60 zu (dazu unter I.). Die gesundheitlichen Vo-raussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens H sind nicht festzustellen (II.).
19I. Nach § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion oder geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft dargestellt. Bei dem Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.
20Die Bemessung des Gesamt-GdB hat dabei in mehreren Schritten zu erfolgen und ist tatrichterliche Aufgabe (Bundessozialgericht - BSG – Beschluss vom 09.12.2010 – B 9 SB 35/10 B = juris Rn. 5 m.w.N.; Landessozialgericht - LSG – Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
21Zunächst sind unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens die einzelnen, nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinn von regelwidrigen, von der Norm abweichenden Zuständen gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX und die daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen festzustellen. Sodann sind diese den in den Versor-gungsmedizinischen Grundsätzen genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. Schließlich ist unter Berücksichtigung der wech-selseitigen Beziehungen in einer Gesamtschau der Gesamt-GdB zu bilden (BSG Ur-teil vom 30.09.2009 – B 9 SB 4/08 R = juris Rn. 18 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 32).
22Nach Teil A Ziffer 3 der Anlage zu § 2 der aufgrund § 30 Abs. 17 Bundesversor-gungsgesetzes (BVG) erlassenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (BGBl. I 2008, S. 2412 - Versorgungs-medizin-Verordnung) vom 10.12.2008 (Versorgungsmedizinische Grundsätze), die wegen § 69 Abs. 1, Satz 4 SGB IX auch im Schwerbehindertenrecht zur Anwendung kommt, sind zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung rechnerische Me-thoden, insbesondere eine Addition der Einzelgrade der Behinderung, nicht zulässig. Vielmehr ist bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad der Behinderung bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchti-gungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Grad der Behinderung 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Hierbei ist gemäß Teil A Ziffer 3 lit. d) ee) der Versor-gungsmedizinischen Grundsätze zu beachten, dass leichtere Gesundheitsstörungen mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-grades der Behinderung führen, selbst wenn mehrere dieser leichteren Behinderun-gen kumulativ nebeneinander vorliegen. Auch bei Leiden mit einem Einzelgrad der Behinderung von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine Zunahme des Ge-samtausmaßes der Behinderung zu schließen.
23Schließlich sind bei der Festlegung des Gesamt-GdB zudem die Auswirkungen im konkreten Fall mit denjenigen zu vergleichen, für die in den Versorgungsmedizini-schen Grundsätzen feste GdB-Werte angegeben sind (BSG Urteil vom 02.12.2010 – B 9 SB 4/10 R = juris Rn. 25; vgl. auch Teil A Ziffer 3 lit. b) Versorgungsmedizinische Grundsätze).
24Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind, dies gilt nach allgemeinen Grundsät-zen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätz-lich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuwei-sen (vgl. BSG Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R = juris Rn. 14; Bayerisches LSG Urteil vom 18.06.2013 – L 15 BL 6/10 = juris Rn. 67 ff.; Bayerisches LSG Urteil vom 05.02.2013 – L 15 SB 23/10= juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrschein-lichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünfti-ger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R = juris Rn. 11), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92 = juris Rn. 14). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen.
25Der Kläger leidet und litt in dem maßgeblichen Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung zur Überzeugung der Kammer im Wesentlichen unter folgenden ge-sundheitlichen Beeinträchtigungen:
261. Schmerzhafte fortgeschrittene Schultersteife links mehr als rechts bei wieder-kehrendem Impingement und Reizung der Rotatorenmanschette links führend, fünfmalige subacromiale Dekompression zuletzt links, Dekompression und Nervus suprascapularis Verlagerung und Arthrolyse 02/2014, Schulterge-lenksarthrose 2. Leichtes degeneratives HWS-Syndrom mit Uncarthrose C4/5 rechts und Protrusion C3/4 3. Insulinpflichtiger Diabetes mellitus 4. Anpassungsstörung mit depressiver Störung
27Das Vorliegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen steht nach Auffassung der Kammer aufgrund der im Verwaltungs- und Klageverfahren eingeholten Befund- und Arztberichte, des Gutachtens des Dr. H. im Verfahren S 4 P 129/13 sowie des im vorliegenden Verfahren eingeholten Gutachten der Orthopädin, Rheumatologin und speziellen Schmerztherapeutin Frau Dr. Q.-T. fest. Die Gutachten beruhen auf um-fangreichen Untersuchungen, die unter Einsatz von diversen Hilfsmitteln durchge-führt worden sind. Die Kammer hat keinen Anlass an der Richtigkeit der in den Gut-achten erhobenen medizinischen Befunde und gestellten Diagnosen zu zweifeln. Die Beteiligten haben auch keine substantiierten Einwände gegen die medizinischen Feststellungen erhoben. Lediglich die sozialmedizinische Bewertung ist bis zuletzt umstritten geblieben.
28Für das Funktionssystem der oberen Extremitäten ist gemäß Teil B Ziffer 18.13 der Versorgungsmedizinische Grundsätze insgesamt ein GdB von 40 in Ansatz zu brin-gen.
29Die gutachterliche Untersuchung der Schultergelenke durch Frau Dr. Q.-T. zeigte eine mäßige Schwellung der linken Schulter mit deutlichem Druckschmerz über dem Schultereckgelenk und subacromial, Muskelatrophien (Verschmächtigungen der Muskeln) der Schulter oder Einschränkungen der Überdachung im Schulterbereich waren nicht erkennbar. Die spontanen Bewegungen der Schulter waren einge-schränkt. Beim aktiven Zeigen der Schulterbeweglichkeit war der Kläger in der Lage mit herangeführten Armen den Mundbereich zu erreichen (anamnestisch gab der Kläger an, etwa 20 Zigaretten zu rauchen), der Schürzen- und Nackengriff waren nicht vorführbar, das Heben der Arme war beidseits deutlich erschwert und schmerz-haft für Vor- und Seitenhebung sowie Innenrotation, wobei die linke Schulter mehr betroffen war als die rechte. Entsprechendes hatte auch der Gutachter Dr. H. bereits festgestellt. Bei der Untersuchung durch Frau Dr. Q.-Schunk beschrieb diese eine deutliche Gegenspannung, besonders bei der Schulterprüfung links und eine Schmerzhaftigkeit. Auffällig in diesem Zusammenhang erschien der Kammer, dass der Kläger angab, noch Auto zu fahren, wenngleich er den Schaltwagen kaum noch bedienen könne. Sowohl das Schalten als insbesondere das Steuern des Fahrzeugs erscheint bei der vom Kläger gezeigten aktiven Beweglichkeit der Schultern kaum ordnungsgemäß möglich. Die passive Beweglichkeit der Schultergelenk wurde nach Neutral-Null bei der Ante-/Retroversion links mit 50°/0°/30°, rechts mit 80°/0°/30°, die Abduktion/Adduktion links mit 50°/0°/20° und rechts mit 70°/0°/20° sowie die Außen-/Innenrotation links mit 0°/15°/60° und rechts mit 20°/0°/60° ermittelt (vgl. zur norm-gerechten Beweglichkeit des Schultergelenks, Buckup/Buckup, Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S 95). Ausweislich des Befundbe-richts des D. D. hatte im Juli 2014 die Möglichkeit zur Abduktion beidseits bei 70° und die Anteversion ebenfalls beidseits bei 70° gelegen. Frau Dr. Q.-T. führt aus, beim Gehen seien die Pendelbewegungen (der Arme) grundsätzlich darstellbar und nicht übertrieben schmerzhaft. Die Handkraft ist beidseits reduziert. Die Gutachterin ermittelte mit dem Handdynamometer rechts eine Kraft von 5 kg, links von weniger als 5 kg.
30Nach den Feststellungen der Gutachterin korrespondieren die gefundenen Beein-trächtigungen mit der bereits oben beschriebenen Diagnose einer schmerzhaften fortgeschrittene Schultersteife links mehr als rechts bei wiederkehrendem Impingement und Reizung der Rotatorenmanschette links führend, fünfmaliger subacromialer Dekompression zuletzt links, Dekompression und Nervus suprascapularis Verlagerung und Arthrolyse 02/2014 bei bestehender Schulterge-lenksarthrose. Nach Ziffer 18.13 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze führen Bewegungseinschränkungen im Schultergelenk bei einer Armhebung nur bis zu 90° und entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit zu einem GdB von 20. Eine Versteifung des Schultergelenks in günstiger Stellung bei gut beweglichem Schultergürtel bedingt danach einen GdB von 30, wobei eine Versteifung im Schul-tergelenk in einem Abspreizwinkel um ca. 45° und leichter Vorhalte als günstig gilt. Während die passive Beweglichkeit in der Seitenhebung rechts bis maximal 80°, links bis 50° erfolgt, besteht eine aktive Abspreizung von ca. 40° beidseits. Es ist somit eine höhergradige aktive Teilschwäche und Steife im Schultergelenk links mehr als rechts mit einem Abspreizwinkel unter 45° erreicht. Unter Berücksichtigung der beidseitigen Betroffenheit mit erhöhter Einschränkung aufgrund verminderter Kom-pensationsfähigkeit kommt die Kammer, in Übereinstimmung mit der Gutachterin, zur Feststellung eines GdB von 40 für die oberen Extremitäten. Die Kammer stimmt der Einschätzung der Gutachterin zu, dass die Beeinträchtigung beider Schultergelenke – auch des linken – nicht zu vergleichen ist mit Beeinträchtigungen, für die die Versorgungsmedizinschen Grundsätze einen GdB von 40 vorsehen, wie etwa die "Instabilität schweren Grades mit ständiger Ausrenkung" oder einer "Versteifung des Ellenbogengelenks in ungünstiger Stellung". Der GdB von 40 kommt nur deshalb in Betracht, weil beide Schultergelenke betroffen sind. Hierin erfasst sind auch die vom Kläger beschriebenen Schmerzen im Bereich des Unterarms und der Handgelenke sowie die Kraftminderung der Hände. Der GdB ist voll erreicht.
31Für das Funktionssystem der Wirbelsäule ist gemäß Teil B Ziffer 18.9 der Versor-gungsmedizinischen Grundsätze ein GdB von soeben 20 in Ansatz zu bringen.
32Es sind beim Kläger leichte degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbel-säule mit Uncarthrose C4/5 und Protrusion (Bandscheibenvorwölbung) C3/4 nach-gewiesen. Hier zeigte sich in der Untersuchung durch Frau Dr. Q.-T. leichtgradige Einschränkung. Die Anteversion/Retroversion wurde mit 40°/0°/30°, die Rotation sei-tengleich mit 60°/0°/60° und die Seitneigung seitengleich mit 45°/0°/45° ermittelt (vgl. zu den Bewegungsausmaßen der Wirbelsäule allgemein Grifka/Krämer, Orthopädi-sche Unfallchirurgie, 9. Aufl. 2013, S. 157 f.; Thomann/Schröter/Grosser, Orthopä-disch-unfallchirurgische Begutachtung, 2009, S. 17).
33Für den Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule ermittelte Frau Dr. Q.-T. das Vor- und Rückneigen mit 20°/0°/15° und die Rotation mit 30°/0°/30° und die Seitennei-gung (re/li) mit 20°/0°/20°. Den Finger-Boden-Abstand ermittelte sie mit 40 cm, wobei der Kläger beim Vorneigen des Rumpfes starke Schmerzen im Bereich der Schultern und der oberen BWS angab. Im Sitzen war die Dreh- und Seitneigung der BWS und LWS leicht eingeschränkt. Das Aufrichten aus der Rückenlage gelang mit Schwung aus der Rückenlage. Der Langsitz war frei, der Fingersprunggelenksab-stand konnte mit 20 cm ermittelt werden. Neurologische Ausfälle oder sensomotorische Auffälligkeiten sind nicht objektiviert. Wie die Untersuchung insbe-sondere im Sitzen und beim Aufrichten aus der Rückenlage zeigen, liegen wesentliche Einschränkungen der Brust- und Lendenwirbelsäule ebenfalls nicht vor, weswegen insgesamt von leichten Einschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten auszugehen ist, für mit der Gutachterin Dr. Q.-T. ein GdB von 10, allerhöchstens soeben 20 in Ansatz zu bringen ist.
34Für das Funktionssystem des Stoffwechsels und der inneren Sekretion ist der GdB des Klägers mit 40 zu bewerten, wobei dieser Wert nach Auffassung der Kammer wohlwollend hoch und als nur soeben erreicht anzusehen ist.
35Gemäß Teil B Ziffer 15.1 Versorgungsmedizinischen Grundsätze in der aktuellen Fassung der Fünften Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Versordnung (5. VersMedVÄndV) vom 11.10.2012 (BGBl. I, S. 2122) gilt hinsichtlich der Beurteilung eine Zuckerkrankheit Folgendes:
36Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststel-lung eines GdS rechtfertigt. Der GdS beträgt 0.
37Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 20.
38Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung be-einträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdB beträgt 30 bis 40.
39Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindes-tens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selb-ständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Le-bensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulin-dosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdS beträgt 50
40Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdS-Werte bedingen.
41Der Kläger therapiert nach eigenen Angaben seit 2007 seine Zuckerkrankheit u.a. mit Insulin, von dem er morgens 11 Einheiten, mittags 10 Einheiten und abends 10 Einheiten einnimmt. Darüber hinaus nimmt er als orales Antidiabetikum den Wirkstof-fe Metformin. Nach Angaben des Klägers hat sich der HbA1c-Wert von 5,8 im ersten Quartal 2012 auf derzeit 7,5 % verschlechtert. Der HbA1c-Wert ermittelt den Anteil des glykierten Hämoglobins in den Erythrozyten und stellt derzeit das wichtigste Maß für die Qualitätsbeurteilung der Blutzuckereinstellung der jeweils letzten zwei Monate dar (Hien/Böhm/Claudi-Böhm/Krämer/Kohlhaas, Diabetes Handbuch, 7. Aufl. 2013, S. 9 f.; Häring/Gallwitz/Wieland/Usadel/Mehnert, Diabetologie in Klinik und Praxis, 6. Aufl. 2011, S. 107 f.). Noch im Oktober 2014 kam der Gutachter Dr. H. zu der Ein-schätzung, der GdB des Klägers sei gut eingestellt. Die Kammer schließt nicht aus, dass sich der Wert zwischenzeitlich auf 7,5% verschlechtert hat. Hier haben primär die behandelnden Ärzte zu entscheiden, ob hieraus therapeutische Folgerungen zu ziehen sind. Auf die Höhe des GdB hat die nach Einschätzung der Kammer indes keinen Einfluss, zumal ein solche HbA1c-Wert im Hinblick auf die Dauer der Erkran-kung und das Alter des Klägers nach den Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesell-schaft durchaus noch (freilich im oberen) Zielbereich der Einstellung liegt (vgl. DDG-Leitlinie Therapie des Typ-2-Diabetes Langfassung 1. Aufl. 4. Version, August 2013, abrufbar unter: http://www.deutsche-diabetes-gesell-schaft.de/fileadmin/Redakteur/Leitlinien/Evidenzbasierte Leitlinien/NVL Therapie DM2 lang Aug 13 geae Nov 2014.pdf; vgl. auch Hä-ring/Gallwitz/Wieland/Usadel/Mehnert, Diabetologie in Klinik und Praxis, 6. Aufl. 2011, S. 213 f.).
42Nach Einschätzung der Kammer sind die Teilhabebeeinträchtigungen durch die Zu-ckerkrankheit, insbesondere im Hinblick die bislang gute Güte der Einstellung, des überschaubaren Therapieaufwands und den fehlenden objektivierten manifesten An-zeichen für Folgeerkrankungen – bspw. einer diabetische Retinopathie oder Nephropathie – mäßig und der bislang bewilligte GdB von 40 nach Auffassung der Kammer wohlwollend. Er ist allerhöchstens soeben erreicht.
43Für das Funktionssystem der Psyche ist beim Kläger nach Auffassung der Kammer ein GdB von 20 in Ansatz zu bringen. Der Kläger befindet sich in psychiatrischer Behandlung beim Neurologen und Psy-chiater U ... Dies hat in dem vom Gericht angeforderten Befundbericht eine Anpas-sungsstörung mit depressiver Färbung diagnostiziert und ihm 50mg Opipramol zur Nacht verschrieben. Der Kläger stellte sich nach den Feststellungen im Befundbe-richt früher quartalsweise vor. Bei Erstellung des Befundberichts war der Kläger al-lerdings schon ca. ein halbes Jahr nicht mehr dort gewesen. Damals war der Befund weitgehend unverändert. Im Rahmen der Begutachtung durch Dr. H. gab der Kläger an, er nehme Opipramol mittags und abends sowie mittags eine Tablette Cymbalta® (Wirkstoff Duloxetin). Dr. H. beschrieb den Kläger damals als zeitlich, örtlich und si-tuativ orientiert, die Anamnese erschien korrekt und prompt. Der Kläger konnte dem Gespräch jederzeit problemlos folgen. Störungen des formalen Denkens fielen nicht auf. Bei einer etwas gedrückten Grundstimmung wirkte er manchmal leicht reizbar, Stimme und Ausdruck wirkten dann etwa laut, polternd. Insgesamt erschien das Akti-vitätsniveau etwas reduziert. Eine entsprechende Beschreibung findet sich auch in dem Gutachten der Frau Dr. Q.-T., die zudem auf die starke Betonung der zuneh-menden schmerzhaften Bewegungsstörungen sowie die vom Kläger geäußerte nerv-liche Anspannung hinweist. Die Auswertung des PHQ-9 ergab eine Depressivität im höchsten Schweregrad, zudem ergab die Auswertung des painDETECT Schmerzfra-gebogens das Bestehen einer Schmerzchronifizierung im Stadium III MPSS nach Gerbershagen. Der Kläger beschrieb gegenüber der Gutachterin, dass ihm die star-ken Einschränkungen Ängste bereiteten, weswegen er in psychotherapeutischer Be-handlung sei. Er nehme auch seit längerer Zeit abends eine entspannende antide-pressive Medikation. Die vielen Gutachten und Gerichtsverfahren hätten ihm stark zugesetzt. Die Gutachten seien allesamt nicht ehrlich gewesen, er fühle sich psy-chisch fertig gemacht. Die Gerichtsverfahren hätten seine Psyche auf dem Gewis-sen. Er wolle nicht mehr als Simulant hingestellt werden, auch dies belaste ihn sehr. Seine Möglichkeiten im Haushalt und Alltag beschrieb der Kläger als sehr einge-schränkt. Auch beklagt er eine bestehende Motivationslosigkeit. Den erheblichen Klagen des Klägers steht allerdings – und insoweit bezieht sich die Kammer auf die vorliegenden fachpsychiatrischen Berichte und Feststellungen der Gutachter – ein klinisches Bild gegenüber, wonach beim Kläger letztlich eine – mittlerweile wohl chronifizierte - Anpassungsstörung mit depressiver Färbung besteht. Die ausdrück-lich beim Kläger diagnostizierte Anpassungsstörung setzt dabei nach ICD-10 letztlich voraus, dass die depressive Symptomatik allenfalls leicht ausgeprägt ist (vgl. dazu Venzlaff/Foerster/Dreßing/Habermeyer, Psychiatrische Begutachtung, 6. Aufl. 2015, S. 250 f.) Der Kläger nimmt nach eigenen Angaben psychotherapeutische Behand-lungen in Anspruch. Nähere Einzelheiten hierzu sind bislang nicht objektiviert. Der Kläger hatte dies auch gegenüber Dr. H. noch nicht angegeben. Daneben nimmt er Psychopharmaka, wobei die Angaben hierzu abweichen. Gegenüber Frau Dr. Q.-T. hatte er zuletzt angegeben, er nehme abends 30 mg das Antidepressivum Duloxalta ®. Unter Berücksichtigung der durchgeführten Behandlung, den Angaben des behan-delnden Psychiaters sowie den Feststellungen des Gutachters Dr. H. im Verfahren S 4 P 129/13 und denjenigen der Gutachterin Dr. Q.-T. im hiesigen Verfahren geht die Kammer davon aus, dass bei objektivierter Betrachtung beim Kläger leichtere Stö-rungen vorliegen. Der Kläger ist erkennbar auf die Beeinträchtigung der Schultern und die damit verbundenen Schmerzen fixiert. Eine hochgradige somatoforme Schmerzstörung wurde von der Gutachterin, die unter anderem auch spezielle Schmerztherapeutin ist, ausdrücklich ausgeschlossen. Die Kammer hat keinen An-lass an diesen Feststellungen zu zweifeln. Im Übrigen wurden die Schmerzen schon bei der Bewertung des GdB von 40 für die Schultern mitbewertet (vgl. dazu bereits oben). Wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im Sin-ne z.B. einer ausgeprägteren depressiven Störung (vgl. Ziffer 3.7 der Versorgungs-medizinischen Grundsätze) sind nach oben stehenden Ausführungen beim Klägern nicht objektiviert. Es ist daher ein GdB von 20 in Ansatz zu bringen. Im Hinblick auf die angegebene Therapie erscheint der Kammer der bislang in Ansatz gebrachte GdB von 10 insoweit etwas zu gering. Sonstige wesentliche gesundheitliche Beeinträchtigungen, die einen GdB von min-destens 10 oder mehr rechtfertigen würden sind nicht nachgewiesen. Insbesondere die beim Kläger vorliegende Bauchdeckenplastik rechtfertigt zur Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung der eingeholten medizinischen Unterlagen keinen entsprechenden GdB. Vor diesem Hintergrund ist bei dem Kläger § 69 Abs. 3 SGB IX in Verbindung mit Teil A Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein Gesamt-GdB von 60 zu bil-den.
44§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor, bei Vorliegen mehrerer Teilhabebeeinträchti-gungen den Grad der Behinderungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigun-gen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzusetzen. Der maßgebliche Gesamt-GdB ergibt sich dabei aus der Zusammen-schau aller Funktionsbeeinträchtigungen. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung der Sachverständigen-gutachten sowie der versorgungsmedizinischen Grundsätze in freier richterlicher Be-weiswürdigung nach natürlicher, wirklichkeitsorientierter und funktionaler Betrach-tungsweise festzustellen (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 29.06.2012 – L 13 SB 127/11 = juris Rn. 42 unter Bezugnahme auf BSG Urteil vom 11.03.1998 - B 9 SB 9/97 R = juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen, sich überschneiden, sich ver-stärken oder beziehungslos nebeneinander stehen (BSG Urteil vom 02.12.2010 - B 9 SB 4/10 R = juris).
45Im Vordergrund stehen vorliegend die Beeinträchtigungen der Schultern des Klägers. Diese bedingen – wie oben ausgeführt – einen GdB von 40, der voll erreicht ist. Ne-ben diesem können erhöhend die Beeinträchtigungen durch den Diabetes mellitus berücksichtigt werden, der indes – auch dies wurde ausgeführt – lediglich soeben einen Wert von 40 erreicht. Er tritt letztlich in der Gesamtbetrachtung auch hinter der Schmerzproblematik der Schultern zurück. Schließlich sind die psychischen Beein-trächtigungen zu nennen, die nach Auffassung der Kammer letztlich ihre Ursache auch in den Schmerzen und Beeinträchtigungen der Schultern haben. Hier ist eine Doppelbewertung zu vermeiden. Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass das Zusammenspiel dieser Beeinträchtigungen weiterhin einen GdB von 60 rechtfer-tigt. In der Gesamtschau war nach Einschätzung der Kammer den psychischen Be-einträchtigungen etwas mehr Raum zu geben, während die Teilhabebeeinträchtigun-gen durch die Zuckererkrankung bislang etwas zu hoch bewertet worden waren. Die Einschränkungen im Bereich der Wirbelsäule, die allerhöchstens einen GdB von so-eben 20 rechtfertigen, sind nicht geeignet diesen GdB noch weiter zu erhöhen.
46II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraus-setzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens H.
47In den Schwerbehindertenausweis ist das Merkzeichen H einzutragen, wenn der schwerbehinderte Mensch hilflos im Sinne des § 33b Einkommenssteuergesetz (EStG) oder entsprechender Vorschriften ist, vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 2 Schwerbehinder-tenausweisverordnung. Entsprechend § 33b Abs. 6 Satz 3 EStG ist derjenige als hilflos anzusehen, der infolge von Gesundheitsstörungen nicht nur vorübergehend für eine Reihe häufiger und wiederkehrender Verrichtungen und zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Von der tatbestandlich vorausgesetzten "Reihe von Verrichtungen" kann - entspre-chend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - regelmäßig erst dann ausge-gangen werden, wenn es sich "um mindestens drei Verrichtungen handelt, die einen Hilfebedarf in erheblichem Umfang erforderlich machen" (BSG, Urteil vom 24.11.2005 B 9 a SB 1/05 R). Der Umfang der wegen der Behinderung notwendigen zusätzlichen Hilfeleistungen muss erheblich sein. Dabei ist in der Regel auf die Zahl der Verrichtungen, den wirtschaftlichen Wert der Hilfe und den zeitlichen Aufwand abzustellen (vgl. BSG, a.a.O.). Mit Blick auf die gesetzlichen Vorgaben in der sozia-len Pflegeversicherung (vgl. § 15 SGB IX) ist die Erheblichkeit des Hilfebedarfs in erster Linie nach dem täglichen Zeitaufwand für erforderliche Betreuungsleistungen zu beurteilen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.06.2007, L 8 SB 1421/06; vgl. auch BSG, a.a.O.). Nicht hilflos ist danach jedenfalls, wer nur in relativ geringem Umfange, täglich etwa eine Stunde, auf fremde Hilfe angewiesen ist. Auch bei darüber hinausgehendem Zeitaufwand sind danach indes nicht zwingend die Voraussetzungen der Hilflosigkeit gegeben. Vielmehr ist der tägliche Zeitaufwand für die Hilfeleistung erst dann für sich allein genommen erheblich, wenn dieser mindestens zwei Stunden erreicht (vgl. zu alledem BSG, a.a.O.). Bei einem Hilfebedarf zwischen einer und zwei Stunden ist bei der Frage der Erheblichkeit auf weitere Umstände, insbesondere den wirtschaftlichen Wert abzustellen. Insbesondere für den Fall einer hohen Anzahl von Verrichtungen bzw. deren ungünstiger zeitlicher Verteilung, ist auch bei einem Hilfebedarf von zwischen einer und zwei Stunden von dessen Erheblichkeit auszugehen (vgl. BSG, a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). Die notwendige Bereitschaftszeit einer Hilfsperson ist hierbei dann berücksichtigungsfähig, wenn die Hilfsperson dadurch zeitlich und örtlich ebenso beansprucht werde, wie bei körperlicher Hilfeleistung (vgl. (BSG Urteil vom 12. Februar 2003, B 9 SB 1/02 R = juris).
48Aufgrund der eingeholten gerichtlichen Gutachten, d ...h. zum einen das Gutachtern der Frau Dr. Q.-T. sowie zum anderen das im Verfahren S 4 P 129/13 eingeholte Gutachten des Dr. H., der vorliegenden Arzt- und Befundberichte der Befundberichte sowie auch des im Verwaltungsverfahren vorgelegten Pflegegutachtens steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin derzeit keinesfalls in einem sol-chen Umfang hilfebedürftig ist, der die Zuerkennung des Merkzeichens H rechtferti-gen würde.
49Die Gutachterin Dr. Q.-T. hat ausgeführt, dass der Kläger bei der Untersuchung die Unterstützung der Ehefrau eingefordert hat. Diese hat ihm auch unaufgefordert beim An- und Auskleidern der Strümpfe und Hose sowie beim Anziehen des Oberhemdes mit Knöpfen geholfen. Die Gutachterin erachtet diese umfänglichen Hilfeleistungen aus medizinischer Sicht indes nicht für erforderlich. So bestanden bei der Untersu-chung ein Fingersprunggelenksabstand von 20 cm sowie eine schonungsbedingte Verkürzung der Ischiocruralmuskulatur. Es werden keine physiotherapeutischen Be-handlungen oder Kräftigungs- bzw. Dehnübungen selbständig durchgeführt, eher bestehe eine Rückzugtendenz mit Schonhaltung. Aus gutachterlicher Sicht ist grund-sätzlich dem Kläger unter Berücksichtigung der beschriebenen Einschränkungen, ggf. unter Einbeziehung kleinerer Hilfsmittel, das An- und Auskleiden selbständig möglich. Die Leiden erfordern kein dauerndes Krankenlager. Eine Bettlägerigkeit ist allenfalls stundenweise gegebenen. Die Blasen- und Mastdarmkontrolle ist erhalten. Beschrieben wir ein zwei- bis dreimaliger Toilettengang pro Nacht. Soweit der Kläger angibt, er benötige für die Intimhygiene nach dem Toilettengang Hilfe, so erscheint dies im Hinblick auf die eingeschränkte Beweglichkeit der Arme durchaus plausibel. Auch der Gutachter Dr. H. geht von einer Teilhilfe zur Nachreinigung nach dem Stuhlgang aus. Die Sehfähigkeit für Lesen, Schreiben, Fernsehen und Straßenver-kehr (der Kläger führt nach eigenen Angaben noch einen PKW im Straßenverkehr) ist erhalten. Auch die Hörfähigkeit ist erhalten, es kommt nicht zu Störungen der Kommunikation. Der Kläger ist nicht ständig zu beaufsichtigen aufgrund Unruhe, Depressionen und Anfallshäufungen oder Beschmutzung und Beschädigung der Um-gebung. Es steht für die Kammer unter Berücksichtigung der Feststellungen der er-fahrenen Gutachter Dr. Q.-T. und H. fest, dass der Kläger Hilfe beim Kämmen, (teil-weise) Rasieren, An- und Auskleiden besonders im Rahmen von Überkopfarbeiten, Anziehen von Schuhen und Strümpfe (wobei hier teilweise auch die Inanspruchnah-me von Hilfsmitteln möglich erscheint) und partiell beim Toilettengang nach Verdau-ung bedarf. Essen ist selbständig möglich, ebenso das Gehen in der Wohnung, im Straßenverkehr und bei Spaziergängen. Eine Wundversorgung ist ebensowenig er-forderlich wie eine spezielle Zubereitung des Essens. Spezielle Hilfe bei der Kleider- und Schuhpflege ist erforderlich, auch nicht das Anlegen von orthopädischen Hilfs-mitteln. Die Gutachterin schätzt den vereinzelt anfallenden Hilfebedarf auf ca. 15 Mi-nuten. Berücksichtigt man – die Ausführungen des Gutachters Dr. H., der die Zeit auf 27 Minuten schätzt, ist nach Auffassung der Kammer davon auszugehen, dass die maßgebliche Hilfeleistungen für den Kläger täglich allerhöchstens 30 Minuten betragen. Soweit der Kläger vorgetragen hat, selbst das Schneiden von Speisen und das Eingießen von Getränken falle ihm schwer, so mag dies bis zu einem gewissen Grad zutreffen. Ausgeschlossen ist es nach Auffassung der Kammer jedenfalls keinesfalls und bedingt letztlich nur einen marginalen Hilfedbedarf.
50Es steht damit zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger gesundheitlich durchaus in der Lage ist, sich grundsätzlich selbst versorgen kann und nur in dem geschilderten Umfang der Hilfe bedarf. Die erforderliche Hilfestellung erreicht aber bei weitem nicht das Maß und den Umfang, der die Zuerkennung des Merkzeichens H rechtfertigt. Der Kläger verkennt insoweit offensichtlich den Kreis der Adressaten für den das Merkzeichen H gesetzlich vorgesehen ist. Wenn der Kläger zudem aus der Tatsache, dass die gerichtlichen Gutachter bislang – zu Recht – bei ihm die Vo-raussetzungen für das Merkzeichen H (bzw. im Verfahren der Pflegeversicherung die Zuerkennung einer entsprechenden Pflegestufe) nicht gesehen haben, schließt, er werde als Simulant dargestellt, verkennt der Kläger nach Auffassung der Kammer ebenfalls die Sachlage. Ein Simulant gibt Beschwerden vor, die tatsächlich nicht exis-tieren. Die Gutachter haben aber doch gerade nicht unerhebliche Beeinträchtigungen beim Kläger festgestellt und auch der Beklagte hat zu Recht bei ihm einen GdB von 60 in Ansatz gebracht. Dass der Kläger offensichtlich nicht wahrhaben will, dass die-se Beeinträchtigungen rechtlich keinen höheren GdB oder die Zuerkennung des Merkzeichens H rechtfertigen, macht ihn nicht zu einem Simulanten. Dies hat auch – soweit ersichtlich – niemand behauptet. Es zeigt nach Auffassung der Kammer ledig-lich, dass er die rechtlichen Voraussetzungen verkennt.
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(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
(1) Wer durch eine militärische oder militärähnliche Dienstverrichtung oder durch einen Unfall während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes oder durch die diesem Dienst eigentümlichen Verhältnisse eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung.
(2) Einer Schädigung im Sinne des Absatzes 1 stehen Schädigungen gleich, die herbeigeführt worden sind durch
- a)
eine unmittelbare Kriegseinwirkung, - b)
eine Kriegsgefangenschaft, - c)
eine Internierung im Ausland oder in den nicht unter deutscher Verwaltung stehenden deutschen Gebieten wegen deutscher Staatsangehörigkeit oder deutscher Volkszugehörigkeit, - d)
eine mit militärischem oder militärähnlichem Dienst oder mit den allgemeinen Auflösungserscheinungen zusammenhängende Straf- oder Zwangsmaßnahme, wenn sie den Umständen nach als offensichtliches Unrecht anzusehen ist, - e)
einen Unfall, den der Beschädigte auf einem Hin- oder Rückweg erleidet, der notwendig ist, um eine Maßnahme der Heilbehandlung, eine Badekur, Versehrtenleibesübungen als Gruppenbehandlung oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 26 durchzuführen oder um auf Verlangen eines zuständigen Leistungsträgers oder eines Gerichts wegen der Schädigung persönlich zu erscheinen, - f)
einen Unfall, den der Beschädigte bei der Durchführung einer der unter Buchstabe e aufgeführten Maßnahmen erleidet.
(3) Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales die Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung anerkannt werden; die Zustimmung kann allgemein erteilt werden.
(4) Eine vom Beschädigten absichtlich herbeigeführte Schädigung gilt nicht als Schädigung im Sinne dieses Gesetzes.
(5) Ist der Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben, so erhalten seine Hinterbliebenen auf Antrag Versorgung. Absatz 3 gilt entsprechend.
(1) Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst. Vorübergehende Gesundheitsstörungen sind nicht zu berücksichtigen; als vorübergehend gilt ein Zeitraum bis zu sechs Monaten. Bei beschädigten Kindern und Jugendlichen ist der Grad der Schädigungsfolgen nach dem Grad zu bemessen, der sich bei Erwachsenen mit gleicher Gesundheitsstörung ergibt, soweit damit keine Schlechterstellung der Kinder und Jugendlichen verbunden ist. Für erhebliche äußere Gesundheitsschäden können Mindestgrade festgesetzt werden.
(2) Der Grad der Schädigungsfolgen ist höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn
- 1.
auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, - 2.
zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder - 3.
die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.
(3) Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Absatzes 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 vom Hundert des auf volle Euro aufgerundeten Einkommensverlustes (Absatz 4) oder, falls dies günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Absatz 6.
(4) Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen. Haben Beschädigte Anspruch auf eine in der Höhe vom Einkommen beeinflußte Rente wegen Todes nach den Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche, ist abweichend von Satz 1 der Berechnung des Einkommensverlustes die Ausgleichsrente zugrunde zu legen, die sich ohne Berücksichtigung dieser Rente wegen Todes ergäbe. Ist die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemindert, weil das Erwerbseinkommen in einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, der nicht mehr als die Hälfte des Erwerbslebens umfaßt, schädigungsbedingt gemindert war, so ist die Rentenminderung abweichend von Satz 1 der Einkommensverlust. Das Ausmaß der Minderung wird ermittelt, indem der Rentenberechnung für Beschädigte Entgeltpunkte zugrunde gelegt werden, die sich ohne Berücksichtigung der Zeiten ergäben, in denen das Erwerbseinkommen der Beschädigten schädigungsbedingt gemindert ist.
(5) Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 5. Zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die Grundgehälter der Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A aus den vorletzten drei der Anpassung vorangegangenen Kalenderjahren heranzuziehen. Beträge des Durchschnittseinkommens bis 0,49 Euro sind auf volle Euro abzurunden und von 0,50 Euro an auf volle Euro aufzurunden. Der Mittelwert aus den drei Jahren ist um den Prozentsatz anzupassen, der sich aus der Summe der für die Rentenanpassung des laufenden Jahres sowie des Vorjahres maßgebenden Veränderungsraten der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 in Verbindung mit § 228b des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) ergibt; die Veränderungsraten werden jeweils bestimmt, indem der Faktor für die Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer um eins vermindert und durch Vervielfältigung mit 100 in einen Prozentsatz umgerechnet wird. Das Vergleichseinkommen wird zum 1. Juli eines jeden Jahres neu festgesetzt; wenn das nach den Sätzen 1 bis 6 errechnete Vergleichseinkommen geringer ist, als das bisherige Vergleichseinkommen, bleibt es unverändert. Es ist durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu ermitteln und im Bundesanzeiger bekanntzugeben; die Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. Abweichend von den Sätzen 1 bis 5 sind die Vergleichseinkommen der Tabellen 1 bis 4 der Bekanntmachung vom 14. Mai 1996 (BAnz. S. 6419) für die Zeit vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 durch Anpassung der dort veröffentlichten Werte mit dem Vomhundertsatz zu ermitteln, der in § 56 Absatz 1 Satz 1 bestimmt ist; Satz 6 zweiter Halbsatz gilt entsprechend.
(6) Berufsschadensausgleich nach Absatz 3 letzter Satzteil ist der Nettobetrag des Vergleicheinkommens (Absatz 7) abzüglich des Nettoeinkommens aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit (Absatz 8), der Ausgleichsrente (§§ 32, 33) und des Ehegattenzuschlages (§ 33a). Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(7) Der Nettobetrag des Vergleichseinkommens wird bei Beschädigten, die nach dem 30. Juni 1927 geboren sind, für die Zeit bis zum Ablauf des Monats, in dem sie auch ohne die Schädigung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden wären, längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, in dem der Beschädigte die Regelaltersgrenze nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch erreicht, pauschal ermittelt, indem das Vergleichseinkommen
- 1.
bei verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 716 Euro übersteigende Teil um 36 vom Hundert und der 1 790 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert, - 2.
bei nicht verheirateten Beschädigten um 18 vom Hundert, der 460 Euro übersteigende Teil um 40 vom Hundert und der 1 380 Euro übersteigende Teil um 49 vom Hundert
(8) Das Nettoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Erwerbstätigkeit wird pauschal aus dem derzeitigen Bruttoeinkommen ermittelt, indem
- 1.
das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Erwerbstätigkeit um die in Absatz 7 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Vomhundertsätze gemindert wird, - 2.
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten wegen Alters, Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte um den Vomhundertsatz gemindert werden, der für die Bemessung des Beitrags der sozialen Pflegeversicherung (§ 55 des Elften Buches Sozialgesetzbuch) gilt, und um die Hälfte des Vomhundertsatzes des allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen (§ 241 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch); die zum 1. Januar festgestellten Beitragssätze gelten insoweit jeweils vom 1. Juli des laufenden Kalenderjahres bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres, - 3.
sonstige Geldleistungen von Leistungsträgern (§ 12 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) mit dem Nettobetrag berücksichtigt werden und - 4.
das übrige Bruttoeinkommen um die in Nummer 2 genannten Vomhundertsätze und zusätzlich um 19 vom Hundert des 562 Euro übersteigenden Betrages gemindert wird; Nummer 2 letzter Halbsatz gilt entsprechend.
(9) Berufsschadensausgleich nach Absatz 6 wird in den Fällen einer Rentenminderung im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 nur gezahlt, wenn die Zeiten des Erwerbslebens, in denen das Erwerbseinkommen nicht schädigungsbedingt gemindert war, von einem gesetzlichen oder einem gleichwertigen Alterssicherungssystem erfaßt sind.
(10) Der Berufsschadensausgleich wird ausschließlich nach Absatz 6 berechnet, wenn der Antrag erstmalig nach dem 21. Dezember 2007 gestellt wird. Im Übrigen trifft die zuständige Behörde letztmalig zum Stichtag nach Satz 1 die Günstigkeitsfeststellung nach Absatz 3 und legt damit die für die Zukunft anzuwendende Berechnungsart fest.
(11) Wird durch nachträgliche schädigungsunabhängige Einwirkungen oder Ereignisse, insbesondere durch das Hinzutreten einer schädigungsunabhängigen Gesundheitsstörung das Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger Tätigkeit voraussichtlich auf Dauer gemindert (Nachschaden), gilt statt dessen als Einkommen das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Bundesbesoldungsordnung A, der der oder die Beschädigte ohne den Nachschaden zugeordnet würde; Arbeitslosigkeit oder altersbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben gilt grundsätzlich nicht als Nachschaden. Tritt nach dem Nachschaden ein weiterer schädigungsbedingter Einkommensverlust ein, ist dieses Durchschnittseinkommen entsprechend zu mindern. Scheidet dagegen der oder die Beschädigte schädigungsbedingt aus dem Erwerbsleben aus, wird der Berufsschadensausgleich nach den Absätzen 3 bis 8 errechnet.
(12) Rentenberechtigte Beschädigte, die einen gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehegatten oder Lebenspartners, einem Verwandten oder einem Stief- oder Pflegekind führen oder ohne die Schädigung zu führen hätten, erhalten als Berufsschadensausgleich einen Betrag in Höhe der Hälfte der wegen der Folgen der Schädigung notwendigen Mehraufwendungen bei der Führung des gemeinsamen Haushalts.
(13) Ist die Grundrente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht worden, so ruht der Anspruch auf Berufsschadensausgleich in Höhe des durch die Erhöhung der Grundrente nach § 31 Abs. 1 Satz 1 erzielten Mehrbetrags. Entsprechendes gilt, wenn die Grundrente nach § 31 Abs. 4 Satz 2 erhöht worden ist.
(14) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen:
- a)
welche Vergleichsgrundlage und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Einkommensverlustes heranzuziehen ist, - b)
wie der Einkommensverlust bei einer vor Abschluß der Schulausbildung oder vor Beginn der Berufsausbildung erlittenen Schädigung zu ermitteln ist, - c)
wie der Berufsschadensausgleich festzustellen ist, wenn der Beschädigte ohne die Schädigung neben einer beruflichen Tätigkeit weitere berufliche Tätigkeiten ausgeübt oder einen gemeinsamen Haushalt im Sinne des Absatzes 12 geführt hätte, - d)
was als derzeitiges Bruttoeinkommen oder als Durchschnittseinkommen im Sinne des Absatzes 11 und des § 64c Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt und welche Einkünfte bei der Ermittlung des Einkommensverlustes nicht berücksichtigt werden, - e)
wie in besonderen Fällen das Nettoeinkommen abweichend von Absatz 8 Satz 1 Nr. 3 und 4 zu ermitteln ist.
(15) Ist vor dem 1. Juli 1989 bereits über den Anspruch auf Berufsschadensausgleich für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben entschieden worden, so verbleibt es hinsichtlich der Frage, ob Absatz 4 Satz 1 oder 3 anzuwenden ist, bei der getroffenen Entscheidung.
(16) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung und mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des Absatzes 1 maßgebend sind, sowie die für die Anerkennung einer Gesundheitsstörung nach § 1 Abs. 3 maßgebenden Grundsätze und die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage nach § 35 Abs. 1 aufzustellen und das Verfahren für deren Ermittlung und Fortentwicklung zu regeln.
(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muß, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1 174, 1 524 oder 1 876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.
(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt.
(3) Während einer stationären Behandlung wird die Pflegezulage nach den Absätzen 1 und 2 Empfängern von Pflegezulage nach den Stufen I und II bis zum Ende des ersten, den übrigen Empfängern von Pflegezulage bis zum Ablauf des zwölften auf die Aufnahme folgenden Kalendermonats weitergezahlt.
(4) Über den in Absatz 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus wird die Pflegezulage während einer stationären Behandlung bis zum Ende des Kalendermonats vor der Entlassung nur weitergezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte erhalten ein Viertel der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder der Elternteil bis zum Beginn der stationären Behandlung zumindest einen Teil der Pflege wahrgenommen hat. Daneben wird die Pflegezulage in Höhe der Kosten weitergezahlt, die aufgrund eines Pflegevertrages entstehen, es sei denn, die Kosten hätten durch ein den Beschädigten bei Abwägung aller Umstände zuzumutendes Verhalten, insbesondere durch Kündigung des Pflegevertrages, vermieden werden können. Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhalten, soweit eine stärkere Beteiligung der schon bis zum Beginn der stationären Behandlung unentgeltlich tätigen Pflegeperson medizinisch erforderlich ist, abweichend von Satz 2 ausnahmsweise Pflegezulage bis zur vollen Höhe nach Absatz 1, in Fällen des Satzes 3 jedoch nicht über den nach Absatz 2 Satz 2 aus der pauschalen Pflegezulage verbleibenden Betrag hinaus.
(5) Tritt Hilflosigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gleichzeitig mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung oder während einer stationären Behandlung ein, besteht für die Zeit vor dem Kalendermonat der Entlassung kein Anspruch auf Pflegezulage. Für diese Zeit wird eine Pflegebeihilfe gezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte, die mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben, erhalten eine Pflegebeihilfe in Höhe eines Viertels der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I. Soweit eine stärkere Beteiligung der Ehegatten, Lebenspartner oder eines Elternteils oder die Beteiligung einer Person, die den Beschädigten nahesteht, an der Pflege medizinisch erforderlich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen eine Pflegebeihilfe bis zur Höhe der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I gezahlt werden.
(6) Für Beschädigte, die infolge der Schädigung dauernder Pflege im Sinne des Absatzes 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist den Beschädigten von ihren Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wären. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen der Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
(1)1Wegen der Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf können Menschen mit Behinderungen unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag nach Absatz 3 geltend machen (Behinderten-Pauschbetrag).2Das Wahlrecht kann für die genannten Aufwendungen im jeweiligen Veranlagungszeitraum nur einheitlich ausgeübt werden.
(2) Einen Pauschbetrag erhalten Menschen, deren Grad der Behinderung auf mindestens 20 festgestellt ist, sowie Menschen, die hilflos im Sinne des Absatzes 3 Satz 4 sind.
(3)1Die Höhe des Pauschbetrags nach Satz 2 richtet sich nach dem dauernden Grad der Behinderung.2Als Pauschbetrag werden gewährt bei einem Grad der Behinderung von mindestens:
20 | 384 Euro, |
30 | 620 Euro, |
40 | 860 Euro, |
50 | 1 140 Euro, |
60 | 1 440 Euro, |
70 | 1 780 Euro, |
80 | 2 120 Euro, |
90 | 2 460 Euro, |
100 | 2 840 Euro. |
3Menschen, die hilflos im Sinne des Satzes 4 sind, Blinde und Taubblinde erhalten einen Pauschbetrag von 7 400 Euro; in diesem Fall kann der Pauschbetrag nach Satz 2 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.4Hilflos ist eine Person, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf.5Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 4 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.
(4)1Personen, denen laufende Hinterbliebenenbezüge bewilligt worden sind, erhalten auf Antrag einen Pauschbetrag von 370 Euro (Hinterbliebenen-Pauschbetrag), wenn die Hinterbliebenenbezüge geleistet werden
- 1.
nach dem Bundesversorgungsgesetz oder einem anderen Gesetz, das die Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes über Hinterbliebenenbezüge für entsprechend anwendbar erklärt, oder - 2.
nach den Vorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung oder - 3.
nach den beamtenrechtlichen Vorschriften an Hinterbliebene eines an den Folgen eines Dienstunfalls verstorbenen Beamten oder - 4.
nach den Vorschriften des Bundesentschädigungsgesetzes über die Entschädigung für Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit.
(5)1Steht der Behinderten-Pauschbetrag oder der Hinterbliebenen-Pauschbetrag einem Kind zu, für das der Steuerpflichtige Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat, so wird der Pauschbetrag auf Antrag auf den Steuerpflichtigen übertragen, wenn ihn das Kind nicht in Anspruch nimmt.2Dabei ist der Pauschbetrag grundsätzlich auf beide Elternteile je zur Hälfte aufzuteilen, es sei denn, der Kinderfreibetrag wurde auf den anderen Elternteil übertragen.3Auf gemeinsamen Antrag der Eltern ist eine andere Aufteilung möglich.4In diesen Fällen besteht für Aufwendungen, für die der Behinderten-Pauschbetrag gilt, kein Anspruch auf eine Steuerermäßigung nach § 33.5Voraussetzung für die Übertragung nach Satz 1 ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Kindes in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.
(6)1Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die einem Steuerpflichtigen durch die Pflege einer Person erwachsen, kann er anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag geltend machen (Pflege-Pauschbetrag), wenn er dafür keine Einnahmen im Kalenderjahr erhält und der Steuerpflichtige die Pflege entweder in seiner Wohnung oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen persönlich durchführt und diese Wohnung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat gelegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist.2Zu den Einnahmen nach Satz 1 zählt unabhängig von der Verwendung nicht das von den Eltern eines Kindes mit Behinderungen für dieses Kind empfangene Pflegegeld.3Als Pflege-Pauschbetrag wird gewährt:
4Ein Pflege-Pauschbetrag nach Satz 3 Nummer 3 wird auch gewährt, wenn die gepflegte Person hilflos im Sinne des § 33b Absatz 3 Satz 4 ist.5Bei erstmaliger Feststellung, Änderung oder Wegfall des Pflegegrads im Laufe des Kalenderjahres ist der Pflege-Pauschbetrag nach dem höchsten Grad zu gewähren, der im Kalenderjahr festgestellt war.6Gleiches gilt, wenn die Person die Voraussetzungen nach Satz 4 erfüllt.7Sind die Voraussetzungen nach Satz 4 erfüllt, kann der Pauschbetrag nach Satz 3 Nummer 1 und 2 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.8Voraussetzung für die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der gepflegten Person in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.9Wird ein Pflegebedürftiger von mehreren Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum gepflegt, wird der Pflege-Pauschbetrag nach der Zahl der Pflegepersonen, bei denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen, geteilt.(7) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, wie nachzuweisen ist, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge vorliegen.
(8) Die Vorschrift des § 33b Absatz 6 ist ab Ende des Kalenderjahres 2026 zu evaluieren.
(1) Stellt der leistende Rehabilitationsträger fest, dass der Antrag neben den nach seinem Leistungsgesetz zu erbringenden Leistungen weitere Leistungen zur Teilhabe umfasst, für die er nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 sein kann, leitet er den Antrag insoweit unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Dieser entscheidet über die weiteren Leistungen nach den für ihn geltenden Leistungsgesetzen in eigener Zuständigkeit und unterrichtet hierüber den Antragsteller.
(2) Hält der leistende Rehabilitationsträger für die umfassende Feststellung des Rehabilitationsbedarfs nach § 14 Absatz 2 die Feststellungen weiterer Rehabilitationsträger für erforderlich und liegt kein Fall nach Absatz 1 vor, fordert er von diesen Rehabilitationsträgern die für den Teilhabeplan nach § 19 erforderlichen Feststellungen unverzüglich an und berät diese nach § 19 trägerübergreifend. Die Feststellungen binden den leistenden Rehabilitationsträger bei seiner Entscheidung über den Antrag, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Anforderung oder im Fall der Begutachtung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens beim leistenden Rehabilitationsträger eingegangen sind. Anderenfalls stellt der leistende Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen umfassend fest.
(3) Die Rehabilitationsträger bewilligen und erbringen die Leistungen nach den für sie jeweils geltenden Leistungsgesetzen im eigenen Namen, wenn im Teilhabeplan nach § 19 dokumentiert wurde, dass
- 1.
die erforderlichen Feststellungen nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen von den zuständigen Rehabilitationsträgern getroffen wurden, - 2.
auf Grundlage des Teilhabeplans eine Leistungserbringung durch die nach den jeweiligen Leistungsgesetzen zuständigen Rehabilitationsträger sichergestellt ist und - 3.
die Leistungsberechtigten einer nach Zuständigkeiten getrennten Leistungsbewilligung und Leistungserbringung nicht aus wichtigem Grund widersprechen.
(4) In den Fällen der Beteiligung von Rehabilitationsträgern nach den Absätzen 1 bis 3 ist abweichend von § 14 Absatz 2 innerhalb von sechs Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wird eine Teilhabeplankonferenz nach § 20 durchgeführt, ist innerhalb von zwei Monaten nach Antragseingang zu entscheiden. Die Antragsteller werden von dem leistenden Rehabilitationsträger über die Beteiligung von Rehabilitationsträgern sowie über die für die Entscheidung über den Antrag maßgeblichen Zuständigkeiten und Fristen unverzüglich unterrichtet.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.