Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 05. Sept. 2018 - 2 L 97/16

bei uns veröffentlicht am05.09.2018

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt die Erteilung einer nachträglichen Baugenehmigung für bereits vorgenommene Baumaßnahmen an einem Wochenendhaus.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks R-Weg 35 im Ortsteil (R.) der Stadt K., Gemarkung (S.), Flur A, Flurstück 76, mit einer Grundstücksfläche von 884 m². Das Grundstück liegt in der Wochenendhaussiedlung "R-Weg" und ist mit einem Wochenendhaus sowie einer Doppelgarage bebaut. Das Wochenendhaus hat eine Grundfläche von ca. 66 m² (6,0 m x 11,0 m).

3

Der Kläger erwarb das Grundstück mit Kaufvertrag vom 07.04.2008. In dem Kaufvertrag hieß es, der Bungalow und die Doppelgarage seien vor dem Jahr 1989 errichtet worden. Nach einer Bauvorlage der VEB Kommunale Wohnungsverwaltung B-Stadt vom 16.10.1968 (BA A Bl. 29) war seinerzeit die Bebauung mit einem Ferienbungalow mit einer Grundfläche von ca. 58,63 m² (11,0 m x 3,85 m + 7,40 m x 2,20 m) beabsichtigt gewesen, wobei im rückwärtigen, nordöstlichen Teil des Bungalows die Aussparung der Umbauung einer Gebäudeecke von ca. 7,92 m² (3,60 m² x 2,20 m²) vorgesehen war.

4

Anfang 2011 stellte der Beklagte fest, dass der Kläger unter anderem Arbeiten am Dach des Wochenendhauses vorgenommen hatte. Zudem wurde festgestellt, dass der nach der Bauvorlage vom 16.10.1968 ausgesparte Raum inzwischen durch einen Anbau umbaut war. Nachfolgend forderte der Beklagte den Kläger auf, u.a. für die Neuerrichtung der Dachkonstruktion sowie für die Erweiterung des Wochenendhauses um den rückwärtig zusätzlich angebauten Raum eine Baugenehmigung zu beantragen.

5

Mit Schreiben vom 12.07.2012 machte der Kläger geltend, der streitgegenständliche rückwärtige nordöstliche Anbau von 3,60 m x 2,20 m habe bereits zu DDR-Zeiten existiert. Die Außenschale des rückwärtigen Anbaus habe aus ebenen Asbestplatten bestanden. Diese seien auf einer Holzunterkonstruktion befestigt gewesen. Zwischen der Holzkonstruktion hätten sich sogenannte "Sauerkrautplatten" als Dämmung befunden. Hinter dieser Konstruktion habe sich eine innenseitig verputzte 12 cm dicke Ziegelwand aus zu DDR-Zeiten üblichen Hochlochziegeln befunden. Diese Ausführung sowie die verwendeten Baumaterialien seien typisch für in der DDR errichtete Bauten. Da die außenseitigen ebenen Asbestplatten gerissen gewesen seien bzw. Fehlstellen aufgewiesen hätten, seien die dahinterliegende Holzunterkonstruktion sowie die dazwischenliegenden Sauerkrautplatten verfault gewesen. Das dahinter liegende Mauerwerk habe ebenfalls Feuchtigkeitsschäden aufgewiesen. Aufgrund eines älteren Wasserschadens vor dem Kauf 2008 sei das Ziegelmauerwerk vor allem auf der Ostseite des Anbaus stark beschädigt gewesen (Putzausblühungen und Putz- sowie Mauerwerksabplatzungen und nasses Mauerwerk). Aufgrund der starken Bauschäden im Bereich der Außenwand des Anbaus habe die vorhandenen Wandkonstruktion abgerissen und auf den vorhandenen Fundamenten durch eine 24 cm dicke Wand aus Gasbetonsteinen in den vorherigen Außenmaßen ersetzt werden müssen.

6

Am 13.07.2012 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Erteilung einer nachträglichen Baugenehmigung für die Erneuerung der Dachkonstruktion sowie des Anbaus am Wochenendhaus auf seinem Grundstück. Die von ihm erneuerte Außenwand des Anbaus (2,20 m x 3,60 m) ist auf dem mit den Antragsunterlagen eingereichten Grundriss (BA A Bl. 63) rot markiert.

7

Mit Schreiben vom 13.09.2012 nahm die Beigeladene zu dem Bauantrag des Klägers Stellung. Die Bebauung übersteige die zulässige Höchstgrenze für Wochenendhäuser in Wochenendhausgebieten von 60 m². Die Bebauung müsse reduziert werden, weil die Vorbildwirkung an dieser Stelle erheblich sei, entweder durch Abriss der alten Garage oder Rückbau des Anbaus und Reduzierung der Terrasse um 50 %. Das sei immer noch ein Kompromiss. Zustimmung erfolgte nur unter dieser Voraussetzung.

8

Mit Bescheid vom 06.11.2012 lehnte der Beklagte die Erteilung der Baugenehmigung ab. Zur Begründung führte er aus, die bereits durchgeführten Baumaßnahmen seien wegen der Größe des Wochenendhauses aus planungsrechtlicher Sicht nicht zulässig. Das Grundstück liege im Außenbereich. Auf der Grundlage der Baunutzungsverordnung und einer Vereinbarung zwischen dem Landkreis und der Gemeinde zur Beurteilung baulicher Vorhaben im Wochenendhausgebiet "R-Weg" könnten in diesem Gebiet nur Wochenendhäuser bis zu einer Grundfläche von maximal 60 m² zugelassen werden. Mit der bereits realisierten Erweiterung und den Umbaumaßnahmen werde die zulässige Größe der Bebauung in einem Wochenendhausgebiet überschritten. Das Wochenendhaus habe eine Grundfläche von 66 m². Wegen der von dem Vorhaben ausgehenden Vorbildwirkung für die Errichtung weiterer im Außenbereich unzulässiger Bauvorhaben sei eine Zersiedelung des Außenbereichs und damit eine Beeinträchtigung des in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB genannten öffentlichen Belangs der Splittersiedlung zu befürchten. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 29.05.2015 zurückgewiesen.

9

Mit Urteil vom 10.08.2016 – 2 A 118/15 HAL – verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide, dem Kläger eine (nachträgliche) Baugenehmigung zur Erneuerung der Dachkonstruktion und des Anbaus für das Bauvorhaben R-Weg 35 in K. gemäß seinem Antrag vom 13.07.2012 zu erteilen. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, das Grundstück des Klägers liege im Außenbereich. Das Vorhaben beeinträchtige als sonstiges Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB keine öffentlichen Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB. Insbesondere vermöge es nicht, eine Splittersiedlung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zu verfestigen oder zu erweitern. Die Verfestigung einer Splittersiedlung liege nicht vor. Der Kläger habe nur eine kleine rückwärtige untypische Ecke erneuert, mithin die Kubatur nicht nennenswert geändert. Ausweislich der geordneten Bebauung entlang der Wege (...) und R-Weg sei ein weiteres Ausdehnen in den Außenbereich nicht zu befürchten. Das klägerische Wochenendhaus mit einer Fläche von 66 m² überschreite den von der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmen nur unwesentlich. Auch wenn die Fläche von 60 m² überschritten werde, liege ausnahmsweise keine negative Vorbildwirkung vor, die zu einer weiteren Zersiedelung führe, denn es gehe hier lediglich um die Schließung einer kleinen Ecke eines bereits zu DDR-Zeiten errichteten Gebäudes mit einer untypischen kleinen Eckaussparung. Diese im rückwärtigen, mithin nicht einsehbaren Bereich befindliche Schließung der untypischen Ecke werde nicht als Neubau oder Erweiterung wahrgenommen. Hier liege eine Besonderheit vor, weil der ungewöhnliche Grundriss durch das Aussparen der rückwärtigen kleinen Ecke kein typischer Fall sei. Sie löse weder ein Planungsbedürfnis aus, noch gebe es vergleichbare Konstruktionen, die die Umgebung in planungsrechtlicher Hinsicht in Unruhe versetze. Durch oben dargestellte Besonderheit des Einzelfalls "Schließung der Ecke" könne nicht von einer Verfestigung einer Splittersiedlung ausgegangen werden. Dieser kleine Eckbereich, der sich aus dem ungewöhnlichen alten Grundriss ergeben habe, vermittle keine nicht genau übersehbare Vorbildwirkung. Durch die Schließung der Ecke werde kein Eindruck vermittelt, der über den Charakter eines bloßen Wochenendhauses hinausgehe. Insoweit ordne sich die Schließung der Ecke der bereits vorhandenen Kubatur des Objekts unter. Das ganz gering geneigte Pultdach vermittle nach wie vor den Eindruck eines kleinen bescheidenen Wochenendhauses. Eine zusätzliche Ausdehnung der Splittersiedlung in die freie Landschaft sei nicht gegeben. Eine nennenswerte Auffüllung der Splittersiedlung sei ebenfalls nicht gegeben. Insbesondere springe dieser Anbau nicht vor mit der Folge, dass andere Bauwillige ebenfalls an ihren Bungalow anbauen wollen. Insoweit werde lediglich ein typisch rechteckiger Grundriss hergestellt. Der kleine Anbau ordne sich der gegebenen Kubatur also deutlich unter. Auch die Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB würden nicht beeinträchtigt.

II.

10

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

11

1. Die vom Beklagten geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.06.2016 – 1 BvR 2453/12 –, juris RdNr. 16). Entscheidend ist, ob Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses des Verwaltungsgerichts begründet sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 – 7 AV 4.03 –, juris RdNr. 9). Das ist vorliegend nicht der Fall.

12

Im Ergebnis ohne Erfolg richtet sich der Beklagte gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, es liege keine Verfestigung einer Splittersiedlung vor.

13

a) Soweit der Beklagte bemängelt, die verwaltungsgerichtlichen Feststellungen zur konkreten Lage des klägerischen Grundstücks seien widersprüchlich, da es einerseits (Seite 12 des Urteils) ausgeführt habe, es liege eher in der Spitze des aus den spitz aufeinander zulaufenden Straßen (...) und R-Straße gebildeten Dreiecks, und andererseits (Seite 13 des Urteils) festgestellt habe, dass das Baugrundstück außerhalb dieses Dreiecks liege, ist dies für die Frage, ob das Vorhaben des Klägers die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB befürchten lässt, ohne Belang.

14

b) Ohne Erfolg macht der Beklagte geltend, das Verwaltungsgericht sei von einem nicht korrekten Sachverhalt ausgegangen, was dazu geführt habe, dass die vom Kläger durchgeführten Arbeiten eine andere, in den tatsächlichen baurechtlichen Auswirkungen geringfügigere Wertung erhalten habe. Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens sei nicht die Schließung einer (untypischen) Ecke gewesen, sondern neben der Erneuerung der Dachkonstruktion die Erneuerung des Anbaus am Wochenendhaus mit einer Größe von 2,20 m x 3,60 m. Es mache baurechtlich einen Unterschied, ob die Schließung der Ecke entsprechend der verwaltungsgerichtlichen Feststellungen (Seite 10 des Urteils) durch Errichtung von zwei Mauern erfolgen solle oder ob – wie tatsächlich geschehen – durch den zusätzlichen (überdachten) Anbau von 2,20 m x 3,60 m ein Gebäude von 66 m² erstmalig zugelassen werde, welches in dieser Größe kein Vorbild in der gesamten Umgebung finde. Durch die Errichtung dieses Anbaus sei die Nutzfläche des Wochenendhauses derart vergrößert worden, dass diese zu einer unzulässigen Verfestigung einer Splittersiedlung im Außenbereich beitrage.

15

Mit diesen Ausführungen verkennt der Beklagte den maßgeblichen Sachverhalt. Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens ist – wie er richtig anmerkt – lediglich die Erneuerung des Anbaus am Wochenendhaus. Die insoweit erneuerte Außenwand des Anbaus mit einer Größe von 2,20 m x 3,60 m ist auf dem eingereichten Grundriss rot markiert. Hiermit wurde, wie insbesondere aus den Erläuterungen des Klägers in seinem Schreiben vom 12.07.2012 hervorgeht, nicht die Nutzfläche des Wochenendhauses vergrößert, sondern nur die bereits vorhandene, aber schadhafte Außenwand des Anbaus erneuert. Allein diese Erneuerung der Außenwand, nicht die Vergrößerung der Nutzfläche des Wochenendhauses auf 66 m², ist Gegenstand der am 13.07.2012 beantragten Baugenehmigung.

16

c) Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich der Beklagte gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts (Seite 13 des Urteils), der Kläger habe nur eine kleine rückwärtige Ecke erneuert, mithin die Kubatur des Gebäudes nicht nennenswert geändert. Diese Feststellung sei unrichtig, weil der streitbefangene Anbau bislang nicht Bestandteil des Wochenendhauses gewesen sei und seine Neuerrichtung zu einer nicht unerheblichen Änderung der Kubatur des Gebäudes beigetragen habe. Auch hiermit verkennt der Beklagte, dass Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens nicht die Errichtung des Anbaus und die damit verbundene Änderung der Kubatur des Gebäudes ist, die nach den – durchaus plausiblen – Angaben des Klägers in seinem Schreiben vom 12.07.2012 bereits zu DDR-Zeiten erfolgt sein soll, sondern – wie bereits ausgeführt – allein die Erneuerung der Außenwand des Anbaus, mit der eine Änderung der Kubatur des Wochenendhauses nicht verbunden ist.

17

d) Nicht durchgreifend sind die Einwände des Beklagten gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Wahrnehmbarkeit der "Schließung der untypischen Ecke". Der Beklagte macht geltend, der Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichts, die Schließung der untypischen Ecke im rückwärtigen, mithin nicht einsehbaren Bereich werde nicht als Neubau oder Erweiterung wahrgenommen, so dass eine negative Vorbildwirkung nicht gegeben sei, könne nicht gefolgt werden. Ob ein im Außenbereich verwirklichtes Vorhaben als Neubau oder Erweiterung für Dritte wahrnehmbar sei, stelle kein Kriterium für die Beurteilung der Zulässigkeit im Rahmen des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB dar. Es mag zwar zweifelhaft sein, ob es für die Beurteilung, ob die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB zu befürchten ist, auf die Wahrnehmbarkeit des Vorhabens durch Dritte entscheidend ankommt. Auch in diesem Zusammenhang geht der Beklagte jedoch fälschlich davon aus, dass Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens eine Vergrößerung der Nutzfläche des Wochenendhauses durch "Schließung der untypischen Ecke" ist und nicht lediglich die Erneuerung der Außenwand des Anbaus.

18

e) Ohne Erfolg rügt der Beklagte die Annahme des Verwaltungsgerichts, das klägerische Wochenendhaus einschließlich des Anbaus mit einer Fläche von 66 m² überschreite den durch die nähere Umgebung vorgegebenen Rahmen von 60 m² nur unwesentlich. Auch diese Rüge beruht auf der unzutreffenden Annahme des Beklagten, Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens sei die Vergrößerung der Nutzfläche des Wochenendhauses auf 66 m² und nicht lediglich die Erneuerung der Außenwand des Anbaus.

19

f) Die Erneuerung der Außenwand des Anbaus am Wochenendhaus des Klägers lässt keine Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten.

20

Unter einer Splittersiedlung ist eine aus mehreren Gebäuden bestehende Ansiedelung zu verstehen, die nicht als ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB zu werten ist (OVG NW, Urt. v. 14.07.2004 – 10 A 4471/01 –, juris RdNr. 58). Unter der Verfestigung einer Splittersiedlung ist der Vorgang des Auffüllens des schon bisher in Anspruch genommenen räumlichen Bereichs zu verstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.04.2012 – 4 C 10.11 –, juris RdNr. 21; Beschl. v. 07.06.2016 – 4 B 47.14 –, juris RdNr. 16). Hierbei kann auch die Qualität der durch das Vorhaben innerhalb der Splittersiedlung bewirkten baulichen Veränderung von ausschlaggebender Bedeutung sein. Auch wenn ein Vergleich des Baubestandes vor und nach der beabsichtigten Baumaßnahme im Hinblick auf die jeweils vorhandene Baumasse keine spürbare Veränderung erkennen lässt, kann gleichwohl eine Verfestigung des städtebaulich unerwünschten Siedlungsansatzes zu verzeichnen sein, weil mit der Baumaßnahme eine erhebliche qualitative Veränderung des verbliebenen Bestandes verbunden ist und diese Qualitätsänderung die außenbereichsfremde Nutzung auf unabsehbare Zeit festschreibt (vgl. OVG NW, Urt. v. 14.07.2004 – 10 A 4471/01 –, a.a.O. RdNr. 60; Beschl. d. Senats v. 18.01.2010 – 2 L 62/09 –, juris RdNr. 8). Vor diesem Hintergrund könnte manches dafür sprechen, auch die Erneuerung der Außenwand des Anbaus als Verfestigung einer Splittersiedlung anzusehen.

21

Allerdings stellt die Verfestigung einer Splittersiedlung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB nicht schlechthin eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange dar, sondern nur dann, wenn diese Entwicklung zu befürchten ist. Zu befürchten ist die Verfestigung einer Splittersiedlung nur dann, wenn diese "unerwünscht" ist. Das ist der Fall, wenn in ihr ein Vorgang der Zersiedlung gesehen werden muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.04.2012 – 4 C 10.11 –, a.a.O. RdNr. 21). Neben dem Tatbestandsmerkmal der Verfestigung ist deshalb weiter zu untersuchen, ob die Verfestigung im Sinne eines Vorgangs der Zersiedelung unerwünscht ist. Hiervon ist unter anderem dann auszugehen, wenn das Vorhaben eine weit reichende oder doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt. Hierfür reicht es aus, dass bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in der Splittersiedlung nicht verhindert werden könnten und dadurch der Außenbereich weiter zersiedelt werden würde (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.06.2016 – 4 B 47.14 –, a.a.O. RdNr. 17). Eine derartige Vorbildwirkung der Erneuerung der Außenwand des Anbaus am Wochenendhaus des Klägers ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Es spricht vielmehr einiges dafür, dass die vom Kläger in seinem Schreiben vom 12.07.2012 dargestellten Probleme, die ihn zu der Erneuerung der Außenwand veranlasst haben, nur bei seinem Wochenendhaus aufgetreten sind, so dass seinen Vorhaben keine unübersehbare Vorbildwirkung zukommt.

22

2. Soweit der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 13.04.2017 geltend macht, die Rechtssache habe auch gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzliche Bedeutung, ist dies im vorliegenden Verfahren nicht zu berücksichtigen. Nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Dies bedeutet, dass nach Fristablauf eingereichter Vortrag unbeachtlich ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich lediglich um eine Erläuterung oder Verdeutlichung der fristgerecht dargelegten Zulassungsgründe handelt. Mit den Begriffen "Erläuterung" und "Verdeutlichung" wird vorausgesetzt, dass die Umstände, die Gegenstand einer Erläuterung oder Verdeutlichung sein sollen, schon in dem vorhergehenden (fristgerechten) Vorbringen zumindest in den wesentlichen Grundzügen und in einer solchen Weise Erwähnung gefunden haben, dass das nachträgliche Vorbringen sich nicht als eine Erweiterung des Vorbringens darstellt. Der Vortrag neuer, selbstständiger Zulassungsgründe nach Ablauf der Frist ist damit ausgeschlossen (vgl. Beschl. d. Senats v. 11.12.2017 – 2 L 33/16 –, juris RdNr. 19; OVG NW, Beschl. v. 29.09.2017 – 6 A 1660/17 –, juris RdNr. 4; Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124a RdNr. 116). Hiernach muss der im Schriftsatz vom 13.04.2017 enthaltene neue Vortrag des Beklagten unberücksichtigt bleiben, soweit er sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.d. § 124a Abs. 2 Nr. 3 VwGO bezieht. Der Schriftsatz ist erst nach Ablauf der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangen. Die Begründungsfrist beträgt gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils. Dieses ist dem Beklagten am 23.09.2016 zugestellt worden, so dass die Frist mit Ablauf des 23.11.2016 ablief. Der erst am 13.04.2017 eingegangene Schriftsatz wahrt diese Frist nicht. Die in diesem Schriftsatz geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist auch nicht bereits in dem fristgerecht eingegangenen Schriftsatz vom 16.11.2016 hinreichend deutlich angesprochen worden. Soweit es dort auf Seite 4 heißt, der Ausgang des Verwaltungsgerichtsverfahrens habe "grundsätzliche Bedeutung" für den Beklagten, reicht dies nicht aus.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

24

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

25

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.

2

1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.

3

b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).

4

c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.

5

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.

6

d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.

7

aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.

8

An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.

9

bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.

10

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.

11

3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

12

1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

13

2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

14

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

16

aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

17

bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

18

Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.

19

(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).

20

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).

21

Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.

22

Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.

23

(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.

24

3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.

III.

25

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

26

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Gründe

1

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

2

Die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

3

1. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass dem Vorhaben der Klägerin, die Errichtung eines Wohnhauses unter Beibehaltung von Teilen eines alten Gebäudes im Außenbereich, öffentliche Belange entgegenstehen, weil es die Verfestigung der vorhandenen Splittersiedlung befürchten lässt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB).

4

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 24.06.2004 – 4 B 23.04 –, ZfBR 2004, 702, m. w. Nachw.) ist die Entstehung, Erweiterung oder Verfestigung einer Splittersiedlung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB „zu befürchten", wenn das Vorhaben zu einer „unerwünschten“ Splittersiedlung führt. Unerwünscht in diesem Sinne ist eine Splittersiedlung, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedelung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird. Das anzunehmen, rechtfertigt sich in der Regel. Die Berechtigung einer solchen Annahme bedarf allerdings – zumindest in Fällen der Verfestigung – einer konkreten Begründung; sie rechtfertigt sich mithin auch in der Regel nicht einfach aus sich. Als Grund für eine Missbilligung kommt u. a. in Betracht, dass das Vorhaben eine weitreichende oder doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt und daher seine unabweisbare Konsequenz sein könnte, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere Bauten hinzutreten werden. Hierfür reicht es aus, dass bei einer Zulassung des Vorhabens weitere ähnliche Vorhaben in der Splittersiedlung nicht verhindert werden könnten und dadurch der Außenbereich zersiedelt werden würde. „Weitreichend" ist die Vorbildwirkung immer dann, wenn sich das Vorhaben und die weiteren Vorhaben, die nicht verhindert werden könnten, zusammen der vorhandenen Splittersiedlung nicht unterordnen, sondern diese erheblich verstärken und dadurch eine weitergehende Zersiedelung des Außenbereichs bewirken würden.

5

Das Verwaltungsgericht hat eine solche weitreichende Vorbildwirkung des hier streitigen Vorhabens darin gesehen, dass im Falle seiner Zulassung weitere Bauwillige Interesse an einer Bebauung der westlich des Baugrundstücks gelegenen Flurstücke 199/5, 199/3 und 199/4 sowie des auf der gegenüberliegenden Straßenseite gelegenen Flurstücks 468/202 zeigen und damit den Zersiedelungsvorgang wesentlich vorantreiben würden. Die dann nicht zu verhindernden Vorhaben würden den in diesem Gebiet vorhandenen Baubestand der Splittersiedlung um mehr als die Hälfte vergrößern in infolge dessen die Splittersiedlung in erheblichem Maße verstärken. Eine Auffüllung des Baubestands liege trotz der vormals vorhandenen Bebauung vor, weil die durchgeführten Baumaßnahmen einer Neuerrichtung des alten Wohnhauses gleichkämen.

6

Dem hält die Klägerin ohne Erfolg entgegen, eine Bebauung der genannten Grundstücke sei aufgrund des Außenbereichscharakters des Gebiets nur mit nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben möglich, da diese Grundstücke – im Gegensatz zu ihrem Grundstück – unbebaut seien.

7

Der Tatbestand des Befürchtens der Verfestigung einer Splittersiedlung setzt nicht voraus, dass – als Folge der Zulassung des insoweit öffentliche Belange beeinträchtigenden Vorhabens – ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. Es genügt, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das jetzt beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen (Verfestigung einer Splittersiedlung) versagt würde, mit der Genehmigung also ein sog. Berufungsfall geschaffen würde (BVerwG, Beschl. v. 02.09.1999 – 4 B 27.99 –, ZfBR 2000, 278).

8

Eine nicht genau übersehbare Vorbildwirkung ist auch nicht deshalb auszuschließen, weil das Baugrundstück bereits früher mit einem Wohnhaus bebaut war. Für die Beantwortung der Frage, ob ein Vorhaben eine Splittersiedlung verfestigt, kann auch die Qualität der durch das Vorhaben innerhalb der Splittersiedlung bewirkten baulichen Veränderung von ausschlaggebender Bedeutung sein (OVG NW, Urt. v. 14.07.2004 – 10 A 4471/01 –, BauR 2005, 696). Auch wenn ein Vergleich des Baubestandes vor und nach der beabsichtigten Baumaßnahme im Hinblick auf die jeweils vorhandene Baumasse keine spürbare Veränderung oder sogar eine Verringerung erkennen lässt, kann gleichwohl eine Verfestigung des städtebaulich unerwünschten Siedlungsansatzes zu verzeichnen sein, weil mit der Baumaßnahme eine erhebliche qualitative Veränderung des verbliebenen Bestandes verbunden ist und diese Qualitätsänderung die außenbereichsfremde Nutzung auf unabsehbare Zeit festschreibt. Ob und wie stark der Außenbereich durch außenbereichsfremde bauliche Anlagen beeinträchtigt wird, hängt nicht nur von der Zahl und dem Volumen der Baukörper ab, sondern auch von der Art der Nutzung, der diese baulichen Anlagen dienen sollen (vgl. OVG NW, Urt. v. 14.07.2004, a. a. O.). Das alte, seit dem Jahr 1997 leerstehende Wohngebäude war nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts bis zum Beginn der Bauarbeiten im Jahr 2004 infolge von Witterungseinflüssen in einem derart desolaten Zustand, dass Einsturzgefahr bestand. Von der alten Bausubstanz waren lediglich der westliche Giebel, etwa zwei Drittel der nördlichen Außenlängswand, drei bis vier kurze Innenwände sowie ein kleinerer Teil der Kellergeschossdecke und ein Teil des Kellers erhalten. Angesichts dieser Umstände war damit zu rechnen, dass die Wohnnutzung über kurz oder lang aufgegeben werden würde. Die Neuerrichtung eines Wohnhauses anstelle des völlig desolaten alten Gebäudes hätte eine qualitative Veränderung des vorhandenen Baubestands zur Folge.

9

2. Da mithin keine ernstlichen Zweifel daran bestehen, dass das Vorhaben der Klägerin die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lässt, kann offen bleiben, ob dem Vorhaben weitere öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB entgegenstehen, insbesondere ob es wegen der Belegenheit im Landschaftsschutzgebiet „Saale“ die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen würde (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB).

10

3. Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zu folgen, dass der öffentliche Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB nicht nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich ist.

11

Nach dieser Vorschrift kann der Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle u. a. nicht entgegengehalten werden, dass dieses Vorhaben die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt, wenn a) das vorhandene Gebäude zulässigerweise errichtet worden ist, b) das vorhandene Gebäude Missstände oder Mängel aufweist, c) das vorhandene Gebäude seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt wird und d) Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird. Ferner muss das Vorhaben im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sein.

12

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass sich die Klägerin auf diese Regelung jedenfalls deshalb nicht berufen kann, weil der Eigentümer des alten Wohngebäudes, der Vater der Klägerin, dieses nicht über längere Zeit ununterbrochen selbst nutzte. Vielmehr war es bis zum Jahr 1997 vermietet und stand danach leer. Für eine von der Klägerin offenbar geforderte (erweiterte) Anwendung der Vorschrift auf alle Fälle, in denen abgängige Gebäude nicht von Dritten zu spekulativen Zwecken aufgekauft wurden, kommt nicht in Betracht. Entgegen der Auffassung der Klägerin will § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB nicht ausschließlich Spekulationen mit sanierungsbedürftigen Gebäuden im Außenbereich verhindern. Vielmehr soll die Erleichterung denjenigen zugute kommen, die sich „längere Zeit" mit den beengten Wohnverhältnissen abgefunden und damit unter Beweis gestellt haben, dass dieses Wohnhaus für sie im Familienleben eine bedeutende Rolle spielt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in der von der Klägerin selbst zitierten Entscheidung (BVerwG, Beschl. v. 10.10.2005 – 10 B 60.05 –, ZfBR 2006, 160) ausdrücklich klargestellt. Ohne Bedeutung ist es hiernach auch, dass der Klägerin eine Eigennutzung des Gebäudes wegen der Baufälligkeit unmöglich war. Da die Voraussetzung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c) BauGB nicht erfüllt ist, kommt entgegen der Ansicht der Klägerin auch eine Auflage des Inhalts, dass das neu errichtete Wohngebäude ausschließlich für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers und seiner Familie genutzt werden darf, nicht in Betracht. Mit einer solchen Auflage könnte nur erreicht werden, dass die Vorgaben des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d) künftig erfüllt werden. Aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des OVG NW (Beschl. v. 17.09.2008 – 10 A 2634/07 –, BauR 2009, 80) ergibt sich nichts anderes.

13

4. Ohne Erfolg wendet die Klägerin schließlich ein, die Beseitigungsverfügung sei ermessensfehlerhaft, weil ihr aufgegeben worden sei, das neu errichtete Gebäude bis etwa 30 cm unter der Geländeoberfläche zurückzubauen, was nicht nur ein Abtragen der errichteten Gebäudesubstanz, sondern zugleich ein weiteres – aus Sicherheitsaspekten verbotenes – Ausschachten einer Baugrube zur Folge habe.

14

Die Baubehörden sind regelmäßig gehalten, den vollständigen Abriss eines insgesamt formell und materiell baurechtswidrigen Gebäudes anzuordnen, sofern dieses weder bautechnisch noch nach den Vorstellungen des Bauherrn teilbar ist (OVG NW, Urt. v. 04.12.2009 – 10 A 1671/09 – Juris, m. w. Nachw.). Eine Beschränkung der Anordnung auf die neuen Bauelemente verbietet sich grundsätzlich schon deshalb, weil ein solches Teilabbruchsverlangen regelmäßig zur Entstehung eines funktionslosen, zu keinem zulässigen Zweck verwendbaren Gebäudetorsos führen würde (vgl. SaarlOVG, Urt. v. 20.10.1989 – 2 R 391/86 –, Juris). Dies bedeutet, dass grundsätzlich auch die Beseitigung des Fundaments eines illegal errichteten Gebäudes verlangt werden kann, weil ein Fundament allein regelmäßig einen nicht genehmigungsfähigen Torso darstellt. Die Forderung der Beklagten, das Wohnhaus „bis ca. 30 cm unter Geländehöhe“ zurückzubauen, dient ersichtlich dem Zweck sicherzustellen, dass auch das vorhandene (alte) Fundament beseitigt wird. Dies hat die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 22.06.2007 (Seite 5) klargestellt und insoweit einen möglicherweise vorliegenden Begründungsmangel gemäß § 1 VwVfG LSA i. V. m. §§ 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG geheilt. Soweit durch die Beseitigung des Fundaments eine „Baugrube“ entsteht, obliegt es dem Bauherrn bzw. Eigentümer, diese zu verfüllen oder anderweitig abzusichern.

15

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 VwGO.

16

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG. Die sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebende Bedeutung der Sache bestimmt der Senat in Anlehnung an die Empfehlung in Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 [1328]) nach dem Wert der zu beseitigenden Bausubstanz zuzüglich Abrisskosten. Diese Beträge schätzt der Senat auf insgesamt etwa 20.000,00 €.


(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Gründe

I.

1

Der Kläger wendet sich gegen eine vom Beklagten durchgeführte Grenzfeststellung und Abmarkung.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung (J.), Flur A, Flurstück 139, mit der Lagebezeichnung (J.) 3. Die Beigeladene ist Eigentümerin des westlich angrenzenden Flurstücks 138 mit der Lagebezeichnung D-Straße. Die genaue Lage der zwischen diesen Flurstücken verlaufenden Grenze ist zwischen den Beteiligten streitig.

3

Am 03.06.2013 beantragte die Beigeladene eine Grenzfeststellung. Der Beklagte führte daraufhin am 25.11.2013 eine Grenzermittlung und am 17.12.2013 einen Grenztermin durch. In der Niederschrift über den Grenztermin führte der Beklagte aus, für die festzustellende Grenze bestünden Unterschiede zwischen deren Nachweisen im Katasterzahlenwerk und deren Darstellung in der Liegenschaftskarte sowie dem örtlichen Verlauf. Für die Darstellung der Grenze in der Liegenschaftskarte liege keine Grundlage mit ausreichender Aussagekraft vor. An der in der beigefügten Skizze mit "1" gekennzeichneten Position stimmten die Grenze laut Katasterzahlenwerk und der örtliche Grenzverlauf überein. Für den Grenzpunkt "2" wichen örtlicher Grenzverlauf und die Grenze laut Katasterzahlenwerk voneinander ab. Den örtlichen Grenzverlauf bilde ein Zaun, der in der Messung vom 03. bzw. 04.10.1946 bereits dokumentiert sei. Eine Aussage zur Abmarkung des Punktes "2" treffe diese Messung nicht. Die Katastergrenze sei durch den Nachweis vom 08.10.1867 dokumentiert. Sie weise einen Grenzstein im Punkt "2" mit einem Abstand von 14,2 Ruthen (entspricht ca. 53,48 m) von dem mit "3" gekennzeichneten und vorgefundenen Grenzstein nach. Aufgrund der langen Zeitdauer zwischen 1867 und 1946 könne nicht ausgeschlossen werden, dass die örtliche Grenze auf Grund einer willkürlichen Änderung von der Katastergrenze abweiche. Daher werde der Katasterzahlennachweis vom 08.10.1867 der Grenzermittlung zu Grund gelegt.

4

Auf dieser Grundlage nahm der Beklagte eine Grenzfeststellung für den Grenzabschnitt von Grenzpunkt "1" zu Grenzpunkt "2" sowie eine Abmarkung der Grenzpunkte "1" und "2" vor. Die Lage des nördlichen Grenzpunktes "1" an der Straße ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Bestimmung der Lage des südlichen Grenzpunktes "2" erfolgte durch eine von dem am Grenzpunkt "3" vorgefundenen Grenzstein ausgehende Messung, da der Beklagte am Grenzpunkt "2" keinen Grenzstein finden konnte. Der Grenzpunkt "3" liegt am südlichen Ende der Grenze zwischen den Flurstücken 129 und 136/1. Im Ergebnis ergab sich eine von der Darstellung in der Liegenschaftskarte abweichende Lage der Grundstücksgrenze zu Lasten des Flurstücks des Klägers, wobei die Grenze durch den rückwärtigen Bereich des auf dem klägerischen Grundstück befindlichen Gebäudes verläuft.

5

Der gegen die Grenzfeststellung und Abmarkung des Beklagten vom 17.12.2013 eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt vom 20.01.2015 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde hierin ausgeführt, der Beklagte habe die festzustellende gemeinsame Flurstücksgrenze zwischen den Flurstücken 138 und 139 richtig in die Örtlichkeit übertragen und die fehlenden Grenzsteine durch ein Rohr (zum Straßenbereich) und einen Grenzstein (im Garten) sachgerecht ersetzt. Die Prüfung der Grenzermittlung habe ergeben, dass der Beklagte diese ohne Mängel nach den im Liegenschaftskataster nachgewiesenen maßgeblichen Vermessungsunterlagen – hier die Vermessungszahlen – ausgeführt habe. Der Zahlennachweis vom 08.10.1867 sei als maßgebliche Unterlage des Liegenschaftskatasters für die Grenzermittlung zu Grunde zu legen. Eine Grenzermittlung auf der Grundlage der aktuellen Liegenschaftskarte sei nicht sachgerecht, da diese bzgl. der festzustellenden Grundstücksgrenzen aufgrund des vorhandenen Zahlenwerks ein "Sekundärprodukt" sei. Die Darstellung in der aktuellen Liegenschaftskarte zeige einen fehlerhaften Grenzverlauf bzgl. der festzustellenden Flurstücksgrenze. Sie entspreche nicht den maßgeblichen Unterlagen des Liegenschaftskatasters.

6

Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 23.02.2016 – 2 A 43/15 HAL – abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Grenzfeststellung und die Abmarkung der Grenzpunkte "1" und "2" durch den Beklagten sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es sei nicht geboten, die Liegenschaftskarte als alleinige Grundlage für die Grenzfeststellung heranzuziehen. Die festzustellende Grenze habe aus dem übrigen Vermessungswerk zweifelsfrei bestimmt werden können. Aus dem Fortführungsriss aus dem Jahr 1947 (Separationskarte) habe sich der Beklagte keine weitere Klarheit über den Grenzverlauf verschaffen können, da nicht ersichtlich sei, dass dort Grenzpunkte aufgesucht worden seien. In diesem Dokument sei lediglich ein Grenzzaun dargestellt worden. In der Bodenreform habe sich hinsichtlich des Grenzverlaufs keine Änderung ergeben. Die aktuelle Liegenschaftskarte stelle den Grenzverlauf nicht richtig dar und habe in dem öffentlichen Zahlenwerk keine Bestätigung gefunden. Die Grenzermittlung sei dem Beklagten durch zahlreiche Zahlenangaben in den Altunterlagen und wegen vorgefundener Grenzsteine möglich gewesen. Die (fehlerhafte) Liegenschaftskarte dürfe sich trotz heutiger technischer Genauigkeit bei nicht festgestellten Grenzen nicht maßgeblich gegen die übrigen im Liegenschaftskataster vorhandenen (Zahlen-)Angaben durchsetzen. Es habe auch nicht der Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens bedurft, denn die Widerspruchsbehörde und der Beklagte vermittelten das maßgebliche Fachwissen.

II.

7

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

8

1. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor. Solche Zweifel bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 16.07.2013 – 1 BvR 3057/11 –, juris RdNr. 36). Dies ist hier nicht der Fall.

9

a) Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, es sei nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte bei der Grenzermittlung nicht von dem Grenzpunkt östlich des Flurstücks 136/1 an der Grenze zu dem Flurstück 138 oder von dem Grenzpunkt zwischen dem Flurstück 138 und dem Flurstück 85/2 oder von dem Grenzpunkt zwischen dem Flurstück 139 und dem südlich davon gelegenen Straßengrundstück ausgegangen sei, die ausweislich der Darstellung in der Liegenschaftskarte abgemarkt seien. Von den an diesen Grenzpunkten vorhandenen Grenzsteinen hätte der Beklagte die Einmessung ohne weiteres vornehmen können. Stattdessen sei er von dem Grenzpunkt zwischen den Flurstücken 129 und 136/1 ausgegangen, der nach den Angaben in der Liegenschaftskarte nicht abgemarkt sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wie der Beklagte an dieser Stelle einen Grenzstein gefunden haben will.

10

Diese Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Grenzfeststellung des Beklagten sei rechtlich nicht zu beanstanden, wird hierdurch nicht schlüssig in Frage gestellt. Der Beklagte hat an dem Eckpunkt der Flurstücke 129 und 136/1, den er als Ausgangspunkt seiner Grenzermittlung gewählt hat, einen alten Grenzstein vorgefunden. Dass dieser Grenzpunkt in der Liegenschaftskarte als "ohne Abmarkung" oder mit dem Zusatz "Abmarkung unbekannt" gekennzeichnet ist, hat in diesem Zusammenhang keine Bedeutung. Es ist auch ohne weiteres nachvollziehbar, warum der Beklagte die Grenzermittlung von diesem Grenzpunkt aus vorgenommen hat, denn die von ihm herangezogene Längenangabe von 14,2 Ruthen aus dem Vermessungsriss vom 08.10.1867 (BA A Bl. 120) bezog sich auf die Entfernung von diesem als Grenzpunkt "3" bezeichneten Punkt zu dem als Grenzpunkt "2" bezeichneten Punkt am südlichen Ende der Grenze zwischen den Flurstücken 138 und 139, dessen Lage zu bestimmen war. Dass sich aus dem im Liegenschaftskataster vorhandenen Katasterzahlenwerk auch Maße für die Abstände zwischen den vom Kläger benannten weiteren Grenzpunkten und dem Grenzpunkt "2" entnehmen lassen, die bei der Bestimmung der Lage dieses Grenzpunktes zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, trägt der Kläger nicht vor. Dies ist auch nicht ersichtlich.

11

b) Nicht stichhaltig ist der Einwand des Klägers, der Beklagte hätte sich bei der Grenzfeststellung an dem in der Grenzanerkennungsliste vom 08.10.1946 (BA A Bl. 129) von allen Grundstückseigentümern als rechtsverbindlich anerkannten (neuen) Grenzverlauf orientieren müssen. Hiergegen wendet der Beklagte ein, die Grenzanerkennungsliste vom 08.10.1946 habe die streitbefangene Grenze zwischen den (heutigen) Flurstücken 138 und 139 nicht mit umfasst. Diese Flurstücke seien seinerzeit noch unter den Flurstücksnummern 292/108 und 107 geführt worden, die nicht Gegenstand der Grenzanerkennungsliste gewesen seien. Diese habe nur die Flurstücke des 1946 im Rahmen der Bodenreform aufgelösten ehemaligen Rittergutes (J.) umfasst, zu denen die Flurstücke 292/108 und 107 nicht gehört hätten. Diese Angaben des Beklagten sind plausibel. Sie werden bestätigt durch den Fortführungsriss aus dem Jahr 1949 (BA A Bl. 133), in dem die hier maßgeblichen Flurstücke noch unter den Flurstücksnummern 292/108 und 107 verzeichnet waren. Dem steht nicht entgegen, dass in der Grenzanerkennungsliste vom 08.10.1946 die Flurstücke 138 und 139 der Flur A der Gemarkung (J.) ausdrücklich aufgeführt sind, denn hiermit können vor dem Hintergrund des Fortführungsrisses aus dem Jahr 1949 nur andere, mit den im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Flurstücken 138 und 139 nicht identische Flurstücke bezeichnet gewesen sein.

12

c) Nicht durchgreifend ist die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 02.12.2005 – V ZR 11/05 – verkannt, wonach sich die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchs auch auf den sich aus dem Liegenschaftskataster ergebenden Grenzverlauf erstrecke. Der Kläger meint, die Vermessung im Jahr 1946 sei auch dann Grundlage des Inhalts des Grundbuchs geworden, wenn die Grundstückseigentümer die Feststellung der neuen Grenzen nicht anerkannt hätten. Da hier zusätzlich ein positives Anerkenntnis der Grenzfeststellung aus dem Jahr 1946 vorliege, sei der Inhalt des Grundbuchs und damit seines Grundstücks einschließlich des Grenzverlaufs dadurch definiert. Hiermit verkennt er, dass sich die Grenzanerkennungsliste vom 08.10.1946 nicht auf die Grenze zwischen den (heutigen) Flurstücken 138 und 139 bzw. den damaligen Flurstücken 292/108 und 107 bezieht. Sie kann daher auch nicht den Inhalt des Grundbuchs und damit den Grenzverlauf seines Grundstücks definieren. Im Übrigen legt auch das Verwaltungsgericht den sich aus dem Liegenschaftskataster ergebenden Grenzverlauf seiner Entscheidung zu Grunde. Es entnimmt dem Liegenschaftskataster nur nicht den vom Kläger für richtig gehaltenen Grenzverlauf, sondern den vom Beklagten festgestellten.

13

d) Ernstliche Zweifel ergeben sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daraus, dass die vom Beklagten angeführten Maßangaben in der Skizze zur Niederschrift über den Grenztermin vom 17.12.2013 ein glattes Dezimalende haben, obwohl es bei einer GPS-Einmessung mit einer Genauigkeit von 1 cm und einer zulässigen Toleranz von 6 cm unwahrscheinlich sei, dass es keine Zentimeterwerte gebe. Hierzu hat der Beklagte nachvollziehbar erläutert, dass die Grenzlängen zwischen vermarkten Grenzpunkten in Sachsen-Anhalt im Regelfall nicht in der Niederschrift über den Grenztermin eingetragen würden. Es würden nur Abstandsmaße zu topografischen Gegebenheiten, wie z.B. Zäunen, angegeben, um die Auffindbarkeit aufgrund der skizzenhaften Gesamtdarstellung zu erleichtern und die Lage der Grenzpunkte für die Beteiligten zu verdeutlichen. Danach ist ohne weiteres verständlich, weshalb auf der vom Beklagten als Bestandteil der Niederschrift über den Grenztermin angefertigten Skizze keine Zentimetermaße enthalten sind. Die Entfernung zwischen den Grenzpunkten „1“ und „2“ wird hierin nicht angegeben. Soweit die Abstände zwischen dem Grenzzaun und der festgestellten Grundstücksgrenze im Bereich der südlichen Hausecke des Wohnhauses des Klägers mit 0,7 m und am südlichen Ende des Zauns mit 1,8 m angegeben werden, dient dies der groben Orientierung über den Verlauf der Grenze in der Örtlichkeit und lässt Rückschlüsse auf die Genauigkeit der Messung nicht zu.

14

e) Nicht ohne Weiteres nachvollziehbar ist der Einwand des Klägers, da die Nord-Süd-Länge des Hauses D-Straße auf dem Flurstück 138 etwa 10 bis 11 Meter betrage und sich der Abstand zur Grenze um 40 cm verändere, könne der Abstand zur Grenze am ca. 30 bis 35 Meter entfernten Grenzpunkt „2“, der 3 x so weit entfernt sei, nicht 1,80 m betragen, sondern müsse rein rechnerisch 1,20 m groß sein. Der Beklagte hat hierzu mit Recht erwidert, dass die „Berechnung“ des südlichen Grenzpunktes durch den Kläger einer mathematisch nachvollziehbaren Grundlage entbehre. Das Maß von 1,80 m sei ausschließlich durch eine Messung und nicht durch eine „Berechnung“ ableitbar oder überprüfbar. Unabhängig davon habe ein Abstandsmaß zu einem Element, das nicht festgestellt werde, hier der Zaun, keine rechtliche Relevanz. Hiernach ergeben sich auch aus den in der Skizze zur Niederschrift über den Grenztermin angegebenen Abständen von Zaun und Grenze von 0,7 m und 1,8 m keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Grenzfeststellung bzw. des Urteils.

15

f) Nicht durchgreifend ist der Einwand des Klägers, die Grenzfeststellung sei wegen eines Verfahrensfehlers, der sich auf das Ergebnis ausgewirkt haben könne, rechtswidrig. Der Beklagte habe im vorliegenden Grenzfeststellungsverfahren gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwVfG nicht tätig werden dürfen, da er außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben habe oder sonst tätig geworden sei. Der Beklagte habe, bevor die Beigeladene einen Antrag auf öffentlich-rechtliche Grenzfeststellung gestellt habe, im Auftrag der Beigeladenen als privatrechtlicher Vermessungsingenieur eine Grenzermittlung in Bezug auf die hier streitige Grundstücksgrenze durchgeführt. Da eine Grenzfeststellung von Wertungen und Interpretationen getragen sei, verbleibe dem Vermessungsingenieur ein Wertungsspielraum, so dass nicht auszuschließen sei, dass die Wertungen des Beklagten durch die vorhergehende zivilrechtliche Beauftragung durch die an der Grenzfeststellung beteiligten Grundstückseigentümer beeinflusst worden sei.

16

Auch diese Rüge begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Es kann offen bleiben, ob der Beklagte wegen seiner der Grenzfeststellung vorangegangenen Tätigkeit für die Beigeladene als privatrechtlicher Vermessungsingenieur gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwVfG nicht hätte tätig werden dürfen, wofür allerdings einiges spricht. Es bedarf auch keiner Vertiefung, ob im Hinblick auf diesen Ausschlussgrund eine Obliegenheit zur unverzüglichen Rüge besteht, die der Kläger versäumt haben könnte (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 20 RdNr. 57). Ein etwaiger Verfahrensfehler wäre jedenfalls gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich. Der Mangel der Mitwirkung eines befangenen Amtsträgers ist unbeachtlich, wenn die Widerspruchsbehörde die verfahrensfehlerhaft zustande gekommene Ausgangsentscheidung nach einer Neubewertung des Sachverhalts im Ergebnis bestätigt und der mögliche Einfluss des befangenen Amtsträgers auf diese Widerspruchsentscheidung ausgeräumt ist. Ob die Widerspruchsbehörde Kenntnis vom Mangel der Ausgangsentscheidung hatte oder nicht, ist danach letztlich unerheblich. Maßgeblich ist allein, dass der befangene Amtsträger ohne Einfluss auf die nach einer Neubewertung des Sachverhalts getroffene Entscheidung der Widerspruchsbehörde geblieben ist und insoweit auch nicht der "böse Schein" einer Einflussnahme besteht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.06.1992 – BVerwG 7 B 81.92 –, juris RdNr. 3). Nach diesen Grundsätzen wäre eine Tätigkeit des Beklagten trotz Vorliegens des Ausschlussgrundes des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwVfG unbeachtlich, da die Widerspruchsbehörde die Grenzfeststellung nach eigener Sachprüfung bestätigt hat, ohne dass der Beklagte hierauf Einfluss genommen hat. Das Landesamt für Vermessung und Geoinformation hat im Widerspruchsbescheid vom 20.01.2015 eine eigenständige Prüfung der Grenzermittlung vorgenommen und im Ergebnis die Heranziehung des Zahlennachweises vom 08.10.1867 als maßgebliche Grundlage durch den Beklagten bestätigt. Ohne Belang ist, dass die Widerspruchsbehörde die Einmessung nicht vor Ort noch einmal vorgenommen hat, denn streitig war im Widerspruchsverfahren nicht die Genauigkeit der durch den Beklagten vorgenommenen Messung, sondern die Heranziehung des Zahlennachweises aus dem Jahr 1867 anstatt der Liegenschaftskarte als maßgeblich.

17

2. Die Berufung ist auch nicht wegen des vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen. Das Verwaltungsgericht hat durch den Verzicht auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Überprüfung der Messergebnisse des Beklagten nicht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen. Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Der Untersuchungsgrundsatz verpflichtet das Gericht, alle vernünftigerweise zu Gebote stehenden Aufklärungsmöglichkeiten bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu nutzen; dies schließt eine Bindung an die im vorangegangenen Verwaltungsverfahren ermittelten tatsächlichen Feststellungen grundsätzlich aus. Das Gericht muss daher alle Aufklärungsbemühungen unternehmen, auf die die Beteiligten – insbesondere durch begründete Beweisanträge – hinwirken oder die sich hiervon unabhängig aufdrängen. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag dann auf, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung sehen muss, wenn also die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Verfahrensbeteiligter gegen das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme begründete Einwände erhebt (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.07.2011 – BVerwG 2 C 28.10 –, juris RdNr. 24 ff.; Beschl. d. Senats v. 15.09.2017 – 2 L 23/16 – juris RdNr. 18).

18

Nach diesen Grundsätzen konnte das Verwaltungsgericht von der Einholung eines Sachverständigengutachtens absehen. Der Kläger hat keinen Beweisantrag gestellt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens drängte sich auch nicht auf. Begründete Einwände gegen die Grenzermittlung durch den Beklagten hat der Kläger nicht erhoben. Soweit er gegen die Plausibilität des vom Beklagten gefundenen Ergebnisses einwendet, dass dieser Grenzpunkte, die sich eindeutig aus der Liegenschaftskarte ergäben, bei der Einmessung der Grenze nicht berücksichtigt, die Grenzanerkennungsliste aus dem Jahr 1946 unberücksichtigt gelassen, Messergebnisse im Dezimeterbereich und nicht im Zentimeterbereich angegeben sowie einen Grenzabstand von 1,80 m und nicht von 1,20 m ermittelt habe, stellt dies, wie bei der Prüfung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bereits begründet, die Richtigkeit der Grenzfeststellung nicht in Frage.

19

3. Die weiteren, vom Kläger mit Schriftsatz vom 15.12.2016 vorgebrachten Gesichtspunkte sind im vorliegenden Verfahren nicht (mehr) zu berücksichtigen. Nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Dies bedeutet, dass nach Fristablauf eingereichter Vortrag unbeachtlich ist. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich lediglich um eine Erläuterung oder Verdeutlichung der fristgerecht dargelegten Zulassungsgründe handelt. Mit den Begriffen "Erläuterung" und "Verdeutlichung" wird vorausgesetzt, dass die Umstände, die Gegenstand einer Erläuterung oder Verdeutlichung sein sollen, schon in dem vorhergehenden (fristgerechten) Vorbringen zumindest in den wesentlichen Grundzügen und in einer solchen Weise Erwähnung gefunden haben, dass das nachträgliche Vorbringen sich nicht als eine Erweiterung des Vorbringens darstellt. Der Vortrag neuer, selbstständiger Zulassungsgründe nach Ablauf der Frist – und seien es auch nur weitere als die bereits dargelegten Gründe für ernstliche Zweifel – ist damit ausgeschlossen (vgl. OVG NW, Beschl. v. 29.09.2017 – 6 A 1660/17 –, juris RdNr. 4 ff.; Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124a RdNr. 116). Nach diesen Grundsätzen muss der im Schriftsatz vom 15.12.2016 enthaltene neue Vortrag des Klägers unberücksichtigt bleiben, denn dieser ist erst nach Ablauf der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht eingegangen. Die Begründungsfrist beträgt gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des erstinstanzlichen Urteils. Dieses ist dem Kläger am 09.03.2016 zugestellt worden, so dass die Frist mit Ablauf des 09.05.2016 ablief. Der erst am 15.12.2016 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangene Schriftsatz wahrt diese Frist nicht. Die hierin vorgebrachten Gesichtspunkte sind auch nicht bereits in dem fristgerecht eingegangenen Schriftsatz vom 09.05.2016 angesprochen worden.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

21

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.